Immobilien im Zivil- und Steuerrecht [3. aktualisierte Auflage] 9783504385545

In nur einem Werk werden alle gängigen Formen der Übertragung und Nutzung des Anlageobjekts Immobilie sowohl zivil- wie

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Immobilien im Zivil- und Steuerrecht [3. aktualisierte Auflage]
 9783504385545

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Spiegelberger/Schallmoser Immobilien im Zivil- und Steuerrecht

Immobilien im Zivil- und Steuerrecht von

Dr. Sebastian Spiegelberger Notar a.D., Rosenheim

Dr. Ulrich Schallmoser Richter am BFH, München

und Dr. Ottmar Fleischer Notar

Dr. Stefan Gottwald Notar

Klaus Koch Rechtsanwalt/Steuerberater vereidigter Buchprüfer

Professor Dr. Thomas Küffner Rechtsanwalt/Wirtschaftsprüfer/Steuerberater

Dr. Martin Leiß Notar

Dr. Manfred Rapp Notar a. D.

Lucas Wartenburger Notar

3. Auflage 2018

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-25391-2 ©2018 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort „Betongold boomt!“ Nachdem der Begriff „Betongold“ als Synonym für die Immobilie als wertbeständige Anlageform längst Eingang in die populäre Wirtschaftswissenschaft gefunden hat und der ungebremste Boom auf dem Immobilienmarkt gar zum Thema dokumentarischer Fernsehsendungen avanciert ist („Betongold boomt“, 3sat, Sendung vom 24. Februar 2017), waren wir der Auffassung, es sei höchste Zeit für eine Aktualisierung unseres nunmehr in der 3. Auflage vorliegenden Werkes. Das bewährte Konzept – einerseits einer ausführlichen Darstellung der zivilrechtlichen Implikationen des Kaufs von Immobilienobjekten, ihrer dinglichen Belastung, Vermietung, Verwaltung und Weiterübertragung sowie ihrer Einbringung in Gesellschaften, jeweils kommentiert durch Angehörige des Notarstandes, und andererseits einer umfassenden Darstellung möglicher Rechtsfolgen solcher Rechtsgeschäfte in der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer, der Gewerbesteuer, der Grunderwerbsteuer, der Erbschaftsteuer und in anderen Steuerarten, jeweils kommentiert durch Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe und des Richterstandes – wurde beibehalten. Die Kommentierung wurde in der 3. Auflage nochmals erweitert, aktualisiert und um aktuelle Vertragsmuster ergänzt, um dem Berufspraktiker eine umfassende und fundierte Beratung seines Mandanten zu ermöglichen. Eingearbeitet wurden dabei insbesondere gesetzliche Änderungen bei der Erbschaftsteuer und mögliche neue Vertragsgestaltungen, (geplante) Änderungen im Bewertungsrecht, bei der Grundsteuer und bei den Sonderabschreibungen sowie aktuelle Steuerrechtsprechung u.a. zu anschaffungsnahen Herstellungskosten, zur vertraglichen Kaufpreisaufteilung, zur Zwangsverwaltung bei Immobilien und zum Erbbaurecht. Auch die aktuelle Zivilrechtsprechung zum Bauträgervertrag ist berücksichtigt. Für Hinweise und Verbesserungsvorschläge sind die Autoren stets dankbar. Sebastian Spiegelberger

Ulrich Schallmoser

V

Vorwort zur ersten Auflage

Vorwort zur ersten Auflage „Eigener Herd ist Goldes wert“ – der Wunsch nach eigenem Wohneigentum steht bei den meisten Bundesbürgern an vorderster Stelle. Aber auch die Vermögensanlage in Immobilien ist eine der Triebfedern unseres Wirtschaftslebens, wenn auch die Neubautätigkeit in Deutschland merklich nachgelassen hat, in den übrigen europäischen Staaten aber immer noch floriert. Überzogene steuerliche Förderungsmaßnahmen haben in der Vergangenheit in Deutschland einen Bauboom produziert, der zu einem Angebotsüberhang mit sinkenden Kaufpreisen geführt hat. Dennoch zählen Immobilien in guter Lage nach wie vor zu den sichersten Vermögensanlagen. Bei Erwerb und Veräußerung einer Immobilie sind nicht nur die zivilrechtlichen Fragen, sondern auch die Steuerfolgen von Bedeutung, so dass die zivilrechtlichen Aspekte der Vertragsgestaltung und die Steuerfolgen als miteinander verknüpfte Rechtsmaterien erscheinen. Die Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht sowie die Verzahnung dieser Regelungsmaterien beim Rechtsträgerwechsel von Immobilien werden in diesem Werk eingehend dargestellt. Zusätzlich zu den zivil- und steuerrechtlichen Grundfragen enthält das Werk für die wichtigsten Vertragstypen Formulierungshilfen. Die beigefügte CD-ROM erlaubt die rasche Übernahme des jeweiligen Gestaltungsvorschlages in die Praxis. Zudem enthält sie die wichtigsten zitierten BMF-Schreiben im Volltext sowie eine Gegenüberstellung des Wohnungseigentumsgesetzes in der Fassung vor und nach der Novelle von 2007. Für Kritik, Anregungen und Hinweise sind die Verfasser dankbar. Beachten Sie hierzu bitte die beiliegende Rückantwortkarte Im April 2008

VI

Die Verfasser

Inhaltsübersicht Detaillierte Inhaltsübersichten finden sich zu Beginn jedes Kapitels. Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . Vorwort zur ersten Auflage Musterübersicht . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . .

Kapitel 1 A. B. C. D. E. F. G. H. J.

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V VI XI XIII XVII

Rz.

Seite

Steuerorientierte Immobilienübertragung (Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner) . . . . . . .

Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht . . . . . Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels Laufende Einkommensbesteuerung . . . . . . . . . . . Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeindliche Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . Bewertungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 2 A. B. C. D. E. F. G. H.

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1

......... 1.1 . . . . . . . . . 1.100 . . . . . . . . . 1.400 . . . . . . . . . 1.660 . . . . . . . . . 1.700 . . . . . . . . . 1.800 . . . . . . . . . 1.930 . . . . . . . . . 1.960 . . . . . . . . . 1.1028

Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht (Wartenburger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkäuferpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Käuferpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentliche Beiträge und Abgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . Maklerklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung .

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8 40 109 192 197 212 236 243 269

287 2.1 2.27 2.71 2.111 2.207 2.276 2.301 2.351

289 295 304 318 348 360 363 376

VII

Inhaltsbersicht Rz.

Kapitel 3 A. B. C. D.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung Besondere Gestaltungssituationen . . . . Steuerrechtliche Einzelfragen . . . . . . .

Kapitel 4 A. B.

G. H. J. K. L.

C. D. E.

VIII

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401 3.1 3.61 3.191 3.301

Wohnungs- und Teileigentum (Rapp/Schallmoser) . . 4.1 4.241

488 537 561

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5.1 5.5 5.61 5.145 5.191

564 565 583 607 610

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5.219 5.241 5.311 5.314 5.316 5.331

613 613 619 620 621 622

Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG (Spiegelberger/Schallmoser) . . . . . . . . . .

Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerrechtliche Behandlung des Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsgestaltung: Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste: Eigentumsähnliches Dauerwohn-/ Dauernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 415 448 463 485

Erbbaurecht (Rapp/Schallmoser) . . . . . . . . . . . . . . . .

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertungsrecht nach der Erbschaftssteuerreform 2008 Schenkungsteuer: unentgeltliche Einräumung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veräußerung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 6 A. B.

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Zivilrechtliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 5 A. B. C. D. E. F.

Bauträgerkaufvertrag (Leiß) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Seite

641

.....

6.1

641

.....

6.13

645

.....

6.41

649

..... .....

6.77 6.78

658 659

Inhaltsübersicht Rz.

Kapitel 7 A. B. C. D. E. F. G. H.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Steuerfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Kapitel 8 A. B. C.

B. C. D.

. . . . . . . .

673 7.1 7.7 7.71 7.221 7.241 7.251 7.271 7.281

Vermögensverwaltende Personengesellschaften (Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald) . . . . . . . . . . . . . 8.1 8.5 8.26

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746 748 755 789

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9.6

790

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9.62

803

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9.106 9.116

831 833

Die Photovoltaik-Anlage (Koch) . . . . . . . . . . . . . . .

Einführung . . . . . Bürgerliches Recht Einkommensteuer Umsatzsteuer . . . . Gefahren . . . . . . .

675 677 690 720 728 729 731 732

745

Gewerblich geprägte Immobilien (Spiegelberger) . . .

Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung eines KG-Anteils an einer grundstückbesitzenden GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Immobilienverwaltungs-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 10 A. B. C. D. E.

. . . . . . . .

Von der Bruchteilsgemeinschaft zur Gesamthand – Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft . . . . .

Kapitel 9 A.

Nießbrauch und Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen (Fleischer) . . . . . . . . . . .

Seite

. . . . .

. 10.1 . 10.2 . 10.16 . 10.90 . 10.125

853 853 854 855 861 865

IX

Inhaltsbersicht Rz.

Kapitel 11 A. B. C. D.

Begriff des gewerblichen Grundstückshandels . . . . . . . . . . . Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels . . . . . . .

Kapitel 12

A. B. C. D. E.

B. C.

. . . .

867 11.1 11.11 11.71 11.73

Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (Schallmoser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gegenstand privater Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.11 Veräußerungsfrist für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.81 Steuerfreiheit des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundbesitzes (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) . . . . . . . 12.91 Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.103

Kapitel 13 A.

Gewerblicher Grundstückshandel (Schallmoser) . . . .

Miet- und Pachtverträge (Fleischer/Schallmoser/Küffner) . . . . . . . . . . . . . . . . .

Zivilrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Einkommensteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.41 Umsatzsteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.131

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X

Seite

868 870 883 884

887 888 891 907 910 914

919 920 930 949 955

Musterübersicht

M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8 M9 M10 M11 M12 M13 M14 M15 M16 M17 M18 M19 M20 M21 M22 M23 M24 M25 M26 M27 M28 M29 M30 M31 M32 M33 M34 M35 M36 M37 M38 M39

Bauplatzkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mietshauskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaufvertrag über Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundstückskaufvertrag (Bodenschatzveräußerung) . . . . . . . Kauf auf Leibrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musterklausel bei ausgeübter Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musterklausel für eine vorsorgliche Option . . . . . . . . . . . . . Stellplatznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverkauf beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einigung, Besitzübergang hinsichtlich der beweglichen Sachen Besitzkonstitut hinsichtlich der beweglichen Sachen im Gleichlauf mit Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaufvertrag: Ergänzungen beim Erwerb „in GbR“ . . . . . . . . . Haftung beim Verbrauchervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflassung – beurkundungsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . Auflassung – grundbuchrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . Löschung der Vormerkung unter Vorbehalt von Zwischenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwahrungsanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rücktrittsrecht, Löschungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösend bedingte Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Räumung in der Immobilie vorhandener beweglicher Sachen . Kein Haftungsausschluss, Geltung gesetzlicher Rechtsfolgen . . Haftung für zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstehende Sachmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waldgrundstück, Erwerber „kauft“ Risiko mit . . . . . . . . . . . Altlastenverdacht, Käufer trägt Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . Energieausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorkaufsrechtszeugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaufpreisfälligkeit: Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeitsmitteilung (deklaratorisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweis auf Verzugseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maklerklausel – Wissenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maklerklausel – unechter Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . Urkundseingang – Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . Löschung Vormerkung unter Vorbehalt von Zwischenverfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notarvollmacht für Zwangsversteigerungsverfahren . . . . . . . . Fälligkeitsvoraussetzung bei Zwangsversteigerungsverfahren . . Vollstreckungsschutz als unechter Vertrag zugunsten Dritter . . Vollstreckungsschutz durch Grundpfandrechtsabtretung . . . . Verzicht auf Anwendung der MaBV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungsvorbehalt Bauträgervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

1.11 1.80 1.180 1.298 1.357 1.840 1.856 2.31 2.42 2.54

13 30 59 89 102 224 230 297 300 303

2.56 2.76 2.91 2.116 2.118

304 305 311 319 320

2.132 2.137 2.139 2.144 2.148 2.175

322 324 326 328 329 336

2.184 2.186 2.191 2.206 2.217 2.231 2.239 2.242 2.313 2.317 2.353

340 341 342 348 351 355 356 357 367 369 377

2.407 2.415 2.417 2.441 2.452 3.19 3.123

387 388 389 394 397 410 431 XI

Musterbersicht

M40 M41 M42 M43 M44 M45 M46 M47 M48 M49 M50 M51 M52 M53 M54 M55 M56 M57 M58 M59 M60 M61 M62 M63 M64 M65 M66 M67 M68 M69 M70 M71 M72 M73 M74 M75 M76 M77 M78 M79 M80 M81 XII

Vorlageanweisung Auflassung Zug um Zug . . . . . . . . . . . . . . Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauträgervertrag über eine noch zu errichtende Eigentumswohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauträgervertrag über teilsanierte Altbauwohnung . . . . . . . . Bauausführung, Abweichung vom Aufteilungsplan . . . . . . . . Betreutes Wohnen, Nutzungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . Betreutes Wohnen, Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teileigentum, Nutzungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doppelhaushälften bzw. Reihenhäuser, Gemeinschaftsordnung Duplex-Parker, Benutzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sondernutzungsrechte, Zuweisung I . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sondernutzungsrechte, Zuweisung II . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sondernutzungsrechte, Zuweisung III . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrhausanlage, Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwalter, Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterteilung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . Sondereigentumsfähige Räume, Tausch . . . . . . . . . . . . . . . . Umwandlung, Wohnungseigentum/Teileigentum . . . . . . . . . Gemeinschaftsordnung, Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentümergemeinschaft, Bezeichnung . . . . . . . . . Bauträgervertrag – Änderungsvorbehalt, Änderungsvollmacht Abnahme, Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Bindung Rechtsnachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Wahrnehmung durch WE-Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versammlung der Wohnungseigentümer, Protokoll . . . . . . . . Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkauf eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentumsähnliche Dauerwohnrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauverpflichtung und Bestellung eines Dauernutzungsrechts . . Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . GmbH-Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaftsvertrag der X Immo GmbH & Co. KG . . . . . . . . Registeranmeldung der X-Verwaltungs-GmbH . . . . . . . . . . . Registeranmeldung der X-Immo GmbH & Co. KG . . . . . . . . Grundstückseinbringung mit Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . Registeranmeldung der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage . . Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG . . . KG-Anteilsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Registeranmeldung der KG-Anteilsübertragungen . . . . . . . . . Satzung einer Immobilienverwaltungs-GmbH . . . . . . . . . . . GmbH-Geschäftsanteilsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

3.136 3.157

434 442

3.343 3.344 4.26 4.34 4.37 4.40 4.45 4.48 4.50 4.52 4.54 4.59 4.68 4.95 4.100 4.105 4.111 4.126 4.165 4.171

469 479 495 497 498 499 501 503 503 504 504 506 509 510 512 514 516 520 525 527

4.180

529

4.182 4.190 5.361 5.362 6.78 6.79

530 532 626 633 659 663

7.309 8.109 9.77 9.79 9.80 9.81 9.82 9.84 9.85 9.86 9.87 9.138 9.163

740 775 807 810 816 818 819 820 821 823 826 839 849

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Basty8 Bauer/von Oefele3 Bamberger/Roth3 Bärmann/Pick19 Bärmann13 Bärmann/Seuß6 Baumbach/Hopt37 Beck’scher Bilanz-Kommentar10 Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht 12 Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht3 Beck’sches Notarhandbuch6 Birkenfeld/Wäger Blank5 Blümich Bordewin/Brandt Boruttau18 Braun7 Bub/Treier4 Bunjes16

Der Bauträgervertrag, 8. Aufl. 2014 Grundbuchordnung: GBO, Kommentar, 3. Aufl. 2013 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB, 3. Aufl. 2012 Wohnungseigentumsgesetz: WEG, Kommentar, 19. Aufl. 2010 Wohnungseigentumsgesetz: WEG, Kommentar, 13. Aufl. 2015 Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2013 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 37. Aufl. 2016 Beck’scher Bilanz-Kommentar, Handels- und Steuerbilanz, §§ 238 bis 339, 342 bis 342e HGB, 10. Aufl. 2016 Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handelsund Wirtschaftsrecht, 12. Aufl. 2016 Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2016 Beck’sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015 Umsatzsteuer-Handbuch, Loseblatt Bauträgervertrag, 5. Aufl. 2015 EStG, KStG, GewStG, Kommentar, Loseblatt Einkommensteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Grunderwerbsteuergesetz: GrEStG, Kommentar, 18. Aufl. 2016 Insolvenzordnung (InsO), Kommentar, 7. Aufl. 2017 Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014 Umsatzsteuergesetz: UStG, 16. Aufl. 2017

Demharter30

Grundbuchordnung: GBO, Kommentar, 30. Aufl. 2016

Erman14

BGB, Kommentar, 14. Aufl. 2014

Frotscher/Geurts

EStG, Kommentar, Loseblatt

Götz/Hülsmann11

Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht, 11. Aufl. 2017 Grunderwerbsteuer, 5. Aufl. 2015

Gottwald/Behrens5

XIII

Verzeichnis der abgekrzt zitierten Literatur

Gürsching/Stenger Grziwotz/Everts/Heinemann/ Koller2

BewG, ErbStG, Kommentar, Loseblatt Grundstückskaufverträge, 2. Aufl. 2017

Haase/Jachmann

Beck’sches Handbuch Immobiliensteuerrecht, 2016 Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2017 Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2015 EStG, KStG, Kommentar, Loseblatt AO/FGO, Kommentar, Loseblatt GrEStG, Kommentar, 11. Aufl. 2016 Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2010 Wohnungseigentumsgesetz: WEG, Kommentar, 2015

Hannes2 Harz/Riecke/Schmid5 Herrmann/Heuer/Raupach Hübschmann/Hepp/Spitaler Hofmann11 Hügel/Scheel3 Hügel/Elzer Ingenstau/Hustedt10

ErbbauRG, Kommentar, 10. Aufl. 2014

Jennißen5

Wohnungseigentumsgesetz: WEG, Kommentar, 5. Aufl. 2017

Kersten/Bühling25

Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 25. Aufl. 2016 EStG, Kommentar, 16. Aufl. 2017 EStG, Kommentar, Loseblatt Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. 2014 Vermögensnachfolge in der Praxis, 4. Aufl. 2015 Der Grundstückskauf, 11. Aufl. 2016 Kommentar zur Insolvenzordnung, Loseblatt Umsatzsteuer, Kommentar, Loseblatt

Kirchhof16 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff Krauß7 Krauß4 Krüger/Hertel11 Kübler/Prütting/Bork Küffner/Stöcker/Zugmaier Langenfeld/Günther5

Grundstückszuwendungen zur lebzeitigen Vermögensnachfolge, 5. Aufl. 2005 Immobilienrecht, 2. Aufl. 2016 Handbuch der Grundstückspraxis, 10. Aufl. 2014 Geschäftsraummiete, 4. Aufl. 2017

Lemke2 Lambert-Lang/Tropf/Frenz10 Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann4 Littmann/Bitz/Pust

EStG, Kommenar, Loseblatt

Mayer/Geck Mayer/Süß/Tanck/Wälzholz3 Meincke16

Der Übergabevertrag, 3. Aufl. 2013 Handbuch Pflichtteilsrecht, 3. Aufl. 2013 ErbStG, Kommentar, 16. Aufl. 2012

XIV

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Meyer/Ball2 Meyer/Ball3 Moench/Weinmann Münchener Kommentar

Übertragung von Immobilien im Steuerrecht, 2. Aufl. 2013 Umsatzsteuer und Immobilien, 3. Aufl. 2015 ErbStG, Kommentar, Loseblatt Münchener Kommentar zum BGB Band 1: Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 2015; Band 2: Schuldrecht - Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 2016; Band 6: Schuldrecht - Besonderer Teil IV, 7. Aufl. 2017; Band 7: Sachenrecht, 7. Aufl. 2017; Band 9: Familienrecht II, 7. Aufl. 2017; Band 10: Erbrecht, 7. Aufl. 2017

Myßen/Killat15

Münchener Kommentar zum WEG, 7. Aufl. 2017 Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2013 Münchener Vertragshandbuch, Band 6: Bürgerliches Recht II, 7. Aufl. 2016 Zivilprozessordnung: ZPO mit Gerichtsverfassungsgesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2017 Renten, Raten, Dauernde Lasten, 15. Aufl. 2014

Nerlich/Römermann

Insolvenzordnung, Kommentar, Loseblatt

von Oefele/Winkler/Schlögel6

Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl. 2016

Pahlke5

Grunderwerbsteuergesetz: GrEStG, Kommentar, 5. Aufl. 2014 Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, Kommentar, 76. Aufl. 2017 Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl. 2011

Münchener Vertragshandbuch7 Musielak/Voit14

Palandt76 Pause5 Rau/Dürrwächter Reithmann/Albrecht8 Reithmann/Meichssner/ von Heymann7 Sauer/Ritzer/Schuhmann Schach3 Schöner/Stöber15 Schmidt36 Schwerdtner/Hamm

Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, Loseblatt Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 8. Aufl. 2001 Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. 1995 Handbuch Immobilienbesteuerung, Loseblatt Mietrecht: Wohnraum – Gewerberaum – Pacht, Formularbuch, 3. Aufl. 2016 Grundbuchrecht, Handbuch, 15. Aufl. 2012 Einkommensteuergesetz: EStG, Kommentar, 36. Aufl. 2017 Maklerrecht, 7. Aufl. 2016

XV

Verzeichnis der abgekrzt zitierten Literatur

Schmitt/Hörtnagl/Stratz Sikorski Sölch/Ringleb Schwarz/Widmann/Radeisen Spiegelberger2 Spiegelberger2 Stöber

Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz: UmwG, UmwStG, Kommentar, 7. Aufl. 2016 Immobilien im Umsatzsteuerrecht, 2015 Umsatzsteuergesetz: UStG, Kommentar, Loseblatt Kommentar zum Umsatzsteuergesetz (UStG), Kommentar, Loseblatt Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2009 Vermögensnachfolge, 2. Aufl. 2010 Zwangsversteigerungsgesetz: ZVG, Kommentar, 21. Aufl. 2016

Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz: ErbStG, Kommentar, Loseblatt Thomas/Putzo Zivilprozessordnung: ZPO, Kommentar, 38. Aufl. 2017 Uhlenbruck14

Insolvenzordnung: InsO, Kommentar, 14. Aufl. 2015

Viskorf/Knobel/Schuck/ Wälzholz4

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2012

Weitnauer9

Wohnungseigentumsgesetz: WEG, Kommentar, 9. Aufl. 2004 Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015

Würzburger Notarhandbuch4

XVI

Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl. a.E. a.F. AfA AfaA AfS AGB AGBG AktStR allg. Anm. AnwBl. AO Art. BauGB BauR BayGVBl. BayKAG BayObLG BayObLGZ BB BBergG BBodSchG BBodSchV BeurkG BewG BewG-E BFHE BFH/NV BGB BGH BGHZ BIS BMF BNotK BNotO BOStB

anderer Ansicht Amtsblatt am Ende alte Fassung Absetzung für Abnutzung Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung Absetzung für Substanzverringerung Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Aktuelles Steuerrecht allgemein Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Artikel, auch bei Mehrzahl Baugesetzbuch Baurecht Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Bayerisches Kommunalabgabengesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebs-Berater Bundesberggesetz Bundesbodenschutzgesetz Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bewertungsgesetz-Entwurf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Der Bau- und Immobiliensachverständige Bundesminister(ium) der Finanzen Bundesnotarkammer Bundesnotarordnung Berufsordnung der Steuerberater XVII

Abkrzungsverzeichnis

BR-Drucks bspw. BStBl. BT-Drucks. BTR BVerfG BVerwG BWNotZ

Bundesrats-Drucksache beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Zeitschrift für das Recht der Bauinvestoren, Bauträger und Projektentwickler Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg

DB DM DNotZ DStR DStRE DWE DWW

Der Betrieb Deutsche Mark Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Der Wohnungseigentümer Deutsche Wohnungswirtschaft

EFG EG EGBGB EigZulG EnEV ErbbauRG ErbBstg ErbStB ErbStG ErbStG-E ErbStH ErbStR EStB EStDV EStG EStR EU EuErbVO EuGH EUGVÜ

Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Eigenheimzulagengesetz Energieeinsparverordnung Erbbaurechtsgesetz Erbfolgebesteuerung Der Erbschaft-Steuer-Berater Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz-Entwurf Erbschaftsteuerhandbuch Erbschaftsteuer-Richtlinien Der Ertragsteuerberater Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien Europäische Union Europäische Erbrechtsverordnung Europäischer Gerichtshof Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz)

EURLUmsG

FG FinMin. Fn. XVIII

Finanzgericht Finanzministerium Fußnote

Abkürzungsverzeichnis

FördG FR FS

Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (Fördergebietsgesetz) Finanzrundschau Festschrift

GBO GBVfg gem. GewO GewStG GG ggf. gl.A. GmbHR GmbH-StB GrBewV-E grds. GrEStG GStB GstG GuB

Grundbuchordnung Grundbuch-Verfügung gemäß Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls gleiche(r) Ansicht GmbH-Rundschau Der GmbH-Steuer-Berater Grundvermögensbewertungsverordnung-Entwurf grundsätzlich Grunderwerbsteuergesetz Gestaltende Steuerberatung Gleichstellungsgesetz Grund und Boden

ha HausbauVO Hdb. HessFG HFR HGB Hinw. h.M.

Hektar Hausbauverordnung Handbuch Hessisches Finanzgericht Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Hinweis herrschende Meinung

IBR i.d.F. i.G. IHK INF InsO InvZulG i.S.v./i.S.d. i.V.m.

Immobilien- und Baurecht in der Fassung in Gründung Industrie- und Handelskammer Information über Steuer und Wirtschaft Insolvenzordnung Investitionszulagengesetz im Sinne von/im Sinne des in Verbindung mit

JABl. JDStJG

Juristische Arbeitsblätter Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. Jahressteuergesetz

JStG

XIX

Abkrzungsverzeichnis

JuS JZ

Juristische Schulung Juristenzeitung

Kap. KFR KG KO KÖSDI KostO KStG KTS

Kapitel Kommentierte Finanzrechtsprechung Kommanditgesellschaft, Kammergericht Konkursordnung Kölner Steuerdialog Kostenordnung Körperschaftsteuergesetz Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen

LAG LG LStDV LSWB

Landesarbeitsgericht Landgericht Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Landesverband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern e.V.

m. Anm./m. Hinw. MaBV MDR MietRB MittBayNot

MwStSystRL

mit Anmerkung/mit Hinweis Makler- und Bauträgerverordnung Monatsschrift für Deutsches Recht Der Miet-Rechts-Berater Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkasse Bayern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

NdsRpfl NHK NJW NJW-RR NotBZ n.v. NWB NZI NZM

Niedersächsische Rechtspflege Normherstellungskosten Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zeitschrift für die notarielle Beurkundungspraxis nicht veröffentlicht Neue Wirtschaftsbriefe Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

OFD OHG OLG OLGReport

Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberlandesgerichts-Report

PrKV

Preisklauselverordnung

MittRhNotK MRVerbG

XX

Abkürzungsverzeichnis

RBerG RDM-Rspr.

Reits RFH RGZ rkr. RNotZ Rpfleger RStBl. RWP Rz.

Rechtsberatungsgesetz RDM-Sammlung von Rechtsprechung zum Makler- und Immobilienrecht Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen real estate investment trusts Reichsfinanzhof Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen rechtskräftig Rheinische Notar-Zeitschrift Der Deutsche Rechtspfleger Reichssteuerblatt Rechts- und Wirtschaftspraxis Randzahl

s.a. SachenRBerG StÄndG StB Stbg StbJb StBp StED StEntlG StJB StMBG str. StrG StuB StuW StW

siehe auch Sachenrechtsbereinigungsgesetz Steueränderungesetz Der Steuerberater Die Steuerberatung Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung Steuer-Eildienst Steuerentlastungsgesetz Steuerberater-Jahrbuch Missbrauchsbekämpfung- und Steuerbereinigungsgesetz streitig Straßengesetz Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft Steuer-Warte

Tz.

Textzahl

u.E. UmwStG UNCITRAL UntStFG UntStRefG UR UR. Urt. UStB UStG UStR UVR

unseres Erachtens Umwandlungssteuergesetz United Nations Commission on International Trade Law Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts Unternehmensteuerreformgesetz Umsatzsteuer-Rundschau Urkundenrolle Urteil Der Umsatz-Steuer-Berater Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerrichtlinien Umsatzsteuer- und Verkehrssteuer-Recht

REITG

XXI

Abkrzungsverzeichnis

Var. VerbrKrG VersR Vfg. vgl. v.H. VOB VOB/B v.T. VZ

Variante Verbraucherkreditgesetz Versicherungsrecht Verfügung vergleiche vom Hundert Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen vom Tausend Veranlagungszeitraum

WE WEG WertV WEZ WM WoBauG II. WoBindG WuM

Wohnungseigentum und Mietrecht Wohnungseigentumsgesetz Wertermittlungsverordnung Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht Wertpapiermitteilungen Zweites Wohnungsbaugesetz Wohnungsbindungsgesetz Wohnungswirtschaft und Mietrecht

ZErb ZfIR ZGB ZIP ZMR ZNotP ZOV ZSteu ZVG ZWE

Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift für Immobilienrecht Zivilgesetzbuch (DDR) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für die Notarpraxis Zeitschrift für offene Vermögensfragen Zeitschrift für Steuern und Recht Zwangsversteigerungsgesetz Zeitschrift für Wohnungseigentum

XXII

Kapitel 1 Steuerorientierte Immobilienübertragung B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht I. Marktdaten 1. Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Trend zum selbstbewohnten Eigenheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsgegenstand. . . . . . . . . . . 1. Grund und Boden a) Grundstücksbegriff . . . . . . . . b) Anmerkungen zur Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gebäudeerrichtung a) Beurkundungspflicht . . . . . . b) Mehrere Anbieter . . . . . . . . . c) Einheitlicher Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . 4. Inventar und Zubehör . . . . . . . . 5. Mehrere Leistungsverpflichtungen a) Bestehende Verpflichtungen b) Zusätzliche Leistungspflichten des Verkäufers . . . . . . . . .

1.1 1.6 1.8 1.9 1.12 1.30 1.34 1.36 1.38 1.41 1.43 1.44

III. Übernahme von Grundpfandrechten 1. Anwendung der Verbraucherkreditvorschriften? . . . . . . . . . . . 2. Dingliche Haftung . . . . . . . . . . . 3. Nachträgliche Schuldzinsen . . .

1.51 1.53 1.54

IV. Erschließungs- und Anliegerkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . 2. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . 3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . .

1.61 1.62 1.63 1.65

V. Kaufpreisaufteilung auf Grundstück und Gebäude sowie auf einzelne Objekte innerhalb eines Gebäudes . . . . . . . . . . . . . .

1.71

VI. Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten . . . . . . . . . . . . . .

1.72

VII. Mietshauskauf . . . . . . . . . . . . . . .

1.79

I. Überblick 1. Einkunftsarten. . . . . . . . . . . . . . . 2. Gebäude im Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufteilung in einzelne Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . b) Gebäude im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Funktionsbetrachtung . . (1) Notwendiges Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . (2) Notwendiges Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . (3) Gewillkürtes Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . (4) Privatvermögen . . . . . . . bb) Anlage- und Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . c) Gebäude auf fremdem Grund und Boden . . . . . . . . . aa) Ehegattengrundstücke. . bb) Baumaßnahmen auf Grundstücken der Eltern cc) Wirtschaftliches Eigentum durch Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachverhaltsermittlung . . . . . . . 4. Entstehung des Einkommensteueranspruches. . . . . . . . . . . . . II. Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke 1. Land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsgestaltung a) Entnahme . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestellung von Erbbaurechten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einbringung in eine GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . d) Nutzung zu eigenen Wohnzwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.100 1.104 1.105 1.109 1.110 1.111 1.112 1.113 1.114 1.121 1.122 1.123 1.127 1.128 1.141 1.147

1.150 1.152 1.156 1.157 1.158

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner 1

Kap. 1 Steuerorientierte Immobilienübertragung III. Grundstücke im gewerblichen Betriebsvermögen 1. Verbraucherverträge. . . . . . . . . . 2. Vorhandener Gewerbebetrieb oder Mitunternehmeranteil . . . a) Betriebsvorrichtungen . . . . . b) Anlage- und Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geringwertige Grundstücksteile und Arbeitszimmer im Wohngebäude . . . . . . . . . d) Gewinnrealisierung . . . . . . . . e) Anliegerbeiträge als Anschaffungskosten. . . . . . . . . . . . . . . f) Rückstellung für Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kaufvertrag eines Betriebsgrundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anmerkungen zum Muster . . . 5. Drohender gewerblicher Grundstückshandel a) Sachverhaltsermittlung und Gestaltungsüberlegungen. . . b) Verteilung der Grundstücksaktivitäten auf mehrere Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abschirmwirkung gewerblicher Tätigkeiten durch Einschaltung einer GmbH aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . bb) Überlegungen aus Verkäufersicht . . . . . . . . . (1) GmbH-Anteile im Betriebsvermögen . . . . . (2) GmbH-Anteile im Privatvermögen . . . . . . . (3) Anteilstausch. . . . . . . . . . (4) Grunderwerbsteuer . . . . cc) Überlegungen aus Käufersicht . . . . . . . . . . . d) Aufhebung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vermeidung von Zusatztätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beteiligung an ImmobilienPersonengesellschaften unter 10 % . . . . . . . . . . . . . . . g) Bestellung von Erbbaurechten und Dauerwohnrechten h) Aufrollung früherer Grundstücksveräußerungen . . . . . .

2

i) Gewerblicher Grundstückshandel zur Verlustverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Steuerbegünstigte Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels . . . . . . . k) Beratungsgefahren. . . . . . . . . l) Checkliste gewerblicher Grundstückshandel . . . . . . . .

1.171 1.172 1.174 1.175 1.176 1.177 1.178 1.179 1.180 1.181

1.190 1.194

1.203 1.208 1.209 1.210 1.211 1.212 1.213 1.214 1.216 1.217 1.219 1.222

IV. Grundstücke im freiberuflichen Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . 1. Notwendiges Betriebsvermögen 2. Entnahme bei Beendigung der Berufstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermäßigter Steuersatz . . . . . . . . 4. Arbeitszimmer. . . . . . . . . . . . . . . 5. Steuerneutrale Übertragung . . . 6. Gesellschafterein- und austritt bei Freiberufler-Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Erbfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Lohnsteuerpflichtige Grundstücksveräußerungen . . . . . . . . .

1.225 1.226 1.228 1.232 1.241 1.242 1.243 1.246 1.247 1.248 1.249 1.250 1.261

VI. Einkünfte aus Kapitalvermögen 1. Verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) . . . . . . 1.271 2. Nicht kostendeckende Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.275 3. Auslandsferienimmobilien . . . . 1.276 VII. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Veräußerung von Ausbeutegrundstücken . . . 1. Umfang des Bodeneigentums. . 2. Ausbeutevertrag . . . . . . . . . . . . . 3. Grundstückskaufvertrag . . . . . . 4. Einkommensteuerpflicht a) Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung zu Ausbeuteverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . d) Landwirtschaftliche Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gewerbliches Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . f) Einlage des Bodenschatzes in ein Betriebsvermögen. . . . g) Aktuelle Rechtsprechung des BFH zu Ausbeutegrundstücken. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner

1.281 1.283 1.284 1.285 1.286 1.287 1.289 1.290 1.291 1.292 1.294

Steuerorientierte Immobilienübertragung h) BMF-Schreiben vom 26.7.2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Konten der GmbH & Co. KG j) Formulierungsvorschlag: Bodenschatzveräußerung als Grundstückskaufvertrag. k) Anmerkungen zum Formulierungsvorschlag Bodenschatzveräußerung . . . . . . . . VIII. Gestaltungsüberlegungen bei privaten Veräußerungsgeschäften 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Progressionsmilderung durch zeitliche Streckung des Veräußerungserlöses . . . . . . . . . 3. Angebot und Annahme . . . . . . . 4. Erbbaurechte, Dauerwohnund Dauernutzungsrechte . . . . 5. Abschluss von Vorverträgen . . . 6. Nachträgliche Vertragsaufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vereinbarung eines Rücktrittsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vertragsgestaltung a) Kauf mit wiederkehrenden Zahlungen. . . . . . . . . . . . . . . . b) Anmerkungen zum Kauf auf Leibrente . . . . . . . . . . . . .

1.296 1.297 1.298 1.299

1.311 1.317 1.322 1.327 1.351 1.352 1.354 1.357 1.358

C. Laufende Einkommensbesteuerung I. Betriebliche und freiberufliche Einkünfte 1. Einkünftetatbestand . . . . . . . . . . 2. Einkünfteermittlung . . . . . . . . . II. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1. Einkünftetatbestand a) Objektiver Einkünftetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektiver Einkünftetatbestand (Einkünfteerzielungsabsicht) aa) Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache bb) Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung .

1.400 1.404

1.407

1.410 1.413

cc) Fälle fehlender oder zweifelhafter Einkünfteerzielungsabsicht . . . . . . (1) Vermietung von Ferienwohnungen . . . . . . . . . . . (2) Beteiligung an einem Mietkaufmodell . . . . . . . (3) Immobilienerwerb mit Rück- oder Verkaufsgarantie . . . . . . . . . . . . . . (4) Verbilligte Vermietung . (5) Befristete Vermietung vor geplanter Selbstnutzung oder Veräußerung. (6) Einkünfteerzielungsabsicht bei Wohnungsleerstand. . . . . . . . . . . . . . (7) Besonders aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnungen. . (8) Krasses Missverhältnis zwischen Mieteinnahmen und Schuldzinsen bei Fehlen jeglichen Finanzierungskonzeptes . . dd) Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht und Verlustverrechnungsbeschränkungen bei geschlossenen Immobilienfonds. . . . . . . . . . . . (1) Immobilienfonds als Verlustzuweisungsgesellschaft. . . . . . . . . . . . (2) Immobilienfonds als Steuerstundungsmodell 2. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung . . . . . . . . . . . . 3. Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. . . . . . . . a) Absetzungen für Abnutzung (AfA) aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . bb) Lineare AfA . . . . . . . . . . . cc) Degressive AfA . . . . . . . . dd) Erhöhte Absetzungen gem. § 7h EStG bei Gebäuden in Sanierungsgebieten (1) Begünstigte Maßnahmen (2) Bemessungsgrundlage . .

Kap. 1

1.416 1.417 1.425 1.426 1.432 1.451 1.454 1.461

1.462

1.463 1.464 1.466 1.470 1.473 1.481 1.484 1.485

1.487 1.493

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner 3

Kap. 1 Steuerorientierte Immobilienübertragung (3) Bescheinigung. . . . . . . . . (4) Ausgleichsbeträge. . . . . . ee) Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen gem. § 7i EStG (1) Begünstigte Maßnahmen (2) Bemessungsgrundlage . . (3) Bescheinigung. . . . . . . . . (4) Begünstigung einzelner Baumaßnahmen . . . . . . . ff) Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten (§ 10f EStG) . . . . . . . . . . gg) Steuerbegünstigung für schutzwürdige Kulturgüter, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g EStG) . . . . . . . . . . hh) Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung bei Gebäuden (AfaA) . . . . . . . . . . . . . . . ii) Maßnahmen zur AfA-Erhöhung . . . . . . . . (1) Einbringung in eine GmbH & Co. KG . . . . . . (2) Vorweggenommene Erbfolge mit Zeitrenten b) Finanzierungsaufwendungen aa) Schuldzinsen . . . . . . . . . . bb) Schuldzinsen bei gemischt genutzten Grundstücken . . . . . . . . . cc) Darlehensaufnahmen von Eheleuten zur Finanzierung einer Immobilie eines Ehegatten . . . . . . . . dd) Nachträgliche Schuldzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vorfälligkeitsentschädigung . . . . . . . . . . . ff) Gebühren der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . c) Damnum. . . . . . . . . . . . . . . . .

4

1.494 1.495

1.496 1.500 1.501 1.505

1.506

1.510

1.512 1.515 1.516 1.518 1.531 1.533

1.536 1.539 1.540 1.542 1.543

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner

d) Erhaltungsaufwand aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . bb) Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . cc) Negativabgrenzung von Erhaltungsaufwand zu Herstellungskosten. . . . . (1) Herstellen eines neuen Gebäudes . . . . . . . . . . . . . (2) Erweiterung eines Gebäudes . . . . . . . . . . . . . (3) Wesentliche Verbesserung eines Gebäudes . . . (4) Getrennte und einheitliche Beurteilung einzelner Aufwendungen . . . . . . . . (5) „Anschaffungsnahe“ Aufwendungen als Herstellungs- oder Anschaffungskosten (a) Rechtsprechungsentwicklung. . . . . . . . . . . . . . (b) Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. des StÄndG 2003 . . . . . . (c) Rechtsanwendungsfragen zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG e) Erschließungskosten aa) Erstmals durchgeführte Erschließungsmaßnahme als Anschaffungskosten . bb) Nachträgliche Erschließungskosten sind grds. sofort abziehbarer Aufwand. . . . . . . . . . . . . . cc) Nachträgliche Beiträge wegen Zweiterschließung dd) Nutzungsbezogene Beiträge . . . . . . . . . . . . . . f) Sonstige abziehbare Werbungskosten aa) Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden. . bb) Abrisskosten . . . . . . . . . . cc) Zweitwohnungssteuer . . g) Zuordnung von Aufwand aa) Zeitliche Zuordnung (1) Grundsatz: Abflussprinzip . . . . . . . . . . . . . . . (2) Werbungskostenabzug in der Zeit und jenseits zufließender Einnahmen

1.545 1.546 1.547 1.548 1.550 1.553 1.557

1.559 1.560 1.561

1.564

1.565 1.568 1.569

1.570 1.571 1.572

1.573

Steuerorientierte Immobilienübertragung

4. III. 1. 2.

(a) Vorab entstandene Werbungskosten. . . . . . . (b) Nachträgliche Werbungskosten. . . . . . . (3) Typisierung bei Renovierungs- oder Erhaltungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . (4) Vergebliche Werbungskosten und Aufgabeaufwendungen . . . . . . . . bb) Sachliche Zuordnung: Werbungskosten bei abgekürztem Vertragsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . Investitionszulagen. . . . . . . . . . . Wiederkehrende Bezüge und Leistungen Rechtslage für bis zum 31.12.2007 vereinbarte Übertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtslage für nach dem 31.12.2007 vereinbarte Übertragungen . . . . . . . . . . . . . .

IV. Bauabzugssteuer (§§ 48 ff. EStG) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsmerkmale des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG . . . . . . . 3. Rechtsfolge des § 48 Abs. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Selbstnutzung zu Wohnzwecken: Eigenheimzulage 1. Auslaufen der Eigenheimförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtswirksamer Erwerbsvertrag oder Herstellungsbeginn . . 3. Gemeinschaftlicher Erwerb . . . 4. Eigentumsähnliches Dauerwohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Übertragungen während des achtjährigen Förderzeitraums .

Kap. 1

E. Grunderwerbsteuer 1.574

1.604

I. Steuerbare Rechtsvorgänge . . . . 1. Grundstücksumsätze . . . . . . . . . 2. Erwerb ohne Auflassung a) Anwachsung . . . . . . . . . . . . . . b) Erbteilsveräußerung . . . . . . . c) Verschmelzung und Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft a) Gesetzliche Regelung. . . . . . . b) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 4. Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG. . . . . . . . . . . . 5. Wirtschaftliche Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3a GrEStG . 6. Zwischenerwerb: Vertragsangebot mit Benennungsrecht . 7. Verwertungsbefugnis . . . . . . . . .

1.712 1.713

1.610

II. Grunderwerbsteuerlicher Grundstücksbegriff. . . . . . . . . . .

1.715

1.575 1.576 1.579

1.580 1.601

1.631 1.632 1.638

1.641 1.642 1.644 1.645 1.646

D. Gewerbesteuer I. Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . .

1.660

II. Vermietung und Verpachtung von Immobilien 1. Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG . . . . . .

1.663 1.665 1.666

III. 1. 2. 3. 4.

Bemessungsgrundlage Wert der Gegenleistung . . . . . . . Grundbesitzwert . . . . . . . . . . . . . Bewertung von Nutzungen . . . . Kauf- und Bauvertrag . . . . . . . .

IV. Grunderwerbsteuerbefreiungen 1. Befreiung gem. §§ 3 und 4 GrEStG a) Freigrenze . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkung unter Lebenden, § 3 Nr. 2 GrEStG c) Erwerb eines Nachlassgrundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses, § 3 Nr. 3 GrEStG . . . . . . . . . . d) Befreiungen gem. § 3 Nr. 4 bis 8 GrEStG. . . . . . . . . . . . . . e) Ausnahmen gem. § 4 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . 2. Befreiungen bei Miteigentümer- und Gesamthandsgemeinschaften a) Befreiungstatbestände. . . . . . b) Fünfjährige Sperrfrist . . . . . . c) Personenbezogenheit . . . . . .

1.700 1.701 1.702 1.703 1.704

1.705 1.706 1.708 1.711

1.718 1.722 1.724 1.725 1.741 1.743

1.750

1.751 1.754 1.755

1.756 1.758 1.760

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner 5

Kap. 1 Steuerorientierte Immobilienübertragung V. Vertragsaufhebung . . . . . . . . . . . 1. Grunderwerbsteuerliche Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Durchführung . 3. Vertragsübernahme oder Vertragsaufhebung? . . . . . . . . . . 4. Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . .

1.766 1.767 1.768 1.770

VI. Wohnungs- und Teileigentum 1. Veräußerung von Wohnungsund Teileigentum . . . . . . . . . . . . 2. Leistungen zwischen Eigentümergemeinschaft und Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.884

VII. Erbbaurechte . . . . . . . . . . . . . . . .

1.889

1.883

F. Umsatzsteuer

G. Gemeindliche Steuern

I. Steuerbefreiung von Grundstücksumsätzen – § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsätze, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen . . . . . 2. Veräußerung eines Miteigentumsanteils. . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bauten auf fremdem Grund und Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Grundstück i.S.d. UStG (GuB & Gebäude). . . . . . . . . . . .

I. Grundsteuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einheitswerte . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Grundsteuererhebung . . . . . . . . 5. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erlass der Grundsteuer . . . . . . .

1.934 1.936 1.939 1.940

II. Zweitwohnungssteuer . . . . . . . .

1.943

II. Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 9 Abs. 1 UStG – Ausübung und Umfang der Option . . . . . . 3. § 9 Abs. 3 UStG – Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitpunkt der Optionsausübung – Nachträgliche Option und Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verwendungsabsicht . . . . . . . . . 6. Teiloption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Option gegenüber einer Bruchteilsgemeinschaft . . . . . . . 8. Musterklausel bei ausgeübter Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG. . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung von Grundstücken als Geschäftsveräußerung im Ganzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsorgliche Option . . . . . . . . . 4. Musterklausel für eine vorsorgliche Option. . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . V. Steuerschuldnerschaft und Rechnung 1. Steuerschuldnerschaft . . . . . . . . 2. Steuerentstehung . . . . . . . . . . . . 3. Rechnungsausstellung . . . . . . . .

6

1.765

1.800 1.801 1.802 1.804 1.808 1.813 1.814 1.816 1.819 1.821 1.826 1.830 1.839 1.840 1.841 1.844 1.848 1.852 1.856 1.871

1.874 1.876 1.880

1.930 1.933

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer I. Rechtsentwicklung 1. Reichseinheitliche Regelung . . . 2. Erbschaftsteuerreform 1974 . . . 3. Entscheidung des BVerfG vom 22.6.1995 . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erbschaftsteuerreform 2009 . . . a) Vorgaben zur Steuerpflicht . b) Vorgaben zum Bewertungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erbschaftsteuerreform 2016 . . . II. Grenzüberschreitende Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG . . a) Wohnsitz und Aufenthaltsort b) Vermeidung der Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG . . 3. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht gem. § 4 AStG. . . . . . . . . III. Übertragungsvarianten 1. Vollentgeltliche Rechtsgeschäfte 2. Unentgeltliche und teilentgeltliche Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . a) Reine Schenkung . . . . . . . . . . b) Auflagenschenkung . . . . . . . . c) Gemischte Schenkung . . . . .

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner

1.960 1.961 1.962 1.963 1.964 1.965 1.966 1.967 1.968 1.969 1.973 1.975 1.977 1.982 1.984 1.985 1.986 1.992

Steuerorientierte Immobilienübertragung d) Die Behandlung des Pflichtteils in der Erbschaftsteuer .

J. Bewertungsrecht 1.995

IV. Familienheime 1. Zuwendungen unter Lebenden gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . 1.999 2. Erwerb von Todes wegen durch Ehegatten/Lebenspartner gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. . . . . 1.1004 3. Erwerb von Todes wegen durch Kinder/Enkel gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG . . . . . 1.1005 V. Wohnungsunternehmen . . . . . . 1.1006 VI. Verschonungsregelung für Betriebsvermögen gem. §§ 13a und 13b i.V.m. § 19a ErbStG 1. Erbschaftsteuerreform 2016 a) Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 . . . . . . . . . . . b) Verwaltungsvermögen . . . . . c) Lohnsummenregelung . . . . . d) Familienunternehmen . . . . . e) Großerwerb . . . . . . . . . . . . . . f) Stundung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelverschonung. . . . . . . . . . . . 3. Optionsverschonung . . . . . . . . . 4. Das Ende der Cash-GmbH . . . . 5. Berechnungsschema zur Ermittlung des Wertes des begünstigten Vermögens . . . . . . 6. Kritik der Neuregelung . . . . . . .

Kap. 1

1.1011 1.1013 1.1014 1.1015 1.1016 1.1017 1.1018 1.1022 1.1023 1.1026 1.1027

I. Bewertung von steuerlichem Privatvermögen 1. Missbrauchsbegrenzung . . . . . . 2. Grundstücksbewertung . . . . . . . 3. Unbebaute Grundstücke . . . . . . 4. Bebaute Grundstücke. . . . . . . . . a) Vergleichswertverfahren . . . . b) Ertragswertverfahren . . . . . . c) Sachwertverfahren . . . . . . . . . aa) Wertermittlung . . . . . . . . bb) Praxishinweis . . . . . . . . . 5. Bewertung von Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken . . . . . II. Land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen 1. Betrieb der Land- und Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftswert . . . . . . . . . . . . . . 3. Mindestwert. . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ertragswertverfahren und Mindestbewertung in Beispielsfällen nach Hutmacher, ZNotP 2008, 218 (229) . . . . . . . . . . . . . .

1.1028 1.1031 1.1032 1.1035 1.1036 1.1038 1.1042 1.1043 1.1047 1.1049

1.1051 1.1056 1.1058 1.1060 1.1061 1.1062

1.1063

III. Bewertung von Betriebsvermögen und Kapitalgesellschaftsanteilen . . . . . . . . . . 1.1070

Literatur: Becker, Erhöhtes Risikopotential bei der Gestaltung von Grundstückskaufverträgen, MwStR 2016, 525; Böttcher, Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Juni 2016, NJW 2016, 2782; Brambring, Vereinbarungen zum Familienheim bei Scheidung, FPR 2013, 289; Brandenberg, Steuerrechtliche Behandlung der Realteilung von Personengesellschaften, FS für Spiegelberger (2009), 33; Bünning, Steuer- und handelsbilanzielle Gestaltungsmöglichkeiten bei der Übertragung von Grundstücken, BB 2010, 2357; Falkner, Vorkaufsrechte im Grundstücksverkehr, MittBayNot 2016, 378; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen, notar 2015, 144; Frank, Beurkundungspflicht zusammengesetzter Grundstücksgeschäfte, NotBZ 2003, 211; Grziwotz, Vertragsgestaltung beim verbundenen Immobiliengeschäft, NotBZ 2002, 359; Günther, Unentgeltlicher und teilentgeltlicher Erwerb von Immobilien des Privatvermögens, EStB 2013, 464; Herrler, Formularmäßige Bindungsfristen beim Immobilienkaufvertrag, DNotZ 2013, 887; Ihle, Das Familienheim in der notariellen Praxis, RNotZ 2011, 471; Jäger, Die steuerliche Behandlung der Rückabwicklung von Schrottimmobilien, DStR 2011, 155; Kiesow, Zur entgeltlichen Übertragung von Mietimmobilien zwischen Ehegatten – Vermögenstransaktionen im Spannungsfeld zwischen Steuergestaltung und Steuerumgehung, DStR 2013, 2252; Kiesel/Joch, Steuerliche Implikationen beim Kauf von Immobilien von Immobilien-Sondervermögen, BB 2015, 2973; Klein, Steuer-

Spiegelberger/Schallmoser/Gottwald/Küffner 7

Kap. 1 Rz. 1.1 Steuerorientierte Immobilienübertragung liche Haftungsrisiken beim Immobilienerwerb, DStR 2005, 1753; Knur, Der Einfluss von Steuergesetzen auf die Kautelarpraxis, DNotZ 1974, 105; Knur, Steuerlich sinnvolle Gestaltung von Grundstücksverträgen, DNotZ 1968, 197; Korn/Strahl, Aus der Steuerrechtsprechung und der Verwaltungspraxis im Jahr 2010, NWB 2010, 4068; Krauß, Immobilienkaufvertrag, notar 2016, 300; Krug/Daragan, Die Immobilie im Erbrecht 2010; Lienhard, EnEV 2014: Neue Haftungsrisiken für Immobilienverkäufer, NZM 2014, 177; Mensch, Aktuelles aus dem Steuerrecht, BWNotZ 2013, 153; Meyer/Ball, Grundstücksübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt im Steuerrecht, StBp 2010, 185; Meyer/Ball, Nicht unternehmerisch genutzte Gebäudeteile im Spannungsfeld zwischen Umsatz- und Einkommensteuer, UStB 2012, 259; Michael, Immobilienübertragung, notar 2016, 332; Möller, Immobilienbewertung nach IDW S 10 – Neue Grundsätze für die Wirtschaftsprüfer, BB 2013, 3051; Naujok, Neue Entwicklungen im Immobiliensteuerrecht, ZfIR 2010, 381; Naujok, ZfIR 2011, 515; Naujok, ZfIR 2012, 397; Paus, Drittaufwand EStB 2012, 378; v. Proff, Neue Vorgaben der Pflichtteilsergänzung für die Gestaltung von Übertragungen unter Nutzungsvorbehalt, ZEV 2016, 681; Rabe, Steuerrecht für Vertragsjuristen und Notare, 1996; Rehbinder, Vertragsgestaltung, 2. Aufl. 1993; Schallmoser, Neues zu Immobilien im Einkommensteuerrecht, DStR 2013, 501; Schimpfky Steuerorientierte Gestaltung der Nachfolge bei privaten Immobilienvermögen, ZEV 2013, 662; Schmitz, Regelungen zum Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten etc. in Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2001, 365; Schmitz, Notar und Steuern – nichts geht mehr ohne Steuerrecht, BWNotZ 2010, 218; Schmucker, Das verbundene Geschäft und seine Auswirkungen auf den Umfang der Beurkundungspflicht, DNotZ 2002, 900; Schoor, Miteigentum an Vermietungsobjekten, StBp 2010, 143; Schoor, Bilanzierung gemischt genutzter Grundstücke, NWB 2010, 2892; Schulte/Thoma, Zubehörveräußerungen bei Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2004, 61; Söffing, Gewerblicher Grundstückshandel und private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, 4. Aufl. 2014; Sontheimer, Vertragsgestaltung und Steuerrecht, 2. Aufl. 2009; Stanglmayr, Grundsätze zur Bewertung von Immobilien – Der neue IDW Standard ES 10, StB 2013, 318; Volmer, Die Neuordnung des verbundenen Immobiliengeschäfts, MittBayNot 2002, 336; Graf von Westphalen, Immobilien-Leasing-Verträge – Einige Aspekte zur notariellen Praxis, MittBayNot 2004, 13.

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht I. Marktdaten 1. Kapitalmarkt

1.1

Die Wertschätzung der Immobilie unterliegt einem ständigen Wechsel, wobei im Unterschied zu anderen Kapitalanlagen die Lage innerhalb Deutschlands eine große Rolle spielt. Die überzogene Neubauförderung durch das Fördergebietsgesetz1 hat im Osten Deutschlands Anfang der 90er Jahre zu einem beispiellosen Immobilienboom mit einem ebenso abrupten Rückgang in den folgenden Jahren geführt. Während die Immobilienpreise in der Vergangenheit international ständig kletterten, lag die Wertentwicklung der deutschen Immobilien unterhalb der Inflationsrate.

1 Fördergebietsgesetz v. 24.6.1991, BStBl. I 1991, 674.

8

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.4 Kap. 1

1.2

Übersicht: Die eigenen vier Wände So viel Prozent der privaten Haushalte wohnen in ihren eigenen Wohnungen oder Häusern 100 86 86 80

78 74 74 72 70 69 69 65 64 64 63

60

56 55 53 53 43

40

36

20

Sp N anie or n we g Gr I en iec rla he nd nl a B e nd lg ien Lu Ital xe ien m bu Gr rg oß br US ita A n Sc nie hw n e Po den rt Fi uga nn l la Ka nd n Ö ad ste a Fr rrei a c N nkr h ied ei er ch D lan ä d D nem e eu a tsc rk hl a Sc nd hw eiz

0

Die Bundesregierung hatte mit dem Gesetz zur Schaffung deutscher ImmobilienAktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (real estate investment trusts, kurz „REITs“), das zum 1.1.2007 in Kraft trat, versucht, den Immobilienmarkt anzukurbeln; gleichwohl spielt das REITG in der Praxis eine geringe Rolle. Gemäß § 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. a EStG wird die Veräußerung von Immobilien – Bestandsmietwohnimmobilien sind gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a REITG ausgenommen – an eine REIT-AG insoweit privilegiert, als nur die Hälfte der stillen Reserven der Besteuerung unterliegt (Exit-Tax)1. Gemäß § 13 Abs. 1 REITG ist die REIT-AG verpflichtet, bis zum Ende des folgenden Geschäftsjahres mindestens 90 % ihres handelsrechtlichen Jahresüberschusses auszuschütten. Für die Besteuerung auf der Anlegerebene gelten die allgemeinen Besteuerungsgrundsätze, wonach Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen. Sofern die Anteile Betriebsvermögen darstellen, gilt die Subsidiaritätsregel des § 20 Abs. 3 EStG.

1.3

Europaweit sank in der Zeit von 2010 bis 2014 das Haushaltsvermögen vor allem wegen fallender Häuserpreise um 10 %2. Anders verlief die Entwicklung in Deutschland. Die 2008 begonnene Finanzkrise hat zu einem Umkehrschub auf dem Immobilienmarkt in Deutschland geführt, da der Anleger die Immobilie wieder als sichere und wegen des niedrigen Zinsniveaus ertragreichere Anlage schätzt.

1.4

1 Vgl. Maier/Wengenroth, ErbStB 2007, 183 (184). 2 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.12.2016, S. 21.

Spiegelberger

9

Kap. 1 Rz. 1.5 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.5

Übersicht: Wohnungsfertigstellungen in Deutschland1

2. Trend zum selbstbewohnten Eigenheim

1.6

Der Bundesbürger ist hauptsächlich an dem Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum interessiert: Rund 70 % der fertiggestellten Wohnungen werden von den Erwerbern selbst bewohnt. Umfragen zeigen, dass bis zu 80 % der Bürger gern in den eigenen vier Wänden leben würden2.

1.7

Die Wohnungseigentumsquote ist bundesweit nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden von 40,9 % im Jahr 1998 über 42,6 % im Jahr 2002, 41,6 im Jahr 2006, 45,7 % im Jahr 2010 auf 45,5 im Jahr 2014 gestiegen3. Vor allem die fünf neuen Bundesländer erhöhten ihre Quoten und holten innerhalb der letzten Jahre noch einmal stark auf. Allein zwischen 1993 und 2002 stieg die Quote in den neuen Bundesländern um 7,8 %, in den alten Bundesländern aber lediglich um 2,9 %; insgesamt liegt die Quote in den neuen Bundesländern mit 34,4 % im Jahr 2014 aber noch unter der in den alten Bundesländern (48,4%). Trotz dieser erfreulichen Zu1 Quelle: Cesifo-group, https://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/facts/Time-series-andDiagrams/Diagram-Service/Bautaetigkeit/chart-Wohnungsfertigstellungen-in-Deutschlandnach-Gebaeudeartens.html. 2 Vgl. „Die Welt“ v. 23.9.2003, S. 23; v.a. www.welt.de/finanzen/article771008/Die-eigenenvier-Wände-als-Altersvorsorge.html. 3 Quelle: Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellschaft Staat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/Tabellen/EntwicklungEigentuemer quote.html.

10

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.8 Kap. 1

wächse liegt Deutschland im Europavergleich weiterhin am Tabellenende und wird nur noch von der Schweiz mit einer Wohnungseigentumsquote von rund 36 % unterboten. In den anderen Nachbarländern liegt die Quote zwischen 51 % (Dänemark) und 85 % (Spanien). Auf die einzelnen deutschen Bundesländer verteilt ergeben sich für 2014 folgende Eigentumsquoten: Übersicht: Eigentümerquoten 2014 Wohnungen, die von den Eigentümern selbst bewohnt werden, in Prozent Saarland

62,6

Rheinland-Pfalz

57,6

Niedersachsen

54,7

Schleswig-Holstein

51,5

Baden Württemberg

51,3

Bayern

50,6

Hessen

46,7

Thüringen

43,8

Brandenburg

46,4

Sachsen-Anhalt

42,4

Nordrhein-Westfalen

42,8

Mecklenburg-Vorpommern

38,9

Bremen

38,8

Sachsen

34,1

Hamburg

22,6

Berlin

14,2

Quelle: Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellschaft Staat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/Tabellen/EntwicklungEigentue merquote.html

II. Vertragsgegenstand Sowohl für die zivilrechtliche als auch für die steuerliche Beurteilung ist die genaue und vollständige Erfassung des Vertragsgegenstandes von Bedeutung.

Spiegelberger

11

1.8

Kap. 1 Rz. 1.9 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1. Grund und Boden Literatur: A. Bergermann, Auswirkungen unbewusster Falschbezeichnungen auf Grundstücksverträge und deren Vollzug – falsa demonstratio non nocet?, RNotZ 2002, 557; Böhmer, Zur bestimmten Bezeichnung einer noch nicht vermessenen Grundstücksteilfläche, MittBayNot 1998, 329; von Campe, Zum Bestimmtheitserfordernis bei der Bezeichnung von Grundstücksteilflächen – Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts als Problemlösung?, DNotZ 2000, 109; Hoffmann, Vormerkung am Miteigentumsanteil bei Teilflächenveräußerung – zugleich Anmerkung zum Beschluss des BayObLG v. 17.10.2001 – 2Z BR 75/01, MittBayNot 2002, 155.

a) Grundstücksbegriff

1.9

Der Grundstücksbegriff ist weder im BGB noch in der GBO definiert. Nach der Rechtsprechung ist unter einem Grundstück im Rechtssinn ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt allein oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist1. Bei den Vermessungsämtern wird ein Liegenschaftskataster geführt, das ein Verzeichnis einzelner Flurstücke darstellt und neben einer Beschreibung auch eine kartenmäßige Darstellung der als Flurstücke erfassten Bodenflächen enthält. Bei Änderung der Grundstücksflächen, z.B. durch eine Zumessung oder Wegmessung einer Teilfläche, erstellt das Vermessungsamt eine Fortführungsmitteilung, für die sich die Bezeichnung „Veränderungsnachweis“ oder „Fortführungsnachweis“ eingebürgert hat. Zur Übereinstimmung zwischen dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster übernimmt der zuständige Grundbuchbeamte den einen Verwaltungsakt darstellenden Veränderungsnachweis des Vermessungsamtes, an den das Grundbuch grundsätzlich gebunden ist2. Zivilrechtlich können mehrere Grundstücke zu einer rechtlichen Einheit zusammengeführt werden. Dies geschieht durch Vereinigung mehrerer Parzellen zu einem Buchgrundstück oder durch Zuschreibung eines Grundstücks als Bestandteil eines anderen Grundstücks gem. § 890 BGB. In beiden Fällen können die Flurstücke innerhalb der Grenzen des Grundbuch-Grundstücks erhalten bleiben3.

1.10

Für die einkommensteuerliche Beurteilung stellt der Grund und Boden ein selbständiges Wirtschaftsgut dar, das isoliert vom Gebäude und von den sonstigen Grundstücksbestandteilen betrachtet wird. Grund und Boden unterliegt grundsätzlich keinem Wertverzehr, so dass periodische Absetzungen für Abnutzung ausscheiden. In Ausnahmefällen, etwa wenn eine Kontaminierung entdeckt wird, kann bei Betriebsgrundstücken eine Teilwertabschreibung oder eine Rückstellung gebildet werden4.

1 2 3 4

RGZ 84, 270; BayObLG, Rpfleger 1981, 190. BayObLG v. 25.9.1981 – BReg 2 Z 22/81, Rpfleger 1982, 19. Bauer/v. Oefele, GBO, Einl. 16. Vgl. Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 272.

12

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.11 Kap. 1

M1 Bauplatzkauf

1.11

Verkauf einer unbebauten Teilfläche mit Versorgungsdienstbarkeiten Beurkundet am […] in […] I. Grundbuchstand Im Grundbuch des AG […] für […] Blatt […] sind die Eheleute […] [Name] als Eigentümer des Grundstückes der Gemarkung […] Flurstück Nr. […], […] [Beschrieb], Wohnhaus, Garten, Hofraum, zu 0,1000 ha eingetragen. Der Grundbesitz ist belastet wie folgt: Abteilung II: Starkstromleitungsrecht für […] Abteilung III: 200.000 a Grundschuld für die Sparkasse. […] II. Vertragsgegenstand Vertragsgegenstand ist eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 500 qm aus dem vorbezeichneten Grundstück, die den Vertragsteilen nach Lage und Umfang genau bekannt ist und in dem dieser Urkunde als wesentlichen Bestandteil beigefügten Lageplan farbig dargestellt wurde. Die Nord-, Ost- und Südgrenzen der Teilfläche sind durch die bestehenden Grenzen vorgegeben. Die Westgrenze ist parallel zur Ostgrenze in der Weise zu bilden, dass sich das angegebene Flächenmaß ergibt. Der Vermessungsantrag soll durch den Notar gestellt werden. Das Bestimmungsrecht nach § 315 BGB steht dem Verkäufer zu. III. Kauf Herr […] und Frau […] – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkaufen hiermit an die Eheleute […] – als Miteigentümer zu je 1/ 2 – – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – aus dem unter Abschnitt I bezeichneten Grundbesitz eine Teilfläche von ca. 500 qm mit allen Rechten und Bestandteilen. IV. Auflassungsvormerkung gem. § 883 BGB Zur Sicherung des Eigentumsverschaffungsanspruches bewilligen die Verkäufer zugunsten der Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB im Rang nach den in Abschnitt I bezeichneten Rechten, auf Antrag des Notars auch an nächstoffener Rangstelle.

Spiegelberger

13

Kap. 1 Rz. 1.11 Steuerorientierte Immobilienübertragung Die Vertragsteile bewilligen ferner mit Vollzug des Fortführungsnachweises die Löschung dieser Vormerkung an der dem Verkäufer verbleibenden Restfläche des Stammgrundstückes und Zug um Zug mit Eigentumsumschreibung an der Vertragsfläche, vorausgesetzt, dass keine Zwischeneintragungen ohne Zustimmung der Käufer im Grundbuch eingetragen oder zur Eintragung angemeldet wurden. Die Vertragsteile verpflichten sich, nach dem Vorliegen des amtlichen Fortführungsnachweises und nach Zahlung des geschuldeten vorläufigen Kaufpreises ihre Erklärungen zu dem Vermessungsergebnis abzugeben und nach Anerkennung der Vermessung die Auflassung zu erklären und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen sowie alle Erklärungen abzugeben, die zum Vollzug dieser Urkunde erforderlich oder zweckdienlich sind. V. Besitz, Nutzungen und Lasten Besitz, Nutzungen und Lasten sowie die Gefahr der Verschlechterung und die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten gehen mit vollständiger Kaufpreiszahlung auf den Käufer über. VI. Haftung Die in Abteilung II des Grundbuches eingetragene, in Abschnitt I näher bezeichnete Dienstbarkeit, wird zur weiteren Duldung und Erfüllung übernommen. Im Übrigen ist der Grundbesitz lastenfrei zu übertragen. Der Verkäufer verpflichtet sich, die Vertragsfläche unverzüglich von dem vorbezeichneten Grundpfandrecht der Sparkasse […] i.H.v. 200.000 a auf eigene Kosten freizustellen. Der Verkäufer haftet für fahrlässig herbeigeführte Körper- oder Gesundheitsverletzungen sowie für arglistig verschwiegene Mängel, nicht jedoch für die Größe, Beschaffenheit, Bebau- und Benutzbarkeit des Grundstücks. Der Verkäufer versichert, dass ihm ökologische Altlasten und Abstandsflächenübernahmen nicht bekannt sind. VII. Erschließungskosten Alle auf den Vertragsgegenstand entfallenden Erschließungskosten gem. §§ 127 ff. BauGB und alle Anliegerbeiträge nach dem Kommunalen Abgabengesetz hat der Käufer zu tragen mit Ausnahme der Kosten für Bescheide, die dem Erwerber oder dessen Rechtsvorgängern bis heute zugegangen sind. Etwaige Erstattungsansprüche werden an den Käufer abgetreten. VIII. Zugang und Zufahrt Der Verkäufer räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer der heutigen Vertragsfläche mit sofortiger Wirkung das dauernde und unentgeltliche Geh- und Fahrtrecht über sein Restgrundstück für die rein wohnwirtschaftliche Nutzung ein, in der Ausübung beschränkt auf einen 3 m breiten Grundstücksstreifen entlang der Ostgrenze des Stammgrundstückes nach Maßgabe der näheren Darstellung im beigefügten Lageplan. Im Bereich der Ausübungsfläche dieses Geh- und Fahrtrechtes ist das Abstellen und Parken von Fahrzeugen jeder Art nicht gestattet. Um ein ungehindertes Ein- und Ausfahren 14

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.11 Kap. 1

zu gewährleisten, dürfen auch sonst keinerlei Materialien oder andere das Recht beeinträchtigende Gegenstände gelagert werden. Bedingung für die Ausübung des Rechtes ist, dass sich der jeweilige Eigentümer des berechtigten Grundstückes dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstückes gegenüber verpflichtet, den Zuletztgenannten von allen möglichen Haftungsfällen aus einer Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht freizustellen. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks ist zur Mitbenutzung des Geh- und Fahrtweges zum angegebenen Zweck berechtigt. Die Kosten der Unterhaltung des bezeichneten Weges tragen der Grunddienstbarkeitsberechtigte sowie der Grundstückseigentümer je zur Hälfte. Eine Befestigung des Fahrtweges durch Aufbringung von Asphalt oder in ähnlicher Weise darf der Berechtigte nur im Einvernehmen mit dem Grundstückseigentümer vornehmen. Letzterer ist jedoch zur Zustimmung verpflichtet, falls eine fachgerechte und den landschaftlichen Gegebenheiten entsprechende Staubfreimachung des Fahrtweges gewährleistet ist. Das voreingeräumte Recht wird am dienenden Grundstück durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstückes und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde […] dinglich gesichert. Die Eintragung dieser Dienstbarkeiten im Rang nach der in Abteilung II bereits eingetragenen Dienstbarkeit im Grundbuch, im Gleichrang untereinander, wird bewilligt. Der Eintragungsantrag wird in der Nachtragsurkunde gestellt. IX. Versorgungsdienstbarkeiten Der Verkäufer räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer der Vertragsfläche mit sofortiger Wirkung das dauernde und unentgeltliche Recht ein, a) auf seinem Restgrundstück Ver- und Entsorgungsleitungen jeder Art einschließlich sämtlicher Zugehörungen einzulegen, zu belassen, zu betreiben, instandzuhalten und zu erneuern, b) das dienende Grundstück zum Zwecke der Vornahme von Arbeiten an den bezeichneten Einrichtungen und Anlagen, insbesondere zur erstmaligen Einbringung und künftigen Unterhaltung, jederzeit zu betreten oder durch Dritte betreten zu lassen, sowie c) auf dem dienenden Grundstück zur Einbringung dieser Ver- und Entsorgungsleitungen samt Zugehörungen und auch zur künftigen Unterhaltung Aufgrabungen gegen Wiederherstellung des früheren Zustandes vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen. Sämtliche Herstellungskosten treffen ausschließlich den Berechtigten, dem auch die Verkehrssicherungspflicht obliegt und der verpflichtet ist, die Anlage in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten sowie dem Eigentümer des dienenden Grundstückes vollen Schadensersatz für alle Schäden am dienenden Grundstück zu leisten, die durch die Ausübung des Rechts, z.B. durch Grabungsarbeiten oder Undichtigkeiten auch unverschuldet entstehen, nach Wahl des dienenden Grundstückseigentümers durch Wiederherstellung des vorherigen Zustandes. Dieses Recht, welches in der Ausübung beschränkt ist auf den in Abschnitt VIII näher bezeichneten Grundstücksstreifen nach Maßgabe der schematischen Darstellung im beigefügten Lageplan, wird durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.11 Steuerorientierte Immobilienübertragung jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstückes und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde […] im Grundbuch dinglich gesichert. Die Eintragung dieser Dienstbarkeiten im Grundbuch im Rang nach den in Abschnitt VIII bestellten Dienstbarkeiten, im Gleichrang untereinander, wird bewilligt. Der Eintragungsantrag wird in der Nachtragsurkunde gestellt. X. Kaufpreis Der Kaufpreis beträgt 200 a/qm, somit vorläufig für die geschätzte Vertragsfläche 100.000 a. Der vorläufige Kaufpreis ist bis zu seiner Fälligkeit unverzinslich und zur Zahlung fällig innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Mitteilung des Notars an die zuletzt bekannt gegebene Anschrift des Käufers, dass a) die Auflassungsvormerkung für den Käufer rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde, b) die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen, die im Rang vor der zur Eintragung gelangenden Auflassungsvormerkung des Käufers stehen, gesichert ist, also diesbezüglich dem Notar eine Löschungsbewilligung entweder zum bedingungslosen Gebrauch vorliegt oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, und c) seitens der zuständigen Gemeinde die Bestätigung erteilt wurde, wonach für diesen Verkaufsfall ein gesetzliches Vorkaufsrecht entweder nicht besteht oder jedenfalls nicht ausgeübt wird. Der Notar wird zur Erteilung einer Fälligkeitsbestätigung beauftragt. Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis ausschließlich Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten. Sofern im Zuge der Lastenfreistellung nicht anderweitige Zahlungsauflagen der Gläubiger ergehen, ist der Kaufpreis zu bezahlen auf das Konto des Verkäufers Nr. […] (IBAN […]) bei der […] (BIC […]). Der Notar hat darauf hingewiesen, dass der Verzug ohne Mahnung eintritt. Differenzflächen, die sich aufgrund des Messungsergebnisses gegenüber der gegenwärtigen Flächenschätzung ergeben, sind mit dem vereinbarten Quadratmeterpreis ohne Beilage von Zinsen bei Beurkundung der Messungsanerkennung und Auflassung auszugleichen. XI. Hinweise1 Die Beteiligten wurden auf Folgendes hingewiesen: – alle getroffenen Vereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung,

1 Gemäß § 19 BeurkG hat der Notar über das Erfordernis der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu belehren und auf in Frage kommende gesetzliche Vorkaufsrechte (§ 20 BeurkG) hinzuweisen.

16

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.12 Kap. 1

– die Eigentumsumschreibung im Grundbuch kann erst nach Vermessung, Erklärung der Auflassung und Entrichtung der Grunderwerbsteuer erfolgen, – die Frage der Bebaubarkeit der Vertragsfläche kann nur durch eine Bauvoranfrage bei der Baugenehmigungsbehörde geklärt werden und – bis zur Durchführung der Vermessung und dem Vorliegen des Fortführungsnachweises kann eine Sicherung der Finanzierungsgläubiger nur durch Verpfändung der Auflassungsvormerkung erfolgen. XII. Kosten, Ausfertigungen, Abschriften Die Kosten dieser Urkunde und der Nachtragsurkunde, der Vermessung und Vermarkung, der Katasterfortschreibung sowie die anfallende Grunderwerbsteuer hat der Käufer zu tragen. Die Kosten der Lastenfreistellung trägt der Verkäufer. Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen: die Vertragsteile beglaubigte Abschriften: das Grundbuchamt einfache Abschriften: jeder Vertragsteil sofort das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle der Gutachterausschuss zur Kaufpreissammlung die Gemeinde auf Verlangen bei dem Bestehen eines gesetzlichen Vorkaufsrechts die Grundpfandrechtsgläubigerin

b) Anmerkungen zur Vertragsgestaltung zu II: 1. Vertragsgegenstand – Bestimmtheit: Wenn dem Kaufvertrag lediglich eine Planskizze mit der zu vermessenden Teilfläche beigefügt ist, auf die in der Urkunde verwiesen wird, aber keine genaue Beschreibung der neuen Grenzlinien im Urkundentext enthalten ist, kann bei Abweichungen, die nicht mehr als unerheblich bezeichnet werden können, nicht auf die Auflassung geklagt werden. Der Käufer hat nur einen Anspruch auf Übereignung des ursprünglich verkauften Grundstücks1. Nach Ansicht des BGH2 kann der Vertrag sogar wegen Unbestimmtheit unwirksam sein. Die Auflassungsvormerkung entfaltet in diesem Fall keine Sicherungswirkung – auch nicht bei Insolvenz des Verkäufers. Sofern eine genaue Abgrenzung und Bezeichnung der 1 BGH v. 11.11.1994 – V ZR 149/93, MDR 1995, 247 = NJW 1995, 957 = MittBayNot 1995, 31. 2 BGH v. 23.4.1999 – V ZR 54/98, NJW-RR 1999, 1030 = ZfIR 1999, 818 = DNotZ 2000, 121; v. 30.1.2004 – V ZR 92/03, MDR 2004, 680 = ZfIR 2004, 812 = DNotZ 2004, 916; v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, BGHZ 150, 334 = MDR 2002, 1001 = NJW 2002, 2249; v. 23.11.2001 – V ZR 282/00, MDR 2002, 390 = ZfIR 2002, 194 = ZNotP 2002, 111.

Spiegelberger

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1.12

Kap. 1 Rz. 1.13 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Fläche nicht möglich ist, sollte die Grenzziehung entweder einem Vertragsteil nach § 315 BGB oder einem neutralen Dritten als Schiedsgutachter gem. § 317 BGB übertragen werden. Dem Bestimmungsberechtigten steht nicht das Recht zur Abänderung des Vertrages zu: Er kann nur die Unbestimmtheit nach Treu und Glauben ausfüllen, indem er das Unbestimmte aber Gewollte endgültig festlegt. Durch Zuweisung des Bestimmungsrechts nach § 315 BGB oder § 317 BGB kann die Gefahr der Nichtigkeit wegen fehlender Bestimmtheit sicher gebannt werden. Dies hat vor allem bei Einzeichnungen in nicht maßstabsgerechte Pläne besondere Bedeutung. Ist bei dem Verkauf einer noch zu vermessenden Grundstücksfläche der Kaufgegenstand in der notariellen Urkunde sowohl durch eine bestimmte Grenzziehung in einem maßstabsgerechten Plan als auch durch eine als ungefähr bezeichnete Flächenmaßangabe bestimmt, kommt die Anpassung oder Auflösung des Vertrags nach den Grundsätzen vom Fehlen der Geschäftsgrundlage in Betracht, wenn die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend davon ausgingen, dass die Größe der zeichnerisch dargestellten Fläche in etwa der bezifferten Flächengröße entspricht und das Ergebnis der Vermessung davon wesentlich abweicht1.

1.13

2. Neues Grundbuchblatt: Eine reibungslose Beleihung ist im Allgemeinen nur möglich, wenn für das Bauplatzgrundstück ein eigenes Grundbuchblatt angelegt wird. Dies ist beim Verkauf einer Teilfläche erst nach der Vermessung und/oder Erklärung der Messungsanerkennung und Auflassung der Fall. Damit eröffnet sich erst die Möglichkeit der Eintragung von Grundpfandrechten, ohne dass die Verkäufer einer Haftung ausgesetzt sind. In der Zwischenzeit ist nur eine Beleihung durch Verpfändung des durch die Auflassungsvormerkung gesicherten Übereignungsanspruchs möglich. Dies sollte der Käufer vorab mit seiner Bank abklären, da manche Banken dieses Verfahren nicht akzeptieren.

1.14

zu IV: 1. Auflassungsvormerkung gem. § 883 BGB: Eine Auflassungsvormerkung gem. § 883 BGB ist für den Kaufvertrag das übliche Sicherungsmittel. Da die Vermessung und Anlegung eines eigenen Grundbuchblattes lange Zeit in Anspruch nehmen können, ist die Auflassungsvormerkung von besonderer Bedeutung. Ferner ist die Verpfändung des Auflassungsanspruches und deren Eintragung im Grundbuch oft das einzige Sicherungsmittel für Grundpfandrechtsgläubiger, so dass die Bestellung einer Auflassungsvormerkung zur Finanzierung des Baukörpers zweckmäßig ist und regelmäßig benötigt wird.

1.15

2. Auflassung: Einzelne Autoren2 empfehlen, auch bei dem Kaufvertrag über eine unvermessene Teilfläche im Hinblick auf die Bindungswirkung gem. § 873 Abs. 2 BGB sofort die Auflassung zu erklären. Zu der für den grundbuchamtlichen Vollzug erforderlichen Ergänzungsurkunde, nämlich die sog. Identitätserklärung, könnte der Urkundsnotar bevollmächtigt werden. Es darf aber nicht verkannt werden, dass die Auflassung zivilrechtlich nur wirksam ist, wenn tatsächlich das beurkundete Grundstück mit dem katastermäßig abgegrenzten Grundstück genau übereinstimmt. Dies 1 BGH v. 30.1.2004 – V ZR 92/03, MDR 2004, 680 = ZfIR 2004, 812 = DNotZ 2004, 916. 2 Z.B. Beck’sches Notarhandbuch/Krauß6, A I Rz. 608.

18

Spiegelberger

A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.17 Kap. 1

ist in der Regel nicht der Fall, so dass überwiegend in der Notarpraxis die Beurkundung der Auflassung bei unvermessenen Grundstücken abgelehnt wird. Aus steuerlichen Gründen kann jedoch die Beurkundung der Auflassung unvermessener Grundstücke erforderlich sein. Eine Grundstücksschenkung gilt als ausgeführt, wenn die Vertragsparteien die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken1, um beispielsweise bei anstehenden Änderungen des BewG oder ErbStG die Anwendung der bisherigen Grundstücksbewertung zu sichern. Allerdings erlaubt die Finanzverwaltung2 bei Schenkung einer Grundstücksteilfläche den Vollzug anzunehmen, auch wenn das Vermessungsverfahren zur Bildung einer eigenen Flurnummer noch nicht abgeschlossen wurde. Eine Ersatzlösung bestünde darin, dass bei Teilflächenübertragungen nur ein Miteigentumsanteil am Gesamtgrundstück, der wertmäßig der Teilfläche entspricht, mit der Verpflichtung übertragen wird, nach der Vermessung einer wertentsprechenden Aufteilung des Grundstückes zuzustimmen. In diesem Fall liegt bereits im Vollzug der Übertragung des Miteigentumsanteiles die Durchführung der Schenkung i.S.d. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes3.

1.16

zu V: Literatur: Armbrüster, Der Übergang von Versicherungen beim Immobilienerwerb, Liber amicorum für Mock (2009), 1.

Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten: Trotz des Besitzüberganges auf den Käufer erhebt die Gemeinde bis zum Ablauf des Beurkundungsjahres die Grundsteuer von dem Verkäufer, da die Zurechnungsfortschreibung nach dem Bewertungsgesetz jeweils erst zum 1. Januar des Folgejahres vorgenommen wird. Der Verkäufer hat selbstverständlich den (anteiligen) Erstattungsanspruch für die in die Besitzzeit des Käufers fallenden Grundsteuern.

1.17

zu VI: Literatur: D. Schmidt, Beschaffenheitsvereinbarung, Garantie und Haftungsausschluss, Liber amicorum für Mock (2009), 245.

Haftung: Die Formulierung für die Sachmängelhaftung berücksichtigt die Anforderungen an einen Verbrauchervertrag. Eine zusätzliche Belehrung über die Risiken bei einer geplanten Bebauung, insbesondere wegen eines hohen Grundwasserstandes oder wegen Gründungsschwierigkeiten, ist zu empfehlen.

1 R E 9.1 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2011; Spiegelberger, DStR 1995, 1702. 2 H E 9.1 ErbStH 2011. 3 Spiegelberger, DStR 1995, 1702.

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19

Kap. 1 Rz. 1.18 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.18

zu VII: Erschließungskosten: Die im Textvorschlag enthaltene Regelung dient insbesondere der Klarheit und damit dem Rechtsfrieden.

1.19

zu VIII: Zugang und Zufahrt: Sowohl zur Erlangung der Baugenehmigung als auch zur langfristigen Funktionssicherung sind der Zugang und die Zufahrt sowie die Ver- und Entsorgung durch Grunddienstbarkeiten zu sichern. Zur Absicherung für den Fall der Insolvenz des Verkäufers während des Zeitraums bis zur endgültigen Eigentumsumschreibung kann bereits eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. Diese Vormerkung schützt dann auch für den Fall des Verlustes der Verfügungsbefugnis durch den Verkäufer.

1.20

zu IX: Versorgungsdienstbarkeiten: Insbesondere bei dem Erwerb von Teilflächen aus einem Grundstück ergibt sich das Erfordernis, Versorgungsdienstbarkeiten zu bestellen, in jedem Fall, wenn das Kaufgrundstück nicht selbst unmittelbar an eine öffentliche Straße angrenzt.

1.21

zu X: Kaufpreis: Der Kaufpreis richtet sich beim Teilflächenverkauf meist nach einem vereinbarten Quadratmeterpreis. Der vor der Vermessung vereinbarte Kaufpreis ist daher regelmäßig ein vorläufiger Kaufpreis. Nach der endgültigen Vermessung soll der Kaufpreis daher in der Regel entsprechend der tatsächlichen Größe des Vertragsgegenstandes mit dem vereinbarten Quadratmeterpreis ausgeglichen werden. Sicherungen werden für diesen Restausgleich in der Praxis meist nicht vorgesehen. Dies kann jedoch problemlos herbeigeführt werden durch die Notaranweisung im Rahmen der Messungsanerkennung und Auflassung, dass erst nach Bestätigung der Restkaufpreiszahlung die Auflassung dem Grundbuchamt vorgelegt werden darf. Ferner kann bei der Messungsanerkennung und Auflassung eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Käufers beurkundet werden. Diese weiteren Sicherungen erübrigen sich, wenn der Käufer die Kaufpreisdifferenz bei der Messungsanerkennung und Auflassung bar bezahlt oder bereits gezahlt hat. Für den Fall der Überzahlung durch den Käufer ist dieser im Fall der Insolvenz des Verkäufers zwar durch die Auflassungsvormerkung gesichert. Diese sichert aber nur den Übereignungsanspruch und nicht den Kaufpreisteilerstattungsanspruch. Insoweit könnte mit einer Bürgschaft gearbeitet werden, deren Kosten die Beteiligten meist scheuen.

1.22

zu XI: Teilungsgenehmigung gem. § 19 BauGB: Für die Teilung eines Grundstückes zum Zwecke der Bebauung war früher eine Teilungsgenehmigung gem. § 19 BauGB durch die zuständige Gemeinde erforderlich. Dieses zusätzliche Erfordernis für die Durchführung eines Teilflächenverkaufs ist weggefallen. Beim Verkauf von Teilflächen findet daher auch keine Kontrolle mehr statt, ob durch die Vermessung baurechtswidrige 20

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.32 Kap. 1

Zustände entstehen. Die Beteiligten sollten daher darauf hingewiesen werden, dass sie sich vor dem Abschluss des Kaufvertrages bei der Baugenehmigungsbehörde darüber informieren sollten, ob durch die vorgesehene Vermessung baurechtswidrige Zustände entstehen, insbesondere erforderliche Abstandsflächen eingehalten werden. In einzelnen Bundesländern führen die Gemeinden Baulastenverzeichnisse, in die baurechtliche Beschränkungen eingetragen sind, die sich nicht aus dem Grundbuch ergeben. In diesen Bundesländern ist die vorherige Einsicht des Baulastenverzeichnisses zu empfehlen (aus einer Dienstbarkeit kann sich die Pflicht ergeben, eine inhaltsgleiche Baulast zu bestellen)1. zu XII: Kosten: Abweichend von § 448 Abs. 1 BGB, wonach der Verkäufer die Kosten der Übergabe der Sache trägt und somit grundsätzlich auch die Vermessungskosten zu tragen hätte, wird in der Praxis diese Zahlungspflicht regelmäßig dem Käufer auferlegt.

1.23

1.24–1.29

Einstweilen frei. 2. Gebäude

Beispiel: Ehemann E will das selbstbewohnte Familienwohnheim schenkungsteuerfrei gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG seiner Ehefrau übertragen. Grundbuchtechnisch wurde das Gebäude ohne Umgriff als Flurstück unter einer eigenen Flurstücksnummer im Liegenschaftskataster erfasst. Der angrenzende Hausgarten weist eine eigene Flurstücksnummer auf. Beide Flurstücke sind im Grundbuch als Grundbucheinheit vorgetragen.

1.30

Hinweis: Die Finanzverwaltung hat nach dem Erlass des Wohneigentumsförderungsgesetzes in einem BMF-Schreiben verfügt2, dass nach dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung nicht nur das Wohnhaus eines Landwirtes, sondern auch der an das Wohnhaus angrenzende Hausgarten in „ortsüblichem Umfang“ als steuerneutral entnommen gilt. Eine derartige steuerliche Betrachtung gilt grundsätzlich nicht für ein privates Wohnhaus mit einem Gartengrundstück, das eine eigene Flurstücksnummer aufweist, so dass dem Steuerpflichtigen vor der Übertragung auf den Ehegatten zu empfehlen ist, nicht etwa eine Vereinigung zu einem Buchgrundstück im Grundbuch zu veranlassen, sondern beim Vermessungsamt eine Verschmelzung beider Flurstücke durchführen zu lassen, so dass nach der Änderung des Liegenschaftskatasters ein einheitliches Wohnheimgrundstück besteht, das auch den Hausgarten umfasst, so dass auch dieser schenkungsteuerbefreit bleibt. Ganz vorsichtige Steuerbürger werden vor der Übertragung auf den Ehegatten eine Schamfrist abwarten, um dem evtl. Einwand missbräuchlicher Gestaltung (§ 42 AO) vorzubeugen.

1.31

Gemäß § 94 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstückes die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen, insbesondere Bodenschätze wie Kies und Sand. Auch Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, insbesondere Grunddienstbarkeiten,

1.32

1 BGH v. 18.3.1994 – V ZR 159/92, MDR 1994, 686 = NJW 1994, 2757 = DNotZ 1994, 885; Beck’sches Notarhandbuch/Herrler6, A I Rz. 15. 2 BMF v. 4.6.1997, BStBl. I 1997, 630.

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21

Kap. 1 Rz. 1.33 Steuerorientierte Immobilienübertragung

gelten gem. § 96 BGB als Bestandteile des Grundstücks. Sofern jedoch ein Gebäude gem. § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück errichtet wurde, z.B. aufgrund eines Dauerwohn- oder -nutzungsrechtes gem. § 31 WEG, handelt es sich bei dem Gebäude um einen Scheinbestandteil, der bei der Veräußerung des Grundstückes im Eigentum des Herstellers verbleibt, es sei denn, dass der Hersteller seinerseits das Gebäude durch Einigung und Übergabe gem. § 929 BGB veräußert. Auch Bestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, verbleiben im Eigentum des Herstellers, z.B. eine von einem Mieter errichtete Lagerhalle. Der Mieter aktiviert die Halle und schreibt sie über den Zeitraum des Mietvertrags ab. Für die Verpflichtung, die Halle abzureißen, muss eine Rückstellung gebildet werden1.

1.33

Die Mitübertragung des Zubehörs muss ausdrücklich vereinbart sein. Das OLG Düsseldorf2 betrachtet eine Einbauküche weder als Bestandteil noch als Zubehör eines Einfamilienhauses, so dass die ausdrückliche Erwähnung in der Kaufurkunde erforderlich ist, wenn die Übertragung auf den Erwerber verabredet war. Als beweglicher Gegenstand unterliegt der Kaufpreisanteil für die Einbauküche nicht der Grunderwerbsteuer. 3. Gebäudeerrichtung a) Beurkundungspflicht

1.34

Sofern ein Bauvertrag mit der Verpflichtung verbunden ist, dem Erwerber auch das Eigentum an einem Grundstück zu verschaffen, bedürfen beide Verpflichtungen der notariellen Beurkundung, auch wenn Grundstückseigentümer und Werkvertragsverpflichteter nicht dieselbe Person sind3.

1.35

Sofern mit dem Grundstück nur die (genehmigten) Baupläne veräußert werden, erstreckt sich die Beurkundungspflicht des § 311b Abs. 1 BGB ebenfalls auf beide Leistungsgegenstände, wobei das auf die Baupläne entfallende Entgelt nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt4. Die mit dem Grundstückskaufvertrag verbundene Architektenbindung führt gem. Art. 10 § 3 MRVerbG zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages5. b) Mehrere Anbieter

1.36

Beispiel: In der Tagespresse werden Grundstücke mit zu errichtenden Neubauten angeboten. Die Vertragsdurchführung erfolgt in der Weise, dass der Landwirt L jeweils die Bauparzelle verkauft und der Bauunternehmer B das Bauwerk liefert. 1 2 3 4

Vgl. Eggert/Schorr/Kasanmascheff, LEXinform 2016, Heft 37, 15. OLG Düsseldorf v. 19.1.1994 – 11 U 45/93, NJW-RR 1994, 1039. Vgl. BGH v. 7.12.1989 – VII ZR 343/88, MDR 1990, 615 = NJW-RR 1990, 340. Vgl. BFH v. 9.10.1991 – II R 20/89, BStBl. II 1992, 152 = NJW-RR 1992, 656 = MittRhNotK 1991, 328; v. 9.11.1999 – II R 54/98, BStBl. II 2000, 143 = DStR 2000, 151 = ZfIR 2000, 221 = MittRhNotK 2000, 262. 5 Vgl. Palandt/Sprau76, § 631 BGB Rz. 2.

22

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.41 Kap. 1

Ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und den zur Errichtung eines Gebäudes abgeschlossenen Verträgen ist zu bejahen, wenn dem Erwerber aufgrund einer in bautechnischer oder ggf. finanzieller Hinsicht ganz konkreten und bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur annehmen kann1. Die Beurkundungspflicht beider Verträge hängt davon ab, ob sie miteinander „stehen und fallen“ (s. auch Rz. 2.305). Ist ein Bauvertrag von einem Grundstückskaufvertrag abhängig, dieser aber nicht von ihm, so ist er nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB zu beurkunden2.

1.37

c) Einheitlicher Vertragsgegenstand Literatur: DNotI-Dokumentennr. 11071R „Einheitlicher Erwerbsgegenstand“ im Grunderwerbsteuerrecht; Doppelbelastung mit Grunderwerb- und Umsatzsteuer.

Während bei einem einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist und damit gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG eine zusätzliche Umsatzsteuerbelastung ausscheidet (wegen einer Option gem. § 9 UStG vgl. Rz. 1.813 ff.), werden bei der Erbringung von Leistungen durch mehrere Bauhandwerker die ausgeführten Werklieferungen nicht mit den Umsätzen des Grundstückslieferers oder des Initiators eines Bauvorhabens „gebündelt“. Die umsatzsteuerrechtliche und die grunderwerbsteuerliche Beurteilung laufen nicht konform. Eine steuerlich verbindliche Bündelung von Leistungen durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zur Vermeidung zweier Verkehrssteuern (Grunderwerb- und Umsatzsteuer) scheidet im Ergebnis aus3.

1.38

1.39–1.40

Einstweilen frei. 4. Inventar und Zubehör

Literatur: Schulte-Thoma, Zubehörveräußerung bei Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2004, 61.

Sofern Gegenstand des Immobilienkaufvertrages auch Inventar ist, müssen die einzelnen Gegenstände entweder in der Urkunde selbst oder in einer als Anlage beigefügten Inventarliste aufgeführt sein, auf die in der Niederschrift verwiesen werden kann, vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG i.V.m. § 14 BeurkG. Während bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag gem. § 475 Abs. 1 BGB die Mängelhaftung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Haftungsausschluss bei Kaufverträgen zwischen Verbrauchern für mitverkaufte bewegliche Sachen üblich. Klargestellt werden muss, dass 1 Vgl. BFH v. 10.8.1994 – II R 33/91, BFH/NV 1995, 337. 2 Vgl. BGH v. 26.11.1999 – V Z R 251/98, MDR 2000, 260 = NJW 2000, 951; v. 13.6.2002 – VII ZR 321/00, MDR 2002, 1187 = ZNotP 2002, 432. 3 BFH v. 7.2.1991 – V R 53/85, BStBl. II 1991, 737 = UR 1991, 260 und v. 25.1.1996 – V R 42/95, BStBl. II 1996, 338 = UR 1997, 106; v. 27.9.2012 – II R 7/12, BStBl. II 2013, 86 = ZfIR 2013, 148.

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1.41

Kap. 1 Rz. 1.42 Steuerorientierte Immobilienübertragung

bei einer Sachmängelhaftung der Bestand des Grundstückskaufvertrages nicht tangiert wird. Die mitverkauften beweglichen Gegenstände scheiden aus der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer aus. Die von den Vertragsteilen vorgenommene Bewertung des Grundstücks einerseits und für das Inventar andererseits ist für die Finanzverwaltung nicht bindend1.

1.42

Gemäß § 311c BGB erstreckt sich im Zweifel die Veräußerungsverpflichtung auch auf das Zubehör, also auf die beweglichen Sachen, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (vgl. § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB). 5. Mehrere Leistungsverpflichtungen a) Bestehende Verpflichtungen

1.43

Sofern der Erwerber bestehende schuldrechtliche Verpflichtungen, z.B. bestehende Mietverträge, übernimmt, sind diese ein weiterer Bestandteil des Vertragsgegenstandes. Der Eintritt in bereits bestehende Schuldverhältnisse bedarf nur der Erwähnung im Kaufvertrag, ohne dass der zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag mitbeurkundet werden müsste. Es kann sich jedoch empfehlen, zum Zwecke der Beweissicherung eine Abschrift des betreffenden Vertrages mit der Kaufurkunde zu verbinden, ohne dass diese Anlage verlesen werden muss. b) Zusätzliche Leistungspflichten des Verkäufers

1.44

Übernimmt der Verkäufer noch zusätzliche Leistungspflichten, z.B. – Betreuungsgebühren für die technische oder wirtschaftliche Baubetreuung oder – die Vermittlung der Zwischenfinanzierung, so unterliegen die dafür erhobenen Kosten der Grunderwerbsteuer2.

1.45

Hingegen sind – Gebühren für übernommene Vermietungsgarantien und – für die Vermittlung der Endfinanzierung Aufwendungen, die nicht mehr den Zustand des veräußerten Grundstücks betreffen und daher grunderwerbsteuerfrei3 bleiben.

1.46–1.50

Einstweilen frei.

1 Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 88. 2 BFH v. 19.7.1989 – II R 95/87, BStBl. II 1989, 685 = DB 1989, 1807 = MittRhNotK 1990, 141; v. 24.7.1991 – II R 104/88, BFH/NV 1992, 553. 3 BFH v. 19.1.1994 – II R 52/90, BStBl. II 1994, 409.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.54 Kap. 1

III. Übernahme von Grundpfandrechten 1. Anwendung der Verbraucherkreditvorschriften? Fraglich ist, ob die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB auf eine Schuldübernahmeerklärung zwischen Altschuldner und Neuschuldner und die gem. § 415 BGB erforderliche Schuldübernahmegenehmigung des Darlehensgläubigers anwendbar sind. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf1 finden die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes auf die zwischen Privatpersonen vereinbarte Schuldübernahme keine Anwendung, da es an einem Verbrauchervertrag fehlt2; Amann3 vertritt mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH4 die Auffassung, § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB sei anwendbar und empfiehlt daher, nur eine Erfüllungsübernahme zu vereinbaren. Vorsorglich sollte eine Erfüllungsübernahme in jedem Fall subsidiär vereinbart werden, da bei einer Verweigerung der Schuldübernahmegenehmigung gem. § 415 BGB durch den Gläubiger der Vertrag insgesamt unwirksam wäre.

1.51

Um die Neuvalutierung der übernommenen Grundschuld zu gewährleisten, muss sich der Käufer für den Eingang des Grundschuldbetrages der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Darüber hinaus muss die Sicherungsvereinbarung entsprechend geändert werden.

1.52

2. Dingliche Haftung Die Übernahme der dinglichen Haftung ist eine sonstige Leistung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Sofern die Rückgriffsansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer uneinbringlich sind, ist die zu schätzende Inanspruchnahme grunderwerbsteuerpflichtig5.

1.53

3. Nachträgliche Schuldzinsen Gelingt es dem Verkäufer nicht, mit dem Veräußerungserlös die für die veräußerte Immobilie aufgenommenen Kredite zu tilgen, so dass er für die verbleibende Restschuld weiterhin sog. „nachträgliche“ Schuldzinsen zu entrichten hat, können diese nach der neueren Rechtsprechung des BFH als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sein, s. Rz. 1.539.

1.55–1.60

Einstweilen frei.

1 2 3 4 5

1.54

OLG Düsseldorf v. 20.12.1999 – 24 U 186/98, MittBayNot 2001, 313. Ebenso Münchener Kommentar/Schürnbrand7, § 491 BGB Rz. 32 m.w.H. Amann, MittBayNot 2002, 246. Vgl. EuGH v. 13.12.2001 – Rs. C 481/99 – „Heininger“, MittBayNot 2002, 276. BFH v. 13.7.1960 – II 173/58 U, BStBl. III 1960, 412.

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Kap. 1 Rz. 1.61 Steuerorientierte Immobilienübertragung

IV. Erschließungs- und Anliegerkosten Literatur: BMF v. 7.6.2012, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Erschließungsmaßnahmen, BStBl. I 2012, 621; DNotI-Dokumentennr. 11071R „Einheitlicher Erwerbsgegenstand“ im Grunderwerbsteuerrecht; Grziwotz, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge in Bayern: Regelung im Grundstückskauf und Grunderwerbsteuer, MittBayNot 2003, 200; Grziwotz, Öffentlich- und zivilrechtliche Regelungen über Erschließungskosten als Vorgaben für die Grunderwerbsteuer, DStR 1994, 1014; Kupfer, Erschließungsbeiträge im Ertrags-, Umsatz- und Grunderwerbsteuerrecht, KÖSDI 2001, 12914; Nieskoven, Neue Grundsätze zum Vorsteuerabzug bei Erschließungsmaßnahmen, GStB 2012, 392; Thebille, Erschließungsverträge in der notariellen Praxis, RNotZ 2014, 333.

1.61

Entgegen der im Rahmen der Schuldrechtsreform geschaffenen, missglückten gesetzlichen Regelung in § 436 BGB, wonach der Verkäufer noch die Erschließungs- und Anliegerbeiträge für bautechnisch begonnene Maßnahmen tragen soll, wird in der Praxis regelmäßig auf den Zeitpunkt des Zugangs der Beitragsbescheide abgestellt (vgl. Rz. 2.282); denn nach der Rechtsprechung muss selbst ein zwölf Jahre nach der Beurkundung ergehender Beitragsbescheid vom Verkäufer beglichen werden, wenn die Erschließungsmaßnahme bereits durchgeführt war1. Lediglich bei Bauträgerkaufverträgen, in denen ein schlüsselfertiges Objekt Vertragsgegenstand ist, werden alle Erschließungs- und Anliegerbeiträge, die zur schlüsselfertigen Nutzung erforderlich sind oder beschlossene Maßnahmen betreffen, dem Verkäufer zugeordnet. Dem Versuch, die 10%ige Eigenbeteiligung der Gemeinde durch Abschluss eines Erschließungsvertrages mit einer sog. Eigengesellschaft gem. § 124 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu umgehen, ist das BVerwG2 entgegengetreten. Danach sind Eigengesellschaften keine Dritte i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB, so dass der Erschließungsvertrag nichtig ist und es bei der 10%igen Eigenbeteiligung der Gemeinde verbleibt. 1. Einkommensteuer

1.62

Einkommensteuerlich werden die erstmaligen Erschließungskosten als Anschaffungskosten des Grund und Bodens beurteilt, s. Rz. 1.564. 2. Grunderwerbsteuer

1.63

Die Finanzverwaltung zählt zu den Erschließungsanlagen nicht nur die Verkehrsund Grünanlagen, sondern auch die Anlagen zur Ableitung von Abwässern und zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser3. Gegenleistung für den Erwerb eines erschlossenen Grundstücks ist auch der auf die Erschließung entfallende Betrag, unabhängig davon, ob er im Kaufpreis enthalten ist oder neben dem Kaufpreis gesondert ausgewiesen wird. Dies gilt nicht, wenn die Kommune eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich geltend macht. 1 Vgl. OLG Saarbrücken v. 4.4.2006 – 4 U 377/05, DNotI-Report 2006, 178. 2 Vgl. BVerwG v. 1.12.2010 – 9 C 8.09, ZfIR 2011, 326 m. Anm. Grziwotz. 3 Vgl. FinMin. Baden-Württemberg v. 25.7.2002 – 3-S 4521/13.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.71 Kap. 1

Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossenes Grundstück Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung, ist die vom Käufer eingegangene Verpflichtung, die zukünftige Erschließung zu bezahlen, nicht als Teil der Gegenleistung anzusehen1.

1.64

3. Umsatzsteuer Soweit die Gemeinde die Erschließungsmaßnahmen in eigener Regie durchführt, wird sie hoheitlich tätig. Mangels wirtschaftlicher Tätigkeit erbringt die Gemeinde hinsichtlich der Erschließung keine steuerpflichtigen Ausgangsumsätze. Sofern die Gemeinde eine Erschließungsgesellschaft als Erfüllungsgehilfen einschaltet, darf die Erschließungsgesellschaft in ihren Abrechnungen gegenüber den Bauwilligen keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Soweit die Gemeinde jedoch einen Betrieb gewerblicher Art unterhält, z.B. für die Wasserversorgung, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung2 die hierauf entfallenden Anschlussbeiträge Entgelte für die steuerpflichtige Anschlussleistung; in dem zitierten BMF-Schreiben ist auch die umsatzsteuerliche Behandlung bei der Einschaltung von Erschließungsträgern geregelt.

1.65

1.66–1.70

Einstweilen frei.

V. Kaufpreisaufteilung auf Grundstück und Gebäude sowie auf einzelne Objekte innerhalb eines Gebäudes Literatur: Behringer, Ertragswertverfahren zur Bewertung von Immobilien: Umsetzung an einem Praxisfall, BC 2013, 442; Esser, Wie sind Immobilien des Anlagevermögens zu bewerten?, WPg 2015, 1077; Kaponig, Anschaffung von bebautem Grundbesitz: Bilanzierung und Besteuerung – Ermittlung des Gebäudewerts anhand der Verkehrswertmethode, BC 2014, 408; Mende/Strnad, Bewertung von Immobilien unter Berücksichtigung des IDW ES 10, BB 2012, 2295; Sprengnetter, Zur Kaufpreis- und Verkehrswertaufteilung in die Gebäude- und Bodenanteile, DB 2003, 525; Zimmermann, Die Verkehrswertbestimmung bei Grundstücken, NZM 2012, 599.

Bei der Übertragung eines bebauten Grundstücks oder einer Eigentumswohnung wird von den Vertragsteilen in der Regel zunächst ein einheitlicher Kaufpreis ausgehandelt. Es kann jedoch aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein, den Kaufpreis in einen Anteil für die Gebäude und den Grund und Boden oder auch auf einzelne Objekte, die jeweils einen eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang aufweisen, aufzuteilen. Eine dahin gehende Kaufpreisaufteilung muss grundsätzlich vom Finanzamt akzeptiert werden, solange die Vereinbarung nicht nur zum Schein getroffen wurde (§ 41 Abs. 2 AO) sowie keinen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) darstellt und zum anderen die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlt oder wirtschaftlich nicht haltbar er1 Vgl. BFH v. 15.3.2001 – II R 39/99, BStBl. II 2002, 93; ebenso BFH v. 21.3.2007 – II R 67/05, BStBl. II 2007, 614. 2 Vgl. BMF v. 31.5.2002 – IV B 7-S 7100 – 167/02, DB 2002, 244.

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1.71

Kap. 1 Rz. 1.71 Steuerorientierte Immobilienübertragung

scheint1. Auf diese Art und Weise kann in den Grenzen des Angemessenen2 bspw. festgelegt werden, welcher Kaufpreisanteil als Grund und Boden keinen Absetzungen für Abnutzung (AfA) zugänglich ist und welcher Anteil über die AfA auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt werden kann. Sind entsprechende Vereinbarungen hinsichtlich einer Kaufpreisaufteilung auf Gebäude und Grund und Boden nicht getroffen worden, ist der Wert des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils nach der Immobilienwertverordnung3 zu ermitteln4. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV kann der Verkehrswert von Immobilien mit Hilfe des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens ermittelt werden. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ImmoWertV). Welches dieser – grds. gleichwertigen – Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden; die Wahl ist zu begründen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ImmoWertV). Bei selbstgenutzten und bei vermieteten Eigentumswohnungen im Privatvermögen und Mehrfamilienhäusern ist grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens (§ 21 ImmoWertV) angebracht. Aber auch eine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens (§ 17 ImmoWertV) ist ausnahmsweise möglich, wenn dieses zum zutreffenderen Wert führt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbildet5. Das Vergleichswertverfahren (§ 15 ImmoWertV) ist demgegenüber bei solchen Immobilien keine geeignete Schätzungsmethode6. Schuldzinsen können gezielt einem der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zugeordnet werden (s. Rz. 1.533 ff.). Sind entsprechende Vereinbarungen hinsichtlich einer Schuldzinsenzuordnung auf einzelne der Einkünfteerzielung dienende Gebäudeteile nicht getroffen worden, ist eine schätzungsweise Aufteilung der Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Wohnflächen/Nutzflächen vorzunehmen (s. Rz. 1.534)7.

1 BFH v. 15.1.1985 – IX R 81/83, BStBl. II 1985, 252 = BB 1985, 906; v. 26.5.1992 – IX R 190/87, BFH/NV 1993, 92 (Erbbaugrundstück); v. 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183; v. 31.7.2001 – IX R 15/98, BFH/NV 2002, 324; v. 16.9.2015 – IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397 = FR 2016, 228 = NJW 2016, 591. 2 Zu den Rechtsfolgen einer falschen Angabe der Kaufpreiszusammensetzung in der Absicht der Steuerhinterziehung vgl. BGH v. 5.7.2002 – V Z R 229/01, DNotZ 2003, 123. 3 Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV) v. 19.5.2010, BGBl. I 2010, 639. 4 BFH v. 25.5.2005 – IX R 46/04, BFH/NV 2006, 261; v. 16.9.2015 – IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397; v. 23.6.2005 – IX B 132/04, BFH/NV 2005, 1798; v. 15.11.2016 – IX B 98/16, BFH/NV 2017, 292. 5 BFH v. 11.2.2003 – IX R 13/00, BFH/NV 2003, 769; v. 29.5.2008 – IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668; v. 15.11.2016 – IX B 98/16, BFH/NV 2017, 292. 6 BFH v. 15.1.1985 – IX R 81/83, BStBl. II 1985, 252; v. 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183. 7 BFH v. 1.4.2009 – IX R 35/08, BStBl. II 2009, 663.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.76 Kap. 1

VI. Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten Literatur: Schmitz, Regelungen zum Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten etc. in Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2001, 365.

In der notariellen Praxis erstellt der Notar regelmäßig nach Eintragung der Auflassungsvormerkung an der vereinbarten Rangstelle, dem Vorliegen der Lasten- und Freigabeerklärungen sowie der Bestätigung über die Nichtausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte eine Fälligkeitsmitteilung (Rz. 2.233). Leistet der Käufer innerhalb der vereinbarten angemessenen Frist nicht, gerät der Käufer ohne Mahnung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug.

1.72

Für den notariellen Kaufvertrag empfiehlt sich die Regelung, dass mit der Kaufpreiszahlung Besitz, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Bei vermieteten Objekten tritt der Käufer erst mit dem Zeitpunkt, zu dem die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgt, in die Rechte und Pflichten aus den Mietverhältnissen gem. § 566 BGB ein1. Somit ist die Abtretung der Mietansprüche ausdrücklich zu regeln, da allein die Abrede über den Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr regelmäßig keine Abtretung der Mietansprüche beinhaltet2.

1.73

Da der BGH3 die Klausel, wonach Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren mit Besitzübergang übergehen, eng auslegt und eine Einbeziehung der Streupflicht des Anliegereigentümers verneint hat, wird in der Literatur4 empfohlen, auch den Übergang der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten ausdrücklich mit dem Besitzübergang anzuordnen.

1.74

Trotz des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten wird die Grundsteuer weiterhin vom Verkäufer erhoben, bis die bewertungsrechtliche Umschreibung, regelmäßig zum 1. Januar des Folgejahres, erfolgt. Der Verkäufer ist berechtigt, von dem Käufer insoweit die Freistellung von der Zahlungsverpflichtung zu verlangen. Richtiger Adressat für eine Mahnung zur Zahlung der Versicherungsprämie (Gebäudebrandversicherung) ist nach Verkauf, aber vor Eigentumsumschreibung immer noch der Veräußerer, nicht der Erwerber5.

1.75

Mit dem Erwerb des Eigenbesitzes wird der Grundbesitz gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO dem Käufer zugerechnet (wirtschaftliches Eigentum), auch wenn der Verkäufer noch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Sofern dem Verkäufer trotz des Besitzübergangs noch Nutzungen aus dem Vertragsgegenstand verbleiben, liegt darin eine zusätzliche Leistung des Käufers, so dass sich bei einer fortbestehenden Eigennutzung des Verkäufers die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer

1.76

Vgl. Palandt/Weidenkaff76, § 566 BGB Rz. 8. Vgl. Schmitz, RNotZ 2001, 373. BGH v. 3.10.1989 – VI ZR 310/88, MDR 1990, 231 = DNotZ 1991, 590. Vgl. Jerschke, Anm. zu BGH v. 3.10.1989 – VI ZR 310/88, MDR 1990, 231 = DNotZ 1991, 591. 5 OLG Jena v. 17.1.2007 – 4 U 574/06, DNotI-Report 2007, 144.

1 2 3 4

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Kap. 1 Rz. 1.79 Steuerorientierte Immobilienübertragung

entsprechend erhöht1, da vorbehaltene Nutzungen i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gegeben sind.

1.77–1.78

Einstweilen frei.

VII. Mietshauskauf 1.79

Vgl. die Anmerkungen zu diesem Muster in Rz. 1.81 ff. Literatur: Heimsoeth, Ausgewählte Aspekte des alten und des neuen Wohnungsbauförderungsrechts, RNotZ 2002, 88; Hertel, Energieausweis für Bestandsgebäude, DNotZ 2007, 486; Krauß, Energieeinsparverordnung 2007, ZNotP 2007, 202.

1.80

M2 Mietshauskauf 1. Beurkundet am […] I. Grundbuchstand und Kaufgegenstand Laut Vortrag im Grundbuch des AG […] für […] Blatt […] ist Herr […] Alleineigentümer des nachfolgend bezeichneten Grundstücks der Gemarkung […] Flurstück Nr. 1 zu 1000 qm. Der Grundbesitz ist belastet: In Abteilung II: – lfd. Nr. 1: Grunddienstbarkeit In Abteilung III: – lfd. Nr. 1: 100.000 DM Grundschuld für die Raiffeisenbank […], – lfd. Nr. 2: 500.000 a Grundschuld für die Sparkasse. […] II. Verkauf Herr […] – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkauft den in Abschnitt I. bezeichneten Grundbesitz mit allen damit verbundenen Rechten, Pflichten, Bestandteilen und dem Zubehör, an Herrn […] – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – – zu Alleineigentum –.

1 BFH v. 6.12.1989 – II R 95/86, BStBl. II 1990, 186; Boruttau/Loose18, § 9 GrEStG Rz. 235.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.80 Kap. 1

III. Kaufpreis Der Kaufpreis beträgt 2.000.000 a – in Worten: zwei Millionen Euro –. (1) Der gesamte Kaufpreis ist innerhalb von vier Wochen nach Absendung einer Mitteilung des Notars an den Käufer zur Zahlung fällig, wonach a) zugunsten des Käufers die nachstehend beantragte Eigentumsverschaffungsvormerkung rangrichtig im Grundbuch eingetragen ist, b) für das gesetzliche Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch ein Negativattest erteilt wurde und c) die Löschungsbewilligungen für die vorbezeichneten Grundpfandrechte mit aus dem Kaufpreis erfüllbaren Auflagen vorliegen. (2) Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten. (3) Soweit keine Zahlungsauflagen ergehen, ist der Kaufpreis auf das Konto des Verkäufers Nr. […] bei der […] (IBAN/BIC […]) zu überweisen. (4) Zahlt der Käufer bei Fälligkeit nicht, kommt er auch ohne Mahnung in Verzug. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung (1) Wegen des Kaufpreises nebst 5 % p.a. Zinsen über dem Basiszinssatz seit Fälligkeit unterwirft sich der Käufer der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Dem Verkäufer kann jederzeit ohne Nachweis der die Fälligkeit der Forderung begründenden Tatsachen eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde erteilt werden. Eine Umkehr der Beweislast ist damit jedoch nicht verbunden. (2) Der Verkäufer unterwirft sich wegen seiner Verpflichtung zur Übergabe des Kaufgegenstandes der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Der Notar kann gegen Nachweis der Kaufpreiszahlung dem Käufer eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde erteilen. V. Übergabe (1) Die Übergabe des Kaufgegenstandes erfolgt an dem auf die Kaufpreiszahlung folgenden Tag. Besitz, Nutzungen und Lasten sowie die Gefahr der Verschlechterung und die Verkehrssicherungspflicht gehen mit der Übergabe auf den Käufer über. Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.80 Steuerorientierte Immobilienübertragung (2) Für die in der Anlage I beigefügte Mieteraufstellung übernimmt der Verkäufer die Garantie. Er versichert insbesondere, dass – die Mietverhältnisse ungekündigt Bestand haben, – keine Mieten rückständig sind, – Mietvorauszahlungen oder abzugeltende Investitionen der Mieter nicht bestehen, – keine Rechtsstreitigkeiten aus den Mietverhältnissen anhängig sind oder drohen sowie – seitens der Mieter keine Beanstandungen im Rahmen durchgeführter Betriebskostenabrechnungen vorliegen. Die Aufstellung wurde den Erschienenen vorgelegt und von ihnen unterzeichnet. Auf das Verlesen wurde verzichtet. Der Notar weist die Erschienenen darauf hin, dass der Käufer erst nach Eigentumsumschreibung in die laufenden Mietverhältnisse gem. §§ 566 ff. BGB eintritt. Der Verkäufer tritt sämtliche Ansprüche aus den Mietverhältnissen gegenüber den Mietern ab der Besitzübergabe bis zur Eigentumsumschreibung an den Käufer ab, der die Abtretung annimmt. Etwaige vor der Besitzübergabe eintretende Mietrückstände einzelner Mieter werden weiterhin vom Verkäufer im eigenen Namen geltend gemacht. (3) Der Verkäufer bevollmächtigt hiermit unwiderruflich den Käufer, bereits ab Übergabetag neue Mietverhältnisse zu schließen und im Zusammenhang mit bestehenden Mietverhältnissen sämtliche erforderlichen Willenserklärungen, insbesondere Kündigungen und Mietänderungserklärungen abzugeben und in Empfang zu nehmen und Prozesse zu führen. Der Verkäufer wird die Mieter über die vertragsgegenständliche Veräußerung informieren. Der Käufer wird die Mieter anweisen, dass die Mieten ab Besitzübergang an ihn zu zahlen sind. Mieten, die ab Besitzübergang noch beim Verkäufer eingehen, wird der Verkäufer unverzüglich nach Zahlungseingang an den Käufer abführen. Der Verkäufer verpflichtet sich, mit Zustandekommen dieses Vertrages ohne Mitwirkung des Käufers keine Miet- oder Pachtverträge zu schließen oder zu ändern. (4) Bestehende Sach- und Betriebshaftpflichtversicherungen, insbesondere auch eine etwaige Brandversicherung, gehen kraft Gesetzes auf den Käufer über, sofern dieser nicht innerhalb eines Monats nach Eigentumsumschreibung kündigt. Etwaige nach Besitzantritt bis zur Eigentumsumschreibung entstehende Ansprüche des Verkäufers gegen Versicherer des veräußerten Grundstücks werden hiermit an den Käufer abgetreten, der die Abtretung annimmt. Ab diesem Zeitpunkt trifft ihn auch die Pflicht zur Prämienzahlung und zur Anzeige an den Versicherer. Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Versicherungsschutz erlöschen kann, wenn die Anzeige nicht unverzüglich erfolgt. In den Heizungswartungsvertrag und den Heizkostenabrechnungsvertrag tritt der Käufer ab Besitzübergang an Stelle des Verkäufers ein.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.80 Kap. 1

(5) Der Verkäufer verpflichtet sich mit der Besitzübergabe zur Herausgabe sämtlicher Grundstücks- und Mietvertragsunterlagen. Soweit Mietkautionen geleistet sind, sind diese einschließlich erzielter Zinseinnahmen unverzüglich nach Besitzübergang von dem Verkäufer auf den Käufer zu übertragen. Etwaige Bürgschaften sind zu übergeben. Auf § 566a BGB wurde hingewiesen. Der Verkäufer versichert, dass die Mieter nur die in den Mietverträgen bezeichnete Sicherheit geleistet haben. (6) Der Käufer erklärt sich unabhängig von dem Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung bereit, die Nebenkostenabrechnung für das laufende Kalenderjahr anzufertigen. Alle Verbrauchskosten werden gleichmäßig auf alle Monate des Abrechnungszeitraumes verteilt. Soweit den Mietern Erstattungen gebühren sollten, hat der Verkäufer die auf den Zeitraum bis zum Besitzübergang erforderlichen Erstattungen nach Maßgabe der Nebenkostenabrechnung den Mietern unmittelbar zu überweisen. VI. Haftungsausschluss für Sach- und Rechtsmängel (1) Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks und des Gebäudes sind ausgeschlossen. Hiervon ausgenommen sind Ansprüche auf Schadensersatz aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat, und auf Ersatz sonstiger Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruhen. Einer Pflichtverletzung des Verkäufers steht die eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen gleich. (2) Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Sachmängel nicht bekannt sind. Der Käufer hat das Kaufobjekt besichtigt. Er kauft es im gegenwärtigen Zustand. Veränderungen des Vertragsgegenstandes bis zur Besitzübergabe hat der Verkäufer nur zu vertreten, wenn sie über das übliche Maß der Abnutzung hinausgehen. (3) Der Verkäufer ist verpflichtet, den verkauften Grundbesitz frei von im Grundbuch in Abteilung II und III eingetragenen Belastungen und Beschränkungen zu verschaffen, soweit sie nicht vom Käufer übernommen worden sind. Der Verkäufer versichert, dass behördliche Auflagen nicht vorliegen oder angekündigt sind und ihm auch nicht bekannt ist, dass solche bevorstehen. Der Verkäufer versichert ferner, dass Rückstände an öffentlichen Abgaben für das Grundstück nicht bestehen und dass ihm von eingetragenen Baulasten nichts bekannt ist. VII. Erschließungskosten Die Erschließungsbeiträge gem. §§ 127 ff. BauGB und die einmaligen Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz trägt der Verkäufer, soweit hierüber ein Bescheid bis heute zugegangen ist. Beitragsbescheide, die ab morgen zugehen, hat der Käufer zu bezahlen, auch soweit sie Maßnahmen betreffen, die vor dem heutigen Tage durchgeführt worden

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Kap. 1 Rz. 1.80 Steuerorientierte Immobilienübertragung sind. Vorausleistungen werden an den Käufer abgetreten und sind mit dessen endgültiger Beitragsschuld zu verrechnen. VIII. Auflassung Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum an dem Kaufgegenstand von dem Verkäufer auf den Käufer zu Alleineigentum übergehen soll und bewilligen und beantragen die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch. Der beurkundende Notar wird angewiesen, den Antrag auf Umschreibung des Eigentums erst zu stellen, wenn der Kaufpreis auf das Konto des Verkäufers gutgeschrieben ist und die erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Vorher soll der Notar dem Käufer und dem Grundbuchamt keine Ausfertigungen und beglaubigten Abschriften dieser Urkunde erteilen, die die Auflassungserklärung enthalten. IX. Auflassungsvormerkung Die Erschienenen bewilligen und beantragen, für den Käufer im angegebenen Erwerbsverhältnis eine Vormerkung zur Sicherung seines Eigentumsverschaffungsanspruchs in das Grundbuch einzutragen, ferner die Löschung dieser Vormerkung gleichzeitig mit der Eigentumsumschreibung, vorausgesetzt, dass zwischenzeitlich keine belastenden Eintragungen ohne Mitwirkung des Käufers beantragt wurden oder erfolgt sind. X. Leistungsstörung Auch für den Fall einer Leistungsstörung bewilligt der Käufer die Löschung dieser Vormerkung. Die Vertragsparteien ermächtigen den Notar unwiderruflich, diesen Löschungsantrag auf einseitige Anweisung des Verkäufers beim Grundbuchamt zu stellen, sobald a) der Notar die Bestätigung über die Fälligkeit des Kaufpreises an den Käufer zu der im Urkundeneingang aufgeführten Anschrift versandt hat, b) der Verkäufer wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Kaufpreises von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist oder nach erfolgloser Setzung einer Frist von zwei Wochen zur Leistung oder Nacherfüllung Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat und c) der Käufer dem Notar auf schriftliche Anforderung hin nicht innerhalb von 14 Tagen nachgewiesen hat, dass der Kaufpreis bezahlt ist. Weist der Käufer nach, dass ein Teil des Kaufpreises gezahlt ist, darf die Löschung der Vormerkung nur Zug um Zug gegen Erstattung des bereits gezahlten Betrages erfolgen. Der Notar ist nicht verpflichtet, die Löschung der Vormerkung zu veranlassen, wenn der Käufer Gründe vorträgt, wonach ihm eine Einrede gegen den Kaufpreisanspruch zusteht. XI. Löschungen Die in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 des Grundbuchs eingetragene Grunddienstbarkeit wird vom Käufer als nicht wertmindernd übernommen. Die Parteien bewilligen und beantragen die Löschung aller übrigen vom Käufer nicht übernommenen Belastungen in Abteilung II und III des Grundbuchs. Der amtierende Notar wird bevollmächtigt, die Löschungsunterlagen einzuholen und entgegenzunehmen.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.80 Kap. 1

XII. Kosten und Steuern Die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzugs, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer trägt der Käufer. Dies gilt auch für den Fall des Rücktritts des Verkäufers wegen Zahlungsverzuges des Käufers. Die Lastenfreistellungskosten treffen den Verkäufer. XIII. Vertragsdurchführung (1) Die Parteien beauftragen und bevollmächtigen den Notar mit der Durchführung dieses Vertrages und der Einholung und Empfangnahme aller erforderlichen Genehmigungen und Bescheinigungen. Genehmigungen sollen mit ihrem Eingang beim Notar wirksam werden. (2) Die Vertragschließenden verzichten bezüglich aller Anträge, welche aus diesem Vertrag und der in diesem Vertrag enthaltenen Vollmacht resultieren, unwiderruflich auf ihr eigenes Antragsrecht gegenüber dem Grundbuchamt. Sämtliche Anträge beim Grundbuchamt dürfen nur durch den amtierenden Notar, seinen Vertreter oder Nachfolger im Amt gestellt werden. Der Notar wird von den Beteiligten bevollmächtigt, alle in der Form des § 29 GBO eventuell erforderlichen Erklärungen für die Parteien abzugeben. XIV. Hinweise Die Beteiligten wurden von dem amtierenden Notar auf die Folgen unrichtiger und unvollständiger Angaben, insbesondere hinsichtlich des Kaufpreises, hingewiesen. Sie versichern die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben. Die Vertragsparteien wurden von dem amtierenden Notar weiterhin darauf hingewiesen, dass – Nebenabreden außerhalb dieses Vertrages die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge haben können, – die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst nach Zahlung der Grunderwerbsteuer erfolgen kann, – zugunsten der zuständigen Gemeinde gesetzliche Vorkaufsrechte, insbesondere nach dem Baugesetzbuch, bestehen können, – die Parteien als Gesamtschuldner für die Kosten dieses Vertrages und seiner Durchführung sowie für die Grunderwerbsteuer haften und – die Veräußerung von Grundbesitz der Einkommensteuer unterliegen kann. Der Notar erläuterte den Erschienenen die einschlägigen Bestimmungen. Auf die Bestimmung der EnEV zum Energieausweis und die daraus folgende Vorlagepflicht hat der Notar hingewiesen.

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Kap. 1 Rz. 1.80 Steuerorientierte Immobilienübertragung XV. Belastungsvollmacht (1) Um dem Käufer die Finanzierung des Kaufpreises zu erleichtern, verpflichtet sich der Verkäufer, bei der Bestellung vollstreckbarer (§ 800 ZPO) Grundschulden oder Hypotheken bis zur Höhe des Kaufpreises mit Zinsen und Nebenleistungen zugunsten von Geldinstituten im Euroraum als derzeitiger Eigentümer mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflicht besteht nur, wenn in den Grundpfandrechtsbestellungsurkunden folgende von den Beteiligten bereits jetzt getroffene Bestimmungen wiedergegeben werden: a) Sicherungsabrede Die Gläubiger dürfen die Grundpfandrechte nur insoweit als Sicherheit verwerten oder behalten, als sie tatsächlich Zahlungen mit Tilgungswirkung auf die Kaufpreisschuld des Käufers geleistet haben. Alle weiteren Zweckbestimmungserklärungen, Sicherungs- und Verwertungsvereinbarungen innerhalb oder außerhalb dieser Urkunde gelten erst, nachdem der Kaufpreis vollständig gezahlt ist, in jedem Fall ab Eigentumsumschreibung. Ab dann gelten sie für und gegen den Käufer als neuen Sicherungsgeber. b) Zahlungsanweisung Aus der Belastungsvollmacht resultierende Zahlungsansprüche werden mit der Maßgabe, dass sie zur Bezahlung des Kaufpreises gemäß den Regelungen in diesem Vertrag zu verwenden sind, bereits jetzt an den Verkäufer abgetreten, soweit der Kaufpreis nicht anderweitig zur Freistellung des verkauften Grundbesitzes von eingetragenen Belastungen zu verwenden ist. Sofern eine Abtretung ausgeschlossen ist, wird hierdurch ein unwiderruflicher Zahlungsauftrag erteilt. c) Persönliche Zahlungspflichten Der Verkäufer übernimmt im Zusammenhang mit den Grundpfandrechtsbestellungen keinerlei persönliche Zahlungsverpflichtungen. Der Käufer verpflichtet sich, den Verkäufer von allen Kosten und sonstigen Folgen der Grundpfandrechtsbestellung freizustellen. d) Fortbestand der Grundpfandrechte Die bestellten Grundpfandrechte dürfen auch nach der Eigentumsumschreibung auf den Käufer bestehen bleiben. Alle entstandenen Eigentümerrechte und Rückgewährsansprüche werden hiermit mit Wirkung ab Bezahlung des Kaufpreises, in jedem Fall ab Eigentumsumschreibung auf den Käufer übertragen. Entsprechende Grundbucheintragung wird bewilligt. (2) Der Verkäufer erteilt dem Käufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht, ihn bei allen vorstehenden Rechtshandlungen zu vertreten. Diese Vollmacht gilt nur dann, wenn in der Grundschuldbestellungsurkunde die vorstehend unter Abs. 1a-d getroffenen Bestimmungen wiedergegeben werden. Von der vorstehenden Vollmacht kann, soweit notarielle Beurkundung oder Beglaubigung erforderlich ist, nur durch Erklärung vor dem amtierenden Notar, seinem Vertreter oder Nachfolger im Amt Gebrauch gemacht werden. Der Notar soll Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften der Grundschuldbestellungsurkunden erst erteilen und die Eintragung im Grundbuch

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.82 Kap. 1

beantragen, wenn die Finanzierung des gesamten Kaufpreises durch eine Bankbestätigung nachgewiesen ist. (3) Die aufgrund der vorstehenden Vollmacht einzutragenden Grundpfandrechte erhalten Rang vor der Eigentumsverschaffungsvormerkung. Der Käufer bewilligt rein vorsorglich den Rangrücktritt der zu seinen Gunsten einzutragenden Eigentumsverschaffungsvormerkung zugunsten sämtlicher aufgrund dieser Belastungsvollmacht zu bestellenden Grundpfandrechte. (4) Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung entsprechender Grundpfandrechte die vorstehenden Voraussetzungen nicht zu prüfen. XVI. Abtretung, Verpfändung Rechte und Ansprüche des Käufers aus diesem Vertrag können vor Zahlung des gesamten Kaufpreises nur mit schriftlicher Zustimmung des Verkäufers an dritte Personen abgetreten oder verpfändet werden. Dies gilt insbesondere für den Auflassungsanspruch. XVII. Salvatorische Klausel Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so soll die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt werden. Die unwirksame Bestimmung ist vielmehr durch eine solche zu ersetzen, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, am nächsten kommt. Vorgelesen vom Notar, […] Anlage: Mieteraufstellung Hinweis: Der formelhafte Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel ist individualvertraglich bei Altbauten und ähnlichen Objekten grundsätzlich zulässig und rechtlich unbedenklich. Anderes gilt für eine Individualvereinbarung über den Erwerb neu errichteter Häuser1.

1.81

Anmerkungen zu I: Kaufgegenstand: § 16 Abs. 2 EnEV wurde zum 1.5.2014 geändert. Zur Neuregelung vgl. Rz. 2.195 ff.

1 OLG Köln v. 23.2.2011 – 11 U 70/10, MittBayNot 2011, 480.

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1.82

Kap. 1 Rz. 1.83 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.83

zu III. Kaufpreis: Die Fälligkeitsbestätigung des Notars hat sich in der Praxis bewährt. Eine schuldhafte Verzögerung der Fälligkeitsanzeige führt jedoch zur Haftung des Notars für den Verzugsschaden. Nach der gewählten Formulierung schuldet der Notar nur die rechtzeitige Absendung der Fälligkeitsmitteilung, die in Abschrift auch dem Verkäufer zugesandt wird. Der vom Käufer behauptete fehlende Zugang der Fälligkeitsmitteilung führt dennoch zum Verzug, zumal sich der Käufer auch durch regelmäßige Rückfrage im Notariat über den Sachstand informieren kann. S. auch Rz. 2.233 ff.

1.84

zu IV: Zwangsvollstreckungsunterwerfung: Die beiderseitige Zwangsvollstreckungsunterwerfung zu notarieller Urkunde ermöglicht einen raschen Vollzug des Kaufvertrages. Etwaige Einwendungen können im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.

1.85

zu V: Übergabe: (1) Der Notar wird im Allgemeinen den Übergang von Nutzungen und Lasten mit Kaufpreiszahlung empfehlen. (2) Gemäß § 566 BGB gehen die bestehenden Mietverhältnisse erst mit der Eigentumsumschreibung auf den Käufer über, so dass für den Zeitraum ab Besitzübergang bis zum Eigentumswechsel die Mietzinsabtretung für den Käufer vorzusehen ist.

1.86

zu VI: Haftungsausschluss: Das im Jahr 1950 verabschiedete Erste Wohnungsbauförderungsgesetz hatte das Ziel, breite Schichten des Volkes mit Wohnraum zu tragbaren Mieten zu versorgen. Durch das im Jahr 1956 erlassene Zweite Wohnungsbauförderungsgesetz wurde die Zielsetzung auf die Eigentumsförderung ausgedehnt1. Gemäß § 8 des Wohnungsbindungsgesetzes war mit der öffentlichen Förderung eine Mietpreisbindung und eine Belegungsbindung verbunden. Durch das Gesetz zur Reform des Wohnungsbauförderungsrechts vom 13.9.20012 wurde das Recht der öffentlichen Wohnungsbauförderung einer grundlegenden Neugestaltung unterworfen. Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Natur der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ treffen die Bindungen des Wohnungsbindungsgesetzes den Erwerber einer öffentlich geförderten Wohnung, unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen. Auch ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb ist ausgeschlossen. Der öffentliche Glaube der §§ 892 und 893 BGB bezieht sich nicht auf die Tatsache der öffentlichen Förderung und die hieraus folgenden Beschränkungen, da diese nicht eintragungsfähig sind3. Das Wohnungsbindungsgesetz, die II. Berechnungsverordnung und die Neubaumietenverordnung gelten aber für Mittel, die vor dem 1.1.2002 bewilligt worden sind, unverändert fort. Zentrales Element der Reform ist die Abschaffung des Zweiten Wohnungsbau1 Vgl. Heimsoeth, RNotZ 2002, 88. 2 BGBl. I 2001, 2376. 3 Vgl. Heimsoeth, RNotZ 2002, 104.

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A. Interdependenz von Zivil- und Steuerrecht

Rz. 1.88 Kap. 1

gesetzes und die gleichzeitige Einführung des Wohnraumförderungsgesetzes. Die nunmehrige Mietpreisbindung ist nicht mehr an das Prinzip der Kostenmiete gebunden. Regelmäßig ist die Begründung von Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz ausgeschlossen. Voraussetzung der Auszahlung öffentlicher Mittel ist, dass der Darlehensnehmer ein abstraktes Schuldversprechen abgibt und zu dessen Sicherung eine Hypothek in das Grundbuch eintragen lässt. Wegen der öffentlichrechtlichen Natur der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ kann diese durch vertragliche Vereinbarung – insbesondere auch durch Vereinbarung mit der Bewilligungsbehörde – weder aufgehoben noch inhaltlich geändert werden. Die Rechtsprechung behandelt den Verkauf einer öffentlich geförderten Immobilie nach Gewährleistungsrecht und stuft die Wohnungsbindung als Rechtsmangel ein1. zu VII: Erschließungskosten: Bei der Schuldrechtsreform hat der Gesetzgeber in § 436 BGB trotz der Einwendungen der BNotK eine Kostenabgrenzung zwischen den Beteiligten vorgenommen, die in der Praxis größte Probleme aufwerfen würde und deswegen auch in aller Regel vermieden wird. Nach der gesetzlichen Regelung soll der Verkäufer noch die Kosten für begonnene Erschließungsmaßnahmen tragen, so dass bei einer erst nach Jahren erfolgenden Abrechnung der Verkäufer noch Kosten für ein längst verkauftes Objekt tragen müsste. Zudem bestünde die Notwendigkeit, für diese hypothetische Kostenschuld Sicherheiten zugunsten des Käufers zu bestellen. Die gewählte Abgrenzung, wonach es auf den Zugang von Erschließungskostenbescheiden ankommt, dient dem Rechtsfrieden und wird in aller Regel in der Praxis bevorzugt. Der Käufer muss sich danach selbst vor dem Kaufvertragsabschluss bei der zuständigen Gemeinde erkundigen, ob er für den Fall des Abschlusses des Kaufvertrages mit Erschließungskosten oder sonstigen Anliegerbeiträgen rechnen muss. Siehe auch Rz. 1.564 ff.

1.87

zu X: Leistungsstörung: Die im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung stellt für den Fall, dass der Käufer seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht erfüllt, eine enorme wirtschaftliche Belastung für den Verkäufer dar, da auch die anderweitige Verwertung des Grundbesitzes, insbesondere der erneute Verkauf an einen solventen Käufer, faktisch unmöglich ist. Die vom Verkäufer bereits bewilligte Löschung der Auflassungsvormerkung, die der Notar nur unter den angegebenen Treuhandauflagen verwenden darf, ist ein wirksamer Schutz gegen eine Verkaufsblockade bei Zahlungsverzug oder gar bei Insolvenz des Käufers.

1.88

1.89–1.99

Einstweilen frei.

1 BGH v. 7.9.1976 – V ZR 256/75, NJW 1976, 1888; OLG Hamm v. 15.2.2001 – 22 U 105/00, RNotZ 2001, 585.

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39

Kap. 1 Rz. 1.100 Steuerorientierte Immobilienübertragung

B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels I. Überblick Literatur: Behrens, Kein Wechsel vom Anlage- in das Umlaufvermögen bei Grundstücksverkäufen durch Kapitalgesellschaften, DStR 2013, 1458; Blum/Weiss/Abele, Die Aufteilung von Grundstückskaufpreisen in Ertragsteuerrecht, StBP 2007, 231; Eisele, Aktuelle Finanzrechtsprechung zur Frage der Abgrenzung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen, INF 2005, 944; Ewald, Ausgewählte ertragssteuerliche Aspekte bei Investment-Kommanditgesellschaften, DStR 2016, 1784; Fahlenbach, Behandlung von Erhaltungsaufwand, der mit anderen Aufwandsarten in zeitlicher Nähe zur Anschaffung eines Gebäudes anfällt, DStR 2010, 2066; Goetze, Der lebzeitige Nießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens im Steuerrecht, RNotZ 2013, 147; Hohage/Kraft, Gestaltungsüberlegungen beim Verkauf von Anteilen an grundstücksverwaltende Gesellschaften, IStR 2014, 605; Hoppenz, Die latente Einkommensteuer im Zugewinnausgleich: Ein Rettungsversuch, FamRZ 2012, 1618; Jacobsen, Ertragsteuerliche Zuordnung geleaster Wirtschaftsgüter, SteuerStud 2006, 148; Kröner, Kauf und Verkauf von Kapital- und Personengesellschaften – Ein Überblick über die ertragssteuerlichen Folgen, BB 2012, 2403; Meyer/Ball, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – Trennwände des BFH, DStR 2012, 2260; Schallmoser, Praxisprobleme im Rahmen der Aufteilung von Anschaffungskosten bei gemischt genutzten Grundstücken, DStR 2009, 1685; ders. Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, SteuK 2013, 115; Schäffler, Finanzielle Effekte des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus, DStR 2016, 688; Schmitt/ Lenz, Kurzfristiger Wiederkauf im Fokus der BFH-Rechtsprechung, DStR 2010, 735; Weber/ Kroh, Erbschaft- und einkommensteuerliche Optimierung der Nutzungsentscheidung von Immobilienvermögen im Erbfall, DStR 2014, 1459; Zwirner/Künkele, Steuerliche Herstellungskosten – Rechtsunsicherheit und Anwendungsempfehlungen, DStR 2012, 319.

1. Einkunftsarten

1.100

Bei der entgeltlichen Übertragung einer Immobilie kann – je nach Sachverhaltsgestaltung – jede der sieben in § 2 EStG aufgeführten Einkunftsarten betroffen sein. Um festzustellen, ob eine Grundstücksübertragung der Einkommensteuer unterliegt, empfiehlt sich folgendes Prüfungsschema:

1.101

Übersicht: Prüfungsschema Land- und Forstwirtschaft

. § 14 EStG

Q Nein Gewerbebetrieb

. § 15 EStG

Q Nein Gewerblicher Grundstückshandel

. § 15 EStG

Q Nein Freiberufliche Tätigkeit Q Nein

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. § 18 EStG

B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels Lohnsteuerpflichtiger Erwerb

Rz. 1.103 Kap. 1

. § 19 EStG

Q Nein Kapitalvermögenseinkünfte

. § 20 EStG

Q Nein Ausbeutegrundstück

. § 21 EStG

Q Nein Privates Veräußerungsgeschäft

. § 23 EStG

Q Nein nicht steuerbar

– Die Veräußerung eines betrieblich genutzten oder bilanzierten Grundstückes durch einen Land- und Forstwirt, einen Gewerbetreibenden oder einen Freiberufler kann zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit führen, also zu betrieblichen Einkünften (s. Rz. 1.400).

1.102

– Auch der private Grundstückseigentümer kann durch wiederholte Grundstücksveräußerungen (vgl. dazu ausführlich Rz. 1.190 ff. und Kap. 11) gewerbliche Einkünfte erzielen. – Der Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer verbilligt Grundbesitz, z.B. eine Werkswohnung, verkauft, muss für den in dem Veräußerungsgeschäft liegenden Sachbezug Lohnsteuer einbehalten und abführen. – Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, der ein Gesellschaftsgrundstück unter dem Verkehrswert erwirbt, tätigt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vgl. Rz. 1.271 ff.) in Höhe des gewährten Preisbonus, so dass die GmbH die verdeckt ausgeschüttete Dividende nachversteuern muss und der Gesellschafter Einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG im Teileinkünfteverfahren zu versteuern hat. – Die Veräußerung eines Grundstücks mit einem Kies- oder Sandvorkommen kann einen Ausbeutevertrag darstellen, der als Pachtvertrag zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG führt. – Wird ein Grundstück im steuerlichen Privatvermögen innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 EStG angeschafft und veräußert, liegt darin ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft (s. Rz. 12.1 ff.). Aus der Sicht des Erwerbers ergeben sich andere Perspektiven. Der Kapitalanleger, der eine Immobilie erwirbt, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wird darauf achten, dass er seine Aufwendungen zumindest teilweise als Werbungskosten oder durch Abschreibungen geltend machen kann. Die im Rahmen von sog. Bauherrenmodellen als Werbungskosten bezeichneten Aufwendungen hat die Rechtsprechung weitgehend als Anschaffungskosten gewer-

Spiegelberger

41

1.103

Kap. 1 Rz. 1.104 Steuerorientierte Immobilienübertragung

tet1. Auch Renovierungsaufwendungen, die nach dem Erwerb innerhalb von drei Jahren aufgewendet werden und den Erwerbspreis ohne Umsatzsteuer um 15 % übersteigen, stellen nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten und keine Werbungskosten dar (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG; s. Rz. 1.560 ff.). 2. Gebäude im Einkommensteuerrecht

1.104

Selbständige Wirtschaftsgüter sind – Zubehör gem. § 97 BGB; – Scheinbestandteile2 gem. § 95 BGB; – Betriebsvorrichtungen gem. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG; – Laden- und Schaufensteranlagen (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer sieben Jahre)3; – Anbauten (soweit kein einheitliches Gebäude entsteht); – in einem gemischt genutzten Gebäude4 diejenigen Gebäudeteile, die einen eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang (eigene Wohnzwecke; fremde Wohnzwecke; eigenbetriebliche Zwecke; fremdbetriebliche Zwecke) aufweisen; – Gebäude auf fremdem Grund und Boden; – Mietereinbauten (bewegliche Wirtschaftsgüter, wenn sie Betriebsvorrichtung oder wirtschaftliches Eigentum des Mieters sind); andernfalls handelt es sich um unbewegliche Wirtschaftsgüter; der BMF5 erlaubt regelmäßig eine Verteilung der AfA auf die Mietdauer. Keine selbständigen Wirtschaftsgüter sind – thermische Solaranlagen zur Wassererwärmung für den sanitären Bereich oder zur Raumheizung; sie sind regelmäßig Gebäudebestandteil6. – Photovoltaikanlagen für den Eigenbedarf; sie sind Gebäudebestandteil, während bei Lieferung des erzeugten Stromes an Energieversorger ein Gewerbebetrieb vorliegt (s. Rz. 10.4 und Rz. 10.16 ff.)7.

1 BFH v. 14.11.1989 – IX R 197/84, BStBl. II 1990, 299 = FR 1990, 145. 2 Aus einem echten Bestandteil kann durch bloße Willensänderung des Eigentümers und eines nach außen tretenden Manifestationsaktes ein Scheinbestandteil entstehen, so dass für die Übertragung keine notarielle Beurkundung erforderlich ist, vgl. BGH v. 2.12.2005 – V ZR 35/05, MDR 2006, 921 = DNotZ 2006, 252; OLG Celle v. 22.5.2007 – 4 U 41/07; kritisch Kesseler, ZNotP 2007, 330. 3 BMF v. 30.5.1996 – IV A 8 - S 1551 - 35/96, BStBl. I 1996, 643. 4 BFH v. 29.9.1994 – III R 80/92, BStBl. II 1995, 72 (74). 5 BMF v. 15.1.1976 – IV B 2 - S 2133 - 1/76, BStBl. I 1976, 66 Tz. 10. 6 BFH v. 14.7.2004 – IX R 52/02, BStBl. II 2004, 949 = DB 2004, 2022. 7 Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern v. 12.2.2008 S 4503–4 St 35 N, MittBayNotZ 2008, 421.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.109 Kap. 1

a) Aufteilung in einzelne Wirtschaftsgüter Der sachenrechtliche Grundsatz gem. § 94 Abs. 1 BGB, wonach zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere die Gebäude, gehören, gilt nicht in derselben Weise für die steuerrechtliche Betrachtung. Vielmehr sind je nach Steuerart Grundstücke und Gebäude getrennt zu erfassen und zu bewerten.

1.105

Einkommensteuerrechtlich wird der Kaufpreis in einen Grundstücks- und Gebäudeanteil aufgeteilt (zur Aufteilungsmethode vgl. Rz. 1.71). Absetzungen für Abnutzung werden nur für das Gebäude, nicht jedoch für das Grundstück gewährt. Selbst die einzelnen Gebäudeteile werden unterschiedlich beurteilt.

1.106

Lastenaufzüge, Kräne, Kühlvorrichtungen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG), Laderampen und die Kinobestuhlung sind Betriebsvorrichtungen und werden somit wie bewegliche Gegenstände behandelt.

1.107

Auch die Schaufensteranlage ist ein vom übrigen Gebäude getrennt zu bewertendes Wirtschaftsgut1, der Personenaufzug ein unselbständiger Teil des Gebäudes. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf2 ist eine Einbauküche kein Bestandteil eines Einfamilienhauses und daher als Inventar und somit als beweglicher Gegenstand zu betrachten. Wird bei einem Grundstückskaufvertrag die mitverkaufte Einbauküche betragsmäßig ausgeschieden, tritt gem. BFH3 insoweit eine Minderung der Grunderwerbsteuer ein; gleichzeitig wird die Bemessungsgrundlage für die AfA des Gebäudes vermindert, da die Einbauküche der AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter unterliegt. Die (anteilige) Reparatur- oder Instandhaltungsrücklage bei einer Eigentumswohnanlage ist ebenfalls nicht Bestandteil des Gebäudes, so dass dieser Anteil weder bei der AfA-Bemessung noch bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer angesetzt wird4.

1.108

b) Gebäude im Betriebsvermögen Beispiel: Tante Emma ist Alleineigentümerin eines bebauten Grundstückes, auf dem sie ein Milchgeschäft im Erdgeschoss betreibt. Die Büroräume befinden sich im Obergeschoss. Die zweite Obergeschosswohnung wird von der Eigentümerin selbst bewohnt. Die Wohnung im dritten Obergeschoss ist fremdvermietet.

1 2 3 4

Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 138. OLG Düsseldorf v. 19.1.1994 – 11 U 45/93, MittRhNotK 1994, 145. BFH v. 29.10.1976 – VI R 127/73, BStBl. II 1977, 152. Vgl. BFH v. 9.10.1991 – II R 20/89, BStBl. II 1992, 152 = NJW-RR 1992, 656 = MittRhNotK 1991, 328; v. 5.10.2011 – I R 94/10, BStBl. II 2012, 244.

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1.109

Kap. 1 Rz. 1.110 Steuerorientierte Immobilienübertragung

fremdvermietet

gewillkürtes Betriebsvermögen oder Privatvermögen

selbstbewohnt

notwendiges Privatvermögen

eigengenutzte Büroräume

notwendiges Betriebsvermögen

eigenbetriebliche Räume

notwendiges Betriebsvermögen

aa) Funktionsbetrachtung

1.110

Der Gebäudebegriff erfordert nicht, dass ein Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist1. Bei einem gemischt genutzten Gebäude sind, wie das vorstehende Beispiel zeigt, vier selbständige Wirtschaftsgüter zu unterscheiden, die je nach ihrer Funktion beurteilt werden: (1) Notwendiges Privatvermögen

1.111

Sofern ein Gesellschafter eine im Eigentum der Personengesellschaft stehende Wohnung bewohnt, kommt es wohl darauf an, ob das Nutzungsverhältnis auf einem Mietvertrag beruht oder ob die Nutzung aufgrund der Beteiligung am Gesamthandseigentum erfolgt. Die vom Unternehmer unentgeltlich auf Dauer bewohnten Wohnräume des Gesellschaftsvermögens stellen notwendiges Privatvermögen dar. Wird eine (nicht notwendig ortsübliche) Miete entrichtet, zählt die Wohnung indes steuerlich zum Betriebsvermögen2 (s. auch Rz. 1.409). Hingegen stellt die Wohnung im Eigentum einer Kapitalgesellschaft immer Betriebsvermögen dar, auch wenn sie ein Gesellschafter bewohnt, da eine Kapitalgesellschaft nur über eine betriebliche Sphäre verfügt. Die Nutzung ohne ortsübliches Entgelt stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar3.

1 Vgl. BFH v. 15.6.2005 – II R 67/04, INF 2005, 944 (945). 2 Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 496 a.E., für Nutzungsüberlassung i.H.v. zumindest 10% des ortsüblichen Entgelts. 3 Vgl. BFH v. 26.8.1993 – I R 44/92, BFH/NV 1994, 318 (Hapimag-Urteil).

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.122 Kap. 1

(2) Notwendiges Betriebsvermögen Wenn ein Wirtschaftsgut dem Unternehmen eines Einzelunternehmers dient, handelt es sich um notwendiges Betriebsvermögen. Sofern ein Gesellschafter Eigentümer des der Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstückes ist, liegt Sonderbetriebsvermögen vor. Einer Kapitalgesellschaft zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter werden Betriebsvermögen, wenn es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt und eine einheitliche Willensbildung bei der Betriebskapitalgesellschaft und dem Besitzunternehmen besteht (sachliche und personelle Verflechtung als Betriebsaufspaltung)1.

1.112

(3) Gewillkürtes Betriebsvermögen Nach Ansicht des BFH2 ist die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen für das gesamte Objekt zulässig, wenn das Grundstück zu mindestens 10 % auch eigenbetrieblich genutzt wird, auch wenn die Restfläche durch Vermietung genutzt wird oder eigenen Wohnzwecken dient. Voraussetzung ist weiter, dass der Grundbesitz in einem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb des Vermieters steht oder ihn zu fördern bestimmt oder geeignet ist. In der Bilanzierung eines Grundstückes ist grundsätzlich eine Widmung zum Betriebsvermögen zu sehen3.

1.113

(4) Privatvermögen Wirtschaftsgüter, die von dem Eigentümer privat genutzt werden, stellen steuerrechtlich Privatvermögen dar.

1.114

1.115–1.120

Einstweilen frei. bb) Anlage- und Umlaufvermögen

Bei Grundstücken im Betriebsvermögen ist zwischen Anlage- und Umlaufvermögen zu unterscheiden4. Bei Grundstücken im Umlaufvermögen5, z.B. bei Musterhäusern eines Bauträgers, wird keine AfA für den Gebäudeanteil gewährt; dasselbe gilt für Gebäude, die in einen gewerblichen Grundstückshandel verstrickt sind.

1.121

c) Gebäude auf fremdem Grund und Boden Der Hersteller eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden wird gem. § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Gebäudes, wenn es in Ausübung

1 Kritisch zu Recht mit vielen Hinweisen auf weitere Kritiker Carlé, Die Betriebsaufspaltung 2003, Rz. 3. 2 BFH v. 2.10.2003 – IV R 13/03, BStBl. II 2004, 985 = FR 2004, 90 = DStR 2003, 2156 m. Anm. Bischoff, DStR 2004, 1280. 3 Vgl. BFH v. 5.3.2002 – IV B 22/01, BStBl. II 2002, 690 = FR 2002, 678 m. Anm. Seeger. 4 Vgl. Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 7. 5 BFH v. 12.9.1995 – X B 83/95, BFH/NV 1996, 206.

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1.122

Kap. 1 Rz. 1.123 Steuerorientierte Immobilienübertragung

eines dinglichen Rechts, z.B. eines Nießbrauchs, errichtet wird1. Sofern dem Hersteller ein schuldrechtliches oder dingliches Nutzungsrecht nach Errichtung des Gebäudes auf dessen Standzeit eingeräumt wird, steht dem Nutzungsberechtigten das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude zu2. aa) Ehegattengrundstücke Literatur: Kiesow, Zur entgeltlichen Übertragung von Mietimmobilien zwischen Ehegatten, DStR 2013, 2252; Schoor, Gestaltungsmöglichkeiten bei Bauten auf Ehegatten-Grundstücken, INF 2005, 705.

1.123

Beispiel nach BFH3: Ehemann und Ehefrau sind zu gleichen Teilen Eigentümer einer Immobilie, wobei der Ehemann alle Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat. Gesonderte Vereinbarungen existieren unter den Ehegatten nicht. Das Objekt nutzt der Ehemann betrieblich. Er erhält die AfA für alle von ihm getragenen Gebäudeaufwendungen. Jahre nach der Errichtung des Gebäudes erfolgt eine Betriebsaufgabe. Sind im Betriebsaufgabegewinn auch die stillen Reserven des Grundstücks- bzw. Gebäudeteils zu erfassen, der im Eigentum der Ehefrau steht, die nicht am Betrieb beteiligt war?

1.124

Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH4 besteht bei Bauten auf fremdem Grund und Boden wirtschaftliches Eigentum des Unternehmers an dem im zivilrechtlichen Eigentum des Ehegatten stehenden Gebäudeteil, wenn ein Wertersatzanspruch nach §§ 951, 812 BGB besteht oder eine ausdrückliche Vereinbarung über die Verpflichtung zum Wertausgleich getroffen wurde. Bei Bauten im eigenen Interesse für eigene betriebliche Zwecke spricht – bei dem Fehlen einer Entschädigungsvereinbarung – keine tatsächliche Vermutung für eine Zuwendungsabsicht. Die von dem Ehemann gebildete Bilanzposition ist nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH5 als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands anzusehen, die lediglich aus bilanztechnischen Gründen „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ zu behandeln ist.

1.125

Folgt man der Rechtsprechung des BGH6, spricht bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, einiges dafür, dass bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche gem. §§ 951, 812 BGB durch die Regelungen über den güterrechtlichen Ausgleich verdrängt werden. In diesem Fall besteht von vornherein kein realisierbarer Wertersatzanspruch der Ehegatten untereinander. In Übereinstimmung mit dieser Rechtspre-

1 Vgl. Staudinger/Stieper, § 95 BGB Rz. 17 ff.; Spiegelberger, FS Bärmann und Weitnauer, 1990, 647 (650). 2 Vgl. BFH v. 27.11.1996 – X R 92/92, BStBl. II 1998, 97 = FR 1997, 261 m. Anm. WeberGrellet = MittBayNot 1997, 314. 3 BFH v. 19.12.2012 – IV R 29/09, BStBl. II 2013, 387 = FR 2013, 764 m. Anm. Kanzler = GmbHR 2013, 554 m. Anm. Suchanek = DStR 2013, 802. 4 BFH v. 14.5.2002 – VIII R 30/98, BStBl. II 2002, 741 = FR 2002, 1119 m. Anm. Kanzler. 5 BFH v. 30.1.1995 – GrS 4/92, BStBl. II 1995, 281 = FR 1995, 268 m. Anm. Kanzler; v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 = FR 1999, 1167 m. Anm. Fischer. 6 BGH v. 6.12.1965 – II ZR 137/63, NJW 1966, 542; v. 17.5.1983 – IX ZR 14/82, BGHZ 87, 265, 269 = MDR 1983, 748 m.w.N.

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Spiegelberger

B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.128 Kap. 1

chung hat der X. Senat des BFH1 einen Ausgleichsanspruch zwischen Ehegatten im Zusammenhang mit einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus abgelehnt. Wirtschaftliches Eigentum des Ehemannes ist im Entscheidungsfall nicht gegeben. Er kann die Ehefrau nicht für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen. Die Behandlung „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ darf nicht dazu führen, dass Gewinne aus der Realisierung von stillen Reserven in eigenen Wirtschaftsgütern auf den Bilanzposten für den Aufwand auf ein fremdes Wirtschaftsgut übertragen werden. Mit Ende der Nutzungsbefugnis ist der verbliebene Aufwand dem Eigentümer als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzurechnen und ein verbliebener bilanzieller Ansatz beim Unternehmerehegatten erfolgsneutral auszubuchen.

1.126

bb) Baumaßnahmen auf Grundstücken der Eltern Sofern ein Kind auf dem Grundstück der Eltern mit deren Zustimmung ein Gebäude zu eigenen Wohnzwecken errichtet, steht das Gebäude nach der Rechtsprechung des BFH2 im wirtschaftlichen Eigentum des Kindes, wenn diesem für den Fall der Nutzungsbeendigung ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswertes des Gebäudes zusteht. Ein derartiger Anspruch besteht nach der Rechtsprechung des BGH3, wenn die Erwartung, später Eigentümer des Grundstücks zu werden, enttäuscht wird. Dieser gesetzliche Anspruch auf vollen Wertersatz hat zur Folge, dass der zivilrechtliche Eigentümer wirtschaftlich nicht über sein Eigentum verfügen kann, weil er im Falle einer Verfügung dem Nutzungsberechtigten Wertersatz leisten muss. Substanz und Ertrag des Gebäudes stehen daher wirtschaftlich nicht den Eltern, sondern dem das Bauwerk errichtenden Kind zu.

1.127

cc) Wirtschaftliches Eigentum durch Nutzungsrechte Literatur: Spiegelberger, Wirtschaftliches Eigentum durch schuldrechtliche und dingliche Nutzungsrechte, MittBayNot 1997, 278.

Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist wirtschaftlicher Eigentümer derjenige, der die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Wird dem Erbauer eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ein schuldrechtliches oder dingliches Nutzungsrecht auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eingeräumt, steht dem Nutzungsberechtigten gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO in der Regel (mindestens) das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude zu, da er den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaft-

1 BFH v. 18.7.2001 – X R 39/97, BStBl. II 2002, 284 = DStR 2001, 1971. 2 BFH v. 18.7.2001 – X R 23/99, BStBl. II 2002, 281 = DStR 2001, 1971. 3 BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 286/88, BGHZ 108, 256 = MDR 1989, 1096 = NJW 1989, 2745.

Spiegelberger

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1.128

Kap. 1 Rz. 1.129 Steuerorientierte Immobilienübertragung

lich ausschließen kann1. Nach der Rechtsprechung des BFH sind dem Nutzungsberechtigten Substanz und Ertrag des Gebäudes nicht nur zuzurechnen, wenn das Gebäude nach Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht ist, sondern auch dann, wenn zwar die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes die Dauer der Nutzungsbefugnis überschreitet, der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, bei Beendigung der Nutzung aber einen Anspruch auf Ersatz des Verkehrswertes des Gebäudes hat2.

1.129

Wirtschaftliches Eigentum ist auch an ideellen Miteigentumsanteilen möglich; es kann bspw. durch eine Nutzungsregelung zwischen Miteigentümern gem. § 1010 BGB im Zuge einer Erbauseinandersetzung geschaffen werden: Beispiel3: Miterben D und A setzen sich über ein bebautes Grundstück in der Weise auseinander, dass beide je hälftiges Bruchteilsmiteigentum erhalten. Für die im Lageplan farbig eingetragenen Grundstücksteile mit aufstehendem Gebäude werden alleinige und ausschließliche Nutzungsrechte der Miteigentümer vereinbart. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, wird für immer ausgeschlossen und gem. § 1010 BGB im Grundbuch eingetragen. Die Miteigentümer werden aufgrund der Nutzungsregelung wirtschaftliche Eigentümer der ihnen räumlich zugeteilten Grundstücksteile samt Gebäude, weil durch die Benutzungsregelung und den Ausschluss der Teilungsversteigerungsmöglichkeit der „andere“ zivilrechtlichen Miteigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausgeschlossen wird.

1.130–1.140

Einstweilen frei.

3. Sachverhaltsermittlung

1.141

Die geschilderten Beispiele zeigen, dass der Berater bei der Erstellung eines Vertragsentwurfes für eine Immobilienübertragung die bisherige Verwendung des Vertragsgegenstandes seitens des Verkäufers und die geplante Nutzung des Erwerbers kennen und berücksichtigen muss. Somit ist eine umfangreiche Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Die Beteiligten schildern den zu regelnden Sachverhalt häufig unvollständig, insbesondere hinsichtlich erwarteter oder zu vermeidender Steuerfolgen.

1.142

Bei Rechtsgeschäften wie Grundstückserwerb, Schenkung, Veräußerung mit Gewinnrealisierung, verdeckten Einlagen, Ausschüttungen oder Spekulationsgeschäften obliegt einem Rechtsanwalt eine steuerliche Belehrungspflicht, da er zu einer umfassenden Beratung verpflichtet ist und die Belehrung über steuerliche Rechtsfolgen sich als Teil des umfassenden Mandats darstellt4.

1 Vgl. BFH v. 27.11.1996 – X R 92/92, BStBl. II 1998, 97 = FR 1997, 261 m. Anm. WeberGrellet = MittBayNot 1997, 314. 2 Vgl. BFH v. 7.3.2001 – X R 92/95, BStBl. II 2001, 481; Ritzer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, V Rz. 545. 3 Siehe hierzu FG München v. 19.7.2007 – 5 K 87/06, MittBayNot 2008, 77. 4 Vgl. Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 58.

48

Spiegelberger

B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.146 Kap. 1

Den Notar trifft im Allgemeinen keine steuerliche Ermittlungspflicht im Rahmen des § 17 BeurkG1. Der Notar muss nicht Tatbestände ermitteln, die für das evtl. Eingreifen von Steuertatbeständen von Bedeutung sein können2. Sofern allerdings die Beteiligten auf die Klärung steuerrechtlicher Folgen entscheidendes Gewicht legen und den Notar um eine solche Aufklärung ersuchen, darf er dies nicht außer Acht lassen3. In diesem Fall wird der Notar die Steuerberater der Beteiligten beiziehen oder den Beteiligten empfehlen, eine verbindliche Auskunft4 des Finanzamtes einzuholen oder für die Beteiligten selbst einholen. Ausnahmsweise kann sich aufgrund der allgemeinen Betreuungspflicht gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG eine Verpflichtung des Notars ergeben, auf die Gefahr einer Steuerpflicht hinzuweisen. Dies ist der Fall, wenn der Notar aufgrund besonderer Umstände Anlass zu der Besorgnis haben muss, einem Beteiligten drohe ein Schaden, weil er sich wegen mangelnder Kenntnis der Rechtslage oder von Sachumständen, welche die Bedeutung des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts für seine Vermögensinteressen beeinflussen, einer Gefährdung seiner Interessen nicht bewusst ist5. Berät der Notar selbst, haftet er für jede Fahrlässigkeit6.

1.143

Für den Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte besteht eine verschärfte Haftungsrechtsprechung. Ein Notar, der vor oder während der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages davon Kenntnis erhält, dass der Verkäufer das Grundstück vor Ablauf der Spekulationsfrist erworben hat und die Anschaffungskosten unter dem Verkaufspreis liegen, hat er den Verkäufer grundsätzlich auf die Gefahr der Besteuerung eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft gem. § 23 EStG hinzuweisen7.

1.144

Aus § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG ergibt sich darüber hinaus, dass der Notar unklare Formulierungen, die zu ungewollten Steuernachteilen führen, vermeiden muss. Haben die Vertragsteile einen beurkundeten Vertrag wegen sich daraus ergebender steuerlicher Nachteile aufgehoben und denselben Notar mit der Beurkundung des diese Nachteile vermeidenden geänderten Vertrags beauftragt, dürfen sie darauf vertrauen, dass der Notar den ihm erklärten Willen der Vertragsschließenden in rechtlich einwandfreier Form wiedergegeben hat8.

1.145

Die Steuerrelevanz kann sich auch aus den äußeren Umständen ergeben. Ist dem Notar bekannt, dass der Entwurf, den er der Beurkundung eines Hofübergabever-

1.146

1 Vgl. Haug, DNotZ 1972, 479. 2 Vgl. BFH v. 5.2.1985 – IX ZR 248/83, MittBayNot 1985, 143; v. 13.6.1995 – IX ZR 203/94, DNotZ 1996, 116. 3 Vgl. OLG Oldenburg v. 9.7.1969 – 2 U 167/68, VersR 1971, 380. 4 Vgl. zu den Grundsätzen der Finanzverwaltung zur Erteilung verbindlicher Auskünfte BStBl. I 2003, 742. 5 Vgl. BGH v. 2.5.1972 – VI ZR 193/70, BGHZ 58, 348; v. 5.11.1982 – V ZR 217/81 (Celle), VersR 1983, 182. 6 Vgl. BGH v. 5.2.1985 – IX ZR 83/84, MDR 1985, 577 = DNotZ 1985, 636. 7 Vgl. BGH v. 10.11.1988 – IX ZR 31/88, DNotZ 1989, 452 für den Fall der zweijährigen Spekulationsfrist. 8 Vgl. BGH v. 8.2.1990 – IX ZR 273/88, MDR 1990, 713 (Hamm), NJW 1990, 1484.

Spiegelberger

49

Kap. 1 Rz. 1.147 Steuerorientierte Immobilienübertragung

trages zugrunde legen soll, von einem Steuerberater1 stammt, kann er, wenn einer der Beteiligten eine Änderung des Vertrags anregt, gehalten sein, den Beteiligten zu empfehlen, dass sie die Tragweite der Änderung durch den Steuerberater überprüfen lassen, bevor der Vertrag in der geänderten Form beurkundet wird2. 4. Entstehung des Einkommensteueranspruches

1.147

Gemäß § 38 AO entstehen die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Die Feststellung dieses Zeitpunktes ist von erheblicher Bedeutung, da die Vertragsteile nach dem Entstehen des Steueranspruches über diesen, etwa durch Vereinbarung von Nachtragsurkunden, nicht mehr rückwirkend disponieren können. Ein Grundstückskaufvertrag ist mit der Abgabe der notariellen Vertragserklärungen abgeschlossen, sofern eine Bindung der Vertragspartner besteht3. Auch ein Vorvertrag stellt eine Veräußerung gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar4. Bei einem Grundstückskaufvertrag wird die Einkommensteuerschuld mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber „im Keim“ begründet5.

1.148

Eine definitive irreversible Steuerbelastung entsteht bei der Veräußerung von Betriebsgrundstücken oder freiberuflich genutztem Betriebsvermögen, wenn Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Käufer übergegangen sind und damit das Grundstück aus dem Betriebsvermögen des Verkäufers ausscheidet, selbst dann, wenn der Kaufvertrag vor der Eigentumsumschreibung aufgehoben wird und eine Bilanzierung dieses Rechtsgeschäfts unterbleibt6.

1.149

Einstweilen frei.

II. Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke Literatur: BMF-Schreiben v. 20.5.2008 – IV C 2-S 2230/08/0001: Zurückbehalt unwesentlicher Flächen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe: Anwendung des BFH-Urt. v. 24.2.2005 (BFH/NV 2005, 1062); Forchhammer, Der entgeltliche und unentgeltliche Erwerb eines Waldes im Einkommensteuerrecht, DStR 2015, 977; Führ, Der Nachabfindungsanspruch weichender Erben gem. § 13 HöfeO und seine Ausstrahlungswirkung auf Nachabfindungsklauseln in notariellen Grundstücksverträgen, RNotZ 2012, 303; Hiller/Horn, Verpachtung und Übergabe landwirtschaftlicher Betriebe, 2003; Hutmacher, Die Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs, ZNotP 2011, 211; Hutmacher, Ertragsteuerliche Behandlung der Bestellung von Erbbaurechten an Grundstücken 1 Vgl. BGH v. 22.5.2003 – IX ZR 201/01, DNotZ 2003, 845. 2 Zu den Hinweispflichten des Notars vgl. Beck’sches Notarhandbuch/Spiegelberger6, E Rz. 56 ff. 3 Vgl. BFH v. 2.2.1982 – VIII R 59/81, BStBl. II 1982, 390 = FR 1982, 333; v. 10.2.2015 – IX R 23/13, BStBl. II 2015, 487 = FR 2015, 658 m. Anm. Bode = DStR 2015, 742 = NJW 2015, 2367 = MittBayNot 2015, 345 = DNotZ 2015, 769. 4 Vgl. BFH v. 13.12.1983 – VIII R 16/83, BStBl. II 1984, 311 = FR 1984, 343. 5 Vgl. BFH v. 13.10.1983 – I R 155/79, BStBl. II 1984, 286 = GmbHR 1984, 189. 6 Vgl. BFH v. 28.2.1974 – VI R 60/69, BStBl. II 1974, 481.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.151 Kap. 1

des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens; keine Zwangsentnahme der belasteten Grundstücke, ZNotP 2011, 336; Kanzler, Landwirtschaftliche Klein- und Restbetriebe zwischen Liebhaberei, Eigenbewirtschaftung und Erwerbsbetrieb, FR 2011, 910; Kanzler, Zum gewerblichen Grundstückshandel der Land- und Forstwirte – ein vermeidbares Übel, DStZ 2013, 822; von Oertzen/Blüm, Aktuelle Gestaltungsfragen der Vermögensnachfolgeplanung von Traditionsvermögen, ZEV 2016, 71; Raude, Der Hofübergabevertrag in der notariellen Praxis, RNotZ 2016, 69; V. Twickel, Drum prüfe, wer sich wenig bindet – Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten, DStR 2009, 411.

1. Land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen Durch das Zweite Steueränderungsgesetz1 wurden auch die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke der Bodengewinnbesteuerung unterworfen.2 Da das Grundbuch keine Auskunft über die steuerliche Erfassung eines Grundstückes gibt, kann der Einheitswert ein Indiz ergeben, ob das Grundstück zum land- oder forstwirtschaftlichen Vermögen gehört. Bei Landwirten mit Gewinnermittlung nach Vollschätzung, durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG wurden land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, die vor dem 1.7.1979 fremdverpachtet waren, gewinnneutral aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommen, es sei denn, dass die Grundstücke nach der Nutzungsänderung zum notwendigen Privatvermögen gehörten3. Zu beachten ist auch, dass die bewertungsrechtliche Einstufung nicht vollständig mit der einkommensteuerlichen Beurteilung übereinstimmt. Gemäß § 48 BewG setzt sich der Einheitswert des Betriebes aus dem Wirtschaftswert und dem Wohnungswert zusammen. Der Wohnteil des landwirtschaftlichen Anwesens mit dem dazugehörigen Grund und Boden ist aufgrund des Wohneigentumsförderungsgesetzes4 spätestens am 31.12.1998 gewinnneutral aus dem einkommensteuerlichen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen ausgeschieden und wurde notwendiges Privatvermögen. Gemäß § 13 Abs. 5 EStG kann weiterhin ein bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück steuerfrei in das Privatvermögen überführt werden, wenn darauf die Wohnung des Steuerpflichtigen oder eine Altenteilerwohnung errichtet wird. Der Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft umfasst die Gebäude und Gebäudeteile, soweit sie dem Inhaber des Betriebs, den zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen und den Altenteilern zu Wohnzwecken dienen und stellt einkommensteuerlich Privatvermögen dar. Hingegen zählen Betriebswohnungen zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen.

1.150

Auch ohne Hofstelle können Grundstücke landwirtschaftliches Betriebsvermögen darstellen. Der Betrieb der Forstwirtschaft ergibt sich automatisch durch die Bewirtschaftung einer kleinen Privatwaldung mit einem Ausmaß von 3,1889 ha5. Einen Be-

1.151

1 Gesetz v. 10.8.1971, BStBl. I 1971, 373. 2 Die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke bedarf gem. § 2 Abs. 1 GrdStVG der Genehmigung; vgl. OLG Schleswig-Holstein v. 12.9.2006 – 3 WLw 39/06, MittBayNot 2007, 432 m. Anm. Grziwotz. 3 BMF v. 15.3.1979 – IV B 2-S 2135-2/79, BStBl. I 1979, 162. 4 BGBl. I 1986, 730. 5 Vgl. BFH v. 13.4.1989 – VI R 30/87, BStBl. II 1989, 718 = FR 1989, 554; der BFH v. 20.1.2005 – IV R 6/03, BFH/NV 2005, 1511, hat aber selbst einen Forstbetrieb mit 90 ha

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Kap. 1 Rz. 1.152 Steuerorientierte Immobilienübertragung

trieb der Land- und Forstwirtschaft bilden gem. § 34 Abs. 7 BewG auch Stückländereien. Das sind einzelne land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören. 2. Vertragsgestaltung a) Entnahme Literatur: Wittwer, Zur steuerfreien Entnahme des Grund und Bodens im Zusammenhang mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung, DStR 2009, 414.

1.152

Bei der Vertragsgestaltung ist der Vermeidung von ungewollten Gewinnrealisierungen die größte Aufmerksamkeit zu widmen. Werden bei der Hofübergabe mit Erbbaurechten belastete Grundstücke des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens nicht mitübergeben, so findet insoweit eine Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen statt. Der Notar, der auf Verlangen der Beteiligten den Vertragsentwurf eines Steuerberaters abänderte, in dem bei der Beurkundung die beiden mit Erbbaurechten belasteten Grundstücke von der Übergabe ausgenommen wurden und beim Übergeber verblieben, wurde vom BGH1 zum Schadensersatz verurteilt, weil er aufgrund der erweiterten notariellen Belehrungspflicht die vorherige Konsultation durch einen Steuerberater empfehlen hätte müssen. Auch die Konzeption des Steuerberaters, die Erbbaurechtsgrundstücke mit zu übertragen, aber zugunsten des Übergebers an diesen Grundstücken einen Nießbrauch zu bestellen, hätte eine Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen in Höhe des kapitalisierten Erbbauzinses dargestellt2. Eine Übergabe, bei der mehr 18 % der landwirtschaftlichen Fläche beim Übergeber verbleiben, ist als Betriebsaufgabe zu werten, da wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden3, so dass alle stillen Reserven des Betriebes der Einkommensteuer unterliegen, somit die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Verkehrswert. Nach BFH4 ist die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG noch gegeben, wenn mindestens 90 % der bisherigen Flächen des Übergebers eigentumsmäßig übertragen werden. Ein Landwirt beendet seine bisherige Tätigkeit nicht, wenn er bei der Hofübergabe Flächen zurückbehält und diese weiter bewirtschaftet5. Der Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V. vertritt die Auffassung, dass die zurückbehaltene Teilfläche, die nicht kleiner als 3.000 qm sein darf, einen landwirtschaftlichen Kleinbetrieb darstellt, der an den Hofübernehmer verpachtet werden kann6. Eine spätere steuerneutrale Weiterübertragung des zurückbehaltenen Kleinbetriebes auf andere Kinder (weichende

1 2 3 4 5 6

als Liebhaberei beurteilt, weil in 22 Jahren nur Verluste in Höhe von ca. 2,5 Mio. DM erwirtschaftet wurden, die durch hohe anderweitige Einkünfte ausgeglichen werden konnten. Vgl. BGH v. 22.5.2003 – IX ZR 201/01, DNotZ 2003, 845 = DStRE 2003, 1123. BGH v. 22.5.2003 – IX ZR 201/01, BStBl. II 2003, 1123, 1125. BFH v. 1.2.1990 – IV R 8/89, BStBl. II 1990, 428 = FR 1990, 367. BFH v. 24.2.2005 – IV R 28/00, BFH/NV 2005, 1062. BFH/NV 1994, 533. Steuerinfo L 5, 2008.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.155 Kap. 1

Erben) sei möglich, ebenso die spätere steuerbegünstigte Betriebsaufgabe gem. §§ 16, 34 EStG1. Zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung kommen folgende Gestaltungen in Betracht:

1.153

– Reinvestition gem. § 6b EStG bei der Gewinnermittlung gem. §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG, gem. § 6c EStG bei der Gewinnermittlung gem. §§ 4 Abs. 3 und 13a EStG, nicht aber bei Schätzung der Einkünfte wegen § 6b Abs. 4 Nr. 1 EStG; bei der Verwendung der Reinvestitionsrücklage für den Erwerb von abschreibbaren Wirtschaftsgütern verbleibt ein AfA-Verlust, da in Höhe der Rücklage keine Abschreibung statthaft ist; – Zurückbehaltung von forstwirtschaftlichen anstelle von landwirtschaftlichen Grundstücken, da auch ein Bauernwald einen forstwirtschaftlichen Betrieb darstellen kann2; – Errichtung einer Wohnung des Steuerpflichtigen oder einer Altenteilerwohnung gem. § 13 Abs. 5 EStG; – Bestellung eines entgeltlichen Erbbaurechtes oder eines entgeltlichen Dauernutzungsrechtes gem. § 31 WEG; – Einbringung des gesamten Betriebes in eine (gewerblich geprägte) GmbH & Co. KG. Beispiel: Die Gemeinde G will einen Bebauungsplan beschließen und zwei Hektar des landwirtschaftlichen Areals des Landwirts L als Bauland ausweisen. Ein Bauträger interessiert sich für den Grundstückserwerb, wobei auch die Bestellung von Erbbaurechten diskutiert wird.

1.154

Im Beispielsfall bewirkt die Ausweisung des landwirtschaftlichen Areals als Bauland im gemeindlichen Flächennutzungs- oder Bebauungsplan noch keine Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen, solange die Bewirtschaftung fortgeführt wird. Hingegen würde die Veräußerung zahlreicher Einzelparzellen nicht nur zur einkommensteuerlichen Gewinnrealisierung führen, sondern ggf. auch zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels (s. eingehend Kap. 11) mit der Folge, dass der Landwirt insoweit der Gewerbesteuer unterliegt. Allerdings wird durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG die Belastung durch die Gewerbesteuer relativiert. Die in der Praxis häufig anzutreffende Gestaltung, Grundstücke, die in den nächsten Jahren zur Baulandausweisung anstehen, zum landwirtschaftlichen Verkehrswert zu entnehmen, ist im Hinblick auf § 23 EStG zu überdenken: Die Entnahme aus dem Betriebsvermögen stellt eine Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG dar, so dass eine Veräußerung innerhalb des Zehnjahreszeitraums seit der Entnahme zu einem 1 Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, § 5 Rz. 24. 2 Vgl. Martin, MittBayNot 1980, 145; Ochs, MittBayNot 1985, 174; Münchener Vertragshandbuch/Spiegelberger7, Band 6, V 4 Anm. 8 (1); Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1895.

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1.155

Kap. 1 Rz. 1.156 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Veräußerungsgewinn führt, da die Differenz zwischen dem Entnahmewert und dem Veräußerungspreis der Besteuerung unterliegt1 (s. näher Rz. 12.64). b) Bestellung von Erbbaurechten

1.156

Räumt ein Landwirt Bauwilligen Erbbaurechte gegen einen angemessenen Erbbauzins ein, bleibt das bebaute Areal geduldetes landwirtschaftliches Betriebsvermögen, solange die originären Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Vordergrund stehen. Sofern jedoch mehr als 50 % der Einkünfte aus den Erbbauzinszahlungen resultieren oder mehr als 10 % des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens mit Erbbaurechten belastet wird, führt dies zur Beendigung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft2. c) Einbringung in eine GmbH & Co. KG

1.157

Um eine Betriebsbeendigung zu vermeiden, kann der Landwirt den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb unter Buchwertfortführung in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG einbringen und anschließend Erbbaurechte in beliebiger Anzahl bestellen, ohne dass diese Grundstücke aus dem Betriebsvermögen ausscheiden würden. Auch die Gestaltung, nur die als Bauland ausgewiesenen Grundstücke in eine GmbH & Co. KG unter Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG einzubringen, kommt nach der Rechtsprechung des BFH3 in Betracht. d) Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

1.158

Häufig gestatten Landwirte ihren Kindern als weichenden Erben auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück ein Wohngebäude zur Nutzung als Eigenheim zu errichten. Um auch in diesen Fällen die Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zu vermeiden, empfiehlt sich die Bestellung eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechtes gem. § 31 WEG gegen Entrichtung eines angemessenen Nutzungsentgeltes4. Sofern die mit einem Erbbauzins vergleichbaren monatlich zu entrichtenden Nutzungsentgelte unangemessen niedrig sind, liegt insoweit eine – kapitalisiert zu errechnende – Schenkung vor. Auch die Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen kommt in Betracht.

1.159–1.170

Einstweilen frei.

1 Vgl. OFD Koblenz, DStR 2003, 1880. 2 BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. 1993 II 342, 344; der verbilligte Erbbauzins führt nicht zu einer Entnahme im Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze von 10 % des ortsüblichen vollen Erbbauzinses, BFH v. 24.3.2011 – IV R 46/08, BStBl. II 2011, 692 = FR 2011, 769 m. Anm. Kanzler = ErbStB 2011, 244. 3 BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76; die Finanzverwaltung hat die Anwendung dieser Entscheidung vorläufig abgelehnt, vgl. BMF v. 12.9.2013, DStR 2013, 2002 (2003). 4 Vgl. Staudinger/Spiegelberger, Vorbem. zu § 31 ff. WEG Rz. 34 ff.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.172 Kap. 1

III. Grundstücke im gewerblichen Betriebsvermögen Literatur: Bäuml, Kein anschaffungsnaher Herstellungsaufwand gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG bei „§ 4 Abs. 3-Rechnern“, FR 2010, 924; Böhringer, Neue Amtspflichten des Notars bei Verbraucherverträgen, BWNotZ 2003, 6; Demleitner, Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung im Zusammenhang mit Grundstücksverkäufen, SteuK 2014, 401; El Mourabit, Aufdeckung stiller Reserven bei unentgeltlicher Übertragung von Einzelunternehmen und Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge?, ZEV 2016, 14; Götzenberger, Steuern auf stille Reserven vermeiden – durch Reinvestition in einen § 6b-Fonds, BB 2010, 806; Hutmacher, Übertragung stiller Reserven auf Reinvestitionswirtschaftsgüter, ZNotP 2013, 14; Klein, Steuerliche Haftungsrisiken beim Immobilienerwerb, DStR 2005, 1753; Krämer, Offene Fragen im Zusammenhang mit § 6 Abs. 5 EStG, EStB 2014, 33; Levedag, Gewinnrealisation bei mitunternehmerischen Übertragungsvorgängen, GmbHR 2014, 337; Pauli, Die Bewertung von unternehmensverbundenen Immobilien, ZEV 2011, 277; Prinz/Hütig, Ende der Trennungstheorie bei § 6 Abs. 5 EStG, DB 2012, 2597; SchäferEllmayer/Lehr, Steuerliche und bilanzielle Auswirkungen von Sale-and-lease-back-Transaktionen mit Immobilien, SteuK 2012, 153; Schulze zur Wiesche, Die Einmann-GmbH & Co. KG als übernehmender Rechtsträger im Fall einer Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG und einer Einbringung nach § 24 UmwStG, DStZ 2014, 108; Spiegelberger, Ausweichgestaltungen aufgrund des IV. Rentenerlasses: Die Übertragung von Unternehmensvermögen und Gesellschaftsanteilen, DStR 2010, 1822; Struck, Der Verbraucher-/Unternehmerbegriff im BGB, MittBayNot 2003, 259.

1. Verbraucherverträge Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden gem. § 310 Abs. 3 BGB die Vorschriften der §§ 305–310 BGB Anwendung, soweit es sich nicht um Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie um Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen handelt. Bei der Übertragung von Grundstücken aus dem gewerblichen Betriebsvermögen müssen daher sowohl die materiell-rechtlichen als auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen für Verbraucherverträge Berücksichtigung finden. Verfahrensrechtlich hat der Notar gem. § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG den Kaufvertragsentwurf mit dem beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts rechtzeitig, im Regelfall zwei Wochen vor der Beurkundung, zur Verfügung zu stellen. Die materiell-rechtlichen Vorschriften des Verbrauchervertrages werden in Rz. 2.43 ff. dargestellt.

1.171

2. Vorhandener Gewerbebetrieb oder Mitunternehmeranteil Die Zugehörigkeit eines Grundstückes zum Betriebsvermögen lässt sich nur dann aus dem Grundbuch entnehmen, wenn der Betrieb als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Sofern in Abteilung I des Grundbuches eine natürliche Person als Grundstückseigentümer ausgewiesen ist, muss durch Rückfrage bei den Beteiligten, besser bei deren Steuerberater, festgestellt werden, ob der Grundstückseigentümer

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55

1.172

Kap. 1 Rz. 1.173 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– Einzelunternehmer ist, – als Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft das Grundstück dem jeweiligen Betrieb zur Nutzung überlässt oder ob – durch Bilanzierung des Grundstückes eine Widmung zum Betriebsvermögen eingetreten ist1.

1.173

Soweit der Grundstückseigentümer Mitunternehmer oder atypisch stiller Beteiligter des Gewerbebetriebs ist, der das Grundstück zu Betriebszwecken nutzt, stellt der Grundbesitz Sonderbetriebsvermögen dar und ist somit steuerlich verstrickt. Bei der Verpachtung oder Vermietung an eine Kapitalgesellschaft ist das Grundstück Betriebsvermögen, wenn eine Betriebsaufspaltung vorliegt, also durch sachliche und personelle Verflechtung die Betriebsvermögenseigenschaft begründet wurde. Alle Veräußerungs- und Entnahmevorgänge unterliegen in diesen Fällen der Einkommensteuer. Darüber hinaus haftet der Erwerber des Grundstückes gem. § 75 AO, wenn ein Grundstück bei einem Unternehmenskauf oder bei dem Erwerb eines gesondert geführten Betriebes (Teilbetriebes) übereignet wird, also ein gewerbliches, freiberufliches oder landwirtschaftliches Unternehmen – auch in der Rechtsform eines Asset Deals – übertragen wird, für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Da nach h.M. auch vermietete Grundstücke, mit denen aus ertragsteuerlicher Sicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, unter die Haftungsvorschrift des § 75 AO fallen2, besteht die Haftungsgefahr auch bei steuerlichem Privatvermögen. Der Erwerb eines lebenden Unternehmens ist bei Immobilien jedenfalls dann gegeben, wenn es zu einer Übereignung eines vollständig oder zumindest weitgehend vermieteten Grundstückes kommt und der Erwerber den (umsatzsteuerlichen) Vermietungsbetrieb des Veräußerers fortführt, so dass der Erwerber für die Umsatzsteuerschuld des Veräußerers haftet. a) Betriebsvorrichtungen Literatur: Gleichlautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen (AbgrE 2013), BStBl. I 2013, 734; Halaczinsky, Die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen, ErbStB 2013, 324; Schumann, Der Abgrenzungserlass 2013: Gebäude oder Betriebsvorrichtung?, EStB 2013, 468.

1.174

Einzelne Gebäudebestandteile sind selbständige Wirtschaftsgüter, wenn sie in einem eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen3. Dies gilt insbesondere für Betriebsvorrichtungen gem. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG, z.B. Lastenaufzüge, Kräne, Kühleinrichtungen. Die Entscheidung, ob die einzelnen Bestandteile i.S.d. bürger-

1 Vgl. BFH v. 5.3.2002 – IV B 22/01, BStBl. II 2002, 690 = FR 2002, 678 m. Anm. Seeger. 2 Vgl. BFH v. 7.3.1996 – VII B 242/95, BFH/NV 1996, 726 und v. 11.5.1993 – VII R 86/92, BStBl. II 1993, 700; Klein/Rüsken13, § 75 AO Rz. 8. 3 Vgl. Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 135.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.177 Kap. 1

lichen Rechts nach Bewertungsrecht Teile von Gebäuden oder Betriebsvorrichtungen sind, hängt davon ab, ob sie der Benutzung des Gebäudes ohne Rücksicht auf den gegenwärtig ausgeübten Betrieb dienen oder ob sie in einer besonderen Beziehung zu diesem Betrieb stehen1. Absetzungen für Abnutzung sind nicht nach den Grundsätzen der Gebäudeabschreibung gem. § 7 Abs. 4 EStG, sondern gem. § 7 Abs. 1 EStG vorzunehmen. Für diese als bewegliche Gegenstände geltenden Wirtschaftsgüter muss der auf diese entfallende Kaufpreisteil gesondert ausgewiesen werden, da diese Gegenstände keiner Grunderwerbsteuer unterliegen. Sofern es sich bei dem Veräußerer um einen Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinn handelt, fällt Umsatzsteuer an. b) Anlage- und Umlaufvermögen Grund und Boden zählt i.d.R. zum Anlagevermögen. Bei Bauträgerunternehmen und im Falle des gewerblichen Grundstückshandels stellen Grundstücke Umlaufvermögen2 dar, so dass insbesondere die Bildung einer Rücklage gem. § 6b EStG und Abschreibungen gem. § 7 EStG ausgeschlossen sind.

1.175

c) Geringwertige Grundstücksteile und Arbeitszimmer im Wohngebäude Eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile brauchen gem. § 8 EStDV nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 t beträgt. Gemäß R 4.2 Abs. 8 Satz 7 EStH 2013 besteht in diesem Fall ein Wahlrecht, den Grundstücksteil weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln oder zum Teilwert zu entnehmen.

1.176

d) Gewinnrealisierung Neben der Veräußerung führt auch die sonstige Beendigung der betrieblichen Nutzung, insbesondere die Entnahme eines Grundstückes aus dem Betriebsvermögen zu einer Gewinnrealisierung. Im Unterschied zur Entnahme können bei der entgeltlichen Veräußerung eines Betriebsgrundstückes des Anlagevermögens Rücklagen gem. § 6b EStG gebildet und auf Ersatzwirtschaftsgüter übertragen werden. Nach Auffassung der Einkommensteuer-Referenten des Bundes und der Länder haben § 6b EStG und § 6 Abs. 5 EStG einen unterschiedlichen Regelungsgehalt, so dass § 6b EStG auch bei „Veräußerungen an sich selbst“ (bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise) anwendbar ist. Das veräußerte Wirtschaftsgut und das angeschaffte/hergestellte Wirt-

1 Vgl. Gleichlautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen v. 15.3.2006, BStBl. I 2006, 314 Tz. 3.1. 2 Vgl. BFH v. 25.10.2001 – IV R 47, 48/00, BStBl. II 2002, 289.

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1.177

Kap. 1 Rz. 1.178 Steuerorientierte Immobilienübertragung

schaftsgut, auf das die stillen Reserven übertragen werden sollen, können demnach identisch sein1. Die Gewinnrealisierung lässt sich auch durch die Übertragung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in das Betriebsvermögen einer GmbH & Co. KG oder durch Bildung von Sonderbetriebsvermögen vermeiden2. e) Anliegerbeiträge als Anschaffungskosten

1.178

Anschaffungskosten sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB3. Zu den Anschaffungskosten zählen auch die Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen, somit Beiträge zur erstmaligen Erschließung eines Grundstücks4, s. Rz. 1.564. Hingegen sind Ergänzungsbeiträge, die die Eigentümer bereits erschlossener Grundstücke zur Errichtung öffentlicher Anlagen zu leisten haben, als Erhaltungsaufwand zu behandeln5 (s. Rz. 1.566 ff.). f) Rückstellung für Rückabwicklung

1.179

Ein Verkäufer darf wegen seiner Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises keine Rückstellung bilden, wenn er am Bilanzstichtag mit dem Rücktritt des Käufers nicht rechnen muss; dies gilt auch dann, wenn die Wandlung noch vor der Aufstellung der Bilanz erklärt wird. Ist jedoch bereits am Bilanzstichtag eine Vertragsauflösung durch Rücktritt oder Wandlung wahrscheinlich, so ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen des Risikos der drohenden Vertragsauflösung zu bilden6.

1 OFD Koblenz v. 23.12.2003 – S 2139/S 21 39 a A, DStR 2004, 314. 2 Vgl. Spiegelberger, ZEV 2003, 392 ff. 3 Vgl. BFH v. 19.12.2000 – IX R 100/97, BStBl. II 2001, 345 = FR 2001, 543 m. Anm. Fischer; v. 17.10.2001 – I R 32/00, BStBl. II 2002, 349 = FR 2002, 575. 4 Vgl. BFH v. 3.7.1997 – III R 114/95, BStBl. II 1997, 811 = FR 1997, 902 m. Anm. Glanegger. 5 Vgl. BFH v. 13.9.1984 – IV R 101/82, BStBl. II 1985, 49 = FR 1985, 131; v. 2.5.1990 – VIII R 198/85, BStBl. II 1991, 448; v. 3.8.2005 – I R 36/04, BStBl. II 2006, 369 = FR 2006, 280. 6 BMF v. 21.2.2002 – IV A 6-S 2137-14/02, BStBl. I 2002, 335.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.180 Kap. 1

3. Kaufvertrag eines Betriebsgrundstücks Anmerkungen zu diesem Muster unter Rz. 1.181 ff.

M3 Kaufvertrag über Betriebsvermögen

1.180

Beurkundet am […] I. Sachstand Herr C ist als Alleineigentümer des im Grundbuch des AG […] vorgetragenen Grundstücks der Gemarkung R Flst. […] zu 1.000 qm eingetragen. An diesem Grundbesitz lastet nur eine Buchgrundschuld über […] Euro zugunsten der […] Bank. Auf dem Grundstück betreibt Herr C ein Hotel. Der Käufer, die Firma X Bauträger GmbH wird nach Abbruch des Gebäudes auf dem Grundstück eine Wohnanlage errichten. II. Verkauf Herr C – nachstehend als „der Verkäufer“ bezeichnet – verkauft an die Firma X Bauträger GmbH – nachstehend als „der Käufer“ bezeichnet – a) zum Alleineigentum das in Abschnitt I. näher bezeichnete Grundstück und b) die vorhandenen Betriebsvorrichtungen samt dem Inventar laut Anlage samt allen Rechten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör. III. Kaufpreis 1. Der Kaufpreis beträgt für a) das in Abschnitt II.a) bezeichnete Grundstück 900.000 a b) die in Abschnitt II.b) verkauften Betriebsvorrichtungen und das Inventar 100.000 a zzgl. 19 % Mehrwertsteuer i.H.v. 19.000 a. 2. Der Gesamtkaufpreis i.H.v. 1.019.000 a ist 14 Tage nach Absendung einer Bestätigung des Notars an den Käufer zur Zahlung fällig, wonach a) die Auflassungsvormerkung für den Käufer rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde, b) die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen gesichert ist, also diesbezüglich dem Notar eine Löschungsbewilligung entweder zum bedingungslosen

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Kap. 1 Rz. 1.180 Steuerorientierte Immobilienübertragung Gebrauch vorliegt, oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, und c) die Gemeinde erklärt hat, dass ein gesetzliches Vorkaufsrecht nicht besteht. Der Notar wird beauftragt, den Beteiligten die Erfüllung der vorstehend vereinbarten Fälligkeitsvoraussetzungen schriftlich anzuzeigen. 3. Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer berechtigt und verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten. 4. Sofern im Zuge der Lastenfreistellung nicht anderweitige Zahlungsauflagen der Gläubiger ergehen, ist der Kaufpreis zu bezahlen auf das Konto des Verkäufers Nr. […] bei der […] Der Kaufpreis muss zum vereinbarten Fälligkeitstermin dem Empfängerkonto gutgeschrieben sein. 5. Der Kaufpreis ist bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt nicht zu verzinsen. 6. Der Notar hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass ein Verzug auch ohne Mahnung mit Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist eintritt. IV. Allgemeine Vertragsbestimmungen 1. Besitzübergang Besitz, Nutzungen, Lasten und Abgaben aller Art sowie die Gefahr einer vom Verkäufer nicht verschuldeten Verschlechterung und die Verkehrssicherungspflicht gehen mit vollständiger Kaufpreiszahlung auf den Käufer über. 2. Räumung Nach Versicherung des Verkäufers bestehen keine Miet-/Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnisse am Vertragsgegenstand. Der Verkäufer verpflichtet sich gegenüber dem Käufer, das Vertragsobjekt im derzeitigen Zustand besenrein zu übergeben. 3. Mängelhaftung a) Der Verkäufer schuldet den vereinbarten lastenfreien Besitz- und Eigentumsübergang des Vertragsgegenstandes, soweit nicht Rechte ausdrücklich in diesem Vertrag übernommen werden. b) Der Käufer hat den Vertragsgegenstand genau besichtigt und übernimmt ihn wie er liegt und steht, also im derzeitigen Zustand. Der Verkäufer schuldet weder ein bestimmtes Flächenmaß noch die Verwendbarkeit des Vertragsgegenstandes für bestimmte Zwecke, soweit dies nicht ausdrücklich in diesem Vertrag vereinbart ist. c) Sämtliche Ansprüche und Rechte wegen Sachmängeln am Vertragsgegenstand, insbesondere wegen des Bauzustandes bestehender Gebäude, werden hiermit ausdrücklich ausgeschlossen. Der Verkäufer erklärt, dass ihm nicht erkennbare Mängel, insbesondere auch ökologische Altlasten sowie Baulasten am Vertragsgegenstand nicht bekannt sind. Garantien werden nicht abgegeben. d) Hinsichtlich von Schadenersatzansprüchen bleibt die Haftung für vorsätzliche oder grob fahrlässig verursachte Schäden und für Schäden aus der Verletzung des Lebens, 60

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.180 Kap. 1

des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des anderen Vertragsteils beruhen, unberührt. Einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des anderen Vertragsteils steht diejenige seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen gleich. 4. Gesetzliches Vorkaufsrecht Im Falle der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes steht dem Käufer kein Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz gegen den Verkäufer zu. 5. Abtretung/Verpfändung Die Abtretung und Verpfändung von Rechten des Käufers aus diesem Vertrag bedarf bis zur vollen Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gemäß den näheren Bestimmungen unter Abschnitt III. dieser Urkunde der schriftlichen Einwilligung des Verkäufers. V. Erschließungskosten Alle Erschließungskosten und Herstellungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz hat ausschließlich der Käufer zu tragen, es sei denn, dass hierüber bereits ein Bescheid dem Verkäufer zugegangen ist. Der Verkäufer versichert, dass derzeit unerledigte Erschließungskosten- und Herstellerbescheide nicht vorliegen. VI. Grundbucherklärungen 1. Auflassung Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung des Käufers als Alleineigentümer im Grundbuch. Die Vertragsteile weisen den amtierenden Notar an, diese Urkunde dem Grundbuchamt erst dann zur Eigentumsumschreibung einzureichen, wenn der Verkäufer bestätigt oder der Käufer nachgewiesen hat, dass der gesamte Kaufpreis, nicht gerechnet etwaige Verzugszinsen, bezahlt ist. Der Verkäufer verpflichtet sich, dem amtierenden Notar den Eingang des Kaufpreises schriftlich zu bestätigen. 2. Lastenfreistellung Der Vollzug sämtlicher Erklärungen, die zur Freistellung des Vertragsbesitzes von nicht übernommenen Belastungen erforderlich sind, wird bewilligt und beantragt. 3. Auflassungsvormerkung Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Grundstücks bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB für den Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis im Grundbuch im Rang nach den unter Abschnitt I. dieser Urkunde aufgeführten Belastungen. Der Käufer bewilligt und beantragt schon heute die Löschung dieser Vormerkungen Zug um Zug mit Eigentumsumschreibung, sofern keine Zwischeneintragungen bestehen bleiben, die ohne Zustimmung des Käufers erfolgt sind. Die Vormerkung kann an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden, wenn der Notar dies ausdrücklich beantragt. Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.180 Steuerorientierte Immobilienübertragung VII. Belastungsvollmacht Der Verkäufer verpflichtet sich, bei der Bestellung von Grundpfandrechten für ein Kreditinstitut im EU-Raum mitzuwirken, die zur Finanzierung des Kaufpreises dienen. In den Urkunden über die Bestellung solcher Grundpfandrechte muss als Zweck bis zur Zahlung des Kaufpreises bestimmt werden, dass sie nur Beträge sichern, welche auf den Kaufpreis bezahlt werden. Der Käufer tritt schon heute seine Ansprüche auf Auszahlung der durch diese Grundpfandrechte abgesicherten Darlehen/Kredite zahlungshalber zur Deckung des Kaufpreises an den Verkäufer ab, welcher die Abtretung annimmt. Soweit eine Abtretung nicht statthaft ist, wird hiermit entsprechende unwiderrufliche Anweisung an die Grundpfandrechtsgläubiger erteilt. Alle übrigen Rechte und Pflichten aus dem Darlehensverhältnis bleiben beim Käufer, der auch allein zur Abrufung der auszuzahlenden Beträge befugt ist. Der Notar wird beauftragt, der Grundschuldgläubigerin vorstehende Abtretung durch Übersendung einer beglaubigten Vertragsabschrift anzuzeigen. Der Verkäufer erteilt hiermit dem Käufer Vollmacht, Grundpfandrechte bis zur Höhe des Kaufpreises mit Zinsen bis zu 18 % und einmaligen Nebenleistungen bis zu 5 %, für die vorbezeichneten Kreditinstitute und vollstreckbar nach § 800 ZPO gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer am Vertragsgegenstand zu bestellen, die in den Vordrucken und Aufträgen der Kreditgeber vorgesehenen Bedingungen anzuerkennen, Erklärungen, Bewilligungen und sonstige Anträge abzugeben und entgegenzunehmen, je gebunden an die Voraussetzung, dass die vorstehenden Vereinbarungen eingehalten werden und den Verkäufer keine Kosten treffen. Diese Vollmacht kann nur beim amtierenden Notar oder dessen amtlichen Vertreter oder Amtsnachfolger ausgeübt und nur diesen gegenüber widerrufen werden. VIII. Hinweise Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere hingewiesen a) auf den Zeitpunkt und die Voraussetzungen des Eigentums- bzw. Rechtsüberganges; b) auf das Erfordernis einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes über die entrichtete Grunderwerbsteuer; c) darauf, dass alle Vertragsabreden vollständig und richtig beurkundet sein müssen; d) auf die erforderliche Lastenfreistellung; e) auf eine etwaige Einkommensteuerpflicht bei privaten oder betrieblichen Veräußerungen. IX. Schlussbestimmungen 1. Kosten Unbeschadet der gesamtschuldnerischen Haftung der Beteiligten für Kosten und Steuern trägt der Käufer die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzuges, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer. Die Lastenfreistellungskosten treffen den Verkäufer.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.182 Kap. 1

2. Ausfertigungen und Abschriften Von dieser Urkunde erhalten Ausfertigungen: die Vertragsteile nach grundbuchamtlichem Vollzug, beglaubigte Abschriften: die Vertragsteile sofort, das Grundbuchamt, die Grundpfandrechtsgläubiger, einfache Abschriften: das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle –. Vorgelesen vom Notar samt Anlage

4. Anmerkungen zum Muster zu III: Umsatzsteuer Da das Bauträgerunternehmen nicht den Hotelbetrieb des Verkäufers fortführt, handelt es sich nicht eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG, die nicht umsatzsteuerbar wäre, sondern vielmehr um die Veräußerung beweglicher Gegenstände (Betriebsvorrichtungen und Inventar), so dass für das bewegliche Vermögen Umsatzsteuer anfällt, während wegen der grunderwerbsteuerpflichtigen Veräußerung des Grund und Bodens gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG für das Grundstück keine Umsatzsteuer erhoben wird. Sofern der Veräußerer z.B. fünf Jahre vor der Veräußerung Herstellungs- oder Anschaffungskosten für das Gebäude getragen hat, geht für den restlichen Vorsteuerzeitraum von fünf Jahren der Vorsteuerabzug verloren, so dass es gem. § 15a Abs. 1 UStG zu einer Nachversteuerung kommt.

1.181

zu VIII: Einkommensteuer Der Verkäufer hat den Kaufpreisteil, der den Buchwert des Grundstückes samt Gebäude, der Betriebsvorrichtungen und des Inventars übersteigt, als Veräußerungsgewinn zu versteuern. Der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 Abs. 3 EStG kommt in Betracht, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet und diese Vergünstigung bisher nicht in Anspruch genommen hat.

1.182

1.183–1.189

Einstweilen frei. 5. Drohender gewerblicher Grundstückshandel

Literatur: Dorn/Langeloh, Gewerblicher Grundstückshandel durch Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft in mehrstufigen Strukturen?, DStRE 2016, 1455; Figgener/ von der Tann, Gewerblicher Grundstückshandel allein durch Zurechnung der Verkäufe von Personengesellschaften und Gemeinschaften – Anmerkungen zum BFH-Urt. v. 22.8.2012 –

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Kap. 1 Rz. 1.190 Steuerorientierte Immobilienübertragung X R 24/11, DStR 2012, 2579; Haug/Figgener/Kiesel, Immobilienveräußerungen auf Druck der Bank: Immer gewerblicher Grundstückshandel?, DStR 2010, 1324. Siehe ferner die Literaturnachweise vor Rz. 11.1.

a) Sachverhaltsermittlung und Gestaltungsüberlegungen

1.190

Beispiel: Rentner R erscheint Jahr für Jahr bei Notar N, um jeweils eine Eigentumswohnung zu verkaufen. Beim Verkauf der vierten Eigentumswohnung äußert sich Notar N anerkennend über die Geschäftstüchtigkeit von R.

1.191

Die Veräußerung mehrerer Immobilien in einem Zeitraum von fünf Jahren kann einkommensteuerfrei sein, wenn sich der Vorgang als Beendigung einer langjährigen Vermögensverwaltung darstellt, ist aber als gewerblicher Grundstückshandel gem. § 15 Abs. 2 EStG steuerpflichtig, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, gegeben ist, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

1.192

Auf die systematische Darstellung in Kap. 11 wird verwiesen. Vorab ist auf das Erfordernis der Sachverhaltsermittlung und auf Gestaltungsüberlegungen1 hinzuweisen, mit deren Hilfe sich die negativen Folgen des gewerblichen Grundstückshandels vermeiden oder zumindest mildern, bzw. dessen Vorteile nutzen lassen. Als Indizien für einen einkommen- und gewerbesteuerpflichtigen Grundstückshandel kommen insbesondere folgende Aktivitäten in Betracht: – Aufschließung und Parzellierung von Grundstücken2, – Bebauung und zeitnahe Veräußerung3, – Erwerb und Veräußerung mehrerer Immobilien innerhalb eines überschaubaren Zeitraums4, es sei denn, dass sich die Veräußerung als Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellt, so dass der Besitzzeit entscheidende Bedeutung zukommt5, – Beteiligung an einer Personengesellschaft, die mehrere Immobilien innerhalb eines überschaubaren Zeitraums veräußert.

1 Vgl. dazu ausführlich Tiedtke/Wälzholz, DB 2002, 652 ff. 2 BFH v. 29.8.1973 – I R 214/71, BStBl. II 1974, 6 (Behandlung als Baulanderschließungsunternehmer). 3 BFH v. 15.12.1971 – I R 49/70, BStBl. II 1972, 291. 4 BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492. 5 BFH v. 29.3.1973 – I R 153/71, BStBl. II 1973, 661; v. 10.8.1983 – I R 120/80, BStBl. II 1984.137 = FR 1984, 74; v. 28.9.1987 – VIII R 46/84, BStBl. II 1988 65 = FR 1988, 25.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.195 Kap. 1

1.193

Übersicht: Gewerblicher Grundstückshandel

Eigentümer veräußert innerhalb von fünf Jahren

Nicht mehr als drei Objekte

Mehr als drei Objekte nach zehnjähriger Vermietung

Kein gewerblicher Grundstückshandel

Mehr als drei Objekte nach kurzfristiger Vermietung

Gewerblicher Grundstückshandel

b) Verteilung der Grundstücksaktivitäten auf mehrere Personen Beispiel: Eine Erbengemeinschaft, bestehend aus sechs Personen, errichtet auf dem ererbten Grundstück ein Zwölffamilienhaus unter Aufteilung in Wohnungseigentum. Sechs Wohnungen werden verkauft, jeder Miterbe behält für sich eine Wohnung zur Selbstnutzung1.

1.194

Die Gefahr des gewerblichen Grundstückshandels kann wesentlich verringert werden, wenn die Aktivitäten von vornherein auf mehrere Personen verteilt werden. Am sichersten ist es, bereits bei dem Erwerb eine Verteilung beispielsweise auf Ehegatten oder Kinder vorzunehmen. Ist auf der Beschaffungsseite nicht bereits dieser Weg beschritten worden, befindet sich der Großteil der in Zukunft zu veräußernden Objekte mithin in einer Hand, so empfiehlt es sich, den Grundbesitz langfristig vor einer Veräußerung an Ehegatten und Kinder unentgeltlich oder teilentgeltlich zu übertragen. Kurzfristige Gestaltungen können gem. § 42 AO einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen, mit denen das Steuerrecht nicht umgangen werden kann2.

1.195

1 BFH v. 22.3.1990 – IV R 23/88, BStBl. II 1990, 637 = FR 1990, 460; die bloße Veräußerung von Grundstücken, die durch Erbschaft oder unentgeltlich erworben wurden, bleibt unberücksichtigt, vgl. BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = FR 2007, 247 = DStR 2006, 2209 = ZfIR 2007, 589. 2 Vgl. FG Münster v. 7.5.2002 – 1 K 2106/00 E, rkr., DStRE 2002, 1273; dem Urteil des BFH v. 15.3.2005 – X R 39/03, BStBl. II 2005, 817 = FR 2005, 943 m. Anm. Fischer = DStR 2005, 1127 lag der Sachverhalt zugrunde, dass die beschenkten Söhne den Grundbesitz am Tag der Schenkung an eine GmbH weiterveräußerten. Der BFH stützte seine Entschei-

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65

Kap. 1 Rz. 1.196 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.196

Der BFH1 prüft derartige Fälle – nach den Grundsätzen über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, – nach den Grundsätzen über sog. Strohmanngeschäfte bzw. Scheingeschäfte (§ 41 Abs. 2 AO), – unter dem Aspekt des Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO).

1.197

Der BMF will sogar Veräußerungen des Erwerbers beim Veräußerer mitzählen2. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen und ist von der Rechtsprechung des BFH nicht gedeckt.

1.198

Es ist darauf zu achten, dass die von Ehegatten oder Kindern realisierten Gewinne bei diesen verbleiben. Andernfalls könnte wiederum entweder § 42 AO eingreifen oder aber die Finanzverwaltung eine Mitunternehmerschaft aufgrund eines stillschweigend abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages annehmen. Auf diese Art und Weise würden wiederum die Immobiliengeschäfte aller Familienangehöriger zusammengerechnet!

1.199

Beispiel: Die Grundstücksgesellschaft ABCDE-GbR verfügt über fünfzehn Immobilien und will zehn davon verkaufen. Sie ist bisher noch rein vermögensverwaltend tätig gewesen. Einige der Gesellschafter haben in der Vergangenheit auch außerhalb der Gesellschaft in geringem Umfang Immobiliengeschäfte getätigt. Sie befürchten nun die nachträgliche Infektion dieser bisher als privat behandelten Geschäfte.

1.200

Bei einem Verkauf der Immobilien durch die Gesellschaft würden jedem Gesellschafter alle zehn Verkäufe in vollem Umfang zugerechnet. Die Gewerblichkeit der Einkünfte wäre gewiss. Auch die anderen Grundstücksaktivitäten der Beteiligten würden infiziert. Hier bietet sich eine vorherige Teilauseinandersetzung der Gesellschaft an3. Werden je zwei Immobilien im Wege der Teilauseinandersetzung – nicht im Wege eines Verkaufs wie unter fremden Dritten! – auf je einen Gesellschafter übertragen und verkaufen diese später selbständig, so realisiert jeder Gesellschafter nur zwei weitere Objektverkäufe. Allerdings ist darauf zu achten, dass § 42 AO nicht eingreift und keine verdeckte Mitunternehmerschaft angenommen wird. Somit sollten erhebliche „Schamfristen“ eingehalten und keine wechselseitigen Gewinnbeteiligungen vereinbart werden. Eine lediglich interne Zuordnung von Grundbesitz zu einzelnen Gesellschaftern ohne Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen genügt nicht4.

1 2 3 4

dung jedoch nicht auf § 42 AO, sondern auf den Grundsatz, dass die private Überlassung einer betrieblichen Erwerbschance eine Verfügung über bezogenes Einkommen darstelle. BFH v. 18.9.2002 – X R 183/96, BStBl. II 2003, 238 = FR 2003, 243 m. Anm. Kempermann = DNotI-Report 2003, 51 = NJW 2003, 1141. BMF v. 26.3.2004 (DE CD) – IV A 6 - S 2240 - 46/04; v. 26.3.2004 (DE CD) – IV A 6 S 2240 - 26/03, BStBl. I 2004, 434 Tz. 9. Vgl. auch Obermeier, NWB Fach 3, 10017 (10042). Obermeier, NWB Fach 3, 10017 (10042) m.w.N.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.203 Kap. 1

1.201

Übersicht: Drei-Objekt-Grenze bei Personengesellschaft/-gemeinschaft

Drei-Objekt-Grenze bei Beteiligung an einer Personengesellschaft (-gemeinschaft)

Ebene der Gesellschaft

Ebene des Gesellschafters

Die Gesellschaft ist nicht gewerblich tätig

Die Gesellschaft ist gewerblich tätig

Beteiligung des Beteiligung des Gesellschafters von Gesellschafters von weniger als 10 % mindestens 10 %

Der Gesellschaft werden die Eigengeschäfte des Gesellschafters nicht zugerechnet

Die Grundstücksgeschäfte der Gesellschaft sind Objekte des Gesellschafters

Die Grundstücksgeschäfte der Gesellschaft sind nicht Objekte des Gesellschafters

Die Grundstücksgeschäfte sind dem Gesellschafter zuzurechnen

1.202

Einstweilen frei. c) Abschirmwirkung gewerblicher Tätigkeiten durch Einschaltung einer GmbH aa) Allgemeines Im Grundsatz ist von einer Abschirmwirkung einer GmbH auszugehen. Immobilienveräußerungen von Kapitalgesellschaften, an denen ein Steuerpflichtiger beteiligt ist, sind weder ganz noch anteilig dem Gesellschafter zuzurechnen. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von der bei Personengesellschaften. Spiegelberger

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1.203

Kap. 1 Rz. 1.204 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.204

Eine Durchbrechung der Abschirmwirkung, wonach Verkäufe einer GmbH einem Gesellschafter zugerechnet werden, hat die Rechtsprechung allerdings in Ausnahmefällen1 angenommen. Dies ist zunächst der Fall, wenn ein Gesellschafter bzw. Mitgesellschafter ein Angebot über mehrere Objekte – an durch seine GmbH zu benennende Dritte – abgegeben hat. In diesem Fall rechtfertigt bereits § 164 BGB eine Zurechnung beim Gesellschafter. Im Übrigen hat die Rechtsprechung auch dann einen gewerblichen Grundstückshandel bejaht, wenn mehrere Objekte in eine GmbH eingebracht oder an diese verkauft und kurze Zeit später von der GmbH weiterverkauft wurden. In diesen Fällen planmäßigen Handelns entsteht durch die Zwischenschaltung einer GmbH keine Abschirmwirkung2 (s. hierzu auch Rz. 11.54). Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

1.205

Beispiel: Der Steuerpflichtige S hat bereits zwei Objekte innerhalb von fünf Jahren verkauft. Nun möchte er ein unbebautes Grundstück kaufen, selbst mit drei Eigentumswohnungen bebauen und anschließend verkaufen.

1.206

Hier besteht die Gefahr einer Infizierung der beiden vorangegangenen Objektverkäufe durch die später hinzu kommenden drei errichteten und weiterverkauften Objekte. Um eine Infizierung der bisher getätigten Verkäufe zu vermeiden, kann es sich anbieten, eine GmbH zu gründen und den Ankauf, die Errichtung und den Weiterverkauf durch die GmbH durchzuführen. Auf diese Art und Weise werden die gewerbliche Sphäre und die nicht gewerbliche Sphäre voneinander getrennt3.

1.207

Abwandlung: Der Steuerpflichtige überlegt, GmbH-Anteile an der neu gegründeten GmbH zu verkaufen.

bb) Überlegungen aus Verkäufersicht

1.208

Aus Verkäufersicht hat dieses Vorgehen erhebliche Vorteile: (1) GmbH-Anteile im Betriebsvermögen

1.209

Ist der steuerpflichtige Veräußerer zu 100 % an seiner GmbH beteiligt, so waren die erzielten Gewinne aus der Veräußerung seiner GmbH-Beteiligung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2001 nach § 16 Abs. 1, Abs. 4 EStG (tarif-)begünstigt4. Seit dem Veranlagungszeitraum 2002 unterliegt der Verkauf von Kapitalgesellschaftsanteilen dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren (s. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG bei fortbestehendem Betrieb; § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG bei Betriebsveräuße1 Die Grundstücksaktivitäten können nach dem BFH v. 18.3.2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787 = GmbHR 2004, 958 m. Anm. Mildner = GmbH-StB 2004, 195 dem Anteilseigner nur bei einem Gestaltungsmissbrauch zugerechnet werden; dafür könne sprechen, dass die Mittel für den an den Anteilseigner zu entrichtenden Kaufpreis zu einem erheblichen Teil erst aus den Weiterverkaufserlösen zu erbringen sind. 2 Vgl. BFH v. 19.9.2002 – X R 51/98, BStBl. II 2003, 394 = FR 2003, 508 = GmbHR 2003, 600 = DStR 2003, 682. 3 Ebenso Hofer, DStR 2000, 1635 (1638) m.w.N.; Obermeier, NWB Fach 3, 10017 (10037) m.w.N.; a.A. aber Weber-Grellet, DStR 1995, 1341 (1342). 4 Schmidt/Wacker36, § 16 EStG Rz. 161 m.w.N.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.212 Kap. 1

rung oder Betriebsaufgabe). Anschaffungskosten und Veräußerungserlös werden daher nach aktueller Rechtslage jeweils nur zu 60 % berücksichtigt. Faktisch sind damit nur 60 % des erzielten Gewinnes steuerpflichtig. Der ermäßigte Steuersatz bzw. die Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG werden hingegen nicht (mehr) gewährt. Die Möglichkeit einer Reinvestitionsrücklage auch für Anteile an Kapitalgesellschaften gem. § 6b Abs. 10 EStG1 wird in solchen Fällen regelmäßig ausscheiden. (2) GmbH-Anteile im Privatvermögen Sind die Anteile an der Gesellschaft nicht, wie vorstehend unterstellt, Betriebsvermögen, sondern Privatvermögen, so gilt § 17 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. c, § 3c Abs. 2 EStG. Unter Umständen kann bei großer Häufigkeit und hohem Einsatz auf diese Weise jedoch ein gewerblicher „GmbH-Anteils-Handel“ entstehen2.

1.210

(3) Anteilstausch Angesichts der Aussicht, Veräußerungsgewinne nur nach dem Teileinkünfteverfahren der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG versteuern zu müssen, liegt der Gedanke nahe, den als Einzelunternehmen betriebenen gewerblichen Grundstückshandel vor einer geplanten Veräußerung im Ganzen nach § 21 UmwStG steuerneutral in eine GmbH einzubringen und anschließend die Geschäftsanteile an der GmbH zu veräußern. Dazu ist jedoch auf § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG hinzuweisen, wonach bei einer Veräußerung des durch Anteilstausch erworbenen GmbH-Anteils innerhalb von sieben Jahren der Einbringungsgewinn, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes abgelaufene Zeitjahr, zu versteuern ist3, und der Veräußerungsgewinn.

1.211

(4) Grunderwerbsteuer Werden bei der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen über 5 % der Geschäftsanteile zurückbehalten oder von einem weiteren Erwerber gekauft, kann sogar das Entstehen von Grunderwerbsteuer4 vermieden werden. Der Verkauf von Anteilen an einer GmbH, die Grundbesitz hält, erfüllt nicht die Grundstücksdefinition des § 2 GrEStG. § 1 Abs. 3 GrEStG setzt einen Anteilsübergang oder eine Anteilsvereinigung von mindestens 95 % voraus (s. Rz. 1.708). Beides wird durch die Zurückbehaltung von über 5 % der Geschäftsanteile verhindert. Die Vereinbarung 1 In der Regel werden die GmbH-Anteile schon kein Anlage-, sondern Umlaufvermögen sein, vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105 (107); Melchior, DStR 2002, 1 (3 f.). 2 BFH v. 25.7.2001 – X R 55/97, BStBl. II 2001, 809 = FR 2002, 31 m. Anm. Wendt = GmbHR 2001, 1061 m. Anm. Wiese = NJW 2001, 390 f.; eingeschränkter hingegen BFH v. 20.12.2000 – X R 1/97, BStBl. II 2001, 706 ff. = FR 2001, 655 = DStR 2001, 888 = NJW 2001, 3214 f. (zum Handel mit Optionskontrakten); vgl. zum Ganzen Groh, DB 2001, 2569 ff.; Blumers/Witt, DB 2002, 60 ff. 3 Vgl. hierzu und zu den parallelen Problemen bei § 8b Abs. 2, 4 KStG Haritz, DStR 2000, 1537 (1542 ff.); Neufang, BB 2000, 1913 (1922); Töben, FR 2000, 905 (906); Hörger/Scheipers, DB 2000, 1988 ff. 4 Vgl. Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.12.1999, DStR 1999, 2075 f. m. Anm. Schulz; FinMin. Baden-Württemberg v. 14.2.2000, DStR 2000, 430; Gottwald, MittBayNot 2000, 511 ff.; Gottwald, MittBayNot 1999, 338 ff.

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1.212

Kap. 1 Rz. 1.213 Steuerorientierte Immobilienübertragung

von Treuhandverhältnissen ist jedoch schädlich1. Soll später der fehlende Geschäftsanteil noch erworben werden, darf dies nicht durch den Erwerber selbst, sondern nur durch eine andere Person wie z.B. den Ehegatten oder ein (volljähriges) Kind des ursprünglichen Erwerbers geschehen, da anderenfalls durch den Hinzuerwerb der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt wird2. cc) Überlegungen aus Käufersicht

1.213

Den geschilderten Vorteilen für den Verkäufer steht allerdings der Nachteil auf Seiten des Käufers gegenüber, dass der erworbene Grund und Boden Betriebsvermögen darstellt, so dass ein Erwerb im Allgemeinen nur für Gewerbetreibende, z.B. Bauträger, in Betracht kommt, bei denen sich der Grundbesitz immer im Betriebsvermögen befindet. Auch die fehlende Abschreibungsmöglichkeit auf GmbH-Anteile fällt wohl nicht ins Gewicht, zumal Grund und Boden ohnehin nicht abgeschrieben werden kann. Sofern ein in der Rechtsform der GmbH operierender Bauträger die erworbenen GmbH-Anteile weiterveräußern will, könnte er dies gem. § 8b Abs. 2 und 5 KStG mit einer nur fünfprozentigen Gewinnbesteuerung vornehmen. d) Aufhebung von Wohnungseigentum

1.214

Wurde ein Objekt bereits vor einiger Zeit nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt und steht nun ein Verkauf an, durch den möglicherweise der gewerbliche Grundstückshandel begründet wird, so kann es sich anbieten, das Wohnungseigentum zunächst aufzuheben, um normales Grundstückseigentum zu erhalten. Wird anschließend das Grundstück als Ganzes verkauft, so wird dies nach der neuen Rechtsprechung des BFH als ein Objekt i.S.d. Drei-Objekt-Grenze gezählt.

1.215

Allerdings sollten ausreichende Schamfristen eingehalten werden, um dem Einwand des § 42 AO aus dem Wege zu gehen. Sonst besteht die Gefahr, dass der BFH, ebenso wie beim Verkauf einer Vielzahl baureifer Parzellen als einheitliches Grundstück3, die Wohneinheiten trotz rechtlicher Einheitlichkeit als mehrere Objekte beurteilt. Im Übrigen ist inzwischen uneingeschränkt anerkannt4, dass auch Mehrfamilienhäuser als nur ein Objekt i.S.d. Drei-Objekt-Grenze zählen5.

1 Pahlke5, § 1 GrEStG Rz. 329. 2 Vgl. Pahlke5, § 1 GrEStG Rz. 329 ff. 3 BFH v. 13.12.1995 – XI R 43/89, XI R 44/89, XI R 45/89, BStBl. II 1996, 232 ff. = FR 1996, 386 und FR 1996, 377.; vgl. auch BFH v. 4.3.1993 – IV R 28/92, BFH/NV 1993, 728. 4 BFH v. 15.3.2000 – X R 130/97, BStBl. II 2001, 530 = FR 2000, 820 m. Anm. Weber-Grellet = DStR 2000, 1131 = MittBayNot 2000; v. 18.5.1999 – I R 118/97, BStBl. II 2000, 28 = FR 1999, 944 m. Anm. Fischer = GmbHR 1999, 930 = DStR 1999, 1263; Hofer, DStR 2000, 1635 (1636); FinMin. Sachsen v. 12.1.2001, DStR 2001, 215; ausdrücklich BMF v. 9.7.2001, DB 2001, 1587 = BStBl. I 2001, 512 = DStR 2001, 1253; vgl. dazu auch Tiedtke/Wälzholz, ZEV 2000, 428 ff. 5 Ein ungeteiltes Grundtück mit fünf freistehenden Mehrfamilienhäusern ist nur ein Objekt i.S.d. Drei-Objekt-Grenze, BFH v. 5.5.2011 – IV R 34/08, BStBl. II 2011, 787 = FR 2011, 807 m. Anm. Kanzler = DStR 2011, 1370.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.219 Kap. 1

e) Vermeidung von Zusatztätigkeiten Da Erschließungstätigkeiten1, Initiativen im Rahmen der Bauplanung oder gar deren Erstellung und eigene Bautätigkeit sowie der Abschluss städtebaulicher Verträge auf eigene Initiative auch bei nur geringer Verkaufstätigkeit zum gewerblichen Grundstückshandel führen können, sollten Aktivitäten dieser Art vermieden werden.

1.216

f) Beteiligung an Immobilien-Personengesellschaften unter 10 % Die Veräußerung eines Kommanditanteils an einer gewerblich geprägten Grundstücksgesellschaft ist steuerrechtlich als – anteilige – Übertragung so vieler Objekte i.S.d. Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel (Indizwirkung der sog. Drei-Objekt-Grenze) zu werten, als sich im Gesamthandseigentum der Personengesellschaft befinden2.

1.217

Da nach Auffassung der Finanzverwaltung3 Immobilienverkäufe von Personengesellschaften nur dann ihren Gesellschaftern zugerechnet werden, wenn die Gesellschafter zu mindestens 10 % an der Personengesellschaft beteiligt sind oder der anteilige Wert des Grundbesitzes über 250.000 t liegt, ist es steuergünstiger, das Engagement an der Gesellschaft auf möglichst viele Köpfe zu verteilen. Dies sollte jedoch nur durch unentgeltliche Übertragungen innerhalb der Familie erfolgen, da sonst ein echtes Veräußerungsgeschäft vorliegen könnte, das zu einem gewerblichen Grundstückshandel führen würde.

1.218

g) Bestellung von Erbbaurechten und Dauerwohnrechten Die Bestellung eines üblichen Erbbaurechtes4 gem. § 1 ErbbauRG oder Dauerwohnrechts gem. §§ 31 ff. WEG an unbebauten Grundstücken führt nicht zu einem Objektverbrauch i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels. Allerdings ist hierbei darauf zu achten, dass alle ungewöhnlichen Nebenabreden zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erbbauberechtigten führen können und damit sowohl ein privates Veräußerungsgeschäft gem. § 23 EStG als auch ein Objektverkauf i.S.d. DreiObjekt-Grenze realisiert werden könnte. Kurzfristige Ankaufsrechte sollten vermieden werden. Die gem. § 2 Nr. 7 ErbbauRG zum Inhalt eines Erbbaurechtes gehörende Verpflichtung des Grundstückseigentümers, das Grundstück an den jeweiligen Erbbauberechtigten zu verkaufen, kann grundsätzlich nicht beanstandet werden.

1 2 3 4

FinMin. Bayern v. 4.1.2000, 31 – S 2240 - 1/182 - 1 005, DStR 2000, 554. Vgl. BFH v. 28.11.2002 – III R 1/01, BStBl. II 2003, 250. BMF v. 26.3.2004 (DE CD) – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Tz. 14. Die erstmalige Bestellung eines Erbbaurechts ist kein Zählobjekt i.S.d. Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel, vgl. BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler; hingegen kommt ein bereits bestelltes Erbbaurecht bei der Weiterveräßerung als Zählobjekt in Betracht, vgl. BFH v. 3.7.2002 – XI R 31/99, BFH/NV 2002, 1559.

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1.219

Kap. 1 Rz. 1.220 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.220

Bei Bestellung eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück geht mit der Bestellung des Erbbaurechts das Eigentum am Gebäude auf den Erbbauberechtigten über. Darin könnte eine Objektveräußerung zu sehen sein1.

1.221

Die Bestellung eines Erbbaurechts führt allerdings nicht zur völligen Steuerfreiheit von Gegenleistungen. Diese sind als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG steuerbar. Aufgrund der üblichen zeitlichen Streckung entstehen jedoch Progressionsvorteile. h) Aufrollung früherer Grundstücksveräußerungen

1.222

Durch später hinzutretende Umstände können rückwirkend auch bisher steuerfrei belassene Grundstücksgeschäfte aus dem Urteil ex post das Gesamtbild eines Gewerbebetriebes ergeben mit der Möglichkeit der Berichtigung rechtskräftiger Veranlagungen gem. § 173 AO. Nach dem BMF-Schreiben vom 31.3.19882 sind bei der Abgrenzung alle Umstände des Einzelfalles in ihrer Gesamtheit zu würdigen, insbesondere auch ein Zusammenhang der Grundstücksgeschäfte mit einer sonstigen beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen3.

1.223

Tatsachen, die anlässlich einer Außenprüfung für einen Zeitraum bekannt werden, für den ein Verwertungsverbot besteht, können dennoch in Änderungsbescheiden gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berücksichtigt werden, wenn ohne sie die Steuerpflicht für einen den Zeitraum übergreifenden Gesamtkomplex nicht begründet werden könnte4.

1.224

Nach Auffassung des VIII. BFH-Senats5 ist die Veräußerung eines vierten Objektes im Rahmen seines gewerblichen Grundstückshandels kein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, da aus der Veräußerung des vierten Objektes nicht geschlossen werden kann, dass die bedingte Veräußerungsabsicht auch bereits bei dem Erwerb des ersten Objektes vorhanden gewesen war6. i) Gewerblicher Grundstückshandel zur Verlustverwertung

1.225

Sollten aus Immobiliengeschäften Verluste erwartet werden, so kann es sich anbieten, möglichst einen gewerblichen Grundstückshandel zu begründen. Ein gewerblicher Grundstückshandel unterliegt nicht der eingeschränkten Verlustberücksichtigung des § 23 Abs. 3 EStG. Allerdings ist auch hier zu vermeiden, dass die Tätigkeit 1 So Kirchhof/Reiß16, § 15 EStG Rz. 123 unter Hinweis auf BFH v. 10.12.1998 – III R 61/97, BStBl. II 1999, 390 ff. = FR 1999, 307. 2 BMF v. 31.3.1988 – IV B 2 - S 2240 - 9/88, BStBl. I 1988, 125. 3 Zur Veräußerung eines einzigen Immobilienobjektes durch eine von Branchenangehörigen gegründete Personengesellschaft als gewerbliche Tätigkeit vgl. Zacharias/Rinnewitz/Kleinjohann, FR 1985, 653. 4 Vgl. BFH v. 21.10.1986 – VIII R 243/83, BStBl. II 1987, 284. 5 BFH v. 6.7.1999 – VIII R 17/97, BStBl. II 2000, 306 = FR 1999, 1260 = DStR 1999, 1733. 6 Kritisch hierzu Söffing, DStR 2000, 916.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.229 Kap. 1

des Steuerpflichtigen als Liebhaberei mangels Gewinnerzielungsabsicht beurteilt wird. j) Steuerbegünstigte Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels Die Veräußerung sämtlicher Grundstücke an einen oder mehrere Erwerber zur Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels ist nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt und gewerbesteuerpflichtig. Günstiger ist dagegen eine Betriebsaufgabe durch Überführung der Grundstücke in das Privatvermögen. Insoweit sind die in Kap. 11 genannten Voraussetzungen zu beachten.

1.226

Den Ausweg, die Gewerbesteuerfreiheit und die Vorteile der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG durch steuerneutrale (§ 24 UmwStG) Einbringung des Betriebes in eine Mitunternehmerschaft und Veräußerung des Unternehmens durch Übertragung des Mitunternehmeranteils1 zu erreichen, hat der BFH2 versperrt. Bei der Veräußerung eines Personengesellschaftsanteils mit einem gewerblichen Grundstückshandel entsteht hinsichtlich der Grundstücke immer ein laufender gewerblicher Gewinn. Erfolgt die Überführung des Grundbesitzes in eine Mitunternehmerschaft nicht nach § 24 UmwStG, sondern nach § 6 Abs. 5 EStG, so ist die dort genannte dreijährige Sperrfrist zu beachten3.

1.227

k) Beratungsgefahren Der gewerbliche Grundstückshandel ist eines der schwierigsten steuerlichen Beratungsfelder. Ein besonderes Augenmerk ist auf die exakte Sachverhaltsermittlung zu legen. Insbesondere ist auch zu erfragen, ob innerhalb der letzten fünf Jahre

1.228

– eine Wohnung im Ausland verkauft, – eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds veräußert, – eine wesentliche Renovierungstätigkeit durchgeführt oder – ein Kaufvertrag rückabgewickelt wurde. Die vorstehenden Beispiele belegen, dass bereits kleine Veränderungen des Sachverhalts, die die Beteiligten in der Regel für unwesentlich erachten, zur Umkehrung der steuerlichen Lage führen. Es ist daher äußerste Vorsicht geboten. In der Regel empfiehlt es sich, sämtliche grundstücksbezogenen Sachverhalte, die in den vergangenen zehn Jahren verwirklicht wurden, genau zu ermitteln und erst dann sich ein abschließendes Bild über die steuerliche Situation zu machen.

1 Vgl. auch Prinz, DStR 1996, 1145 (1149). 2 BFH v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777 = FR 2007, 550 m. Anm. Wendt = GmbHR 2007, 269. 3 Vgl. dazu Melchior, DStR 2002, 1 (2 f.); Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105 (106 f.); kritisch zum Grundsatz Reiß, BB 2001, 1225 (1228).

Spiegelberger

73

1.229

Kap. 1 Rz. 1.230 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.230

Darüber hinaus resultieren Risiken im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels daraus, dass feste Regeln hinsichtlich der Anzahl der Objekte und der Zeiträume der Veräußerung nicht bestehen. Während im Regelfall zwar nur Verkäufe innerhalb von fünf Jahren berücksichtigt werden, kann es, wie gezeigt, im Einzelfall doch zu einer Berücksichtigung von Veräußerungen außerhalb dieses Fünf-Jahres-Zeitraumes kommen.

1.231

Die nachfolgende Checkliste mag bei der umfassenden Aufklärung des steuerlich relevanten Sachverhalts helfen. l) Checkliste gewerblicher Grundstückshandel

1.232

Sachverhaltsermittlung – Anzahl der Verkäufe im In- und Ausland Objekt

Zeitpunkt Ankauf

Zeitpunkt Verkauf

Besonderheiten

– Parzellierung oder Aufteilung nach WEG – Beruf des Verkäufers (Branchennähe) – Mitwirkung bei Baureifmachung, Erschließung, Erstellung von Bebauungsplänen – Selbständiger Verkauf von Miteigentumsanteilen – Verkaufsannoncen weiterer Objekte – Bautätigkeiten durch Herstellung oder Renovierung – Teilentgeltliche Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge – Beteiligung an Immobilienkapitalgesellschaften – Beteiligung an Immobilienpersonengesellschaften Gesellschaft, Höhe der Beteiligung

Anzahl der Verkäufe der Gesellschaft

Anzahl Immobilien Gesamt-handsvermögen

Anteilsveräußerung

– Verkäufe an eigene Gesellschaften (einschließlich Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) – Rückabgewickelte Kaufverträge.

1.233–1.240

74

Einstweilen frei.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.244 Kap. 1

IV. Grundstücke im freiberuflichen Betriebsvermögen Literatur: Gluth/Rund, Fallstrike in der Steuerberatungspraxis, StB-Sonderheft 2012/2013, 3; Korch, Haftungsrisiken in der PartGmbB-interdisziplinäre Partnerschaften und Fragen der Rechtsscheinhaftung, GmbHR 2016, 150; Levedag, Aufnahme neuer Gesellschafter in eine Sozietät nach dem Gewinnvorabmodell, NWB 2016, 534; Schoor, Unternehmensnachfolge bei Freiberuflern – Gestaltungsüberlegungen und Lösungen, NWB-EV Nr. 3.2016, 1; Römermann, Praxisverkauf und Praxisbewertung bei Freiberuflern – Ein (scheinbar) unlösbares Problem, NJW 2012, 1694. Beispiel: Notar N verkauft nach 30-jähriger Berufstätigkeit drei Jahre vor Beendigung des Notardienstes seine Kanzleiräume an den Sozius. Welche steuerlichen Grundsätze hat N nicht beachtet? Gibt es noch eine Korrekturmöglichkeit?

1.241

1. Notwendiges Betriebsvermögen Der freiberuflich Tätige, der seine Berufstätigkeit in eigenen Räumen ausübt, schafft damit notwendiges Betriebsvermögen. Die einkommensteuerrechtlichen Regelungen für Betriebsvermögen gelten auch für die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG enumerativ aufgeführten freiberuflich Tätigen, also für Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Ingenieure, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw. sowie für die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesprochenen sonstigen selbständig Arbeitenden1, z.B. Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter und Aufsichtsratsmitglieder, jedoch mit dem Unterschied, dass Veräußerungsvorgänge nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

1.242

2. Entnahme bei Beendigung der Berufstätigkeit Nicht nur durch die Veräußerung, sondern auch durch die Pensionierung oder durch das sonstige Ausscheiden aus der Berufstätigkeit wird die Betriebsvermögenseigenschaft beendet, so dass alle freiberuflichen stillen Reserven der Einkommensbesteuerung unterliegen.

1.243

Gewerbetreibende können ihre Betriebe nach der Rechtsprechung des BFH2 unter Buchwertfortführung verpachten; ein früher bestehendes (berufsrechtliches) Verbot der Praxisverpachtung für freiberuflich Tätige3 ist mit der Neufassung der Berufsordnung der Steuerberater (BOStB) mit Wirkung vom 1.1.2011 aufgehoben worden; eine Verpachtung unter Buchwertfortführung ist danach auch für diese Berufe grds. möglich. Um eine Infizierung mit der Folge der Gewerbesteuerpflicht der Sozietät zu vermeiden, muss auch der Gesamtrechtsnachfolger, dem die berufsrechtlichen Vorausset-

1.244

1 Zum Begriff der sonstigen selbständigen Arbeit vgl. BFH v. 28.8.2003 – IV R 1/03, GmbHR 2004, 193 = GmbH-StB 2004, 38 = DB 2004, 233. 2 BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124. 3 Vgl. § 59 Abs. 6 BOStB a.F.

Spiegelberger

75

Kap. 1 Rz. 1.245 Steuerorientierte Immobilienübertragung

zungen eines Freiberuflers fehlen, innerhalb von sechs Monaten den ererbten Sozietätsanteil auf die übrigen Sozietätsangehörigen übertragen1.

1.245

Hinweis: In dem Beispielsfall hat Notar N bei der Anschaffung oder Herstellung der Kanzleiräume offensichtlich nicht bedacht, dass bei seiner Pensionierung unausweichlich die im Laufe seiner Berufstätigkeit entstehenden stillen Reserven aufgedeckt werden müssen. In den meisten Fällen entschließen sich daher Freiberufler, ihren Ehegatten die Kanzleiräume erwerben zu lassen, so dass steuerliches Privatvermögen entsteht und die Absicherung für den Fall des Versterbens des Ehegatten oder der Ehescheidung durch Ehe- und Erbvertrag geregelt wird. Bedingte Erwerbsrechte im Ehe- und Erbvertrag führen noch nicht zum wirtschaftlichen Eigentum des Freiberuflers.

3. Ermäßigter Steuersatz

1.246

Die weitere steuerliche Fehlgestaltung im Beispielsfall besteht darin, dass der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 Abs. 3 EStG nur erreichbar ist, wenn das gesamte Betriebsvermögen einschließlich des freiberuflichen Sonderbetriebsvermögens in engem zeitlichen Zusammenhang veräußert oder in das Privatvermögen überführt wird. Hierzu zählen auch immaterielle Wirtschaftsgüter wie etwa der Mandantenstamm2. 4. Arbeitszimmer

1.247

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG unterliegen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich einem Abzugsverbot als Betriebsausgaben oder Werbungskosten, es sei denn, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Unabhängig von den Abzugsbeschränkungen stellt das im Wohnhaus des Freiberuflers gelegene Arbeitszimmer Betriebsvermögen dar (vgl. Rz. 1.247 ff.), so dass sowohl die Beendigung der Berufstätigkeit als auch die Veräußerung des Wohngebäudes die Einkommensbesteuerung der stillen Reserven auslösen. Selbst dann, wenn sich das Wohngebäude im Eigentum des Ehegatten befindet, kann sich das vom Freiberuflerehegatten genutzte Arbeitszimmer als Steuerfalle entpuppen, wenn das Wohnhaus innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG veräußert wird, da ein nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke benutztes Arbeitszimmer gerade nicht für Wohnzwecke verwendet wurde, so dass die Befreiungsvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht eingreift3. 5. Steuerneutrale Übertragung

1.248

Die steuerpflichtige Aufdeckung der im freiberuflich genutzten Immobilienvermögen enthaltenen stillen Reserven kann in der Weise vermieden werden, dass die 1 Vgl. BMF v. 11.1.2006 – IV B 2 - S 2242 - 2/04, BStBl. I 2006, 253 Tz. 8. 2 Vgl. Schmidt/Wacker36, § 18 EStG Rz. 223. 3 Vgl. BMF v. 5.10.2000 (DE CD) – IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl. I 2000, 1383 Tz. 21 (Schreiben zu § 23 EStG).

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.250 Kap. 1

Immobilie gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine vom Steuerpflichtigen gegründete GmbH & Co. KG übertragen wird; auch die Bildung einer Rücklage gem. § 6b EStG kommt bei einer Veräußerung auf diesem Weg in Betracht1. 6. Gesellschafterein- und austritt bei Freiberufler-Personengesellschaften Nach dem BFH2 stellt die Aufnahme eines Gesellschafters im Gewinnvorabmodell eine Teilanteilsveräußerung dar in Höhe der Differenz zwischen anteilig übertragenem Kapitalkonto und dem kapitalisierten Verzichtsbetrag abzgl. der bei der Übertragung entstandenen Kosten. Der Erwerber hat in der Höhe des Verzichtsbetrages Anschaffungskosten, die in einer Ergänzungsbilanz auszuweisen sind, soweit sie das übernommene Kapitalkonto übersteigen. Die kapitalisierte Kaufpreisschuld bildet passives Sonderbetriebsvermögen und vermindert sich in den Folgejahren jeweils um die als Kaufpreisraten zu beurteilenden Gewinnverzichtsbeträge. Bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät unter Übertragung eines Teilbetriebs liegt zwar eine Sachwertabfindung vor. Nach Auffassung des BFH3 sind Realteilungsgrundsätze auch dann anzuwenden, wenn ein Mitunternehmer gegen Übernahme eines Teilbetriebes aus einer fortbestehenden Personengesellschaft ausscheidet. Die Buchwerte des Teilbetriebs seien von dem ausscheidenden Gesellschafter fortzuführen. Damit wird der bisher von der Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, als Realteilung sei nur die Betriebsaufgabe der Mitunternehmerschaft zu verstehen, ausdrücklich aufgegeben.

1.249

7. Erbfall Das Eigentum an Mietereinbauten in den Praxisräumen einer Steuerberatersozietät, deren Kosten ein Sozius allein getragen hat, und die als selbständiges Wirtschaftsgut zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörten, geht nach dem Tod dieses Gesellschafters auf den – nicht an der Sozietät beteiligten – Alleinerben über. Die Einbauten scheiden mit dem Tod des Gesellschafters aus dem Betriebsvermögen der Sozietät aus. Durch die Vereinigung des Eigentums an Grundstück und Mietereinbauten sind diese mit Eintritt des Erbfalls nicht mehr als selbständige Wirtschaftsgüter vorhanden und daher einer gesonderten Übertragung durch Vermächtnis nicht zugänglich4.

1.250

1.251–1.260

Einstweilen frei.

1 Vgl. Spiegelberger, ZEV 2003, 391 (393). 2 BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, BStBl. II 2016, 600. 3 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, GmbHR 2016, 370 m. Anm. Levedag = GmbH-StB 2016, 124 = DStR 2016, 377. 4 FG Münster v. 31.8.2005 – 10 K 6840/03 F, EFG 2006, 1412. Der BFH hat mit Urt. v. 14.2.2007 – XI R 18/06, BStBl. II 2009, 957 = DStR 2007, 855 die Revision zurückgewiesen.

Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.261 Steuerorientierte Immobilienübertragung

V. Lohnsteuerpflichtige Grundstücksveräußerungen Literatur: Eisgruber, Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers aufgrund einer unterlassenen Anzeige nach § 38 Abs. 4 S. 2 EStG, DStR 2003, 141; Geserich, Haftungsschuldnerschaft: Bei vorsätzlicher Steuerstraftat ist Auswahlermessen vorgeprägt, HFR 2009, 577; Hannes/Reich, Verbilligte Überlassung von GmbH-Anteilen als Arbeitslohn?, ZEV 2016, 693, 695; Heger, Sachzuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer im „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“, DB 2014, 1282; Thomas, Lohngegenstand und Zuflusszeitpunkt bei der Übertragung von Aktien, DStR 2015, 263. Beispiel: Die X-Maschinenbau GmbH teilt die vorhandenen, an die Mitarbeiter vermieteten Werkswohnungen in Eigentumswohnungen auf und verkauft die Wohnungen an Werksangehörige zu einem Vorzugspreis.

1.261

Sofern zwischen den Beteiligten ein Arbeitsverhältnis besteht, ist zu prüfen, ob Leistungen des Arbeitgebers nicht ganz oder teilweise Arbeitslohn darstellen. Gemäß § 2 Abs. 1 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Auch Sachbezüge können ganz oder teilweise Arbeitslohn darstellen. Wird dem Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses ein Recht auf den späteren Erwerb von Gegenständen zu einem feststehenden Preis eingeräumt, kommt eine vermögenswerte Sachzuwendung erst im Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechtes in Betracht und zwar insoweit, als der Verkehrswert des Gegenstandes den dann feststehenden Preis übersteigt1.

1.262

Die Übertragung eines Grundstückes unter dem Verkehrswert an einen Arbeitnehmer stellt eine Sachzuwendung in Höhe der Vergünstigung gegenüber dem Marktwert des Grundbesitzes dar. Da der Arbeitgeber gem. § 39b Abs. 2 Satz 1 EStG den Lohnsteuerabzug vorzunehmen hat und dafür haftet, muss die X-Maschinenbau GmbH die entstandene Lohnsteuer an den Fiskus abführen. Die Veräußerungsanzeige, die der Notar wegen der anfallenden Grunderwerbsteuer an das Finanzamt richtet, wird in Abschrift der Einkommensteuerstelle zugeleitet, so dass die Finanzverwaltung über den Kaufvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer informiert wird. Selbstverständlich werden nicht nur verbilligt vom Arbeitgeber abgegebene Immobilien, sondern auch alle anderen Preisvorteile einkommensteuerlich erfasst, z.B. die verbilligte Abgabe eines Firmen-Pkws2 oder die Gewährung von stock-options3.

1.263

Eine ähnliche Situation besteht, wenn ein Bauträgerunternehmen einem Angestellten eine Immobilie unter dem Listenpreis verkauft. Die Differenz zwischen dem Listenpreis und dem vereinbarten Kaufpreis wird als steuerpflichtiger Arbeitslohn

1 Vgl. BFH v. 20.5.2010 – VI R 12/08, BStBl. II 2010, 1069 = FR 2011, 192 Rz. 24; Schmidt/ Krüger36, § 19 EStG Rz. 100 „Ankaufsrecht“. 2 BFH v. 17.6.2005 – VI R 84/04, BStBl. II 2005, 795 = FR 2005, 1163 m. Anm. Bergkemper = DStR 2005, 1437. 3 Vgl. BMF v. 10.3.2003, DB 2003, 748; BFH v. 30.6.2011 – VI R 37/09, BStBl. II 2011, 923 = FR 2011, 1173 m. Anm. Bergkemper.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.266 Kap. 1

zu erfassen sein, es sei denn, dass es sich bei der Immobilie um einen Ladenhüter handelt, der wegen des überhöhten Preises keinen anderen Käufer gefunden hat. Leistet der Arbeitgeber Zahlungen für ein im Haus bzw. in der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenes Büro, das der Arbeitnehmer für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, so ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt1.

1.264

Der BFH2 hatte sich mit der Konstellation zu beschäftigen, dass nicht der Geschäftsführer selbst, sondern eine von ihm beherrschte GmbH verbilligt eine GmbH-Beteiligung erwarb. Veräußerer war nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers. Auch bei Drittzuwendungen ist nach Auffassung des BFH kein „eindeutiger“ Veranlassungszusammenhang erforderlich, vielmehr müsse sich der Vorteil gleichermaßen als Frucht der nichtselbständigen Arbeit darstellen. Der BFH sah im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine freigebige Zuwendungen, gab allerdings dem FG auf zu prüfen, ob der beim Erwerb durch die vom Geschäftsführer beherrschte GmbH gewährte Preisnachlass möglicherweise statt aus dem Dienstverhältnis aus im Gesellschaftsverhältnis der GmbH wurzelnden Gründen gewährt wurde, so dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen könnte.

1.265

Gemäß § 8 Abs. 2 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Gehälter, Löhne, Gratifikationen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung. Sachbezüge, also nicht in Geld bestehende Einnahmen, sind geldwerte Vorteile, die von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG3 erfasst werden. Da der Arbeitgeber gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG die Lohnsteuerverrechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten hat, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gem. § 42d EStG Gesamtschuldner. Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen. Zweck des LSt-Abzugsverfahrens und der daran anknüpfenden Haftung ist zum einen, Steuerausfälle dadurch zu verhindern, dass die Einkünfte der Arbeitnehmer durch die Einschaltung des Arbeitgebers sicherer erfasst werden, zum anderen, dass Steuerverfahren durch das Hinzuziehen des Arbeitgebers billiger und einfacher auszugestalten sind. Sicherungszweck ist die Arbeitgeberhaftung4. Die sozialmotivierte Überlassung verbilligter Arbeitnehmerwohnungen kann dann zu einer sehr erheblichen Inanspruchnahme für nicht abgeführte Lohnsteuer führen.

1.266

1.267–1.270

Einstweilen frei.

1 Vgl. BFH v. 16.9.2004 – VI R 25/02, BStBl. II 2006, 10 = FR 2005, 262 m. Anm. Bergkemper; BMF v. 13.12.2005 – IV C 3 - S 2253 - 112/05, BStBl. I 2006, 4. 2 BFH v. 1.9.2016 – VI R 67/14, BStBl. II 2017, 69 = GmbHR 2017, 47 = DStR 2016, 2638 3 Blümich/Geserich, § 19 EStG Rz. 162. 4 Blümich/Wagner, § 42d EStG Rz. 37.

Spiegelberger

79

Kap. 1 Rz. 1.271 Steuerorientierte Immobilienübertragung

VI. Einkünfte aus Kapitalvermögen Literatur: Binnewies/Wollweber, Private Feriendomizile in der Steuerfalle? – Zu den ertragssteuerlichen Fallstricken selbstgenutzter Auslandsimmobilien, DStR 2014, 628; Christ, Gestaltungsüberlegungen zur Kapitalgesellschaft als „Vehikel“ steuerfreier unentgeltlicher Vermögensübertragungen, ZEV 2011, 63; Haase, Nochmals: Besteuerung ohne Leistungsfähigkeit bei selbstgenutzten Ferienimmobilien?, DStR 2014, 1481; Paus, Vermieten einer Luxuswohnung an den Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbHR 2005, 1600; Rindermann-Haugwitz, Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie als verdeckte Gewinnausschüttung nach Maßgabe der aktuellen Rechtslage, BB 2015, 2654.

1. Verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)

1.271

Beispiel: Der Alleingesellschafter der G-GmbH erwirbt das Musterhaus zum Alleineigentum, wobei er sich gegenüber dem Listenpreis einen Bonus von 10 % gewährt.

1.272

Der BFH1 definiert die verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als eine Vermögensminderung (oder verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Die Minderung des Unterschiedsbetrages muss objektiv geeignet sein, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen2. Durch die Übertragung des Grundstückes der GmbH unter dem Listenpreis wird im Beispielsfall das Einkommen der GmbH aufgrund eines Umstandes, der im Gesellschaftsverhältnis seinen Ursprung hat, geschmälert. Somit liegen hinsichtlich des Bonus i.H.v. 10 % sonstige Bezüge als verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vor.

1.273

Der körperschaftsteuerliche Gewinn erhöht sich um den gewährten Bonus, so dass Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer nachzuentrichten sind. Die verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter wird gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfasst.

1.274

Verkauft eine GmbH an einen ausscheidenden Gesellschafter im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf Veranlassung des Anteilserwerbers ein Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis, gehört der sich daraus für den Anteilsveräußerer ergebende geldwerte Vorteil zum Veräußerungspreis für den Anteil und führt daher nicht zum Entstehen von Schenkungsteuer3. Nach Auffassung des BFH ist der Vorteil des aus einem verbilligten Erwerb des Grundbesitzes ausschließlich von ertragssteuerrechtlicher Bedeutung und nicht zusätzlich als Schenkung zu besteuern (bestr.). Die Differenz zwischen dem gemeinen 1 Grundlegend BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412; v. 1.12.1989 – I R 73/85, BStBl. II 1989, 522. 2 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde = GmbH-StB 2003, 3. 3 BFH v. 27.8.2014 – II R 44/13, BStBl. II 2015, 249.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.276 Kap. 1

Wert des Grundstücks und dem für das Grundstück entrichteten Kaufpreis ist bei der Ermittlung des der Einkommensteuer unterliegenden Veräußerungsgewinns zu erfassen. Nach Auffassung des BFH ist der auf Veranlassung des Anteilserwerbers erfolgte verbilligte Verkauf des Grundstücks gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als vGA der GmbH zu erfassen. 2. Nicht kostendeckende Vermietung Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft wird nur dann bereit sein, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken – also im privaten Interesse – eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen nicht nur in voller Höhe erstattet werden, sondern sie zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält1. Eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen würde er (ausnahmsweise) in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt für jedwede Immobilie und nicht nur für besonders aufwändig ausgestattete Einfamilienhäuser2. Die Besonderheit der Entscheidung des BFH liegt darin, dass der Alleingesellschafter und Geschäftsführer für die Nutzung des von der GmbH in einem Zwangsversteigerungsverfahren kostengünstig erworbenen Einfamilienhauses den ortsüblichen monatlichen Mietzins i.H.v. 900 t (ohne Nebenkosten) entrichtete, die Betriebsprüfung aber eine jährliche Kostenmiete i.H.v. 27.092 t errechnete und somit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i.H.v. 21.692 t kam. Nach Auffassung des BFH würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bestrebt sein, die Gewinne der Kapitalgesellschaft zu maximieren und deshalb grundsätzlich kein Einfamilienhaus zur Weitervermietung anschaffen, wenn die Miete nicht die Kosten und einen angemessenen Gewinnaufschlag abdeckt. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter würde sich auch nicht damit zufriedengeben, dass seine Investition in ferner Zukunft einen Gewinn abwirft. Die vom BFH angenommene Gewinnmaximierungspflicht an Stelle der Bildung von stillen Reserven bei ertragsschwachen Grundstücken ist durchaus anfechtbar.

1.275

3. Auslandsferienimmobilien Bislang war es verbreitete Praxis, dass Interessenten einer Ferienimmobilie in Spanien diese nicht direkt kaufen, sondern eine spanische Kapitalgesellschaft vorschalten. Haben weder Erbe noch Erblasser ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien und gehen auf den Erben ausschließlich Anteile an einer immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft über, fehlt in der Regel der Anknüpfungspunkt für eine auch nur beschränkte spanische Steuerpflicht. Der Vorgang unterliegt dann ausschließlich der 1 BFH v. 17.11.2004 – I R 56/03, BFHE 208, 519 = GmbHR 2005, 637 = GmbH-StB 2005, 127; v. 27.7.2016 – I R 12/15, BStBl. II 2017, 217. 2 BFH v. 27.7.2016 – I R 12/15 – I R 12/15, BStBl. II 2017, 217.

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1.276

Kap. 1 Rz. 1.281 Steuerorientierte Immobilienübertragung

deutschen Erbschaftsteuer1. Werden Feriendomizile über eine ausländische Kapitalgesellschaft gehalten, ergeben sich ertragsteuerliche Fallstricke. Offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen an inländische Gesellschafter stellen nämlich Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Die einschlägigen DBA weisen regelmäßig dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters das Besteuerungsrecht für die Besteuerung von offenen oder verdeckten Gewinnausschüttungen aus Kapitalvermögen zu2. Dass die unentgeltliche Überlassung einer Immobilie von einer beherrschten Kapitalgesellschaft an den beherrschenden Gesellschafter eine lupenreine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, ist ebenso unstreitig, wie andere „vGA-Klassiker“, z.B. die überhöhte Geschäftsführertantieme oder die Dienstwagennutzung durch die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers3.

1.277–1.280

Einstweilen frei.

VII. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Veräußerung von Ausbeutegrundstücken Literatur: BMF-Schreiben v. 8.10.2004: Einkunftserzielung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, BStBl. I 2004.933; Bayer. Landesamt für Steuern, Vfg. v. 20.1.2009 S 2134.1.1-3/5 St 32/St 33, DStR 2009, 324: Absetzung für Substanzverringerung – AfS – bei Veräußerung von Bodenschätzen an eine (eigene) Personengesellschaft, DStR 2009, 324; Kanzler, Kies im Einkünftedualismus – der Große Senat des BFH zur Einlage eines Bodenschatzes, DStR 2007, 1101; Hoffmann, Erschütterte Grundlagen der steuerlichen Bilanzierung durch den Kiesgrubenbeschluss des Großen BFH-Senats, DStR 2007, 1783; Kreft, Veräußerung von Kiesvorkommen als private Vermögensverwaltung eingestuft, GStB 2010, 183; Weber-Grellet, Entgegnung zu Hoffmann, DStR 2007, 1788; Paus, Die steuerliche Behandlung von Bodenschätzen – offene Fragen und Gestaltungsmöglichkeiten, DStZ 2007, 523; Stahl, Die steuerliche Behandlung von Bodenschätzen, FS für Streck (2011), 233.

1.281

Die Nutzung von Immobilien durch Abschluss von Miet- und Pachtverträgen führt zu laufenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG, die in den Rz. 1.407 ff. im Einzelnen dargestellt werden. Aber auch die Veräußerung von Grund und Boden kann zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, wenn nicht die Grundstücksveräußerung, sondern die Nutzung der darin vorhandenen Bodenschätze im Vordergrund steht.

1.282

Beispiel: E veräußert sein Grundstück an den Kiesabbauunternehmer K, der sich in einer weiteren Urkunde zur Auskiesung, Rekultivierung und Rückübertragung mit folgender Steuerklausel verpflichtet4: „Sollte das Bestehen dieser Rückübertragungsverpflichtung aus steuerlichen Gründen zur Versteuerung des im Kaufvertrag

1 2 3 4

Binnewies/Wollweber, DStR 2014, 628. Binnewies/Wollweber, DStR 2014, 628. Haase, DStR 2014, 1481. Vgl. BFH v. 24.11.1992 – IX R 30/88, BStBl. II 1993, 296 = FR 1993, 642 = DStR 1993, 432.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.285 Kap. 1

festgelegten Kaufpreises führen – im Hinblick auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung –, so gilt diese Rückübertragungsverpflichtung als nicht geschlossen. Eine Pflicht zur Rückübertragung des Grundbesitzes besteht alsdann von Anfang an nicht.“

1. Umfang des Bodeneigentums Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 BBergG1 umfasst das Eigentum am Grundstück auch die „grundeigenen“ Bodenschätze, wie z.B. Sand und Kies, während Metalle und Erdöl vom Grundeigentum losgelöst sind und bergfreie Bodenschätze darstellen, auf die sich das Grundeigentum nicht erstreckt2. Auch der Abbau der nicht dem Bergrecht unterliegenden Bodenschätze, also z.B. von Kies und Sand, bedarf in der Regel behördlicher Genehmigungen nach landesrechtlichen Vorschriften. Ein unter der Erdoberfläche liegender und noch nicht erschlossener Bodenschatz stellt kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern einen unselbständigen Bestandteil des Grund und Bodens i.S.v. § 94 Abs. 1 BGB dar3.

1.283

2. Ausbeutevertrag Wenn bei einem Grundstückskaufvertrag die Gewinnung von Bodenschätzen im Vordergrund steht und der Kaufpreis nach der Mächtigkeit des Bodenschatzes bemessen wird, liegt bereits bürgerlich-rechtlich kein Kaufvertrag, sondern ein Pachtvertrag vor, da die Bodenschätze Früchte i.S.d. § 99 Abs. 1 BGB darstellen. Nach dieser Bestimmung sind Früchte einer Sache die Erzeugnisse der Sache und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß gewonnen wird.

1.284

3. Grundstückskaufvertrag Sofern der Eigentümer eines in seinem Privatvermögen stehenden Grundstückes mit einem Dritten einen Pachtvertrag über die Gewinnung von Bodenschätzen abschließt, stellen die erzielten Einnahmen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar (Mineralgewinnungsrecht). Diese Rechtsfolge lässt sich vermeiden, wenn z.B. durch vorherige Bodenbohrungen die Mächtigkeit des Bodenschatzes festgestellt und das Grundstück mit den Bodenschätzen en bloc zu einem festen Kaufpreis veräußert wird. Weitergehende Nebenabreden, z.B. – Rückübertragungsverpflichtungen, – Rekultivierungsverpflichtungen oder – ratenweise Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe des jeweiligen an der Fündigkeit bemessenen Bodenschatzabbaues, führen wieder zu dem Ergebnis, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim Verkäufer vorliegen4. 1 2 3 4

Gesetz v. 13.8.1980, BGBl. I 1980, 1310. Vgl. Handzik, FR 1995, 494. Vgl. BFH v. 6.12.1990 – IV R 3/89, BStBl. II 1991, 346 (347) = FR 1991, 357. Vgl. BFH v. 24.11.1992 – IX R 30/88, BStBl. II 1993, 296 = FR 1993, 642 = DStR 1993, 432.

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1.285

Kap. 1 Rz. 1.286 Steuerorientierte Immobilienübertragung

4. Einkommensteuerpflicht a) Kaufvertrag

1.286

Der Verkauf eines im steuerlichen Privatvermögen befindlichen Grundstückes, in dem sich Bodenschätze befinden, bleibt auch steuerlich ein Kaufvertrag, wenn keine für einen Ausbeutevertrag typischen Nebenvereinbarungen getroffen werden. Außerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt dann ein steuerfreier Veräußerungserlös vor. b) Abgrenzung zu Ausbeuteverträgen

1.287

Ausbeuteverträge sind einkommensteuerlich Pachtverträge, so dass der Abbau von Bodenbestandteilen auch dann der Einkommensteuer unterliegt, wenn der Grund und Boden sich im steuerlichen Privatvermögen befindet. Räumt der Grundstückseigentümer einem Dritten das Recht zum Abbau von Bodenschätzen ein, liegen bei diesem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG vor1.

1.288

Einen Abbauvertrag beurteilt der BFH2 nur ausnahmsweise als Kaufvertrag, wenn Gegenstand des Vertrages die einmalige Lieferung einer fest begrenzten Substanzmenge ist. Wird diese festbegrenzte Menge nicht in einem „Einmalakt“, sondern in einem, wenn auch kurzfristigen Zeitraum entnommen, qualifiziert der BFH diesen Vorgang als steuerpflichtigen Pachtvertrag3. Die Qualifizierung als Abbauvertrag wäre für den Eigentümer eines im steuerlichen Privatvermögen befindlichen Grundstückes weniger gravierend, wenn der Substanzverzehr des Grundstücks zu Absetzungen für Substanzverringerungen (AfS) gem. § 7 Abs. 1 Satz 7 Halbs. 1 EStG berechtigt wäre. Dies ist aber im Hinblick auf § 11 Abs. 2 EStDV unzulässig bei Bodenschätzen, die der Steuerpflichtige auf einem ihm gehörenden Grundstück entdeckt hat. c) Dienstbarkeiten

1.289

Nutzungsentschädigungen für die Einräumung von Dienstbarkeiten, z.B. zum Überspannen des Grundstücks mit Hochspannungsleitungen, zählen zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung4. Es ist zu prüfen, ob die Entschädigung bei nicht endgültigem Rechtsverlust von ihrem wirtschaftlichen Gehalt Gegenleistung für die Nutzung des Wirtschaftsgutes ist (dann Einnahme aus Vermietung und Verpachtung) oder ob sie nur für eine Gebrauchsminderung des Wirtschaftsgutes hingegeben wird und nicht steuerbar ist oder ob sie einen Mischtatbestand darstellt5.

1 Vgl. Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 19. 2 BFH v. 12.12.1969 – VI R 197/67, BStBl. II 1970, 210; v. 21.7.1993 – IX R 9/89, BStBl. II 1994, 231 = FR 1994, 299; v. 6.5.2003 – IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175; v. 11.2.2014 – IX R 25/13, BStBl. II 2014, 566. 3 Vgl. BFH v. 1.4.1966 – VI 26/65, BStBl. III 1966, 364. 4 Vgl. BFH v. 19.4.1994 – IX R 19/90, BStBl. II 1994, 640. 5 Vgl. BFH v. 17.5.1995 – X R 64/92, BStBl. II 1995, 640 = FR 1995, 665; Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 7, 14.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.292 Kap. 1

d) Landwirtschaftliche Grundstücke Nach Auffassung von Rabe1 muss ein eigenbetrieblich genutztes Grundstück, das zu Ausbeutezwecken verkauft werden soll, bevor sich der Bodenschatz zu einem Wirtschaftsgut des Privatvermögens verfestigt hat, vor Abschluss des Kaufvertrages aus dem Betriebsvermögen entnommen werden und durch Entnahme in das Privatvermögen des Grundstückseigentümers überführt werden. Diese Auffassung überzeugt nicht, da zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen nur die Bodenkrume zählt, das darunter liegende Kiesvorkommen also steuerliches Privatvermögen darstellt. Würde man die landwirtschaftliche Krume mit dem Kiesvorkommen als entnommen betrachten, müsste gerade durch die Entnahme das unter der Bodenkrume liegende Kiesvorkommen zum Teilwert entnommen werden.

1.290

e) Gewerbliches Betriebsvermögen Nach ständiger Rechtsprechung des BFH2 ist ein unter der Erdoberfläche liegender und noch nicht erschlossener Bodenschatz grundsätzlich kein Wirtschaftsgut, sondern ein unselbständiger Bestandteil des Grund und Bodens i.S.d. § 94 Abs. 1 BGB. Grund und Boden einschließlich Bodenschatz bilden insoweit auch steuerlich eine Einheit3. Ein Bodenschatz erlangt die Eigenschaft eines selbständigen Wirtschaftsgutes erst, wenn er zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht worden ist. Dies ist der Fall, wenn mit der Erschließung begonnen oder mit einer alsbaldigen Erschließung zu rechnen ist4. Während früher zur Konkretisierung des Wirtschaftsgutes „Bodenschatz“ es ausreichte, dass ein Abbauunternehmer für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz einen Kaufpreis zu zahlen bereit war5, entsteht nach der nunmehrigen BFH-Rechtsprechung ein selbständiges Wirtschaftsgut, z.B. ein Kiesvorkommen als Bodenschatz, nicht bereits mit Abschluss des Kaufvertrages, sondern erst im Zeitpunkt der Erteilung der erforderlichen Abbaugenehmigung6. Ist der Abbau eines Bodenschatzes vom Eigentümer nicht beabsichtigt oder aus Rechtsgründen nicht möglich, weil z.B. das Grundstück in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, wird ein vom Grundstückskäufer mit Rücksicht auf den Bodenschatz gezahlter höherer Kaufpreis steuerlich als Entschädigung für eine entgangene Nutzungsmöglichkeit und nicht als Teilkaufpreis für einen Bodenschatz angesehen.

1.291

f) Einlage des Bodenschatzes in ein Betriebsvermögen Nach dem Urteil des VIII. Senats7 waren Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) nicht zulässig bei Bodenschätzen, die der Steuerpflichtige auf einem ihm gehö1 Vgl. Rabe, Steuerrecht für Vertragsjuristen und Notare, 1996, § 3 Rz. 25. 2 BFH v. 7.12.1989 – IV R 1/88, BStBl. II 1990, 317 (319); v. 26.11.1993 – III R 58/89, BStBl. II 1994, 293. 3 Vgl. BFH v. 6.12.1990 – IV R 3/89, BStBl. II 1991, 346 (347). 4 Vgl. BFH v. 7.12.1989 – IV R 1/88, BStBl. II 1990, 317 (319). 5 BFH v. 28.5.1979 – I R 66/76, BStBl. II 1979, 624; v. 18.3.1980 – VIII R 148/78, BStBl. II 1981, 794. 6 BFH v. 7.12.1989 – IV R 1/88, BStBl. II 1990, 317 (319). 7 BFH v. 19.7.1994 – VIII R 75/91, BStBl. II 1994, 846 = FR 1994, 712.

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1.292

Kap. 1 Rz. 1.293 Steuerorientierte Immobilienübertragung

renden Grundstück entdeckt und in sein Betriebsvermögen eingelegt hat. Ein unentgeltliches Nutzungsrecht könne nicht mit dem Teilwert in ein Betriebsvermögen eingelegt werden. Dieser Entscheidung hatte sich der I. BFH-Senat1 angeschlossen. Im Gegensatz hierzu sollte nach Auffassung des III. BFH-Senats2 ein Steuerpflichtiger einen Bodenschatz, der sich in seinem Privatvermögen zu einem Wirtschaftsgut konkretisiert hat, mit dem Teilwert in sein Betriebsvermögen einlegen und hiervon AfS vornehmen können. Aufgrund dieses abweichenden Votums hatte der III. Senat3 diese Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt.

1.293

Nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH4 ist ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen bei Zuführung zum Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Bei dem Abbau des Kiesvorkommens dürfen Absetzungen für Substanzverringerung nicht vorgenommen werden. Die Entscheidung des Großen Senats erlaubt – gesetzeskonform und folgerichtig – die Ausweichgestaltung, den im Privatvermögen entdeckten Bodenschatz in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG unter Gewährung von Gesellschaftsrechten – also entgeltlich – zum Teilwert einzubringen und anschließend AfS vorzunehmen5. Da der Bodenschatz kein Grundstück oder Mineralgewinnungsrecht i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt, greift auch nicht die Zehnjahressperrfrist, so dass ein der Einbringung vorangegangener Erwerb des Bodenschatzes im Privatvermögen nur innerhalb Jahresfrist zur Erfassung des Veräußerungsgewinns führen würde6. Einbringung in GmbH

⎫ ⎬ ⎭ Buchwert gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG

Kaufvertrag § 16 EStG Bodenkrume Ausbeutevertrag Kies Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG

GmbH & Co. KG gegen Gesellschaftsrechte AfS gem. § 7 Abs. 6 EStG Kaufvertrag steuerfrei weil Privatvermögen auch nicht § 23 EStG

1 2 3 4 5

BFH v. 16.3.1994 – I ER-S-1/94, n.v. BFH v. 16.12.2004 – III R 8/98, DStRE 2005, 311. BFH v. 16.12.2004 – III R 8/98, DStRE 2005, 311. BFH v. 4.12.2006 – GrS 1/05, BStBl. II 2007, 508. Kanzler, DStR 2007, 1101 (1107); Weber-Grellet, DStR 2007, 1788; Hoffmann, DStR 2007, 1783 (1788). 6 Kanzler, DStR 2007, 1101 (1107).

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.296 Kap. 1

g) Aktuelle Rechtsprechung des BFH zu Ausbeutegrundstücken Überträgt der Kommanditist einer KG dieser ein Wirtschaftsgut, dessen Gegenwert allein seinem Kapitalkonto II gutgeschrieben wird, liegt keine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern eine Einlage vor, wenn sich nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag der KG die maßgeblichen Gesellschaftsrechte nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden festen Kapitalanteil richten1.

1.294

Legt der Kommanditist ein in seinem Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen in die KG ein, hat diese das Kiesvorkommen mit dem Teilwert anzusetzen2. Absetzungen für Substanzverringerung und Teilwertabschreibungen sind auch dann nicht zulässig, wenn die KG das Kiesvorkommen nicht selbst abbaut, sondern einem Dritten zur Substanzausbeute verpachtet.

1.295

h) BMF-Schreiben vom 26.7.2016 In einem BMF-Schreiben aus dem Jahr 20113 hatte das BMF zur Behandlung der Einbringung zum Privatvermögen gehörender Wirtschaftsgüter in das betriebliche Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft Stellung genommen. Unter II. 2. a) enthielt dieses BMF-Schreiben den Hinweis, dass bei einer Buchung auf dem Kapitalkonto I oder auf einem variablen Kapitalkonto (z.B. Kapitalkonto II) stets ein in vollem Umfang entgeltlicher Übertragungsvorgang vorliege. Mit seiner Entscheidung vom 29.7.2015 hat der BFH diese Ausführungen zu Recht kritisiert, so dass das BMF mit Schreiben vom 26.7.20164 sein Schreiben vom 11.7.2011 und die Tz. 24.07 des Umwandlungssteuererlasses5 insoweit korrigierte, als danach sowohl eine Buchung, die ausschließlich auf einem variablen Kapitalkonto (insbesondere dem Kapitalkonto II) erfolgt, als auch eine Buchung, die teilweise auf einem variablen Kapitalkonto (insbesondere dem Kapitalkonto II) und teilweise auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt, nicht zu einer Gewährung von Gesellschaftsrechten und damit zu einem entgeltlichen Vorgang führt. Somit beinhaltet die ausschließliche Buchung auf dem Kapitalkonto II nicht einen entgeltlichen Vorgang, sondern ist als Einlage zu behandeln. Der BFH ist an BMF-Schreiben nicht gebunden, so dass nach dem Inhalt des BMFSchreibens vom 11.7.2011 die gewählte Gestaltung möglich gewesen wäre, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag die unrichtige Regelung enthalten hätte, wonach die maßgeblichen Gesellschaftsrechte sich nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden festen Kapitalanteil richten. Der Entscheidung vom 4.2.2016 lag ebenfalls die unrichtige Regelung im Gesellschaftsvertrag zugrunde, dass das feste Kapitalkonto die

1 BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593 = GmbHR 2016, 228 m. Anm. Levedag = DStR 2016, 217 gegen BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713. 2 BFH v. 4.2.2016 – IV R 46/12, BStBl. II 2016, 607 = FR 2016, 896 m. Anm. Wendt = DStR 2016, 662 3 BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713. 4 BStBl. I 2016, 684. 5 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314.

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1.296

Kap. 1 Rz. 1.297 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und an den Gesellschaftsrechten widerspiegelt. Die gesellschaftsrechtliche Praxis besteht regelmäßig darin, bei einer Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sowohl eine Buchung auf Kapitalkonto I und ergänzend auf Kapitalkonto II vorzunehmen. Das BMF beanstandet diese Praxis nicht. Der BFH hat es dahingestellt sein lassen, ob diese Praxis zutreffend ist. Vorsorglich sollte somit die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ausschließlich auf Kapitalkonto I durchgeführt werden. Eine Erhöhung der Hafteinlage im Handelsregister ist damit nicht zwingend verbunden. i) Konten der GmbH & Co. KG

1.297

Aufgrund des BMF-Schreibens vom 26.7.2016 ist eine Änderung in der gesellschaftsrechtlichen Praxis erforderlich, wonach die Beteiligungsquote eines Gesellschafters sich aus der Summe von Kapitalkonto I und Kapitalkonto II ergibt, so dass sich folgende Formulierung im Gesellschaftsvertrag empfiehlt: „(1) Für den persönlich haftenden Gesellschafter wird ein Verrechnungskonto geführt. (2) Für jeden Kommanditisten werden zwei Kapitalkonten, ein Privatkonto und ein Verlustvortragskonto geführt. a) Das Kapitalkonto I ist fest; auf ihm wird die Pflichteinlage des jeweiligen Kommanditisten verbucht. b) Das Kapitalkonto II ist beweglich; auf ihm wird der nichtentnahmefähige Gewinn verbucht. c) Auf dem Privatkonto werden der entnahmefähige Gewinn sowie alle sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verbucht; der entnahmefähige Gewinn jedoch nur, soweit dieser nicht zum Ausgleich des Verlustvortragskontos benötigt wird. d) Auf dem Verlustvortragskonto werden die Verlustanteile eines Gesellschafters gebucht, bis dieses ausgeglichen ist (Unterkonto von Kapitalkonto II). (3) Die Gesellschaft kann ein gemeinsames Rücklagenkonto einrichten. (4) Die Summe von Kapitalkonto I und Kapitalkonto II stellt die Beteiligungsquote dar.“

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.298 Kap. 1

j) Formulierungsvorschlag: Bodenschatzveräußerung als Grundstückskaufvertrag

M4 Grundstückskaufvertrag (Bodenschatzveräußerung)

1.298

Beurkundet am […] I. Grundbuchstand Laut Vortrag im Grundbuch des AG […] von […] Blatt […] sind die Ehegatten […] Eigentümer in Gütergemeinschaft des dort unbelastet vorgetragenen Grundstückes der Gemarkung […] Flurstück Nr. […] II. Verkauf Die Landwirtschaftseheleute […] – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkaufen hiermit an […] – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – – zum Alleineigentum – den in Abschnitt I dieser Urkunde näher bezeichneten Grundbesitz mit allen Rechten und Bestandteilen. III. Kaufpreis (1) Der Kaufpreis beträgt fest […] Euro. Von dem Gesamtkaufpreis entfällt ein Teilbetrag von […] Euro auf das auf dem Vertragsgrundstück befindliche Kiesvorkommen. (2) Der Gesamtkaufpreis ist zur Zahlung fällig innerhalb von zehn Tagen nach Erteilung der Bestätigung des Notars (maßgebend ist das Datum dieses Schreibens), dass a) die Auflassungsvormerkung für den Käufer rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde, b) die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen gesichert ist, also diesbezüglich dem Notar eine Pfandfreigabeerklärung entweder zum bedingungslosen Gebrauch vorliegt, oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, c) seitens der Stadt […] die Bestätigung vorliegt, wonach für diesen Verkaufsfall ein gesetzliches Vorkaufsrecht entweder nicht besteht oder jedenfalls nicht ausgeübt wird, d) seitens der Stadt […] die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erteilt wurde, wobei es ausdrücklich nicht auf die Rechtskraft dieses Genehmigungsbescheides und etwa im Genehmigungsverfahren ergehende Auflagen ankommt. Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.298 Steuerorientierte Immobilienübertragung (3) Der Notar wird beauftragt, den Beteiligten die Erfüllung vorstehender Fälligkeitsvoraussetzungen schriftlich anzuzeigen. (4) Sofern im Zuge der Lastenfreistellung nicht anderweitige Zahlungsauflagen der Gläubiger ergehen, ist der Kaufpreis zu bezahlen auf das Konto des Verkäufers Nr. […] bei […] IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Käufer unterwirft sich wegen aller in Abschnitt III dieser Urkunde in Haupt- und Nebensache eingegangenen Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Mehrere Käufer haften als Gesamtschuldner. Zur Erteilung der Vollstreckungsklausel bedarf es nicht des Nachweises der die Fälligkeit begründenden Tatsachen. V. Besitzübergang Besitz, Nutzungen und Lasten gehen ab dem Tag der Kaufpreiszahlung auf den Käufer über. Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsvereinbarungen mit Dritten bestehen nach Versicherung des Verkäufers am Vertragsbesitz nicht. VI. Gewährleistung Der Verkäufer haftet für ungehinderten Besitz- und Eigentumsübergang und für Freiheit des Grundbesitzes von Belastungen jeder Art. Der Vertragsbesitz wurde vom Käufer vor Kaufabschluss besichtigt und wird im derzeitigen Zustand veräußert. Der Verkäufer haftet somit ausdrücklich nicht für Flächenmaß, Beschaffenheit und für Freiheit von Sachmängeln aller Art, mögen sie offen oder verborgen sein. Der Verkäufer versichert, dass ihm wesentliche, dem Käufer nicht erkennbare Mängel des Vertragsbesitzes nicht bekannt sind. VII. Auflassung und Vormerkung (1) Die Erklärung der Auflassung ist in der einen wesentlichen Bestandteil dieser Urkunde bildenden Anlage enthalten, auf die ausdrücklich verwiesen wird. (2) Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums am Vertragsgegenstand bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB für den Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis an erster Rangstelle im Grundbuch und schon heute wiederum die Löschung dieser Vormerkung Zug um Zug gegen Eigentumsumschreibung im Grundbuch, vorausgesetzt, dass weder Zwischeneintragungen ohne Zustimmung des Käufers erfolgt sind noch deren Eintragung beantragt ist. Die Vormerkung kann an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden, wenn der Notar dies ausdrücklich beantragt.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.298 Kap. 1

VIII. Notaranweisung Die Vertragsteile weisen den Notar an, diese Urkunde dem Grundbuchamt erst dann zur Eigentumsumschreibung einzureichen, wenn der Verkäufer bestätigt oder der Käufer nachgewiesen hat, dass der gesamte Kaufpreis, nicht gerechnet etwaige Verzugszinsen, bezahlt ist. Der Käufer verzichtet insoweit auf sein eigenes Antragsrecht. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dieses Vertrages nur ohne die erklärte Auflassung erteilt werden. Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Notar den Eingang des Kaufpreises schriftlich zu bestätigen. IX. Grundstücksverkehrsgesetz Der Verkäufer versichert, dass er innerhalb der letzten drei Jahre – den gegenwärtigen Vertragsbesitz eingerechnet – zusammen nicht mehr als 2 ha land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundbesitz genehmigungsfrei nach dem Grundstücksverkehrsgesetz veräußert hat und dass der Grundbesitz nicht mit Gebäuden einer Hofstelle bebaut ist. Eine entsprechende behördliche Genehmigung ist deshalb zu diesem Vertrag nicht erforderlich. Jedoch beantragen die Beteiligten die Erteilung eines Negativzeugnisses durch die Genehmigungsbehörde. X. Zugang und Zufahrt Zugang und Zufahrt zum Vertragsbesitz sind nach Versicherung des Verkäufers über eine unmittelbar angrenzende öffentliche Straße gewährleistet. XI. Notarermächtigung Der Notar wird zur Erwirkung und Entgegennahme der erforderlichen Genehmigungen, zur Einholung der Stellungnahme hinsichtlich bestehender öffentlich-rechtlicher Vorkaufsrechte sowie zur Abgabe von Erklärungen, Stellung, Änderung und Zurücknahme von Anträgen, die zum Vollzug des Vertrages erforderlich oder zweckdienlich sind, ermächtigt. Im Falle der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes steht dem Käufer kein Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz gegen den Verkäufer zu. Alle noch ausstehenden Genehmigungen sollen mit dem Eingang beim Notar den Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. XII. Hinweise Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere hingewiesen auf – den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges und die Eintragungsvoraussetzungen; – die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten für Kosten und Steuern, sowie auf die Haftung des Grundbesitzes für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben und für Erschließungsbeiträge;

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Kap. 1 Rz. 1.299 Steuerorientierte Immobilienübertragung – die Einkommensteuerpflicht bei privaten und betrieblichen Veräußerungsgeschäften und – die anfallende Grunderwerbsteuer. Die Beteiligten versichern, dass alle Vertragsabreden vollständig und richtig beurkundet wurden. XIII. Schlussbestimmungen (1) Die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzuges, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer, trägt der Käufer. Etwaige Lastenfreistellungskosten treffen den Verkäufer. (2) Es erhalten: Ausfertigungen: die Vertragsteile beglaubigte Abschriften: das Grundbuchamt einfache Abschriften: das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle der Gutachterausschuss Samt Anlage vorgelesen vom Notar, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben wie folgt: Anlage zum Kaufvertrag vom […] des Notars […] Die Beteiligten des vorgenannten Kaufvertrages sind darüber einig, dass das Eigentum am Vertragsobjekt gem. Abschnitt II des Kaufvertrages auf den Käufer entsprechend dem im Bezugsabschnitt genannten Anteilsverhältnis übergeht und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.

k) Anmerkungen zum Formulierungsvorschlag Bodenschatzveräußerung

1.299

Dienstbarkeit statt Kaufvertrag: Sofern auf dem Grundstück ein Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten lastet, stellt die Bestellung einer 99-jährigen Dienstbarkeit zur Nutzung als Steinbruch kein Umgehungsgeschäft dar1. Wenn ein Abbaurecht im We-

1 BGH v. 26.9.2003 – V ZR 70/03, MDR 2004, 24 = NJW 2003, 3769 = DNotZ 2004, 448 = MittBayNot 2004, 187.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.302 Kap. 1

ge einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gewährt wird1, liegen wiederum Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor. Steuerschädliche Nebenabreden: Aus einkommensteuerlicher Sicht liegt kein Kaufvertrag, sondern ein zur Einkommensteuerpflicht führender Ausbeutevertrag vor, wenn Nebenabreden folgender Art vereinbart werden: Rückübertragungsverpflichtungen, Rekultivierungsverpflichtungen oder ratenweise Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe des jeweiligen an der Fündigkeit bemessenen Bodenschatzabbaus. Eine Steuerklausel, wonach die – steuerschädliche – Rückübertragungsverpflichtung entfalle, sofern sie zur Versteuerung des Kaufpreises führe, hat der BFH2 als unbeachtlich zurückgewiesen, da das Finanzamt erst durch eine durchgeführte Außenprüfung Kenntnis erlangt habe und damit die Steuerklausel nicht rechtzeitig offenbart wurde.

1.300

Abgrenzung der Bodenkrumme von dem Kiesvorkommen: Bei landwirtschaftlichen Grundstücken gehört nur die Bodenkrumme zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen, während der darunter liegende Bodenschatz steuerliches Privatvermögen darstellt. Landwirten wird vom Bauernverband regelmäßig empfohlen, in der Notarurkunde den Gesamtkaufpreis auf die Bodenkrumme und den Bodenschatz aufzuteilen, um dem Finanzamt gegenüber eine feste Argumentationsbasis für die steuerfreie Veräußerung des Bodenschatzes zu haben.

1.301

Das Grunderwerbsteuergesetz knüpft an den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff an. Gemäß §§ 93 bis 96 BGB gehören auch Bodensubstanzen zu den Bestandteilen des Grundstücks. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GrEStG klammert allerdings Mineralgewinnungsrechte aus dem grunderwerbsteuerlichen Grundstücksbegriff aus. Hierzu vertritt die OFD Koblenz3 die Auffassung, dass unter Mineralgewinnungsrechten nur die bergfreien Bodenschätze (z.B. Metalle, Kohle und Erdöl) zu verstehen sind. Demgegenüber sollen grundeigene Bodenschätze, wie Kies, Lehm, Sand, Ton, Torf (vgl. § 3 Abs. 4 BBergG) im Eigentum des Grundstückseigentümers sein und damit in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen werden. Damit bleibt die Übertragung dieser Bodenschätze gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei. Wird die Grunderwerbsteuer gem. § 8 Abs. 2 GrEStG bemessen, ist Bemessungsgrundlage der Bedarfswert i.S.d. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG. Durch die Verweisung des § 138 Abs. 3 BewG auf § 68 Abs. 2 Nr. 1 BewG werden die grundeigenen Bodenschätze ausgeklammert. Ein gesonderter Ansatz dieser grundeigenen Bodenschätze mit dem gemeinen Wert neben dem Bedarfswert kommt nicht in Betracht.

1.302

1.303–1.310

Einstweilen frei.

1 Groh, BB 1982, 139. 2 BFH v. 24.11.1992 – IX R 30/88, BStBl. II 1993, 296 = FR 1993, 642 = DStR 1993, 432. 3 OFD Koblenz v. 9.1.2006 – S 4520 A, DStR 2006, 327.

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Kap. 1 Rz. 1.311 Steuerorientierte Immobilienübertragung

VIII. Gestaltungsüberlegungen bei privaten Veräußerungsgeschäften Literatur: Becker, Erhöhtes Risikopotential bei der Gestaltung von Grundstückskaufverträgen, MwStR 2016, 525; Bergschneider/Engels, Leibrente statt Unterhalt, FamRZ 2014, 436; Böttcher, Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Juni 2016, NJW 2016, 2782; Brambring, Vereinbarungen zum Familienheim bei Scheidung, FPR 2013, 289; Carlé, Hinweise und Empfehlungen zu privaten Veräußerungsgeschäften, KÖSDI 2003, 13983; Demleitner, Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung im Zusammenhang mit Grundstücksverkäufen, SteuK 2014, 401; Deutschländer, Private Vermögensübertragungen gegen dauernde Lasten, NWB 2013, 3636; ders., Sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, NWB 2014, 1019; Gunsenheimer, Besteuerung der Renten, NWB 2011, 1634; Hermanns, Strategien zur Vermeidung eines privaten Veräußerungsgeschäfts bei der Vermögensauseinandersetzung, DStR 2002, 1065; Höhmann, Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG), NWB Fach 3, S. 12925 (Juni 2004); Hutmacher, Einkünfte aus sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, ZNotP 2013, 253; Ihle, Das Familienheim in der notariellen Praxis, RNotZ 2011, 471; Korves/Walter, Der merkantile Minderwert beim Immobilienkauf, NJW 2016, 1985; Krauß, Immobilienkaufvertrag, notar 2016, 300; Mensching, Ausweichgestaltungen zur Umgehung der verschärften Besteuerung von Immobilien nach dem Steuervergünstigungsabbaugesetz, DB 2003, 235; Paus, Übertragung privater Grundstücke gegen wiederkehrende Bezüge, NWB 2014, 992; Perleberg-Kölbel, Steuervermeidungsstrategien bei Übertragung von selbstgenutzten Immobilien anlässlich von Trennung und Scheidung, FuR 2012, 530; ders., Steuerfalle Scheidungsimmobilien, FuR 2016, 94; Riedel, „Verkauf“ innerhalb der Familie, GmbH-StB 2012, 382; Spiegelberger, Ausweichgestaltungen bei Immobilienübertragungen aufgrund des IV. Rentenerlasses, DStR 2010, 1880; Tiedtke/Wälzholz, Private Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG bei ausstehenden Genehmigungen, Stbg 2002, 209.

1. Allgemeines

1.311

Die allgemeinen Grundsätze der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG werden in Kap. 11 gesondert dargestellt. An dieser Stelle sollen vor allem die Möglichkeiten einer steuersparenden Vertragsgestaltung ausgelotet werden.

1.312

Beispiel: E hat im Jahr 01 günstig ein Grundstück für 10.000 t erworben und veräußert dieses im Jahr 2017 gegen eine Barzahlung i.H.v. 10.000 t und Entrichtung einer jährlich lebenslang zu entrichtenden Rente i.H.v. 590 t, erstmals zahlbar ein Jahr nach Beurkundung des Kaufvertrages.

1.313

Lösung: Wegen des jährlichen Freibetrages i.H.v. 600 t gem. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG bleibt die Veräußerung steuerfrei.

1.314

Ursprünglich wurden gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG Grundstücksveräußerungen, bei denen Anschaffung und die Weiterveräußerung innerhalb von zwei Jahren erfolgten, als „Spekulationsgeschäfte“ besteuert. Aufgrund des StMBG 1994 wurden ab 1994 auch unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen an Personengesellschaften tatbestandsmäßig erfasst. In der seit 1.1.1999 geltenden erheblich verschärften Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 wurde nicht nur die Zweijahresfrist für Grundstücke auf zehn Jahre verlängert, sondern auch der sog. „Identitätsgrundsatz“ aufgegeben. Damit wird auch der Wert der während der Zehnjahresfrist hergestellten Gebäude als Gewinn aus „privaten Veräußerungsgeschäften“ erfasst. Der unentgeltliche Erwerb 94

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.317 Kap. 1

von Grundstücken wurde der konzeptionell vergleichbaren Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG1 angeglichen.

1.315

Weitere Verschärfungen bestehen darin, dass – bei der Einlage in ein Betriebsvermögen und der späteren Veräußerung innerhalb der Zehnjahresfrist seit der Anschaffung der im Privatvermögen eingetretene Wertzuwachs (nicht nur der im Betriebsvermögen erzielte) der Besteuerung (§ 23 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 2 EStG) unterliegt; – die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft mit oder ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten erfasst wird2; – auch die Entnahme aus dem Betriebsvermögen einen Anschaffungsvorgang darstellt, der bei einer Veräußerung innerhalb von zehn Jahren wiederum zur Belastung mit Einkommensteuer führt und – gem. § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG bei der Ermittlung des Gewinnes die Anschaffungskosten um AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen zu kürzen sind. Diese für Erwerbe ab 1.8.1995 geltende Regelung wird angesichts der Zehnjahresfrist in zahlreichen Fällen zu einem Veräußerungsgewinn führen, insbesondere wenn in der Vergangenheit Sonderabschreibung geltend gemacht wurden, wobei durch die Einbeziehung teilentgeltlicher Rechtsgeschäfte, also insbesondere durch den Erwerb aus Erbauseinandersetzung oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, auch Rechtsgeschäfte einbezogen werden, bei denen der Gedanke eines „privaten Veräußerungsgeschäftes“ fern liegt. Zu der früheren zweijährigen sog. „Spekulationsfrist“ gem. § 23 EStG existiert höchstrichterliche Haftungsrechtsprechung: Nach dem BGH3 hat ein Notar, der vor oder während der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages davon Kenntnis erhält, dass der Verkäufer das Grundstück vor weniger als zwei Jahren erworben hat und die Anschaffungskosten unter dem Verkaufspreis liegen, den Verkäufer grundsätzlich auf die Gefahr der Versteuerung des Spekulationsgewinnes gem. § 23 EStG hinzuweisen. Der Notar hat aber nicht die Pflicht Tatsachen zu ermitteln, die für das evtl. Eingreifen einer Spekulationsbesteuerung gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG (in der damaligen Fassung) von Bedeutung sein können.

1.316

2. Progressionsmilderung durch zeitliche Streckung des Veräußerungserlöses Soll ein Verkauf innerhalb der Veräußerungsfrist stattfinden, sind die Veräußerer jedoch nicht auf den sofortigen Erhalt der gesamten Gegenleistung angewiesen, können die steuerlichen Wirkungen durch Ratenzahlungen gemildert werden. Ausgangs-

1 Herzig/Lutterbach, DStR 1999, 521 (523). 2 Zur Einbringung in ausländische Personen- oder Kapitalgesellschaften vgl. Höhmann, NWB Fach 3, S. 12925 (Juni 2004). 3 BGH v. 10.11.1988 – IX ZR 31/88, WM 1988, 1853.

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95

1.317

Kap. 1 Rz. 1.318 Steuerorientierte Immobilienübertragung

punkt dieser Erwägungen ist das Zuflussprinzip des § 11 EStG. Danach entsteht der Gewinn steuerrechtlich erst mit Zufluss des Geldes beim Veräußerer1.

1.318

Nach § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG ist ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerfrei, wenn der saldierte Gesamtgewinn aus sämtlichen Spekulationsgeschäften eines Jahres weniger als 600 v beträgt. Liegt der Gesamtgewinn höher, entfällt die Begünstigung (sog. Freigrenze). Nach allgemeiner Ansicht2 lässt sich die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG bei Zufluss des Entgelts aus einem Veräußerungsgeschäft in mehreren Veranlagungszeiträumen auch mehrfach ausnutzen. Dem stimmte auch die Finanzverwaltung in den früheren Einkommensteuerrichtlinien3 zu. Allerdings sind die aus der Stundung resultierenden (fiktiven) Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerbar. Auf die zivilrechtliche Sicherung der ausstehenden Raten ist genau zu achten.

1.319

Beispiel: Der 62-jährige A will das für 500.000 t angeschaffte Grundstück mit einem Gewinn vom 50.000 t verkaufen. Derzeit hat er als Alleinstehender ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 65.000 t. In drei Jahren geht er in den Ruhestand und erzielt dann lediglich ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 15.000 t. Wie ist A zu helfen, wenn er jetzt nicht dringend auf das Geld aus der Grundstücksveräußerung angewiesen ist?

1.320

Der gesamte Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft unterläge bei einer Auszahlung in einem Betrag (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) einer Steuerbelastung bis nahezu 50 %. A bliebe nur ein Gewinn von rund 25.000 t nach Steuern. Dieser Progressionsnachteil lässt sich durch eine zeitliche Streckung der Gewinnrealisierung vermeiden4. Ein Gewinn entsteht erstmals in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Summe der Zahlungen die maßgeblichen Anschaffungskosten überschreitet5. Ab diesem Zeitpunkt ist in jedem Jahr ein Teilgewinn in Höhe des in dem Jahr erfolgten Zuflusses zu versteuern (s. Rz. 12.108).

1.321

Daraus folgt: Im Jahr der Veräußerung sollte nach Vorliegen der allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen ein Betrag von 500.599 t fällig werden. Für die darauffolgenden drei Jahre bis zum Eintritt in den Ruhestand könnten die Vertragspartner Raten i.H.v. 599 t vereinbaren. Bis zur Beendigung der beruflichen Tätigkeit wäre kein Cent zu versteuern, § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG. Danach kann der fehlende Betrag in mehreren Jahresraten fällig gestellt werden, die dann statt mit 50 % Einkommensteuer nur mit rund 25 % belastet wären. Der Steuervorteil lässt sich durch Absenkung der Raten

1 BFH v. 17.7.1991 – X R 6/91, BStBl. II 1991, 916 ff. = FR 1991, 660. m.w.N. 2 Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 93; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 316 m.w.N.; Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. E 2. 3 Vgl. R 169 Abs. 4 der bis zum Jahre 2000 geltenden EStR 1995. Die aktuellen Einkommensteuerrichtlinien behandeln diese Frage nicht. Auch im Erlass v. 5.10.2000 (DE CD), MittBayNot 2000, 581 ff. nimmt das BMF zu dieser Frage keine Stellung. 4 Vgl. BFH v. 3.6.1992 – X R 91/90, BStBl. II 1992, 1017 ff. = FR 1992, 656; BMF v. 23.12.1996 – IV B 3 - S 2257 - 54/96, BStBl. I 1996, 1508 Rz. 48 f. 5 BFH v. 13.4.1962 – VI 194/61 U, BStBl. III 1962, 306; BMF v. 25.10.2004, BStBl. I 2004, 1034, Tz. 50.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.325 Kap. 1

noch vergrößern. Die durch die zeitliche Streckung entstehenden Zins-/Ertragsanteile sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. 3. Angebot und Annahme Beispiel: A hat 2008 ein Grundstück gekauft, das er im Jahre 2017 mit Gewinn weiterverkaufen will. Er überlegt, ob und inwieweit er dem Käufer K ein bindendes Angebot unterbreiten soll, das dieser nach Ablauf der zehnjährigen Frist gem. § 23 EStG annehmen kann.

1.322

Die Steuerpflicht nach § 23 EStG entsteht nur, wenn innerhalb der Veräußerungsfrist ein bindendes schuldrechtliches Veräußerungsgeschäft zustande kommt. Ein bloßes Angebot des Käufers oder des Verkäufers löst die Steuerpflicht noch nicht aus1. Ein Angebot, das frühestens nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist angenommen werden kann, führt mithin zur Einkommensteuerfreiheit. Allerdings ist Voraussetzung, dass der Angebotsempfänger keinerlei Bindungen unterliegt. Die Bindung ist nur einseitig. Diese Lösung wird den Interessen der Beteiligten häufig nicht gerecht. Der Versuch, den Angebotsempfänger dennoch zu binden, führt regelmäßig zur Steuerpflicht.

1.323

Beispiel: Der Verkäufer gibt ein bindendes Angebot ab. Die (zukünftigen) Vertragsparteien kombinieren diese Abrede mit einem Kredit des Käufers an den Verkäufer in Höhe des Kaufpreises. Der Darlehensanspruch wird nach den Bestimmungen des Kreditvertrages mit dem später fälligen Kaufpreis verrechnet. Der Käufer darf den Grundbesitz bereits mit Grundpfandrechten belasten. Ferner wird ein begleitender Mietvertrag abgeschlossen oder ein Nießbrauch oder Erbbaurecht eingeräumt, so dass der Käufer zur Nutzung und/oder Bebauung des Grundbesitzes befugt ist. Für den Fall der Nichtannahme des Angebotes wird eine Vertragsstrafe i.H.v. einem Viertel des Kaufpreises vereinbart.

1.324

Eine Anschaffung oder Veräußerung liegt bereits vor, wenn die Beteiligten „Verhältnisse schaffen, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen, vor allem, wenn (wie hier) besondere Umstände hinzutreten, die dem Käufer wirtschaftliches Eigentum verschaffen“2. Im geschilderten Beispiel lässt sich die Besteuerung nach § 23 EStG daher nicht vermeiden. In ähnlich gelagerten Fällen ist der BFH3 stets von einem die Veräußerung vorwegnehmenden Rechtsgeschäft ausgegangen, das zur Steuerpflicht führte (s. näher Rz. 12.13).

1.325

1 Vgl. BFH v. 7.8.1970 – VI R 166/67, BStBl. II 1970, 806; N. Mayer, MittBayNot 1997, 78 (83); Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 66; Reich, ZNotP 2000, 375 (382). 2 Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 37 mit folgenden Beispielen: Eigenbesitz vor Kaufvertrag oder Vorwegnahme des dinglichen Rechtsgeschäfts ohne das schuldrechtliche; vgl. auch BFH v. 15.1.1974 – VIII R 63/68, BStBl. II 74, 606 und Reich, ZNotP 2000, 375 (382). 3 Vgl. hierzu die Beispiele aus der Rechtsprechung BFH v. 15.1.1974 – VIII R 63/68, BStBl. II 1974, 606; v. 7.8.1970 – VI R 166/67, BStBl. II 1970, 806; v. 23.1.1992 – IV R 95/90, BStBl. II 1992, 553 (Angebot mit Vormerkung, zinslosem Darlehen, Duldungsvereinbarung und Vertragsstrafe); v. 23.9.1966 – VI 147/65, BStBl. III 1967, 73; abweichend FG Hamburg v. 10.1.1985 – I 182/81, EFG 1985, 501.

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Kap. 1 Rz. 1.326 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.326

Als nicht steuerbar hat der BFH1 aber folgenden Sachverhalt eingestuft: Ein Steuerpflichtiger verpachtete ein Grundstück und räumte gleichzeitig dem Pächter ein persönliches, durch Auflassungsvormerkung gesichertes Vorkaufsrecht mit festgelegtem Kaufpreis ein. Der Pächter durfte das Grundstück bereits bebauen und mit Grundpfandrechten belasten und gab dem Eigentümer kurze Zeit später ein bindendes Angebot auf Erwerb des Grundstückes ab. Wechselseitige Angebote, wonach der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein Verkaufsangebot unterbreitet und der Kaufinteressent seinerseits zu getrennter Urkunde, meist von einem anderen Notar beurkundet, den Erwerb des Grundstückes anbietet, sind wegen der faktischen wechselseitigen Bindung wie ein abgeschlossener Kaufvertrag zu beurteilen. Bei fehlender Personenidentität, wenn also z.B. das Erwerbsangebot von dem Ehegatten des Kaufinteressenten abgegeben wird, kann in der Regel kein Kaufvertrag unterstellt werden. 4. Erbbaurechte, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte

1.327

Die erstmalige Einräumung eines Erbbaurechts innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung eines Grundstücks fällt grds. nicht unter § 23 EStG2, da das ursprünglich angeschaffte Wirtschaftsgut (Grundstück) und das Erbbaurecht nicht identisch sind3 (allg. zum Erfordernis der Nämlichkeit s. Rz. 12.17 ff.; zu Einzelheiten s.a. Rz. 5.62 ff.). Soweit die frühere Rechtsprechung in der Bestellung des Erbbaurechts durch den Eigentümer eine Anschaffung i.S.d. § 23 EStG zugunsten des Erbbauberechtigten gesehen hat4, ist diese durch die Entscheidung des BFH vom 23.9.20035 überholt, in der der IX. Senat klargestellt hat, dass Erbbauzinsen keine Anschaffungskosten des Erbbaurechts, sondern Entgelt für die Nutzung des Grundstücks sind und daher zu Einkünften nach § 21 EStG führen. Die Annahme eines Anschaffungsvorgangs setzt daher voraus, dass der Steuerpflichtige das Erbbaurecht von demjenigen, zu dessen Gunsten der Eigentümer das Recht bestellt hat, kauft oder in anderer Weise entgeltlich erwirbt6.

1.328

Hinweis: Es muss in diesem Zusammenhang allerdings darauf geachtet werden, dass nicht schon im Zuge der Bestellung eines Erbbaurechtes durch den Eigentümer das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück übergeht, da in diesem Fall eine Veräußerung des Grundstücks selbst vorläge (zu Grenzfällen s. Rz. 5.68).

1 BFH v. 19.10.1971 – VIII R 84/71, BStBl. II 1972, 452 ff. 2 So wohl auch BMF v. 5.10.2000 (DE CD), MittBayNot 2000, 581 Tz. 14; ebenso im Ergebnis Schmidt-Liebig, FR 1998, 177 (181); Sauren, DStR 2000, 60 (61); FG Bremen v. 13.12.1974 – I 98/73, EFG 1975, 158 (159); vgl. auch BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342 f. 3 FG Baden-Württemberg v. 30.9.1992 – 14 K 81/91, EFG 1993, 233. 4 BFH v. 30.11.1976 – VIII R 202/72, BStBl. II 1977, 384. 5 BFH v. 23.9.2003 – IX R 65/02, BStBl. II 2005, 159 = FR 2004, 167 m. Anm. Fischer = ErbStB 2004, 33; zustimmend Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89 „Erbbaurecht“. 6 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89 „Erbbaurecht“.

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Spiegelberger

B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.333 Kap. 1

Die Veräußerung eines bebauten Erbbaurechtsgrundstücks kann den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 23 EStG verwirklichen (s. hierzu Rz. 5.111)1. Die Steuerpflicht lässt sich wohl vermeiden, indem ein Untererbbaurecht bestellt wird. Damit wird zwar das Eigentum an dem Gebäude übertragen. Dies allein ist jedoch nicht steuerbar. Und wiederum wird etwas hingegeben, was nicht vorher angeschafft wurde. Es fehlt daher an der erforderlichen Identität von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Diese Gestaltung ist jedoch weder von der Finanzverwaltung noch von der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, ausdrücklich entschieden. Eine Gestaltung ohne steuerliche Risiken wäre die Einräumung eines Dauerwohnoder Dauernutzungsrechtes gem. § 31 WEG, da eine derartige Gestaltung nicht mit einem Eigentumswechsel verbunden ist, sondern nur ein vom Erbbaurecht abgeleitetes Nutzungsrecht beinhaltet (s. Rz. 6.20 ff.).

1.329

Im Hinblick auf § 17 BeurkG sollten die Beteiligten allerdings auf die Unterschiede zwischen einem Erbbaurecht und einem Untererbbaurecht sowie die damit verbundenen Risiken hingewiesen werden.

1.330

Grundstück und Gebäude können gesondert Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sein. Wird ein Gebäude in Ausübung eines Erbbaurechts errichtet und der Grund und Boden nach Fertigstellung des Gebäudes erworben, ist bei einer späteren Veräußerung des bebauten Grundstücks das Gebäude nicht in das private Veräußerungsgeschäft einzubeziehen2. Dem Erfordernis der Nämlichkeit zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ist für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts aber zumindest teilweise genügt, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und nach Löschung des Erbbaurechts kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird3 (s. Rz. 12.19).

1.331

Die Weiterveräußerung eines Erbbaurechtes, das ein Beteiligter binnen zehn Jahren vor der Weiterveräußerung selbst angeschafft hatte, fällt ebenfalls unter § 23 EStG4. Denn ein Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (s. Rz. 12.4). Die Anschaffung und Weiterveräußerung von Erbbaurechten kann zudem den Tatbestand eines gewerblichen Grundstückshandels begründen (s. Rz. 5.113 und Rz. 11.11).

1.332

Sowohl einmalige als auch laufende Erbbauzinsen unterliegen beim Grundstückseigentümer der Besteuerung nach § 21 EStG (s. Rz. 5.65 ff.).

1.333

1.334–1.350

Einstweilen frei.

1 So auch BMF v. 5.10.2000 (DE CD) – IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl. I 2000, 1383 Tz. 14. 2 BMF v. 5.10.2000 (DE CD) – IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl. I 2000, 1383 Tz. 14. 3 BFH v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = DStR 2013, 1937 = DB 2013, 2306; zustimmend Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 111. 4 BFH v. 30.11.1976 – VIII R 202/72, BStBl. II 1977, 384. Vgl. allgemein zu Erbbaurechten und § 23 EStG sowie Paus, NWB Fach 3, 12083 ff.

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Kap. 1 Rz. 1.351 Steuerorientierte Immobilienübertragung

5. Abschluss von Vorverträgen

1.351

Äußerste Vorsicht ist beim Abschluss von Vorverträgen geboten1. Wird in dem Vorvertrag das Bestreben deutlich, möglichst verbindlich bereits den Weg für die spätere Veräußerung zu ebnen, so werden Finanzverwaltung und Rechtsprechung den Vorvertrag bereits als Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ansehen. Das Gleiche gilt für einen aufschiebend befristeten oder bedingten Kaufvertrag. Sofern ein Kaufvertrag mit Bindungswirkung abgeschlossen und die zur Wirksamkeit erforderliche Genehmigung erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist erteilt wird, führt die Bindungswirkung zur Steuerpflicht2. Hingegen ist für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung anerkannt, dass ein Vorvertrag, aus dem lediglich auf den Abschluss des Kaufvertrages, nicht jedoch auf Erklärung der Auflassung geklagt werden kann, keine Grunderwerbsteuer auslöst3. 6. Nachträgliche Vertragsaufhebung

1.352

Fraglich ist, welche Auswirkungen eine nachträgliche Aufhebung eines Vertrages im Rahmen des § 23 EStG hat. Wird der Vertrag im Wege des Vergleiches aufgehoben, um die Folgen eines mangelbedingten Rücktritts gem. § 323 BGB zu regeln, oder wird der Rücktritt oder die Minderung erklärt, lässt dies die Folgen des § 23 EStG entfallen oder modifiziert sie. Es handelt sich um ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO4, das steuerlich auf den ursprünglich verwirklichten Tatbestand einwirkt. Dem ist zu Unrecht die OFD Frankfurt/M.5 entgegengetreten. Sie wendet nicht § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO an, sondern behandelt auch die mängelbedingte Rückabwicklung eines Kaufvertrages als neuerliches Veräußerungsgeschäft. Der Gewinn des Käufers besteht in diesen Fällen in der bisher geltend gemachten AfA, die dann im Rahmen des § 23 EStG zu versteuern ist. Auf die entgegenstehende Rechtsprechung des BFH geht die OFD allerdings nicht ein.

1.353

Wie ist aber eine Vertragsaufhebung zu beurteilen, die nur zur Vermeidung der steuerlichen Folgen des § 23 EStG vorgenommen wird? Diese Frage ist für § 23 EStG höchstrichterlich noch nicht geklärt. Der BFH6 hat die Vertragsaufhebung im Rahmen des § 16 EStG, anders als eine Wandlung (Rücktritt), als unbeachtlich angese1 Vgl. dazu BFH v. 13.12.1983 – VIII R 16/83, BStBl. II 1984, 311 = FR 1984, 343 für einen Fall mit Bewilligung einer Auflassungsvormerkung und Sicherungshypothek zur Sicherung des Kaufpreises. 2 BFH v. 10.2.2015 – IX R 23/13, ErbStB 2015, 127 = BStBl. 2015 II 487. 3 Vgl. Boruttau/Fischer18, § 1 GrEStG Rz. 305. 4 Vgl. Schmidt/Wacker36, § 16 EStG Rz. 387. Grundsätzlich wendet der BFH die Grundsätze zu Einmaltatbeständen im Rahmen des § 175 AO auch für § 23 EStG an, vgl. BFH v. 3.6.1992 – X R 91/90, BStBl. II 1992, 1017 ff. = FR 1992, 656; ebenso Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 57; a.A. BFH v. 2.4.1974 – VIII R 76/69, BStBl. II 1974, 540. 5 OFD Frankfurt/Main v. 12.7.2001 – S 2256 A-19-St II 27, DStR 2001, 1753 f. 6 BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745 = GmbHR 1994, 818 zu 1, eher beiläufig; das Urteil zu § 17 EStG, BFH v. 21.10.1999 – I R 43,44/98, GmbHR 2000, 336 = DStR 2000, 374 ff., lässt sich nicht auf das hier fragliche Problem übertragen. Wenig weiterfüh-

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.354 Kap. 1

hen. Die gleiche Ansicht vertritt auch das FG Brandenburg1 zu § 23 EStG unter Hinweis darauf, dass die tatsächliche Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht aufgrund schuldrechtlich rückwirkender Vereinbarungen beseitigt werden könne. Unter Zugrundelegung dieser Ansicht müsste eine Vertragsaufhebung steuerwirksam möglich sein, solange der gesamte oder der die Anschaffungskosten übersteigende Teil des Kaufpreises noch nicht zugeflossen ist. Insoweit ist der Steuertatbestand mangels Zuflusses der Gegenleistung noch nicht erfüllt2. Ähnlich hat der BFH3 für einen Fall entschieden, in dem allerdings der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten noch nicht erfolgt war. Insoweit handelt es sich sicher um keine neue Anschaffung für den bisherigen Eigentümer. Eine neue zehnjährige Veräußerungsfrist wird nicht ausgelöst. 7. Vereinbarung eines Rücktrittsrechts Die Anerkennung sog. Steuerklauseln, wonach ein Rechtsgeschäft nicht gelten soll, wenn bestimmte steuerliche Folgen ungewollt eintreten, ist umstritten4. Etwas anders liegen die Dinge bei einem vorbehaltenen Rücktrittsrecht. Hier wird von der wohl überwiegenden Ansicht5 zu Recht vertreten, die Ausübung des Rücktrittsrechtes lasse das Veräußerungsgeschäft entfallen. Dies gilt nach Ansicht des BFH6 zumindest, wenn das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück, also Besitz, Nutzen und Lasten bis zur Ausübung des Rücktritts noch nicht übergegangen sind, u.E. jedoch auch noch danach7. Der Fall ist ebenso zu beurteilen wie ein gesetzliches Rücktrittsrecht gem. §§ 323 f. BGB oder eine Minderung, die auch steuerlich beachtlich sind. Die OFD Frankfurt/M.8 sieht hingegen in der mangelbedingten Rückabwick-

1 2 3 4

5

6 7 8

rend ist wohl auch der Vergleich zur Behandlung des Wiederkaufes, BFH v. 2.2.1982 – VIII R 3/79, BStBl. II 1982, 459 = FR 1982, 386. FG Brandenburg v. 23.7.1998 – 3 V 1031/98 E, EFG 1998, 1585 (1586); ebenso Blümich/ Glenk, § 23 EStG Rz. 122. Vgl. zum obigen Argument auch Schmidt/Weber-Grellet36, § 2 EStG Rz. 43 ff. A.A. hingegen Hessisches FG v. 1.3.1988 – 4 K 37/85, EFG 1988, 366, rkr. BFH v. 2.4.1974 – VIII R 76/69, BStBl. II 1974, 540; Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 92; Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. B 140 ff. BFH v. 20.1.1987 – IX R 147/83, BFH/NV 1987, 428. Vgl. Schmidt/Weber-Grellet36, § 2 EStG Rz. 44 m.w.N.; BFH v. 24.11.1992 – IX R 30/88, BStBl. II 1993, 296 = FR 1993, 642, wonach Steuerklauseln in jedem Fall dann keine Wirkung entfalten, wenn sie dem Finanzamt nicht sofort aufgedeckt werden. Allgemein ist die Wirkung von Steuerklauseln immer noch nicht geklärt. Im Schiffverkaufsfall BFH v. 24.8.1961 – IV 352/59 U, BStBl. III 1962, 112 hat der BFH jedoch eine Steuerklausel anerkannt, vgl. hierzu Beck’sches Notarhandbuch/Spiegelberger6, E Rz. 402. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 57; Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 49 m.w.N.; BFH v. 14.12.1982 – VIII R 54/81, BStBl. II 1983, 315 = FR 1983, 229 zu § 7b EStG; vgl. auch BFH v. 20.1.1987 – IX R 147/83, BFH/NV 1987, 428; Hessisches FG v. 1.3.1988 – 4 K 37/85, EFG 1988, 366, rkr., für einen Fall der steuerwirksamen nachträglichen Vertragsaufhebung. BFH v. 20.1.1987 – IX R 147/83, BFH/NV 1987, 428. Ebenso BFH v. 27.6.2006 – IX R 47/04, BStBl. II 2007, 162. OFD Frankfurt/Main v. 12.7.2001– S 2256 A-19-St II 27, DStR 2001, 1753 f.; ebenso SenFin. Berlin v. 14.5.2007, DStR 2007, 1820.

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1.354

Kap. 1 Rz. 1.355 Steuerorientierte Immobilienübertragung

lung eines Kaufvertrages ein neues Veräußerungsgeschäft und unterwirft so zwischenzeitlich vorgenommene Abschreibungen der Einkommensteuer. Es spricht viel dafür, dass die Finanzverwaltung die Rückabwicklung eines Vertrages aufgrund eines vorbehaltenen rechtsgeschäftlichen Rücktrittsrechtes ebenso behandeln würde. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Der Vertrag war von Anfang an mit der Unsicherheit des Rücktritts behaftet. Der erzielte Erlös stand von Anfang an unter dem Vorbehalt der Nichtausübung des Rücktrittsrechtes. Daher handelt es sich nicht um eine neue Veräußerung, sondern nur um die Beseitigung der Folgen des ursprünglichen Vertrages.

1.355

Will man diesen Weg trotz der vorstehend beschriebenen Unsicherheit beschreiten, empfiehlt sich eine an den „Schiffverkaufsfall“1 angelehnte Gestaltung, wonach bereits die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäftes von der Bestätigung des Finanzamtes über die Steuerfreiheit des Veräußerungsgeschäfts abhängig gemacht wird und Besitz, Nutzungen und Lasten noch beim Veräußerer verbleiben.

1.356

Von mehreren FG2 wird die Auffassung vertreten, die Steuer entstehe später dennoch, wenn nach Ablauf der Spekulationsfrist das ursprüngliche Rechtsgeschäft erneut abgeschlossen und, wie ursprünglich geplant, durchgeführt werde. 8. Vertragsgestaltung Anmerkungen zu diesem Muster finden Sie unter Rz. 1.358 ff. a) Kauf mit wiederkehrenden Zahlungen Literatur: Amann, Durchsetzung der Reallast ohne Verlust der Reallast auch nach dem Beschluss des BGH v. 2.10.2003, DNotZ 2004, 599; G. Kirchhoff, Das Verbot von Wertsicherungsklauseln im neuen Preisklauselgesetz, DNotZ 2007, 913; Koehnen, Die Verrentung von Kaufpreisen, MittRhNotK 1994, 329; Reul, Aufhebung der Genehmigungspflicht bei Wertsicherungsklauseln – das neue Preisklauselgesetz (PreisklauselG), MittBayNot 2007, 445; Salzig, Der Miet- und Ratenzahlungskauf in der notariellen Praxis, MittBayNot 2008, 341 und 446.

1.357

M5 Kauf auf Leibrente Beurkundet am […] I. Grundbuchstand Laut Vortrag im Grundbuch des AG […] für […] Blatt […] ist Herr […] Eigentümer des nachstehend bezeichneten Grundstücks der Gemarkung […]Flurstück Nr. […] Der Grundbesitz ist in Abteilung II und III des Grundbuches unbelastet. 1 BFH v. 24.8.1961 – IV 352/59 U, BStBl. III 1962, 112. 2 FG Brandenburg v. 23.7.1998 – 3 V 1031/98 E, EFG 1998, 1585 (1586) unter Hinweis auf § 41 AO; zustimmend Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 49; FG Münster v. 30.3.1981 – I-VI 5447/78 E, EFG 1982, 81 f.; a.A. Hessisches FG v. 1.3.1988 – 4 K 37/85, EFG 1988, 366, rkr.

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.357 Kap. 1

II. Verkauf Herr […] – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkauft hiermit an Herrn […] – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – – zu Alleineigentum – den in Abschnitt I dieser Urkunde näher bezeichneten Grundbesitz samt allen Rechten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör. III. Kaufpreis (1) Der Barkaufpreis beträgt 200.000 a - in Worten: zweihunderttausend Euro und ist zur Zahlung fällig am […], nicht jedoch vor Absendung einer Bestätigung des amtierenden Notars, wonach a) die Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde, b) die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen gesichert ist, also diesbezüglich dem Notar eine Löschungsbewilligung entweder zum bedingungslosen Gebrauch vorliegt oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, und c) die Stadt […] bestätigt hat, dass ein gesetzliches Vorkaufsrecht nicht besteht oder nicht ausgeübt wird. (2) Der Notar wird beauftragt, den Beteiligten die Erfüllung vorstehender Fälligkeitsvoraussetzungen schriftlich anzuzeigen. Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer berechtigt und verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten. Sofern im Zuge der Lastenfreistellung nicht anderweitige Zahlungsauflagen der Gläubiger ergehen, sind alle dem Verkäufer zu leistenden Beträge zu bezahlen auf das Konto des Verkäufers Nr. […] (IBAN: […]) bei der […], BIC: […] . (3) Neben dem Barkaufpreis wird als Restkaufpreis eine lebenslange Leibrente geschuldet. Danach hat der Käufer auf Lebenszeit des Verkäufers jeweils monatlich im Voraus, erstmals für den auf diese Beurkundung folgenden Monatsersten, wiederkehrende Zahlungen i.H.v. 2.000 a – in Worten: zweitausend Euro – zu entrichten. Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.357 Steuerorientierte Immobilienübertragung Der als Leibrente jeweils zu zahlende Betrag soll wertbeständig sein. Er erhöht oder vermindert sich in demselben prozentualen Verhältnis, in dem sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden für jeden Monat festgestellte und veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland auf der Basis 2010 = 100 gegenüber dem für den ersten Fälligkeitsmonat festzustellenden Index erhöht oder vermindert. Eine Erhöhung oder Verminderung des jeweils zu zahlenden Betrages tritt jedoch erst dann ein, wenn die Indexveränderung zu einer Erhöhung oder Verminderung des jeweils zu zahlenden Betrages um mindestens 10 % – zehn vom Hundert – führt. Die aufgrund der Wertsicherungsklausel erhöhte oder ermäßigte Leibrente ist erstmals für den Monat zu entrichten, für den eine Indexänderung um mindestens 10 % festgestellt wird, ohne dass es einer Aufforderung durch die begünstigte Vertragspartei bedarf. Differenzbeträge für die bis zur Indexveröffentlichung verstrichene Zeit sind unverzüglich nach Bekanntgabe des maßgeblichen Indexes ohne Beilage von Zinsen auszugleichen. (4) Zur Sicherung obiger Rentenzahlungsverpflichtung wird die Eintragung einer Reallast an Flurstück Nr. […]Gemarkung […] zugunsten des Verkäufers in ihrer wertgesicherten Form bewilligt und beantragt mit dem Vermerk, dass zur Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt. Für den Inhalt der Reallast wird bestimmt: a) Die Zahlungen aus der schuldrechtlichen Rentenverpflichtung und den dinglichen Ansprüchen aus der Reallast sind jeweils gegeneinander anzurechnen. b) Die Reallast ist nicht vererblich. c) Der Reallastberechtigte kann die Ablösung der Reallast durch Zahlung einer Ablösesumme verlangen, wenn der Reallastschuldner (Eigentümer) mit Leistungen aus der Reallast mit mindestens drei Monatsraten in Verzug gerät. Die Ablösesumme errechnet sich aus der versicherungsmathematischen Kapitalisierung der rückständigen und künftig fällig werdenden Reallastzahlungen unter Zugrundelegung eines Jahreszinses i.H.v. […] . Die Reallast erhält Rang nach der Vormerkung gem. Abschnitt XI. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Käufer unterwirft sich hinsichtlich des geschuldeten Betrages i.H.v. 200.000 a samt etwaiger Zinsen sowie wegen der dinglichen und wegen der persönlichen Ansprüche aus der Reallast und wegen der persönlichen Leibrentenverpflichtung in Höhe des Ausgangsbetrages und in Höhe des wertgesicherten Erhöhungsbetrages der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Die Wirksamkeit der Zwangsvollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des Ausgangsbetrages ist unabhängig von der Unterwerfung hinsichtlich des Erhöhungsbetrages. Vollstreckbare Ausfertigung darf ohne weitere Nachweise der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung erteilt werden, nachdem der Notar die vereinbarte Fälligkeitsbestätigung an den Käufer abgesandt hat. V. Erschließungskosten Alle auf den Vertragsgegenstand entfallenden Erschließungskosten im weitesten Sinne einschließlich Anlieger- und Herstellungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz hat ausschließlich der Käufer zu tragen, es sei denn, dass hierüber 104

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.357 Kap. 1

bereits ein Bescheid dem Verkäufer oder dessen Rechtsvorgänger zugegangen ist. Diese Vereinbarung gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt in der Natur eine zugrunde liegende kostenpflichtige Maßnahme ausgeführt wurde. Der Verkäufer versichert, dass unerledigte Erschließungskostenbescheide nicht vorliegen. VI. Besitzübergang Der Besitz, die Nutzungen und Lasten sowie die Gefahr des Untergangs und der Verschlechterung gehen mit Zahlung des in Abschnitt III ausgewiesenen Barkaufpreises auf den Käufer über. VII. Gewährleistung (1) Der Verkäufer haftet für ungehinderten Besitz- und Eigentumsübergang und für Freiheit des Grundbesitzes von Belastungen jeder Art, soweit sie nicht ausdrücklich übernommen werden. (2) Der Käufer hat den Vertragsgegenstand eingehend besichtigt und übernimmt ihn, wie er liegt und steht, also im derzeitigen Zustand. Jede Sachmängelhaftung des Verkäufers wird hiermit abweichend vom Gesetz im Wege einzeln und ausdrücklich unter den Beteiligten ausgehandelter Vereinbarungen ausgeschlossen. (3) Der Verkäufer versichert, dass ihm wesentliche, dem Käufer nicht erkennbare Mängel des Vertragsgegenstandes nicht bekannt sind. Zustandsveränderungen am Vertragsgegenstand bis zum Tage des vereinbarten Besitzüberganges hat der Verkäufer nur dann zu vertreten, wenn sie über das gewöhnliche Maß der Abnutzung hinausgehen. (4) Die Vertragsteile verzichten übereinstimmend auf die Einholung eines versicherungsmathematischen Gutachtens über die Höhe des Rentenbarwerts, der sich aus der vereinbarten Leibrente ergibt. VIII. Notarermächtigung Der Notar wird zur Erwirkung und Entgegennahme der erforderlichen Genehmigungen, zur Einholung der Stellungnahme hinsichtlich bestehender öffentlich-rechtlicher Vorkaufsrechte sowie zur Abgabe von Erklärungen, Stellung, Änderung und Zurücknahme von Anträgen, die zum Vollzug des Vertrages erforderlich oder zweckdienlich sind, ermächtigt. Im Falle der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes steht dem Käufer kein Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz gegen den Verkäufer zu. Alle noch ausstehenden Genehmigungen sollen mit dem Eingang beim Notar den Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein.

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Kap. 1 Rz. 1.357 Steuerorientierte Immobilienübertragung IX. Hinweise Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere hingewiesen auf – den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges und die Eintragungsvoraussetzungen; – die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten für Kosten und Steuern, sowie auf die Haftung des Grundbesitzes für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben und für Erschließungsbeiträge; – die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts; – etwa bestehende öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte und – darauf, dass private Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG einkommensteuerpflichtig sein können. Die Vertragsteile versichern, dass alle Vertragsabreden vollständig und richtig beurkundet wurden. X. Auflassung Die Erklärung der Auflassung ist in der einen wesentlichen Bestandteil dieser Urkunde bildenden Anlage enthalten, auf die ausdrücklich verwiesen wird. Der Notar wird beauftragt, die Eigentumsumschreibung erst zu beantragen, wenn die Zahlung des baren Kaufpreisteiles gem. Abschnitt III Nr. 1 vom Verkäufer bestätigt oder vom Käufer nachgewiesen wurde und die Reallast Rang nach der Vormerkung erhalten hat. Der Käufer verzichtet auf sein eigenes Antragsrecht. Vollständige Abschriften mit Auflassung sind erst zu erteilen, wenn die vorstehend genannten Zahlungen nachgewiesen sind. XI. Vormerkung gem. § 883 BGB Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums am Vertragsgegenstand bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB für den Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis an erster Rangstelle im Grundbuch. Die Löschung dieser Vormerkung wird Zug um Zug gegen Eigentumsumschreibung im Grundbuch bewilligt und beantragt, vorausgesetzt, dass weder Zwischeneintragungen ohne Zustimmung des Käufers erfolgt sind noch deren Eintragung beantragt wurde. Die Vormerkung kann an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden, wenn der Notar dies ausdrücklich beantragt. XII. Kosten und Ausfertigungen Die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzuges, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer trägt der Käufer. Von dieser Urkunde erhalten Ausfertigungen: die Vertragsteile beglaubigte Abschriften: das Grundbuchamt

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B. Einkommensteuer aufgrund Rechtsträgerwechsels

Rz. 1.360 Kap. 1

einfache Abschriften: das Finanzamt (Grunderwerbsteuerstelle) der Gutachterausschuss Anlage zum Kaufvertrag vom […] URNr. […] Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen, den Käufer als Alleineigentümer an Flurstück Nr. […] und […] im Grundbuch einzutragen.

b) Anmerkungen zum Kauf auf Leibrente Gesetzliche Regelung: Die Verpflichtung zur Zahlung einer Leibrente ist in § 759 BGB geregelt. Danach ist im Zweifel anzunehmen, dass die Rente für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten ist. Die Leibrentenverpflichtung führt zur Bestellung eines Rentenstammrechts, aus dem die einzelnen Ansprüche auf periodische Rentenzahlung fließen1. Die Sicherung der Rentenzahlungen erfolgt regelmäßig in der Bestellung einer Reallast gem. § 1105 BGB, wonach ein Grundstück in der Weise belastet werden kann, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind (Reallast).

1.358

Verrentung des Kaufpreises: Der Formulierungsvorschlag enthält nur die Angabe des Barkaufpreises und die monatliche Rentenzahlung, nicht jedoch eine Bezifferung des „Gesamtkaufpreises“. Bei der Vereinbarung eines „Gesamtkaufpreises“ ist für die Verrentung der nach Abzug des Barkaufpreises zu zahlenden Leibrente ein versicherungsmathematisches Gutachten erforderlich. Die Verrentung nach Anlage 9a des Bewertungsgesetzes geht von dem steuerlichen Rentenbarwert aus und weicht daher von einer Verkehrswertberechnung ab. Wegen der gestiegenen Lebenserwartung müssen jeweils die neuesten versicherungsmathematischen Tabellen zugrunde gelegt werden, wobei auch die vorschüssige oder nachschüssige monatliche Zahlung zu entsprechenden Veränderungen führt. Sofern ein kostenpflichtiges versicherungsmathematisches Gutachten nicht zeitnah zur Verfügung steht, können Streitigkeiten zwischen den Parteien dadurch vermieden werden, dass von vornherein nicht eine Verrentung eines fiktiven Gesamtkaufpreises vereinbart wird, sondern nur die Zahlungsbeträge, die die Vertragsteile im Auge haben, in die Urkunde übernommen werden, also der zu entrichtende Barkaufpreis und die monatliche Rente. Vorsorglich sollte der beiderseitige Verzicht auf die Einholung eines versicherungsmathematischen Gutachtens ausdrücklich in der Urkunde erklärt werden.

1.359

Durch das PreisklauselG vom 7.9.20072 wurde das frühere Genehmigungserfordernis für Ausnahmen vom gesetzlichen Verbot automatisch wirkender Wertsicherungsklauseln durch unmittelbar im Gesetz geregelte Legalausnahmen aufgehoben. Bei Wertsicherungsklauseln ist keine Genehmigung durch das Bundesamt für Wirt-

1.360

1 Palandt/Sprau76, § 759 BGB Rz. 3. 2 BGBl. I 2007, 2246.

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Kap. 1 Rz. 1.361 Steuerorientierte Immobilienübertragung

schaft- und Ausfuhrkontrolle mehr erforderlich. Die zuvor in der PrKV enthaltenen Ausnahmeregelungen wurden weitgehend unverändert in das PreisklauselG übernommen. Die Betroffenen haben selbst zu prüfen, ob die vereinbarten Preisklauseln rechtmäßig sind. Die Unwirksamkeit einer Preisklausel wirkt prinzipiell erst vom Zeitpunkt des durch ein Gericht rechtskräftig feststellten Verstoßes gegen die Regelungen des Preisklauselgesetzes1.

1.361

Die im Grundbuch gem. § 1105 BGB einzutragende Reallast bringt drei Anspruchsgrundlagen mit sich: (1) Dinglicher Anspruch auf Entrichtung der wiederkehrenden Leistungen gem. § 1105 Abs. 1 Satz 1 BGB, (2) der dem dinglichen Recht zugrunde liegende schuldrechtliche Anspruch gem. § 759 BGB und (3) die persönliche Haftung des Eigentümers während der Dauer seines Eigentums gem. § 1108 BGB. Es ist daher anzuraten, dass Zahlungen aus einem Rechtsgrund auf die anderen Anspruchsgrundlagen anzurechnen sind2.

1.362

Eine Verfallklausel, nach der der Berechtigte unter bestimmten Voraussetzungen anstelle wiederkehrender Leistungen ihre Ablösung durch eine einmalige Leistung verlangen kann, ist nach Auffassung des OLG Köln3 nicht Inhalt einer Reallast. Nach dem Wortlaut von § 1105 BGB seien nur wiederkehrende Leistungen Inhalt einer Reallast, nicht jedoch einmalige Leistungen4. Reymann5 schlägt vor, ein Ablösungsrecht des Gläubigers in der Weise grundbuchmäßig zu sichern, dass im Rang vor der Reallast ein Grundpfandrecht in Höhe des zu vereinbarenden Ablösungsbetrages eingetragen wird. Eine weitere Beleihung des erworbenen Grundbesitzes ist mit einer derartigen Grundschuld i.d.R. ausgeschlossen, so dass ein Rangvorbehalt vorgesehen werden sollte, um dem Eigentümer z.B. auch die Finanzierung des Renovierungsaufwandes zu ermöglichen. Die Ablösbarkeit selbst kann wie eine auflösende Bedingung in das Grundbuch eingetragen werden6. Betreibt der Gläubiger der Reallast wegen rückständiger Leistungen aus seinem dinglichen Anspruch die Zwangsversteigerung, fällt die Reallast nicht in das geringste Gebot und erlischt mit dem Zuschlag gem. § 52 Abs. 1 Satz 2 und § 91 Abs. 1 ZVG. Für die Bestellung einer Ersatzreallast kann eine Vormerkung gem. § 883 BGB bestellt werden7.

1.363

Häufig werden Leibrentenkaufverträge auch mit einem Wohnungsrecht verbunden, wenn der Verkäufer weiterhin im verkauften Anwesen verbleiben will. Derartige Wohnungsrechte sollten durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gem. § 1093 BGB gesichert werden. Selbstverständlich ist bei der Bemessung der Gesamtleistungen der Wert des Wohnungsrechtes zu berücksichtigen.

1.364–1.399 1 2 3 4 5 6 7

Einstweilen frei.

Reul, MittBayNot 2007, 445 (450). Langenfeld, Grundstückszuwendungen, Kap. 5 Rz. 16. OLG Köln v. 19.12.1990 – 2 Wx 23/90, MDR 1991, 868 = DNotZ 1991, 807. Wie hier Münchener Kommentar/Mohr7, § 1105 BGB Rz. 23. Staudinger/Reymann, Einl. zu §§ 1105–1112 BGB Rz. 47. Staudinger/Reymann, § 1105 BGB Rz. 46. Vgl. BGH v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, MDR 2004, 390 = DNotZ 2004, 615 (616); OLG München v. 30.1.2007 – 32 Wx 9/07, DNotZ 2007, 296 m. Anm. Amann.

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Spiegelberger

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.401 Kap. 1

C. Laufende Einkommensbesteuerung I. Betriebliche und freiberufliche Einkünfte Literatur: Bruschke, Ertragsteuerliche Auswirkungen der Zuordnung einer selbstgenutzten Wohnung zum Unternehmensvermögen, StB 2004, 371; Geck/Messner, Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel, ZEV 2004, 220; Hartrott, Gewerblicher Grundstückshandel – ein Kurzrepetitorium unter kritischer Würdigung der aktuellen Rechtsprechung des BFH, BB 2010, 2271; Heuermann, Die Grenzziehung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung (im Rahmen der §§ 21, 23 EStG, § 14 AO) am Beispiel des gewerblichen Grundstückshandels, in: Einkommen aus Kapital (DStJG 31, 2006), 121; Jahn, Steuerliche Abgrenzung gewerblicher Tätigkeit von freiberuflicher und sonstiger Tätigkeit, DB 2012, 1947; Schoor, Steuerentlastende Gestaltungsmöglichkeiten bei „Umwidmung“ von Darlehen, StuB 2004, 864.

1. Einkünftetatbestand Bei den Gewinneinkünften, nämlich aus Land und Forstwirtschaft (§§ 13–14a EStG), aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG), gehören die unmittelbar eigenbetrieblich genutzten Grundstücke zum (notwendigen) Betriebsvermögen1 (s. Rz. 1.112, 1.150, 1.171 ff. und 1.242). Gehören Grundstücke zu einem Betriebsvermögen, werden die erzielten Nutzungen und Erträge als betriebliche Einkünfte und nicht etwa als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erfasst (s. näher Rz. 1.401 ff.). Absetzungen für Abnutzung auf Gebäude und Einrichtungen dürfen vorgenommen werden. Auch Teilwertabschreibungen sind zulässig, soweit dauerhafte Wertminderungen an Grundstücken oder Grundstücksteilen des Betriebsvermögens während der Besitzdauer eintreten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Die Veräußerung betrieblicher Grundstücke oder Grundstücksteile oder die Entnahme derselben aus dem Betriebsvermögen führt zu Betriebseinnahmen; während der Besitzdauer eingetretene Wertsteigerungen wirken sich mithin einkommenserhöhend aus.

1.400

Die Abgrenzung zwischen betrieblichen und vermögensverwaltenden Einkünften kann im Einzelfall insbesondere zwischen einer gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 15 EStG und einer Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit i.S.d. § 21 EStG schwerfallen2. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der „Verkehrsauffassung“ einen Gewerbebetrieb ausmacht oder eher einer Vermögensverwaltung entspricht3. Grundsätzlich stellt die Vermietung oder Verpachtung von unbeweg-

1.401

1 BFH v. 15.4.1981 – IV R 129/78, BStBl. II 1981, 618 = FR 1981, 442; v. 10.11.2004 – XI R 32/01, BStBl. II 2005, 431 = DStR 2005, 683. 2 Vgl. BFH v. 11.7.1968 – IV 139/63, BStBl. II 1968, 775. 3 Vgl. BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492 – Gewerblicher Grundstückshandel; v. 24.1.1996 – X R 255/93, BStBl. II 1996, 303 = FR 1996, 416 – Gewerblicher Grundstückshandel; v. 14.7.2004 – IX R 69/02, BFH/NV 2004, 1640 – Ferienwohnungen; v. 4.3.2008 – IX R 11/07, BFH/NV 2008, 1462 – Messezimmer; s.a. Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 112.

Schallmoser

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Kap. 1 Rz. 1.402 Steuerorientierte Immobilienübertragung

lichem Grundvermögen Vermögensverwaltung und keine gewerbliche Tätigkeit dar1. Das gilt auch dann, wenn – das vermietete oder verpachtete Grundvermögen bisher betrieblich genutzt wurde und weiterhin in der Bilanz des Steuerpflichtigen ausgewiesen ist2; – das vermietete oder verpachtete (private) Grundvermögen sehr umfangreich ist, dafür erhebliche Fremdmittel eingesetzt werden, die Verwaltung erheblichen Aufwand erfordert oder die Vermieter als tätige Architekten und Bauunternehmer besondere Sachkunde ausnutzen3.

1.402

Die Vermietung von unbeweglichem Vermögen stellt indes gewerbliche Tätigkeit dar, wenn „im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, welche der Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verleihen, hinter welche die Nutzung des Vermögens zurücktritt“4. Dies ist etwa der Fall, wenn – zur Vermietungstätigkeit ins Gewicht fallende Sonderleistungen des Vermieters oder Verpächters hinzukommen (Reinigung; Instandhaltung; hotelmäßige Beherbergung mit Halb- oder Vollpension)5; – die Räumlichkeiten für die jederzeitige, auch kurzfristige Überlassung an Gäste vorgehalten werden, insbesondere sachliche und personelle Vorkehrungen getroffen werden, die es gestatten, auch Gäste ohne vorherige Buchung aufzunehmen6; – eine Ferienwohnung in einem Feriengebiet im Verbund mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen einer einheitlichen Wohnanlage liegt und die Verwaltung einschließlich der Werbung für eine kurzfristige Vermietung an laufend wechselnde Mieter einer Feriendienstorganisation übertragen sind7; – der Inhaber eines Reisebüros Räume an Kunden seines Unternehmens vermietet8. Die Räume gehören dann zum notwendigen Betriebsvermögen des Reisebürounternehmens. Gleiches gilt für Ferienwohnungen eines gewerbl. Vermittlers von Ferienobjekten9. 1 BFH v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244 = DB 1977, 525; v. 1.10.1986 – I R 96/83, BStBl. II 1987, 113 = FR 1987, 10. 2 In diesem Fall kann aber eine Entnahme des Grundstücks vorliegen, wenn eine spätere Verwendung zu betrieblichen Zwecken ausgeschlossen erscheint, vgl. BFH v. 1.10.1986 – I R 96/83, BStBl. II 1987, 113 = FR 1987, 10. 3 BFH v. 12.3.1964 – IV 136/61 S, BStBl. III 1964, 364; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 113. 4 Z.B. BFH v. 18.1.1973 – IV R 196/71, BStBl. II 1973, 561 = DB 1973, 1331; v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244 = DB 1977, 525. 5 Z.B. BFH v. 28.6.1984 – IV R 150/82, BStBl. II 1985, 211 = FR 1984, 593; v. 14.7.2004 – IX R 69/02, BFH/NV 2004, 1640; v. 23.7.2003 – IX B 23/03, BFH/NV 2003, 1425. 6 Z.B. BFH v. 14.1.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945. 7 Z.B. BFH v. 14.1.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945. 8 BFH v. 27.3.1974 – I R 44/73, BStBl. II 1974, 488. 9 BFH v. 13.11.1996 – XI R 31/95, BStBl. II 1997, 247 = FR 1997, 264.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.405 Kap. 1

Gewerblich ist regelmäßig auch die ständig wechselnde kurzfristige Vermietung von Sälen und Nebenräumen für Veranstaltungen (Vorträge, Konzerte, Versammlungen)1, die stundenweise Vermietung von Tennisplätzen2 oder die Unterhaltung eines Campingplatzes, wenn wesentliche Nebenleistungen (Zurverfügungstellung sanitärer Anlagen und ihre Reinigung, Stromversorgung, Instandhaltung, Pflege und Überwachung des Platzes) erbracht werden3. Zu den gewerbesteuerlichen Rechtsfolgen s. Rz. 1.663 ff. Aufgrund der mit dem Wohneigentumsförderungsgesetz4 eingeführten „Konsumgutlösung“ wird die selbstbewohnte Wohnung einkommensteuerlich nicht mehr erfasst. Soweit sich die Wohnung im steuerlichen Betriebsvermögen befand, ist sie spätestens 1998 ertragsteuerneutral aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Sofern nach diesem Zeitpunkt eine im Betriebsvermögen befindliche Wohnung von dem Eigentümer selbstgenutzt wird, ist diese Nutzung regelmäßig nicht als Substanzentnahme, sondern als Nutzungsentnahme zu bewerten (wegen der Nutzung einer im Betriebsvermögen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft befindlichen Wohnung durch einen Gesellschafter vgl. Rz. 1.111; zur – ausgelaufenen – Eigenheimförderung durch das EigZulG s. Rz. 1.641 ff.).

1.403

2. Einkünfteermittlung Aus betrieblich genutzten Grundstücken oder Grundstücksteilen fließende Erträge sind als betriebliche Einkünfte der jeweiligen Einkunftsart (s. Rz. 1.400) zu erfassen; sie werden durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4, 5 EStG) oder durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Aufwendungen für solche Wirtschaftsgüter sind stets Betriebsausgaben; zu den Aufwendungen im Einzelnen vgl. die Ausführungen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Rz. 1.469 ff.

1.404

Zu den als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähigen Aufwendungen zählen insbesondere auch Schuldzinsen. Für die Zuordnung einer Schuld zum Betriebs- oder Privatvermögen kommt es auf den Zweck der Schuldaufnahme an. Der auf diese Weise einmal entstandene wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit einer bestimmten Einkunftsart (oder mit der privaten Sphäre) kann nicht durch die bloße Willensentscheidung des Steuerpflichtigen hergestellt oder geändert werden5. Für die Anerkennung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben ist grundsätzlich auf den ursprünglichen mit der Darlehensaufnahme verfolgten Verwendungszweck und damit auf die erstmalige tatsächliche Verwendung der Darlehensvaluta abzustellen. Allerdings hat der BFH auch die Möglichkeit einer „Umwidmung“ anerkannt (sog. Surro-

1.405

1 2 3 4

Gl.A. Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 119. BFH v. 25.10.1988 – VIII R 262/80, BStBl. II 1989, 291 = FR 1989, 83. BFH v. 6.10.1982 – I R 7/79, BStBl. II 1983, 80 = FR 1983, 101. Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums – Wohneigentumsförderungsgesetz – v. 15.5.1986, BGBl. I 1986, 730. 5 Vgl. BFH v. 29.7.1997 – IX R 89/94, BStBl. II 1997, 772 = DStR 1997, 1757 = NJW 1998, 926; v. 19.8.1998 – X R 96/95, BStBl. II 1999, 353 = NJW 1999, 598 = ZfIR 1999, 146; v. 9.7.2002 – IX R 40/01, BFH/NV 2003, 23 = HFR 2003, 342.

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Kap. 1 Rz. 1.406 Steuerorientierte Immobilienübertragung

gationsbetrachtung; s. hierzu auch Rz. 1.539)1. Voraussetzung für eine derartige steuerrechtlich anzuerkennende Umwidmung eines Kredits ist, dass – die durch die erstmalige tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel eingetretene Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart oder ggf. zur privaten Vermögenssphäre eindeutig beendet ist, – der Steuerpflichtige eine neue ebenfalls kreditfinanzierte Anlageentscheidung trifft, durch die das Objekt der Darlehensaufnahme ausgewechselt wird und – diese Änderung nach außen hin an objektiven Beweisanzeichen feststellbar in Erscheinung tritt2. Eine Umwidmung kann auch durch Wechsel des Darlehenszwecks erfolgen, wenn nämlich der Erlös aus der Veräußerung eines bislang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendeten Wirtschaftsgutes in Folge einer neuen Anlageentscheidung des Steuerpflichtigen zum Erwerb einer anderen Einkunftsquelle eingesetzt wird3.

1.406

Entnimmt ein Steuerpflichtiger seinem Betriebsvermögen ein Grundstück, um es fortan zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG zu verwenden, dient ein zu seiner Anschaffung oder zur Herstellung des aufstehenden Gebäudes aufgenommenes Darlehen nunmehr dieser neuen Verwendung, so dass die künftig entstehenden Schuldzinsen Werbungskosten bei diesen Einkünften darstellen. Umgekehrt wird ein Darlehen, das dem Erwerb eines zunächst privatgenutzten Wirtschaftsgutes diente, mit der Einlage dieses Grundstücks in das Betriebsvermögen zu einer Betriebsschuld mit der Folge, dass die fortan anfallenden Schuldzinsen Betriebsausgaben darstellen.

II. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1. Einkünftetatbestand a) Objektiver Einkünftetatbestand Literatur: Fuhrmann/Demuth, Vermögensverwaltende Personengesellschaft als Mittel der Nachfolgeplanung, ErbStB 2006, 127; Geck, Die vermögensverwaltende Personengesellschaft im Ertrag- und Erbschaftsteuerrecht, KÖSDI 2010, 16842; Wacker, Vermögensverwaltende Gesamthand und Bruchteilsbetrachtung – eine Zwischenbilanz, DStR 2005, 2014. 1 Vgl. BFH v. 23.1.1991 – X R 37/86, BStBl. II 1991, 398 = DB 1991, 949; v. 13.2.1996 – VIII R 18/92, BStBl. II 1996, 291 = DB 1996, 1014 = GmbHR 1996, 544; v. 1.10.1996 – VIII R 68/94, BStBl. II 1997, 454 = DB 1997, 1372; v. 7.7.1998 – VIII R 5/96, BStBl. II 1999, 209 = DB 1999, 359; v. 22.1.2003 – X R 60/99, BFH/NV 2003, 900; v. 8.4.2003 – IX R 36/00, BStBl. II 2003, 706 = DB 2003, 1552 = DStR 2003, 1248 = NJW 2003, 2855 = ZfIR 2003, 784; v. 17.8.2005 – IX R 23/03, BStBl. II 2006, 248 = DB 2005, 2498; s. hierzu auch Carlé, BeSt 2009, 6. 2 Vgl. Schoor, StuB 2004, 864 (865). 3 Vgl. BFH v. 7.3.1995 – VIII R 9/94, BStBl. II 1995, 697; v. 17.8.2005 – IX R 23/03, BStBl. II 2006, 248 = DB 2005, 2498.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.409 Kap. 1

Verwaltungsanweisungen: Bayerisches Landesamt für Steuern, Vfg. v. 31.10.2006 – S 2253.26, DStR 2006, 2212: Grundstücksgemeinschaften; Zurechnung von Mieteinkünften bei Wohnungsüberlassung an Miteigentümer.

Die Vorschrift des § 21 EStG erfasst u.a. Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung unbeweglicher Gegenstände des Privatvermögens zur Nutzung. Die in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angesprochenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht), werden nicht durch Bilanzierung, sondern durch Überschussrechnung in der Weise ermittelt, dass von den jährlichen Einnahmen (§ 8 EStG; s. Rz. 1.466 ff.) die Werbungskosten (§ 9 EStG; s. Rz. 1.469 ff.) in Abzug gebracht werden. Es gilt das Zuflussprinzip gem. § 11 EStG: die Einnahmen und Ausgaben sind bezogen auf das jeweilige Kalenderjahr zu ermitteln (s. Rz. 1.468; allg. zur Zuordnung von Aufwand s. Rz. 1.573 ff.).

1.407

Die Frage nach dem objektiven Tatbestand des § 21 EStG ist vordringlich eine Frage der Zurechnung: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der sie „erzielt“. Das ist derjenige, der einem anderen ein in § 21 Abs. 1 EStG genanntes Wirtschaftsgut entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt und in diesem Zusammenhang Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag (d.h. dem „Rechtsverhältnis“ i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG) ist. Maßgeblich ist danach eine wirtschaftliche Sicht auf das „Außenverhältnis“, vor allem in Bezug auf Mehrpersonenverhältnisse, Treuhandverhältnisse, Nießbrauchsverhältnisse (s. Rz. 7.71 ff.) oder in den Fällen der Rechtsnachfolge (§§ 566, 567 BGB): Vermieter ist, wer die wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt hat und damit eine Vermietertätigkeit selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter bzw. Verwalter wirtschaftlich ausübt1. Hierfür kann beim lediglich obligatorisch Nutzungsberechtigten (z.B. Nießbraucher) eine rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme, d.h. eine Vereinbarung unter Zustimmung der Mieter erforderlich sein2. Demgegenüber ist weder die Berechtigung zur Vermietung noch das zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentum (§ 39 AO)3 Voraussetzung einer steuerlichen Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

1.408

Verwirklichen mehrere Personen zusammen den Tatbestand des § 21 EStG, indem sie gemeinschaftlich vermieten, sind den Gemeinschaftern auch die Einkünfte zuzurechnen. Allerdings ist die Prüfung, wer den (objektiven) Tatbestand der jeweiligen Einkunftsart erfüllt hat, stets vorrangig gegenüber der Frage nach der Zurechnung ggf. gemeinschaftlich erzielter Einkünfte; denn die Zurechnungsfrage stellt

1.409

1 Vgl. BFH v. 6.9.2006 – IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406; v. 15.12.2009 – IX R 55/08, BFH/ NV 10, 863. 2 Vgl. BFH v. 26.4.2006 – IX R 22/04, BFH/NV 2006, 2046; s.a. BFH v. 22.2.1994 – IX R 141/90, BFH/NV 1994, 866. 3 Diese Frage ist etwa von Bedeutung, wenn zu entscheiden ist, wem z.B. Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (§ 255 HGB) zuzurechnen sind, vgl. Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 42.

Schallmoser

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Kap. 1 Rz. 1.409 Steuerorientierte Immobilienübertragung

sich nicht, wenn nur ein Gemeinschafter (z.B. ein Miteigentümer) den Einkunftstatbestand allein erfüllt1. Vermieten die Miteigentümer einer Wohn- und Geschäftsimmobilie (als Gemeinschaft) Wohnungen oder Gebäudeteile an einzelne Miteigentümer, werden die Rechtsbeziehungen zwischen Gemeinschaft und Gemeinschafter nach der sog. Bruchteilsbetrachtung beurteilt: das Mietverhältnis betreffend den eigenen (ideellen) Miteigentumsanteil an der vom Miteigentümer selbst genutzten Wohnung wird steuerrechtlich nicht anerkannt, denn der die Wohnung nutzende Miteigentümer hat hinsichtlich seiner aus fremdem Recht (des anderen Miteigentümers) abgeleiteten Nutzung eine mieterähnliche Stellung und kann insoweit selbst keine Vermietungseinkünfte erzielen. Insoweit bleiben dann Einnahmen und Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte außer Ansatz. Übersteigt hingegen die überlassene Fläche den eigenen Miteigentumsanteil, ist hinsichtlich des übersteigenden Teils das Mietverhältnis auch steuerlich anzuerkennen2; der andere, nicht selbst nutzende Miteigentümer erzielt dann anteilig Einkünfte aus der Vermietung. Anders ist die Rechtslage, wenn der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft von dieser eine Immobilie anmietet oder nutzt. Da das Einkommensteuerrecht nicht durch die Kapitalgesellschaft auf die dahinterstehenden Gesellschafter durchgreift, liegt ein Nutzungsverhältnis hinsichtlich der gesamten Immobilie vor, so dass für das gesamte Mietobjekt die ortsübliche Miete zu entrichten ist. Andernfalls liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor3. Noch nicht eindeutig geklärt ist die Rechtslage, wenn eine gewerblich tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft ihre Immobilie einem Gesellschafter zur Nutzung überlässt. Während bei einem Einzelkaufmann die selbstbewohnte Wohnung immer notwendiges Privatvermögen darstellt, wird in der Literatur für eine gewerbliche Personengesellschaft die Auffassung vertreten, dass bei einer entgeltlichen Nutzung durch einen Gesellschafter die Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen bleiben4 (s. auch Rz. 1.111). b) Subjektiver Einkünftetatbestand (Einkünfteerzielungsabsicht) Literatur (Auswahl): Credo, Zur Bedeutung der Finanzierungsart für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von Immobilien, DStZ 2005, 741; Credo, Die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei verbilligter Vermietung an Angehörige, DStZ 2005, 295; Günther, Einkünfteerzielung bei unbebauten Grundstücken, EStB 2016, 186; Heuermann, Vermietung auf bestimmte Zeit, Überschusserzielungsabsicht und in die Prognose einzubeziehende Besteuerungsmerkmale, DB 2002, 2011; Heuermann, Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung, StuW 2003, 101; Heuermann, Objektivierung eines subjektiven Tatbestandsmerkmals: Die Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung in der deutschen und österreichischen Rechtsordnung, DStZ 2004, 9; Heuermann, Die Erwerbsgerichtetheit von Einkünften aus Vermietung und sonstigen Leistungen, DStR 2005, 1338; Heuermann, Beweisanzeichen als bipolare Elemente zur Prüfung innerer Tatsachen, StuW 2009, 356; Heuermann, Können wir auf die Überschusserzielungsabsicht ver1 BFH v. 15.12.2009 – IX R 55/08, BFH/NV 2010, 863 m.w.N. 2 BFH v. 26.1.1999 – IX R 17/95, BStBl. II 1999, 360 = FR 1999, 707 m. Anm. Paus; OFD Karlsruhe, DStR 2003, 419; OFD Münster v. 21.1.2005, DStR 2005, 380. 3 Vgl. BFH v. 26.8.1993 – I R 44/92, BFH/NV 1994, 318 (Hapimag-Urteil). 4 Vgl. Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 496; BFH v. 23.11.2000 – IV R 82/99, BStBl. II 2001, 232 = FR 2001, 299.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.410 Kap. 1

zichten? DStZ 2010, 825; Heuermann, Steuervereinfachung bei verbilligtem Vermieten, DStR 2011, 2082; Kaligin, Probleme bei der Dokumentation der Gewinnerzielungsabsicht bei sog. Leerstandsimmobilien, StBp 2016, 76; Nacke, Einkünfteerzielungsabsicht und Leerstand: Darauf muss der Vermieter achten! GStB 2013, 230; Paus, Liebhaberei bei verbilligter Wohnungsvermietung, DStZ 2003, 189; Pezzer, Die Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – ein Mysterium als Folge des Einkünftedualismus, StuW 2000, 457; Schallmoser, Neues zu Immobilien im Einkommensteuerrecht, DStR 2013, 501; Schallmoser, Aktuelle Rechtsprechung zum Leerstand von Wohnimmobilien, SteuK 2013, 353; Schallmoser, Ein paar Gedanken zu nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, FS Wolfgang Spindler, 2011, 739; Schießl, Ausgewählte Zweifelsfragen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), StW 2011, 17; Spindler, Zur steuerrechtlichen Bedeutung von Rück und Verkaufsgarantien bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, DB 1995, 894; Spindler, Zur Bedeutung von Indizien in der jüngeren Rechtsprechung des BFH, StbJb. 2002/2003, 61; Spindler, Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, FS Klaus Korn, 2005, S. 165; Spindler, Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung, DB 2007, 185; Stein, Keine Liebhaberei bei Vermietung auf Dauer?, DStZ 2004, 189; Stein, Die Totalüberschussprognose bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, INF 2006, 860; Stein, Einkunftserzielungsabsicht bei Wohnraumvermietung, Stbg 2010, 217; Stein, Zur Feststellung ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsabsicht bei Leerstand von Wohn und Gewerberäumen sowie bei unbebauten Grundstücken, StBp 2012, 225; Stein, Einige Gedanken zur Einkunftserzielungsabsicht bei der Vermietung von Immobilien, DStZ 2013, 33; Stuhrmann, Der Prognosezeitraum im Rahmen der Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietungseinkünften, INF 2005, 61; Thürmer, Einkünfteermittlung beim Vermieten von Ferienwohnungen, DB 2002, 444. Verwaltungsanweisungen: BMF-Schreiben v. 8.10.2004 (DE CD) – IV C 3S 225391/04, BStBl. I 2004.933: Einkunftserzielung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

aa) Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven und negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Für diese Einkunftsarten ist kennzeichnend, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten und Vermögensnutzungen über einen größeren Zeitraum gesehen der Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse dienen. Fehlt es an dieser Voraussetzung, handelt es sich um nicht steuerbares Verhalten (sog. „Liebhaberei“)1. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist „bereichsspezifisch“ ausgestaltet2. Ihrer Überprüfung als subjektives Tatbestandsmerkmal3 kommt im Rahmen des § 21 EStG besondere Bedeutung zu, denn diese Einkunftsart ist jedenfalls in einer Anlaufphase von Verlusten (Werbungskostenüberschüssen) geprägt. Vor diesem Hintergrund ist eine Vermietertätigkeit – als „einkommensteuerrechtlich bedeut1 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 = NJW 1985, 93, unter C IV 3c aa (1). 2 BFH v. 9.3.2011 – IX R 50/10, BStBl. II 2011, 704 = FR 2011, 615 m. Anm. Bode; Heuermann, DStZ 2010, 825; a.A. Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 790. 3 Die Einkünfteerzielungsabsicht als subjektives Tatbestandsmerkmal des § 21 EStG erschließt sich aber nicht aus dieser Norm selbst, sondern aus dem Tatbestandsmerkmal „erzielt“ in § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG, vgl. BFH v. 28.11.2007 – IX R 9/06, BStBl. II 2008, 515 = FR 2008, 670 m. Anm. Bode; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 150.

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1.410

Kap. 1 Rz. 1.411 Steuerorientierte Immobilienübertragung

same Vermögensnutzung“ – nur dann gegeben, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die (voraussichtliche) Nutzungsdauer des jeweiligen Objekts1 einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen; Wertsteigerungen in der Vermögenssubstanz bleiben dabei unberücksichtigt, weil bei den Überschusseinkünften Veräußerungsgewinne nicht erfasst werden2.

1.411

Die Absicht, Einkünfte zu erzielen, ist eine innere Tatsache, die, wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge, nur anhand äußerlicher Merkmale (Hilfstatsachen) beurteilt werden kann3. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) liefern oder Beweisanzeichen (Indizien) darstellen können, die vom Steuerpflichtigen entkräftet werden können4. In diesem Fall bleibt es bei der objektiven Beweislast des Finanzamtes5.

1.412

Erforderlich ist eine in die Zukunft gerichtete, langfristige Beurteilung, die alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt; hierbei können sowohl die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums als auch Hilfstatsachen, die nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstanden sind, Anhaltspunkte liefern6. Ferner ist zu beachten, dass bei einer Tätigkeit die Einkünfteerzielungsabsicht später einsetzen oder (wieder) wegfallen kann7. bb) Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung

1.413

Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung8 von Wohngebäuden9 ist – sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen, wie z.B. bei Ferienwohnungen (s. Rz. 1.417 ff.), bei Mietkaufmodellen10 (s. Rz. 1.425) oder bei Bauherrenmodellen mit Rückkaufangebot oder

1 Die Einkünfteerzielungsabsicht ist objektbezogen, also hinsichtlich jeder Immobilie (Einfamilienhaus, Wohnung, untervermietetes Zimmer) einzeln zu prüfen, vgl. BFH v. 19.12.2007 – IX R 50/07, BFH/NV 08, 1111; v. 12.12.2011 – IX B 132/11, BFH/NV 2012, 727. 2 Grds. hierzu BFH v. 31.3.1987 – IX R 111/86, BStBl. II 1987, 668 = FR 1987, 507; s.a. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 = NJW 1985, 93. 3 BFH v. 12.6.1978 – GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620 = DB 1978, 2296; v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 = NJW 1985, 93; v. 24.3.1992 – VIII R 12/89, BStBl. II 1993, 18 m.w.N.; s.a. Heuermann, StuW 2009, 356. 4 Hierzu ausführlich Spindler, StbJb. 2002/2003, S. 61. 5 BFH v. 13.11.1979 – VIII R 93/73, BStBl. II 1980, 69 = FR 1980, 74. 6 BFH v. 6.12.1994 – IX R 11/91, BStBl. II 1995, 192 = FR 1995, 510. 7 Vgl. BFH v. 23.3.1982 – VIII R 132/80, BStBl. II 1982, 463 = FR 1982, 335. 8 Eine Vermietungstätigkeit ist stets auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt, vgl. BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 4. 9 BFH v. 20.7.2010 – IX R 49/09, BStBl. II 2010, 1038 = DB 2010, 2142 = FR 2010, 1087 m. Anm. Bode; v. 25.3.2003 – IX B 2/03, BStBl. II 2003, 479 = FR 2003, 669. 10 BFH v. 9.2.1993 – IX R 42/90, BStBl. II 1993, 658 = FR 1993, 641.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.415 Kap. 1

Verkaufsgarantie1 (s. Rz. 1.426 ff.) – grds. davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben2; einer gesonderten Überprüfung durch eine langfristige Prognose bedarf es nicht. In der Tat erscheint es „schwer vorstellbar, dass jemand Gebäude oder Räume in Gebäuden ohne Überschusserzielungsabsicht lediglich aus persönlicher Neigung an Fremde vermietet“3. Die Rechtsprechung führt dies auf den Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zurück; die Norm beruhe auf der typisierenden Annahme, dass die langfristige Vermietung und Verpachtung von Wohnimmobilien trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führe; diese typisierende Annahme beschränkt sich auf Wohngebäude; sie gilt nicht für die dauerhafte Verpachtung von Gewerbeobjekten4 und von unbebautem Grundbesitz5. Die Finanzverwaltung hat die Grundsätze dieser Rechtsprechung übernommen6. Die bei auf Dauer angelegter Vermietung typisierend vermutete Überschusserzielungsabsicht wird nicht allein dadurch in Zweifel gezogen, dass an Angehörige vermietet wird. Ob ein Mietverhältnis unter Angehörigen der Besteuerung zugrunde zu legen ist, entscheidet sich, sofern kein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) oder eine missbräuchliche Gestaltung i.S.v. § 42 AO vorliegt, nach dem sog. Fremdvergleich, d.h. danach, ob das Mietverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (s. dazu im Einzelnen Rz. 13.67 ff.). Wenn die vereinbarte Miete die Marktmiete unterschreitet, kann dies nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG allenfalls zur Kürzung der Werbungskosten führen (s. Rz. 1.436 f.), ist jedoch für den Fremdvergleich unerheblich7.

1.414

Die Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung gilt im Übrigen auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht getilgt, indes bei Fälligkeit durch den Einsatz von parallel laufenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollen; denn dem

1.415

1 BFH v. 14.9.1994 – IX R 71/93, BStBl. II 1995, 116 = FR 1995, 57; v. 14.9.1994 – IX B 97/93, BFHE 175, 541; v. 22.4.1997 – IX R 17/96, BStBl. II 1997, 650 = FR 1997, 610. 2 BFH v. 30.9.1997 – IX R 80/94, BStBl. II 1998, 771 = FR 1998, 97; s.a. Heuermann, DStZ 2004, 9. 3 So schon BFH v. 21.10.1980 – VIII R 81/79, BStBl. II 1981, 452 = FR 1981, 282; s. auch BFH v. 21.1.1986 – IX R 7/79, BStBl. II 1986, 394 = FR 1986, 303; v. 24.9.1985 – IX R 32/80, BFH/NV 1986, 449. 4 BFH v. 20.7.2010 – IX R 49/09, BStBl. II 2010, 1038 = DB 2010, 2142 = FR 2010, 1087 m. Anm. Bode. 5 BFH v. 25.3.2003 – IX B 2/03, BStBl. II 2003, 479 = FR 2003, 669; v. 28.11.2007 – IX R 9/06, BStBl. II 2008, 515 = FR 2008, 670 m. Anm. Bode = DB 2008, 556 = DStR 2008, 496; BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 29. 6 BMF v. 4.11.1998, BStBl. I 1998, 1444 und v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933. 7 BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214 = FR 1996, 391; v. 5.11.2002 – IX R 48/01, BStBl. II 2003, 646.

Schallmoser

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Kap. 1 Rz. 1.416 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Steuerpflichtigen ist es im Rahmen seiner Finanzierungsfreiheit freigestellt, eine solche, marktübliche Finanzierungsform zu wählen1. In Abgrenzung hierzu hat der BFH2 entschieden, dass die Einkünfteerzielungsabsicht bei einer langfristigen Vermietung ausnahmsweise zu prüfen ist, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungsoder Herstellungskosten des Vermietungsobjektes sowie anfallende Schuldzinsen fremdfinanziert und dabei hohe Zinslasten auflaufen lässt, ohne dass mittels eines Finanzierungskonzepts von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist. cc) Fälle fehlender oder zweifelhafter Einkünfteerzielungsabsicht

1.416

Im Einzelnen zu überprüfen ist die Einkünfteerzielungsabsicht in „Sonderfällen“ der Vermietung und Verpachtung, sei es, dass es sich um auch privat genutzte Immobilien handelt, sei es, dass die Vermietungstätigkeit Besonderheiten aufweist. Auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats vom 25.6.19843 hat die Rechtsprechung hierzu verschiedene Fallgruppen gebildet: (1) Vermietung von Ferienwohnungen

1.417

Bei der Beurteilung, ob eine Ferienwohnung mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet wird, hat der BFH grds. danach unterschieden, ob das Objekt – ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird (s. Rz. 1.418 f.) oder – ob sie von dem Steuerpflichtigen (auch) selbst genutzt wird bzw. er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat (s. Rz. 1.420 ff.).

1.418

Steht fest, dass der Steuerpflichtige die Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereit hält und sie im Übrigen nicht selbst nutzt (etwa weil er an dem betreffenden Ferienort noch eine zweite, von ihm zu Erholungszwecken selbst genutzte Ferienwohnung besitzt), ist typisierend – d.h. ohne weitere Prüfung – vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen4. Damit gelten die im BFH-Urteil vom 30.9.19975 aufgestellten Grundsätze für eine auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit (s. Rz. 1.413) auch für die Nutzung einer ausschließlich fremd vermieteten Ferienwohnung. Unerheblich ist es insoweit, ob die Ferienwohnung in Eigenregie vermietet oder mit der Vermietung ein Dritter beauftragt wird. Die Finanzverwaltung folgt den Grundsätzen dieser Rechtsprechung6. 1 BFH v. 19.4.2005 – IX R 10/04, BStBl. II 2005, 692 = FR 2005, 1205; v. 19.4.2005 – IX R 15/04, BStBl. II 2005, 754 = FR 2005, 1207. 2 BFH v. 10.4.2007 – IX R 7/07, BStBl. II 2007, 873 = DB 2007, 2233 = ZfIR 2008, 148. 3 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 = NJW 1985, 93. 4 BFH v. 21.11.2000 – IX R 37/98, BStBl. II 2001, 705; v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726. 5 BFH v. 30.9.1997 – IX R 80/94, BStBl. II 1998, 771 = FR 1998, 97. 6 BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 16.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.421 Kap. 1

Eine Einschränkung von diesem Grundsatz gilt dann, wenn das Vermieten einer – ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereit gehaltenen – Ferienwohnung die ortsübliche Vermietungszeit – ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind – erheblich unterschreitet; hiervon ist bei einem Unterschreiten von mindestens 25 v.H. auszugehen1. In diesem Fall ist die Einkünfteerzielungsabsicht ausnahmsweise anhand einer Überschussprognose (s. dazu Rz. 1.422 ff.) vorzunehmen.

1.419

Wird hingegen eine – in Eigenregie oder über einen gewerblichen Anbieter vermietete – Ferienwohnung tatsächlich (auch) selbst genutzt (d.h. teils an wechselnde Feriengäste vermietet und teils zu Ferienzwecken selbst bewohnt oder unentgeltlich an Dritte zur entsprechenden Nutzung überlassen), ist im Einzelfall anhand einer Überschussprognose (zu Einzelheiten s. Rz. 1.422) zu prüfen, ob der Steuerpflichtige mit der notwendigen Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat; denn diese Art der Nutzung der Immobilie ist schon für sich allein Beweisanzeichen für eine (auch) private, nicht mit der Erzielung von Einkünften zusammenhängende Veranlassung der Aufwendungen. Keine Selbstnutzung in diesem Sinne stellen kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung anlässlich eines Mieterwechsels (z.B. Endreinigung; Schlüsselübergabe), zur Erhaltung der Mietsache (z.B. zur Beseitigung von Schäden, die Mieter verursacht haben bzw. zum Durchführen von Schönheitsreparaturen) oder zur Teilnahme an Eigentümerversammlungen dar2. Ob und in welchem Umfang der Steuerpflichtige die Ferienwohnung tatsächlich selbst genutzt oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten hat, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Der Steuerpflichtige trägt für das Anbieten und Bereithalten zur Vermietung die Feststellungslast3.

1.420

Eine Überschussprognose ist ferner stets dann anzustellen, wenn der Steuerpflichtige seine Ferienwohnung von einem gewerblichen Anbieter von Ferienimmobilien vermarkten lässt und er sich dabei – im Rahmen der vertraglichen Regelungen (s. hierzu auch Rz. 13.112) – eine Zeit der (bzw. ein Recht zur) Selbstnutzung vorbehalten hat, wobei es der BFH4 als unerheblich ansieht,

1.421

– ob sich der Vorbehalt der Selbstnutzung aus einer einzelvertraglich vereinbarten Vertragsbedingung oder aus einem formularmäßigen Mustervertrag ergibt; – ob, wann und in welchem Umfang der Steuerpflichtige von seinem Eigennutzungsrecht tatsächlich Gebrauch macht oder nicht; – ob die Möglichkeit der Selbstnutzung innerhalb oder außerhalb der allgemeinen Ferienzeiten liegt; 1 BFH v. 26.10.2004 – IX R 57/02, BStBl. II 2005, 388; vgl. auch BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 17. 2 So auch BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 19. 3 So auch BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 17. 4 BFH v. 16.4.2013 – IX R 26/11, BStBl. II 2013, 613 = FR 2013, 999 m. Anm. Bode (a.A. noch die Vorinstanz: FG Köln v. 30.6.2011 – 10 K 4965/07, EFG 2011, 1882); v. 16.4.2013 – IX R 22/12, BFH/NV 2013, 1552 (a.A. noch die Vorinstanz: Nds. FG v. 7.3.2012 – 9 K 180/09, EFG 2012, 1259).

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Kap. 1 Rz. 1.422 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– zu welchem Zweck die vertraglich vorbehaltene Selbstnutzung erfolgt; – wie hoch die durchschnittlich erreichte Anzahl an Vermietungstagen liegt.

1.422

Ist in den vorgenannten Fällen der Selbstnutzung bzw. der Selbstnutzungsmöglichkeit eine Überschussprognose durchzuführen, kann die Einkünfteerzielungsabsicht nur dann bejaht werden, wenn sich für einen prognostischen Zeitraum von regelmäßig1 30 Jahren ein sog. Totalüberschuss der geschätzten Einnahmen über die Ausgaben ergibt. Bei der Festlegung auf diesen Prognosezeitraum hat sich der BFH von der Erwägung leiten lassen, dass bei einer üblichen Fremdfinanzierung zu Standardkonditionen die Kredite regelmäßig innerhalb einer Laufzeit von 25 bis 30 Jahren getilgt werden und der Steuerpflichtige daher über einen solchen Zeitraum seine Investition in eine auch selbst genutzte Ferienimmobilie im Regelfall planen kann.

1.423

Im Rahmen der Überschussprognose sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: – Die Prüfung ist objektbezogen, d.h. hinsichtlich jeder Ferienwohnung einzeln durchzuführen. – Einnahmen und Werbungskosten sind zu schätzen. Soweit der Steuerpflichtige für diese Schätzung keine ausreichenden objektiven Umstände über eine bereits im Veranlagungszeitraum ersichtliche zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen und Werbungskosten vorträgt, sind die zukünftig zu erwartenden Einnahmen und Werbungskosten anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit in einem bestimmten Zeitraum (in der Regel in den fünf letzten Veranlagungszeiträumen) angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen. – Bei der Gesamtsumme der geschätzten Einnahmen wird ein Sicherheitszuschlag von 10 v.H. vorgenommen2. – Den voraussichtlichen Mieteinnahmen sind als Werbungskosten diejenigen Aufwendungen entgegenzustellen, die (ausschließlich oder anteilig) auf Zeiträume entfallen, in denen die Ferienwohnung an Feriengäste tatsächlich vermietet oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist. Dies sind zunächst die ausschließlich auf die Vermietung entfallenden Werbungskosten, z.B. Reinigungskosten, Entgelte für die Aufnahme in das Gastgeberverzeichnis und Anschaffungsund Reparaturkosten für Wirtschaftsgüter, die ausschließlich der Vermietung dienen. Auf Leerstandszeiten entfallende Aufwendungen sind zu berücksichtigen, soweit diese Zeiten der Vermietungsphase zuzurechnen sind3. Ist eine Selbstnutzung jederzeit möglich, sind im Rahmen der Prognose die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen

1 Ist von vornherein von einer zeitlich befristeten Vermietungstätigkeit auszugehen, umfasst die Prognose lediglich diesen verkürzten Zeitraum, vgl. BFH v. 9.7.2002 – IX R 47/99, BStBl. II 2003, 580; BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 36. 2 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726. 3 Das ist stets der Fall bei jenen Zeiträumen, in denen die Ferienwohnung zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.425 Kap. 1

Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen1. Lässt sich – etwa wegen unzureichender Angaben des Steuerpflichtigen – der Umfang der Selbstnutzung nicht feststellen, so sind die nicht auf die Vermietung entfallenden Aufwendungen zu je 50 v.H. der Selbstnutzung und der Vermietung zuzuordnen2. – Bei der Gesamtsumme der geschätzten Ausgaben wird ein Sicherheitsabschlag von 10 v.H. vorgenommen3. – Da der voraussichtliche „Totalüberschuss“ aus Vermietung und Verpachtung nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermitteln ist, ist die Gebäudeabnutzung in der Prognose mit der gem. § 7 Abs. 4 EStG in Betracht kommenden „Normal-AfA“ zu berücksichtigen4; negative Einkünfte aufgrund von steuerlichen Subventions- und Lenkungsnormen sind außer Ansatz zu lassen. Lässt sich nach der Prognoserechnung kein sog. Totalüberschuss absehen, bleibt es dem Steuerpflichtigen unbenommen nachzuweisen, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt, etwa bei Beginn der Vermietung, die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet hat, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt. Allerdings muss der Steuerpflichtige, der insoweit die Feststellungslast trägt, in diesem Fall hierzu konkrete objektive Umstände vortragen, aufgrund derer er im Beurteilungszeitraum erwarten konnte, einen – wenn auch nur „bescheidenen“ – Gesamtüberschuss zu erzielen. Ferner ist im Einzelfall im Rahmen der Prognoserechnung zu berücksichtigen, dass ein Steuerpflichtiger ggf. darlegt, auf die in der Vergangenheit entstandenen Werbungskostenüberschüsse reagiert und die Art und Weise der Vermietung geändert zu haben. In diesem Fall ist der Schätzung der Durchschnitt der Einnahmen und Ausgaben der zukünftigen Veranlagungszeiträume zugrunde zu legen, in denen sich die im (jeweiligen) Streitjahr objektiv erkennbar angelegten Maßnahmen erstmals ausgewirkt haben5.

1.424

(2) Beteiligung an einem Mietkaufmodell Bei der Beteiligung an einem Mietkaufmodell spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen die Absicht des Steuerpflichtigen, einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen6. Der Steuerpflichtige kann den Anscheinsbeweis nur entkräften, wenn er substantiiert darlegt, dass er im Streitjahr keine Verkaufsabsicht hatte. Bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht ist auf den Zeitraum der voraussichtlichen Nutzung durch den Beteiligten abzustellen; hat er einem Mietkäufer gegenüber ein ihn für einen bestimmten Zeitraum binden1 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726; v. 6.11.2001 – IX R 35/00, BFH/NV 2002, 765. 2 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726; v. 14.1.2003 – IX R 74/00, BFH/NV 2003, 752. 3 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726. 4 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726; s.a. BFH v. 30.9.1997 – IX R 80/94, BStBl. II 1998, 771 = FR 1998, 97. 5 BFH v. 6.11.2001 – IX R 97/00, BStBl. II 2002, 726 = FR 2002, 385. 6 BFH v. 11.8.1987 – IX R 143/86, BFH/NV 1988, 292.

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1.425

Kap. 1 Rz. 1.426 Steuerorientierte Immobilienübertragung

des Verkaufsangebot abgegeben, so ist dieser Zeitraum maßgebend1. Dem Teilnehmer an einem Mietkaufmodell fehlt auch dann die Überschusserzielungsabsicht, wenn noch kein Optionsvertrag zustande gekommen oder noch kein Optionsangebot abgegeben worden ist, weil im Zeitpunkt der Beteiligung an dem Modell das zu vermietende Objekt erst noch hergestellt werden muss oder noch kein Mieter gefunden worden ist, dem der Abschluss eines Optionsvertrages hätte angeboten werden können2. Schließlich verneint der BFH bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell die Einkünfteerzielungsabsicht solange, als der Steuerpflichtige sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück kurzfristig verkaufen oder langfristig vermieten will3. (3) Immobilienerwerb mit Rück- oder Verkaufsgarantie

1.426

Als ein Beweisanzeichen (Indiz) gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht wertet es der BFH, wenn sich ein Steuerpflichtiger an einem Bauherren- oder Erwerbermodell beteiligt, bei dem einer der Initiatoren oder ein Dritter dem Anleger verspricht, das Mietobjekt innerhalb einer bestimmten Frist, in der planmäßig nur ein Werbungskostenüberschuss erzielt werden kann, zu einem Kaufpreis, der in etwa den Gesamtkosten des Anlegers entspricht, zurückzukaufen (Rückkaufgarantie) oder zu entsprechenden Bedingungen den Weiterverkauf zu vermitteln und entsprechende Mindererlöse auszugleichen (Verkaufsgarantie). Ein Rückkaufangebot oder eine Verkaufsgarantie spreche indiziell dafür, dass sich der Steuerpflichtige noch nicht endgültig entschlossen habe, ein Mietobjekt langfristig zu vermieten; denn auf diesem Wege werde einem Anleger die Möglichkeit eröffnet, sich ohne Schwierigkeiten und ohne Vermögensverluste unter Mitnahme der durch das Modell bedingten Steuervorteile von der Immobilie zu trennen, sobald ein Einnahmeüberschuss anfalle und damit die Einkommensteuerbelastung aufgrund der Vermietungstätigkeit einsetze4.

1.427

Eine solche Indizwirkung kommt Rück- und Verkaufsgarantien allerdings nur dann zu, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Erwerber der Immobilie mindestens erwogen hat, von der Garantie oder Zusage Gebrauch zu machen. Daher ist zwingende Voraussetzung der Indizwirkung zunächst, dass der Erwerber das Angebot des Veräußerers oder eines Dritten, die Immobilie zurück- oder weiterzuverkaufen, im Zeitpunkt seiner Investitionsentscheidung auch kennt5. Ferner muss sich im Einzelfall – z.B. aus Verhandlungen über die Modalitäten sowie die Absicherung oder Beurkundung der Garantie oder der Zusage – ergeben, dass diese für die Investitionsentscheidung des Anlegers von Bedeutung war. Von einer solchen Bedeutsamkeit eines Rückkaufangebotes oder einer Verkaufsgarantie(zusage) für die

1 BFH v. 31.3.1987 – IX R 111/86, BStBl. II 1987, 668 = FR 1987, 507. 2 BFH v. 31.3.1987 – IX R 112/83, BStBl. II 1987, 774 = FR 1987, 509. 3 BFH v. 15.9.1992 – IX R 15/91, BFH/NV 1994, 301; v. 9.2.1993 – IX R 42/90, BStBl. II 1993, 658 = FR 1993, 641. 4 BFH v. 14.9.1994 – IX R 71/93, BStBl. II 1995, 116 = FR 1995, 57 und IX B 97/93, BFHE 175, 541. 5 BFH v. 14.9.1994 – IX B 142/93, BStBl. II 1995, 778 = FR 1995, 58 m. Anm. Drenseck; v. 24.1.1995 – IX R 70/93, BStBl. I.1995, 460.

122

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.432 Kap. 1

Investitionsentscheidung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Anleger hierfür ein Entgelt entrichtet1. Da entsprechende Rück- und Verkaufsgarantien lediglich im Hinblick auf die Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache herangezogen werden, schließt die zivilrechtliche Unwirksamkeit einer solchen Garantie die Wertung als Indiz gegen die Einkünfteerzielungsabsicht nicht aus2. Wird eine Verkaufsgarantie unter einer aufschiebenden Bedingung eingeräumt, entfaltet sie auch hinsichtlich des Zeitraums vor ihrem Wirksamwerden eine für das Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht nachteilige Indizwirkung3.

1.428

Rück- und Verkaufsgarantien schließen im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht nicht aus, wenn feststeht, dass der Berechtigte von dem Recht nur Gebrauch machen will, falls äußere Umstände ihn dazu zwingen4.

1.429

Im Gegensatz dazu ist im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen, wenn erkennbar ist, dass der Steuerpflichtige bereits beim Erwerb des Objekts ernsthaft in Betracht gezogen hat, sich mit Rücksicht auf diese Garantie von dem Objekt wieder zu trennen. Ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige sich die Entscheidung zur Veräußerung des Objekts unabhängig von einer Zwangslage offen halten will, ist es, wenn die beim Erwerb getroffene Vereinbarung eines Rückkaufsrechts, einer Rückkaufsgarantie oder einer Wiederverkaufsgarantie gerade für den Zeitraum gilt, in dem planmäßig nur Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet werden oder der vereinbarte Preis in etwa den Gesamtkosten entspricht oder sie sogar übersteigt5.

1.430

Die Gerichte haben im Rahmen der Würdigung des Einzelfalls zu berücksichtigen, wenn eine Rück- oder Verkaufsgarantie tatsächlich nicht in Anspruch genommen worden ist6.

1.431

(4) Verbilligte Vermietung Literatur: Mayr, Die Neuregelung verbilligter Wohnungsüberlassung nach dem Steuervereinfachungsgesetz 2011, SteuK 2011, 467.

Problematisch kann die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht auch bei einer gegenüber dem Marktniveau deutlich herabgesetzten Miete sein. Dem Grunde nach bildet eine verbilligte Vermietung ein Beweisanzeichen gegen die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters; denn dieser verzichtet auf einen Teil seiner Einnahmen, die 1 BFH v. 14.2.1995 – IX R 95/93, BStBl. II 1995, 462 = FR 1995, 511. Zur steuerrechtlichen Bedeutung von Rück- und Verkaufsgarantien bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Einzelnen s. auch Spindler, DB 1995, 894. 2 BFH v. 14.9.1994 – IX B 97/93, BFHE 175, 541, 544. 3 BFH v. 10.10.2000 – IX R 52/97, BFH/NV 2001, 587. 4 BFH v. 22.4.1997 – IX R 17/96, BStBl. II 1997, 650 = FR 1997, 610. 5 BFH v. 14.9.1999 – IX R 59/96, BStBl. II 2000, 67 = FR 2000, 103. 6 BFH v. 25.3.2003 – IX R 21/99, BFH/NV 2003, 1168 und IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1170.

Schallmoser

123

1.432

Kap. 1 Rz. 1.433 Steuerorientierte Immobilienübertragung

er bei marktgerechtem Verhalten erzielen könnte. Mit dem StVereinfG 2011 regelt § 21 Abs. 2 EStG das verbilligte Vermieten ab 2012 indes in einer Weise, nach der es nicht mehr zur einer solchen indiziellen Wirkung kommt. Daher ist die Rechtslage ab dem VZ 2012 (s. Rz. 1.433 f.) von der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt (s. Rz. 1.435 f.) zu unterscheiden.

1.433

Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 % der ortsüblichen Miete beträgt; nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift wird die Wohnungsvermietung zu einem Entgelt von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete als entgeltlich fingiert. Nach dieser gesetzlichen Grundentscheidung bildet die gegenüber der ortsüblichen Marktmiete verbilligte Vermietung ab dem VZ 2012 kein Beweisanzeichen mehr gegen die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters; denn es existiert nur noch die Alternative zwischen Aufteilung und Typisierung als entgeltlich. Für eine Zwischenstufe zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist kein Raum mehr. Unter „ortsüblicher Miete“ für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche Bruttomiete (d.h. die Kaltmiete zzgl. der nach der II. Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten) zu verstehen1.

1.434

Rechtsfolge des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 ist die Aufspaltung eines zivilrechtlich einheitlichen Rechtsgeschäfts in einen steuerbaren entgeltlichen und in einen nicht steuerbaren unentgeltlichen Teil. Soweit der Steuerpflichtige danach unentgeltlich nutzen lässt, ist seine Tätigkeit nicht steuerbar; die damit zusammenhängenden Aufwendungen sind nicht als WK abziehbar. Soweit er entgeltlich und auf Dauer vermietet, typisiert das Gesetz die Einkünfteerzielungsabsicht. Denn für den nach der Aufteilung verbliebenen steuerbaren Teil der Nutzungsüberlassung entspricht das Entgelt der ortsüblichen Marktmiete2.

1.435

§ 21 Abs. 2 EStG a.F. sah bis einschließlich VZ 2011 ein Aufteilungsgebot für den Fall vor, dass das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 v.H.3 der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Mit seiner (zur bis einschließlich 2003 geltenden Rechtslage ergangenen) Entscheidung vom 5.11.20024 hat der BFH Grundsätze zur steuerrechtlichen Behandlung verbilligter Vermietungen5 aufgestellt, die auch für den Zeitraum bis einschließlich VZ 2011 Gültigkeit haben: – Bei einer langfristigen Vermietung ist grds. von dem Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, solange der Mietzins nicht weniger als 75 v.H. der 1 H.M., s. BFH v. 10.5.2016 – IX R 44/15, BStBl. II 2016, 835; v. 25.7.2000 IX R 6/97, BFH/ NV 2001, 305; Fin.Verw. R 21.3 EStR 2008; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 543; Schmidt/Kulosa36, § 21 Rz. 159; Kirchhof/Mellinghoff16, § 21 EStG Rz. 77; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 206. 2 Siehe Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 194. 3 Bis einschließlich VZ 2003 lag die Grenze bei 50 v.H. 4 BFH v. 5.11.2002 – IX R 48/01, BStBl. II 2003, 646 = FR 2003, 239 m. Anm. Kanzler. 5 Eingehend hierzu Heuermann, DB 2003, 112; Paus, DStZ 2003, 189.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.436 Kap. 1

ortsüblichen Marktmiete beträgt1. Die Rechtsprechung geht insoweit von einer „Toleranzgrenze“ von 25 v.H. aus. Liegt die Vertragsmiete lediglich bis zu einem Viertel unter der ortsüblichen Miete, ist die Wohnungsüberlassung als vollentgeltlich zu beurteilen. – Beträgt der Mietzins 56 v.H. (bis einschl. 2003: 50 v.H.) und mehr, jedoch weniger als 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Ist die Überschussprognose (s. Rz. 1.422 ff.) positiv, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die Werbungskosten sind entsprechend dem Einnahmeverzicht zu kürzen, d.h. nur die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar. – Beträgt der Mietzins weniger als 56 v.H. (bis einschl. 2003: 50 v.H.) der ortsüblichen Marktmiete, sind die mit der Vermietungstätigkeit zusammenhängenden Werbungskosten gem. § 21 Abs. 2 EStG insoweit abziehbar, als sie anteilig auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallen. Auch bei § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. handelte es sich um eine gesetzliche Typisierung, die im Interesse der Steuervereinfachung eine genaue Ermittlung der Marktmiete sowie in dem von ihr vorgegebenen Rahmen eine Aufteilung vermeiden wollte und eine Prüfung darüber erübrigen sollte, aus welchen Gründen die ortsübliche Marktmiete im Einzelfall unterschritten wird2. Als typisierende Regelung mit dem Ziel der Steuervereinfachung steht § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. einer Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Einzelfall nicht entgegen. Bei dieser Prüfung kann eine verbilligte Vermietung aber ein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht sein3. Die Finanzverwaltung4 ist dieser Rechtsprechung gefolgt. Kommt es unter den dargestellten Voraussetzungen zu einer Aufteilung der Vermietung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil, so ist das in der verbilligten Vermietung liegende, nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des entgeltlichen Teils ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich5. Das bedeutet, dass das Mietverhältnis insoweit nicht zusätzlich einem Fremdvergleich zu unterziehen ist; in Übereinstimmung damit hat der BFH auch bisher in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass es für den Fremdvergleich unerheblich ist, wenn die vereinbarte Miete die Marktmiete unterschreitet6. Etwas anderes kann gelten, wenn die typisierende 1 Abweichung von den Urteilen BFH v. 15.12.1992 – IX R 13/90, BStBl. II 1993, 490, und v. 27.7.1999 – IX R 64/96, BStBl. II 1999, 826. 2 Vgl. BT-Drucks. 10/3633, S. 16, 17, 20, 23; BT-Drucks. 10/5208, S. 41. 3 BFH v. 27.7.1999 – IX R 64/96, BStBl. II 1999, 826. 4 BMF v. 29.7.2003, BStBl. I 2003, 405; v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933, Tz. 11 ff.; kritisch Credo, DStZ 2005, 295. 5 BFH v. 22.7.2003 – IX R 59/02, BStBl. II 2003, 806. 6 Vgl. BFH v. 25.7.2000 – IX R 6/97, BFH/NV 2001, 305; v. 30.9.1997 – IX R 80/94, BStBl. II 1998, 771 = FR 1998, 97, jeweils m.w.N.

Schallmoser

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1.436

Kap. 1 Rz. 1.451 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Annahme, dass eine langfristige Vermietung in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt, ausnahmsweise nicht gerechtfertigt ist; das kann z.B. bei einem besonders aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohngebäude der Fall sein1.

1.437–1.450

Einstweilen frei.

(5) Befristete Vermietung vor geplanter Selbstnutzung oder Veräußerung

1.451

In Frage steht das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auch in den Fällen der befristeten Vermietung vor geplanter Selbstnutzung oder Veräußerung. Die Rechtsprechung2 betrachtet es als ein Beweisanzeichen für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht, wenn ein Steuerpflichtiger ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel bis zu fünf Jahren seit seiner Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit insgesamt nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Entspricht der zeitnahe Verkauf der bereits bei der Anschaffung oder Herstellung bestehenden Absicht des Steuerpflichtigen, verhält sich dieser nicht „normtypisch“, weil seine Vermietungstätigkeit nicht auf Dauer angelegt ist; mithin kann seine Einkünfteerzielungsabsicht auch nicht ohne weiteres unterstellt werden3. Gleiches gilt, wenn ein Steuerpflichtiger die Vermietung eines bebauten Grundstücks in engem zeitlichen Zusammenhang beendet, um das Grundstück anschließend nicht steuerbar (z.B. zu eigenen Wohnzwecken) zu nutzen, nachdem er bis dahin lediglich einen Werbungskostenüberschuss erwirtschaftet hat4. Eine „Befristung“ in dem genannten Sinne kann (vertrags-)rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Eine tatsächliche („faktische“) Befristung hat die Rechtsprechung bspw. angenommen, wenn für das Mietobjekt nur eine begrenzte Anzahl möglicher Mieter – bspw. Angehörigen des Steuerpflichtigen – in Betracht kommen und/oder diese Personen nur ein zeitlich begrenztes Interesse an der Anmietung haben (etwa weil die mögliche Mietdauer wegen einer tödlichen Erkrankung des Mieters eng begrenzt ist)5.

1.452

Mit Urteil vom 14.12.20046 hat der BFH allerdings klargestellt, dass nicht allein der Abschluss eines Mietvertrages auf eine bestimmte Zeit den Schluss rechtfertigt, dass auch die Vermietungstätigkeit nicht auf Dauer ausgerichtet sei. Überdies kann der Steuerpflichtige die von einem zeitnahen Verkauf oder von einer zeitnahen Eigennutzung ausgehende Indizwirkung entkräften, in dem er darlegt und ggf. nachweist, dass die Beendigung der Vermietung auf einem neuen Entschluss beruht7. Für einen solchen neuen Entschluss kann es verschiedene Gründe gegen: sei es, dass 1 BFH v. 6.10.2004 – IX R 30/03, BStBl. II 2005, 386 = FR 2005, 432. 2 BFH v. 9.7.2002 – IX R 47/99, BStBl. II 2003, 580; v. 9.7.2002 – IX R 57/00, BStBl. II 2003, 695; v. 9.7.2002 – IX R 99/00, BFH/NV 2002, 1563; FG Brandenburg v. 25.11.1999 – 4 K 2014/98 E, P, F, EFG 2000, 1184; s.a. Heuermann, DB 2002, 2011 sowie die Anm. v. Thürmer in DStR 2002, 1611. 3 Ausführlich dazu Heuermann, DB 2002, 2011. 4 BFH v. 9.7.2002 – IX R 57/00, BStBl. II 2003, 695 = FR 2002, 1182. 5 FG Hamburg v. 26.9.2013 – 3 K 181/11, juris, rkr. 6 BFH v. 14.12.2004 – IX R 1/04, BStBl. II 2005, 211 = FR 2005, 431. 7 Siehe auch BFH v. 9.7.2002 – IX R 33/01, BFH/NV 2002, 1565.

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Schallmoser

Rz. 1.456 Kap. 1

C. Laufende Einkommensbesteuerung

sich die Anschaffung oder Herstellung als „Fehlinvestment“ herausgestellt hat, sei es, dass der Steuerpflichtige aus sich von seinem Willen unabhängigen Umständen zum vorzeitigen Verkauf gezwungen wird, oder sei es z.B., dass er finanzielle Mittel für eine anderweitige Investition benötigt. Gelingt es dem Steuerpflichtige nicht, die gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden Indizien zu entkräften, so muss ggf. eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermietungstätigkeit angestellt werden, um die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht abschließend beurteilen zu können. Zu den Modalitäten einer solchen Prognose s. Rz. 1.422 ff.). Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 15.8.20031 und vom 8.10.20042 diesen Rechtsgrundsätzen angeschlossen und sie für Mietverträge für anwendbar erklärt, die nach dem 31.12.2003 abgeschlossen werden.

1.453

(6) Einkünfteerzielungsabsicht bei Wohnungsleerstand Auch der Abzug von Aufwendungen für leerstehende Wohnimmobilien als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige mit Einkünfteerzielungsabsicht handelt. Die Rechtsprechung unterscheidet drei Fallgruppen:

1.454

– Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer nach Anschaffung, Herstellung und Selbstnutzung leerstehenden Immobilie (s. Rz. 1.455 ff.) – Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht nach vorangegangener dauerhafter Vermietung der Wohnimmobilie (s. Rz. 1.458 f.) – Verlust der Einkünfteerzielungsabsicht bei strukturell bedingtem Leerstand der Wohnimmobilie (s. Rz. 1.460). Aufwendungen für eine nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leerstehende Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen (und sie später nicht aufgegeben) hat. Mit anderen Worten: Ein Werbungskostenabzug ist in dieser Fallgruppe nicht möglich, solange die Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht durch den Steuerpflichtigen nicht festgestellt werden kann.

1.455

Die Einzelfallumstände, aus denen sich die Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen; hierfür gilt3:

1.456

– Grundsätzlich steht es dem Steuerpflichtigen frei, die im Einzelfall geeignete Art und Weise der Platzierung des von ihm angebotenen Mietobjekts am Wohnungsmarkt und ihrer Bewerbung selbst zu bestimmen.

1 BMF v. 15.8.2003, BStBl. I 2003, 427. 2 BMF v. 8.10.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 933 Rz. 36. 3 Siehe insbesondere BFH v. 11.12.2012 – IX R 14/12, BStBl. II 2013, 279.

Schallmoser

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Kap. 1 Rz. 1.457 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– Auch die Reaktion auf „Mietgesuche“ (d.h. die Kontaktaufnahme seitens des Steuerpflichtigen mit etwaigen Mietinteressenten) oder die Bewerbung von Mietobjekten in geschlossenen Foren (etwa in Unternehmenspublikationen oder am „Schwarzen Brett“) kann schon als ernsthafte Vermietungsbemühung anzusehen sein; in diesen Fällen sind jedoch an die Nachhaltigkeit solcher Bemühungen erhöhte Anforderungen zu stellen1. – Sind die vom Steuerpflichtigen selbst unternommenen Bemühungen erkennbar nicht erfolgreich, ist er gehalten, sein Verhalten anzupassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung zu suchen als auch seine Vermietungsbemühungen (bspw. durch Einschaltung eines Maklers oder durch Nutzung alternativer Bewerbungsmöglichkeiten) zu intensivieren. – Für die Beurteilung der Frage, ob im Einzelfall unternommene Vermietungsbemühungen (ggf. weiterhin) als erfolgversprechend angesehen werden können oder ob diese nach Art und Intensität anzupassen sind, steht dem Steuerpflichtigen ein inhaltlich angemessener, zeitlich jedoch begrenzter Beurteilungsspielraum zu. Ferner kann es dem Steuerpflichtigen im Einzelfall zuzumuten sein, durch entsprechende Zugeständnisse bei der Ausgestaltung des Mietverhältnisses (etwa der Vertragslaufzeit oder dem Vertragsgegenstand), bei der Höhe des Mietzinses oder im Hinblick auf die für den Steuerpflichtigen aus persönlichen Gründen als Mieter akzeptablen Personen die Attraktivität des Objektes zu erhöhen. Vorab entstandene Aufwendungen für eine im Eigentum einer Erbengesamthandsgemeinschaft stehende, bislang eigengenutzte (d.h. noch nicht vermietete) Wohnimmobilie können nur dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, wenn die Erbengemeinschaft die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Immobilienobjekts – nach Maßgabe der Bestimmungen in § 2038 BGB „gemeinschaftlich“ – erkennbar aufgenommen und insoweit ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen entfaltet hat. Denn eine Erbengemeinschaft erzielt gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, solange sie nicht auseinandergesetzt ist2. Beabsichtigt der Steuerpflichtige hingegen, die Anteile der übrigen Miterben (sowie gegebenenfalls weitere Miteigentumsanteile) hinzuzuerwerben und anschließend zu vermieten, kann (nur) dann von einer Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden, wenn ihr nachweislich zudem eine konkrete Erwerbsabsicht zugrunde liegt, deren Durchsetzung auch wirtschaftlich möglich erscheint3.

1.457

Für die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache können äußere Umstände als Indizien herangezogen werden; im Rahmen der Gesamtbeurteilung sind überdies spätere Tatsachen und Ereignisse zu berücksichtigen. Ist zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich eines leerstehenden Objektes aufgenommen hat, können mithin rückblickend der zeitliche Zusammen1 BFH v. 11.12.2012 – IX R 68/10, BStBl. II 2013, 367, SteuK 2013, 231 m. Anm. Ettlich. 2 BFH v. 9.7.2013 – IX R 43/11, BStBl. II 2014, 878 = FR 2013, 993 = ZfIR 2013, 861; v. 9.5.2017 – IX R 45/15, BeckRS 2017, 112837. 3 BFH v. 9.5.2017 – IX R 45/15, BeckRS 2017, 112837.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.459 Kap. 1

hang zwischen Beginn der Vermietungsbemühungen und späterer (tatsächlicher) Vermietung, die (u.U. fehlende) Absehbarkeit, ob und ggf. wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden sollen oder auch die Dauer einer vom Steuerpflichtigen ggf. auch selbst durchgeführten Renovierung zur Vorbereitung einer Vermietung1 als Indizien herangezogen werden. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast2. Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leer steht, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Das Besondere an dieser Fallgruppe ist, dass eine nachweislich aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht (zu den Voraussetzungen s. Rz. 1.455 ff.) in der Leerstandszeit zunächst indiziell weiterbesteht, d.h. es wird unterstellt, dass der Steuerpflichtige weiterhin vermieten möchte, solange nicht aus objektiven Umständen darauf geschlossen werden muss, dass er seine Vermietungsabsicht aufgegeben hat3. Mit anderen Worten: Ein Werbungskostenabzug ist in dieser Fallgruppe weiterhin möglich, solange eine Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht nicht festgestellt werden kann.

1.458

In der Praxis wird die Finanzverwaltung eine gewisse Leerstandszeit akzeptieren, bevor sie Nachweise verlangt, aus denen sich ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen ergeben; für den Nachweis im Einzelfall – der Steuerpflichtige trägt insoweit die Feststellungslast – gelten die unter Rz. 1.456 genannten Kriterien entsprechend. Kann der Steuerpflichtige belegen, dass er sich in der Leerstandszeit um eine Vermietung bemüht hat, kann er den in dieser Zeit angefallenen Aufwand als vorab entstandene Werbungskosten anziehen. Sind solche Bemühungen nicht festzustellen, kann daraus der Schluss gezogen werden, der Steuerpflichtige habe seine Einkünfteerzielungsabsicht – von Anfang an oder zu einem späteren Zeitpunkt – aufgegeben4. Etwas anderes gilt, wenn der Steuerpflichtige seine – zu einem früheren Zeitpunkt bereits vermietete, nunmehr aber in einem völlig maroden Zustand befindliche und daher leerstehende – Wohnung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – etwa wegen des Widerstands anderer Mitglieder der Eigentümergemeinschaft – dauerhaft nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen

1.459

1 Z.B. BFH v. 11.8.2010 – IX R 3/10, BStBl. II 2011, 166 m. Anm. Heine, SteuK 2011, 12. 2 Zu Einzelproblemen bei der Dokumentation der Einkünfteerzielungsabsicht durch den Steuerpflichtigen s. Kaligin, StBp 2016, 76. 3 BFH v. 11.12.2012 – IX R 14/12, BStBl. II 2013, 279; v. 11.12.2012 – IX R 39/11, BFH/NV 2013, 540; v. 11.12.2012 – IX R 9/12, BFH/NV 2013, 718; v. 11.12.2012 – IX R 15/12, BFH/ NV 2013, 720. 4 Siehe im Einzelnen Schallmoser, SteuK 2013, 353.

Schallmoser

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Kap. 1 Rz. 1.460 Steuerorientierte Immobilienübertragung

kann; in diesem Fall ist von einem Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen1.

1.460

Grundsätzlich besteht eine nachweislich aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht auch im Falle eines langfristigen, strukturell bedingten Leerstands – wie in der zweiten Fallgruppe – zunächst indiziell weiter. Allerdings kann ein besonders lang andauernder Leerstand nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht – trotz ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen – ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt; von einem solchen Verlust der Einkünfteerzielungsabsicht kann im Einzelfall aber nur ausgegangen werden, wenn absehbar ist, dass das maßgebliche (dem Grunde nach betriebsbereite, d.h. vermietbare) Objekt entweder wegen fehlender (und unter zumutbaren Umständen auch nicht herbeizuführender) Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht wieder vermietet werden kann, wenn also ein objektives Vermietungshindernis besteht2. Im Ergebnis ist ein Werbungskostenabzug in dieser Fallgruppe nur solange möglich, bis der Verlust der Einkünfteerzielungsabsicht festgestellt wird. (7) Besonders aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnungen

1.461

Ein Ausnahmefall von der grundsätzlichen Annahme, dass eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit letztlich zu einem Einnahmeüberschuss führt, liegt nach der Rechtsprechung auch dann vor, wenn bei einer Wohnung in einem aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohngebäude die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt3. Die Frage, ob ein Gebäude in der Weise besonders gestaltet oder ausgestattet ist, ist im Lichte der Rechtsprechung zum Ansatz der sog. Kostenmiete bei dem (früheren) Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus zu klären; die Kostenmiete war danach anzusetzen, wenn zu dem Wohnhaus eine Schwimmhalle gehört, die privat genutzte Wohnfläche mehr als 250 qm beträgt oder wenn andere besonders gewichtige Ausgestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale gegeben sind, die dem besonderen persönlichen Wohnbedürfnis des Wohnungsinhabers Rechnung tragen4. Allein die historische Bausubstanz eines denkmalgeschützten Wohngebäudes (bspw. einer alten Mühle) schließt es nicht aus, dass die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert angemessen widerspiegelt5.

1 2 3 4

BFH v 31.1.2017 – IX R 17/16, BStBl. II 2017, 633 = DB 2017, 1001 = DStRE 2017, 654. BFH v. 9.7.2013 – IX R 48/12, BStBl. II 2013, 693 = FR 2014, 73. BFH v. 6.10.2004 – IX R 30/03, BStBl. II 2005, 386 = FR 2005, 432. BFH v. 22.10.1993 – IX R 35/92, BStBl. II 1995, 98 = FR 1994, 473 m. Anm. Drenseck; s. auch OFD München und Nürnberg v. 27.10.2004, DStR 2005, 331. 5 BFH v. 19.4.2005 – IX R 10/04, BStBl. II 2005, 692.

130

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.464 Kap. 1

(8) Krasses Missverhältnis zwischen Mieteinnahmen und Schuldzinsen bei Fehlen jeglichen Finanzierungskonzeptes Die Einkünfteerzielungsabsicht ist bei einer langfristigen Vermietung grds. auch dann ausnahmsweise zu prüfen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjektes sowie anfallende Schuldzinsen fremdfinanziert und dabei hohe Zinslasten auflaufen lässt, ohne dass mittels eines Finanzierungskonzepts von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist1.

1.462

dd) Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht und Verlustverrechnungsbeschränkungen bei geschlossenen Immobilienfonds Auch bei der Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds kann sich im Einzelfall die Frage nach der Einkünfteerzielungsabsicht stellen; sie muss sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene der Gesellschafter vorliegen2. Ein Fonds ist ein Sondervermögen zur Finanzierung bestimmter Zwecke; erreicht der Fonds die angestrebte Investitionshöhe, etwa den Kaufpreis der Fondsimmobilie, wird der Platzierungszeitraum beendet und keine weiteren Gelder mehr eingeworben. Der Anlegerkreis ist damit definiert („geschlossen“)3.

1.463

(1) Immobilienfonds als Verlustzuweisungsgesellschaft Von einer gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden Vermutung ist nach der Rechtsprechung des BFH bei einer Beteiligung an einer sog. Verlustzuweisungsgesellschaft auszugehen, die interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von Einkommensteuerminderungen durch Verlustzuweisungen wirbt4. Allerdings sind die betreffenden Entscheidungen zu risikobehafteten Gesellschaften mit gewerblichen Einkünften (z.B. Explorationsgesellschaften) ergangen. Auch wenn Einigkeit darüber besteht, dass die dort entwickelten Grundsätze auch auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Anwendung finden5, hat der IX. Senat des BFH zunächst gezögert, auch einen geschlossenen Immobilienfonds als Verlustzuweisungsgesellschaft

1 BFH v. 10.5.2007 – IX R 7/07, BStBl. II 2007, 873 = DB 2007, 2233 = ZfIR 2008, 148; s. aber auch BFH v. 19.4.2005 – IX R 15/04, BStBl. II 2005, 754 = DB 2005, 2002. 2 BFH v. 8.12.1998 – IX R 49/95, BStBl. II 1999, 468 = FR 1999, 610; v. 5.9.2000 – IX R 33/97, BStBl. II 2000, 676; v. 21.11.2000 – IX R 2/96, BStBl. II 2001, 789; v. 2.7.2008 – IX B 46/08, BStBl. II 2008, 815. 3 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 = MDR 2002, 766 = NJW 2002, 1642 = DB 2002, 1042 = DStR 2002, 816 = DNotZ 2002, 805; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 420. 4 BFH v. 21.8.1990 – VIII R 25/86, BStBl. II 1991, 564 = FR 1991, 321; v. 10.9.1991 – VIII R 39/86, BStBl. II 1992, 328 = FR 1991, 749; v. 12.12.1995 – VIII R 59/92, BStBl. II 1996, 219 = FR 1996, 317. 5 Vgl. u.a. BMF v. 23.7.1992, BStBl. I 1992, 434; s. auch BFH v. 4.2.1992 – IX B 39/91, BStBl. II 1992, 883, unter III.

Schallmoser

131

1.464

Kap. 1 Rz. 1.465 Steuerorientierte Immobilienübertragung

zu behandeln1. Mit Urteil vom 21.11.20002 hat er jedoch erstmals einen Immobilienfonds als Verlustzuweisungsgesellschaft beurteilt mit der Folge, dass die Anleger die ihnen zugewiesenen Verluste nicht als negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen durften. In der Entscheidung ging der BFH davon aus, dass ein geschlossener Immobilienfonds, für den interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von Einkommensteuerminderungen durch Verlustzuweisungen geworben und nach dessen Ergebnisvorschau die Kapitaleinlagen im Wesentlichen durch Steuerersparnisse finanziert werden, jedenfalls dann als Verlustzuweisungsgesellschaft zu beurteilen ist, wenn der Fonds aufgrund einer absehbaren maßgebenden Überschuldung nicht dauerhaft überlebensfähig ist und (daher) mit einem Ausscheiden seiner Gesellschafter aufgrund einer diesen eingeräumten Verkaufsoption zu einem Zeitpunkt rechnen muss, zu dem nach der Konzeption des Fonds kein Gesamtüberschuss erzielt werden kann.

1.465

Auch in verschiedenen weiteren Einzelfällen hat der BFH zur Frage der Einkünfteerzielungsabsicht bei geschlossenen Immobilienfonds Stellung bezogen, wobei die zu beurteilenden Sachverhalte teilweise sehr ungewöhnliche Gestaltungen aufwiesen: – In seinem Urteil vom 8.12.19983 hat der BFH entschieden: Hat sich ein Immobilienfonds der Möglichkeit begeben, ein Grundstück zeitlich unbegrenzt zu nutzen, weil er einem Dritten rechtswirksam ein Ankaufsrecht eingeräumt hat, und steht fest, dass nach der Konzeption des Fonds bis zum Zeitpunkt der möglichen Ausübung des Ankaufsrechts ausschließlich Werbungskostenüberschüsse erzielt werden können, so fehlt sowohl auf der Ebene der Gesellschaft wie auch derjenigen der Gesellschafter die Einkünfteerzielungsabsicht. – Mit Urteil vom 5.9.20004 hat der BFH ausgesprochen, dass die Anleger eines mit sog. Verlustzuweisungen werbenden geschlossenen Immobilienfonds die ihnen zugeordneten Verluste dann nicht als negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen dürfen, wenn aufgrund der besonderen Konzeption des Fonds die Beurteilung gerechtfertigt ist, dass die Anleger sich vorrangig wegen der Mitnahme von Steuervorteilen beteiligt haben. Die Besonderheit der Konzeption des Immobilienfonds lag im Streitfall in Folgendem: Die bei der Gründung des Fonds getroffenen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen sahen zwar eine langfristige Vermietung zweier Immobilienobjekte vor, räumten jedoch gleichzeitig den Anlegern das Recht ein, ihre Fondsanteile an die Gründungsgesellschafter zurück zu übertragen. Die Rückübertragung sollte bei mehrheitlicher Zustimmung der Anleger erfolgen; dabei stand fest, dass bis zur möglichen Ausübung dieses Verkaufsrechts ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben (noch) nicht erzielt werden konnte. Die Finanzverwaltung und ihr folgend das FG Rheinland-Pfalz5 hatten hierzu die Ansicht vertreten, aufgrund der Vertragsgestaltung seien den 1 BFH v. 4.2.1992 – IX B 39/91, BStBl. II 1992, 883; v. 27.1.1993 – IX R 269/87, BStBl. II 1994, 615 = FR 1993, 582 unter IV. 2 BFH v. 21.11.2000 – IX R 2/96, BStBl. II 2001, 789 = FR 2001, 415. 3 BFH v. 8.12.1998 – IX R 49/95, BStBl. II 1999, 468 = FR 1999, 610. 4 BFH v. 5.9.2000 – IX R 33/97, BStBl. II 2000, 676 = FR 2000, 1342. 5 Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 20.11.1995 – 3 K 2335/90, EFG 1997, 749.

132

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.466 Kap. 1

Anlegern mangels Einkünfteerzielungsabsicht keine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Der BFH hat diese Auffassung bestätigt. Er hat es als Beweisanzeichen für das Fehlen einer Einkünfteerzielungsabsicht gewertet, wenn sich ein Steuerpflichtiger entweder vertraglich die Möglichkeit verschafft, ein Immobilienobjekt innerhalb einer Frist zu verkaufen, in der ein Einnahmeüberschuss nicht zu erzielen ist, oder er sich noch nicht endgültig entschieden hat, ob er das Objekt kurzfristig verkaufen oder langfristig vermieten will. Im Urteilsfall sei den Anlegern nicht nur bereits bei Vertragsabschluss eine (mehrheitlich auszuübende) Option zum Verkauf der Fondsanteile an die Gründungsgesellschafter eingeräumt worden; darüber hinaus seien die Verträge hinsichtlich der Finanzierung und der gegebenen Garantien auch so gestaltet gewesen, dass die Beurteilung des FG, es sei mit der Ausübung der Option zu rechnen gewesen, nicht beanstandet werden könne. – In seiner Entscheidung vom 15.10.20021 hat der BFH schließlich betont, dass die gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht sprechende Indizwirkung, die sich aus einem Angebot auf Rückübertragung von Gesellschaftsanteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds ergibt, im Einzelfall aufgrund bestimmter, auch erst nach der Anlageentscheidung eintretender Umstände als widerlegt erachtet werden kann. So hat er z.B. die Würdigung des FG im Streitfall, aus der Tatsache, dass ein Gesellschafter – statt eine bestehende Rückkaufgarantie in Anspruch zu nehmen – Kapital in die Gesellschaft nachgeschossen habe, könne auf eine langfristige Anlageentscheidung geschlossen werden, bestätigt. (2) Immobilienfonds als Steuerstundungsmodell Der in der Rechtsprechung des BFH zur fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht bei der Beteiligung an einer Verlustzuweisungsgesellschaft zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke wird ergänzt durch den mit dem „Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen“ vom 22.12.20052 eingefügten Verweis in § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG, der die entsprechende Anwendung von § 15b EStG anordnet. Danach dürfen Verluste, welche im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstehen, nur die Einkünfte mindern, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Die Vorschrift setzt als Regelung der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte voraus, dass Einkunftserzielungsabsicht gegeben ist; § 15b EStG ist mithin erst anzuwenden, wenn nach der eingangs dargestellten Rechtsprechung des BFH (s. Rz. 1.464) die Absicht der Einkünfteerzielung grundsätzlich bejaht werden kann3.

1 BFH v. 15.10.2002 – IX R 29/99, BFH/NV 2003, 462. 2 BGBl. I 2005, 3683. § 15b EStG ist erstmals sinngemäß anwendbar auf negative Einkünfte aus Steuerstundungsmodellen, denen der Steuerpflichtige nach dem 10.11.2005 beigetreten ist oder mit deren Außenvertrieb nach dem 10.11.2005 begonnen wurde (§ 52 Abs. 25 Satz 1 EStG). 3 Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 521.

Schallmoser

133

1.466

Kap. 1 Rz. 1.467 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.467

§ 15b EStG ist seiner Struktur nach auf geschlossene Fonds in Form der Personengesellschaft zugeschnitten, die gewerblich tätig sind1. Die sinngemäße Anwendung der Norm auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass die Vermietungstätigkeit sich als Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell darstellt, das nach der Definition des § 15b Abs. 2 EStG durch eine modellhafte Gestaltung der Vermietungstätigkeit zur Erzielung steuerlicher Vorteile gekennzeichnet ist. Nach § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG erlaubt das Vorliegen eines vorgefertigten Konzepts, das die Möglichkeit bietet, zumindest in der Anfangsphase negative Einkünfte zu erzielen, den Schluss auf die Modellhaftigkeit. Typischerweise wird das Konzept mittels eines vorgefertigten Anlageprospekts vertrieben2. Charakteristisch ist des Weiteren eine Bündelung von Leistungen (Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen) durch den Anbieter, wobei dem Anleger kein Einfluss auf die Geschäftsführung zusteht, weil die Anlage von Kapital im Vordergrund steht3. Dagegen verlangt § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG nicht, dass das Konzept auf gleichgerichtete Leistungsbeziehungen ausgerichtet sein muss, die im Wesentlichen identisch sind4.

1.468

Geschlossene Immobilienfonds – insbesondere solche, die in Objekte des Denkmalschutzes oder in Sanierungsgebieten investieren, um erhöhte Absetzungen (§ 7h EStG, s. Rz. 1.487 ff.; § 7i EStG, s. Rz. 1.496 ff.) anteilig zu vermitteln – werden regelmäßig von § 15b EStG erfasst. Aber auch Einzelinvestitionen mit modellhaftem Charakter außerhalb einer gesellschafts- oder gemeinschaftsrechtlichen Bindung können betroffen sein. Einem Immobilienkauf vom Bauträger kommt dann noch kein modellhafter Charakter zu, wenn das Objekt – das im Sanierungsgebiet liegt oder dem eine Denkmaleigenschaft zukommt – saniert wird und der Verkauf vor Beginn der Sanierung außerhalb einer Fondskonstruktion erfolgt5. Demgegenüber kann ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b EStG vorliegen, wenn neben Sanierung und Verkauf Zusatzleistungen wie Vermietungs- oder Mietgarantien, Finanzierungsvermittlung und ähnliche Leistungen erbracht werden und der Modellerfolg mittels einer zwingenden Verknüpfung der verschiedenen Verträge sichergestellt wird.

1.469

Rechtsfolge einer entsprechenden Anwendung des § 15b EStG ist, dass negative Einkünfte (Werbungskostenüberschüsse) unbeschränkt nur bis zur Höhe der positiven Einkünfte aus derselben Einkunftsquelle zu verrechnen sind. Das Abstellen auf „dieselbe“ Einkunftsquelle schließt die Verrechnung mit positiven Einkünften aus anderen Steuerstundungsmodellen i.S.d. § 15b EStG aus. Zu den „modellhaften negativen Einkünften“, die nicht zur Verrechnung mit den übrigen positiven Einkünften führen dürfen (§ 15b Abs. 2 Satz 2 EStG), gehören nur solche, auf denen das Steuerstundungsmodell beruht (etwa weil sie durch Werbungskostenabzug oder AfA veranlasst sind). Typische Verlustsituationen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung außerhalb modellhafter Gestaltungen – etwa negative Einkünfte, die nicht 1 2 3 4

BT-Drucks. 16/107, 6. BFH v. 6.2.2014 – IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465 = DB 2014, 748. BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 Tz. 10. BFH v. 6.2.2014 – IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465 = DB 2014, 748; a.A. BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 Tz. 8. 5 BT-Drucks. 16/107, 7.

134

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.470 Kap. 1

absehbar waren (Mietausfälle, Beschädigung des Anlageobjekts) – können u.E. unbeschränkt mit anderen positiven Einkünften, auch aus derselben Einkunftsart, ausgeglichen bzw. nach § 10d EStG abgezogen werden1. 2. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen dieser Einkunftsart zufließen (§ 8 Abs. 1 EStG); maßgeblich ist das Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG analog). Einnahmen sind danach ganz allgemein Gegenleistungen für das zeitlich begrenzte entgeltliche Überlassen unbeweglichen Vermögens zum Gebrauch oder zur Nutzung2. Hierzu zählen: – die Miete, – Mietzuschüsse3, – Nebenentgelte (Nebenkosten), die der Mieter oder Pächter – auch in Übernahme von Kosten (etwa öffentl. Abgaben und Gebühren), welche eigentlich der Vermieter oder Verpächter schuldet – an den Vermieter leistet, z.B. für Wasser. Elektrizität, Heizung, Grundsteuer, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kanalbenutzung, Aufzug4, – das Entgelt für die Benutzung der Zentralheizung, für die Ausstattung der Wohnung mit Elektrogeräten5 oder aus der Überlassung eines Schwimmbeckens an die Mieter eines Mehrfamilienhauses6, – Dienstleistungen, z.B. eines Hausmeisters, der aus diesem Grunde weniger Barmiete zahlt7, – Sachleistungen, z.B. die Erstellung eines Gebäudes durch den Nutzungsberechtigten8 und

1 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/107, 6; ebenso Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 524. Die ohne stichhaltige Begründung abweichende Auffassung der FinVerw. (BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 Tz. 19) widerspricht dem erklärten Willen des Gesetzgebers. 2 BFH v. 20.9.2006 – IX R 17/04, BStBl. II 2007, 112 = DStR 2006, 2246 = DB 2006, 2786 = ErbStB 2007, 34. 3 BFH v. 12.7.2016 – IX R 56/13, BStBl. II 2017, 253 = DB 2016, 2881 = DStR 2016, 2850, betr. ein Mietzuschussdarlehen, bei dem nicht nur der Zeitpunkt der Rückzahlung, sondern auch die Verpflichtung zur Rückgewähr überhaupt ungewiss war und der Darlehensgeber das insoweit bestehende wirtschaftliche Risiko alleine trug. 4 Siehe auch Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 232. 5 BFH v. 30.9.2003 – IX R 9/03, BStBl. II 2004, 225 = DB 2003, 2745 = NJW 2004, 533; Kirchhof/Mellinghoff16, § 21 EStG Rz. 48, „Umlagen und Nebenentgelte“; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 232. 6 BFH v. 18.8.1978 – VIII R 17/74, BStBl. II 1979, 14; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 232. 7 Siehe auch Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 232. 8 Siehe auch Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 232.

Schallmoser

135

1.470

Kap. 1 Rz. 1.471 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– ersetzte Aufwendungen, die vorher als Werbungskosten bei den Einkünften abgezogen worden waren1.

1.471

Zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zählen nicht: – Zahlungen, die für die Vermögenssubstanz geleistet werden, typischerweise das Entgelt für die Veräußerung eines Gegenstandes, – die Vergütung für den Verzicht auf den gesetzlichen Grenzabstand zum Nachbargrundstück2 oder – die Entschädigung aus einer Brandversicherung, soweit sie für die Bausubstanz gezahlt wird.

1.472

Einnahmen sind nach § 11 Abs. 1 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie zufließen (Zuflussprinzip). Das Entgelt für eine Nutzungsüberlassung ist auch dann nach § 21 EStG steuerbar, wenn es in einem Einmalbetrag gezahlt wird. Allerdings kann der Steuerpflichtige nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG Einnahmen, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. 3. Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung

1.473

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Zu den Werbungskosten zählen danach insbesondere – Absetzungen für Abnutzung (s. Rz. 1.481 ff.), – alle mit der Finanzierung zusammenhängenden Aufwendungen, etwa Zinsen, Auszahlungsverluste, Finanzierungsvermittlungsprovisionen sowie Notar und Grundbuchkosten im Rahmen der Finanzierung (s. Rz. 1.531 ff.), – ein Damnum in marktüblicher Höhe (s. Rz. 1.543 f.)3, – Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung (sog. Erhaltungsaufwendungen) und Erschließungsbeiträge, soweit sie nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu rechnen sind (s. Rz. 1.545 ff.), – Steuern und Gebühren, insbesondere Grundsteuer, Zweitwohnungssteuer (s. allg. Rz. 1.943 ff.; zur anteiligen Behandlung der Zweitwohnungssteuer bei Feri1 BFH v. 23.11.1993 – IX R 101/92, BStBl. II 1994, 348; dies gilt unabhängig davon, ob sie der ursprüngliche Gläubiger oder ein Dritter erstattet, vgl. BFH v. 1.12.1992 – IX R 333/87, BStBl. II 1994, 12 = FR 1993, 503 m. Anm. Drenseck. 2 BFH v. 5.8.1976 – VIII R 97/73, BStBl. II 1977, 26. Die Vergütung für den Verzicht auf den gesetzlichen Grenzabstand zum Nachbargrundstück ist jedoch nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern. 3 BMF v. 20.10.2003 – IV C 3 - S 2253a - 48/03, BStBl. I 2003, 546.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.484 Kap. 1

enwohnungen als Werbungskosten s. Rz. 1.572) Kaminkehrergebühren und gemeindliche Gebühren für Müllabfuhr, Wasser, Kanal, Straßenreinigung und Strom, soweit diese Kosten nicht unmittelbar vom Mieter an die gemeindlichen Versorgungsträger entrichtet werden, – Betriebskosten, insbesondere die Kosten für Verwaltung, Hausmeister und Reinigung, – Versicherungsprämien sowie – ggf. auch Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden (s. Rz. 1.570) und Abrisskosten (s. Rz. 1.571)

1.474–1.480

Einstweilen frei. a) Absetzungen für Abnutzung (AfA) aa) Allgemeines

Während nach der Wertverzehrthese die AfA eine Form von Wertverzehr darstellt, der aus dem Einsatz eines mehrjährig genutzten abnutzbaren Wirtschaftsgutes zur Einkunftserzielung resultiert, ist die AfA nach u.E. zutreffender Auffassung ein Aufwand, der periodengerecht auf die gewöhnliche Dauer der Nutzung des Wirtschaftsgutes verteilt wird1. Bei teilentgeltlichem Erwerb laufen verschiedene AfA-Reihen, da der unentgeltlich erworbene Teil des Wirtschaftsgutes gem. § 11d EStDV an die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers anknüpft.

1.481

Die AfA-Bemessungsgrundlage errechnet sich aus den Anschaffungskosten. Notar, Grundbuch und Maklergebühren sowie die Grunderwerbsteuer stellen Anschaffungsnebenkosten dar, die den Anschaffungskosten zugeschlagen werden, also nicht sofort abzugsfähig sind. Dagegen stellen die Notar- und Grundbuchamtsgebühren für die Eintragung von Grundpfandrechten im Grundbuch zur Finanzierung des Kaufpreises Finanzierungskosten und damit sofort abziehbare Werbungskosten dar, wenn das Objekt zur Erzielung von Einkünften verwendet wird.

1.482

Im Falle der Herstellung errechnet sich die AfA-Bemessungsgrundlage aus den Herstellungskosten. Sofern der Hersteller ein durch Kaufvertrag erworbenes Gebäude abreißt und durch einen Neubau ersetzt, zählen die Abbruchkosten einschließlich des Gebäuderestwertes ggf. zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens (allg. zu Abrisskosten als Werbungskosten s. Rz. 1.571)2.

1.483

bb) Lineare AfA Die lineare AfA beträgt bei nach dem 31.12.1924 fertiggestellten Gebäuden, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, jährlich 2 % (bei vor dem 1.1.1925 fer1 Vgl. Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 1. 2 Vgl. FG Brandenburg v. 12.11.2002 – 3 K 192/01, rkr., DStRE 2003, 966; zum Erwerb ohne Abbruchabsicht vgl. H 6.4 EStH 2014.

Schallmoser

137

1.484

Kap. 1 Rz. 1.485 Steuerorientierte Immobilienübertragung

tiggestellten Gebäuden jährlich 2,5 %) der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- und Herstellungskosten ohne Berücksichtigung der auf den Grundstückserwerb entfallenden Kosten (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b EStG)1. Bei Gebäuden, die zu einem Betriebsvermögen gehören, nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist, beträgt die lineare AfA gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG jährlich 3 %. cc) Degressive AfA

1.485

Aufgrund des Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.20052 ist die degressive AfA ausgelaufen. Lediglich bei zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, die vom Steuerpflichtigen aufgrund eines nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.1.2006 gestellten Bauantrags hergestellt oder aufgrund eines nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.1.2006 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden sind, kann degressive AfA noch gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. c EStG geltend gemacht werden. Voraussetzung für die Geltendmachung der degressiven AfA ist in jedem Fall ein Neubau zu Wohnzwecken; das bedeutet, dass das Gebäude dazu geeignet und bestimmt ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Ein Gebäude dient nicht Wohnzwecken i.S.d. § 7 Abs. 5 EStG, wenn es – Ferienwohnungen enthält, die für kürzere Zeiträume an wechselnde Feriengäste vermietet werden3, – sich um ein Pflegegebäude handelt, in dem der Bewohner nicht die tatsächliche Sachherrschaft über seine Unterkunft ausübt, etwa weil die Eignung der betreffenden Räume zur eigenständigen Haushaltsführung fehlt4 oder der Bewohner sich mangels Kochgelegenheit nicht selbst verpflegen kann5.

1.486

Nach dem BFH-Urteil v. 30.9.20036 dient eine Eigentumswohnung, die in der Wohnform des „betreuten Wohnens“ genutzt wird, regelmäßig Wohnzwecken i.S.v. § 7 Abs. 5 EStG7.

1 Zur Kaufpreisaufteilung in die Gebäude und Bodenanteile vgl. Sprengnetter, DB 2003, 525; FG Hamburg v. 9.9.2003 – III 268/03, rkr., DStRE 2004, 370. 2 Gesetz v. 22.12.2005, BStBl. I 2006, 79. 3 BFH v. 14.3.2000 – IX R 8/97, BStBl. II 2001, 66 = FR 2000, 995. 4 BFH v. 30.9.2003 – IX R 2/00, BStBl. II 2004, 221 = FR 2004, 219 = DStR 2003, 2158, zu einer Seniorenwohnanlage, in der sich der Betreiber die jederzeitige Verlegung der Heimbewohner vorbehalten hatte. 5 BFH v. 30.9.2003 – IX R 7/03, BStBl. II 2004, 223 = FR 2004, 220 – Pflegezimmer. 6 BFH v. 30.9.2003 – IX R 9/03, BStBl. II 2004, 225 = FR 2004, 222. 7 Zur Frage, ob „betreutes Wohnen“ auch „Wohnzwecken“ i.S.d. InvZulG dient, s. BFH v. 19.5.2004 – III R 12/03, BStBl. II 2004, 837.

138

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.489 Kap. 1

dd) Erhöhte Absetzungen gem. § 7h EStG bei Gebäuden in Sanierungsgebieten Literatur: Heuermann, Bindungswirkung einer Bescheinigung nach § 7h EStG, StW 2006, 926; Kaligin, Immobilieninvestitionen unter Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach §§ 7h, 7i EStG, DStR 2008, 1763.

(1) Begünstigte Maßnahmen Für Herstellungskosten, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten (vgl. §§ 136 ff. BauGB) oder städtebaulichen Entwicklungsbereichen entstehen (vgl. §§ 165 ff. BauGB), kann der Steuerpflichtige im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren erhöhte Absetzungen gem. § 7h EStG (jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren jeweils 7 % der Herstellungskosten) in Anspruch nehmen1.

1.487

Führt der Investor die Modernisierungsmaßnahmen nicht selbst durch, sondern schafft er ein modernisierungsbedürftiges Objekt im Sanierungsgebiet an, können auch für Anschaffungskosten erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen werden, soweit sie auf Maßnahmen entfallen, die nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrages oder eines gleichstehenden Rechtsakts2 durchgeführt worden sind (§ 7h Abs. 1 Satz 3 EStG).

1.488

Gefördert werden Baumaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB; Voraussetzung ist danach, dass die Baumaßnahme entweder

1.489

– vor Baubeginn von der Gemeinde angeordnet (§ 177 Abs. 1 Satz 1 BauGB) oder – mit dem Betroffenen durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart worden ist. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn der Eigentümer freiwillig eine Baumaßnahme durchführt, auch wenn die übrigen Voraussetzungen des § 177 BauGB erfüllt sind. Nicht begünstigt ist ferner die Herstellung eines Neubaus im bautechnischen Sinne3. Nach § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG sind außerdem Baumaßnahmen an Gebäuden mit besonderer Bedeutung begünstigt, wenn der Eigentümer sich hierzu der Gemeinde gegenüber verpflichtet hat. Zu beachten ist, dass die Genehmigung der Modernisierung in der Regel mit der Auflage verbunden ist, eine bestimmte Mietobergrenze einzuhalten. Außerdem muss der Investor in Betracht ziehen, dass er nach Abschluss der Sanierung u.U. einen Ausgleichsbetrag bezahlen muss, durch den die mit der Sanierung erzielte Steigerung des Bodenwertes abgeschöpft werden soll (§ 154 BauGB).

1 Zu den Besonderheiten bei Baumaßnahmen i.S.d. § 7h EStG im Rahmen von Bauherrenmodellen s. BMF v. 20.10.2003 – IV C 3 - S 2253a - 48/03, BStBl. I 2003, 546, Tz. 10. 2 Zum Begriff des „gleichstehenden Rechtsakts“ s. BFH v. 19.2.2013 – IX R 32/12, BStBl. II 2013, 482. 3 Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7h EStG Rz. 9.

Schallmoser

139

Kap. 1 Rz. 1.490 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.490

Liegt nicht Herstellungs- oder Anschaffungsaufwand, sondern Erhaltungsaufwand vor, kann der Steuerpflichtige die durch Zuschüsse aus öffentlichen Kassen nicht gedeckten Aufwendungen nach § 11a EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen.

1.491

Hat eine Personengesellschaft von der Vorschrift erfasste Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt oder Anschaffungskosten getragen, ist nicht die Gesellschaft, sondern nur der Gesellschafter berechtigt, die erhöhten Absetzungen in Anspruch zu nehmen1.

1.492

Für selbstgenutzte Eigentumswohnungen in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen besteht ein Sonderausgabenabzug gem. § 10f EStG (s. Rz. 1.506 und Rz. 4.278). (2) Bemessungsgrundlage

1.493

Begünstigt werden nach 7h Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG die (nachträglichen) Herstellungskosten, in besonderen Fällen (7h Abs. 1 Satz 3 EStG) die Anschaffungskosten des Steuerpflichtigen. Die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen ist um Zuschüsse aus Sanierungs- und Entwicklungsförderungsmitteln (bspw. nach § 177 Abs. 4 und 5 BauGB) zu kürzen, soweit diese Zuschüsse für begünstigte Baumaßnahmen gewährt werden. Die Zuordnung von Zuschüssen zu begünstigten und nicht begünstigten Aufwendungen richtet sich nach der Zweckbestimmung des Zuschussgebers; der Steuerpflichtige hat insoweit kein Wahlrecht zur Behandlung der Zuschüsse als Einnahmen2. (3) Bescheinigung

1.494

Die nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG vorgesehene Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung; sie kann nicht über § 86 Abs. 3 FGO erzwungen werden3. Die Bescheinigung ist Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO4; sie muss, um Bindungswirkung zu entfalten, eine eindeutige Aussage zu den Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG für die betroffene Maßnahme enthalten. Es ist objektbezogen5 – d.h. gesondert hinsichtlich jedes einzelnen Immobilienobjekts – zu bestätigen,

1 2 3 4

BFH v. 17.7.2001 – IX R 50/98, BStBl. II 2001, 760 = FR 2001, 1182. Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7h EStG Rz. 19. BVerfG v. 19.12.2006 – 2 BvR 2357, 2389/06, BFH/NV, Beilage 4, 233. BFH v. 22.9.2005 – IX R 13/04, BStBl. II 2007, 373 = DB 2006, 2497; v. 2.9.2008 – X R 7/07, BStBl. II 2009, 596 = DStR 2009, 1305. 5 BFH v. 6.5.2014 – IX R 15/13, BStBl. II 2015, 581 = DStR 2014, 1910; v. 6.12.2016 – IX R 17/15, BStBl. II 2017, 523 = DStR 2017, 768 = DB 2017, 1068: Die Bescheinigung darf sich mithin nicht auf ein Gesamtgebäude beziehen, wenn darin mehrere Immobilienobjekte (d.h. Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, Eigentumswohnungen oder im Teileigentum stehende Räume, s. § 7h Abs. 3 EStG) enthalten sind. Kritisch hierzu Beck, DStR 2017, 1469

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.494 Kap. 1

– ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. maßgeblichen Vorschriften des BBauG oder Maßnahmen i.S.d. StBauFG durchgeführt worden sind, – ob das betreffende Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt und – ob und in welcher Höhe für die Maßnahmen Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Nach diesen Grundsätzen prüft allein die Gemeinde, ob die in der Vorschrift angeführten Maßnahmen durchgeführt wurden. Hierzu gehört auch, welchen Umfang die Baumaßnahme haben darf, um noch als (steuerbegünstigte) Sanierung und nicht als (nicht begünstigter) Neubau im bautechnischen Sinne (s. Rz. 1.489) zu gelten1. Dabei muss nach den Wertungen des BauGB (und nicht nach steuerrechtlichen Wertungen) entschieden werden, wie die Begriffe „Modernisierung“ und „Instandsetzung“ zu verstehen sind2; eine Aufspaltung der Kosten in solche für einen Neubau der Wohnung und einen Anteil an den Sanierungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums ist insoweit nicht möglich3. Die Gemeindebehörde entscheidet aber nicht bindend über die persönliche Abzugsberechtigung, also nicht darüber, wer Herstellungskosten getragen hat und wem sie als Abzugsberechtigtem zuzurechnen sind4. Vertritt die Finanzbehörde eine von der bescheinigenden Gemeinde abweichende Auffassung und hält sie daher die Bescheinigung für rechtswidrig, hat sie nur die Möglichkeit, bei der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass sie diese zurücknimmt oder ändert; nach Remonstration ist die Finanzbehörde auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen5. Remonstriert die Finanzbehörde bei der zuständigen Gemeindebehörde, führt dies weder zur Fortsetzung des ursprünglichen Verwaltungsverfahrens über die Erteilung der Bescheinigung noch wird dadurch ein neues dahingehendes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, über welches die Gemeindebehörde erneut förmlich zu entscheiden hat; die steuerrechtliche Bindungswirkung einer einmal er-

1 BFH v. 21.8.2001 – IX R 20/99, BStBl. II 2003, 910 = DB 2001, 2578 = ZfIR 2002, 232; v. 22.9.2005 – IX R 13/04, BStBl. II 2007, 373 = DB 2006, 2497; v. 6.5.2014 – IX R 15/13, BStBl. II 2015, 581 = DStR 2014, 1910; v. 22.10.2014 – X R 15/13, BStBl. II 2015, 367. Siehe ferner BFH v. 17.12.1996 – IX R 91/94, BStBl. II 1997, 398 = FR 1997, 420, v. 4.5.2004 – XI R 38/01, BStBl. II 2005, 171 m. Anm. Fischer, FR 2005, 29, jew. zur Vorgängervorschrift des § 82g Abs. 1 Satz 3 EStDV 1986. Die Finanzverwaltung folgt der st. BFH–Rspr., s. R 7h Abs. 4 Satz 2 EStR. 2 BFH v. 21.8.2001 – IX R 20/99, BStBl. II 2003, 910 = DB 2001, 2578 = ZfIR 2002, 232; v. 22.9.2005 – IX R 13/04, BStBl. II 2007, 373; v. 22.10.2014 – X R 15/13, BStBl. II 2015, 367; v. 6.10.2016 – IX B 81/16, BStBl. II 2017, 196. 3 FG Berlin-Brandenbg v. 18.2.2016 – 5 K 11194/13, EFG 2016, 1591, n.rkr., Rev., Az. des BFH: X R 6/16. 4 BFH v. 21.8.2001 – IX R 20/99, BStBl. II 2003, 910 = DB 2001, 2578 = ZfIR 2002, 232; v. 22.9.2005 – IX R 13/04, BStBl. II 2007, 373 = DB 2006, 2497. 5 BFH v. 21.8.2001 – IX R 20/99, BStBl. II 2003, 910 = DB 2001, 2578 = ZfIR 2002, 232; v. 22.9.2005 – IX R 13/04, BStBl. II 2007, 373 = DB 2006, 2497; v. 6.5.2014 – IX R 15/13, BStBl. II 2015, 581 = DStR 2014, 1910; v. 22.10.2014 X R 15/13, BStBl. II 2015, 367.

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Kap. 1 Rz. 1.495 Steuerorientierte Immobilienübertragung

teilten Bescheinigung kann mithin durch die Remonstration nicht beseitigt werden1. (4) Ausgleichsbeträge

1.495

Bei der Ausweisung eines Sanierungsgebietes kann die jeweilige Gemeinde das klassische oder das vereinfachte Verfahren wählen: – Beim vereinfachten Verfahren wird im Grundbuch kein Sanierungsvermerk eingetragen und die Verfügungsbefugnis in keiner Weise beschränkt. Für etwaige Bodenwerterhöhungen hat der betroffene Eigentümer oder Käufer keinen Ausgleichsbetrag an die Kommune zu entrichten. – Bei der Ausweisung eines Sanierungsgebietes im klassischen Verfahren wird bei den betroffenen Grundstücken ein Sanierungsvermerk im Grundbuch eingetragen. Die Gemeinde kann gem. § 154 Abs. 2 BauGB einen Ausgleichsbetrag für die Differenz zwischen dem Anfangswert (vor Beginn der Sanierung) und dem Endwert (bei Abschluss der Sanierung) erheben. Danach soll aus dem Mietspiegel die sanierungsbedingte Werterhöhung ermittelt werden2. Der BFH3 wendet auf sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge die Grundsätze über die steuerliche Behandlung von Erschließungsbeiträgen an (s. Rz. 1.564 ff.). ee) Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen gem. § 7i EStG Literatur (Auswahl): Beck, Inanspruchnahme der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG neben den erhöhten Absetzungen für Baudenkmale nach § 7i EStG, DStR 2004, 1951; Beck, Die Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG, DStR 2009, 1412; Büchner/ Fritzsch, Steuerliche Förderung von denkmalgeschütztem Eigentum, DStR 2004, 2169; Götz, Anschaffungsnaher Aufwand bei Baudenkmalen, DStR 2012, 1217; Götz, Anschaffungsnaher Aufwand vs. §§ 7i, 11b EStG, DStR 2011, 1016; Marx/Noack, Verhältnis zwischen anschaffungsnahen Aufwendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG und Aufwendungen nach § 7i Abs. 1 Satz 1, § 11b Satz 1 EStG, DStR 2013, 173; Kaligin, Zur Problematik von rückwirkenden Kumulationsverboten bei Immobilieninvestitionen und Abschreibungsvergünstigungen, DStR 2007, 1112; Kaligin, Immobilieninvestitionen unter Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach §§ 7h, 7i EStG, DStR 2008, 1763; Kleeberg, Das Baudenkmal als Alt oder Neubau, FR 2005, 365; Pauly, Zur Problematik der erhöhten Absetzungen nach § 7i EStG – Denkmalschutz vs. Steuerrecht? ZfIR 2010, 824; Zabel/Mohr, Die Vermietung denkmalgeschützter Immobilien, ZfIR 2010, 5865.

1 BFH v. 6.10.2016 – IX B 81/16, BStBl. II 2017, 196 = DStR 2016, 2644. 2 Siehe Luckas/Jaeger, ZfIR 2007, 603 ff. 3 BFH v. 27.10.1993 – I R 65/92, BFH/NV 1994, 471; s.a. BFH v. 22.3.1994 – IX R 52/90, BStBl. II 1994, 842 = FR 1994, 824.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.498 Kap. 1

(1) Begünstigte Maßnahmen Ziel des § 7i EStG ist die Erhaltung und Bewahrung schutzwürdiger Baudenkmäler, die zur Einkünfteerzielung1 verwendet werden2. Begünstigt werden zunächst (nachträgliche) Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung eines Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Sofern das Gebäude kein Baudenkmal darstellt, aber Teil einer Gesamtanlage ist, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Einheit geschützt ist (Ensembleschutz), kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen von den Herstellungskosten für solche Baumaßnahmen vornehmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gesamtanlage erforderlich sind3.

1.496

Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Zielsetzung sind nicht begünstigt die

1.497

– Gestaltung eines Innenhofs; – Gestaltung einer Außenanlage, eines Gartens oder eines Vorplatzes; – die Neuerrichtung einer Tiefgarage4. Nicht begünstigt ist überdies der Wiederaufbau oder eine völlige Neuerrichtung des Gebäudes. Der Zweck des § 7i EStG, kulturhistorisch wertvolle Gebäude zu erhalten und zu modernisieren, rechtfertigt jedoch die Auslegung, dass Herstellungskosten, die zur Erhaltung des Gebäudes i.S.d. § 7i EStG erforderlich sind, auch dann vorliegen, wenn nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen (z.B. bei Erneuerung tragender Teile) von einem Neubau in bautechnischer Sicht auszugehen ist5. Gemäß § 7i Abs. 1 Satz EStG können erhöhte Absetzungen auch für den Teil von Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden, die auf begünstigte Aufwendungen an einem Baudenkmal entfallen. Diese Regelung zielt auf den Investor, der 1 Soweit ein modernisiertes Baudenkmal nicht zur Erzielung von Einkünften, sondern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, können gem. § 10f EStG sowohl Erhaltungsaufwand als auch nachträgliche Herstellungskosten im Jahr des Abschlusses der Baumaßnahme sowie in den folgenden neun Jahren jeweils in Höhe von 9 v.H. als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit sie als begünstigt bescheinigt werden. Nutzt der Steuerpflichtige das Gebäude nicht im Rahmen einer der Einkunftsarten und auch nicht zu eigenen Wohnzwecken, kann er die begünstigten Aufwendungen in gleicher Weise gem. § 10g EStG als Sonderausgaben abziehen. 2 Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7i EStG Rz. 10. 3 Daher sind Baumaßnahmen im Innern des Gebäudes von der Begünstigung ausgeschlossen. 4 Vgl. BFH v. 15.10.1996 – IX R 47/92, BStBl. II 1997, 176. = FR 1997, 106 Hat die Denkmalbehörde die Herstellungskosten einer Tiefgarage indes in die erteilte denkmalschutzrechtliche Bescheinigung aufgenommen, ist diese denkmalrechtliche Beurteilung auch steuerrechtlich bindend, wenn zwischen den Baulichkeiten ein einheitlicher Nutzungsund Funktionszusammenhang besteht und die Tiefgarage deshalb kein selbständiges Gebäude ist, vgl. BFH v. 14.1.2003 – IX R 72/00, BStBl. II 2003, 916 = DStR 2003, 774 = DB 2003, 971. 5 BFH v. 24.6.2009 – X R 8/08, BStBl. II 2009, 960 = DStR 2009, 1745.

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1.498

Kap. 1 Rz. 1.499 Steuerorientierte Immobilienübertragung

ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude erwirbt und mit dem Verkäufer vereinbart, dass dieser ihm das Gebäude modernisiert; hier wird der Käufer steuerlich so behandelt als habe er ein bereits fertig modernisiertes Gebäude erworben. Der gesamte Aufwand des Investors wird, soweit er auf denkmalerhaltende Baumaßnahmen entfällt und nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrages durchgeführt wird, als (begünstigte) Anschaffungskosten behandelt.

1.499

Soweit die Kosten für die Modernisierung eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes Erhaltungsaufwand darstellen, können sie – wie sonst auch – sofort als Werbungskosten abgezogen werden. Gemäß § 11b EStG kann der Investor die betreffenden Aufwendungen aber auch auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Voraussetzung ist, dass ihm die landesrechtlich zuständige Stelle bescheinigt, dass die Maßnahmen erforderlich waren, um das Denkmal zu erhalten oder es sinnvoll nutzen zu können, und dass er die Maßnahmen vorher mit der zuständigen Behörde abgestimmt hat. (2) Bemessungsgrundlage

1.500

Begünstigt werden nach 7i Abs. 1 Satz 1 EStG die Herstellungskosten, in besonderen Fällen (7i Abs. 1 Satz 5 EStG) die Anschaffungskosten des Steuerpflichtigen. Gemäß § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Investor bis zu 9 v.H. dieser Kosten im Jahr der Herstellung und in den sieben Folgejahren und bis zu 7 v.H. in den darauf folgenden vier Jahren geltend machen (für Baumaßnahmen bis zum 31.12.2003: zehn Jahre erhöhte Absetzungen von 10 v.H.), soweit ihm die landesrechtlich zuständige Denkmalschutzbehörde die nach Abs. 2 der Vorschrift (s. Rz. 1.501 ff.) erforderliche Bescheinigung ausstellt. Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen sind daher (nur) die Herstellungs- oder Anschaffungskosten, die die Behörde als begünstigt bescheinigt hat. Soweit die Eigentümer zusätzlich öffentliche Zuschüsse erhalten, begrenzt § 7i Satz 1 EStG die erhöhten Abschreibungen auf die Aufwendungen, die nicht durch Zuschüsse gedeckt sind. (3) Bescheinigung

1.501

Bei der gem. § 7i Abs. 2 EStG erforderlichen Bescheinigung handelt es sich um eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die erhöhten Absetzungen; die Erfüllung der Voraussetzungen des § 7i Abs. 1 EStG muss von der zuständigen Denkmalbehörde objektbezogen bescheinigt werden1. Dies bedeutet, dass es dem Steuerpflichtigen verwehrt ist, das Vorliegen der betreffenden Voraussetzungen durch andere Beweismittel nachzuweisen. Das BMF hat die Anschriften der zuständigen Behörden2 sowie eine Übersicht über die länderspezifischen Bescheinigungsrichtlinien3 im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

1 BFH v. 16.9.2014 – X R 29/12, BFH/NV 2015, 194. 2 BMF v. 4.6.2015 – IV C 1-S 2198-b/08/10002, BStBl. I 2015, 506. 3 BMF v. 10.11.2000 (DE CD) – IV C 3-S 2198a-20/00, BStBl. I 2000, 1513 und v. 8.11.2004 (DE CD) – IV C 3 - S 2198a - 18/04, BStBl. I 2004, 1049.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.503 Kap. 1

Die Bescheinigung stellt einen Grundlagenbescheid dar, an den die Finanzbehörde gebunden ist. Hält das Finanzamt die Bescheinigung für falsch, hat es lediglich das Recht, zu remonstrieren und auf eine Korrektur der Bescheinigung durch die betreffende Behörde hinzuwirken1. Die Bindungswirkung der Bescheinigung (vgl. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO) erstreckt sich grds. nur auf die der Bescheinigungsbehörde obliegenden Feststellungen, nicht dagegen auf die Prüfung steuerrechtlicher Voraussetzungen2. Erfasst die von einer Denkmalbehörde erteilte Bescheinigung hingegen Tatbestandsmerkmale, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, so ist die in der Bescheinigung zum Ausdruck kommende denkmalschutzrechtliche Beurteilung (z.B. zur Wiederherstellung eines eingestürzten Hauses) auch steuerrechtlich bindend3, soweit nicht die Denkmalschutzbehörde die Prüfung steuerrechtlicher Voraussetzungen ausdrücklich der Finanzbehörde vorbehält4.

1.502

Die Bindungswirkung bezieht sich danach auf die Frage,

1.503

– ob das Gebäude nach den landesrechtlichen Vorschriften ein Denkmal ist, – ob die Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung bei einem Gebäude, das Teil einer geschützten Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, zur Erhaltung der schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes erforderlich waren, – ob Baumaßnahmen an einer Baulichkeit (z.B. einer Tiefgarage) wegen Nutzungsund Funktionszusammenhanges als solche an einem Teil des Denkmals anzusehen sind5, – ob die Arbeiten vor Beginn mit der Bescheinigungsbehörde abgestimmt waren, – in welcher Höhe die Aufwendungen diese Voraussetzung erfüllen6, – ob und ggf. in welcher Höhe Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch eine für den Denkmalschutz zuständige Behörde gezahlt worden sind und – ob nach dem Ausstellen der Bescheinigung solche Zuschüsse gewährt worden sind.

1 BFH v. 15.10.1996 – IX R 47/92, BStBl. II 1997, 176 = FR 1997, 106; v. 14.1.2003 – IX R 72/00, BStBl. II 2003, 916 = DStR 2003, 774 = DB 2003, 971. 2 Vgl. BFH v. 21.8.2001 – IX R 20/99, BStBl. II 2003, 910 = DB 2001, 2578 = ZfIR 2002, 232, zu § 7h EStG, betr. die Frage, ob der Aufwand des Investors steuerrechtlich als Herstellungs- oder Anschaffungskosten zu beurteilen ist. 3 BFH v. 13.9.2001 – IX R 62/98, BStBl. II 2003, 912 = DB 2002, 248, zu § 82i Abs. 2 EStDV; v. 30.10.2002 – IX R 13/99, BFH/NV 2003, 744. 4 BFH v. 14.1.2004 – X R 19/02, BStBl. II 2004, 711 = DB 2004, 1187, zu § 10f EStG. 5 BFH v. 14.1.2003 – IX R 72/00, BStBl. II 2003, 916 = DStR 2003, 774 = DB 2003, 971. 6 BFH v. 11.6.2002 – IX R 79/97, BStBl. II 2003, 578 = FR 2002, 1002.

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Kap. 1 Rz. 1.504 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.504

Die Finanzbehörden haben dagegen in eigener Zuständigkeit zu prüfen, – ob die Bescheinigung von der zuständigen Behörde ausgestellt worden ist, – ob es sich um einen Fall der Herstellung nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG oder der Anschaffung nach Satz 5 dieser Vorschrift handelt, – ob ein – jeweils nicht begünstigter – Neubau1 oder Wiederaufbau2 vorliegt, – ob – in den Fällen des § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG – Erhaltungsaufwand vorliegt, – inwieweit – in den Fällen des § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG – die Baumaßnahmen nach Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt worden sind, – ob weitere Zuschüsse gezahlt worden sind, – wer die Aufwendungen getragen hat und wem sie als Abzugsberechtigten zuzurechnen sind3, – ob die Aufwendungen bei einer Einkunftsart oder – bei selbstgenutzten Wohnungen – als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind und in welchem Veranlagungszeitraum der Abzug erstmals in Anspruch genommen werden kann. (4) Begünstigung einzelner Baumaßnahmen

1.505

Erhöhte Absetzungen nach § 7i EStG können zwar nicht für Teilherstellungskosten oder Anzahlungen4, wohl aber für einzelne Baumaßnahmen in Anspruch genommen werden, wenn diese abgeschlossen sind5. Dies gilt auch, wenn die Baumaßnahme Teil einer einheitlichen Gesamtbaumaßnahme ist. Voraussetzung ist jedoch, dass die Baumaßnahme sachlich abgrenzbar ist6, wie dies etwa bei der Erneuerung der Dacheindeckung, der Fassade, der Heizungsanlage und der Wasserleitungen der Fall ist. Für Erwerbsfälle i.S.d. § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG kann dies allerdings nicht gelten, weil hier die Befugnis der Investors zur Vornahme der erhöhten Absetzungen erst mit dem Lastenwechsel beginnt. Dieser wird in der Regel erst für den Zeitpunkt vereinbart, in dem die Modernisierung insgesamt abgeschlossen ist. ff) Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten (§ 10f EStG)

1.506

Die Regelung in § 10f EStG ist nach dem Wegfall der Eigenheimzulage (s. Rz. 1.641 ff.) die letzte Subventionsnorm im EStG, die einen Abzug von Aufwendungen für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung gewährt. Anders als bei den Regelungen in §§ 7h, 7i EStG wird die steuerliche Begünstigung allerdings 1 BFH v. 14.1.2003 – IX R 72/00, BStBl. II 2003, 916 = DStR 2003, 774 = DB 2003, 971; v. 14.1.2004 – X R 19/02, BStBl. II 2004, 711 = DB 2004, 1187, zu § 10f EStG. 2 BFH v. 13.9.2001 – IX R 62/98, BStBl. II 2003, 912 = DB 2002, 248, zu § 82i Abs. 2 EStDV. 3 BFH v. 6.3.2001 – IX R 64/97, BStBl. II 2001, 796 = DB 2001, 1592. 4 BFH v. 27.6.1995 – IX R 130/90, BStBl. II 1996, 215 = DB 1995, 2097. 5 BFH v. 20.8.2002 – IX R 40/97, BStBl. II 2003, 582 = FR 2003, 72. 6 Vgl. auch BFH v. 25.6.2002 – IX R 10/98, BStBl. II 2003, 690, zu § 14b BerlinFG.

146

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.507 Kap. 1

nicht im Wege des Werbungskostenabzugs, sondern in Form eines Sonderausgabenabzugs bewirkt. Der Steuerpflichtige – abzugsberechtigt sind insoweit nur natürliche Personen, ggf. auch der die persönlichen Abzugsvoraussetzungen erfüllende Gesamtrechtsnachfolger1, nicht aber der Einzelrechtsnachfolger2 sowie Personenmehrheiten3 – kann nach § 10f Abs. 1 EStG – Aufwendungen (d.h. Herstellungs- oder Anschaffungskosten) – an einem eigenen Gebäude (der Steuerpflichtige muss dessen zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer sein4) – im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den folgenden neun Kalenderjahren – der Abzugszeitraum beträgt demnach zehn Jahre – jeweils bis zu 9 % der Bemessungsgrundlage (d.h. es können in jedem Jahr des Abzugszeitraums zwischen 0 und 9 % der Aufwendungen für die begünstigte Baumaßnahme berücksichtigt werden; die Förderung umfasst daher insgesamt „nur“ maximal 90 % der Bemessungsgrundlage, während die restlichen 10 % des Aufwands steuerlich unberücksichtigt bleiben) – wie Sonderausgaben abziehen, – wenn die Voraussetzungen des § 7h oder § 7i EStG vorliegen, wenn es sich also um ein Gebäude in einem Sanierungsgebiet oder einem städtebaulichen Entwicklungsbereich (s. näher Rz. 1.487 ff.) bzw. um ein Baudenkmal (s. näher Rz. 1.496 ff.) handelt, die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen der Fördernormen durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde (Rz. 1.494 und Rz. 1.501) bescheinigt worden sind und – der Steuerpflichtige das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken5 nutzt (die unentgeltliche Überlassung von Teilen der eigengenutzten Wohnung ist nach § 10f Abs. 1 Satz 4 EStG unschädlich). 1 Str., bejahend Kleeberg in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10f EStG Rz. B 12; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10f EStG Rz. 7; Kirchhof/Pfirrmann16, § 10f EStG Rz. 3; a.A. Schmidt/Kulosa36, § 10f EStG Rz. 7; Blümich/Erhard, § 10f EStG Rz. 11; Koller, DStR 1990, 128 (130). 2 H.M., s. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10f EStG Rz. 7; Kirchhof/Pfirrmann16, § 10f EStG Rz. 3; Schmidt/Kulosa36, § 10f EStG Rz. 7; Blümich/Erhard, § 10f EStG Rz. 11. 3 Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10f EStG Rz. 3. 4 Zum Gebäudebegriff s. BFH v. 23.9.2008 – I R 47/07, BStBl. II 2009, 986 = FR 2009, 622. 5 Die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG steht dem Steuerpflichtigen im Hinblick auf die erforderliche „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ auch dann zu, wenn er eine Wohnung einem – einkommensteuerlich zu berücksichtigenden – Kind unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlässt. Die Überlassung an ein einkommensteuerlich nicht mehr zu berücksichtigendes Kind ist jedoch keine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i.S.d. § 10f Abs. 1 EStG. Siehe hierzu BFH v. 18.1.2011 – X R 13/10, BFH/NV 2011, 974.

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1.507

Kap. 1 Rz. 1.508 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Wechselt der Steuerpflichtige von der Selbstnutzung zur Einkunftserzielung, etwa indem er das Objekt fortan vermietet, entfällt ein weiterer Sonderausgabenabzug nach § 10f Abs. 1 EStG für die Folgejahre; der bis dahin noch nicht berücksichtigte Aufwand kann aber ggf. nach §§ 7h, 7i EStG unter den dort genannten Voraussetzungen abgezogen werden (s. Rz. 1.487 ff. und Rz. 1.496 ff.)1. Im Veranlagungszeitraum des Wechsels besteht u.E. ein Wahlrecht auf alternativen Sonderausgabenabzug oder auf die Sonder-AfA2.

1.508

Der Steuerpflichtige kann nach § 10f Abs. 2 EStG ferner Erhaltungsaufwand (zur Abgrenzung von Herstellungskosten, Anschaffungskosten und Erhaltungsaufwand s. Rz. 1.547 ff.), der für Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB oder für Maßnahmen zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung eines Gebäudes als Baudenkmal an einem „eigenen“ Gebäude entsteht und nicht zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten gehört, binnen des zehnjährigen Abzugszeitraums mit jeweils bis zu 9 % der Bemessungsgrundlage wie Sonderausgaben abziehen. Wechselt der Steuerpflichtige zur Einkunftserzielung, können bis dahin noch nicht berücksichtigte Erhaltungsaufwendungen im Jahr des Wechsels in einer Summe wie Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10f Abs. 2 Satz 3 EStG).

1.509

Für den Sonderausgabenabzug nach § 10f EStG gilt eine Objektbeschränkung: Der Steuerpflichtige kann die Abzugsbeträge nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. Zusammen veranlagte Ehegatten können Sonderausgaben für zwei Gebäude abziehen (§ 10f Abs. 3 Satz 2 EStG). gg) Steuerbegünstigung für schutzwürdige Kulturgüter, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g EStG)

1.510

Für schutzwürdige Kulturgüter im Privatvermögen, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, kommt ebenfalls ein Sonderausgabenabzug für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen i.H.v. 9 % der Bemessungsgrundlage für den Abzugszeitraum von zehn Jahren in Betracht. Begünstigte Kulturgüter i.S.d. § 10g Abs. 1 Satz 2 EStG sind – Gebäude, Gebäudeteile und Ensembles; – gärtnerische, bauliche und sonstige unter Schutz gestellte Anlagen;

1 Ein vorausgegangener Sonderausgabenabzug mindert im Fall des Wechsels zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Bemessungsgrundlage für die Absetzungen nach § 7i EStG nicht, vgl. BFH v. 14.2.1989 – IX R 109/84, BStBl. II 1989, 922 = FR 1989, 528. 2 In diesem Sinne auch Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10f EStG Rz. 16; Littmann/ Bitz/Pust, § 10f EStG Rz. 22; a.A. Schmidt/Kulosa36, § 10f EStG Rz. 4 sowie Blümich/Erhard, § 10f EStG Rz. 29: zeitanteilige Gewährung. Dagegen aber Nds. FG v. 6.5.2013, EFG 2013, 1321 = DStRE 2015, 135: Keine zeitanteilige Kürzung bei unterjährigem Wechsel von der Selbstnutzung zur unbeachtlichen vollständigen unentgeltlichen Überlassung an Angehörige.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.512 Kap. 1

– Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, die sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie des Steuerpflichtigen befinden oder in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes oder das Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen sind und deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt. Begünstigte Kulturgüter in diesem Sinne liegen nur vor, wenn sie in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der wissenschaftlichen Forschung oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, es sei denn, dem Zugang stehen zwingende Gründe des Denkmal- oder Archivschutzes entgegen. Über die Anerkennung als Kulturgut, die Erforderlichkeit der Maßnahme und die Höhe der begünstigten Aufwendungen sowie ggf. anzurechnender Zuschüsse ergeht eine Bescheinigung der zuständigen Stelle1; die Bescheinigung ist Grundlagenbescheid für die steuerliche Anerkennung des Sonderausgabenabzug. Die Finanzbehörde kann aber bspw. überprüfen, ob der nach der Bescheinigung erforderliche Zugang vom Steuerpflichtigen tatsächlich gewährt wurde2.

1.511

hh) Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung bei Gebäuden (AfaA) Eine Immobilie ist außergewöhnlich abgenutzt, wenn seine Nutzungsmöglichkeit durch Einwirkungen im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung eingeschränkt wird3. Eine solche außergewöhnliche Abnutzung kommt in Betracht, wenn – ein Gebäude abgebrochen wird (s. näher Rz. 1.571), durch Brand, Abbruch oder ähnliche Ereignisse aus dem Betriebsvermögen ausscheidet4 oder bei einem Umbau bestimmte Teile eines Gebäudes ohne vorherige Abbruchabsicht entfernt werden5; – nach Ende der Mietzeit erkennbar wird, dass das Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nur eingeschränkt an Dritte vermietbar ist6. In den genannten Fällen ist eine AfaA gem. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG anzusetzen7.

1 Eine Übersicht über die zuständigen Bescheinigungsbehörden enthält das BMF-Schreiben v. 4.6.2015 – IV C 1-S 2198-b/08/10002, BStBl. I 2015, 506. 2 Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10g EStG Rz. 27. 3 BFH v. 14.1.2004 – IX R 30/02, BStBl. II 2004, 592 = FR 2004, 883. 4 BFH v. 7.5.1969 – I R 47/67, BStBl. II 1969, 464. 5 BFH v. 15.10.1996 – IX R 2/93, BStBl. II 1997, 325 = FR 1997, 377. 6 BFH v. 17.9.2008 – IX R 64/07, BStBl. II 2009, 301 = DB 2009, 206; G. Grube, FR 2011, 633 (637); G. Grube, FR 2011, 987. 7 Vgl. H 7.4 EStH 2015.

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1.512

Kap. 1 Rz. 1.513 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.513

Demgegenüber ist eine AfaA nicht vorzunehmen, wenn – ein zum Privatvermögen gehörendes objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude abgerissen wird, um ein unbebautes Grundstück veräußern zu können1, – ein Gebäude in der Absicht eines grundlegenden Umbaus erworben wird2 oder – ein Gebäude bereits im Zeitpunkt seiner Anschaffung Mängel aufweist, die zu einer eingeschränkten Nutzbarkeit führen3.

1.514

Die Geltendmachung der AfaA und der sofortige Abzug der Abbruchskosten als Betriebsausgaben (Werbungskosten) setzen mithin einen Erwerb ohne Abbruchsabsicht voraus. Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen. Die Differenzierung zwischen einem Erwerb des Gebäudes in Abbruchabsicht oder ohne Abbruchabsicht4 gilt i.Ü. nicht, wenn das später abgerissene Gebäude zuvor nicht zur Erzielung von Einkünften genutzt wurde; in diesem Fall stehen die durch den Abbruch des Gebäudes veranlassten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus und bilden Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes5. ii) Maßnahmen zur AfA-Erhöhung

1.515

Die gesetzlichen AfA-Regelungen leiden unter dem Mangel, dass bei der Verteilung des Anschaffungsaufwandes auf 50 Jahre die Geldentwertung in diesem Zeitraum unberücksichtigt bleibt. Der Eigentümer, der jahrzehntelang nicht an die Veräußerung seiner Immobilie denkt, ist somit an Maßnahmen zur AfA-Erhöhung während seiner Besitzzeit interessiert. Folgende Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich an: (1) Einbringung in eine GmbH & Co. KG

1.516

Sofern die Gesellschaftsgründung nach den allgemeinen Grundsätzen der GmbH & Co. KG erfolgt, entsteht eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die steuerlich – unabhängig von der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit – Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Das gesamte Vermögen dieser Gesellschaft wird damit Betriebsvermögen. Die Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft gegen Gewährung

1 Vgl. BFH v. 6.3.1979 – VIII R 110/74, BStBl. II 1979, 551. 2 BFH v. 4.12.1984 – IX R 5/79, BStBl. II 1985, 208 = FR 1985, 246; v. 20.4.1993 – IX R 122/88, BStBl. II 1993, 504 = FR 1993, 568. 3 BFH vom 14.1.2004 – IX R 30/02, BStBl. II 2004, 592 = FR 2004, 883, zur Untersagung der Nutzung von erworbenen Gebäudeteilen als Wohnung im Verfahren nach dem WEG. 4 Vgl. BFH v. 12.6.1978 – GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620 = DB 1978, 2296. 5 BFH v. 16.4.2002 – IX R 50/00, BStBl. 2002 II 805 = FR 2002, 1073.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.518 Kap. 1

von Gesellschaftsrechten stellt nach Auffassung des BFH1 einen tauschähnlichen Vorgang und damit ein Veräußerungsgeschäft dar. Die eingebrachten Wirtschaftsgüter sind mit dem gemeinen Wert in der Bilanz der GmbH & Co. KG anzusetzen, so dass sich gerade bei älteren Gebäuden eine signifikant höhere AfA-Bemessungsgrundlage ergibt. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG mit der darin angeordneten Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten findet nur bei Einlagen, nicht bei Veräußerungen Anwendung. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung des BFH gefolgt2. Danach sind die Einlagevorschriften insoweit nicht mehr für Personengesellschaften anwendbar3. Bei einer Übertragung auf eine vermögensverwaltende Gesellschaft, z.B. auf eine vermögensverwaltende KG, liegt in Höhe der dem Einbringenden verbleibenden Beteiligungsquote kein Veräußerungsvorgang vor, so dass eine AfA-Erhöhung insoweit ausscheidet4.

1.517

(2) Vorweggenommene Erbfolge mit Zeitrenten Bei der Weitergabe der Immobilie an die nächste Familiengeneration werden regelmäßig Versorgungsrenten in der Form der Leibrente oder dauernden Last mit der Rechtsfolge vereinbart, dass die Abschreibungen des Rechtsvorgängers gem. § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV unverändert fortgeführt werden. Sofern anstelle der lebenslangen Versorgungszahlungen Zeitrenten vereinbart werden, liegt nach der Rechtsprechung des BFH5 eine Veräußerungsrente vor, die zu einer Erhöhung der AfA führt. Sofern die Zeitrente am Verkehrswert der Immobilie bemessen wird, liegt ein vollentgeltliches Rechtsgeschäft vor mit dem Rentenbarwert als neue Bemessungsgrundlage für die AfA, vermindert um den Grundstücksanteil. Bei einem teilentgeltlichen Erwerb wird in Höhe des unentgeltlichen Anteils die AfA des Rechtsvorgängers gem. § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV fortgeführt, während im Übrigen für die AfA wieder der Rentenbarwert maßgebend ist.

1.518

1.519–1.530

Einstweilen frei. b) Finanzierungsaufwendungen

Literatur: Dötsch, Einkommensteuerrechtlicher Abzug der durch Refinanzierungsdarlehen verursachten Schuldzinsen, die nach der Veräußerung oder Aufgabe außerbetrieblicher Einkunftsquellen entstehen, Festgabe für Heinrich List zum 100. Geburtstag, 2015, 66; Dorn1 Vgl. BFH v. 11.8.1999 – XI R 12/98, BStBl. II 2000, 229 und v. 29.5.2001 – VIII R 10/00, BStBl. II 2001, 747. 2 Vgl. BMF v. 29.3.2000 – IV C 2 - S 2178 - 4/00, BStBl. I 2000, 462. 3 Vgl. Tiedtke/Wälzholz, DStR 2001, 1501 (1505); Spiegelberger, ZEV 2003, 391 (395); Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 552; a.A. Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2000, 1717. 4 Vgl. BFH v. 6.10.2004 – IX R 68/01, BStBl. II 2005, 324 = FR 2005, 194. 5 Vgl. BFH v. 26.1.1994 – X R 54/92, BStBl. II 1994, 633 = FR 1994, 327 m. Anm. Schmidt, v. 31.8.1994 – X R 44/93, BStBl. II 1996, 676 = FR 1995, 231 m. Anm. Weber-Grellet und v. 21.10.1999 – X R 75/97, BStBl. II 2002, 650; s.a. BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227, Tz. 77 ff.

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Kap. 1 Rz. 1.531 Steuerorientierte Immobilienübertragung heim, Nachträglicher Schuldzinsenabzug bei privaten Veräußerungsgeschäften, DStZ 2012, 553; Eisgruber, Einkommensteuerobjekt und Bemessungsgrundlage, in: Leitgedanken des Rechts (Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag), 2013, 1837; Engelberth, Behandlung nachträglicher Schuldzinsen, NWB 2016, 20; Geserich, Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 2012, 3304; Jachmann, Nachträgliche Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, jurisPRSteuerR 41/2012 Anm. 3; Jachmann/Schallmoser, Berücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, DStR 2011, 1245; Jochum, Zur Zuordnung nachträglicher Schuldzinsen aus privaten Immobiliengeschäften, DStZ 2012, 728; Meyer/Ball, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Trendwende des BFH, DStR 2012, 2260; Schallmoser, Ein paar Gedanken zu nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, in: Steuerrecht im Rechtsstaat (Festschrift für Wolfgang Spindler) 2011, 739; Schallmoser, Neues zu Immobilien im Einkommensteuerrecht, DStR 2013, 501; Schallmoser, Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, SteuK 2013, 115.

aa) Schuldzinsen

1.531

Schuldzinsen können gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie mit Einkünften in einem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG). Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben, wenn und soweit das betreffende Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgenommen und verwendet worden ist1. Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang – etwa aufgrund einer Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek – reicht hingegen nicht aus2. Der wirtschaftliche Zusammenhang kann auch nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen, z.B. nicht lediglich durch eine anderweitige Zuordnung eines Darlehens, begründet werden3.

1.532

Schuldzinsen können nach einer Entscheidung des X. Senats des BFH4 auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn eine ursprüngliche Betriebsschuld in eine private Verbindlichkeit umgewidmet und zu dem Zweck fortgeführt wird, aus einem Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen; allerdings setzt die steuerrechtliche Berücksichtigung einer solchen Umwidmung eines Kredits voraus, dass die durch die erstmalige tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel eingetretene Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart oder ggf. zur privaten Vermögenssphäre eindeutig beendet wird, dass der Steuerpflichtige eine neue, gleichfalls kreditfinanzierte Anlageentscheidung trifft, durch welche das Objekt des Kreditbedarfs

1 Z.B. BFH v. 2.8.1994 – IX R 21/91, BFH/NV 1995, 203 und v. 29.7.1997 – IX R 89/94, BStBl. II 1997, 772 = DStR 1997, 1757 = NJW 1998, 926. 2 Vgl. BFH v. 29.7.1997 – IX R 89/94, BStBl. II 1997, 772 = = DStR 1997, 1757 = NJW 1998, 926. 3 BFH v. 22.2.1994 – IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778; v. 24.4.1997 – VIII R 53/95, BStBl. II 1997, 682 = FR 1997, 950 m. Anm. Kempermann, jeweils m.w.N. 4 BFH v. 19.8.1998 – X R 96/95, BStBl. II 1999, 353 = FR 1999, 91.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.534 Kap. 1

ausgewechselt wird, und dass diese Änderung in der Zweckbestimmung nach außen hin an objektiven Beweisanzeichen feststellbar in Erscheinung tritt1. bb) Schuldzinsen bei gemischt genutzten Grundstücken Weil das den Schuldzinsen zugrunde liegende Darlehen tatsächlich zur Einkunftserzielung verwendet werden muss, entstehen ggf. Zuordnungsprobleme bei gemischt genutzten Grundstücken. Ein gemischt genutztes (bebautes) Grundstück umfasst bis zu acht unterschiedliche Wirtschaftsgüter (eigene Wohnzwecke, fremde Wohnzwecke, eigenbetriebliche Zwecke, fremdbetriebliche Zwecke, zzgl. des jeweiligen Grundanteils)2. Nach dem Grundsatz der Finanzierungsfreiheit kann der Steuerpflichtige frei darüber entscheiden, ob und inwieweit er die verschiedenen Wirtschaftsgüter fremd oder eigenfinanziert. Es steht ihm insbesondere frei, wie er Eigen- und Fremdmittel verwendet3.

1.533

Daher kann der Steuerpflichtige ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil dadurch zuordnen, dass er die Darlehensvaluta (und damit auch die für das Darlehen gezahlten Zinsen) tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung dieses Gebäudeteils verwendet. Hiernach setzt der Werbungskostenabzug von Schuldzinsen in Herstellungsfällen zweierlei voraus:

1.534

– Zunächst müssen die Herstellungskosten den eigenständige Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen zugeordnet werden. Hierzu müssen die in Rechnung gestellten Entgelte für Lieferungen und Leistungen, die ausschließlich einen bestimmten Gebäudeteil (z.B. die zur Vermietung vorgesehene Wohnung/Doppelhaushälfte) betreffen (z.B. für Verlegen von Fliesen und Bodenbelägen oder Sanitärinstallation in der einzelnen Wohnung), gesondert ausgewiesen werden. Dies kann nach der Auffassung des Senats sowohl durch entsprechende Abrechnungen des Unternehmers als auch durch eine gleichartige Aufstellung des Steuerpflichtigen geschehen. Stellt der Unternehmer die Kosten des Gesamtgebäudes nur einheitlich in Rechnung, kann der Steuerpflichtige die für die Zuordnung erforderliche Aufteilung im Verhältnis der selbstgenutzten Wohn/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen, selbst vornehmen4. Die das Gesamtgebäude betreffenden Kosten (z.B. für den Aushub der Baugrube, den Rohbau, das Dach u.Ä.) sind nach demselben Maßstab den einzelnen Gebäudeteilen jeweils anteilig zuzuordnen5. – In einem zweiten Schritt ist es erforderlich, dass die entsprechend gesondert zugeordneten Entgelte für Lieferungen und Leistungen auch tatsächlich mit Darle1 BFH v. 22.1.2003 – X R 60/99, BFH/NV 2003, 900 = DStRE 2003, 514. 2 BFH v. 8.12.1997 – GrS 2/95, BStBl. II 1998, 193 = DStR 1998, 159 = DB 1998, 288 = ZfIR 1998, 106. 3 BFH v. 8.12.1997 – GrS 2/95, BStBl. II 1998, 193 = DStR 1998, 159 = DB 1998, 288 = ZfIR 1998, 106. 4 BFH v. 25.3.2003 – IX R 22/01, BStBl. II 2004, 348 = FR 2003, 919. 5 So ausdrücklich auch BMF v. 16.4.2004 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 36/04, BStBl. I 2004, 464.

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Kap. 1 Rz. 1.535 Steuerorientierte Immobilienübertragung

hensmitteln gezahlt werden. Dies kann zweckmäßigerweise z.B. dadurch geschehen, dass die betreffenden Zahlungen (auch Abschlagszahlungen) zu Lasten eines Kontos geleistet werden, dessen Guthaben nur aus Darlehensmitteln besteht. Bereits die Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein privates Kontokorrentkonto kann insoweit problematisch sein, denn es findet eine Vermischung (§ 948 BGB) von Darlehensmitteln mit anderweitigen privaten Geldmitteln des Kontoinhabers statt. Auch in einem solchen Fall bleibt indes eine gesonderte Zuordnung von Darlehensmitteln anhand der tatsächlichen Verwendung noch möglich, etwa wenn die Darlehensmittel lediglich taggleich und betragsidentisch durch das private Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen „durchgeleitet“ werden1; eine gesonderte Zuordnung erkennt die Rechtsprechung ausnahmsweise auch dann noch an, wenn der zur Finanzierung von Anschaffungskosten der maßgeblichen Immobilie verwendete (ausgezahlte) Betrag niedriger als der taggleich eingebuchte Darlehensbetrag ist2. Die tatsächliche Verwendung eines Darlehens wird allerdings nicht schon dadurch nachgewiesen, dass der Steuerpflichtige die insgesamt eingesetzten Eigen und Fremdmittel gegenüberstellt und so die Notwendigkeit der Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Herstellungskosten des fremdgenutzten Gebäudeteils dem Grunde nach aufzeigt; denn hieraus ergibt sich nicht die konkrete Verwendung der Fremdmittel, sondern nur eine willentliche Zuordnung. Auch der in einem Darlehensvertrag angegebene Verwendungszweck und/ oder die Absicherung des Darlehens auf dem der Einkünfteerzielung dienenden Grundstück oder Grundstücksanteil haben in diesem Zusammenhang für sich allein keine entscheidende Bedeutung; sie sind lediglich Beweisanzeichen, die zwar in die Gesamtwürdigung miteinzubeziehen sind, jedoch noch keinen zwingenden Schluss auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel zulassen. Ebenso wenig ist unter Anwendung des beim gemischten Kontokorrentkonto geltenden Grundsatzes der Aufspaltung des Kontos in einen privaten und einen die Einkunftssphäre betreffenden Teil davon auszugehen, dass die Darlehensmittel zur Einkünfteerzielung verwendet worden sind. Hinweis: Eine falsche Vertragsgestaltung oder eine nachlässige Durchführung des zutreffend Vereinbarten kann hier zur „Steuerfalle“ werden. Falls die Herstellungskosten den einzelnen Gebäudeteilen nicht gesondert zugeordnet worden sind und daher nur eine anteilige Zuordnung im Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen der unterschiedlich genutzten Gebäudeteile in Betracht kommt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Eigen- und Fremdmittel entsprechend dieser schätzungsweisen Aufteilung tatsächlich verwendet worden sind. Bei Aufwendungen für Baumaßnahmen, die zwar den einzelnen, unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen zugeordnet, aber nicht entsprechend getrennt mit Eigen-/Fremdmitteln finanziert worden sind, ist für die schätzungsweise Aufteilung der Schuldzinsen grds. das Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile zueinander maßgebend, weil mit den tatsächlich ermittelten anteiligen Baukosten ein zutreffender Aufteilungsmaßstab als das Wohn-/Nutzflächenverhältnis vorliegt.

1.535

Die unter Rz. 1.534 aufgezeigten Grundsätze finden in gleicher Weise auch bei der Anschaffung von Gebäuden Anwendung, deren einzelne Teile für eine unterschied1 Vgl. BFH v. 25.1.2001 – IX R 27/97, BStBl. II 2001, 573. 2 BFH v. 9.5.2017 – IX R 45/15, BeckRS 2017, 112837.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.536 Kap. 1

liche Nutzung vorgesehen sind1. Auch bei Anschaffungsgeschäften kann (und muss) der Steuerpflichtige ggf. eine Zuordnung der anteiligen Anschaffungskosten zu den unterschiedliche Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen vornehmen. Hierzu erscheint es zunächst notwendig, dass er die beabsichtigte unterschiedliche Nutzung objektiv erkennbar festlegt. Hinweis: „Objektiv erkennbar festlegt“ werden kann die Nutzung bspw. in einer Vorbemerkung des notariell beurkundeten Kaufvertrages (s. Rz. 1.71). Vorzugsweise sollte den unterschiedlichen Wirtschaftsgütern im Kaufvertrag ein Kaufpreisanteil zugewiesen werden; ist (z.B. auf Wunsch des Verkäufers) „nur“ ein einheitlicher Kaufpreis vereinbart, ist dieser – ggf. im Wege der Schätzung – aufzuteilen.

Finanziert der Steuerpflichtige sodann den auf den zur Vermietung vorgesehenen Gebäudeteil entfallenden Kaufpreisanteil nachweisbar ausschließlich mit Darlehen, sind die hierfür zu zahlenden Zinsen in vollem Umfang als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Die Finanzverwaltung hat die Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung von Schuldzinsen bei gemischt genutzten Grundstücken übernommen2. cc) Darlehensaufnahmen von Eheleuten zur Finanzierung einer Immobilie eines Ehegatten In verschiedenen Entscheidungen hat sich der BFH mit der Frage des Schuldzinsenabzugs bei einem finanzierten Immobilienerwerb durch Eheleute zu befassen. Den Fallgestaltungen liegen ein bei Unternehmern beliebtes „Steuersparmodell“ zugrunde: Aus Gründen der Steuerersparnis und der Begrenzung des Haftungsrisikos werden Immobilien nicht dem Betriebs-, sondern dem Privatvermögen zugeordnet. Die Ehefrau wird – zumindest formell – Eigentümerin der von dem Ehemann maßgebend fremdfinanzierten Immobilie. Wenn nach dem Ablauf der Spekulationsfrist das Objekt verkauft wird, bleibt der Veräußerungsgewinn steuerfrei. Im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats zum sog. Drittaufwand vom 23.8.19993, mit dem Aufwendungen zum Abzug zugelassen worden sind, die von den Ehegatten für eine Immobilie „aus einem Topf“ finanziert werden, hat der IX. Senat des BFH zunächst klargestellt, dass die betreffenden Schuldzinsen dann in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Eigentümer-Ehegatten abziehbar sind, wenn die Ehegatten das jeweilige Darlehen gemeinsam als gesamtschuldnerisches Darlehen aufgenommen haben, und zwar unabhängig davon, aus wessen Mitteln die Zinsen im Einzelfall gezahlt werden4. 1 BFH v. 9.7.2002 – IX R 65/00, BStBl. II 2003, 389 = DB 2002, 2413 = NJW 2003, 463 = ZfIR 2003, 35 = RNotZ 2002, 596; v. 9.7.2002 – IX R 40/01, BFH/NV 2003, 23; v. 1.3.2005 – IX R 58/03, BStBl. II 2005, 597 = DB 2005, 1361; ausführlich hierzu Heuermann, ZfIR 2003, 13. Vgl. auch Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz. 600, Stichwort „Zinsen“; Pezzer, FR 2000, 650; Schoor, INF 2003, 26; Tiedtke/Wälzholz, FR 2001, 225; gl.A. BMF v. 24.4.2003 (DE CD) – IV C 3 - S2211 - 55/03, BStBl. I 2003, 287. 2 BMF v. 16.4.2004 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 36/04, BStBl. I 2004, 464. 3 BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer. 4 BFH v. 2.12.1999 – IX R 45/95, BStBl. II 2000, 310 = FR 2000, 661 m. Anm. Fischer.

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1.536

Kap. 1 Rz. 1.537 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.537

Anders ist die Frage der Abziehbarkeit der Zinsen jedoch grds. dann zu beurteilen, wenn ein Ehegatte allein ein Darlehen zur Finanzierung eines vermieteten Gebäudes aufnimmt, das dem anderen Ehegatten gehört, und er – der Nichteigentümer-Ehegatte – die Zinsen bezahlt. In diesem Fall sind die Zinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Eigentümer-Ehegatten aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, weil der Nicht-Eigentümer-Ehegatte die Zinsen als alleiniger Schuldner der Zinsverpflichtung für eine bürgerlich-rechtlich allein ihn treffende Verbindlichkeit leistet. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer-Ehegatte für das von dem anderen Ehegatten aufgenommene Darlehen eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen und die auf seiner Immobilie lastenden Grundpfandrechte als Sicherheit eingesetzt hat, weil sich auch dadurch an der alleinigen Schuldnerstellung des Nichteigentümer-Ehegatten nichts ändert1.

1.538

Eine Ausnahme hiervon hat der IX. Senat des BFH allerdings – wiederum mit Blick auf die Entscheidungen des Großen Senats vom 23.8.19992 – dann zugelassen, wenn der Eigentümer-Ehegatte die Schuldzinsen für das von dem anderen Ehegatten aufgenommene Darlehen aus eigenen Mitteln bezahlt hat; dies ist z.B. der Fall, wenn er seine Mieteinnahmen mit der Maßgabe auf das Konto des anderen Ehegatten überweist, dass dieser daraus die Schuldzinsen entrichten soll; denn in diesem Fall hat der Eigentümer-Ehegatte die Zinsen für das zur Finanzierung seiner Immobilie aufgenommene und verwendete Darlehen tatsächlich selbst getragen3. dd) Nachträgliche Schuldzinsen

1.539

Auch nachträgliche Schuldzinsen können als Werbungskosten abziehbar sein. Der einmal begründete wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang des Darlehens mit der Erzielung von Einkünften entfällt auch dann grds. nicht, wenn die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird4. Wird eine vermietete Immobilie veräußert, setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen Darlehen und der Einkünfteerzielung aus der Vermietung – als Folge der sog. „Surrogationsbetrachtung“5 – am Veräußerungspreis fort6. Das Darlehen „finanziert“ nun gewissermaßen den Verkaufserlös. Auf die Frage der Steuerbarkeit der Veräußerung

1 BFH v. 2.12.1999 – IX R 21/96, BStBl. II 1999, 312. 2 BFH v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 und GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer. 3 BFH v. 2.12.1999 – IX R 21/96, BStBl. II 1999, 312 = FR 2000, 659. 4 Vgl. BFH v. 20.6.2012 – IX R 67/10, BStBl. II 2013, 275 = DB 2012, 2023 = NJW 2012, 3470, zu einer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung; Heuermann, StBP 2012, 327 (329); Schmidt/Loschelder36, § 9 EStG Rz. 151; Bergkemper in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz. 372. 5 Vgl. hierzu BFH v. 8.4.2003 – IX R 36/00, BStBl. II 2003, 706 = = DB 2003, 1552 = DStR 2003, 1248 = NJW 2003, 2855 = ZfIR 2003, 784. 6 A.A. Eisgruber in Leitgedanken des Rechts 2013, S. 1837; Dornheim, DStZ 2012, 553; Jochum, DStZ 2012, 728, die diese Werbungskosten (allenfalls) § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG zuordnen. Kritisch auch Dötsch, Festgabe für Heinrich List zum 100. Geburtstag, 66.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.539 Kap. 1

kommt es insoweit nicht an1. Vielmehr ist entscheidend, was mit dem Veräußerungspreis geschieht: – Wird damit ein neues vermietetes Objekt angeschafft, besteht der Zusammenhang auch am neuen Objekt (ggf. auch anteilig) fort (sog. fortgeführtes Darlehen)2; gleiches gilt, wenn alternativ eine andere steuerrechtlich bedeutsame Erwerbsgrundlage angeschafft wird. Denn in beiden Fällen bleibt das Darlehen mit einer Einkunftsart verstrickt: Es finanziert nun die Anschaffungskosten des neuen Objekts oder der anderweitigen Erwerbsgrundlage. In beiden Fällen können daher nachträgliche Schuldzinsen auch weiter abgezogen werden3. – Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Erwerbsgrundlage angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen4: – Ist das der Fall, endet der Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, gleich, ob der Steuerpflichtige wirklich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Diese Folgerung ist Ausfluss des sog. Überlagerungsgedankens: Denn die Entscheidung über die Ablösung des Darlehens oder über eine anderweitige Verwendung des Verkaufserlöses geschieht stets aus einer privaten Motivation heraus5. – Veräußert der Steuerpflichtige die vermietete Immobilie, reicht der Verkaufspreis aber nicht aus, das Darlehen abzulösen, bleibt (nur) der nicht ablösbare Teil des Darlehens im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, so dass der Steuerpflichtige die nachträglichen Schuldzinsen grds. weiter als Werbungskosten abziehen kann. – Der sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung ist zu beachten, d.h. die Schuldentilgung hat bei der Verwendung des Veräußerungspreises Vorrang vor der „privaten Bedürfnisbefriedigung“ des Steuerpflichtigen: Daher muss der Steuerpflichtige den aus der Veräußerung einer bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös stets und in vollem Umfang zur Ablösung des im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung aufgenommenen Darlehens verwenden. Zu dem aus einer Veräußerung erzielten „Erlös“ zählt grundsätzlich auch eine vom Steuerpflichtigen vereinnahmte Versicherungssumme aus einer Kapitallebensversicherung, wenn diese in die Finanzierung der Anschaffungskosten einer fremdvermieteten Immobilie einbezogen und damit wesentlicher Bestandteil der Darlehensvereinbarung 1 Grundlegend BFH v. 8.4.2014 – IX R 45/13, BStBl. II 2015, 635 = DStR 2014, 996 m. Anm. US = DB 2014, 1112. 2 Vgl. hierzu BFH v. 8.4.2003 – IX R 36/00, BStBl. II 2003, 706 = DB 2003, 1552 = DStR 2003, 1248 = NJW 2003, 2855 = ZfIR 2003, 784. 3 BFH v. 8.4.2014 – IX R 45/13, BStBl. II 2015, 635 = DStR 2014, 996 m. Anm. US = DB 2014, 1112. 4 BFH v. 8.4.2014 – IX R 45/13, BStBl. II 2015, 635 = DStR 2014, 996 m. Anm. US = DB 2014, 1112. 5 Siehe Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz. 372; Jachmann/Schallmoser, DStR 2011, 1245 (1249).

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Kap. 1 Rz. 1.540 Steuerorientierte Immobilienübertragung

geworden ist1. Eine den Umständen entsprechende fortlaufende Tilgung ist daher sowohl bei dem nach der Veräußerung verbleibenden Restdarlehen als auch im Falle einer „Umfinanzierung“ erforderlich2. Nur rechtliche oder tatsächliche Tilgungshindernisse können den Vorrang der Schuldentilgung außer Kraft setzen; Wirtschaftlichkeitserwägungen des Steuerpflichtigen sind insoweit nicht zu berücksichtigen3. – Für die Berücksichtigung von nachträglichem Zinsaufwand als Werbungskosten ist es nicht von Bedeutung, wenn dieser nicht aufgrund der ursprünglichen darlehensvertraglichen Verpflichtung (oder einer damit einhergehenden vertraglichen Haftung), sondern aufgrund einer gesetzlich geregelten Gesellschafterhaftung geleistet wird4. ee) Vorfälligkeitsentschädigung

1.540

Bei der Veräußerung von Immobilien fordern die finanzierenden Banken regelmäßig Vorfälligkeitsentschädigungen, wenn der Verkäufer einen Kredit vorzeitig ablöst, um die lastenfreie Übertragung auf den Käufer zu ermöglichen. Vorfälligkeitsentschädigungen sind ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital5. Demgemäß unterfallen Vorfälligkeitsentschädigungen auch dem ertragsteuerrechtlichen Schuldzinsenbegriff mit der weiteren Folge, dass sie nur dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind6. Daher ist die Vorfälligkeitsentschädigung zwar Bestandteil der auf die (verkürzte) Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals; sie beruht – ebenso wie die Zinsen – auf dem Darlehensvertrag als Rechtsgrund und ist das Ergebnis einer auf vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des Kreditvertrags. Allerdings steht dem Darlehensgeber erst mit dieser Modifizierung des Vertragsinhalts eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu. Diese vertragliche Vereinbarung ist auch steuerrechtlich das „auslösende Moment“ für die Zahlung. Sie hängt mit der Veräußerung des Grundstücks zusammen; denn die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, besteht gerade 1 Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung verpflichtet den Steuerpflichtigen allerdings nicht, die Beendigung des Kapitallebensversicherungsvertrages von sich aus herbeizuführen, wenn die Versicherung weiterhin die Rückführung des verbliebenen Darlehensrestbetrages absichert, vgl. BFH v. 16.9.2015 – IX R 40/14, BStBl. II 2016, 78 = DB 2016, 148. 2 BFH v. 8.4.2014 – IX R 45/13, BStBl. II 2015, 635 = DStR 2014, 996 m. Anm. US = DB 2014, 1112. 3 Schallmoser, DStR 2013, 501; Schallmoser, SteuK 2013, 115; a.A. Meyer/Ball, DStR 2012, 2260. 4 BFH v. 1.12.2015 – IX R 42/14, BStBl. II 2016, 332 = DStR 2016, 731 = DB 2016, 989. 5 Vgl. BFH v. 25.2.1999 – IV R 55/97, BStBl. II 1999, 473 = FR 1999, 821 m. Anm. Wendt. 6 Vgl. BFH v. 14.1.2004 – IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091; v. 11.2.2014 – IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 = FR 2014, 858 m. Anm. Bode = DStR 2014, 1272.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.541 Kap. 1

dann, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist. Bei der Veräußerung von Immobilien wird daher die Vermietungstätigkeit bzw. die bisherige Vermietungsabsicht (als subjektives Element) in der Regel durch eine neue Veranlassung – nämlich die Veräußerung – ersetzt oder zumindest überlagert werden. Demnach ist danach zu differenzieren, wie die Vorfälligkeitsentschädigung den einzelnen Einkunftsarten des EStG zugeordnet werden kann. – Gehört die Vermögensumschichtung der steuerbaren Sphäre an, z.B. im Falle einer Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (s. näher Kap. 12), ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes oder -verlustes einzustellen1. – Ist der erzielte Veräußerungsgewinn nicht steuerbar, z.B. bei der Veräußerung eines Grundstückes aus dem Privatvermögen außerhalb der Veräußerungsfristen (s. näher Rz. 12.37 ff.), kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit (Vermietung) geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige seine Schuld vorzeitig ablöst, um ein lastenfreies Grundstück übereignen zu können; in diesem Fall tritt der Zusammenhang der Kreditkündigung mit der einkommensteuerrechtlich unerheblichen Vermögensumschichtung durch Veräußerung an die Stelle der Veranlassung der Kreditaufnahme durch die frühere Einkunftsart (Vermietung)2. – Eine Ausnahme vom Abzugsverbot hatte der IX. Senat des BFH noch anerkannt, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu erworbenen, dem Erzielen von Vermietungseinkünften dienenden Objektes zu beurteilen sei3. Der hierfür notwendige wirtschaftliche Zusammenhang sei (ggf. anteilig) gegeben, wenn und soweit der nach der Darlehenstilgung verbleibende Restkaufpreis zur Finanzierung des neuen Objektes tatsächlich verwendet werde. Einer aktuellen Entscheidung vom 11.2.20144 ist jedoch zu entnehmen, dass der IX. Senat an dieser Auffassung mit Blick auf die Entscheidung des VIII. Senats vom 6.12.20055 nicht länger festhalten wird. Auch der VIII. Senat geht davon aus, dass die durch die Verpflichtung zur lastenfreien Veräußerung von Grundbesitz veranlassten Vorfälligkeitsentschädigungen auch dann – als Veräußerungskosten – dem Vorgang der Veräußerung zuzurechnen sind, wenn der hierbei er1 Vgl. BFH v. 25.1.2000 – VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458; v. 6.12.2005 – VIII R 34/04, BStBl. II 2006, 265. 2 BFH v. 11.2.2014 – IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 = FR 2014, 858 m. Anm. Bode = DStR 2014, 1272. 3 BFH v. 23.4.1996 – IX R 5/94, BStBl. II 1996, 595 = FR 1996, 632; v. 14.1.2004 – IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091; kritisch hierzu Schießl, DStZ 2007, 466. 4 BFH v. 11.2.2014 – IX R 42/13, BStBl. II 2015, 633 = FR 2014, 858 m. Anm. Bode = DStR 2014, 1272. 5 BFH v. 6.12.2005 – VIII R 34/04, BStBl. II 2006, 265 = FR 2006, 415 m. Anm. Kempermann.

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1.541

Kap. 1 Rz. 1.542 Steuerorientierte Immobilienübertragung

zielte Veräußerungsgewinn nicht steuerbar ist. Die Vorfälligkeitsentschädigungen könnten deshalb auch nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit den aus dem Veräußerungserlös finanzierten (neuen) Einkunftsquellen (hier: Kapitalanlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) berücksichtigt werden. Die Argumentation des BFH ist schlüssig: denn die Surrogationsbetrachtung (s. Rz. 1.539) greift hier nicht. Sie besagt, dass sich der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Grundstücks mit der Einkunftsart am Veräußerungserlös und darüber hinaus an dem Vermögensgegenstand fortsetzt, der mit dem Veräußerungserlös erworben wird, wenn dieses Wirtschaftsgut wiederum steuerrechtlich bedeutsam genutzt (z.B. das neu erworbene Grundstück ebenfalls vermietet oder der Veräußerungserlös als Kapital angelegt wird) und das Darlehen zur Finanzierung dieses Wirtschaftsguts fortgeführt wird. Vorliegend wird das Darlehen aber gerade nicht zur Finanzierung des neuen Wirtschaftsguts fortgeführt, sondern gekündigt1. – U.E. kann daher der Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach den neuen Rechtsprechungsgrundsätzen allenfalls noch in Fällen in Betracht kommen, in denen der Steuerpflichtige seine Immobilie nicht veräußert (sondern weiter vermietet) und – in Absprache mit der finanzierenden Bank – einzelne Darlehensverbindlichkeiten gegen Entschädigung abgelöst – d.h. „umfinanziert“ – werden. ff) Gebühren der Finanzierung

1.542

Die Abschlussgebühren eines Bausparvertrages, der bestimmungsgemäß der Ablösung eines Darlehens dient, mit dem der Erwerb einer vermieteten Immobilie finanziert wurde, stellen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbare Schuldzinsen dar2. Auch Notargebühren zur Sicherung eines Darlehens sind Schuldzinsen i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG3. Bei bestimmten „modellhaften“ Investitionen in Immobilien und sog. „Gesamtobjekte“ ist die Frage, welche Kosten (insbesondere sog. „Dienstleistungsgebühren“ und „Eigenkapitalvermittlungsprovisionen“) als Werbungskosten sofort abgezogen werden können und welche als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten verteilt über die Nutzungsdauer der Investition abgesetzt werden müssen, im sog. Bauherren- und Fondserlass der Finanzverwaltung geregelt4. c) Damnum

1.543

Ein Damnum, also der Auszahlungsverlust bei der Aufnahme eines Darlehens, kann in einem marktüblichen Umfang als Werbungskosten geltend gemacht werden.

1 2 3 4

Schießl, DStZ 2007, 466; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 279. BFH v. 1.10.2002 – IX R 12/00, BStBl. II 2003, 398 = FR 2003, 613. Vgl. BFH v. 1.10.2002 – IX R 72/99, BStBl. II 2003, 399 = FR 2003, 612. BMF v. 20.10.2003, BStBl. I 2003, 546 = DStR 2003, 1974; s. hierzu auch Fleischmann/Meyer-Scharenberg, DStR 2004, 20.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.545 Kap. 1

Wird eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit1. Die Abzugsbeschränkung des § 11 Abs. 2 EStG ist auf ein – marktübliches – Damnum nicht anwendbar (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG). Eine Beschränkung der Abziehbarkeit des Damnums kann sich indes in Fällen einer missbräuchlichen Gestaltung (§ 42 AO) ergeben (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 5 EStG). Eine solche kann – ausnahmsweise – dann gegeben sein, wenn die Vorausleistung eines Damnums von keinen sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen getragen wird.

1.544

d) Erhaltungsaufwand Literatur (Auswahl): Beck, Anschaffungsnaher Aufwand und § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, BTR 2004, 279; Beck, Anschaffungsnaher Aufwand und das BMF-Schreiben vom 18.7.2003, DStR 2003, 1462; Hergarten, Die gesetzliche Kodifizierung des „anschaffungsnahen Aufwandes?, DStR 2003, 397; Hiller, Anschaffungsnaher Aufwand, INF 2004, 663; Neufang, Anschaffungsund Herstellungskosten von Gebäuden – Ein Vergleich der Rechtsprechung des BFH und der Verwaltungsauffassung, BB 2004, 78; Pannen, Bestandsaufnahme zur Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden, DB 2003, 2729; Pezzer, Die Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH, DB 1996, 849; Spindler, Wie geht es weiter mit dem anschaffungsnahen Aufwand?, DB 2004, 507; Spindler, Zur Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand bei Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen an Gebäuden, DStR 1996, 765, Stapelfeld, Die Folgerechtsprechung des BFH zum sog. Anschaffungsnahen Aufwand, INF 2003, 506; Vogelgesang, Der Anwendungsbereich der BFHUrteile v. 12.9.2001 zum anschaffungsnahen Aufwand nach der geplanten Wiedereinführung der 15 %Grenze durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz, DB 2003, 65; Wolff-Diepenbrock, Anschaffungsnahe Aufwendungen, DB 2002, 1286.

aa) Allgemeines Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG) und der Erneuerung von bereits vorhandenen Teilen eines Gebäudes, von Einrichtungen oder Anlagen dienen, sind regelmäßig Erhaltungsaufwand und zählen damit zu den sofort abziehbaren Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG)2. Solche Aufwendungen sind nur dann nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich um aktivierungspflichtige Aufwendungen in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. Die Grenze zwischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten einerseits und Erhaltungsaufwendungen andererseits ist fließend und war wiederholt Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Der IX. Senat des BFH hat sich – teilweise unter Aufgabe seiner bisherigen 1 BFH v. 8.3.2016 – IX R 38/14, BStBl. II 2016, 646 = DB 2016, 1410 = DStR 2016, 1408 = NJW 2016, 2687; die Rechtsprechung ist insoweit nicht der Verwaltungsregelung (BMF v. 20.10.2003, BStBl. I 2003, 546 = DStR 2003, 1974, Tz. 15), wonach nur dann von einer Marktüblichkeit ausgegangen werden kann, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden ist, gefolgt. 2 Vgl. R 21.1 Abs. 1 Satz 1 EStH 2015.

Schallmoser

161

1.545

Kap. 1 Rz. 1.546 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Rechtsprechung – für die Abgrenzung zwischen Anschaffungskosten, (nachträglichen) Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen in seinen Urteilen vom Mai 19951 (für die Fälle sog. Generalüberholungen) und vom 12.9.20012 (für die steuerrechtliche Beurteilung sog. anschaffungsnaher Aufwendungen) an den gesetzlichen Merkmalen des § 255 HGB orientiert. Hierauf hat die Finanzverwaltung zunächst mit einem Anwendungsschreiben vom 18.7.20033 reagiert und seine bisherige abweichende Auffassung zum sog. anschaffungsnahen Aufwand aufgegeben; für Baumaßnahmen nach dem 31.12.2003 hat der Gesetzgeber mit dem Steueränderungsgesetz 20034 in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG den sog. anschaffungsnahen Aufwand – durch eine gegenüber der bisherigen Verwaltungspraxis verschärfte Rechtslage – kodifiziert. bb) Begriff

1.546

Unter sofort abziehbarem Erhaltungsaufwand5 sind Aufwendungen zu verstehen, die dazu dienen, ein Gebäude in ordnungsgemäßem Zustand zu halten, seine Wesensart und Nutzungsdauer jedoch nicht verändern und die regelmäßig wiederkehren. § 82b EStDV erlaubt es Steuerpflichtigen, größeren Erhaltungsaufwand an Wohngebäuden des Privatvermögens auf zwei bis fünf Jahre zu verteilen; dies gilt gem. §§ 11a und 11b EStG auch für Erhaltungsaufwendungen an Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten und im städtebaulichen Entwicklungsbereichen (s. Rz. 1.496, 1.487). cc) Negativabgrenzung von Erhaltungsaufwand zu Herstellungskosten

1.547

Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen (und damit nicht sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand darstellen), bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB6. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung (s. Rz. 1.548) eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung (s. Rz. 1.550) oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung (s. Rz. 1.553) entstehen. Entsprechend diesen unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB können Aufwendungen für die Instandsetzung oder Modernisierung eines Gebäudes aus nachfolgend beschriebenen Gründen als Herstellungskosten zu beurteilen sein.

1 Vgl. die Leitentscheidung BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck. 2 BFH v. 12.9.2001 – IX R 39/97, BStBl. II 2003, 569 = DB 2002, 1297 = NJW 2002, 2268 = ZfIR 2002, 569 und IX R 52/00, BStBl. II 2003, 574 = FR 2002, 779 m. Anm. Fischer; ausführlich dazu Wolff-Diepenbrock, DB 2002, 1286. 3 BMF v. 18.7.2003 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386. 4 Gesetz v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645 = BStBl. I 2003, 710. 5 Siehe R 21.1 Abs. 1 Satz 1 EStH 2015. 6 BFH v. 14.7.2004 – IX R 52/02, BStBl. II 2004, 949 = DB 2004, 2022; v. 25.9.2007 – IX R 43/06, BFH/NV 2008, 208; s. a. R 21.1 Abs. 1 Satz 1 EStH 2014.

162

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.550 Kap. 1

(1) Herstellen eines neuen Gebäudes Zum einen führen Instandsetzungsarbeiten dann zu Herstellungskosten, wenn ein Gebäude in allen seinen wesentlichen Teilen so sehr abgenutzt oder zerstört ist, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), und daher – unter Verwendung der noch nutzbaren Teile – ein neues Wirtschaftsgut hergestellt wird (§ 255 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 HGB)1. Diese Voraussetzung ist noch nicht gegeben, wenn ein Gebäude wegen Abnutzung und Verwahrlosung lediglich nicht mehr zeitgemäßen Wohnvorstellungen entspricht und deshalb nicht mehr vermietbar ist2. Von einem Vollverschleiß ist erst bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen auszugehen3, z.B. wenn ein Gebäude wegen Verfalls oder Zerstörung unbewohnbar4 geworden ist oder wenn es infolge Entkernung nicht mehr nutzbar ist5.

1.548

Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führen darüber hinaus auch dann zur Herstellung eines neuen Wirtschaftsgutes und sind mithin gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als Herstellungskosten zu qualifizieren, wenn das Gebäude durch die Arbeiten umgestaltet wird und hierdurch eine Funktions- oder Nutzungsveränderung (Änderung der Zweckbestimmung) erfährt6. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Mühle zu einem Wohnhaus7, Geschäftsräume zu Wohnräumen8 oder Wohnräume zu Arztpraxen9 umgebaut oder auch ein Einfamilienhaus durch erstmalige Schaffung eines Wohnraumabschlusses zu einem Zweifamilienhaus umgestaltet wird10. Keine Funktions- (und damit auch keine Wesens-)veränderung ist mit dem Umbau eines Großraumbüros in vier Einzelbüros unter Verwendung von Rigips-Ständerwerk verbunden; da eine solche Umbaumaßnahme (einschließlich der Erneuerung der Elektroinstallation im hierdurch notwendigen Umfang) auch weder zu einer Erweiterung des Gebäudes (-teiles) noch zu einer wesentlichen Verbesserung führt, sind die betreffenden Aufwendungen sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung11.

1.549

(2) Erweiterung eines Gebäudes Zum anderen führen Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen dann zu – nachträglichen – Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i.S.v.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Siehe hierzu BFH v. 14.5.2003 – X R 32/00, BFH/NV 2003, 1178 – Fachwerkhaus. BFH v. 13.10.1998 – IX R 61/95, BStBl. II 1999, 282 = FR 1999, 460. BFH v. 13.10.1998 – IX R 38/95, BFH/NV 1999, 603. Z.B. FG Hamburg v. 10.12.1981 – VI 190/78, EFG 1982, 340, rkr. Vgl. BFH v. 24.10.1990 – II R 9/88, BStBl. II 1991, 60. BFH v. 31.3.1992 – IX R 175/87, BStBl. II 1992, 808 = FR 1992, 582; vgl. auch Beck’scher Bilanzkommentar/Schubert/Pastor, 10. Aufl. 2016, § 255 HGB Rz. 378. BFH v. 31.3.1992 – IX R 175/87, BStBl. II 1992, 808 = FR 1992, 582. BFH v. 29.6.1965 – VI 236/64 U, BStBl. III 1965, 507. BFH v. 23.9.2004 – IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543. Vgl. FG Bremen v. 11.6.1991 – II 162/89 K, EFG 1992, 180, rkr. BFH v. 16.1.2007 – IX R 39/05, BStBl. II 2007, 922.

Schallmoser

163

1.550

Kap. 1 Rz. 1.551 Steuerorientierte Immobilienübertragung

§ 255 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 HGB entstehen. Eine solche Erweiterung liegt z.B. vor, wenn – ein Gebäude aufgestockt oder daran ein Anbau errichtet wird1; – eine Dachterrasse zu einem ganzjährig als Wohnraum nutzbaren Wintergarten umgestaltet wird2; – es in seiner Substanz vermehrt wird, ohne dass zugleich die Nutzfläche des Hauses vergrößert wird3. Eine solche Substanzvermehrung könnte beispielsweise bei einer nachträglichen Verklinkerung oder Verblendung eines Hauses4 sowie der Errichtung einer Stützmauer5 vorliegen; – seine nutzbare Fläche vergrößert wird6, und zwar auch dann, wenn die Vergrößerung im Verhältnis zur gesamten Nutzfläche nur geringfügig ist7; so ist z.B. der unter Errichtung von Dachgauben vorgenommene Ausbau eines bislang nur teilweise genutzten Dachgeschosses zu zwei zusätzlichen abgeschlossenen Wohnungen als Erweiterung eines Mietwohnhauses beurteilt worden8. – wenn nachträglich zusätzliche Bestandteile eingebaut oder angefügt werden, die bislang nicht vorhanden waren, z.B. eine Alarmanlage9, eine Sonnenmarkise10, ein Kachelofen11 oder ein Kamin12 sowie eine Außentreppe13.

1.551

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahme einen hohen Aufwand erfordert; es genügt, dass dem Gebäude etwas Neues ein- oder angefügt wird14. Aufwendungen für eine derartige – auch geringfügige – Erweiterung eines Gebäudes führen

1 Vgl. BFH v. 27.1.1993 – IX R 97/88, BStBl. II 1993, 601 = FR 1993, 506. 2 BFH v. 13.10.1998 – IX R 80/95, BFH/NV 1999, 605. 3 BFH v. 1.12.1992 – IX R 333/87, BStBl. II 1994, 12 = FR 1993, 503 m. Anm. Drenseck; vgl. auch Kleinjohann, Zur Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand in der Steuerbilanz, S. 54, mit Rechtsprechungsnachweisen. 4 BFH v. 27.9.2001 – X R 55/98, BFH/NV 2002, 627. Hingegen ist eine zusätzliche Fassadenverkleidung, z.B. zu Werbezwecken oder zur Wärmedämmung mit Eternitplatten, noch als Erhaltungsaufwand zu beurteilen (BFH v. 13.3.1979 – VIII R 83/77, BStBl. II 1979, 435, und in BFH/NV 2002, 627). 5 Vgl. Kleinjohann, Zur Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand in der Steuerbilanz, S. 54. 6 Z.B. BFH v. 19.6.1991 – IX R 1/87, BStBl. II 1992, 73 = FR 1992, 270 m. Anm. Drenseck, und v. 19.7.1985 – III R 170/80, BFH/NV 1986, 24. 7 BFH v. 9.5.1995 – IX R 88/90, BStBl. II 1996, 628 = FR 1995, 857, und IX R 69/92, BStBl. II 1996, 630 = FR 1995, 859. 8 BFH v. 9.5.1995 – IX R 2/94, BStBl. II 1996, 637 = FR 1995, 858. 9 BFH v. 16.2.1993 – IX R 85/88, BStBl. II 1993, 544. 10 BFH v. 29.8.1989 – IX R 176/84, BStBl. II 1990, 430. 11 BFH v. 27.7.2000 – X R 26/97, BFH/NV 2001, 306, und zwar auch dann, wenn er einen offenen Kamin ersetzt. 12 BFH v. 9.5.1995 – IX R 17/93, BFH/NV 1996, 114. 13 BFH v. 9.5.1995 – IX R 2/94, BStBl. II 1996, 637. 14 BFH v. 9.5.1995 – IX R 88/90, BStBl. II 1996, 628.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.554 Kap. 1

stets zu – nachträglichen – Herstellungskosten, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Voraussetzungen ankommt1. Die Finanzverwaltung2 nimmt – insoweit entgegen dem BFH-Urteil v. 10.5.19953 – keine Substanzvermehrung und damit keine Herstellungskosten i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB an, wenn einem Gebäude ein neuer Bestandteil hinzugefügt wird, um bereits eingetretene Schäden zu beseitigen oder einen konkret drohenden Schaden abzuwenden; z.B. das Errichten einer sog. Betonvorsatzschale zur Trockenlegung der durchfeuchteten Fundamente oder das Überdachen von Wohnungszugängen oder einer Dachterrasse mit einem Glasdach zum Schutz vor Wasserschäden.

1.552

(3) Wesentliche Verbesserung eines Gebäudes Schließlich sind Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 HGB dann als (nachträgliche) Herstellungskosten zu behandeln, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen. Bei dem hiernach notwendigen Vergleich wird auf den Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt abgestellt, in dem der Steuerpflichtige es in sein Vermögen aufgenommen hat4, mithin auf den Zeitpunkt der Herstellung oder der Anschaffung5. Der weitergehenden Ansicht, wonach es stets auf den Zustand nach der ursprünglichen Herstellung ankommen soll6, ist die Rechtsprechung nicht gefolgt. Sind die ursprünglichen Herstellungs- oder Anschaffungskosten zwischenzeitlich jedoch durch anderweitige nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten oder durch AfaA gem. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG verändert worden, so ist für den nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB notwendigen Vergleich auf den für die geänderte AfA-Bemessungsgrundlage maßgebenden Zustand abzustellen7. Bei dem Erwerb eines Wohngebäudes durch Schenkung oder Erbfall ist der Zustand zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung durch den Schenker/Erblasser maßgebend8.

1.553

Eine wesentliche Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 HGB liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Gebäude – sei es durch die Ersetzung einzelner Bestandteile, sei es durch Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an dem Gebäude als Ganzem – lediglich in ordnungsgemäßem Zustand entsprechend seinem ursprünglichen Zustand erhalten oder dieser in zeitgemäßer Form wiederhergestellt wird; solche Maßnahmen führen vielmehr zu Erhaltungsaufwand. Der BFH hat in diesem Zusam-

1.554

1 2 3 4 5 6 7 8

BFH v. 9.5.1995 – IX R 69/92, BStBl. II 1996, 630. BMF v. 18.7.2003 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386. BFH v. 10.5.1995 – IX R 62/94, BStBl. II 1996, 639. BFH v. 11.8.1989 – IX R 44/86, BStBl. II 1990, 53; v. 30.7.1991 – IX R 123/90, BStBl. II 1992, 30 = FR 1992, 138; vgl. a. BFH v. 22.8.1966 – GrS 2/66, BStBl. III 1966, 672. Vgl. auch Mathiak, JDStJG 1984, 97 (132). So noch Beck’scher Bilanzkommentar/Ellrott/Schmidt-Wendt, 3. Aufl. 1995, § 255 HGB Rz. 384 (inzwischen jedoch aufgegeben, vgl. Beck’scher Bilanzkommentar/Schubert/Pastor, 10. Aufl. 2016, § 255 HGB Rz. 383). BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck. BFH v. 3.12.2002 – IX R 64/99, BStBl. II 2003, 590.

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165

Kap. 1 Rz. 1.555 Steuerorientierte Immobilienübertragung

menhang von einer zeitgemäßen substanzerhaltenden (Bestandteil-)Erneuerung gesprochen, die dem Gebäude den zeitgemäßen Wohnkomfort wiedergibt, den es ursprünglich besessen, aber durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten verloren hat1. Eine solche zeitgemäße, substanzerhaltende Erneuerung führt auch dann noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung, wenn damit eine Werterhöhung des Gebäudes verbunden ist. Unmaßgeblich ist auch, ob die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen objektiv oder subjektiv erforderlich und ob hierfür hohe Aufwendungen notwendig sind; denn auch das Wiederherstellen des ursprünglichen Zustandes kann hohe Aufwendungen erfordern. Entgegen der früheren Rechtsprechung2 liegen mithin nicht schon dann nachträgliche Herstellungskosten vor, wenn Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum anfallen.

1.555

Eine wesentliche Verbesserung und damit Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind vielmehr erst dann gegeben, wenn die Maßnahmen zur Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende Bestandteilserneuerung hinausgehen und den Gebrauchswert des Hauses insgesamt deutlich erhöhen3; denn nach dem Gebrauchswert entscheidet sich, ob für die Zukunft ein höheres „Nutzungspotential“ geschaffen worden ist. Der Gebrauchswert eines Gebäudes wird bspw. dann deutlich erhöht, wenn durch die betreffende Baumaßnahme – sein Wohnstandard maßgebend gesteigert und damit eine andere Wohnungskategorie erreicht wird4. Die Rechtsprechung hebt dabei auf drei unterschiedliche Standardkategorien ab: sehr einfacher, mittlerer und sehr anspruchsvoller Standard. Eine wesentliche Verbesserung i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist vor diesem Hintergrund (nur) gegeben, wenn ein Gebäude von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Der Standard eines Wohngebäudes wird – abgesehen von seinem architektonischen Zuschnitt – insbesondere durch die Einrichtungen bestimmt, die den Nutzungswert eines Gebäudes im Wesentlichen prägen: Das sind die Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie die Fenster. Sind sie im Zeitpunkt der Anschaffung nur im nötigen Umfang und/oder in einem technisch überholten Zustand vorhanden, handelt es sich um einen sehr einfachen Wohnungsstandard; entsprechen sie in Umfang und Ausführung durchschnittlichen und selbst höheren Ansprüchen, liegt ein mittlerer Standard vor; ist nicht nur das Zweckmäßige, sondern sogar das Mögliche vorhanden und das vor allem unter Verwendung außergewöhnlich hochwertiger Materialien, handelt es sich um einen sehr anspruchsvollen Standard. Werden im Zuge einer Baumaßnahme diese Einrichtungen nicht nur in zeitgemäßer Form ersetzt, sondern darüber hinaus in ihrer Funktion deutlich erweitert und ergänzt und wird da1 2 3 4

BFH v. 9.5.1995 – IX R 69/92, BStBl. II 1996, 630 = FR 1995, 859. Z.B. BFH v. 15.1.1991 – IX R 21/89, BFH/NV 1991, 533. BFH v. 25.9.2007 – IX R 28/07, BStBl. II 2008, 218 = DB 2008, 100 = FR 2008, 372. So z.B. zutreffend Korn, NWB, Blickpunkt Steuern, 10/95, S. 2.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.557 Kap. 1

durch der Wohnkomfort des Hauses insgesamt deutlich gesteigert, liegt eine wesentliche Verbesserung i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB vor1. Soweit einzelne komfortverbessernde Maßnahmen (etwa der Austausch von Ofenheizungen gegen Gas-Etagenheizungen2, die Modernisierung der Bäder3 und der Austausch von einfachverglasten Fenstern gegen Isolierglasfenster4) isoliert gesehen noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung führen würden, kann auch ein „Bündel“ derartiger Baumaßnahmen, bei dem mindestens drei der oben genannten wesentlichen Bereiche betroffen sind, ein Gebäude gegenüber seinem Zustand bei Erwerb in seinem Standard heben und es damit i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich verbessern5; – die tatsächliche Gesamtnutzungsdauer deutlich verlängert wird. Da die Gesamtnutzungsdauer sich nicht schon durch eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung von Bestandteilen verlängert, deren gewöhnliche Nutzungsdauer von vornherein kürzer als die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes war, liegen diese Voraussetzungen in der Regel nur bei solchen Maßnahmen vor, die die Substanz des Gebäudes, die im Wesentlichen die Lebensdauer bestimmt, verändern. Im Einzelfall sind zu einer Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer konkrete Feststellungen erforderlich. Ein Indiz für einen deutlich gesteigerten Gebrauchswert kann sich ferner aus einem deutlichen Anstieg der erzielbaren Miete im Vergleich zu der Miete ergeben, die bei einer Neuvermietung unmittelbar vor den Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten erzielbar gewesen wäre. Hierbei sind Mietsteigerungen, die lediglich auf zeitgemäßen bestandserhaltenden Erneuerungen beruhen, nicht in die Beurteilung miteinzubeziehen. Bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, darf dann nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abgestellt werden, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst6.

1.556

(4) Getrennte und einheitliche Beurteilung einzelner Aufwendungen Auch im Rahmen einer umfassenden Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind die einzelnen Aufwendungen grds. getrennt danach zu beurteilen, ob sie (lediglich) einer zeitgemäßen substanzerhaltenden Erneuerung gedient (dann: Erhaltungsaufwand) oder ob sie zu einer Erweiterung oder zu einer deutlichen Erhö1 Vgl. BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck, unter I. 3. b bb, m.w.N. 2 Vgl. BFH v. 24.7.1979 – VIII R 162/78, BStBl. II 1980, 7; BMF v. 18.7.2003 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386, Tz. 27 ff. 3 BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck, unter II. 4 Vgl. BFH v. 28.4.1998 – IX R 66/95, BStBl. II 1998, 515 = FR 1998, 957. 5 Vgl. dazu BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck, unter I. 2. c. und II. 6 BFH v. 25.9.2007 – IX R 28/07, BStBl. II 2008, 218 = DB 2008, 100 = FR 2008, 372.

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1.557

Kap. 1 Rz. 1.558 Steuerorientierte Immobilienübertragung

hung des Gebrauchswertes des Gebäudes geführt haben (dann: Herstellungskosten). Werden bei einer umfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme sowohl normale substanzerhaltende wie auch die zeitgemäße Erneuerung übersteigende Arbeiten durchgeführt, so sind die hierauf jeweils entfallenden Kosten grds. – ggf. im Wege der Schätzung – aufzuteilen1, und zwar auch dann, wenn sie einheitlich in Rechnung gestellt worden sind2.

1.558

Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn Aufwendungen für eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung, die sich auch über mehrere Jahre erstrecken kann3, mit anderen, zu Herstellungskosten führenden Maßnahmen deswegen in sachlichem Zusammenhang stehen, weil sie bautechnisch ineinandergreifen. In einem solchen Fall sind die Aufwendungen nicht in Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen aufzuteilen, sondern einheitlich als Herstellungskosten zu beurteilen4. Dies gilt auch, wenn die Instandsetzungsaufwendungen deutlich überwiegen5. So hat der BFH mit Urteil vom 16.7.19966 entschieden, dass Kosten einer Dachinstandsetzung sofort abziehbare Werbungskosten sein können, wenn anlässlich eines Dachgeschossausbaus das gesamte Dach erneuert wird; soweit sie jedoch durch den Dachgeschossausbau (Herstellung einer Dachterrasse und neuer Dachgauben) bedingt sind, stellen sie – nachträgliche – Herstellungskosten dar. Greifen also zu Herstellungskosten führende Maßnahmen und gleichzeitig vorgenommene Instandsetzungsmaßnahmen nicht bautechnisch ineinander7, sind die betreffenden Aufwendungen – wie in Rz. 1.557 dargestellt – aufzuteilen. (5) „Anschaffungsnahe“ Aufwendungen als Herstellungs- oder Anschaffungskosten Literatur: Carlé, Der anschaffungsnahe Aufwand – Metamorphose im Steuerrecht, in: Gestaltung und Abwehr im Steuerrecht (Festschrift für Klaus Korn), 2005, 41; Rubaker, Anschaffungsnahe Herstellungskosten, NWB 2016, 3476; Schießl, Neues zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, StuB 2016, 719 Spindler, Wie geht es weiter mit dem anschaffungsnahen Aufwand?, DB 2004, 507; Wendt, Die gesetzliche Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten, EStB 2004, 329.

(a) Rechtsprechungsentwicklung

1.559

Die frühere Rechtsprechung hat bei erheblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten im Einzelfall unter Berücksichtigung von Anschaffungsnähe und Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis eine wesentliche Verbesserung 1 Vgl. BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck unter I. 3. b. cc) sowie IX R 2/94, BStBl. II 1996, 637 = FR 1995, 858, unter 1. 2 Vgl. BFH v. 14.10.1960 – VI 100/59, BStBl. III 1960, 493. 3 BFH v. 19.12.1995 – IX R 88/93, BFH/NV 1996, 537. 4 BFH v. 9.5.1995 – IX R 88/90, BStBl. II 1996, 628 = FR 1995, 857, und IX R 2/94, BStBl. II 1996, 637 = FR 1995, 858. 5 BFH v. 9.5.1995 – IX R 2/94, BStBl. II 1996, 637 = FR 1995, 858. 6 BFH v. 16.7.1996 – IX R 34/94, BStBl. II 1996, 649 = FR 1996, 747 m. Anm. Drenseck. 7 Siehe hierzu die vom FG des Saarlandes v. 15.12.1993 – 1 K 137/93, EFG 1994, 618 entschiedene Fallgestaltung.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.559 Kap. 1

gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB vermutet (sog. „anschaffungsnaher Herstellungsaufwand“)1. Nachdem der BFH aber schon die Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen bei der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden allein am Maßstab des § 255 Abs. 2 HGB vorgenommen hatte2, wurde auch das „Institut“ des anschaffungsnahen Aufwands auf den Prüfstand des § 255 HGB gestellt und mit Urteil vom 12.9.20013 dahin modifiziert, dass für die steuerrechtliche Beurteilung solcher Aufwendungen nicht (mehr) deren Höhe oder zeitliche Nähe zur Anschaffung maßgebend ist. Andererseits hat er aber auch klargestellt, dass solche, zeitnah nach dem Erwerb vorgenommene Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten Aufwendungen ggf. als Anschaffungskosten i.S.v. § 255 Abs. 1 HGB zu qualifizieren sind, und zwar dann, – wenn sie dazu dienen, die Betriebsbereitschaft des Gebäudes herbeizuführen4; – wenn funktionsuntüchtige Teile des Gebäudes, die für seine Nutzung z.B. als Wohnung unerlässlich sind, wieder hergestellt würden, z.B. bei einer defekten Heizung, bei die Bewohnbarkeit ausschließenden Wasserschäden, bei einer durch Brand verwüsteten Wohnung5; – wenn Renovierungs- oder Modernisierungsarbeiten gleichzeitig mit dem Kaufvertrag (einheitlicher Vorgang trotz mehrerer Verträge) über eine Eigentumswohnung in einem Altbau in Auftrag gegeben und alsbald durchgeführt würden (sog. „Modernisierungsmodell“)6. Waren die Aufwendungen aber weder nach den soeben genannten Kriterien als Anschaffungskosten noch nach den unter Rz. 1.548 bis 1.555 genannten Kriterien als Herstellungskosten einzustufen, konnten sie als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt werden7. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zunächst mit Anwendungsschreiben vom 18.7.20038 im Wesentlichen angeschlossen. Aufwendungen im Rahmen von Baumaßnahmen, mit denen bis zum 31.12.2003 begonnen worden ist, sind nach den genannten Rechtsprechungsgrundsätzen entweder als Anschaffungskosten, Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwendungen einzustufen.

1 Z.B. BFH v. 29.10.1991 – IX R 117/90, BStBl. II 1992, 285 = FR 1992, 293, unter 2.; v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck, unter 3. a; v. 16.12.1998 – X R 89/95, BFH/NV 1999, 776. 2 Siehe hierzu die Leitentscheidung BFH v. 9.5.1995 – IX R 116/92, BStBl. II 1996, 632 = FR 1995, 741 m. Anm. Drenseck sowie erläuternd Pezzer, DB 1996, 849; Spindler, DStR 1996, 765. 3 BFH v. 12.9.2001 – IX R 39/97, BStBl. II 2003, 569 = DB 2002, 1297 = NJW 2002, 2268 = ZfIR 2002, 569; zur Rechtsprechungsentwicklung s. Spindler, BB 2002, 2041. 4 BFH v. 12.9.2001 – IX R 52/00, BStBl. II 2003, 574 = FR 2002, 779 m. Anm. Fischer; ausführlich dazu Wolff-Diepenbrock, DB 2002, 1286. 5 Vgl. BFH v. 20.8.2002 – IX R 70/00, BStBl. II 2003, 585 = FR 2003, 302 m. Anm. Fischer. 6 Z.B. BFH v. 17.12.1996 – IX R 47/95, BStBl. II 1997, 348 = FR 1997, 384 m.w.N. 7 So BFH v. 12.9.2001 – IX R 52/00, BStBl. II 2003, 574 = FR 2002, 779 m. Anm. Fischer. 8 BMF v. 18.7.2003 (DE CD) – IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl. I 2003, 386.

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169

Kap. 1 Rz. 1.560 Steuerorientierte Immobilienübertragung

(b) Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. des StÄndG 2003

1.560

Die Beurteilung von Aufwendungen im Rahmen von Baumaßnahmen, die nach dem 31.12.2003 begonnen worden sind (vgl. § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG), ist nach der gesetzlichen Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes vom 15.12.20031 vorzunehmen. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG qualifiziert Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die – innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und – 15 v.H. seiner Anschaffungskosten übersteigen, einheitlich als (fiktive) Herstellungskosten; die – nun legaldefinierten – „anschaffungsnahen Herstellungskosten“ treten zusätzlich neben die bereits in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB vorgesehenen drei Varianten der Herstellungskosten (Herstellung – Erweiterung – wesentliche Verbesserung). (c) Rechtsanwendungsfragen zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG

1.561

§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG beschränkt sich auf die Beurteilung sog. anschaffungsnaher Aufwendungen als (fiktive) Herstellungskosten; hierzu gehören Aufwendungen für „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Unter „Instandsetzung und Modernisierung“ eines Gebäudes im Sinne dieser Vorschrift sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird2. Liegen nach den Grundsätzen der unter Rz. 1.559 dargestellten Rechtsprechung des BFH Anschaffungskosten i.S.v. § 255 Abs. 1 HGB vor3, etwa weil der Aufwand der Herbeiführung der Bezugsfertigkeit des erworbenen Gebäudes dient, ist die steuerrechtliche Beurteilung unbeschadet der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (und damit unabhängig von der Höhe des Aufwands!) nach den in das BMF-Schreiben vom 18.7.2003 aufgenommenen Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH zu treffen4; in diesem Zusammenhang wird auch die Frage, ob die betreffenden Baumaßnahmen das Gebäude auf einen höheren Standard gebracht haben, weiterhin von Bedeutung sein.

1.562

Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht vor, weil die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten an Gebäuden innerhalb 1 2 3 4

Gesetz v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645 = BStBl. I 2003, 710. BFH v. 14.6.2016 – IX R 25/14, BStBl. II 2016, 992 = DStR 2016, 2269 = ZfIR 2016, 792. Siehe hierzu im Einzelnen das Urteil BFH v. 12.9.2001 – IX R 52/00, BStBl. II 2003, 574. Spindler, DB 2004, 507/509; Schindler in Kichhof16, § 6 EStG Rz. 69; OFD München/Nürnberg v. 11.6.2004, DB 2004, 1464; a.A. Stuhrmann, NWB Fach 3, 12.767; Kahle/Heinstein, DStZ 2007, 99.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.563 Kap. 1

von drei Jahren nach der Anschaffung weniger als 15 v.H. der Anschaffungskosten des Gebäudes betragen, ist ebenfalls anhand der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH (s. Rz. 1.548 ff.) zu prüfen, ob Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen vorliegen. Gleiches gilt, wenn solche Aufwendungen nach Ablauf von drei Jahren seit dem Erwerb zu beurteilen sind. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und die nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind1. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um „verdeckte“, d.h. bei Anschaffung angelegte, aber zunächst unerkannt gebliebene Mängel handelt2. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach – neben dem Katalog der „klassischen“ Instandsetzungs- und Modernisierungmaßnahmen (bspw. Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, Fußbodenbeläge, Fenster, Dacheindeckung, energetische Sanierung) und den Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes – auch Kosten für – Schönheitsreparaturen (Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster, vgl. § 28 Abs. 4 Satz 1 II. BVO)3; – die Herstellung der Betriebsbereitschaft4. Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden5. Aufwendungen, die mit den Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Zusammenhang stehen, können jedoch als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sein. Hierunter fallen insbesondere Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen und daher nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich nicht zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören. Zu den jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsaufwendungen in diesem Sinne zählen etwa Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen oder Ablesekosten6. Auch Aufwendungen zur Beseitigung von nach dem Gebäudeerwerb eingetretenen mutwilligen Beschädi1 BFH v. 14.6.2016 – IX R 25/14, BStBl. II 2016, 992 = DStR 2016, 2269 = ZfIR 2016, 792. 2 BFH v. 9.5.2017 – IX R 6/16, DStR 2017, 2161 = DB 2017, 2335 3 BFH v. 14.6.2016 – IX R 25/14, BStBl. II 2016, 992 = DStR 2016, 2269 = ZfIR 2016, 792; v. 14.6.2016 – IX R 22/15, BStBl. II 2016, 999 = DStR 2016, 2274. 4 BFH v. 14.6.2016 – IX R 15/15, BStBl. II 2016, 996 = DStR 2016, 2278. 5 BFH v. 14.6.2016 – IX R 25/14, BStBl. II 2016, 992 = DStR 2016, 2269 = ZfIR 2016, 792; v. 14.6.2016 – IX R 22/15, BStBl. II 2016, 999 = DStR 2016, 2274; v. 14.6.2016 – IX R 15/15, BStBl. II 2016, 996 = DStR 2016, 2278. 6 BFH v. 14.6.2016 – IX R 22/15, BStBl. II 2016, 999 = DStR 2016, 2274.

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1.563

Kap. 1 Rz. 1.564 Steuerorientierte Immobilienübertragung

gungen des Gebäudes zählen u.E. nicht zu den Aufwendungen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG1. Nicht zu den anschaffungsnahen Aufwendungen zählen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG ferner Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB. e) Erschließungskosten Literatur (Auswahl): Spindler, Die steuerrechtliche Beurteilung nachträglicher Erschließungskosten durch den BFH, ZNotP 1998, 90; Spindler, Zur steuerlichen Behandlung nachträglicher Erschließungskosten, DB 1996, 444.

aa) Erstmals durchgeführte Erschließungsmaßnahme als Anschaffungskosten

1.564

Kosten einer erstmals durchgeführten Erschließungsmaßnahme sind regelmäßig den Anschaffungskosten von Grund und Boden zuzurechnen2; denn der erstmalige Anschluss an öffentliche Einrichtungen erhöht die bisherige (abstrakte) Nutzbarkeit des Grundstücks und damit dessen Wert. Voraussetzung der Zuordnung dieser Aufwendungen zu den Anschaffungskosten für Grund und Boden ist, dass die Erschließungsmaßnahme im Zusammenhang mit dem Grundstück und nicht mit dessen konkreter Nutzung3 steht. Maßgeblich ist danach, ob die Erschließungskosten dazu dienen, das Grundstück baureif zu machen und es damit i.S.v. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen4. Dies gilt sowohl für Beiträge zur Finanzierung öffentlicher Erschließungsanlagen als auch für Aufwendungen zur Durchführung einer privaten Erschließungsmaßnahme, z.B. der Anlage einer Privatstraße5. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Erschließungsmaßnahme erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstücks durchgeführt wird oder ob die Erschließungsbeiträge erst bei der Bebauung des Grundstücks zu zahlen sind6.

1 BFH v. 9.5.2017 – IX R 6/16, DStR 2017, 2161 = DB 2017, 2335; s. hierzu auch Dürr, DB 2016, 2380; Günther, EStB 2016, 232. 2 Z.B. BFH v. 18.9.1964 – VI 100/63 S, BStBl. III 1965, 85 zur erstmaligen Straßenanlage; v. 4.11.1986 – VIII R 322/83, BStBl. II 1987, 333 = FR 1987, 204, zum erstmaligen Anschluss an die Wasserversorgung; v. 14.3.1989 – IX R 138/88, BFH/NV 1989, 633 zum erstmaligen Anschluss an die Stromversorgung und v. 15.2.1989 – X R 6/86, BFH/NV 1989, 494 zum erstmaligen Anschluss an die Gasversorgung; v. 20.7.2010 – IX R 4/10, BStBl. II 2011, 35, zur Übernahme einer Zufahrtsbaulast, jeweils m.w.N. der umfangreichen Rechtsprechung. 3 Hierzu zählen Beiträge, Gebühren oder Zuschüsse, die an einen Erschließungsträger für bestimmte, wegen der besonderen Nutzung eines Grundstücks notwendigen Ver- oder Entsorgungsmaßnahmen zu leisten sind. Zur steuerl. Berücksichtigung s. Rz. 1.569. 4 BFH v. 14.3.1989 – IX R 138/88, BFH/NV 1989, 633; v. 7.11.1995 – IX R 99/93, BStBl. II 1996, 89 und IX R 54/94, BStBl. II 1996, 190 = FR 1996, 384 m. Anm. Drenseck; v. 19.12.1995 – IX R 5/95, BStBl. II 1996, 134; v. 20.7.2010 – IX R 4/10, BStBl. II 2011, 35. Zur älteren Rechtsprechung, die die Grundstücksbezogenheit der Erschließungskosten teilweise aus der den Grundstückseigentümer oder den Erbbauberechtigten treffenden Beitragspflicht hergeleitet hat, s.a. BFH v. 22.2.1967 – VI 295/65, BStBl. II 1967, 417; vgl. aber auch BFH v. 12.1.1995 – IV R 3/93, BStBl. II 1995, 632 = FR 1995, 501. 5 Niedersächsisches FG v. 21.11.1989 – I 321/88, EFG 1990, 297, rkr. 6 BFH v. 14.3.1989 – IX R 138/88, BFH/NV 1989, 633.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.566 Kap. 1

bb) Nachträgliche Erschließungskosten sind grds. sofort abziehbarer Aufwand Werden hingegen vorhandene Erschließungseinrichtungen lediglich ersetzt oder modernisiert, führen die vom Grundstückseigentümer hierfür zu leistenden Beiträge (sog. „nachträgliche“ Erschließungskosten oder Ergänzungsbeiträge) nach der Rechtsprechung regelmäßig nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten, es sei denn, das Grundstück wird durch die Maßnahme in seiner Substanz und in seinem Wesen verändert1. Der Charakter eines Grundstücks wird durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt, insbesondere durch Größe, Lage, Zuschnitt, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit. Solange diese Merkmale unverändert bleiben, werden Substanz oder Wesen des Grundstücks nicht berührt, die Beiträge für die nachträglichen Erschließungsmaßnahmen stellen Erhaltungsaufwand und mithin sofort abziehbare Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) dar. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die nachträgliche Erschließungsmaßnahme aus anderen Gründen zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt hat2.

1.565

Nach diesen Grundsätzen hat der BFH als Erhaltungsaufwand beurteilt:

1.566

– Nachträgliche Straßenbaukostenbeiträge, die Gemeinden von den Eigentümern bereits erschlossener Grundstücke für die bauliche Umgestaltung vorhandener öffentlicher Erschließungsanlagen (bspw. für die Veränderung von Gehwegen oder des Straßenbelages zur Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone3 oder eines Fußgängerbereichs4) oder für eine nachträglich (d.h. statt einer bestehenden öffentlichen Verbindung) errichtete öffentliche Straße5. Dies gilt auch dann, wenn der Anlieger ursprünglich zu den Kosten für die Herstellung der bisherigen Anbindung ihrer Grundstücke nicht herangezogen worden ist6; – Erschließungsbeiträge für den endgültigen Ausbau einer bislang provisorisch angelegten Straße7; – Erschließungsbeiträge für die (straßenbautechnisch identische) Anbindung eines schon bislang durch einen Privatweg erschlossenen Grundstücks an das öffentliche Straßennetz8 (s. aber auch Rz. 1.568). Maßgeblich war in allen Fällen, dass die Grundstücke durch die nachträglichen Erschließungsmaßnahmen weder in ihrer Substanz noch in ihrem Wesen verändert wurden. 1 BFH v. 2.5.1990 – VIII R 198/85, BStBl. II 1991, 448. 2 BFH v. 2.5.1990 – VIII R 198/85, BStBl. II 1991, 448; vgl. auch BFH v. 22.3.1994 – IX R 52/90, BStBl. II 1994, 842. 3 BFH v. 22.3.1994 – IX R 52/90, BStBl. II 1994, 842; v. 22.3.1994 – IX R 120/92, BFH/NV 1995, 100. 4 BFH v. 22.3.1994 – IX R 109/90, DB 1994, 2113 = FR 1994, 824. 5 BFH v. 18.1.1995 – XI R 60/94, BFH/NV 1995, 770; v. 19.12.1995 – IX R 5/95, BStBl. II 1996, 134. 6 BFH v. 19.12.1995 – IX R 5/95, BStBl. II 1996, 134. 7 BFH v. 16.7.1996 – IX R 55/94, BFH/NV 1997, 178. 8 BFH v. 7.11.1995 – IX R 99/93, BStBl. II 1996, 89.

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Kap. 1 Rz. 1.567 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.567

Demgegenüber hat der BFH von einer Gemeinde (wenn auch erst nach Jahren) aufgrund einer Satzungsänderung nachgeforderte Erschließungsbeiträge als nachträgliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden gewertet, wenn die Gemeinde lediglich den Berechnungsmaßstab geändert hat, die Beitragspflicht als solche ihren Grund aber nach wie vor in einer erstmaligen Erschließungsmaßnahme hat1. cc) Nachträgliche Beiträge wegen Zweiterschließung

1.568

Erschließungskostenbeiträge der Gemeinden für eine sog. Zweiterschließung von Grundstücken werden erhoben für eine – insoweit regelmäßig erstmalig vorgenommene – Erschließungsmaßnahme, die neben eine bereits vorhandene öffentliche oder private Erschließungsanlage tritt, ohne diese zu ersetzen; das betreffende Grundstück wird durch die Zweiterschließung „zusätzlich erschlossen“, etwa durch – eine nachträglich errichtete öffentliche Straße, mit der ein bislang nur durch einen Privatweg an das öffentliche Straßennetz angebundenes Grundstück – zusätzlich zu der schon bestehenden privaten Verbindung – angeschlossen wird2 (s. aber auch Rz. 1.566); – eine nachträglich errichtete weitere öffentliche Straße, mit der ein bislang nur durch eine öffentliche Straße an das öffentliche Straßennetz angebundenes Grundstück – zusätzlich zu der schon bestehenden (und auch künftig weiter vorhandenen) öffentlichen Verbindung – angeschlossen wird3. Beiträge für die Zweiterschließung eines Grundstücks durch eine weitere Straße stellen nur dann nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens dar, wenn sich der Wert des Grundstücks aufgrund einer Erweiterung der Nutzbarkeit oder einer günstigeren Lage erhöht. Angesichts einer in diesen Fällen bereits vorhandenen Erschließung liegen diese Voraussetzungen im Regelfall nicht vor4; allerdings kann die Werterhöhung eines Grundstücks – ausnahmsweise – dann eintreten, wenn mit der zweiten Erschließung eine erweiterte Bebaubarkeit verbunden ist5 oder wenn aufgrund einer besonderen (z.B. gewerblichen) Nutzung die besondere Lage des Grundstücks von Vorteil ist6. Gleiches gilt, wenn das Grundstück erstmals eine eigene, selbständige Zufahrtsmöglichkeit erhält7. dd) Nutzungsbezogene Beiträge

1.569

Beiträge, die den Steuerpflichtigen aufgrund der besonderen Nutzung seines Grundstücks treffen, z.B. 1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 3.7.1997 – III R 114/95, BStBl. II 1997, 811 = FR 1997, 902 m. Anm. Glanegger. BFH v. 7.11.1995 – IX R 54/94, BStBl. II 1996, 190 = FR 1996, 384 m. Anm. Drenseck. BFH v. 12.1.1995 – IV R 3/93, BStBl. II 1995, 632. BFH v. 7.11.1995 – IX R 59/93, n.v.; FG Köln v. 30.3.1993 – 3 K 1219/92, EFG 1994, 427. BFH v. 11.12.2003 – IV R 40/02, BStBl. II 2004, 282 = FR 2004, 410 m. Anm. Kanzler. BFH v. 12.1.1995 – IV R 3/93, BStBl. II 1995, 632. BFH v. 12.1.1995 – IV R 3/93, BStBl. II 1995, 632; v. 7.11.1995 – IX R 54/94, BStBl. II 1996, 190 = FR 1996, 384 m. Anm. Drenseck; FG Münster v. 26.4.1994 – 1 K 2998/93E, FG Münster v. 26.4.1994 – 1 K 2998/93 E, EFG 1994, 873.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.570 Kap. 1

– freiwilliger Zuschuss zur Errichtung einer Fußgängerzone1, – betriebsbedingte Stromumstellungskosten2, – Mehrkosten einer gemeindlichen Kläranlage, – Herstellungskosten zur Ableitung von Abwässern3 sind Erhaltungsaufwand und mithin sofort abziehbare Werbungskosten (oder Betriebsausgaben). f) Sonstige abziehbare Werbungskosten aa) Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden Aufwendungen für Schönheitsreparaturen und zur Beseitigung kleinerer Schäden und Abnutzungserscheinungen trägt üblicherweise der Mieter, so dass sich für den steuerpflichtigen Vermieter die Frage der steuerlichen Berücksichtigung nicht stellt. Folgende Besonderheiten sind aber zu beachten: – Trägt der Vermieter die Kosten für die Beseitigung von Schäden, stellen solche Aufwendungen grds. Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar4. – Eine Ausnahme gilt für solche Reparaturaufwendungen, die ein Steuerpflichtiger hinsichtlich einer bisher vermieteten Wohnung vor deren eigenen Nutzung durchführt: In einem solchen Fall werden die Aufwendungen maßgebend mit Rücksicht auf die zukünftige private, nicht steuerbare Selbstnutzung des Gebäudes getätigt. Da diese private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist, kommt eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten nicht in Betracht5. Gerade derartige Aufwendungen werden erfahrungsgemäß mit Rücksicht auf den persönlichen Geschmack und die Qualitätsanforderungen des Steuerpflichtigen gemacht. Zur Abgrenzung von den der Vermietungszeit einerseits und der nicht steuerbaren Selbstnutzung andererseits zuzuordnenden Aufwendungen stellt der BFH grds. auf den Zeitpunkt der betreffenden Maßnahme ab; ist diese noch während der Vermietungszeit durchgeführt worden, ist typisierend von einer Veranlassung durch die Vermietungstätigkeit auszugehen (s. Rz. 1.576 f.). Allerdings sind Aufwendungen für die im Rahmen einer Veräußerung eines Mietwohngrundstücks vom Verkäufer übernommene Instandsetzung auch dann nicht als Werbungskosten bei den bisherigen Vermietungseinkünften 1 BFH v. 12.4.1984 – IV R 137/80, BStBl. II 1984, 489. FG Düsseldorf v. 20.2.1990 – 12 K 504/86 E, EFG 1990, 347. 2 BFH v. 13.12.1984 – VIII R 249/80, BStBl. II 1985, 289, v. 22.10.1987 – IV R 4/85, BFH/NV 1988, 229: Verstärkung der Stromversorgung aus betrieblichen Gründen. 3 Vgl. Kupfer, KÖSDI 2001, 12918. 4 BFH v. 17.7.2007 – IX R 2/05, BStBl. II 2007, 941 = DB 2007, 2459 = NJW 2008, 176, hinsichtlich der Kosten für ein Schadstoffgutachten zur Feststellung der durch einen Mieter verursachten Bodenverunreinigungen. 5 Z.B. BFH v. 21.6.1994 – IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108; v. 7.11.1995 – IX R 81/93, BFH/ NV 1996, 533.

Schallmoser

175

1.570

Kap. 1 Rz. 1.571 Steuerorientierte Immobilienübertragung

zu berücksichtigen, wenn die betreffenden Arbeiten noch während der Vermietungszeit durchgeführt werden (s. Rz. 1.578). – Hiervon lässt der BFH wiederum eine (Gegen-)Ausnahme zu, wenn Aufwendungen zur Beseitigung eines Schadens notwendig werden, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung (vgl. § 538 BGB) deutlich übersteigt, insbesondere eines mutwillig verursachten Schadens; solche Aufwendungen können Werbungskosten darstellen. In diesen Fällen (z.B. Vandalismus) tritt die Veranlassung der Aufwendungen durch die Vermietung so offenkundig in den Vordergrund, dass die Mitveranlassung durch die zukünftige private Nutzung von untergeordneter Bedeutung ist. Wird z.B. eine funktionstüchtige Kücheneinrichtung vom Mieter so beschädigt, dass sie objektiv (d.h. nicht nur nach den Vorstellungen des Vermieters) nicht mehr genutzt werden kann, hat der Vermieter in Höhe des Wertes, den die Küche vor der Zerstörung hatte, einen Schaden, der als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Soweit nicht bei Schäden dieser Art Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung gem. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG in Anspruch genommen werden, kann der Steuerpflichtige allerdings nur Aufwendungen in Höhe der Reparaturaufwendungen geltend machen, selbst wenn er eine neue Kücheneinrichtung anschafft. Soweit die Aufwendungen des Steuerpflichtigen den Wert des zerstörten Wirtschaftsguts übersteigen, kommt eine Berücksichtigung als Werbungskosten unter dem Gesichtspunkt der Schadensbeseitigung nicht in Betracht, auch wenn sie grds. deshalb Erhaltungsaufwendungen darstellen, weil sie den ursprünglichen Zustand lediglich in zeitgemäßer Form wiederherstellen1. – Werden Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden aus einer einbehaltenen Kaution geleistet, führt die Einbehaltung der Mieterkaution zu einer Einnahme im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; Reparaturen, die mit Mitteln der einbehaltenen Kaution durchgeführt werden, führen demgegenüber zu Werbungskosten2. bb) Abrisskosten

1.571

Für eine Berücksichtigung von AfaA und Abrisskosten als Werbungskosten (statt als Herstellungskosten eines neuen Gebäudes; s. hierzu Rz. 1.512) kommt es darauf an, dass das abgerissene Gebäude nicht in der Absicht erworben wurde, es abzureißen3. Die Unterscheidung der Fälle danach, ob das Gebäude mit oder ohne Abbruchabsicht erworben wurde, ist vor dem Hintergrund der bisherigen Nutzung des abgerissenen Gebäudes zu treffen: Diente die Anschaffung des abgebrochenen Gebäudes allein dem Ziel der Nutzung durch den Betrieb oder durch Vermietung oder Verpachtung, ist es nicht gerechtfertigt, nachträglich einen steuerrechtlich be-

1 BFH v. 11.7.2000 – IX R 48/96, BStBl. II 2001, 784. 2 BFH v. 11.7.2000 – IX R 48/96, BStBl. II 2001, 784. 3 Vgl. BFH v. 12.6.1978 – GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620 = DB 1978, 2296; v. 6.12.1995 – X R 116/91, BStBl. II 1996, 358.

176

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.573 Kap. 1

deutsamen Zusammenhang zwischen Anschaffung des später abgebrochenen Gebäudes und der Herstellung des neuen Gebäudes hervorzuheben1. Hieraus folgt: – Wurde das später abgebrochene Gebäude zuvor auf einkommensteuerrechtlich bedeutsame Weise genutzt, tritt der Zusammenhang des Abbruchvorgangs mit der Herstellung des neuen Gebäudes in den Hintergrund. Maßgeblich für die Abziehbarkeit bleibt die vorherige Nutzung des (abgebrochenen) Objekts. – Abrisskosten und die AfaA sind folgerichtig nicht als sofort abziehbare Aufwendungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige mit der bisherigen Nutzung des Gebäudes keinen Tatbestand einer Einkunftsart verwirklicht2. In diesem Fall bilden seine Aufwendungen zunächst Kosten der Lebensführung. Wird das Grundstück vom Steuerpflichtigen später – nach dem Abbruch des Altgebäudes – neu bebaut, stehen die Abrisskosten und die AfaA ausschließlich im Zusammenhang mit dem Neubau und bilden Herstellungskosten des neuen Gebäudes3. cc) Zweitwohnungssteuer Die vom Inhaber einer Ferienwohnung gezahlte Zweitwohnungssteuer ist mit dem auf die Vermietung der Wohnung an wechselnde Feriengäste entfallenden zeitlichen Anteil als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar4.

1.572

g) Zuordnung von Aufwand aa) Zeitliche Zuordnung (1) Grundsatz: Abflussprinzip Aufwand wird bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach dem Abflussprinzip (§ 11 Abs. 2 EStG) in dem Veranlagungszeitraum abgesetzt, in dem er geleistet wird. Hiervon abweichend kann der Steuerpflichtige – Erhaltungsaufwendungen in Sanierungsgebieten und bei Baudenkmälern auf zwei bis fünf Jahre verteilen (§§ 11a, 11b EStG); – größeren Erhaltungsaufwand bei Gebäuden, die zu mehr als der Hälfte Wohnzwecken dienen, nach § 82b EStDV verteilen; Ferner sind Ausgaben (insbesondere Erbbauzinsen), die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG). 1 Vgl. BFH v. 12.6.1978 – GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620 = DB 1978, 2296, unter D. II.1. b der Gründe. 2 BFH v. 16.4.2002 – IX R 50/00, BStBl. II 2002, 805. 3 Vgl. auch BFH v. 20.6.2001 – IX R 22/98, BFH/NV 2002, 16. 4 BFH v. 15.10.2002 – IX R 58/01, BStBl. II 2003, 287 = DB 2003, 315 = ZfIR 2003, 298; s. auch BFH v. 30.10.2002 – IX R 103/00, BFH/NV 2003, 745.

Schallmoser

177

1.573

Kap. 1 Rz. 1.574 Steuerorientierte Immobilienübertragung

(2) Werbungskostenabzug in der Zeit und jenseits zufließender Einnahmen (a) Vorab entstandene Werbungskosten

1.574

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird1. Maßgeblich ist daher, dass die Aufwendungen in einer Zeit anfallen, in der der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung endgültig gefasst (und nicht wieder aufgegeben) hat, namentlich dadurch, dass er das betreffende Immobilienobjekt vermieten will. (b) Nachträgliche Werbungskosten

1.575

Nachträgliche Werbungskosten liegen danach vor, wenn sie mit früheren steuerbaren Einnahmen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Sie gehören nach § 24 Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, weil sie mit einem früheren „Rechtsverhältnis“ (Vermietungstätigkeit) zusammenhängen. Das Problem nachträglicher Werbungskosten stellt sich insbesondere – bei nachträglichen Schuldzinsen (s. Rz. 1.539) und – bei der Frage nach dem (zeitlichen) Veranlassungszusammenhang von Reparaturaufwendungen für eine bislang zur Einkünfteerzielung genutzte (d.h. vermietete) bzw. eine später zur Einkünfteerzielung vorgesehene Wohnung. Hier nimmt die Rechtsprechung eine typisierende Betrachtung vor (s. Rz. 1.576). (3) Typisierung bei Renovierungs- oder Erhaltungsaufwand

1.576

Bei den während der Vermietungszeit durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen ist typisierend anzunehmen, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen – unabhängig vom Zahlungszeitpunkt (§ 11 Abs. 2 EStG) – grds. als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Eine Aufteilung der Aufwendungen auf den Zeitraum der Vermietung und auf den der Selbstnutzung im Wege der Schätzung scheidet mangels objektiver Abgrenzungskriterien aus. Maßgeblich ist allein der Zeitpunkt der Reparatur2.

1.577

Aufwendungen für vor Beginn oder nach dem Ende der Vermietungstätigkeit (bspw. in Zeiten der Selbstnutzung) anfallende Maßnahmen (Renovierung der Wohnung, Schönheitsreparaturen, Beseitigung von Abnutzungserscheinungen, Er1 BFH v. 4.7.1990 – GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830; v. 11.1.2005 – IX R 15/03, BStBl. II 2005, 477 = DB 2005, 1146; v. 28.10.2008 – IX R 1/07, BStBl. II 2009, 848 = DB 2008, 2741; v. 11.8.2010 – IX R 3/10 BStBl. II 2010, 166 = DB 2010, 2537 = NJW 2011, 1022; Blümich/ Schallmoser, § 21 EStG Rz. 266. 2 BFH v. 10.10.2000 – IX R 15/96, BStBl. II 2001, 787; v. 20.2.2001 – IX R 49/98, BFH/NV 2001, 1022; v. 1.4.2009 – IX R 51/08, ErbStB 2009, 239 = BFH/NV 2009, 1259.

178

Schallmoser

Rz. 1.580 Kap. 1

C. Laufende Einkommensbesteuerung

neuerung der Heizung) sind – in gleicher Weise typisierend – nicht als Werbungskosten abziehbar1; dies gilt selbst dann, wenn sie der frühere Mieter hätte durchführen müssen2. Hiervon lässt die Rechtsprechung eine Ausnahme zu, wenn Aufwendungen zur Beseitigung eines Schadens notwendig werden, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung (vgl. § 538 BGB) deutlich übersteigt, insbesondere eines mutwillig verursachten Schadens3 (z.B. Vandalismus; s. Rz. 1.570). Übernimmt der Verkäufer im Rahmen der Veräußerung eines Mietwohngrundstücks die Instandsetzung, sind dadurch bedingte Aufwendungen durch die Veräußerung veranlasst und können auch dann nicht als Werbungskosten bei den bisherigen Vermietungseinkünften abgesetzt werden, wenn die betreffenden Arbeiten noch während der Vermietungszeit durchgeführt werden4.

1.578

(4) Vergebliche Werbungskosten und Aufgabeaufwendungen Bei vergeblichen Werbungskosten verwirklicht der Steuerpflichtige den subjektiven Tatbestand (die Einkünfteerzielungsabsicht, s. Rz. 1.410 ff.), der beabsichtigte Erfolg (in Form von Einnahmen durch Vermieten) stellt sich aber nicht ein. Vergebliche Werbungskosten sind immer auch „vorab entstanden“ (s. Rz. 1.574), weil der Steuerpflichtige den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG letztendlich nicht verwirklicht. Als vergebliche Werbungskosten abziehbar sind bspw.

1.579

– Schadensersatzzahlungen, die der Käufer eines Mietobjektes an den Verkäufer infolge einer Vertragsaufhebung leistet, um sich von seiner gescheiterten Investition zu lösen5 sowie – damit zusammenhängende Rechtsanwalts-, Notarkosten und Gerichtskosten6. bb) Sachliche Zuordnung: Werbungskosten bei abgekürztem Vertragsweg Erhaltungsaufwendungen sind auch dann Werbungskosten des Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn sie auf einem von einem Dritten im eigenen Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen abgeschlossenen Werkvertrag beruhen und der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet7. Der abgekürzte Vertragsweg führt nicht zu sog. „Drittaufwand“, den der 1 BFH v. 17.12.2002 – IX R 6/99, BFH/NV 2003, 610; v. 23.11.2006 – IX B 109/06, BFH/NV 2007, 680; v. 1.4.2009 – IX R 51/08, ErbStB 2009, 239 = BFH/NV 2009, 1259; Blümich/ Schallmoser, § 21 EStG Rz. 277. 2 BFH v. 17.12.2002 – IX R 6/99, BFH/NV 2003, 610. 3 BFH v. 11.7.2000 – IX R 48/96, BStBl. II 2001, 784. 4 BFH v. 14.12.2004 – IX R 34/03, BStBl. II 2005, 343 = DB 2005, 585; v. 25.2.2009 – IX R 80/07, BFH/NV 2009, 1414; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 278. 5 BFH v. 15.11.2005 – IX R 3/04, BStBl. II 2006, 258 = DB 2006, 195; v. 7.6.2006 – IX R 45/05, BStBl. II 2006, 803; v. 15.12.2009 – IX R 55/08, BFH/NV 2010, 863. 6 Vgl. BFH v. 15.11.2005 – IX R 3/04, BStBl. II 2006, 258 = DB 2006, 195. 7 BFH v. 15.11.2005 – IX R 25/03, BStBl. II 2006, 623; v. 15.1.2008 – IX R 45/07, ErbStB 2008, 101 = DStR 2008, 495; zustimmend BMF v. 7.7.2008 – IV C 1 - S 221 1/07/10007, BStBl. I 2008, 717.

Schallmoser

179

1.580

Kap. 1 Rz. 1.601 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Steuerpflichtige wegen der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit nicht geltend machen könnte, sondern zu eigenem Aufwand. Der Aufwand des Dritten – regelmäßig ein Angehöriger – liegt allein darin, dass er dem Steuerpflichtigen etwas zuwendet, indem er den in dessen Interesse geleisteten Betrag nicht zurückfordert.

1.581–1.600

Einstweilen frei.

4. Investitionszulagen Literatur: Bungenberg/Motzkus, Die Praxis des Subventions- und Beihilfenrechts in Deutschland, WiVerw 2013, 73; Eisolt, Praxisfragen der Investitionszulage für Erbbauberechtigte nach dem InvZulG 2010, BB 2010, 1703; Ludolph, Gewährung von Investitionszulage für Fotovoltaikanlagen, NWB 2009, 3564.

1.601

Die Investitionszulage ist – neben den Investitionszuschüssen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) i.S.v. Art. 91a GG – das wichtigste Instrument der Investitionsförderung im Rahmen der regionalen Strukturpolitik in Deutschland1. Gemäß § 1 Abs. 2 InvZulG 2010 werden im Fördergebiet (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen) sowie in Teilen des Landes Berlin (ohne D-Fördergebiete) betriebliche Investitionen in der Weise gefördert, dass bei Erstinvestitionen eine Investitionszulage von bis zu 12,5 % und bei Investitionen in kleine und mittlere Betriebe von bis zu 25 % gewährt werden. Die Investitionszulage gehört nicht zu den Einkünften i.S.d. EStG. Sie mindert nicht die steuerlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten (§ 13 InvZulG 2010).

1.602

Begünstigte Investitionen sind gem. § 2 Abs. 1 InvZulG neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie gem. § 2 Abs. 2 InvZulG 2010 die Anschaffung neuer Gebäude einschließlich von Eigentumswohnungen und Teileigentum sowie die Herstellung neuer Gebäude, vorausgesetzt, die Gebäude gehören zu einem Erstinvestitionsvorhaben i.S.v. § 2 Abs. 3 InvZulG 2010 und werden mindestens fünf Jahre nach dem Abschluss des Investitionsvorhabens in einem begünstigten Betrieb verwendet (Bindungszeitraum). Der Erwerb eines Grundstücks zählt in diesem Zusammenhang noch nicht als Beginn des Erstinvestitionsvorhabens. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, d.h. Betriebe der Hotellerie (Hotels, Hotels garni, Gasthöfe und Pensionen), Jugendherbergen und Hütten, Campingplätze sowie Erholungs- und Ferienheime wurden in die begünstigten Wirtschaftszweige einbezogen.

1.603

Die Laufzeit des InvZulG 2010 umfasst den Zeitraum bis einschließlich 2013. Eine Fortsetzung der Investitionszulage ist nicht geplant.

1 Uhlmann, DStR 2006, 1577.

180

Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.604 Kap. 1

III. Wiederkehrende Bezüge und Leistungen Literatur: Barry, Nießbrauch an GmbH-Geschäftsanteilen, RNotZ 2014, 401; Bergschneider/ Engels, Leibrente statt Unterhalt, FamRZ 2014, 436; Dräger, Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Privat- und Betriebsvermögen, StBW 2010, 124; Durst, Ablösung des Nießbrauchs durch Versorgungsleistungen, BeSt 2016, 7; Engelberth, Wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit Vermögensübertragungen, NWB 2016, 1094; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen, notar 2015, 144; Geck, Der Rentenerlass IV zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – Schwerpunkte und Bewertung aus Sicht der Beratungspraxis, ZEV 2010, 161; Geck, Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen und das EU-Recht: Rückblick und Ausblick, ZEV 2011, 450; Geck, Nachträgliche Umschichtung von Vermögen bei vorweggenommener Erbfolge in sog. Altfällen, DStR 2011, 1215; Geck, Übergabe von Mitunternehmeranteilen gegen Versorgungsleistungen: Gestaltungsüberlegungen hinsichtlich der Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen, DStR 2011, 1303; Geck, Unionsrechtswidriger Abzugsausschluss für Versorgungsleistungen bei beschränkter Steuerpflicht gem. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG, ZEV 2015, 597; Goetze, Der lebzeitige Nießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens im Steuerrecht, RNotZ 2013, 147; Günther, Nießbrauch und andere Nutzungsrechte bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, EStB 2013, 427; Günther, Unentgeltlicher und teilentgeltlicher Erwerb von Immobilien des Privatvermögens, EStB 2013, 464; Günther, Übertragung von GmbH-Anteilen gegen wiederkehrende Leistungen wird zur Steuerfalle, GStB 2011, 346; Halaczinsky, Sonderausgaben – Versorgungsleistungen für die Übertragung eines GmbH-Anteils, ErbStB 2016, 362; Hecht, Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, Diss., Hamburg 2012; Kanzler, Versorgungsleistungen aufgrund eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags, NWB 2014, 2926; Kanzler, Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gestern und heute, FR 2014, 899; Kanzler, Zur Wandlung des Wirtschaftsüberlassungsvertrags vom unentgeltlichen zum entgeltlichen Geschäft, FR 2014, 1090; Korn, Einkommensteuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen zur vorweggenommenen Erbfolge im Lichte des „Vierten Rentenerlasses“, KÖSDI 2010, Nr. 4, 16920; Krogoll, Der Ertragsnießbrauch am Mitunternehmeranteil als Gestaltungsinstrument, ErbStB 2014, 314; Krumm, Die Übertragung von unternehmerischen Einheiten gegen Versorgungsleistungen: Überschreitung gleichheitsrechtlicher Gestaltungsspielräume anlässlich einer legitimen gesetzlichen Neukonzeption, StuW 2011, 159; Krumm, Bedeutung des „Korrespondenzprinzips“ für die unionsrechtliche Rechtfertigung des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG, IWB 2014, 13; Lederle/Wanner, Die vorweggenommene Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt im Lichte der neuen FGRechtsprechung, DStR 2015, 2270; Mayer, Zur Übertragung von Vermögenswerten und den diesbezüglich geltenden neuen Regelungen – Anmerkung zum Urteil des BFH vom 12.5.2015 (IX R 32/14), MittBayNot 2016, 450; Pauli/Kammerloher-Lis, Unternehmensnachfolge – Vorweggenommene Erbfolge gegen Versorgungsleistungen, SteuK 2011, 449; Paus, Übertragung privater Grundstücke gegen wiederkehrende Bezüge, NWB 2014, 992; Reddig, „Gleitende“ Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen umfassender Bestandsschutz für Altfälle!? NWB 2014, 2773; Schuster, Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, in: Steuerrecht im Rechtsstaat (Festschrift für Wolfgang Spindler zum 65. Geburtstag) 2011, 749; Stinn, Vorweggenommene Erbfolge in die Familien-GmbH, NWB 2014, 2538; Wälzholz, Ausschlagung gegen Abfindung in der ertragsteuerlichen Gestaltungspraxis, in FS für Michael Streck zum 70. Geburtstag 2011, 245.

1. Rechtslage für bis zum 31.12.2007 vereinbarte Übertragungen Wurde eine Vermögensübertragung bis einschließlich VZ 2007 vertraglich vereinbart, sind darauf beruhende Versorgungsleistungen – auch künftig – nach den bisSchallmoser

181

1.604

Kap. 1 Rz. 1.605 Steuerorientierte Immobilienübertragung

her geltenden Regeln des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der bis 31.12.2007 geltenden a.F.1 als Sonderausgabe abziehbar2. Die Übergangsregelung in § 52 Abs. 23e EStG a.F.3 sieht vor, dass alle bis zum 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen für die volle Laufzeit entsprechend der bisherigen Rechtslage beurteilt werden mit Ausnahme von Vermögen, das nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen – mit Ausnahme des Nutzungsvorteils – eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden. Zur Ablösung eines Nießbrauchs und der Vereinbarung von Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der gleitenden Übergabe von Privatvermögen s. näher Rz. 7.169. Bei der Vereinbarung von wiederkehrenden Bezügen und Leistungen kommt nach altem Recht – je nach den vertraglichen Vereinbarungen und dem Charakter des Vertragsverhältnisses – eine Beurteilung als – private Versorgungsrente4 (s. Rz. 1.605 f.), – Veräußerungsrente5 (s. Rz. 1.607), – betriebliche Versorgungsrente6 (s. Rz. 1.608) oder – nicht abziehbare Unterhaltungszahlung (§ 12 Nr. 2 EStG; s. Rz. 1.609)7 in Betracht8.

1.605

Private Versorgungsrenten wurden seit jeher in Leibrenten oder dauernde Lasten unterteilt9: – Wurden bei der Vermögensübergabe ausdrücklich gleich bleibende, unabänderbare lebenslange wiederkehrende Leistungen vereinbart, durfte der sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ergebende Ertragsanteil der sog. Leibrente als Sonderausgabe gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG vom Zahlenden geltend gemacht werden; der Leibrentenbezieher musste korrespondierend den Ertragsanteil besteuern (Korrespondenzprinzip).

1 Die alte Rechtslage gilt für Verträge, die auf bis einschließlich 31.12.2007 vereinbarten Vermögenübertragungen beruhen, s. § 52 Abs. 23a Satz 1 EStG. 2 Siehe hierzu im Einzelnen Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 100 ff.; Blümich/Hutter, § 10 EStG Rz. 123 ff. 3 § 52 Abs. 18 EStG n.F. 4 BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95 = DB 2003, 2149 = ZEV 2003, 420 = ZNotP 2003, 432; v. 12.5.2003 – GrS 2/00, BStBl. II 2004, 100 = DB 2003, 2153 = ZEV 2003, 424 = MittBayNot 2004, 310. 5 BFH v. 4.5.1955 – IV 579/53 U, BStBl. III 1955, 302; BFH v. 25.7.1991 - XI R 9/85, BFH/ NV 1992, 30. 6 BFH v. 12.5.1966 – IV 80/63, BStBl. III 1966, 597; v. 27.6.1989 – VIII R 337/83, BStBl. II 1989, 888. 7 BFH v. 23.1.1964 – IV 8/62 U, BStBl. III 1964, 422. 8 Spiegelberger, StBg 1995, 493. 9 BFH v. 15.7.1991 – GrS 1/90, BStBl. II 1992, 78 = FR 1991, 742 m. Anm. Schmidt; v. 23.11.2016 – X R 8/14, BStBl. II 2017, 512 = DStR 2017, 845.

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Schallmoser

C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.607 Kap. 1

– Soweit im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge keine gleichmäßigen Bezüge vereinbart wurden, sondern sich die Zahlungen nach dem Umsatz oder dem Gewinn eines Unternehmens richteten oder die jeweilige Höhe von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten oder Berechtigten abhing, im Übrigen aber der Charakter einer Leibrente gegeben war, handelte es sich um dauernde Lasten, die beim Empfänger in voller Höhe gem. als Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG erfasst wurden, während der Zahlende die dauernde Last in voller Höhe gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgabe geltend machen durfte (sog. Korrespondenzprinzip)1. Bei einer Rentenvereinbarung zwischen Familienangehörigen besteht die Vermutung, dass die wiederkehrenden Zahlungen der Versorgung des Übergebers dienen, so dass eine Versorgungsrente in der Form der dauernden Last anzunehmen ist, vorausgesetzt, dass die Rente aus den Erträgen des übernommenen Vermögens erwirtschaftet werden kann. Kann die Rente nicht aus dem Ertrag des vom Erwerber übernommenen Grundstückes aufgebracht werden, sind die wiederkehrenden Zahlungen als Gegenleistung zu beurteilen, also wie eine Veräußerungsrente. Übersteigt der Rentenbarwert den Wert des übertragenen Gegenstandes, liegt insoweit eine Unterhaltszahlung vor2. Veräußerungspreis ist der nach Rz. 51 des BMF-Schreibens vom 16.9.20043 zu ermittelnde Barwert der wiederkehrenden Leistungen.

1.606

Bei Vereinbarungen unter fremden Dritten ist davon auszugehen, dass lebenslange Rentenzahlungen ein (Teil-)Entgelt für die Gegenleistung darstellen, so dass eine Veräußerungsrente vorliegt. Die Rechtsprechung legt folgende Grundsätze an4:

1.607

– Beim Zahlenden führt die Veräußerungsrente nicht zum Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG; denn Zinsen als Entgelt für die Überlassung von Kapital stellen keine Aufwendungen dar. – Der Zinsanteil von Veräußerungsrenten ist beim Bezieher der Rente als Einnahme zu erfassen; er ist entsprechend der Anwendung der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG i.V.m. § 55 Abs. 1 EStDV zu ermitteln5. – Eine auf festbestimmte Zeit gezahlte überhöhte Veräußerungsrente ist ggf. in der Weise zu korrigieren, dass der angemessene Teil der Zahlungen, also soweit die Rentenzahlungen dem Wert des übertragenen Vermögensgegenstandes entsprechen, als Anschaffungskosten zu werten sind mit der Folge, dass der Zahlende AfA geltend machen kann6.

1 2 3 4

BFH v. 15.7.1991 – GrS 1/90, BStBl. II 1992, 78 = FR 1991, 742 m. Anm. Schmidt. Vgl. BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl. II 2004, 922 Tz. 56. BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl. I 2004, 922 Tz. 3. BFH v. 25.11.1992 – X R 91/89, BStBl. II 1996, 666 = DB 1993, 665 = FR 1993, 268; ebenso Fischer, Wiederkehrende Bezüge und Leistungen, Rz. 63 Fn. 87. 5 Vgl. BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl. I 2004, 922, Tz. 53. 6 BFH v. 31.8.1994 – X R 44/93, BStBl. II 1996, 676 = FR 1995, 231 m. Anm. Weber-Grellet = DStR 1995, 408.

Schallmoser

183

Kap. 1 Rz. 1.608 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.608

Steht bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft die betriebliche Fürsorge im Vordergrund und nicht die Entrichtung einer Gegenleistung für erworbene Wirtschafsgüter, soll also die Versorgung des ausscheidenden Gesellschafters oder dessen Ehegatte aus betrieblichen Gründen gewährleistet werden, handelt es sich um eine betriebliche Versorgungsrente, die gem. § 24 Nr. 2 EStG als nachträgliche betriebliche Einkünfte in voller Höhe zu erfassen ist1.

1.609

Freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten werden, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen, nach § 12 Nr. 2 EStG einkommensteuerrechtlich nicht erfasst; solche Zahlungen sind steuerlich irrelevant. 2. Rechtslage für nach dem 31.12.2007 vereinbarte Übertragungen

1.610

Bei der Vereinbarung von wiederkehrenden Bezügen und Leistungen kommt nach aktuellem Recht2 – je nach den vertraglichen Vereinbarungen und dem Charakter des Vertragsverhältnisses – eine Beurteilung als – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab 1.1.2008 geltenden neuen Fassung durch das JStG 20083 steuerlich begünstigt ist, oder als – steuerrechtlich nicht (mehr) begünstigtes Veräußerungsentgelt bzw. als – steuerrechtlich gem. § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Unterhaltszahlung in Betracht4.

1.611

Durch das JStG 2008 wurden die Rechtsgrundsätze über die Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (nunmehr § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) neu geregelt5. Hintergrund war eine Rechtsprechungsentwicklung, welche auch im Übergang von Grundstücken, Wertpapieren und Geldvermögen steuerbegünstigte Vermögensübertragungen gesehen hat6. Mit dem JStG 2008 hat der Ge1 BFH v. 12.5.1966 – IV 80/63, BStBl. III 1966, 597 = BStBl. II 1999, 888. 2 Die aktuelle Rechtslage gilt für Verträge, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögenübertragungen beruhen, s. § 52 Abs. 23a Satz 1 EStG a.F. = § 52 Abs. 18 Satz 1 EStG n.F. 3 Jahressteuergesetz 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. Nunmehr § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG. 4 Siehe hierzu Fleischer, ZEV 2007, 475; Spiegelberger, DB 2008, 1063. 5 Kritisch zur Einschränkung des seit über 100 Jahren ununterbrochen angewandten Rechtsinstituts der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen, insbesondere auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten: Spiegelberger, DB 2008, 1063: „nachträglicher Nichtanwendungserlass“. 6 BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95 = DB 2003, 2149 = ZEV 2003, 420 = ZNotP 2003, 432; v. 12.5.2003 – GrS 2/00, BStBl. II 2004, 100 = DB 2003, 2153 = ZEV 2003, 424 = MittBayNot 2004, 310.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.614 Kap. 1

setzgeber die Regelungen über die Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen auf einen „Kernbereich“ zurückgeführt, nämlich auf die Übertragung von landund forstwirtschaftlichen Betrieben, Gewerbebetrieben sowie von Betriebsvermögen selbständig Tätiger; diese bezwecken jetzt (nur noch) eine Erleichterung der Übergabe von Betrieben im Wege der vorweggenommenen Erbfolge1. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt „Versorgungsleistungen“; die bisherige Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten entfällt2. Nach dieser Regelung wird für nach dem 31.12.2007 vereinbarte Vermögensübertragungen ein Sonderausgabenabzug gewährt auf lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen an einen unbeschränkt Steuerpflichtigen3, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen und im Zusammenhang stehen mit der Übertragung

1.612

– eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine land- und forstwirtschaftliche, eine gewerbliche oder eine selbständige Tätigkeit ausübt (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG), – eines Betriebs oder Teilbetriebs (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG), – eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn der Übergeber Geschäftsführer war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG). Versorgungsleistungen i.S.d. Neuregelung sind in vollem Umfang abziehbar und vom Empfänger der Leistungen zu versteuern4. Abzugsfähig ist auch der Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land und Forstwirtschaft – und damit insbesondere auf die von den Altenteilern genutzte Wohnung – entfällt (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 3 EStG). Nicht mehr mit dem Sonderausgabenabzug begünstigt – da begrifflich keine „Versorgungsleistung“ i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG – ist die Übertragung von im Privatvermögen befindlicher Immobilien (zur Ausnahme für die Altenteilerwohnung s. Rz. 1.153) und anderer Vermögenswerte, die nicht in der Vorschrift genannt sind, etwa Beteiligungen an Aktiengesellschaften und GmbH-Minderheitsbeteiligungen.

1.613

Für in diesem Sinne nicht (mehr) begünstigte Übertragungen gelten ab 2008 grds. die allgemeinen Regeln5. Leistungen an den Übergeber eines nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigten Vermögens (etwa einer GmbH-Minderheitsbeteiligung)

1.614

1 Zustimmend Blümich/Hutter, § 10 EStG Rz. 90. 2 Die Unterscheidung zwischen (Leib-)Renten und dauernden Lasten ist mithin nur noch zivilrechtlich von Bedeutung, s. hierzu Spiegelberger, Steuerrecht in der Gestaltungspraxis, 190. 3 Zur Frage eines unionsrechtswidrigen Abzugsauschlusses für Versorgungsleistungen bei beschränkter Steuerpflicht gem. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG s. Geck, ZEV 2011, 450; Krumm, IWB 2014, 13; Geck, ZEV 2015, 597. 4 Vgl. Wälzholz, DStR 2008, 273; Spiegelberger, DB 2008, 1063. 5 Gl.A. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 97; zu Gestaltungmöglichkeiten s. Fleischer, ZEV 2007, 475; Spiegelberger, DB 2008, 1063; s. ferner Risthaus, DB 2007, 240; Röder, DB 2008, 151; Wälzholz, DStR 2008, 277.

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Kap. 1 Rz. 1.615 Steuerorientierte Immobilienübertragung

sind daher danach zu untersuchen, ob und ggf. inwieweit sie „Gegenleistungscharakter“ haben oder bloße Unterhaltsleistungen (§ 12 Nr. 2 EStG) darstellen1.

1.615

Die Finanzverwaltung2 unterscheidet wie folgt: – Grundsätzlich sei von einem Veräußerungsvorgang auszugehen; dies gelte nicht nur bei der Übertragung von nicht begünstigtem Vermögen, sondern auch dann, wenn die erzielbaren Nettoerträge nicht ausreichten, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen3. Veräußerungsentgelte seien aufzuteilen in einen Tilgungsanteil und einen Zinsanteil4. Der Übernehmer hat hinsichtlich des Zinsanteils Finanzierungskosten, hinsichtlich des Tilgungsanteils (d.h. hinsichtlich des Kapitalwert) Abschreibungspotential5. Der Übergeber erzielt in Höhe des Kapitalwerts einen Veräußerungserlös, der ggf. nach §§ 16, 17, 20 Abs. 2, 23 EStG steuerbar ist6; – ist der Wert des übertragenen Vermögens höher als der Kapitalwert der wiederkehrenden Leistungen, handelt es sich um eine teilentgeltliche Veräußerung7; – ist der Wert der wiederkehrenden Leistungen höher als Wert des übertragenen Vermögens, liegt in Höhe des angemessenen Kaufpreises ein Veräußerungsvorgang vor; die übersteigenden wiederkehrenden Leistungen sind Unterhaltsleistungen (§ 12 Nr. 2 EStG)8; – ist der Barwert der wiederkehrenden Leistungen mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen Vermögens, liegt insgesamt eine (unentgeltliche) Zuwendung vor9.

1.616

Die Auffassung der Finanzverwaltung10 überzeugt nicht. Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge stellt dem Grunde nach (abgesehen bspw. von den Fällen der Übernahme privater Schulden oder der Vereinbarung von Abstands- und Gleichstellungsgeldern) eine unentgeltli1 Zu Gestaltungsmöglichkeiten s. etwa Geck, ZEV 2010, 161; Geck, DStR 2011, 1303; Fleischer, notar 2015, 144; 2 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 57; Kulosa (in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 97, Stand: Nov. 2013) stimmt dem – in Abkehr von seiner früheren Auffassung (in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 98, Stand: Sept. 2009) – im Grundsatz zu. 3 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 57. 4 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 65. 5 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 69 ff.; vgl. auch Spiegelberger, DB 2008, 1063; Reddig, DStZ 2010, 445 (450). 6 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 73 f. 7 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 66 Satz 4. 8 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 66 Satz 1. 9 BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 66 Satz 3. 10 Der Auffassung der Finanzverwaltung folgend: Risthaus, DB 2010, 744, 749; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 97; kritisch Schmidt/Heinicke36, § 10 EStG Rz. 140; a.A. Kulosa, a.a.O., Anm. 98, Stand: Sept. 2009; Fleischer, ZEV 2007, 475; Spiegelberger, DB 2008, 1063; Spiegelberger, Steuerrecht in der Gestaltungspraxis, 191.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.616 Kap. 1

che Übertragung dar; maßgebliches Kriterium ist die Vergleichbarkeit mit einem Vorbehaltsnießbrauch1. Der Grundgedanke der von den Beteiligten gewollten Unentgeltlichkeit wird nicht dadurch beseitigt, dass der Gesetzgeber das „Sonderrecht“ des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG aus fiskalischen Gründen einengt. Entgegen der (nunmehr geänderten) Auffassung von Kulosa2 geht es nicht darum, Fallgestaltungen von den gesetzlich für derartige Fälle angeordneten steuerlichen Rechtsfolgen (insbesondere als Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang) auszunehmen, weil „der Steuerpflichtige am Eintritt dieser Rechtsfolgen nicht interessiert ist“, sondern steuerrechtlich zu akzeptieren, dass es sich zivilrechtlich bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen um eine Auflagenschenkung handelt3. Aus der Rechtsnatur der Auflage (§ 525 BGB) als einer der Schenkung beigefügten Beschwerung (nicht: Gegenleistung im steuerrechtlichen Sinne!) ergibt sich, dass die Auflagenschenkung zivilrechtlich eine nicht aufteilbare Vollschenkung ist4. Die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs ändert an der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit dieses Vorgangs5 nichts.

1.617–1.630

Einstweilen frei.

IV. Bauabzugssteuer (§§ 48 ff. EStG) Literatur: Ebling, Der Steuerabzug bei Bauleistungen, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51–52; Lieber, Die neue Steuerabzugspflicht für Leistungen am Bau, DStR 2001, 1470; Schmitt/Seitz, Zweifelsfragen beim Steuerabzug von Vergütungen für Bauleistungen, Stbg. 2001, 669; Schroen, Steuerabzug für Bauleistungen ausländischer Unternehmer, IStR 2001, 714; Schwenke, Steuerabzug im Baugewerbe: Viel Lärm um nichts? – Erste Bewertung des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe, BB 2001, 1553; Stickan/Martin, Die neue Bauabzugsbesteuerung, DB 2001, 1441; Apitz, Steuerabzug bei Bauleistungen, FR 2002, 10; Diebold, Der Bausteuerabzug – ein „Steuer“-Abzug ohne Steuer, DStZ 2002, 252; Diebold, Die Anrechnung des Bausteuerabzugs – Entstehung, Fälligkeit und Durchführung, DStZ 2002, 471; Diebold, Haftung für den Bausteuerabzug, DStR 2002, 1336; Diebold, Erstattung 1 BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95 = DB 2003, 2149 = ZEV 2003, 420 = ZNotP 2003, 432; Kirchhof/Fischer16, § 22 EStG Rz. 13. 2 Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Anm. 97; anders noch Kulosa, a.a.O., Anm. 98, Stand: Sept. 2009. 3 Vgl. BGH v 301.1.1970 – V ZR 41/67, FamRZ 1970, 185; v. 7.4.1989 – V ZR 252/87, BGHZ 107, 156 = MDR 1989, 803; s. hierzu a. Fleischer, ZEV 2007, 475 (478); Spiegelberger, DStR 2007, 1277 (1281). 4 Vgl. FG Köln v. 5.6.2009 – 9 K 4279/07, ErbStB 2009, 297; FG Düsseldorf v. 2.6.2009 – 16 V 896/09 A(E, AO), ZSt 2009, 131 = EFG 2009, 1931; OLG Düsseldorf v. 12.2.2007 – I-9 U 112/06, juris. 5 BFH v. 5.7.1990 – GrS 4/89, GrS 5/89, GrS 6/89, BStBl. II 1990, 847 = FR 1990, 670 = DB 1990, 2196 = NJW 1991, 254 = MittRhNotK 1990, 233 = MittBayNot 1990, 372, unter c.II.1c. und d. der Entscheidungsgründe (= Tz. 68, 72): „Versorgungsleistungen, die anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer zugesagt werden, stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten … dar. (…) Ein Steuerpflichtiger, der Vermögen unter der Zusage von Versorgungsleistungen übernimmt, erwirbt unentgeltlich … .“

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Kap. 1 Rz. 1.631 Steuerorientierte Immobilienübertragung des Bausteuerabzugs – Entstehung, Fälligkeit, Durchführung, DStZ 2003, 413; Eggers, Die Neuregelungen im BMF-Schreiben v. 27.12.2002 zur Bauabzugsbesteuerung, StuB 2003, 342; Hoor/Hübner, Bauabzugssteuer und Gewährleistungsvereinbarungen, BB 2003, 709; Wübbelsmann, Die Bauabzugssteuer im grenzüberschreitenden Verkehr, IStR 2003, 802; Gundlach/ Frenzel/Schirrmeister, Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf einen Freistellungsbescheid gem. § 48b EStG, DStR 2003, 823; Balmes/Ambroziak, Vorschriften zum Steuerabzug bei Bauleistungen mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar?, BB 2009, 706; Heister, Bauabzugssteuer nach § 48 EStG, StW 2011, 164.

1. Allgemeines

1.631

Unter den Voraussetzungen der §§ 48 ff. EStG1 trifft den Empfänger von Bauleistungen eine Verpflichtung zum Steuerabzug i.H.v. 15 % des zu zahlenden Betrages. Voraussetzung hierfür ist, dass – Bauleistungen (§ 48 Abs. 1 Satz 3 EStG) – von „jemandem“ (sog. Leistender) – an einen Unternehmer i.S.d. § 2 UStG oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (sog. Leistungsempfänger) – im Inland erbracht werden. 2. Tatbestandsmerkmale des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG

1.632

Der Begriff der Bauleistungen ist in § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG legal definiert; umfasst sind „alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen“.

1.633

Unter den Begriff des Leistenden (das Gesetz spricht insoweit lediglich von „jemand“) fallen sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Personenvereinigungen (bspw. GbR, Arbeitsgemeinschaft), unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland ansässig, unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig und Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sind2. Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie selbst erbracht zu haben. Mithin ist der Steuerabzug auch von der Vergütung vorzunehmen, die ein Generalunternehmer erhält, der selbst nicht als Bauunternehmer tätig wird, aber mit dem Leistungsempfänger die Leistungen der beauftragten Subunternehmer abrechnet. Dagegen ist die Abrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit den Eigentümern keine Abrechnung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 4 EStG3. 1 Siehe BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399. 2 Kirchhof/Gosch16, § 48 EStG Rz. 8; BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 24 ff.; Fuhrmann, KÖSDI 2001, 13093; a.A. Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 48 EStG Rz. 9 f.: teleologische Reduktion erforderlich; Stickan/Martin, DB 2001, 1441 (1444). 3 BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 25.

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.638 Kap. 1

Schließt eine Arbeitsgemeinschaft Verträge über Bauleistungen mit Leistungsempfängern ab, ist die Arbeitsgemeinschaft Leistende i.S.d. § 48 Abs. 1 EStG. Erbringt ein Partner der Arbeitsgemeinschaft aufgrund eines eigenen Vertrages Bauleistungen gegenüber der Arbeitsgemeinschaft, ist der Partner Leistender und die Arbeitsgemeinschaft insoweit Leistungsempfängerin1.

1.634

Der Begriff des abzugsverpflichteten Leistungsempfängers knüpft an den Unternehmerbegriff des § 2 UStG an2. Unternehmer in diesem Sinne ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird3.

1.635

Als Leistungsempfänger gilt auch ein Generalunternehmer, der sich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht eines Subunternehmers bedient. Der Generalunternehmer gilt im Verhältnis zum Auftraggeber als Leistender, auch wenn er selbst keine Bauleistungen erbringt, sondern lediglich über solche Leistungen abrechnet (s. Rz. 1.633). Im Verhältnis zu den Subunternehmern handelt es sich bei dem Generalunternehmer um einen Leistungsempfänger, der als Unternehmer zum Steuerabzug verpflichtet ist4. Leistungen von Bauträgern i.S.d. § 3 MaBV unterliegen demgegenüber nur dann dem Steuerabzug bei Bauleistungen, wenn der Abnehmer der von dem Bauträger erstellten oder zu erstellenden Bauwerke als „Bauherr“ anzusehen ist (s. Rz. 3.171).

1.636

Auch private Vermieter können Leistungsempfänger i.S.d. § 48 EStG sein und müssen daher unter den weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift bei Bauleistungen einen Steuerabzug vornehmen. Vermietet ein Leistungsempfänger allerdings nicht mehr als zwei Wohnungen, ist § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht auf Bauleistungen für diese Wohnungen anzuwenden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die „Zwei-Objekt-Grenze“ wirkt wie eine Freigrenze. Unentgeltlich überlassene Wohnungen oder Wohnungen, die aufgrund eines Wohnrechts oder Nießbrauchs überlassen werden, sind insoweit nicht zu berücksichtigen, da in diesen Fällen keine „Vermietung“ vorliegt. Werden indes drei Wohnungen entgeltlich zur Nutzung überlassen, ist ein Steuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 48 EStG für alle Wohnungen vorzunehmen5. Zur Bagatellgrenze bei steuerfreien Vermietungsumsätzen s. Rz. 1.638.

1.637

3. Rechtsfolge des § 48 Abs. 1 EStG Sind die Tatbestandsmerkmale des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, hat der Leistungsempfänger einen Steuerabzug i.H.v. 15 % der Gegenleistung (d.h. des Ent1 BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 26. 2 Kirchhof/Gosch16, § 48 EStG Rz. 8; Fuhrmann, KÖSDI 2001, 13093; a.A. Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 48 EStG Rz. 9 f.; Stickan/Martin, DB 2001, 1441 (1444). 3 Bunjes/Korn15, § 2 UStG Rz. 5 ff. 4 BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 17. 5 Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 48 EStG Rz. 13.

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1.638

Kap. 1 Rz. 1.639 Steuerorientierte Immobilienübertragung

gelts zzgl. der USt, s. § 48 Abs. 3 EStG) für Rechnung des Leistenden vorzunehmen. Abweichend hiervon ist nach § 48b Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 EStG ein Steuerabzug nicht vorzunehmen, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 Satz 1 vorlegt. Gleiches gilt, wenn die Bagatellgrenzen des § 48 Abs. 2 EStG (15.000 t, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG ausführt, 5.000 t in den übrigen Fällen) nicht überschritten sind. Insbesondere private Wohnungsvermieter müssen daher – soweit sie nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG steuerfreie Vermietungsumsätze ausführen – bis zu einer Höhe von 15.000 t keinen Steuerabzug vornehmen.

1.639

Hat der Leistungsempfänger den Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt, kann er die durch die Bauleistung veranlassten Aufwendungen in vollem Umfang (und nicht nur anteilig) abziehen; § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sowie § 42d Abs. 6 und 8 und § 50a Abs. 7 EStG sind insoweit nicht anzuwenden (§ 48 Abs. 4 EStG). Hat der Leistungsempfänger den Steuerabzugsbetrag indes nicht angemeldet und abgeführt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 380 Abs. 2 AO).

1.640

Das Verfahren zur Anmeldung und Abführung des Steuerabzugs, die Abrechnungspflicht des Leistungsempfängers, die Haftung des Leistungsempfängers für nicht oder zu niedrig abgeführte Abzugsbeträge sowie das besondere Prüfungsrecht der Finanzverwaltung ist in § 48a EStG geregelt1.

V. Selbstnutzung zu Wohnzwecken: Eigenheimzulage Literatur: Everts, Die Eigenheimzulage geht – Probleme bleiben, ZNotP 2006, 48; Fischl, Übergabe einer Immobilie bei Eigenheimzulage, ZErb 2006, 268.

1. Auslaufen der Eigenheimförderung

1.641

Durch das Gesetz vom 22.12.20052 wurde § 19 EigZulG folgender Abs. 9 angefügt: „(9) Dieses Gesetz ist letztmals anzuwenden, wenn der Anspruchsberechtigte im Fall der Herstellung vor dem 1.1.2006 mit der Herstellung des Objekts begonnen oder im Fall der Anschaffung die Wohnung aufgrund eines vor diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat oder vor diesem Zeitpunkt einer Genossenschaft beigetreten ist.“

Ab 1.1.2006 werden somit nur noch „Altfälle“ (d.h. Steuerpflichtige, die vor dem 1.1.2006 die Fördervoraussetzungen erfüllt haben) für den maximalen Förderzeitraum von acht Jahren gefördert.

1 Siehe im Einzelnen Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 48a EStG Rz. 1 ff. 2 Gesetz v. 22.12.2005, BGBl. I 2005, 3680.

190

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C. Laufende Einkommensbesteuerung

Rz. 1.645 Kap. 1

2. Rechtswirksamer Erwerbsvertrag oder Herstellungsbeginn § 19 Abs. 9 EigZulG verlangt für den Fall der Anschaffung einer Wohnung den Abschluss eines rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages vor dem 1.1.2006. Nach § 19 Abs. 5 EigZulG gilt als Beginn der Herstellung bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wurde; bei genehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen waren, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht wurde. Eine Bauvoranfrage ist nicht ausreichend1.

1.642

Bauträgerverträge, die noch bis zum 31.12.2005 abgeschlossen wurden, stellen entsprechend der Rechtsnatur des Bauträgerkaufvertrages Anschaffungsfälle dar, da Bauherr nicht der Erwerber, sondern der Verkäufer ist. Demnach sind alle noch im Jahr 2005 rechtswirksam abgeschlossenen Bauträgerkaufverträge förderungsfähig, unabhängig davon, ob mit der Herstellung des Bauvorhaben vor oder nach dem 31.12.2005 begonnen wurde2. Auch die fehlende Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Abschluss des Kaufvertrages muss als unschädlich angesehen werden, auch wenn bewertungsrechtlich eine Eigentumswohnung erst mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher entsteht3.

1.643

3. Gemeinschaftlicher Erwerb Erwerben mehrere Personen, z.B. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, eine Wohnung gemeinsam, erhalten beide gemeinschaftlich die Eigenheimzulage, jeder einzelne jedoch gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 EigZulG quotal gekürzt, während gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG bei Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung gem. § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, kein Objektverbrauch eintritt.

1.644

4. Eigentumsähnliches Dauerwohnrecht Gemäß § 2 Satz 1 EigZulG ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung begünstigt. Die Vorschrift bezweckt die Eigentumsbildung beim Anspruchsberechtigten, so dass grds. nur der bürgerlich-rechtliche Eigentümer die Eigenheimzulage erhält. Ausreichend für die Förderung ist jedoch auch das wirtschaftliche Eigentum durch ein eigentumsähnliches Dauerwohnrecht gem. § 31 ff. WEG4. Das Dauerwohnrecht gem. § 31 WEG kann so ausgestaltet werden, dass der Dauerwohnberechtigte wirtschaftlicher Eigentümer der diesem Recht unterliegenden Räumlichkeiten wird. Ist dies der Fall, so kann auch demjenigen die Eigenheimzulage 1 2 3 4

Blümich/Erhard, § 19 EigZulG Rz. 32. Überzeugend Everts, ZNotP 2006, 53. Vgl. BFH v. 24.7.1991 – II R 132/88, BStBl. II 1993, 87. Vgl. Staudinger/Spiegelberger, Anh. zu § 42 WEG Rz. 17; BMF v. 10.2.1998 – IV B 3 – EZ 1010 – 11/98, BStBl. I 1998, 190, Tz. 8; nach BFH v. 27.11.1996 – X R 92/92, BStBl. II 1998, 97 = FR 1997, 261 m. Anm. Weber-Grellet = MittBayNot 1997, 314 vermittelt auch ein schuldrechtlicher Nutzungsvertrag auf die Dauer des Bestehens eines Gebäudes wirtschaftliches Eigentum, so dass die Eigenheimförderung gewährt werden muss.

Schallmoser

191

1.645

Kap. 1 Rz. 1.646 Steuerorientierte Immobilienübertragung

gewährt werden, dem die Immobilie nicht gehört, sondern der lediglich das veräußerliche und vererbliche Dauerwohnrecht hat. 5. Übertragungen während des achtjährigen Förderzeitraums

1.646

Beispiel: Eltern E übertragen während des Förderzeitraums ihr Einfamilienhaus auf ihre Tochter unter Vorbehalt des Nießbrauchs.

Gemäß § 4 Satz 1 EigZulG besteht der Zulagenanspruch nur für Kalenderjahre, in denen der Anspruchsberechtigte die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Zwar sieht Satz 2 dieser Vorschrift vor, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vorliegt, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen i.S.d. § 15 AO zu Wohnzwecken überlassen wird. Eine unentgeltliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt aber nur vor, wenn das Nutzungsrecht dem Angehörigen nicht aufgrund eines Nutzungsrechtes, sondern freiwillig überlassen wird. Der Nießbrauchsvorbehalt ist danach steuerschädlich. Zum anderen kann der erwerbenden Tochter die Eigenheimzulage nicht mehr gewährt werden, wenn der obligatorische Erwerbsakt nach dem 31.12.2005 stattgefunden hat. Auch die Eltern können die Eigenheimzulage nicht mehr in Anspruch nehmen, da sie das Eigentum an dem begünstigten Objekt aufgegeben haben. Während des Förderzeitraums sind daher Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge steuerschädlich. Sofern die Eigenheimzulage weiterhin in Anspruch genommen wird, ein Kind jedoch einen gesicherten Anspruch auf Eigentumsverschaffung an einer Immobilie erhalten soll, erfolgt dies am besten durch Abschluss eines Erbvertrages, der den Todesfall absichert. Alternativ kommt auch ein Schenkungsversprechen gem. § 2301 BGB auf den Todesfall in Betracht, wobei nach Ablauf des achtjährigen Begünstigungszeitraums die Erfüllung des Schenkungsversprechens unter Lebenden gem. § 2301 Satz 2 BGB vorgenommen werden kann.

1.647–1.659

Einstweilen frei.

D. Gewerbesteuer Literatur: Boemke/Knoch, Solaranlagen auf Gewerbeimmobilien: Vermeidung steuerlicher Nachteile bei Verkauf des Gebäudes, REE 2013, 90; Dornbusch, Die Liquidation der grundstücksverwaltenden GmbH – gewerbesteuerliche Aspekte, SAM 2013, 11; Kaligin, Steueroptimierung durch die vermögensverwaltende thesaurierende Immobilien-GmbH, BB 2013, 414; Lüdicke, Gewerbesteuer: Anteilsveräußerung bei Immobiliengesellschaften – weitere Klärung der Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels, WPg 2007, 700; Sanna, Erweiterte Kürzung bei mittelbarem Grundbesitz, DStR 2012, 1365; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von Zinsen, Mieten und Pachten, NWB 2012, 2250; Strunk, Die Sparschwein-GmbH als Gestaltungsmittel – vielleicht nur etwas für Risikobewusste, GStB 2009, 86; Wagner, Erweiterte Grundbesitzkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG bei unterjährigem An- und Verkauf von Objekten, Ubg 2014, 183; Wolf, Gewerbesteuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Immobilienvermietung zwischen verbundenen Unternehmen, StBp 2012, 149; Neu/Hamacher, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung – Geklärte, ungeklärte und neue Fragen zum „Gewerbesteuerprivileg“ bei Grundstücksunternehmen – Der Konzern 2013, 583.

192

Schallmoser

D. Gewerbesteuer

Rz. 1.661 Kap. 1

I. Steuerpflicht Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb im Inland der Gewerbesteuer. Die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und eines freien Berufes stellt keinen Gewerbebetrieb dar (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Sofern jedoch eine Personengesellschaft teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, ist die gesamte Tätigkeit gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerblich1.

1.660

Bei der gewerbesteuerrechtlichen Beurteilung der Nutzung und Veräußerung von Grundstücken sind folgende grundsätzliche Differenzierungen zu beachten:

1.661

– Nutzt der Eigentümer seinen Grundbesitz zu eigenen Wohnzwecken oder überlässt ihn unentgeltlich Dritten zur Nutzung, ist dies ertragsteuerlich irrelevant. – Vermietet oder verpachtet der Eigentümer das Immobilienobjekt auf Dauer (d.h. mit Einkünfteerzielungsabsicht), betreibt er private Vermögensverwaltung. Sofern das Immobilienobjekt nicht innerhalb von zehn Jahren seit der Anschaffung veräußert wird, ist die Eigentumsübertragung ertragsteuerlich irrelevant (s. Rz. 11.14 ff. sowie Rz. 12.81 ff.). Die Miet- oder Pachteinkünfte werden nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuert (s. Rz. 1.407 ff.). – Dient eine Immobilie dem gewerblichen Einzelunternehmen des Steuerpflichtigen, stellt der Grundbesitz Betriebsvermögen dar (s. Rz. 1.400), dessen Veräußerung unabhängig von der Haltedauer einkommen- und gewerbesteuerpflichtig ist. – Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG unterliegt als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer2. Auch an die Gesellschaft vermietetes Sonderbetriebsvermögen unterliegt daher der Gewerbesteuer. – Überlässt der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft seine Immobilie der Gesellschaft zur entgeltlichen („mietweisen“) Nutzung, wird der Grundbesitz im Wege der Betriebsaufspaltung zum Betriebsvermögen, wenn der Grundstückseigentümer die Mehrheit der Stimmen an der Kapitalgesellschaft innehat und das Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (s. Rz. 1.112). – Überlässt ein Personengesellschafter sein Grundstück der Gesellschaft zur Nutzung, ergibt der Schluss aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG, dass nicht nur das Nutzungsentgelt, sondern auch das Grundstück der gewerblichen Tätigkeit des Gesellschafters zuzurechnen ist, so dass der Grundbesitz Sonderbetriebsvermögen darstellt (s. Rz. 1.112). Daraus ergibt sich zugleich die gewerbesteuerliche Erfassung.

1 Vgl. BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171 = FR 1995, 20 m. Anm. Kempermann. 2 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = DB 2004, 1021 = GmbHR 2004, 685.

Schallmoser

193

Kap. 1 Rz. 1.662 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– Veräußert der Personengesellschafter seinen Gesellschaftsanteil, ist die Veräußerung unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als anteilige Grundstücksveräußerung zu werten (s. näher Rz. 12.61 ff.). – Überlässt ein Personengesellschafter seine Immobilie der Personengesellschaft als Umlaufvermögen zur Nutzung, wird diese Immobilie als Zählobjekt bei der Prüfung eines gewerblichen Grundstückshandels erfasst (s. näher Rz. 11.47).

1.662

Die Gewerbesteuer erfasst bei Einzelunternehmen und bei unmittelbarer Beteiligung natürlicher Personen an einer Personengesellschaft nur den laufenden Gewinn (Verlust) des „werbenden“ Betriebs, nicht Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils. Soweit jedoch Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind, gehören gem. § 7 Satz 2 GewStG sowohl der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs oder Teilbetriebs der Mitunternehmerschaft als auch aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile durch die Obergesellschaft zum Gewerbeertrag1. Bei der Veräußerung aller Grundstücke, die zu einem gewerblichen Grundstückshandel geführt haben, verbleibt es jedoch bei der Gewerbesteuerbelastung, da diese Grundstücke nicht zum Anlagevermögen, sondern zum Umlaufvermögen des Unternehmens zählen und daher als laufender Gewinn dem Gewerbeertrag zuzurechnen sind2.

II. Vermietung und Verpachtung von Immobilien 1. Vermietung

1.663

Die Vermietung von Wohnraum stellt grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit, sondern lediglich private Vermögensverwaltung dar; eine gewerbliche Betätigung ist nur anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die auf eine selbständige, nachhaltige, von Gewinnstreben getragene Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr hindeuten, hinter welche die Nutzung des Vermögens zurücktritt (zur Abgrenzung s. Rz. 1.401 f.).

1.664

Betreibt eine gewerblich tätige Personengesellschaft neben ihrem Geschäftsbetrieb auch die Vermietung von Wohnungen, wird durch die gewerbliche Tätigkeit die Vermögensverwaltung infiziert. Um eine Infizierung zu vermeiden, empfiehlt sich die Gründung einer weiteren Gesellschaft (sog. Ausgliederungsmodell), die ausschließlich die gewerblichen Tätigkeiten wahrnimmt. Die Personenidentität der beiden Gesellschaften ist unschädlich3.

1 Schmidt/Wacker36, § 16 EStG Rz. 8. 2 BFH v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777 = GmbHR 2007, 269. 3 Vgl. Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 193.

194

Schallmoser

D. Gewerbesteuer

Rz. 1.667 Kap. 1

2. Verpachtung Die Verpachtung geht über die Vermietungstätigkeit hinaus und beinhaltet auch die Nutzungsüberlassung sonstiger Vermögensgegenstände, z.B. eines Betriebs oder eines Firmenwerts. Auch diese Tätigkeit ist keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, so dass selbst die Verpachtung eines Gewerbebetriebes nicht der Gewerbesteuer unterliegt1.

1.665

3. Erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Grundsteuer und Gewerbesteuer, die beiden Realsteuern i.S.d. Grundgesetzes2, schließen sich gegenseitig aus. Bei Grundstücken im Betriebsvermögen wird eine Doppelbelastung durch Kürzung der Gewerbesteuer pauschaliert in der Weise vermieden, dass der Gewinn um 1,2 % des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitzes gekürzt wird (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG). Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, können den Gewinn um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kürzen; § 9 Nr. 1 Sätze 3–6 GewStG enthalten weitere diesbezügliche Bestimmungen.

1.666

Die Regelungen des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG über die erweiterte Kürzung gelten nicht,

1.667

– wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG)3, – soweit der Gewerbeertrag Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG enthält (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG) oder – soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus dem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stillen Reserven entfallen (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 3 GewStG). 1 BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124. 2 Vgl. Ritzer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, Kap. F I Rz. 1. 3 § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ist im Wege der teleologischen Reduktion in der Weise einzuschränken, dass dem Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann zu gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück zwar den Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit allen seinen (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist. Vgl. hierzu BFH v. 26.6.2007 – IV R 9/05, GmbHR 2007, 1170 = DStR 2007, 1716; Wischmann, GmbH-StB 2007, 334.

Schallmoser

195

Kap. 1 Rz. 1.668 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Eine Kürzung nach den Sätzen 2 und 3 ist auch ausgeschlossen für den Teil des Gewerbeertrags, der auf Veräußerungs- und Aufgabegewinne i.S.d. § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG entfällt.

1.668

„Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz“ i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist im Wesentlichen gleichbedeutend mit privater Vermögensverwaltung einschließlich der Ausgabe von Erbbaurechten1 sowie der Land- und Forstwirtschaft2; maßgeblich ist die tatsächliche Geschäftsführung. Bei Vermietung und Verpachtung von Immobilien liegt grundsätzlich Vermögensverwaltung vor, und zwar auch dann, wenn sie in großem Umfang erfolgt und nach kaufmännischen Gesichtspunkten durchgeführt wird (s. Rz. 1.401). Hingegen steht das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wonach nur eigener Grundbesitz und neben eigenem Grundbesitz nur eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt werden darf, einer erweiterten Kürzung entgegen, wenn – ein grundstücksverwaltendes Unternehmen eine Kommanditbeteiligung an einer gewerblich geprägten – ebenfalls grundstücksverwaltenden – Personengesellschaft hält3; – der Steuerpflichtige eine Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einer grundstücksverwaltenden Personalgesellschaft hält; dies gilt unabhängig vom Umfang der Beteiligung und der daraus erzielten Einkünfte4; – die Komplementär-GmbH einer grundstücksverwaltenden GmbH & Co. KG ihrerseits eigenen Grundbesitz verwaltet. Demgegenüber wahrt die auf Grundstücke bezogene unentgeltliche Bestellung von Sicherheiten die Grenzen der grundstücksbezogenen Vermögensverwaltung i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

1.669

Bei der Veräußerung von Grundbesitz ist entscheidend, ob die Veräußerung noch Teil der auf Fruchtziehung zu erhaltender Substanz gerichteten Tätigkeit ist, so dass Vermögensverwaltung vorliegt5, oder ob die Substanzverwertung durch Umschichtung in den Vordergrund tritt, so dass keine Vermögensverwaltung mehr vorliegt6.

1.670–1.699

Einstweilen frei.

1 2 3 4

Vgl. BFH v. 17.1.1968 – I 5/65, BStBl. II 1968, 353. Vgl. RFH RStBl. 1940, 909. Vgl. BFH v. 30.11.2005 – I R 54/04, GmbH-StB 2006, 159. BFH v. 17.10.2002 – I R 24/01, BStBl. II 2003, 355 = GmbHR 2003, 51 = DB 2002, 2577 = ZfIR 2002, 1011. 5 Vgl. BFH v. 29.4.1987 – I R 10/86, BStBl. II 1987, 603 = FR 1987, 382. 6 Vgl. BFH v. 28.9.1987 – VIII R 46/84, BStBl. II 1988, 65 = FR 1988, 25.

196

Schallmoser

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.700 Kap. 1

E. Grunderwerbsteuer Literatur: Behrens, § 6a GrEStG – Anmerkungen zu den gleichlautenden Ländererlassen vom 19.6.2012, DStR 2012, 2149; Bruschke, Entstehung, Fälligkeit und Fälligkeitskorrekturen bei der Grunderwerbsteuer, UVR 2000, 10; Bruschke, Grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von Kaufangeboten, UVR 1994, 363; Everts, Das Kaufrechtsvermächtnis im Grunderwerbsteuerrecht, DB 2005, 1595; Geck/Messner, §§ 3, 5 GrEStG – Interpolierende Betrachtungsweise, ZEV 2004, 220; Gottwald, Aktuelle Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht in den Jahren 2012/2013, MittBayNot 2014, 1; Gottwald, Grunderwerbsteuerbelastung bei Schenkungen unter Auflagen, ZErb 2006, 83; Gottwald/Steer, Neuabschluss von Verträgen bzw. Vertragsübernahmen im Grunderwerbsteuerrecht, MittBayNot 2004, 166; Grziwotz, Bedingte Kaufverträge und Grunderwerbsteuerpflicht, MittBayNot 2003, 343; Häger/Forst, Rückabwicklung von privaten Grundstücksveräußerungen, ErbStB 2002, 31; Heine, Besteuerungsnischen im Grunderwerbsteuergesetz, UVR 2005, 273; Heine, Die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 3 GrEStG beim fingierten Grundstückserwerb durch Personengesellschaften nach § 1 Abs. 2a GrEStG, INF 2005, 63; Heine, Weiterentwicklung der allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung nach § 3 GrEStG, UVR 2011, 242; Holler/Schmidt, Grunderwerbssteuer in Erbfällen und bei Schenkungen, ErbR 2016, 192; Klass/Möller, Umwandlungsprivileg für Konzerne bei der Grunderwerbsteuer – koordinierte Ländererlasse vom 1.12.2010, BB 2011, 413; Mack, Aktuelle Rechtsprechung zu unentgeltlichen Grundstücksübertragungen, UVR 2006, 281; Mayer, BB-Rechtsprechungsreport Grunderwerbsteuer 2011, BB 2012, 875; Neitz/ Hackstein/Lange, Neues zur Anwendung des § 6a GrEStG, GmbHR 2012, 998; Ruhwinkel, Grunderwerbsteuer bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen, DStR 2007, 1755; Schaflitzl/ Schrade, Die geplante Anti-„RETT-Blocker“-Regelung im Grunderwerbsteuerrecht, BB 2013, 343; Schanko, Gesetz zur Besteuerung von RETT-Blocker-Gestaltungen, UVR 2013, 215; Schuck, Vermeidung der Grunderwerbsteuer in Fällen der Erbauseinandersetzung, ZEV 2002, 102; Steger, Grunderwerbsteuer und Vermögensnachfolge, ZEV 2008, 505; Wagner/Lieber, Änderungen bei der GrESt: Vermeidung von RETT-Blockern und Erweiterung von § 6a GrEStG, DB 2013, 1387; Wischott/Schönweiß, Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Einführung einer Grunderwerbsteuerbefreiung für Umwandlungsvorgänge, DStR 2009, 2642. Verwaltungsanweisungen: Gleichlautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zu grundstücksbezogenen Treuhandgeschäften sowie zu Grundstückserwerben durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, 757; Gleichlautende Erlasse der Finanzverwaltung zu § 1 Abs. 2a GrEStG v. 16.9.2015, BStBl. I 2015, 822, v. 18.2.2014, BStBl. I 2014, 561, sowie v. 25.2.2010, BStBl. I 2010, 245; Gleichlautende Erlasse der Finanzverwaltung zu § 1 Abs. 3a GrEStG v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 802 und v. 9.12.2015, BStBl. I 2015, 1029; Gleichlautende Erlasse der Finanzverwaltung zu § 6a GrEStG v. 19.6.2012, BStBl. I 2012, 662.

I. Steuerbare Rechtsvorgänge 1.700

Übersicht: Steuerbare Rechtsvorgänge Grundstückserwerb

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 4–7, Abs. 5 GrEStG

Rechtsträgerwechsel ohne Auflassung – Anwachsung – Erbteilsveräußerung – Verschmelzung – Spaltung

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG

Gottwald

197

Kap. 1 Rz. 1.701 Steuerorientierte Immobilienübertragung Wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft

§ 1 Abs. 2a GrEStG

Anteilsvereinigung

§ 1 Abs. 3, 3a GrEStG

Verwertungsbefugnis

§ 1 Abs. 2 GrEStG

1. Grundstücksumsätze

1.701

Die Verpflichtung zu einem Grundstückserwerb unterliegt der Grunderwerbsteuer, so dass die Umsatzsteuer gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG insoweit zurücktritt. Der Grunderwerbsteuer unterliegen somit z.B. – der Kaufvertrag gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, – Einbringungs- und Auseinandersetzungsverträge, wobei bei einem Übergang auf eine Gesamthand oder von einer Gesamthand sowie bei Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum die Befreiungsvorschriften der §§ 5 bis 7 GrEStG zu beachten sind, – bei einem Grundstückstausch beide Grundstücksübertragungen gem. § 1 Abs. 5 GrEStG, – Schenkungen unter einer Auflage, soweit diese bei der Schenkungsteuer abziehbar sind, vgl. § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG, – das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG, – die Abtretung eines Übereignungsanspruches oder die Verwertung eines Grundstückskaufangebotes gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 GrEStG1. 2. Erwerb ohne Auflassung a) Anwachsung

1.702

Der Grunderwerbsteuer unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG auch der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Scheidet z.B. aus einer zweigliedrigen Gesamthand ein Gesellschafter aus, so dass auf den verbleibenden Gesellschafter der gesamte Grundbesitz der Gesellschaft übergeht, unterliegt die Anwachsung der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG2. Die anteilmäßige Grunderwerbsteuerbefreiung gem. § 6 Abs. 2 GrEStG ist zu gewähren3. Erwirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Gesamthandsvermögen durch

1 Vgl. BFH v. 22.1.1997 – II R 97/94, BStBl. II 1997, 411 = DStR 1997, 819 = MittBayNot 1997, 317. 2 Vgl. BFH v. 19.1.1977 – II R 161/74, BStBl. II 1977, 359 = DStR 1977, 290 = MittBayNot 1977, 83. 3 Vgl. BFH v. 11.12.1974 – II R 30/69, BStBl. II 1975, 417.

198

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.705 Kap. 1

Schenkung der Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum, ist ein dabei erfolgender Übergang von Grundstücken aus dem Gesellschaftsvermögen in das Alleineigentum des Gesellschafters nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 und des § 6 Abs. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei. Liegt in einem solchen Fall eine gemischte Schenkung an den Erwerber vor, sind als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die um den Anteil des Erwerbers am Gesellschaftsvermögen verminderten Grundbesitzwerte anzusetzen, soweit sie nach schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen dem entgeltlichen Teil des Erwerbs entsprechen1. b) Erbteilsveräußerung Auch die Erbteilsveräußerung unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört2. Sofern ein Miterbe den Erbteil oder ein zum Nachlass gehörendes Grundstück erwirbt, greift die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG ein. Miterben i.S.d. Befreiungsvorschrift sind auch Erbeserben3.

1.703

c) Verschmelzung und Spaltung Auch der Übergang des Grundstückseigentums durch Verschmelzung oder Spaltung ist ein Rechtsträgerwechsel und damit gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbar. Für Grundstücke, die bereits vor Wirksamwerden der Umwandlung oder Anwachsung durch den bisherigen Eigentümer schuldrechtlich an Dritte veräußert waren, ist keine Grunderwerbsteuer festzusetzen4. Unter den engen Voraussetzungen des § 6a GrEStG können konzerninterne Umwandlungen von der Grunderwerbsteuer befreit sein.

1.704

3. Wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft a) Gesetzliche Regelung Bis 31.12.1996 waren der Wechsel im Personenstand einer Personengesellschaft sowie die Veränderung der Anteilsverhältnisse generell grunderwerbsteuerfrei5. Auch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung war in diesen Fällen nicht erforderlich6. Besteuert wurde früher nur der Rechtsträgerwechsel; zwischen Vorgesellschaft und der später entstehenden Rechtsperson bestand immer Identität. Durch das Jahressteuergesetz 1997 wurde § 1 Abs. 2a GrEStG eingefügt, der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 neu gefasst und durch das Steueränderungsgesetz 2015 ergänzt wurde. Danach unterliegt die Vereinigung oder der Übergang von mindestens 95 % der 1 2 3 4

Vgl. BFH v. 13.9.2006 – II R 37/05, BStBl. II 2007, 59 = ZEV 2007, 43. Vgl. BFH v. 17.7.1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, 159 = MittBayNot 1976, 45. Vgl. Boruttau/Meßbacher-Hönsch18, § 3 GrEStG Rz. 282. Vgl. FinMin. Baden-Württemberg v. 16.9.2003 – 3 S 4500/71, ZNotP 2004, 62 = DStR 2003, 1794. 5 Vgl. BFH v. 27.7.1962 – II 77/61 U, BStBl. III 1962, 478. 6 Vgl. LG Düsseldorf v. 19.11.1976 – 28 T 313/76, MittBayNot 1977, 69.

Gottwald

199

1.705

Kap. 1 Rz. 1.706 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Personengesellschaftsanteile auf einen neuen Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren der Grunderwerbsteuer. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gilt Folgendes: eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt dies auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Die Änderung der Beteiligungsverhältnisse unter den Altgesellschaftern ist nur innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist der §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 4 GrEStG steuerpflichtig. Unentgeltliche Anteilsübertragungen sind gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nicht nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG steuerbar1. b) Rechtsprechung

1.706

Den vollständigen Wechsel aller Gesellschafter einer nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft beurteilte allerdings der BFH schon seit langem als einen der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegenden Kaufvertrag über Grundstücke zwischen den Alt- und den Neugesellschaftern unter Berufung auf § 42 Satz 1 AO2. Sofern ein Zwerganteil bei einem Altgesellschafter verblieb, waren die restlichen Anteilsübertragungen nicht steuerbar.

1.707

Auch für die anteilige Befreiung gem. § 5 Abs. 2 GrEStG kam es schon immer darauf an, ob im Zeitpunkt der Einbringung des Grundstücks der Plan zur Verringerung der Beteiligung bereits bestand. Dem tatsächlichen Vollzug des Plans kam keine eigene tatbestandsbegründende Wirkung zu3. Das Gesetz enthält in § 5 Abs. 3 GrEStG nunmehr eine Fünfjahresfrist, wonach die Befreiung insoweit entfällt, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Für den Übergang von einer Gesamthand enthält § 6 Abs. 4 GrEStG eine entsprechende Regelung. 4. Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG

1.708

Der Erwerb aller Anteile an einer Kapitalanlagegesellschaft, zu deren Vermögen inländische Grundstücke zählen, unterliegt nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer4. Die Übertragung eines Anteils an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, die Grundbesitz innehat, ist grundsätzlich nicht grunderwerbsteuerbar. Eine steuerpflichtige Anwachsung bei einem Steuerpflichtigen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG konnte durch einen verbleibenden Zwerganteil vermieden werden. § 1 Abs. 3 GrEStG 1 BFH v. 13.9.2006 – II R 37/05, BStBl. II 2007, 59 = ZEV 2007, 43. 2 Vgl. BFH v. 31.7.1991 – II R 17/88, BStBl. II 1991, 891; v. 6.3.1996 – II R 38/93, BStBl. II 1996, 377; Mößlang, ZNotP 1997, 14. 3 Vgl. BFH v. 10.7.1996 – II R 33/94, BStBl. II 1996, 533. 4 BFH v. 29.9.2004 – II R 14/02, BStBl. II 2005, 148 = GmbHR 2004, 1546 = DStRE 2004, 1482.

200

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.712 Kap. 1

erfasst alle Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einem Grundstücksumsatz nahe kommen, z.B. den Erwerb von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile einer grundbesitzhaltenden Personen- oder Kapitalgesellschaft durch einen Erwerber. Die Grunderwerbsteuer kann selbst bei dem Austausch aller Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft vermieden werden, wenn keiner der Erwerber Anteile von 95 % oder mehr erwirbt, sofern der Erwerb nicht gem. § 1 Abs. 2a GrEStG steuerpflichtig ist. Der Tatbestand der Anteilsvereinigung ist auch dann erfüllt, wenn die zu 95 % Beteiligung fehlenden Anteile durch Strohmänner, Treuhänder oder Organgesellschaften gehalten werden oder die restlichen Anteile eigene Anteile der Kapitalgesellschaft sind.

1.709

Die Befreiung gem. § 6 GrEStG ist bei einer Anteilsvereinigung anwendbar1.

1.710

5. Wirtschaftliche Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3a GrEStG Soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG nicht in Betracht kommt, gilt gem. § 1 Abs. 3a GrEStG als Rechtsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung i.H.v. mindestens 95 % an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, inne hat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich hierbei aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft zu multiplizieren. Dieser Tatbestand2 führte eine wirtschaftliche Beteiligung in das Grunderwerbsteuerrecht ein. Er soll sog. RETT-Blocker-Gestaltungen besteuern, die bislang insbesondere unter Zwischenschaltung von Personengesellschaften grunderwerbsteuerfrei durchgeführt werden konnten und als Steuerschlupflöscher angesehen wurden3.

1.711

6. Zwischenerwerb: Vertragsangebot mit Benennungsrecht Sofern bei einem Kaufvertragsangebot dem Angebotsempfänger das Recht eingeräumt wird, einen Dritten als Annehmenden zu benennen, liegt in der Ausübung dieses Rechtes entweder ein Zwischenerwerb i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und 7 GrEStG oder der Übergang der Verwertungsbefugnis gem. § 1 Abs. 2 GrEStG, wenn der Benennende ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Benennung des Dritten hat; der Eintritt des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges ist nicht erforderlich4. Dies gilt selbst dann, wenn das Selbstannahmerecht des Angebotsempfängers ausgeschlossen 1 Boruttau/Viskorf18, § 6 GrEStG Rz. 38 f. 2 Eingefügt durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 26.6.2013, BStBl. I 2013, 1809 ff. 3 Vgl. hierzu Schanko, UVR 2013, 216 ff.; Schaflitzl/Schrade, BB 2013, 343 ff.; Behrens, DStR 2013, 1405 ff. 4 Vgl. BFH v. 6.9.1989 – II R 135/86, BStBl. II 1989, 985.

Gottwald

201

1.712

Kap. 1 Rz. 1.713 Steuerorientierte Immobilienübertragung

ist1. Keine grunderwerbsteuerlichen Bedenken bestehen, wenn ein Makler sich ein Kaufangebot über ein Grundstück geben lässt und aufgrund eines zugleich erteilten Vermittlungsauftrages das Grundstück im Namen des Eigentümers verkauft2; es ist aber zu prüfen, ob die Verwertungsbefugnis übergegangen ist. § 1 Abs. 2 GrEStG kann auch bei einem atypischen Maklervertrag erfüllt sein, wonach der Grundstückseigentümer zwar nicht dem Makler, aber einem Dritten eine Verkaufsvollmacht erteilt hat und diese ohne Verletzung seiner Pflicht aus dem Maklervertrag nicht mehr widerrufen kann3. 7. Verwertungsbefugnis Literatur: Bruschke, Die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG, UVR 2006, 316.

1.713

Der Grunderwerbsteuer unterliegen gem. § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

1.714

Beispiele: – Unwiderrufliche Veräußerungsvollmacht, wenn erzielter Mehrerlös im Wesentlichen dem Bevollmächtigten zufließen soll; – langfristiges Kaufangebot, das den wirtschaftlichen Zweck eines Kaufvertrages erfüllt, z.B. auf die Dauer von 24 Jahren bindendes Verkaufsangebot zu einem festen Kaufpreis, Auflassungsvormerkung, Darlehensgewährung in Höhe des Kaufpreises, sofortige Nutzungsüberlassung mit der Befugnis zur Vermietung und Verpachtung4; – Verwertung eines fremden Grundstückes auf eigene Rechnung; – Treuhandverhältnisse, also die Begründung oder Übertragung einer Treuhandstellung. Die Aufhebung des Treuhandverhältnisses unterliegt gem. § 3 Nr. 8 GrEStG keiner Grunderwerbsteuer, wenn die Steuer für die Begründung des Treuhandverhältnisses entrichtet worden ist; – Abschluss eines Immobilien-Leasing-Vertrages5.

II. Grunderwerbsteuerlicher Grundstücksbegriff 1.715

Der grunderwerbsteuerliche Grundstücksbegriff weicht erheblich von der Definition des Grundstücks im zivilrechtlichen Sinn ab (vgl. Rz. 1.10). Zu den Grundstücken i.S.d. Grunderwerbsteuergesetzes gehören auch 1 Vgl. BFH v. 16.12.1981 – II R 109/80, BStBl. II 1982, 269 = DNotZ 1982, 521; Boruttau/Fischer18, § 1 GrEStG Rz. 481 f. Bei einem Angebot ohne Selbstannahmerecht des Angebotsempfängers kann keine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden, da der zu benennende Dritte noch nicht bekannt ist. 2 Vgl. BFH v. 28.4.1970 – II 144/64, BStBl. II 1970, 674. 3 Vgl. BFH v. 14.9.1988 – II R 116/85, BStBl. II 1989, 52. 4 Vgl. BFH v. 12.12.1973 – II R 29/69, BStBl. II 1974, 251. 5 FG Köln v. 19.3.2003 – 5 K 5873/98, DStRE 2003, 1248 = MittBayNot 2004, 70.

202

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.718 Kap. 1

– Erbbaurechte, – Wohnungs- und Teileigentum, – Gebäude auf fremdem Grund und Boden und – Nutzungsrechte gem. § 1010 BGB und § 15 WEG. Andererseits werden grunderwerbsteuerrechtlich aus dem zivilrechtlichen Grundstücksbegriff ausgeklammert

1.716

– Betriebsvorrichtungen, – Mineralgewinnungsrechte und – Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte. Da Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte erbbaurechtsähnlich ausgestaltet und als wirtschaftliches Eigentum1 begründet werden können, wird in der Praxis der Einräumung von Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten wegen der damit verbundenen Grunderwerbsteuerfreiheit der Vorzug gegeben.

1.717

III. Bemessungsgrundlage 1. Wert der Gegenleistung Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung, so dass neben dem Kaufpreis (unter Berücksichtigung einer etwaigen Abzinsung) auch alle übrigen Leistungen einbezogen werden, z.B. – Schuldübernahme, – Übernahme eines Altenteils, – Vermessungskosten2, – Erschließungskosten3, – Reallasten, z.B. auch die Übernahme von Bierbezugsverpflichtungen, – Nutzungen über den Zeitpunkt des Besitzüberganges hinaus4,

1 2 3 4

Vgl. Staudinger/Spiegelberger, Vorbem. zu §§ 31 ff. WEG Rz. 14. BFH v. 21.11.1974 – II R 61/71, BStBl. II 1975, 362. Vgl. BFH v. 9.5.1979 – II R 56/74, BStBl. II 1979, 577 = MittBayNot 1979, 203. Gemäß FinMin. Baden-Württemberg v. 21.2.2003 – O 2124/17, DStR 2003, 739 sind Ermittlungen wegen des Werts vorbehaltener Nutzungen nicht durchzuführen, wenn der Wert dieser sonstigen Leistungen nicht mehr als 2.500 Euro beträgt.

Gottwald

203

1.718

Kap. 1 Rz. 1.719 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– Vorleistungspflicht des Erwerbers1, z.B. Zahlung des Kaufpreises vor Besitzübergabe, – Übernahme der Maklerprovision des Verkäufers2. Verpflichtet sich der Grundstücksverkäufer, der gleichzeitig Erschließungsträger i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB ist, gegenüber dem Erwerber zur Grundstückserschließung nach Maßgabe des mit der Gemeinde geschlossenen Erschließungsvertrags, gehört das vom Erwerber zu zahlende Entgelt für die künftige Erschließung nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung3.

1.719

Abgrenzungskriterium ist stets die Frage, ob der Erwerber ein zusätzliches Entgelt für den Erwerb des Grundstücks aufzuwenden hat, so dass z.B. Betreuungsgebühren und Zwischenfinanzierungskosten4 zur Gegenleistung gehören, während – Rechts- und Steuerberatungsgebühren, – Gerichts- und Notarkosten, – Kosten der künftigen Hausverwaltung, – Mietgarantiegebühren und – Gebühren für die Vermittlung der Endfinanzierung keine Gegenleistung darstellen. Erwirbt eine politische Gemeinde einen Teil der von ihr durch Aufstellung eines Bebauungsplans und Sicherung der Erschließung baureif gemachten Grundflächen, ist der beim Grundstücksveräußerer für die ihm verbleibenden und nunmehr baureifen Teilflächen eintretende Wertzuwachs grundsätzlich keine Gegenleistung der erwerbenden Gemeinde für ihren Grundstückserwerb5.

1.720

Sofern der Veräußerer sich verpflichtet, dem Erwerber die Erwerbsnebenkosten (z.B. Notarkosten, Grundschuldbestellungsgebühren) zu erstatten, reduziert dies nach Auffassung des BFH die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage um die entsprechenden Beträge6. Lediglich die Übernahme der Grunderwerbsteuer wirkt sich gem. § 9 Abs. 3 GrEStG nicht auf die Bemessungsgrundlage aus7.

1 BFH v. 5.7.2006 – II R 37/04, BFH/NV 2006, 2127; keine Vorleistungen sind Abschlagszahlungen nach der MaBV, vgl. FinMin. NRW v. 1.10.2003 – S 4521 - 22 - VA 2, ZNotP 2004, 61. 2 FG Brandenburg v. 19.5.2005 – 3 K 1105/02, DStRE 2006, 945 = MittBayNot 2007, 252. 3 BFH v. 21.3.2007 – II R 67/05, BStBl. II 2007, 614. 4 BFH v. 19.7.1989 – II R 95/87, BStBl. II 1989, 685 = DB 1989, 1807 = MittRhNotK 1990, 141; v. 24.7.1991 – II R 104/88, BFH/NV 1992, 553. 5 BFH v. 27.10.2004 – II R 22/03, BStBl. II 2005, 301 = DStRE 2005, 363 = MittBayNot 2006, 79. 6 Vgl. BFH v. 17.4.2013 – II R 1/12, BStBl. II 2013, 637 = DStR 2013, 1130 = MittBayNot 2013, 423 = ZfIR 2013, 699. 7 Vgl. BFH v. 17.4.2013 – II R 1/12, BStBl. II 2013, 637 = DStR 2013, 1130 = MittBayNot 2013, 423 = ZfIR 2013, 699.

204

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.725 Kap. 1

Auf dem Grundstück ruhende dauernde Lasten, wie z.B. Grunddienstbarkeiten, bleiben unberücksichtigt.

1.721

2. Grundbesitzwert Bei Umwandlungen i.S.d. Umwandlungsgesetzes, Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage und in den Fällen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG bemisst sich die Steuer gem. § 8 Abs. 2 GrEStG nach dem Grundbesitzwert gem. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG. Das Gleiche gilt, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

1.722

Die Finanzverwaltung beurteilte ursprünglich den Formwechsel als einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang. Nach der Rechtsprechung des BFH1 umfasst der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG den Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück unter der Voraussetzung, dass weder ein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist noch es einer Auflassung bedarf. Besteuert wird der Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern2. Bei einer formwechselnden Umwandlung ist aber nur ein Rechtsträger beteiligt, so dass es weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge noch zu einer Übertragung einzelner Vermögensgegenstände kommt; der Formwechsel ist daher grds. grunderwerbsteuerfrei3.

1.723

3. Bewertung von Nutzungen Aufgrund der Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG findet § 16 BewG, der den Jahreswert von Nutzungen begrenzt, auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung.

1.724

4. Kauf- und Bauvertrag Verwaltungsanweisung: OFD Rheinland, Vfg. v. 15.5.2006, DB 2006, 1243: Einheitliches Vertragswerk bei der Grunderwerbsteuer.

Wird auf einem unbebauten Grundstück von einem Dritten ein Gebäude errichtet, kann der Grundstückskaufpreis mit den Aufwendungen für das Gebäude Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sein, wenn ein einheitliches Vertragswerk vorliegt. Hierfür reicht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskauf und dem Bauvertrag aus, wenn im Übrigen ein tatsächliches einvernehmliches Zusammenwirken zwischen dem Verkäufer und dem Bauunternehmen vorliegt4 (s. auch Kap. 3).

1 BFH v. 4.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, 661 = GmbHR 1997, 136 = DStR 1997, 112. 2 Vgl. BFH v. 1.4.1981 – II R 87/78, BStBl. II 1981, 488 = DB 1981, 2209. 3 Boruttau/Fischer18, § 1 GrEstG Rz. 527 ff. mit Hinweisen zu Ausnahmefällen, in denen dennoch Grunderwerbsteuer anfällt, z.B. § 5 Abs. 3 GrEStG. 4 Vgl. BFH v. 21.9.2005 – II R 49/04, BStBl. II 2006, 269 = ZfIR 2006, 434.

Gottwald

205

1.725

Kap. 1 Rz. 1.726 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.726

Übersicht: Bemessungsgrundlage Wert der Gegenleistung – Schuldübernahme – Übernahme eines Altenteils – Vermessungskosten – Reallasten – Erschließungskosten – Nutzungen über den Zeitpunkt des Besitzübergangs hinaus Grundbesitzwert – Verschmelzung – Spaltung – Einbringung aber: Formwechsel nicht steuerpflichtig.

1.727–1.740

Einstweilen frei.

IV. Grunderwerbsteuerbefreiungen Literatur: Fuhrmann/Demuth, Zur Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 GrEStG bei Änderung des Gesellschafterbestandes gem. § 1 Abs. 2a GrEStG, UVR 2006, 26.

1.741

Auch bei Befreiung eines Rechtsgeschäftes von der Grunderwerbsteuer ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich, soweit keine landesrechtliche Befreiung eingreift, vgl. § 22 Abs. 1 GrEStG. Grundsätzlich ist für den Grundbuchvollzug die Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich; die landesrechtlichen Befreiungsvorschriften sind zu beachten1.

1.742

Übersicht: Grunderwerbsteuerbefreiungen gem. § 3 GrEStG im Überblick – Freigrenze von 2.500 t (Nr. 1) – Grundstückserwerb von Todes wegen und reine Grundstücksschenkung (Nr. 2) – Teilung des Nachlasses (Nr. 3) – Ehegattenerwerb (Nr. 4) – Vermögensauseinandersetzung nach Scheidung (Nr. 5) 1 Abdruck aller landesrechtlichen Befreiungsvorschriften u.a. bei Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer5, Anhang 2 (S. 559 ff.).

206

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.749 Kap. 1

– Verwandte in gerader Linie und deren Ehegatten (Nr. 6) – Teilung fortgesetzter Gütergemeinschaft (Nr. 7) – Treuhandauflösung (Nr. 8) 1. Befreiung gem. §§ 3 und 4 GrEStG a) Freigrenze Bei Überschreitung der Freigrenze von 2.500 t wird die gesamte Gegenleistung als Bemessungsgrundlage herangezogen.

1.743

Beispiel: Eine Erbengemeinschaft, bestehend aus den zu je 1/3 beteiligten Miterben A, B und C, veräußert ein Grundstück im Wert von 7.500 t gegen einen Kaufpreis i.H.v. 7.500 t.

1.744

Die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG wird überschritten, so dass keine Grunderwerbsteuerbefreiung gewährt wird, auch keine anteilige i.H.v. 2.500 t, da die Befreiungsvorschrift eine Freigrenze und nicht einen Freibetrag darstellt.

1.745

Beispiel: Eheleute in Gütergemeinschaft tauschen ein Grundstück mit einem Ehepaar in Zugewinngemeinschaft zum Wertanschlag von 10.000 t.

1.746

E1

E2

E3

E4

Bei Tauschverträgen zwischen zwei Ehepaaren (unabhängig vom Güterstand) waren früher acht Erwerbsvorgänge anerkannt, so dass die geschilderten Übertragungen völlig grunderwerbsteuerfrei waren. Nach neuerer bundeseinheitlich abgestimmter Verwaltungsauffassung der Länder liegen nunmehr so viele Erwerbsvorgänge vor, wie Erwerber vorhanden sind; die Erwerbsgrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG könne für jeden Erwerber nur einmal berücksichtigt werden1; das Urteil des BFH2 gilt danach als überholt. Somit ist in dem vorstehenden Beispiel die Freigrenze beiderseits überschritten.

1.747

Hinweis: Übertragen die Miteigentümer ihre Miteigentumsanteile an einem Grundstück ausdrücklich jeweils durch gesonderte Rechtsgeschäfte, also in getrennten Urkunden, liegen mehrere selbständig zu beurteilende Erwerbsgeschäfte vor3.

1.748

Da die Gütergemeinschaft im Gegensatz zu den anderen Gesamthandsgemeinschaften grunderwerbsteuerlich nicht verselbständigt ist, können nach übereinstimmenden Äußerungen in der Literatur Erwerbe von Grundstücken durch Ehegatten, die

1.749

1 Vgl. BayFinMin. v. 15.11.2002 – Gz. 36-S 4540-017-47604/02, MittBayNot 2003, 244. 2 BFH v. 10.4.1957 – II 167/56 U, BStBl. III 1957, 213. 3 Vgl. BayFinMin. v. 4.6.2002 – Gz. 36-S 4540-017-23871/02, MittBayNot 2002, 322.

Gottwald

207

Kap. 1 Rz. 1.750 Steuerorientierte Immobilienübertragung

in Gütergemeinschaft leben, so behandelt werden, wie wenn Bruchteile erworben würden1. b) Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkung unter Lebenden, § 3 Nr. 2 GrEStG

1.750

In den Fällen des § 3 Nr. 2 GrEStG führt der Anfall von Todes wegen und der Erwerb unter Lebenden steuerlich zu unterschiedlichen Ergebnissen: Bei einem Grundstücksvermächtnis mit der Auflage, eine Hypothekenschuld zu übernehmen, fällt nur Erbschaftsteuer an, während eine Grundstücksübertragung unter Lebenden mit der Auflage, die Hypothekenschuld zu übernehmen, schenkungsteuer- und grunderwerbsteuerbar ist2. c) Erwerb eines Nachlassgrundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses, § 3 Nr. 3 GrEStG

1.751

Sofern die „Miterbenstellung“ durch Erbteilsübertragung erworben wurde, besteht keine Privilegierung3.

1.752

Beispiel: Eine zweigliedrige Erbengemeinschaft soll in der Weise auseinandergesetzt werden, dass gegen Abfindung eines Miterben die Ehefrau und die Schwiegereltern des verbleibenden Erben Miteigentümer werden.

1.753

Da gem. § 3 Nr. 3 GrEStG auch der Ehegatte oder Lebenspartner eines Miterben grunderwerbsteuerfrei bleibt, kann der Erbteil des ausscheidenden Miterben auf diese Angehörigen des Verbleibenden grunderwerbsteuerfrei übertragen werden. Diese können ihren Anteil grunderwerbsteuerfrei auf ihre Eltern übertragen. d) Befreiungen gem. § 3 Nr. 4 bis 8 GrEStG

1.754

– Erwerb durch Ehegatten oder Lebenspartner, § 3 Nr. 4 GrEStG. – Erwerb durch früheren Ehegatten oder Lebenspartner im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach Scheidung bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft, § 3 Nr. 5, 5a GrEStG. – Erwerb durch Verwandte in gerader Linie oder Personen, deren Verwandtschaft durch die Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist, § 3 Nr. 6 GrEStG. Die Privilegierung besteht sowohl in absteigender als auch in aufsteigender Linie. – Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft, § 3 Nr. 7 GrEStG. – Auflösung eines Treuhandverhältnisses, § 3 Nr. 8 GrEStG.

1 Vgl. Boruttau/Meßbacher-Hönsch18, § 3 GrEStG Rz. 87. 2 Zur Doppelbelastung mit Erbschaft- und Grunderwerbsteuer vgl. Halaczinsky, ZEV 2003, 97. 3 Vgl. BFH v. 17.7.1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, 159 = MittBayNot 1976, 45.

208

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.761 Kap. 1

e) Ausnahmen gem. § 4 GrEStG Besondere Ausnahmen von der Versteuerung enthält § 4 GrEStG, z.B. beim Grundstückserwerb im öffentlichen Interesse.

1.755

2. Befreiungen bei Miteigentümer- und Gesamthandsgemeinschaften a) Befreiungstatbestände

1.756

Aufgrund der Transparenz der Personengesellschaften enthalten – § 5 GrEStG bei dem Übergang auf eine Gesamthand und – § 6 GrEStG beim Übergang von einer Gesamthand eine anteilige Befreiung, soweit wirtschaftlich kein Rechtsträgerwechsel stattfindet. Darüber hinaus wird aufgrund von § 7 GrEStG bei der Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum die Steuer insoweit nicht erhoben, als der Wert des Teilgrundstücks dem bisherigen Bruchteil entspricht.

1.757

b) Fünfjährige Sperrfrist Zu beachten ist, dass gem. § 5 Abs. 3 GrEStG die anteiligen Befreiungen bei einer Verminderung der Anteilsverhältnisse innerhalb von fünf Jahren rückwirkend versagt werden. Sinngemäß enthält § 6 Abs. 4 GrEStG eine entsprechende Regelung für den Übergang von einer Gesamthand.

1.758

Nach Auffassung des BFH1 ist die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG auch dann nicht zu gewähren, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die erwerbende Gesamthand diese – entsprechend einer zu diesem Zeitpunkt zwischen den an der Gesellschaft Beteiligten getroffenen Absprache – formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird, wobei die Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG Anwendung findet2.

1.759

c) Personenbezogenheit Über die quotale Zurechnung hinaus wird die Personenbezogenheit der Gesamthand3 anerkannt, so dass die Verwandtschaftsverhältnisse zu den einzelnen Gesellschaftern zu berücksichtigen sind.

1.760

Beispiel: Vater und Sohn gründen im Jahr 00 eine OHG, an der sie zu gleichen Teilen beteiligt sind. Im Jahr 02 scheidet der Vater aus, der Sohn führt das Unternehmen allein fort. Zu diesem Zeitpunkt ist aufgrund unterschiedlicher Entnahmen der Vater zu 1/3 und der Sohn zu 2/3 beteiligt.

1.761

1 BFH v. 18.12.2002 – II R 13/01, BStBl. II 2003, 358 = GmbHR 2003, 485 = DStRE 2003, 564 = ZEV 2003, 252 = MittBayNot 2003, 501. 2 Boruttau/Viskorf18, § 5 GrEStG Rz. 92. 3 BFH v. 25.2.1969 – II 142/63, BStBl. II 1969, 400 = FR 1969, 307.

Gottwald

209

Kap. 1 Rz. 1.762 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.762

Es tritt Anwachsung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ein, die aber trotz Sperrvorschrift des § 5 Abs. 3 GrEStG gem. § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei bleibt1.

1.763

Beispiel: D will ein Mietshaus, das mit valutierten Grundpfandrechten belastet ist, seinem Sohn S und seinem Neffen N unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen. Der Steuerberater rät, das Grundstück in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG einzubringen und S und N unentgeltlich Kommanditanteile zu übertragen.

D GmbH i.G. 100 % 50 % D Immo GmbH & Co. KG 50 %

S N

100 % D

1.764

Bei der Einbringung des Grundbesitzes in eine von D gegründete GmbH & Co. KG, bei der er als Kommanditist mit 100 % Gesellschaftsanteil beteiligt bleibt, fällt gem. § 5 Abs. 2 GrEStG keine Grunderwerbsteuer an. Sofern er innerhalb von fünf Jahren Gesellschaftsanteile an N unentgeltlich überträgt und sich eine Beteiligung von mehr als 5 % vorbehält, entsteht wiederum keine Grunderwerbsteuer, da Gegenstand der Übertragung Personengesellschaftsanteile sind und der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht erfüllt ist. Allerdings wird gem. § 5 Abs. 3 GrEStG für die Einbringung des Grundbesitzes Grunderwerbsteuer nacherhoben, wenn die Übertragung der Gesellschaftsanteile innerhalb von fünf Jahren seit der Einbringung erfolgt. Da Übertragungen auf Verwandte in gerader Linie gem. § 3 Nr. 6 GrEStG immer grunderwerbsteuerfrei bleiben, findet hinsichtlich der KG-Anteilsübertragung auf S keine Nacherhebung von Grunderwerbsteuer gem. § 5 Abs. 3 GrEStG statt2.

1 Vgl. Boruttau/Meßbacher-Hönsch18, § 3 GrEStG Rz. 38. 2 Boruttau/Meßbacher-Hönsch18, § 3 GrEStG Rz. 428.

210

Gottwald

E. Grunderwerbsteuer

Rz. 1.768 Kap. 1

V. Vertragsaufhebung Beispiel: Ehemann E erwirbt von der Bauträgerfirma X eine Eigentumswohnung. Da die Ehefrau die von der Bank verlangte persönliche Haftung nur übernehmen will, wenn sie Miteigentümerin der Eigentumswohnung wird, vereinbart E mit X die Aufhebung des Kaufvertrages. Gleichzeitig wird der Abschluss eines neuen Kaufvertrages zwischen X und dem Ehepaar E vereinbart. Das Finanzamt will die Vertragsaufhebung nicht anerkennen und für beide Kaufverträge Grunderwerbsteuer erheben.

1.765

1. Grunderwerbsteuerliche Regelung

1.766

Die einschlägige Vorschrift des § 16 GrEStG enthält drei Fallgruppen, nämlich – Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges, § 16 Abs. 1 GrEStG; – Rückauflassung § 16 Abs. 2 GrEStG; für die Zweijahresfrist gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sind nicht die Grundbucheintragung, sondern Auflassung und Eintragungsantrag maßgebend; – Herabsetzung der Gegenleistung, § 16 Abs. 3 GrEStG. 2. Zivilrechtliche Durchführung Bei einer Vertragsaufhebung sind die zivilrechtlichen Vorschriften zu beachten: Bei einem Kaufvertrag ohne Eintragung einer Auflassungsvormerkung kann die Vertragsaufhebung formfrei vorgenommen werden. Ist eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, besteht für den Aufhebungsvertrag Beurkundungszwang1.

1.767

3. Vertragsübernahme oder Vertragsaufhebung? Bei einer Vertragsaufhebung muss der Veräußerer die ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangen2: Ein Erwerbsvorgang ist i.S.d. § 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nur dann rückgängig gemacht, wenn die Beteiligten durch die Aufhebung des Kaufvertrages über das Grundstück derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden3, dass die Verwertungsmöglichkeit nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Verkäufer des Grundstücks seine ursprüngliche Rechtstellung wiedererlangt. In Wirklichkeit liegt trotz der scheinbaren Vertragsaufhebung eine Abtretung des Anspruches aus dem Kaufvertrag an den Zweiterwerber vor4. Tritt ein Dritter durch eine Vertragsübernahme als neuer Käufer in einen noch nicht vollzogenen Grundstückskaufvertrag ein, verwirklicht sich ein Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7 GrEStG. Dieser schließt bezüglich des nämlichen Grundstücks einen Rechtsträgerwechsel vom Verkäufer auf den neuen Käufer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1 2 3 4

Vgl. FinMin. Baden-Württemberg, ZNotP 2002, 430 = DStR 2002, 1765. Vgl. BFH v. 29.9.1976 – II R 163/71, BStBl. II 1977, 87 = MittBayNot 1977, 83. Vgl. BFH v. 21.2.2006 – II R 60/04, DStRE 2006, 1359. Zum Formerfordernis bei der Rückgängigmachung vgl. BayFinMin., MittBayNot 2003, 173.

Gottwald

211

1.768

Kap. 1 Rz. 1.769 Steuerorientierte Immobilienübertragung

aus1. Tritt der Ersterwerber bei der Aufhebung eines Kaufvertrages bei der Beurkundung des Weiterveräußerungsvertrages als Vertreter einer Kapitalgesellschaft als Zweiterwerberin auf und ist er an dieser Gesellschaft maßgeblich beteiligt, spricht dies prima facie für ein Handeln im eigenen wirtschaftlichen Interesse2.

1.769

Im Beispielsfall wäre die Weiterübertragung eines Hälftemiteigentumsanteils durch den Ehemann an die Ehefrau gem. § 3 Nr. 4 GrEStG grunderwerbsteuerfrei geblieben, während die steuerlich unwirksame Aufhebung des Kaufvertrages die entstandene Grunderwerbsteuerpflicht nicht beseitigen konnte, so dass der erneute Abschluss eines Kaufvertrages wiederum hinsichtlich des erstmals von der Ehefrau erworbenen Anteils der Grunderwerbsteuer unterliegt. 4. Rückabwicklung

1.770

Bei der Rückabwicklung gilt die Befreiung auch für eine zwischenzeitliche Bebauung durch den Erwerber3.

1.771–1.799

Einstweilen frei.

F. Umsatzsteuer I. Steuerbefreiung von Grundstücksumsätzen – § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1.800

Die Lieferung eines im Inland belegenen Grundstücks durch einen Unternehmer ist ein steuerbarer Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Bei der Lieferung fällt im Regelfall jedoch keine Umsatzsteuer an, da nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG alle Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Umsatzsteuer befreit sind. 1. Umsätze, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen

1.801

Von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG werden die Umsätze erfasst, die unter § 1 GrEStG fallen. Hierzu gehören insbesondere folgende Rechtsvorgänge: – Verpflichtungsgeschäfte (Kaufverträge), die den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG); – die Auflassung, wenn kein anderes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG); – Eigentumsübertragung kraft Gesetz oder behördlicher oder gerichtlicher Anordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG); 1 BFH v. 22.1.2003 – II R 32/01, BStBl. II 2003, 526 = DB 2003, 1308 = ZfIR 2003, 567. 2 BFH v. 25.4.2007 – II R 18/05, BStBl. II 2007, 726 = DB 2007, 1681 = ZfIR 2008, 307. 3 Vgl. BFH v. 14.1.1976 – II R 149/74, BStBl. II 1976, 347 = MittBayNot 1977, 31.

212

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.803 Kap. 1

– das Meistgebot (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) im Zwangsversteigerungsverfahren; – die Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot, aus einem Kaufangebot, die Abtretung eines Übereignungsanspruchs (§ 1 Abs. 5, 6, 7 GrEStG); – die Verschaffung der Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG); – die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten1; – die unentgeltliche Wertabgabe von Grundstücken (§ 3 Abs. 1b UStG)2; – die Veräußerung eines Miteigentumsanteils (s. Rz. 1.802); – Lieferung von Bauten auf fremdem Grund und Boden (s. Rz. 1.804). Die vom GrEStG erfassten Änderungen im Gesellschafterbestand von Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a, 3 GrEStG) fallen hingegen unter § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Zu beachten ist, dass das Umsatzsteuergesetz grundsätzlich an die Übereignung (Erfüllungsgeschäft) anknüpft, wohingegen das GrEStG grundsätzlich auf das Verpflichtungsgeschäft abstellt. 2. Veräußerung eines Miteigentumsanteils Nach allgemeiner Verwaltungsauffassung stellt die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Gegenstand grundsätzlich eine sonstige Leistung dar3. Nach diesem Verständnis kann die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück eigentlich nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG fallen.

1.802

Gleichwohl gilt etwas anderes bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück. So hat der EuGH in der Rechtssache Centralan Property4 entschieden, dass die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück eine Lieferung ist. Dieser Ansicht hat sich mittlerweile auch die deutsche Rechtsprechung5 und die Finanzverwaltung6 angeschlossen. Insoweit fällt die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück nach neuer Rechtsauffassung unter die Steuerbefreiung für Grundstückslieferungen. Der Miteigentumsanteil stellt dabei ein eigenständiges Lieferobjekt dar.

1.803

1 Vgl. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = UR 1989, 18 m. Anm. Giesberts. 2 Vgl. BFH v. 2.10.1986 – V R 91/78, BStBl. II 1987, 44 = UR 1987, 14 m. Anm. Weiss. 3 Vgl. Abschn. 3.5 Abs. 3 Nr. 2 UStAE. Der BFH hat seine Rechtsprechung allerdings mit dem Urteil v. 18.2.2016 – V R 53/14, UR 2016, 436 m. Anm. Küffner = DStR 2016, 869 geändert und entschieden, dass die Veräußerung des Miteigentumsanteils an einer Sache (Buch) Gegenstand einer Lieferung sein kann. 4 EuGH v. 15.12.2005 – Rs. C-63/04 – Centralan Property, UR 2006, 418. 5 Vgl. BFH v. 6.9.2007 – V R 41/05, BStBl. II 2008, 65 = UR 2007, 858; v. 22.11.2007 – V R 5/06, BStBl. II 2008, 448 = UR 2008, 255. 6 Vgl. Abschn. 4.9.1 Abs. 2 Nr. 2 UStAE.

Küffner

213

Kap. 1 Rz. 1.804 Steuerorientierte Immobilienübertragung

3. Bauten auf fremdem Grund und Boden

1.804

Nach zivilrechtlichem Verständnis (§§ 946, 95 BGB) wird der Eigentümer eines Grundstücks stets auch Eigentümer eines auf seinem Grundstück errichteten Gebäudes. Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempfänger bei der Errichtung des Gebäudes ist hingegen der Besteller des Bauwerks, d.h. derjenige, der die den Leistungen zugrunde liegenden Aufträge im eigenen Namen erteilt hat und somit zivilrechtlich Vertragspartner der Leistenden ist1. Ist der Besteller nicht identisch mit dem Grundstückseigentümer, liegt ein sog. Gebäude auf fremdem Grund und Boden vor. Die Finanzverwaltung hat zu dieser Thematik ausführlich mit Schreiben vom 23.7.19862 Stellung genommen. Dieses Schreiben hat heute noch Gültigkeit3.

1.805

Liefert der Besteller eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden das Gebäude an den Grundstückseigentümer, kann diese Lieferung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei sein. Denn nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG sind Gebäude auf fremdem Grund und Boden den Grundstücken gleichgestellt. Zu beachten ist jedoch, dass eine Weiterlieferung des Gebäudes unmittelbar nach dessen Errichtung nicht grunderwerbsteuerbar und deshalb umsatzsteuerpflichtig ist4.

1.806

Voraussetzung einer steuerfreien Lieferung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist folglich, dass dem Besteller nach der Errichtung – zumindest zeitweise – Substanz, Wert und Ertrag am Gebäude zustehen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass es erst zu einer – ggf. steuerfreien – Lieferung an den Grundstückseigentümer kommt, wenn dieser die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die wirtschaftliche Substanz des Gebäudes erhält5. Auf den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums nach §§ 946, 95 BGB oder des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 AO kommt es hingegen nicht an.

1.807

Beispiel6: M mietet von V ein Grundstück für acht Jahre und lässt auf diesem eine Lagerhalle für sein Unternehmen errichten. Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Lagerhalle ist 30 Jahre. a) V ersetzt M die Kosten der Halle und berechnet M im Gegenzug eine angemessene Miete für die Nutzung der Halle. b) M ist verpflichtet die Halle nach Beendigung des Mietverhältnisses auf eigene Kosten abzureißen. c) Nach Ablauf der Mietzeit kann V die Lagerhalle gegen eine Entschädigung übernehmen oder auf deren Beseitigung bestehen. In Variante a) kommt es zur sofortigen Weiterlieferung der Halle, da sofort nach der Errichtung Substanz, Wert und Ertrag auf V übergehen. Die Lieferung ist grunderwerbsteuerfrei 1 Vgl. BFH v. 13.9.1984 – V B 10/84, BStBl. II 1985, 21; BMF v. 23.7.1986 – IV A 2 - S 7100 - 76/86. 2 BMF v. 23.7.1986 – IV A 2 - S 7100 - 76/86, BStBl. I 1986, 432. 3 Vgl. Abschn. 4.9.1 Abs. 2 Nr. 3 UStAE. 4 Vgl. BMF v. 23.7.1986 – IV A 2 - S 7100 - 76/86, BStBl. I 1986, 432. 5 Vgl. BFH v. 6.12.1979 – V R 87/72, BStBl. II 1980, 279. 6 Beispiele nach BMF v. 23.7.1986 – IV A 2 - S 7100 - 76/86.

214

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.810 Kap. 1

und umsatzsteuerpflichtig. In Variante b) kommt es nicht zur Lieferung des Gebäudes an V. Das Gebäude gilt aufgrund der Vereinbarung nach § 95 Abs. 2 BGB nur als vorübergehend mit dem Grundstück verbunden. In Variante c) kommt es nach Ablauf des Mietverhältnisses zu einer umsatzsteuerfreien Lieferung des Gebäudes an V, wenn dieser das Gebäude übernimmt.

4. Grundstück i.S.d. UStG (GuB & Gebäude) Der Grundstücksbegriff nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestimmt sich grundsätzlich nach § 2 GrEStG. Grundstücke sind hiernach Grundstücke i.S.d. Zivil- bzw. Grundbuchrechts, d.h. durch amtliche Vermessung bestimmte räumlich abgrenzbare Teile der Erdoberfläche1. Der umsatzsteuerrechtliche Grundstücksbegriff ist jedoch nicht identisch mit dem grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff. Denn das Umsatzsteuerrecht ist autonom i.S.d. Unionsrechts und nicht i.S.d. nationalen Gesetze auszulegen2.

1.808

Geht man dennoch vom grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff aus, gilt als Grundstück, was auf einem gesonderten Grundbuchblatt geführt wird3. Einzelne Flurnummern bilden dagegen keine eigenen Grundstücke. Denn mehrere Flurnummern können auf einem Grundbuchblatt zu einem zivilrechtlichen Grundstück vereinigt werden. Da allerdings auch die Grundstücke mehrerer Grundbuchblätter auf einem Grundbuchblatt zu einem einzigen zivilrechtlichen Grundstück vereinigt werden können4, kann umsatzsteuerrechtlich auch dann von der Lieferung eines Grundstücks auszugehen sein, wenn zivilrechtlich mehrere Grundstücke (mehrere Grundbuchblätter) übertragen werden. Dies folgt insoweit auch aus dem unionsrechtlichen Grundsatz, dass einheitliche wirtschaftliche Vorgänge nicht künstlich in mehrere Leistungen aufgespalten werden dürfen5.

1.809

Zum Grundstück gehören neben dem Grund und Boden auch die aufstehenden Gebäude und Bauwerke6. Das Gebäude umfasst dabei alle integralen Bestandteile, durch die das Gebäude unvollständig wäre7. Grund und Boden und Gebäude bilden einen einheitlichen Gegenstand8. Grund und Boden und aufstehende Gebäude teilen folglich das gleiche umsatzsteuerrechtliche Schicksal. Nur in Ausnahmefäl-

1.810

1 Vgl. in Münchener Kommentar/Kohler7, Vor §§ 873 ff. BGB Rz. 1. 2 Vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, § 3 UStG Rz. 570 – Lfg. Juli 2013; EuGH v. 6.2.2003 – Rs. C-185/01 – Auto Lease Holland, UR 2003, 137. 3 Vgl. Kohler in Münchener Kommentar7, Vor §§ 873 ff. BGB Rz. 3. 4 Vgl. Kohler in Münchener Kommentar7, Vor §§ 873 ff. BGB Rz. 3. 5 Vgl. EuGH v. 27.10.2005 – Rs. C-41/04 – Levob Verzekeringen und OV Bank, UR 2006, 20, Tz. 22; v. 27.6.2013 – Rs. C-155/12 – RR Donnelley, UR 2013, 708, Tz. 21. 6 Vgl. Art. 13b Buchst. b des Entwurfs zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 vom 18.12.2012 (COM(2012) 763 final). 7 Vgl. Art. 13b Buchst. c und des Entwurfs zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 vom 18.12.2012 (COM(2012) 763 final). 8 Vgl. EuGH v. 8.6.2000 – Rs. C-400/98 – Breitsohl, BStBl. II 2003, 452, Tz. 50.

Küffner

215

Kap. 1 Rz. 1.811 Steuerorientierte Immobilienübertragung

len sind Grund und Boden und aufstehende Gebäude als getrennt voneinander zu betrachten1.

1.811

Ausgehend vom grunderwerbsteuerrechtlichen Grundstücksbegriff gelten umsatzsteuerrechtlich auch Erbbaurechte sowie Gebäude auf fremdem Grund und Boden als Grundstücke. Der Grundstücksbegriff umfasst ferner Bruchteils-, Wohn- und Teileigentum. Im Gegensatz zum Zivilrecht gehören das Zubehör, sog. Scheinbestandteile sowie Maschinen und Betriebsvorrichtungen2 nicht zu den Grundstücken, es sei denn, die Maschinen und Anlagen sind derart mit dem Grundstück verbunden, dass sie nicht bewegt werden können, ohne dass das Gebäude zerstört oder verändert wird3. Ebenfalls nicht als Grundstück im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sind bestimmte, mit dem Grundstück verbundene Rechte4 anzusehen. Für diese Gegenstände und Rechte gilt die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG somit nicht.

1.812

Umsatzsteuerrechtliche Nebenleistungen teilen demgegenüber das Schicksal der Hauptleistung5, auch wenn sie grunderwerbsteuerrechtlich vom Grundstücksbegriff nicht erfasst werden. Nebenleistungen sind folglich Bestandteil der steuerfreien Grundstückslieferung i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Umgekehrt ist die Bebauungsverpflichtung nicht Bestandteil der steuerfreien Grundstückslieferung, wenn der Grundstücksverkäufer und der Bauunternehmer personenverschieden sind6. Grunderwerbsteuerrechtlich handelt es sich dagegen um den Verkauf eines bebauten Grundstücks7. Der umsatzsteuerrechtliche Grundstücksbegriff ist folglich nicht deckungsgleich mit dem grunderwerbsteuerrechtlichen Grundstücksbegriff.

II. Option 1.813

Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer bei der Lieferung eines Grundstücks an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen auf die Steuerbefreiung

1 Vgl. Abschn. 15.2c Abs. 11 Satz 5 UStAE. 2 Vgl. zur Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen von Gebäudebestandteilen: Erlasse der obersten Finanzbehörden v. 15.3.2006, BStBl. I 2006, 314. 3 Vgl. Art. 13b Buchst. d und des Entwurfs zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 vom 18.12.2012 (COM(2012) 763 final). 4 U.a. Gewerbeberechtigungen, Brennrechte, das Recht auf Erbbauzins oder ein Anspruch auf Brandentschädigung. 5 Die Lieferung eines mit einem zum Abriss bestimmten Gebäude bebauten Grundstücks gilt umsatzsteuerrechtlich als Lieferung eines unbebauten Grundstücks, vgl. EuGH v. 19.11.2009 – Rs. C-461/08 – Don Bosco, UR 2010, 25. 6 Vgl. BFH v. 7.2.1991 – V R 53/85, BStBl. II 1991, 737 = UR 1991, 260; BFH v. 10.9.1992 – V R 99/88, BStBl. II 1993, 316 = UR 1993, 55; BFH v. 27.10.1999 – II R 17/99, BStBl. II 2000, 34; ein einheitlicher steuerfreier Umsatz liegt hingegen bei Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft vor, vgl. BFH v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256 = GmbHR 2009, 163 = UR 2009, 344 m. Anm. Straub. 7 Vgl. BFH v. 27.10.1999 – II R 17/99, BStBl. II 2000, 34.

216

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.817 Kap. 1

für Grundstückslieferungen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG verzichten (sog. Option). Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 UStG kommt bei Grundstücksübertragungen nicht zur Anwendung. 1. Hintergrund Hintergrund der Option ist die Tatsache, dass die Steuerbefreiung im Umsatzsteuerrecht nicht in allen Fällen steuerlich vorteilhaft ist. Denn mit der Steuerbefreiung geht auch die Versagung des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG einher. Bei Lieferungen an andere Unternehmer wirkt sich dies nachteilig aus, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:

1.814

Beispiel: V errichtet auf seinem Betriebsgrundstück im Jahr 2010 ein Gebäude für 1.000 zzgl. 190 Umsatzsteuer, das er ausschließlich für seinen Handwerksbetrieb nutzt. V macht in voller Höhe den Vorsteuerabzug geltend. Im Jahr 2014 veräußert V das Grundstück samt aufstehendem Gebäude an Unternehmer K für 1.500. K nutzt das Gebäude ebenfalls im Rahmen seines Handwerksbetriebs. Veräußert V das Grundstück steuerfrei an K, muss V den Vorsteuerabzug nach § 15a UStG für sechs Jahre (60 % = 114) rückgängig machen. V muss die Vorsteuern an das Finanzamt abführen, so dass die Vorsteuern bei V letztlich Aufwand darstellen. Diesen Aufwand wird V beim Verkaufspreis berücksichtigen. Der Verkaufspreis erhöht sich folglich um 114 auf 1.614. Optiert V dagegen zur Steuerpflicht, bleibt ihm der Vorsteuerabzug in voller Höhe erhalten. Der Verkaufspreis beträgt in diesem Fall 1.500. Zwar schuldet K hierauf nach § 13b UStG die Umsatzsteuer i.H.v. 285. Diese Steuer kann K jedoch in voller Höhe als Vorsteuer abziehen. Effektiv bleibt es für K somit bei einem Kaufpreis von 1.500. Durch die Option verringert sich der Kaufpreis für K um 114.

1.815

2. § 9 Abs. 1 UStG – Ausübung und Umfang der Option Die Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG besteht für alle in- und ausländischen Unternehmer, mit Ausnahme der Kleinunternehmer, der Durchschnittssatzbesteuerer und der pauschalierenden Land- und Forstwirte. Die Option setzt weiter voraus, dass das Grundstück an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen geliefert wird (zur Frage, wann ein Gegenstand für das Unternehmen des Empfängers geliefert wird, siehe Rz. 1.826 ff.). Empfangender Unternehmer kann auch ein Kleinunternehmer, Durchschnittssatzbesteuerer oder ein pauschalierender Land- und Forstwirt sein.

1.816

Der Verkäufer trägt bei der Option stets das Risiko, dass sich nachträglich herausstellt, dass der Abnehmer tatsächlich kein Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für sein Unternehmen verwendet. In diesem Fall droht beim Verkäufer eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG, die zu zusätzlichen Kosten beim Verkäufer führt. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Aufnahme einer Garantieerklärung des Käufers in den notariellen Kaufvertrag, mit der dieser zusichert, Unternehmer zu sein und das Grundstück (anteilig) für sein Unternehmen zu erwerben (zur zivilvertragli-

1.817

Küffner

217

Kap. 1 Rz. 1.818 Steuerorientierte Immobilienübertragung

chen Regelung siehe Rz. 1.819, 1.840). Sollte sich später herausstellen, dass der Käufer entgegen seiner Angabe kein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Es empfiehlt sich zudem, dass auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs und evtl. anfallender Zinsen bereits im Rahmen einer sog. Steuerklausel im notariellen Vertrag mitgeregelt werden.

1.818

Der Umfang der Option bestimmt sich durch den Verweis auf die Steuerbefreiung für Grundstücksumsätze (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; zum Umfang siehe Rz. 1.808). Nur soweit die Grundstückslieferung grundsätzlich steuerfrei ist, bedarf es auch der Möglichkeit zur Option. Insoweit hat die Option keine Auswirkungen auf ggf. mitverkauftes Inventar, da dieses von der Steuerbefreiung nicht mit umfasst ist. 3. § 9 Abs. 3 UStG – Formvorschriften

1.819

Die Option muss nach § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG in dem notariell zu beurkundenden Grundstückskaufvertrag i.S.d. § 311b Abs. 1 BGB erklärt werden. Ausgenommen hiervon ist ein Verkauf im Zwangsversteigerungsverfahren. Eine gesonderte Erklärung gegenüber dem Finanzamt ist hingegen nicht erforderlich. Insoweit genügt grundsätzlich das schlüssige Verhalten der Beteiligten1. Aufgrund der Einführung des Übergangs der Steuerschuld auf den Grundstückserwerber nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG (zur Steuerschuldnerschaft siehe Rz. 1.874 ff.), kann die Option für Umsätze nach dem 31.3.2004 jedoch nicht mehr durch offenen Ausweis der Umsatzsteuer ausgeübt werden. Der Verzicht kann folglich nur durch ausdrückliche Erklärung im notariellen Kaufvertrag erfolgen. Der BFH hat in dem Urteil vom 21.10.20152 entschieden, dass bei Grundstückslieferungen aufgrund des Wortlautes des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG die Optionserklärung „in dem“ nach § 311b Abs. 1 BGB zu beurkundenden Vertrag zu erklären sei. Der Wortlaut beschränke damit die Optionsmöglichkeit auf deren Erklärung im originären Vertrag. Selbst die zivilrechtliche Möglichkeit, diesen Vertrag anzupassen, führe nicht zu einer nachträglichen Optionsmöglichkeit. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzesbegründung folgend soll der Zeitpunkt des notariellen Kaufvertragsabschlusses der letztmögliche Zeitpunkt für die Optionserklärung sein3. Zudem sei der Leistungsempfänger wegen der Steuerschuld nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG schutzbedürftig. Eine wirksame Option zur Steuerpflicht ist nach Auffassung des BFH daher ausschließlich im originären notariellen Übertragungsvertrag möglich. Insofern hat der BFH auch entgegen der bisher durch die Finanzverwaltung vertretenen Ansicht entschieden4. Die Finanzverwaltung hat diese Entscheidung inzwischen veröffentlicht und

1 2 3 4

Vgl. BFH v. 11.7.2012 – XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266. BFH v. 21.10.2015 – XI R 40/13, UR 2016, 107. Siehe Haushaltsbegleitgesetz 2004, BR-Drucks. 583/10, 12. Siehe BMF v. 31.3.2004, BStBl. I 2004, 453, Ziff. I Rz. 4: „Bei anderen – nach dem 31. Dezember 2003 ausgeführten – Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, ist die Option zwingend im notariell zu beurkunden Vertrag [§ 311b BGB] oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung zu erklären.“

218

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.826 Kap. 1

schließt sich der Rechtsprechung des BFH an.1 Die Entscheidung des BFH vom 21.10.20152 bedeutet für Steuerpflichtige, die Immobilienverkäufe ausführen, eine Verschärfung. Der Verzicht muss grundsätzlich vom jeweiligen Unternehmer erklärt werden. Bei Miteigentümergemeinschaften muss folglich jeder einzelne Unternehmer die Option erklären.

1.820

4. Zeitpunkt der Optionsausübung – Nachträgliche Option und Widerruf Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG ist die Option bei der Veräußerung eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig. Im Umkehrschluss folgert die h.M. daraus, dass die Option bei Lieferungen außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens solange möglich sein soll, wie der Steuerbescheid noch änderbar ist3. Die Parteien konnten somit bislang auch noch Jahre später die Option ausüben.

1.821

1.822–1.823

Einstweilen frei.

An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der BFH sich nicht eindeutig dazu äußert, ob die entwickelten Grundsätze zur Verzichtserklärung (dazu Rz. 1.819) auch für den Widerruf der Option greifen. Die Finanzverwaltung hat sich inzwischen jedoch klar positioniert. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Entscheidung des BFH vom 21.10.20154 auch auf Widerrufserklärungen übertragbar5. Damit ist ein Widerruf faktisch nahezu ausgeschlossen.

1.824

Einstweilen frei.

1.825

5. Verwendungsabsicht Lieferung „für das Unternehmen“ i.S.d. § 9 Abs. 1 UStG bedeutet, dass der Leistungsempfänger das Grundstück seinem Unternehmen zuordnen (können) muss. Maßgeblich für die Zuordnungsentscheidung sind die Kriterien des § 15 Abs. 1 Nr. 1

1 Siehe BMF v. 2.8.2017, BStBl. I 2017, 1240 mit weiteren Hinweisen zur zeitlichen Anwendbarkeit; Abschn. 9.2. Abs. 9 Satz 1 f. UStAE. 2 BFH v. 21.10.2015 – XI R 40/13, UR 2016, 107. 3 Vgl. Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, § 9 UStG Rz. 82 – Lfg. Juni 2016; Bunjes/Heidner 16, § 9 UStG Rz. 26; Schüler-Täsch in Rau/Dürrwächter, § 9 UStG Rz. 105 – Lfg. Juni 2016; Stöcker in Küffner/Stöcker/Zugmaier, § 9 UStG Rz. 377 – Lfg. März 2016; BFH v. 2.4.1998 – V R 34/97, BStBl. II 1998, 695 = UR 1998, 349 m. Anm. Stadie; v. 19.12.2013 – V R 6/12, UR 2014, 572 = DB 2014, 1354, und V R 7/12, UR 2014, 579 = DStR 2014, 1104 = DB 2014, 1469; v. 21.10.2015 – XI R 40/13, UR 2016, 107; ebenso noch Richtlinie 148 Abs. 3 der UStR 2008. 4 BFH v. 21.10.2015 – XI R 40/13, UR 2016, 107 5 Siehe BMF v. 2.8.2017, BStBl. I 2017, 1240 mit weiteren Hinweisen zur zeitlichen Anwendbarkeit; Abschn. 9.2. Abs. 9 Satz 3 UStAE.

Küffner

219

1.826

Kap. 1 Rz. 1.827 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Satz 1 UStG1. Hiernach kommt es auf die Verwendungsabsicht des Leistungsempfängers im Bezugszeitpunkt an.

1.827

Die Zuordnung setzt grundsätzlich eine unternehmerische Verwendung voraus2. Tritt neben die unternehmerische Nutzung auch eine nichtunternehmerische Nutzung, hängt die Zuordnungsmöglichkeit von der Art der nichtunternehmerischen Nutzung ab. Bei einer nichtunternehmerischen Nutzung i.e.S. (z.B. Bezug für den hoheitlichen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder für den ideellen Bereich eines gemeinnützig tätigen Vereins)3, ist insoweit eine Zuordnung ausgeschlossen4. Bei teilweiser unternehmensfremder (privater) Nutzung (z.B. für den privaten Bedarf des Personals bzw. des Unternehmers)5 besteht hingegen ein Zuordnungswahlrecht. Der Gegenstand kann vollständig, oder anteilig in Höhe der unternehmerischen Nutzung zugeordnet werden6. Soweit das Grundstück dem Unternehmen nicht zugeordnet wird oder werden kann, ist eine Option ausgeschlossen (zur Teiloption s. Rz. 1.830 ff.).

1.828

Die Option ist vollständig ausgeschlossen, wenn der Gegenstand bei gemischter Nutzung nicht mindestens zu 10 % unternehmerisch genutzt wird. In diesem Fall gilt die Lieferung gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nie als für das Unternehmen des Erwerbers ausgeführt7.

1.829

Die Zuordnung erfordert eine nach außen gerichtete Dokumentation der Zuordnungsentscheidung durch den Käufer. Die Zuordnung ergibt sich dabei regelmäßig aus der Höhe des vom Käufer geltend gemachten Vorsteuerabzugs8. Kann aus dem geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht auf den Anteil der Zuordnung geschlossen werden, muss der Käufer einer Immobilie eine schriftliche Erklärung über den Umfang der Zuordnung gegenüber dem Finanzamt abgeben9. Die Zuordnung muss der Käufer bis zum 31. Mai des Folgejahres (gesetzliche Abgabefrist für Steuererklärungen) dokumentieren, andernfalls kann nicht von einer Zuordnung zum Unternehmen ausgegangen werden10. Vor diesem Hintergrund ist es zu empfehlen, dass der Käufer bereits im notariellen Kaufvertrag die vollständige oder teilweise Zuordnung zu seinem Unternehmen erklärt.

1 Vgl. zur Frage der Zuordnungsmöglichkeit BMF v. 2.1.2014 – IV D 2-S 7300/12/10002:001, BStBl. I 2014, 119. 2 Vgl. BFH v. 3.3.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74 = UR 2011, 617 m. Anm. Küffner; v. 19.7.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430 = UR 2012, 238. 3 Vgl. zum Begriff Abschn. 2.3 Abs. 1a Satz 4 UStAE. 4 Vgl. BFH v. 3.3.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74 = UR 2011, 617 m. Anm. Küffner; v. 19.7.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430 = UR 2012, 238. 5 Vgl. zum Begriff Abschn. 2.3 Abs. 1a Satz 3 UStAE. 6 Vgl. BFH v. 3.3.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74 = UR 2011, 617 m. Anm. Küffner; v. 19.7.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430 = UR 2012, 238. 7 Vgl. BMF v. 2.1.2014 – IV D 2-S 7300/12/10002:001, BStBl. I 2014, 119. 8 Vgl. BMF v. 2.1.2014 – IV D 2-S 7300/12/10002:001, BStBl. I 2014, 119. 9 Vgl. BMF v. 2.1.2014 – IV D 2-S 7300/12/10002:001, BStBl. I 2014, 119. 10 Vgl. BMF v. 2.1.2014 – IV D 2-S 7300/12/10002:001, BStBl. I 2014, 119.

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Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.832 Kap. 1

6. Teiloption Dem Unternehmer steht es beim Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst a UStG frei, zu bestimmen, in welchem Umfang er sein Optionsrecht ausübt1. Wird die Option nicht für den gesamten Umsatz (sog. Gesamtoption) erklärt, sondern in ihrem Umfang begrenzt, spricht man von einer sog. Teiloption. Eine Teiloption wird im Normalfall erklärt, wenn der Erwerber aufgrund einer gemischten Nutzung des Grundstücks nur zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine gemischte Nutzung liegt vor, wenn der Erwerber das Grundstück nur teilweise für wirtschaftliche Tätigkeiten nutzt, oder wenn er sowohl Ausschluss- als auch Abzugsumsätze tätigt. Durch die Teiloption wird in diesen Fällen eine Belastung des Käufers mit Umsatzsteuer vermieden.

1.830

Beispiel: Unternehmer U verkauft ein zu seinem Unternehmen gehörendes Haus mit zwei gleich großen Stockwerken an K. K beabsichtigt, das Erdgeschoss steuerpflichtig an eine Rechtsanwaltskanzlei und das OG steuerfrei an einen Arzt zu vermieten. Als Kaufpreis vereinbaren die Parteien netto 1.000. K erwirbt das Grundstück für sein Unternehmen und ordnet es vollständig seinem Unternehmen zu. U kann folglich im notariellen Kaufvertrag erklären, dass er auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Verzichtet er für den gesamten Umsatz auf die Steuerbefreiung, schuldet K Umsatzsteuer i.H.v. 190. Hiervon kann er lediglich 95 (50 %) als Vorsteuer abziehen. Hinsichtlich der restlichen 95 bleibt K nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit der Vorsteuer belastet. Optiert U hingegen nur zu 50 % zur Umsatzsteuer, kann K die geschuldete Umsatzsteuer i.H.v. 95 in voller Höhe als Vorsteuer abziehen. Zu einer endgültigen Belastung mit Umsatzsteuer kommt es bei K nicht.

1.831

Die Teiloption hat ihre Ursache zwar regelmäßig in den Nutzungsverhältnissen des Käufers bzw. Abnehmers. Gleichwohl kann der Leistende auch eine von den Nutzungsverhältnissen des Käufers unabhängige bzw. abweichende Teiloption erklären2. Im Beispiel könnte U folglich auch zu 30 % oder 70 % zur Umsatzsteuer optieren. Zu beachten ist jedoch, dass die Teiloption nach räumlichen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Inwieweit eine rein quotale Aufteilung zulässig ist, ist umstritten3. Sie sollte bei der Lieferung von Grundstücken jedoch zulässig sein4.

1.832

1 Vgl. BFH v. 26.6.1996 – XI R 43/90, BStBl. II 1997, 98 = UR 1996, 425 m. Anm. Widmann. 2 Vgl. BFH v. 26.6.1996 – XI R 43/90, BStBl. II 1997, 98 = UR 1996, 425 m. Anm. Widmann. 3 Ablehnend: vgl. Abschn. 9.1 Abs. 6 Satz 3 UStAE; Nieuwenhuis in Offerhaus/Söhn/Lange, § 9 UStG Rz. 40 – Lfg. Feb. 2014; zustimmend Küffner/Zugmaier in FS Spiegelberger zum 70. Geburtstag; Lippross, Umsatzsteuer24, S. 768; Wenzel in Sölch/Ringleb, § 9 UStG Rz. 65 ff. – Lfg. Juli 2013; teilweise zustimmend Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, § 9 UStG Rz. 26.2 – Lfg. Okt. 2011. 4 Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BFH bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes für den Vorsteuerabzug – im Gegensatz zu den Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung – nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen. Insoweit kommt es grundsätzlich vielmehr auf die prozentualen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an, sog.

Küffner

221

Kap. 1 Rz. 1.833 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.833

Beispiel: Unternehmer U verkauft eine zu seinem Unternehmen gehörende Immobilie an den Arzt A. A beabsichtigt die Immobilie sowohl für seine Tätigkeit als Allgemeinmediziner als auch für Schönheitsoperationen zu verwenden. 40 % der Ausgangsumsätze des A stammen aus umsatzsteuerpflichtigen Schönheitsoperationen. Als Kaufpreis vereinbaren die Parteien netto 1.000. A erwirbt das Grundstück für sein Unternehmen und ordnet es vollständig seinem Unternehmen zu. U kann folglich im notariellen Kaufvertrag erklären, dass er auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Verzichtet er für den gesamten Umsatz auf die Steuerbefreiung, schuldet A Umsatzsteuer i.H.v. 190. Hiervon kann er lediglich 76 (40 %) als Vorsteuer abziehen. Hinsichtlich der restlichen 114 bleibt A nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit der Vorsteuer belastet. Optiert U hingegen nur zu 40 % zur Umsatzsteuer, kann A die geschuldete Umsatzsteuer i.H.v. 76 in voller Höhe als Vorsteuer abziehen.

1.834

Eine Teiloption sollte zudem auch dann zulässig sein, wenn im Zeitpunkt der Optionsausübung noch nicht eindeutig feststeht, für welche Flächen die Option erfolgt1. Steht beispielsweise im Zeitpunkt des Kaufvertrages fest, dass der Käufer das Grundstück teilweise steuerpflichtig und steuerfrei vermietet, sollte es zulässig sein, die Option auf die Flächen zu beschränken, die steuerfrei vermietet werden.

1.835

Beispiel: V verkauft eine zu seinem Unternehmen gehörende Gewerbeimmobilie mit zwanzig gleichgroßen Räumlichkeiten an E. Als Kaufpreis vereinbaren die Parteien netto 1.000. E beabsichtigt die Räume an Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, und Versicherungen zu vermieten. Im Zeitpunkt des Kauvertrages stehen noch nicht alle Mieter fest. Es ist noch unklar, an wie viele Mieter E umsatzsteuerpflichtig bzw. umsatzsteuerfrei vermietet. V optiert im Kaufvertrag für den Anteil der steuerpflichtig vermieteten Flächen. Nachträglich stellt sich heraus, dass E vierzehn Räumlichkeiten steuerpflichtig vermieten kann. E schuldet aufgrund der Option die Umsatzsteuer aus dem Kauf der Immobilie i.H.v. 133. Diese Umsatzsteuer kann E zugleich als Vorsteuer abziehen.

1.836

Die Option hat grundsätzlich einheitlich für Gebäude oder Gebäudeteile und den zugehörigen Grund und Boden zu erfolgen (s.o. Rz. 1.808). Denn Grund und Boden und aufstehende Gebäude sind grundsätzlich als Einheit zu betrachten. Das heißt, durch eine Teiloption besteht im Regelfall nicht die Möglichkeit nur hinsichtlich der gelieferten Gebäude oder nur hinsichtlich des gelieferten Grund und Bodens zur Umsatzsteuer zu optieren. Durch die Teiloption kommt es vielmehr zu einer anteiligen steuerpflichtigen Lieferung der Gebäude sowie des zugehörigen Grund und Bodens. Eine getrennte Option ist nur dann möglich, wenn nur der Grund und Boden, oder nur das aufstehende Gebäude geliefert wird2.

objektbezogener Flächenschlüssel. Nur für den Fall, dass erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der bestehen, ist der sog. objektbezogene Umsatzschlüssel heranzuziehen; BFH v. 10.8.2016 – XI R 31/09, DStR 2016, 879; vorgehend EuGH v. 9.6.2016 – C- 332/14 „Wolfgang und Dr. Wilfried Rey“, DStR 2016, 1370. 1 Vgl. Küffner/Zugmaier, FS für Spiegelberger, 324. 2 Vgl. Lippros, Umsatzsteuer24, S. 767 f.

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Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.839 Kap. 1

Keine Teiloption liegt vor, wenn der Verkäufer ein Grundstück verkauft, das nur teilweise seinem Unternehmen zugeordnet ist. Denn der Verkauf des nicht dem Unternehmen zugeordneten Grundstücksteils ist bereits kein steuerbarer Umsatz. Insoweit steht dem Verkäufer auch keine Optionsmöglichkeit zu.

1.837

Bei ausgeübter Teiloption kommt § 15 Abs. 4 UStG regelmäßig nicht zur Anwendung1. Der Erwerber kann den steuerpflichtig veräußerten Teil direkt seinen vorsteuerunschädlichen Ausgangsleistungen zuordnen. Für den optierten Teil steht ihm folglich der volle Vorsteuerabzug zu.

1.838

7. Option gegenüber einer Bruchteilsgemeinschaft Ist Erwerber eines Grundstücks eine nichtunternehmerisch tätige Bruchteilsgemeinschaft, so sind die hinter der Gemeinschaft stehenden Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen2. Demgegenüber soll aus Sicht der Finanzverwaltung die Gemeinschaft Leistungsempfänger sein, wenn sie einem Gemeinschafter das Grundstück oder Teile des Grundstücks unentgeltlich zur Nutzung überlässt3. Gleichwohl steht auch aus Sicht der Finanzverwaltung dem jeweiligen Gemeinschafter anteilig der Vorsteuerabzug zu4. Um den Vorsteuerabzug vornehmen zu können, genügt es in diesem Fall, wenn nur der vollständige Name und die Anschrift der Gemeinschaft im Kaufvertrag bzw. der Rechnung angegeben sind5. Beispiel: V veräußert eine zu seinem Unternehmen gehörende Immobilie (Kanzleiräume) an Steuerberater S und Rechtsanwalt R. S und R erwerben Eigentum zu gleichen Teilen. S und R nutzen die Kanzleiräume jeweils für Besprechungen mit Mandanten. Als Kaufpreis vereinbaren die Parteien netto 1.000. Optiert V in voller Höhe zur Umsatzsteuer, schulden R und S jeweils anteilig 50 % der zu entrichtenden Umsatzsteuer von 190. Zugleich können R und S die anteilig geschuldete Steuer als Vorsteuer abziehen.

1 Vgl. Schäfer/Wiedeking, UStB 2008, 105; Radeisen, SteuK 2012, 261; Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, § 9 UStG Rz. 67 – Lfg. Juni 2016; Flues, RNotZ 2012, 528. 2 Vgl. BFH v. 1.10.1998 – V R 31/98, BStBl. II 2008, 497 = UR 1999, 36; v. 7.11.2000 – V R 49/99, BStBl. II 2008, 493 = UR 2001, 118; v. 1.2.2001 – V R 79/99, BStBl. II 2008, 495 = UR 2001, 251. 3 Vgl. BMF v. 1.12.2006 – IV A 5-S 7300–90/06, BStBl. I 2007, 90; v. 9.5.2008, – IV A 5-S 7300/07/0017, 2008/0228963, BStBl. I 2008, 675. 4 Vgl. Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 8 UStAE. 5 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – V R 31/91, BStBl. II 1994, 488 = UR 1994, 278 Rz. 17; v. 6.10.2005 – V R 40/01, BStBl. II 2007, 13 = UR 2003, 148 Rz. 33, 52; Abschn. 15.2a Abs. 3 Satz 8 UStAE.

Küffner

223

1.839

Kap. 1 Rz. 1.840 Steuerorientierte Immobilienübertragung

8. Musterklausel bei ausgeübter Option In Anlehnung an Zugmaier/Fietz, MittBayNot 2013, 427.

1.840

M6 Musterklausel bei ausgeübter Option Der Kaufpreis für das Grundstück samt aufstehender Gebäude (zusammen im Folgenden die Vertragsimmobilie) beträgt 1.500.000 a. Beim Kaufpreis handelt es sich um einen Nettokaufpreis. Die Parteien kommen darin überein, dass der Veräußerer gem. § 9 Abs. 1 UStG in vollem Umfang (hinsichtlich der im Bebauungsplan gekennzeichneten Flächen) auf die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG verzichtet. Der Veräußerer verpflichtet sich, den Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG nicht ohne schriftliche Zustimmung des Erwerbers zurückzunehmen. Bei Zuwiderhandlung haftet der Veräußerer dem Erwerber für den hierdurch entstandenen Schaden. Der Erwerber versichert, dass er Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist. Der Erwerber ordnet hiermit die Vertragsimmobilie vollständig seinem Unternehmen i.S.d. § 2 UStG zu. Der maßgebliche Steuersatz für die Lieferung der Vertragsimmobilie beträgt 19 %. Steuerschuldner aus dem Verkauf der Vertragsimmobilie ist der Erwerber (Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers) gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 UStG. Der Erwerber hat daher die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Die Steuernummer des Veräußerers lautet: 123/456/7890 Der auf das mitverkaufte Inventar entfallende Nettokaufpreis beträgt 150.000 a zzgl. gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer i.H.v. 28.500 a (Steuersatz = 19 %). Der Kaufpreis für die Vertragsimmobilie erhöht sich somit um insgesamt 178.500 a. Die Parteien kommen überein, dass es sich bei diesem Vertrag um eine Rechnung i.S.d. §§ 14, 14a UStG handelt. Der Erwerber kann den Vorsteuerabzug aus diesem Vertrag unmittelbar geltend machen. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass dieser Vertrag nicht den Vorgaben der §§ 14, 14a UStG entspricht, verpflichtet sich der Veräußerer dem Erwerber außerhalb dieser Urkunde unverzüglich eine den §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung zu erteilen. Die Rechnung ist hinsichtlich der Lieferung des Grundstücks ohne Steuerausweis und hinsichtlich des mitgelieferten Inventars unter Ausweis von 19 % deutscher Umsatzsteuer auszustellen. Die Parteien gehen einvernehmlich davon aus, dass die Übertragung der Vertragsimmobilie samt Inventar keine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG ist. Sollte später festgestellt werden, dass – entgegen der vorstehenden Annahme – eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, gilt das Folgende: Der Veräußerer wird gegenüber dem Erwerber die in § 15a Abs. 10 UStG vorgesehenen Angaben unverzüglich machen. Soweit diese Daten dem Erwerber nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Zugang der Mitteilung über die veränderte Beurteilung des Sachverhalts durch die Finanzverwaltung zugehen, stimmt der Verkäufer schon jetzt – unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO – einer Offenlegung dieser Daten durch die Finanzverwaltung gegenüber dem Erwerber zu. 224

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.843 Kap. 1

Die auf das Inventar entfallende und im Kaufpreis enthaltende Umsatzsteuer hat der Veräußerer dem Erwerber zu erstatten. Einen etwaigen Zinsschaden hat der Veräußerer dem Erwerber nicht zu ersetzen. Zur Sicherung des Anspruchs des Erwerbers tritt der Veräußerer bereits heute seinen Anspruch gegen das Finanzamt auf Erstattung der unrichtig in Rechnung gestellten Umsatzsteuer an den Erwerber ab. Der Erwerber stellt den Veräußerer von einer Haftung für Betriebssteuern nach § 75 AO frei. Dem Erwerber ist bekannt, dass er den Vorsteuerberichtigungszeitraum i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG nach § 15a Abs. 10 UStG fortsetzt. Soweit es beim Erwerber oder beim Veräußerer aufgrund der geänderten Beurteilung zu einer anteiligen Rückforderung von Vorsteuerbeträgen nach § 15a UStG kommt, ist die jeweils andere Partei nicht zum Ausgleich des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet.

III. Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG Die voranstehend dargestellten Probleme ergeben sich nicht, wenn es sich bei der Grundstückslieferung um eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG handelt. Denn Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung sind nach § 1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar. Der Erwerbende tritt in diesem Fall nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die (umsatzsteuerrechtliche) Stelle des Veräußerers. Das bedeutet, dass er den Vorsteuerberichtigungszeitraum des Veräußerers fortsetzt und der Berichtigungszeitraum durch die Veräußerung nicht unterbrochen wird (§ 15a Abs. 10 UStG). Infolgedessen kommt es beim Veräußerer zu keiner möglichen Vorsteuerberichtigung, wie sie ein steuerfreier Grundstückserkauf nach sich ziehen würde (s.o. Rz. 1.814). Zu beachten ist jedoch, dass es beim Erwerber zu Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG kommen kann. Nutzt der Erwerber das Grundstück nicht in gleicher Weise wie der Veräußerer, drohen dem Erwerber Vorsteuerberichtigungen, obwohl ihm der Vorsteuerabzug nicht zustand.

1.841

Beispiel: Unternehmer U schafft zum 1.1.2010 ein Grundstück samt aufstehendem Gebäude an. U vermietet das Gebäude zu 100 % steuerpflichtig. U macht den Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend. Zum 1.1.2014 veräußert U das Grundstück im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an den Unternehmer E. Dieser vermietet das Grundstück bis zum 31.12.2016 zu 100 % steuerpflichtig, ab dem 1.1.2017 jedoch ausschließlich steuerfrei. Infolge der Nutzungsänderung kommt es bei E zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG für den übrigen Vorsteuerberichtigungszeitraum von drei Jahren. E muss für jedes Jahr 10 % der ursprünglich von U geltend gemachten Vorsteuern an das Finanzamt zurückzahlen.

1.842

Es ist somit erforderlich, dass sich beide Parteien über das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Klaren sind, um die Folgen des Kaufs vollständig abschätzen zu können.

1.843

Küffner

225

Kap. 1 Rz. 1.844 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1. Voraussetzungen

1.844

Eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG liegt vor, wenn ein Unternehmer sein ganzes Unternehmen oder einen in der Gliederung seines Unternehmens gesondert geführten Betrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer überträgt. Zudem muss der Erwerber das Unternehmen oder den Betrieb des Veräußerers fortführen oder zumindest die Fortführung beabsichtigen1. Soweit der Erwerber das erworbene Unternehmen sofort abwickelt, liegt keine Geschäftsveräußerung vor2. Eine Fortführung des Unternehmens setzt dagegen nicht voraus, dass der Erwerber bereits vor dem Erwerb Unternehmer ist. Es genügt, wenn er im Zuge des Erwerbs seine unternehmerische Tätigkeit aufnimmt3. Auch setzt die Geschäftsveräußerung nicht voraus, dass die Tätigkeit des Veräußerers in identischer Form fortgeführt wird. Insoweit ist es unproblematisch, wenn der Erwerber das Unternehmen in seinem Zuschnitt ändert (z.B. indem er es in sein bestehendes Unternehmen integriert) oder modernisiert4. Entscheidend ist allein, dass sich die vom Veräußerer und Erwerber ausgeübten Tätigkeiten hinreichend ähneln5.

1.845

Damit der Erwerber das Unternehmen fortführen kann, ist es im Normalfall erforderlich, dass alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens oder Betriebs auf den Erwerber übergehen6. Gehen nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber über, kann dennoch eine Geschäftsveräußerung vorliegen. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen dem Erwerber zumindest langfristig zur Nutzung überlassen werden7. Von einer langfristigen Überlassung ist bereits auszugehen, wenn das zum Betrieb gehörende Grundstück im Anschluss an die Geschäftsveräußerung für acht Jahre an den Erwerber vermietet oder verpachtet wird8.

1.846

Entscheidend für die Annahme einer Geschäftsveräußerung ist folglich, dass die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, das dem Erwerber die Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit ermöglicht. So liegt regelmäßig keine Geschäftsveräußerung vor, wenn nur einzelne Wirtschaftsgüter (wie z.B. ein Warenbestand) übertragen werden9. Denn insoweit kann vom Erwerber im Normalfall keine wirtschaftliche Geschäftstätigkeit fortgesetzt werden.

1 Vgl. BFH v. 18.9.2008 – V R 21/07, BStBl. II 2009, 254 = UR 2009, 15. 2 Vgl. EuGH v. 27.11.2003 – Rs. C-497/01 – Zita Modes, UR 2004, 19; Abschn. 1.5 Abs. 1a Satz 2 UStAE. 3 Vgl. Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 1 UStAE. 4 Vgl. BFH v. 23.8.2007 – V R 14/05, BStBl. II 2008, 165. 5 Vgl. BFH v. 6.5.2010 – V R 25/09, BFH/NV 2010, 1873. 6 Vgl. BFH v. 4.7.2002 – V R 10/01, BStBl. II 2004, 662 = UR 2003, 16. 7 Vgl. BFH v. 28.11.2002 – V R 3/01, BStBl. II 2004, 665 = UR 2003, 135 = ErbStB 2003, 77. 8 Vgl. BFH v. 23.8.2007 – V R 14/05, BStBl. II 2008, 165. 9 Vgl. EuGH v. 27.11.2003 – Rs. C-497/01 – Zita Modes, UR 2004, 19.

226

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.850 Kap. 1

Ob im Einzelfall die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung vorliegen, lässt sich zumindest bei der Übertragung eines Unternehmens im Ganzen meist noch eindeutig feststellen. Schwieriger ist die Abgrenzung in den Fällen, in denen kein ganzes Unternehmen übertragen wird. Hier ist oftmals unklar, ob die übertragenen Wirtschaftsgüter bereits einen gesondert geführten Betrieb bilden, oder ob es sich nur um die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern handelt. Von diesen Schwierigkeiten zeugt auch die Vielzahl an Einzelfallentscheidungen zur Frage der Geschäftsveräußerung1.

1.847

2. Übertragung von Grundstücken als Geschäftsveräußerung im Ganzen Ungeachtet der voranstehend aufgezeigten Schwierigkeiten bei der Feststellung, ob eine Übertragung von Wirtschaftsgütern den Tatbestand der Geschäftsveräußerung erfüllt, haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung zumindest für den Bereich der Grundstücksübertragungen praktikable Abgrenzungskriterien gefunden. Gleichwohl besteht auch für Grundstücksumsätze eine umfangreiche Kasuistik, die sich durch allgemeine Regeln und Ausnahmen für Sonderfälle auszeichnet.

1.848

Generell gilt jedoch, dass die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks als Geschäftsveräußerung anzusehen ist, wenn der Erwerber in die Miet- oder Pachtverträge eintritt2. Der Erwerber übernimmt in diesem Fall ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen, das er ohne größeren Aufwand fortführen kann. Dies gilt in gleicher Weise für die Übertragung eines Erbbaurechts, wenn der Erwerber die bestehenden Miet- oder Pachtverträge über die aufstehenden Gebäude übernimmt3. Umgekehrt liegt bei der Übertragung eines weder vermieteten noch verpachteten Grundstücks im Regelfall keine Geschäftsveräußerung vor4. Dies gilt auch für den Fall, das die bestehenden Miet- oder Pachtverhältnisse nicht auf den Erwerber übergehen5. In Ausnahmefällen liegt aber auch eine Geschäftsveräußerung vor, wenn die bestehenden Mietverträge nicht übernommen werden6. Denn entscheidend ist allein, ob der Veräußerer ein Vermietungsunternehmen betreibt, das der Erwerber fortführt oder fortzuführen beabsichtigt7.

1.849

Aus diesem Grund liegt keine Geschäftsveräußerung vor, wenn der Erwerber des Grundstücks die Vermietungstätigkeit nicht fortsetzen kann. Veräußert z.B. der Eigentümer ein Grundstück an seinen Mieter, kann dieser die Vermietungstätigkeit

1.850

1 Vgl. hierzu die zitierte Rechtsprechung bei Nieskens in Rau/Dürrwächter, § 1 UStG Rz. 1235 ff. – Lfg. Juli 2016; bei Bunjes/Robisch 16, § 1 UStG Rz. 120 ff.; und bei Oelmaier in Sölch/Ringleb, § 1 UStG Rz. 181 ff. – Lfg. April 2014. 2 Vgl. BFH v. 1.4.2004 – V B 112/03, BStBl. II 2003, 802 = UR 2004, 417; OFD Karlsruhe v. 28.2.2012 – S 7100b Karte 1. 3 Vgl. BFH v. 19.12.2012 – XI R 38/10, BStBl. II 2013, 1053 = UR 2013, 494. 4 Vgl. BFH v. 11.10.2007 – V R 57/06, BStBl. II 2008, 447 = UR 2008, 182; Abschn. 1.5 Abs. 2 Satz 1 UStAE. 5 Vgl. BFH v. 11.10.2007 – V R 57/06, BStBl. II 2008, 447 = UR 2008, 182. 6 Vgl. BFH v. 6.5.2010 – V R 25/09, BFH/NV 2010, 1873. 7 Vgl. BFH v. 6.5.2010 – V R 26/09, BStBl. II 2010, 1114 = GmbHR 2010, 1221 = UR 2010, 902; Abschn. 1.5 Abs. 2 Satz 2 UStAE.

Küffner

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Kap. 1 Rz. 1.851 Steuerorientierte Immobilienübertragung

des Veräußerers nicht fortführen. Denn der vormalige Mieter nutzt das Grundstück im Anschluss an die Veräußerung auf der Grundlage seines nun bestehenden Eigentums. Die Eigennutzung ist jedoch keine Fortführung der umsatzsteuerrechtlichen Vermietungstätigkeit1. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn der Erwerber mit dem Mieter organschaftlich verbunden ist. Erwirbt z.B. ein Organträger das an seine Organgesellschaft vermietete Grundstück, kann es umsatzsteuerrechtlich zu keiner Fortführung des Vermietungsunternehmens kommen. Die Vermietung des Grundstücks an die Organgesellschaft führt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG zu einem nicht steuerbaren Innenumsatz, der einer Eigennutzung gleichsteht2. An einer Fortführung des Vermietungsunternehmens fehlt es auch, wenn der Veräußerer kein Vermietungsunternehmer, sondern Bauträger ist, der ein selbst bebautes Grundstück vor der Veräußerung nur für einen kurzen Zeitraum vermietet. Denn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers besteht in diesem Fall nicht in der Vermietungstätigkeit. Der Erwerber kann trotz Eintritts in die bestehenden Mietverhältnisse das Vermietungsunternehmen des Veräußerers nicht fortführen. Denn dessen Tätigkeit besteht in der Bebauung und Veräußerung von Grundstücken. Ein Vermietungsunternehmen unterhält der Veräußerer hingegen nicht3.

1.851

Ist das übertragene Grundstück nur zum Teil vermietet, kann dennoch eine Geschäftsveräußerung vorliegen. Voraussetzung ist, dass auch die nicht vermieteten oder verpachteten Flächen zur Vermietung oder Verpachtung bereitstehen. Zudem muss der Erwerber in einen Teil der bestehenden Mietverhältnisse eintreten, wobei der Anteil der übernommenen Mietverhältnisse nicht von untergeordneter Bedeutung sein darf4. Der BFH hat zudem jüngst entscheiden5, dass im Falle der Übertragung eines verpachteten Geschäftshauses eine Geschäftsveräußerung vorliegt, soweit der Erwerber die Verpachtung auch nur teilweise hinsichtlich eines Gebäudeteils fortsetzt. Dies gelte unabhängig davon, ob der verpachtete Gebäudeteil „zivilrechtlich selbständig“ ist oder nicht. 3. Vorsorgliche Option

1.852

Die voranstehenden Ausführungen zeigen, dass sich für den Großteil der Grundstücksübertragungen zumeist rechtssicher feststellen lässt, ob die Übertragung die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG erfüllt. In Einzelfällen kann aber auch bei Grundstücksübertragungen Unsicherheit darüber bestehen, ob die Grundstücksübertragung zugleich auch eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG darstellt. Problematisch ist dies insbesondere, wenn die Vertragspar1 Vgl. BFH v. 24.9.2009 – V R 6/08, BStBl. II 2010, 315 = UR 2010, 179; Abschn. 1.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE. 2 Vgl. BFH v. 6.5.2010 – V R 26/09, BStBl. II 2010, 1114 = GmbHR 2010, 1221 = UR 2010, 902; Abschn. 1.5 Abs. 2 Satz 4 UStAE. 3 Vgl. BFH v. 24.2.2005 – V R 45/02, BStBl. II 2007, 61 = UR 2005, 547; v. 18.9.2008 – V R 21/07, BStBl. II 2009, 254 = UR 2009, 15. 4 Vgl. BFH v. 30.4.2009 – V R 4/07, BStBl. II 2009, 863 = UR 2009, 797; Abschn. 1.5 Abs. 2a Satz 1 UStAE. 5 Vgl. BFH v. 6.7.2016 – XI R 1/15, BStBl. II 2016, 909.

228

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.855 Kap. 1

teien vom Vorliegen einer Geschäftsveräußerung ausgehen. Denn die Frage, ob die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung vorliegen, entscheiden die Finanzbehörden regelmäßig erst im Rahmen von Außenprüfungen. Die Prüfungen finden jedoch zumeist erst nach Ablauf der formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung statt. Eine nachträgliche Ausübung der Option nach § 9 UStG durch den Veräußerer ist dann eigentlich nicht mehr möglich (s.o. Rz. 1.821 und Rz. 1.819). Erkennen die Finanzbehörden in einem solchen Fall die Geschäftsveräußerung nicht an, gilt der Verkauf rückwirkend als steuerbar und aufgrund nicht ausgeübter Option als steuerfrei. Infolgedessen kommt es beim Veräußerer zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1, 8 UStG, die er nicht im Kaufpreis einkalkuliert hat (s.o. Rz. 1.814, 1.825). Um diesem Risiko vorzubeugen, nehmen die Vertragsparteien regelmäßig eine Klausel in den notariell zu beurkundenden Kaufvertrag auf, durch die für den Versagensfall fristwahrend zur Umsatzsteuer optiert werden soll. Die Finanzverwaltung schränkt die Wirksamkeit solcher Klauseln neuerdings ein1. Sie sollen nur noch Rückwirkung entfalten, wenn sie vorsorglich und im Übrigen unbedingt erklärt werden2. Bedingte Optionen sollen hingegen nicht mehr auf den Zeitpunkt der Erklärung im Kaufvertrag zurückwirken.

1.853

Eine bedingte Option soll vorliegen, wenn der Veräußerer die Ausübung der Option im Kaufvertrag von der später ergehenden Entscheidung der Finanzverwaltung abhängig macht3. Als bedingt gilt folglich eine Option, die nur „für den Fall, dass die Finanzverwaltung das Vorliegen der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen […] endgültig verneinen sollte“4, erklärt wird. Eine solche Option soll erst mit Eintritt der Bedingung als erklärt gelten, d.h. im Zeitpunkt der Versagung durch die Finanzverwaltung.

1.854

Unbedingte Optionen zeichnen sich hingegen durch folgende Voraussetzungen aus5: Beide Parteien stimmen darin überein, dass die Übertragung des Grundstücks die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG erfüllt. Infolgedessen behandeln Sie die Übertragung als nichtsteuerbar. Gleichzeitig erklären sie im notariellen Kaufvertrag die Ausübung der Option. Eine Bezugnahme auf die Entscheidung der Finanzverwaltung unterbleibt. Zudem legen die Parteien im Kaufvertrag alle Informationen offen, die zur Festsetzung der Umsatzsteuer im Versagensfall notwendig sind.

1.855

1 Vgl. BMF v. 23.10.2013 – IV D 3-S 7198/12/10002, BStBl. I 2013, 1304; Abschn. 9.1 Abs. 3 Sätze 2 und 3 UStAE; vgl. zur Neuregelung Zugmaier/Fietz, MittBayNot 2013, 427. 2 Vgl. Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 3 UStAE. 3 Vgl. zur Kritik an der Auffassung der Finanzverwaltung, dass eine solche Option unter einer Bedingung steht Meyer-Burow/Connemann, MwStR 2013, 267; Full, DStR 2013, 881. 4 OFD Niedersachsen v. 14.2.2013 – S 7198-117-St 173. 5 In Anlehnung an Zugmaier/Fietz, NWB 2013, 3746.

Küffner

229

Kap. 1 Rz. 1.856 Steuerorientierte Immobilienübertragung

4. Musterklausel für eine vorsorgliche Option In Anlehnung an Zugmaier/Fietz, MittBayNot 2013; Zugmaier/Fietz, NWB 2013, 3746.

1.856

M7 Musterklausel für eine vorsorgliche Option Der Kaufpreis für das Grundstück samt aufstehender Gebäude (zusammen im Folgenden die Vertragsimmobilie) und das mitverkaufte Inventar beträgt insgesamt xxx Euro. Die Parteien kommen darin überein, dass der Verkauf der Vertragsimmobilie die Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG erfüllt. Auch das mitverkaufte Inventar geht im Rahmen der Geschäftsveräußerung auf den Erwerber über. Der gesamte Vorgang ist nicht umsatzsteuerbar. Der Erwerber tritt gem. § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle des Veräußerers. Er setzt die Vorsteuerberichtigungszeiträume des Verkäufers gem. § 15a Abs. 10 UStG fort. Die nach § 15a Abs. 10 UStG vom Veräußerer zu machenden Angaben sind diesem Vertrag als Anlage x beigefügt. Soweit einzelne Angaben fehlen, verpflichtet sich der Veräußerer, diese Angaben unverzüglich gegenüber dem Erwerber nachzuholen. Der Veräußerer stellt den Erwerber von einer Haftung für Betriebssteuern nach § 75 AO frei. Die Vertragsparteien kommen weiterhin darin überein, dass der Veräußerer vorsorglich und in vollem Umfang für die Lieferung der Vertragsimmobilie auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG verzichtet. Die Ausübung der Option nach § 9 Abs. 1 UStG durch den Veräußerer erfolgt deshalb gleichzeitig und unbedingt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Der Erwerber schuldet die Umsatzsteuer aus dem Verkauf der Vertragsimmobilie (Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers) gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 UStG. Die Steuer bemisst sich nach dem vereinbarten Kaufpreis für die Vertragsimmobilie i.H.v. xxx Euro, den die Vertragsparteien als Nettokaufpreis verstehen. Die Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung kann nur in beiderseitigem Einverständnis durch Änderung dieses Vertrages erklärt werden. Nimmt der Veräußerer unter Missachtung dieser Vorschrift den Verzicht i.S.d. § 9 Abs. 1 UStG zurück, haftet er dem Erwerber für den hierdurch entstandenen Schaden. Veräußerer und Erwerber erklären, dass sie Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sind. Der Erwerber versichert dem Veräußerer, dass er die Vertragsimmobilie in vollem Umfang seinem Unternehmen i.S.d. § 2 UStG zuordnet. Die Steuernummer des Veräußerers lautet: 123/456/7890 Der auf das mitverkaufte Inventar entfallende Kaufpreis beträgt xxx Euro. Diesen Betrag verstehen die Parteien ebenfalls als Nettokaufpreis. Soweit das mitverkaufte Inventar nicht im Rahmen der Geschäftsveräußerung auf den Erwerber übergeht, erhöht sich folglich der Gesamtkaufpreis um die auf das Inventar entfallende Umsatzsteuer. Der maßgebliche Steuersatz für die Lieferung der Vertragsimmobilie und des mitverkauften Inventars beträgt 19 %. Der Veräußerer verpflichtet sich gegenüber dem Erwerber, soweit erforderlich, außerhalb der Urkunde zusätzlich und unverzüglich, nicht jedoch vor Besitzübergang, dem

230

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.874 Kap. 1

Erwerber eine den §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung mit Steuerausweisung über das mitgelieferte Inventar auszustellen.

1.857–1.870

Einstweilen frei.

IV. Bemessungsgrundlage Die Steuer bemisst sich bei der steuerpflichtigen Grundstückslieferung nach dem im Kaufvertrag bzw. in der Rechnung festgelegten Nettokaufpreis oder nach dem Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren. Bei der Teiloption gilt der entsprechende Anteil des Kaufpreises bzw. Meistgebots als Bemessungsgrundlage.

1.871

Nicht zur Bemessungsgrundlage gehört die Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch für den Fall, dass der Erwerber vereinbarungsgemäß die gesamte Grunderwerbsteuer trägt1. Denn Veräußerer und Erwerber sind regelmäßig Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer. Dies hat zur Folge, dass der Erwerber eine eigene Schuld tilgt, und nicht die hälftige Grunderwerbsteuerschuld des Veräußerers, wenn er vereinbarungsgemäß die gesamte Grunderwerbsteuer trägt. Seine anderslautende Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 20.12.20052 aufgegeben. Ebenfalls kein Teil der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage sind die Kosten i.S.d. § 448 Abs. 2 BGB für die Beurkundung des Kaufvertrags und die Auflassung, die Eintragung ins Grundbuch und die hierfür erforderlichen Erklärungen3.

1.872

Umgekehrt gehört auch die Umsatzsteuer nicht (mehr) zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, seitdem der Erwerber die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet. Denn bei der Umsatzsteuerschuld handelt es sich um eine originäre Schuld des Erwerbers gegenüber dem Fiskus. Die Umsatzsteuer ist nicht mehr Teil des Kaufpreises, und deshalb auch nicht mehr Teil der grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage4.

1.873

V. Steuerschuldnerschaft und Rechnung 1. Steuerschuldnerschaft Soweit der Veräußerer im notariellen Kaufvertrag zur Steuerpflicht der Grundstückslieferung optiert, schuldet der Erwerber gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 UStG die Umsatzsteuer aus der Lieferung. Die Option setzt voraus, dass der Erwerber Unternehmer ist und das Grundstück seinem Unternehmen zuordnet. Der Übergang der Steuerschuldnerschaft bei Leistungen an den nichtunter1 Vgl. BFH v. 20.12.2005 – V R 14/04, BStBl. II 2012, 424; v. 9.11.2006 – V R 9/04, BStBl. II 2007, 285 = UR 2007, 385 = GmbH-StB 2007, 135; Abschn. 10.1 Abs. 7 Satz 6 UStAE. 2 BFH v. 20.12.2005 – V R 14/04, BStBl. II 2012, 424. 3 Vgl. BFH v. 20.12.2005 – V R 14/04, BStBl. II 2012, 424; Abschn. 10.1 Abs. 7 Satz 6 UStAE. 4 Vgl. Leipold in Sölch/Ringleb, § 4 Nr. 9 UStG Rz. 35 – Lfg. Sept. 2015.

Küffner

231

1.874

Kap. 1 Rz. 1.875 Steuerorientierte Immobilienübertragung

nehmerischen Bereich des Erwerbers nach § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG läuft demzufolge bei Grundstückslieferungen ins Leere. Denn in diesen Fällen ist bereits keine Option nach § 9 Abs. 1 UStG möglich (s.o. Rz. 1.826).

1.875

Demgegenüber ist es ohne Belang für den Übergang der Steuerschuld, ob der Veräußerer oder der Erwerber (oder beide) im Ausland ansässig sind1. Ist die Grundstückslieferung steuerpflichtig, schuldet stets der Erwerber die Umsatzsteuer in Deutschland. Dies gilt auch, wenn der Erwerber ausschließlich steuerfreie Ausgangsumsätze erbringt, oder wenn er Kleinunternehmer (§ 19 UStG) oder pauschalierender Land- und Forstwirt (§ 24 UStG) ist2. Diese Eigenschaften haben allein Einfluss darauf, inwieweit der Erwerber die von ihm geschuldete Steuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG abziehen kann. 2. Steuerentstehung

1.876

Die Steuer aus der Grundstückslieferung entsteht beim Erwerber nach § 13b Abs. 2 UStG grundsätzlich mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Leistung folgenden Kalendermonats. Unter Ausstellung der Rechnung ist die tatsächliche physische oder elektronische „Generierung“ der Rechnung durch den Veräußerer zu verstehen. Auf den Zugang der Rechnung beim Erwerber kommt es hingegen nicht an3. Der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung ergibt sich somit im Normalfall anhand des Datums auf der Rechnung4.

1.877

Um zu vermeiden, dass die Steuer nicht entsteht, weil der Erwerber keine Rechnung ausstellt, knüpft § 13b Abs. 2 UStG alternativ an die Leistungsausführung an. Als Leistungszeitpunkt gilt bei Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht am Liefergegenstand. Verschaffung der Verfügungsmacht ist dabei nicht gleichzusetzen mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang. Im Regelfall wird die Verfügungsmacht an einem Grundstück dennoch mit Eintragung ins Grundbuch verschafft5. Gehen Besitz, Nutzen und Lasten jedoch bereits vor der Eintragung auf den Erwerber über, ist dieser frühere Zeitpunkt maßgeblich6. Die Steuer entsteht dann mit Ablauf des auf die Lieferung folgenden Monats.

1.878

Soweit der Erwerber bereits vor Ausführung der Leistung und vor Rechnungserstellung zahlt, entsteht die Steuer nach § 13b Abs. 4 UStG beim Erwerber bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts durch den Veräußerer. Aus Vereinfachungsgründen kann der Erwerber auch auf den Zeitpunkt der Verausgabung abstellen7. 1 Vgl. für die Ansässigkeit des Erwerbers im Ausland BFH v. 6.4.2010 – XI B 1/09, BFH/NV 2010, 2131. 2 Vgl. Heuermann in Sölch/Ringleb, § 13b UStG Rz. 9 – Lfg. März 2016. 3 Vgl. Heuermann in Sölch/Ringleb, § 13b UStG Rz. 263 – Lfg. Apr. 2015. 4 Vgl. Walkenhorst in Küffner/Stöcker/Zugmaier, § 13b UStG Rz. 121 – Lfg. Feb. 2016. 5 Vgl. Bunjes/Leonard16, § 3 UStG Rz. 60; Martin in Sölch/Ringleb, § 3 UStG Rz. 84 – Lfg. Sept. 2016. 6 Vgl. BFH v. 14.3.2007 – V B 150/05, UR 2007, 538 = BFH/NV 2007, 1365. 7 Vgl. Abschn. 13b.12 Abs. 3 Satz 2 UStAE.

232

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.882 Kap. 1

1.879

Beispiel1: Unternehmer V veräußert ein zu seinem Unternehmen gehörendes Grundstück steuerpflichtig an Unternehmer E. Besitz Nutzen und Lasten gehen mit der Eintragung ins Grundbuch am 1.4.2014 auf E über. a) V erteilt E eine Rechnung mit Datum vom 1.4.2014. b) V erteilt E eine Rechnung mit Datum vom 1.7.2014. c) E zahlt den Kaufpreis bereits am 26.2.2014 an V, der diesem am 3.3.2014 gutgeschrieben wird. V erteilt dem E daraufhin eine Rechnung mit Datum vom 1.4.2014. In Variante a) entsteht die Steuer mit Erteilung der Rechnung am 1.4.2014 und ist folglich in der Voranmeldung für April 2014 anzugeben. In Variante b) entsteht die Steuer grundsätzlich mit Ausstellung der Rechnung am 1.7.2014. Da die Lieferung bereits am 1.4.2014 erfolgt ist, entsteht die Steuer bereits mit Ablauf des auf die Lieferung folgenden Monats Mai. Die Steuer ist folglich in der Voranmeldung für Mai 2014 anzugeben. In Variante c) entsteht die Steuer aufgrund der Kaufpreiszahlung vor Leistungsausführung bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung (3.3.2014) und ist folglich in der Voranmeldung für März anzugeben. Aus Vereinfachungsgründen kann E auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung (26.2.2014) abstellen und den Umsatz bereits im Voranmeldungszeitraum Februar erfassen.

3. Rechnungsausstellung Optiert der Veräußerer bei der Lieferung eines Grundstücks zur Umsatzsteuer, ist er nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG dazu verpflichtet, dem Erwerber innerhalb von sechs Monaten eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen. Sofern der notarielle Grundstückskaufvertrag alle nach §§ 14, 14a UStG erforderlichen Angaben enthält, gilt dieser nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG als Rechnung2. Insoweit kann auch die im Kaufvertrag gesondert ausgewiesene Steuer zu einer Steuerschuld nach § 14c UStG führen.

1.880

Seit 30.6.20133 hat der Veräußerer in der Rechnung durch den verpflichtenden Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf den Übergang der Steuerschuld auf den Erwerber hinzuweisen (§ 14a Abs. 5 Satz 1 UStG). Der Veräußerer darf in der Rechnung die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG). Weist der Veräußerer dennoch Steuer in der Rechnung aus, schuldet er diese Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG solange, bis er den unrichtigen Steuerausweis gegenüber dem Erwerber berichtigt4. Der Erwerber kann die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer dagegen nicht als Vorsteuer abziehen5.

1.881

Weist der Veräußerer in der Rechnung nicht auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hin, schuldet der Erwerber dennoch die Steuer aus der steuerpflichtigen Grundstückslieferung6. Denn die Steuerentstehung knüpft nicht an den

1.882

1 2 3 4 5 6

Beispiel nach Abschn. 13b.12 Abs. 1 UStAE. Vgl. BFH v. 4.3.1982 – V R 55/80, BStBl. II 1982, 317 = UR 1982, 101 m. Anm. Löwe. Vgl. Art. 10 Nr. 8 Buchst. c, Art. 31 Abs. 1 AmtshilfeRLUmsG, BGBl. I 2013, 1809. Vgl. Abschn. 14c.1 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 UStAE. Vgl. BFH v. 6.12.2007 – V R 3/06, BStBl. II 2009, 203 = UR 2008, 588. Vgl. § 13b.14 Abs. 1 Satz 4 UStAE.

Küffner

233

Kap. 1 Rz. 1.883 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung an. Der Erwerber kann in diesem Fall auch nicht mit befreiender Wirkung an den Veräußerer leisten1. Umgekehrt ist der Vorsteuerabzug beim Erwerber aber auch nicht an den Besitz einer (ordnungsgemäßen) Rechnung geknüpft2. Dies folgt insoweit auch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG. Der Erwerber kann den Vorsteuerabzug folglich stets im Zeitpunkt der Steuerentstehung geltend machen. Die Option führt deshalb bei einem zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Erwerber zu keinem Liquiditätsabfluss. Ein solcher ergäbe sich nur dann, wenn der Erwerber nach § 15 Abs. 2 UStG sog. Ausschlussumsätze ausführt.

VI. Wohnungs- und Teileigentum 1. Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum

1.883

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 1 und 3 WoEigG sind Wohnungs- und Teileigentum grunderwerbsteuerrechtlich den Grundstücken gleichgestellt. Die Veräußerung oder Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum ist somit grunderwerbsteuerpflichtig und fällt zugleich unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Die allgemeinen Ausführungen zur Steuerfreiheit, Option und Geschäftsveräußerung bei der Veräußerung von Grundstücken gelten somit auch für Wohnungs- und Teileigentum. So kann z.B. die Übertragung eines Teileigentumsanteils durch den Grundstückseigentümer als Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG anzusehen sein3. 2. Leistungen zwischen Eigentümergemeinschaft und Eigentümer

1.884

Besonderheiten ergeben sich im Bereich des Wohnungs- und Teileigentums daraus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft i.S.d. WoEigG umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer ist.

1.885

Die Gemeinschaft ist gem. § 21 Abs. 1 WoEigG zuständig für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Hierbei kann sich die Gemeinschaft auch durch einen Verwalter vertreten lassen. Im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erbringt die Gemeinschaft regelmäßig steuerbare Leistungen an die einzelnen Eigentümer. Die Kosten für die Verwaltung haben die Eigentümer anteilig zu tragen (§ 16 Abs. 2 WoEigG). Zur Kostendeckung erhebt die Gemeinschaft deshalb regelmäßig Umlagen von den Eigentümern. Diese Umlagen stellen das Entgelt für die Verwaltungsleistungen dar4. Umlagen werden u.a. für die Nutzung von Gemeinschaftsräumen (Waschküche, Fahrradkeller, Garage), Kosten des Hausverwalters, Hausmeisterkosten, Flurbeleuchtung und Reinigung, Müllabfuhr, Feuer- und Haftpflichtversicherung, Straßenreinigung, Entwässerung oder die Lieferung von Wärme und Wasser erhoben5. 1 2 3 4 5

Vgl. EuGH v. 6.2.2014 – Rs. C-424/12 – Fatorie, MwStR 2014, 125. Vgl. EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-90/02 – Bockemühl, UR 2004, 367. Vgl. OFD Karlsruhe v. 28.2.2012 – S 7100 b. Vgl. Abschn. 4.13.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE. Vgl. Abschn. 4.13.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE.

234

Küffner

F. Umsatzsteuer

Rz. 1.889 Kap. 1

Soweit es sich bei den Leistungen der Gemeinschaft an die Eigentümer um Leistungen im Bereich der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung handelt, sind diese Leistungen gem. § 4 Nr. 13 UStG steuerfrei1. Steuerpflichtig sind hingegen die Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Sondereigentum der einzelnen Eigentümer stehen (z.B. Reparaturen in den einzelnen Wohnungen). Ebenfalls steuerfrei sind nach § 4 Nr. 13 UStG die im Zusammenhang mit dem Sondereigentum stehenden Lieferungen von Wärme, Strom und Wasser an die Eigentümer durch die Gemeinschaft. Derartige Lieferungen erfolgen jedoch nur, wenn die Versorgungsunternehmen nicht unmittelbar mit den Eigentümern abrechnen2.

1.886

Die Gemeinschaft kann gem. § 9 Abs. 1 UStG auch gegenüber den Eigentümern auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 UStG verzichten. Voraussetzung ist auch hier, dass der Eigentümer das Eigentum für sein Unternehmen nutzt. Gleichzeitig ist die Gemeinschaft insoweit zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt. Die Gemeinschaft kann die Option dabei für jede einzelne Leistung gesondert ausüben. Hintergrund ist, dass die Option nur bei den Leistungen zu einem wirtschaftlichen Vorteil beim unternehmerischen Eigentümer führt, die der Gemeinschaft auch inklusive Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden3.

1.887

Die Option ist von der Eigentümergemeinschaft auszuüben. Hierfür ist ein Beschluss der Eigentümerversammlung notwendig4.

1.888

VII. Erbbaurechte Die Bestellung oder auch die Veräußerung eines Erbbaurechts sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbar5 und unterliegen folglich der Umsatzsteuer6. Dabei gilt das Erbbaurecht umsatzsteuerrechtlich gem. Art. 15 Abs. 2 MwStSystRL als körperlicher Gegenstand. Die Übertragung eines Erbbaurechts gilt folglich als Lieferung eines Gegenstandes i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG7. Die Bestellung eines Erbbaurechts ist demgegenüber als Dauerleistung – und demzufolge als sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG – anzusehen8. Sowohl die Bestellung als auch die Veräußerung eines Erbbaurechts sind grundsätzlich nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei. Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG vor, können auch

1 Vgl. zu den steuerfreien Leistungen Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 4 Nr. 13 UStG Rz. 27 ff. – Lfg. Feb. 2009. 2 Vgl. Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 4 Nr. 13 UStG Rz. 32 – Lfg. Feb. 2009. 3 Vgl. Kulmsee in Reiß/Kräusel/Langer, § 4 Nr. 13 UStG Rz. 46 – Lfg. Juni 2012. 4 Vgl. OLG Hamm v. 12.5.1992 – 15 W 33/92, UR 1993, 22. 5 Vgl. BFH v. 28.7.1976 – II R 85/70, BStBl. II 1977, 85; v. 24.2.1982 – II R 4/81, BStBl. II 1982, 625. 6 Vgl. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = UR 1989, 18 m. Anm. Giesberts. 7 Vgl. BFH v. 29.4.1993 – V R 93/89 – BFH/NV 1994, 510. 8 Vgl. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = UR 1989, 18 m. Anm. Giesberts.

Küffner

235

1.889

Kap. 1 Rz. 1.890 Steuerorientierte Immobilienübertragung

die Veräußerung bzw. Bestellung eines Erbbaurechts als Geschäftsveräußerung anzusehen sein1.

1.890

Der Grundstückseigentümer kann bei der Einräumung oder Übertragung eines Erbbaurechts gem. § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst a UStG verzichten. Die Optionsmöglichkeit wird bei Erbbaurechten jedoch durch § 9 Abs. 2 UStG begrenzt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist hiernach nur zulässig, soweit der Erbbauberechtigte (Erwerber) das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens für vorsteuerunschädliche Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt. Diese Voraussetzungen hat der Leistende nachzuweisen. Die Nachweise umfassen bei Leistungsketten stets alle Leistungen bis zum Endnutzer.

1.891

Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Einstufung der Bestellung (sonstige Leistung) und der Veräußerung (Lieferung) eines Erbbaurechts, wirkt sich die Einschränkung des § 9 Abs. 2 UStG auf diese Vorgänge unterschiedlich aus. Bei der Veräußerung kommt es allein auf den Zeitpunkt der Veräußerung an. Hat der Erwerber im Zeitpunkt der Veräußerung die Absicht, das Grundstück vorsteuerunschädlich zu nutzen, ist die Option zulässig. Eine nachträgliche vorsteuerschädliche Nutzung ändert nichts an der Zulässigkeit der Option. Demgegenüber ist bei der Bestellung des Erbbaurechts aufgrund des Charakters als Dauerleistung fortlaufend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Option noch vorliegen. Verwendet der Erbbauberechtigte das Grundstück später für vorsteuerschädliche Umsätze, fällt die Option mit Wirkung ex nunc weg2.

1.892

Im Fall der Option schuldet der Erbbauberechtigte die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 UStG. Bei der Veräußerung des Erbbaurechts bildet der Kaufpreis die Bemessungsgrundlage. Bei der Bestellung eines Erbbaurechts bemisst sich die Steuer nach dem zeitanteiligen (monatlich/jährlich) Erbbauzins3.

1.893–1.929

Einstweilen frei.

G. Gemeindliche Steuern I. Grundsteuer Literatur: Drasdo, Der Erlass von Grundsteuer bei verminderten Mieteinnahmen, NJW-Spezial 2014, 161; Eisele, Die Grundsteuer auf verfassungsrechtlichem Prüfstand, DStR 2005, 1971; Englert/Alex, Grundsteuererlass oder Wertfortschreibung im Falle dauerhaften Leerstands, DStR 2007, 95; Löhr, Beschlussmodell der Länderfinanzminister zur Grundsteuerreform: Der große Wurf? DStR 2016, 1497; Marx, Grundsteuerreform: Fragwürdiges Bewertungsziel mit administrativ aufwendiger Lösung, DB 2016, Heft 49, M5; Pondelik, Grundsteuererlass bei ausbleibenden Mieterträgen, SteuK 2013, 228; Ritzer, Erlass von Grundsteuer für Opfer von Unwettern, NWB 2013, 4047; Stöckel, Bundesratsinitiative zur 1 Vgl. Flues, RNotZ 2012, 528 (552). 2 Vgl. Flues, RNotZ 2012, 528 (552 ff.). 3 Vgl. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = UR 1989, 18 m. Anm. Giesberts.

236

Schallmoser

G. Gemeindliche Steuern

Rz. 1.933 Kap. 1

Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer, NWB 2016, 2870; Wehrheim/Hohensträter, Problembereiche der Anzeigepflicht nach § 19 GrStG bei Eigentümerwechsel, BB 2005, 2665.

1. Allgemeines Als originäre Steuerquelle der Kommunen kommt der Grundsteuer mit einem Aufkommen von derzeit rund 13 Milliarden Euro jährlich neben der Gewerbesteuer eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, zumal die Gemeinden als Steuergläubiger über die Hebesatzautonomie (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) unmittelbaren Einfluss auf diesen Einnahmeposten ausüben können1. Die Erhebung der Grundsteuer entspricht dem Grunde nach und in ihrer wesentlichen Struktur der Verfassung. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Grundsteuer als Objektsteuer geschuldet und daher grundsätzlich ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Grundbesitzers erhoben wird2. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen überdies nicht gehalten, das selbstgenutzte Einfamilienhaus von der Grundsteuer auszunehmen3. Durch Beschluss vom 4.11.2016 hat der Bundesrat auf Initiative der Länder Hessen und Niedersachsen dem Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“ zugestimmt4; der Entwurf sieht u.a. eine umfassende Reform der Grundsteuer(werte) vor, um diese „als verlässliche kommunale Einnahmequelle zu erhalten“.

1.930

Grundsteuer und Gewerbesteuer schließen sich gegenseitig aus. Bei Grundbesitz, der zu einem Gewerbebetrieb gehört und „Betriebsgrundstück“ ist, wird eine Doppelbelastung durch Kürzungen bei der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag vermieden (s. Rz. 1.666 ff.).

1.931

Nach § 3 GrStG ist der Grundbesitz bestimmter Rechtsträger (bspw. von Religionsgemeinschaften), der für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, von der Grundsteuer befreit; eine entsprechende Befreiung gilt nach § 4 GrStG auch für bestimmte Grundstücke privater Grundstückseigentümer. Die Befreiungsvorschriften werden durch die Regelungen in §§ 5 bis 8 GrStG begrenzt.

1.932

2. Einheitswerte Nach § 19 BewG werden für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Grundstücke und für Betriebsgrundstücke Einheitswerte festgestellt5. Die der Grundsteuer zugrundeliegenden Einheitswerte 1964 (in den neuen Ländern sind es sogar die Wert-

1 2 3 4

Eisele, DStR 2005, 1971. BVerfG v. 18.2.2009 – 1 BvR 1334/07, DB 2009, 773 = NJW 2009, 1868. BFH v. 19.7.2006 – II R 81/05, BStBl. II 2006, 767 = ZfIR 2007, 325. BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016; s. hierzu Löhr, DStR 2016, 1497; Stöckel, NWB 2016, 2870; Marx, DB 2016, Heft 49, M5. 5 Zu Sonderfällen wie Grundstücken im Zustand der Bebauung und Erbbaurechen s. Ritzer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, Kap. F II Rz. 5 ff.

Schallmoser

237

1.933

Kap. 1 Rz. 1.934 Steuerorientierte Immobilienübertragung

verhältnisse zum 1.1.1935) wurden in den Beschlüssen des BVerfG1 vom 22.6.1995 nur hinsichtlich der Vermögensteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer als mit Art. 3 GG unvereinbar angesehen, so dass die Grundsteuererhebung derzeit auf der Basis der Einheitswerte 1964 erfolgt. Die durch das BewG 1997 geschaffenen Grundbesitzwerte sind nur für die Erbschaft- und Schenkungsteuer von Bedeutung. Mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“2 sollen die Bewertungsregeln für Grundsteuerzwecke in den §§ 204 bis 241 BewG-E neu gefasst werden. Vorgesehen ist eine Neubewertung von Grundstücken und der landund forstwirtschaftlichen Betriebe (§ 204 BewG-E) für Zwecke der Grundsteuer zum Stichtag 1.1.2022, die Wiederholung dieser Bewertung zum Stichtag 1.1.2030 sowie die sodann sich anschließende regelmäßige (automationsgestützte) Neubewertung in einem Sechs-Jahres-Rhythmus (§ 206 BewG-E). Der Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“ sieht – abweichend von der erbschaftsteuerlichen Behandlung! – einen sog. „Kostenwert“ (§ 230 BewG-E) als den für die Grundsteuerfestsetzung maßgebenden Wert an; dieser soll „leichter, objektiviert und automatisiert ermittelt und festgestellt“ werden können. Der Kostenwert unbebauter Grundstücke bestimmt sich nach § 233 BewG-E nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten (§ 196 BauGB). Der Kostenwert bebauter Grundstücke setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert zusammen (§ 235 BewG-E). 3. Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung

1.934

Nach § 22 BewG wird der Einheitswert neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ermittelte Wert von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5.000 DM oder um mehr als 100.000 DM, nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 DM oder um mehr als 5.000 DM abweicht. Darüber hinaus findet eine Art- oder Zurechnungsfortschreibung gem. § 22 Abs. 2 BewG statt, wenn sie von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und es für die Besteuerung von Bedeutung ist. Fortschreibungszeitpunkt ist bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt. Sofern also ein Grundstück veräußert wird, erfolgt auf den darauffolgenden 1. Januar eine Zurechnungsfortschreibung zugunsten des Erwerbers.

1.935

Im Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“3 ist vorgesehen, dass das Konzept der Fortschreibungen (Wert-, Art-, Zurechnungs- oder Fehlerfortschreibung), der Nachfeststellung und der Aufhebung der Grundsteuerwerte bestehen bleiben soll.

1 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655 = NJW 1995, 2615 = GmbHR 1995, 668 = DNotZ 1995, 763; v. 22.6.1995 – 2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, 671 = GmbHR 1995, 679 = MDR 1995, 1005. 2 BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016. 3 BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016.

238

Schallmoser

G. Gemeindliche Steuern

Rz. 1.940 Kap. 1

4. Grundsteuererhebung Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist (§ 10 Abs. 1 GrStG). Da die Grundsteuer nach den Verhältnissen zu Beginn eines jeden Kalenderjahres festgesetzt wird (§ 9 Abs. 1 GrStG), bleibt der Verkäufer eines Immobilienobjekts trotz der Veräußerung Steuerschuldner der Grundsteuer für das laufende Jahr, so dass ein entsprechender schuldrechtlicher Ausgleich zwischen den Vertragsteilen im notariell beurkundeten Kaufvertrag vereinbart werden kann. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, die Kaufvertragsparteien darauf hinzuweisen, dass der Käufer, auf den Besitz, Nutzungen und Lasten übergegangen sind, dem Verkäufer die in Rechnung gestellten Grundsteuerbeträge zu ersetzen hat, bis aufgrund der Zurechnungsfortschreibung die Gemeinde den Grundsteuerbescheid dem Käufer zuschickt.

1.936

Die Grundsteuer wird jeweils vierteljährlich in der Mitte des jeweiligen Quartals erhoben und zwar von dem Eigentümer, dem das Grundstück laut Einheitswertsbescheid zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres zugerechnet wird. Bei der Berechnung der Grundsteuer ist gem. § 13 Abs. 1 GrStG von einem Steuermessbetrag auszugehen, der durch Anwendung eines Tausendsatzes auf den Einheitswert (Steuermesszahl) errechnet wird. Die Steuermesszahl beträgt gem. § 15 Abs. 1 GrStG 3,5 vom Tausend. Die Gemeinde bestimmt gem. § 25 GrStG, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrages (Hebesatz) die Grundsteuer zu erheben ist.

1.937

Im Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“1 ist vorgesehen, dass dem Bund ausdrücklich die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer zugeschrieben wird. Darüber hinaus wird den Ländern die Kompetenz zur Bestimmung eigener, jeweils landesweit geltender Steuermesszahlen grundgesetzlich eingeräumt. § 214 BewG-E normiert überdies eine Pflicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung für die erste Hauptfeststellung zum 1.1.2022 für alle Eigentümer inländischer Immobilien, für Land- und Fortwirte und für Erbbauberechtigte.

1.938

5. Haftung Nach § 11 Abs. 1 GrStG haften neben dem Steuerschuldner der Nießbraucher des Steuergegenstandes und derjenige, dem ein dem Nießbrauch ähnliches Recht zusteht. Gemäß § 12 GrStG ruht die Grundsteuer auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last, so dass auch der Erwerber eines Grundstückes für rückständige Steuerschulden haftet. Darauf ist in der Kaufvertragsurkunde hinzuweisen.

1.939

6. Erlass der Grundsteuer Das Grundsteuerrecht enthält in §§ 32 und 33 GrStG eigenständige, neben die einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung tretende Erlassvorschriften

1 BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016.

Schallmoser

239

1.940

Kap. 1 Rz. 1.941 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– für Kulturgut und Grünanlagen (§ 32 GrStG) und – wegen wesentlicher Ertragsminderung (§ 33 GrStG).

1.941

Ein Erlassantrag muss nach § 34 Abs. 2 GrStG jeweils bis zum 31. März des Folgejahres gestellt werden. In den Fällen des § 32 GrStG bedarf es keiner jährlichen Wiederholung des Antrags.

1.942

Auch ein struktureller Leerstand von Wohnungen begründet einen Rechtsanspruch auf den Grundsteuererlass. Da diese Frage von den obersten Bundesgerichten nicht einheitlich gesehen wurde1, hat der BFH mit Beschluss vom 26.2.20072 dem gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein Grundsteuererlass gem. § 33 Abs. 1 GrStG nur bei atypischen oder vorübergehenden Ertragsminderungen in Betracht kommt oder auch strukturell bedingte Ertragsminderungen von nicht nur vorübergehender Natur erfassen kann. Da das BVerwG mit Beschluss vom 24.4.20073 seine von der Auffassung des BFH abweichende Ansicht aufgegeben hat, konnte der BFH mit Urteil vom 24.10.20074 selbst entscheiden und feststellen, dass eine Ertragsminderung, die das nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG erforderliche Ausmaß erreicht, auch dann zu einem Grundsteuererlass führt, wenn sie strukturell bedingt und nicht nur vorübergehender Natur ist.

II. Zweitwohnungssteuer Literatur: Groh, Zweitwohnungssteuer und Einkommensteuer, FR 2007, 334; Happ, Zweitwohnungsteuer – wie geht es weiter? DWW 2015, 11; Kasper, Die Zweitwohnungssteuer, DStR 2006, 2005; Rhein/Zitzen, Erhebung von Zweitwohnungssteuern bei Studierenden, ZKF 2008, 272, ZKF 2009, 7.

1.943

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer sind Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. den kommunalen Abgabengesetzen der Länder und den Satzungen der betreffenden Gemeinden. Die Steuerbemessung erfolgt üblicherweise unter Zugrundelegung der Jahresrohmiete. Die Steuerhöhe beläuft sich auf zwischen 5 %–20 % dieser Bemessungsgrundlage.

1.944

Die Zweitwohnungssteuer als kommunale Abgabe hat eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Sie wurde zunächst in Gemeinden erhoben, auf deren Gebiet als Folge neuen Freizeitverhaltens und gestiegenen Wohlstands teilweise in erheblichem Ausmaß Zweitwohnungen oder ganze Ferienwohnhaussiedlungen entstanden sind5. Auf die Zweitwohnungssteuer als Einnahmequelle wurden sodann aber auch Großstädte, insbesondere Universitätsstädte aufmerksam. Die Zweitwohnungssteuer 1 2 3 4

Vgl. etwa BVerwG v. 4.4.2001 – 11 C 12/00, BStBl. II 2002, 889 = ZfIR 2001, 574. BFH v. 26.2.2007 – II R 5/05, BStBl. II 2007, 469. BVerwG v. 24.4.2007 – GmS-OBG 1/07, ZKF 2007, 211. BFH v. 24.10.2007 – II R 5/05, BStBl. II 2008, 384; s. hierzu auch Kühnold, ZKF 2007, 128. 5 Vgl. Kasper, DStR 2006, 2005; Groh, FR 2007, 334.

240

Schallmoser

G. Gemeindliche Steuern

Rz. 1.946 Kap. 1

wandelte sich dadurch von einer Steuer auf den gehobenen Freizeitkonsum in eine Belastung von Beruf und Ausbildung1. Mit dem Beschluss des BVerfG vom 11.10.20052 trat eine Kehrtwende ein: Das Gericht beanstandete, dass die Zweitwohnungssteuer der Städte Hannover und Dortmund unterschiedslos alle Erwerbszweitwohnungen erfasse. Erwerbszweitwohnungen Verheirateter müssten mit Blick auf Art. 6 GG ausgenommen werden. Denn die Zweitwohnungssteuer erschwere die Aufrechterhaltung oder Begründung der auswärtigen gemeinsamen ehelichen Wohnung und belaste die in diesem Sinne zu treffende Entscheidung. Nach den statistischen Erhebungen des BVerfG sollen die Erwerbszweitwohnungen von Verheirateten 81 % aller Erwerbszweitwohnungen ausmachen3. Die Einnahmen der Großstädte aus der Steuer werden deshalb erheblich zurückgehen. Belastet sind allerdings noch die Erwerbszweitwohnungen von Singles ohne auswärtige Familie und Studenten4. Mit Beschluss vom 31.10.20165 hat das BVerfG erneut betont, dass es der besondere Schutz der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG erlaube, verheiratete, nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten bei der Erhebung der Zweitwohnungsteuer im Verhältnis zu ungebundenen Partnerbeziehungen durch Ausnahme von der Steuerpflicht besserzustellen. Das BVerfG hat insoweit eine anderslautende Entscheidung des VGH Bay.6 aufgehoben, in der eine maßgebliche Steuerbegünstigungsvorschrift in verfassungswidriger Weise einengend ausgelegt worden war.

1.945

Auch die Ausgestaltung von Satzungen über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer hat die Rechtsprechung auf den Plan gerufen. So hat bspw. das OVG BerlinBrandenburg mit Urteil vom 22.11.20067 eine Zweitwohnungssteuersatzung in einem Normenkontrollverfahren für nichtig erklärt, weil

1.946

– eine Satzung, die zur Bemessung der Steuer auf die Jahresrohmiete abstellt, eindeutig regeln muss, auf welchen Zeitpunkt für die Ermittlung der Mieter einschließlich der Nebenkosten abzustellen ist;

1 Vgl. Groh, FR 2007, 334. Hintergrund dieser Entwicklung war die Entscheidung des BVerfG v. 6.12.1983 – 2 BvR 1275/79, BStBl. II 1984, 72, in der das Gericht die im Jahre 1972 von der Stadt Überlingen für Ferienwohnungen eingeführte Satzung als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt hatte. Beanstandet wurden die in der Satzung vorgesehenen Besteuerungsausnahmen für aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken unterhaltene Zweitwohnungen. Die Entscheidung des BVerfG hatte zur Folge, dass die betroffenen Gemeinden die Steuer auch auf Erwerbs- und Ausbildungswohnungen ausdehnen mussten, um sich die Steuer auf die Ferienwohnungen zu erhalten. 2 BVerfG v. 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03, BVerfGE 114, 316 = NJW 2005, 3556. 3 BVerfG v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BStBl. II 2003, 534 = FR 2003, 568 = DStR 2003, 633. 4 Groh, FR 2007, 334 (338). 5 BVerfG v. 31.10.2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13, WM 2017, 154 = HFR 2017, 172. 6 BayVGH v. 20.2.2013 – 4 ZB 12.2606, juris 7 OVG Berlin-Brandenburg v. 22.11.2006 – 9 A 68.05, rkr., DStRE 2007, 1270.

Schallmoser

241

Kap. 1 Rz. 1.947 Steuerorientierte Immobilienübertragung

– eine Satzungsregelung, die für die Ermittlung der Betriebskosten der Zweitwohnung auf die Erkenntnisse bei Beginn des Steuerjahres abstellt, gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den landesrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstößt; – die satzungsmäßig bestimmte antizipierte Steuererhebung kein sachlicher Rechtfertigungsgrund ist, für gleichartige Wohnungen den Aufwand nach unterschiedlichen Bemessungskriterien zu ermitteln; – die Kinderzahl bei der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer kein sachlicher Grund für eine Steuerermäßigung ist; – das Entstehen und die Beendigung der Zweitwohnungssteuerpflicht abhängig von der Verwirklichung des Steuertatbestands ist. – Auch der Bayerische VGH1 hat eine Satzungsbestimmung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für unwirksam erklärt, da sie sich von dem der Zweitwohnungsteuer zugrunde liegenden Aufwandsbegriff gelöst habe und unabhängig vom betriebenen Aufwand zu unterschiedlicher Steuerbelastung führen könne. – Nach Auffassung des OVG Mecklenburg-Vorpommern enthält eine Zweitwohnungssteuersatzung für Fälle, in denen der Inhaber der Zweitwohnung weniger als zwei Monate im Jahr über die Wohnung für seine persönliche Lebensführung verfügen kann, keinen wirksamen Steuermaßstab, wenn sie auch insoweit den jährlichen Mietaufwand als Bemessungsgrundlage ansetzt2.

1.947

Wohnung im Sinne des Zweitwohnungsteuerrechts ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen genutzt wird (vgl. Art. 14 Satz 1 MeldeG); hierzu zählen auch ortsfeste Campingwagen, Wohnboote oder Mobilheime3. Aus dem Charakter der Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer folgt, dass der Steuertatbestand nur erfüllt ist, wenn die Wohnung (auch) für den persönlichen Lebensbedarf genutzt oder vorgehalten wird. Dies ist nicht der Fall, wenn die Wohnung zur reinen Kapitalanlage vorgehalten wird4. Auch die Nutzung als Wohnraum durch Kinder des Wohnungsinhabers im Wege eines „Leihverhältnisses“ führt nicht zur Steuerpflicht5. Eine GbR kann, da sie mit dem Innehaben einer Wohnung keinen persönlichen Wohnbedarf befriedigt, nicht zur Zweitwohnungsteuer herangezogen werden. Ein GbR-Gesellschafter unterliegt nur dann der Zweitwohnungsteuerpflicht, wenn er innerhalb der GbR eine beherrschende Stellung einnimmt oder wenn ihm ein eigenes (ggf. zeitlich beschränktes) Nutzungsrecht eingeräumt ist6.

1 Bay. VGH v. 23.2.2010 – 4 N 09.1960, juris. 2 OVG Mecklenburg-Vorpommern v. 24.3.2015 – 1 L 90/13, NVwZ-RR 2015, 710. 3 VG München v. 18.6.2015 – M 10 K 15.482, juris; Schleswig-Holsteinisches VG v. 15.9.2016 – 2 B 78/16, juris; v. 11.10.2016 – 2 A 179/14, juris. 4 Schleswig-Holsteinisches OVG v. 22.7.2016 – 2 LB 12/16, juris. 5 BayVGH v. 29.7.2015 – 4 B 15.877, DStR 2015, 2337; Schleswig-Holsteinisches OVG v. 22.7.2016 – 2 LB 12/16, juris. 6 BayVGH v. 29.7.2015 – 4 B 15.877, DStR 2015, 2337.

242

Schallmoser

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.960 Kap. 1

Zur anteiligen Behandlung der Zweitwohnungssteuer bei Ferienwohnungen als Werbungskosten s. Rz. 1.572.

1.948

1.949–1.959

Einstweilen frei.

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer Literatur und Verwaltungsanweisungen: Eckert in FS für Spiegelberger, Darf der Gesetzgeber die Erbschaftsteuer abschaffen?, Überlegungen zur systematischen Stellung der Erbschaftsteuer im Deutschen Steuerrecht, S. 79; Esskandari, Grundstücksübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt und der frühe Tod, ErbStB 2013, 149; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen, notar 2015, 144; Frenz/Lülsdorf, Rückwirkendes Entfallen von § 25 ErbStG, StB 2013, 205; Geck, Erleichterungen beim Berliner Testament: Geltendmachung des Pflichtteils nach Tod des Verpflichteten durch dessen Alleinerben, DStR 2013, 1368; Grootens, Wohn- und Nießbrauchsrechte in der Erbschaftsteuer, NWB 2011, 1142; Günther, Unentgeltlicher und teilentgeltlicher Erwerb von Immobilien des Privatvermögens, EStB 2013, 464; Halaczinsky, Schenkung- und erbschaftsteuerliche Aspekte bei Kapitalanlagen, ErbStB 2013, 226; Kieser, Der Güterstandswechsel als Gestaltungsmittel, ZErb 2013, 49; Kölmel, Der unentgeltliche Erwerb von Grundstücksrechten durch Minderjährige, RNotZ 2011, 332; Mannek, Die wesentlichen Änderungen durch die Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 im Überblick; ZEF 2012, 6; Oberste Finanzbehörden der Länder: Einräumung eines Nießbrauchsrechts, Überlassung der Ausübung des Nießbrauchs oder Verzicht auf einen Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG, ZEF 2013, 51; Schmidthöfer, Die Kosten der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen, GmbHR 2011, 1139; Siebing in FS für Spiegelberger, Zur Frage des Besteuerungszeitpunktes bei der vorweggenommenen Erbfolge, S. 415; Spiegelberger, Die Zukunft der Erbschaftsteuer nach dem ErbSt-Urt. des BVerfG v. 17.12.2014, ZErb 2015, 229; Spiegelberger/Wartenburger, Die Erbschaftsteuerreform aus verfassungsrechtlicher Sicht, ErbStB 2009, 98; Spilker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an steuerliche Lenkungsregelungen am Beispiel des ErbStG 2009, StB 2013, 345; Stöbener/Gach, Zum Spannungsverhältnis zwischen Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer, ErbStB 2014, 18; Wachter, Die Immobilie im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 524; Wachter, Stiftungen im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, FR 2017, 112.

I. Rechtsentwicklung 1. Reichseinheitliche Regelung Durch das Reichserbschaftsteuergesetz1 wurde die bis dahin von den einzelnen Ländern erhobene Erbschaftsteuer in Deutschland vereinheitlicht, wobei das Preußische Erbschaftsteuergesetz von 1873 Vorbild war. Erfasst wurden der Erwerb von Todes wegen aber auch Schenkungen unter Lebenden. Befreit waren ausdrücklich der Ehegatte sowie die Kinder und Enkelkinder. Die Steuerklasse I begann bei 20.000 M mit 4 % und erreichte bei 1 Mio. M den Steuersatz von 10 %. Entfernte Verwandte und fremde Dritte waren der Steuerklasse IV zugeordnet, die mit 11 % begann und mit 1 Gesetz v. 3.6.1906, RGBl. 1906, 654.

Spiegelberger

243

1.960

Kap. 1 Rz. 1.961 Steuerorientierte Immobilienübertragung

25 % endete. Im Zuge der Erzberger’schen Finanz- und Steuerreform erging das Erbschaftsteuergesetz vom 10.9.19191. Der Besteuerung unterlagen: – der Nachlass des Verstorbenen (Nachlasssteuer), – der Erwerb von Todes wegen (Erbanfallsteuer) und – die Schenkung unter Lebenden (Schenkungsteuer). Die Nachlassteuer begann nach einem Freibetrag von 20.000 M mit einem Steuersatz von 1 % und endete bei über 1 Mio. mit 5 %. Der Erbanfallsteuersatz in der Steuerklasse I betrug bei über 500.000 M 35 % und in der Steuerklasse VI als Spitzensteuersatz 70 %. Für die Schenkungen unter Lebenden und die Ihnen gleichstehenden freigebigen Zuwendungen unter Lebenden galten die Vorschriften über die Erbanfallsteuer sinngemäß2. Aufgrund der mit Gesetz vom 8.4.19223 eingeführten Vermögensteuer wurde die Nachlasssteuer aufgehoben. Das Erbschaftsteuergesetz vom 10.8.19254 beschränkte die Steuerfreiheit des Ehegattenerwerbs auf die Fälle, in denen gemeinsame Abkömmlinge aus der Ehe vorhanden waren. Darüber hinaus wurden die Steuerklasse und die Steuersätze neu geregelt. Danach begann die Erbschaftsteuer in der Steuerklasse I bei 10.000 M mit 2 % und endete bei über 10 Mio. M mit 15 %. In der Steuerklasse V betrug der Spitzensteuersatz 60 %. Nach Kriegsende brachte das Kontrollratsgesetz Nr. 17 eine extreme steuerliche Belastung; für alle Steuerfälle galten nur noch die Sätze der Steuerklasse V, also von 14 bis 60 %. Jegliche Befreiung des Ehegattenerwerbs entfiel. Bereits mit dem Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22.6.19485 begann in der Steuerklasse I die Erbschaftsteuer bei 30.000 DM mit 6 % und endete bei über 10 Mio. mit 38 %. Die Steuerklasse V begann mit 24 % und endete mit 80 %. Der Ehegattenerwerb wurde wieder freigestellt, wenn Kinder aus der Ehe mit dem Erblasser lebten, soweit der Nachlass 500.000 DM nicht überstieg. Aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18.6.19576, das u.a. die Neuregelung des ehelichen Güterrechts brachte, wurde der Zugewinn in § 5a ErbStG 1959 erbschaftsteuerfrei. 2. Erbschaftsteuerreform 1974

1.961

Nach der Erbschaftsteuerreform 19747 unterlagen der Steuer der Erwerb von Todes wegen, die Schenkung unter Lebenden sowie Zweckzuwendungen mit den gleichen Vorschriften. Für Familienstiftungen und Familienvereine wurde die Erbersatzsteuer eingeführt, die in Zeitabschnitten von jeweils 30 Jahren erhoben wird. Gemäß 1 2 3 4 5 6 7

RGBl. 1919, 1543. Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG Einf. Rz. 67. RGBl. 1922, I, 335. RGBl. 1925, I, 320. Steuer- und Zollblatt 1945, 123. BGBl. 1957, I, 609. Gesetz v. 17.4.1974 BGBl. I 1974, 933.

244

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.963 Kap. 1

§ 25 ErbStG wurde der Abzug von Renten- und Nutzungslasten ausgeschlossen, so dass das Steueraufkommen von zuvor 100 Mio. auf 500 Mio. jährlich sprang. Durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 18.8.19801 wurde das Abzugsverbot auf den Teil beschränkt, den der Schenker für sich und seinen Ehegatten oder der Erblasser für den überlebenden Ehegatten als Rente oder als Nutzungsrecht vorbehalten hat, und die zinslose Stundung zugelassen. 3. Entscheidung des BVerfG vom 22.6.1995 Als Folge einer Entscheidung des BVerfG vom 22.6.19952 wurde die erbschaftsteuerliche Wertermittlung auf der Basis der Einheitswerte 1964 für verfassungswidrig erklärt, so dass durch das Jahressteuergesetz 19973 grundsätzlich alle bebauten Grundstücke im Ertragswertverfahren bewertet wurden, § 146 Abs. 2 BewG. Zur Ermittlung des Ertragswerts wurde die Jahresmiete mit dem Faktor 12,5 multipliziert. Mindestens musste der unter Anwendung der Bodenrichtwerte ermittelte Wert des unbebauten Grundstücks angesetzt werden, § 146 Abs. 6 BewG. Die ermittelten Werte für den Grundbesitz hatten eine erhebliche Streubreite und lagen im Schnitt höchstens bei 50 bis 70 % des Verkehrswertes4. Bäuerliche Familienbetriebe waren wegen des Freibetrags von 500.000 DM (§ 13a ErbStG) regelmäßig ohne Erbschaftsteuerbelastung. Die Begünstigungen für das Betriebsvermögen und wesentliche Beteiligungen gem. § 13a ErbStG wurden erweitert und ein besonderer Steuerentlastungsbetrag gem. § 19a ErbStG eingeführt.

1.962

4. Erbschaftsteuerreform 2009 Aufgrund des Vorlagebeschlusses vom 22.5.20025 setzte das BVerfG mit Beschluss vom 7.11.20066 dem Gesetzgeber zur Korrektur des angegriffenen Erbschaftsteuergesetzes eine Frist bis zum 31.12.2008 und machte für die Neuregelung inhaltliche Vorgaben. Das Gericht ging davon aus, dass die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, weil sie an Steuerwerte anknüpfe, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genüge.

1 2 3 4 5

Steuervereinfachungsgesetz v. 18.8.1980, BGBl. 1980 I, 1537. BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvR 552, 91, BStBl. II 1995, 671 = MDR 1995, 1005. Jahressteuergesetz 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049. Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG Einf. Rz. 114. BFH v. 22.5.2002– II R 61/99, BStBl. II 2002, 598 = NJW 2002, 3197 = DStR 2002, 1438 = ZEV 2002, 372 = MittBayNot 2002, 418. 6 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 = BStBl. II 2007, 192 = NJW 2007, 573 = GmbHR 2007, 320 = ZNotP 2007, 135.

Spiegelberger

245

1.963

Kap. 1 Rz. 1.964 Steuerorientierte Immobilienübertragung

a) Vorgaben zur Steuerpflicht

1.964

Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, einmal getroffene Belastungsentscheidungen (hier: Belastung des Vermögenszuwachses beim Erben/Beschenkten) i.S.d. Leistungsfähigkeit und Folgerichtigkeit umzusetzen. Auf der zweiten Ebene könne der Gesetzgeber zur Verfolgung außerfiskalischer Zwecke Sonderregelungen treffen. Das könnte geschehen durch – eine gleichheitskonforme Ausgestaltung, d.h. sachgerechte Abgrenzung des Kreises der Begünstigten (Außengerechtigkeit) und Gleichbehandlung der Begünstigten untereinander (Binnengerechtigkeit), – eine unmittelbare, d.h. nicht von Zufällen abhängige Begünstigungswirkung und – ein Mindestmaß an zweckgerichteter Ausgestaltung mit einem Mindestmaß an gegenseitiger Abstimmung zwischen ausgleichsbedürftigen Nachteilen einerseits und begünstigenden Ausgleichswirkungen andererseits. Eine Ausnahme vom Leistungsfähigkeitsprinzip sei nicht gerechtfertigt durch – rein fiskalische Erwägungen oder – Faktoren, die bereits angemessen in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage eingegangen sind; damit könne z.B. die besondere Sozialbindung bestimmter Vermögensarten einen über die auf der Bewertungsebene berücksichtigte Wertminderung hinausgehenden Verschonungsabschlag nicht rechtfertigen1. Schließlich könne der Gesetzgeber Vereinfachungs- und Typisierungsregeln vorsehen. Er müsse also nicht jeden Sonderfall berücksichtigen, darf dürfe jedoch auch keinen atypischen Fall als Leitbild wählen. b) Vorgaben zum Bewertungsrecht

1.965

Nach Auffassung des BVerfG könne der Wert im erbschaftsteuerlichen Sinn nur der Verkehrswert sein, denn die durch den Vermögenszuwachs beim Erwerber entstandene finanzielle Leistungsfähigkeit bestehe darin, dass er aufgrund des Vermögenstransfers über Geld- oder Wirtschaftsgüter mit einem Geldwert verfüge. Letztere könne durch den Verkauf des Wirtschaftsguts realisiert werden2. c) Grunderwerbsteuer Dem Anspruch des BVerfG auf eine widerspruchsfreie Gesetzesgestaltung wurde in keiner Weise entsprochen, so dass das BVerfG3 § 8 Abs. 2 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärte. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, rückwirkend zum 1.1.2009 eine Neuregelung zu treffen. Gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG n.F. sind in den Fäl1 Vgl. BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02 BVerfGE 117, 1 = BStBl. II 2007, 192 = NJW 2007, 573 = GmbHR 2007, 320 = ZNotP 2007, 135 unter C II 4 d). 2 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02 BVerfGE 117, 1 = BStBl: II 2007, 192 = NJW 2007, 573 = GmbHR 2007, 320 = ZNotP 2007, 135 unter C I 3 b) aa). 3 BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11, BStBl. II 2015, 871 = DStR 2015, 1678 = NJW 2015, 3221.

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Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.968 Kap. 1

len des § 8 Abs. 2 GrEStG die Grundbesitzwerte i.S.d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG zu bemessen. 5. Erbschaftsteuerreform 2016 Aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.20141 hat der Gesetzgeber am 4.11.2016 das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG2 erlassen. Die Neuregelung beschränkt sich im Wesentlichen auf Betriebsvermögen durch Änderung der §§ 13a bis 13d, 19a, 28 und 28a ErbStG. Die Neuregelung wird unter Rz. 1.1011 im Einzelnen dargestellt.

1.966

II. Grenzüberschreitende Besteuerung Literatur: Halaczinsky, Aktuelle Entwicklungen bei der beschränkten Erbschschaft-/Schenkungsteuerpflicht, ErbStB 2017, 142; Watrin/Kappenberg, Internationale Besteuerung von Vermögensnachfolgen, ZEV 2011, 105; Werz in FS für Spiegelberger (2009), Gestaltungsmöglichkeiten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht, S. 584. Beispiel: V hat sich nach seiner Pensionierung nach Gran Canaria zurückgezogen, hat aber den deutschen Wohnsitz nicht aufgegeben. Er will Grundbesitz auf Gran Canaria und in Deutschland im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Kinder übertragen und sich den Nießbrauch vorbehalten.

1.967

1. Unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

1.968

Übersicht: Erbschaftbesteuerung bei Wohnsitzverlagerung ins Ausland

Deutscher Wohnsitz unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG mit dem Weltvermögen

Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG

Wohnsitzverlagerung

Erweiterte Beschränkte unbeschränkte Steuerpflicht Steuerpflicht gem. gem. § 2 Abs. 1 § 4 AStG bezgl. Nr. 3 ErbStG des erweiterten mit dem Inlandsvermögens Inlandsvermögen

5 Jahre

10 Jahre

1 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50 = DStR 2015, 31 = ZEV 2015, 19 = NJW 2015, 303. 2 Gesetz v. 4.11.2016, BgBl. I 2016, 2464 = BStBl. I 2016, 1202.

Spiegelberger

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Kap. 1 Rz. 1.969 Steuerorientierte Immobilienübertragung

a) Wohnsitz und Aufenthaltsort

1.969

Wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber ein Inländer ist, unterliegt der gesamte Vermögensanfall der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die Staatsangehörigkeit ist für die Einordnung als Inländer unerheblich1. Als Inländer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG gelten natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Grundsätzlich können zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn der Steuerpflichtige zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet hat2. Für die Anknüpfung der Besteuerung reicht der inländische Wohnsitz aus.

1.970

Gemäß § 9 AO hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland ist stets anzunehmen, wenn der Inlandsaufenthalt zeitlich zusammenhängend länger als sechs Monate dauert, vgl. § 9 Satz 2 AO, wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben. Der gewöhnliche Aufenthalt ist neben dem Wohnsitz ein alternatives Anknüpfungsmerkmal für die unbeschränkte Steuerpflicht.

1.971

Die unbeschränkte Steuerpflicht umfasst das gesamte Weltvermögen. Bei dem Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht werden die Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibeträge gem. § 16 Abs. 1 ErbStG gewährt, während bei beschränkter Steuerpflicht nur ein Freibetrag i.H.v. 2.000 t gem. § 16 Abs. 2 ErbStG besteht. Um eine darin liegende Diskriminierung zu vermeiden, kann gem. § 2 Abs. 3 ErbStG der Erwerber beantragen, dass ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG gehört (Abs. 1 Nr. 3), insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, wenn der Erwerber zur Zeit des Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.

1.972

Deutsches Erbschaftsteuerrecht gilt auch dann, wenn zwar der Erblasser oder Schenker nicht Inländer ist, aber der Erwerber diese Voraussetzung erfüllt (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG). b) Vermeidung der Doppelbesteuerung

1.973

Bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer herangezogen werden, ist zunächst zu prüfen, ob ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Derartige staatsrechtliche Verträge existieren allerdings nur mit der Türkei, dem Iran und der ehemaligen UdSSR.

1 Vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 2 ErbStG Rz. 17. 2 Vgl. BFH v. 23.11.2000 – VI R 107/99, BStBl. II 2001, 294 = FR 2001, 426 m. Anm. Kanzler.

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Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.976 Kap. 1

In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist gem. § 21 Abs. 1 ErbStG auf Antrag die festgesetzte ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Allerdings ist die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer keineswegs durchgehend gesichert. Auslandsvermögen, das von der ausländischen Steuer betroffen sein muss, ist bei einem inländischen Erblasser oder Schenker nur das Vermögen, das bei Belegenheit im Inland Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG wäre. Das bedeutet, dass in diesen Fällen zwar eine ausländische Steuer auf im Ausland belegenen Grundbesitz anzurechnen ist, nicht aber z.B. eine ausländische Steuer auf Kontenguthaben. Wenn ein potentieller Erblasser oder Schenker Auslandskonten hält, sollten diese entweder in Staaten belegen sein, die von vorne herein innerstaatlich keine beschränkte Steuerpflicht für Konten kennen (z.B. Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein) oder in Staaten, mit denen Deutschland ein „modernes“ DBA mit Ausschluss der Kontenbesteuerung abgeschlossen hat (USA, Dänemark und Schweden, Frankreich), keinesfalls aber in Staaten, die Konten besteuern und mit denen kein DBA besteht (Großbritannien, Irland, Spanien, Italien, Griechenland)1.

1.974

2. Beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Sofern keine unbeschränkte Steuerpflicht besteht, ist § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG maßgebend. Danach besteht eine Steuerpflicht für den Vermögensanfall, der aus Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG besteht. Der Katalog des § 121 BewG umfasst insbesondere das gesamte inländische Grund- und Betriebsvermögen sowie gem. Ziff. 4 Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit anderen ihm nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens zu 1/10 unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.

1.975

Beispiel: Wohnsitzwechsel ins Ausland: Wegen der Erbschaftsteuerreform 2016 mit der Besteuerung von betrieblichen Großerwerben mit einem Wert von über 90 Mio. und somit einer Erbschaftsteuerpflicht i.H.v. 30 % verlegt Unternehmer U mit seinem Sohn S, dem vorgesehenen Unternehmensnachfolger, seinen Wohnsitz nach Österreich und verlegt auch den Sitz der von ihm betriebenen GmbH nach Salzburg. Die GmbH ist auch Eigentümerin von deutschem Grundbesitz.

1.976

Lösungshinweis: Bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, ist auf Anteile i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht § 17 EStG auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 AStG ist die nach Abs. 1 geschuldete Steuer zinslos und ohne Sicherheitsleistung zu stunden. Verlegt eine Körperschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz und scheidet sie dadurch aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat der europäischen Union aus, gilt sie gem.

1 Vgl. Jülicher, Kölner Tage der Unternehmensnachfolge, 2010, S. 379.

Spiegelberger

249

Kap. 1 Rz. 1.977 Steuerorientierte Immobilienübertragung § 12 Abs. 3 KStG als aufgelöst, so dass § 11 KStG anzuwenden ist, nicht jedoch bei einer Verlegung innerhalb der EU1.

3. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht gem. § 4 AStG

1.977

Nach § 4 AStG wird die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ergebende beschränkte Steuerpflicht über das Inlandsvermögen des § 121 BewG hinaus auf weitere Vermögensposten erstreckt, z.B. Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland, Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland, Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften2.

1.978

Die persönlichen Freibeträge für Kinder gelten bei der beschränkten Steuerpflicht nicht. Im Einzelfall kann es danach sinnvoll sein, vor der Schenkung einen inländischen Wohnsitz zu begründen oder das Wahlrecht gem. § 2 Abs. 3 ErbStG auszuüben, wenn ein Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union oder im europäischen Wirtschaftsraum besteht.

1.979

Im Eingangsbeispiel besteht unbeschränkte Steuerpflicht mit dem gesamten Weltvermögen. Die spanische Steuer ist gem. § 21 ErbStG anzurechnen. Eine Übersicht zum Erbschaftsteuerrecht in Spanien finden Sie bei Troll/Gebel/Jülicher3.

1.980

Besteht der Erwerb zum Teil aus Auslandsvermögen, ohne dass ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, ist gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 ErbStG der darauf entfallende Teilbetrag der deutschen Erbschaftsteuer in der Weise zu ermitteln, dass die für das steuerpflichtige Gesamtvermögen einschließlich des steuerpflichtigen Auslandsvermögens sich ergebende Erbschaftsteuer im Verhältnis des steuerpflichtigen Auslandsvermögens zum steuerpflichtigen Gesamtvermögen aufgeteilt wird. Ist das Auslandsvermögen in verschiedenen ausländischen Staaten belegen, ist dieser Teil für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen.

1.981

Beispiel4: Der Erblasser E mit Wohnsitz im Inland wird von seinem im Ausland lebenden Sohn S beerbt. Das steuerpflichtige Gesamtvermögen beträgt 2.750.000 t, das Auslandsvermögen (Grundvermögen) beträgt 1.150.000 t und teilt sich auf die Staaten A und B jeweils zur Hälfte auf. Die im Staat A entrichtete Steuer beträgt 50.000 t, die im Staat B entrichtete Steuer 172.500 t. Es ergibt sich damit ein steuerpflichtiges Gesamtvermögen von 2.750.000 t, so dass die Erbschaftsteuer vor Anwendung des § 21 ErbStG 522.500 t beträgt. Der Höchstbetrag errechnet sich wie folgt: 522.500 Euro × 575.000 Euro 2.750.000 Euro

= 109.250 Euro

1 Blümich/Pfirrmann, § 12 KStG Rz. 94, wonach Verlegungen innerhalb der EU vom Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 KStG nach der Gesetzesbegrünung ausgenommen werden sollten. 2 Vgl. Meincke16, § 2 ErbStG Rz. 12. 3 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 21 ErbStG Rz. 130. 4 Zur Systematik vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 21 ErbStG Rz. 4.

250

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.985 Kap. 1

Die im Staat A gezahlte Steuer i.H.v. 50.000 t ist damit voll anrechnungsfähig, die im Staat B bezahlte Erbschaftsteuer i.H.v. 172.500 t nur bis zu einem Betrag von 109.250 t. Damit sind 63.250 t nicht anrechnungsfähig. Es ergibt sich damit eine Steuerbelastung in Deutschland i.H.v. (522.500 t – 50.000 t – 109.250 t =) 363.250 t. Die Gesamtbelastung beträgt somit (363.250 t + 50.000 t + 172.500 t =) 585.750 t.

III. Übertragungsvarianten Literatur: Landsittel, Die Erbschaftsteuerreform 2016 im praxisorientierten Überblick, ZErb 2016, 383; Mannek, Die wesentlichen Änderungen durch die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 im Überblick, ZEV 2012, 6; Moog/Schweizer, Abfindungsregelung in Gesellschaftsverträgen und das Ende des Stuttgarter Verfahrens, GmbHR 2009, 1198; Müller/Fröhlich, Erbschaftsteuerliche Nachfolgeplanung für Immobilienunternehmen, ErbStB 2010, 14.

1. Vollentgeltliche Rechtsgeschäfte Einem Kaufvertrag mit einem fremden Dritten wird in aller Regel ein vollentgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde liegen. Bei Kaufverträgen unter nahestehenden Personen prüft die Finanzverwaltung verstärkt, ob Leistung und Gegenleistung einander wertmäßig entsprechen. Wenn die nahestehenden Personen ausdrücklich vereinbaren, dass der Leistungsaustausch nach kaufmännischen Grundsätzen erfolgt, ohne dass die verwandtschaftlichen Beziehungen eine Rolle bei der Wertbemessung gespielt hätten, muss dies auch der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn Leistung und Gegenleistung nicht erheblich voneinander abweichen. Donatio non praesumitur1!

1.982

Die in einem Kaufvertrag vereinbarte Stundung des Kaufpreises bis zu einem Jahr stellt keine freigebige Zuwendung dar. Eine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kann regelmäßig auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden, dass der Grundstücksverkäufer im Kaufvertrag die Kaufpreisschuld des Grundstückskäufers über den Zeitpunkt der Grundstücksübergabe und des Übergangs der Nutzungen und Lasten des Grundstückes hinaus zinslos gestundet hat.

1.983

2. Unentgeltliche und teilentgeltliche Rechtsgeschäfte Das Zivilrecht unterscheidet zwischen der reinen Schenkung, der Auflagenschenkung und der gemischten Schenkung2.

1.984

a) Reine Schenkung Gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Die Vorschrift bezweckt, dass ein Erwerb nicht zugleich mit Erbschaft- bzw. Schenkung-

1 Wacke, AcP 191 (1991), 1 (31). 2 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 1 Rz. 27 f.

Spiegelberger

251

1.985

Kap. 1 Rz. 1.986 Steuerorientierte Immobilienübertragung

steuer einerseits und zusätzlich mit Grunderwerbsteuer andererseits belastet werden soll. Allerdings gibt es dennoch Fälle einer Doppelbelastung. Gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG ist nur der Grundstückserwerb durch Erbanfall von der Grunderwerbsteuer befreit, nicht jedoch der Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Sofern der Erbe bereits Mitgesellschafter war und durch den Erbfall sich mindestens 95 % aller Gesellschaftsanteile in der Hand des Erben vereinigen, so ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt. Hier kommt es de facto zu einer Doppelbelastung1. b) Auflagenschenkung

1.986

Beispiel: Die 50-jährige Ehefrau F errichtet im Jahr 2017 mit ihrem Ehemann M und ihrer Tochter T eine vermögensverwaltende KG, in die sie ihr Mietshaus (Baujahr 1950) im Steuerwert (= Verkehrswert) von 3 Mio. Euro einbringt. Alle drei Gesellschafter sind nach der Einbringung mit je 1/3 beteiligt. Die Nettomieteinnahme beträgt jährlich 165 000 t, wobei die pauschalisierten Bewirtschaftungskosten gem. Anlage 23 BewG i.H.v. 21 % bereits berücksichtigt sind.

1.987

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG gilt als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist.

1.988

Aufgrund der Streichung des § 25 ErbStG durch die Erbschaftsteuerreform 2009 führt der Nießbrauch nicht mehr zu einer Stundung der auf den Nießbrauch entfallenden Erbschaftsteuer, sondern zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, so dass die gem. § 14 ErbStG angeordnete Zusammenrechnung von Schenkungen im Zehn-Jahres-Zeitraum eine turnusmäßige steuerfreie Übertragung im Zehn-JahresZyklus unter Abzug der Nießbrauchslast erlaubt.

1.989

Nach Maßgabe der Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG2 errechnet sich der Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung bei einem Multiplikator, der sich wie folgt berechnet: 15,693 < 84,37 % 18,6 Die Bemessungsgrundlage für die Schenkung beträgt 15,63 % aus 3 Mio. Euro = 468.900 t. Auf den Ehemann und den Sohn entfallen je 1/3, also 156.300 t. Die Schenkung bleibt aufgrund der Schenkungsteuerfreibeträge von 500.000 t bzw. 400.000 t schenkungsteuerfrei. Selbst bei der Einbringung eines Objektes im Wert von 6 Mio. Euro bliebe die Schenkung an den Ehemann und das Kind schenkungsteuerfrei.

1 Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer5, Rz. 448, Beispiel 2. 2 BStBl. I 2016, 1167.

252

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.994 Kap. 1

Hinweis: Der kapitalisierte Nießbrauch stellt eine grunderwerbsteuerliche Gegenleistung dar1. Im Beispielsfall bleibt die Übertragung gem. § 3 Nr. 4 und Nr. 6 GrEStG grunderwerbsteuerfrei. Zu Wohnzwecken vermietete Räume werden gem. § 13d ErbStG nur mit 90 % ihres Werts angesetzt, somit mit 2,7 Mio. Euro, wobei auch der Nießbrauchwert auf 422.010 t gekürzt wird.

1.990

Einstweilen frei.

1.991

c) Gemischte Schenkung Beispielsvariante: Anstelle der Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauches verpflichtet sich die Tochter zur Zahlung einer lebenslangen Leibrente.

1.992

Die Vereinbarung einer Leibrente stellt einkommensteuerlich und schenkungsteuerlich nach Auffassung der Finanzverwaltung2 eine Gegenleistung dar, was somit zu einer gemischten Schenkung führt. Die Bereicherung wird in der Weise ermittelt, in dem vom Steuerwert der Leistung des Schenkers die Gegenleistungen des Beschenkten und die von ihm übernommenen Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen werden3. Sofern an Stelle eines Nießbrauchs eine wertgleiche Leibrente vereinbart würde, müsste die Tochter für ihren 1/3-Anteil jährlich 55.000 t an die Mutter entrichten, so dass unter Zugrundelegung des für eine 50-Jährige geltenden Multiplikators von 15,653 die kapitalisierte Leibrente 860.915 t betragen würde. Die Schenkung an die Tochter würde nur noch 139.085 t betragen.

1.993

Durch das JStG 2008 wurde § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der Weise geändert, dass die von den Kindern an die Eltern erbrachten Versorgungsleistungen nur noch zum Sonderausgabenabzug führen, wenn gem. Buchst. a und b Betriebsvermögen oder gem. Buchst. c ein mindestens 50 % betragender GmbH-Anteil übertragen wird. Das gesamte steuerliche Privatvermögen, insbesondere also alle im steuerlichen Privatvermögen befindlichen Immobilien und GmbH-Anteile unter 50 % wurden aus dem Sonderausgabenabzug eliminiert4. Die einkommensteuerlichen Folgen der bei einer vorweggenommenen Erbfolge vereinbarten Leibrente sind katastrophal, wie dieses Beispiel zeigt. Unterstellt man, dass die Tochter als Single jährlich 25.000 t netto verdient, ergibt sich für die Tochter T folgende

1.994

1 2 3 4

Vgl. FinMin. Baden-Württemberg, DStR 2009, 856. Tz. 57 IV. Rentenerlass BStBl. I 2010, 227. Mannek, ZEV 2012, 6; Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz4, § 7 ErbStG Rz. 50. Kritisch hierzu Spiegelberger, DStR 2010, 1822 und 1880. Die Gesetzesänderung hat das über 100-jährige Rechtsinstitut der vorweggenommenen Erbfolge schwer beschädigt. Die Gesetzesinitiative ging vom Finanzministerium Nordrhein-Westfalen aus. Die dort zuständige Referentin Killat/Risthaus hat die eingetretenen Rechtsfolgen nachträglich selbst bedauert, vgl. DB 2010, 803 (811) und die Rückkehr zu dem vor den 1.1.2008 geltenden Recht empfohlen.

Spiegelberger

253

Kap. 1 Rz. 1.994 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Liquiditätsbetrachtung: Vereinfachte Liquiditätsberechnung (ohne ESt-Progression) Überschuss nach Rentenzahlung u. Erhaltungsaufwendungen ./. 48.000,./. 16.200

Werbungskosten 60.000 1) Erhaltungsaufwendungen Anh. 23 BewG 27 %

16.200

2) Zinsanteil Rente 30 % aus 48.000

64.200

./. 64.200 § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG

Summe

./. 4.200 3) AfA § 11d EstDV nach Ablauf von 50 Jahren

14.400 0

4) AfA aus kapitalisierter Rente 48.000 ./. 14.400 =

33.600

33.600 × 15,693 (50-jährige Frau) =

527.284

davon entfällt auf Gebäudeanteil geschätzt 1/2

263.642

2 % AfA

5.272

Summe

35.872

5) Einkommensteuer aus (60.000 ./. 35.872) =

24.128

3.696

Unterdeckung 4.200 3.696 7.896

Die Grundtabelle ergibt eine Einkommensteuerbelastung von 25 358 t jährlich, so dass die vorweggenommene Erbfolge scheitert. Amann1 hat zutreffend als einzigen Ausweg die Vereinbarung eines Quotennießbrauchsrechts als Gestaltungsalternative empfohlen. d) Die Behandlung des Pflichtteils in der Erbschaftsteuer Literatur: Doering-Striening/Horn, Der Übergang von Pflichtteilsansprüchen von Sozialhilfebeziehern, NJW 2013, 1276; Herrler, Minimierung des Pflichtteils, notar 2010, 92; Keim, 1 Amann, FS für Spiegelberger (2009), 1161.

254

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.995 Kap. 1

Pflichtteilsergänzung auch ohne Pflichtteilsrecht im Schenkungszeitpunkt, NJW 2012, 3484; Krüger, Der Pflichtteilsanspruch im Erbschaftsteuerrecht, ZErb 2014, 102; Lange, Der Pflichtteilsanspruch entfernter Berechtigter bei Pflichtteilsverzicht näher Berechtigter, ZEV 2015, 69; Lohr/Görges, Die Behandlung des Pflichtteils in der Erbschaftsteuer, DStR 2011, 1939; Paus, Aktuelle Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Pflichtteilsansprüchen, ErbStB 2017, 12; Roth, Erbauseinandersetzung und Pflichtteilsanspruch im Erbschaftsteuerrecht, RNotZ 2013, 193; Sagmeister, Pflichtteilsrechtliche und erbschaftsteuerliche Probleme bei trans-/postmortalen Vollmachten, MittBayNot 2013, 107; Schuck, Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen als Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 10 Abs. 5 ErbStG und „wirtschaftliche Belastung“, FS für Spiegelberger (2009), S. 409; Schotten, Wirkungen eines Erboder Pflichtteilsverzichts auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht des Verzichtenden einerseits und dritter Personen andererseits, RNotZ 2015, 412; Stretz, Vorweggenommene Erbfolge unter Ausschluss von Pflichtteilsansprüchen, MittBayNot 2013, 23; Wälzholz, Aktuelle Gestaltungsprobleme im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – Insbesondere bei der Testamentsgestaltung, MittBayNot 2014, 417. Beispiel: Aufgrund eines Berliner Testaments ging das Einfamilienhaus des V auf seine Ehefrau M als Gesamtrechtsnachfolgerin im Jahr 1994 über; die Tochter T machte keinen Pflichtteilsanspruch geltend. Im Jahr 2017 überträgt M im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Anwesen auf ihre Tochter T. Da der Schenkungsteuerfreibetrag i.H.v. 400.000 t im Verhältnis von M zu T zur Schenkungsteuerfreiheit nicht ausreicht, rät Notar N der Tochter T, den verjährten Pflichtteilsanspruch nach dem Vater V aus dem Jahre 1994 geltend zu machen. M stimmt dieser Regelung zu. Das Finanzamt will den Pflichtteilsanspruch der T nach V wegen Verjährung nicht anerkennen. Wenn tatsächlich nachträglich der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden könne, sei die zinslose Stundung eine zusätzliche Schenkung.

V† 1994 M

2017 T

Spiegelberger

255

1.995

Kap. 1 Rz. 1.996 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.996

Gemäß § 2303 BGB kann ein Abkömmling des Erblassers den Pflichtteil verlangen, wenn er von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Der zivilrechtlich entstandene Pflichtteilsanspruch ist aber erst steuerpflichtig, wenn er entweder geltend gemacht wurde oder für den Verzicht auf Geltendmachung oder für das Unterlassen der Geltendmachung eine Abfindung entrichtet wird. Nach Eintritt der Verjährung kann der Schuldner, also der überlebende Elternteil, auf die Einrede der Verjährung verzichten. Eine Zustimmung des Finanzamtes ist hierzu nicht erforderlich, so dass bei einem Verzicht auf die Verjährungseinrede der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden kann1.

1.997

Erbschaftsteuerlich ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nur der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch steuerbar, so dass in dem vorgenannten Beispiel ein zu versteuernder Pflichtteilsanspruch erst durch die Geltendmachung und den Verzicht auf die Einrede im Jahre 2014 entstanden ist. Nur dann, wenn für die Unterlassung der Geltendmachung oder für den Verzicht auf Geltendmachung eine Abfindung vereinbart wird, tritt eine Steuerpflicht gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ein. Übersicht: Erbschaftsteuerpflicht bei Pflichtteilsansprüchen

Entstehung des PfTA gem. § 2303 BGB

Versterben

ohne Abfindung nicht steuerbar Unterlassung der Geltendmachung

gegen Abfindung steuerpflichtig gem. § 3 II Nr. 4 ErbStG

Geltendmachung

sofort steuerpflichtig gem. § 3 I Nr. 1 ErbStG

Verzicht auf Geltendmachung

steuerpflichtige Schenkung gem. § 3 II Nr. 4 ErbStG

Geltendmachung trotz Verjährung

steuerpflichtig gem.§ 3 I Nr. 1 ErbStG und rückwirkender Abzug beim Erben

Zeitschiene

1 Muscheler, ZEV 2001, 377 (383); Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz4, § 15 ErbStG Rz. 75; eine Pflichtteilsverbindlichkeit, die erst geraume Zeit (im Entscheidungsfall sechs Jahre) nach dem Erbfall geltend gemacht wird, ist dennoch regelmäßig mit ihrem Nennwert und nicht mit einem abgezinsten Wert abzuziehen, vgl. FG Hamburg v. 5.1.1977 – II 83/75, rkr., EFG 1977, 269.

256

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1000 Kap. 1

Bei zinslos gestundeten Pflichtteilen wird der Pflichtteilsverpflichtete durch Gewährung einer unentgeltlichen Nutzung des von ihm geschuldeten Kapitals bereichert. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils wird dabei von der Finanzverwaltung mit 5,5 % der Geldsumme angesetzt (vgl. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 BewG). Dies gilt entsprechend bei niedrig verzinslichen Darlehen. Nach der Rechtsprechung des BFH1 ergibt sich der Jahreswert des Nutzungsvorteils regelmäßig aus der Differenz zwischen 5,5 % abzgl. des vereinbarten Zinssatzes. Die Finanzverwaltung beruft sich auf § 13 Abs. 3 Satz 2 BewG, wonach ein anderer Zinssatz als 5,5 % ausdrücklich nicht erlaubt sei2. Angesichts des nach 2010 stark gesunkenen banküblichen Zinsniveaus und im Hinblick auf die Diskussion über Strafzinsen bei Guthaben scheint die Auffassung der Finanzverwaltung überholt, zumal der BFH3 in einem anderen Zusammenhang von einer Anpassung des Zinssatzes an die zwischenzeitliche Entwicklung der Marktzinsen ausgeht.

1.998

IV. Familienheime Literatur: Mensch, Steuerliche Auswirkungen der Erbauseinandersetzung bei Vorliegen eines Familienheims oder eines zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücks, ZEV 2016, 75; Moench, 10 gutgemeinte Ratschläge zum Umgang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer in der „Otto-Normal-Familie“, ZEV 2013, 21; Pahlke, Reform der Erbschaftsteuer durch Abbau von Verschonungsregelungen?, ZEV 2015, 377; Reimann, 15 Ratschläge zum Umgang mit dem Familienheim, ZEV 2010, 174; Selbherr, Urteilsanmerkung zu BFH: Steuerbefreiung für letztwillige Zuwendung eines Wohnungsrechts an Familienwohnung an längerlebenden Ehegatten, MittBayNot 2015, 531; Wachter, Die Immobilie im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 524.

1. Zuwendungen unter Lebenden gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG Die frühere Regelung wurde im Kern beibehalten, aber verbessert4. Nach altem Recht war die Steuerbefreiung nur gegeben, wenn das Objekt entweder ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde5 oder zu der eigenen Wohnnutzung nur unschädliche Nebennutzungen hinzutraten, vgl. R 43 Abs. 1 ErbStR 2003 und H 43 ErbStH 2003. Sofern neben der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken sonstige Nutzungen hinzutraten, entfiel die Begünstigung im Ganzen6.

1.999

Begünstigt sind auch solche Immobilien, die nur teilweise für eigene Wohnzwecke genutzt werden. Allerdings ist die Begünstigung auf den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil beschränkt7 (s. Rz. 4.417 f.).

1.1000

1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 27.10.2010 – II R 37/09, BStBl. II 2011, 134 (136). Vgl. Ländererlasse FinMin. BW, BStBl. I 2010, 810. BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, DStR 2013, 2677 (2685). Zur Rechtsentwicklung s. Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 13 ErbStG Rz. 29. Vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 13 ErbStG Rz. 65. Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 18.2.1999 – 4 K 2180/98, ZEV 1999, 244. Vgl. Schumann, DStR 2009, 197 (198).

Spiegelberger

257

Kap. 1 Rz. 1.1001 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.1001

Es bleibt auch dabei, dass keine zahlenmäßige Begrenzung der Objekte besteht. Auch eine Wertobergrenze ist nicht gegeben.

1.1002

Schon früher wurde von der Finanzverwaltung gefordert, dass die Begünstigung nur gewährt wird für Objekte, in denen sich „der Mittelpunkt des familiären Lebens“ befindet, vgl. R 43 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2003. Da in der neu geschaffenen Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4b EStG ausdrücklich gefordert wird, dass das Familienheim den Lebensmittelpunkt bilden muss, ist auch nach neuem Recht anzunehmen, dass Zweit-, Wochenend- und Ferienwohnungen nicht mehr steuerfrei übertragen werden können1.

1.1003

Die Gesetzesbegründung2 deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber von einem gemeinsamen Bewohnen des begünstigten Objekts ausgeht, so dass der Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraumes nur gegeben ist, wenn die Wohnung von mehreren Familienmitgliedern genutzt wird. Bei getrennt lebenden Ehegatten ist zu fordern, dass die Wohnung irgendwann vor der Trennung der Ehegatten von ihnen gemeinsam bewohnt worden ist3. Vor dem Hintergrund europarechtlicher Vorgaben können Familienheime i.S.d. Steuerbefreiungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4a, b und c ErbStG und nunmehr bebaute Grundstücke gem. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG sein, die im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des europäischen Wirtschaftsraumes belegen sind4. 2. Erwerb von Todes wegen durch Ehegatten/Lebenspartner gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG

1.1004

In der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/11107 ist ausgeführt: „Die Regelung zur Steuerfreistellung von Wohneigentum für Ehegatten und Lebenspartner entspricht im Übrigen dem geltenden Recht einer Steuerbefreiung für die lebzeitige Zuwendung eines Familienheims unter Ehegatten nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.“

Wegen des verwendeten Begriffs „Familienheim“ und der Gesetzesbegründung schließt die Finanzverwaltung Zweit-, Ferien- und Wochenendhäuser von der Begünstigung aus5. Abweichend von der lebzeitigen Übertragung verlangt der Gesetzgeber, dass der Erwerber die Wohnung zehn Jahre nach dem Erwerb selbst nutzt (zum Nachsteuervorbehalt s. Rz. 4.419). War der Erblasser aus dringenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bis zum Erbfall gehindert, so wird die Steuer1 BFH v. 18.7.2013 – II R 35/11, BStBl. II 2013, 1051 = DStR 2013, 2389 = ZEV 2013, 688 = DNotZ 2014, 271; Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 13 ErbStG Rz. 32; Schumann, DStR 2009, 197 (198). 2 BT-Drucks. 16/11107. 3 Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 13 ErbStG Rz. 33; Schlünder/Geißler, DStR 2006, 260 (261). 4 Vgl. Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2009, 85 (86). 5 Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 13 ErbStG Rz. 36; Schumann, DStR 2009, 199; vgl. auch BFH v. 18.7.2013 – II R 35/11, BStBl. II 2013, 1051 = DStR 2013, 2389 = ZEV 2013, 688 = DNotZ 2014, 271, zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

258

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1005 Kap. 1

befreiung dennoch gewährt. Die Steuerbefreiung fällt jedoch insgesamt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert1. Das Gesetz trifft selbst keine Aussage, wie der zwingende Grund definiert ist. In den im Internet abrufbaren Informationen des BMF wird hierzu lediglich ausgeführt, dass es zwingende objektive Gründe, wie z.B. der Tod oder erhebliche Pflegebedürftigkeit i.S.v. Pflegestufe III sein müssen2.

Übertragung von Familienheimen unter Ehegatten

zu Lebzeiten

von Todes wegen

• keine Behaltensfrist • keine Wertbegrenzung • kein Objektverbrauch

• Selbstnutzung 10 Jahre • keine Wertbegrenzung • faktisch nur ein Objekt

3. Erwerb von Todes wegen durch Kinder/Enkel gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG Die Regelung entspricht in ihrer Grundstruktur derjenigen für Ehegatten und Lebenspartner, enthält aber eine Größenbegrenzung der Wohnfläche auf maximal 200 qm, so dass der über diese Wohnfläche hinausgehende Teil des Familienwohnheims steuerpflichtig bleibt. Der Erblasser muss die Wohnung bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert gewesen sein. Der Erwerber muss die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung beziehen, es sei denn, dass zwingende Gründe für die Aufgabe der Selbstnutzung vorliegen3 (s. auch Rz. 4.420). 1 Vgl. Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2009, 87. 2 Vgl. Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2009, 87. 3 Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, § 13 ErbStG Rz. 42; Schumann, DStR 2009, 197 (200).

Spiegelberger

259

1.1005

Kap. 1 Rz. 1.1006 Steuerorientierte Immobilienübertragung

V. Wohnungsunternehmen Literatur: Cölln, ErbStR 2011: Die Behandlung von Immobilienunternehmen, ZEV 2012, 133; FinMinBayern, Erl. v. 12.7.2010, 34-S 3812b-001-27200/10, Vorliegen eines Wohnungsunternehmens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1d ErbStG, ZEV 2010, 432; Ivens, Wohnungsunternehmen als begünstigtes Vermögen nach § 13b ErbStG, DStR 2010, 2168; Königer, Die steuerliche Vorteilhaftigkeit von Wohnungsunternehmen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d ErbStG – eine quantitative Betrachtung, BB 2014, 601; Möhrle/Gerber, Wohnungsunternehmen im ErbStG, DB 2011, 903; Reich, Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht, BB 2016, 2647; Wachter, Steuerliche Verschonung des Erwerbs von vermieteten Wohnimmobilien, ZEV 2015, 266.

1.1006

Beispiel: Bauträger X will den Wohnungsbestand, der bisher nicht verkäuflich war und vermietet wurde, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Abkömmlinge übertragen.

1.1007

Gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d ErbStG unterliegen Wohnungsunternehmen den Begünstigungen gem. §§ 13a und 13b ErbStG, wenn die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i.S.d. § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) erfordert. Neben den gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung, nämlich – Betriebsvermögen, – Hauptzweck in der Vermietung von Wohnungen und – Erfordernis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs hat die Finanzverwaltung weitere Kriterien in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 genannt.

1.1008

Gemäß RE 13b.13 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 20111 ist die Nichtbeanstandungsgrenze ein Bestand von mehr als 300 eigenen Wohnungen. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kann auch von einer anderen Gesellschaft ausgeübt werden. Der Kriterienkatalog für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt folgende Einzelheiten auf: – Umfang der Geschäfte, – Unterhalten eines Büros, – Buchführung zur Gewinnermittlung, – umfangreiche Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte, – Bewertung der Tätigkeit, – Anbieten der Dienstleistung/der Produkte einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber.

1 BStBl. I 2011, Sondernr. 1, 2.

260

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1010 Kap. 1

Differenziert wird zwischen Grundstücken, die zu Wohnzwecken und solchen, die zu gewerblichen Zwecken vermietet werden. Der Hauptzweck der Wohnungsvermietung ist erfüllt bei folgender Formel:

1.1009

Summe Grundbesitzwerte der zu Wohn- . 50 % der Grundbesitzwerte aller zwecken vermieteten Grundstücke vermieteten Grundstücke In dem Beispielsfall ist die Steuervergünstigung für Wohnungsunternehmen nicht erreichbar, da der Hauptzweck eines Bauträgerunternehmens nicht die Wohnungsvermietung ist. Die Begünstigungsnorm käme erst nach der vorherigen Ausgliederung des vermieteten Wohnungsbestandes aus dem Bauträgerunternehmen in ein gesondertes Wohnungsunternehmen in Betracht. Die in den Richtlinien genannte Nichtbeanstandungsgrenze von 300 Wohnungen wird in der Literatur zu Recht beanstandet1. Es kann keinen Unterschied machen, ob ein Wohnungsunternehmen 300-Ein-Zimmer-Appartements oder 150 Wohnungen, bestehend aus mehreren Räumen, vermietet.

VI. Verschonungsregelung für Betriebsvermögen gem. §§ 13a und 13b i.V.m. § 19a ErbStG Literatur: Altendorf/Köcher, Nießbrauch an (mitunternehmerischem) Personengesellschaftsanteil, GmbH-StB 2013, 13; Crezelius, Erbschaftsteuerreform 2016: ein rechtssystematischer Überblick, ZEF 2016, 541; Geck, Erbschaftsteuerreform 2016: Die neuen Voraussetzungen der Verschonung von Unternehmensvermögen unter Einschluss der Nachsteuertatbestände, ZEV 2016, 546; Götz, Schenkungsteuerliche Risiken im Hinblick auf den Quotennießbrauch bei Mitunternehmeranteilen?, ZEF 2013, 430; Hannes, Erbschaftsteuerreform 2016: Neuregelungen zur Bewertung und zum Umfang der Verschonung, ZEV 2016, 554; Holtz, Erbschaftsteuerreform 2016 – Das neue Verschonungssystem für Unternehmensvermögen, NJW 2016, 3750; Jehle/Löcherbach/Viskorf, Die Erbschaftsteuerreform 2016 – Ein erster Überblick, DStR 2016, 2425; Kleinert/Geuß, Schenkung einer mitunternehmerischen Beteiligung unter Vorbehalt oder Zuwendung eines (Quoten-)Nießbrauchs, DStR 2013, 288; Korezkij, Neuer Verwaltungsvermögentest im Konzern aus der Sicht eines Rechtsanwenders – Der Weg vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 2 bis 10 ErbStG, DStR 2016, 2434; Kotzenberg/Jülicher, Erbschaftsteuerreform: Die gesetzlichen Neuregelungen für die Unternehmensnachfolge, GmbHR 2016, 1135; Landsittel, Die Erbschaftsteuerreform 2016 im praxisorientierten Überblick, ZErb 2016, 383; Mannek, Die wesentlichen Änderungen durch die Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 im Überblick, ZEV 2012, 6; Oppel, Ende gut, alles gut? Überblick über die Neuregelung der sachlichen Steuerbefreiungen für Unternehmensvermögen im ErbStG, SteuK 2016, 469; Pauli, Die Bewertung von unternehmensverbundenen Immobilien, ZEV 2011, 277; Reich, Gestaltungen im neuen Unternehmenserbschaftsteuerrecht, DStR 2016, 2447; Reich/Heynen, Erbschaftsteuerreform 2016 – Das vorläufige Ende einer Hängepartie, BB 2017, 22; Riedel, Bewertung anhand anderer „anerkannter“ und „üblicher“ Methoden i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 2, 3. Alt. BewG, ZErb 2013, 161; Riedel, „Verschonungskonzepte“ für Unternehmensvermögen nach dem ErbStG 2016, ZErb 2016, 371; Schothöfer, Die Kosten der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen, GmbHR 2011, 1139; Seer/Michalowsky, Die erbschaftsteuerliche Behandlung des Unternehmensvermögens nach neuem Recht – unkalkulierbar und nach wie vor im verfassungsrechtlichen Fokus!, 1 Von Cölln, ZEV 2012, 133 (136).

Spiegelberger

261

1.1010

Kap. 1 Rz. 1.1011 Steuerorientierte Immobilienübertragung GmbHR 2017, 609; Spiegelberger, Unternehmensvermögen in der Erbschaftsteuer, GmbHR 2012, R225; Spiegelberger, Die Zukunft der Erbschaftsteuer nach dem ErbSt-Urt. des BVerfG vom 17.12.2014, ZErb 2015, 229; Viskorf/Löcherbach/Jehle, Erbschaftsteuerreform 2016 – Ein erster Überblick, DStR 2016, 2425; Wächter, Unternehmensnachfolge 2017: Anwendungsfragen des neuen ErbStG, GmbHR 2017, 1; Wälzholz, Die Poolabrede i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG in der notariellen Praxis, MittBayNot 2013, 281; Wälzholz, Aktuelle Entwicklungen der Erbschaftsteuer in der notariellen Praxis, DNotZ 2016, 779; Wartenburger, Erbschaftsteuerreform 2016, MittBayNot 2017, 220; Watrin/Linnemann, Steuerplanung der Unternehmensnachfolge nach neuem Recht, DStR 2017, 569; Wollny, Vereinfachtes Ertragswertverfahren – Anmerkungen zur Verletzung der Steueräquivalenz, DStR 2012, 1356.

1. Erbschaftsteuerreform 2016 a) Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014

1.1011

Aufgrund einer Vorlage des BFH1 hat das BVerfG nur die betrieblichen Vergünstigungen gem. § 13a, § 13b i.V.m. § 19 Abs. 1 ErbStG beanstandet. Der Leitsatz Nr. 4 der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.20142 lautet: Die Verschonung von Erbschaftsteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens in §§ 13a und 13b ErbStG ist angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. a) „Es liegt allerdings im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittelständische Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und damit auch zur Erhaltung der Arbeitsplätze von der Erbschaftsteuer weitgehend oder vollständig freizustellen. Für jedes Maß der Steuerverschonung benötigt der Gesetzgeber allerdings tragfähige Rechtfertigungsgründe. b) Die Privilegierung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. c) Die Lohnsummenregelung ist im Grundsatz verfassungsgemäß; die Freistellung von der Mindestlohnsumme privilegiert aber den Erwerb von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten unverhältnismäßig. d) Die Regelung über das Verwaltungsvermögen ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie den Erwerb von begünstigtem Vermögen selbst dann uneingeschränkt verschont, wenn es bis zu 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, ohne dass hierfür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliegt.“

1.1012

Mit dem Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.20163 hat der Gesetzgeber eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Klein- und Mittelbetrieben einerseits und dem sog. Großerwerb andererseits gezogen4. 1 BFH v. 27.9.2012 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 899. 2 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50 = DStR 2015, 31 = ZEV 2015, 19 = NJW 2015, 303. 3 BStBl. I 2016, 1202. 4 Hierzu Stalleiken in von Oertzen/Loose, § 13a ErbStG Rz. 27 ff.

262

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1015 Kap. 1

Bei Klein- und Mittelbetrieben wurde die bisherige Begünstigung von Betriebsvermögen im Wesentlichen bestätigt, insbesondere die 85%ige Minderung der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer bei der Regelverschonung und auch die völlige Erbschaftsteuerfreiheit bei der Optionsverschonung. Dabei sind auch die bisherigen Laufzeiten bei der Regelverschonung für fünf Jahre und bei der Optionsverschonung mit sieben Jahren geblieben. Geändert wurde im Wesentlichen nur Folgendes: b) Verwaltungsvermögen Die Grenzen des Verwaltungsvermögenstests entfallen für die Regelverschonung, so dass Verwaltungsvermögen grundsätzlich wie Privatvermögen versteuert wird und dadurch zu einer erheblichen Steuererhöhung auch bei Klein- und Mittelbetrieben führt. Unschädliches Verwaltungsvermögen ist gem. § 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG nur noch der Teil des Verwaltungsvermögens, der 10 % des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Wert des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Für die Optionsverschonung ist gem. § 13a Abs. 10 Satz 2 ErbStG Voraussetzung, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 und 4 besteht. Dabei bestimmt sich der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Unternehmens nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (d.h. Brutto-Verwaltungsvermögen ohne Schuldenkürzung) zum Unternehmenswert nach §§ 151, 157 BewG.

1.1013

c) Lohnsummenregelung Die bisherige Lohnsummenregelung für Betriebe mit über 20 Arbeitnehmern wurde vom BVerfG beanstandet. Die neue Lohnsummenregelung lautet folgendermaßen: Betriebe mit … Beschäftigten

Mindestlohnsumme für Regelverschonung

1.1014

Mindestlohnsumme für Optionsverschonung

6 bis 10

250 %

500 %

11 bis 15

300 %

565 %

. 15

400 %

700 %

d) Familienunternehmen Für den Erwerb von Anteilen an Familienunternehmen, die durch Entnahmen-, Ausschüttungs- und Verfügungsbeschränkungen geprägt sind, wird ein Vorab-Abschlag von max. 30 % geschaffen. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen müssen mindestens zwei Jahre vor und 20 Jahre nach der Entstehung der Steuer bestehen, § 13a Abs. 9 ErbStG.

Spiegelberger

263

1.1015

Kap. 1 Rz. 1.1016 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Die vorstehende Vergünstigung ist an folgende Voraussetzungen gebunden: – Die Entnahme oder Ausschüttung ist auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt. – Die Verfügung über die Beteiligung/den Anteil ist auf Mitgesellschafter, Angehörige i.S.d. § 15 AO oder auf Familienstiftungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG beschränkt. – Für den Ausscheidungsfall ist eine Abfindung unter dem gemeinen Wert der Beteiligung/des Anteils vorgesehen. Die Höhe des Abschlags entspricht der in dem Gesellschaftsvertrag oder der in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen. e) Großerwerb

1.1016

Überschreitet der Erwerb die Grenze von 26 Mio. Euro (sog. Großerwerb), kann der Erwerber zwischen zwei Verschonungsmodellen wählen: – Bei dem Abschmelzungsmodell wird der Verschonungsabschlag gem. § 13c Abs. 1 ErbStG von grundsätzlich 85 % bzw. 100 % mit zunehmender Höhe reduziert und endet bei einem Erwerb von 90 Mio. Euro. – Anstelle des Verschonungsabschlags gem. § 13c ErbStG kann der Steuerpflichtige gem. § 28a ErbStG eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. – Bei diesem Erlassmodell wird die Steuer ganz oder teilweise erlassen, wenn der Erwerber die Steuer nicht aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann. Dieser Steuererlass ist auch bei einem Erwerb von mehr als 90 Mio. Euro möglich. f) Stundung

1.1017

In jedem Fall kann eine Steuerstundung gem. § 28 ErbStG bis zu sieben Jahre beantragt werden, wobei der erste Jahresbetrag bis ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer zinslos gestundet werden kann. 2. Regelverschonung

1.1018

Für den Fall der Betriebsfortführung auf die Dauer von fünf bzw. sieben Jahre hat der Gesetzgeber in §§ 13a und 13b i.V.m. § 19a ErbStG eine weitgehende Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer angeordnet1.

1 Zu einer Übersicht über die Erbschaftsteuervergünstigungen für Betriebe in benachbarten EU-Staaten vgl. Spiegelberger, GmbHR 2012, R 225.

264

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1021 Kap. 1

Zur Unternehmenskontinuität gehört auch die frühzeitige Einbindung des Unternehmensnachfolgers durch Beteiligung am Unternehmen oder durch Unternehmensübertragung. Die vorweggenommene Erbfolge bietet erhebliche Erbschaftsteuerminderungen, die im Zehn-Jahres-Zyklus gem. § 14 ErbStG durchgeführt werden können.

1.1019

Beispiel: Unternehmer U, 65 Jahre alt, will sein Unternehmen auf einen Abkömmling übertragen, wobei der Steuerberater das begünstigte Betriebsvermögen mit 2,8 Mio. Euro nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren gem. § 199 BewG ermittelt hat. Das Verwaltungsvermögen beträgt weniger als 10 % und zählt damit zum begünstigungsfähigen Vermögen.

1.1020

Regelverschonung Unternehmensbewertung: 5-jährige Betriebsfortführung Unternehmenswert – Verschonungsabschlag (85 %)

2.800.000 € 2.380.000 €

= nicht begünstigtes Betriebsvermögen

420.000 €

– Abzugsbetrag 50 % des die Wertgrenze von 150.000 € übersteigenden Betrags Abschmelzung Abzugsbetrag → 420.000 € – 150.000 € davon 50 % Verbleibender Abzugsbetrag → 150.000 € – 135.000€ = zu versteuernder Wert des Betriebsvermögens Kindesfreibetrag in Höhe von Differenz sofort zu entrichtende Steuer in Höhe von 7%

15.000 €

270.000 € 135.000 € 15.000 € 405.000 € 400.000 € 5.000 € 350 €

Unter Ansatz des Schenkungsteuerfreibetrages i.H.v. 400.000 t gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG entsteht nur eine Schenkungsteuer i.H.v. 350 t, wobei noch keine Versorgungsleistungen zugunsten des Übergebers angesetzt sind. Versorgungszahlungen werden kapitalisiert als Gegenleistung berücksichtigt, so dass das steuerfreie Übertragungsvolumen sich noch erheblich erhöhen würde.

Spiegelberger

265

1.1021

Kap. 1 Rz. 1.1022 Steuerorientierte Immobilienübertragung

3. Optionsverschonung

1.1022

Bei einer Option auf eine siebenjährige Betriebsfortführung wird das gesamte Betriebsvermögen schenkungsteuerfrei übergeben, wenn die nachfolgend aufgeführten Kriterien erfüllt werden. Zusammenfassung der Begünstigungsregelungen und Voraussetzungen für deren Gewährung Gesetzliche Regelung

Regelverschonung (Grundmodell)

Optionsverschonung (Optionsmodell)

1. Verschonungsabschlag

85 %

100 %

2. Verwaltungsvermögen

bis zu 10 % begünstigt mehr als 90 % steuerschädlich

400 % in 5 Jahren

mehr als 20 % steuerschädlich 700 % in 7 Jahren

bei 11 bis 15 Arbeitnehmern

300 %

565 %

bei 6 bis 10 Arbeitnehmern

250 %

500 %

bis zu 5 Arbeitnehmer

keine Lohnsummenkontrolle

4. Behaltensfrist

5 Jahre

7 Jahre

zulässige Entnahmen

erwirtschaftete Gewinne, Ausschüttungen und Einlagen in der Behaltensfrist + zusätzliche 150.000 t

4. Das Ende der Cash-GmbH Literatur: Korezkij, Verwaltungsvermögentest nach dem ErbStG: Neue Spielregeln, Zweifelsfragen und Lösungsvorschläge, DStR 2013, 1764; Mannek, Erweiterung des Verwaltungsvermögens auf Finanzmittel, ErbStB 2013, 343.

1.1023

Das Ziel der Erbschaftsteuerreform 2009 war, Produktions- und Dienstleistungsunternehmen zur Erhaltung der Arbeitsplätze zu begünstigen und Betriebe, die überwiegend Verwaltungsvermögen aufweisen, aus der Erbschaftsteuerbegünstigung auszunehmen.

1.1024

§ 13b Abs. 2 ErbStG enthält umfangreiche Abgrenzungen, wonach sogar verpachtete Grundstücke grundsätzlich Verwaltungsvermögen darstellen. Die Zuordnung von Geld- und vergleichbaren Finanzmitteln war im Erbschaftsteuergesetz nicht ausdrücklich geregelt. Kühne Praktiker sahen in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 RE 13b.171 eine Legitimation für eine Cash-GmbH, die regelmäßig einen Pseudobetrieb darstellt. Ein leerer GmbH-Mantel und eingezahltes Bargeld weisen keinerlei betrieb1 BStBl. I 2011, Sondernr. 1, 2, 44.

266

Spiegelberger

H. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Rz. 1.1026 Kap. 1

liche Strukturen auf, so dass die Konzeption der gewerblichen Prägung von Bargeld durch eine GmbH-Gründung nur dem Ziel diente, umfangreiche Barmittel schenkungsteuerfrei auf die nachrückende Generation zu übertragen1. Seit dem Beitrittsbeschluss des BFH2, in dem der BFH die Cash-GmbH als erbschaftsteuerfreie Gestaltung absegnete und auch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO verneinte, brachen alle Dämme, zumal in der Normenkontrollklage vom 27.9.20123 die Cash-GmbH als mögliche Auslegung des Gesetzes bezeichnet wurde. Daraufhin hat die Finanzverwaltung sogar verbindliche Auskünfte für die Erbschaftsteuerfreiheit der Cash-GmbH erteilt (!). Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung der Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. einer den Intentionen der Erbschaftsteuerreform 2009 widersprechenden Gesetzesauslegung das Ende bereitet4; danach stellen Finanzmittel nur dann Verwaltungsvermögen dar, wenn der Wert des nach Abzug der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen 20 % des Betriebsvermögens oder der Gesellschaft übersteigt. Im ErbStG 2016 wurde der unschädliche Anteil an Finanzmitteln (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) auf 15 % begrenzt5.

1.1025

5. Berechnungsschema zur Ermittlung des Wertes des begünstigten Vermögens

1.1026

Nach Jehle/Löcherbach/Viskorf, DStR 2016, 2425

Gemeiner Wert des begünstigungsfähigen Vermögens ./. Nettowert des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 6 ErbStG) Gemeiner Wert des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 3 i.V.m. Abs. 9 ErbStG) – Begünstigte Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG inkl. „junge Finanzmittel“) – Sonstiges Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG inkl. „junges Verwaltungsvermögen“) – Unter Aussonderung von Vermögen zur Absicherung von Altersversorgungsverpflichtungen (§ 13b Abs. 3 ErbStG) ./. Abzug anteiliger Schulden (§ 13b Abs. 6 Satz 2 ErbStG) =

Nettowert des Verwaltungsvermögens (mindestens der Wert der jungen Finanzmittel/des jungen Verwaltungsvermögens, § 13b Abs. 8 Satz 3 ErbStG)

./. Unschädliches Verwaltungsvermögen (§ 13 Abs. 7 ErbStG, ggf. 0 t) =

Wert des begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG)

1 Siehe hierzu Stalleiken in von Oertzen/Loose, § 13a ErbStG Rz. 177. 2 BFH v. 5.10.2011 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 29 = ErbStB 2012, 4 = ZEV 2012, 599. 3 BFH v. 27.9.2012 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 899 = GmbHR 2012, 1195 = ZEV 2012, 599 = ErbStB 2012, 4. 4 Stalleiken in von Oertzen/Loose, § 13b ErbStG Rz. 181. 5 Näher Stalleiken in von Oertzen/Loose, § 13b ErbStG Rz. 186 ff.

Spiegelberger

267

Kap. 1 Rz. 1.1027 Steuerorientierte Immobilienübertragung

6. Kritik der Neuregelung

1.1027

– Für die überwältigende Mehrheit der deutschen Unternehmen, die in der Regel Klein- und Mittelbetriebe darstellen, treten im Wesentlichen Verschärfungen nur wegen der Besteuerung von Verwaltungsvermögen ein. Gegen das Erlassmodell, das das BVerfG selbst angeregt hat, bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Die Ausweichmodelle, nämlich – Übertragung auf mittellose Angehörige mit Quotennießbrauchsrechten für die übrigen Familienmitglieder oder – Familienstiftungen mit einem geringen Stiftungskapital und Vereinbarung von Destinatärszahlungen an die Familienmitglieder werden wieder das BVerfG auf den Plan rufen. – Ein Flat-Tarif unter Beibehaltung der bisherigen Freibeträge und der Begünstigung des Betriebsvermögens durch die Regelverschonung mit einer Minderung der Bemessungsgrundlage um 85 % stellt eine ausreichende Vergünstigung des Betriebsvermögens dar. Die Optionsverschonung mit 100 % Steuerermäßigung bis zu einem Betriebsvermögen bis 26 Mio. ist überzogen, da die Regelverschonung ausreicht. Die ungeminderte Besteuerung des Großerwerbs ist ebenso überzogen und wird zur Steuerflucht in erbschaftsteuerbefreite Nachbarländer führen. Ein progressiv gestalteter Verschonungsabschlag mit einer Ermäßigung auch für den Großerwerb wurde zu Recht in der Literatur vorgeschlagen1 und war im Regierungsentwurf enthalten. – Der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 liegt ein Fall mit einem 30%igen Eingangssteuersatz zugrunde, der ebenfalls unverhältnismäßig ist. Für nicht eingetragene Lebenspartnerschaften ist das gemeinsam genutzte Wohnungseigentum dadurch übermäßig belastet. – Durch unangemessene Verschonungsmöglichkeiten ist für den Anfall von Erbschaftsteuer weniger das übergehende Vermögen, als die Gestaltungskompetenz der Steuerberatung entscheidend. – Helmut Helsper2, vormals Ministerialrat im BMF und Dozent an der Bundesfinanzakademie, vergleicht die Gesetzgebung mit der Sisyphos-Tragödie. Alle Steuergesetze unterliegen dem fatalen Trend – zu überhöhten Steuersätzen, – zu allzu vielen unbegründeten Ausnahmen, – zu Kompliziertheit und Unpraktikabilität.

1 Hannes, ZEV 2015, 7; Reich, BB 2015, 148; Steger/Küniger, BB 2015, 157; Geck, ZEV 2015, 129; Söffing, ErbStB 2015, 106; Spiegelberger, ZErb 2015, 229. 2 Helsper, Wege für Beweger im Steuerwesen, Seite 11.

268

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1027 Kap. 1

J. Bewertungsrecht I. Bewertung von steuerlichem Privatvermögen Gesetzliche Regelungen: Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken – Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV v. 19.5.2010, BGBl. I 2010, 639. Literatur: Bauer/Wartenburger, Nähere Entwicklungen im Bereich des reformierten Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechtes, MittBayNot 2010, 175 und 435; Behringer, Ertragswertverfahren zur Bewertung von Immobilien: Umsetzung an einem Praxisfall, BC 2013, 442; Brüggemann, Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes für Grundstücke gem. § 198 BewG, ErbStBg 2013, 1; Drosdzol, Ist die bewertungsrechtliche Begrenzung des Jahreswerts von Nutzungen noch zeitgemäß?, ZEV 2013, 176; Eisele, Erbschaftsteuerliche Immobilienbewertung: Verkehrswertnachweis nach dem ErbStRG, ZEV 2009, 451; Eisele, Erbschaftsteuerliche Immobilienbewertung NWB 2011, 127; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen, notar 2015, 144; Fürwentsches, Übertragung von Privatvermögen nach neuem Erbschaftsteuerrecht, NWB 2009, 1098; Goetze, Der lebzeitige Nießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens im Steuerrecht, RNotZ 2013, 147; Grootens, Praxisfragen zur Öffnungsklausel des § 198 BewG, ErbStB 2013, 287; Halaczinsky in FS für Spiegelberger (2009), Grundstücksbewertung im Erbschaftsteuerrecht, S. 187; Halaczinsky, Erwerbe durch und von Stiftungen; Tendenzen in der erbschaftsteuerlichen Rechtsprechung, ZErb 2015, 193; Jardin, Die Immobilienwertermittlungsverordnung, NWB-EV 2010, 268; Mannek/Roscher, Die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, ZNotP 2010, 455; Michael, Immobilienübertragung, notar 2016, 332; Roth, Kosten eines Immobiliengutachtens in der Erbrechtspraxis – wer zahlt? NJW-Spezial 2012, Heft 18, S. 551; Siebing, Zur Frage des Besteuerungszeitpunktes bei der vorweggenommenen Erbfolge, FS für Spiegelberger (2009), 415; Spieker, Ermittlung der „fiktiven Steuerlast“ beim Zugewinnausgleich – Erstreckung auf alle Vermögensgegenstände?, NZFam 2015, 394; Stöckel, Die Grundstücksbewertung von Wohngrundstücken, NWB 2009, 3053; H.U. Viskorf, Neueste Rechtsentwicklungen an der Grenzlinie zwischen Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 GrEStG), FS für Spiegelberger (2009), 518; Wälzholz, Aktuelle Gestaltungsprobleme im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – Insbesondere bei der Testamentgestaltung, MittBayNot 2014, 417; Wälzholz, Aktuelle Entwicklungen der Erbschaftsteuer in der notariellen Praxis, DNotZ 2016, 779; Wachter, Die Immobilie im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), S. 524; Werner, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Ziegler/Königer, Die steueroptimale Umstrukturierung von vermögensverwaltenden Personengesellschaften für Zwecke der Erbschaftsteuer, ZEV 2011, 618.

1. Missbrauchsbegrenzung Literatur: Haas, Die neuen Regelungen zur Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, ZAP 2017, 83; Hannes, Erbschaftsteuerreform 2016: Neuregelungen zur Bewertung und zum Umfang der Verschonung, ZEF 2016, 554; Herbst, Das neue Erbschaftsteuerrecht: Erste Praxisbeispiele und erste Zweifelsfragen zur Ermittlung des begünstigten Vermögens, ErbStB 2016, 347; Heurung/Buhrandt/Gilson, Verhältnismäßigkeit der Bewertungsverfahren in der Erbschaftsteuerreform, ZErb 2016, 396; Kirschstein, Berechnungen zur Ermittlung des steuerpflichtigen Betriebsvermögens gem. §§ 13a, b ErbStG nach

Spiegelberger

269

Kap. 1 Rz. 1.1028 Steuerorientierte Immobilienübertragung der Erbschaftsteuerreform, ErbStB 2017, 148; Korezkij, Neuer Verwaltungsvermögenstest im Konzern aus der Sicht eines Rechtsanwenders – Der Weg vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 2–10 ErbStG, DStR 2016, 2434; Lorenz, Wann ist der Substanzwert i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG als Mindestwert zu berücksichtigen?, DStR 2016, 2453; von Oertzen/Reich, Neues Risiko für Kunstsammlung des Unternehmers durch die Unternehmenserbschaftsteuerreform, BB 2016, 356; Piltz, Die Schuldenfalle bei begünstigtem Vermögen im ErbStG, ZEF 2017, 255; Wälzholz, Der Abschlag für Familienunternehmen nach § 13a Abs. 9 ErbStG, GmbH-StB 2017, 54; Weber, Der Vorab-Abschlag für Familienunternehmen nach dem ErbStRefG 2016 – eine Regelung mit Tücken, DStZ 2017, 13; Willmann/Kosner, Kunstgegenstände als Steuerobjekt in der Substanzsteuer, BB 2013, 1309.

1.1028

Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände sind nicht begünstigt.

1.1029–1.1030

Einstweilen frei.

2. Grundstücksbewertung

1.1031

Die Vorgaben, die das BVerfG mit Beschluss vom 7.11.2006 für die Bewertung aufgestellt hat, wurden oben unter Rz. 1.961 bereits dargestellt. 3. Unbebaute Grundstücke

1.1032

Gemäß § 179 BewG bestimmt sich der Wert unbebauter Grundstücke nach dem Bodenrichtwert gem. § 196 BauGB. Die Gutachterausschüsse sind aufgrund der Änderung des § 196 BauGB verpflichtet, flächendeckend Bodenrichtwerte auch für – baureifes Land, – Bauerwartungsland, – Rohbauland und – land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu ermitteln.

1.1033

Es sind Richtwertzonen zu bilden. Ferner müssen die beeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwert-Grundstücks und Umrechnungskoeffizienten, z.B. bei einem unterschiedlichen Maß der baulichen Nutzung, ermittelt und veröffentlicht werden.

270

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1035 Kap. 1

Der Bodenrichtwert ist durch Zu- oder Abschläge anzupassen, wenn lagetypische Merkmale des Bewertungsobjektes von dem Bodenrichtwertgrundstück abweichen, also insbesondere bei – abweichender Geschossflächenzahl, – abweichender Grundstücksgröße oder -tiefe, – Frei- und Verkehrsflächen und – abweichendem erschließungsbeitragsrechtlichen Zustand. Andere wertbeeinflussende Faktoren, wie z.B. Lärm-, Staub- oder Geruchsbelästigung bleiben außer Ansatz. Damit weicht der Gesetzgeber von der Handhabung in § 145 Abs. 3 BewG ab, wonach pauschal für diese Wertbeeinträchtigungen ein Abschlag von 20 % vom Bodenrichtwert vorgenommen wurde. Da die von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte nur Durchschnittswerte darstellen, also innerhalb der jeweiligen Richtwertzone unterschiedliche Verkehrswerte bestehen, ist die einheitliche Fixierung auf den Bodenrichtwert ohne jeden Abschlag eine gesetzgeberische Fehlleistung, die regelmäßig zu Auseinandersetzungen führen wird. Der Steuerpflichtige kann zwar gem. § 198 BewG den niedrigeren gemeinen Wert nachweisen, muss aber die Gutachterkosten selbst tragen, so dass in vielen Fällen die Duldung eines überhöhten Bodenrichtwertes das geringere Übel darstellt.

1.1034

4. Bebaute Grundstücke

1.1035

Gemäß § 182 Abs. 1 BewG ist der Wert der bebauten Grundstücke nach – dem Vergleichswertverfahren (§§ 182 Abs. 2 und 183 BewG), – dem Ertragswertverfahren (§§ 182 Abs. 3 und 184–188 BewG) oder – dem Sachwertverfahren (§§ 182 Abs. 4 und 189–191 BewG) zu ermitteln. Grundlage ist insoweit die ImmoWertV1. Die Zuordnung der einzelnen Immobilien zu den genannten Bewertungsverfahren zeigt folgende Grafik2:

1 Vgl. Tremel, ZEV 2007, 365. 2 Mannek in Gürsching/Stenger, § 182 BewG Rz. 8.

Spiegelberger

271

Kap. 1 Rz. 1.1036 Steuerorientierte Immobilienübertragung

§ 182 BewG Bewertungsverfahren

VergleichsWertverfahren

ErtragsWertverfahren

Wohnungs-/ Teileigentum

Mietwohngrundstück

Ein-/Zweifamilienhaus

Geschäftsgrundstück Gemischt genutztes Grundstück

Sachwertverfahren

Wohnungs-/ Teileigentum ohne Vergleichswert Ein-/Zweifamilienhaus ohne Vergleichswert Geschäftsgrundstück bzw. gemischt genutztes Grundstück ohne übliche Miete

Sonstige bebaute Grundstücke

a) Vergleichswertverfahren

1.1036

Gemäß § 182 Abs. 2 BewG sind – Wohnungseigentum, – Teileigentum sowie – Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich mit dem Vergleichswertverfahren zu bewerten. Gemäß § 183 Abs. 1 BewG sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen.

272

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1041 Kap. 1

Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können gem. § 183 Abs. 2 BewG von den Gutachterausschüssen zu ermittelnde Vergleichsfaktoren herangezogen werden. Im Vergleichswertverfahren nach den Abs. 1 und 2 sind den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art nicht zu berücksichtigen, so dass der Steuerpflichtige den niedrigeren Verkehrswert gem. § 198 BewG wiederum nur auf eigene Kosten nachweisen kann.

1.1037

b) Ertragswertverfahren Im Ertragswertverfahren sind Mietwohngrundstücke zu bewerten, ferner Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt. Der Bodenwert ist der Wert der unbebauten Grundstücke nach § 179 BewG. Der Bodenwert und der Gebäudeertragswert ergeben den Ertragswert des Grundstücks. Bei der Ermittlung des Gebäudeertragswertes ist von dem Reinertrag des Grundstückes auszugehen, wobei die übliche Miete anzusetzen ist, wenn die tatsächlichen Erträge davon um mehr als 20 % zurückbleiben.

1.1038

Von dem Rohertrag sind die Bewirtschaftungskosten abzuziehen, wobei nicht die tatsächlich anfallenden Kosten, sondern die von den Gutachterausschüssen zur Verfügung gestellten Erfahrungssätze Anwendung finden. Andernfalls ist von pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zum Bewertungsgesetz auszugehen. Der verbleibende Betrag ist der Reinertrag des Grundstücks.

1.1039

Von diesem Reinertrag ist eine angemessene Bodenwertverzinsung abzuziehen. Der Liegenschaftszinssatz ist der von den Gutachterausschüssen zu ermittelnde örtliche Liegenschaftszins. Soweit diese nicht zur Verfügung stehen, gelten gem. § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG folgende Zinssätze:

1.1040

– 5 % für Mietwohngrundstücke, – 5,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, – 6 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche und – 6,5 % für Geschäftsgrundstücke. Der Gebäudereinertrag ist gem. § 185 Abs. 3 BewG mit dem sich aus der Anlage 21 zum Bewertungsgesetz ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren, wobei sich der Vervielfältiger aus der Restnutzungsdauer des Gebäudes ergibt. Die Restnutzungsdauer wird grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ermittelt. Die Summe des so ermittelten Gebäudeertragswertes und des Bodenwertes ergibt den Grundstückswert.

Spiegelberger

273

1.1041

Kap. 1 Rz. 1.1041 Steuerorientierte Immobilienübertragung

Übersicht: Bewertungsschema: Ertragswertverfahren Bewertungsschema Ertragswertverfahren

Jahresmiete bzw. übliche Miete ./. Bewirtschaftungskosten = Reinertrag des Grundstücks ./. Bodenwertverzinsung (Bodenwert × Liegenschaftszinssatz) = Gebäudereinertrag § 190 Abs. 4 BewG

Bodenrichtwert (ggf. angepasster Bodenrichtwert) ×

× Vervielfältiger

Grundstücksfläche = Bodenwert

= +

Gebäudeertragswert

⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭ = Grundstückswert (ggf. Nachweis des niedrigeren Werts, § 198 BewG)

274

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1044 Kap. 1

c) Sachwertverfahren Gemäß § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG sind Wohnungseigentum, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser, wenn ein Vergleichswert nicht vorliegt, mit dem Sachwertverfahren zu bewerten, ebenso Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt, sowie sonstige bebaute Grundstücke.

1.1042

aa) Wertermittlung Nach § 189 Abs. 1 BewG ist bei dem Sachwertverfahren der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert nach § 190 BewG zu ermitteln.

1.1043

– § 190 BewG n.F. wurde durch das Steueränderungsgesetz 20151 geändert und an die Regelungen der Sachwertrichtlinie2 angepasst. Die Vorschrift enthält die Regelungen zur Ermittlung des beim Sachwertverfahren maßgeblichen Gebäudesachwerts und gilt für Bewertungsstichtage ab 1.1.2016 (vgl. § 205 Abs. 10 BewG).

1.1044

– Der Gebäudesachwert ergibt sich aus der Multiplikation der Regelherstellungskosten mit dem maßgebenden Baupreisindex und der Brutto-Grundfläche des Gebäudes, vermindert um die im Endergebnis auf maximal 70 % begrenzte Alterswertminderung3.

1 Gesetz v. 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834. 2 Gesetz v. 5.9.2012, BAnz AT v. 18.10.2012. 3 Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, § 190 n.F. BewG Rz. 2.

Spiegelberger

275

Kap. 1 Rz. 1.1045 Steuerorientierte Immobilienübertragung

1.1045

Übersicht: Bewertungsschema Sachwertverfahren

Bewertungsschema Sachwertverfahren

Regelherstellungskosten § 190 Abs. 1 Anl. 24 BewG × Baupreisindex § 190 Abs. 1 u. 2 BewG × Brutto-Grundfläche § 190 Abs. 1 Anl. 24 BewG = Gebäuderegelherstellungswert § 190 Abs. 1 Anl. 24 BewG

Bodenrichtwert § 179 BewG ×

./. Alterswertminderung § 190 Abs. 4 BewG

Grundstücksfläche =

= Gebäudesachwert § 190 Abs. 1 u. 4 BewG (mind. 30 %)

Bodenwert §§ 179, 189 Abs. 2 BewG

⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭ Vorläufiger Sachwert (§ 189 Abs. 3 BewG) × Wertzahl (§ 189 Abs. 3, § 191 BewG) = Sachwert = Grundbesitzwert (§ 189 Abs. 3 BewG)

1.1046

Einstweilen frei. 276

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1049 Kap. 1

bb) Praxishinweis Bei einem Streit mit dem Finanzamt über den Verkehrswert kommt ein – kostspieliges – Sachverständigengutachten zur Feststellung des niedrigeren gemeinen Werts gem. § 198 BewG in Betracht. Dabei muss abgewogen werden, ob die Kosten des Sachverständigen (evtl. mehrerer!) die aus der unberechtigten Höherbewertung folgende Steuerbelastung nicht übersteigen. Die Gutachterkosten können steuerlich nicht geltend gemacht werden.

1.1047

Das Vergleichswertverfahren ist bei der erbschaftsteuerlichen Immobilienbewertung bebauter Grundstücke anzuwenden, wenn zwischen den Vergleichsgrundstücken und dem Bewertungsobjekt in allen wertrelevanten Merkmalen eine hinreichende Übereinstimmung besteht. Fälle mit heterogenen Grundstücksqualitäten verhindern dagegen regelmäßig einen direkten Vergleich (unterschiedlicher Bauzustand und unterschiedliche bauliche Ausstattung der Gebäude)1. Die Bewertung nach dem Sachwertverfahren kann vermieden werden, wenn das zu bewertende Wohnhaus zwei oder mehrere abgeschlossene Wohnungen aufweist. Bei der Aufteilung in Wohnungseigentum kommt die Bewertung nach dem Vergleichswertverfahren mit den üblichen Quadratmeterwerten, die vom Gutachterausschuss zur Verfügung gestellt werden, in Betracht. Wenn die Gutachterausschüsse Umrechnungskoeffizienten für abweichende Wohnflächen zur Verfügung stellen, ist die weitergehende Anwendung des Vergleichswertverfahrens anhand dieser Koeffizienten zu prüfen. Eisele2 diskutiert ein zusammenfassendes Beispiel aus dem Landesgrundstücksmarktbericht RheinlandPfalz 2009, 121.

1.1048

5. Bewertung von Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken Sofern gem. §§ 193 Abs. 1, 194 Abs. 1 BewG keine Vergleichswerte für den Wert des Erbbaurechts und des Erbbaugrundstücks vorliegen, ist gem. Abs. 3 dieser Bestimmung der jeweilige Bodenwertanteil und gem. Abs. 4 der Gebäudewertanteil zu ermitteln (im Einzelnen s. Rz. 5.213 ff.).

1.1049

Einstweilen frei.

1.1050

II. Land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen Literatur: Ländererlasse: Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer in Fällen der Nutzungsüberlassung vom 4.12.2014, BStBl. I 2014.1577; Bruschke in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Land- und forstwirtschaftliches Vermögen §§ 158 bis 175 BewG (Stand Oktober 2015); Halaczinsky, Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, ErbStB 2009, 130; Halaczinsky, Abgrenzung des

1 Vgl. Eisele, NWB 2011, 127 (129). 2 Eisele, NWB 2011, 127 (131).

Spiegelberger

277

Kap. 1 Rz. 1.1051 Steuerorientierte Immobilienübertragung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vom Betriebsvermögen, ErbStB 2012, 175; Halaczinsky, Bewertung verpachter LuF-Betriebe, ErbStB 2014, 13; Hutmacher, Erbschaftsteuerreform: Einzelheiten zur Bewertung und Verschonung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, ZNotP 2008, 218; Krause, Grundbesitzbewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft – Ermittlung des Wirtschaftswertes, des Mindestwertes und des Fortführungswertes, NWB 2012, 1768; Krause, Grundbesitzbewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft – Betriebswohnungen/Wohnteil, Nachbewertungsvorbehalt und Reinvestition des Veräußerungserlöses, NWB 2014, 271; Stahl, Bewertung nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – Reform-Entwurf 2008, KÖSDI 2008, 16069.

1. Betrieb der Land- und Forstwirtschaft

1.1051

Durch das „Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts“1 wurde ein 6. Abschnitt in das Bewertungsgesetz eingefügt, der die Vorschriften für die Bewertung von Grundbesitz, von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Betriebsvermögen für die Erbschaftsteuer enthält. Diese Regelung gilt auch für land- und forstwirtschaftliches Vermögen.

1.1052

Gemäß § 160 BewG umfasst der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft – den Wirtschaftsteil, – die Betriebswohnungen und – den Wohnteil.

1.1053

Dies entspricht auch der früheren Betrachtung. Zu beachten ist, dass damit der bewertungsrechtliche Begriff von der einkommensteuerlichen Beurteilung abweicht: Während der Wohnteil des Landwirts spätestens seit 31.12.1998 einkommensteuerlich notwendiges Privatvermögen darstellt, zählt der Wohnteil bewertungsrechtlich zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Wie bisher sind die Betriebswohnung und auch der Wohnteil des Betriebsinhabers nach den Grundsätzen des Grundvermögens zu bewerten. Bei einer engen räumlichen Verbindung von Wohnraum mit dem Betrieb ist der Wert des Wohnteils und der Wert der Betriebswohnungen um 15 % gem. § 167 Abs. 3 BewG zu ermäßigen.

1.1054

Gemäß § 160 Abs. 7 BewG gehören auch Stückländereien, die als gesonderte wirtschaftliche Einheit zu bewerten sind, zum Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft. Stückländereien sind einzelne land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören, sondern am Bewertungsstichtag für mindestens fünfzehn Jahre einem anderen Betrieb der Landund Forstwirtschaft zu dienen bestimmt sind.

1 Gesetz v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018.

278

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1058 Kap. 1

Nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören gem. § 158 Abs. 4 BewG:

1.1055

– Grund und Boden sowie Gebäude- und Gebäudeteile, die nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen; – Kleingartenland und Dauerkleingartenland; – Geschäftsguthaben, Wertpapiere und Beteiligungen; – über den normalen Bestand hinausgehende Bestände an umlaufenden Betriebsmitteln; – Tierbestände und damit zusammenhängende Wirtschaftsgüter, wenn die Tiere weder zur landwirtschaftlichen noch zur forstwirtschaftlichen Nutzung gehören; – Geldforderungen und Zahlungsmittel; – Pensionsverpflichtungen. Diese nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zählenden Wirtschaftsgüter werden mit dem gemeinen Wert bewertet. 2. Wirtschaftswert Bei der Ermittlung der jeweiligen Wirtschaftswerte ist von der nachhaltigen Ertragsfähigkeit land- und forstwirtschaftlicher Betriebe auszugehen. Ertragsfähigkeit ist der bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung gemeinhin und nachhaltig erzielbare Reingewinn. Gemäß § 163 Abs. 3 BewG bestimmt sich der Reingewinn für die landwirtschaftliche Nutzung nach der Region, der maßgeblichen Nutzungsart (Betriebsform) und der Betriebsgröße nach der europäischen Größeneinheit (EGE). Danach ergeben sich folgende Betriebsgrößenklassen:

1.1056

– Kleinbetriebe von Null bis unter 40 EGE, – Mittelbetriebe von 40 bis 100 EGE, – Großbetriebe über 100 EGE. Der Reingewinn umfasst das ordentliche Ergebnis abzgl. eines angemessenen Lohnansatzes für die Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und der nicht entlohnten Arbeitskräfte. Mittels eines typisierenden Reinertragswertverfahrens mit festen Ertragswerten auf der Basis agrarstatistischer Daten für die wichtigsten land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen wird der Reingewinn ermittelt.

1.1057

3. Mindestwert Der Mindestwert des Wirtschaftsteils setzt sich aus dem Wert für den Grund und Boden sowie dem Wert der übrigen Wirtschaftsgüter gem. § 164 Abs. 1 BewG zusammen. Der für den Wert des Grund und Bodens zu ermittelnde Pachtpreis pro Hektar (ha) bestimmt sich nach der Nutzung, dem Nutzungsteil und der Nut-

Spiegelberger

279

1.1058

Kap. 1 Rz. 1.1059 Steuerorientierte Immobilienübertragung

zungsart des Grund und Bodens. Der Kapitalisierungszinssatz für die übrigen Wirtschaftsgüter (§ 158 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2–5 BewG i.V.m. § 164 Abs. 5 BewG) beträgt 5,5 % und der Kapitalisierungsfaktor 18,6.

1.1059

Der Mindestwert berücksichtigt, dass die kleineren und mittleren Betriebe im Durchschnitt nur einen geringen oder sogar nur einen negativen Reinertrag erwirtschaften (!)1. Da diese Betriebe jedoch regelmäßig werthaltig sind, ist für steuerliche Zwecke ein Mindestwert anzusetzen2. 4. Ergebnis

1.1060

Nach Hutmacher3 sind bei den landwirtschaftlichen Betrieben durchgängig für sämtliche Regionen und alle Betriebsformen bei den kleineren und mittleren Betriebsgrößen die Werte negativ. Nur bei den größeren Betrieben der Landwirtschaft werden positive Reingewinne ausgewiesen. Pachtpreis und Wert des Besatzkapitals hingegen sind sämtlich positiv. Die Mindestbewertung ist daher die Regelbewertung. 5. Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag

1.1061

Wie bei dem übrigen Betriebsvermögen wird ein Verschonungsabschlag von 85 % gewährt. Bei einem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen von 1 Mio. Euro verbleibt somit nach Anwendung des Verschonungsabschlages ein Wert von 150.000 t, so dass bei Anwendung des Abzugsbetrages von 150.000 t gem. § 13a Abs. 2 ErbStG das zu berücksichtigende land- und forstwirtschaftliche Vermögen Null beträgt. 6. Veräußerung

1.1062

Wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder ein Anteil i.S.d. § 158 Abs. 2 Satz 2 BewG innerhalb eines Zeitraums von fünfzehn Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert, erfolgt die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit abweichend von § 163 und 164 BewG mit dem Liquidationswert gem. § 166 BewG. Dies gilt nicht, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten ausschließlich zum Erwerb eines anderen Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Anteils i.S.d. § 158 Abs. 2 Satz 2 BewG verwendet wird, vgl. § 162 Abs. 3 BewG.

1 Vgl. Hutmacher, ZNotP 2008, 226. 2 Bruschke in Gürsching/Stenger, § 164 BewG Rz. 7. 3 Hutmacher, ZNotP 2008, 226 (228).

280

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1063 Kap. 1

7. Ertragswertverfahren und Mindestbewertung in Beispielsfällen nach Hutmacher, ZNotP 2008, 218 (229) Beispiele zur Ertrags- und Mindestbewertung des landwirtschaftlichen Vermögens Sachverhalte:

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

Beispiel 4

Bundesland

Bayern

NRW

Niedersachsen

Brandenburg

Oberbayern

Köln

Hannover

Brandenburg

Milchvieh

Ackerbau

Veredlung

Pflanzen- und Viehverbund

Region Betriebsform

Beispiele zur Ertrags- und Mindestbewertung des landwirtschaftlichen Vermögens Sachverhalte:

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

Beispiel 4

Selbstbewirtschaftete Fläche

80 ha

180 ha

60 ha

1.000 ha

davon Eigentum

50 ha

120 ha

50 ha

800 ha

davon Pacht

30 ha

60 ha

10 ha

200 ha

. 100 EGE

. 100 EGE

. 100 EGE

. 100 EGE

Reingewinn/ha LF (Anl. 1 Spalte 4)

144

127

205

63

Pachtpreis/ha LF (Anl. 1 Spalte 5)

215

264

336

221

Besatzkapital/ha LF (Anl. 1 Spalte 6)

229

101

317

161









200.000 t

300.000 t

400.000 t

1.000.000 t

Europäische Größeneinheiten (EGE)

gemeiner Wert immaterielle Wirtschaftsgüter betriebliche Verbindlichkeiten

Ermittlung des Ertragswerts nach § 163 BewG Eigentumsfläche

50 ha

120 ha

50 ha

800 ha

Reingewinn/ha LF

144 t

127 t

205 t

63 t

7.200 t

15.240 t

10.250 t

50.400 t

18,6

18,6

18,6

18,6

133.920 t

283.464 t

190.650 t

937.440 t

Reingewinn Kapitalisierung mit Faktor Wert Grund und Boden

Spiegelberger

281

1.1063

Kap. 1 Rz. 1.1063 Steuerorientierte Immobilienübertragung Ermittlung des Mindestwerts nach § 164 BewG Eigentumsfläche

50 ha

120 ha

50 ha

800 ha

Pachtpreis/ha LF

215 t

264 t

336 t

221 t

10.700 t

31.680 t

16.800 t

176.800 t

18,6

18,6

18,6

18,6

199.950 t

589.248 t

312.480 t

3.288.480 t

selbstbewirtschaftete Fläche

80 ha

180 ha

60 ha

1.000 ha

Besatzkapital/ha LF

229 t

101 t

317 t

161 t

18.320 t

18.180 t

19.020 t

161.000 t

18,6

18,6

18,6

18,6

Wert Besatzkapital

340.752 t

338.148 t

353.772 t

2.994.600 t

Zwischensumme

540.701 t

927.396 t

666.252 t

6.283.080 t









– Verbindlichkeiten

200.000 t

300.000 t

400.000 t

1.000.000 t

Mindestwert

340.702 t

627.396 t

266.252 t

5.283.080 t

Pachtwert Kapitalisierung mit Faktor Wert Grund und Boden

Besatzkapital Kapitalisierung mit Faktor

+ Wert der übrigen immateriellen Wirtschaftsgüter

1.1064–1.1069

Einstweilen frei.

III. Bewertung von Betriebsvermögen und Kapitalgesellschaftsanteilen Literatur: Drosdzol, Unternehmensbewertung: Die Geltung des § 11 Abs. 2 BewG und des vereinfachten Ertragswertverfahrens für erbschaftsteuerliche Zwecke, DStR 2011, 1258; Gerlach, Kann der Anteil des Kommanditisten an Betriebsvermögen für Zwecke der Erbschaftsteuer negativ sein?, DStR 2010, 309; Kappenberg/Watrin, Internationale Besteuerung von Vermögensnachfolgen, ZEV 2011, 105; Krumm, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln und erbschaftsteuerliche Schenkungsfiktion – Veränderte steuerliche Rahmenbedingungen nach der Erbschaftsteuerreform, NJW 2010, 187; Möller/Kohl, Der steuerliche Substanzwert – Eine unvollständige Umsetzung des gemeinen Wertverständnisses?, BB 2013, 555; Ortheil, Gesetzesentwurf zur Anpassung des ErbStG: Zu erwartende Schwierigkeiten in der steuerlichen Praxis bei der stichtagsbezogenen Ermittlung des Betriebsvermögens, BB 2015, 2263; Pauli, Urteilsanmerkung zu BFH-Urt. v. 16.2.2011 – II R 60/09: Unschädlichkeit aufeinanderfolgender Umwandlungsvorgänge für die Steuervergünstigungen für den Erwerb von Mitunternehmeranteilen, SteuK 2011, 219; Riedel, Bewertung anhand anderer „anerkannter“ und „üblicher“ Methoden i.S.v. § 11 Abs. 2 S. 2, 3. Alt. BewG, ZErb 2013, 161; Riedel, Die Bewertung von Gesellschaftsanteilen nach dem Bewertungsgesetz, ZErb 2015, 204; Stalleiken/ Piltz, Gesellschafterfremdfinanzierung in der Erbschaftsteuer: Gravierende Rechtsformunterschiede zwischen GmbH und KG/OHG, ZEV 2011, 67; Steger/Königer, Behaltensregelungen nach § 13a Abs. 5 ErbStG bei Einbringungs- und Umwandlungsfällen – Eine kritische Analyse der gleichlautenden Erlasse vom 20.11.2013, BB 2014, 2711; Theißen/Stalleiken, Erbschaftsteuer-Bewertungserlass, Teil B: Das vereinfachte Ertragswertverfahren, DStR 2010, 21;

282

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht

Rz. 1.1071 Kap. 1

Wälzholz, Steuerliche Folgen der Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften, notar 2015, 39; Wartenburger, Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen nach der Erbschaftsteuerreform – neuere Entwicklungen, MittBayNot 2011, 197; Willmann/Kosner, Kunstgegenstände als Steuerobjekt in der Substanzsteuer, BB 2013, 1309; Zwirner/Bruckmeier/Mugler, Unternehmensbewertung im Erbschaftsteuerrecht: Handlungsempfehlungen und Modellrechnungen – §§ 199 ff. BewG und IDW S 1 im Vergleich, DStR 2011, 422.

1. Vereinfachtes Ertragswertverfahren Gemäß § 199 Abs. 2 BewG kann der gemeine Wert des Betriebsvermögens gem. § 109 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten des Gewerbebetriebs durch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren (§ 200 BewG) ermittelt werden, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. In der Praxis führt dies dazu, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren immer dann zum Regelverfahren wird, wenn entweder die Finanzverwaltung oder der Steuerzahler den Aufwand für die Ermittlung des gemeinen Wertes nach einer gängigen Methode einer Unternehmensbewertung scheuen1. Dies gilt auch für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG. Können Wirtschaftsgüter und mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden aus dem zu bewertenden Unternehmen herausgelöst werden, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinträchtigten (nicht betriebsnotwendiges Verwaltungsvermögen), so werden diese Wirtschaftsgüter und Schulden neben dem Ertragswert mit dem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert oder Anteil am gemeinen Wert angesetzt, § 200 Abs. 2 BewG. Somit ist für das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen eine gesonderte Wertermittlung durchzuführen.

1.1070

2. Betriebsergebnis Zur Ermittlung des Betriebsergebnisses ist von dem Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auszugehen (Ausgangswert); dabei bleiben bei einem Anteil an Betriebsvermögen Ergebnisse aus den Sonderbilanzen und Ergänzungsbilanzen unberücksichtigt. Der Ausgangswert ist gem. § 202 Abs. 1 BewG durch Hinzurechnungen und Abzugsbeträge zu korrigieren. Der umfangreiche Katalog des § 202 Abs. 1 BewG hat nach der Gesetzesbegründung den Sinn, solche Vermögensminderungen oder Vermögensmehrungen, die einmalig sind oder jedenfalls den künftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrag nicht beeinflussen, zu eliminieren2. Soweit in der bisherigen Ergebnisrechnung ein angemessener Unternehmerlohn nicht berücksichtigt wurde, ist dieser von dem Betriebsergebnis abzuziehen, wobei die Höhe des Unternehmerlohns nach der Vergütung bestimmt wird, die eine nichtbeteiligte Geschäftsführung erhalten würde. Zur Abgeltung des Ertragssteueraufwands ist von einem positiven Betriebsergebnis gem. § 202 Abs. 3 BewG eine Minderung von 30 % vorzunehmen.

1 Mannek in Gürsching/Stenger, § 199 BewG Rz. 67. 2 Vgl. BT-Drucks. 16/11107 v. 26.11.2008.

Spiegelberger

283

1.1071

Kap. 1 Rz. 1.1072 Steuerorientierte Immobilienübertragung

3. Wertuntergrenze

1.1072

Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzgl. der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzügen (Substanzwert) darf gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht unterschrieben werden; die §§ 99 und 103 BewG sind anzuwenden. Danach sind Betriebsgrundstücke der zu einem Gewerbebetrieb gehörende Grundbesitz, soweit er losgelöst von seiner Zugehörigkeit zum Grundvermögen gehören würde. Gemäß § 99 Abs. 3 BewG sind Betriebsgrundstücke i.S.d. Abs. 1 Nr. 1 wie Grundvermögen zu bewerten. Seit dem Inkrafttreten des Erbschaftssteuerreformgesetzes1 spielt die Einzelbewertung von Betriebsgrundstücken i.S.v. § 99 BewG nach Maßgabe der Bedarfswerte gem. § 157 Abs. 3 BewG i.V.m. den §§ 158 bis 175 BewG nur noch in Ausnahmefällen eine Rolle2. Im Unterschied zur früheren, bis zum 31.12.2008 geltenden Rechtslage bestimmt sich nämlich der Wert des Betriebsvermögens, das auch die Betriebsgrundstücke einschließt, grundsätzlich nicht mehr nach der Einzelbewertungsmethode, d.h. nach der Summe der Werte, die für jedes einzelne (in der Steuerbilanz erfasste) positive und negative Wirtschaftsgut anzusetzen sind, sondern dem Grundsatz nach den nach der Gesamtbewertungsmethode zu ermittelnden Ertragswert des Unternehmens. Dieser Ertragswert kann entweder nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. den §§ 199 ff. BewG (Vereinfachtes Ertragswertverfahren) oder auch durch anderes marktübliches Gesamtbewertungsverfahren (z.B. das DCF-Verfahren oder das Verfahren nach IDW S 1) ermittelt werden3. Allerdings darf der Substanzwert nicht unterschritten werden. Im Rahmen der Mindestbewertung sind folglich auch die Betriebsgrundstücke nach den Bedarfswerten anzusetzen. 4. Kapitalisierungsfaktor

1.1073

Mit betragsmäßig festgelegten Kapitalisierungsfaktoren beweist der Gesetzgeber regelmäßig seine Inkompetenz. Die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 2 BewG, wonach ein anderer Zinssatz als 5,5 % nicht angesetzt werden darf, kann bei Hochzinsphasen vertretbar sein, ist aber zu einem Zeitpunkt, in dem Banken Strafzinsen erheben, eine Zumutung und entbehrt jeder Akzeptanz. Auch die Regelung in § 203 BewG aus dem Jahre 2009 war bereits bei Erlass des Gesetzes überhöht und führte zu einem Kapitalisierungsfaktor von über 18. Der Gesetzgeber hat der Kritik auf breiter Basis Rechnung getragen und den Kapitalisierungsfaktor nunmehr mit 13,75 festgelegt. Auch diese starre Regelung wird zu Recht kritisiert. Der Kapitalisierungsfaktor von 13,75 bei Betriebsvermögen ist immer noch überhöht, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe. Das Handelsblatt hat in seiner Wochenendausgabe vom 7./8./9.10.2016 folgende EBIT-Multiplikatoren veröffentlicht.

1 Gesetz v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 2 Dötsch in Gürsching/Stenger, § 99 BewG Rz. 45. 3 Dötsch in Gürsching/Stenger, § 99 BewG Rz. 45.

284

Spiegelberger

J. Bewertungsrecht EBIT-Multiples

KMU-Multiples

Rz. 1.1073 Kap. 1 Börsenmultiples

Min

Max

Mittelwert

Bau & Handwerk

3,4

5,1

10,6

Chemie & Kunststoffe

4,8

6,9

15,4

Elektrotechnik

3,9

6,4

16,3

Fahrzeugbau & -zubehör

4,0

6,1

11,9

Handel & e-Commerce

3,5

6,7

19,0

Maschinen- & Anlagenbau

4,5

6,6

13,6

Medien

4,2

6,1

14,6

Nahrungs- & Genussmittel

4,0

6,3

25,0

Pharma, Bio- & Medizintechnologie

5,2

7,7

18,0

Software

4,5

8,1

17,0

Telekommunikation

4,0

6,4

17,6

Transport & Logistik

3,5

5,6

12,5

Versorgungswirtschaft

4,2

6,1

22,9

Quellen KMU-Multiples: Concess GmbH (August 2016); Börsenmultiples: finexpert (Juli 2016)

Spiegelberger

285

Kapitel 2 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht A. Einführung I. Grundstückskauf . . . . . . . . . . . .

2.1

II. Praktischer Ablauf . . . . . . . . . . .

2.4

III. Umfang der Beurkundungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.7

B. Vertragsgegenstand I. Grundbesitz 1. Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundbuchmäßige Bezeichnung des Grundbesitzes . . . . . . II. Mitverkauf beweglicher Sachen 1. Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbrauchsgüterkauf, §§ 475 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragsgestaltung im Hinblick auf eine Verkäufer-Insolvenz . .

2.27 2.29 2.33 2.35

II. Besonderheiten bei Verbraucherverträgen. . . . . . . . . . . . . . . .

2.187

IV. Nebenpflichten, insb. Renovierung . . . . . . . . . . . . . . . .

2.193

V. Energieausweis und Energieeinsparverordnung . . . . . . . . . . .

2.195

E. Käuferpflichten I. Kaufpreishöhe . . . . . . . . . . . . . . .

2.207

2.215 2.220 2.224 2.227 2.230

2.71 2.72 2.74

III. Fälligkeitsmitteilung. . . . . . . . . .

2.233

IV. Verzug und Verzinsung des Kaufpreises. . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.240

2.79

V. Abwicklung über Notaranderkonto. . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.261

2.43 2.47

D. Verkäuferpflichten

2.213 2.214

F. Öffentliche Beiträge und Abgaben

I. Eigentumsverschaffung 1. Auflassung und Verkäuferschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auflassungsvormerkung . . . . . . 3. Vermeidung eines Vorleistungsrisikos des Verkäufers. . . .

2.111 2.126

II. Besitzverschaffung . . . . . . . . . . .

2.145

III. Sach- und Rechtsmängelhaftung 1. Mangelbegriff und Mangelfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsmängel . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliche Beschränkung der Sachmängelhaftung. . . . . . . 4. Offenbarungspflichtige Sachmängel . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.181

II. Kaufpreisfälligkeit 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vormerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Vorkaufsrechte . . . . . . . 5. Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . 6. Lastenfreistellung . . . . . . . . . . . . 7. Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Vertragsparteien I. Käufer und Verkäufer 1. Bestimmung der richtigen Vertragspartei . . . . . . . . . . . . . . . 2. Güterstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerliche Zuordnung . . . . . . .

5. Sachmängel zwischen Kaufvertragsabschluss und Gefahrübergang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Haftung nach dem Bundesbodenschutzgesetz (Altlasten) .

2.133

2.153 2.159 2.168 2.179

I. Regelungsgehalt des § 436 BGB

2.276

II. Außerordentliche Lasten . . . . . .

2.280

III. Abgabenschuldner . . . . . . . . . . .

2.282

IV. Vertragliche Regelung . . . . . . . .

2.284

G. Maklerklauseln I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.301

II. Beurkundungspflicht, § 311b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.305

III. Die einzelnen Klauselvarianten 1. Tatsachenbestätigung bzw. Wissenserklärung . . . . . . . . . . . . 2. Kausales Schuldanerkenntnis . . 3. Vertrag zugunsten Dritter . . . . .

2.310 2.314 2.315

Wartenburger

287

Kap. 2 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht 4. Vertrags- und Schuldübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.326

IV. Besonderheiten bei drohendem Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 2.328 V. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Maklerklauseln . . . . . .

2.333

VI. Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung und deren Grenzen. . . . . . . . . . .

2.334

VII. Einbeziehung der Maklerklausel in das kaufvertragliche Synallagma . . . . . . . . . . . . .

2.336

VIII. Beurkundungsverfahren . . . . . .

2.339

IX. Auswirkungen von Maklerklauseln auf Kosten und Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.341

H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung I. Insolvenz und Kaufvertragsgestaltung 1. Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters und deren Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vom Schuldner erteilte Vollmachten in der Insolvenz . . . . . 3. Vollmachten zugunsten des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Übergang von Vollmachten zugunsten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter? . . . . . .

2.351 2.366

5. Erteilung von Vollmachten durch den Insolvenzverwalter . II. Kaufvertragsgestaltung bei laufendem Zwangsversteigerungsverfahren 1. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beitritt weiterer Gläubiger, § 27 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Versteigerung entgegenstehende Rechte, § 28 ZVG . . . . 4. Fälligkeitsvoraussetzungen . . . . III. Sicherungen gegen Vollstreckungsmaßnahmen während der Vertragsabwicklung 1. Pfändung des Auflassungsanspruchs a) Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung . . . . . . . . . 2. Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . a) Abtretungsmodell . . . . . . . . . b) Vertrag zugunsten Dritter . . 3. Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs bei Abwicklung über Notaranderkonto . . . IV. Pfändung von Rückgewähransprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.377

2.391 2.394 2.401 2.408

2.426 2.430 2.434 2.436 2.438 2.442 2.448

2.373 2.375

Gebundene Literatur (Auswahl): Heckschen/Herrler/Starke, Beck’sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015; Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge, 2. Aufl. 2017; Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 11. Aufl. 2016; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 8. Aufl. 2017; Limmer/Hertel/Frenz/Mayer, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012. Ungebundene Literatur (Auswahl): Feller, Sachmängel beim Kauf – Möglichkeiten und Grenzen vertraglicher Gestaltung, insbesondere beim Grundstückskauf, MittBayNot 2003, 81 ff.; Gaier, Rechtsfolgen des Rücktritts vom Grundstückskaufvertrag bei Belastung des Leistungsgegenstands, ZfIR 2002, 608 ff.; Grziwotz, Vertragsprobleme bei Grundstückskaufverträgen mit Gemeinden nach neuem Recht, ZNotP 2002, 291; Kornexl, „Gekauft wie besichtigt“?: Gestaltungsüberlegungen zum Kaufvertrag über eine gebrauchte Immobilie, ZNotP 2002, 86 ff.; Litzenburger, Das Ende des vollständigen Gewährleistungsausschlusses beim Kaufvertrag über gebrauchte Immobilien, NJW 2002, 1244 ff.; S. Meyer, Ausgewählte Probleme des Bauträgervertrages, RNotZ 2006, 497; Recker, Schadensersatz statt der Leistung – oder: Mangelschaden und Mangelfolgeschaden, NJW 2002, 1247 ff.; Rieger, Neue Regeln für die Beurkundung von Verbraucherverträgen, MittBayNot 2002, 325; Schulte-Thoma, Zu-

288

Wartenburger

A. Einführung

Rz. 2.4 Kap. 2

behörveräußerung bei Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2004, 61 ff.; Schulze, Falschlieferung beim Spezieskauf – Unzulänglichkeiten des Gesetzes?, NJW 2003, 1022 ff.; Volmer, Vertragsgestaltung beim Grundstückskaufvertrag, JuS 2006, 221.

A. Einführung I. Grundstückskauf Die häufigste Form des Immobiliengeschäftes ist der Kauf von Grundstücken und „gebrauchten“ Eigentumswohnungen (im Gegensatz zum sog. Bauträgervertrag, der den Erwerb neuer oder noch zu errichtender Eigentumswohnungen oder Doppel-/ Reihenhäuser betrifft). In den wesentlichen Fragen ergeben sich zwischen dem Verkauf eines Grundstücks und einer Eigentumswohnung keine Unterschiede, daher werden beide Vertragstypen hier gemeinsam als Grundstückskauf bezeichnet und behandelt.

2.1

Typisch für den Grundstückskauf ist die umfassende notarielle Betreuung, die sich nicht auf die Erstellung und Beurkundung des Kaufvertrages beschränkt, sondern regelmäßig auch den Vollzug bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch mit umfasst.

2.2

Auch in den letzten Jahren haben sich einige rechtliche Entwicklungen ergeben, die sich auf das Recht der Immobilienkaufverträge auswirken. Zu nennen sind hierbei insbesondere:

2.3

– Verstärkter Verbraucherschutz im Beurkundungsverfahren im Hinblick auf die zahlreichen Streitigkeiten um sog. Schrottimmobilien1; insbesondere § 17 Abs. 2a BeurkG. – Entscheidungen zur Inhaltskontrolle nach § 138 BGB oder nach AGB-Recht. – Gesetzliche Neuregelung zum Widerrufsrecht bei Maklerverträgen. – Entscheidungen zur Reichweite kaufvertraglicher Gewährleistungsausschlüsse. – Einflüsse des öffentlichen Rechts, wie z.B. die EnEV. – Umsatzsteuerliche Vorgaben, die sich direkt auf die zivilrechtliche Vertragsgestaltung auswirken.

II. Praktischer Ablauf Prägend für den Grundstückskauf ist die umfassende Sicherung beider Vertragsteile gegen das Risiko ungesicherter Vorleistungen. Dieses System der Vertragsabwicklung

1 Zum Begriff vgl. Münchener Kommentar/Ernst7, § 280 BGB Rz. 126 bis 130.

Wartenburger

289

2.4

Kap. 2 Rz. 2.5 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

beruht auf einem angenäherten Zug-um-Zug-Verfahren1, das meist folgendem Schema folgt:

2.5

Übersicht: Ablauf des Grundstückskaufs bei Direktzahlung (1) Vertragsabschluss, (2) Herbeiführung der Vertragsvollzugsvoraussetzungen wie (a) Eintragung der Auflassungsvormerkung, (b) Sicherung der Lastenfreistellung, (c) Einholung der gemeindlichen Vorkaufsrechtsbestätigung, (d) Einholung aller erforderlichen Genehmigungen, (3) Fälligkeitsmitteilung, (4) Zahlung des Kaufpreises nach Räumung des Vertragsgegenstandes, (5) Zug um Zug gegen Besitzübergabe, (6) Eigentumsumschreibung im Grundbuch nach Kaufpreisbestätigung des Verkäufers.

2.6

Neben diesem Modell, das auf einer unmittelbaren Kaufpreiszahlung vom Käufer an den Verkäufer bzw. an dessen Gläubiger beruht, besteht auch die Möglichkeit der Abwicklung des Vertrages über ein Notaranderkonto2 gem. §§ 54a ff. BeurkG. In den allermeisten Fällen des Grundstückskaufvertrages bedarf es keiner Vertragsabwicklung über Notaranderkonto. Diese Form der Vertragsabwicklung hat zunächst den Nachteil höherer Transaktionskosten3. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Verwendung von Notaranderkonten durch die BNotO-Novelle von 1998 beschränkt. Nach § 54a BeurkG darf der Notar eine Hinterlegung von Geld auf einem Notaranderkonto nur anbieten, wenn ein berechtigtes Sicherungsinteresse4 besteht. Dabei handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Bestimmung, die nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Dieses Interesse ergibt sich gelegentlich aus der besonderen Situation des Käufers (z.B. im Ausland ansässige Person) oder des Verkäufers (Insolvenzverfahren); eine routinemäßige Abwicklung von Kaufverträgen ist jedoch unzulässig. Weitere Ausführungen zur Abwicklung über Notaranderkonto finden sich unter Rz. 2.261 ff.5. 1 Siehe die Checkliste in Beck’sches Notarhandbuch/Herrler6, A I Rz. 9. 2 Siehe Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 632 ff.; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 828 ff.; Brambring, DNotZ 1990, 615 ff. 3 Gemäß Ziffer 25300 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG löst die Auszahlung hinterlegter Geldbeträge eine volle Gebühr aus, bezogen auf den Auszahlungsbetrag. Ein Kaufvertrag über eine Immobilie zum Preis von 200.000 Euro verteuert sich daher in der Abwicklung um ca. 500 Euro. 4 Zu diesem Begriff s. Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 634 ff.; Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 669 ff. 5 Siehe Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Teil E Muster XXV; Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 697.

290

Wartenburger

A. Einführung

Rz. 2.10 Kap. 2

III. Umfang der Beurkundungspflicht Literatur: Drescher/Pichler, Die notarielle Beurkundungspflicht von Bauverträgen bei einheitlicher Vermarktung von Grundstückskauf und Hausbau durch den Bauunternehmer, NZBau 2015, 752; Keim, „Schlüsselfertig, Grunderwerbsteuer und Notarkosten nur auf den Grundstücksteil“(?) – zu Beurkundungspflicht und Grunderwerbsteuer beim mit einem Grundstückskauf verbundenen Bauvertrag, DNotZ 2011, 513; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 11. Aufl. 2016, Rz. 90 ff.; Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge, 2. Aufl. 2017, Rz. 23 ff.; Hertel in Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Teil 2 Rz. 488; Korte, Handbuch der Beurkundung von Grundstücksgeschäften, 1990; Maier-Reimer, Die Form verbundener Verträge, NJW 2004, 3741; Maier-Reimer, Vorwirkung von Formvorschriften – Formzwang aus nicht abgeschlossenen Verträgen? NJW 2015, 273 Seeger, Die „einseitige Abhängigkeit“ – zum Umfang der Beurkundungsbedürftigkeit zusammengesetzter Grundstücksgeschäfte, MittBayNot 2003, 11; Weber, Beurkundungspflichten nach § 311b Abs. 1 BGB bei zusammengesetzten Verträgen – Versuch einer Systematisierung und Typisierung, RNotZ 2016, 377.

Gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf jede vertragliche Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb von Grundstücken der notariellen Beurkundung. Diese Vorschrift gilt auch entsprechend für den Verkauf von Teilflächen, Sondereigentumseinheiten i.S.d. WEG (§ 4 Abs. 3 WEG) sowie für Erbbaurechte oder Miteigentumsanteile an den vorstehend bezeichneten Gegenständen1.

2.7

Der Zweck des § 311b BGB besteht in der

2.8

– Warn- und Schutzfunktion, um die Vertragsteile vor Übereilung zu schützen; – in der Beweisfunktion, um alle Details der getroffenen Vereinbarungen zu dokumentieren und – in der Gewährsfunktion, nämlich mit der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde. Im Zentrum des Zweckes steht dabei nicht zuletzt die Belehrung durch einen Rechtskundigen und Unparteiischen, den Notar2. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB umfasst nicht nur den unbedingten sofort wirksamen Grundstückskaufvertrag, sondern auch die Begründung von bedingten Rechten, die auf den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken gerichtet sind, nämlich Ankaufsrechte, die Bestellung von Vorkaufsrechten, Optionsrechte, Wiederkaufsrechte sowie das Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Grundstückskaufvertrages3.

2.9

Das Beurkundungserfordernis erfasst nicht nur den Grundstückskauf als solchen, sondern alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsteile mit dem

2.10

1 Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 91. 2 Vgl. Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 23. 3 Vgl. beispielsweise BGH v. 12.7.1979 – III ZR 18/78, MDR 1979, 1001 = NJW 1980, 41 = DB 1979, 2026 = DNotZ 1980, 344.

Wartenburger

291

Kap. 2 Rz. 2.11 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Grundstückskauf stehen und fallen (so genannte Nebenabreden)1. Hierzu gehören insbesondere: – Rückkaufsgarantien und Wiederkaufsrechte, – die Verpflichtung zur Erbringung weiterer Gegenleistungen (Aufzahlungen des Käufers, Renovierungspflichten des Verkäufers), – Beschaffenheitsvereinbarungen und Garantien aller Art, – Rechtsbestellungen, insbesondere Dienstbarkeiten, welche die Nutzbarkeit des Kaufgegenstandes beeinflussen, – der Mitverkauf beweglicher Sachen, – der Mitverkauf von Baugenehmigungsunterlagen, Plänen und dergleichen.

2.11

Gleiches gilt für zusammengesetzte Verträge, die wechselseitig voneinander abhängen. – Häufigster Anwendungsfall hierfür ist der mit einem Kaufvertrag verbundene Werkvertrag über Bau- und Sanierungsleistungen. Wenn Verkäufer und Werkunternehmer identisch sind, spricht man von einem Bauträgerkaufvertrag (vgl. dazu Kapitel 3). – Die Verpflichtung des Käufers, den Grundbesitz mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Besitzübergangs an den Verkäufer zurückzuvermieten, führt zur Beurkundungspflicht des vollständigen Mietvertrages. Dies ist insbesondere auch unabhängig vom zeitlichen Ablauf; mit zu beurkunden ist der Mietvertrag beispielsweise auch dann, wenn dieser bereits (unter der aufschiebenden Bedingung des Kaufvertragsabschlusses) zuvor unterzeichnet worden ist. Generell nicht beurkundungspflichtig ist der Inhalt von übernommen, bereits mit Dritten bestehenden Verträgen, insbesondere also bestehenden Mietverträgen. Besteht der Verknüpfungswille nur von Seiten einer Vertragspartei und gibt sie dies zu erkennen, so bedarf alles der gemeinschaftlichen Beurkundung, wenn die andere Vertragspartei dies zur Kenntnis nimmt, dem nicht widerspricht, sondern als Vertragsinhalt hinnimmt. Geht hingegen ein Vertragsteil von dem Zusammenhang beider Vereinbarungen aus, während der andere Vertragsteil dies ausdrücklich ablehnt und die vertragliche Einigung daraufhin auf eine Unabhängigkeit beider Verträge voneinander gerichtet ist, so entfällt das Beurkundungserfordernis für die Nebenabrede. Denn nach den dann getroffenen Vereinbarungen der Beteiligten steht und fällt es gerade nicht mit dem Grundstückskaufvertrag.

1 Siehe Maier-Reimer, NJW 2004, 3741 (3742); zum Nachweis der Verknüpfungsabsicht vgl. BGH v. 5.3.2010 – V ZR 60/09, wonach aus der beurkundeten Erklärung der Parteien „Nebenabreden bestehen nicht“ geschlossen werden könne, dass etwaige doch bestehende Nebenabreden vom Kaufvertrag unabhängig sind.

292

Wartenburger

A. Einführung

Rz. 2.14 Kap. 2

Anders zu beurteilen sind zusammengesetzte Verträge, die nicht wechselseitig voneinander abhängen, sondern nur einseitig1. Für diese Fälle ist nunmehr vom BGH geklärt, dass eine Beurkundungspflicht für dieses zusammengesetzte Rechtsgeschäft nur dann besteht, wenn der Grundstückskaufvertrag selbst von dem anderen Vertrag abhängig ist, also wenn der Grundstückskaufvertrag nach dem Willen der Vertragsteile nicht ohne den anderen Vertrag abgeschlossen würde. Ist hingegen lediglich die andere Vereinbarung einseitig abhängig vom Grundstücksvertrag und würde diese nicht ohne den Grundstückskaufvertrag abgeschlossen, so soll dies nicht zum zwingenden Erfordernis der Gesamtbeurkundung des zusammengesetzten Rechtsgeschäftes nach § 311b BGB führen. Da allerdings die Unterscheidung, ob eine einseitige oder zweiseitige Abhängigkeit vorliegt, sehr stark von der jeweiligen subjektiven Sichtweise und Darstellung abhängt, empfiehlt sich auch hier eine Mitbeurkundung, denn eine nicht mitbeurkundete Abrede kann von einem Vertragsteil im Fall von Vertragsreue stets als Hebel genutzt werden, um den Gesamtvertrag in Frage zu stellen.

2.12

Häufig übersehen wird, dass die Aufnahme eines Vorkaufsrechtes in einen (meist gewerblichen) Mietvertrag zur Beurkundungspflicht des gesamten Mietvertrages führt. Ein Fall „einseitiger Abhängigkeit“ liegt hier nicht vor, da zwar möglicherweise der Mietvertrag auch ohne das Vorkaufsrecht zustande gekommen wäre, ganz sicher aber nicht das Vorkaufsrecht ohne den Mietvertrag (zur Heilung siehe Rz. 2.19).

2.13

Die Beurkundungspflicht für ein gesamtes zusammengesetztes Rechtsgeschäft kann sich auch in den Konstellationen ergeben, in denen auf der einen Vertragsseite zwei unterschiedliche Vertragspartner stehen2. Dies kann insbesondere dann vorliegen, wenn Grundstückseigentümer und Bauunternehmer zwei miteinander verbundene Gesellschaften sind. Eine Verflechtung beider Gesellschaften ist aber nicht erforderlich. Auch bei koordinierter Vorgehensweise von Bauunternehmer und Grundstückseigentümer kann die Beurkundungspflicht des Grundstückskaufvertrages den Bauvertrag erfassen3. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist der Werkvertrag beurkundungspflichtig, wenn

2.14

– Werkvertrag und Kaufvertrag wechselseitig voneinander abhängen oder – die Parteien des Werkvertrages davon ausgehen, dass der Kaufvertrag nach dem Willen der Kaufvertragsparteien einseitig von dem Werkvertrag abhängt4. Auch 1 Vgl. dazu BGH v. 26.11.1999 – V ZR 251/98, MDR 2000, 260 = NJW 2000, 951 = DB 2000, 616 = ZfIR 2000, 315 = DNotZ 2000, 635; v. 11.10.2000 – VIII ZR 321/99, MDR 2001, 408 = NJW 2001, 226 = MittBayNot 2001, 69; v. 13.6.2002 – VII ZR 321/00, MDR 2002, 1187 = NJW 2002, 2559 = DStR 2002, 1680 = ZfIR 2002, 629 = DNotZ 2002, 944; s. auch Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 95; Maier-Reimer, NJW 2004, 3741 (3742 f.). 2 Siehe BGH v. 6.12.1979 – VII ZR 313/78, MDR 1980, 482 = NJW 1980, 829 = DB 1980, 825 = DNotZ 1980, 409; zum Bauvertrag vgl. Drescher/Pichler, NZBau 2015, 752. 3 BGH v. 22.7.2010 – VII ZR 246/08, BGHZ 186, 345 = MDR 2010, 1313 = ZfIR 2011, 17 = DNotZ 2011, 196. 4 BGH v. 22.7.2010 – VII ZR 246/08, BGHZ 186, 345 = MDR 2010, 1313 = ZfIR 2011, 17 = DNotZ 2011, 198.

Wartenburger

293

Kap. 2 Rz. 2.15 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

hier kommt es nicht darauf an, ob der Werkvertrag mit dem Kaufvertrag oder schon zuvor abgeschlossen wird.

2.15

Besteht zwischen zwei zusammengesetzten Verträgen das Erfordernis einer einheitlichen Beurkundung, so muss bei Beurkundung in zwei getrennten Urkunden der Wille der Zusammengehörigkeit beider Urkunden zum Ausdruck kommen. Ob es insoweit genügt, wenn dies in einer Urkunde, nicht aber der anderen zum Ausdruck kommt, ist ungeklärt. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt sich die Dokumentation der Zusammengehörigkeit in beiden Urkunden1.

2.16

Regelmäßig keiner Beurkundung bedarf hingegen ein Darlehensvertrag, den ein Käufer selbständig mit seiner Bank abschließt. Auch wenn die Verknüpfung zwischen dem Grundstückskauf und dem mit einem Dritten abzuschließenden Rechtsgeschäft über ein Rücktrittsrecht im Grundstückskauf realisiert ist, erstreckt sich die Beurkundungspflicht nicht auf das mit dem Dritten abzuschließende Geschäft2.

2.17

Vorverträge zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages bedürfen ebenfalls der notariellen Beurkundung. Dies gilt auch für alle Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einen Zwang zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages begründen sollen3. Werden im Vorfeld eines Kaufvertrages „Reservierungsgebühren“ vom Käufer an den Verkäufer oder an den Makler gezahlt, so können auch diese einen wirtschaftlichen Zwang zum Vertragsabschluss auslösen; die „kritische Grenze“, welche zur Beurkundungspflicht führt, soll bei 10 % der üblichen Maklerprovision liegen4.

2.18

§ 311b BGB findet hingegen keine Anwendung, wenn Gesellschaftsanteile an einer GbR veräußert werden, auch wenn deren gesamtes Vermögen ausschließlich aus Grundbesitz besteht5. Änderungen und Ergänzungen von Grundstückskaufverträgen bedürfen grundsätzlich der notariellen Beurkundung, wobei allerdings wichtige Ausnahmen bestehen6. So sollen Änderungen, die nur Abwicklungsschwierigkeiten beheben, etwa auch kurzfristige Stundungen des Kaufpreises, oder allgemein Ände-

1 Siehe Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 448; OLG Hamm v. 4.7.1996 – 22 U 116/95, DNotI-Report 1996, 164; so wohl auch Maier-Reimer, NJW 2004, 3741 (3742 f.); a.A. hingegen (Dokumentation in einer Urkunde genügt) Münchener Kommentar/Kanzleiter7, § 311b BGB Rz. 55; Wiesner, NJW 1984, 95 (96). 2 Weber, RNotZ 2016, 377, 384 f. 3 Dies kann insbesondere bei Vollmachten und atypischen Maklervertragskonstruktionen auftauchen; vgl. BGH v. 24.6.1981 – IVa ZR 159/80, MDR 1982, 37 = NJW 1981, 2293; v. 19.9.1989 – XI ZR 10/89, MDR 1990, 435 = NJW 1990, 390 = DB 1990, 523 = DNotZ 1990, 651. 4 Palandt/Grüneberg76, § 311b BGB Rz. 13; für die Anwendung dieser Grenze zwischen zwei gewerblichen Teilnehmern vgl. OLG Dresden v. 23.8.2016 – 8 U 964/16, MDR 2017, 82 = ZfIR 2017, 66 = RNotZ 2017, 31. 5 BGH v. 31.1.1983 – II ZR 288/81, MDR 1983, 467 = NJW 1983, 1110 = BB 1983, 660; anderes mag ausschließlich für gezielte Umgehungsgeschäfte gelten. 6 Hennemann/Nemeczek, ZGS 2011, 157.

294

Wartenburger

B. Vertragsgegenstand

Rz. 2.27 Kap. 2

rungen nach Erklärung der Auflassung, sofern sie nicht den weiteren Vollzug des Vertrages ins Belieben des Verkäufers stellen, beurkundungsfrei möglich sein1. Wurde ein Grundstückskaufvertrag unter Verstoß gegen Beurkundungspflichten des § 311b BGB vorgenommen, so wird der vorerst formunwirksame Grundstückskaufvertrag (§ 125 BGB) nachträglich gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt und seinem gesamten Inhalt nach rechtswirksam, wenn die Auflassung und die Eintragung ins Grundbuch erfolgt sind2. Die Heilungswirkung erfasst in diesen Fällen nicht nur die tatsächlich beurkundeten Abreden, sondern auch getroffene Nebenabreden, sofern sie tatsächlich untrennbar mit dem Kaufvertrag verbunden sind3. Dies soll sogar für solche Nebenabreden gelten, die ihrerseits (unabhängig vom Grundstückskauf) beurkundungspflichtig gewesen wären, was insbesondere Wiederkaufsrechte betrifft4. Eine Rückwirkung kommt der Heilung nicht zu. Sind mehrere Grundstücke betroffen, so tritt die Heilung erst mit der Auflassung und Eintragung des letzten Grundstückes insgesamt ein, sofern die zusammengefassten Grundstückskaufverträge miteinander stehen und fallen. Dies ist bei einheitlicher Beurkundung zu vermuten.

2.19

Die (in der Praxis sehr häufig anzutreffende!) formunwirksame Bestellung eines (dinglichen) Vorkaufsrechts soll bereits durch die Eintragung des Vorkaufsrechts in das Grundbuch geheilt werden, nicht erst durch die Eintragung der Auflassung nach Ausübung des Rechts5.

2.20

2.21–2.26

Einstweilen frei.

B. Vertragsgegenstand I. Grundbesitz 1. Vertragstypen Hinsichtlich des Vertragsgegenstandes eines Grundstückskaufvertrages ist zu unterscheiden, ob es sich handelt um: – ein ganzes bebautes vermietetes oder selbstgenutztes Grundstück, – ein ganzes unbebautes Grundstück; dies kann ein Bauplatz, ein Freizeitgrundstück oder aber ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück sein, – eine noch unvermessene Teilfläche, 1 Die Einzelheiten sind aber auch hier str.; vgl. Palandt/Grüneberg76, § 311b BGB Rz. 42 ff. 2 Siehe Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller/, Grundstückskaufverträge2, Rz. 45. 3 BGH v. 7.4.2000 – V ZR 83/99, MDR 2000, 820 = NJW 2000, 2017 = ZfIR 2000, 516 = ZNotP 2000, 276. 4 BGH v. 15.11.1974 – V ZR 78/73, MDR 1975, 215 = NJW 1975, 205. 5 Palandt/Grüneberg76, § 311b BGB Rz. 52.

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295

2.27

Kap. 2 Rz. 2.28 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

– eine Wohnung oder Teileigentumseinheit i.S.d. WEG, – ein Erbbaurecht, Wohnungs- oder Teilerbbaurecht, – eine erst noch herzustellende oder durch Sanierung zu verändernde Wohnung (Bauträgervertrag). Insofern sind grundsätzlich unterschiedliche Vertragsmuster zugrunde zu legen (s. die Muster M1, Rz. 1.11 (Teilflächenverkauf), M5, Rz. 1.357 (Leibrentenverkauf), M2, Rz. 1.80 (Mietshauskauf), M42, Rz. 3.343 (Bauträgerkauf), M43, Rz. 3.344 (Kauf eines Sanierungsobjektes), M66, Rz. 5.362 (Verkauf eines Erbbaurechts). Diese Unterscheidung findet sich auch bei den unten wiedergegebenen Vertragsmustern.

2.28

Ferner kann ein Grundstückskauf Teil eines Unternehmenskaufes sein, wenn zum Vertragsgegenstand nicht nur die Immobilie, sondern auch das durch die Immobilie vermittelte Unternehmen mit Arbeits- und Vertragsverhältnissen, Kunden, Marktauftritt und Inventar gehört. Typisches Beispiel hierfür ist der Kauf eines Hotels oder eines landwirtschaftlichen Betriebes. Ein Unternehmenskauf (asset deal) bringt regelmäßig deutlich umfangreichere Regelungen mit sich, insbesondere im Haftungsbereich, s. hierzu etwa Rz. 1.173 und Rz. 1.856. Hinsichtlich der Besonderheiten des Verkaufs von Unternehmen muss an dieser Stelle auf die einschlägige Literatur1 verwiesen werden. 2. Grundbuchmäßige Bezeichnung des Grundbesitzes

2.29

Der Vertragsgegenstand muss im Kaufvertrag in grundbuchmäßiger Form bezeichnet werden, § 28 GBO. Dazu sollte nicht nur das Grundbuchamt beim zuständigen Amtsgericht, sondern auch die Gemarkung, die Blattstelle und die genaue Bezeichnung des Flurstücks samt dem Beschrieb wiedergegeben werden. Nach § 21 BeurkG soll der Notar vor der Beurkundung das Grundbuch einsehen2. Diese Einsicht sollte in zeitnahem Zusammenhang mit der Beurkundung erfolgen. Die vorherige Grundbucheinsicht ist zwar nicht zwingend und ein Verstoß führt nicht zur Unwirksamkeit der Urkunde. Soll die Beurkundung stattfinden, ohne dass das Grundbuch vorher eingesehen wurde, so hat der Notar aber die Beteiligten darüber zu belehren, dass er das Grundbuch nicht eingesehen hat. Ferner sollte er die Beteiligten über die daraus folgenden Risiken belehren und dies in der Urkunde vermerken.

2.30

In der Vertragspraxis zeigen sich mitunter nicht unerhebliche Probleme bei der Bestimmung des Vertragsgegenstandes. Insbesondere bei Wohnungseigentum ist häufig das Problem anzutreffen, dass der Verkäufer Kfz-Stellplätze als sein „Eigentum“ betrachtet und mitverkaufen möchte, obwohl diese weder in seinem Sondereigen1 Schmitz, RNotZ 2006, 561 ff.; Weigl, DNotZ 2005, 246 ff.; Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016; Ettinger/Jaques, Beck’sches Handbuch Unternehmenskauf im Mittelstand, 2. Aufl. 2017; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017; Rödder/Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, 2003; Picot, Unternehmenskauf und Restrukturierung, 4. Aufl. 2013; Klein-Blenkers, NZG 2006, 245 ff.; Möller, NZG 2012, 841. 2 Siehe dazu Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 741 ff.

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B. Vertragsgegenstand

Rz. 2.32 Kap. 2

tum stehen noch ein entsprechendes Sondernutzungsrecht zugewiesen wurde. Teilweise gehört dem Verkäufer auch nur ein Miteigentumsanteil an einer nicht weiter unterteilten Garagenanlage. Dabei handelt es sich häufig um Versäumnisse, die beim Erstverkauf der Wohnung vor Jahrzehnten begangen worden sind. Eine nachträgliche „Reparatur“ im Rahmen des Kaufvertrages ist regelmäßig nicht möglich, da zur Neubegründung eines Sondernutzungsrechtes die Mitwirkung aller Eigentümer und regelmäßig auch aller Grundpfandrechtsgläubiger erforderlich ist (vgl. § 5 Abs. 4 WEG). Einfacher zu bewerkstelligen ist ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung gem. § 21 Abs. 3 WEG. Im Kaufvertrag selbst ist dann nur noch eine Einbindung des Käufers in bestehende Vereinbarungen möglich. Die Formulierung kann wie folgt aussehen.

M8 Stellplatznutzung

2.31

„Der Verkäufer erklärt, dass er in der Vergangenheit den oberirdischen KFZ-Stellplatz Nr. … gem. Einzeichnung in dem der Urkunde beigefügten Lageplan ausschließlich genutzt hat und dass diese Nutzung von den Miteigentümern und von der Hausverwaltung anerkannt worden ist. Der Notar hat darauf hingewiesen, dass bezüglich dieses Stellplatzes ein Sondernutzungsrecht nicht zugewiesen bzw. die Zuweisung nicht in das Grundbuch eingetragen ist. Dem Käufer ist daher bekannt, dass dieser Stellplatz nicht Gegenstand des heutigen Kaufvertrages sein kann. Der Notar hat angeboten, die Beurkundung des Kaufvertrages zu vertagen bis geklärt ist, ob der Stellplatz nachträglich der vertragsgegenständlichen Wohnungseigentumseinheit als Sondernutzungsrecht zugewiesen werden kann. Dies wird jedoch von den Vertragsteilen nicht gewünscht. Der Verkäufer tritt vorsorglich alle Rechte, die ihm aus etwa bisher getroffenen Benutzungsregelungen und Beschlüssen zustehen, mit Wirkung zum Zeitpunkt des Besitzüberganges an den dies annehmenden Käufer ab, ohne für deren Bestand zu haften. Zum gleichen Zeitpunkt übernimmt der Käufer die aus etwaigen Nutzungsvereinbarungen resultierenden Verpflichtungen in und gegenüber der Eigentümergemeinschaft.“

Sind die Beteiligten sich über den genauen Vertragsgegenstand einig, kommt dies jedoch in der Notarurkunde nur unzureichend oder unzutreffend zum Ausdruck, gilt der Grundsatz: „falsa demonstratio non nocet“ (unbeachtliche Falschbezeichnung). Der schuldrechtliche Kauf ist über das eigentlich gewollte Flurstück wirksam zustande gekommen. Materiell-rechtlich bezieht sich die Auflassung auf das von den Vertragsteilen „gemeinte“ Objekt1; aber wegen der Falschbezeichnung wird in der Regel die Grundbucheintragung das Objekt betreffen, das in der Urkunde genannt ist. Da Auflassung und Eintragung auseinanderfallen, geht das Eigentum weder am aufgelassenen Objekt noch am eingetragenen Objekt über. Wird der Fehler rechtzeitig bemerkt, kann eine Berichtigung der Urkunde nach § 44a Abs. 2 BeurkG vorgenommen werden, wenn die Unrichtigkeit für den Notar offensichtlich ist. Ansonsten bedarf es zum Grundbuchvollzug einer Nachtragsurkunde zur zutreffenden

1 Siehe auch OLG Naumburg v. 23.8.2005 – 11 U 31/05, NotBZ 2006, 215; ausführlich dazu Bergermann, RNotZ 2002, 557.

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2.32

Kap. 2 Rz. 2.33 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Bezeichnung des Vertragsgegenstandes. Zur steuerlichen Aufteilung des Vertragsgegenstandes s. Rz. 1.11 ff.

II. Mitverkauf beweglicher Sachen 2.33

Die Bedeutung des Mitverkaufs beweglicher Sachen ist bei dem typischen Grundstückskaufvertrag meist gering. Die Thematik wird im Regelfall von den Beteiligten nur verfolgt, weil der auf die beweglichen Sachen entfallende Kaufpreis nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Gleichwohl sind für die beweglichen Sachen einige Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung zu beachten. Die wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks i.S.d. § 94 BGB sind grundsätzlich mitverkauft1. Sie lassen sich grundsätzlich nicht ohne weiteres von der Hauptsache – dem Grundstück – trennen. Zubehör i.S.d. § 97 BGB sind bewegliche Sachen, die insbesondere der Hauptsache zu dienen bestimmt sind. Hierzu gehört z.B. auch das in einem Tank auf dem Vertragsgrundstück befindliche Heizöl2. Sie sind im Zweifel ebenso mitverkauft, § 311c BGB. Dinglich korrespondiert dem die Vorschrift des § 926 BGB. Die Abgrenzung kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten3.

2.34

Bei gewerblichen Objekten ist in diesem Zusammenhang auch zu klären, ob Gegenstand des Vertrages ausschließlich die Immobilie (z.B. das Hotelgrundstück, ggf. samt Inventar) oder aber der Betrieb als solcher (also das Hotel mit laufenden Vertragsverhältnissen) sein soll (s. dazu Rz. 2.28). Ferner ist bei gewerblichen Objekten darauf zu achten, dass gem. §§ 97, 98 BGB zum gesetzlichen Zubehör auch „die zum Betrieb bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften“ gehören, und zwar selbst dann, wenn sie nicht im Eigentum des Verkäufers stehen4. 1. Regelfall

2.35

Im Regelfall eines Verkaufs beweglicher Sachen sind folgende Regelungsaspekte zu berücksichtigen. Checkliste: Regelungsbedarf beim Verkauf beweglicher Sachen e

Bestimmte Bezeichnung der mitverkauften Sachen

e

Ausweis des darauf entfallenden Kaufpreises

e

Dingliche Einigung

e

Zeitpunkt der Übergabe

e

Haftungsausschluss bzw. -beschränkung

1 2 3 4

Beck’sches Notarhandbuch/Herrler6, A I Rz. 35. Palandt/Ellenberger76, § 97 BGB Rz. 12. Beck’sches Notarhandbuch/Herrler6, A I Rz. 36. Münchener Kommentar/Stresemann7, § 97 BGB Rz. 24 f.

298

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B. Vertragsgegenstand

Rz. 2.39 Kap. 2

Im Kaufvertrag ist zu regeln, inwiefern bewegliche Sachen, insbesondere Zubehör, mitverkauft sein sollen. Wegen der Unschärfe des gesetzlichen Zubehörbegriffs sind ausdrückliche Regelungen sinnvoll. Der praktisch häufigste Anwendungsfall ist der Mitverkauf gebrauchter Einbauküchen. Diese sind im Regelfall weder wesentlicher Gebäudebestandteil noch Zubehör und werden daher nur mitverkauft, wenn sie im Vertrag ausdrücklich (möglichst unter Bezeichnung der mitverkauften Einbaugeräte) benannt sind.

2.36

Sind die beweglichen Sachen nicht hinreichend bestimmt bezeichnet, so scheitert die dingliche Übereignung am Bestimmtheitsgrundsatz. Der Käufer droht das Eigentum an den Sachen nicht zu erwerben. Ferner lassen sich nur auf diese Weise spätere Streitigkeiten darüber vermeiden, ob bestimmte bewegliche Sachen mitverkauft sind oder nicht. Die von den Beteiligten häufig gewünschte Formulierung „diverse Einbauschränke und Regale“ ist daher nicht akzeptabel. Zulässig ist aber eine sog. „All-Klausel“ (z.B. „sämtliche Regale im Keller“). Danach sind alle im Vertragsgegenstand noch befindlichen beweglichen Wirtschaftsgüter mitverkauft. Dies ist hinreichend bestimmt und genügt damit den schuldrechtlichen und dinglichen Bestimmtheitsanforderungen. Nachteil dieser Regelung ist allein die Beweisnot bei Streitigkeiten. Dann wird nachträglich darüber Beweis geführt werden müssen, ob sich die streitbefangene Sache bei Vertragsabschluss in dem Vertragsgegenstand befand oder nicht. Dieser Beweis wird regelmäßig kaum gelingen. Aus diesem Grunde sollte im Regelfall eine Inventarliste aufgestellt und zum Inhalt der Willenserklärung der Beteiligten gemacht werden. Dazu bedarf es nach § 14 BeurkG nicht der Verlesung. Sofern die Beteiligten darauf verzichten, genügt die bloße Unterzeichnung des Verzeichnisses auf jeder Seite1.

2.37

Der auf die beweglichen Gegenstände entfallende Kaufpreis sollte getrennt ausgewiesen werden, damit das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle – dem Kaufvertrag sogleich die erforderlichen Informationen entnehmen und die Grunderwerbsteuer ohne weitere Nachforschungen zutreffend erheben kann. Im Übrigen ist das Finanzamt grundsätzlich an eine angemessene Einigung der Vertragsteile über den Wert der beweglichen Gegenstände gebunden. Dies führt häufig zu Kaufpreisen für die beweglichen Sachen, die eher an der oberen Grenze der angemessenen Kaufpreisfindung liegen. Allerdings muss beim fremdfinanzierten Kauf darauf geachtet werden, dass die Grundpfandrechtsgläubiger nur den nach Abzug des Kaufpreises für bewegliche Sachen verbleibenden Rest als Beleihungswert ansetzen und damit u.U. eine ungünstigere Finanzierung angeboten wird, wenn der Kaufpreis für das Inventar zu hoch ist.

2.38

Es ist klarzustellen, ob der auf die beweglichen Gegenstände entfallende Kaufpreis zusätzlich zu dem sonstigen Kaufpreis zu zahlen ist oder in diesem Gesamtkaufpreis bereits enthalten ist. Ferner wird man i.d.R. vereinbaren, dass der von den Vertragsparteien vereinbarte Gesamtkaufpreis auch dann unverändert bleibt, wenn z.B. das Finanzamt den Wert der Inventargegenstände nach unten korrigiert.

2.39

1 Siehe dazu Winkler, MittBayNot 1999, 2, 18 f.; Stauf, RNotZ 2001, 129 ff.

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299

Kap. 2 Rz. 2.40 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.40

Soweit bewegliche Sachen mitverkauft werden, ist in der Regelung zur Besitzübergabe und Räumung klarzustellen, dass die Räumungspflicht sich nicht auf die mitverkauften beweglichen Sachen bezieht, die im Vertragsgegenstand verbleiben dürfen.

2.41

Die beweglichen Sachen müssen in das Eigentum des Käufers übergehen. Die dingliche Einigung wird üblicherweise bereits mit in den Kaufvertrag aufgenommen. Gleichzeitig sollten ungesicherte Vorleistungen vermieden werden. Daher steht die Einigung über den Eigentumsübergang unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung (klassischer Eigentumsvorbehalt). Die Übereignung setzt nach § 929 BGB grundsätzlich Einigung und Übergabe voraus. Die Übergabe erfolgt mit der Übergabe des Grundbesitzes als solchem. Bei vermieteten Objekten erhält der Käufer des Grundbesitzes nur mittelbaren Besitz an den beweglichen Gegenständen. Dies genügt nach § 931 BGB für den Eigentumsübergang auf den Käufer. Allerdings ist in Vermietungsfällen gesteigert darauf zu achten, ob die mitverkauften Sachen (z.B. Einbauküchen) überhaupt dem Vermieter/Verkäufer gehören.

2.42

M9 Mitverkauf beweglicher Sachen Mitverkauft sind die in der Anlage 1 zu dieser Urkunde bezeichneten beweglichen Sachen. Die Anlage ist den Beteiligten nach Angabe genau bekannt, wurde von diesen durchgesehen, genehmigt und auf jeder Seite unterzeichnet, wobei auf Verlesung verzichtet wurde. Die Anlage ist wesentlicher Bestandteil dieser Urkunde. Die Beteiligten beziffern den Wert dieser beweglichen Sachen mit … Euro. Dieser Betrag ist in dem unten/ oben ausgewiesenen Gesamtkaufpreis enthalten. Für die beweglichen Sachen gelten die Bestimmungen dieser Urkunde, insbesondere zum Haftungsausschluss und zum Besitzübergang, entsprechend. Leistungsstörungen bzgl. der beweglichen Sachen lassen den Grundstückskaufvertrag unberührt. Die Beteiligten sind sich über den Eigentumsübergang aller mitverkauften beweglichen Sachen, aufschiebend bedingt mit vollständiger Kaufpreiszahlung, einig.

2. Verbrauchsgüterkauf, §§ 475 ff. BGB

2.43

Für den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) gelten – soweit die notarielle Praxis berührt ist1 – folgende Sonderregelungen:

2.44

Nach2 § 476 BGB trägt, wenn sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang zeigt, der Verkäufer die Beweislast dafür, dass der Mangel bei Gefahrübergang noch nicht bestand. Für Garantieerklärungen bestimmt § 477 BGB, dass diese einfach und verständlich abgefasst sein und bestimmte Mindestangaben enthalten müssen. Im Verhältnis zwischen den Vertragsteilen bleibt ein Verstoß gegen diese Vorschrift freilich grundsätzlich ohne Rechtsfolgen3. 1 Nach Wälzholz/Bülow, MittBayNot 2001, 509 ff. 2 Siehe zu Mängelregelungen im Verbraucherkauf Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153 ff. 3 Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht, Rz. 944 ff.; Erman/Grunewald14, § 477 BGB Rz. 6.

300

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B. Vertragsgegenstand

Rz. 2.48 Kap. 2

§ 475 BGB erklärt zahlreiche Bestimmungen des Verbrauchsgüterkaufs als zwingendes Recht. Danach sind die Sonderregelungen für den Verbrauchsgüterkauf sämtlich sowie weitere Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts unabdingbar. Ausgeschlossen sind im Kaufvertrag insbesondere Vereinbarungen zulasten des Käufers über dessen Rechte und Ansprüche – mit Ausnahme von Schadensersatzansprüchen – wegen Sach- und Rechtsmängeln. Möglich sind solche Vereinbarungen erst nach Mitteilung des Mangels an den Verkäufer und damit in der Praxis des Grundstückskaufs nur im Wege der Nachtragsbeurkundung. Ausnahmsweise möglich ist im Kaufvertrag die Verkürzung der Verjährung von Rechten und Ansprüchen des Käufers wegen Mängeln auf mindestens zwei Jahre bei neuen und ein Jahr bei gebrauchten Sachen, § 475 Abs. 2 BGB.

2.45

Möglich sind Vereinbarungen über Schadensersatzansprüche des Käufers sowie über die Rechtsfolgen von nicht in mangelhafter Lieferung bestehenden Pflichtverletzungen des Verkäufers. Im Anwendungsbereich des AGB-Rechts sind freilich zusätzlich die dort geltenden Klauselverbote zu beachten, § 475 Abs. 3 BGB, vgl. dazu das Vertragsmuster M13, Rz. 2.91.

2.46

3. Vertragsgestaltung im Hinblick auf eine Verkäufer-Insolvenz Literatur: Piegsa, Der Grundstückskaufvertrag in der Insolvenz des Verkäufers, RNotZ 2010, 433; Schulte-Thoma, Zubehörveräußerung bei Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2004, 61 ff.

Die wichtigste Norm des Insolvenzschutzes beim Grundstückskaufvertrag besteht in § 106 InsO. Nach § 106 InsO ist ein durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichertes Recht insolvenzfest. Der Insolvenzverwalter hat hinsichtlich des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht das Erfüllungswahlrecht des § 103 InsO. § 106 InsO schützt jedoch nur Ansprüche, die sich auf ein eintragungsfähiges, dingliches Recht beziehen, wie insbesondere die Übertragung des Eigentums, die Einräumung eines Nießbrauchs oder eines Grundpfandrechtes – jeweils bezogen auf Grundbesitz. Andere schuldrechtliche Ansprüche aus dem Kauf, wie die Verpflichtung zur Erfüllung oder Beseitigung eines Mietvertrages, werden hiervon nicht erfasst. Auch andere im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück zusammenhängende Ansprüche werden von § 106 InsO nicht erfasst1, § 106 Abs. 1 Satz 2 InsO. Der Schutzumfang des § 106 InsO bezieht sich generell nicht auf mitverkaufte bewegliche Sachen.

2.47

Beispiel: Ein Grundstück wird mit üblicher Auflassungsvormerkung verkauft, zusätzlich werden jedoch im Rahmen eines einheitlichen Unternehmenskaufvertrages Maschinen, Verträge und derartiges mitverkauft. Der auf die beweglichen Sachen entfallende Kaufpreis beträgt zusätzliche 300.000 Euro, der Kaufpreis für das Grundstück nur 100.000 Euro. Der Kaufpreis wird im November 2008 fällig, das Insolvenzverfahren wird noch im September 2008 eröffnet – nach Eintragung der Auflassungsvormerkung. Erwirbt der Käufer Eigentum an den beweg-

2.48

1 Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 2012, S. 51; s. auch Münchener Kommentar/Ott/Vuia3, § 106 InsO Rz. 24.

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301

Kap. 2 Rz. 2.49 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht lichen Sachen? Kann der Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht des § 103 InsO bezüglich der mitverkauften beweglichen Sachen Gebrauch machen?

2.49

Hinsichtlich des verkauften Grundstücks greift zweifellos der Vormerkungsschutz des § 106 InsO ein. Fraglich ist der Erwerb der beweglichen Sachen. Nach einer teilweise vertretenen Auffassung umfasst der Vormerkungsschutz des § 883 BGB nicht nur das Grundstück, sondern auch Zubehör1. Die Gegenansicht führt an, dass die §§ 106 Abs. 1 Satz 2, 107 InsO den insolvenzfesten Erwerb von beweglichen Sachen abschließend regeln. Jedenfalls für solche beweglichen Sachen, die kein Zubehör sind, sind dagegen weitere Maßnahmen erforderlich.

2.50

Gemäß §§ 80, 81 InsO hat der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verloren. Dies ist nur dann unschädlich, wenn die Verfügungsbefugnis erst nach dem letzten zum Eigentumsübergang erforderlichen Teilakt verloren gegangen ist2. Verfügungen die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse vornimmt, sind hingegen unwirksam. Einen gutgläubigen Erwerb sieht § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO lediglich für unbewegliche Sachen vor, nicht hingegen für bewegliche Sachen3.

2.51

Im Beispielsfall ist das Eigentum bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht übergegangen. Da im Regelfall auch der Besitz erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung übergeben wird und (im Beispielsfall) das Insolvenzverfahren noch vor vollständiger Kaufpreiszahlung eröffnet war, liegt zur Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nur eine aufschiebend bedingte Übereignung vor4. In diesem Fall hat der Insolvenzschuldner seine Verfügungsbefugnis vor Vollendung des Rechtserwerbs verloren. Dem ließe sich entgegenhalten, dass nach § 161 Abs. 1 Satz 2 BGB aufschiebend bedingte Verfügungen auch gegen beeinträchtigende Zwischenverfügungen des Insolvenzverwalters und gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung abgesichert sind. Daraus lässt sich jedoch nicht zwingend ableiten, dass aufschiebend bedingte Übereignungen und Abtretungen i.S.d. § 161 Abs. 1 BGB automatisch insolvenzfest seien5.

2.52

Für den Verkauf unter Eigentumsvorbehalt in der Verkäuferinsolvenz kann der Vorbehaltskäufer gem. § 107 Abs. 1 InsO Erfüllung des Kaufvertrages trotz § 103 InsO verlangen, wenn der Verkäufer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt verkauft und dem Käufer den Besitz an der Sache übertragen hat. Nach § 107 Abs. 1 InsO ist Voraussetzung für den Insolvenzschutz des Käufers beweglicher Sachen nicht nur der Ab1 Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 491; Staudinger/ Gursky, Neubearb. 2008, § 883 BGB, Rz. 264 ff.; Palandt/Bassenge76, § 883 BGB Rz. 20 m.w.N.; Piegsa, RNotZ 2010, 433 (444). 2 Vgl. auch Uhlenbruck/Mock14, § 81 InsO, Rz. 22. 3 Vgl. zum ausgeschlossenen gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen Uhlenbruck/Mock14, § 81 InsO Rz. 36. 4 BGH v. 22.2.1956 – IV ZR 164/55, BGHZ 20, 88; vgl. auch BGH v. 21.9.1959 – III ZR 103/58, BGHZ 30, 374; Palandt/Bassenge76, § 929 BGB Rz. 8. 5 Ebenso Münchener Kommentar/Westermann7, § 161 BGB Rz. 14.

302

Wartenburger

B. Vertragsgegenstand

Rz. 2.55 Kap. 2

schluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch die Erklärung der dinglichen Einigung unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung, §§ 929, 158 Abs. 1 BGB1. Liegen diese Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 InsO vor, so wird das Anwartschaftsrecht des Käufers dem Verwalterwahlrecht des § 103 InsO entzogen und damit insolvenzfest. Der Käufer behält damit die Möglichkeit, durch vollständige Kaufpreiszahlung den Bedingungseintritt herbeizuführen2. Um dem Käufer einen angemessenen Insolvenzschutz auch hinsichtlich der mitverkauften beweglichen Sachen zukommen zu lassen, ist es zumindest in kritischen Fällen erforderlich, den Besitzübergang nicht erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung eintreten zu lassen. Nach wohl h.M. genügt für den Besitzübergang i.S.d. § 107 Abs. 1 InsO trotz des unklaren Wortlauts jede Form von Besitzverschaffung, also auch die Verschaffung mittelbaren Besitzes3. Es sollte daher im Einzelfall bei entsprechenden Verträgen der sofortige Besitzübergang im Sinne eines Besitzkonstitutes gem. § 930 BGB vereinbart werden, so dass ab Beurkundung des notariellen Kaufvertrages bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung der Verkäufer die beweglichen Sachen unentgeltlich für den Käufer verwahrt.

2.53

M10 Einigung, Besitzübergang hinsichtlich der beweglichen Sachen

2.54

Käufer und Verkäufer sind sich über den Eigentumsübergang der mitverkauften beweglichen Sachen aufschiebend bedingt auf die vollständige Kaufpreiszahlung einig. Hinsichtlich der mitverkauften beweglichen Sachen vereinbaren Verkäufer und Käufer bereits heute, dass der mittelbare Besitz ab sofort auf den Käufer übergeht, also schon vor vollständiger Kaufpreiszahlung. Der Verkäufer ist unentgeltlich weiterhin zur uneingeschränkten Nutzung der mitverkauften beweglichen Sachen befugt. Er verwahrt diese bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung unentgeltlich für den Käufer. Zug um Zug mit vollständiger Kaufpreiszahlung ist der Verkäufer verpflichtet, den unmittelbaren Besitz dem Käufer zu verschaffen. Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung trägt bis zum Übergang des unmittelbaren Besitzes noch der Verkäufer.

Um einen Gleichlauf von Immobilie und beweglichen Wirtschaftsgütern zu gewährleisten, kann die Insolvenzsicherung hinsichtlich der beweglichen Sachen aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgen.

1 Marotzke, JZ 1995, 803 (805); Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 107 InsO Rz. 3; Kübler/Prütting/Bork, § 107 InsO Rz. 5; Nerlich/Römermann, § 107 InsO Rz. 7. 2 Marotzke, JZ 1995, 803 (810); Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 107 InsO Rz. 8; Nerlich/Römermann, § 107 InsO Rz. 9; Kübler/Prütting/Bork, § 107 InsO Rz. 9. 3 Münchener Kommentar/Ott/Vuia3, § 107 InsO Rz. 11; Nerlich/Römermann, § 107 InsO Rz. 8; Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 107 InsO Rz. 6; Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 107 InsO Rz. 7; Braun/Kroth7, § 107 InsO Rz. 4.

Wartenburger

303

2.55

Kap. 2 Rz. 2.56 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.56

M11 Besitzkonstitut hinsichtlich der beweglichen Sachen im Gleichlauf mit Vormerkung Die Vereinbarung des Besitzkonstituts erfolgt aufschiebend bedingt auf die Eintragung der oben bewilligten Auflassungsvormerkung in das Grundbuch.

2.57–2.70

Einstweilen frei.

C. Vertragsparteien Literatur: Böhr, Verbraucher und Unternehmer in der notariellen Praxis, RNotZ 2003, 277; Brambring, Wer schützt den Verbraucher vor dem Verbraucherschutz?, ZNotP 2003, 42; Dauner-Lieb/Dötsch, Ein „Kaufmann“ als „Verbraucher“? – Zur Verbrauchereigenschaft des Personengesellschafters, DB 2003, 1666; Grziwotz, Mehr Verbraucherschutz – der neue § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG, notar 2013, 343; Krebs, Verbraucher, Unternehmer oder Zivilpersonen, DB 2002, 517; Struck, Der Verbraucher-/Unternehmerbegriff im BGB, MittBayNot 2003, 259.

I. Käufer und Verkäufer 1. Bestimmung der richtigen Vertragspartei

2.71

Überraschend viele Probleme bereitet bei vielen Kaufverträgen bereits die zutreffende Identifizierung der Vertragsparteien. Eine unreflektierte Übernahme der Angaben der Vertragsparteien oder Dritter (z.B. Makler) kann hierbei zu erheblichen Problemen führen. 2. Güterstand

2.72

Besondere Beachtung verdient dabei bei verheirateten Vertragsparteien das eheliche Güterrecht auf Käufer- und Verkäuferseite. Auf der Verkäuferseite kann es vorkommen, dass der Ehegatte – auch ohne im Grundbuch eingetragen zu sein – eine Eigentümerposition erlangt hat und daher beim Verkauf mitwirken muss. Dies ist insbesondere der Fall bei Ehegatten, die in Gütergemeinschaft verheiratet sind. Zwar kommt dieser Güterstand in Deutschland – zumindest außerhalb des ländlichen Raumes – nur noch selten vor. Zahlreiche ausländische Rechtsordnungen haben jedoch das Modell der „Errungenschaftsgemeinschaft“ übernommen, so dass auch hier mit einem Gesamtgut zu rechnen ist. Im gesetzlichen Güterstand nach deutschem Recht kann die Zustimmung des Ehegatten nach § 1365 BGB erforderlich sein, wenn der veräußernde Alleineigentümer mit dem Verkauf über sein nahezu gesamtes Vermögen verfügt. Ferner ist die Mitwirkung des Ehegatten wichtig, wenn dieser neben dem Verkäufer die verkauften Räume bewohnt und eine Räumung beabsichtigt ist.

304

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C. Vertragsparteien

Rz. 2.76 Kap. 2

Die Problematik der Güter- oder Errungenschaftsgemeinschaft stellt sich in gleicher Weise auf der Käuferseite, da bei unterlassener Miteintragung des Ehegatten u.U. ein inhaltlich unzutreffender Grundbucheintrag entstehen würde.

2.73

3. Steuerliche Zuordnung Häufig übersehen wird zudem, dass die Zuordnung des Erwerbsobjektes zum einen oder anderen Ehegatten oder zum Miteigentum beider Ehegatten nicht nur erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat (z.B. im Scheidungsfall), sondern auch steuerlich relevant ist. Zu beachten sind dabei sowohl ertragsteuerliche Ansatzpunkte (Vermeidung der Betriebsaufspaltung oder Zuordnung der Immobilie zum (Sonder-)Betriebsvermögen bei späterer Nutzung durch das Unternehmen eines Ehegatten) als auch erbschaftsteuerliche Probleme. Hierzu gehört insbesondere:

2.74

– die Gefahr einer steuerpflichtigen Schenkung, wenn eine Immobilie zum Miteigentum erworben wird, die hierzu erforderlichen Eigenmittel aber allein von einem Ehegatten aufgebracht werden; – die Gefahr einer künftigen Erbschaftsteuerbelastung, wenn der Erwerb in der Hand eines Ehegatten konzentriert wird und daher z.B. die steuerlichen Freibeträge der Kinder im Verhältnis zum anderen Ehegatten mangels Masse nicht genutzt werden können. Besondere Probleme ergeben sich, wenn nicht verheiratete Paare gemeinsam eine Immobilie erwerben möchten. Der schenkungsteuerliche Spielraum bei der Zuordnung der Eigentumsverhältnisse im Vergleich zum Finanzierungsbeitrag ist angesichts des Freibetrages von 20.000 t denkbar gering; spätere Korrekturen lösen im Fall der Übertragung von Miteigentumsanteilen erneute beurkundungspflichtige und auch grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge aus. Dem kann vielfach begegnet werden, indem die Lebensgefährten die Immobilie mittels einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erwerben.

2.75

M12 Kaufvertrag: Ergänzungen beim Erwerb „in GbR“

2.76

Im Urkundeneingang: Herr A und Frau B handeln hierbei jeweils sowohl im eigenen Namen als auch für die mit dieser Urkunde gegründete A und B GbR mit dem Sitz in … (Anschrift …) als deren Gesellschafter. Bei der Verkaufsabrede [Verkäufer] verkauft hiermit den [Vertragsgegenstand] an die hiermit gegründete A und B GbR mit dem Sitz in … (nachstehend als „Käufer“ bezeichnet), bestehend aus den Gesellschaftern A und B, zum Alleineigentum. An der A und B GbR sind beteiligt: Herr A mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % und Frau B mit einem Gesellschaftsanteil von 50 %. Die organschaftliche Vertretung der GbR ist ausgeschlossen, so dass diese nur durch gemeinschaftliche Erklärung der beiWartenburger

305

Kap. 2 Rz. 2.77 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht den Gesellschafter wirksam verpflichtet werden kann. Im Übrigen gilt für die GbR zunächst das dispositive Gesetzesrecht. Beim Kaufpreis: Hiermit treten den schuldrechtlichen Verpflichtungen der erwerbenden A und B GbR aus dieser Urkunde ihre Gesellschafter, A und B, bei und übernehmen – unabhängig von ihrer ggf. gesellschaftsrechtlich bestehenden Haftung – als Gesamtschuldner alle Verpflichtungen des Käufers auch persönlich. Die A und B GbR sowie ihre Gesellschafter A und B unterwerfen sich wegen der Pflicht, den Kaufpreis zu bezahlen, der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Vollstreckbare Ausfertigung darf ohne weitere Nachweise erteilt werden, jedoch nur nach Maßgabe des nachfolgend genannten Mitteilungsschreibens des Notars und mit der Maßgabe, dass die Zwangsvollstreckung nur Zug um Zug gegen Übergabe des geräumten Besitzes zulässig ist. Die Gesellschafter A und B haften im Verhältnis zueinander als Gesamtschuldner; im Verhältnis zur A und B GbR – sofern diese existiert und wirksam vertreten ist – akzessorisch. Hinweis: Die vorstehende Formulierung ermöglicht einen Erwerb durch eine zuvor nicht bestehende GbR, ohne dass der Kaufvertrag mit weiteren Einzelheiten über das Innenverhältnis der GbR-Gesellschafter belastet wird. Die weiteren Einzelheiten können dann zwischen den Gesellschaftern der GbR noch in einem späteren Vertrag geregelt werden und betreffen den Verkäufer nicht. Sofern zwischen den Gesellschaftern kein persönliches Näheverhältnis besteht, sollten diese Fragen jedoch dringend schon vor Abschluss des Kaufvertrages in einem gesonderten GbR-Vertrag geregelt werden.

2.77

Spätere Anteilsverschiebungen sind in diesem Fall beurkundungsfrei; auch fällt hierfür außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a, Abs. 3, Abs. 3a, 5 Abs. 3 GrEStG keine Grunderwerbsteuer an. Mit der jüngeren Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass auch eine GbR eine sog. Eigenbedarfskündigung von Mietverhältnissen aussprechen darf, womit der einzige echte Nachteil der GbR gegenüber der Miteigentümergemeinschaft weggefallen ist1.

2.78

Auf beiden Vertragsseiten können sich besondere Probleme ergeben, wenn Parteien nicht für sich selbst handeln können, also bei der Beteiligung von juristischen Personen, Personengesellschaften, geschäftsunfähigen/beschränkt geschäftsfähigen oder unter Betreuung stehenden Personen. Hierbei ist zwischen Verkäufer- und Käuferseite zu unterscheiden: – Handelt z.B. auf der Käuferseite eine Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts, deren Existenz oder Vertretungsverhältnisse nicht grundbuchtauglich nachgewiesen werden können, so würde das Grundbuchamt im Rahmen der gewöhnlichen Vertragsabwicklung zwar eine Auflassungsvormerkung eintragen (hierzu genügt 1 BGH v. 15.3.2017 – VIII ZR 92/16, NJW-RR 2017, 583; dazu Dubovitskaya/Weitemeyer, NZM 2017, 201; kritisch Selk, NJW 2017, 521; anders zur GmbH & Co. KG: BGH v. 15.12.2010 – VIII ZR 210/10, MDR 2011, 215 = NJW 2011, 993 = DStR 2011, 633 = ZfIR 2011, 251.

306

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C. Vertragsparteien

Rz. 2.82 Kap. 2

die Bewilligung des Veräußerers); die spätere Eigentumsumschreibung nach Kaufpreiszahlung würde jedoch scheitern, wenn der Nachweis über eine wirksame Auflassung nicht geführt werden kann; auch eine Löschung der Vormerkung aufgrund Bewilligung des Käufers wäre nicht vollziehbar, weil dafür die Bewilligung des (ordnungsgemäß vertretenen) Käufers erforderlich wäre. – Ergeben sich dieselben Probleme auf der Verkäuferseite, so würde das Vollzugsproblem bereits bei der Eintragung der Auflassungsvormerkung bzw. Bestellung der Finanzierungsgrundschuld auftreten, so dass evtl. ein zwar materiell-rechtlich wirksamer, aber nicht vollziehbarer Kaufvertrag zustande kommt.

II. Besonderheiten bei Verbraucherverträgen Von einem Verbrauchervertrag spricht man, wenn beim Abschluss eines Vertrages ein Vertragsteil als Unternehmer, der andere Vertragsteil als Verbraucher handelt (vgl. § 310 Abs. 3 BGB).

2.79

Der Verbraucher- und der Unternehmerbegriff sind inzwischen Kernbegriffe des deutschen Rechts geworden. Sie sind in §§ 13, 14 BGB geregelt. Einerseits beruhen sie auf europarechtlichen Vorgaben und setzen damit Europarecht in nationales Recht um, teilweise sind sie aber auch originäres deutsches Recht, das unabhängig von europarechtlichen Vorgaben Anwendung findet. Letzteres ist dann der Fall, wenn der nationale Gesetzgeber auf den Verbraucherbegriff abstellt und nationale Verbraucherschutznormen aufstellt, ohne hierzu europarechtlich gezwungen zu sein. Dies ist beispielsweise bei der Regelung in § 17 Abs. 2a BeurkG der Fall.

2.80

Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Maßgeblich ist dabei die konkrete Zweckrichtung des einzelnen Vertrages, so dass auch der Einzelunternehmer oder Freiberufler bei Verträgen mit privater Zweckrichtung dem Verbraucherschutzrecht unterliegen kann. Verfolgt ein Rechtsgeschäft gemischte Zwecke (sog. Dual-Use-Geschäfte), so kommt es nach der nunmehrigen gesetzlichen Regelung auf den überwiegenden Charakter an1. Der EuGH2 vertritt für die Frage des Verbrauchergerichtsstandes die strengere Auffassung, wonach jede gewerbliche Mitveranlassung schädlich ist.

2.81

Nach Meinung des BGH3 kann auch eine GbR Verbraucher sein und damit dem Verbraucherschutzrecht unterliegen4, obwohl § 13 BGB dem Wortlaut nach nur natürliche Personen als Verbraucher definiert. Ob einzelne oder alle Gesellschafter im

2.82

1 BeckOK BGB/Bamberger § 13 BGB Rz. 38. 2 EuGH v. 20.1.2005 – C-464/01, NJW 2005, 653; dazu BeckOK BGB/Bamberger § 13 BGB Rz. 39. 3 BGH v. 23.10.2001 – XI ZR 63/01, MDR 2002, 222 = NJW 2002, 368 = DStR 2002, 141 = ZfIR 2002, 23 = DNotZ 2002, 528. 4 Vgl. auch Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666. Kritisch hingegen Münchener Kommentar/ Micklitz/Purnhagen7, § 13 BGB Rz. 18; Krebs, DB 2002, 517.

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307

Kap. 2 Rz. 2.83 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Übrigen außerhalb der GbR eine unternehmerische Tätigkeit entfalten, ist nach Meinung des BGH irrelevant1. BGB-Gesellschafter, die sich zum Zweck der Errichtung und Veräußerung einer Wohnungseigentumsanlage zusammentun, sind hingegen Unternehmer i.S.v. § 14 BGB; der Wohnungserwerber ist auch dann Verbraucher i.S.v. § 13 BGB, wenn es sich um eine Kapitalanlage handelt2 und er vermieten möchte. Auch wenn der Wortlaut des § 13 BGB, erst recht in Gegenüberstellung zu § 14 Abs. 2 BGB, kaum einen Spielraum für eine analoge Anwendung des Verbraucherschutzrechtes auf die teilrechtsfähige Außen-GbR zu lassen scheint, wird etwas anderes jedenfalls dann nicht vertretbar sein, wenn an der GbR ausschließlich Verbraucher beteiligt sind. Es kann z.B. für die Anwendung des § 17 Abs. 2a BeurkG nicht ernsthaft einen Unterschied machen, ob Lebensgefährten eine gemeinsame Wohnung „zum Miteigentum“ oder „in GbR“ erwerben. Auch die (teilrechtsfähige) Wohnungseigentümergemeinschaft soll als Verbraucher gelten3.

2.83

Auch der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer wird von der h.M. als Verbraucher angesehen4, es sei denn er handelt im Namen und für die GmbH.

2.84

Problematisch ist die Frage, ob das Verbraucherschutzrecht über § 13 BGB auch dann zur Anwendung kommt, wenn ein Verbraucher sich durch einen Unternehmer vertreten lässt oder umgekehrt § 13 BGB auch dann Anwendung findet, wenn ein Unternehmer sich durch einen Verbraucher vertreten lässt5. Richtigerweise kommt es hier stets auf die Verhältnisse des Vertretenen an6. Dies folgt aus der Wirkung der Stellvertretung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB, die die Rechtsfolgen unmittelbar beim Vertretenen eintreten lässt. Auch § 165 BGB lässt diesen Gedanken anklingen, indem es die Schutzbestimmungen für beschränkt Geschäftsfähige nicht anwendet, wenn nur der Vertreter beschränkt geschäftsfähig ist, nicht aber der Vertretene. Dem liegt folgender Gedanke zugrunde. Lässt der Unternehmer sich von einem Verbraucher vertreten, so ist er nicht schutzbedürftig, denn er wird sich seinen Vertreter schon mit der im Geschäftsverkehr üblichen Sorgfalt ausgesucht haben. Lässt sich aber der Verbraucher durch einen Unternehmer vertreten, so mag der Unternehmer mit entsprechender Professionalität für den Verbraucher handeln. Sicher ist dies jedoch nicht. Das besondere Schutzbedürfnis kann sich insbesondere darin äußern, dass er gerade einen nicht vertrauenswürdigen Unternehmer mit der Vertretung beauftragt hat. Dies kann insbesondere bei den sog. Strukturvertriebsfällen zutreffen, wenn der Verbraucher-Käufer den gewerblich handelnden Makler mit der Vertragsabwicklung beauftragt und bevollmächtigt. 1 BGH v. 23.10.2001 – XI ZR 63/01, MDR 2002, 222 = NJW 2002, 368 = DStR 2002, 141 = ZfIR 2002, 23 = DNotZ 2002, 528. 2 OLG Koblenz v. 17.10.2002 – 5 U 263/02, BauR 2003, 546 = ZfIR 2002, 897. 3 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/13, MDR 2015, 575 = NZG 2015, 905 = ZfIR 2015, 438. 4 BGH v. 5.6.1996 – VIII ZR 151/95, BGHZ 133, 71 = MDR 1996, 890 = NJW 1996, 2156; v. 28.6.2000 – VIII ZR 240/99, MDR 2000, 1235 = NJW 2000, 3133 = DB 2000, 1809; vgl. dazu Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666 ff.; kritisch auch Hänlein, DB 2001, 1185 ff. 5 Vgl. dazu Masuch, BB 2003, Beilage 6, 16 ff. 6 BeckOK BGB/Bamberger § 13 BGB Rz. 25; Ebenso wohl Münchener Kommentar/Micklitz/ Purnhagen7, § 13 BGB Rz. 24 m.w.N.

308

Wartenburger

C. Vertragsparteien

Rz. 2.89 Kap. 2

Ähnliche Fragen stellen sich beim Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder über das Vermögen einer Privatperson bzw. bei einer Insolvenz eines Unternehmers mit einer Privat- und einer Unternehmenssphäre.

2.85

Problematisch ist schließlich die Anwendbarkeit der Verbraucherschutzregelungen auf sog. Existenzgründer, die den Vertragsabschluss im Zusammenhang mit der Gründung eines Gewerbes oder einer sonstigen selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließen. Für das Verbraucherkreditrecht findet sich eine spezielle Regelung nunmehr in § 513 BGB, wonach die Schutznormen auch für Verträge mit Existenzgründern bis zu einem Nettodarlehensbetrag/Barzahlungspreis von 75.000 t Anwendung finden. Diese Spezialnorm spricht dafür, dass außerhalb der §§ 491 ff. BGB Existenzgründer nicht unter den Verbraucherbegriff zu fassen sind1. Dementsprechend hat auch die Rechtsprechung die Erstreckung des sonstigen Verbraucherschutzrechtes auf Existenzgründer abgelehnt2; die Frage ist jedoch nach wie vor als umstritten anzusehen3.

2.86

Im Übrigen muss sich jeder hinsichtlich seiner eigenen Eigenschaft an einem von ihm gesetzten Rechtsschein festhalten lassen. Wer sich also als Unternehmer geriert, wird als solcher behandelt4.

2.87

Inwieweit nationale steuerliche Maßstäbe für die Grenzziehung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Betätigung herangezogen werden können, erscheint zweifelhaft. Der EuGH wird in Zukunft eigene Kriterien für eine entsprechende Abgrenzung entwickeln. Bis dahin mag man die steuerlichen Grundsätze, insbesondere zum gewerblichen Grundstückshandel entsprechend heranziehen.

2.88

Die Tatsache, dass eine Vertragspartei nicht als Verbraucher in dem Sinne anzusehen ist, macht sie noch nicht automatisch zum Unternehmer. Vielmehr gibt es Konstellationen, in denen eine Vertragspartei weder als Verbraucher noch als Unternehmer handelt. Problematisch ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Einordnung der öffentlichen Hand, die gerade im Grundstücksverkehr eine erhebliche Rolle spielt. Richtigerweise ist die öffentliche Hand jedenfalls dann „Unternehmer“, wenn sie entgeltliche Leistungen am Markt anbietet und sich hierfür der privatrechtlichen Form bedient. Verkauft also beispielsweise eine Gemeinde Baugrundstücke zur Wohnnutzung, so handelt sie als „Unternehmer“, der Erwerber als „Verbraucher“, so dass insgesamt ein Verbrauchervertrag vorliegt. Erwirbt dagegen die Gemeinde ein Grundstück zur Anlegung einer öffentlichen Verkehrsfläche, so tritt sie nicht am Markt mit Leistungen auf, sondern erfüllt eine hoheitliche Aufgabe. Es liegt da-

2.89

1 BeckOK BGB/Möller § 513 BGB Rz. 2. 2 BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, NJW 2005, 1273 = DB 2005, 1375 = DNotZ 2005, 680; EuGH v. 3.7.1997 – Rs. C-269/95 – Benincasa vs. Dentalkit, EWS 1997, 270 = RiW 1997, 775 = WM 1997, 1549. 3 Ausführlich zum Streitstand Münchener Kommentar/Micklitz/Purnhagen7, § 13 BGB Rz. 62 ff. 4 BGH v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, MDR 2005, 503 = NJW 2005, 1045 = DB 2005, 718 = DNotZ 2005, 611.

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Kap. 2 Rz. 2.90 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

her (unabhängig davon, ob der Veräußerer Privatmann, Landwirt oder Gewerbetreibender ist) kein Verbrauchervertrag vor.

2.90

Checkliste: Besonderheiten beim Verbrauchervertrag Folgende Besonderheiten sind beim Verbrauchervertrag zu berücksichtigen: e

Zweiwochenfrist für die Entwurfsübersendung, § 17 BeurkG,

e

Besondere Anforderungen an die Gestaltung des Beurkundungsverfahrens (Stellvertretung; Beurkundung über Angebot-Annahme),

e

Verbrauchsgüterkauf beim (Mit-)Verkauf beweglicher Sachen, §§ 475 ff. BGB,

e

Widerrufsrecht bei verbundenen Geschäften, § 358 BGB, bei Grundstücken nach dessen Abs. 3 Satz 3 allerdings nur bei qualifizierter Mitwirkung des Kreditgebers,

e

Anwendbarkeit der § 305 ff. BGB, auch wenn der Vertrag nur zum einmaligen Gebrauch gedacht ist oder die Regelungen von einem neutralen Dritten wie dem Notar gestellt werden, § 310 Abs. 3 BGB; daher insbesondere:

e

beschränkte Zulässigkeit von Schadenspauschalierungen,

e

keine Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts des § 320 BGB (reine Zug-umZug-Abwicklung),

e

Beschränkung der Bindungsfrist für Angebote etc.; hierzu geht die Rechtsprechung des BGH davon aus, dass § 147 Abs. 2 BGB für den Verkauf einer bereits hergestellten Eigentumswohnung eine „Regelbindungsfrist“ von vier Wochen enthält. Eine Bestimmung im Angebot eines Verbrauchers zum Abschluss eines Verbrauchervertrages, welche diesen über einen längeren Zeitraum binden soll, kann sich im Rahmen der Klauselkontrolle nach § 308 Nr. 1 BGB als unwirksam erweisen. Anstelle der im Angebot enthaltenen Frist gilt dann wieder die gesetzliche „Regelfrist“. Nimmt der Unternehmer das Angebot nach Ablauf dieser Frist an, bedeutet dies gem. § 150 Abs. 1 BGB ein erneutes Angebot. In der weiteren Abwicklung des Vertrages einschließlich Kaufpreiszahlung und Grundbuchvollzug liegt mangels Erklärungsbewusstsein keine erneute Annahme, so dass der Grundmangel nicht mehr geheilt wird. Der gesamte Vertrag kann sodann nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabgewickelt werden1. Gleiches gilt auch bei unbefristeten, aber frei widerruflichen Angeboten2,

e

Beschränkung formaler Anforderungen an Anzeigen und Erklärungen (§ 309 Nr. 13 BGB),

e

nur eingeschränkte Beschränkung von Sach- und Rechtsmängelansprüchen.

1 BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 = DNotZ 2010, 913; dazu Herrler/Suttmann, DNotZ 2010, 883; vgl. in der Folge z.B. BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, MDR 2014, 148 = NJW 2014, 854 = ZfIR 2014, 51 = DNotZ 2014, 41. 2 BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, MDR 2013, 958 = NJW 2013, 3434 = ZfIR 2013, 766 = DNotZ 2013, 923; v. 9.5.2014 – V ZR 266/12, Wohnungseigentümer 2014, 118.

310

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C. Vertragsparteien

Rz. 2.91 Kap. 2

M13 Haftung beim Verbrauchervertrag

2.91

Urkundeneingang (Vertragspartei 1) erklärt/erklären, bei dieser Beurkundung als „Unternehmer“ i.S.d. § 14 BGB zu handeln. (Vertragspartei 2) erklärt/erklären, bei dieser Beurkundung als „Verbraucher“ i.S.d. § 13 BGB zu handeln. Die Vertragsteile wurden auf § 17 Abs. 2a BeurkG hingewiesen, wonach der Notar dem Verbraucher mindestens 14 Tage vor der Beurkundung einen Vertragsentwurf zur Verfügung zu stellen hat. … (Vertragspartei 2) bestätigt hierzu, den Entwurf der Urkunde rechtzeitig vom Notar erhalten zu haben (und zwar am …). Haftung Soweit in dieser Urkunde Rechte des Käufers wegen offener oder verborgener Mängel ausgeschlossen sind, gilt dieser Ausschluss nicht: a) bei schuldhafter Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und außerdem nicht bei vorsätzlichem Handeln oder bei grobem Verschulden; b) für Rechte wegen Sachmängeln mitverkaufter beweglicher Sachen; wegen solcher bleiben aber Schadensersatzansprüche, die nicht auf Buchstaben a) beruhen, ausgeschlossen. Außerdem wird die Verjährungsfrist für Rechte wegen etwaiger Sachmängel gebrauchter beweglicher Sachen von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen steht einer entsprechenden Pflichtverletzung des Verkäufers gleich. Verbraucherkaufvertrag Beurkundet am … Auf Ansuchen der Beteiligten beurkunde ich deren Erklärungen gemäß, was folgt: I. Grundbuch- bzw. Ausgangsstand Laut Vortrag im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Blatt … ist/sind … Eigentümer des nachstehend bezeichneten Grundbesitzes der Gemarkung … Flurstück Nr. … [Beschrieb], zu … ha. Es bestehen folgende Belastungen: Abteilung II: … Abteilung III: … II. Verkauf … – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkauft hiermit Wartenburger

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Kap. 2 Rz. 2.91 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht an die Ehegatten … – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – – zum Miteigentum nach gleichen Anteilen – den in Abschnitt I dieser Urkunde näher bezeichneten Vertragsgegenstand mit allen Rechten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör. III. Kaufpreis (1) Der Kaufpreis beträgt fest … Euro – in Worten: … Euro – Der Kaufpreis ist wie folgt zur Zahlung fällig: Ein Teilbetrag in Höhe von … Euro – in Worten: … Euro – ist zur Zahlung fällig innerhalb von 14 Tagen nach Erteilung der schriftlichen Bestätigung des Notars (maßgebend ist das Datum dieses Schreibens, ausdrücklich unabhängig vom Zugang), dass a) die Auflassungsvormerkung für den Käufer rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde, b) die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen in der Weise am Tage der Absendung Fälligkeitsmitteilung gesichert ist, dass diesbezüglich dem Notar eine Löschungs- oder Freigabebewilligung entweder zum bedingungslosen Gebrauch vorliegt oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, und c) seitens der örtlich zuständigen Gemeinde die Bestätigung erteilt wurde, wonach für diesen Verkaufsfall ein gesetzliches Vorkaufsrecht entweder nicht besteht oder jedenfalls nicht ausgeübt wird. Der Notar wird beauftragt, den Beteiligten die Erfüllung vorstehender Fälligkeitsvoraussetzungen schriftlich anzuzeigen. Der Restkaufpreis in Höhe von … Euro – in Worten: … Euro – ist Zug um Zug gegen Übergabe des vollständig geräumten Vertragsgegenstandes zinslos zur Zahlung fällig, nicht jedoch vor der ersten Rate1. 1 Die hier vorgeschlagene Gestaltung ist nicht ganz risikofrei, da der Verkäufer bei Erhalt der ersten Rate noch nicht geräumt haben muss. Gibt es später Streitigkeiten und räumt der Verkäufer nicht rechtzeitig, so ist dem Käufer das Recht zum Rücktritt vom Vertrag wesentlich erschwert, da er ggf. bereits einen erheblichen Teil des Kaufpreises gezahlt hat, den er dann wieder zurückholen muss. Dies kann bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Verkäufers kaum möglich sein, wenn diese Geldmittel an seine Bank geflossen sind. Ferner kann das Minderungsrecht gefährdet sein, wenn die Gläubiger des Verkäufers die vollständige Kaufpreiszahlung als Treuhandauflage erteilen. Bei einer Minderung wäre die Lastenfreistellung nicht mehr gesichert. Noch riskanter wird es, wenn die Treuhandaufträge unter einer Befristung erteilt wurden und die Frist wegen der verspäteten Räu-

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Wartenburger

C. Vertragsparteien

Rz. 2.91 Kap. 2

(2) Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten (unechter Vertrag zugunsten Dritter)1. (3) Soweit keine Zahlungsauflagen ergehen, ist der Kaufpreis auf das Konto des Verkäufers Nr. … bei der … zu überweisen. Auf die vorliegenden Risiken der geteilten Kaufpreiszahlung in zwei Raten hat der Notar hingewiesen und sichere Alternativgestaltungen vorgeschlagen. Dies wünschen die Beteiligten jedoch nicht. Die Treuhandauflagen der Gläubigerbanken werden voraussichtlich höher als die erste Rate sein. (4) Zahlungsverzug tritt auch ohne Mahnung mit Ablauf der in Abs. 1 angegebenen 14-Tages-Frist ein, ein Verschulden vorausgesetzt. Ab Fälligkeit ist der Kaufpreis mit einem Verzugszins für das Jahr von 5 % – fünf vom Hundert – über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB zu verzinsen. (5) Die Abtretung und Verpfändung von Rechten des Käufers aus diesem Vertrag bedarf bis zur vollen Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der schriftlichen Einwilligung des Verkäufers. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Käufer unterwirft sich wegen aller in Abschnitt III dieser Urkunde in Haupt- und Nebensache eingegangenen Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Mehrere Käufer haften als Gesamtschuldner. Der Verkäufer unterwirft sich wegen seiner Verpflichtung zur Besitzübergabe an den Käufer ebenfalls der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Zur Erteilung der Vollstreckungsklausel bedarf es nicht des Nachweises der die Fälligkeit begründenden Tatsachen. Eine Beweislastumkehr ist hiermit nicht verbunden. Gleichwohl darf der Notar jedem Vertragsteil eine vollstreckbare Ausfertigung erst nach Absendung der notariellen Fälligkeitsmitteilung erteilen. V. Besitzübergang (1) Besitz, Nutzungen, Lasten und Abgaben aller Art sowie die Gefahr einer vom Verkäufer nicht verschuldeten Verschlechterung und die Verkehrssicherungspflicht gehen Zug um mung auszulaufen droht. Gestaltungen mit gesplittetem Kaufpreis bergen daher ein gewisses, nicht zu vernachlässigendes Risiko, das sich am besten vermeiden lässt, indem der Kaufpreis insgesamt erst nach vollständiger Räumung und Sicherung des Vertragsvollzugs fällig wird. 1 Siehe auch zu Alternativgestaltungen Rz. 2.434 ff.

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Kap. 2 Rz. 2.91 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht Zug mit Räumung, tatsächlicher Besitzübergabe und Zahlung der letzten Kaufpreisrate auf den Käufer über. (2) Der Verkäufer versichert, dass am Vertragsgegenstand mit Dritten keinerlei Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsvereinbarungen bestehen. Der Verkäufer bewohnt den Vertragsgegenstand selbst. Er ist berechtigt, den Vertragsgegenstand wie bisher zu benutzen und zu bewohnen. Ein Nutzungsentgelt hat er hierfür nicht zu entrichten. Er verpflichtet sich zur vollständigen Räumung bis längstens zum … (3) Der Löschung der am Vertragsgrundstück eingetragenen, oben aufgeführten Grundpfandrechte wird unter Vollzugsantrag zugestimmt. (4) Die Übergabe des Gebäudes hat lediglich in besenreinem Zustand zu erfolgen. Zur Ausführung von Schönheitsreparaturen – gleich welcher Art – ist der Verkäufer ausdrücklich nicht verpflichtet, wohl aber zur sorgfältigen Behandlung und Erhaltung im heutigen Zustand. (5) Aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung sind Käufer und Verkäufer sich im oben angegebenen Berechtigungsverhältnis über die Abtretung der dem Verkäufer zustehenden Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte hinsichtlich der im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte einig und bewilligen entsprechende Grundbucheintragung. VI. Erschließungskosten Alle auf den Vertragsgegenstand entfallenden Erschließungskosten im weitesten Sinne einschließlich Anlieger- und Herstellungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz hat ausschließlich der Käufer zu tragen, es sei denn, dass hierüber bereits ein Bescheid dem Verkäufer zugegangen ist1. Diese Vereinbarung gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt in der Natur eine zugrundeliegende kostenpflichtige Maßnahme ausgeführt wurde. Der Verkäufer versichert, dass ihm unerledigte, bereits zugegangene Erschließungskostenbescheide nicht vorliegen. VII. Zugang und Zufahrt Der Zugang und die Zufahrt zum Vertragsobjekt sind nach Versicherung des Verkäufers über eine unmittelbar angrenzende Straße gewährleistet. Gleiches gilt für die Ver- und Entsorgung.

1 Rz. 2.276 ff.

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C. Vertragsparteien

Rz. 2.91 Kap. 2

VIII. Haftung (1) Der Verkäufer haftet für ungehinderten Besitz- und Eigentumsübergang und für Freiheit des Grundbesitzes von Belastungen jeder Art, soweit sie nicht ausdrücklich übernommen werden. Nicht gehaftet wird für die Freiheit von ökologischen Altlasten (schädlichen Bodenveränderungen i.S.d. BBodSchG), die nach Kenntnis des Verkäufers jedoch nicht vorhanden sind. (2) Der Käufer übernimmt die in Abteilung II des Grundbuches am Vertragsgegenstand eingetragenen Belastungen gemäß näherer Bezeichnung unter Abschnitt I dieser Urkunde zur weiteren Duldung mit allen sich aus den zugrundeliegenden Bewilligungsurkunden ergebenden Verpflichtungen. (3) Der Käufer hat den Vertragsgegenstand eingehend besichtigt und übernimmt ihn wie er liegt und steht, also im derzeitigen Zustand. Die Sachmängelhaftung des Verkäufers wird hiermit abweichend vom Gesetz ausgeschlossen, insbesondere eine Haftung für das Flächenmaß und für die bauliche Beschaffenheit. Der Verkäufer versichert, dass ihm wesentliche, dem Käufer nicht erkennbare Mängel des Vertragsgegenstandes nicht bekannt sind. (4) Zustandsveränderungen am Vertragsgegenstand bis zum Tage des vereinbarten Besitzüberganges hat der Verkäufer nur dann zu vertreten, wenn sie über das gewöhnliche Maß der Abnützung hinausgehen oder ihm sonst ein Verschulden vorwerfbar ist. (5) Im Hinblick auf das Vorliegen eines Verbrauchervertrages1 gelten die Bestimmungen in diesem Abschnitt VIII Abs. 5 vorrangig vor allen anderen Bestimmungen in dieser Urkunde: Der in diesem Vertrag im Übrigen vereinbarte Ausschluss von Rechten des Käufers wegen offener oder verborgener Mängel gilt nicht für arglistiges oder vorsätzliches Verhalten. Der Haftungsausschluss gilt nicht für Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruhen und nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruhen. Einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers steht diejenige seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen gleich. Die Beteiligten verkürzen die Verjährungsfrist für die Rechte wegen Sachmängeln gebrauchter mitverkaufter beweglicher Sachen von zwei Jahren auf ein Jahr. IX. Inventar Im Kaufpreis enthalten sind die in der Anlage I mit der jeweiligen Wertangabe aufgeführten Gegenstände2. Die Vertragsteile sind aufschiebend bedingt mit Zahlung der

1 Siehe Rz. 2.79 ff. 2 Zur Mitbeurkundungspflicht s. Rz. 2.7 ff., 2.33 ff.

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Kap. 2 Rz. 2.91 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht letzten Kaufpreisrate über den Eigentumsübergang auf den Käufer einig. Die Übergabe erfolgt mit der Übergabe des Grundbesitzes. Die Haftung für das mitverkaufte, gebrauchte Inventar wird nicht ausgeschlossen, sondern nur hinsichtlich der Verjährung nach Maßgabe des Abschnitts VIII beschränkt. Der Grundstückskaufvertrag und die Inventarveräußerung sind jeweils rechtlich selbständig. X. Grundbucherklärungen (1) Die Erklärung der Auflassung ist in der einen wesentlichen Bestandteil dieser Urkunde bildenden Anlage II enthalten. (2) Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums am Vertragsgegenstand bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB für den Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis nach Abschnitt II im Rang nach den unter Abschnitt I dieser Urkunde aufgeführten Belastungen, ferner im Rang nach den unter dinglicher Mitwirkung des Verkäufers für Rechnung des Käufers bestellten Grundschulden. Die Löschung dieser Vormerkung Zug um Zug gegen Eigentumsumschreibung im Grundbuch wird bewilligt und beantragt, vorausgesetzt, dass Zwischeneintragungen ohne Zustimmung des Käufers weder erfolgt sind noch deren Eintragung beantragt und beim Grundbuchamt im Zeitpunkt der Löschung zum Vollzug vorliegen. Die Vormerkung kann an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden, wenn der Notar dies ausdrücklich beantragt. (3) Um Vollzugsnachricht an den amtierenden Notar wird ersucht. XI. Kaufpreisfinanzierung Der Käufer benötigt nach Angabe keine zur Kaufpreisfinanzierung erforderliche Kreditaufnahme, zumindest keine Grundpfandrechte am Vertragsgegenstand. XII. Hinweise Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere hingewiesen auf 1. den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges und die Eintragungsvoraussetzungen; 2. die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten für Kosten und Steuern sowie auf die Haftung des Grundbesitzes für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben und für Erschließungsbeiträge; 3. die notwendige Lastenfreistellung; 4. etwa bestehende öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte, 5. die etwaige Einkommensteuerpflicht bei privaten und betrieblichen Veräußerungsgeschäften.

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C. Vertragsparteien

Rz. 2.91 Kap. 2

Die Beteiligten versichern, dass alle Vertragsabreden vollständig und richtig beurkundet wurden1. XIII. Vollzugsvollmacht (1) Der Notar wird zur Erwirkung und Entgegennahme der erforderlichen Genehmigungen, zur Einholung der Stellungnahme hinsichtlich bestehender öffentlich-rechtlicher Vorkaufsrechte sowie zur Abgabe von Erklärungen, Stellung, Änderung und Zurücknahme von Anträgen, die zum Vollzug des Vertrages erforderlich oder zweckdienlich sind, ermächtigt. Alle noch ausstehenden Genehmigungen sollen mit dem Eingang beim Notar den Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. (2) Die Vertragsteile weisen den Notar an, diese Urkunde dem Grundbuchamt erst dann zur Eigentumsumschreibung einzureichen, wenn der Verkäufer bestätigt oder der Käufer nachgewiesen hat, dass der gesamte Kaufpreis, nicht gerechnet etwaige Verzugszinsen, bezahlt ist. Der Käufer verzichtet insoweit auf sein eigenes Antragsrecht. Der Verkäufer ist Zug um Zug gegen vollständige Kaufpreiszahlung – ohne etwaige Verzugszinsen – verpflichtet, dem Notar die vollständige Kaufpreiszahlung zu bestätigen und ihn zur Vorlage der Auflassung anzuweisen. Bis zu diesem Zeitpunkt der Kaufpreisbestätigung dürfen Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dieses Vertrages nur ohne die erklärte Auflassung erteilt werden. Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Notar den Eingang des Kaufpreises schriftlich zu bestätigen. XIV. Schlussbestimmungen (1) Die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzuges, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer trägt der Käufer. Die Lastenfreistellungskosten treffen den Verkäufer. (2) Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen: die Vertragsteile nach Vollzug im Grundbuch beglaubigte Abschriften: die Vertragsteile – vorerst auszugsweise ohne Auflassung – das Grundbuchamt die Finanzierungsgeber des Käufers

1 Siehe dazu Rz. 2.7 ff.

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Kap. 2 Rz. 2.111 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht einfache Abschriften: das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle – der Gutachterausschuss die Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers XV. Grundbuchauszug Der Erwerber beantragt mit Vollzug dieser Urkunde die Erteilung einer unbeglaubigten Grundbuchblattabschrift durch den Notar. Samt Anlage I und II vorgelesen vom Notar, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben wie folgt: Anlage II: Die Vertragsteile sind sich über den Eigentumsübergang des Vertragsgegenstandes auf den Käufer in dem in Abschnitt II bezeichneten Anteilsverhältnis einig und bewilligen und beantragen entsprechenden grundbuchamtlichen Vollzug.

2.92–2.110

Einstweilen frei.

D. Verkäuferpflichten Literatur: Weber, Vorkehrungen zur Löschung der im Kaufvertrag bewilligten Vormerkung: Gestaltungsvarianten im Vergleich, RNotZ 2015, 195.

I. Eigentumsverschaffung 1. Auflassung und Verkäuferschutz

2.111

Der Eigentumsübergang auf den Käufer erfordert nach §§ 873, 925 BGB Einigung und Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Die Auflassung ist die Einigung über den Eigentumsübergang hinsichtlich des Grundstücks bzw. Wohnungs- oder Teileigentums. Die Auflassung kann nicht unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt werden, da die Auflassung bedingungsfeindlich ist, § 925 Abs. 2 BGB. Der Eigentumsübergang soll zum Schutz des Verkäufers gleichwohl erst erfolgen, wenn der Kaufpreis bereits vollständig beglichen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, bestehen mehrere Möglichkeiten.

2.112

Bei der Übertragung von Erbbaurechten spricht man i.d.R. nicht von Auflassung, da gem. § 11 Abs. 1 ErbbauRG die Bestimmung des § 925 BGB auf das Erbbaurecht keine Anwendung findet. Die Bedingungsfeindlichkeit ist aber gleichwohl in § 11 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG geregelt, so dass die nachfolgenden Sicherungsmechanismen für die Übertragung von Erbbaurechten bzw. Wohnungs- oder Teilerbbaurechten entsprechend verwendet werden können. 318

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.116 Kap. 2

Einerseits kann man sich damit begnügen, die Auflassung erst zu beurkunden, wenn der Verkäufer dem Notar bestätigt hat, dass der Kaufpreis bezahlt ist (sog. materiell-rechtliche Lösung)1. In dieser Variante begnügt man sich damit, eine bloße Verpflichtung zur Erklärung der Auflassung nach der Kaufpreiszahlung oder Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung zu vereinbaren. Diese Variante wurde v.a. in der Vergangenheit bei Bauträgerverträgen verwandt. Sie hat den Nachteil einer Kostenerhöhung, da die Betreuungsgebühr gem. Nr. 22200 KV GNotKG regelmäßig bereits durch die Kaufpreisfälligkeitsüberwachung ausgelöst wird und die nachfolgend beschriebene Aussetzung des Vollzuges zu keiner weiteren Gebühr führt, wohingegen die nachträgliche Beurkundung der Auflassung zumindest die 0,5-Gebühr nach Nr. 21101 auslöst. Ferner bereitet diese Gestaltung dem Verkäufer zusätzliche Mühe, da er sich nochmals zur Beurkundung in das Notariat begeben muss. Verweigert der Verkäufer (grundlos) die Erklärung der Auflassung, muss der Käufer hierauf Klage erheben, was ihn einem erheblichen Gerichts- und Verfahrenskostenrisiko aussetzt.

2.113

Andererseits kann die Auflassung bereits beurkundet und nur der Vollzug ausgesetzt werden, bis der Verkäufer dem Notar die vollständige Kaufpreiszahlung bestätigt hat. Dies kann entweder erfolgen, indem die Bewilligung erst nachträglich abgegeben wird und der Notar dazu bevollmächtigt wird (sog. Bewilligungslösung oder grundbuchrechtliche Lösung). Als Alternative kann die Auflassung einschließlich des grundbuchrechtlichen Antrags und der Bewilligung bereits erklärt werden. Gleichzeitig sind dann aber die beglaubigten Abschriften und Ausfertigungen bis zum Nachweis der Kaufpreiszahlung nur auszugsweise ohne die Auflassung zu erteilen, wozu der Vertrag eine Regelung enthalten muss (sog. Kopierlösung oder beurkundungsrechtliche Lösung). Auf diese Weise kann verhindert werden, dass der Käufer sich bereits vorzeitig und ohne Kaufpreiszahlung das Eigentum an dem Vertragsgegenstand verschafft. Eine bloße Vollzugsanweisung an den Notar ist nicht ausreichend, da grundsätzlich der Käufer von seinem (unentziehbaren) eigenen Antragsrecht gegenüber dem Grundbuchamt Gebrauch machen könnte.

2.114

Trägt das Grundbuchamt zu Unrecht (z.B. aufgrund Vorlage einer einfachen Abschrift des Kaufvertrages) die Auflassung ein, so haben diese Lösungen gegenüber der materiell-rechtlichen Lösung den Nachteil, dass der Käufer wirksam Eigentum erwirbt, da immerhin eine Auflassung vorhanden ist. Dieser eher theoretische Vorteil der materiell-rechtlichen Lösung rechtfertigt jedoch die damit verbundenen Mehrkosten und Risiken nicht.

2.115

M14 Auflassung – beurkundungsrechtliche Lösung

2.116

Verkäufer und Käufer sind sich über den in Abschn. … vereinbarten Eigentumsübergang auf den Käufer im dort angegebenen Berechtigungsverhältnis einig (Auflassung). Der Verkäufer bewilligt und der Käufer beantragt die Eintragung des Eigentumswech-

1 Siehe BGH v. 7.6.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295 = DNotZ 2002, 42; Ch. Keim, MittBayNot 2003, 21 ff.; Renner, NotBZ 1999, 205 ff.

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319

Kap. 2 Rz. 2.117 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht sels in das Grundbuch. Der Notar wird angewiesen, diese Urkunde dem Grundbuchamt zur Eigentumsumschreibung erst vorzulegen, nachdem a) der Verkäufer originalschriftlich bestätigt oder b) der Käufer durch originalschriftliche Bankbestätigung nachgewiesen hat1, dass der vollständige Kaufpreis (ohne etwaige Verzugszinsen) beglichen ist. Der Verkäufer ist zur Abgabe dieser Erklärung Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung verpflichtet. Bis dahin dürfen beglaubigte Abschriften oder Ausfertigungen der Urkunde nur ohne die Auflassung erteilt werden.

2.117

Im Büroablauf schafft die vorstehend beschriebene „Kopierlösung“ ein zusätzliches Risiko, denn jede Ausfertigung/beglaubigte Abschrift muss darauf kontrolliert werden, ob die Auflassung „herauskopiert“ wurde. Dieses Problem lässt sich verringern, indem die Auflassung auf eine nach § 9 BeurkG mit beurkundeter Anlage ausgelagert wird oder indem man auf die grundbuchrechtliche Lösung ausweicht:

2.118

M15 Auflassung – grundbuchrechtliche Lösung Die Vertragsteile sind einig, dass das Eigentum an dem verkauften Grundbesitz vom Verkäufer auf den Käufer in dem in Abschnitt … angegebenen Berechtigungsverhältnis übergeht (Auflassung). Diese Einigung ist unbedingt. Sie beinhaltet jedoch keine Eintragungsbewilligung. Der Verkäufer erteilt dem amtierenden Notar, dessen Sozius und deren jeweiligen Vertretern und Amtsnachfolgern unwiderruflich und unbedingt Vollmacht, die Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen. Der Notar wird angewiesen, von dieser Vollmacht nur Gebrauch zu machen, wenn der Verkäufer originalschriftlich bestätigt oder der Käufer durch originalschriftliche Bankbestätigung nachgewiesen hat, dass der vollständige Kaufpreis (ohne etwaige Verzugszinsen) beglichen ist. Der Verkäufer ist zur Abgabe dieser Erklärung Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung verpflichtet. Der Eintragungsantrag ist für den Käufer zu stellen.

2.119–2.125

Einstweilen frei.

2. Auflassungsvormerkung

2.126

Die Auflassungsvormerkung ist das Kernsicherungsmittel des Käufers. Daher ist kaum ein Kaufvertrag über ein Grundstück im Rechtssinne oder eine gleichgestellte Sache (Erbbaurecht) denkbar, bei dem auf die Eintragung einer Vormerkung des 1 Mit anderen Formen der Bestätigung sollte sich der Notar nicht zufriedengeben. Eine Bestätigung des Verkäufers per Fax oder E-Mail bietet keine vergleichbare Sicherheit und eröffnet insbesondere keinen Weg für eine nachträgliche Echtheitsprüfung. Auch eine Käuferbestätigung per Kontoauszug ist unzureichend, da auf diese Weise nicht nachgewiesen werden kann, auf welches Konto das Geld überwiesen worden ist. Dies ist nur über eine schriftliche Bankbestätigung möglich. § 309 Nr. 13 BGB steht dem Schriftformerfordernis nicht entgegen, da der enthaltende Vertrag beurkundungspflichtig ist (auf gesetzliche Anforderungen an die konkrete Erklärung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an).

320

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.130 Kap. 2

Käufers verzichtet wird. Dies kommt regelmäßig nur bei Kaufverträgen unter nahen Angehörigen vor oder wenn der Verkäufer zur öffentlichen Hand gehört (Staat, Gemeinde). Die Vormerkung ist in § 883 BGB geregelt. Sie sichert den Anspruch des Käufers auf Erwerb des Eigentums1. Verfügungen des Eigentümers, die den vormerkungsgesicherten Anspruch beeinträchtigen, sind dem Vormerkungsberechtigten gegenüber relativ unwirksam, § 883 Abs. 2 BGB. Der Käufer wird damit gegen beliebige beeinträchtigende Zwischeneintragungen geschützt, wobei in der Praxis (außer bei Teilflächenkäufen) die Fälle, in denen ein Verkäufer dieselbe Immobilie mehrfach veräußert, kaum vorkommen. Wichtiger ist der Schutz des Käufers gegen nachrangige Belastungen durch den Verkäufer und gegen den Zugriff Dritter im Wege der Zwangsvollstreckung. Solche nach der Vormerkung zur Eintragung kommende Belastungen hindern den (insoweit lastenfreien) Eigentumserwerb des Käufers nicht. Soweit aus formell-rechtlichen Gründen des Grundbuchrechtes eine Zustimmung des im Grundbuch eingetragenen Dritten erforderlich ist (Bewilligungsgrundsatz), kann der Käufer selbst die Zustimmung des Dritten nach § 888 BGB verlangen2.

2.127

Die Wirkung der Vormerkung ist von dem Bestand des gesicherten Anspruchs abhängig (Akzessorietät). Ist der Anspruch des Käufers nicht wirksam entstanden, beispielsweise weil Nebenabreden nicht mit beurkundet sind oder im Kaufvertrag ein anderer als der vereinbarte Kaufpreis angegeben worden ist, so entfaltet die Vormerkung keinerlei Wirkung. Im Falle der Insolvenz des Verkäufers, besteht daher in einem solchen Fall kein Insolvenzschutz nach § 883 BGB, § 106 InsO.

2.128

Der Käufer muss davor geschützt werden, dass der Verkäufer die Eintragung der beantragten Vormerkung allein verhindern kann. Wäre der Verkäufer der einzige, der die Eintragung der Vormerkung beantragt, so könnte er diesen Antrag jederzeit wieder zurücknehmen. Dies würde dem Käufer nur einen ungenügenden Schutz gewähren. Daher sollte der Antrag auf Eintragung stets zumindest auch vom Käufer gestellt werden3. Der Antrag kann sodann nur mit Zustimmung des Käufers zurückgenommen werden4, denn jeder Antragsteller kann nur seinen eigenen Antrag zurücknehmen, nicht aber denjenigen eines anderen Beteiligten.

2.129

Wird ein Grundstück bereits weiterverkauft, obwohl der Weiterverkäufer noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, so wird regelmäßig der vormerkungsgesicherte Erwerbsanspruch des Weiterverkäufers gegen den Erstverkäufer abgetreten und die Abtretung bei der Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Eine „abgetretene Vormerkung“ gegen einen Drittverkäufer steht in seiner Sicherungswirkung jedoch einer originären Vormerkung nicht gleich und löst daher grds. die Fällig-

2.130

1 Zum Gesamtsicherungsumfang insbesondere im Insolvenzfall s. Kesseler, MittBayNot 2005, 108 ff. 2 Siehe OLG Rostock v. 26.10.2006 – 7 U 1/06, MDR 2007, 647 = NotBZ 2007, 223. 3 Da jeder Antragsteller für die Grundbuchkosten haftet und die Kosten für die Eintragung und Löschung der Vormerkung meist vom Käufer getragen werden sollen, entspricht es auch dem Interesse des Verkäufers, gar nicht selbst als Antragsteller zu gelten. 4 Demharter30, § 13 GBO Rz. 36 f.

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321

Kap. 2 Rz. 2.131 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

keit nicht aus1. Eine abweichende vertragliche Abrede ist möglich, aber aus Sicherheitsgründen nicht empfehlenswert, insbesondere weil der Zweiterwerber ansonsten schutzlos ist, wenn z.B. der Erstvertrag wegen Insolvenz des Zwischenerwerbers nicht vollzogen werden kann.

2.131

Mit der Eigentumsumschreibung auf den Käufer soll die Vormerkung gelöscht werden. Hat der Käufer erst das Eigentum erworben, so ist die Sicherungswirkung der Vormerkung grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Insoweit ist der Löschungsantrag jedoch nur unter Voraussetzung zu stellen, dass keine beeinträchtigenden Zwischeneintragungen bestehen bleiben. Anderenfalls könnte gerade in dem Moment, in dem die Schutzwirkung der Vormerkung benötigt wird, diese versagen, wenn dann nämlich die Vormerkung gelöscht würde und damit ihr Schutz endete.

2.132

M16 Löschung der Vormerkung unter Vorbehalt von Zwischenverfügung Der Verkäufer bewilligt und der Käufer beantragt die Eintragung einer Eigentumsvormerkung zugunsten des Käufers als Alleinberechtigten (ggf. abweichendes Berechtigungsverhältnis nach § 47 GBO) in das Grundbuch im Rang nach den in Abschn. … der Urkunde aufgeführten Belastungen. Eine Eintragung an nächstoffener Rangstelle ist nur auf ausdrücklichen Antrag des Notars zulässig. Die Beteiligten bewilligen und der Käufer beantragt zugleich die Löschung der zur Eintragung gelangenden Vormerkung gleichzeitig mit Eintragung des Käufers als Eigentümer, vorausgesetzt, dass keine ohne Zustimmung des Käufers eingetragenen Zwischeneintragungen bestehen bleiben.

3. Vermeidung eines Vorleistungsrisikos des Verkäufers

2.133

Das Ziel jeder Kaufvertragsgestaltung ist das Erreichen eines Zug-um-Zug-Austauschverhältnisses, bei dem kein Vertragsteil eine ungesicherte Vorleistung erbringen muss. Dies gelingt bei der Gestaltung eines typischen Kaufvertrages weitgehend. Im Rahmen der hier vorgeschlagenen Abwicklung trägt jedoch der Verkäufer ein Vorleistungsrisiko, das meist zu vernachlässigen ist, welches jedoch, wenn es sich realisiert, unangenehme Folgen hat. Der Verkäufer bewilligt in der Regel bereits die Vormerkung zu einem Zeitpunkt, in dem er nicht weiß, ob der Käufer tatsächlich zahlen wird, schlimmstenfalls nicht einmal, ob der Käufer (z.B. eine ausländische juristische Person) überhaupt existiert. Die Vormerkung gelangt in der Regel innerhalb weniger Tage nach der Beurkundung des Kaufvertrages in das Grundbuch. Zahlt der Käufer nicht, so ist der Verkäufer zwar befugt, nach einer Mahnung vom Grundstückskauf zurückzutreten. Damit erlischt der Primäranspruch des Kaufvertrags und wird in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch auf Erwerb des Eigentums erlischt und damit auch die Vormerkung. Allein 1 BGH v. 27.10.2006 – V ZR 234/05, NJW 2007, 508 = DNotZ 2007, 360 m. Anm. Kesseler.

322

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.136 Kap. 2

das materiell-rechtliche Erlöschen der Vormerkung führt noch nicht zur formellen Löschung der Vormerkung im Grundbuch. Die Tatsache, dass der Verkäufer berechtigterweise vom Vertrag zurückgetreten ist, kann nicht in der für Grundbuchzwecke nötigen Form nachgewiesen werden. Nur auf Bewilligung des Vormerkungsberechtigten (des Betroffenen) darf das Grundbuchamt die Vormerkung wieder löschen (§§ 19, 29 GBO). Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Grundstück für den Eigentümer kaum wirtschaftlich verwertbar, denn angesichts der eingetragenen Vormerkung wird weder ein neuerlich gefundener Käufer noch dessen Finanzierungsbank zur Kaufpreiszahlung bereit sein. Selbstverständlich kann der Verkäufer seinen Anspruch auf Löschung der Vormerkung gerichtlich durchsetzen; dies jedoch führt neben einer Zeitverzögerung auch zu weiteren Kosten, wegen derer sich der Verkäufer evtl. nicht bei dem (möglicherweise insolventen) Erstkäufer schadlos halten kann. Das Wissen um diese für den Verkäufer missliche Situation kann der Erstkäufer ausnutzen, indem er die Erteilung der Löschungsbewilligung von einem Erlass der gegen ihn bestehenden Schadensersatzforderungen oder gar noch von einer Geldzahlung abhängig macht. Aus diesem Grunde hat die Praxis der Vertragsgestaltung nach Wegen gesucht, dieses Risiko des Verkäufers zu reduzieren. Allgemein üblich ist es, sich eine Finanzierungsbestätigung eines vertrauenswürdigen Kreditinstituts vom Käufer vorlegen zu lassen. Diese kostet in der Regel nichts, begründet aber auch keine durchsetzbaren Ansprüche gegen den Käufer oder die Bank. Immerhin schätzt die Bank die finanziellen Möglichkeiten ihres Kunden womöglich realistischer ein als dieser selbst; das Bestehen auf einer Finanzierungsbestätigung kann also Verkäufer und Käufer gleichermaßen vor einem gefährlichen Vertragsabschluss schützen. Gegen einen (glücklicherweise selten anzutreffenden) echten Betrüger, der ggf. auch seiner Bank falsche Angaben gemacht hat oder die Bereitschaft, über diese Bank zu finanzieren, nur vorspiegelt, hilft dieses Instrument freilich nicht.

2.134

Als weitergehende Alternative kann der Verkäufer sich auch eine Bankbürgschaft geben lassen. Dann hat der Verkäufer sogar einen unmittelbaren Kaufpreiszahlungsanspruch gegen die Bank. Dies ist gewiss der sicherste Weg, da auf diese Weise der Erfüllungsanspruch (positives Interesse) des Verkäufers gesichert wird, während die anderen hier vorgeschlagenen Lösungen lediglich vor Folgeschäden einer Nichterfüllung (negatives Interesse) schützen. Aufgrund der hohen Kosten wird dieses Instrument allerdings, zumindest außerhalb gewerblicher Großtransaktionen, selten gewählt. Gelegentlich kommt die Bankbürgschaft zum Einsatz, wenn die Eigentumsumschreibung bereits stattfinden soll, obwohl ein Teilkaufpreis noch nicht bezahlt ist (z.B. ein zusätzlicher Aufzahlungsbetrag, der nur unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen überhaupt zu zahlen ist).

2.135

Wiederum alternativ kann in entsprechenden Risiko-Fällen, also beispielsweise bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft ohne nennenswertes Stammkapital und mit Sitz in einem Staat, in dem jede Rechtsverfolgung für einen Inländer besonders wenig erfolgversprechend erscheint, der Vertrag über ein Notaranderkonto (dazu Rz. 2.6 und 2.261 ff.) abgewickelt werden. Erst nachdem der Käufer den vollständigen Kaufpreis auf dem Notaranderkonto hinterlegt hat, soll der Notar die Vormerkung zu-

2.136

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Kap. 2 Rz. 2.137 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

gunsten des Käufers zur Eintragung in das Grundbuch bringen. Der Schutz lässt sich noch erweitern, wenn sogar der Kaufvertrag erst beurkundet wird, nachdem der Kaufpreis (ggf. sogar einschließlich Grunderwerbsteuer und erwarteten Nebenkosten) auf dem Notaranderkonto angelangt ist; zuvor wird nur eine (schriftliche) Hinterlegungsanweisung angefertigt, die später im Kaufvertrag modifiziert und durch die Mitwirkung des Verkäufers für den Käufer unwiderruflich gemacht wird. Diese Variante führt bei tatsächlicher Abwicklung zu höheren Notarkosten (s.o. Rz. 2.6), vermeidet andererseits aber auch jegliche Beurkundungskosten (für die der Verkäufer als Zweitschuldner haftet!), wenn der Vertrag mangels Einzahlung nicht zustande kommt.

2.137

M17 Verwahrungsanweisung 1. … (nachstehend auch „Käufer“) beabsichtigt zu noch abzuschließender Urkunde des Notars … in …, eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz im Anwesen … für einen Kaufpreis in Höhe von … Euro von … (nachfolgend „Verkäufer“) zu erwerben. Der betreffende Grundbesitz ist derzeit im Grundbuch des Amtsgerichts … von … Blätter … im Eigentum von … vorgetragen. Da der Kaufpreis aus dem Ausland beschafft wird, soll der Kaufpreis samt den zu erwartenden Nebenkosten bereits vor Beurkundung des Kaufvertrags auf einem Anderkonto desjenigen Notars hinterlegt werden, der den geplanten Kaufvertrag voraussichtlich beurkundet. Außerdem soll auf diese Weise die Lastenfreistellung erleichtert werden. Die Unterzeichner weisen den Notar … hiermit wie folgt an: 2. Der Kaufpreis in Höhe von … Euro ist auf dem Anderkonto, IBAN: … BIC … des vorstehend näher bezeichneten Notars, geführt bei der …, zu hinterlegen und zwar so, dass er dort vor der geplanten Beurkundung gutgeschrieben ist. Weiter sind zum genannten Zeitpunkt auf dem vorgenannten Anderkonto folgende zu erwartende Steuern bzw. Nebengebühren zu hinterlegen: – Grunderwerbsteuer in Höhe von … % aus dem Kaufpreis abzüglich … für Inventar, das entspricht … Euro – voraussichtliche Notargebühr für die Beurkundung des Kaufvertrags einschließlich Vollzugs- und Betreuungsgebühren in Höhe von ca. … Euro (einschließlich 19 % Umsatzsteuer) – voraussichtliche Grundbuchgebühren in Höhe von ca. … Euro für Eintragung der Auflassungsvormerkung sowie des Eigentumswechsels und der Löschung der Vormerkung sowie die Fortführung des Liegenschaftskatasters. 324

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.138 Kap. 2

Insgesamt: … Euro – in Worten: … –. 3. Die Unterzeichnenden sind sich über folgendes einig: a) Die vorgenannten Beträge sind vom Käufer bis längstens zum Ablauf des … auf das vorbezeichnete Notaranderkonto einzuzahlen. b) Das Notaranderkonto wird als Girokonto mit sofortiger Verfügbarkeit geführt. c) Die Kosten und Gebühren der Hinterlegung trägt der Käufer. d) Die auf dem Anderkonto hinterlegten Beträge sind ausschließlich nach den Vorgaben der zwischen Käufer und Verkäufer noch abzuschließenden Kaufvertragsurkunde zu verwenden, und zwar zur Bezahlung des Kaufpreises, zur Lastenfreistellung des Vertragsgegenstandes und zur Begleichung der vorgenannten Nebenkosten. e) Wird der geplante Kaufvertrag nicht spätestens bis zum Ablauf des … vor dem verwahrenden Notar beurkundet, hat der Notar den Hinterlegungsbetrag unverzüglich an den Käufer zurück zu erstatten und zwar auf das Konto IBAN … BIC … . Die Kosten der Hinterlegung trägt in diesem Fall der Käufer. Etwaige Zinsen stehen dem Käufer zu. Sofern der vorstehend genannte Betrag rechtzeitig auf dem Anderkonto eingegangen ist und der Verkäufer anschließend den Vertragsabschluss verweigert hat, ist er dem Käufer gegenüber zur Erstattung der Hinterlegungskosten verpflichtet. f) Sämtliche vorstehend getroffenen Anweisungen zur Hinterlegung werden von den Beteiligten gemeinsam und unter Verzicht auf einseitigen Widerruf erteilt. g) Für die Verwahrung findet ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung, insbesondere die §§ 54a bis 54e BeurkG. Soweit zulässig, wird für alle Streitigkeiten aus der Verwahrung als Gerichtsstand das Landgericht … bestimmt. Der Notar nimmt die Hinterlegungsanweisung an. (Unterschriften Verkäufer, Käufer und Notar)

Als häufigste Variante kann eine Löschungsvollmacht zur Löschung der Vormerkung des Käufers aufgenommen werden1. Der Notar wird angewiesen, die Vormerkung nur dann löschen zu lassen, wenn der Käufer den Kaufpreis nicht gezahlt hat. Dabei ist dem Käufer jedoch hinreichend rechtliches Gehör zu gewähren. Die Rückzahlung von erbrachten Teilleistungen muss ferner sichergestellt sein. Daher ist dieses Verfahren auch nicht geeignet, Schadensersatzansprüche des Verkäufers für diesen Fall pauschal abzusichern. Es bestehen zwei unterschiedliche Ausprägungen dieser Gestaltung: Entweder die Löschungsbewilligung für die Vormerkung wird gleich mit in die Urkunde aufgenommen und der Notar wird angewiesen, diese stets herauszukopieren und nur bei Eintritt bestimmter Umstände durch Grundbuchvorlage zu verwenden. Oder der Notar wird bevollmächtigt, die entsprechende 1 Siehe Hagenbucher, MittBayNot 2003, 249 ff.; Everts in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 958 ff.

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2.138

Kap. 2 Rz. 2.139 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Bewilligung aufgrund der Vollmacht bei Eintritt bestimmter Umstände abzugeben. Beide Verfahren haben in der praktischen Handhabung Vor- und Nachteile, sind grundsätzlich aber gleichwertig verwendbar.

2.139

M18 Rücktrittsrecht, Löschungsvollmacht 1. Der Verkäufer ist berechtigt, einseitig vom schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten, wenn der Kaufpreis oder Kaufpreisteile nicht spätestens innerhalb von vier Wochen nach (jeweiliger) Fälligkeit bezahlt sind oder der Verkäufer aufgrund seiner gesetzlichen Mithaftung für Verbindlichkeiten des Käufers (z.B. Kosten, Grunderwerbsteuer) in Anspruch genommen wird. Dabei ist es genügend, wenn der Rücktritt auf der Käuferseite einer beteiligten Person allein zugeht. 2. Im Fall des Rücktritts ist der Käufer verpflichtet, den Vertragsgegenstand unverzüglich von allen etwa für seine Rechnung eingetragenen Belastungen frei zu stellen. Besondere Sicherungen werden hierzu nicht vereinbart. Ein etwa bezahlter Kaufpreisteil ist im Rücktrittsfall ohne Zinsen und Nebenleistungen an den Käufer zurück zu erstatten, Zug um Zug gegen Löschung der für den Käufer eingetragenen Vormerkung gem. § 883 BGB einschließlich etwa für Rechnung des Käufers eingetragener Grundpfandrechte. Im Übrigen gelten für den Rücktritt die gesetzlichen Bestimmungen. Die Kosten dieses Vertrages und der Rückabwicklung hat der Käufer zu tragen bzw. unverzüglich dem Verkäufer zu erstatten. 3. Der Käufer bevollmächtigt hiermit den amtierenden Notar unwiderruflich, die vorstehend bestellte Vormerkung zur Löschung zu bewilligen und zu beantragen. Die Vertragsteile weisen den Notar übereinstimmend an, von dieser Vollmacht nur Gebrauch zu machen, wenn a) der Notar die Fälligkeitsmitteilung an die eingangs genannte Anschrift des Käufers übersandt hat, b) der Verkäufer dem Notar gegenüber schriftlich versichert hat, dass die unter 1. genannten Rücktrittsvoraussetzungen eingetreten sind und er deshalb fristgemäß von dem Vertrag zurückgetreten ist und c) der Käufer auf ein entsprechendes Anschreiben des Notars an die eingangs genannte Anschrift oder die sonst dem Notar zuletzt mitgeteilte Anschrift nicht innerhalb von vier Wochen – entweder durch Bestätigung eines Kreditinstitutes die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen hat oder – dem Notar gegenüber glaubhaft gemacht hat, dass der Kaufpreisfälligkeit Einreden entgegenstehen. Der Notar darf von der vorstehenden Vollmacht nur auf Weisung des Verkäufers Gebrauch machen, er ist hierzu jedoch nicht verpflichtet. Weist der Käufer nach, dass ein Teil des Kaufpreises gezahlt wurde, so muss der Notar die Löschung der Vormerkung

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.143 Kap. 2

verweigern, bis dieser Betrag abzüglich der dem Verkäufer entstandenen Kosten beim Notar hinterlegt ist. Dem Grundbuchamt gegenüber ist die Vollmacht unbeschränkt. 4. Auf die Risiken der vorstehenden Bestimmung wurde der Käufer hingewiesen, insbesondere darauf, dass er sämtliche Sicherheiten verliert, wenn er auf entsprechende Anfragen des Notariats nicht reagiert. 5. Der Käufer ist vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht berechtigt, seine Ansprüche aus dem Kaufvertrag an Dritte abzutreten. Eine Verpfändung, insbesondere zu Finanzierungszwecken, ist jedoch zulässig.

Für die Lösung echter Streitfälle, beispielsweise wenn der Käufer angibt, er müsse (noch) nicht zahlen, weil der Verkäufer noch nicht vollständig geräumt habe oder weil ihm dieser erhebliche Mängel arglistig verschwiegen habe, bringt diese Regelung keine Lösung. In diesem Fall sind die Parteien auf den Zivilrechtsweg verwiesen1. Auch das Verfahren nach § 15 BNotO bietet hierfür keinen geeigneten Rahmen, weshalb die Klausel ausdrücklich bestimmt, dass der Notar zur Löschung nicht verpflichtet ist, d.h. hierzu auch nicht gerichtlich gezwungen werden kann.

2.140

Im Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB wird man wegen § 308 Nr. 6 BGB für die hier genannten Anschreiben an den Käufer auf einen Zugangsnachweis nicht verzichten können.

2.141

Im Fall der Insolvenz des Käufers verlieren die Löschungsvollmacht und die Löschungsbewilligung ihre Wirkung, da der Käufer dann nicht mehr selbst verfügungsbefugt ist, sondern dessen Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist und Vollmachten des Schuldners nach § 117 InsO insgesamt erlöschen.

2.142

Für diesen Fall ist eine auflösend bedingte Vormerkung vorzugswürdig, wobei die auflösende Bedingung so gestaltet werden muss, dass sie grundbuchtauglich nachweisbar ist. Eine solche Gestaltung ist grundbuchrechtlich zulässig, auch wenn dies mitunter in der Literatur bezweifelt wurde2. Eine auflösend bedingte Vormerkung hilft – anders als die vorstehende Löschungsvollmacht – dem Verkäufer auch dann weiter,

2.143

– wenn der Käufer nicht existiert, – wenn die Vertretungsverhältnisse des Käufers (z.B. Auslandsgesellschaft, Familienstiftung, einige Ordensgemeinschaften, nicht eingetragene Vereine) nicht verlässlich in grundbuchtauglicher Form nachgewiesen werden können,

1 Zu den Besonderheiten im Verbrauchervertrag vgl. BGH v. 1.10.2015 – V ZB 171/14, MDR 2015, 1447 = ZfIR 2016, 104 = DNotZ 2016, 151. 2 Vgl. das Gutachten DNotI-Report 2016, 61; KG v. 11.10.2016 – 1 W 337/16, MittBayNot 2017, 245 = NotBZ 2017, 272; OLG Oldenburg v. 4.5.2017 – 12 W 57/17 (GB).

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Kap. 2 Rz. 2.144 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

– wenn der Käufer den Vertrag noch nicht genehmigt hat und dennoch ausnahmsweise schon eine Vormerkung eingetragen werden soll; dies betrifft insbesondere die Gestaltung von einseitigen Verkäuferangeboten, – wenn die Vormerkung zwischenzeitlich an einen Dritten abgetreten wurde (was allerdings nach der vorstehenden Klausel mit Löschungsvollmacht ohnehin ausgeschlossen ist).

2.144

M19 Auflösend bedingte Vormerkung Die vorstehend bestellte Vormerkung ist auflösend bedingt. Die auflösende Bedingung tritt ein, wenn der Notar gegenüber dem Grundbuchamt schriftlich durch Eigenurkunde erklärt, dass die Vormerkung erloschen ist. Der Notar wird beidseitig unwiderruflich angewiesen, diesen Bedingungseintritt nur herbeizuführen, wenn folgende Voraussetzungen eingetreten sind: … (hier können die Voraussetzungen unter Anlehnung an das vorstehende Muster weiter ausgeführt werden)

II. Besitzverschaffung 2.145

Die Eintragung der Auflassung kann erst im Grundbuch vollzogen werden, wenn die Gemeinde einerseits das Nichtbestehen oder die Nichtausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts betätigt hat (§ 28 BauGB; diese Anforderung entfällt beim Verkauf von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten) und ferner die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes – Grunderwerbsteuerstelle – vorliegt (§ 22 GrEStG). Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Verkäufer formeller Eigentümer. Von der Beurkundung des Kaufvertrages bis zur Eigentumsumschreibung vergehen regelmäßig drei Monate ab Kaufvertragsabschluss. Je nach Auslastung und Personalstärke des Grundbuchamtes und anderer Behörden kann dies auch länger dauern; wesentlich längere Verfahren kommen v.a. dann zustande, wenn der Vertragsgegenstand erst noch vermessen werden muss und die Vermessung aus bautechnischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. nach Bau der Erschließungsstraße) durchgeführt wird. Es wäre für den Käufer unzumutbar, wenn er so lange warten müsste, bis, auch wirtschaftlich betrachtet, das Eigentum auf ihn überginge.

2.146

Aus diesem Grund trennt man bei der Gestaltung von Grundstückskaufverträgen den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums vom Übergang des wirtschaftlichen, also steuerlichen Eigentums gem. § 39 AO. Letzteres geht in Form von Besitz, Nutzungen und Lasten regelmäßig Zug-um-Zug gegen Räumung und Zahlung des vollständigen Kaufpreises oder eines ersten Kaufpreisteils auf den Käufer über.

328

Wartenburger

D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.150 Kap. 2

2.147

Gestalterisch sind hier v.a. fünf Situationen zu unterscheiden: – (1) Die Immobilie wird momentan nicht genutzt: In diesem Fall beschränkt sich die Räumungspflicht auf das Fortschaffen evtl. in der Immobilie vorhandener beweglicher Sachen, sofern diese nicht mitverkauft sind. Sofern der Verkäufer dies nicht mehr übernehmen kann/will, ist auch eine Übernahme durch den Käufer möglich nach folgendem Muster:

M20 Räumung in der Immobilie vorhandener beweglicher Sachen

2.148

„Zu einer Räumung des Vertragsgegenstandes von den dort vorhandenen beweglichen Sachen, die nicht aufgrund dieses Vertrages mitverkauft sind, ist der Verkäufer berechtigt, aber nicht verpflichtet. Die bei vollständiger Kaufpreiszahlung noch in der Immobilie vorhandenen beweglichen Sachen gehen zu diesem Zeitpunkt in das Eigentum des Käufers über, der hierüber nach Belieben verfügen kann.“

– (2) Die Immobilie ist vermietet, wobei das Mietverhältnis übernommen werden soll: Die „Übergabe“ beschränkt sich in diesem Fall auf eine Mitteilung an den Mieter, künftig die Miete an den Käufer zu entrichten, nebst Aushändigung evtl. Unterlagen bzw. Zweitschlüssel. Während kraft Gesetzes das Mietverhältnis erst mit Eigentumsumschreibung auf den Käufer übergeht, wird dieser Zeitpunkt im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer üblicherweise auf den Tag der Kaufpreiszahlung oder (zum Zwecke der Vereinfachung der Abrechnung) auf den darauf folgenden Monatswechsel vorverlegt.

2.149

Der Verkauf einer umsatzsteuerpflichtig vermieteten Immobilie wird steuerlich oft als Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG angesehen mit der Folge, dass etwaige Vorsteuerberichtigungen wegen späterer Aufgabe der steuerpflichtigen Nutzung künftig den Käufer treffen (vgl. dazu Rz. 1.841 ff.) – (3) Die Immobilie ist vermietet, das Mietverhältnis soll aber nicht übernommen werden: Die mit dieser Gestaltung verbundenen Probleme werden von den Vertragsparteien oft unterschätzt. Im Vertrag ist insbesondere klar zu regeln, wer für die Beendigung des Mietverhältnisses und dessen Abwicklung mit dem Mieter verantwortlich ist. Bei einem Wohnraummietvertrag besteht für den Verkäufer praktisch nur die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages mit dem Mieter. Auch dann sollte dem Verkäufer aber bewusst sein, dass er bei Räumungsverzug des Mieters dem Käufer gegenüber haftet und ihm ggf. nur ungewisse (je nach Bonität des Mieters) Regressansprüche gegen den Mieter verbleiben. Soll also der Verkäufer für die Mietfreimachung zuständig sein, so lässt sich aus Verkäufersicht ein unkalkulierbares Risiko nur vermeiden, wenn entweder der Aufhebungsvertrag vor Abschluss des Kaufvertrages bereits unterzeichnet ist oder wenn es für den Verkäufer eine Lösungsmöglichkeit gibt (z.B. ein Rücktrittsrecht oder eine aufschiebende Bedingung im Kaufvertrag). Will der Käufer eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, so kann er dies erst tun, nachdem er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist. Zum Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung kann der Käufer also noch Wartenburger

329

2.150

Kap. 2 Rz. 2.151 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

keinesfalls sicher sein, dass er das Objekt demnächst auch selbst nutzen kann. Scheitert die Kündigung, so kann ggf. ein Rücktrittsrecht oder eine Kaufpreisminderung vorgesehen werden; die Absicherung der daraus resultierenden Ansprüche des Käufers ist zumindest theoretisch über eine Bankbürgschaft oder Hinterlegung auf Notaranderkonto möglich; praktisch wird beides ausscheiden, wenn der Kaufpreis in voller Höhe zur Ablösung von Verkäuferschulden benötigt wird. Das Risiko kann dann nur noch im Rahmen der Kaufpreisbemessung berücksichtigt werden.

2.151

– (4) Die Immobilie ist vom Verkäufer bzw. seiner Familie genutzt, der die Immobilie räumt: Hier sieht der Vertrag i.d.R. eine mit einer Frist versehene Räumungsverpflichtung vor. Da der Vertrag nicht den Bestand eines Mietverhältnisses betrifft, ist eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen der Räumungsverpflichtung in der Urkunde möglich und üblich. Überschreitet der Verkäufer den Termin, so werden ggf. Ersatzpauschalen als sog. „Nutzungsentschädigung“ vorgesehen. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht durch die Hintertür ein Mietverhältnis mit dem Verkäufer entsteht, dass also die Räumungsverpflichtung fortbesteht und jederzeit durchgesetzt werden kann.

2.152

– (5) Die Immobilie ist vom Verkäufer genutzt und wird an diesen „zurückvermietet“: In diesem Fall muss der Mietvertrag zwingend mitbeurkundet werden, anderenfalls ist auch der Kaufvertrag formnichtig (vgl. Rz. 2.11). Mitunter behilft man sich, indem in den Kaufvertrag ein knapper Mietvertrag mit wesentlichen Eckpunkten aufgenommen wird, während sich die Parteien verpflichten, einen ausführlichen Mietvertrag zu einem späteren Zeitpunkt abzuschließen. Sofern über den Inhalt dieses Folgevertrages kein Einvernehmen erzielt wird, kann dessen Festsetzung einem neutralen Dritten (z.B. einem vom örtlichen Amtsgerichtsdirektor ernannten Sachverständigen) übertragen werden. Ferner muss trotz Rückvermietung ein Zeitpunkt für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums definiert werden: Dies ist dann zugleich der Moment, zu dem der Mietvertrag wirtschaftlich beginnt und die Verkäuferhaftung (z.B. wegen Verschlechterung des Objektes) durch die mietvertragliche Haftung beider Vertragsteile ersetzt wird.

III. Sach- und Rechtsmängelhaftung 1. Mangelbegriff und Mangelfolgen

2.153

Mängelrechte bestehen, wenn entweder ein Rechts- oder ein Sachmangel vorliegt. Die Sache ist nach § 435 Satz 1 BGB frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Nach § 435 Satz 2 BGB steht es einem Rechtsmangel gleich, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht. Demgegenüber liegt ein Sachmangel vor, wenn die verkaufte Sache bei Besitzübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, § 434 Abs. 1 BGB. Es gilt also vom Grundsatz her der subjektive Fehlerbegriff1. Maßgeblich ist danach weiterhin die verein1 Siehe Feller, MittBayNot 2003, 81 (82).

330

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.157 Kap. 2

barte Beschaffenheit der Sache. Ist eine solche nicht vereinbart, so ist maßgeblich, ob die Sache sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, wiederum ersatzweise ist die Eignung für die gewöhnliche Verwendung bzw. die gewöhnliche Beschaffenheit ausschlaggebend (subjektiv-objektiver Fehlerbegriff). Das Gesetz hebt hervor, dass auch Werbungs-Anpreisungen bei der Frage der vereinbarten Beschaffenheit maßgeblich zu beachten sind, § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB. Das kaufrechtliche Mangelfolgenrecht1 stellt nach § 437 BGB folgende Rechtsfolgen zur Verfügung:

2.154

– Nacherfüllung, – Minderung, – Rücktritt, – Schadensersatz, – Aufwendungsersatz. Das Recht zur Nacherfüllung2 ist in § 439 BGB geregelt. Dieser Anspruch ist verschuldensunabhängig und gilt grundsätzlich vorrangig vor allen übrigen kaufrechtlichen Mangelrechten3. Der Käufer kann nach seiner Wahl entweder die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Die Wahl des Käufers geht bei unverhältnismäßigem Aufwand ins Leere. Ebenso ist die zweite Alternative beim Stückkauf – wie fast immer im Grundstücksrecht – regelmäßig bedeutungslos. Gleichwohl ist der BGH4 der Ansicht, dass auch beim Stückkauf eine Ersatzlieferung nicht zwingend wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen ist.

2.155

Subsidiär5 zur Nachbesserung verweist § 440 BGB auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht des BGB nach §§ 320 ff. BGB. Das Recht zur Minderung6 hat keine weiteren Voraussetzungen, außer dass das Recht auf Nachbesserung vorrangig gilt. Ein Rücktrittsrecht besteht nur bei erheblichen Mängeln, §§ 437, 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.

2.156

Schadensersatzansprüche, die insbesondere auch neben einem Rücktrittsrecht geltend gemacht werden können, setzen voraus, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat § 276 BGB. Für Arglist und Vorsatz wird stets gehaftet, regel-

2.157

1 Siehe dazu Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 656 ff. 2 Vgl. Huber, NJW 2002, 1004 ff.; Auktor, NJW 2003, 120 ff.; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 2193 ff.; Schroeter, NJW 2006, 1761 ff.; Oechlser, NJW 2004, 1825 ff. 3 BGH v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, MDR 2005, 673 = NJW 2005, 1348 = DB 2005, 997 = DNotZ 2005, 677. 4 BGH v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, MDR 2007, 146 = NJW 2006, 2839. 5 BGH v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, MDR 2005, 673 = NJW 2005, 1348 = DB 2005, 997 = DNotZ 2005, 677. 6 BGH v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, MDR 2005, 673 = NJW 2005, 1348 = DB 2005, 997 = DNotZ 2005, 677. Das Gesetz ist insoweit allerdings missverständlich, so dass in der Rechtslehre teilweise auch abweichende Ansichten vertreten werden.

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331

Kap. 2 Rz. 2.158 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

mäßig nach dem Gesetz aber auch für leichte Fahrlässigkeit. Die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung erfordert grundsätzlich eine erhebliche Pflichtverletzung. Im Fall einer arglistigen Täuschung über einen Mangel kann die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel nicht geltend gemacht werden1.

2.158

Rechte wegen kaufrechtlicher Mängel an einem Bauwerk verjähren nach § 438 Nr. 2 BGB in fünf Jahren. Hinsichtlich des Grundstücks gilt hingegen eine zweijährige Verjährung. Anders als die allgemeine Verjährung beginnt die Verjährungsfrist unabhängig von einer Kenntnis des Geschädigten fest mit der Übergabe des Grundstücks, § 438 Abs. 2 BGB. Lediglich in Fällen der Arglist gilt nach § 438 Abs. 3 BGB die allgemeine Verjährungsfrist, sofern diese Frist länger läuft. Diese Regelung dient allein dem Schutz des durch Arglist Geschädigten. 2. Rechtsmängel

2.159

Gemäß §§ 433 Abs. 1 Satz 2, 435 BGB ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können. Zu Rechtsmängeln2 zählen u.a. – im Grundbuch eingetragene und im Rang vor der Auflassungsvormerkung noch zur Eintragung gelangende Rechte in Abteilung II und III des Grundbuches, auch wenn die Rechte im Grundbuch eingetragen sind, aber nicht mehr wirksam bestehen (§ 435 Satz 2 BGB); Gleiches gilt für Rechte, die ohne Zustimmung des Käufers noch im Rang nach der Vormerkung zur Eintragung gelangen. Der Vormerkungsschutz der §§ 883, 888 BGB führt lediglich dazu, dass diese Belastungen nach Eigentumsumschreibung auf den Käufer gelöscht werden können, er entbindet aber nicht den Verkäufer von seiner Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Eigentums. – altrechtliche Dienstbarkeiten3, die nicht im Grundbuch eingetragen sind, – Miet- und Pachtverträge, die gem. § 566 BGB auf den Erwerber übergehen, – Baulasten4, – öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen, die auf bauordnungs- oder planungsrechtlichen Bestimmungen beruhen, sind nach Meinung des BGH5 ebenso als Rechtsmängel anzusehen, sofern der Besitz oder das Eigentum entzogen werden 1 BGH v. 24.3.2006 – V ZR 173/05, MDR 2006, 1155 = NJW 2006, 1960 = DNotZ 2006, 828. 2 Siehe auch Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 827 ff. 3 Diese gelten nach Art. 186, 187 EGBGB auch ohne Eintragung im Grundbuch fort; allerdings können sie aufgrund landesrechtlicher Regelungen erlöschen, so z.B. Art. 57 Abs. 1 i.V.m. Art. 56 Abs. 3 BayAGBGB (Erlöschen einer über zehn Jahre nicht ausgeübten Dienstbarkeit). 4 Vgl. OLG Hamm v. 29.6.1987 – 22 U 420/86, NJW-RR 1989, 524 = DNotZ 1988, 700. 5 BGH v. 20.12.1985 – V ZR 263/83, MDR 1986, 392 = NJW 1986, 1605 = DB 1986, 585 = DNotZ 1986, 286.

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.163 Kap. 2

kann oder keine Baugenehmigung vorliegt oder widerrufen werden kann. Die Abgrenzung vom Sachmangel bereitet im Einzelfall Schwierigkeiten1. Eine Haftung für Rechtsmängel wird im Kaufvertrag (anders als bei der Schenkung) üblicherweise nicht ausgeschlossen. Insoweit bleibt es grundsätzlich bei den gesetzlichen Bestimmungen. In der Regel wird eine Haftung für das Bestehen etwaiger altrechtlicher Dienstbarkeiten ausgeschlossen, wobei der Verkäufer lediglich versichert, dass ihm solche nicht bekannt sind (Arglistprobe). Gleiches gilt für Baulasten und ähnliche Beschränkungen, wobei in den meisten Bundesländern der Käufer die Möglichkeit hat, das entsprechende Baulastenverzeichnis einzusehen. Der Vertrag muss aber eine Regelung darüber enthalten, welche der bestehenden Belastungen in Abt. II vom Käufer übernommen werden. Hierbei handelt es sich um eine bedeutsame Frage, die häufig zu erheblichen Diskussionen zwischen den Vertragsteilen führt.

2.160

Belastungen, die ihren Ursprung im familiären Umfeld des Verkäufers haben, werden vom Käufer in der Regel nicht akzeptiert und müssen gelöscht werden. Dies betrifft v.a. Nießbrauchs- und Wohnungsrechte, Altenteilsrechte (Reallasten) und Rückauflassungsvormerkungen früherer Übergeber. Eine für den Käufer sichere Vertragsgestaltung sollte vorsehen, dass diese Rechte bereits gelöscht sind (und nicht nur Löschungsunterlagen vorliegen), bevor der Kaufpreis fällig wird.

2.161

Vorkaufsrechte, die für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt werden, können bei Abwicklung des Vertrages regelmäßig nicht gelöscht werden und müssen daher vom Käufer übernommen werden. Vorkaufsrechte nur für diesen Verkaufsfall sind mit Abwicklung des Kaufvertrages (sofern dieser ordnungsgemäß angezeigt und das Recht nicht ausgeübt wird) gegenstandslos. Die Löschung dieser Rechte im Grundbuch erfordert dennoch die Vorlage einer Bewilligung des Berechtigten. Hier sollte der Vertrag eine Regelung dazu treffen, ob die Einholung dieser Bewilligung (notfalls im Klageweg) Sache des Verkäufers oder des Käufers ist.

2.162

Dienstbarkeiten und Reallasten, die mit der Ver- und Entsorgung des Vertragsgegenstandes, der Nachbarschaft oder mit öffentlichen Infrastruktureinrichtungen im Zusammenhang stehen, können regelmäßig nicht gelöscht werden und sind daher vom Käufer unter Eintritt in die Bestimmungen der Bewilligungsurkunde zu übernehmen. Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (z.B. ein Hochspannungsleitungsrecht für einen Stromversorger) können gelegentlich mit Bewilligung des Berechtigten gelöscht werden, wenn das Recht gegenstandslos geworden ist. Bei Grunddienstbarkeiten (z.B. alte Wasserleitungsrechte) scheitert dies häufig daran, dass aufgrund einer Vielzahl von zwischenzeitlicher Grundstücksteilung die Ermittlung sämtlicher Berechtigter schwierig ist und der Aufwand der (klageweisen) Beschaffung aller erforderlichen Löschungsunterlagen in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.

2.163

1 Siehe Erman/Grunewald14, § 435 BGB Rz. 11 bis 13.

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333

Kap. 2 Rz. 2.164 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.164

Zu Gestaltungsmöglichkeiten bei bestehenden Mietverträgen vgl. oben Rz. 2.147 ff. Sofern das Mietverhältnis bis spätestens zur Eigentumsumschreibung nicht beendet ist, geht es unabhängig vom Willen der Kaufvertragsparteien auf den Käufer über (§§ 566 ff. BGB). Einen Anspruch auf Abschluss eines Neuvertrages hat der Käufer gegenüber dem Mieter nicht. Er sollte daher vor Abschluss des Kaufvertrages den bestehenden Mietvertrag einsehen und eine Zusicherung des Verkäufers verlangen, dass zum Nachteil des Vermieters keine weiteren Nebenabreden zu dem Vertrag getroffen sind. Streitigkeiten darüber, welcher Vertrag dem Käufer vorgelegt wurde, lassen sich am besten vermeiden, indem eine Kopie des Mietvertrages dem Kaufvertrag zu Beweiszwecken als nicht mit beurkundete „Beilage“ angeheftet wird. Darüber hinaus sollte er Auskunft darüber verlangen, ob Mietminderungen oder Mieteinbehalte geltend gemacht worden sind und ob gerichtliche oder außergerichtliche Streitigkeiten mit dem Mieter bestehen. Schließlich sollte er sich vergewissern, dass ihm die Kaution ausgehändigt werden kann, da er nach § 566a BGB für deren Rückgewähr auch dann haftet, wenn er sie vom Verkäufer nicht erhalten hat. Der Verkäufer seinerseits sollte die Zustimmung des Mieters zur Übertragung der Kaution einholen, da er nach § 566a Satz 2 BGB daneben subsidiär gegenüber dem Mieter haftet.

2.165

Sind Eigentumswohnungen vermietet oder beabsichtigt der Käufer eine Aufteilung des Vertragsobjektes nach dem WEG, so ist zu klären, ob der Mieter ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB hat und ggf. den Sonderkündigungsschutz nach § 577a BGB genießt1. Übt der Mieter das Vorkaufsrecht aus, so hat dies grundsätzlich keine Auswirkung auf die Abwicklung des Vertrages mit dem Käufer, da es sich hierbei nur um ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht handelt. Allerdings droht dem Verkäufer eine Schadensersatzhaftung gegenüber dem Mieter, weshalb der Vertrag vorsehen sollte, dass der Verkäufer bei Ausübung des Vorkaufsrechtes durch den Mieter vom Vertrag mit dem Erstkäufer zurücktreten kann, ohne dass der Erstkäufer den Verkäufer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.

2.166

Grundpfandrechte des Verkäufers gelangen meist zur Löschung. Sollen die Grundschulden des Verkäufers vom Käufer übernommen werden, so sind hierfür besondere Vereinbarungen vorzusehen2, wobei insbesondere zu unterscheiden ist, ob der Käufer nur die Grundschuld als dingliches Recht (zur Absicherung seiner eigenen künftigen Darlehen) übernimmt oder ob er (was bei Verkäufen im Familienkreis oder zwischen verbundenen Unternehmen vorkommt) anstelle des Verkäufers dessen Darlehensvertrag übernimmt.

2.167

Hinsichtlich der Baulasten sollte der Notar die Beteiligten auf deren Möglichkeit hinweisen. Gleichzeitig sieht der Notar das Baulastenverzeichnis meist nicht selbst ein. Da die Beteiligten häufig nicht wissen, dass Baulasten auch außerhalb des Grund1 Zur Möglichkeit eines Mietervorkaufsrechtes bei nur beabsichtigter Aufteilung vgl. aber BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2014, 206 = NJW 2014, 850 = ZfIR 2014, 241 = DNotZ 2014, 218; zum Vorkaufsrecht des Mieters bei Realteilung vgl. BVerfG v. 4.4.2011 – 1 BvR 1803/08, NJW 2011, 1723 = MittBayNot 2011, 477. 2 Siehe dazu Heinemann in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 769 ff.

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.171 Kap. 2

buchs Wirkung entfalten können und nicht im Grundbuch eingetragen werden, wird der Notar die Beteiligten darauf hinweisen, dass es ein solches Baulastenverzeichnis in manchen Bundesländern gibt und sie dieses selbst einsehen müssen. Vergleichbar hiermit ist die Abstandsflächenübernahmeerklärung nach Art. 6 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO1). Auch diese entfaltet außerhalb des Grundbuches Wirkung und kann nicht aus dem Grundbuch ersehen werden. Ihre Wirkungen sind ähnlich denen einer Abstandsflächendienstbarkeit. 3. Vertragliche Beschränkung der Sachmängelhaftung Literatur: Siehe vor Rz. 2.1.

Zwingende gesetzliche Bestimmungen zur Sachmängelhaftung enthält das BGB in den §§ 474 ff. BGB für den sog. Verbrauchsgüterkauf, also den Verkauf beweglicher Sachen von einem Verbraucher an einen Unternehmer. Den Grundstückskauf betreffen diese Normen dann, wenn bewegliche Sachen mitverkauft werden (z.B. beim Verkauf einer vermieteten Wohnung samt Einbauküche durch ein gewerbliches Wohnungsunternehmen an eine Privatperson). Hinsichtlich der Einbauküche kann in dieser Konstellation kein Haftungsausschluss vereinbart werden, sondern nur eine Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr (§ 475 Abs. 2 BGB).

2.168

Generell unzulässig ist der Ausschluss einer Haftung für vorsätzliches Handeln des Schuldners (§ 276 Abs. 3 BGB); die Haftung für vorsätzliches Handeln von Erfüllungsgehilfen ist hiervon nicht erfasst, aber von § 309 Nr. 7 BGB.

2.169

Weitere Schranken der Vertragsfreiheit ergeben sich aus den §§ 305 ff. BGB, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, die ein Vertragsteil gestellt hat; dies gilt bei sog. Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB auch dann, wenn die Klauseln nicht vom Verkäufer, sondern vom Notar eingeführt worden sind. In einem solchen Fall wird die Anwendung der §§ 305 ff. BGB auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Parteien hierüber (ergebnislos) verhandelt haben, erst recht nicht, dass sie (individualvertraglich) feststellen, über die Klauseln „ernsthaft und ausgiebig“ verhandelt zu haben2. Erforderlich ist vielmehr, dass die Klauseln tatsächlich ernsthaft zur Disposition gestellt wurden und so der andere Vertragsteil die reale Möglichkeit hatte, auf die Bestimmung einzuwirken und so seine Interessen zu wahren.

2.170

Gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. aa BGB ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, durch die bei Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen und Leistungen die Ansprüche wegen eines Sach- oder Rechtsmangels gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen oder auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt werden. Diese Regelung gilt auch für Rechtsmängel. Unzulässig ist ferner nach § 309 Nr. 7 BGB der Ausschluss der Haftung für die schuldhafte Verletzung

2.171

1 BayGVBl. 2007, 588. 2 BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, MDR 2014, 584 = NJW 2014, 1725 = DB 2014, 1194 = ZfIR 2014, 523 = MittBayNot 2014, 322.

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Kap. 2 Rz. 2.172 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

von Leben, Körper und Gesundheit und generell für die Haftung bei grobem Verschulden.

2.172

Bei neu errichteten Gebäuden kann auch außerhalb der Anwendbarkeit von AGB gem. §§ 305 ff. BGB ein Ausschluss der Haftung für Sachmängel wegen einer Rechtskontrolle gem. § 242 BGB nur in engen Ausnahmefällen anerkannt werden. Unwirksam ist eine solche Rechtsbeschränkung insbesondere, wenn sie formularmäßig und nicht unter eindringlichem Hinweis des Notars auf die damit verbundenen Folgen1 erfolgt. Dies gilt entsprechend, wenn ein Gebäude vom Verkäufer so umfassend saniert worden ist, dass dies einer Neuerrichtung gleichkommt2.

2.173

Der Haftungsausschluss für Sachmängel ist bei Altbauten und bei unbebauten Grundstücken möglich und absolut üblich3. Der weitgehende Mängelausschluss dient dem Rechtsfrieden. Im Regelfall sind derartige Verträge keine AGB i.S.d. §§ 305 ff. BGB. Ist dies ausnahmsweise anders, z.B. beim Verkauf durch eine Gemeinde, so ist zusätzlich § 309 Nr. 7 Buchst. a, b, Nr. 8 Buchst. a BGB zu beachten. Dies schränkt die Möglichkeit des Haftungsausschlusses deutlich ein. Auch wenn die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen wird, so bleiben Ansprüche wegen Rechtsmängeln und Rechte wegen arglistig verschwiegenen Mängeln oder wegen arglistig falsch vorgespiegelten Eigenschaften oder übernommenen Garantien (§ 276 Abs. 1 Satz 1, §§ 442, 443, 444 BGB) unberührt. Der Verkäufer sollte in dem Kaufvertrag versichern, dass ihm keine verborgenen wesentlichen Mängel bekannt sind.

2.174

Selbstverständlich ist es nicht Sinn des Kaufvertrages, den Verkäufer stets und unter allen Umständen von der Haftung für Mängel des Kaufgegenstandes freizuzeichnen. Allerdings ist ggf. dem Käufer durch die Vereinbarung konkreter Beschaffenheitsvereinbarungen oder selbständiger Garantieversprechen besser gedient, als durch die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen. Sollten die Vertragsteile ausnahmsweise keinen Haftungsausschluss vorsehen wollen, empfiehlt sich zumindest ein deutlicher Hinweis auf die gesetzlichen Rechtsfolgen:

2.175

M21 Kein Haftungsausschluss, Geltung gesetzlicher Rechtsfolgen „Hinsichtlich der Haftung des Verkäufers für etwaige Sachmängel des Vertragsgegenstandes, insbesondere für Baumängel und Grundstücksmängel (Altlasten und andere Bodenverunreinigungen), gelten die gesetzlichen Bestimmungen des BGB. Die Beteiligten erklären, dass sie über die Beschaffenheit der Sache keine Vereinbarungen getroffen haben und bestätigen, dass diesbezüglich der Verkäufer auch keine Garantien oder Zusicherungen abgegeben hat. Damit haftet der Verkäufer dafür, dass sich der Vertragsgegenstand 1 Siehe BGH v. 8.3.2007 – VII ZR 130/05, MDR 2007, 771 = NJW-RR 2007, 895 = ZfIR 2007, 623 = DNotZ 2007, 822; v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, NJW 1989, 2748 = DB 1989, 1819 = DNotZ 1990, 96; Bischoff/Mauch, DNotZ 2004, 342 (350). 2 BGH v. 8.3.2007 – VII ZR 130/05, MDR 2007, 771 = NJW-RR 2007, 895 = ZfIR 2007, 623 = DNotZ 2007, 822. 3 Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 2518; kritisch zu entsprechenden Praktiken Krafka, DNotZ 2002, 677 ff.

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Wartenburger

D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.178 Kap. 2

für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder sich ansonsten für eine gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Sofern solche Mängel vorliegen, kann der Käufer innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist (fünf Jahre für Baumängel, zwei Jahre für Grundstücksmängel, jeweils ab Übergabe) aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen Nacherfüllung verlangen, u.U. auch Schadensersatz verlangen, den Kaufpreis herabsetzen oder vom Vertrag insgesamt zurücktreten. Eine weitergehende Haftung bei Vorsatz oder Arglist bleibt unberührt. Der Notar hat die Beteiligten eindringlich darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf diese gesetzlichen Bestimmungen beim Verkauf gebrauchter Immobilien in hohem Maße streitanfällig und äußerst unüblich ist. Dennoch wünschen die Beteiligten ausdrücklich weder eine Einschränkung oder einen Ausschluss der Mängelhaftung noch eine umfassende Beschaffenheitsvereinbarung und fordern die Beurkundung mit diesem Inhalt.“

Auch soweit die Sachmängelhaftung vollständig ausgeschlossen wird, bleibt die Möglichkeit der Anfechtung des Vertrages nach § 123 BGB bestehen1. Dieses Mittel der Verteidigung entspricht meist aber nicht dem Interesse des Käufers, da es zur Unwirksamkeit des Vertrages führt.

2.176

Werden Haftungsansprüche ausgeschlossen, stellt sich die Frage, ob Mängelansprüche des Verkäufers gegen seinen Vorverkäufer oder gegen sonstige Dritte (z.B. Handwerker, die in den letzten Jahren vor dem Verkauf Arbeiten an der Anlage vorgenommen haben) mit an den Endkäufer abgetreten werden. Dies sollte klar geregelt werden. Anderenfalls ist es eine (unklare) Auslegungsfrage2.

2.177

Ein vertraglicher Haftungsausschluss erfasst nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BGH nicht die Haftung für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur die Haftung für die nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB auch ohne Vereinbarung geschuldeten Eigenschaften. Bei der Auslegung eines solchen Haftungsausschlusses sind u.U. auch die durch öffentliche Äußerungen erweckten Erwartungen des Käufers (vgl. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) zu berücksichtigen; dies gilt jedoch nach Auffassung des BGH nicht beim Immobilienkaufvertrag3: Bei diesem bildet die Beurkundung an sich eine Zäsur, so dass der Käufer sich nur auf solche Beschaffenheitsvereinbarungen verlassen darf, die in der Urkunde selbst enthalten sind. Etwaige vorvertragliche (unzutreffende) Informationen, die nicht Vertragsbestandteil geworden sind, bleiben daher außerhalb des Anwendungsbereiches des § 444 BGB vom allgemeinen vertraglichen Haftungsausschluss umfasst. Dies gilt z.B. für Angaben zur Wohnfläche oder (so in dem vom BGH entschiede-

2.178

1 BGH v. 17.1.2007 – VIII ZR 37/06, MDR 2007, 576 = NJW 2007, 1058 = DB 2007, 457 = DNotZ 2007, 541. 2 Siehe BGH v. 13.2.2004 – V ZR 225/03, MDR 2004, 869 = NJW 2004, 1873 = DB 2004, 1610 = DNotZ 2004, 779 (restriktiv). Siehe dazu Klimke/Lehmann-Richter, NJW 2004, 3672 ff. 3 BGH v. 22.4.2016 – V ZR 23/15, MDR 2016, 1258 = NJW 2017, 150 = ZfIR 2016, 785-788 = DNotZ 2016, 921.

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Kap. 2 Rz. 2.179 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

nen Fall) zum Baujahr, die bei Gebrauchtimmobilien regelmäßig nicht in die Urkunde aufgenommen werden. 4. Offenbarungspflichtige Sachmängel

2.179

Ein Haftungsausschluss ist nicht möglich für arglistig verschwiegene Mängel oder innerhalb der Reichweite einer sog. Garantie, vgl. § 444 BGB. Der Beweis der Arglist obliegt dem Käufer und stellt in der Praxis eine hohe Hürde dar. Der BGH führt hierzu aus: „Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer – den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und – zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt – und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Dagegen genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen […]„(Untergliederung vom Verf.)1.

2.180

In der Entscheidungspraxis wird Arglist regelmäßig dann angenommen, wenn der Verkäufer einen ihm bekannten offenbarungspflichtigen Sachmangel nicht offenlegt oder gar darauf gerichtete Fragen falsch beantwortet. Als offenbarungspflichtige2 Sachmängel wurden (soweit nicht ohnehin bei der Besichtigung für den Kaufinteressenten klar erkennbar) z.B. erkannt: – Denkmaleigenschaft3, – wesentliche Geruchsbelästigung4 und erheblicher Lärm5, – fehlende Baugenehmigung6 hinsichtlich eines nicht unerheblichen Teils des Gebäudes, – Altlasten7, Asbestverwendung8, Gefahr einer erheblichen Schadstoffbelastung aufgrund früherer Nutzung, auch ohne konkreten Altlastenverdacht9, 1 BGH v. 22.4.2016 – V ZR 23/15, MDR 2016, 1258 = NJW 2017, 150 = ZfIR 2016, 785-788 = DNotZ 2016, 921, Tz. 21. 2 Siehe Gröschler, NJW 2005, 1601 ff. 3 OLG Celle v. 13.5.1988 – 4 U 101/87, DNotZ 1988, 702. 4 BGH v. 10.7.1987 – V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10. 5 BGH v. 22.2.1991 – V ZR 299/89, MDR 1991, 761 = NJW 1991, 1673 = DB 1991, 1374 = MittBayNot 1991, 156. 6 BGH v. 10.6.1988 – V ZR 125/87, MDR 1989, 52 = NJW-RR 1988, 1290 = DB 1988, 2401 = DNotZ 1989, 306. 7 BGH v. 12.7.1991 – V ZR 121/90, MDR 1992, 49 = NJW 1991, 2900 = DB 1992, 1237 = DNotZ 1992, 298. 8 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120 = ZfIR 2009, 560 = DNotZ 2009, 760. 9 BGH v. 8.7.2016 – V ZR 35/15, MDR 2017, 144 = NJW-RR 2017, 468 = ZfIR 2016, 783 = MittBayNot 2017, 363.

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.182 Kap. 2

– Hausschwamm, der vor 25 Jahren technisch einwandfrei beseitigt wurde1, – Hausbockbefall, – Unterlassen einer öffentlich-rechtlich gebotenen Überprüfung der Dichtigkeit einer Abwasseranlage2, – unzureichende privatrechtliche Sicherung der Erschließung3, – defekte Fußbodenheizung in separatem Studiohaus4, – tiefgreifend zerstrittene Wohnungseigentümergemeinschaft5 und querulatorische Nachbarn6. 5. Sachmängel zwischen Kaufvertragsabschluss und Gefahrübergang Literatur (Auswahl): Amann, Der Ausschluss von Sachmängelrechten beim Kauf privater Gebrauchtimmobilien – was soll und kann er bewirken?, DNotZ 2003, 643; Rappenglitz, Die Haftung des Verkäufers für nach Gefahrübergang entstandene Sachmängel, JABl. 2000, 653; Schmittat, Dichtheit von Abwasseranlagen und Grundstücksverkehr, RNotZ 2012, 17; Weigl, Zur Reichweite von Gewährleistungsausschlüssen, insbesondere vor Eintritt des Gefahrübergangs, MittBayNot 1996, 349; Zimmermann/Bischoff, Haftungsausschluss für zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang entstehende Mängel bei Gebrauchtimmobilien, NJW 2003, 2506. Beispiel: V verkauft im November 01 an B eine Gebrauchtimmobilie an K mit vollem Haftungsausschluss für Sachmängel. Den Winter über kümmert V sich nicht mehr um die Gebäude und heizt nicht mehr. Variante 1: Das Haus brennt ohne Verschulden des V vollständig ab. Zur Besitzübergabe kommt es nicht mehr. Variante 2: Als der Kaufpreis im April 02 beglichen wird, stellt K bei der Schlüsselübergabe fest, dass in dem strengen Winter aufgrund der Sorglosigkeit des V die Wasserrohre im Haus geplatzt waren und die Heizung zerstört ist.

2.181

Fälle wie die vorstehenden Beispiele haben die Rechtsprechung wiederholt beschäftigt7. Im Ergebnis geht der BGH überzeugend davon aus, dass ein vertraglich ver-

2.182

1 BGH v. 10.7.1987 – V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415 = WM 1987, 1285. 2 Vgl. zu diesem Themenkomplex Krauß, notar 2012, 317 (326). 3 Zur Haftung des Notars bei unzureichender Aufklärung über die fehlende Erschließung vgl. OLG Celle v. 26.8.2009 – 3 U 58/09, NotBZ 2009, 495. 4 OLG Karlsruhe v. 25.2.2005 – 10 U 37/04. 5 OLG Düsseldorf v. 4.12.1996 – 9 U 92/96, NJW 1997, 1079 = Wohnungseigentümer 1997, 171 = DNotZ 1998, 64 = MittRhNotK 1997, 29. 6 OLG Frankfurt v. 20.10.2004 – 4 U 84/01, BauR 2005, 1821 = DWW 2005, 431 m. Anm. Klepper; diese Fallgruppe muss aber auf Extremfälle beschränkt werden, vgl. OLG München v. 26.3.2012 – 18 U 3956/11, ZMR 2012, 665. 7 Zu Variante 1: BGH v. 10.3.1995 – V ZR 7/94, MDR 1995, 790 = NJW 1995, 1737 = BB 1995, 1261 = DB 1995, 2264 = DNotZ 1995, 883; dazu auch Weigl, MittBayNot 1996, 349 ff.; Tiedtke, NJW 1995, 3081 ff. Zu Variante 2: OLG Hamm v. 28.1.1999 – 22 U 100/98, MDR 1999, 926 = DNotZ 1999, 723 = MittRhNotK 1999, 277. Zu Recht kritisch dazu

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Kap. 2 Rz. 2.183 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

einbarter Gewährleistungsausschluss grundsätzlich nur solche Mängel umfasst, die zur Zeit des Vertragsschlusses bereits vorhanden waren, nicht dagegen solche Mängel, die zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang entstanden sind. Eine abweichende Regelung hält die Rechtsprechung allerdings für zulässig, so dass es letztlich auf die Auslegung der Vertragsbestimmung zum Haftungsausschluss ankommt. Ob eine solche abweichende Abrede AGB-rechtlich auch zulässig wäre, wird im Hinblick auf § 307 BGB zu Recht bezweifelt1.

2.183

Insbesondere bei Wohnimmobilien scheint ein allgemeiner Haftungsausschluss für nach Vertragsschluss hinzukommende Mängel nicht sachgerecht: Hat der Verkäufer (wie in Variante 2) die Verschlechterung zu vertreten, so spricht nichts dagegen, ihn hierfür in die Haftung zu nehmen. Handelt es sich (wie in der Variante 1) um ein zufälliges Ereignis, so bestehen im Allgemeinen ausreichende Versicherungsmöglichkeiten, deren Nutzung dem Verkäufer obliegt. Um spätere Streitigkeiten über die Frage zu vermeiden, ob ein Mangel vor oder nach Gefahrübergang entstanden ist, sollte die Verjährungsfrist für derartige Ansprüche allerdings sehr kurz gehalten werden.

2.184

M22 Haftung für zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstehende Sachmängel „[Ausschluss der Haftung für Sachmängel, allerdings mit Ausnahme] … solcher Sachmängel, die zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstehen und über die gewöhnliche Abnutzung hinausgehen; hierfür wird jedoch – außer bei Vorsatz – die Verjährungsfrist auf drei Monate ab Übergabe verkürzt.“

2.185

Etwas anders stellt sich die Situation bei forstwirtschaftlichen Grundstücken dar: Gerade solche Besitzungen sind einer gesteigerten Gefahr der zufälligen Verschlechterung ausgesetzt (z.B. Sturmschaden), für die ein adäquater Versicherungsschutz üblicherweise nicht oder nicht zu wirtschaftlich tragbaren Konditionen zu erlangen ist. Dieses Risiko „kauft“ der Erwerber eines Waldgrundstückes mit, weshalb es auch keine Rolle spielen sollte, ob ein Sturmschaden vor oder nach Gefahrübergang eintritt (anders auch hier bei vom Verkäufer zu vertretenden Schäden, z.B. wegen mangelnder Vorkehrungen gegen Käferbefall). Es besteht daher entweder die Möglichkeit, das Risiko von vornherein dem Käufer aufzuerlegen oder lediglich ein Rücktrittsrecht vorzusehen:

Weigl, MittBayNot 2000, 33 f; dagegen BGH v. 24.1.2003 – V ZR 248/02, MDR 2003, 498 = NJW 2003, 1316 = DB 2003, 1568 = ZfIR 2003, 233 = DNotZ 2003, 687 = MittBayNot 2003, 218. 1 Zimmermann/Bischoff, NJW 2003, 2506.

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.187 Kap. 2

M23 Waldgrundstück, Erwerber „kauft“ Risiko mit

2.186

1. „Für den Fall, dass sich der Vertragsgegenstand in der Zeit von heute bis zum Gefahrübergang (vorstehend …) wesentlich verschlechtert (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) oder untergeht, ohne dass dies durch eine Vertragspartei zu vertreten ist, ist der Käufer berechtigt, innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verschlechterung Kenntnis erlangt hat, spätestens bis zum Ablauf eines Monats nach Gefahrübergang, vom Vertrag zurückzutreten. Darüber hinausgehende Ansprüche wegen der Verschlechterung, insbesondere Schadensersatzansprüche, sind gegenseitig ausgeschlossen. Kaufpreis und Besitz sind Zug um Zug zurück zu gewähren, ohne Nutzungsersatz. Der Wegfall dieses Rücktrittsrechtes ist nicht Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.“ Oder: 2. „Der Verkäufer ist verpflichtet, den Besitz zu demjenigen Monatsersten zu übergeben, der auf die Gutschrift des Kaufpreises folgt. Ab Besitzübergang gehen auch Nutzungen, private und öffentliche Lasten sowie Verkehrssicherungspflicht und Haftung auf den Käufer über (ggf. zeitanteilig). Abweichend davon geht die Gefahr des zufälligen Unterganges und der zufälligen Verschlechterung bereits mit Abschluss des heutigen Vertrages auf den Käufer über. Etwaige diesbezügliche Ereignisse hat der Verkäufer dem Käufer unverzüglich anzuzeigen; etwaige Kalamitätsnutzungen gebühren dem Käufer.“

6. Haftung nach dem Bundesbodenschutzgesetz (Altlasten) Literatur: Freiherr von und zu Frankenstein, Update herkömmlicher Altlastenklauseln in Grundstückskaufverträgen, ZfIR 2005, 626; Giesberts/Frank, Sanierungsverantwortlichkeit nach BBodSchG bei Erwerb, Veräußerung und Umwandlung von Unternehmen und bei Grundstückstransaktionen; Oyda, Altlastenklauseln in Grundstückskaufverträgen, RNotZ 2008, 245; Schwertner/Libert, Der Rückgriffsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG und seine Berücksichtigung im Kaufvertrag, ZfBR 2010, 123.

Aufgrund des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Altlastenverordnung (BBodSchV) bestehen scharfe öffentlich-rechtliche Haftungsnormen für Altlasten. Gemäß § 4 Abs. 6 BBodSchG ist der frühere Eigentümer eines Grundstückes zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1.3.1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen musste1. Zusätzlich besteht die Rückgriffsmöglichkeit des Käufers gegen den Verkäufer nach § 24 Abs. 2 BBodSchG2. Zu dem Kreis der Sanierungspflichtigen zählt auch der Inhaber der tatsächlichen Gewalt, der Verursacher einer schädlichen Bodenver1 Nach Ansicht des BVerwG soll diese Haftung des Rechtsnachfolgers auch bei Erwerb vor Inkrafttreten des BBodSchG gelten, BVerwG v. 16.3.2006 – 7 C 3.05, BVerwGE 125, 325 = NVwZ 2006, 928 = DÖV 2006, 956 = ZfIR 2006, 551 m. Anm. Grziwotz = MittBayNot 2006, 534. 2 BGH v. 2.4.2004 – V ZR 267/03, MDR 2004, 1178 = NJW-RR 2004, 1243 = ZfIR 2004, 597 = DNotZ 2004, 783.

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2.187

Kap. 2 Rz. 2.188 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

änderung sowie alle Personen, die aufgrund handels- oder gesellschaftsrechtlicher Grundsätze verantwortlich sind1.

2.188

Nach einem Beschluss des BVerfG2 ist die Haftung des Eigentümers für die Grundstückssanierung bei Altlasten generell auf die zumutbaren Sanierungskosten, d.h. bis zur Höhe des Verkehrswertes, zu beschränken, es sei denn, dass das zu sanierende Grundstück den wesentlichen Vermögensanteil des Pflichtigen bildet. Die Kenntnis des Grundstückseigentümers von den Altlasten sowie dessen fahrlässige Unkenntnis können – im letzteren Fall je nach Grad der Fahrlässigkeit der Unkenntnis – eine den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigende Kostenbelastung zumutbar machen.

2.189

Für die Vertragsgestaltung ist zwischen den Fällen zu unterscheiden, in denen lediglich ein Altlastenverdacht besteht, und den Fällen, in denen sicher Altlasten bestehen. Ferner ist zu unterscheiden, ob der Verkäufer die Altlasten noch vollständig auf eigene Kosten und eigenes Risiko zu beseitigen und zu entsorgen hat oder der Käufer das Risiko eines eventuellen Altlastenbefundes trägt. Soweit ein Vertragsteil das Altlastenrisiko allein tragen soll, sollten die gegenüber dem anderen Vertragsteil bestehenden Rückgriffsansprüche ausgeschlossen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die zivilrechtliche Haftungsverteilung die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit unberührt lässt und somit der jeweils andere Vertragsteil bei Insolvenz seines Vertragspartners dennoch zur Kostentragung herangezogen werden kann.

2.190

Beispiel: V verfügt über ein Altlastengrundstück mit einem Verkehrswert (ohne Altlasten) von 500.000 Euro. Für die Beseitigung der Altlasten liegt ihm ein Angebot über 200.000 Euro vor. Verkauft V das Grundstück für 300.000 Euro an K und überlässt diesem die Sanierung, so droht ihm die behördliche Inanspruchnahme, wenn K insolvent ist. Dieses Risiko vermeidet er, indem er die Sanierung selbst durchführt und anschließend für 500.000 Euro verkauft (dann allerdings trägt er das Risiko einer evtl. Kostensteigerung der Sanierung).

2.191

M24 Altlastenverdacht, Käufer trägt Risiko Den Beteiligten ist bekannt, dass auf dem vertragsgegenständlichen Grundstück in den 50er Jahren ein Unternehmen der … betrieben wurde und aus dieser Zeit möglicherweise schädliche Bodenveränderungen (Altlasten) im Grund und Boden bzw. Grundwasser bestehen können. Nach Angabe des Verkäufers ist ihm noch keine Beseitigungsverfügung einer öffentlichen Behörde zugegangen und wurden ihm gegenüber auch noch keine Untersuchungsverfügungen erlassen. Den Beteiligten ist bekannt, dass entsprechende Maßnahmen von staatlichen Hoheitsträgern angeordnet werden können. Die Beteiligten haben das Altlastenrisiko bereits bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt. Danach ist der Käufer allein verpflichtet, alle zur Erkundung, Untersuchung, Beseitigung und Entsorgung der Altlasten erforderlichen Maßnahmen auf eigene Kosten und Rechnung durchzuführen, wenn eine staatliche Behörde dies für erforderlich halten sollte. 1 Vgl. Körner, DNotZ 2000, 344. 2 BVerfG v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91, NJW 2000, 2573 = DB 2000, 1460 = ZfIR 2000, 464.

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.191 Kap. 2

Der Käufer hat diesbezüglich keine Rückgriffsansprüche gegen den Verkäufer und hat den Verkäufer von jeglicher Inanspruchnahme durch Dritte freizuhalten und freizustellen, es sei denn, der Käufer könnte nachweisen, dass der Verkäufer selbst die Altlasten in den Boden/das Grundwasser durch aktives Tun oder ihm zurechenbares Unterlassen eingebracht hat (Verhaltensstörer). Der Käufer schuldet dem Verkäufer die Erkundung, Untersuchung, Beseitigung und Entsorgung der Altlasten nur insoweit, als dies erforderlich ist, um eine Inanspruchnahme des Verkäufers durch öffentliche Stellen oder sonstige Dritte zu verhindern, sonst aber nicht. Sicherheitsleistung – mit den Beteiligten erörtert – wird nicht vereinbart und kann nicht verlangt werden. Altlastengrundstück mit Sanierungspflicht des Verkäufers Den Beteiligten ist bekannt, dass vom Verkäufer auf dem vertragsgegenständlichen Grundstück in der Zeit von … bis … ein Unternehmen der … betrieben wurde und aus dieser Zeit schädliche Bodenveränderungen (Altlasten) im Grund und Boden bestehen. Die Beteiligten haben Kenntnis des Gutachtens über den Zustand der schädlichen Bodenveränderungen und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Die Sanierung durch den derzeitigen Eigentümer wurde bereits durch die zuständige Behörde angeordnet. Der Bescheid ist nach Angabe bestandskräftig. Das Gutachten selbst ist nicht Inhalt der Willenserklärungen der Beteiligten und daher rein nachrichtlich der heutigen Urkunde in Kopie beigefügt1. Der Verkäufer allein ist verpflichtet bis zum … [Datum], alle Maßnahmen zur Erkundung, Untersuchung, Beseitigung und Entsorgung der Altlasten erforderlichen Maßnahmen auf eigene Kosten und Rechnung durchzuführen oder durchführen zu lassen, so wie die zuständige staatliche Behörde (Landratsamt) dies für erforderlich halten sollte. Der Verkäufer hat diesbezüglich keine Erstattungsansprüche gegen den Käufer, sondern hat den Käufer von allen Altlastensanierungsmaßnahmen im weitesten Sinne freizustellen, soweit diese innerhalb der nächsten fünf2 Jahre ab heute angeordnet werden sollten. Diese Freistellungspflicht gilt nur insoweit nicht, als der Verkäufer nachweisen könnte, dass der Käufer selbst die Altlasten in den Boden durch aktives Tun oder ihm zurechenbares Unterlassen eingebracht hat (Verhaltensstörer). Der Verkäufer schuldet dem Käufer die Erkundung, Untersuchung, Beseitigung und Entsorgung der Altlasten nur insoweit, als dies erforderlich ist, um den Anforderungen der öffentlichen Behörden zu entsprechen, sonst aber nicht. Der Inhalt der Sanierungspflicht wird also durch die zuständige Behörde nach § 317 BGB bestimmt. Sollte die Behörde nicht innerhalb von … Monaten eine Entscheidung fällen, so entscheidet darüber als Schiedsgutachter … 1 Anders verhält es sich, wenn sich der Verkäufer verpflichtet, genau die in dem bereits vorhandenen Gutachten dargestellten Maßnahmen einzuleiten; dann wäre der Inhalt des Gutachtens zugleich Teil der Erklärungen der Beteiligten und müsste mit beurkundet, also auch mit verlesen werden. 2 Die Dauer der zeitlichen Haftungsbegrenzung ist im jeweiligen Einzelfall auszuhandeln und hängt von der Wahrscheinlichkeit später noch auftretender Nachsanierungen ab. Eine zeitlich unbegrenzte Freistellung ist insoweit für den Verkäufer meist unzumutbar, weil mit fortschreitender Zeit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die später entdeckten Altlasten vom Käufer verursacht wurden. Denkbar wäre auch, ab dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne eine Beweislastumkehr zu normieren.

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Kap. 2 Rz. 2.192 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht Der Kaufpreis wird erst fällig, wenn die zuständige Behörde, hilfsweise der Gutachter dem Verkäufer schriftlich bestätigt hat, dass alle zur Erkundung, Untersuchung, Beseitigung und Entsorgung der Altlasten erforderlichen Maßnahmen erledigt sind. Der Verkäufer schuldet dem Käufer den Abschluss aller dafür erforderlichen Arbeiten bis zum … [Datum]. Sicherheitsleistung – mit den Beteiligten erörtert – wird nicht vereinbart und kann nicht verlangt werden1.

2.192

Neben diesen beiden Formen der einseitigen Kostenzuweisung trifft man – insbesondere in Verdachtsfällen – häufig auf Zwischenlösungen, wonach ein Vertragsteil die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag übernimmt, während der andere Teil die darüber hinausgehenden Kosten trägt. Möglich ist auch die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts des Käufers, sollte sich der Altlastenverdacht bestätigen, wobei der Verkäufer berechtigt ist, den Rücktritt abzuwenden, indem er die Beseitigungskosten übernimmt.

IV. Nebenpflichten, insb. Renovierung 2.193

Auch wenn im Kaufvertrag über gebrauchte Immobilien der umfassende Haftungsausschluss üblich ist („wie es liegt und steht“), wünschen die Vertragsparteien mitunter, dass der Verkäufer noch bestimmte Arbeiten übernimmt, sei es, weil er selbst vom Fach ist, weil er schon mit den Handwerkern in Kontakt ist oder weil der Käufer sich mit der Organisation von solchen Arbeiten nicht befassen möchte/kann. Auf diese Weise möchten die Parteien zudem die Zeit zwischen Vertragsschluss und Übergabe zur Durchführung der Arbeiten nutzen (etwaige vom Käufer bestellte Handwerker könnten die Immobilie ja erst nach Übergabe betreten; die Genehmigung von Arbeiten des Käufers vor Übergabe ist für den Verkäufer eine risikobehaftete Vorleistung).

2.194

Die Streitanfälligkeit der Aufnahme solcher „Fremdkörper“ in den Kaufvertrag ist den Vertragsparteien i.d.R. nicht bewusst. Daher sollten folgende Punkte bei der Vertragsgestaltung bedacht werden: Checkliste: – Genaue Bezeichnung der durchzuführenden Arbeiten: Da die Vertragsparteien häufig nicht in der Lage sein werden, eine ausreichende Baubeschreibung für die durchzuführenden Arbeiten zu liefern, kann man sich durch die Bezugnahme auf bereits eingeholte Angebote einer Handwerksfirma behelfen. In einem solchen Fall wird der Angebotsinhalt zugleich Teil des Kaufvertrages und ist daher mit zu beurkunden.

1 Regelmäßig empfiehlt sich jedoch die Vereinbarung von Bürgschaften oder ähnlichen Sicherheiten. Dies ist nahezu zwingend, wenn – anders als hier empfohlen – der Kaufpreis schon vor Abschluss der Maßnahmen zu entrichten ist.

344

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.196 Kap. 2

– Konkreter Fertigstellungstermin: Die häufig gewünschte Vereinbarung „bis zur Übergabe“ ist nicht ausreichend, da die Übergabe ja gerade erst nach Fertigstellung der Arbeiten stattfinden kann. – Sicherung des Käufers: Der Kaufpreis oder zumindest ein angemessener Kaufpreisteil sollte erst fällig sein, wenn die Arbeiten abgeschlossen und abgenommen sind. Den Eintritt dieser Fälligkeitsvoraussetzung kann der Notar (wie bei der Räumung) nicht überwachen, weshalb ein Abnahmeprozedere zwischen Käufer und Verkäufer zu bestimmen ist. – Haftungsregelung: Da der Verkäufer die Arbeiten i.d.R. nicht selbst erbringt, wird er der Übernahme der werkvertraglichen Haftung gegenüber dem Käufer nicht zustimmen. Möglich ist es (außerhalb des AGB-Rechts und des Verbrauchervertrages), den Käufer auf den ausführenden Handwerker zu verweisen und ihm bei Vereinbarung eines Haftungsausschlusses gegenüber dem Verkäufer die Ansprüche gegen das ausführende Unternehmen abzutreten. Auf eine solche Gestaltung sollte sich der Käufer nur einlassen, wenn das Unternehmen bereits im Kaufvertrag bestimmt ist oder der Käufer bei der Auswahl zumindest mitentscheiden kann. Angesichts dieser umfangreichen Regelungsaufgaben scheint es wesentlich einfacher, die Arbeiten dem Käufer zu überlassen und dies bei der Kaufpreisbemessung zu berücksichtigen.

V. Energieausweis und Energieeinsparverordnung Literatur: Bachmayer, Energieausweis und Notar – Überlegungen zu den Auswirkungen der Einführung eines Energieausweises auf die notarielle Beratungs- und Gestaltungspraxis, BWNotZ 2007, 49; Hertel, Energieausweis für Bestandsgebäude, DNotZ 2007, 486; Krauß, Energieeinsparverordnung 2007, ZNotP 2007, 202.

Die letzte Novellierung der Energieeinsparverordnung ist zum 1.5.2014 in Kraft getreten (sog. EnEV 2014). Die Neuregelung führt zu weiteren Verschärfungen, und zwar weniger bei den (für besonders viele Emissionen verantwortlichen) veralteten Heizungsanlagen bestehender Gebäude, sondern bei Neubauten und bei den Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Energieausweis. Für Neubauten ab 2016 wurden die Anforderungen bereits in der EnEV 2014 verschärft, so dass in diesem Zusammenhang auch von der EnEV 2016 gesprochen wird.

2.195

Ein Energieausweis ist entweder ein Energiebedarfsausweis oder ein Energieverbrauchsausweis. Der Energiebedarfsausweis ist verpflichtend zu erstellen bei

2.196

– Neubauten, – Wohngebäuden mit weniger als fünf Wohneinheiten, für die der Bauantrag vor dem 1.11.1977 gestellt worden ist und die nicht wenigstens (bei Fertigstellung oder aufgrund nachträglicher Sanierung) das Anforderungsniveau der Wärmeschutzverordnung vom 11.8.1977 erfüllen. Wartenburger

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Kap. 2 Rz. 2.197 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Im Umkehrschluss ist ein Energieverbrauchsausweis ausreichend bei – Gebäuden, für die der Bauantrag nach dem 1.11.1977 gestellt worden ist, – Gebäuden, auch früheren Baujahrs, mit mehr als vier Wohneinheiten, – allen Gebäuden, die mindestens das Anforderungsniveau der Wärmeschutzverordnung vom 11.8.1977 erfüllen. Energieausweise haben eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren, sofern nicht schon zuvor im Zusammenhang mit Umbauten eine Neuberechnung nötig wird.

2.197

Die maßgebliche Vorschrift zur Behandlung des Energieausweises beim Verkauf, § 16 Abs. 2 EnEV, hat nunmehr folgende Fassung (Hervorhebungen vom Verfasser): „Soll ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück, ein grundstücksgleiches Recht an einem bebauten Grundstück oder Wohnungs- oder Teileigentum verkauft werden, hat der Verkäufer dem potenziellen Käufer spätestens bei der Besichtigung einen Energieausweis oder eine Kopie hiervon mit dem Inhalt nach dem Muster der Anlage 6 oder 7 vorzulegen; die Vorlagepflicht wird auch durch einen deutlich sichtbaren Aushang oder ein deutlich sichtbares Auslegen während der Besichtigung erfüllt. Findet keine Besichtigung statt, hat der Verkäufer den Energieausweis oder eine Kopie hiervon mit dem Inhalt nach dem Muster der Anlage 6 oder 7 dem potenziellen Käufer unverzüglich vorzulegen; der Verkäufer muss den Energieausweis oder eine Kopie hiervon spätestens unverzüglich dann vorlegen, wenn der potenzielle Käufer ihn hierzu auffordert. Unverzüglich nach Abschluss des Kaufvertrages hat der Verkäufer dem Käufer den Energieausweis oder eine Kopie hiervon zu übergeben. Die Sätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei der Vermietung, der Verpachtung oder dem Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit.“

2.198

Die gut gemeinte Vorschrift schießt vielfach über ihr Ziel hinaus, insbesondere da sie zu wenige Ausnahmen zulässt. Einzig für kleine Gebäude (bis 50 qm Nutzfläche; kleine Wohnungen werden davon nicht erfasst, da es auf das Gesamtgebäude, nicht auf die vertragsgegenständliche Wohnung ankommt) und für Baudenkmäler wird auf den Energieausweis verzichtet, ansonsten muss er vorgelegt und übergeben werden, selbst wenn der Käufer hieran keinerlei Interesse hat (z.B. weil er das Gebäude ohnehin sanieren oder gar abreißen will). Ferner ist der Energieausweis nicht erforderlich bei solchen Objekten, die der EnEV nicht unterliegen, weil sie über keine Heizungsanlage verfügen oder weniger als vier Monate jährlich genutzt werden (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 EnEV).

2.199

Auch ein Verzicht des Käufers auf den Energieausweis ist nach der Neufassung nicht mehr vorgesehen, so dass derartige (wegen Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften unwirksame) Vereinbarungen nicht in den Kaufvertrag aufgenommen werden dürfen.

2.200

Der Verstoß gegen die Vorlage- und Übergabepflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, § 27 Abs. 2 Nr. 4 und 5 EnEV, weshalb ein notarieller Hinweis auf die gesetzlichen Verpflichtungen empfehlenswert ist. Gemäß § 16a EnEV sind bestimmte Angaben 346

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D. Verkäuferpflichten

Rz. 2.205 Kap. 2

zum Energieausweis bereits in einer von einem kommerziellen Makler aufgegebenen Verkaufsanzeige zu machen, anderenfalls droht auch hier eine Ordnungswidrigkeit. Die Energieeinsparverordnung und der Ausweis dienen grundsätzlich nur der Information. Durch die bloße Vorlegung eines Energieausweises wird kaufrechtlich keine Garantie des Verkäufers oder Vermieters übernommen, dass die Angaben des unabhängigen Sachverständigen zutreffend sind. Eine entsprechende Abrede kann selbstverständlich getroffen werden, ist meist jedoch nicht empfehlenswert1. Empfehlenswert ist dennoch eine Vertragsregelung, wonach der Verkäufer, außer bei Vorsatz/ Arglist, keine Haftung für die Richtigkeit des Energieausweises übernimmt. Auch wenn beispielsweise der Verkäufer oder Vermieter einen Auftrag auf Erstellung eines Energieausweises erteilt, so kann hierdurch gleichwohl ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Käufers bzw. Mieter gesehen werden, so dass auch der Mieter bzw. Käufer einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB hat2. Teilweise wird gleichwohl erwogen, beim Verkauf der Immobilie Schadensersatzansprüche des Verkäufers gegen den Aussteller des Energieausweises an einen Käufer abzutreten3.

2.201

Alte Energieausweise nach § 13 EnEV in der bisherigen Fassung, nach § 12 Wärmeschutzverordnung oder nach der deutschen Energieagentur gelten nach Maßgabe des § 29 Abs. 3 Satz 1, 2 EnEV weiter4.

2.202

Bei Wohnungseigentum wird der Energieausweis auf das Gesamtgebäude erstellt, § 17 Abs. 3 Satz 1 EnEV. Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft, die durch den WEG-Verwalter durchzuführen ist. Will ein einzelner Wohnungseigentümer verkaufen und wurde bisher kein Energieausweis erstellt, so hat die Kosten der Erstellung die Eigentümergemeinschaft zu tragen5. Eine dem entgegenstehende Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung verstößt gegen zwingendes Recht und könnte daher gerichtlich angegriffen werden.

2.203

Die Vorlage des Energieausweises sollte keine Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit, sondern für den Vertragsabschluss sein. Liegt dennoch der Ausweis noch nicht vor und macht der Käufer den Vertragsabschluss von einem bestimmten Inhalt des noch zu erstellenden Ausweises abhängig, so könnte ein entsprechendes Rücktrittsrecht vereinbart werden. In der Praxis kommt diese Konstellation nicht vor, da die Beteiligten entweder den Energieausweis kennen oder auf diesen keinen Wert legen.

2.204

Unter bestimmten Umständen werden Investitionspflichten durch die EnEV ausgelöst. Der Notar sollte auf das Erfordernis der Vorlage eines Energieausweises so-

2.205

1 Vgl. dazu Hertel, DNotZ 2007, 486 (494); Bachmayer, BWNotZ 2007, 49 (57). 2 Siehe zu Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter BGH v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, NJW 1995, 392. 3 So Krauß, ZNotP 2007, 202 (205). 4 So auch BR-Drucks. 282/07, S. 146. 5 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 282/07, S. 121.

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347

Kap. 2 Rz. 2.206 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

wie eine möglicherweise bestehende Investitionspflicht aufgrund der EnEV hinweisen, damit die Beteiligten, soweit erforderlich, hierzu Regelungen treffen können.

2.206

M25 Energieausweis Auf die Bestimmungen der EnEV zum Energieausweis und die daraus folgende Vorlagepflicht hat der Notar hingewiesen. Für die Richtigkeit dieses Ausweises haftet der Verkäufer – vorbehaltlich von Vorsatz oder Arglist – nicht.

E. Käuferpflichten Literatur: Amann, Voraussetzungen und Wirkungen der Anfechtung von Grundstückskaufverträgen durch Gläubiger des Verkäufers, DNotZ 2010, 246; Möhrle, Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto – Auslaufmodell oder Maßanzug?, DB 2000, 605.

I. Kaufpreishöhe 2.207

Regelmäßig wird der Kaufpreis als Festpreis (zu den umsatzsteuerlichen Fragestellungen s. Rz. 1.800 ff.) vereinbart. Aus steuerlichen Gründen kann es vorteilhaft sein, den Kaufpreis aufzuteilen in den Anteil des Grund und Bodens, das Gebäude und die sonstigen mitverkauften beweglichen Sachen (s. Rz. 2.33 ff.)

2.208

Vor allem bei Bauplatzverkäufen durch Gemeinden sind im Kaufpreis Bestandteile enthalten, die zwingend gesondert ausgewiesen werden müssen, nämlich dann, wenn bezüglich der Erschließungsbeiträge eine Ablösungsvereinbarung gem. § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB getroffen wird1.

2.209

Durch Vereinbarung eines konkreten Teiles des Kaufpreises, der auf das Gebäude entfällt, lässt sich insoweit der nach § 7 Abs. 4, Abs. 5 EStG abschreibbare Teil des Kaufpreises vom nicht abschreibbaren Teil der Grundstücksanschaffungskosten unterscheiden. Ist die Vereinbarung angemessen, so ist die Finanzverwaltung an diese Vereinbarung gebunden (s. Rz. 1.71)2. Die Finanzverwaltung nutzt ein typisiertes (Schätz-)Verfahren, mit dem bei Fehlen entsprechender Vereinbarungen auf der Basis einer xls-Datei eine Kaufpreisaufteilung vorgenommen oder die vertraglich vereinbarte Aufteilung auf ihre Plausibilität geprüft werden kann3.

1 Vgl. Muster einer solchen Vereinbarung bei Beck’sches Notarhandbuch/Grziwotz6, Abschn. A.XI Rz. 41. 2 BFH v. 16.9.2015 – IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397 = DStR 2016, 33 = DB 2016, 207 = NJW 2016, 591 = RNotZ 2016, 205. 3 Siehe BMF v. 16.2.2016, BeckVerw 324318. Die xls-Datei kann über den Link http:// www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuer arten/Einkommenssteuer/2017-03-01-Berechnung-Aufteilung-Grundstueckskaufpreis.html heruntergeladen werden.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.213 Kap. 2

Ausnahmsweise kommen variable Kaufpreise in Betracht. Der häufigste Anwendungsfall ist der Teilflächenverkauf. Hier wird üblicherweise ein vorläufiger Kaufpreis vereinbart, der sich aus der vorläufig geschätzten Grundstücksgröße, multipliziert mit dem Preis in Euro pro Quadratmeter errechnet. Nach Vorliegen des amtlichen Vermessungsergebnisses ist dann eine Kaufpreisausgleichung durchzuführen, wobei eine ggf. eintretende Mehr- oder Minderfläche mit dem vereinbarten Quadratmeterpreis ausgeglichen wird. Bei Teilflächenverkäufen empfiehlt sich eine solche variable Kaufpreisvereinbarung, sofern nicht mit großer Gewissheit die genaue Flächengröße vorhergesagt werden kann. Zur Vermeidung entsprechender Kaufpreisanpassungspflichten kann selbstverständlich auch eine Vereinbarung getroffen werden, wonach die zu vermessende Fläche eine bestimmte Quadratmeterzahl als Grundstücksgröße ergeben muss.

2.210

Auch in einigen Sondersituationen werden variable Kaufpreise vereinbart, z.B. wenn das künftige Maß der baulichen Nutzung bei Vertragsschluss noch nicht bekannt ist und der Verkäufer an dem möglichen Planungsgewinn beteiligt werden soll oder wenn der Verkäufer sich für den Fall eines gewinnbringenden Weiterverkaufs innerhalb bestimmter Fristen eine Aufzahlung versprechen lässt. In diesen Fällen soll die Eigentumsumschreibung regelmäßig nicht von der Nachzahlung abhängen, sondern diese wird durch ein Grundpfandrecht am Vertragsgegenstand oder über eine (Bank-)Bürgschaft gesichert.

2.211

Die Höhe des Kaufpreises wird zunehmend zu einem Thema, das im Nachgang zum Vertragsabschluss die Gerichte beschäftigt1. Vertragsreuige Parteien versuchen dann, einen für sie wirtschaftlich ungünstigen Vertrag im Nachhinein über das Argument der Sittenwidrigkeit für nichtig erklären zu lassen. Nach ständiger Rechtsprechung kann aus einem objektiv vorhandenen krassen Missverhältnis zwischen dem Wert des Kaufgegenstandes und dem gezahlten Kaufpreis eine Vermutung für die nach § 138 BGB missbilligte verwerfliche Gesinnung des Begünstigten abgeleitet werden2. Die Grenze ist hierbei überschritten, wenn der Wert einer Leistung nahezu das Doppelte der Gegenleistung erreicht3.

2.212

II. Kaufpreisfälligkeit 1. Überblick Die Fälligkeitsvoraussetzungen sind das Kernstück eines jeden Grundstückskaufvertrages4. Sie beinhalten die wichtigste Sicherung für den Käufer. Da der Käufer das zivilrechtliche Eigentum erst zu einem späteren Zeitpunkt und nicht Zug um Zug

1 Vgl. die Bestandsaufnahme von Jung, ZGS 2005, 95. 2 BGH v. 19.1.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 (301) = NJW 2001, 1127 = DB 2001, 916 = ZNotP 2001, 351; v. 5.3.2010 – V ZR 60/09, ZfIR 2010, 587 = ZNotP 2010, 303. 3 Krauß, notar 2012, 317. 4 Siehe Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 569 ff.

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2.213

Kap. 2 Rz. 2.214 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

gegen Zahlung erhält (vgl. Rz. 2.111), soll er zur Vermeidung einer ungesicherten Vorleistung erst dann zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sein, wenn sein Erwerb rechtlich gesichert ist, d.h. nicht mehr durch den Verkäufer oder durch Dritte gestört oder verhindert werden kann. Aus diesem Grunde werden bestimmte Voraussetzungen vereinbart, an die die Kaufpreiszahlungspflicht des Käufers anknüpft. 2. Vormerkung

2.214

Der Käufer muss üblicherweise erst zahlen, wenn die Auflassungsvormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen ist (vgl. Rz. 2.126). Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Auflassungsvormerkung die richtige Rangstelle hat. Der Käufer ist hinreichend gesichert, wenn die Vormerkung Rang hat nach den im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bekannten Grundbucheintragungen und solchen, die mit Zustimmung des Käufers bestellt wurden. Gleichzeitig kann die Rangstelle nach in der Zwischenzeit eingetragenen Rechten, denen der Käufer nicht zugestimmt hat, dann ebenso für die Fälligkeit genügen, wenn für diese anderen Rechte Löschungsbewilligungen oder Freigabeerklärungen in grundbuchmäßig vollziehbarer Weise vorliegen und eventuelle Verwendungsauflagen aus dem Kaufpreis erfüllt werden können. Dies gilt richtigerweise nicht nur für solche Rechte, die im Rang vor der Vormerkung eingetragen sind, sondern auch für solche, die zwar nach der Vormerkung, aber vor Eintritt der Kaufpreisfälligkeit eingetragen worden sind: Die zivilrechtlichen Möglichkeiten des Käufers, solche Belastungen als „vormerkungswidrig“ löschen zu lassen, entbinden den Verkäufer nicht von seiner Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Eigentums. 3. Gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde

2.215

Bei den meisten Grundstückskaufverträgen hat die örtlich zuständige Gemeinde zumindest theoretisch ein Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB. Erst wenn die Gemeinde eine Erklärung in grundbuchmäßiger Form abgegeben hat, ob sie von diesem Vorkaufsrecht Gebrauch macht oder nicht, ist der Erwerb des Käufers insoweit gesichert. Erst ab Vorlage einer entsprechenden Erklärung kann auch die Grundbuchumschreibung auf den Käufer erfolgen, da vorher eine Grundbuchsperre gilt, § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB. Aus diesem Grund sollte auch das Vorliegen dieser Vorkaufsrechtsbestätigung oder eines entsprechenden Negativzeugnisses als Voraussetzung der Fälligkeit vereinbart werden.

2.216

Da Gemeinden zunehmend die Übersendung dieses Zeugnisses davon abhängig machen, dass die dafür anfallende (i.d.R. vom Käufer zu tragende) Gebühr bezahlt ist, sollte die Kaufpreisfälligkeit nicht von der somit im Belieben des Käufers stehenden Übersendung des Zeugnisses, sondern von seiner Ausstellung abhängen.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.220 Kap. 2

M26 Vorkaufsrechtszeugnis

2.217

Das zur Eigentumsumschreibung erforderliche Vorkaufsrechtszeugnis nach dem Baugesetzbuch liegt dem Notar ohne Bedingungen und Auflagen vor; eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Stelle, wonach das Vorkaufsrechtszeugnis erteilt wurde und sein Versand nur noch von der Zahlung der dafür bei der Gemeinde anfallenden Gebühr abhängig ist, ist insofern jedoch ausreichend.

2.218

Das gemeindliche Vorkaufsrecht ist nach § 26 BauGB ausgeschlossen, wenn – der Eigentümer das Grundstück an seinen Ehegatten oder an eine Person verkauft, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt ist, – das Grundstück von einem öffentlichen Bedarfsträger für Zwecke der Landesverteidigung, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Polizei oder des Zivilschutzes oder von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts für Zwecke des Gottesdienstes oder der Seelsorge gekauft wird oder – auf dem Grundstück Vorhaben errichtet werden sollen, für die ein in § 38 BauGB genanntes Verfahren eingeleitet oder durchgeführt worden ist, oder – das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel i.S.d. § 177 Abs. 2, 3 BauGB aufweist. Soweit dies eindeutig aus dem Vertrag erkennbar ist, bedarf es auch keines Nachweises der Nichtausübung des Vorkaufsrechts beim Grundbuchamt. Das Gleiche gilt beim Verkauf von Miteigentumsanteilen zwischen Miteigentümern1. Beim Verkauf von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten sowie beim Verkauf von Erbbaurechten besteht kein gemeindliches Vorkaufsrecht (§ 24 Abs. 2 BauGB). Dies gilt richtigerweise auch dann, wenn sämtliche Einheiten in einem Vertrag verkauft werden, so dass der Vertrag wirtschaftlich das gesamte Grundstück betrifft2.

2.219

4. Weitere Vorkaufsrechte Sind dingliche Vorkaufsrechte im Grundbuch eingetragen oder hat ein eventueller Mieter ein Mietervorkaufsrecht nach § 577 BGB, so sollte die entsprechende Negativerklärung oder zumindest der Fristablauf, ohne dass ein Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, zur Fälligkeitsvoraussetzung erhoben werden. Anderenfalls können erhebliche Rückabwicklungsprobleme bestehen, wenn der Käufer zunächst den Kaufpreis bezahlt und nach der Kaufpreiszahlung feststellt, dass ein vorrangiger Vorkaufs1 BayObLG v. 19.9.1985 – BReg 2 Z 90/85, DNotZ 1986, 223. 2 OLG Hamm v. 14.12.2011 – 15 W 476/11, MDR 2012, 273 = ZWE 2012, 129 = DNotZ 2012, 376.

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2.220

Kap. 2 Rz. 2.221 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

berechtigter den Grundbesitz erhalten wird. Die Rückzahlungsforderung des Erstkäufers ist in diesen Fällen meist nicht gesichert; auch die Vormerkung bietet ihm bei dinglichen Vorkaufsrechten keinen Schutz, da das Vorkaufsrecht selbst kraft Gesetzes „Vormerkungswirkung“ entfaltet und daher nach Eintritt des Vorkaufsfalles (= Abschluss des Kaufvertrages) eingetragene Belastungen dem Vorkaufsberechtigten gegenüber relativ unwirksam sind.

2.221

Zu beachten sind auch bundes- und landesrechtliche gesetzliche Vorkaufsrechte, für welche die vorstehenden Ausführungen entsprechend gelten1. Der praktisch wichtigste Fall ist hier das Vorkaufsrecht nach § 66 BNatSchG und den entsprechenden Landesgesetzen. Für das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG ist eine vertragliche Regelung im Kaufvertrag nicht erforderlich, da dessen Ausübung/Nichtausübung sich bereits aus der Mitteilung der Genehmigungsbehörde nach dem GrdstVG ergibt.

2.222

Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass der Vorkaufsberechtigte sein Recht immer auch gegenüber dem Verkäufer selbst ausüben kann; die Begründung einer verdrängenden Empfangszuständigkeit durch den Notar ist nicht möglich. Daher kann der Notar auch nicht überwachen, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, sondern lediglich, dass ihm der Verkäufer die Nichtausübung versichert hat. Entsprechend muss auch die Fälligkeitsvoraussetzung formuliert werden.

2.223

Ist ein dingliches Vorkaufsrecht für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt, so scheidet dessen Löschung mit Vollzug des Vertrages regelmäßig aus. Besteht das Vorkaufsrecht nur für diesen Verkaufsfall, so führt seine Nichtausübung gleichwohl nicht automatisch zur Löschung des Rechts im Grundbuch, weil die Tatsache der Nichtausübung dem Grundbuchamt nicht in der geforderten Form nachgewiesen werden kann. Es bedarf daher stets noch einer Bewilligung des Berechtigten, wobei der Vertrag eine Regelung darüber treffen sollte, welcher Vertragsteil dafür zuständig ist, diese (notfalls im Klagewege) zu erwirken. 5. Genehmigungen

2.224

Bedarf der Grundstückskaufvertrag weiterer Genehmigungen wie der Sanierungsgenehmigung nach § 144 BauGB oder nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, so sollte der Kaufpreis erst nach Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages und Vorliegen entsprechender Genehmigungszeugnisse bzw. Negativatteste, dass keine entsprechende Genehmigung erforderlich ist, fällig werden.

1 Zu weiteren, insbesondere landesrechtlichen Vorkaufsrechten insbesondere bei Fischereirechten, nach dem Naturschutzgesetz, dem Denkmalschutzgesetz, Waldgesetzen und dergleichen s. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 465 und zu bundesrechtlichen Vorkaufsrechten ebendort, Rz. 461. Vgl. auch Grziwotz in Grziwotz/Everts/Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 1217 f.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.227 Kap. 2

Wichtige weitere öffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse sind1:

2.225

– Teilungsgenehmigung nach den Landesbauordnungen in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Saarland (relevant für den Teilflächenkauf); – Genehmigungserfordernis bei Umlegungsgebieten gem. § 51 BauGB2. – Genehmigung bei städtebaulichen Entwicklungsgebieten, § 169 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 144 BauGB; – § 2 GrdstVG3; – Art. 1 Bayr. Almgesetz bei Veräußerung von Almgrundstücken; – § 2 Grundstücksverkehrsordnung für Veräußerung von Grundstücken oder Sondereigentumseinheiten nach dem WEG sowie Erbbaurechten in den neuen Bundesländern4. Eine besondere Bedeutung haben die betreuungsgerichtliche, familiengerichtliche und nachlassgerichtliche Genehmigung5. Für sie gilt die Besonderheit, dass die bloße Erteilung der Genehmigung noch nicht zur Wirksamkeit des Vertrages führt, sondern erst die Mitteilung des Vormunds, Betreuers, Pflegers an den anderen Vertragsteil, § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dementsprechend sollte die Fälligkeit erst mit der Wirksamkeit des Vertrages, also mit dem Zugang der Mitteilung beim anderen Vertragsteil eintreten. Zudem ist zu beachten, dass der Vertrag nur wirksam wird, wenn zum Zeitpunkt der Mitteilung der Genehmigung das entsprechende Betreuungsverhältnis noch besteht, d.h. der Betreute noch am Leben ist und der Betreuer sein Amt nicht durch Niederlegung oder Abberufung verloren hat.

2.226

6. Lastenfreistellung Wichtigste Fälligkeitsvoraussetzung neben der Eintragung der Vormerkung zugunsten des Käufers ist in der Regel die Sicherung der Lastenfreistellung6. Als Voraussetzung für die Fälligkeit sollte daher vereinbart werden, dass der Käufer erst dann zur Zahlung verpflichtet ist, wenn im Grundbuch eingetragene Belastungen, die nicht vom Käufer übernommen werden, entweder gelöscht sind oder dem Notar alle Unterlagen in grundbuchmäßiger Form vorliegen, damit diese zur Löschung am Vertragsgegenstand gelangen können. Soweit der Verkäufer insbesondere bei Grundpfandrechten noch offene Verbindlichkeiten bei dem Grundpfandrechtsgläubiger 1 Siehe Beck’sches Notarhandbuch/Hagemann6, A I Rz. 78 ff.; Grziwotz in Grziwotz/Everts/ Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 1184. 2 Dies wird nach § 54 Abs. 1 Satz 2 BauGB durch einen Umlegungsvermerk im Grundbuch vermerkt; auch ohne entsprechenden Eintrag gilt jedoch das Zustimmungserfordernis. 3 Siehe zu den landesrechtlichen Freigrenzen bei Kleinflächen Grziwotz in Grziwotz/Everts/ Heinemann/Koller, Grundstückskaufverträge2, Rz. 1199 Fn. 1143; Beck’sches Notarhandbuch/Hagemann6, A I Rz. 63. 4 Siehe dazu ausführlich Würzburger Notarhandbuch/Salzig4, Teil 2 Kap. X. 5 Vgl. Beck’sches Notarhandbuch/Hagemann6, A I Rz. 73. 6 Kemp, RNotZ 2004, 460; Schilling, RNotZ 2005, 41; Reithmann, ZNotP 2004, 319.

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353

2.227

Kap. 2 Rz. 2.228 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

hat, sollte vereinbart werden, dass nur solche Auflagen vertragskonform sind, die aus dem Kaufpreis weggefertigt werden können. Die Auflagen dürfen insgesamt nicht höher sein als der Gesamtbetrag des Kaufpreises. Für den Fall entsprechender Auflagen sollte als Inhalt des Zahlungsanspruches (im Wege eines unechten Vertrages zugunsten Dritter) vereinbart werden, dass der Käufer nur mit schuldbefreiender Wirkung an die entsprechenden Auflagengläubiger zahlen darf. Der Käufer muss diese Auflage unbedingt beachten, da ansonsten die Lastenfreistellung nicht gesichert ist. Die Treuhandauflagen der Gläubiger können von den Gläubigern nach Erteilung der notariellen Fälligkeitsmitteilung nicht mehr einseitig widerrufen werden1.

2.228

In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, dass die Kaufpreisfälligkeit bereits eintritt, bevor alle Unterlagen zur Lastenfreistellung vorliegen. Dies ist v.a. dann der Fall, wenn bei eingetragenen Briefgrundschulden der Grundschuldbrief abhandengekommen ist. Das zur Löschung einer solchen Grundschuld erforderliche Aufgebotsverfahren nimmt ca. sechs Monate in Anspruch, was die Abwicklung des Kaufvertrages unnötig blockiert, insbesondere wenn die Grundschuldsumme im Verhältnis zum Kaufpreis eher unbedeutend ist. In einem solchen Fall empfiehlt sich die Regelung, dass der Käufer nach Eintritt der übrigen Fälligkeitsvoraussetzungen den Kaufpreis bis auf einen Einbehalt zahlt. Der Einbehalt ist fällig nach Löschung der Briefgrundschuld. Besitz, Nutzungen und Lasten gehen mit Wirkung ab Zahlung des ersten Kaufpreisteilbetrages auf den Käufer über, die Eigentumsumschreibung findet erst nach der Zahlung des letzten Teilbetrages statt. Der Einbehalt sollte der Höhe nach so bemessen sein, dass er zur dinglichen Ablösung der Grundschuld ausreicht, also den Nennbetrag der Grundschuld samt Nebenleistung sowie nicht verjährte Grundschuldzinsen umfassen.

2.229

Immer wieder kommt es vor, dass dem Notar Treuhandauflagen von Gläubigern erteilt werden, die befristet sind. Die bloße Befristung als solche ist unschädlich. Die Befristung muss jedoch über den Zeitpunkt hinaus reichen, bis zu dem der Käufer nach der vertraglichen Vereinbarung im Kaufvertrag gezahlt haben muss. Im Übrigen sollte der Notar bei entsprechenden Befristungen den Käufer darauf hinweisen, dass die Lastenfreistellung nur gesichert ist, wenn der Kaufpreis bis zu einem bestimmten Datum (Ende der Befristung) beim Verkäufer und dessen Gläubigern eingegangen ist. Soweit er bis zu diesem Datum nicht gezahlt haben sollte, darf der Käufer aus Gründen der eigenen Sicherung nicht mehr zahlen2. Auf den Zeitpunkt des Fristablaufs sollte dann eine Fristverlängerung beim Gläubiger beantragt werden, damit die Sicherung der Lastenfreistellung wieder eintritt.

1 Siehe auch BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 427/98, MDR 2002, 403 = NJW 2002, 1346 = ZfIR 2002, 128 = DNotZ 2002, 269; Hertel in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf11, Rz. 585; Beck’sches Notarhandbuch/Amann6, A I Rz. 101; Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 548. 2 Vgl. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 156.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.234 Kap. 2

7. Räumung Sollte der Verkäufer den Vertragsgegenstand noch selbst benutzen oder sollte er sich verpflichtet haben, noch für die Beendigung eines bestehenden Mietverhältnisses zu sorgen, so sollte als weitere Fälligkeitsvoraussetzung die vertragsgemäße Räumung des Vertragsgegenstandes vereinbart werden. Die Überwachung dieser Voraussetzung wird vernünftigerweise nicht vom Notar übernommen, sondern von den Beteiligten selbst. Wichtig ist dabei, dass dennoch ein klarer Abwicklungsrahmen vorgegeben wird, der insbesondere dazu führt, dass der Verkäufer nach Ablauf einer bestimmten Frist automatisch in Verzug kommt.

2.230

M27 Kaufpreisfälligkeit: Räumung

2.231

Weitere, vom Notar nicht zu prüfende Fälligkeitsvoraussetzung ist die vertragsgemäße Räumung des Vertragsgegenstandes. Diese hat der Verkäufer dem Käufer in Textform mitzuteilen. Der Kaufpreis muss innerhalb von fünf Bankarbeitstagen gutgeschrieben sein, nachdem der Käufer in vorstehend genannter Form über die Räumung informiert wurde und außerdem der Verkäufer dem Käufer Gelegenheit gegeben hat, sich von der vertragsgemäßen Räumung zu überzeugen, nicht jedoch vor dem unter … (Fälligkeitsmitteilung des Notars) genannten Zeitpunkt.

Vertraglich vereinbarte Räumungstermine liegen oft recht weit in der Zukunft. Die vorstehende Klausel stellt es dem Verkäufer frei, auch zu einem früheren Zeitpunkt zu räumen, wodurch der Kaufpreis zeitiger fällig wird. Ist dies (v.a. seitens des Käufers) nicht gewünscht, so kann dem Rechnung getragen werden durch Vereinbarung eines frühestmöglichen Fälligkeitstermins oder einer Vorankündigungsfrist.

2.232

III. Fälligkeitsmitteilung Die Beteiligten des Kaufvertrages haben regelmäßig keine Kenntnis des Umstandes, dass alle für den Vertragsvollzug und die Fälligkeit erforderlichen Tatsachen eingetreten sind. Deshalb wird regelmäßig der Notar beauftragt, den Beteiligten den Eintritt der von ihm herbeizuführenden Fälligkeitsvoraussetzungen mitzuteilen. Außerhalb der Sphäre des Notars liegende Fälligkeitsvoraussetzungen wie die Räumung des Vertragsgegenstandes durch einen Mieter teilt der Notar hingegen regelmäßig nicht mit. Davon muss der Käufer sich vor der Zahlung selbst überzeugen.

2.233

Strittig ist immer wieder, ob der Eintritt der Fälligkeit von der bloßen Absendung der Fälligkeitsmitteilung oder vom Zugang dieser Mitteilung beim Käufer abhängen soll. Eine Fälligkeitsmitteilung ohne Zugang soll nach Ansicht des BGH auch dann keine Fälligkeit auslösen, wenn der Notar gezielt nur auf die Absendung abstellt; die so bezweckte Beweislastumkehr akzeptiert der BGH1 nicht. Der Beweis könne kaum erbracht werden, da der Käufer den Beweis einer negativen Tatsache erbrin-

2.234

1 BGH v. 26.11.2004 – V ZR 119/04, MittBayNot 2005, 395 m. Anm. Lichtenwimmer.

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Kap. 2 Rz. 2.235 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

gen müsse, was er aber nicht könne. Weiteres Erfordernis sei daher stets der Zugang. Dies ist das Ergebnis einer Auslegung durch den BGH. Wer dennoch das gegenteilige Ziel erreichen will, muss ausdrücklich klarstellen, dass es auf den Zugang der Erklärung beim Käufer nicht ankomme. Die unten dargestellte Musterformulierung verzichtet nicht auf den Zugang der Fälligkeitsmitteilung beim Käufer, stellt jedoch für die Fristberechnung aus Gründen der Vereinfachung (und Transparenz für den Verkäufer) auf den Tag der Absendung ab.

2.235

Verzug setzt im Übrigen stets Verschulden voraus. Daran scheitert es, wenn der Käufer nachweisen kann, die Post nicht erhalten zu haben.

2.236

Im Kaufvertrag sollte klargestellt werden, in welcher Weise der Notar die Fälligkeitsmitteilung versenden soll1, anderenfalls ist strittig, ob den Notar eine Pflicht trifft, ein Einschreiben zu versenden2. Der Versand per Einschreiben hat für den Verkäufer den Vorteil, dass der Zugang besser nachgewiesen werden kann. Ein Übergabeeinschreiben oder Einschreiben mit Rückschein verzögert die Übermittlung und erweist sich als nachteilig, wenn der Empfänger nicht angetroffen wird und das Einschreiben nicht abholt. Dieser Nachteil wird bei einem Einwurfeinschreiben vermieden. Zwar gehen die Gerichte davon aus, dass die elektronische Auslieferungsbestätigung, die beim Einwurfeinschreiben generiert wird, keinen Zugangsnachweis vermittelt3. Dies dürfte jedoch nicht auf solche Fälle übertragbar sein, in denen sich die Parteien vertraglich auf diesen Weg der Übermittlung geeinigt haben.

2.237

Wenn per Einschreiben mit Rückschein versandt wird, sollte der Rücklauf des Rückscheins auch überwacht werden, anderenfalls könnte darin eine haftungsbegründende Sorgfaltspflichtverletzung zu sehen sein.

2.238

Ferner muss die Vereinbarung erkennen lassen, ob die Fälligkeitsmitteilung des Notars konstitutive Wirkung haben soll, wobei die Fälligkeit ohne diese Mitteilung gar nicht eintreten kann, oder ob die Mitteilung nur deklaratorisch ist, also lediglich den Nachweis des Fälligkeitseintritts ermöglicht.

2.239

M28 Fälligkeitsmitteilung (deklaratorisch) a) Der Kaufpreis muss innerhalb von zehn Tagen gutgeschrieben sein, nachdem der Vollzug dieses Vertrages wie folgt gesichert ist [… folgen Fälligkeitsvoraussetzungen] b) Der Notar soll dem Käufer das Vorliegen dieser Voraussetzungen und den Inhalt von (etwaigen) Zahlungsauflagen durch Einwurf-Einschreiben mitteilen; der Verkäufer erhält von dieser Mitteilung eine Abschrift.

1 Siehe DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2007, 84 f. 2 LG Traunstein v. 9.2.1994 – 3 O 4935/93, MittBayNot 1995, 244; Bous, RNotZ 2005, 100 Fn. 4. Einfacher Brief genügt, s. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Rz. 295. 3 OLG Koblenz v. 28.1.2005 – 11 WF 1013/04, OLGR Koblenz 2005, 869.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.242 Kap. 2

c) Die unter a) bestimmte Frist beginnt: – mit dem Datum der Absendung des in lit. b) genannten Schreibens (dessen unverzüglichen Zugang beim Käufer vorausgesetzt) spätestens jedoch – mit dem Tag der Kenntniserlangung, wenn der Käufer auf andere Weise vom Vorliegen der Voraussetzungen erfährt.

IV. Verzug und Verzinsung des Kaufpreises Bei Schaffung des heutigen § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB hatte der Gesetzgeber Gestaltungen wie die einer notariellen Fälligkeitsmitteilung durchaus vor Augen. Nach dem geltenden Recht tritt nach Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist nach Fälligkeitsmitteilung kraft Gesetzes Schuldnerverzug ein, ohne dass es einer Mahnung bedarf, sofern nicht dem Schuldner der Entlastungsbeweis nach § 286 Abs. 4 BGB gelingt. Die Regelung des § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist sowohl bei einer deklaratorischen als auch bei einer konstitutiven Fälligkeitsmitteilung durch den Notar anwendbar. Denn der Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen bzw. dessen Mitteilung ist das Ereignis, an den der Fristablauf automatisch den Verzugseintritt anknüpft. Eine unangemessen kurze Frist setzt eine angemessene Frist in Lauf. Die Höhe des Zinssatzes beträgt gem. § 288 BGB bei Beteiligung eines Verbrauchers am Vertrag (egal auf welcher Vertragsseite) 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB und bei Nichtbeteiligung eines Verbrauchers 9 % darüber.

2.240

Angesichts der weitreichenden gesetzlichen Verzugsfolgen empfiehlt sich im Vertrag ein Hinweis auf die Rechtslage, ohne dass dadurch dem Schuldner der Entlastungsbeweis nach § 286 Abs. 3 BGB genommen wird:

2.241

M29 Hinweis auf Verzugseintritt

2.242

Dem Käufer ist bekannt, dass regelmäßig Zahlungsverzug eintritt, wenn der Kaufpreis zum Fälligkeitstermin nicht gutgeschrieben ist. Die gesetzlichen Verzugsfolgen hat der Notar erläutert.

2.243–2.260

Einstweilen frei.

V. Abwicklung über Notaranderkonto Literatur: Brambring, Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto: Nur als Maßanzug kein Auslaufmodell, DB 2000, 1319; Burhoff, Rechtsfragen um das Notaranderkonto, NWB Fach 30, S. 1337; v. Campe, Der Widerruf des Treuhandauftrages des finanzierenden Kreditinstitutes bei Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto, NotBZ 2001, 208; Franken, Rechtsprobleme nach Kaufpreishinterlegung auf Notaranderkonto beim Grundstückskauf, RNotZ 2010, 597; Heinemann, Schriftform der Verwahrungsanweisung, ZNotP 2002, 104; Lerch, Die notarielle Verwahrungstätigkeit, NJW 1998, 3697; Möhrle, Kaufpreisabwicklung über Notar-

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357

Kap. 2 Rz. 2.261 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht anderkonto – Auslaufmodell oder Maßanzug, DB 2000, 605; Reithmann, Mehrseitige Treuhandverfahren beim Grundstücksverkauf – Kaufpreisfinanzierung über Notar-Anderkonto, NotBZ 1999, 57; Reithmann, Notarielle Verwahrung bei der Finanzierung des Grundstückskaufs, WM 2002, 683; Wehrstedt, Zum Begriff der Sicherstellung in Treuhandauflagen, ZNotP 2002, 461; Weingärtner, Berechtigtes Sicherungsinteresse i.S.d. § 54a Abs. 2 BeurkG, DNotZ 1999, 393.

2.261

Gemäß § 23 Satz 1 BNotO ist der Notar auch befugt, Verwahrungsgeschäfte durchzuführen. Seit dem 8.9.19981 ist das Verwahrungsverfahren für den Notar in den §§ 54a bis 54e BeurkG (heute: §§ 57 ff. BeurkG) geregelt. Ziel des Gesetzgebers war es, die Häufigkeit von Grundstückskaufverträgen, die über ein Notaranderkonto abgewickelt werden, zurückzudrängen. Deswegen darf der Notar nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 BeurkG eine Verwahrung nur dann durchführen, wenn ein berechtigtes Sicherungsinteresse der Beteiligten besteht2. Dies ist nicht subjektiv, sondern objektiv zu beurteilen3. Die wichtigsten Fallgruppen, in denen ein solches berechtigtes Sicherungsinteresse von der h.M. bejaht wird, sind gegeben, – wenn eine vorzeitige Besitzübergabe vor Kaufpreisfälligkeit stattfinden soll; – wenn die Vormerkung erst zur Eintragung ins Grundbuch gelangen soll, wenn der Käufer bezahlt hat, weil anderenfalls das Risiko der Eintragung der Vormerkung im Grundbuch als zu groß angesehen wird; – wenn mehrere Käufer Teile aus einem Gesamtobjekt erwerben, wobei jeder Käufer nur für seinen Kaufpreisanteil haftet, der Vertrag aber nach dem Willen des Verkäufers nur abgewickelt werden soll, wenn alle Käufer ihren Kaufpreis zahlen (Weiterleitung an den Verkäufer, wenn alle Käufer eingezahlt haben); – wenn Gläubiger abzulösen sind, deren Existenz und Vertretungsverhältnisse u.U. nicht mit Sicherheit grundbuchtauglich nachgewiesen werden können (in diesem Fall fließt das Geld erst an den Gläubiger, wenn das Recht tatsächlich gelöscht ist; dieser wird aber die Löschung nur bewilligen, wenn die anschließende Zahlung durch die Hinterlegung gesichert ist); – wenn ein freihändiger Verkauf nach Anordnung eines Zwangsversteigerungsverfahrens vorliegt oder aufgrund einer besonders großen Zahl von Gläubigern die direkte Kaufpreiszahlungsabwicklung für den Käufer zu mühsam wäre4; in diesen Fällen sind außerdem die Gläubiger häufig erst bereit, die Löschungsunterlagen auszustellen, wenn der Notar die Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Anderkonto bestätigt.

2.262

Bei der Durchführung von Verwahrungsgeschäften ist besondere Sorgfalt anzuwenden. Die Verwahrungsanweisung bedarf beim Grundstückskaufvertrag der notariellen Beurkundung gem. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB. Ab dem Jahr 2020 sind Verwah1 Siehe Art. 2 Nr. 6, 13 des Dritten Ges. zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze v. 31.8.1998, BGBl. I 1998, 2585 (BNotOuaÄndG 3). 2 Beck’sches Notarhandbuch/Tönnies6, A I Rz. 751. 3 BT-Drucks. 13/4184, S. 37 f. 4 Siehe auch Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 608 ff.

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E. Käuferpflichten

Rz. 2.267 Kap. 2

rungsverzeichnisse im Rahmen des neu geschaffenen Elektronischen Urkundenarchivs zu führen (§ 59a BeurkG). Die Verwahrungsanweisung sollte so klar als möglich dem Notar vorgeben, wann der Notar welche Beträge an wen auszukehren hat. Insbesondere die Definition der Auszahlungsvoraussetzungen ist mit besonderer Sorgfalt zu formulieren. Überweisungen vom Notaranderkonto auf eigene Konten des Notars sollten wegen des „schlechten Anscheins“ auch in den Fällen unterbleiben, in denen das Gesetz dies ausdrücklich zulässt – insbesondere zur Deckung der eigenen Notarkosten. Ausnahmen sind allerdings gerechtfertigt, wenn die Hinterlegung auch den Zweck verfolgt, den anderen Vertragsteil vor seiner Mithaftung für Notarkosten zu schützen. Die Zuordnung der ggf. während der Verwahrung erzielten Zinsen ist ebenso zu regeln. Dem Notar sollten ferner in der Verwahrungsanweisung klare Vorgaben dafür gemacht werden, ob er die hinterlegten Gelder (sobald entsprechende Bankangebote wieder existieren) verzinslich anlegen soll oder die bloße Verwahrung auf einem Girokonto genügt. Bei Verträgen mit kurzer Abwicklungszeit genügt in der Regel letzteres. Schließlich sollte die Klausel eine Rückzahlung vorsehen, wenn die Auszahlungsvoraussetzungen nicht in vertretbarer Zeit eingetreten sind, damit eine „ewige Hinterlegung“ vermieden wird.

2.263

Eindeutig vereinbart werden sollte, dass alle Verwahrungsanweisungen an den Notar zwischen den Vertragsteilen bindend getroffen sind und nur durch einvernehmliche Anweisung der Notar hiervon abweichen darf.

2.264

Die Verwahrungsanweisung sollte der Notar genauestens einhalten. Auslegungen, die vom Wortlaut abweichen werden in der Regel von der Rechtsprechung nicht geduldet. Hier droht schnell eine Strafbarkeit nach § 266 StGB.

2.265

Der Widerruf der Verwahrungsanweisungen ist in § 60 BeurkG geregelt.

2.266

Besondere Probleme können bei der Abwicklung die Treuhandaufträge darstellen, die die Gläubigerbanken dem Notar geben. Insoweit sei auf die Spezialliteratur verwiesen1. Besondere Probleme können sich bei Leistungsstörungen ergeben, da dann das Geld auf dem Notaranderkonto liegt und um dessen Aus- bzw. Rückzahlung zu prozessieren ist2. In Zweifelsfällen kann der Notar eine Zahlung ankündigen und so dem anderen Vertragsteil die Möglichkeit eröffnen, hiergegen nach § 15 BNotO vorzugehen. Ein Formulierungsvorschlag findet sich beispielsweise bei Hertel3.

2.267

2.268–2.275

Einstweilen frei.

1 Siehe nur Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Rz. 714 ff. m.w.N. 2 Beck’sches Notarhandbuch/Tönnies6, A I Rz. 806 ff. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 639 ff.

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Kap. 2 Rz. 2.276 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

F. Öffentliche Beiträge und Abgaben Literatur: Grziwotz, Verträge im Zusammenhang mit Baulandausweisungen und Bauplatzveräußerungen – Übersicht über neue Gerichtsentscheidungen, MittBayNot 2010, 356; Grziwotz, Die BGB-Ablösung – Erschließungskostenregelung beim Bauplatzverkauf durch Gemeinden, BauR 2008, 471; Schmitt, Aktuelle Entwicklungen zum Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, KommJur 2016, 86.

Für die Kaufvertragsgestaltung spielt die Verteilung öffentlicher Abgabepflichten zwischen den Kaufvertragsparteien eine bedeutende Rolle. Insbesondere bei Baugrundstücken in strukturschwachen Gebieten kommt es häufig vor, dass die gemeindlichen Erschließungs- und Anliegerbeiträge den Wert des (unerschlossenen) Bauplatzgrundstückes übersteigen. Hier ist zwischen wiederkehrenden öffentlichen Lasten (insbesondere Grundsteuer) und außerordentlichen Lasten zu unterscheiden.

I. Regelungsgehalt des § 436 BGB 2.276

Die Verteilung öffentlicher Lasten zwischen den Vertragsparteien eines Kaufvertrages ist gesetzlich in § 436 Abs. 1 BGB folgendermaßen geregelt: „Soweit nichts anderes vereinbart, ist der Verkäufer eines Grundstücks verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld.“

2.277

Nach § 436 BGB hätte der Verkäufer auch solche Erschließungskosten zu tragen, die im Zeitpunkt des Verkaufs gerade erst begonnen wurden, sich aber noch über mehrere Jahre bis zur Fertigstellung hinziehen. Der Verkäufer ist in diesen Fällen nie in den Genuss der Erschließungsmaßnahmen gelangt, sondern nur der Käufer. Diese Regelung wird daher überwiegend als missglückt betrachtet. Die Formulierung „das Grundstück ist erschlossen“, sollte im Normalfall vermieden werden, da sie nichts über die Abrechnungssituation aussagt, sondern in erster Linie Auskunft über die tatsächliche Herstellung der Erschließungsanlagen gibt. Die Regelung des § 436 BGB kann auch in AGB-Verträgen abbedungen werden, da in dieser Norm kein gesetzliches Leitbild zu sehen ist1. Siehe zu den steuerlichen Folgen Rz. 1.61 ff., 1.564 ff., 1.718 ff.

2.278

Die gesetzliche Regelung des § 436 Abs. 1 BGB führt darüber hinaus zu einer ungesicherten Vorleistung des Käufers: Dieser zahlt an den Verkäufer den Preis für das erschlossene Grundstück. Rechnet zu einem späteren Zeitpunkt die Gemeinde die Erschließungsmaßnahme ab, so haftet hierfür kraft öffentlichen Rechts wiederum der Käufer als neuer Grundstückseigentümer (§ 134 BauGB). Kann er die Erstattung beim Verkäufer nicht mehr erlangen, so zahlt der die Erschließung in der Sache doppelt2. 1 Ebenso BT-Drucks. 14/6040, S. 219; vgl. auch Palandt/Weidenkaff76, § 436 BGB Rz. 4. 2 Zu den notariellen Belehrungspflichten vgl. BGH v. 17.1.2008 – III ZR 136/07, MDR 2008, 473 = NJW 2008, 1321 = DB 2008, 1796 = ZfIR 2008, 247 = DNotZ 2008, 280.

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F. Öffentliche Beiträge und Abgaben

Rz. 2.281 Kap. 2

Bezüglich sonstiger öffentlicher Lasten bestimmt § 436 Abs. 2 BGB, dass der Verkäufer insoweit nicht für die Freiheit von nicht eintragungsfähigen Lasten haftet. Auch diese Regelung entspricht nicht dem Interesse der Vertragsparteien. Im Innenverhältnis wird üblicherweise vereinbart, dass wiederkehrende öffentliche Lasten zum Zeitpunkt des Besitzüberganges auf den Käufer übergehen. Gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. § 10 GrStG ist Steuerschuldner derjenige, dem das Grundstück bei Jahresbeginn zuzurechnen ist, mithin für das Jahr des Verkaufs der Verkäufer, so dass die Steuer für die Zeit ab Besitzübergang bis zum Jahresende vom Käufer an den Verkäufer zu erstatten ist. Gemäß § 12 GrStG ist die Grundsteuer eine öffentliche Last am Grundbesitz, so dass auch der Käufer als Rechtsnachfolger (dinglich) für die Zahlung evtl. Außenstände aus der Zeit des Verkäufers haftet. Hierzu wird vertraglich meist vorgesehen, dass der Verkäufer (abweichend von § 436 Abs. 2 BGB) für die Freiheit von Rückständen an öffentlichen Lasten aus der Zeit bis zum Besitzübergang haftet. Ist der Verkäufer zahlungsunfähig, hilft dieser Regressanspruch dem Käufer allerdings nicht weiter; es obliegt ihm also im eigenen Interesse, hierzu im Vorfeld (mit Zustimmung des Verkäufers) eine Auskunft der Gemeinde einzuholen.

2.279

II. Außerordentliche Lasten 2.280

Zu unterscheiden ist zwischen folgenden Aufwendungen: – Erschließungskosten nach dem BauGB, d.h. die Kosten für die erstmalige Erschließung der Straßen, Bürgersteige und Grünanlagen sowie die Kosten für die Entwässerung der Erschließungsstraßen gem. § 127 Abs. 2 BauGB, – Kostenerstattungen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen nach den §§ 135a ff. BauGB – Anliegerbeiträge/Herstellungsbeiträge nach den Landeskommunalabgabengesetzen, nämlich die Kosten für Wasseranschlüsse und die Kanalisation sowie für die Erneuerung, Erweiterung und Verbesserung von öffentlichen Straßen nach dem jeweiligen Landesgesetz, z.B. Art. 5 Abs. 1 BayKAG, – Hausanschlusskosten, d.h. die Kosten, die die Gemeinde für die Anschließung des Grundstückes an die Versorgungs- und Abwasserleitungen vom Hauptkanal bis an die Grundstücksgrenze verlangen kann. Die Gas- und Elektrizitätsversorgung erfolgt im Allgemeinen durch juristische Personen des Privatrechts, wobei das Nutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist; anstelle von Herstellungsbeiträgen spricht man hier meist von einem „Baukostenzuschuss“. Telefon- und Telekommunikationskabel und die damit zusammenhängenden Kosten fallen grundsätzlich nicht unter die Erschließungskostenregelung. Ist anderes gewollt, so ist dies ausdrücklich zu regeln.

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361

2.281

Kap. 2 Rz. 2.282 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

III. Abgabenschuldner 2.282

Die Erschließungskosten werden gem. § 134 Abs. 2 Satz 1 BauGB von demjenigen erhoben, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes ist. Wurden Vorausleistungen erbracht, ist bei einem zwischenzeitlichen Eigentümerwechsel die Vorauszahlung dem Zahlenden zu erstatten, wenn eine Verrechnungsvereinbarung fehlt1. Aus diesem Grunde sollte klargestellt werden, dass Vorausleistungen des Verkäufers als vom Käufer geleistet gelten sollen und auf dessen Zahlungspflichten anzurechnen sind.

2.283

Erschließungsbeiträge entstehen gem. § 133 Abs. 2 BauGB mit der „endgültigen Herstellung“ der Erschießungsanlagen. Anliegerbeiträge und Hausanschlusskosten werden nach Durchführung der Maßnahme erhoben. Aus öffentlich-rechtlichen Gründen kann sich die Fälligkeit weiter verzögern, so z.B. wenn keine wirksame Beitragssatzung vorhanden ist oder wenn eine Erschießung abweichend vom Bebauungsplan vorgenommen worden ist. Das Bundesverfassungsgericht verlangt im Interesse der Rechtssicherheit, dass Abgaben nicht zeitlich unbefristet nach Durchführung einer Maßnahme eingefordert werden können2. Der BayVGH hatte hier zunächst in Anlehnung an Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG die Grenze bei 30 Jahren gezogen3. Ob dies den Vorgaben des BVerfG genügt, ist fraglich4.

IV. Vertragliche Regelung 2.284

Die Frage nach der „gerechten“ Verteilung der Beitragslast im Rahmen eines Kaufvertrages ist müßig. Rechnet eine Gemeinde lange zurückliegende Maßnahmen ab, weil erst zu einem späteren Zeitpunkt die „endgültige Herstellung“ angenommen worden ist, so wird regelmäßig kein Vertragsteil zur Übernahme der Kosten bereit sein.

2.285

In der notariellen Vertragspraxis sind – abweichend von § 436 BGB – die sog. „Bescheidslösung“ oder die sog. „Ausbauzustandslösung“ üblich. Nach der Ausbauzustandslösung hat der Verkäufer all diejenigen Erschließungskosten zu tragen, die durch den Ausbauzustand verursacht wurden, der am Tage des Verkaufs oder des Besitzübergangs bestanden hat5. Diese Lösung ist zwar auf den ersten Blick beson1 Vgl. Grziwotz, MittBayNot 1989, 11. 2 BVerfG v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08, BVerfGE 133, 143 = BGBl. I 2013, 820 = NVwZ 2013, 1004 = NWB 2013, 2241. 3 BayVGH v. 14.11.2013 – 6 B 12.704, MittBayNot 2014, 193; ebenso zum Sächsischen Kommunalabgabenrecht VG Dresden v. 14.5.2013 – 2 K 742/11, BeckRS 2013, 51588, m. Anm. Ruff, ZKF 2014, 125. 4 Kritisch BVerwG v. 15.4.2015 – 9 C 19/14, NVwZ-RR 2015, 786 = KommJur 2016, 103; in Abweichung von BVerwG v. 20.3.2014 – 4 C 11/13, BVerwGE 149, 211 = NVwZ 2014, 1671 = MittBayNot 2015, 73; vgl. zum Ganzen Schmitt, KommJur 2016, 86. Inzwischen ist die Frist landesrechtlich auf 20 bzw. 25 Jahre beschränkt, vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb BayKAG. 5 Siehe dazu OLG Saarbrücken v. 4.4.2006 – 4 U 377/05, DNotZ 2007, 35 = MittBayNot 2007, 123.

362

Wartenburger

G. Maklerklauseln

Rz. 2.286 Kap. 2

ders einleuchtend, da jeder Vertragsteil diejenigen Kosten zu tragen hat, die zu seinen Besitzzeiten begründet wurden. Diese Lösung ist aber insoweit problematisch, als die Gemeinden häufig nicht in der Lage sind, mittels Zwischenabrechnungen genau zu ermitteln, welche Kosten zu wessen Besitzzeiten angefallen sind. Entsprechende Zwischenabrechnungen würden regelmäßig immensen Aufwand bedeuten und damit erhebliche Kosten auslösen, die die Beteiligten der Kommune meist nicht erstatten wollen. Es besteht kein Anspruch gegen die Gemeinde auf Erstellung von Zwischenabschlüssen zur Kostenabgrenzung. Außerdem führt auch die Ausbauzustandslösung regelmäßig zu einer (ggf. ungesicherten) Vorleistung des Käufers. Die einfachste und klarste Regelung besteht darin, auf den Zeitpunkt des Zugangs der Beitragsbescheide und Rechnungen abzustellen, d.h. bis zum Tag der Beurkundung zugestellte Bescheide dem Verkäufer anzulasten, alle übrigen dem Käufer, es sei denn, dass es sich um einen Bauträgerkauf mit einer „schlüsselfertigen“ Einheit handelt (Bescheidslösung, s. eine schlichte Formulierung in M1, Rz. 1.11 unter VII.)1. Dies lässt sich wirtschaftlich auch sinnvoll begründen, da Kosten, die gemeindlicherseits noch nicht in Rechnung gestellt worden sind, auch nicht in die Kalkulation des Kaufpreises einfließen. Für den Käufer besteht bei dieser Gestaltung das Risiko, dass Maßnahmen, die er schon für erledigt gehalten hat, nachträglich noch abgerechnet werden. Hier hilft ausschließlich eine Rückfrage bei der zuständigen Gemeinde, die sich auch darauf beziehen muss, ob die bereits hergestellten Anlagen bereits endabgerechnet sind. Sofern die Rückfrage ergibt, dass noch mit weiteren Forderungen der Gemeinde zu rechnen ist, kann der Käufer dies in die Verhandlungen über den Kaufpreis einfließen lassen. Die Versicherung des Verkäufers, dass derzeit keine offenen Beitragsforderungen der Gemeinde gegen ihn bestehen, hilft dem Käufer allein nicht weiter, da dies nichts über die Abrechnungssituation aussagt.

2.286

2.287–2.300

Einstweilen frei.

G. Maklerklauseln Literatur: Althammer, Maklerklauseln im Anwendungsbereich der Zwei-Wochen-Frist des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG n.F. – Zur Reichweite des notariellen Verbraucherschutzes, MittBayNot 2014, 297; Bethge, Maklerklauseln in notariellen Kaufverträgen – eine Herausforderung für die notarielle Vertragsgestaltung, NZM 2002, 193; Bund, Zu den Mehrkosten von mitbeurkundeten Maklerklauseln und der Notwendigkeit einer Kostenbelehrung, NotBZ 2006, 46; v. Gerkan, Maklerklauseln in notariellen Grundstückskaufverträgen, NJW 1983, 859; v. Gerkan, Maklerklauseln in notariellen Grundstückskaufverträgen, NJW 1982, 1742; Fischer, Die Entwicklung des Maklerrechts seit 2013, NJW 2014, 3281; Hitzlberger, Maklerklauseln in notariellen Grundstückskaufverträgen, NJW 1982, 2854; Lange/Werneburg, Makler und Verbraucher im Internet, NJW 2015, 193; Maaß, Vertragsgestaltung beim vorkaufsrechtsbelasteten Grundstück, notar 2013, 395; Piehler, Maklerklauseln in notariellen

1 Ebenso Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 2 Rz. 235 ff.

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363

Kap. 2 Rz. 2.301 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht Kaufverträgen, DNotZ 1983, 22; Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl. 2012, Rz. 803 ff.; Wälzholz, Maklerklauseln in der notariellen Praxis, MittBayNot 2000, 357.

I. Einführung 2.301

Die Verwendung von Maklerklauseln in notariellen Grundstückskaufverträgen ist im Grundsatz als zulässig anerkannt1. Auch diejenigen Autoren, die sich besonders kritisch mit Maklerklauseln auseinandergesetzt haben2, kritisieren im Wesentlichen deren Ausgestaltung oder die Einhaltung der Belehrungspflichten des Notars, bezweifeln aber nicht deren grundsätzliche Zulässigkeit. Gleichwohl besteht stets eine gewisse Missbrauchsgefahr, wenn der Makler den Grundstückskaufvertrag beim Notar anmeldet und hierbei die Chance der Einflussnahme hat, auch nichtberechtigte Makleransprüche im Grundstückskaufvertrag zu seinen Gunsten zu begründen. Aus diesem Grunde besteht Einigkeit, dass bei Verwendung von Maklerklauseln besondere Belehrungspflichten des Notars gegenüber den Beteiligten bestehen, damit diese nicht unerwartet überrumpelt werden. Die wiederholte Verwendung unklarer Maklerklauseln, die unerfahrene Beteiligte benachteiligen, kann berufsrechtlich geahndet werden3. Eine besondere Brisanz haben Maklerklauseln dadurch erfahren, dass im Moment der Vertragsunterzeichnung dem Provisionspflichtigen häufig noch ein Widerrufsrecht gem. § 312g BGB zusteht4. Wird durch eine notariell beurkundete Maklerklausel ein neuer Schuldgrund geschaffen, so kann der Verbraucher sein evtl. Widerrufsrecht nicht mehr nutzen, es droht ihm also ein Rechtsverlust (vgl. § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 Halbs. 1 BGB bzw. § 312 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BGB)5.

2.302

Bei der Verwendung von Maklerklauseln ist sorgfältig zu differenzieren, da es zahlreiche unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten gibt, die sich im Einzelfall in ihren Rechtswirkungen unterscheiden. Die wichtigsten unterschiedlichen Typen6 von Maklerklauseln bestehen in Folgendem: – tatsächliche Mitteilung über die Vermittlung oder den Nachweis des Vertrages durch den Makler (Wissenserklärung), – abstraktes Schuldversprechen (meist als Vertrag zugunsten Dritter), – kausales Schuldanerkenntnis, – Vertragsübernahme,

1 Hitzlberger, NJW 1982, 2854 ff.; Hitzlberger, NJW 1983, 860 ff.; Piehler, DNotZ 1983, 22 ff.; Piehler, DNotZ 1983, 229 f.; Wälzholz, MittBayNot 2000, 357 ff. 2 Von Gerkan, NJW 1982, 1742. 3 BGH v. 24.11.2014 – NotSt (Brfg) 1/14, MDR 2015, 428 = NJW 2015, 1883 = ZfIR 2015, 260 = DNotZ 2015, 461. 4 Zu den Voraussetzungen des Widerrufsrechtes und seines Erlöschens, insbesondere nach § 356 Abs. 4 BGB, Fischer, NJW 2014, 3281; Lange/Werneburg, NJW 2015, 193. 5 Zum Verhältnis beider Normen und der Auswirkungen auf die notarielle Belehrungspflicht vgl. Gutachten DNotI-Report 2014, 129. 6 Vgl. dazu Grziwotz, MDR 2004, 61 (61); Wälzholz, MittBayNot 2000, 357 ff.

364

Wartenburger

G. Maklerklauseln

Rz. 2.305 Kap. 2

– vertragliche Schuldübernahme, – Abtretung eines Kaufpreisteiles. Die vorstehenden Klauseltypen können miteinander verquickt werden. Dies ist regelmäßig sogar der Fall. Im Übrigen können alle vorstehenden Vereinbarungen mit Ausnahme der zuerst genannten Klauselgestaltung mit einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung versehen werden, was jedoch nur in Sonderfällen empfehlenswert ist.

2.303

Für die Beurteilung ist genau zu unterscheiden zwischen den einzelnen Rechtsverhältnissen: Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer; Maklervertrag zwischen dem Makler einerseits und dem Käufer und/oder Verkäufer andererseits.

2.304

II. Beurkundungspflicht, § 311b BGB Im Regelfall können die Beteiligten frei entscheiden, ob eine Maklerklausel mit in den Vertrag aufgenommen werden soll oder nicht. Dies ist jedoch nicht stets so1. Nach § 311b BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Formbedürftig sind alle Vereinbarungen, aus denen sich der Vertrag nach dem Willen der Beteiligten zusammensetzt2. Der Formzwang bezieht sich auch auf alle Abreden, die die Gegenleistung betreffen, so insbesondere die eng damit einhergehende Frage, wer welche Lasten und Kosten einschließlich Steuern oder Provisionen zu tragen hat3. Demnach ist jede Vereinbarung, die die Verteilung der Maklerprovision(en) zwischen den Kaufvertragsparteien betrifft, beurkundungsbedürftig. Soll der Käufer die Maklergebühren tragen, die der Verkäufer aufgrund eines mit dem Makler abgeschlossenen Maklervertrags schuldet, so ist diese Vereinbarung Teil des kaufvertragstypischen Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (Synallagma). Sie bedarf nach § 311b BGB daher zwingend der Beurkundung4. Das Gleiche gilt für den umgekehrten Fall, wenn der Verkäufer die Provision anstelle des Käufers zu tragen hat. In diesem Fall stellt sich auch die Frage, ob die Zahlungspflicht gegenüber dem Makler in das kaufvertragliche Synallagma einbezogen werden sollte (vgl. dazu Rz. 2.336 ff.). Die Beurkundungspflicht wird bereits dann bejaht, wenn sich ein Vertragsteil zur Zahlung einer Provision an den Makler verpflichtetet, für die der andere Vertragsteil mithaftet, auch wenn der Zahlungsverpflichtete bereits aufgrund eines eigenen Maklervertrages unmittelbar gegenüber dem Makler haftet5. 1 Vgl. zum Folgenden bereits Wälzholz, MittBayNot 2000, 357 ff. 2 St. Rspr., s. BGH v. 11.11.1983 – V ZR 150/82, MDR 1984, 476 = NJW 1984, 974 = DB 1984, 712 = DNotZ 1984, 236; vgl. Hitzlberger, NJW 1982, 2854 (2855). 3 RG v. 4.11.1925 – V 197/25, RGZ 112, 67 (68); Piehler, DNotZ 1983, 22 (23) und 229; Palandt/Grüneberg76, § 311b BGB Rz. 28. 4 Ulrich in Weingärtner/Gassen/Sommerfeldt, Dienstordnung für Notare, 13. Aufl. 2016, § 32 DONot Rz. 116; Beck’sches Notarhandbuch/Krauß6, A I Rz. 473 f; Bethge, ZfIR 1997, 368 (375). 5 Gutachten DNotI-Report 2014, 129 (132).

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365

2.305

Kap. 2 Rz. 2.306 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.306

Hat hingegen nur ein Beteiligter einen Maklervertrag abgeschlossen und soll er die Provision endgültig tragen, bedarf diese Regelung regelmäßig keiner Beurkundung nach § 311b BGB. Das Gleiche gilt, wenn beide Kaufvertragsparteien dem Makler aufgrund eigener Maklerverträge Provision schulden und dies nicht geändert werden soll. Diese Fälle kommen in der Praxis häufig vor1.

2.307

Regeln die Vertragsparteien die Provisionstragungspflicht im Hinblick auf ein drohendes Vorkaufsrecht und verteilen dabei die Lasten und Risiken untereinander, so bedarf auch diese Vereinbarung der Beurkundung gem. § 311b BGB, wenn sie zumindest für einen Vertragsteil wesentlicher Bestandteil des Vertrages ist, ohne den er den Vertrag nicht abschließen würde2.

2.308

Wird eine beurkundungsbedürftige Abrede über die Tragung der Maklerprovision entgegen § 311b BGB nicht in die notarielle Urkunde aufgenommen, so ist der Vertrag nach §§ 125, 139 BGB in der Regel insgesamt unwirksam. Es bleibt in einem solchen Fall nur noch die Hoffnung auf Heilung gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Notar ist verpflichtet, § 311b BGB zu beachten. Er ist daher gezwungen, in den genannten Fällen auf die Beurkundung einer Maklerklausel hinzuwirken3. Diese Pflicht des Notars gilt unabhängig davon, ob die Vereinbarung höhere Kosten oder eine höhere Grunderwerbsteuer auslöst4. Die Nichtbeurkundung einer solchen Klausel kann bei Kenntnis der Umstände sogar Beihilfe zur strafbaren Hinterziehung der Grunderwerbsteuer sein, §§ 369, 370 AO.

2.309

In den vorstehend geschilderten Fällen sollte es außer Streit stehen, dass der Notar berufsrechtlich nicht nur nichts Unrechtes tut, wenn er eine Maklerklausel in einen Kaufvertrag aufnimmt. Jede andere Vorgehensweise wäre vielmehr eine gravierende Pflichtverletzung.

III. Die einzelnen Klauselvarianten 1. Tatsachenbestätigung bzw. Wissenserklärung

2.310

Als Regelfall einer Maklerklausel sollte die bloße Tatsachenbestätigung verwandt werden, sofern keine besonderen Gründe vorliegen, warum es einer anderen Form der Maklerklausel bedarf. Sie ist in ihren Rechtswirkungen die schlichteste, löst keine Kosten und keine Grunderwerbsteuer aus, da sie keinen rechtsgeschäftlichen Inhalt hat. Die Beteiligten bestätigen nur die Tatsache der Vermittlung bzw. des Nachweises des Vertrages durch den Makler, wobei in der Klausel die Provisionshöhe angegeben werden kann, was aber nicht zwingend (mitunter auch vom Makler gar nicht gewünscht) ist. 1 Vgl. Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 BGB Rz. 165, entspreche „dem normalen Gang der Dinge“. Ebenda auch zu den unterschiedlichen Varianten einer solchen Überwälzung. 2 Unzureichend ist insoweit die nachträgliche Aufnahme einer Maklerklausel im Rahmen einer Nachtragsurkunde, vgl. KG v. 11.8.2014 – 10 U 140/13, IBRRS 2015, 2337. 3 Bethge, ZfIR 1997, 368 (375). 4 Insoweit überzeugt die Kritik von von Gerkan, NJW 1982, 1742 (1742) nicht.

366

Wartenburger

G. Maklerklauseln

Rz. 2.314 Kap. 2

Eine solche Wissenserklärung nimmt nicht an der Beweiswirkung nach § 415 ZPO teil, denn die öffentliche Urkunde dient nur als Beweis dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen abgegeben worden sind, nicht aber für deren inhaltliche Richtigkeit1. Sollte es jedoch später zu einem Streit über die Vermittlung kommen, so dient die Urkunde dem Makler als Indiz und kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigt werden2.

2.311

Bei dieser Gelegenheit sollte auch materiell-rechtlich zwischen Verkäufer und Käufer klargestellt werden, dass der Verkäufer grundsätzlich nicht für etwaige Versprechungen haftet, die der Makler gegenüber dem Käufer abgegeben hat. Hiervon ist aber eine Ausnahme zu machen, wenn dem Verkäufer bekannt war, dass der Makler falsche Tatsachenbehauptungen (z.B. eine unrichtige Wohnflächenangabe) in das Exposé aufgenommen hat3. Unabhängig davon kann selbstverständlich eine Haftung des Maklers gegenüber dem Käufer für unzutreffende Angaben wegen eigener Pflichtverletzung oder aus c.i.c. (§ 311 Abs. 3 BGB) bestehen4.

2.312

M30 Maklerklausel – Wissenserklärung

2.313

Der Verkäufer/Käufer teilt mit (ohne dadurch neue Verpflichtungen einzugehen oder auf Einwendungen zu verzichten), dass dieser Vertrag durch … („Makler“) vermittelt bzw. nachgewiesen wurde und dass dem Makler aus den mit ihm getroffenen Vereinbarungen eine vom Verkäufer/Käufer zu bezahlende Maklerprovision in Höhe von … % aus dem Kaufpreis (incl. MwSt) zusteht. Die Vertragsteile erklären: Gegenstand des heute vereinbarten Kaufvertrages sind nur diejenigen Erklärungen über Tatsachen und Zusagen, die von ihnen persönlich im Rahmen dieser Urkunde abgegeben sind, und nicht etwaige vorvertragliche Erklärungen anderer Personen, die am Zustandekommen beteiligt waren. Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer wegen Arglist bleiben vorbehalten.

2. Kausales Schuldanerkenntnis In der Literatur und Gestaltungspraxis wurde in der Vergangenheit häufig von einer „deklaratorischen“ Klausel gesprochen. Diese Begriffsbildung ist missglückt und führt zu erheblichen Folgeproblemen, da sie die Grenze zwischen einer Wissenserklärung und dem sog. „deklaratorischen Schuldanerkenntnis“ (besser: kausales Schuldanerkenntnis) verwischt. Anders als die hier vorgeschlagene Wissenserklärung führt ein kausales Schuldanerkenntnis zu einem Verzicht auf Einreden und Einwendungen aller Art und damit auch zum Fortfall etwaiger Widerrufsrechte5. Ein kausales 1 Huber in Musielak/Voit14,/§ 415 ZPO Rz. 10. 2 Münchener Kommentar/Habersack7, § 781 BGB Rz. 7. 3 Vgl. OLG Hamm v. 15.12.2008 – 22 U 90/08, OLGR Hamm 2009, 161 = BauR 2009, 702. 4 Seger, notar 2013, 18. 5 Hierzu exemplarisch LG Limburg v. 5.8.2016 – 3 S 29/16, NotBZ 2017, 186, m. Anm. Kuhn, IMR 2017, 79.

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2.314

Kap. 2 Rz. 2.315 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

Schuldanerkenntnis hat rechtsgeschäftlichen, vergleichsähnlichen Charakter und ist weder widerruflich noch kondizierbar1. Andererseits setzt ein kausales Schuldanerkenntnis auch voraus, dass zuvor Unsicherheit über ein bestimmtes Rechtsverhältnis bestanden hat2. Die Vertragsparteien eines Kaufvertrages werden regelmäßig keine Zweifel an der Wirksamkeit der Provisionsforderung haben, jedenfalls ist der Gedanke fernliegend, dass sie solche Zweifel durch Aufnahme einer Maklerklausel beseitigen möchten3. Die Verwendung eines kausalen Schuldanerkenntnisses als Maklerklausel setzt daher voraus, dass in der Urkunde die bestehende Unklarheit/Zweifel dargestellt werden und dass die Vertragsparteien auf die Wirkung eines solchen Schuldanerkenntnisses hingewiesen werden. 3. Vertrag zugunsten Dritter

2.315

Sofern eine Maklerklausel rechtsgeschäftliche Wirkungen haben soll, geschieht dies meist im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter, da der Makler selbst an der Beurkundung nicht formell beteiligt ist. Möglich ist die Vereinbarung im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter. Auf diese Weise erhält der Makler einen Anspruch, der ihm unabhängig von seiner vertraglichen Provisionsforderung und deren Bestand zusteht4. Aus diesem Grunde sollte der echte Vertrag zugunsten Dritter mit Vorsicht eingesetzt werden.

2.316

Bei Verwendung eines unechten Vertrages zugunsten Dritter erhält nur der Vertragspartner des Provisionsschuldners einen Anspruch auf Zahlung an den Makler. Dies wird in der Regel so auszulegen sein, dass die Zahlung nur insoweit verlangt werden kann, als tatsächlich ein Anspruch des Maklers besteht. Auf diese Weise ließe sich auch das Problem lösen, dass durch die Aufnahme der Maklerklausel u.U. Widerrufsrechte nach § 312g BGB verloren gehen könnten5. Die hier vorgeschlagene Gestaltung verschafft also dem Makler keine zusätzlichen Rechte.

1 BeckOK BGB/Gehrlein, 39. Ed. 1.5.2016, BGB § 781 Rz. 12. 2 BGH v. 24.3.1976 – IV ZR 222/74, MDR 1976, 827 = NJW 1976, 1259. 3 Diesen Aspekt übergeht das LG Limburg v. 5.8.2016 – 3 S 29/16, NotBZ 2017, 186 vollständig, da es weder eine Auslegung der maßgeblichen Klausel vornimmt noch prüft, ob bezüglich des Provisionsanspruches Zweifel oder Unklarheit bestanden haben. 4 Vgl. Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 BGB Rz. 166; Münchener Kommentar/Roth7, § 652 BGB Rz. 32; Bethge, ZfIR 1997, 368 (371); Dehner, NJW 2000, 1986 (1995); OLG Hamm v. 6.7.1995 – 18 U 72/95, NJW-RR 1996, 1081; OLG Hamm v. 19.6.1995 – 18 U 194/94, NJW-RR 1996, 627; OLG Hamburg v. 27.1.1988 – 5 U 154/87, NJW-RR 1988, 1202; LG Berlin v. 29.6.1998 – 23 O 44/98, NZM 1999, 323; nach BGH v. 12.3.1998 – III ZR 14/97, MDR 1998, 641 = NJW 1998, 1552 = DB 1998, 1555 = ZfIR 1998, 193 = MittRhNotK 1998, 170 schneidet der Vertrag zugunsten Dritter zwar grundsätzlich den Einwand gegen Mängel des Zustandekommens des Maklervertrages ab, es sei denn im Einzelfall habe ein von einer echten Maklerleistung abhängiger Schuldgrund geschaffen werden sollen; vgl. auch OLG Frankfurt/Main v. 27.5.1986 – 8 U 154/85, NJW-RR 1986, 1176; Thode, WM 1989, Beilage 6 S. 14. 5 Vgl. dazu DNotI-Gutachten DNotI-Report 17/2014, S. 129 ff.

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G. Maklerklauseln

Rz. 2.317 Kap. 2

M31 Maklerklausel – unechter Vertrag zugunsten Dritter

2.317

Die Beteiligten erklären übereinstimmend, dass der Vertrag durch den Makler … [Name, Anschrift] vermittelt/nachgewiesen wurde. Der Käufer verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer in der Weise, dass der Makler durch diese Urkunde keinen Anspruch gegen den Käufer auf Leistung erlangt (unechter Vertrag zugunsten Dritter) zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 3 % – drei vom Hundert – aus dem Kaufpreis zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also … [Betrag in Zahlen] Euro – … [Betrag in Worten] Euro – an den Makler. Der Anspruch des Verkäufers auf Leistung an den Makler entsteht nur insoweit, als ein berechtigter Anspruch des Maklers aus dem mit dem Verkäufer abgeschlossenen Maklervertrag einredefrei besteht1. Der Anspruch des Verkäufers wird fällig, wenn die Fälligkeitsvoraussetzungen für den Kaufpreis selbst eingetreten sind2. Der Käufer bleibt zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet, wenn der Vollzug des Vertrags aus Gründen scheitert, die den Anspruch des Maklers aus dem Maklervertrag nicht zum Erlöschen bringen und der Käufer die Gründe zu vertreten hat. Im Übrigen bleiben dem Käufer alle Einwendungen i.S.d. § 334 BGB erhalten. Der Notar hat die Bedeutung und Rechtsfolgen dieser Regelung erklärt und insbesondere darauf hingewiesen3, dass der Käufer durch diese Klausel keine Rechte4 gegen den Makler erlangt.

2.318–2.325

Einstweilen frei.

1 Es kann auch gezielt das Gegenteil als selbständiges Provisionsversprechen vereinbart werden, s. BGH v. 12.10.2006 – III ZR 331/04, MDR 2007, 328 = NJW-RR 2007, 55 = ZNotP 2007, 94. 2 Die hier empfohlene Vereinbarung kann dazu führen, dass der Verkäufer zur Zahlung gegenüber dem Makler, der Käufer aber dem Verkäufer gegenüber noch nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Für diesen Fall sollte zur Vermeidung von Doppelzahlungen klargestellt werden, dass der Käufer den Betrag in Höhe der Maklercourtage unmittelbar an den Verkäufer, nicht an den Makler zu zahlen hat. 3 Ein Hinweis auf eine Erhöhung der Kosten bei Notar und Grundbuchamt und der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist nicht zwingend geboten, weil die Mitbeurkundung gem. § 311b BGB nicht zur Disposition der Beteiligten steht. 4 Das OLG Düsseldorf v. 22.12.1995 – 7 U 13/95, MittRhNotK 1996, 322 f., hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der aus einer Maklerklausel verpflichtete Beteiligte des Kaufvertrages den Makler auf Schadensersatz in Anspruch nahm. Der Makler habe seine Verpflichtungen aus dem Maklervertrag verletzt. Das Gericht hat die Klage abgewiesen, da kein Maklervertrag des Käufers mit dem Makler bestanden habe. Ohne Maklervertrag ist der Käufer zwar aufgrund der Maklerklausel zur Zahlung der Provision verpflichtet. Er hat jedoch nicht dieselben Rechte; den Makler treffen nicht die Sorgfaltspflichten eines Maklers gegenüber dem Käufer (ebenso Münchener Kommentar/Roth7, § 652 BGB Rz. 31 m.w.N.). Allerdings stößt diese Rechtsprechung auf Bedenken. Denn beim Vertrag zugunsten Dritter entsteht nach h.A. (BGH v. 29.4.1953 – VI ZR 63/52, BGHZ 9, 316 (318); Palandt/Grüneberg76, Vor § 328 BGB Rz. 5) zwischen Käufer und Makler ein vertragsähnliches Sorgfaltspflichtverhältnis, aus dem Schadensersatzansprüche folgen können.

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Kap. 2 Rz. 2.326 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

4. Vertrags- und Schuldübernahme

2.326

Eine Vertragsübernahme oder befreiende Schuldübernahme scheitert regelmäßig an der Mitwirkung des Maklers. Der Makler erwirbt mit dem wirksamen Abschluss des Kaufvertrags einen Anspruch auf die Maklerprovision gegen seinen Vertragspartner. Zwar geht die Initiative zur Einschaltung des Maklers regelmäßig vom Verkäufer aus; üblicherweise schließt der Makler aber mit dem Kaufinteressenten gleichwohl einen Vertrag, wonach diesem dem Makler gegenüber zur Zahlung der Provision verpflichtet ist (sog. Außenprovision). Schuldet daneben der Verkäufer selbst aufgrund „seines“ Maklervertrages eine Vergütung, spricht man von einer Innenprovision. Im Regelfall muss daher der Käufer keine Verkäuferprovision übernehmen, sondern er zahlt die von ihm selbst aus dem Maklervertrag geschuldete Provision.

2.327

Verpflichtet der Verkäufer den Käufer, die vom Verkäufer geschuldete Provision an den Makler zu zahlen, so erlangt der Makler hierdurch ggf. einen neuen, zusätzlichen Anspruch. Der Makler wird regelmäßig jedoch nicht damit einverstanden sein, seinen bisherigen Vertragspartner, den Verkäufer, als Schuldner aus der Haftung zu entlassen. Eine Vertragsübernahme hat ferner häufig den Nachteil, dass der Käufer den Vertrag nicht genau kennt, den er übernehmen soll. Die Vertragsübernahme geht in ihren Wirkungen damit weit über das hinaus, was die Beteiligten erreichen wollen: den Käufer zur Zahlung der Provision anstelle des Verkäufers zu verpflichten. Diese Variante der Maklerklausel scheidet daher im Regelfall aus.

IV. Besonderheiten bei drohendem Vorkaufsrecht 2.328

Droht den Beteiligten eines Kaufvertrags die Ausübung eines Vorkaufsrechts, hat der Käufer regelmäßig ein Interesse daran, den Vorkaufsberechtigten zu hindern, sein Vorkaufsrecht auszuüben. Zwar sind Klauseln, die nur dazu dienen, dieses Ziel zu verfolgen, für den Vorkaufsberechtigten als sog. „Fremdkörper“ nicht bindend1. Dies gilt aber nicht für Vereinbarungen, die bewirken, dass der Vorkaufsberechtigte den Vertragsgrundbesitz nicht günstiger erhält als der Käufer selbst. Ebenso kann im Einzelfall der Verkäufer ein Interesse daran haben zu verhindern, dass ein Dritter den Grundbesitz zu günstigeren Bedingungen kauft2.

2.329

In diesen Fällen ist mit den Beteiligten zu erwägen, eine Maklerklausel in der Form eines Vertrags zugunsten Dritter gem. § 328 BGB in den Kaufvertrag aufzunehmen3. Dies gilt auch für Fälle des gemeindlichen Vorkaufsrechts nach §§ 24, 25 1 BGH v. 14.12.1995 – III ZR 34/95, MDR 1996, 250 = NJW 1996, 654 = BB 1996, 395 = MittRhNotK 1996, 320 = MittBayNot 1997, 97; vgl. Münchener Kommentar/Roth7, § 652 BGB Rz. 34; OLG Düsseldorf v. 16.11.1998 – 9 U 103/98, MittRhNotK 1999, 153; Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht7, Rz. 516 f. 2 Siehe BGH v. 11.1.2007 – III ZR 7/06, MDR 2007, 641. 3 Grziwotz, MDR 2004, 61 (62); vgl. auch BGH v. 11.1.2007 – III ZR 7/06, MDR 2007, 641; v. 14.12.1995 – III ZR 34/95, MDR 1996, 250 = NJW 1996, 654 = BB 1996, 395 = MittRhNotK 1996, 320 = MittBayNot 1997, 97; LG Frankfurt/Main v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080 f.; Bethge, ZfIR 1997, 368 (371); Hitzlberger, NJW 1982, 2854

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G. Maklerklauseln

Rz. 2.332 Kap. 2

BauGB1. Aufgrund der Vereinbarung einer Maklerklausel in der Form eines Vertrags zugunsten Dritter hat der Vorkaufsberechtigte bei Ausübung seines Vorkaufsrechts die Provision, die der Käufer tragen sollte, an den Makler zu zahlen. Dies gilt nach Ansicht des BGH2 nicht nur, wenn ein Vertragsteil die Maklerprovision des anderen Teils aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter zu tragen hat, sondern auch, wenn bereits bestehende Maklerverpflichtungen im Wege des Vertrags zugunsten Dritter bestätigt werden. Die Mitwirkung bei dieser „Erschwerung“ der Ausübung des Vorkaufsrechts ist berufsrechtlich kein Verstoß gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit des Notars nach § 14 BNotO, denn die Regelung dient einer Gleichstellung von Erstkäufer und Vorkaufsberechtigtem.

2.330

Je nach Ausgestaltung des Maklervertrags, den der Verkäufer mit dem Makler geschlossen hat, kann jener gegenüber dem Makler verpflichtet sein, auf eine vorkaufsrechtssichere Ausgestaltung einer Maklerklausel hinzuwirken3. Darauf weist Hitzlberger4 zu Recht hin. Dies gilt insbesondere in den Fällen5, in denen der Verkäufer bereits im Maklervertrag von der Provisionspflicht freigestellt wird, weil der Käufer sie tragen soll (sog. Nettoauftrag6). Drängte der Verkäufer nicht auf eine vorkaufsrechtssichere Maklerklausel, würde der Käufer bei Ausübung des Vorkaufsrechts von seiner Verpflichtung gegenüber dem Makler frei7. Der Vorkaufsberechtigte hätte die Provision mangels entsprechender Maklerklausel ebenfalls nicht zu tragen. Aufgrund dessen wäre eine Haftung des Verkäufers denkbar, sei es als subsidiäre Pflicht zur Zahlung der Maklercourtage, sei es aufgrund einer Schadensersatzverbindlichkeit.

2.331

Der Notar hat daher bei Kenntnis der vorstehend geschilderten Sachlage die Beteiligten auf die Möglichkeit der Vereinbarung einer Maklerklausel hinzuweisen, zumal eine solche Klausel regelmäßig für die Beteiligten des Kaufvertrages wesentliche Bedeutung hat und daher nach § 311b BGB beurkundungspflichtig ist.

2.332

1 2 3

4 5 6 7

(2855); Münchener Vertragshandbuch/Bartsch, Band 5, III.6. Anm. 5. Vgl. wie hier bereits Wälzholz, MittBayNot 2000, 357 ff. Vgl. dazu BGH v. 15.10.1981 – III ZR 86/80, MDR 1982, 556 = NJW 1982, 2068 = DB 1982, 949 = DNotZ 1982, 629. BGH v. 14.12.1995 – III ZR 34/95, MDR 1996, 250 = NJW 1996, 654 = BB 1996, 395 = MittRhNotK 1996, 320 = MittBayNot 1997, 97. Vgl. OLG Hamm v. 6.5.1982 – 18 U 215/81, DNotZ 1983, 234, 235; ebenso OLG Zweibrücken v. 19.6.1998 – 3 W 129–98, NJW-RR 1999, 151 f.; OLG Celle v. 4.10.1985 – 11 U 239/84, MittBayNot 1986, 13 (14); Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 BGB Rz. 101 a.E.; Piehler, DNotZ 1983, 229 (230); Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht7, Rz. 804. Hitzlberger, NJW 1982, 2854 (2855). Vgl. beispielsweise OLG Zweibrücken v. 19.6.1998 – 3 W 129/98, NJW-RR 1999, 151 = ZfIR 1999, 272 = ZNotP 1999, 254. Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht7, Rz. 804. BGH v. 14.12.1995 – III ZR 34/95, MDR 1996, 250 = NJW 1996, 654 = BB 1996, 395 = MittRhNotK 1996, 320 = MittBayNot 1997, 97; Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht7, Rz. 508; Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 BGB Rz. 97; Münchener Kommentar/Roth7, § 652 BGB Rz. 148; von Gerkan, NJW 1983, 859 (860); Palandt/Sprau76, § 652 BGB Rz. 41.

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Kap. 2 Rz. 2.333 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

V. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Maklerklauseln 2.333

Weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob die §§ 305 ff. BGB auf Maklerklauseln in notariellen Grundstückskaufverträgen zwischen zwei Verbrauchern anwendbar sind1. Der BGH hat sich zur Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf notarielle Maklerklauseln, soweit ersichtlich, noch nicht geäußert2.

VI. Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung und deren Grenzen 2.334

Im Regelfall gibt es keinen Grund, weshalb die Beteiligten des Kaufvertrages eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung zugunsten des Maklers vereinbaren sollten3. Es sind allerdings Ausnahmefälle denkbar, in denen dies angemessen erscheint. Im Vordergrund stehen dabei die Fälle, in denen eine anfängliche Unsicherheit über die Berechtigung eines Maklerlohnanspruchs vor Abschluss des Kaufvertrags einvernehmlich geklärt wurde und das Ergebnis dieser Einigung in dem Kaufvertrag für alle Beteiligten verbindlich festgehalten werden soll, um späteren Streit zu vermeiden. Die Maklerklausel stellt die bestehenden Verpflichtungen fest und entzieht sie dem Streit; die Zwangsvollstreckungsunterwerfung sichert die Durchsetzung der vereinbarten Pflichten. Sie entlastet damit die Gerichte.

2.335

Entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit ist nicht, ob eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erfolgt, sondern wie und warum dies geschieht. Dementsprechend weist Ulrich4 völlig zu Recht auf das Erfordernis ausführlicher und eindringlicher Belehrung hin. Der von Bethge5 und Ulrich6 vertretenen Ansicht ist zuzustimmen, auch eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegenüber dem Makler sei in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Als Standardmaklerklausel, die stets von einem Makler vorgeschlagen wird, ist sie jedoch abzulehnen und erweckt den Eindruck der Parteilichkeit. Soweit einzelne Makler regelmäßig Maklerklauseln mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung vorschlagen, begeht der Notar einen klaren Verstoß gegen seine Berufspflichten, wenn er dem Ansinnen nachkommt.

1 Vgl. hierzu Bethge, NZM 2002, 193 (198 f.); Bethge, ZfIR 2001, 914; Wälzholz, MittBayNot 2000, 357 (372) m.w.N.; bejahend KG Berlin v. 29.1.2001 – 10 U 9612/99, NJW-RR 2002, 490 = NZM 2001, 897 = ZfIR 2001, 912; tendenziell ablehnend OLG Hamm v. 21.1.1999 – 18 U 142/98, NJW-RR 1999, 999 = NZM 1999, 717 = MittRhNotK 1999, 202. 2 Zum Streitstand vgl. Bremkamp, RNotZ 2014, 461 (462); Althammer, MittBayNot 2014, 297 (302). 3 Kritisch und überzeugend differenzierend insoweit Grziwotz, MDR 2004, 61 (61 und 63). 4 Ulrich in Weingärtner/Gassen/Sommerfeldt13, Dienstordnung für Notare, § 32 DONot Rz. 116. 5 Bethge, ZfIR 1997, 368 (375) ohne nähere Begründung. 6 Ulrich in Weingärtner/Gassen/Sommerfeldt13, Dienstordnung für Notare, § 32 DONot Rz. 116.

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G. Maklerklauseln

Rz. 2.338 Kap. 2

VII. Einbeziehung der Maklerklausel in das kaufvertragliche Synallagma Besonderheiten gelten für die Vertragsgestaltung, wenn der Käufer die vom Verkäufer geschuldete Maklerprovision wirtschaftlich übernehmen soll. Es handelt sich dann um eine im vertraglichen Synallagma zwischen Verkäufer und Käufer stehende Verpflichtung1. Die Verpflichtung zur Tragung der Provision ist Bestandteil des vom Käufer zu erbringenden Kaufpreises. In einem solchen Fall sollte die Bezahlung der Maklercourtage durch den Käufer von den übrigen allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen wie der Eintragung der Vormerkung und der Sicherung der Lastenfreistellung abhängig gemacht werden. Nur so lässt sich die Erbringung ungesicherter Vorleistungen vermeiden.

2.336

Diese Vereinbarung kann zu Abwicklungsschwierigkeiten führen, wenn der Anspruch des Maklers gegen den Verkäufer fällig wird, bevor der Käufer dem Verkäufer gegenüber zur Zahlung verpflichtet ist. Der Käufer sollte daher bei vorheriger Fälligkeit des Maklerlohnanspruchs den entsprechenden Geldbetrag unmittelbar an den Verkäufer zahlen. Sonst könnte der Fall eintreten, dass der Verkäufer bereits an den Makler zahlen musste und der Käufer ein zweites Mal zahlt. Dies ist durch klare Regelungen im Kaufvertrag zu vermeiden.

2.337

Umgekehrt sollte der Verkäufer das Recht erhalten, den Käufer zu einer Begleichung des Anspruchs auf Zahlung der Maklercourtage zwingen zu können. Zahlt der Käufer nämlich nicht, wird der Makler den Verkäufer in Anspruch nehmen. Der Verkäufer haftet dem Makler weiter2. Er will aber nicht auf der Maklerprovision sitzen bleiben. Aus diesem Grunde sollte der Käufer sich hinsichtlich der Freistellungsverpflichtung dem Verkäufer gegenüber der Zwangsvollstreckung unterwerfen, wie auch für den übrigen Kaufpreis. Die vollstreckbare Ausfertigung sollte dem Verkäufer erst nach Eintritt der allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen erteilt werden dürfen. Die Übereignung des Kaufgegenstandes sollte aufgrund der vorstehenden Interessenlage im Gegenzug aufgrund einer entsprechenden Vorlageanweisung von der Begleichung der Maklercourtage abhängig gemacht werden. Dies ist in der notariellen Vertragsgestaltung zwar unüblich, aber aufgrund der synallagmatischen Verknüpfung durchaus sinnvoll3. Um Abwicklungs- und Nachweisprobleme zu vermeiden, kann es sich anbieten, eine solche Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass die Maklercourtage auf ein Konto des Verkäufers zu zahlen ist, der dem Notar dann den Eingang bestäti-

2.338

1 So ausdrücklich LG Hamburg v. 26.3.1997 – 5 U 212/96, MDR 1997, 819 (820). 2 Vgl. OLG Hamm v. 8.12.1997 – 18 U 87/97, VersR 1998, 850 f.; BGH v. 12.3.1998 – III ZR 14/97, MDR 1998, 641 = NJW 1998, 1552 = DB 1998, 1555 = ZfIR 1998, 193 = MittRhNotK 1998, 170 für einen Fall, in dem der Käufer, der bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages einen Maklervertrag abgeschlossen hatte, sich dennoch im Notarvertrag im Wege eines echten Vertrages zugunsten des Maklers zur Zahlung der Courtage verpflichtete. Nach Ansicht des BGH treten beide Ansprüche nebeneinander. Vgl. auch BGH v. 15.1.1986 – IVa ZR 46/84, MDR 1986, 563 = NJW 1986, 1165 = DB 1986, 1277; Dehner, NJW 1991, 3254 (3261). 3 Vgl. dazu differenzierend Rundschreiben der BNotK v. 15.4.2003, Nr. 16/2003.

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Kap. 2 Rz. 2.339 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

gen und den Zahlbetrag weiterleiten kann. Ferner verhindert dies den Missbrauchsfall, dass der Makler eine entsprechende Reglung zur Absicherung seines Provisionsanspruchs benutzt1.

VIII. Beurkundungsverfahren 2.339

Von Teilen der Literatur wird vertreten, dass die Mitbeurkundung einer Maklerklausel dazu führt, dass auch ein zwischen zwei Verbrauchern geschlossener Kaufvertrag der 14-Tages-Frist gem. § 17 Abs. 2a BeurkG unterliegt2. Diese Autoren übersehen zunächst, dass in notariellen Kaufverträgen sehr häufig Vereinbarungen getroffen werden, die „Unternehmern“ zugutekommen, insbesondere Banken. So enthält die übliche Praxis der Formulierung von Lastenfreistellungsvereinbarungen einen Vertrag zugunsten Dritter (Verkäuferbank). Verträge, bei denen der Käufer eine vom Verkäufer bestellte Grundschuld übernimmt, enthalten häufig Schuldanerkenntnisse des Käufers gegenüber der finanzierenden Bank usw. Würde jede dieser Vereinbarung automatisch den Gesamtvertrag zum Verbrauchervertrag i.S.v. § 17 Abs. 2a BeurkG machen, so bliebe kaum noch ein Grundstückskauf außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Norm übrig.

2.340

Schon nach dem Gesetzeswortlaut gilt § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 BeurkG nur für solche Verbraucherverträge, die der Beurkundungspflicht nach § 311b BGB unterliegen. Dies ist bei einer Maklerklausel nur ausnahmsweise der Fall (vgl. vorstehend Rz. 2.305 ff.); dass der sonstige Teil der Urkunde nach § 311b BGB beurkundungspflichtig ist, ändert daran nichts, wenn dieser für sich gesehen kein Verbrauchervertrag ist. Die Anwendung der „Wartefrist“ setzt daher voraus, dass einerseits eine lastenverteilende und damit beurkundungspflichtige Maklerklausel vorliegt und andererseits der Makler die Aufnahme der Klausel in den Vertrag entscheidend beeinflusst hat3. Diese Konstellation dürfte praktisch selten sein, denn gerade bei einer beurkundungspflichtigen Maklerklausel ist die Meinung des Maklers über deren Inhalt nicht entscheidend, es kommt hier vielmehr auf das übereinstimmende Interesse der Vertragsparteien (und des Notars) an, die Abreden der Parteien vollständig und damit wirksam zu beurkunden. Anders liegt die Sache aber, wenn die lastenverteilende Klausel auf Initiative des Maklers weitere für den Makler günstige Regelungen enthält (insbesondere eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung).

IX. Auswirkungen von Maklerklauseln auf Kosten und Steuern 2.341

Die Aufnahme einer Maklerklausel kann unter bestimmten Umständen zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer führen. Dies ist der Fall, wenn der Käufer zusätzlich zum Kaufpreis als weitere Gegenleistung die 1 Dies war vor allem Gegenstand des vorbezeichneten Schreibens der BNotK. 2 In diesem Sinne v.a. Grziwotz, notar 2013, 343 (344); Suppliet, DNotZ 2012, 270. 3 Dazu ausführlich Althammer, MittBayNot 2014, 297; Bremkamp, RNotZ 2014, 461.

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G. Maklerklauseln

Rz. 2.345 Kap. 2

ursprünglich vom Verkäufer geschuldete Maklercourtage zu tragen hat1. Verpflichtet sich der Käufer in einem echten oder unechten Vertrag zugunsten des Maklers, die Maklercourtage an ihn zu zahlen, obwohl der Käufer bereits aus einem vorher abgeschlossenen Maklervertrag hierzu verpflichtet war, so erhöht sich die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht2. Eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage gilt auch beim sog. Nettoauftrag3, wenn also der Käufer die Maklercourtage des Verkäufers zu übernehmen hat. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist selbstverständlich kein Grund, von der Mitbeurkundung von Maklerklauseln abzusehen. Die Fälle, in denen die Maklerklausel zu einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer führt, sind denknotwendigerweise diejenigen, in denen die Maklerklausel im Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung steht und daher gem. § 311b BGB formbedürftig ist. Überdies entsteht die Steuer aufgrund der tatsächlichen Abreden, unabhängig davon, ob diese ordnungsgemäß beurkundet sind oder nicht.

2.342

Für die Auswirkungen einer Maklerklausel auf die notariellen Beurkundungskosten ist zu differenzieren. Dabei ist zu beachten, dass nach dem GNotKG die Gebührenstufen wesentlich größer sind als nach der früheren KostO, so dass man häufig Fälle antreffen wird, in denen sich die Maklerklausel nicht auf die effektiven Kosten auswirkt, da keine neue Gebührenstufe erreicht wird.

2.343

Werden bezüglich der Maklerprovision in der Urkunde vertragliche Vereinbarungen getroffen, sei es eine Übernahme der Verkäuferprovision durch den Käufer oder eine vertragliche Vereinbarung im Wege eines echten oder unechten Vertrages zugunsten Dritter, so handelt es sich hierbei um besondere Beurkundungsgegenstände, die gem. § 35 Abs. 1 GNotKG dem sonstigen Wert hinzuzurechnen sind. Dadurch erhöht sich die Verfahrensgebühr, ebenso aber auch eine etwa anfallende Vollzugs- oder Betreuungsgebühr, da deren Bezugswert sich stets aus dem der Verfahrensgebühr ergibt.

2.344

Werden bezüglich der Maklerprovision in der Urkunde einseitige Erklärungen abgegeben, insbesondere (vollstreckbare oder nicht vollstreckbare) Schuldanerkenntnisse, so entsteht hierfür eine 1,0-Gebühr nach KV-Nr. 21200, wobei für die weitere Berechnung der Vergleich nach § 94 Abs. 1 GNotKG anzustellen ist. Vollzugs- und Betreuungsgebühren sind auch in diesem Fall anhand des zusammengerechneten Wertes zu erheben. Nach Ansicht des OLG Oldenburg4 handelt es sich um eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. damaligen § 16 KostO (heute § 21 GNotKG), wenn ein Notar eine Maklerklausel mitbeurkundet, ohne die Beteiligten auf die damit verbundenen Mehrkosten hinzuweisen.

2.345

1 Pahlke5, § 9 GrEStG Rz. 107 „Maklerkosten“; Bethge, ZfIR 1997, 368 (375). 2 Hitzlberger, NJW 1982, 2854 (2855); Pahlke5, § 9 GrEStG Rz. 107 „Maklerkosten“. 3 Vgl. auch von Gerkan, NJW 1982, 1742 f. m.w.N. Er weist zutreffend darauf hin, es sei durch präzise Abfassung der Maklerklausel der Eindruck beim Finanzamt zu vermeiden, als habe der Käufer eine Verpflichtung des Verkäufers zu tragen. Sonst könnte es zu einer unberechtigten Erhöhung der Grunderwerbsteuer kommen. 4 OLG Oldenburg v. 15.3.1999 – 1 W 36/99, NdsRpfl 1999, 320; zustimmend Lappe, NJW 2000, 1148 (1152); Lappe, Anm. KostRspr. KostO § 16 Nr. 82.

Wartenburger

375

Kap. 2 Rz. 2.346 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.346

Bestätigen die Beteiligten des Hauptvertrags im Sinne einer Wissenserklärung, dass der Vertrag durch Vermittlung bzw. Nachweis eines bestimmten Maklers zustande gekommen sei und ein bestimmter Prozentsatz des Kaufpreises als Provision geschuldet werde, so hat diese Vereinbarung, da sie zu keiner Veränderung des Geschuldeten führt, keine kostenrechtlichen Auswirkungen.

2.347–2.350

Einstweilen frei.

H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung I. Insolvenz und Kaufvertragsgestaltung 1. Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters und deren Grenzen

2.351

Für den grundbuchamtlichen Vollzug eines Kaufvertrages muss die Verfügungsbefugnis eines Insolvenzverwalters in grundbuchtauglicher Form (§ 29 GBO) nachgewiesen werden. Der Nachweis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter wird dabei durch die Bestellungsurkunde des Insolvenzgerichts gem. § 56 Abs. 2 InsO geführt1. Der Notar kann sich auf den Erlass des entsprechenden Beschlusses verlassen. Die Bestellungsurkunde belegt jedoch ausschließlich, dass das Insolvenzverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Ein Gutglaubensschutz ist an die Richtigkeit des Zeugnisses jedoch nicht gebunden2, auch nicht i.S.d. §§ 170 ff. BGB3. War die Bestellungsurkunde des Insolvenzgerichtes folglich unzutreffend, der Erschienene also nicht wirksam zum Insolvenzverwalter bestellt worden, so ist der abgeschlossene Vertrag unwirksam. Eine wirksame Verpflichtung zulasten der Insolvenzmasse wird in einem solchen Fall nicht begründet. Zur Absicherung kann ggf. eine Erkundigung beim zuständigen Insolvenzgericht eingeholt werden. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nur bei konkreten Anhaltspunkten für Zweifel an der Richtigkeit. Die Bestellungsurkunde gem. § 56 Abs. 2 InsO enthält auch keine Garantie für den Fortbestand der Bestellung zum Insolvenzverwalter4. Ein Gutglaubensschutz wird auch insoweit nicht mit der Bestellungsurkunde verbunden5. Es besteht u.E. eine Erkundigungspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Widerruf der Bestellung des Insolvenzverwalters bestehen. Handelt ein scheinbarer Insolvenzverwalter trotz Widerrufs seiner Bestellung weiterhin unter Vorlage der Bestellungsurkunde gem. § 56 Abs. 2 InsO, so kann der Vertragspartner ggf. erheblichen Schaden erleiden. Anders wird dies im Regelfall sein, wenn der Insolvenzverwalter nach Vertragsabschluss aus seinem Amt entfernt wird. In diesem Fall schützt nach überzeugender

1 2 3 4 5

Wudy, MittBayNot 2000, 489 (592) m.w.N. Nerlich/Römermann, § 56 InsO Rz. 14. Münchener Kommentar/Graeber3, § 56 InsO Rz. 161. Suppliet, NotBZ 2003, 303 (305). Vgl. Münchener Kommentar/Schubert7, § 172 BGB Rz. 6.

376

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.355 Kap. 2

Auffassung bei rechtzeitiger Stellung des Grundbuchantrags § 878 BGB1. Solange hierzu keine gesicherte Rechtsprechung vorliegt, bleibt gestalterisch nur die Lösung, nach Eintragung der Auflassungsvormerkung des Käufers eine Bestätigung des Insolvenzgerichtes darüber einzuholen, dass der handelnde Insolvenzverwalter zum Zeitpunkt der Eintragung sein Amt noch innehatte; nach Eigentumsumschreibung und vor Löschung der Vormerkung ist erneut eine solche Bestätigung einzuholen2. Die Vorlage des bloßen Beschlusses über die Eröffnung des Verfahrens mit der darin enthaltenen Verwalterbestellung genügt nach wohl h.M. nicht für den Nachweis der Bestellung zum Insolvenzverwalter3.

2.352

M32 Urkundseingang – Insolvenzverwalter

2.353

… erscheinen … Herr …, geboren am … wohnhaft … ausgewiesen durch … hier handelnd als Insolvenzverwalter über das Vermögen des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers, Herrn …, unter Vorlage des Originals/einer Ausfertigung4 der vom Insolvenzgericht erteilten Bestellungsurkunde, die dieser Urkunde in beglaubigter Abschrift beigefügt ist. Nach Angabe des Anwesenden ist die Bestellung zum Insolvenzverwalter derzeit nicht erloschen.

Der Insolvenzverwalter ist stets „einzelvertretungsbefugt“, da nach der Insolvenzordnung stets nur noch ein Insolvenzverwalter bestellt werden kann5 – es sei denn, es müsste ein Sonderinsolvenzverwalter mit bestimmtem Aufgabenkreis wegen Verhinderung des eigentlichen Insolvenzverwalters bestellt werden.

2.354

Verträge, die eindeutig insolvenzzweckwidrig sind und dennoch vom Insolvenzverwalter abgeschlossen werden, sind nichtig6. Insoweit gelten ähnliche Grundsätze wie in den Fallgruppen des Missbrauchs der Vertretungsmacht. Die Zweckwidrig-

2.355

1 So die wohl h.M., aber strittig, vgl. Palandt/Bassenge76, § 878 BGB Rz. 11, 12; Münchener Kommentar/Kohler7, § 878 BGB Rz. 16; Suppliet, NotBZ 2003, 303 (305); Kesseler, RNotZ 2013, 480; dagegen KG v. 21.11.2011 – 1 W 652/11, ZIP 2012, 90 = DNotZ 2012, 370 = RNotZ 2012, 165. 2 Zum Verfahren vgl. Kesseler, RNotZ 2004, 177 (218). Auch wenn sich evtl. Gerichte nicht für verpflichtet halten, eine solche Bestätigung auszustellen, so etwa – eine merkwürdige Interpretation des Begriffs der vorsorgenden Rechtspflege an den Tag legend – AG Rostock v. 1.4.2004 – 60 IN 841/03, RNotZ 2004, 405 = NotBZ 2004, 20. 3 Überzeugend DNotI-Gutachten v. 18.12.2002, DokNr. 11294. 4 Beglaubigte Abschrift genügt ebenso. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 3138. 5 Nerlich/Römermann, § 56 InsO Rz. 21. 6 Suppliet, NotBZ 2003, 303 (305 f.); Spickhoff, KTS 2000, 15.

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377

Kap. 2 Rz. 2.356 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

keit muss also evident sein und sich auch dem Vertragspartner aufdrängen1. Drängt sich dem Notar eine solche Situation auf, muss er sich nach dem tatsächlichen Sachverhalt erkundigen und ggf. die Beurkundung ablehnen.

2.356

Beispiel: Insolvenzverwalter I möchte ein Grundstück des Schuldners S verwerten. Da alle Verwertungsmöglichkeiten nur geringe Erträge zu bringen scheinen, der Insolvenzverwalter selbst jedoch Interesse am Erwerb hat und bereit ist, mehr zu zahlen als jeder andere Interessent, geht er zu seinem Notar N und bittet um Beurkundung eines Kaufvertrages zwischen ihm als Insolvenzverwalter und ihm als Privatperson. Sollte N beurkunden? Welche Möglichkeit besteht, ein entsprechendes Geschäft wirksam durchzuführen?

2.357

Es könnte vorliegend ein Verstoß gegen das Verbot des Selbstkontrahierens drohen, § 181 BGB: Grundsätzlich findet § 181 BGB keine unmittelbare Anwendung auf den Insolvenzverwalter, da er nicht im eigentlichen Sinne Vertreter des Schuldners ist2. Dennoch ist der Rechtsgedanke des § 181 BGB nach einer verbreiteten Ansicht auf den Insolvenzverwalter entsprechend anwendbar3. Sofern also ein Rechtsgeschäft durch den Insolvenzverwalter abgeschlossen werden soll, in dem ein Fall des Insichgeschäftes oder der Doppelvertretung vorliegt, bedarf es einer Genehmigung. Hierzu ist jedoch weder das Insolvenzgericht noch der Schuldner selbst zuständig4. Um die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes zu erreichen, ist vielmehr die Bestellung eines Sonderverwalters erforderlich, der als zweiter Insolvenzverwalter neben dem Insolvenzverwalter allein für die Genehmigung des Rechtsgeschäftes zuständig ist5. Wie auch sonst im Rahmen des § 181 BGB, findet diese Vorschrift keine Anwendung, sofern es lediglich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter geht.

2.358

Das Problem kann sich vor allem bei der Erteilung einer Beleihungsvollmacht zugunsten des Käufers eines Grundstücks stellen. Denn wer nicht von § 181 BGB befreit ist, kann keine Vollmacht unter Befreiung von dieser Norm erteilen6. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen Fall des § 181 BGB7, da gleichgerichtete Erklärungen gegenüber der Bank abgegeben werden und der Käufer keine Vereinbarungen zwi-

1 BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, MDR 2002, 1270 = NJW 2002, 2783 = DB 2002, 1499 = DNotZ 2002, 648. 2 Vgl. umfassend Schick, NJW 1991, 1328 ff.; K. Schmidt, NJW 1995, 911 (912); Kübler/Prütting/Bork, § 80 InsO Rz. 36; BGH v. 14.4.1987 – IX ZR 260/86, BGHZ 100, 346 (351) = MDR 1987, 667 = DB 1987, 1580; v. 4.6.1996 – IX ZR 261/95, MDR 1996, 1026 = sZIP 1996, 1307. 3 RGZ 80, 416; Kübler/Prütting/Bork, § 80 InsO Rz. 26; Münchener Kommentar/Ott/Vuia3, § 80 InsO Rz. 38; BGH v. 24.1.1991 – IX ZR 250/89, MDR 1991, 527 = NJW 1991, 982 = DB 1991, 2657 (im Ergebnis in dem Fall jedoch ablehnend). 4 Münchener Kommentar/Schubert7, § 181 BGB Rz. 63. 5 Münchener Kommentar/Ott/Vuia3, § 80 InsO Rz. 39; Nerlich/Römermann, § 56 InsO Rz. 19. 6 Vgl. DNotI-Gutachten v. 18.12.2002, DokNr. 11294; BayObLG v. 26.2.1993 – 2Z BR 6/93, BB 1993, 746 = DB 1993, 928 = MittBayNot 1993, 150 = MittRhNotK 1993, 117. 7 Im Ergebnis ebenso DNotI-Gutachten v. 18.12.2002, DokNr. 11294.

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.371 Kap. 2

schen Käufer und Verkäufer abschließt. Hilfsweise sollte als sicherer Weg die Mitwirkung des Insolvenzverwalters bei der Grundschuldbestellung angeregt werden.

2.359–2.365

Einstweilen frei. 2. Vom Schuldner erteilte Vollmachten in der Insolvenz

Beispiel: Bauträger B hat eine Eigentumswohnung an Käufer K veräußert und ist in der Zwischenzeit insolvent geworden. Im ursprünglichen Grundstückskaufvertrag wurde den Notariatsmitarbeitern M und N Vollmacht erteilt, nach Bestätigung der vollständigen Kaufpreiszahlung durch den Bauträger B die Auflassung namens Käufer und Verkäufer zu erteilen. Da der Insolvenzverwalter auswärtig ist, wird die Auflassung durch M und N namens Käufer und Verkäufer nach Bestätigung der vollständigen Kaufpreiszahlung durch den Insolvenzverwalter erklärt und im Grundbuch eingetragen. Einige Monate später erklärt der Insolvenzverwalter, der Eigentumsübergang sei nicht wirksam gewesen, die Eigentumswohnung gehöre noch zur Insolvenzmasse. Zu Recht?

2.366

Eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 117 Abs. 1 InsO. Das Erlöschen ist endgültig. Eine solche Vollmacht lebt nicht mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder Einstellung mangels Masse wieder auf1.

2.367

Besteht ein Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 115 Abs. 2 InsO fort, besteht also im Aufschub Gefahr für die Interessen des Schuldners, so gilt nicht nur der jeweils zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag, sondern auch die zu diesem Zweck erteilte Vollmacht als fortbestehend, § 117 Abs. 2 InsO.

2.368

Unter § 117 InsO fallen neben den regulären rechtsgeschäftlichen Vollmachten auch die handelsrechtlichen Vollmachten, wie die Prokura, die Handlungs- oder Abschlussvollmacht2. § 117 InsO gilt auch für unwiderrufliche Vollmachten3; ebenso für isolierte Vollmachten und Generalvollmachten. § 117 InsO regelt jedoch nicht die gesetzlichen oder organschaftlichen Vertretungsverhältnisse4.

2.369

Die vom Schuldner erteilte Vollmacht erlischt auch dann, wenn die Eigenverwaltung gem. § 270 InsO angeordnet wurde5. Der Schuldner kann in diesem Fall alle Vollmachten nach der Verfahrenseröffnung neu erteilen und dies auch ohne Mitwirkung des Sachwalters6.

2.370

§ 117 InsO gilt nicht für Vollmachten für höchstpersönliche Angelegenheiten, wie solchen auf dem Gebiet des Familien- oder Erbrechts, die keinen Bezug zur Insol-

2.371

1 Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 13 a.E. 2 Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 7; Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 9 ff. 3 Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 112. 4 Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 10. 5 Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 4; Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 14; Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 117 InsO Rz. 2. 6 Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 12b.

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Kap. 2 Rz. 2.372 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

venzmasse haben. Gleiches gilt für Vollmachten bzgl. Vermögen, das nicht der Insolvenzmasse unterliegt1.

2.372

Eine Verfügungsermächtigung gem. § 185 BGB erlischt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch. Dies beruht jedoch nicht auf § 117 InsO, sondern auf dessen Verlust der Verfügungsbefugnis gem. § 80 InsO2. 3. Vollmachten zugunsten des Schuldners

2.373

Vollmachten zugunsten des Schuldners richten sich nach dem Schicksal des zugrunde liegenden Vertrages, § 168 Satz 1 BGB. Insoweit gelten keine Besonderheiten. Insolvenzrechtlich besteht keine Regelung, die deren Erlöschen anordnen würde3. Unklar sind insoweit die Auswirkungen des § 103 InsO auf die Vollmacht. Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich gem. § 168 Satz 1 BGB nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Nach Rechtsprechung des BGH4 führt die Verfahrenseröffnung jedoch nicht mehr zum Erlöschen der Erfüllungsansprüche, sondern die gegenseitigen Ansprüche verlieren nunmehr nur noch ihre Durchsetzbarkeit. Eine materiell-rechtliche Umgestaltung der Vertragsverhältnisse ist hiermit nicht verbunden. Erst bei Wahl der Erfüllung entstehen die wechselseitigen Ansprüche originär neu in und aus der Insolvenzmasse5. Daher ist davon auszugehen, dass Vollmachten zugunsten des Schuldners weiterhin fortbestehen, da das zugrunde liegende Rechtsverhältnis durch die Insolvenz grundsätzlich nicht erlischt. § 116 InsO regelt einen solchen Fall der Erteilung eines Geschäftsbesorgungsvertrages zugunsten des Schuldners nicht. Dagegen sprechen auch keine allgemeinen Erwägungen des Schutzes der Insolvenzmasse, da der Schuldner aufgrund der Vollmacht nur das Vermögen des Vertretenen verpflichtet, nicht hingegen die Insolvenzmasse.

2.374

§ 168 Satz 1 BGB enthält keine Aussage über das Schicksal von Vollmachten, die isoliert, also unabhängig von einem Grundverhältnis erteilt worden sind. Es ist vom Fortbestand derartiger Vollmachten auszugehen. 4. Übergang von Vollmachten zugunsten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter?

2.375

Ungeklärt ist bisher die Frage, inwiefern Vollmachten, die dem Schuldner persönlich erteilt worden sind, auch auf den Insolvenzverwalter übergehen. Eine ausdrückliche Regelung enthält die InsO nicht. Der Insolvenzverwalter kann über die Vollmacht verfügen, wenn sie in die Insolvenzmasse fällt, § 35 InsO. Grundsätzlich fällt das gesamte Vermögen des Schuldners in die Masse, mit Ausnahme der nicht pfändbaren Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 11; Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 6. Ebenso Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 11. Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 6. BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, MDR 2002, 1270 = NJW 2002, 2783 = DB 2002, 1499 = DNotZ 2002, 648. 5 So BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, MDR 2002, 1270 = NJW 2002, 2783 = DB 2002, 1499 = DNotZ 2002, 648.

1 2 3 4

380

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.379 Kap. 2

Vermögensgegenstände, § 36 InsO. Ob eine Vollmacht nach § 857 ZPO pfändbar ist, ist ebenfalls weitgehend ungeklärt1. Nach Meinung des BayObLG2 ist eine Vollmacht allenfalls dann pfändbar, wenn sie im Interesse des Bevollmächtigten erteilt ist. Im Übrigen soll eine Vollmacht dann zugunsten des Insolvenzverwalters gelten, wenn diese Erteilung sich durch Auslegung der Vollmacht ergibt3. Beides wird nur in den seltensten Fällen eindeutig zu klären sein. Aus diesem Grund sollte die Praxis stets den sicheren Weg gehen und sich nicht auf den Fortbestand von Vollmachten zugunsten des Schuldners und deren Übergang auf den Insolvenzverwalter verlassen.

2.376

5. Erteilung von Vollmachten durch den Insolvenzverwalter Beispiel: M, ein Mitarbeiter des Insolvenzverwalters I, erscheint beim Notar N, um einen Grundstückskaufvertrag zu beurkunden. Er legt einerseits den Bestellungsbeschluss vor, mit dem der I zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des S bestellt worden ist. Ferner legt er eine notariell beglaubigte Generalvollmacht vor, mit der Insolvenzverwalter I den M zur Vornahme sämtlicher Handlungen bevollmächtigt hat, bei denen eine Stellvertretung zulässig ist. Kann und soll der Notar beurkunden? Abwandlung: Würde sich etwas ändern, wenn die Vollmacht von I bereits während des Eröffnungsverfahrens erteilt worden war und der Insolvenzverwalter I bereits vorher als sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden war? Würde sich etwas ändern, wenn ein Wechsel in der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters zum endgültigen Insolvenzverwalter stattgefunden hätte?

2.377

Der Insolvenzverwalter ist grundsätzlich befugt, Vollmachten neu zu erteilen, dies gilt auch für die Neuerteilung einer Prokura, sofern das jeweilige Unternehmen fortgeführt wird4. Dem steht nicht entgehen, dass nach h.M. die Ausübung des Amtes als Insolvenzverwalter eine höchstpersönliche Aufgabe und Amtsstellung beinhaltet. Daraus wird üblicherweise das Verbot der Stellvertretung abgeleitet. Dies gilt allerdings lediglich für solche insolvenztypischen Rechtshandlungen, die es lediglich im Rahmen des Insolvenzverfahrens gibt und die nur dort möglich sind. In derartigen Fällen ist eine Stellvertretung ausgeschlossen5. Dementsprechend ist insbesondere die Erfüllungsablehnung oder Erfüllungswahl gem. § 103 InsO vom Insolvenzverwalter persönlich zu treffen.

2.378

Problematisch ist der Fall, dass ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter Vollmachten neu erteilt. Hierzu ist er nach h.M. grundsätzlich befugt. Er sollte diese Vollmachten jedoch ausdrücklich auf die Dauer des Eröffnungsverfahrens beschränken. Tut er dies nicht, so wirken entsprechende Vollmachten nach wohl h.M. auch

2.379

1 2 3 4

Siehe dazu DNotI-Gutachten, DNotI-Report 1996, 113 f. BayObLG v. 13.7.1978 – BReg 2 Z 37/77, DB 1978, 1929. DNotI-Report 1996, 113 (114). Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 117 InsO Rz. 5; Nerlich/Römermann, § 117 InsO Rz. 11; Münchener Kommentar/Ott3, § 117 InsO Rz. 7. 5 LAG Kiel, ZIP 1988, 250 (251); LAG Hamm v. 30.1.2006 – 4 Ta 36/05; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 1103.

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381

Kap. 2 Rz. 2.391 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

während des Insolvenzverfahrens für und gegen die Masse fort1. § 117 InsO regelt nach dem klaren Wortlaut in jedem Fall nur Vollmachten, die der Schuldner erteilt hat.

2.380–2.390

Einstweilen frei.

II. Kaufvertragsgestaltung bei laufendem Zwangsversteigerungsverfahren Literatur: Böttcher, ZVG, 5. Aufl. 2010; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013; Franck, Zwangsversteigerungsrecht – Probleme der Vertragsgestaltung, MittBayNot 2012, 345, 439; Heggen, Zum Verkauf von Grundstücken aus der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung, RNotZ 2009, 384; Hintzen, Handbuch der Immobiliarvollstreckung, 3. Aufl. 1999; S. Schmidt, Das Grundstück in der Zwangsversteigerung; die Auswirkungen auf bestehende Kaufverträge, Besonderheiten bei deren Gestaltung, BWNotZ 1992, 35; Sickinger, Die Finanzierung des Grundstückserwerbs aus der Zwangsversteigerung, MittRhNotK 1996, 241; Stöber, Erlöschen der Auflassungsvormerkung und Erbbauzins-Reallast bei der Insolvenzverwalterversteigerung, NJW 2000, 3600; Stöber, ZVGHandbuch, 9. Aufl. 2010; Stöber, Wirksamkeitsvermerk und Zwangsversteigerung, MittBayNot 1997, 143 ff.; Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 12. Aufl. 2014; Weirich, Der Verkauf eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren, DNotZ 1989, 143; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 20. Aufl. 2012. DNotI-Gutachten: Pfändung eines Eigentumsverschaffungsanspruches, DNotI-Report 2002, 137 f.

1. Bedeutung

2.391

Kaufverträge über Objekte, die bereits Gegenstand eines Zwangsversteigerungsoder Zwangsverwaltungsverfahrens sind, kommen in der Praxis häufig vor. Hintergrund ist meist das Interesse des Eigentümers, die unkalkulierbaren Folgen der Versteigerung zu vermeiden und evtl. durch einen freihändigen Verkauf entweder einen höheren Erlös zu erzielen oder aber einen Käufer zu finden, der z.B. zu einer Rückvermietung oder gar zu einem späteren Rückverkauf bereit ist. Ein freihändiger Verkauf ist grundsätzlich sogar noch nach Abhaltung des Versteigerungstermins möglich, solange der Zuschlagsbeschluss nicht ergangen ist.

2.392

Dabei haben weder der Abschluss des Kaufvertrages noch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung unmittelbaren Einfluss auf das Versteigerungsverfahren. Risiken für die Vertragsabwicklung bestehen insbesondere, – wenn weitere Gläubiger dem Zwangsversteigerungsverfahren beitreten; dies gilt insbesondere für Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (Hausgeldrückstände) und § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG (öffentliche Lasten); die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 2 Nr. 2 ZVG führt zwar nicht generell zu einer dinglichen Haftung des Woh-

1 Heidelberger Kommentar/Marotzke8, § 117 InsO Rz. 12.

382

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.397 Kap. 2

nungseigentums für Hausgeldrückstände1, jedoch gelten hier im Fall der rechtzeitigen Beschlagnahme die allgemeinen nachstehenden Regelungen; außerdem kann die Gemeinschaftsordnung eine Haftung des Rechtsnachfolgers für Hausgeldrückstände begründen. – wenn noch vor Abwicklung des Kaufvertrages eine Versteigerung stattfindet und der Zuschlag erteilt wird; – wenn aufgrund einer Zwangsverwaltung vorrangige Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu beachten sind. Hinzu kommt, dass die das Versteigerungsverfahren betreibenden Gläubiger häufig nicht bereit sind, weitere Verzögerungen hinzunehmen, denn sie vermuten hier nur eine neue Taktik des Schuldners. Lastenfreistellungsunterlagen werden daher häufig nur erteilt, wenn der Kaufpreis bereits zuvor auf einem Notaranderkonto hinterlegt ist.

2.393

2. Beitritt weiterer Gläubiger, § 27 ZVG Hat ursprünglich nur ein Gläubiger die Versteigerung anordnen lassen und das Verfahren betrieben, so kann es während des laufenden Verfahrens stets zu Beitritten weiterer Gläubiger kommen, § 27 ZVG. Die weiteren Beitritte werden nicht2 durch neue, weitere Zwangsversteigerungsvermerke im Grundbuch eingetragen, § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Dennoch ist jeder Beitrittsgläubiger dem ursprünglich das Verfahren einleitenden Vollstreckungsgläubiger gleichgestellt – mit Ausnahme des Ranges.

2.394

Die Verfahren sind selbständig3. Jedes Verfahren hat seinen eigenen Beschlagnahmezeitpunkt und kann separat aufgrund jeweiliger Antragsrücknahme eingestellt werden. Das Verfahren der Beitrittsgläubiger ist insoweit auch nicht vom Fortbestand des ursprünglichen Anordnungsgläubigers abhängig. Selbst wenn dieser seinen Versteigerungsantrag zurücknimmt und das Verfahren eingestellt wird, §§ 29, 30, 31 ZVG, so bleibt das Verfahren insgesamt weiterhin bestehen und wird für die Beitrittsgläubiger fortgeführt.

2.395

Der Beschlagnahmezeitpunkt bestimmt sich im Fall des Beitritts mangels Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt nach dem Zeitpunkt der Zustellung beim Schuldner, § 22 ZVG4.

2.396

Welche Rechte gegenüber der Beschlagnahme eines Beitrittsgläubigers vorrangig sind oder nicht, folgt aus dem Beschlagnahmezeitpunkt des Gläubigers. Insoweit sind alle betreibenden Gläubiger voneinander unabhängig.

2.397

1 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = ZfIR 2013, 806 = DNotZ 2014, 115. 2 Stöber21, § 27 ZVG Rz. 5. 3 Stöber21, § 27 ZVG Rz. 6.2. 4 Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 489; Stöber21, § 27 ZVG Rz. 8.1.

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383

Kap. 2 Rz. 2.398 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

– Betreibt ein Beitrittsgläubiger wegen eines im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechts die Zwangsversteigerung und ist dieses Recht bereits vorrangig vor der Vormerkung des Käufers im Grundbuch eingetragen, so gilt dieser Vorrang auch für das Versteigerungsverfahren. Eine Veränderung der Rechtslage ist insoweit nicht eingetreten. – Vollstreckt der Beitrittsgläubiger wegen eines nachrangig nach der Vormerkung im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechts, z.B. einer später zur Eintragung gelangten Zwangssicherungssicherungshypothek, so gilt insoweit § 883 BGB vorrangig. – Erfolgt der Beitritt aufgrund eines persönlichen Anspruches ohne Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, so ist entscheidend, ob die Auflassungsvormerkung früher ins Grundbuch eingetragen worden ist, als der Beitrittsbeschluss dem Schuldner zugestellt worden ist. Dann ist die Auflassungsvormerkung gem. § 883 BGB vorrangig. Allerdings gilt auch hier § 878 BGB, so dass die vorherige Stellung eines Eintragungsantrages ausreichend sein kann1. Ein gutgläubiger „Vorrangserwerb“ der Vormerkung ist nicht möglich, da bereits ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen ist und dieser zugleich den Hinweis beinhaltet, dass weitere Gläubiger dem Verfahren beigetreten sein könnten. Der Vormerkungsschutz ist daher in jedem Versteigerungsverfahren selbständig2.

2.398

Beispiel: V hat am 10.1.2008 an K ein Grundstück verkauft. Im Grundbuch ist eine Grundschuld zu 100.000 Euro zugunsten der B-Bank eingetragen, die das Zwangsversteigerungsverfahren betreibt. Der Zwangsversteigerungsvermerk ist im Grundbuch eingetragen, die Abwicklung des Kaufvertrages ist mit der B abgesprochen. Wenige Stunden nach der Beurkundung erhält V den Beschluss über den Beitritt zum Zwangsversteigerungsverfahren durch X zugestellt. Die Auflassungsvormerkung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Grundbuch eingetragen. Fünf Tage später und nach Eintragung der Auflassungsvormerkung ins Grundbuch erhält V erneut einen Beitrittsbeschluss hinsichtlich des Z zugestellt. Notar N und K möchten wissen, wie hinsichtlich des Vertragsvollzugs weiter zu verfahren ist. Es ist davon auszugehen, dass die Vollstreckung durch X und Z hinsichtlich persönlicher Ansprüche erfolgt.

2.399

Alle drei Zwangsversteigerungsverfahren sind voneinander unabhängig und selbständig. – Die Bank B geht in jedem Fall der Vormerkung vor. Sie muss aus dem Kaufpreis abgelöst werden. Dies war vorab mit ihr besprochen und ist soweit unproblematisch. – Auch X geht der Vormerkung vor, da gem. § 22 ZVG i.V.m. § 27 ZVG die Beschlagnahmewirkung vor Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch stattgefunden hat, nämlich durch Zustellung des Beitrittsbeschlusses beim Schuldner. Die Lastenfreistellung und der Rechtserwerb des K sind daher nur gesichert, wenn 1 BGH v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, MDR 1988, 958 = NJW-RR 1988, 1274 = DNotZ 1989, 160. Zu den genauen Anforderungen an die Bindungswirkung einer Vormerkungsbestellung vgl. Münchener Kommentar/Kohler7, § 878 BGB Rz. 24. 2 BGH v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, MDR 1988, 958 = NJW-RR 1988, 1274 = DNotZ 1989, 160; Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 489.

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.403 Kap. 2

X dem Notar vor Kaufpreisfälligkeit eine Rücknahmeerklärung bezüglich seines Versteigerungsantrages zukommen lässt, ggf. gebunden an Treuhandauflagen, die aus dem (nach Ablösung der B verbleibenden) Kaufpreis erfüllt werden können. – Hinsichtlich Z wurde hingegen die Auflassungsvormerkung zu einem Zeitpunkt in das Grundbuch eingetragen, als der Beitrittsbeschluss zugunsten des Z noch nicht gefasst und noch nicht zugestellt worden war. Die Auflassungsvormerkung als solche, stellt noch kein die Versteigerung hinderndes Recht gem. § 28 ZVG dar (vgl. dazu im Folgenden Rz. 2.401 ff.). Mit Eigentumsumschreibung auf K wird jedoch das Versteigerungsverfahren hinsichtlich Z automatisch eingestellt, da sich aus den Unterlagen des Grundbuchamtes und Versteigerungsgerichtes ergibt, dass der Beschlagnahmebeschluss nach Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch erfolgt ist1.

2.400

3. Der Versteigerung entgegenstehende Rechte, § 28 ZVG Das Versteigerungsverfahren ist einzustellen, wenn ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht aus dem Grundbuch ersichtlich ist, § 28 Abs. 1 ZVG. Diese Regelung macht eine Klage des Drittberechtigten nach § 771 ZPO überflüssig und setzt daher den grundbuchmäßigen Nachweis des entgegenstehenden Rechts voraus2.

2.401

Ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht liegt vor, wenn durch die Zwangsversteigerung widerrechtlich in das Recht eines Dritten eingegriffen würde. Bedeutung hat dies in der Regel nur, wenn Gläubiger wegen persönlicher Ansprüche vollstrecken, die nicht im Grundbuch eingetragen sind3. Ein die Versteigerung hinderndes Recht liegt bei Dritteigentum insbesondere vor, wenn

2.402

– die Auflassung auf einen Dritten im Grundbuch vollzogen wird, bevor der Beschluss über die Eröffnung des Versteigerungsverfahrens gefasst wird4; – die Auflassung auf einen Dritten im Grundbuch vollzogen wird, nachdem der Beschluss über die Eröffnung des Versteigerungsverfahrens aufgrund des Antrags eines persönlichen Gläubigers gefasst wird, aber vor Wirksamwerden der Beschlagnahme gem. § 22 ZVG5. Wird hingegen die Auflassung auf einen Dritten im Grundbuch erst vollzogen, nachdem der Beschluss über die Eröffnung des Versteigerungsverfahrens auf Antrag eines persönlichen Gläubigers gefasst wird und nach Wirksamwerden der Beschlagnahme gem. § 22 ZVG, so steht das Eigentum des Erwerbers nur dann der Zwangs1 Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.8. 2 Stöber21, § 28 ZVG Rz. 3. 3 Zur Zwangsversteigerung aus einem im Rang vor der Vormerkung eingetragenen Recht s. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, DNotZ 2007, 686 – in einem solchen Fall steht die Eigentumsumschreibung auf den Vormerkungsberechtigten der Fortführung des Versteigerungsverfahrens nicht entgegen. 4 Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.2. 5 Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.3.

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2.403

Kap. 2 Rz. 2.404 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

versteigerung entgegen, wenn der Erwerber gutgläubig nach § 892 BGB oder nach § 878 BGB noch Eigentum trotz der Beschlagnahme erwerben konnte1. In diesen Fällen können jedoch die Voraussetzungen des Erwerbs des Dritten nicht ausschließlich aus dem Grundbuch entnommen werden. Aus diesem Grund handelt es sich nicht um ein von Amts wegen berücksichtigungsfähiges entgegenstehendes Recht2. Der neue Eigentümer ist auf eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO angewiesen.

2.404

Besonderheiten gelten bei Eintragung einer Auflassungsvormerkung, weil vormerkungswidrige Verfügungen nach § 883 Abs. 2 BGB relativ unwirksam sind. Die Eintragung der Vormerkung als solche stellt noch kein der Versteigerung entgegenstehendes Recht dar3. Wird jedoch aufgrund Versteigerungsantrags eines nachrangigen dinglichen oder persönlichen Gläubigers das Versteigerungsverfahren betrieben und das Eigentum aufgrund der Auflassungsvormerkung auf den Vormerkungsberechtigten umgeschrieben, so entsteht das der Versteigerung entgegenstehende Recht. Dieses ist dann aus dem Grundbuch ersichtlich, wenn die Auflassungsvormerkung zu einem Zeitpunkt in das Grundbuch eingetragen wurde, bevor die Beschlagnahme wirksam wurde4. Als maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit auf die Eintragung einerseits und den Tag der Beschlussfassung andererseits abzustellen.

2.405

Bei Fällen des Erwerbs der Vormerkung nach §§ 892, 893 BGB oder nach § 878 BGB ist der wirksame Erwerb der Vormerkung hingegen wiederum nicht aus dem Grundbuch ersichtlich5, so dass der Käufer wiederum auf das Klageverfahren nach § 771 ZPO zu verweisen ist und keine Aufhebung des Verfahrens von Amts wegen erfolgt.

2.406

Problematisch sind die Folgen, wenn die Vormerkung bei der Eigentumsumschreibung gelöscht wird, obwohl eine verbotswidrige Verfügung ohne Zustimmung des Vormerkungsberechtigten in der Zwischenzeit erfolgt war. Nach Meinung des BGH führt die Löschung der Auflassungsvormerkung zwar in der Regel nicht zur Aufhebung des Vormerkungsschutzes6, wenn die materiell-rechtliche Aufgabeerklärung fehlt. Zweifelhaft ist hingegen, ob auch nach Löschung der Vormerkung die Voraussetzung des § 28 ZVG erfüllt ist, dass die Umstände noch aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Dies wird zu Recht von Stöber bejaht, ist jedoch nicht unumstritten7. Dies lässt sich vermeiden, wenn ausdrücklich bei Bestellung und Löschung der Vormerkung wie folgt formuliert wird8.

Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.4 und 4.5. Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.5. Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 489. Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.8. a m.w.N. Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.8.e. BGH v. 15.12.1972 – V ZR 76/71, MDR 1973, 302 = NJW 1973, 323; vgl. auch Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.8 b. 7 Vgl. Stöber21, § 28 ZVG Rz. 4.8 b m.w.N. 8 Vgl. auch Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 496. 1 2 3 4 5 6

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Rz. 2.410 Kap. 2

M33 Löschung Vormerkung unter Vorbehalt von Zwischenverfügungen

2.407

Zur Sicherung des vorstehend vereinbarten Anspruchs auf Übereignung des Vertragsgegenstandes bewilligt der Verkäufer und beantragt der Käufer die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Käufers im angegebenen Berechtigungsverhältnis in das Grundbuch im Rang nach den derzeit im Grundbuch eingetragenen und in Ziff. I aufgeführten Rechten und im Rang nach eventuellen Grundpfandrechten, die unter Mitwirkung des Käufers bestellt werden. Der Käufer bewilligt und beantragt schon heute die Löschung der zur Eintragung gelangenden Vormerkung Zug um Zug mit Eigentumsumschreibung, sofern keine beeinträchtigenden Zwischenverfügungen ohne seine Zustimmung erfolgt sind.

4. Fälligkeitsvoraussetzungen Beispiel: Gegen Verkäufer V wird das Zwangsversteigerungsverfahren in dessen Grundstück betrieben. Zur Abwendung der Zwangsversteigerung möchte er das Grundstück zum Kaufpreis von 300.000 Euro verkaufen und hat den Käufer K aufgetrieben. Damit ihm dieser nicht abspringt, geht er unverzüglich zum Notar. Die Beurkundung findet innerhalb von fünf Tagen nach Entwurfsübersendung statt. Dem Verkäufer ist es nicht gelungen, mit dem zuständigen Banksachbearbeiter der die Zwangsversteigerung betreibenden Bank den Verkauf abzuklären. Der Käufer K möchte wissen, welche Folgen eintreten, wenn die Bank mit dem Verkauf nicht einverstanden ist?

2.408

Das Versteigerungsverfahren wird unabhängig von der Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch fortgeführt, da der Versteigerungsvermerk bereits im Zeitpunkt des Verkaufs im Grundbuch eingetragen war. Da es sich bei § 23 Abs. 1 ZVG lediglich um ein relatives Veräußerungsverbot handelt, besteht keine Grundbuchsperre. Stimmt die Bank dem Verkauf nicht zu, so wird sie die Zwangsversteigerung weiter betreiben. Der Käufer ist nicht in der Lage, dies zu verhindern, abgesehen von der eher theoretischen Möglichkeit, das dingliche Recht der Bank abzulösen. Die Versteigerung führt zum Eigentumsübergang auf den Ersteigerer. Der Käufer K ist selbstverständlich berechtigt, mitzusteigern. Die Auflassungsvormerkung als nachrangiges Recht fällt gem. § 44 ZVG nicht in das geringste Gebot. Mit dem Zuschlag erlischt die Vormerkung, §§ 91 Abs. 1, 44 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG.

2.409

An die Stelle der Vormerkung tritt ein Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös1. Die Hinauszahlung eines Erlösbetrages aus der Zwangsversteigerung erfolgt jedoch nur dann, wenn der Versteigerungserlös ausreicht, die vorrangigen Gläubiger zu befriedigen. Im Übrigen erhält der vormerkungsberechtigte Käufer nur dann einen Wertersatzanspruch, wenn er das nachrangige Recht, die Auflassungsvormerkung beim Versteigerungsgericht angemeldet hat, § 9 Nr. 2, §§ 110, 37 Nr. 4 ZVG.

2.410

1 Vgl. dazu Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (126).

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Kap. 2 Rz. 2.411 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

2.411

Der Notar sollte von den Beteiligten beauftragt werden, unverzüglich die vorläufige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens gem. § 30a ZVG anzuregen. Einer Mitwirkung des die Versteigerung betreibenden Gläubigers bedarf es hierzu nicht. Den Antrag kann der Schuldner auf die Dauer von höchstens sechs Monaten stellen, sofern die Aussicht besteht, dass durch Einstellung die Versteigerung vermieden wird und die Einstellung der Billigkeit entspricht, § 30a Abs. 2 ZVG. Eine einstweilige Einstellung des Verfahrens auf Antrag des Schuldners des § 30a ZVG scheidet jedoch aus, wenn die Notfrist des § 30b Abs. 1 ZVG von zwei Wochen bereits abgelaufen ist.

2.412

Daher kann das einfachere Procedere darin bestehen, den bzw. alle betreibenden Gläubiger einen entsprechenden Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 30 ZVG beim Gericht stellen zu lassen. Dies kann zur Fälligkeitsvoraussetzung erhoben werden, sofern dies noch nicht vor der Beurkundung erfolgt ist.

2.413

In jedem Fall ist beim Versteigerungsgericht anzuregen, einen ggf. schon anberaumten Versteigerungstermin abzusetzen oder zumindest die Zuschlagserteilung auszusetzen. Die Gläubiger sind zu ersuchen, entsprechende Anträge beim Vollstreckungsgericht zu stellen.

2.414

Damit der Notar die erforderlichen Auskünfte vom Versteigerungsgericht bekommt und ggfs. erforderliche Anträge stellen kann, wird ihm häufig eine Vollmacht für das Versteigerungsverfahren erteilt. Diese kann sich an dem folgenden Formulierungsvorschlag orientieren.

2.415

M34 Notarvollmacht für Zwangsversteigerungsverfahren Der Notar wird ermächtigt, sämtliche das Zwangsversteigerungsverfahren betreffenden Informationen beim Versteigerungsgericht einzuholen, einen evtl. bereits anberaumten Versteigerungstermin absetzen zu lassen, die vorläufige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 30a ZVG zu beantragen und die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers beim Versteigerungsgericht gem. § 9 Nr. 2 ZVG anzumelden.

2.416

Die Eintragung der Auflassungsvormerkung ist kein der Versteigerung entgegenstehendes Recht i.S.d. §§ 28, 37 Nr. 5 ZVG (s. Rz. 2.401 ff.). Der Eigentumsübergang auf den Käufer ist ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht nur dann, wenn sich aus dem Grundbuch der Vorrang der Auflassungsvormerkung gegenüber dem Versteigerungsverfahren ergibt – also insbesondere bei Eintragung der Auflassungsvormerkung vor Wirksamwerden der Beschlagnahme. Dies kann nur bei der Vollstreckung wegen persönlicher Ansprüche eine Rolle spielen, nicht jedoch bei der Versteigerung durch vorrangig abgesicherte dingliche Gläubiger. Ein früherer Grundbuchantrag vor Beschlagnahme reicht insoweit nicht. Entscheidend ist ferner, dass eindeutig der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlagnahme feststellbar ist.

388

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Rz. 2.417 Kap. 2

M35 Fälligkeitsvoraussetzung bei Zwangsversteigerungsverfahren

2.417

Der oben bezeichnete Kaufpreis ist zur Zahlung fällig innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Mitteilung des Notars an die zuletzt mitgeteilte Anschrift des Käufers, dass: – die oben bewilligte Auflassungsvormerkung an der vereinbarten Rangstelle eingetragen ist, – dem Notar eine Erklärung der zuständigen Gemeinde in grundbuchmäßiger Form vorliegt, wonach ein gemeindliches Vorkaufsrecht entweder nicht besteht oder nicht ausgeübt wird, – die Lastenfreistellung gesichert ist. Die Lastenfreistellung gilt als gesichert, wenn dem Notar im Zeitpunkt der Absendung der Fälligkeitsmitteilung alle erforderlichen Unterlagen zur Löschung der nicht übernommenen Belastungen vorliegen, entweder zur freien Verfügung oder unter Auflagen, die insgesamt aus dem Kaufpreis weggefertigt werden können. Die Lastenfreistellung ist nur gesichert, wenn auch nachrangige Belastungen nach der im Grundbuch zur Eintragung gelangenden Vormerkung löschungsreif sind und dem Notar alle zur Löschung erforderlichen Unterlagen vorliegen1, – dem Notar eine schriftliche Bescheinigung des Versteigerungsgerichtes vorliegt, welche Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung in das Grundbuch das Zwangsversteigerungsverfahren betreiben bzw. diesem beigetreten sind (Zeitpunkt des Beitrittsbeschlusses), – dem Notar eine Bestätigung der Gemeinde vorliegt, wonach bezüglich des Vertragsgegenstandes keine Rückstände an öffentlichen Lasten bestehen oder nur solche, die aus dem nicht zur Lastenfreistellung erforderlichen Kaufpreis beglichen werden können, – dem Notar eine Bestätigung des Verwalters der Wohnanlage vorliegt, wonach bezüglich des Vertragsgegenstandes keine Hausgeldrückstände bestehen, für die der Käufer haften würde, oder nur solche, welche aus dem nicht zur Lastenfreistellung erforderlichen Kaufpreis beglichen werden können, – ODER: dem Notar eine Bestätigung einer oder mehrerer im Grundbuch eingetragener Grundpfandrechtsgläubiger vorliegt, wonach diese sich verpflichtet/n, alle auf dem Vertragsgegenstand am Tage der Beurkundung lastenden öffentlichen Lasten … und eventuelle Hausgeldrückstände, für die der Käufer nach der Gemeinschaftsordnung haften würde, sowie die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens und der Lastenfreistellung bei Notar und Grundbuchamt, aus dem Kaufpreis wegzufertigen und den Käufer insoweit freizustellen, – das Versteigerungsverfahren im Zeitpunkt der Absendung der Fälligkeitsmitteilung einstweilig eingestellt ist oder, soweit es noch betrieben wird, in diesem Zeitpunkt nicht von Gläubigern betrieben wird, bei denen die Beschlussfassung über die Eröff1 Der letzte Satz kann den Vertragsvollzug stark behindern und schwächt den Vormerkungsschutz. Er nimmt dem Käufer jedoch das Kostenrisiko von Prozessen nach § 888 BGB gegen zu Unrecht im Grundbuch eingetragene Gläubiger.

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Kap. 2 Rz. 2.418 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht nung des ZVG-Verfahrens oder den Beitritt vor Eintragung der Vormerkung des Käufers in das Grundbuch erfolgt ist1 und – dem Notar die unwiderrufliche und uneingeschränkte Erklärung über die Rücknahme des Versteigerungsantrags aller in der oben bezeichneten Bescheinigung genannten, die Zwangsversteigerung betreibenden oder beigetretenen Gläubiger vorliegt – dies entweder bedingungslos oder unter Auflagen, die gemeinsam mit den sonstigen Auflagebeträgen aus dem Kaufpreis weggefertigt werden können. Notar und Käufer sind nicht berechtigt und nicht verpflichtet, die Berechtigung von Ablösebeträgen zu überprüfen2.

2.418

Eine weitere mögliche Fälligkeitsvoraussetzung anstelle des drittletzten Spiegelstrichs ist die Begleichung aller Gebühren und Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens und der Sicherung der Lastenfreistellung einschließlich des Grundbuchvollzugs beim zuständigen Amtsgericht. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass das Amtsgericht den neuen Eigentümer dafür (zumindest teilweise) in Anspruch nimmt. Meist sind diese Kosten jedoch bereits von der das Verfahren betreibenden Bank verauslagt worden, welche die entsprechende Position in ihre Zahlungsauflage einkalkuliert. Die gleiche Problematik stellt sich im Hinblick auf die Notarkosten, sofern nach der Vereinbarung der Beteiligten im Innenverhältnis der Verkäufer die Kosten zu tragen hat, der Käufer jedoch gesamtschuldnerisch auch dafür haftet. Praktisch wird dieses Risiko dadurch vermieden, dass man die erwarteten Kosten (meist handelt es sich um Lastenfreistellungskosten) zumindest schätzungsweise ermittelt, diese im Innenverhältnis dem Käufer auferlegt und den Kaufpreis entsprechend kalkuliert. Bei der Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto kann auch vereinbart werden, dass der Verkäufer verpflichtet ist, seinen Kostenanteil dort einzuzahlen, wobei der Kaufpreis erst fällig wird oder eine Auszahlung von dem Anderkonto insgesamt erst zulässig ist, wenn auch der Käuferanteil einbezahlt ist3.

2.419–2.425

Einstweilen frei.

1 Jedes Verfahren ist insoweit selbständig, als einige Gläubiger das Ruhen des Verfahrens beantragen können, während andere die Fortsetzung beantragen können, Stöber21, § 27 ZVG Rz. 6.2, § 30 ZVG Rz. 2.14. 2 Die Frage, ob der Gläubiger eines an aussichtsloser Rangstelle eingetragenen Rechtes aufgrund einer Nebenpflicht im Sicherungsvertrag verpflichtet sein kann, die Löschung auflagenfrei, also ohne eine „Lästigkeitsprämie“ zu bewilligen, wenn nur so eine freihändige Verwertung möglich ist, ist nicht in allen Punkten abschließend geklärt. Jedenfalls wenn zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer keine entsprechende vertragliche Beziehung besteht, gibt es einen solchen Anspruch nicht, vgl. BGH v. 30.4.2015 – IX ZR 301/13, NZI 2015, 550; ob – wie z.B. vom OLG Schleswig v. 23.2.2011 – 5 W 8/11, ZIP 2011, 1254 angenommen – bei vertraglich erlangten Sicherungsrechten etwas anderes gilt, hat der BGH offen gelassen. 3 Die Einzahlung von Kaufpreisteilen durch den Verkäufer kann aber auch ein Zeichen für unzulässige Abreden zwischen den Vertragsteilen zu Lasten der Finanzierungsbank sein, vgl. dazu KG v. 12.4.2013 – 6 U 132/11.

390

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Rz. 2.430 Kap. 2

III. Sicherungen gegen Vollstreckungsmaßnahmen während der Vertragsabwicklung 1. Pfändung des Auflassungsanspruchs a) Grundlagen Der Anspruch des Käufers auf Übereignung ist pfändbar nach §§ 846, 829 ZPO. Durch die Pfändung erlangt der Pfändungsgläubiger ein Pfandrecht am Übereignungsanspruch, § 804 Abs. 1 ZPO. Soweit die Auflassung noch nicht erklärt worden ist, kann die Auflassung gem. § 848 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur noch gegenüber dem Sequester als Vertreter des Käufers erfolgen. Durch die Pfändung des Auflassungsanspruchs wird auch die Auflassungsvormerkung als akzessorisches Recht erfasst. Die Pfändung des Anspruchs kann daher bei der Auflassungsvormerkung im Grundbuch vermerkt werden.

2.426

Durch diese grundbuchmäßige Position wird die sog. Schubladenlöschung wertlos! Denn die Schubladenlöschung ersetzt nur die Erklärung des Käufers, nicht jedoch diejenige des Pfändungsgläubigers. Die Pfändbarkeit lässt sich nach § 851 Abs. 2 ZPO auch nicht durch die Vereinbarung des Ausschluss der Abtretung erreichen. Denn danach ist trotz ausgeschlossener Abtretung die Pfändung zulässig, sofern der dem Anspruch zugrundeliegende Gegenstand pfändbar ist1. Das ist vorliegend der Fall.

2.427

Die Eigentumsumschreibung auf den Käufer kann nur noch entweder durch den Verkäufer oder den Sequester beantragt werden. Wird das Eigentum auf den Käufer umgeschrieben, so entsteht außerhalb des Grundbuchs eine Sicherungshypothek, die der Sequester in das Grundbuch bewilligen kann, § 848 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO. Dabei handelt es sich tatsächlich um eine Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB2.

2.428

War die Auflassung bereits erklärt, so ist ein Anwartschaftsrecht zugunsten des Käufers entstanden, für dessen Pfändung die vorstehenden Regelungen entsprechend gelten. Einer Sequesterbestellung bedarf es hier nicht mehr. Wiederum entsteht mit der Eigentumsumschreibung auf den Käufer eine Sicherungshypothek an dem Grundstück.

2.429

b) Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung Die Sicherung der Kaufpreisfinanzierung durch Eintragung von Käuferfinanzierungsgrundpfandrechten funktioniert im Hinblick auf die Pfändungsmöglichkeit des Auflassungsanspruchs nur bei Bestellung eines Käufergrundpfandrechtes unter Mitwirkung des Verkäufers. Alternativmodelle mit Grundschuldeintragung mit Eigentumsumschreibung auf den Käufer scheitern bei Pfändung des Auflassungsan-

1 Thomas/Putzo38, § 851 ZPO Rz. 4. 2 Vgl. zum Ganzen Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (150).

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2.430

Kap. 2 Rz. 2.431 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

spruchs, da bei Eigentumsumschreibung im Rang vor Käufergrundpfandrechten die Sicherungshypothek zugunsten des Vollstreckungsgläubigers entsteht1.

2.431

Die Schubladenlöschung erweist sich in diesen Fällen als unzureichend. In Risikofällen ist ggf. das Notaranderkonto vorzuziehen (s. zu beidem Rz. 2.261, M17, Rz. 2.137) oder auf die auflösend bedingte Vormerkung auszuweichen (s. Rz. 2.142).

2.432

Erfolgt hingegen bereits bei Beurkundung des Kaufvertrages die Bestellung der Grundschuld und wird diese zeitgleich mit der Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, so schadet dem Rang des den Kaufpreis finanzierenden Kreditinstitutes die nachfolgende Pfändung des Auflassungsanspruches nicht. Der Rang der Kaufpreisfinanzierungsgrundschuld ist damit gesichert. Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Rang nach der Grundschuld bewilligt und beantragt wurde. War dies nicht der Fall, so entstehen materiell-rechtlich zwar keine Probleme, da die Grundschuldbestellung materiell-rechtlich nicht vormerkungswidrig war. Rein grundbuchrechtlich hat die Grundschuld jedoch nicht die bedungene Rangstelle erhalten. Die Bank wird daher im Regelfall die Kaufpreisauszahlung verweigern. Es ist insofern üblich, dass die Eigentumsvormerkung des Käufers im Rang hinter die Finanzierungsgrundschuld zurücktritt. Nach Inkrafttreten des GNotKG entstehen durch diesen Rangrücktritt auch keine Grundbuchkosten mehr2, so dass Ausweichkonstruktionen über einen Wirksamkeitsvermerk oder bedingten Rangvorbehalt nicht mehr erforderlich sind.

2.433

Erfolgt die Pfändung des Übereignungsanspruchs vor Bestellung des Kaufpreisfinanzierungsgrundpfandrechtes, so ist in dem Rangrücktritt der Vormerkung hinter die zur Eintragung zu gelangende Grundschuld eine verbotswidrige Verfügung gem. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu sehen. Die Grundschuldbestellung verstößt daher gegen das Verfügungsverbot des § 829 ZPO und ist dem Pfändungsgläubiger gegenüber relativ unwirksam. War die Pfändung des Auflassungsanspruchs nicht bei der Auflassungsvormerkung vermerkt, so kommt ein gutgläubiger Erwerb des Vorrangs für das Kreditinstitut des Käufers in Betracht. War die Pfändung hingegen im Grundbuch vermerkt, scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus. In diesem Fall behält die Sicherungshypothek Vorrang vor der später zur Eintragung gelangenden Käufergrundschuld3. 2. Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs

2.434

Beispiel: Verkäufer V verkauft sein Grundstück in wirtschaftlich prekärer Situation. Der Wert des Grundstücks beträgt 300.000 Euro, die Grundstücksbelastungen 250.000 Euro. Es droht die Zwangsvollstreckung durch einige Gläubiger. Verkäufer V verkauft sein Grundstück an Käufer K zum Kaufpreis von 300.000 Euro nach den üblichen Regelungen. Vor Ab1 Vgl. Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (151); BGH v. 18.12.1967 – V ZB 6/67, MDR 1968, 313 = NJW 1968, 493 = BB 1968, 271 = DNotZ 1968, 483; BayObLG v. 17.2.1972 – BReg 2 Z 88/71, DNotZ 1972, 536. 2 Es ist hierfür schlicht kein Gebührentatbestand mehr vorhanden, vgl. Drempeteic in Fackelmann/Heinemann, GNotKG, KVNr. 14150–14151 Rz. 2. 3 Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (152).

392

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.437 Kap. 2

sendung der Fälligkeitsmitteilung durch den Notar pfändet das Finanzamt den Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von 80.000 Euro. Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger hat als Haftungsauflage einen Betrag von 250.000 Euro verlangt.

Die Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs kann die Lastenfreistellung gefährden1. Der naheliegendste Gedanke zur Vermeidung dieser Problematik liegt im Ausschluss der Abtretung des Kaufpreiszahlungsanspruchs, § 399 BGB. Der Ausschluss der Abtretung hilft gem. § 851 Abs. 2 ZPO hingegen nicht. Denn eine nach § 399 BGB nicht übertragbare Forderung kann dennoch insoweit gepfändet werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. Aus diesem Grunde hat die Praxis der Vertragsgestaltung unterschiedliche Modelle zur Vermeidung der Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs gesucht.

2.435

a) Abtretungsmodell Das erste und klassische Modell ist das der Abtretung des Kaufpreiszahlungsanspruchs an die im Grundbuch eingetragenen Gläubiger in der Höhe, in der diese Auflagen geltend machen. Die Abtretungslösung ist jedoch mit einigen gestalterischen Problemen verbunden. Erstens handelt es sich bei der Abtretung um einen Vertrag. Das Vertragsangebot wird regelmäßig im beurkundeten Kaufvertrag enthalten sein, die Annahme ist jedoch schwer nachweisbar. Ferner muss der Abtretungsbetrag zumindest bestimmbar sein2. Da der Verkäufer in der Regel im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages noch keine Vorstellung von der genauen Höhe des Abtretungsbetrages hat und dieser erst später vom Grundschuldgläubiger festgelegt wird, ist in einigen Fällen die Bestimmbarkeit des Abtretungsbetrages unklar. Ist der Abtretungsvertrag zu unbestimmt, so ist die vollständige Abtretung nichtig. Problematisch ist ferner, dass die Rechte aus dem Kaufvertrag anschließend der Grundpfandgläubigerin oder gar mehreren Grundpfandgläubigern zustehen. Eine Geltendmachung der Rechte auf Kaufpreiszahlung könnte anschließend vom Verkäufer nur noch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft erfolgen. Schließlich ist die Abtretungslösung mit Schwierigkeiten hinsichtlich der Zwangsvollstreckungsunterwerfung sowie der Klauselerteilung verbunden3. Schließlich sind die Kaufpreiszahlungsansprüche zumindest solange pfändbar, bis der oder die Grundschuldgläubiger die Abtretung angenommen haben4. Für die Zwischenzeit ist jeder Schutz versagt.

2.436

Das Abtretungsmodell wird daher außerhalb des Bauträgervertragsrechts nur noch in Ausnahmefällen gewählt, nämlich um vertraglich zu klären, dass ein bestimmter Kaufpreisteil überhaupt nicht für die Lastenfreistellung zur Verfügung steht (weil er z.B. dem erfolgreichen Vermittler einer Problemimmobilie versprochen wurde oder weil er für eine noch ausstehende Reparaturarbeit nötig ist).

2.437

1 2 3 4

Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 543. Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 543. Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (153). Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 543.

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393

Kap. 2 Rz. 2.438 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

b) Vertrag zugunsten Dritter

2.438

Zur Vermeidung der Schwächen der Abtretungslösung hat die Praxis der Vertragsgestaltung zwei Alternativmodelle entwickelt: einerseits den echten Vertrag zugunsten Dritter und andererseits den unechten Vertrag zugunsten Dritter.

2.439

Echter Vertrag zugunsten Dritter: Der Hauptvorteil der Verträge zugunsten Dritter besteht darin, dass keine unsicheren Zwischenzeiten entstehen, da es keines Vertragsabschlusses zwischen Verkäufer und Grundpfandrechtsinhaber bedarf. Die Anforderungen an die Bestimmbarkeit der Zahlungsbeträge sind ebenfalls geringer. Da die vertragliche Vereinbarung weiterhin zwischen Käufer und Verkäufer bestehen bleibt, bleiben auch sämtliche Gestaltungsrechte beim Verkäufer. Diese gehen nicht, auch nicht teilweise, auf die Grundpfandrechtsgläubiger über. Beim echten Vertrag zugunsten Dritter entsteht der Zahlungsanspruch unmittelbar beim Grundpfandrechtsgläubiger. Eine Pfändung geht insoweit ins Leere. Ein Durchgangserwerb findet nicht statt. Fraglich ist insoweit lediglich, ob der Grundpfandrechtsgläubiger tatsächlich einen eigenen Anspruch erhalten soll. Insoweit ist in jedem Fall zu klären, ob die Möglichkeit der Aufhebung des Kaufpreiszahlungsanspruchs nach § 328 Abs. 2 BGB auch ohne Zustimmung des Berechtigten möglich sein soll. Wird hierzu keine eindeutige Regelung getroffen, so bestehen bei sämtlichen Vertragsänderungen die Schwierigkeiten, dass diese erst und nur mit Zustimmung des Grundpfandrechtsgläubigers wirksam werden. Für die Erteilung von Zwangsvollstreckungsklauseln haben diese dahingehend zu erfolgen, dass der Käufer nur verpflichtet ist, unmittelbar an den Dritten zu zahlen. Problematisch ist insoweit lediglich die Bestimmung der Höhe des Betrages, der an den Grundschuldgläubiger zu zahlen ist.

2.440

Unechter Vertrag zugunsten Dritter: Der unechte Vertrag zugunsten Dritter unterscheidet sich vom echten Vertrag zugunsten Dritter dadurch, dass kein unmittelbares Forderungsrecht des Gläubigers begründet wird. Inhalt des Kaufpreiszahlungsanspruchs ist es hingegen, dass in Höhe der Auflage des Grundschuldgläubigers die Zahlung ausschließlich an diesen erfolgen kann. Forderungsberechtigt ist jedoch ausschließlich der Verkäufer. Dies ist Inhalt des Kaufvertrages und des Anspruches. Dieser Anspruch ist nach wie vor pfändbar, allerdings kann auch der Pfändungsgläubiger nur die Zahlung des zur Lastenfreistellung erforderlichen Kaupreisteiles an die abzulösenden Gläubiger verlangen; soweit danach ein Kaufpreisrest verbleibt, würde dieser im Falle der Pfändung selbstverständlich dem Pfändungsgläubiger zur Verfügung stehen1.

2.441

M36 Vollstreckungsschutz als unechter Vertrag zugunsten Dritter Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis entsprechend den Auflagen der im Grundbuch eingetragenen Gläubiger unmittelbar an diese zu überweisen (unechter Vertrag zugunsten Dritter). Es ist Inhalt des Anspruches, dass der Verkäufer Zahlung nur entsprechend der vorstehenden Bindung der Gläubiger zum Zwecke der Sicherung der Lastenfreistel-

1 Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 543.

394

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.445 Kap. 2

lung verlangen kann. Käufer und Notar sind nicht berechtigt und nicht verpflichtet, die Richtigkeit der Auflagen zu überprüfen. Der Kaufpreis ist, soweit er nicht zur Lastenfreistellung zu verwenden ist, auf das folgende Konto zu überweisen: …

3. Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs bei Abwicklung über Notaranderkonto Trotz der Verschärfung der Voraussetzung für die Kaufvertragsabwicklung unter Verwendung eines Notaranderkontos nach den §§ 54a ff. BeurkG werden immer noch gelegentlich Kaufverträge unter Verwendung des Notaranderkontos abgewickelt.

2.442

Beispiel: V verkauft sein Grundstück an K. Die Beteiligten vereinbaren, dass der Kaufpreis auf Notaranderkonto des Notars N einzuzahlen ist. Gläubiger des Verkäufers pfänden nunmehr den Kaufpreiszahlungsanspruch vor Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto.

2.443

Abwandlung: Wie ändert sich die Lösung des Falles, wenn die Pfändung erst nach Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto erfolgt?

Zunächst ist allgemein anerkannt, dass der Kaufpreiszahlungsanspruch des Verkäufers auch bei Vertragsabwicklung über Notaranderkonto pfändbar ist1. Hinsichtlich der Art der Pfändung ist zu unterscheiden. Wird der Kaufpreiszahlungsanspruch vor Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto gepfändet, so handelt es sich um eine reguläre Forderungspfändung. Besonderheiten sind insoweit nicht zu beachten. Allerdings kann der Gläubiger des Verkäufers nicht mehr pfänden, als dem Verkäufer zusteht2. Der Gläubiger kann daher ebenfalls nur Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto verlangen und muss die Zweckbestimmung der hinterlegten Gelder zur Verwendung zum Zwecke der Lastenfreistellung gegen sich gelten lassen3.

2.444

Findet die Pfändung hingegen nach Einzahlung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto statt, so stellt sich zunächst die Frage, was überhaupt zu pfänden ist. Im Grundsatz tritt durch die Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto noch keine Erfüllung ein4. Anders ist dies nur dann, wenn die Beteiligten ausdrücklich das Gegenteil vereinbaren, was im Regelfall nicht interessengerecht ist. Ist ausnahmsweise Erfüllung bereits eingetreten, so kann nur noch der Auszahlungsanspruch gegen den Notar gepfändet werden. Anderenfalls, ist Erfüllung also noch nicht eingetreten, so genügt nicht die Pfändung des Auszahlungsanspruchs gegenüber

2.445

1 Vgl. Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (138); Brambring, DNotZ 1990, 615 (645 f.); Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (156); BGH v. 30.6.1988 – IX ZR 66/87, MDR 1988, 958 = NJW 1989, 230 = DB 1988, 2196 = DNotZ 1989, 235. 2 Brambring, DNotZ 1990, 615 (646). 3 Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (138); Brambring, DNotZ 1990, 615 (646); Volhard, DNotZ 1987, 523 (541). 4 BGH v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, MDR 1983, 654 = NJW 1983, 1605 = DB 1983, 1706 = DNotZ 1983, 549; vgl. dazu auch Brambring, DNotZ 1990, 615 (633); Zimmermann, DNotZ 1983, 552 ff.

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395

Kap. 2 Rz. 2.446 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht

dem Notar. Eine entsprechende Pfändung würde keine Beschlagnahmewirkung hinsichtlich des Kaufpreiszahlungsanspruches auslösen1. Umstritten ist, ob eine Pfändung des Kaufpreiszahlungsanspruchs auch den Auszahlungsanspruch gegen den Notar erfasst2. Die wohl überwiegende Meinung bejaht das. Es gebietet sich als sicherster Weg eine Doppelpfändung, bei der sowohl der Kaufpreiszahlungsanspruch als auch der öffentlich-rechtliche Auszahlungsanspruch (auch als Auskehrungsanspruch bezeichnet) gegenüber dem Notar gepfändet wird3.

2.446

Wird zutreffend beim Notar gepfändet, hat der Notar eine Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO abzugeben. Wird hingegen unzutreffend, also insbesondere nur der Auszahlungsanspruch gegen den Notar gepfändet, ist unklar ob der Notar den Pfändenden auf eventuelle Mängel der Pfändung hinzuweisen hat und ob er mangels wirksamer Pfändung überhaupt eine Drittschuldnererklärung abzugeben hat4. Eine Hinweispflicht auf die Wirkungslosigkeit der Pfändung ist wohl abzulehnen, da der Pfändungsgläubiger nicht Beteiligter der vom Notar abgewickelten Rechtsgeschäfte wird und daher diesem gegenüber auch keine über die gesetzlichen Pflichten eines Drittschuldners hinausgehenden Amtspflichten bestehen.

2.447

Auch in diesem Fall ist der Gläubiger des Verkäufers an die Hinterlegungsvereinbarung und die dazu getroffenen Verwendungsauflagen gebunden. Ihm stehen daher der gepfändete Kaufpreiszahlungsanspruch und der Auszahlungsanspruch gegen den Notar nur in der Höhe zu, wie dieser nach Erfüllung der Verwendungsauflagen verbleibt. Sind hier Restbeträge auszukehren, so muss der Notar diese grundsätzlich an den Pfändungsgläubiger auszahlen5. Eine Erfüllung an den Verkäufer ist nicht mehr gestattet, § 829 ZPO. Auch ohne Änderung der Hinterlegungsvereinbarung ist der Notar vielmehr gezwungen, den Hinauszahlungsbetrag dem Pfändungsgläubiger auszuzahlen. In Zweifelsfällen sollte der Notar sich jeglicher Auszahlung enthalten und die Beteiligten auf die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO verweisen6.

IV. Pfändung von Rückgewähransprüchen 2.448

Beispiel: Im Rahmen des Verkaufs eines Grundstücks von V an K soll die Lastenfreistellung hinsichtlich eines im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechts einer deutschen Großbank durch Löschung des Grundpfandrechts erreicht werden. Wenige Tage, nachdem der

1 BGH v. 30.6.1988 – IX ZR 66/87, MDR 1988, 958 = NJW 1989, 230 = DB 1988, 2196 = DNotZ 1989, 235; v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, MDR 1983, 654 = NJW 1983, 1605 = DB 1983, 1706 = DNotZ 1983, 549. 2 So unter Berufung auf § 401 BGB Ganter, DNotZ 2004, 421 (432 f.). 3 BGH v. 30.6.1988 – IX ZR 66/87, MDR 1988, 958 = NJW 1989, 230 = DB 1988, 2196 = DNotZ 1989, 235; Ganter, DNotZ 2004, 421 (430 ff.). 4 Ganter, DNotZ 2004, 421 (433). Dort auch zu der Frage des Verhaltens des Notars (Nachfragen?), wenn er nicht weiß, auf welche Weise gepfändet wurde und ob die jeweiligen Pfändungen vollständig zugestellt wurden. 5 Brambring, DNotZ 1990, 615 (646). 6 Vgl. zum Ganzen auch Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (156 f.).

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.454 Kap. 2

Notar die Löschungsbewilligung bei der Bank angefordert hat, werden die Rückgewähransprüche des Verkäufers von einem Gläubiger des Verkäufers gepfändet. Was tun?

Rückgewähransprüche sind pfändbare Rechte aus dem Sicherungsvertrag. Sie gewähren einen Anspruch nach Wahl des Sicherungsgebers auf Abtretung der Grundschuld, Verzicht oder Aufhebung (Löschung). Die Rückgewähransprüche sind pfändbar gem. §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO1. Das Gleiche gilt für Eigentümergrundpfandrechte, die aufgrund Zahlung auf die Grundschuld beim Grundstückseigentümer (ausnahmsweise) entstanden sind. Auch diese sind pfändbar.

2.449

Wichtigstes Problem bei der Pfändung von Rückgewähransprüchen ist, dass ab der Pfändung die Löschung der Grundpfandrechte nur noch mit Zustimmung des Pfändungsgläubigers möglich ist2. Die Vormerkung bietet insoweit keinen wirksamen Schutz gegen die Pfändung der Rückgewähransprüche3.

2.450

Zur Vermeidung der Pfändung der Rückgewähransprüche sind diese bereits bei Beurkundung des Kaufvertrages an den Käufer abzutreten4. Üblicherweise erfolgt zur Vermeidung einer ungesicherten Vorleistung die Abtretung des Anspruches aufschiebend bedingt durch vollständige Kaufpreiszahlung. Die Pfändung wird dann mit Bedingungseintritt gem. § 161 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, da sie eine bedingungswidrige Verfügung darstellt. Auf diese Art und Weise wird der Anspruch des Käufers auf Löschung der im Grundbuch im Verkaufszeitpunkt noch eingetragenen Grundpfandrechte gesichert5.

2.451

M37 Vollstreckungsschutz durch Grundpfandrechtsabtretung

2.452

Der Verkäufer tritt hiermit aufschiebend auf den Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung, spätestens mit Eigentumsumschreibung, alle Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte hinsichtlich der im Grundbuch derzeit eingetragenen und vom Käufer nicht zu übernehmenden Grundpfandrechte an den dies annehmenden Käufer ab. Käufer und Verkäufer sind sich darüber einig, dass der Rückgewähranspruch aus dem Sicherungsvertrag in Form der Löschung zu wählen ist. Achtung: Die Abtretung der Rückgewähransprüche geht häufig allerdings ins Leere, da diese Ansprüche bereits an andere Banken abgetreten wurden. In diesem Fall geht aber natürlich auch die Pfändung durch den Drittgläubiger ins Leere.

2.453

Die Problematik lässt sich auch analog der Fälle bei Insolvenz des Gläubigers lösen.

2.454

1 BGH v. 6.7.1989 – IX ZR 277/88, BGHZ 108, 237 (245) = MDR 1990, 147 = NJW 1989, 2536 = DB 1990, 580 = DNotZ 1990, 581; Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (134); Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2342. 2 Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (158); Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (135). 3 Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (158). 4 Vgl. Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 552. 5 Vgl. Hansmeyer, MittRhNotK 1989, 149 (158); Jursnik, MittBayNot 1999, 125 (135).

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Kap. 2 Rz. 2.455 Grundstückskaufvertrag im Zivilrecht Beispiel: V verkauft ein mit Grundpfandrechten belastetes Grundstück an K. Fälligkeitsvoraussetzung ist die Sicherung der Lastenfreistellung. Im Grundbuch ist auch eine Grundschuld zugunsten des Privatiers X eingetragen. Nachdem dieser dem Notar in grundbuchmäßiger Form die Löschungsbewilligung mit erfüllbaren Auflagen eingereicht hat, stellt der Notar den Kaufpreis fällig. Er wird bezahlt. Wenige Wochen später, aber vor grundbuchamtlichen Vollzug, wird ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und anschließend das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gläubigers X eröffnet. Kann die Löschung noch vollzogen werden?

2.455

Die Löschungserklärung wird nach § 875 Abs. 2 BGB bindend, wenn er demjenigen zu dessen Gunsten sie erfolgt, eine den Grundbuchvorschriften entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat. Dies ist im Regelfall mit Zugang beim Notar der Fall, soweit der Notar bevollmächtigt wird die Löschungserklärung namens der Beteiligten einzuholen. Er nimmt dann die Erklärung namens des Käufers entgegen. Der Widerruf ist damit ausgeschlossen1.

2.456

Dennoch kann im vorliegenden Fall die Lastenfreistellung scheitern2. Denn der Gläubiger verliert vor der Vorlage der Löschungsbewilligung seine Verfügungsbefugnis über die Grundschuld. Daher stehen §§ 24, 80, 91 InsO der wirksamen Löschung der Grundschuld im Grundbuch entgegen. Zur Vermeidung dieser Vollzugsgefahr sollte die Löschungsbewilligung unverzüglich nach Erhalt beim Grundbuchamt vorgelegt werden. Damit ist § 878 BGB anwendbar, so dass der spätere Verlust der Verfügungsbefugnis unschädlich ist. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn der Gläubiger die Grundbuchvorlage von Zahlungsauflagen abhängig macht. In diesem Fall könnte es bereits in der Zeit zwischen Abgabe der Löschungserklärung und Erfüllung der Zahlungsauflage zur Insolvenz des Gläubigers kommen. Auch der Rangrücktritt des Grundpfandrechtes hinter die Vormerkung bringt hier keine Sicherheit, da z.B. die Abtretung des Grundpfandrechtes durch den Gläubiger (der bereits die Löschung bewilligt hat) keine vormerkungswidrige Verfügung ist und damit wirksam bleibt.

2.457

In einem solchen Fall bietet die Abwicklung über Notaranderkonto die größere Sicherheit, da die Auszahlung und die Vorlage zur Lastenfreistellung ggf. gleichzeitig erfolgen können.

2.458

Ferner ist dies ein Grund für die Verwendung einer Sicherungshypothek (anstelle einer Sicherungsgrundschuld) im Rechtsverkehr mit Privatgläubigern, da materiellrechtlich die Zahlung an den Gläubiger automatisch eine Eigentümergrundschuld entstehen lässt – auch wenn die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist. Denn dies tritt kraft Gesetzes ein. Der Insolvenzverwalter ist dann verpflichtet, die Umschreibung im Grundbuch im Wege der Berichtigung zu bewilligen.

1 Anders hingegen wohl die Treuhandauflage, s. Brunner, MittBayNot 1997, 197; für Bindung hingegen BGH v. 30.1.1992 – IX ZR 64/91, MDR 1992, 1057 = NJW 1992, 1390 = DNotZ 1992, 560. 2 Vgl. Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung8, Rz. 549 ff.

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H. Besonderheiten bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Rz. 2.459 Kap. 2

Der sicherste Weg besteht jedoch darin, neben der Löschungsbewilligung eine sofort vollziehbare Löschungsvormerkung vom Grundpfandrechtsgläubiger einzuholen, die sogleich im Grundbuch vollzogen werden kann. Die Löschungsvormerkung führt dann nach § 106 InsO zur Insolvenzfestigkeit und zum Pfändungsschutz für den Löschungsanspruch. Überdies ist bei Eintragung einer Löschungsvormerkung auch die nachträgliche Abtretung des Rechtes an einen Dritten dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam, sodass der Kaufvertrag rundum gesichert ist. Diese Lösung ist allerdings mit Mehrkosten verbunden und sollte nur gewählt werden, wenn Privatgläubiger eingetragen sind, die erhebliche Ablösebeträge fordern oder wenn (ausnahmsweise) eine Nicht-Bank ein Freigabeversprechen nach § 3 MaBV abgibt.

Wartenburger

399

2.459

Kapitel 3 Bauträgerkaufvertrag XI. Bauabzugsbesteuerung, §§ 48 ff. EStG. . . . . . . . . . . . . . . .

A. Einleitung I. Allgemeines 1. Rechtsnatur und normative Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bauträgerkaufvertrag und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . 3. Gewerbliches Handeln des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verzicht bei Kaufleuten . . . . . . .

3.1 3.6 3.15 3.17

II. Legitimation des Bauträgervertrages, Forderungssicherungsgesetz und Prinzip der Abschlagszahlungen . . . . . . . . . . . .

3.31

B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.61

I. Makler- und Bauträgerverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 3 MaBV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 7 MaBV – Bürgschaftsleistung

3.62 3.64 3.71

II. Fälligkeitsregelung und Verzug

3.88

III. AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachmängelhaftung . . . . . . . . . . 2. Änderungsvorbehalte und -vollmachten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abnahmefiktion . . . . . . . . . . . . . 4. Kaufpreisänderung . . . . . . . . . . . 5. Keine Einschränkung von Leistungsverweigerungsrechten . . . 6. Weitere Problemfälle des AGB-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.111 3.112 3.118 3.129 3.130 3.131 3.137

IV. Nachzüglerverkauf . . . . . . . . . . .

3.139

V. Baubeschreibung . . . . . . . . . . . .

3.141

VI. Vertragsabschluss mit Angebot und Annahme . . . . . . . . . . . . . . .

3.169

C. Besondere Gestaltungssituationen I. Ketten-Bauträgerverkauf in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verkäuferinsolvenz . . . . . . . . . . . 2. Insolvenz des Erstkäufers . . . . . 3. Alternativgestaltungen zur Abtretungslösung . . . . . . . . . . . . II. Verdeckter Bauträgerkaufvertrag, sog. Generalübernehmermodell . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt und Umfang des Formzwangs . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der MaBV, § 632a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . 4. Isolation der Haftungsrisiken. . 5. Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3.

Tausch mit dem Bauträger . . . . Grundstückstauschmodell . . . . Stundungsmodell . . . . . . . . . . . . Anteilsmodell . . . . . . . . . . . . . . .

IV. Sanierungsmodelle, Baudenkmale etc. 1. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschärfung der Bauträgerhaftung und Baubeschreibung . 3. MaBV-Ratenplan beim Sanierungsvertrag . . . . . . . . . . . . 4. Steuerliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . .

3.191 3.193 3.194 3.201

3.221 3.222 3.226 3.231 3.251 3.252 3.257 3.258 3.261 3.265

3.268 3.271 3.274 3.278

D. Steuerrechtliche Einzelfragen 3.145

VII. Abnahme des Gemeinschaftseigentums. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.149

VIII. Sonderwünsche. . . . . . . . . . . . . .

3.160

IX. Zwangsvollstreckungsunterwerfung. . . . . . . . . . . . . . . .

3.164

X. Schiedsgutachter- und Schiedsgerichtsklausel . . . . . . . . . . . . . . . 3.167

I. Einkommensteuer . . . . . . . . . . .

3.301

II. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . .

3.304

III. Umsatzsteuer 1. Wohnraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerberaum . . . . . . . . . . . . . . .

3.321 3.322

IV. Verlustzuweisungsmodelle (§ 15b EStG) . . . . . . . . . . . . . . . .

3.341

Leiß

401

Kap. 3 Bauträgerkaufvertrag Literatur (Auswahl): Armbrüster, Änderungsvorbehalte und -vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Basty, Das Bauträgerrecht – Bestandsaufnahme und Ausblick, MittBayNot 2007, 189; Basty, Der Bauträgervertrag, 8. Aufl. 2014; Basty, Keine Vorauszahlungen gegen Bürgschaft nach § 7 MaBV, DNotZ 2005, 94; Basty, Aktuelle Fragen zur Bürgschaft nach § 7 MaBV, DNotZ 2002, 652 ff.; Basty, Verbraucherschutz im Bauträgervertrag: Eigenheimerwerb ohne Risiko?, DNotZ, Sonderheft 2002, 118 ff.; Basty, Anmerkung zum BGH, Urt. v. 22.12.2000 VII ZR 310/99, MittBayNot 2001, 64 ff.; Baumann/Fabis, Totgesagte leben länger – Zur voreiligen Beerdigung des Bauträgervertrages, RNotZ 2001, 101 ff.; Blank, Bauträgervertrag, 5. Aufl. 2015; Blank, Gestaltungshinweise des BGH für den Bauträgervertrag, DNotZ 2014, 166 ff.; Borgen, „Vermischungsverbot“ von Sicherheiten gem. § 3 und § 7 MaBV, NJW 2000, 251; Brambring, Kein Aus für den Bauträgervertrag, ZfIR 2001, 257 ff.; G. Drasdo, Rechtsfolgen des Verstoßes gegen MaBV-Normen, NJW 2007, 2741; Fischer, Reichweite der Bürgschaften nach der Makler- und Bauträgerverordnung, ZNotP 2003, 122; Grziwotz/Koeble (Hrsg.), Handbuch Bauträgerrecht, 2004; Grziwotz, Mehr Verbraucherschutz – der neue § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG, notar 2013, 343; Grziwotz, Vertragsgestaltung beim verbundenen Immobiliengeschäft, NotBZ 2002, 359 ff.; Grziwotz, „Aus“ für den „alten“ Bauträgervertrag – Nachdenken über einen gerechten Interessenausgleich, ZfIR 2001, 521 ff.; Hartmann, Die Aufspaltung des Bauträgervertrages in Kauf- und Werkvertrag, MittRhNotK 2000, 11 ff.; Heinemann, Mängelhaftung im Bauträgervertrag nach der Schuldrechtsreform, ZfIR 2002, 167; Herrler, Formularmäßige Bindungsfristen beim Immobilienkaufvertrag, DNotZ 2013, 887; Herrler, Fälligkeit des Zahlungsanspruchs und Rückforderbarkeit geleisteter Zahlungen im Falle eines gegen § 3 MaBV verstoßenden Ratenplans, DNotZ 2007, 895; Hertel, Neues Werkvertragsrecht und MaBV – Erwiderung auf Wagner (ZNotP 2000, 461), ZNotP 2001, 5 ff.; Heuer/Weber, Die Entwicklung des Bauträgerrechts in den Jahren 2013 und 2014, NJW 2015, 2086 ff.; von Heymann/Wagner/Rösler, Makler- und Bauträgerverordnung für Notare und Kreditinstitute, 2000; Hildebrandt/Schäfer, Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit von Leistungsbestimmungsrechten und Änderungsvorbehalten im Bauträgervertrag, ZfIR 2006, 81; Hügel, Mängelrechte beim Immobilienkauf vom Bauträger, NotBZ 2004, 377; Kanzleiter, Vertragsfreiheit und Bauträgervertrag nach der Schuldrechtsreform, DNotZ 2006, 246; Kanzleiter, Neues zur Bürgschaft nach § 7 MaBV und zur Vereinbarung von Vorauszahlungen im Bauträgervertrag, DNotZ 2002, 819 ff.; C. Keim, Die notarielle Vorlagesperre – Begründung einer Vorleistungspflicht oder Sicherungsinstrument im Rahmen der Zug-um-Zug-Abwicklung, MittBayNot 2003, 21 ff.; Klein, Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Baudenkmälern optimal nutzen, GStB 2017, 60; Krick/Sagmeister, Die Baubeschreibung in Bauträgerverträgen, MittBayNot 2014, 205 ff.; Kutter in Beck’sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015; Marcks, Kommentar zur Makler- und Bauträgerverordnung, 9. Aufl. 2014; S. Meyer, Ausgewählte Probleme des Bauträgervertrages, RNotZ 2006, 497; Ott, Die Verfolgung von Mängelrechten gegen den Bauträger – Wackelt der Schwanz mit dem Hund?, NZM 2007, 505; Pause, Bauträgerkauf und Bauträgermodelle, 5. Aufl. 2011; Pause, Unwirksamkeit von Fristenangleichungsklauseln für Nachzügler in Bauträgerverträgen, NZBau 2017, 22; M. Rapp, Bauträgervertrag und Abschlagszahlungen, MittBayNot 2001, 145 ff.; Reithmann, Die Belehrungspflicht des Notars beim Bauträgervertrag, ZNotP 2007, 7; Reithmann, Mängelhaftung beim Sanierungs-Bauträgervertrag, ZfIR 2000, 602; Reithmann/ Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. 1995; Scheibengruber, Bauträgerrecht – Aktuelle Entwicklungen, notar 2014, 84 ff.; Scheibengruber, Bauträgerrecht – Aktuelle Entwicklungen, notar 2015, 86 ff.; Scheibengruber, Bauträgerrecht – Aktuelle Entwicklungen, notar 2016, 86 ff.; F. Schmidt, Anmerkung zum BGH, Urt. v. 22.12.2000 VII ZR 310/99, DNotZ 2001, 209 ff.; Schmucker, Nochmals: § 632a BGB contra Ratenplan nach der MaBV, ZfIR 2001, 426 ff.; Sorge/Vollrath, Das Ende vom Ende des Bauträgervertrages, DNotZ 2001, 261 ff.; Staudinger, Der Bauträgervertrag auf dem Prüfstand des Gemeinschaftsrechts, DNotZ 2002, 166; Thode, Transparenzgebot und Bauträgervertrag, ZNotP 2004, 131; Thode, Rechtssicherheit für

402

Leiß

A. Einleitung

Rz. 3.2 Kap. 3

den Bauträgervertrag – eine Phantasmagorie, ZfIR 2001, 345 ff.; Thode, Der Bauträgervertrag vor dem Aus?, ZNotP 2001, 151; Volmer, Die Neuordnung des verbundenen Immobiliengeschäfts, MittBayNot 2002, 252; Volmer, Zehn Thesen zur Integration des Bau(träger)vertrages in das BGB, ZfIR 2006, 191; Vollrath, Neuestes zum Bürgschaftsinhalt nach § 7 MaBV – Zugleich Anmerkung zum Vorlagebeschluss des BGH an den EuGH v. 2.5.2002 – VII ZR 178/01, MittBayNot 2002, 254 ff.; Wagner, Bauträgervertrag am Ende, WM 2001, 718 ff.; Wagner, MaBV in der notariellen Praxis – MaBVam Ende oder ohne Ende –, ZNotP 2001, 561 ff.; Weis/ Rösler, Das Wahlrecht der finanzierenden Bank im Rahmen einer Freistellungserklärung nach § 3 MaBV, ZIP 2002, 1520 ff.; Wenzel, Die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung von Mängelrechten der Ersterwerber, NJW 2007, 1905. Bauträgermerkblatt: Landesnotarkammer Bayern, Stand Mai 2009 („Die Gestaltung von Verträgen über den Erwerb neuer Wohngebäude und Eigentumswohnungen – Bauträgermerkblatt –“).

A. Einleitung I. Allgemeines 1. Rechtsnatur und normative Grundlagen Der Bauträgervertrag ist kein besonderer Vertragstyp i.S.d. BGB. Ursprünglich stammen die einzigen ausdrücklichen Regelungen zum Bauträgervertrag aus dem Gewerberecht, nämlich aus § 34c GewO. Danach bedarf die Tätigkeit als Bauträger einer staatlichen Genehmigung. Auf der Grundlage des § 34c Abs. 3 GewO wurde die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) als gewerberechtliche Rechtsgrundlage geschaffen, die dem Schutz der Käufer dient. Eine entsprechende zivilrechtliche Regelung bestand jahrzehntelang nicht. Dies wurde inzwischen allerdings nachgeholt, insbesondere durch die Neufassung des § 632a BGB im Rahmen des sog. „Forderungssicherungsgesetzes“ (s. dazu Rz. 3.31 ff.). Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat in der 18. Wahlperiode außerdem einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine noch umfassendere Regelung des Bauträgervertrages im BGB vorschlägt; dieser Gesetzentwurf wurde in der ersten Jahreshälfte 2017 verabschiedet, so dass die Neuregelungen zum 1.1.2017 in Kraft getreten sind1. Die gewerberechtlichen Schutzvorschriften zugunsten des Käufers stellen nach h.M. Verbotsgesetze i.S.d. § 134 BGB dar, so dass Verstöße hiergegen zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung führen2.

3.1

Der typische Bauträgervertrag ist durch zweierlei vertragliche Elemente gekennzeichnet. Einerseits verpflichtet sich der Bauträger zur Errichtung eines Gebäudes oder sonstigen Bauwerkes oder zur Sanierung bereits vorhandener Bauwerke und verpflichtet sich andererseits gleichzeitig dazu, dem Vertragspartner das Eigentum

3.2

1 BT-Drucks. 18/8486 („Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“) sowie BGBl. I 2017, 969 ff. 2 BGH v. 22.12.2000 – VII ZR 310/99, DNotZ 2001, 201 = NJW 2001, 818; s. zu den Folgen für die Vertragsgestaltung Basty, MittBayNot 2007, 189 (190).

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403

Kap. 3 Rz. 3.3 Bauträgerkaufvertrag

an einem Grundstück oder einem Erbbaurecht zu verschaffen1. In § 632a Abs. 2 BGB wird der Bauträgervertrag als Vertrag beschrieben, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerkes zum Gegenstand hat und zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen. Der Bauträgervertrag wird dementsprechend rechtlich auch durch beide vertragliche Elemente charakterisiert. Es handelt sich um einen typengemischten Vertrag eigener Art, der sich aus kauf- und werkvertraglichen Elementen zusammensetzt2. Das kaufvertragliche Element bezieht sich auf die Übereignung des Eigentums an Grundbesitz, während das werkvertragliche Element sich auf die mangelfreie Ausführung der Bauleistungen bezieht. Teilweise sind auch Elemente eines Auftrages und eines Geschäftsbesorgungsvertrages erkennbar3, die jedoch kaum prägenden Charakter haben. Beim Bauträgervertrag handelt es sich trotz der Zahlung in Raten nicht um einen Ratenlieferungsvertrag i.S.d. § 505 BGB und auch nicht um ein Teilzahlungsgeschäft i.S.d. § 499 Abs. 2 BGB4.

3.3

Problematisch ist die Grenzziehung zur Anwendbarkeit des Bauträgerrechtes, wenn nur geringfügige Werkleistungen zu erbringen sind. Sind beispielsweise vom Verkäufer lediglich Schönheitsreparaturen oder geringfügige bauliche Veränderungen zur Herbeiführung eines vertragskonformen Zustandes geschuldet, so ist das „Bauträgerrecht“ (d.h. insbesondere die in diesem Kapitel näher geschilderten Vorgaben des § 632a, der §§ 3,7 MaBV und der AGB-Kontrolle aus §§ 305 ff. BGB) noch nicht anwendbar5. Bei echten Sanierungsobjekten ist dies selbstverständlich anders6. Zu verorten sind die betreffenden Abgrenzungsfragen für die MaBV beim Tatbestandsmerkmal „Bauvorhaben“ (§ 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV), für § 632a BGB beim Tatbestandsmerkmal „Umbau“ (§ 632a Abs. 2 BGB).

3.4

Umstritten ist die Frage, ob für den Bauplatzverkauf durch den Erschließungsträger das Recht der MaBV anwendbar ist, wenn außer der Herstellung eines erschlossenen Bauplatzgrundstückes keinerlei weitergehende Bauleistungen geschuldet sind7. Nach hier vertretener Auffassung kann bei bloßem Verkauf eines erschlossenen Grundstücks die MaBV sowie die sog. „Hausbau-“ bzw. „Abschlagszahlungsverordnung“ (Verordnung über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen vom 29.5.2001)8 keine Anwendung finden. Denn es geht vorliegend nicht um die Herstellung eines Gebäudes oder vergleichbaren Bauwerkes. Die Errichtung bloßer Erschließungsanlagen kann daher nicht nach Bauträgerrecht beurteilt werden. Dessen 1 Siehe Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 3 ff. 2 BGH v. 21.11.1985 – VII ZR 366/83, DNotZ 1986, 280 = NJW 1986, 925; v. 12.7.1984 – VII ZR 268/83, NJW 1984, 2573. 3 Siehe Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 6. 4 Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 6. 5 BayObLG v. 1.10.2004 – 3Z BR 129/04, NZM 2005, 264 = NotBZ 2005, 37. 6 Ausführlich zur Abgrenzung: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 576 ff. 7 Siehe Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 113 f. (die Anwendbarkeit der MaBV grundsätzlich bejahend); die Anwendbarkeit der MaBV ablehnend: Grziwotz, MDR 1996, 978; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 115. 8 BGBl. I 2001, 981.

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A. Einleitung

Rz. 3.7 Kap. 3

bedarf es zum Schutz des Bauwerbers auch nicht. Der entsprechende Ratenplan der MaBV und der Hausbauverordnung passen für diese Fälle nicht. Gleichzeitig gilt selbstverständlich das BGB einschließlich der §§ 305 ff. BGB. Aus diesem Grunde gelten in jedem Fall das Verbot von Vorausleistungen und das Verbot des Ausschlusses von Zurückbehaltungsrechten. Auch in diesen Fällen verbleibt es daher unabhängig von der MaBV dabei, dass die auf die Erschließungsanlagen entfallenden Kaufpreisteilbeträge erst nach Herstellung und entsprechender Abnahme zur Zahlung fällig werden. Anders wäre dies nur bei individuell abweichend vereinbarten1 Bestimmungen. Im Übrigen steht die MaBV nicht zur Disposition der Beteiligten, sondern deren Einhaltung ist durch Ordnungswidrigkeitenvorschriften und die Unwirksamkeit entgegenstehender Abreden sanktioniert.

3.5

2. Bauträgerkaufvertrag und Verbraucherschutz Nur auf wenigen Gebieten ist der Verbraucherschutz so stark entwickelt wie beim Bauträgerkaufvertrag – zu Recht, da für die Erwerberseite die Anschaffung einer Immobilie im Regelfall eine Investition von (ggf. einmaliger, jedenfalls aber) besonderer wirtschaftlicher Tragweite darstellen wird. Die Vorteile des Bauträgerkaufvertrages liegen für den Verbraucher vor allem (1) in den besonderen Sicherungspflichten gem. §§ 3 und 7 MaBV2. Ferner (2) finden die §§ 305 ff. BGB Anwendung („Klauselkontrolle“); einen zusätzlichen Schutz (3) gewährt seit der Neufassung zum 1.1.2009 § 632a BGB durch die dort verankerte Erfüllungssicherheit (s. Rz. 3.31 ff.) und (4) die beurkundungsrechtliche Vorschrift des § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG soll vor Übereilung schützen. Freilich kann kein gesetzlicher Schutz so weit gehen, zu verhindern, dass Käufer sich durch den Abschluss wirtschaftlich nicht sinnvoller Verträge selbst schädigen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen Käufern die Leistungsfähigkeit fehlt, den Kaufpreis zu bezahlen, oder aber, wenn der Kaufpreis schlicht überhöht ist. Hiervor kann weder die MaBV noch der Notar schützen.

3.6

Als ultima ratio kann im Einzelfall der Schutz des § 138 BGB eingreifen. Diesbezüglich hat der BGH3 im Jahre 2001 den Käuferschutz wesentlich erweitert. Faktisch wird bei einem krassen Missverhältnis von Wert des Kaufobjektes und Kaufpreis die verwerfliche Gesinnung des Verkäufers vermutet, wenn der Käufer von dem Wertverhältnis keine Kenntnis hatte4. Hat der Käufer gleichwohl bereits Teile des Kaufpreises gezahlt, so hilft ihm dies bei Insolvenz des Verkäufers allerdings nichts. Die Nichtigkeit des Vertrages führt sogar zur Unwirksamkeit der Vormerkung. Der Rückzahlungsanspruch des Käufers gegen den Bauträger ist in solchen Fällen meist weitgehend wertlos.

3.7

1 Siehe zu Individualvereinbarungen Gottschalk, NJW 2005, 2493 ff. 2 Vgl. Spiegelberger, DNotZ 1984, 461. 3 BGH v. 19.1.2001 – V ZR 437/99, NJW 2001, 1127 ff. = RNotZ 2001, 276 ff.; s. auch BGH v. 17.6.2005 – V ZR 220/04, MDR 2005, 1341 f. 4 In einer jüngeren Entscheidung hat der BGH diese Rechtsprechung bestätigt und präzisiert: BGH v. 24.1.2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652.

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405

Kap. 3 Rz. 3.8 Bauträgerkaufvertrag

3.8

Weiterhin ist der Käuferschutz auch außerhalb der MaBV durch den BGH insoweit erweitert worden, als die Prospekthaftungsgrundsätze auch auf Bauträgermodelle anwendbar sind1. Bei Nichtangabe wesentlicher Kostenfaktoren oder Angabe einer zu großen Wohnfläche im Prospekt kann ein Käufer damit in Zukunft nach §§ 311 Abs. 2, 241 BGB Rückgabe des Objektes gegen Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises verlangen. In Insolvenzfällen laufen diese Rechte allerdings leer. Hier kann unter Umständen jedoch das Recht auf Minderung helfen, wenn Teile des Kaufpreises noch einbehalten wurden. Mit der Schuldrechtsreform wurde die Mängelrelevanz von Prospekt- und Werbeangaben durch § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB weiter gestärkt.

3.9

Da trotz allem im Bauträgerrecht Sicherungslücken verbleiben, wird seit einigen Jahren über eine Reform des Bauträgerrechts diskutiert2. In dessen Zentrum steht meist die Frage einer besseren Sicherung des Käufers durch eine zwingende (umfassende) Bürgschaft. Solches ist bislang aber nicht Gesetz geworden; auch der in Rz. 3.1 genannte Gesetzesentwurf („Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“) sieht bislang keine solche zusätzliche Absicherung vor. Jedoch sind seit der Erstauflage jedenfalls in eigenen wichtigen Teilbereichen Verbesserungen für den Verbraucher erreicht worden (teilweise im Wege der Gesetzgebung, teilweise zurückgehend auf höchstrichterliche Rechtsprechung): – Durch das sog. „Forderungssicherungsgesetz“ wurde in § 632a Abs. 2 BGB eine Erfüllungssicherheit vorgesehen, die neben die Sicherungsinstrumente aus §§ 3, 7 MaBV tritt (s. Rz. 3.31 ff.). – Die Rolle des Notars in der Vorbereitungsphase eines entsprechenden Vertragsschlusses ist durch die Neufassung von § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG gestärkt worden (s. Rz. 3.10 ff.). – Der BGH hat klargestellt, dass die in § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG für die Entwurfsübersendung vorgesehen 14-Tagesfrist nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht und so die Praxisrelevanz dieser Überlegungsfrist unterstrichen und gestärkt. – In mehreren BGH-Entscheidungen zur Bindungsfrist bei der Aufspaltung eines Vertragsschluss in Angebot und Annahme wurde einerseits die zulässige Bindungsfrist verkürzt und andererseits die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung (auch) auf den Bauträgervertrag geklärt (s. Rz. 3.145 bis 3.148).

3.10

Praxishinweis: § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG n.F. Eine zentrale Rolle für den Schutz des Verbrauchers vor Übereilung spielt nach Überzeugung des Gesetzgebers der Notar; dies kommt besonders in einer zum 1.10.2013 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung zum Ausdruck: Nach § 17 Abs. 2a BeurkG hat in sog. „Verbraucher-Unternehmer-Konstellationen“ (wie sie beim Abschluss eines Bauträgervertrags regelmäßig vorliegen, §§ 13, 14, 310 Abs. 3 BGB) der Verbraucher den Text der beabsichtigten Urkunde in der Regel 14 Tage vor Vertragsschluss zu erhalten. Die Entwurfsübersendung konnte bislang auch durch den Verkäufer oder einen Makler bzw. sonstigen Vermittler besorgt werden. Hierzu hat der Gesetzgeber die Anforderungen mit dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Be1 BGH v. 7.9.2000 – VII ZR 443/99, NJW 2001, 436 ff.; v. 13.11.2003 – VII ZR 26/03, NJW 2004, 288 = MDR 2004, 161. 2 Siehe den Überblick bei Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 17.

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A. Einleitung

Rz. 3.13 Kap. 3

urkundungsverfahren vom 15.7.20131 merklich erhöht: die Entwurfsübersendung ist seit dieser Änderung nach § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG durch den Notar oder seinen Sozius selbst zu besorgen; nicht mehr ausreichend, um den Anforderungen der 14-Tagesfrist zu entsprechen, ist also eine Übersendung des Vertragsentwurfs durch den Verkäufer (bzw. seinen Vertriebsbeauftragten) oder einen Makler. Dadurch will der Gesetzgeber erreichen, dass der Notar unmittelbar kontrollieren kann, ob die Vorgaben des § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG tatsächlich eingehalten sind. Außerdem soll mit Hilfe der unmittelbaren Kontaktaufnahme durch den Notar verhindert werden, dass der Verbraucher im Rahmen der Vorbereitung des Vertragsschluss in eine „Beratungsisolation“ gerät2.

Eine Stärkung hat § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG außerdem dadurch erfahren, dass nach einer Entscheidung des BGH die dort verankerte 14-Tagesfrist nicht zur Disposition der Parteien steht3. Aus dieser Entscheidung wird deutlich, dass eine Abweichung von der gesetzlich geregelten „Vorbereitungsfrist“ nicht auf den bloßen Wunsch der Beteiligten möglich ist. Der Notar muss nach dem Urteil des BGH vielmehr auch dann für die Einhaltung der 14-Tagesfrist sorgen, wenn die Vertragsteile ausdrücklich erklären, schon vor Ablauf der Frist beurkunden zu wollen. Ausnahmen sind nur möglich, wenn für sie ein sachlicher Grund vorliegt (dieser Grund muss in der Urkunde wieder gegeben sein: § 17 Abs. 2a Nr. 2 Satz 3 BGB n.F.) und sich der Notar außerdem davon überzeugt hat, dass der vom Gesetzgeber bezweckte Übereilungsund Überlegungsschutz auf anderen Weise als durch die Einhaltung der Regelfrist gewährleistet ist.

3.11

Für die Fristberechnung gelten §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB; erfolgt also beispielsweise die Entwurfsübersendung am Montag, kann die Beurkundung frühestens am Dienstag zwei Wochen danach stattfinden4. – Die Pflicht den Vertragstext zur Verfügung zu stellen, ist nach der Gesetzesbegründung als „nicht höchstpersönlich“ zu verstehen; der Notar kann die Entwurfsübersenden also auf seine Mitarbeiter delegieren (deren sorgfältige Überwachung vorausgesetzt)5. Die Übersendung des Vertragsentwurf durch einen „dritten Notar“ (z.B. einen sog. „Zentralnotar“, der das Vorhaben zwar insgesamt betreut und abwickelt, nicht aber sämtliche Kaufverträge beurkundet) soll nach Auffassung der Bundesnotarkammer dagegen nur dann ausreichend sein, wenn ursprünglich (d.h. im Zeitpunkt der Versendung des Entwurfs) geplant war, die Beurkundung auch tatsächlich vor diesem Notar vorzunehmen6.

3.12

Zum Umfang und zur Ausgestaltung der vom Notar zu übersendenden Unterlagen ist allgemein anerkannt, dass es jedenfalls ausreicht, einen Vertragsentwurf zu übersenden, der zwar noch nicht vollständig verlesungsfähig ist, aber hinreichend individualisiert ist, um die vom Gesetzgeber gewünschte Informationsfunktion in trans-

3.13

1 2 3 4 5 6

BGBl. I 2013, 2378. BT-Drucks. 17/12035. BGH v. 7.2.2013 – III ZR 121/12, DNotI-Report 2013, 62 = DNotZ 2013, 552. Grziwotz, notar 2013, 343 (345). BT-Drucks. 17/12035, 8. Anwendungsempfehlungen zur Neufassung von § 17 Abs. 2a BeurkG, Rundschreiben der Bundesnotarkammer Nr. 25/2013 vom 2.10.2013.

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Kap. 3 Rz. 3.14 Bauträgerkaufvertrag

parenter Weise erfüllen zu können. Übersandt werden müssen beim Bauträgervertrag außerdem auch etwaige Verweisungsurkunden, beispielsweise die Baubeschreibung sowie die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung1. Über die Möglichkeit, Verweisungsurkunden einschließlich etwaiger Planunterlagen rechtzeitig vor Beurkundung einzusehen, soll der Notar nach § 13a Abs. 3 BeurkG den Beteiligten vor Beurkundung Mitteilung machen2. Umstritten ist dagegen, ob es ausreicht ein „Leerformular“ zu versenden, das noch keinerlei Individualisierungsmerkmale (wie z.B. Angaben zum Verkäufer und Käufer, zum vertragsgegenständlichen Grundbesitz und zum Kaufpreis) enthält3. In ihren Anwendungsempfehlungen zur Neufassung des § 17 Abs. 2a BeurkG4 geht die Bundesnotarkammer davon aus, dass der Entwurf bereits die essentialia negotii enthalten muss, also insbesondere den Vertragsgegenstand und den Kaufpreis zu bezeichnen hat. Nicht ausreichend ist danach also, wenn sich der Verbraucher diese Informationen aus anderweitigen Quellen außerhalb des Entwurfs erschließen kann (z.B. aus Prospekten oder sonstigen Werbematerialien). Zur erneuten Entwurfsversendung bei nachträglichen Änderungen s. nachfolgend Rz. 3.14.

3.14

Zur Frage, welche Gründe oder Umstände es sein können, die einen hinreichenden sachlichen Grund darstellen, um ein Abweichen von der regulären Wartefrist des § 17 Abs. 2a BeurkG zu rechtfertigen, ist die Diskussion nicht abgeschlossen. Zu Recht wird wohl in Zweifel gezogen, ob es ausreichend ist, dass der Käufer angibt, im Immobiliengeschäfts nicht unerfahren oder Angehöriger eines rechts- oder steuerberatenden Berufs zu sein: nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Wartefrist auch Gelegenheit dazu geben, sich (auch) über Aspekte zu informieren, die nicht von der Beratungs- und Belehrungspflicht des Notars umfasst sind: so z.B. Fragen des Kaufpreises oder der Bauausführung; dafür wird auch der erfahrene Käufer oder ein Käufer mit fachlichem Hintergrund aus dem Bereich Recht und Steuern Zeit benötigen5. – Allgemein anerkannt ist, dass die Gründe für das Abweichen von der regulären Wartefrist aus der Sphäre des Verbrauchers stammen müssen; keine zulässige Rechtfertigung für die Verkürzung der Wartefrist ist es also, wenn der Verkäufer erklärt, zu einem späteren Zeitpunkt gäbe es keine Abschlussmöglichkeit mehr6. – Noch nicht abschließend geklärt ist demgegenüber, unter welchen Umständen Abweichungen von der zunächst versandten Entwurfsfassung so wesentlich sind, dass sie es erfordern, die 14-Tagesfrist erneut in Gang zu setzen. Nach wohl zutreffend vertretener Ansicht besteht ein solches Erfordernis jedenfalls dann nicht, wenn sich im Rahmen oder kurz vor der Beurkundung eine Änderung auf Erwerberseite ergibt, sofern zwischen den betroffenen Erwerbern ein Vertrauensverhältnis i.S.d. § 17 Abs. 2a Nr. 1 BeurkG besteht (beispielsweise Ehegatten erwerben gemeinsam statt ein Ehe-

1 2 3 4 5 6

Grziwotz, notar 2013, 343 (344). Kersten/Bühling/Wolfsteiner 25, § 33 Rz. 20. Zweifelnd: Grziwotz, notar 2013, 343 (345). Rundschreiben der Bundesnotarkammer Nr. 25/2013 vom 2.10.2013. Grziwotz, notar 2013, 343 (345). Grziwotz, notar 2013, 343 (345).

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A. Einleitung

Rz. 3.16 Kap. 3

gatte allein)1. – Eine neue Frist wird jedoch zu wahren sein, wenn der Verkäufer nach Entwurfsversand erklärt, das vom Käufer zu erwerbende Objekt habe sich geändert: da es nach der Gesetzesbegründung im Rahmen der Neufassung des § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG dem Gesetzgeber ausdrücklich (mit) darum ging, dem Verbraucher zu ermöglichen, auch die „wirtschaftliche Stimmigkeit“ seines geplanten Erwerbs zu prüfen2, muss die Frist in entsprechenden Fällen jedenfalls in der Regel neu beginnen: nur so erhält der Verbraucher hinreichend Gelegenheit festzustellen, ob sich durch die „geänderten Vorzeichen“ auch Auswirkungen auf seine bisher gemachten wirtschaftlichen Überlegungen ergeben. Würde anders entschieden, könnte möglicherweise außerdem Missbrauch drohen (kurz vor Beurkundung wird das vom Käufer eigentlich gewünschte Objekt durch ein – aus Sicht des Verkäufers – schlechter veräußerliches Objekt ersetzt). 3. Gewerbliches Handeln des Verkäufers Die besonderen Bestimmungen für Bauträger fanden vor Neufassung des § 632a nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 1 MaBV nur dann Anwendung, wenn der Verkäufer gewerblich tätig wird („Der Gewerbetreibende darf […]“). Dazu wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die steuerrechtlichen Abgrenzungskriterien zum gewerblichen Grundstückshandel auch auf die Abgrenzung des privaten Bauträgers vom gewerblichen Bauträger anzuwenden seien3. Die 1. Auflage sprach sich demgegenüber dafür aus, im Rahmen der MaBV nach eigenständigen Kriterien zu entscheiden und plädierte im Ergebnis dafür, – unabhängig von der Frage nach der Gewerblichkeit – auch für Privatpersonen, die sich bauträgerähnlich verhalten, die Sicherungsvorgaben der MaBV bei der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung einzuhalten: das Risiko eines Käufers unterscheidet sich nicht, ob der Verkäufer als Privatperson oder als Gewerbetreibender handelt4. Bedeutung erlangt die genannte Streitfrage damit nur mehr insoweit, als der Veräußerer (nicht aber der Notar) prüfen muss, ob er (der Veräußerer) einer gewerberechtlichen Genehmigung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a GewO bedarf5. Ein Vertrag mit einem Gewerbetreibenden, der ohne die erforderliche Genehmigung nach § 34c GewO tätig wird, ist nicht nichtig6.

3.15

Praxishinweis: Mit Inkrafttreten des § 632a BGB n.F. kann es für die zivilrechtliche Vertragsgestaltung auf die Frage der Gewerblichkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 MaBV endgültig nicht mehr ankommen: liegt ein Vertrag gem. § 632a Abs. 2 BGB n.F. vor, gelten §§ 3, 7 MaBV kraft der Verweisungskette in § 632a Abs. 2 BGB über die Abschlagszahlungsverordnung zur MaBV7. Die Feststellung aus der Erstauflage, wonach bei Personen, die nicht i.S.d. § 3 Abs. 1 MaBV

3.16

1 Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 20. So auch die Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer im Rundschreiben Nr. 25/2013 vom 2.10.2013. 2 BT-Drucks. 17/12035, 6. 3 Siehe Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 19; zurückhaltender Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 109 ff. 4 Ähnlich: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 110. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 20. 6 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 83. 7 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 107.

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Kap. 3 Rz. 3.17 Bauträgerkaufvertrag gewerblich handeln, im Ergebnis größere Gestaltungsfreiräume bestehen, kann daher nurmehr insoweit aufrechterhalten werden, als in entsprechenden Konstellationen das zwingende Gewerberecht in § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV („objektbezogene Verwendung“) und § 6 MaBV („getrennte Vermögensverwaltung“) keine Anwendung findet (was sich aber in der zivilrechtliche Ausgestaltung des betreffenden Vertrages nicht widerspiegelt).

4. Verzicht bei Kaufleuten

3.17

Juristische Personen des öffentlichen Rechts und natürliche und juristische Personen, die als Kaufmann i.S.d. HGB anzusehen sind, können gem. § 7 Abs. 2 MaBV auf die Einhaltung der § 3 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1, §§ 5, 6 und 7 MaBV verzichten. Die Kaufmannseigenschaft ist nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 Satz 2 MaBV durch Handelsregisterauszug nachzuweisen. Nach überzeugender h.M. genügt über den Wortlaut hinaus auch eine notarielle Registerbescheinigung über die Kaufmannseigenschaft.

3.18

Die Verzichtserklärung muss zu gesonderter Urkunde schriftlich erfolgen. Auch wenn teilweise die Auffassung vertreten wird, dass diese schriftliche Erklärung nicht der notariellen Beurkundung bedürfe1, empfiehlt sich dies aus Sicherheitsgründen gleichwohl. Der Verzicht muss vor oder während der Beurkundung des geplanten Kaufvertrags vereinbart werden; sie ist dem Notar vorzulegen (anderenfalls hätte der Notar die Beurkundung von Regelungen, die von §§ 3, 7 MaBV abweichen, abzulehnen)2. Eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung gem. § 632a Abs. 3 BGB besteht in entsprechenden Fällen regelmäßig nicht; die genannte Vorschrift ist nur in Verbraucher- Unternehmer-Konstellationen anwendbar.

3.19

M38 Verzicht auf Anwendung der MaBV Zu einer nachfolgenden Urkunde des beurkundenden Notars veräußert die […] GmbH (Verkäufer) an die […] AG (Käufer) das Grundstück Flst. Nr. […], Gemarkung […] nebst dem darauf vom Verkäufer zu erbauenden Wohn- und Geschäftsgebäude. Entsprechende Registerauszüge sind hier vorsorglich beigefügt (§ 7 Abs. 2 Satz 2 MaBV). Der Käufer verzichtet hiermit darauf, dass für den vorbezeichneten Vertrag die zum Schutz des Käufers in der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) vorgesehenen Bestimmungen (§ 3 Abs. 1 und 2; § 4 Abs. 1; §§ 5 und 6) vereinbart bzw. eingehalten werden. Der Verkäufer nimmt diesen Verzicht an3.

3.20–3.30

Einstweilen frei.

1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 125. 2 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 125. 3 Nach Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 80 M.

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A. Einleitung

Rz. 3.33 Kap. 3

II. Legitimation des Bauträgervertrages, Forderungssicherungsgesetz und Prinzip der Abschlagszahlungen In der Vergangenheit war Unsicherheit entstanden, ob der Bauträgervertrag in der bisher üblichen Fassung zivilrechtlich legitimiert sei1. Der Streit um die Zulässigkeit des Ratenplanes des Bauträgervertrages beruhte im Wesentlichen auf § 632a BGB a.F. und dreht sich um die Frage, ob diese Norm und das Werkvertragsrecht allgemein ein gesetzliches Leitbild dahingehend enthalte, dass Abschlagszahlungen nur für „in sich abgeschlossene Teile“ eines Werkes und nur bei Eigentumsübergang oder Sicherheitsleistung verlangt werden dürften.

3.31

Der Gesetzgeber hat auf diese Zweifel (für die sich auch das Schlagwort: „Kritik am Vormerkungsmodell“ etabliert hatte) zwischenzeitlich in zweifacher Weise reagiert. Zunächst hat er versucht, auf der Grundlage des Art. 244 EGBGB (ursprünglich § 27a AGBG) speziell für Bauträgerverträge Abhilfe zu schaffen: Durch die Verordnung2 über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen vom 29.5.2001 wurden Abschlagszahlungen entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV als zulässig angeordnet, wodurch eine zivilrechtliche Rechtsgrundlage für die gewerberechtlich nach § 3 Abs. 2 MaBV vorgesehenen Ratenzahlungen geschaffen werden sollte. Der gewerberechtliche Ratenplan aus § 3 Abs. 2 MaBV wurde also durch die Abschlagszahlungsverordnung „in das Zivilrecht transformiert“.

3.32

Unsicherheiten bleiben jedoch insofern, als vereinzelt die Ansicht vertreten wurde3, die Regelungen der Verordnung über Abschlagszahlungen nach der Makler- und Bauträgerverordnung verstießen gegen europarechtliche Vorgaben, nämlich die EUKlauselrichtlinie4. Ferner wurden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben5. Der Gesetzgeber hat deshalb erneut reagiert und mit dem Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) § 632a neu gefasst6. Dieses Gesetz ist zum 1.1.2009 in Kraft getreten. In § 632a Abs. 2 BGB ist seit dieser Neufassung ausdrücklich angeordnet, dass bei Bauträgerverträgen Abschlagszahlungen verlangt werden können, soweit sie gem. der in Rz. 3.32 näher bezeichneten Abschlagszahlungsverordnung vereinbart sind. Damit sind die Voraussetzungen für Abschlagszahlungen beim Bauträgervertrag erstmals unmittelbar im BGB geregelt7 (gesetzgebungstechnisch geschieht dies mit einer mehrfachen Verweisung: § 632a Abs. 2 BGB bezieht sich auf die Abschlagszahlungs-

3.33

1 Vgl. dazu insbesondere Wagner, ZNotP 2000, 461 ff.; Thode/Uechtritz/Wochner/Thode, Immobilienrecht 2000, 2001, S. 306 ff.; Grziwotz, NotBZ 2001, 1 ff.; Hertel, ZNotP 2001, 5 ff.; Sorge/Vollrath, DNotZ 2001, 261 ff.; Rapp, MittBayNot 2001, 145 ff.; Kanzleiter, DNotZ 2006, 246 (248). 2 BGBl. I 2001, 981. 3 Thode, ZfIR 2001, 345 ff.; Thode, ZNotP 2004, 210 ff. 4 Zu den Auswirkungen der EU-Klauselrichtlinie auf den Bauträgervertrag s. EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, DNotZ 2004, 767 m. Anm. Basty = NotBZ 2004, 226 m. Anm. Kanzleiter; Micklitz, ZfIR 2004, 613 ff. 5 Wagner, ZfIR 2001, 422. 6 Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2022. 7 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 198.

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411

Kap. 3 Rz. 3.34 Bauträgerkaufvertrag

verordnung, die wiederum ihrerseits den Ratenplan aus § 3 Abs. 2 MaBV in das Zivilrecht überführt); die Literatur geht ganz überwiegend davon aus, dass mit dieser Neuregelung der bisherigen Kritik an den Sicherungsmechanismen des Bauträgervertrags der „Boden entzogen worden“ sei1.

3.34

Hinweis: Werden die Vorgaben des § 623 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Abschlagszahlungsverordnung nicht eingehalten, ist es dem Bauträger sowohl gewerberechtlich nach der MaBV als auch zivilrechtlich nach § 632a BGB (i.V.m. der Abschlagszahlungsverordnung) untersagt, Zahlungen zu verlangen oder entgegenzunehmen. Ein Anspruch auf die Vergütung besteht in diesem Fall gem. der Regelung in § 641 BGB erst nach Abnahme des vollständig fertiggestellten Vertragsobjekts2.

3.35

Neben der zivilrechtlichen Verankerung des MaBV-Ratenplans bringt die zum 1.1.2009 in Kraft getretene Neufassung des § 632a BGB auch insoweit eine für die Vertragsgestaltung und den Erwerberschutz bedeutsame Regelung, als in § 632a Abs. 3 BGB nunmehr der Anspruch des Erwerbers normiert ist, eine Sicherheit für die Vertragserfüllung zu erhalten. Zu sichern ist nach dieser Neuregelung der Anspruch des Erwerbers auf „rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel“ i.H.v. 5 % des Vergütungsanspruchs. Diese Sicherheit kann neben den Absicherungen des § 3 Abs. 1 MaBV verlangt werden, wie zu § 1 Abs. 3 Abschlagszahlungsverordnung durch das FoSiG klargestellt worden ist3.

3.36

Für diese Vertragserfüllungssicherheit gelten folgende Grundsätze: – Die Höhe der Sicherheit bestimmt sich beim Bauträgervertrag nach dem vom Käufer für Grundstück und Werkleistung zu bezahlenden Gesamtbetrag (es kann also nicht etwa der auf die Werkleistung entfallende Betrag herausgerechnet werden und zur Grundlage der Sicherheitsleistung nach § 632a BGB gemacht werden; solches wurde nach Inkrafttreten des FoSiG teilweise vertreten, konnte sich aber wegen des klaren Wortlauts nicht durchsetzen)4. – Zur Frage, wie die Sicherheit zu erbringen ist, hat der Unternehmer ein Wahlrecht: der Bauträger kann bestimmen, dass der Erwerber den entsprechenden Betrag aus den erstfälligen Zahlungen einbehält (auf die „Grundstücksrate“ entfallen dann also statt 30 % der Gesamtvergütung nur 25 %) oder dass ihm stattdessen eine Sicherheit durch eine Garantie o.Ä. eines in der Bundesrepublik zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet wird („Erfüllungsbürgschaft“, § 632a Abs. 4 BGB). – Die Sicherheit nach § 632a BGB ist in vollem Umfang bereits mit der ersten Abschlagszahlung zu gewähren (also nicht erst sukzessive aus den einzelnen Abschlagszahlungen)5. Übergibt der Bauträger dem Erwerber die Sicherheit nicht, 1 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 202. Siehe außerdem auch: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 54. 2 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 32 m.w.N. 3 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201. 4 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 33; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201b. 5 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 33; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201c.

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A. Einleitung

Rz. 3.37 Kap. 3

ist der Erwerber berechtigt (Leistungsverweigerungsrecht), aus der ersten Abschlagszahlung einen Betrag in Höhe der Sicherheit solange einzubehalten, bis entweder die Sicherheit übergeben ist oder der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann1. – In Verbraucherverträgen sind Vereinbarungen, die von § 632a Abs. 3 BGB zu Lasten des Erwerbers abweichen, gem. §§ 309 Nr. 2, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam2. Der Anspruch auf die nach § 632a Abs. 3 BGB zu gewährende Sicherheit besteht auch dann, wenn eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Regelung fehlt; es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch (gleichwohl wird der notarielle Vertrag entsprechende Gestaltungen aufweisen, um ungesicherte Vorausleistungen des Erwerbers zu vermeiden)3. – Erfolgt die Veräußerung erst, nachdem das Vertragsobjekt bereits vollständig fertiggestellt worden ist (sog. „Nachzügler-Fall“), ist es entbehrlich, eine Sicherheit gem. § 632a Abs. 3 BGB n.F. zu stellen4. – Der Sicherungsumfang ergibt sich aus § 632a Abs. 3 BGB und umfasst die Ansprüche des Erwerbers wegen wesentlicher Mängel und wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung. Ob ein Mangel wesentlich ist, beurteilt sich nach den in diesem Zusammenhang zur Abnahme geltenden Grundsätzen (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB)5. Nicht rechtzeitig hergestellt ist das Vertragsobjekt, wenn sich der Bauträger mit seiner Leistung im Verzug befindet6. – Nicht erfasst sind vom gesetzlichen Sicherungszweck dagegen Mängelansprüche wegen erst nach der Abnahme gerügter Mängel (Stichwort: Vertragserfüllungssicherheit statt Gewährleistungssicherheit)7. Zur Frage, wann die gem. § 632a Abs. 3 BGB gewährte Sicherheit zurückzugeben ist, zeichnen sich in der dazu seit Inkrafttreten des FoSiG veröffentlichten Literatur folgende Übereinstimmungen ab: – Der Zeitpunkt der Rückgabe der Sicherheit (Bareinbehalt oder Bürgschaft) richtet sich nach ihrem gesetzlichen Sicherungszweck: sofern nicht gesicherte Ansprüche entstanden sind und noch bestehen, muss die Sicherheit bei Abnahme des Vertragsobjekts zurückgegeben werden8. Sind Teilabnahmen vereinbart (z.B. hinsichtlich von Sonder- und Gemeinschaftseigentum oder bezüglich der Außenanlagen), besteht die Verpflichtung zur Rückgabe erst mit der letzten Teilabnahme. Gesichert sind auch etwa bei der Abnahme vorbehaltene Restarbeiten. – Wurden bei Abnahme Mängel festgestellt oder befindet sich der Bauträger in Verzug, kann der Erwerber die ihm gewährte Sicherheit zurückbehalten. Einigkeit besteht darüber, dass die Sicherheit jedoch jedenfalls anteilig zurückzugeben 1 2 3 4 5 6 7 8

Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, Rz. 201c. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 43; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201a. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201a. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 33. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201d. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201d. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201e. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201e.

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413

3.37

Kap. 3 Rz. 3.38 Bauträgerkaufvertrag

ist, wenn der Aufwand, der erforderlich ist, um den Umstand zu beseitigen, der zum Einbehalt berechtigt, hinter der Höhe der Sicherheit zurückbleibt1. Umstritten ist dagegen, ob zu einem solchen anteiligen Einbehalt ggf. auch ein „Druckzuschlag“ addiert werden kann2.

3.38

Unabhängig von der vorstehend geschilderten gesetzgeberischen Entwicklung gilt aber unverändert, dass auch dann, wenn die Vorgaben des MaBV Ratenplans und zur Vertragserfüllungssicherheit gem. § 632a Abs. 3 BGB eingehalten werden, im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen eines Bauträgervertrags nicht gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen werden darf: Nach dem Wortlaut der Abschlagszahlungsverordnung „kann der Besteller zur Leistung von Abschlagszahlungen“ verpflichtet werden. Nach Meinung von Basty3 ist eine Abschlagszahlung eine Anzahlung auf die Vergütung für das Gesamtwerk, im Umfang bemessen am Volumen bereits erbrachter Teilleistungen. Aus diesem Terminus wird hergeleitet, dass die Abschlagszahlungen im Einklang mit dem Baufortschritt zu stehen hätten. Die Raten nach der MaBV dürften demnach den Wert des erreichten Bautenstandes nicht überschreiten4. Auch unter Geltung der MaBV und der vorstehend bezeichneten Verordnung darf nicht gegen das Vorleistungsverbot verstoßen werden5. Im Regelfall ist dies unproblematisch, da die Ratenzahlung nach der MaBV im Wesentlichen dem jeweiligen Wert der dazugehörigen Rate entspricht. Die jeweilige Werthaltigkeit ist dabei nicht objektiv zu bestimmen, sondern unterliegt der Vereinbarung der Beteiligten6. Der MaBV und dem Ratenplan der Abschlagszahlungsverordnung liegt bereits nach dem Zweck der Verordnungen die Vermutung der Angemessenheit zugrunde7. Gleichwohl kann klarstellend in Bauträgerverträge nach dem Ratenplan folgende Formulierung aufgenommen werden: Wertadäquanz von Raten und Leistungen: Die Beteiligten sind sich darüber einig und bestätigen, dass die jeweiligen Raten nach dem vorstehenden Ratenplan dem Wert der dazugehörigen Bauleistung entsprechen.

3.39

Den Beteiligten steht es in den Grenzen des Angemessenen frei, den Wert einzelner Bauleistungen untereinander zu vereinbaren. Problematisch ist vor allem die Zahlung der ersten Rate nach der MaBV i.H.v. 30 %, wenn ausweislich der Vereinbarung der Beteiligten der Grundstückswert samt den Planungsleistungen nicht im Verhältnis von 3: 7 zum Wert der Bauleistungen steht. Dies kann insbesondere in Gebieten mit niedrigen Grundstückspreisen aber sehr hochwertiger Bauausführung zu Problemen führen8. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201e. Ablehnend: Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 201e m.w.N. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 59 m.w.N. Quadbeck, MDR 2000, 1111 (1113). Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 66 ff.; Basty, DNotZ, Sonderheft 2002, 118* (135* f.). Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 22; Basty, DNotZ, Sonderheft 2002, 118* (135* f.). 7 Ebenso Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 22; Kanzleiter, DNotZ 2006, 246 (249 f.). 8 Siehe Basty, MittBayNot 2007, 189 (191).

1 2 3 4 5 6

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.61 Kap. 3

Beispiel: Auf einem verhältnismäßig kleinen Baugrundstück von 300 qm bei einem üblichen qm-Preis von 60 t beträgt der Grundstückswert nur 18.000 t. Wird auf diesem Grundstück jedoch ein sehr hochwertig ausgestattetes Gebäude mit Herstellungskosten von 500.000 t errichtet, so würde die Anforderung der Rate i.H.v. 30 % (= 155.400 t) wohl zu einem Verstoß gegen das Verbot der Vorausleistung führen. Inwieweit in der 30 %-Rate auch der Wert von Konzeptions- und Planungsleistungen einbezogen ist und daher diese auch bei der Angemessenheit der 30 %-Rate zu berücksichtigen sind, ist als ungeklärt zu betrachten. In diesen Fällen sind die Raten entsprechend den tatsächlichen Wertverhältnissen anzupassen. Erfolgt dies nicht, so ist nach dem Urteil des BGH1 vom 22.12.2000 der gesamte Ratenplan nach der MaBV wegen Verstoßes gegen das Vorleistungsverbot unwirksam. Die Fälligkeit des gesamten Bauträgerkaufpreises richtet sich nach dem Gesetz. Der Bauträger kann daher Zahlungen erst nach Abnahme verlangen, § 641 BGB. § 632a BGB findet keine Anwendung. Vorher bereits geleistete Zahlungen hat er einschließlich etwaiger Zinsvor- bzw. -nachteile nach Bereicherungsrecht, § 817 BGB, dem Käufer zu erstatten. Dem steht § 813 Abs. 2 BGB nicht entgegen, es sei denn die geleisteten Zahlungen hätten im Ergebnis gleichwohl nicht zu einer Überzahlung über das Niveau der MaBV hinaus geführt2. Angesichts dieser Sanktion wird hieran keinem Bauträger gelegen sein.

3.40

Aus Sicht des Käufers ist folgende Regelung wünschenswert:

3.41

Vorleistungsverbot: Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass Vorleistungen durch den Käufer nicht geschuldet sind und dieser vorrangig vor dem bezeichneten Ratenplan nicht mehr leisten soll, als dem Wert der erbrachten Leistung des Verkäufers einschließlich Verkauf des Grund und Bodens entspricht. Der Käufer ist daher befugt, Kaufpreisteile insoweit zurückzuhalten, als die jeweiligen Raten nach dem vorstehenden Ratenplan dem Wert der dazugehörigen Bauleistung nicht entsprechen.

Zur Vermeidung von ungesicherten Vorleistungen sollte auch die Erbringung von Erschließungsleistungen abgesichert werden. Sofern die Maßnahmen bei Vertragsabschluss noch nicht abgeschlossen sind, sollte die Bestellung einer Bürgschaft dafür angeregt werden3.

3.42–3.60

Einstweilen frei.

B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung Für den Bauträgerkaufvertrag gelten spezielle Gestaltungsvorgaben, insbesondere aus § 632a BGB, §§ 3, 7 MaBV und §§ 305 ff. BGB, die diesen Vertragstyp vom allgemeinen Grundstückskaufvertrag (s. eingehend Kapitel 2) unterscheiden. Diese Besonderheiten sind nachfolgend überblicksartig aufgeführt und zusammengefasst. Die Darstellung konzentriert sich dabei auf einzelne, häufig praxisrelevante Fra-

1 BGH v. 22.12.2000 – VII ZR 310/99, MittBayNot 2001, 62 ff. = DNotZ 2001, 201 ff. m. Anm. Schmidt. 2 Siehe BGH v. 22.3.2007 – VII ZR 268/05, DNotZ 2007, 925 = DNotI-Report 2007, 94. Siehe dazu Herrler, DNotZ 2007, 895 ff.; Drasdo, NJW 2007, 2741 ff. 3 BGH v. 17.1.2008 – III ZR 136/07, DNotZ 2008, 280 m. Anm. Grziwotz.

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3.61

Kap. 3 Rz. 3.62 Bauträgerkaufvertrag

gestellungen. Für eine tiefergehende Beschäftigung sei dabei auf die einschlägigen umfangreichen Gesamtdarstellungen verwiesen1.

I. Makler- und Bauträgerverordnung 3.62

Sofern der Bauträger nicht die in § 7 MaBV genannte Bankbürgschaft erbringt, darf er gem. § 3 MaBV Zahlungen des Auftraggebers nur entsprechend dem Baufortschritt entgegennehmen, wobei zusätzlich Voraussetzung ist, dass die Lastenfreistellung des Vertragsgegenstandes von Globalbelastungen gesichert ist. Die jährliche Überprüfung eines jeden Bauträgers durch einen Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer (§ 16 MaBV) sowie die Bewehrung der Anordnungen mit Strafvorschriften hat zu einem Ausleseprozess geführt.

3.63

Die Anwendbarkeit der MaBV (bzw. des § 632a BGB) setzt voraus, dass Bauleistungen zu erbringen sind (Rz. 3.3). Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Verkäufer sich verpflichtet, bloß geringfügige Reparaturen oder eine bloße oberflächliche Renovierung oder reine Schönheitsreparaturen vorzunehmen2. Nach einer verbreiteten Formel ist „die Grenze dort zu ziehen, wo die baulichen Maßnahmen so geringfügiger Natur sind, dass die kaufvertraglichen Elemente die werkvertraglichen Elemente des Vertrages ganz in den Hintergrund treten lassen“3; insoweit kann auch das Verhältnis des Wertes der Werkleistung zur Vertragssumme einen Anhaltspunkt für die Abgrenzung bieten4. 1. § 3 MaBV

3.64

Nach § 3 MaBV, der über die in Rz. 3.33 bezeichnete Verweisungskette nunmehr auch zivilrechtliche Bedeutung hat, darf der Bauträger Leistungen des Käufers nur unter folgenden Voraussetzungen entgegennehmen:

3.65

– Wirksamkeit des Vertrages und Vorliegen aller für den Vollzug erforderlichen Genehmigungen; neben den für die Wirksamkeit des Vertrages erforderlichen Genehmigungen (z.B.: § 5 Abs. 1 ErbbauRG, § 12 WEG, §§ 51, 144 BauGB oder Handeln als vollmachtsloser Vertreter vorbehaltlich nachträglicher Genehmigung des Vertretenen), sind dies auch die zum Vollzug erforderlichen Genehmigungen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung oder das gemeindliche Vorkaufsrecht werden hiervon nicht erfasst; selbstverständlich kann und sollte das gemeindliche Vorkaufsrecht dennoch als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart werden; ein Rücktrittsrecht des Bauträgers darf nicht mehr bestehen. Ein Rücktrittsrecht des Käu1 Basty, Der Bauträgervertrag, 8. Aufl. 2014; Würzburger Notarhandbuch/Hertel, 4. Aufl. 2015; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl. 2011. 2 BayObLG v. 1.10.2004 – 3Z BR 129/04, MittBayNot 2005, 304 = NotBZ 2005, 37 = MDR 2005, 230. 3 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 577. 4 Im Einzelnen ist zu dieser Abgrenzung jedoch vieles streitig und ungeklärt: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 576.ff.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.65 Kap. 3

fers wäre hingegen nach den Vorgaben der MaBV unschädlich und steht der Fälligkeit nicht entgegen. Gleichwohl sollte Fälligkeit nicht vor Erlöschen von Käuferrücktrittsrechten eintreten, da der Käufer anderenfalls bei wirtschaftlichem Verfall des Bauträgers erleben müsste, dass sein Rücktrittsrecht entwertet wäre; er könnte zwar zurücktreten, bekäme möglicherweise aber sein Geld nicht mehr zurück. – Eintragung der Vormerkung an der vereinbarten Rangstelle; eine bloße Eintragungsbestätigung des Notars über die bevorstehende Eintragung genügt nicht den Anforderungen der MaBV1. Über die genaue Rangstelle besagt die MaBV nichts, insoweit gelten die üblichen Sicherungsmaßnahmen und Standards der notariellen Praxis. Bei Verkauf von Wohnungs- oder Teileigentum muss die Teilungserklärung bereits im Grundbuch vollzogen sein und die Vormerkung am Vertragsgegenstand selbst (Eigentumswohnung samt Sondernutzungsrechten etc.) im Grundbuch eingetragen sein. Auch geschuldete Nachträge müssen bereits im Grundbuch vollzogen oder der Vollzug durch Vormerkung gesichert sein. Bei noch ausstehendem Eigentumserwerb des Bauträgers reicht es nach einer teilweise vertretenen Meinung aus, wenn der Bauträger seinen Eigentumserwerbsanspruch an den Käufer abtritt und dies bei der Vormerkung des Bauträgers im Grundbuch vermerkt wird2. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen und wird dem Sicherungszweck der MaBV nicht3 gerecht; die Verwendung einer Löschungsvollmacht für die Vormerkung ist bei vorsichtiger Ausgestaltung zulässig4. – Freistellung des Vertragsobjekts von allen Grundpfandrechten, die der Vormerkung im Rang vorgehen oder gleichstehen und nicht übernommen werden sollen, und zwar auch für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht vollendet wird (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV); will sich der Gläubiger für den Fall des sog. „Steckenbleiben des Baus“ ein Rückzahlungsrecht gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 vorbehalten, kann ein solcher Vorbehalt zivilrechtlich als Wahlschuld i.S.d. §§ 262 ff. BGB ausgestaltet sein oder als sog. „Ersetzungsbefugnis“. Aus der Sicht des Gläubigers ist dabei die Ersetzungsbefugnis vorzugswürdig, weil nur in diesem Fall tatsächlich ein Wahlrecht (Rückzahlung anstelle der Freistellung) für ihn besteht5. Das Freigabeversprechen hat den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 MaBV zu entsprechen. Befristungen und Bedingungen sind grundsätzlich unzulässig; soweit hinsichtlich des Wertes des Bautenstandes Schiedsgutachten vereinbart werden, darf der Käufer nach der Rechtsprechung des BGH6 nicht mit Einwendungen ausgeschlossen werden.

1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 309. 2 Schmidt, MittBayNot 1992, 114 (115); Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, Teil B Rz. 163 ff., jeweils m.w.N. 3 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 325. 4 Siehe dazu Blank, NotBZ 2006, 126 (129) sowie Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 320 ff. 5 BGH v. 30.9.2004 – VII ZR 458/02, MDR 2005, 267 = MittBayNot 2005, 128 = DNotZ 2005, 380 m. Anm. Schmucker; s. auch Weber, NJW 2007, 125 (128 f.) sowie Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 363 ff. und Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 155. 6 BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 2/91, BGHZ 115, 329 = NJW 1992, 433 – Fertighausurteil.

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Kap. 3 Rz. 3.66 Bauträgerkaufvertrag

Nach einer Entscheidung des OLG München darf der Gläubiger für den Fall des „Steckenbleibens des Baus“ die Rückzahlung der vom Käufer geleisteten Zahlungen nicht davon abhängig machen, dass der Erwerber Zug um Zug seine Eigentumsvormerkung (und etwaige Finanzierungsgrundpfandrechte) löschen lässt. Außerdem ist es nach dieser Entscheidung MaBV-widrig, wenn sich die Bank für den Fall des „Steckenbleibens“ nur unter dem Vorbehalt zur Freistellung verpflichtet, dass der Erwerber nicht die Gründe für die Nichtvollendung des Baus selbst zu vertreten hat1. Sind einzelne Regelungen in einem Freigabeversprechen wegen eines Verstoßes gegen die Vorgaben der MaBV unwirksam, führt dies nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht zwingend zur Unwirksamkeit des Freigabeversprechens insgesamt2. Trotz des grundsätzlichen Verbots der geltungserhaltenden Reduktion sei es mit dem Schutzzweck des § 3 MaBV unvereinbar, bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln aus einem Freigabeversprechen die Freistellungsverpflichtungserklärung insgesamt als nichtig anzusehen und damit dem Käufer den Anspruch auf Freistellung zu nehmen3. Ist der Bauträgerkaufvertrag z.B. wegen eines Beurkundungsmangels nichtig gewesen, so besteht kein wirksamer schuldrechtlicher Anspruch aus der Freistellungsverpflichtungserklärung gegenüber der Bank4. Insoweit kann aber ein Bereicherungsanspruch gegen die Bank bestehen. – Baugenehmigung oder Freistellungsbestätigung mit entsprechendem Fristablauf. Hinsichtlich der Baugenehmigung wird der Notar regelmäßig keine Prüfungspflicht übernehmen können, ob die Baugenehmigung auch dem verkauften Vertragsgegenstand entspricht. Die vertragliche Formulierung im Bauträgervertrag sollte daher klar zwischen den vom Notar zu bestätigenden Fälligkeitsvoraussetzungen und den baurechtlichen Voraussetzungen der Fälligkeit unterscheiden. Letztere muss der Käufer selbst überprüfen.

3.66

Unter den vorstehend bezeichneten Voraussetzungen kann der Bauträger den Gesamtkaufpreis in den in § 3 Abs. 2 MaBV angegebenen Teilbeträgen nach dem dort vorgegebenen Ratenplan (zu Einschränkungen s. Rz. 3.38) in bis zu sieben Teilleistungen anfordern. Nach h.M.5 ist die Festlegung der sieben Raten im Bauträgervertrag nicht erforderlich. Dies kann auch dem Bauträger beim Vollzug des Vertrages überlassen werden. Werden die Anforderungen des MaBV-Ratenplans nicht eingehalten, so ist die gesamte Fälligkeitsregelung unwirksam. Der Bauträger darf dann erst 1 OLG München v. 30.6.2011 – 9 U 1977/10 = DNotZ 2011, 929 (m. Anm. Basty). – Als zulässige Formulierungsalternative wird vorgeschlagen (Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 155): „… der Gläubiger geht dabei davon aus, dass der Käufer im Fall der Rückzahlung die Löschung einer zu seinen Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung nicht rechtsmissbräuchlich verweigern wird“. 2 BGH v. 7.11.2013 – VII ZR 167/11, NJW 2014, 1728. 3 Zusammenfassung nach Scheibengruber, notar 2015, 86 (87). 4 BGH v. 10.2.2005 – VII ZR 184/04, BGHZ 162, 157 = NJW 2005, 1356 = DNotZ 2005, 467 m. Anm. Basty = MDR 2005, 802 = NotBZ 2005, 144. 5 Strittig, s. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 488 ff. m.w.N.; für die Gegenansicht: Kersten/ Bühling/Wolfsteiner25, §§ 33 Rz. 94.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.70 Kap. 3

nach der Abnahme Leistungen des Käufers entgegennehmen1. Hat der Käufer gleichwohl bereits Teile gezahlt, kann er diese zurückverlangen. Nach der Abnahme kann er allerdings keine Rückzahlung mehr im Hinblick auf den Verstoß gegen den Ratenplan geltend machen2. Erfasst der Bauträgervertrag mehrere Vertragsgegenstände wie ein Haus und einen Tiefgaragen-Stellplatz, so können nach h.M. unterschiedliche Ratenpläne für jeden Vertragsgegenstand entsprechend dem jeweiligen Baufortschritt aufgestellt werden3; zwingend ist dies aber nicht.

3.67

Die Erteilung einer Einzugsermächtigung zugunsten des Bauträgers verstößt nach inzwischen überwiegender Meinung4 gegen die MaBV, obwohl der Käufer binnen sechs Wochen ein freies Widerrufsrecht hat. Gleiches gilt für eine Kontovollmacht („Abbuchungsvollmacht“), mit der der Bauträger sich frei auf Kosten des Käufers von dessen (Kredit-)Konto bedienen kann. Eine solche Regelung verstößt gegen die MaBV und ist damit nach §§ 12 MaBV, 134 BGB nichtig5.

3.68

Eine Zahlstellenklausel in der Freistellungsverpflichtungserklärung ist unschädlich und zulässig6.

3.69

Streitbefangen ist immer wieder die sog. letzte Rate von 3,5 %. Diese „Schlussrate“ ist nach den Regelungen in § 3 Abs. 2 MaBV nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen. Problematisch ist insoweit das zutreffende Verständnis des Begriffs der vollständigen Fertigstellung7. Denkbar wäre eine Auslegung, dass dies erst eintreten könne, wenn sicher sei, dass keine rechtlich relevanten Mängel mehr entdeckt werden könnten. Dies würde dem Käufer ein Zurückbehaltungsrecht bis zum Ablauf der fünfjährigen Mängelhaftungsfrist geben. Demgegenüber wird mit guten Gründen vertreten, dass die bloße Abnahmereife, also die Erbringung aller Bauleistungen und das Beheben aller wesentlichen Mängel (s. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB), ausreichend ist, um die zivilrechtliche Fälligkeit der Schlussrate zu bewirken8.

3.70

1 BGH v. 22.12.2000 – VII ZR 310/99, MittBayNot 2001, 62 ff. = DNotZ 2001, 201 ff. m. Anm. Schmidt. 2 OLG Stuttgart v. 13.3.2006 – 5 U 198/05, NotBZ 2006, 436. 3 Siehe DNotI-Report 1998, 225 m.w.N. 4 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 690 unter zutreffendem Hinweis auf BGH v. 22.10.1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387 zur Unzulässigkeit einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung und BGH v. 23.1.2003 – III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 zu § 307 BGB im Hinblick darauf, dass dem Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt werden muss, das Konto rechtzeitig vorher aufzufüllen. 5 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 691. 6 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 200/04, DNotI-Report 2006, 41. 7 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 534 ff. 8 Blank, NotBZ 2006, 126 (128). Ebenso: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 545. – Strenger (vollständige Fertigstellung setzt die Beseitigung aller Mängel voraus, auf deren Wesentlichkeit kommt es nicht an) aber beispielsweise bei Scheibengruber, notar 2016, 86 zitierte Entscheidung des LG Düsseldorf v. 14.4.2015 – 7 O 115/15.

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Kap. 3 Rz. 3.71 Bauträgerkaufvertrag

2. § 7 MaBV – Bürgschaftsleistung

3.71

Die Abwicklung eines Bauträgervertrages nach § 7 MaBV durch Bürgschaftsstellung ist nur dann statthaft, wenn diese Möglichkeit im Bauträgerkaufvertrag ausdrücklich vorgesehen worden ist. Eine entsprechende vertragliche Verankerung der Vertragsabwicklung gem. § 7 MaBV vorausgesetzt, ist fraglich, inwieweit diese Vorgehensweise von den übrigen Anforderungen des Bauträgerrechts „befreien“ kann; diskutiert wird diese Frage insbesondere hinsichtlich des Äquivalenzprinzips (Schlagwort: Macht die Bürgschaft gem. § 7 MaBV es überflüssig, dass der Erwerber Zahlungen nur in Höhe der bereits erbrachten Leistungen des Verkäufers erbringt?): die oben (s. Rz. 3.32) bezeichnete Verordnung1 über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen sieht in deren § 1 ausdrücklich auch weiterhin die Bauträgervertragsabwicklung nach § 7 MaBV vor (nach neuer Rechtslage aufgrund der Verweisungskette aus § 632a Abs. 2 BGB). Nachdem § 1 der genannten Verordnung jedoch von Abschlagszahlungen spricht, ist damit entsprechend der auch bisher schon überwiegenden Meinung klargestellt, dass auch bei Stellung einer Bürgschaft nach § 7 MaBV keine unbeschränkten Zahlungen vom Käufer verlangt werden können, sondern lediglich in der Höhe, in der bereits Leistungen des Bauträgers erbracht worden sind2. Der BGH hatte diese Frage dem EuGH vorgelegt und vertrat in seinem betreffenden Vorlagebeschluss die Meinung, Vorauszahlungen seien seines Erachtens zulässig3. Der EuGH4 hat über die Vorlage i.S. eines europäischen judicial-selfrestraint entschieden und die Klärung dem BGH überlassen. Diese Entscheidung sei Sache der nationalen Gerichte und könne nicht abschließend vom EuGH entschieden werden.

3.72

Eine entsprechende ausdrückliche BGH-Entscheidung steht noch aus, jedoch scheint der BGH inzwischen seine Meinung geändert zu haben und Vorausleistungen (auch) bei Stellung einer Bürgschaft gem. § 7 MaBV als AGB-widrig anzusehen5. Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum folgt dem6. Für die Absicherung von über den Baufortschritt hinausgehenden Vorausleistungen müsste daher in diesen Fällen eine über den Sicherungsumfang des § 7 MaBV hinausgehende Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbart werden, die neben der Rückgewähr von geleisteten Zahlungen auch die Ansprüche des Erwerbers auf vollständige, rechtzeitige und mangelfreie Erfüllung sichert, insbesondere auch sämtliche Ansprüche wegen Nichterfüllung,

1 BGBl. I 2001, 981. 2 Vgl. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 348; a.A. noch Grziwotz, NJW 1994, 2745 (2746); Thode/Uechtritz/Wochner/Blank, Immobilienrecht 2000, S. 177 ff. 3 BGH v. 2.5.2002, MittBayNot 2002, 286 = DNotZ 2002, 652 = NotBZ 2002, 253 m. Anm. Hertel = DNotI-Report 2002, 102; vgl. dazu grundlegend Kanzleiter, DNotZ 2002, 819 ff.; Basty, DNotZ 2002, 652 ff.; Vollrath, MittBayNot 2002, 254 ff. 4 EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, DNotZ 2004, 767 m. Anm. Basty = DNotI-Report 2004, 81 = NotBZ 2004, 226. Vgl. dazu auch Basty, DNotZ 2005, 94 ff. 5 Hinweis des VII. Senats vom 22.12.2004, dazu Basty, DNotZ 2005, 94. 6 Basty, MittBayNot 2007, 189 (191); Basty, DNotZ 2005, 94 (95); Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 81 a.E.; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 348; s. auch NJW-Spezial 2005, 170. – A.A.: Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 111.

420

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.74 Kap. 3

einschließlich der Nichterfüllung aufgrund einer Insolvenz des Bauträgers1. Die Bürgschaft nach § 7 MaBV befreit nach hier vertretener Ansicht also zwar vom Zahlungsplan des § 3 Abs. 2 MaBV (s. den Wortlaut: „sind von den Verpflichtungen des § 3 Abs. 1 und 2 … freigestellt, …“), nicht aber auch von der gem. §§ 632a, 641, 309, 307 BGB Leitbild gebenden Vorleistungspflicht des Bauträgers; auch wenn eine Bürgschaft i.S.d. § 7 MaBV gestellt wird, müssen sich also die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen am Umfang der tatsächlich zu erbringenden Leistungen orientieren2. Anderes kann unter Umständen aber (im Einzelfall) gelten, wenn die Vorleistung auf Verlangen des Käufers – insbesondere aus steuerlichen Gründen (Stichwort: am Jahresende liegendes steuerliches Zahlungsziel) – vereinbart wird (und dies im Rahmen einer individuellen Absprache erfolgt, so dass keine AGB-Kontrolle stattfindet und die Vorausleistungsvereinbarung also nicht an §§ 641, 632a Abs. 1, 309 Nr. 2a, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB scheitert). Praxishinweis: Der hauptsächliche Anwendungsbereich für eine Vertragsabwicklung gem. § 7 MaBV wird in Fällen liegen, in denen mit der Baumaßnahme zwar begonnen werden soll, aber die Teilungserklärung noch nicht im Grundbuch vollzogen ist oder der Bauträger noch nicht Eigentümer des Grundstücks ist, so dass noch keine Eigentumsvormerkung für den Käufer eingetragen werden kann (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MaBV): Durch Stellung einer Bürgschaft gem. § 7 MaBV wird der Bauträger insbesondere auch von den Anforderungen in § 3 Abs. 1 MaBV befreit und kann also Zahlungen vor Eintragung der Eigentumsvormerkung, vor Zugang der für die Vertragswirksamkeit erforderlichen Genehmigungen und trotz fehlender Baugenehmigung entgegennehmen3.

3.73

Die Hinterlegung der Bürgschaftsurkunde beim Notar ist grundsätzlich nicht zulässig4. Möglich ist eine entsprechende Vereinbarung jedoch in der Weise, dass der Notar vom Käufer mit der Entgegennahme und Verwahrung der Bürgschaftsurkunde beauftragt wird. Entscheidend ist insoweit, dass die Entgegennahme und Verwahrung ausschließlich nach den Weisungen des Käufers zu erfolgen hat. Sind diese Voraussetzungen gewährleistet, ist gegen eine entsprechende Regelung im Bauträgervertrag nichts einzuwenden. Die Zulässigkeit ist nur dann gegeben, „wenn sich aus der Vereinbarung eindeutig und für den Erwerber unmittelbar einsichtig ergibt, dass der Notar die Urkunde treuhänderisch für ihn verwahren soll, allein an seine Weisungen gebunden ist und der Verpflichtung unterliegt, die Urkunde auf sein Verlangen jederzeit an ihn herauszugeben. Die Herausgabe darf nicht von irgendwelchen Einschränkungen abhängig gemacht werden, wie etwa der Darlegung von gesicherten Bürgschaftsansprüchen, des vorherigen Nachweises der Erwerbspreiszahlung oder dem Einverständnis des Bauträgers, und darf auch keinem Zurückbehaltungsrecht des Notars ausgesetzt sein“5. Dies sollte ausdrücklich in der entsprechenden Rege-

3.74

1 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 348. Ebenso: Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 81 a.E. 2 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 346 ff. 3 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 346. 4 Vgl. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 351; BGH v. 11.1.2007 – VII ZR 229/05, DNotZ 2007, 376 = NJW 2007, 1360. 5 BGH v. 11.1.2007 – VII ZR 229/05, NJW 2007, 1360 = DNotZ 2007, 376 = MittBayNot 2007, 397 m. Anm. Basty.

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421

Kap. 3 Rz. 3.75 Bauträgerkaufvertrag

lung klargestellt werden. Eine gegen diese Anforderungen verstoßende Regelung führt zur Unwirksamkeit der Abrede. Der Kaufpreis wird damit bei Hinterlegung beim Notar nicht fällig. Verzug kann nicht eintreten. Die eventuelle Zahlungsklage des Bauträgers ist aussichtslos.

3.75

Die Überwälzung der Kosten für die Bürgschaft (sog. Avalprovision oder Avalzinsen) auf den Käufer verbietet sich nach § 307 BGB (str.)1.

3.76

Eine Vermischung von gleichzeitig geltenden Sicherheiten nach §§ 3 und 7 MaBV ist nach h.M. unzulässig. Dies gilt beispielsweise für die Gestaltung, dass sich die Bürgschaft mit Baufortschritt reduziert, selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 3 MaBV bereits vorliegen2. Dies spielt vor allem eine Rolle, wenn der Bauträger gleich den gesamten Kaufpreis vereinnahmen möchte, die Bürgschaft sich aber entsprechend dem Baufortschritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 MaBV reduzieren soll. Dies ist nach dem gerade genannten Grundsatz unzulässig. Da die Bürgschaft sich aber in einem solchen Fall dennoch tatsächlich reduziert3, drohen dem Notar im Insolvenzfall des Bauträgers erhebliche Schadensersatzforderungen. Ein Austausch der Sicherheiten des § 7 MaBV durch § 3 MaBV ist hingegen nach § 7 Abs. 1 Satz 4 MaBV ausdrücklich statthaft. Soll für die letzte Rate Sicherheit nach § 7 MaBV geleistet werden, muss die Sicherheit für sämtliche bisher gezahlten Beträge des Käufers gestellt werden. Alles andere wäre eine unzulässige Vermischung der Sicherungsmittel4. Auch eine Hinterlegung der letzten Rate auf dem Notaranderkonto des Notars als Voraussetzung der Übergabe ist nach wohl ganz h.M. gesetzeswidrig (und allenfalls unter engen, wenig praxistauglichen Voraussetzungen – Auszahlung nur, wenn der Erwerber eine Bestätigung über die vollständige Fertigstellung und die Behebung der bei Abnahme gerügten Mängel erteilt hat – zulässig)5.

3.77

Die Bürgschaft darf an keine Bedingungen oder Befristungen geknüpft sein, die ein vorzeitiges Erlöschen ermöglichen. Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass die Bürgschaft von Anfang an über die volle Vertragssumme lautet. Es genügt, wenn die Bürgschaft auf die jeweils fälligen Raten beschränkt ist, wobei gleichgültig ist, ob bei jeder fälligen Rate eine neue (zusätzliche) Bürgschaft in deren Höhe gestellt wird oder

1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 678 hält dagegen eine ausdrückliche Vereinbarung, wonach der Käufer die Kosten der Bürgschaft trägt, für zulässig; es handle sich insofern um einen zusätzlichen Kaufpreisteil, weshalb die betreffende Klausel keiner Kontrolle nach § 307 BGB unterfiele. – Wie hier Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 358. 2 BGH v. 11.1.2007 – VII ZR 229/05, NJW 2007, 1360 = DNotZ 2007, 376 = MittBayNot 2007, 397 m. Anm. Basty; v. 6.5.2003, DNotZ 2003, 48 mit ablehnender Anm. Riemenschneider = RNotZ 2003, 451 m. Anm. Speck. 3 Denn das Verhältnis Bank – Kunde sei von der MaBV unabhängig, BGH v. 6.5.2003 – XI ZR 33/02, DNotI-Report 2003, 109 = DNotZ 2004, 48 m. Anm. Riemenschneider = MDR 2003, 1064 = MittBayNot 2003, 488. 4 Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 80. 5 Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 89. – A.A.: Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 66.

422

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.80 Kap. 3

ob der Bauträger die alte Bürgschaft gegen eine neue über die gesamten bisher fälligen (und teilweise schon bezahlten) Beträge austauschen lässt1. In den vergangen Jahren hat der BGH sich mehrfach mit dem Umfang der gesicherten Ansprüche bei einer entsprechenden Bürgschaft nach § 7 MaBV befassen müssen. Nach der Entscheidung2 vom 14.1.1999 können durch eine entsprechende Bürgschaft nach § 7 MaBV auch Aufwendungen für die Nacherfüllung gem. § 635 BGB erfasst sein. Diese Meinung hat der BGH3 mit Urteil vom 19.7.2001 auch für Erstattungsansprüche aufgrund eines berechtigten Minderungsverlangens bestätigt. Dabei hat er ausdrücklich klargestellt, dass es sich ausdrücklich nicht nur um verunglückte MaBV-Bürgschaften handele, sondern Bürgschaften i.S. dieser Vorschrift zur Gewährung eines entsprechenden, vom Gesetzgeber beabsichtigten Verbraucherund Käuferschutzes diese Ansprüche auch sichern müssen. Eine Bürgschaft, die eine Sicherung entsprechender Mängelhaftungsansprüche ausschließt, wäre damit keine Bürgschaft i.S.d. § 7 MaBV4. Dies gilt auch für Mängel am Gemeinschaftseigentum5. Der Notar darf dann den Kaufpreis nicht fällig stellen, sofern es sich um eine vom Notar zu bestätigende Fälligkeitsvoraussetzung handelt6. Der Notar ist nicht verpflichtet, den Vertrag so zu gestalten, dass er die Rechtmäßigkeit der Bürgschaft zu beurteilen hat. Dies wird in der Praxis meist vermieden, in dem für das Vorliegen der Bürgschaft keine Fälligkeitsmitteilung vereinbart wird. Dies vermeidet Haftungsgefahren für den Notar, birgt für den unerfahrenen Käufer jedoch Gefahren.

3.78

Weiter werden Ansprüche wegen der Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 326 BGB a.F. gesichert7; das Gleiche gilt für Rückzahlungsansprüche aufgrund einer entsprechenden Rückabwicklungsvereinbarung (Aufhebungsvertrag), die an die Stelle des Rücktritts nach § 326 BGB tritt8. Dies soll sogar dann gelten (Rückzahlungsansprüche des Käufers werden also auch dann gesichert), wenn die Aufhebungsvereinbarung durch Umstände aus der Sphäre des Käufers veranlasst wird9.

3.79

Der vorstehende Umfang der Bürgschaft ist nach überwiegender Meinung nur in den sog. Vorleistungsfällen maßgeblich. Denn alle vom BGH bisher entschiedenen Fälle behandelten Sachverhalte, in denen der Käufer unabhängig vom Ratenplan und da-

3.80

1 2 3 4

5 6 7 8 9

Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 81. BGH v. 14.1.1999 – IX ZR 140/98, DNotZ 1999, 482 m. Anm. Basty. BGH v. 19.7.2001 – IX ZR 149/00, NJW 2001, 3329 = MittBayNot 2002, 37. Weitere Urteile zum Umfang der MaBV-Bürgschaft: BGH v. 21.1.2003 – XI ZR 145/02, DNotZ 2004, 43 = MittBayNot 2003, 216 = MDR 2003, 465; v. 22.10.2002 – XI ZR 393/01, NJW 2003, 285 = DNotZ 2003, 117; v. 18.6.2002 – XI ZR 359/01, NJW 2002, 2563 = DNotZ 2002, 871 = DNotI-Report 2002, 132. BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NJW 2007, 1957 = MDR 2007, 830 = ZNotP 2007, 217 = DNotZ 2007, 933. Wie der BGH bereits Thode/Uechtritz/Wochner/Blank, Immobilienrecht 2000, 2001, S. 178, 181; a.A. Basty, DNotZ 1999, 487. BGH v. 30.9.2004 – VII ZR 458/02, MDR 2005, 267 = MittBayNot 2005, 128. BGH v. 30.9.2004 – VII ZR 458/02, MDR 2005, 267 = MittBayNot 2005, 128. BGH v. 5.4.2005 – XI ZR 294/03, DNotZ 2005, 838 = BGHZ 162, 378 = MittBayNot 2005, 492 m. Anm. Riemenschneider. Siehe dazu Weber, NJW 2007, 125 (128).

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Kap. 3 Rz. 3.81 Bauträgerkaufvertrag

mit unabhängig vom Baufortschritt gezahlt hat. Die Argumentation des BGH stützte sich daher stark auf einen Ausgleich für den Verlust von Zurückbehaltungsrechten. Daher wird verbreitet die Ansicht1 vertreten, in Fällen der Zahlung entsprechend dem Ratenplan des § 3 Abs. 2 MaBV müsse der Sicherungsumfang der Bürgschaft keine Mängelrechte sichern. Der BGH hat dies allerdings – soweit ersichtlich – noch nicht eindeutig klargestellt, so dass insoweit Unsicherheiten verbleiben.

3.81

Im Hinblick auf diesen von der Rechtsprechung entwickelten weiten Sicherungsumfang der Bürgschaft nach § 7 MaBV hat die 1. Auflage an dieser Stelle vertreten, dass eine Vertragsgestaltung mit Vorauszahlungen auf der Grundlage einer solchen Bürgschaft nicht als ungesicherte Vorleistung des Käufers angesehen werden kann2. Dies erscheint aber jedenfalls aus der Sicht des Transparenzgebots zweifelhaft: es sollte dem Verbraucher allein durch die Lektüre des von ihm geschlossenen Vertrags möglich sein, festzustellen, welchen Umfang die ihm gewährte Sicherheit haben muss, um vertragsgerecht zu sein. Spezialkenntnisse der umfangreichen Rechtsprechung zum Sicherungsumfang der Bürgschaft nach § 7 MaBV können demgegenüber nicht unterstellt oder verlangt werden. Jedenfalls für die Vertragsgestaltung muss daher als Grundsatz gelten: erfordert das Äquivalenzprinzip eine umfassende Erfüllungsbürgschaft (Rz. 3.36), ist diese im Rahmen der Regelungen zur Fälligkeit des Kaupreises auch als solche zu benennen.

3.82

Übersicht: § 7 MaBV

3.83

Vom Umfang umfasst

Vom Umfang nicht umfasst

– Ersatz für Nacherfüllungsaufwendungen inkl. Vorschussanspruch – Erstattung wegen mangelbedingter Minderung oder Wandelung/Rücktritt – Schadensersatzansprüche wegen (teilweiser) Nichterfüllung, z.B. bei steckengebliebenem Bau – (BGH vom 2.5.20023: „alle Geldansprüche wegen mangelhafter oder unterlassener Erfüllung“)

– Mängelbeseitigungsaufwendungen nach mangelfreier Abnahme – Mietausfall – Sanierungsabgaben (im Fall der Insolvenz des Bauträgers) – Verzögerungsschäden bzgl. Nutzungsausfalls, nutzlose Finanzierungsaufwendungen (str.) – Steuerliche Schäden – Vertragsstrafeansprüche

Der Inhalt der Bürgschaft unterliegt einer AGB-Kontrolle. Danach sind beispielsweise folgende Regelungen unwirksam4: 1 Vollrath, MittBayNot 2002, 254; Basty, DNotZ 2002, 571; Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 81. In diese Richtung deutet auch BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NJW 2007, 1957 = NotBZ 2007, 208 = DNotZ 2007, 933. 2 BGH v. 10.3.2005 – IX ZR 73/01, NJW-RR 2005, 1292 = DNotZ 2005, 685 m. Anm. Blank = MDR 2005, 779 = MittBayNot 2005, 404. 3 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, MittBayNot 2007, 204 = NotBZ 2006, 429 = NJW 2006, 3275. 4 BGH v. 2.5.2002 – VII ZR 178/01, MittBayNot 2002, 286 (Vorlagebeschluss an den EuGH). Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 358.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.88 Kap. 3

– Voraussetzung für die Inanspruchnahme sei, dass die Fälligkeit und Höhe des Kaufpreisrückgewähranspruchs entweder durch rechtskräftiges Urteil/Vergleich oder übereinstimmende Erklärung von Käufer und Verkäufer nachgewiesen sei;

3.84

– Voraussetzung für die Inanspruchnahme sei, dass der Erwerber vorher auf seinen Anspruch gegen die Bank aus der Pfandfreigabeverpflichtungserklärung verzichtet habe.

3.85

Die Verjährung von Ansprüchen aus der Bürgschaft ist zwischenzeitlich zu einem Risikofaktor für Käufer geworden1. Das Problem besteht insoweit darin, dass Bürgschaftsansprüche bisher in 30 Jahren verjährten und nunmehr in drei Jahren (§ 195 BGB)2. Nach h.M. läuft die Verjährung unabhängig und selbständig von der Verjährung der gesicherten Ansprüche3. Um sicher zu gehen, sollte die Bürgschaft i.S.d. § 7 MaBV daher in Zukunft einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung enthalten, bis die werkvertragliche fünfjährige Verjährung aus dem gesicherten Bauträgervertrag abgelaufen ist. Möglicherweise ergibt sich dies auch schon konkludent aus dem Sicherungszweck der MaBV-Bürgschaft, die bis zur „Fertigstellung“ aufrecht zu erhalten ist4.

3.86

Die Verwendung einer Globalbürgschaft für alle Käufer eines Bauträgerprojektes muss ausscheiden, da dadurch die jederzeitige Aushändigung an den Käufer erschwert und damit die Durchsetzung der Rechte daraus behindert wird5.

3.87

II. Fälligkeitsregelung und Verzug Nach § 284 BGB a.F. trat Verzug erst 30 Tage nach Fälligkeit und entsprechender Zahlungsaufforderung oder Rechnung ein. Einer Mahnung bedurfte es nicht. Umstritten war zu diesen Regelungen, ob vor Ablauf der im Gesetz vorgesehenen 30-Tages-Frist durch eine Mahnung Verzug ausgelöst werden konnte, was die wohl h.M. ablehnte6. Einigkeit bestand jedoch darüber, dass durch individualvertragliche Vereinbarungen die Regelung des § 284 BGB a.F. modifiziert werden konnte7. Zwischenzeitlich hat aber auch der Gesetzgeber durch Einfügung des Wortes „spätestens“ in § 286 Abs. 3 BGB klargestellt, dass eine Mahnung vor Ablauf von 30 Tagen zulässig ist. 1 2 3 4 5

DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2004, 205. Siehe auch Schlößer, NJW 2006, 645 ff. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 683. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 683. Dazu allerdings zweifelnd: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 686. Vgl. zu diesem Problem auch Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 82, der dies allerdings nicht als unzulässig ablehnt. 6 Vgl. dazu insbesondere Schmidt-Räntsch, ZfIR 2000, 337 ff.; Brambring, DNotZ 2000, 245 ff.; Hertel, ZNotP 2000, 130 ff.; Waldner, ZfIR 2001, 163 ff. 7 Brambring, DNotZ 2000, 245 (248); Waldner, ZfIR 2001, 163 (164). Vgl. zum Ganzen Basty, DNotZ 2000, 260; Brambring, DNotZ 2000, 247 ff.; Brambring, ZfIR 2000, 245 ff.; Buddeberg, BWNotZ 2001, 4 ff.; Hertel, ZNotP 2000, 130 ff.; Medicus, DNotZ 2000, 256 ff.; Weber, NJW 2000, 2406 ff.; Henkel/Kesseler, NJW 2000, 3089 ff.; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2000, 337 ff.; Waldner, ZfIR 2001, 163 ff.

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3.88

Kap. 3 Rz. 3.89 Bauträgerkaufvertrag

3.89

Noch wichtiger ist in der Praxis die Regelung in § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach tritt Verzug automatisch ein, wenn die Fälligkeit an eine angemessene Frist nach Eintritt eines Ereignisses anknüpft. Auf diese Art und Weise hat der Gesetzgeber die vom BGH1 früher im AGB-Bereich als unzulässig betrachteten Fälligkeitszinsen Gesetz werden lassen. Einer Mahnung bedarf es in diesen Fällen nicht mehr. Die reguläre Formulierung einer notariellen Fälligkeitsmitteilung samt Erreichen des jeweiligen Bautenstandes ist ein Ereignis i.S.d. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB und löst mit Ablauf einer angemessenen Frist automatisch den Verzug aus. Einer weiteren Mahnung bedarf es nicht mehr. § 309 BGB steht dem nicht entgegen, da eine solche Regelung gerade nicht vom Gesetz abweicht, sondern nur die Folge der gesetzlichen Regelung ist und damit der AGB-Prüfungsbereich gar nicht eröffnet ist.

3.90

Unterschiedliche Auffassungen werden zu der Frage vertreten, in welcher Frist die Zahlungsansprüche des Bauträgers verjähren. Weitgehende Einigkeit besteht aber darin, dass es sich um eine einheitliche Verjährung für den gesamten Vergütungsanspruch handelt, die nicht in einen Teil der Vergütung für das Grundstück und in einen Teil für die Bauleistungen aufgespalten wird2. Für diesen einheitlichen Vergütungsanspruch wird sodann teilweise von der Anwendung der allgemeinen dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB ausgegangen und – besser zutreffend – teilweise von der zehnjährigen Immobilienverjährung nach § 196 BGB3. Die letztgenannte Ansicht überzeugt, weil sie zu einem Gleichlauf der Verjährungsfristen für den Vergütungsanspruch hinsichtlich der Bauleistungen einerseits mit der Verjährungsfrist für den Übereignungsanspruch (§ 196 BGB) andererseits führt. Es ist zulässig, die Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch durch vertragliche Vereinbarung auf bis zu 30 Jahre zu verlängern, wenn dies (um eine gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßende Benachteiligung des Erwerbers zu vermeiden) in gleicher Weise für die Verjährung des Übereignungsanspruchs und des Erfüllungsanspruchs hinsichtlich der geschuldeten Bauleistungen geschieht4. Die einzelnen gem. §§ 632a Abs. 2 BGB, 3 Abs. 2 MaBV vereinbarten Abschlagszahlungen unterliegen jeweils selbständig der Verjährung5.

3.91–3.110

Einstweilen frei.

III. AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB 3.111

Soweit die Kaufurkunde nicht eine „ausgehandelte“ Vereinbarung i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB darstellt, sind bei der Vertragsgestaltung regelmäßig auch die Vorschriften über AGB nach §§ 305 ff. BGB zu beachten. Die §§ 305 ff. BGB wirken in zahlreiche 1 BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 46/97, DNotZ 1998, 367. 2 Siehe Basty, MittBayNot 2007, 189 (190 f.) m.w.N.; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 394. Zweifelnd jedoch Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 44. 3 Siehe Blank, Bauträgervertrag, Rz. 6; Blank, ZfIR 2006, 672 (673); Hertel, DNotZ 2002, 6 (22); Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 393 f. 4 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 397; Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 45. 5 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 396.

426

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.115 Kap. 3

Einzelfragen der Vertragsgestaltung des Bauträgervertrages hinein. Im Folgenden sei nur eine Auswahl der häufig auftretenden Probleme der Vertragsgestaltung im Rahmen von Bauträgerverträgen angesprochen: 1. Sachmängelhaftung Gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. aa BGB ist bei Formularverträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen oder Werkleistungen ein Ausschluss aller oder auch nur einzelner Ansprüche wegen eines Mangels unwirksam. Dies gilt auch für eine Vereinbarung, durch die der Käufer wegen Sachmängeln auf die Bauhandwerker, Lieferanten, Architekten usw. verwiesen wird und der Bauträger seine eigene Haftung insoweit ganz oder teilweise ausschließt. Das Gleiche gilt, wenn der Bauträger erst haftet, nachdem der Käufer sich erfolglos bemüht hat, Ansprüche gegen die anderen am Bau Beteiligten durchzusetzen1. Dies gilt auch dann, wenn der Bauträger sich verpflichtet, mit seinen Vertragspartner die BGB-Verjährung zu vereinbaren.

3.112

Die Verkürzungsmöglichkeit hinsichtlich der Verjährung, die in § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB vorgesehen ist, spielt im Bauträgervertrag kaum eine Rolle, da sie hinsichtlich des Gebäudes gerade nicht zulässig und für bewegliche Sachen regelmäßig bedeutungslos ist (verkauft der Bauträger beispielsweise eine Einbauküche mit und ist diese nicht als Grundstücksbestandteil anzusehen, unterliegt das den Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf, §§ 474 ff. BGB, weshalb bei neuen Sachen die Rechte des Erwerbers wegen Sachmängel nicht ausgeschlossen werden können, § 475 BGB; nur Schadensersatzansprüche können in den Grenzen des § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB verkürzt werden2).

3.113

Die isolierte Vereinbarung der Haftungsverjährung nach VOB/B (also gem. § 13 VOB/B auf die Dauer von vier Jahren) ist nach Ansicht des BGH3 und der ganz h.M. nicht möglich4.

3.114

Die Beschränkung der Sachmängelgewährleistungsregelung für die Bauleistungen auf eine Nachbesserung war nach teilweise vertretener Meinung nach § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. bb BGB (früher § 11 Nr. 10 Buchst. b AGBG) nur möglich, bis die Nachbesserung fehlgeschlagen war. Dann musste mindestens der Weg zur Minderung eröffnet sein. Ein darüber hinausgehender Ausschluss des Wandelungsbzw. Rücktrittsrechts war nach überwiegender Meinung nur insoweit möglich, als bei besonders schwerwiegenden Mängeln, die die Verwendung des Vertragsobjekts zum vertragsgemäßen Gebrauch ausschlossen, der Weg zur Wandelung alten Rechts wie-

3.115

1 Sog. Subsidiaritätsklausel, BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, DNotZ 2002, 857 = NJW 2002, 2470 = JuS 2003, 90 (Emmerich). 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 316 f. 3 BGH v. 24.10.1985 – VII ZR 31/85, NJW 1986, 713. 4 Vgl. hierzu Kanzleiter, DNotZ 1987, 651.

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Kap. 3 Rz. 3.116 Bauträgerkaufvertrag

der eröffnet sein musste1. Dies hat der BGH2 jedoch inzwischen abgelehnt (Entscheidung vom 27.7.2006). Nach Meinung des BGH handelt es sich bei einem Bauträgervertrag nicht um eine Bauleistung i.S.d. § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. bb BGB (die genannte Vorschrift schließt eine formularmäßige Beschränkung des gesetzlichen Rücktrittsrechts bei Mängeln nur aus, wenn „nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist“). Das Recht zum Rücktritt kann daher im Bauträgervertrag nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden3. Gleiches gilt bei einem umfassend sanierten Altbau4. Auch eine Einschränkung des Rechts des Erwerbers, wegen Mängeln der vom Bauträger zu erbringenden Bauleistung Schadensersatz zu verlangen, kann nach verbreiteter Meinung aufgrund der BGH-Entscheidung vom 27.7.2006 nicht mehr in zulässiger Weise vereinbart werden5. In jedem Fall sind bei diesbezüglichen Vereinbarungen die aus § 309 Nr. 7 BGB folgenden Schranken zu beachten (wie dies auch der Fall ist, wenn Schadensersatzansprüche hinsichtlich von Mängeln am Grundstück vertraglich begrenzt werden sollen, s. Rz. 3.116); wegen des Transparenzgebots sind die betreffenden Ausnahmen ausdrücklich zu formulieren (s. Rz. 3.138).

3.116

Praxishinweis: Vertragliche Bestimmungen zum Haftungsrecht in Bauträgerverträgen können nach den vorstehenden Ausführungen zumeist auf das Allernötigste begrenzt werden. In der Regel werden sie sich auf eine Begrenzung der Mängelrechte wegen Sachmängel am Grundstück beschränken; solches ist auch im Bauträgervertrag zulässig, § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. bb ist insoweit nicht einschlägig6. Vereinbarungen über Mängelrechte hinsichtlich des Grundstücks müssen sich allerdings an § 307 Abs. 2 BGB messen lassen. Deshalb ist es im Bauträgervertrag beispielsweise unzulässig7, – die Haftung des Bauträgers auszuschließen, soweit es um die Zulässigkeit der Bebauung geht, oder – einen Haftungsausschluss für Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen vorzusehen, wenn dem Bauträger die Altlasten bei der Bebauung des Grundstücks hätten auffallen müssen bzw. wenn von ihm eine vorherige Untersuchung aufgrund besonderer Anhaltspunkte zu erwarten gewesen wäre. Wegen § 309 Nr. 7 BGB sollten außerdem Schadensersatzansprüche bei einer zumindest fahrlässigen Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit bzw. bei einer sonstigen mindestens grob fahrlässigen Pflichtverletzung vorbehalten werden8.

3.117

Unabhängig von der oben zitierten Entscheidung des BGH vom 27.7.2006 wird teilweise auch aus der sog. „Kardinalpflichten-Rechtsprechung“ abgeleitet, die Beschrän1 So Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, Teil B Rz. 555. 2 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, MittBayNot 2007, 204 = DNotZ 2007, 23; v. 8.11.2001 – VII ZR 373/99, MDR 2002, 149 = DNotI-Report 2002, 20 = NotBZ 2002, 25. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 305. 4 BGH v. 28.9.2006 – VII ZR 303/04, MittBayNot 2007, 210 = MDR 2007, 199 = BGHReport 2006, 1516. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 307. 6 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 313. 7 Zusammenstellung nach Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 313. 8 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 313.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.120 Kap. 3

kung von Schadensersatzansprüchen sei beim Bauträgervertrag unwirksam: nach dieser Auffassung können – trotz des anderslautenden Wortlauts von § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB – hinsichtlich der Bauleistung Schadensersatzansprüche auch bei leichter Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden, weil sonst vertragswesentliche Pflichten (sog. Kardinalpflichten) des Bauträgers abbedungen würden1. 2. Änderungsvorbehalte und -vollmachten Nach § 308 Nr. 4 BGB sind Abänderungsvorbehalte für die zu erbringenden Bauleistungen unwirksam, soweit die Änderungen dem Erwerber nicht zumutbar sind. Außerdem ist ein entsprechender Änderungsvorbehalt nach herrschendem Verständnis nur zulässig, wenn dafür ein triftiger Grund besteht und dieser triftige Grund in der betreffenden Klausel auch benannt ist2. – Die Wertungen des § 308 Nr. 4 BGB werden von der Rechtsprechung und h.M. auch auf Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung angewandt3.

3.118

Praxishinweis: Dingliche Wirkung entfalten entsprechende Änderungsvollmachten nicht4, sie gehen also nicht automatisch auf eventuelle Rechtsnachfolger über; eine solche Wirkung kann auch nicht dadurch erreicht werden, dass die betreffenden Vollmachten in die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung aufgenommen werden5.

3.119

Aus den in Rz. 3.118 genannten Gründen ist es mindestens erforderlich, eine etwaige Änderungsvollmacht im Innenverhältnis dahingehend zu beschränken, dass die Vollmacht nur zumutbare Änderungen gestattet und im Übrigen nur mit Zustimmung des Käufers befugt, das Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte des Käufers zu verändern oder sonst zu beeinträchtigen6. Uneinheitlich ist die Rechtsprechung dazu, ob und vor allem mit welchem „Genauigkeitsgrad“ die Vollmacht alle konkreten, möglichen Einzeländerungen enumerativ aufzählen muss, um für Grundbuchzwecke bestimmt genug zu sein7. Zwar gilt grundsätzlich: Ist eine Vollmacht nicht offensichtlich nichtig, so darf das Grundbuchamt eine Grundbucheintragung nicht deshalb ablehnen, weil möglicherweise ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vorliegt8. Für die Vertragsgestaltung werden die entsprechenden Zweifelsfragen aus dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz aber am sichersten dadurch vermieden, dass die betreffende Vollmacht jedenfalls im Außenverhältnis unbeschränkt ge-

3.120

1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 3 Kap. 2 Rz. 308. Siehe auch: Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 106. 2 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 845; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 82. 3 Vgl. dazu Armbrüster, ZMR 2005, 244 ff. sowie Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 195 ff.; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 89 ff. 4 Siehe BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, NJW 2005, 444 = DNotZ 2005, 390 f. m. Anm. Röll. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 88. 6 Vgl. Krause, NotBZ 2001, 433, Krause, NotBZ 2002, 11; Weigl, NotBZ 2002, 325. 7 Siehe Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 196. 8 BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 111/02, ZMR 2003, 518 = ZfIR 2003, 516; BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 75/02, NJW-RR 2002, 1669 = DNotZ 2003, 51 = RNotZ 2002, 513.

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Kap. 3 Rz. 3.121 Bauträgerkaufvertrag

staltet wird. Der Schutz des Erwerbers wird dann allein durch eine sachgerechte Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis verwirklicht; diese Gestaltung (unbeschränkte Vollmacht im Außenverhältnis/Bindung an die Maßstäbe der AGB-Kontrolle „nur“ im Innenverhältnis) stellt nach herrschender Auffassung auch keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 2 BGB dar (zur Überwachung durch den Notar s. Rz. 3.127)1.

3.121

Rechtsprechungsbeispiel: Eine Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach Grundlage der Bauausführung die Baubeschreibung sei, aber Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit gleichwertig, vorbehalten bleiben, ist nach Ansicht des BGH2 vor dem Hintergrund der in Rz. 3.118 genannten Maßstäbe unwirksam. Als zulässig wird eine solche Klausel nach der Literatur aber betrachtet, wenn sie nur ein Produkt beschreibt, nach dem sich die vom Bauträger geschuldete Leistung hinsichtlich ihrer Qualität und ihrer sonstigen Merkmale richtet. Zur Formulierung wird (unter Vermeidung des Zusatzes „oder gleichwertig“) vorgeschlagen: „(Fenster) entsprechend den Merkmalen der Serie (Hersteller, Reihe)“3.

3.122

Zusammengefasst stellen BGH und herrschende Literaturauffassung für den Bauträgervertrag folgende Anforderungen an rechtlich wirksame Änderungsvorbehalte: (1) Die Gleichwertigkeit allein ist keine Rechtfertigung für einen Änderungsvorbehalt. Der Änderungsvorbehalt muss vielmehr an das Vorliegen eines triftigen Grundes geknüpft sein (s. Rz. 3.118) und in eine Zumutbarkeitsprüfung „eingebettet“4 werden. Zum Begriff der Zumutbarkeit wird verbreitet empfohlen, diesen dahingehend zu präzisieren, dass die Änderung für den Erwerber nicht gebrauchs- oder wertmindernd sein darf5. (2) Regelungen zur Verwendung bestimmter Marken „oder gleichwertig“ sollten unterbleiben, sondern stattdessen technische Beschreibungen ohne Festlegung der Marke vereinbart werden. (3) Von der Änderungsbefugnis darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn ein triftiger Grund vorliegt. Die Klausel muss dazu bereits klar regeln, dass von ihr nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes Gebrauch gemacht werden darf (Transparenzgebot)6. Die Gründe sind dabei zumindest der Art nach in der Klausel anzugeben; nur allgemein einen triftigen Grund zu verlangen, genügt nicht7. Als hinreichende Gründe werden angesehen: nachträgliche behördliche Auflagen bzw. baurechtlich notwendige Änderungen, technisch notwendige Änderungen und (unter engen Voraussetzungen) wirtschaftlich notwendige Änderungen (z.B. wenn die ursprünglich vorgesehene Bauausführung unsinnig und dem Bauträger unzumutbar wäre)8. 1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 197; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 91. 2 BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = DNotZ 2006, 174. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 83 im Anschluss an Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 880. 4 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 85. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 84. 6 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 201. 7 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 84. 8 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 84.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.127 Kap. 3

M39 Änderungsvorbehalt Bauträgervertrag

3.123

Änderungen der Planung und Ausführungsart, der vorgesehenen Baustoffe und Einrichtungsgegenstände behält sich der Verkäufer vor, soweit sie sich bauaufsichtlich oder technisch als notwendig erweisen; sie dürfen sich nicht wert- oder gebrauchsmindernd auswirken und müssen dem Käufer zumutbar sein. Auch bei einer zwingenden wirtschaftlichen Notwendigkeit der Änderung ist diese in den vorstehenden Grenzen statthaft1.

Für die in Rz. 3.118 ff. geschilderten Änderungsvollmachten besteht in Praxis regelmäßig ein großes Bedürfnis, da der Bauträger sachenrechtlich seine Befugnis zur alleinigen Änderung der WEG-Teilung bereits verliert, wenn eine erste Eigentumsvormerkung für einen Erwerber in das Grundbuch eingetragen wird. Das Grundbuchamt darf nach diesem Zeitpunkt Änderungen zur Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung nur eintragen, wenn der Vormerkungsberechtigte ausdrücklich zugestimmt hat oder dem Bauträger eine entsprechende Änderungsvollmacht eingeräumt wurde2. Kaufrechtlich (also hinsichtlich der schuldrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer) besteht das Zustimmungserfordernis zu meist sogar schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt, weil sich die Änderung der Teilungserklärung in der Regel auch auf die im Kaufvertrag niedergelegten Rechte und Pflichten durchschlagen wird3.

3.124

Entsprechende Vollmachten werden deshalb häufig als unwiderrufliche Vollmachten gestaltet; bei Vorliegen eines wichtigen Grunds sind aber auch solche unwiderruflichen Vollmachten widerrufbar4.

3.125

Wirkung gegenüber Grundpfandrechtsgläubigern des Erwerbers haben im Bauträgervertrag vorbehaltene Änderungsvollmachten nicht; soweit zu einer Änderung der WEG-Teilung also auch die Zustimmung der dinglich Berechtigten erforderlich ist (§ 877 BGB), muss diese zusätzlich eingeholt werden5.

3.126

Als ausreichend für die Beschränkung im Innenverhältnis wird es überwiegend angesehen zu formulieren, dass „dem Erwerber durch eine Änderung keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen dürfen und insbesondere Lage, Größe und Umfang des verkauften Sondereigentums (einschließlich zugewiesener Sondernutzungsrechte) nicht verändert werden dürfen“6. In der 1. Auflage wurde dazu vertreten, dass diese Be-

3.127

1 Ob auch der letzte Satz der Änderungsklausel den Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB genügt, ist bestritten, zweifelnd Basty, DNotZ 2006, 178 und Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 201. 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 87. 3 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 197. 4 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 207; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 91. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 93. 6 Nach Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 200.

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Kap. 3 Rz. 3.128 Bauträgerkaufvertrag

schränkungen nicht durch den Notar zu überwachen sein. Dem widersprechen aber zahlreiche gewichtige Stimmen in der Literatur, die davon ausgehen, dass die Überwachung durch den Notar eine AGB-rechtlich im Interesse des Erwerbers notwendig Beschränkung der Vollmacht darstelle1. Folgt die Vertragsgestaltung dieser Auffassung (aus dem Gebot des sichersten Wegs), sollte der Notar – der häufig schon aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage sein wird, die dann erforderliche inhaltliche Prüfung vorzunehmen – sich dabei das Recht vorbehalten, im Zweifelsfall die Zustimmung der evtl. betroffenen Erwerber einzuholen2.

3.128

Zur zeitlichen Befristung entsprechender Änderungsvollmachten wird verbreitet vorgeschlagen, diese auf den Zeitraum bis zur Umschreibung des Eigentums an sämtlichen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten zu beschränken3. Jedenfalls zeitlich deutlich über diesen Zeitpunkt hinaus gehende Vollmachten dürften oft überraschend und deshalb nicht mehr interessengerecht sein4. 3. Abnahmefiktion

3.129

Nach § 308 Nr. 5 BGB ist die Vereinbarung einer Abnahmefiktion unwirksam, wenn sie entweder nicht mit den Vorgaben des § 640 BGB übereinstimmt oder dem Vertragspartner (Käufer) keine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Abnahmeerklärung einräumen und der Käufer nicht ausdrücklich auf die Bedeutung besonders hingewiesen wird. 4. Kaufpreisänderung

3.130

Nach § 309 Nr. 1 BGB sind Erhöhungen des Kaufpreises, insbesondere wegen Veränderung bei der Umsatzsteuer, nur insoweit möglich, als die Waren oder Leistung später als vier Monate nach Vertragsabschluss geliefert oder erbracht werden. Da das Grundstück selbst für den Bauträger meist nicht mit Umsatzsteuer belastet ist, sollte die Umsatzsteuer-Anpassungsklausel die Anpassung der ersten Rate grds. ausnehmen. 5. Keine Einschränkung von Leistungsverweigerungsrechten

3.131

Nach § 309 Nr. 2 BGB darf ein Leistungsverweigerungsrecht des Käufers nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Danach bleibt der Käufer stets befugt, wegen bereits während der Bautätigkeit auftretender Mängel auch Zurückbehaltungsrechte hinsichtlich früh fällig werdender Kaufpreisraten geltend zu machen. Der 1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 206; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 91; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 101. 2 So der Vorschlag von Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 91. – Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 206 hält es auch für möglich, die Überwachung auf Evidenzfälle zu beschränken. 3 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 208; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 94; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 102. 4 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 208.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.135 Kap. 3

Käufer ist nicht mit seinem Zurückbehaltungsrecht auf die letzte Kaufpreisrate i.H.v. 3,5 % beschränkt. Wegen § 309 Nr. 2 BGB wird teilweise auch die Hinterlegung der letzten Rate auf einem Notaranderkonto als unzulässig angesehen (s. Rz. 3.76). Das LG München I hält es außerdem in zwei Entscheidungen für eine unangemessene Benachteiligung des Erwerbers gem. § 307 Abs. 1 BGB, wenn der Bauträger erst nach vollständiger Fertigstellung zur Übergabe verpflichtet ist. In den von der MaBV vorgesehenen Interessenausgleich werde durch eine entsprechende Klausel nämlich deshalb unbillig eingegriffen, weil nach einer solchen Vereinbarung der Bauträger die Übergabe als Druckmittel für die Bezahlung auch der Fertigstellungsrate zurückbehalten könne1.

3.132

Der BGH2 vertritt die Ansicht, auch der Verkauf eines sanierten Altbaus könne unter § 309 Nr. 8 Buchst. b BGB fallen, also als Verkauf einer neu hergestellten Sache angesehen werden. Dies soll wohl auch für die Altbausubstanz gelten. Im Übrigen könne der Käufer auch bei einer umfassenden Altbausanierung im Regelfall die Einhaltung des modernen Stands der Technik erwarten. Ist die übernommene Herstellungsverpflichtung für die Sanierung nicht mit dem Umfang einer Neuherstellung vergleichbar, so gilt nur für die Sanierungsarbeiten Werkvertragsrecht und für den Erwerb der Altbausubstanz Kaufvertragsrecht3. Sind die Arbeiten aber nach Umfang und Bedeutung mit denen eines Neubaus vergleichbar, gilt Werkvertragsrecht für Mängel der Neubau- wie der Altbausubstanz4.

3.133

Zu § 307 Abs. 2 BGB i.V.m. § 309 Nr. 2 BGB, dem Verbot der Vorleistung in AGBVerträgen, insbesondere beim Bauträgervertrag, hat der BGH entschieden, dass dies auch für die notarielle Vorlageanweisung bei einer im Bauträgervertrag mit beurkundeten Auflassung gilt5. Danach ist eine Regelung unzulässig und damit nichtig, wenn ein Notar die Auflassungserklärung dem Grundbuchamt erst vorlegen soll nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises und Nachweis oder Bestätigung durch den Verkäufer (Bauträger)6.

3.134

Die vorstehend bezeichnete Problematik lässt sich entweder durch eine spätere Beurkundung der Auflassung lösen. Die Auflassungsverpflichtung sollte dann jedoch „Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreises“ vereinbart werden (nicht: „… des vollständigen Kaufpreises …“).

3.135

1 LG München I v. 23.4.2015 – 8 O 6509/19 – zusammengefasst nach Scheibengruber, notar 2016, 86 (87) – und (mit etwas abweichender Argumentation) LG München I v. 23.6.2016 – 11 O 10314/16. 2 BGH v. 6.10.2005 – VII ZR 117/04, MittBayNot 2006, 328 = DNotZ 2006, 280 m. Anm. Blank; v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NJW 2005, 1115. Vgl. zu Sanierungsverträgen Bischoff/Mauch, DNotZ 2004, 342 ff. 3 BGH v. 6.10.2005 – VII ZR 117/04, NJW 2006, 214. 4 BGH v. 26.4.2007 – VII ZR 210/05, NJW 2007, 3275. 5 BGH v. 7.6.2001 – VII ZR 420/00, DNotZ 2002, 41 = RNotZ 2002, 50. 6 Vgl. dazu Basty, MittBayNot 2007, 189 (191); Ch. Keim, MittBayNot 2003, 21 ff.; Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 55.

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Kap. 3 Rz. 3.136 Bauträgerkaufvertrag

3.136

Anderenfalls kann wie folgt formuliert werden1:

M40 Vorlageanweisung Auflassung Zug um Zug Der Notar wird angewiesen, die Auflassung dem Grundbuchamt erst dann vorzulegen, wenn der Verkäufer dem zustimmt. Der Verkäufer ist verpflichtet, der Vorlage zuzustimmen Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreises. Der Notar muss die Auflassung auch dann dem Grundbuchamt vorlegen, wenn der Käufer den Zahlungseingang des in diesem Vertrag ausgewiesenen Kaufpreises beim Verkäufer zweifelsfrei nachweist. Vor vollständiger Erbringung der vertragsgemäßen Leistung hat der Verkäufer dem Vollzug der Auflassung mit dem erreichten Bautenstand zuzustimmen, sobald sein Unvermögen zur weiteren Leistung feststeht, Zug um Zug gegen Zahlung des dem erreichten Bautenstand entsprechenden Kaufpreisteils.

6. Weitere Problemfälle des AGB-Rechts

3.137

Gemäß § 309 Nr. 5 BGB ist bei Schadenspauschalierungen ein ausdrücklicher Vorbehalt erforderlich, dass ein Schaden wesentlich niedriger als vereinbart oder gar nicht entstanden sei. Ferner sollte sprachlich die Schadenspauschale von der Vertragsstrafe abgegrenzt werden.

3.138

Gemäß § 309 Nr. 7 Buchst. a, b BGB ist hinsichtlich der Einschränkung von Schadensersatzansprüchen in Bauträgerverträgen stets der Vorbehalt erforderlich, dass Schadensersatzansprüche in keinerlei Hinsicht eingeschränkt werden, soweit sie sich auf grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen beziehen oder Schäden an Leben, Körper und Gesundheit des Vertragspartners betreffen. Dabei steht ein Verschulden des gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen demjenigen des Vertragspartners gleich. Aus Gründen des Transparenzgebotes kann auf eine ausdrückliche Einschränkung des Haftungsausschlusses nicht verzichtet werden; inhaltlich erstrecken kann sich ein Ausschluss der Ansprüche auf Schadensersatz im Anschluss an eine Entscheidung des BGH vom 27.7.2006 wohl nur noch auf Ansprüche wegen Mängeln des Grundstücks, nicht aber auf Ansprüche wegen Mängel der Werkleistung (s. Rz. 3.116 bis 3.117).

IV. Nachzüglerverkauf 3.139

Für den sog. „Nachzüglerverkauf“ (d.h. Verkauf einer bereits vollständig fertiggestellten Einheit eines Bauträgerobjektes) ist nach Ansicht des BGH2 ebenfalls Werkver-

1 Entnommen bei: Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 55. 2 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MittBayNot 2017, 35 ff.; v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, DNotZ 2005, 464 m. Anm. Basty = MDR 2005, 622 = NotBZ 2005, 147 = ZNotP 2005, 229.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.141 Kap. 3

tragsrecht anzuwenden1. Die Baubeschreibung ist grundsätzlich mit zu beurkunden, zumindest wenn sie für die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes definierende Wirkung haben soll. Mit der Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts ist zwingende Voraussetzung für den Beginn der Verjährung die Abnahme; diese Regelung kann nach Ansicht des BGH nicht dahingehend abgeändert werden, dass stattdessen an die Übergabe angeknüpft wird2. Wird anders beurkundet, fängt die Verjährung für Mängel gar nicht an zu laufen. Es bleiben dann nur noch der Grundsatz von Treu und Glauben und die Grundsätze der Verwirkung. – Diese Umstände gebieten bei der Vertragsgestaltung besondere Sorgfalt: „Neu“ i.S.d. Bauträgerrechts sind nach der Rechtsprechung des BGH u.U. auch noch seit längerer Zeit fertiggestellte Objekte (z.B. sog. „Restanten“ und Musterwohnungen oder -häuser) mit der Folge, dass auch insoweit (noch) Werkvertragsrecht mit der entsprechend langen Gewährleistung Anwendung findet3. Eine Absage hat der BGH dabei auch Gestaltungen erteilt, die darauf hinauslaufen, für den Erwerber des Nachzügler-Kaufs die Gewährleistungsfristen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums dadurch abzukürzen, dass insoweit auf die bereits erfolgte Abnahme durch die früheren Käufer Bezug genommen wird (sog. „Fristenangleichungsklauseln“)4. Die bislang mitunter anzutreffende „Faustregel“, wonach ein leerstehendes Objekt zwei Jahre nach Fertigstellung nicht mehr „neu“ ist, ein bewohntes (und evtl. vermietetes) Objekt in der Regel nach einem Jahr5, kann vor dem Hintergrund der gerade zitierten Entscheidungen des BGH vom 25.2.2016 und 12.5.2016 nicht länger Gültigkeit beanspruchen; Kaufrecht soll nach dieser Rechtsprechung aber zumindest jedenfalls dann zur Anwendung kommen können, wenn das verkaufte Objekt bereits seit drei Jahren fertiggestellt ist und vor dem anstehenden Verkauf vermietet war6.

3.140

V. Baubeschreibung Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann eine AGB-Regelung auch allein deshalb als unangemessene Benachteiligung unwirksam sein, weil sie nicht klar und verständlich ist. Diese Vorschrift zwingt die Beteiligten dazu, ein besonderes Augenmerk auf die Qualität der Baubeschreibung zu richten. Im Grundsatz führen Widersprüche zwischen den Plänen und der Baubeschreibung nicht zur Nichtigkeit des ganzen Vertrages, wenn die Auslegung eindeutig das Vereinbarte und Gewollte ergibt. Dabei 1 Kritisch dazu Kanzleiter, DNotZ 2006, 246 (247); Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 6. Vgl. zum Streit auch Hügel, NotBZ 2004, 377 (377). 2 BGH v. 15.4.2004 – VII ZR 130/03, MDR 2004, 933 = DNotZ 2004, 786. Vgl. dazu auch Hügel, NotBZ 2004, 377 f.; zweifelnd insoweit Basty, MittBayNot 2007, 189 (190). 3 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15, MittBayNot 2016, 503 ff. 4 BGH v. 12.5.2017 – VII ZR 171/15, MittBayNot 2017, 35 ff.; siehe dazu auch Pause, NZBau 2017, 22 ff. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, A II Rz. 11. 6 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, MittBayNot 2016, 499 ff.; Pause, NZBau 2017, 22 (23): bei Wohnungen, die zwischen zwei und drei Jahre alt sein, müsse nach dem Gebot des „sichersten Weges“ von Werkvertragsrecht ausgegangen werden.

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3.141

Kap. 3 Rz. 3.142 Bauträgerkaufvertrag

räumt der VII. Senat grundsätzlich der detaillierten Baubeschreibung den Vorrang vor den Bauplänen ein1. Im Übrigen ist bei einer nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksamen Klausel zunächst die Unklarheitenregel anzuwenden, § 305c BGB, wonach bei Unklarheiten der Auslegung diese zu Lasten des Verwenders geht. Ein Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften ist hinsichtlich der Baubeschreibung kaum möglich. Die Unwirksamkeitsfolge des § 306 Abs. 3 BGB greift jedoch erst ein, wenn das Festhalten am Vertrag für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde.

3.142

Der Notar sollte darauf achten, dass die Baubeschreibung klar und detailliert ausgestaltet ist, um nicht die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zu riskieren (denn eine solche Nichtigkeit hätte u.a. die aus Käufersicht unbedingt zu vermeidende Folge, dass die Eigentumsvormerkung dem Erwerber keinerlei Insolvenzschutz bietet). Gleichzeitig ist jedoch nicht zu verkennen, dass der Notar regelmäßig mangels technischen Sachverstandes die Richtigkeit und technische Sinnhaftigkeit der Baubeschreibung nicht überprüfen und nicht einschätzen kann. Er kann daher lediglich anregen, die geschuldete Leistung so sorgfältig und exakt wie möglich zu beschreiben.

3.143

Fehlen in der Baubeschreibung wesentliche Angaben über die Eigenschaften des Vertragsgegenstandes wie über die Wohnfläche, so können die erkennbaren, einseitigen Vorstellungen des Käufers trotz Nichterwähnung im Vertrag die geschuldete Eigenschaft des Vertragsgegenstandes festlegen2. Dafür hat der Bauträger dann einzustehen. Werden Wohnflächenangaben getätigt3, so sollte die Art und Weise der Berechnung angegeben werden, beispielsweise „berechnet nach der Wohnflächenverordnung in der derzeit gültigen Fassung“. Soweit von besonderen Wahlrechten Gebrauch gemacht wurde, sollte ggf. auch das erläutert werden, um die erforderliche Transparenz zu erreichen.

3.144

Die Baubeschreibung ist nach Ansicht des BGH auch dann mit zu beurkunden, wenn eine Wohnung verkauft wird, die bereits fertiggestellt ist4 (Nachzüglerobjekt, s. Rz. 3.139).

VI. Vertragsabschluss mit Angebot und Annahme 3.145

Spaltet sich der Vertragsschluss in Angebot und Annahme auf und geschieht dies im Rahmen eines Verbrauchervertrags, sind die höchstrichterlichen Vorgaben zur Dauer der Bindungs- bzw. Angebotsfrist zu beachten. Wird für eine entsprechende formularmäßige Frist ein zu langer Zeitraum gewählt, droht sie wegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam zu sein (hauptsächlich deshalb, weil nach Auffassung der Rechtsprechung eine unverhältnismäßig lange Schwebezeit den Käufer unzulässig in sei1 2 3 4

BGH v. 5.12.2002 – XI ZR 145/02, MittBayNot 2003, 216. BGH v. 8.1.2004 – VII ZR 181/02, MittBayNot 004, 353 = DNotZ 2004, 709. Siehe zu Wohnflächenabweichungen Pauly, MDR 2005, 1204 ff. BGH v. 10.2.2005 – VII ZR 184/04, NJW 2005, 1356 = DNotZ 2005, 467 m. Anm. Basty = MDR 2005, 802; v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NJW 2005, 1115 = RNotZ 2005, 429 m. Anm. Fabis = MDR 2005, 622; vgl. dazu auch Weber, NJW 2007, 125 (127).

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.146 Kap. 3

ner Dispositionsfreiheit beeinträchtigt)1. In der Folge führt dies zu einem nichtigen Vertrag, der ggf. nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften rückabzuwickeln ist: nach einer Entscheidung des BGH vom 11.6.20102 tritt an die Stelle der nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksamen Frist die „übliche Frist“ nach § 174 Abs. 2 BGB, welche maximal mit vier Wochen zu bemessen sei. Mit Ablauf dieser „üblichen Frist“ erlischt das Angebot nach dieser Rechtsprechung endgültig, so dass es im Ergebnis an einem wirksamen Vertragsschluss fehlt: zwar sei in der vermeintlichen Annahme durch den Klauselverwender ein neuer Antrag zu sehen (§ 150 Abs. 1 BGB), doch habe der ursprünglich Anbietende dieses erneute Angebot mangels Erklärungsbewusstsein nicht durch Vornahme der Vollzugshandlungen (z.B. die Zahlung des Kaufpreises) angenommen. – Für den Käufer dürften die Folgen dieser Rechtsprechung oft weitreichend sein, da die akzessorische Vormerkung in einem solchen Fall keinerlei Wirkungen entfaltet und alle Leistungen des Käufers daher vollständig ungesichert sind; auch eine Absicherung gegen das Insolvenzrisiko fehlt dann3. Seit der gerade angeführten Entscheidung vom 11.6.2010 sind zwischenzeitlich noch einige weitere für die Vertragsgestaltung beim Bauträgervertrag zu beachtende Entscheidungen des BGH ergangen: – Mit Entscheidung vom 7.6.2013 hat der BGH klargestellt, dass auch ein Angebot, das nach kurzer Bindungsfrist zwar zeitlich unbefristet fortbesteht, allerdings jederzeit widerruflich ist, ebenfalls mit § 308 Nr. 1 unvereinbar ist4. Diese Gestaltung, die zwei Zeiträume unterschied – (a) einen vergleichsweise kurzen Zeitraum, für den der Verbraucher unwiderruflich an sein Angebot gebunden ist und (b) einen längeren, möglicherweise sogar unbefristeten Zeitraum, für den das Angebot zwar wirksam bleiben sollte, der Verbraucher es aber jederzeit durch einseitige Erklärung hinfällig machen (widerrufen) konnte – war in der Literatur verbreitet als zulässige, durch die Entscheidung vom 11.6.2010 nicht ausgeschlossene Gestaltungsvariante verstanden worden („Bindungsfrist/Annahmefrist-Modell“, so auch die 1. Auflage in Rz. 3.83). – Im Sachverhalt, der der Entscheidung vom 7.6.2013 zugrunde lag, war die Annahme (im Unterschied zur Bindungswirkung) an keinerlei zeitliche Frist gebunden. In der Literatur wird teilweise erwogen, ob die Interessen der Beteiligten anders zu werten seien, wenn (auch) die Annahmefrist zeitlich befristet wird (z.B. auf einen Zeitraum von drei bis vier Monaten, sog. „befristetet Forstsetzungsklausel“)5. – Gegen eine solche Gestaltung erhebt der BGH in seinem Urteil vom 7.6.2013 aber ebenfalls Bedenken (obiter dictum in Tz. 26 der Entscheidung)6.

1 BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854, Tz. 10. 2 BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873; Zusammenfassung entnommen bei Herrler, DNotZ 2013, 887 (889). 3 Weber, NJW 2007, 125 (127). 4 BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, DNotZ 2013, 923. 5 Herrler, DNotZ 2013, 887 (900 ff.). 6 BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, DNotZ 2013, 923 (929).

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3.146

Kap. 3 Rz. 3.147 Bauträgerkaufvertrag

– In einer Entscheidung vom 27.9.2013 hat der BGH ausdrücklich festgestellt, dass seine Entscheidungen vom 11.6.2010 und 7.6.2013 auch auf den Bereich des finanzierten und beurkundeten Bauträgervertrages anwendbar sind1. – Klargestellt hat der BGH zwischenzeitlich weiter2, dass eine Bindungsfrist von sechs Wochen oder länger die regelmäßige gesetzliche Frist des § 147 Abs. 2 BGB von vier Wochen in wesentlicher Weise überschreitet. Eine solche Bindungsfrist verstößt also als unangemessen lange Frist gegen § 308 Nr. 1 BGB, wenn nicht der Bauträger und Klauselverwender hierfür ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, hinter dem das Interesse des Kunden an dem baldigen Wegfall der Bindung zurückstehen muss (zum schutzwürdigen Interesse s. auch Rz. 3.147 f.).

3.147

Angesichts insbesondere der BGH-Entscheidungen vom 7.6.2013 und vom 27.9.2013 wird der noch in der Erstauflage empfohlene Weg, zwischen kurzer Bindungsfrist und längerer Angebotsfrist zu unterscheiden, keine taugliche Empfehlung mehr sein. Jedenfalls das Gebot des sichersten Weges legt stattdessen nahe, auf Bindungs- oder Angebotsfristen, die sechs Wochen oder mehr betragen, zu verzichten3. Ausnahmen sind nur noch dort möglich, wo es sich nicht um eine formularmäßig vorgegebene Regelung handelt. Auch kann im Einzelfall ein sachlicher Grund gegeben sein, der eine längere Frist geboten erscheinen lässt4. Ob dafür allerdings allein das sog. „Platzierungsinteresse“ des Bauträgers ausreichend ist, muss angesichts der Entscheidung vom 27.9.2013 ebenfalls bezweifelt werden5 (entsprechendes gilt wohl auch hinsichtlich einer noch ausstehenden Klärung der baurechtlichen Zulässigkeit)6. Verbreitet anerkannt ist demgegenüber, dass eine längere Bindungsfrist in der Regel wirksam vereinbart werden kann, wenn der Klauselverwender ein Bindungsentgelt bezahlt7.

3.148

Als Alternative wird auch erörtert, einen wirksamen Vertrag abzuschließen und dem Verkäufer lediglich ein Rücktrittsrecht einzuräumen8. Der Vorteil dieser Gestaltung besteht darin, dass die sofort erklärte oder später erklärte Auflassung zweifelsfrei wirksam ist. Es kann damit keinen Zweifel an der Wirksamkeit des späteren Eigentumserwerbs des Käufers geben. Der Nachteil für den Verkäufer ist jedoch, dass bei einem geringfügigen Überschreiten der noch zulässigen Frist das Rücktrittsrecht be1 BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, DNotZ 2014, 41, Tz. 12. 2 BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, DNotZ 2014, 358; zusammengefasst nach Scheibengruber, notar 2015, 86. 3 So im Ergebnis – trotz seines Plädoyers für die Zulässigkeit „befristeter Fortsetzungsklauseln“ im Rahmen des Bindungsfrist/Annahmefrist-Modells – auch Herrler, DNotZ 2013, 887 (904). Siehe auch Scheibengruber, notar 2015, 86. 4 BGH DNotZ 2013, 923 (924 f.), Tz. 10; v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, DNotZ 2014, 358. 5 In Tz. 12 der genannten Entscheidung vom 27.9.2013 – V ZR 52/12, MDR 2014, 148 = DNotZ 2014, 41 lehnt der BGH das ausdrücklich ab; zweifelnd auch Herrler, DNotZ 2013, 887 (906 ff.). Blank, DNotZ 2014, 166 (169) hält – wenn das Platzierungsinteresse in der Angebotsurkunde offengelegt wird – eine Bindungsfrist von bis zu drei Monaten möglich. 6 Herrler, DNotZ 2013, 887 (908). 7 Herrler, DNotZ 2013, 887 (905). 8 Herrler, DNotZ 2013, 887 (911). Entsprechende Gestaltungen schlägt auch der BGH in seiner Entscheidung vom 27.9.2013 – V ZR 52/12, DNotZ 2014, 41, Tz. 17 vor.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.149 Kap. 3

reits erloschen wäre und damit ein Rücktritt des Bauträgers ins Leere ginge (s. §§ 308 Nr. 3, 306 Abs. 2 BGB). Nachteilig ist ferner, dass die Grunderwerbsteuer sofort und unabhängig von dem späteren Rücktritt fällig wird, obwohl die Realisierung des Projektes noch ungewiss ist. – Bei Ausübung des Rücktrittsrechts wird allerdings die Grunderwerbsteuer unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erstattet. Wer das Rücktrittsmodell befürwortet, urteilt in der Regel zugleich dahingehend, dass die Nichterteilung der für das geplante Bauvorhaben erforderlichen Baugenehmigung einen statthaften Rücktrittsgrund i.S.d. § 308 Nr. 3 BGB darstellt und dieser Grund unter Umständen auch längere Bindungsfristen von bis zu sechs (bzw. neun) Monaten rechtfertigen könne1. Weniger eindeutig ist die Meinungslage zum Platzierungsinteresse2. Überzeugend ist in diesem Zusammenhang jedenfalls der Vorschlag, umso strenger Maßstäbe an den sachlichen Grund für das vorgehaltene Rücktrittsrecht zu stellen, je länger die beabsichtige Bindungsfrist dauern soll3.

VII. Abnahme des Gemeinschaftseigentums Der Käufer einer Eigentumswohnung erwirbt im Rahmen des Bauträgervertrages nicht nur das Sondereigentum, sondern auch einen Anteil am Gemeinschaftseigentum. Die Abnahme (§ 640 BGB) des Gemeinschaftseigentums hat daher grundsätzlich durch jeden Käufer zu erfolgen; es handelt sich insoweit um eine aus dem Bauträgervertrag folgende, individualrechtliche Pflicht4. Dies wirft gerade bei großen Wohnanlagen erhebliche praktische Schwierigkeiten auf (z.B. wegen des dann möglicherweise sehr unterschiedlichen Beginns der Verjährungsfristen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums für die einzelnen Käufer). Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden (und um stattdessen eine gemeinsame und gleichzeitige Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu erreichen), wird im Bauträgervertrag verbreitet mit Abnahmevollmachten (zugunsten eines Vertreters, der für alle Käufer gemeinsam spricht) gearbeitet, die allerdings rechtlichen Beschränkungen aus dem AGB-Recht unterliegen5. Da eine unwirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums für den Bauträger mit erheblichen Unsicherheiten und Risiken verbunden ist (s. Rz. 3.154), gleichzeitig aber zu den erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Abnahmevollmacht zugunsten eines gemeinsamen Vertreters der Wohnungseigentümer zahlreiche rechtliche Streitfragen bestehen (s. Rz. 3.151 f.), ist mittlerweile häufig die Empfehlung anzutreffen, jedenfalls in kleineren Anlagen auf eine einheitliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen gemeinsamen Vertreter der Käufer zu

1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 287; Herrler, DNotZ 2013, 887 (914 f.). 2 Einen hinreichenden sachlichen Grund bejaht insoweit Herrler, DNotZ 2013, 887 (915 f.); Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 27; ähnlich: Blank, DNotZ 2014, 166 (173); ablehnend: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 286. 3 Herrler, DNotZ 2013, 887 (913). 4 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3, Rz. 282; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 594. 5 Siehe zuletzt: BGH v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12, ZNotP 2013, 344 f.

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3.149

Kap. 3 Rz. 3.150 Bauträgerkaufvertrag

verzichten und anstelle dessen das gesamte Objekt (hinsichtlich von Sonder- und Gemeinschaftseigentum) von jedem Käufer individuell abnehmen zu lassen1.

3.150

Praxishinweis: Diese Vorgehensweise vermeidet auch diejenigen Unsicherheiten, die infolge der WEG-Novelle 2007 in Stellungnahmen zum Bauträgerrecht dahingehend aufgekommen sind, dass teilweise – anders als in Rz. 3.149 ausgeführt – die Zuständigkeit für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht bei den einzelnen Wohnungseigentümern verortet wird, sondern bei der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband2: haben insgesamt alle Eigentümer das Gemeinschaftseigentum abgenommen, kann es keinen Unterschied machen, „unter welchem Hut“ sie dabei gesprochen haben. In einer Entscheidung des BGH vom 12.5.2016 zum sog. „Nachzügler-Kauf“ hat das Gericht eine Klausel, wonach der Käufer die zum Zeitpunkt seines Kaufabschlusses bereits erfolgte von der Gemeinschaft veranlasste Abnahme des Gemeinschaftseigentums gegen sich gelten lassen solle, für unwirksam erklärt3. Daraus wird abgeleitet, in der Vertragsgestaltung künftig nicht mehr auf eine Vergemeinschaftung der Abnahme zu setzen4.

3.151

Als mögliche Bevollmächtigte (bzw. „gemeinsame Vertreter“) kommen grundsätzlich in Betracht: der WEG-Verwalter, ein Bausachverständiger bzw. Architekt, ein Rechtsanwalt oder der Verwaltungsbeirat der WEG-Gemeinschaft. Die betreffenden Vereinbarungen dürfen den Erwerber aber nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 BGB) und müssen der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB standhalten5. Die Bestellung des Verwalters als Bevollmächtigter ist nach wohl h.M. beispielsweise dann gem. § 307 BGB unwirksam, wenn er mit dem Verkäufer wirtschaftlich verflochten oder sonst nur eingeschränkt zur freien Meinungsbildung in der Lage ist; unzulässig ist nach dieser Ansicht auch eine Klausel, die es dem Bauträger überlässt, den betreffenden Sachverständigen auszuwählen und zu beauftragen6. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Klausel im Bauträgervertrag, die dem Verkäufer die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit ihm wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht, gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt7. – In der Literatur werden zudem Bedenken gegen eine Gestaltung erhoben, 1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3, Rz. 284; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 595; Scheibengruber, notar 2014, 84 (85). 2 Siehe dazu ausführlich: Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 596. 3 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MittBayNot 2017, 35. 4 Cramer, MittBayNot 2017, 41 ff. 5 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 598. 6 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 598; kritisch dazu aber Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 284. 7 Gegenstand dieser Entscheidung war folgende Regelung: „Für das Gemeinschaftseigentum findet im Regelfall eine gesonderte Abnahme statt. Der Käufer bevollmächtigt unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, und zwar jeden für sich allein, den nachgenannten vereidigten Sachverständigen, den nach dem Wohnungseigentumsgesetz für das Kaufobjekt bestellten Verwalter sowie den Verwaltungsbeirat mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Das Gemeinschaftseigentum ist somit abgenommen, wenn entweder alle Käufer oder anstelle von Käufern der Sachverständige oder der Verwalter oder der Verwaltungsbeirat das Gemeinschaftseigentum abnimmt“: BGH v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12, ZNotP 2013, 344 f.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.153 Kap. 3

wonach der Bevollmächtigte bereits im Erwerbsvertrag bestimmt wird: auch hier stünde das Auswahlrecht faktisch nur dem Bauträger zu und finde eine Willensbildung des Käufers nicht statt1. – Als zulässige Regelung wird es demgegenüber angesehen, in den Erwerbsverträgen jeweils zu vereinbaren, dass die erste Eigentümerversammlung (ggf. der sog. „werdenden Eigentümergemeinschaft“) über die Auswahl und Bestellung des gemeinsamen Bevollmächtigten beschließt2. Die Abnahme-Vollmacht zugunsten eines auf diese Weise ausgewählten Vertreters darf nach verbreiteter Auffassung jedoch nicht unwiderruflich ausgestaltet sein; sie hätte sonst verdrängenden Charakter und würde für den Käufer darauf hinauslaufen, seine Befugnis, die Abnahme selbst zu erklären bzw. zu verweigern, endgültig aufzugeben3. Umstritten ist auch, ob in entsprechenden Abnahmevollmachten ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zu sehen ist. Nach hier vertretener Auffassung ist ein solcher Verstoß jedoch zu verneinen4. Für die Anwendbarkeit des RDG spricht zwar, dass die Prüfung der Vertragsgemäßheit – nicht nur der technischen Korrektheit – eine Überprüfung anhand der Vorgaben des jeweiligen Vertrages erfordert; jedenfalls dem Verwalter ist die Mitwirkung an der Abnahme aber wohl aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 RDG gestattet. Für den Sachverständigen lässt sich vertreten, dass die rechtliche Abnahmeerklärung im Verhältnis zum Aufwand, den die technischen Beurteilung erforderlich macht, eine eher untergeordnete Tätigkeit darstellt, so dass sie gem. § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsfeld des Sachverständigen gestattet ist5.

3.152

Als Alternativlösung zur Abnahmevollmacht wird in der Literatur auch diskutiert, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Beschluss der Wohnungseigentümer oder einer sog. „Käuferversammlung“ vornehmen zu lassen6. Geht man mit dem jedenfalls bislang herrschenden Verständnis (s. jedoch Rz. 3.150) davon aus, dass insoweit keineZuständigkeit bzw. Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, kann sie aber jedenfalls in der Gemeinschaftsordnung entsprechend vorgesehen bzw. eingeräumt werden7. Jedoch ist zu dieser Gestaltung ungeklärt, ob nicht für den Käufer eine unangemessene Benachteiligung darin liegt, dass er darauf angewiesen ist, den Abnahmebeschluss anzufechten, wenn er (anders als die Mehrheit der Eigentümer) das Gemeinschaftseigentum noch nicht für abnahmefähig hält. Da – soweit ersichtlich – auch eine Absicherung dieser Lösung durch die Rechtsprechung fehlt, lässt sich dieser Lösungsweg deshalb wohl nur schwer als zuverlässige

3.153

1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 284; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 598. 2 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 599 ff. 3 OLG Stuttgart v. 31.3.2015 – 10 U 46/14, RNotZ 2015, 416; Blank, DNotZ 2014, 166 (177); Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 284; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 601; Scheibengruber, notar 2014, 84 (85). 4 So im Ergebnis auch: Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 285; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 605; s. auch OLG München v. 3.8.2006 – 19 U 5567/05, MittBayNot 2007, 116; a.A. Häublein, DNotZ 2002, 608 (627). 5 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 605. 6 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 286. 7 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 286.

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Kap. 3 Rz. 3.154 Bauträgerkaufvertrag

Gestaltungsform empfehlen1; zusätzliche Zweifel säht an dieser Lösung die Entscheidung des BGH v. 12.5.20162 – VII ZR 171/15 (s. Rz. 3.150).

3.154

Mit der Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts auf den Bauträgervertrag ist zwingende Voraussetzung für den Beginn der Verjährung die Abnahme; diese Regelung kann nach Ansicht des BGH nicht dahingehend abgeändert werden, dass stattdessen an die Übergabe angeknüpft wird3.

3.155

Praxishinweis: Sollen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum (bzw. bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums) zeitlich getrennt abgenommen werden (z.B. hinsichtlich von Außenanlagen), muss dies im Bauträgervertrag ausdrücklich vereinbart sein. Sonst besteht kein Anspruch des Bauträgers auf entsprechende Teilabnahmen: ist im Bauträgervertrag nichts anderes vereinbart, kann der Verkäufer die Abnahme von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nur zusammen (in einem Vorgang) verlangen und kann umgekehrt der Erwerber die Abnahme so lange verweigern, bis auch das Gemeinschaftseigentum abnahmereif ist4.

3.156

Nach einem Vorschlag von Hertel5 ist bei größeren Anlagen für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums zwischen der technischen und rechtlichen Abnahme zu unterscheiden: die technische Abnahme geschieht durch den Verwalter, der unter Hinzuziehung eines Sachverständigen eine Begehung vornimmt und darüber ein Protokoll erstellt; die rechtliche Abnahme geschieht dann jedoch individuell und durch jeden Käufer einzeln, indem der Käufer (im Rahmen der Begehung oder nach Erhalt des Protokolls) sein Einverständnis erklärt. Der betreffende Formulierungsvorschlag6 lautet:

3.157

M41 Abnahme (1) Sondereigentum Nach bezugsfertiger Herstellung ist das Sondereigentum hinsichtlich des dann erreichten Bautenstandes abzunehmen. Später durchgeführte Arbeiten sind nach vollständiger Fertigstellung abzunehmen. Ggf. kann zugleich das Gemeinschaftseigentum abgenommen werden, soweit es im Bereich der betreffenden Sondereigentumseinheit liegt. Bei der Abnahme erfolgt eine gemeinsame Besichtigung des Vertragsobjekts. Darüber ist ein von beiden Vertragsparteien zu unterzeichnendes Abnahmeprotokoll anzufertigen. Darin sind alle vom Erwerber gerügten Mängel und ausstehenden Leistungen aufzunehmen. Andere Formen der Abnahme sind damit nicht ausgeschlossen. Der Notar wies insbesondere auf die gesetzliche Regelung des § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB hin. Danach steht

1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 286. 2 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, NJW 2016, 2878 = MDR 2016, 762. 3 BGH v. 15.4.2004 – VII ZR 130/03, DNotZ 2004, 786 = MDR 2004, 933 = NotBZ 2004, 395. Vgl. dazu auch Hügel, NotBZ 2004, 377 f. 4 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 594. 5 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 289 ff. 6 Entnommen bei Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 1.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.158 Kap. 3

es der Abnahme gleich, wenn der Erwerber das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Bauträger bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. (2) Gemeinschaftseigentum Zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt zunächst eine technische Abnahme durch Begehung mit dem Verwalter unter Zuziehung eines externen Bausachverständigen (voraussichtlich Firma […]). Alle Erwerber werden zwei Wochen vorab verständigt und können daran teilnehmen. Jeder Erwerber erhält eine Abschrift des Abnahmeprotokolls. Die rechtlich für den einzelnen Erwerber bindende Abnahme erfolgt dann entweder auf Grundlage dieses Abnahmeprotokolls des Verwalters (sei es bei der Begehung oder später) oder durch eine gesonderte Abnahme, etwa im Rahmen der Abnahme des Sondereigentums.

Mit besonderen rechtlichen Problemen ist die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum verbunden1. Grundsätzlich kann zwar jeder einzelne Käufer seine Rechte auf Herstellung mangelfreien Eigentums selbst geltend machen; Grenzen können sich aber ergeben, soweit dadurch gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Bauträgers beeinträchtigt werden2. Beispielsweise droht dem Verkäufer die Gefahr einer mehrfachen Inanspruchnahme, wenn ein Teil der Käufer wegen eines Mangels am Gemeinschaftseigentum mindert, die übrigen Erwerber sich aber doch für die Nachbesserung entscheiden; aus dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung kann außerdem eine Abstimmung der Mängelansprüche innerhalb der Gemeinschaft geboten sein. Verbreitet wird deshalb nach unterschiedlichen Gruppen von Ansprüchen unterschieden, die Hertel wie folgt zusammenfasst3: – Rechte auf Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung, kleiner Schadensersatz); sie können von den Wohnungseigentümern nur gemeinsam geltend gemacht werden4; – Ansprüche auf Nacherfüllung sowie Kostenvorschuss bzw. Aufwendungsersatz für das Selbstbeseitigungsrecht; diese Ansprüche kann die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen5. Ohne eine solchen Be1 Siehe Köhler, MDR 2005, 1148 ff.; Hügel, NotBZ 2004, 377; Pause/Vogel, NJW 2006, 3670; BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, DNotZ 2007, 23; v. 21.7.2005 – VII ZR 304/03, MDR 2005, 1343; v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NJW 2007, 1952 = MDR 2007, 1006 = NotBZ 2007, 204. Vgl. Wenzel, NJW 2007, 1905 ff. Siehe auch zu entsprechenden Problemen einer Bürgschaft nach § 7 MaBV BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NJW 2007, 1957 = MDR 2007, 830 = NotBZ 2007, 208. 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 318 ff. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 323. 4 Anderes kann aber gelten (d.h. die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht zuständig), wenn es um eine gebrauchte Wohnung geht und der Vertrag nicht dem Werkvertragsrecht, sondern ausschließlich dem Kaufrecht untersteht: BGH v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, NJW 2015, 2874 – zusammengefasst nach Pause, NZBau 2017, 22 (25). 5 Siehe beispielsweise BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, NJW 2014, 1377 (1379).

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3.158

Kap. 3 Rz. 3.159 Bauträgerkaufvertrag

schluss verbleibt es dabei, dass der einzelne Wohnungseigentümer diese Rechte geltenden machen kann (für den Kostenvorschuss gerichtet auf Zahlung an die Wohnungseigentümergemeinschaft); – Rechte auf Rückgängigmachung des Erwerbsvertrags (Wandelung/Rücktritt oder großer Schadensersatz); diese Rechte verbleiben ausschließlich dem jeweiligen Erwerber1 und es hat die Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit keine Beschlusskompetenz.

3.159

Praxishinweis: Wird eine Wohnung erst deutlich später als die übrigen verkauft (sog. „Nachzügler“), muss der betreffende Käufer eine etwa bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht ohne weiteres gegen sich gelten lassen: auch für einen solchen Nachzügler bestehen die diesbezüglichen Rechte und Pflichten auf der individualvertraglichen Grundlage des betreffenden Bauträgerkaufvertrags. Wirtschaftlich würden damit die Verjährungsfristen für das Gemeinschaftseigentum erst mit der Abnahme durch den letzten Nachzügler beginnen2. Nach umstrittener Ansicht (Bedenken bestehen aus § 309 Nr. 8 Buchst. b BGB)3 sollte es insoweit aber zulässig sein, die Mängelverjährungsfristen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums dergestalt zu verkürzen, dass ein Gleichlauf mit denjenigen Fristen erreicht wird, die für die anderen Erwerber gelten4. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH wird solches aber nurmehr insoweit zulässig sein, als für den Nachzügler-Kauf statt Werkvertragsrecht Kaufrecht zur Anwendung kommt und es also keiner Abnahme bedarf (s. dazu ergänzend Rz. 3.139)5.

VIII. Sonderwünsche 3.160

Hinsichtlich Sonderwünschen6 ist zu differenzieren: Bestehen Sonderwünsche bereits im Zeitpunkt der Beurkundung des Bauträgervertrages, so fallen auch diese Vereinbarungen unter § 311b BGB. Ihre Mitbeurkundung ist zwingend vorgeschrieben. Eigentliche Sonderwünsche sind mithin nur solche Vereinbarungen, die nach der Beurkundung des notariellen Bauträgervertrages auftreten. Insoweit ist nach überwiegender Meinung hinsichtlich der Beurkundungspflicht zu differenzieren: Ist die Auflassung bereits ausnahmsweise im Bauträgerkaufvertrag mitbeurkundet worden, so bedarf die Vereinbarung von Sonderwünschen keiner notariellen Beurkundung mehr. Ist die Auflassung noch nicht mitbeurkundet worden, so bedarf die Vereinbarung von Sonderwünschen als nachträgliche Vertragsänderung auch dann der notariellen Beurkundung, wenn die Änderungen nur unwesentlich sind7. Teilweise wird deshalb empfohlen, die Auflassung im Bauträgerkauf mitzubeurkunden, damit die Beteiligten formfrei entsprechende Sonderwünsche vereinbaren können8. 1 2 3 4 5 6 7

BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = NJW 2014, 1377 (1379). Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 291. BGH v. 25.2.2015 – VII ZR 49/15, MittBayNot 2016, 503. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 293 m.w.N. Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 126a. Siehe Drasdo, NJW-Spezial 2005, 241 f. BGH v. 9.11.1995 – V ZR 36/95, NJW 1996, 452; v. 28.9.1984 – V ZR 43/83, DNotZ 1985, 284; s. auch Blank, NotBZ 2006, 126 (127). 8 Blank, NotBZ 2006, 126 (127).

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Leiß

B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.164 Kap. 3

Im Jahre 2001 hat der BGH1 ein ungewöhnliches Urteil diesbezüglich gefällt. Die nachträgliche formlose Vereinbarung eines Rücktrittsrechts zu einem Kaufvertrag sei dann formlos wirksam und nicht aufgrund Verstoßes gegen §§ 125, 311b BGB unwirksam, wenn der Vorgang, der zu der nachträglichen Vereinbarung geführt habe, im Zeitpunkt der Beurkundung unvorhergesehen gewesen sei. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es darum, dass die Käufer aufgrund einer unerwarteten und nach Kaufvertragsabschluss entdeckten Schwangerschaft erheblichen Wert auf eine frühzeitige Fertigstellung des Objektes legten. Für den Fall der Nichteinhaltung eines bestimmten Fertigstellungstermins wurde nachträglich ein Rücktrittsrecht vereinbart. In dem Zeitpunkt der Vereinbarung war die Auflassung noch nicht beurkundet worden. Dieses Urteil ist im Ergebnis wohl nur daraus zu verstehen, dass dem BGH jede andere Entscheidung gegenüber den Käufern unbillig erschienen wäre, und lässt sich deshalb vermutlich nicht verallgemeinern. In einem früheren Urteil hatte der BGH bezüglich eines nachträglichen Rücktrittsrechtes jedenfalls noch anders entschieden2.

3.161

Sonderwünsche werden regelmäßig im Bauträgervertrag in der Weise geregelt, dass der Bauträger eine Verpflichtung ausschließt, spätere Sonderwünsche auszuführen. Er behält sich vor, diese selbst nachträglich zu übernehmen und gestattet dem Käufer meist, Sonderwünsche nur in Absprache mit dem Bauträger an die Handwerker des Bauträgers zu vergeben, nicht aber an fremde Handwerker. Denn die Arbeiten mehrerer unterschiedlicher Handwerker am gleichen Gewerk können zu komplizierten Fragen einer Mängelhaftung führen, weil meist jeder Beteiligte die Schuld dem anderen zuschieben möchte. Ferner möchte der Bauträger keine Haftung dafür übernehmen, wenn die Gesamtfertigstellung sich nur deshalb verzögert, weil der Käufer im Verlauf der Bauphase Sonderwünsche ausführen lässt und dadurch Verzögerungen eintreten, die der Käufer oder dessen von ihm eingeschalteten Handwerker auslösen.

3.162

Eine vollständige Freizeichnung des Bauträgers für Gewerke, die der Käufer als Sonderwunsch an Handwerker des Bauträgers vergibt, wird von Rechtsprechung jedoch zu Recht nicht anerkannt. Denn die Rechtsprechung geht von einer Koordinierungspflicht des Bauträgers bezüglich der direkt beauftragten Sonderwünsche des Käufers aus. Die Koordinierungspflicht bezieht sich auf die Verbindungs- bzw. Schnittstelle zwischen dem Grundgewerk des Bauträgers und dem Sonderwunsch und begründet eine Verantwortlichkeit des Bauträgers für das störungsfreie Funktionieren beider Bestandteile im Rahmen des Gesamtgewerks3.

3.163

IX. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Notarielle Urkunden enthielten lange Zeit auch in Bauträgerkaufverträgen eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des Kaufpreises unter Nachweisverzicht. Dies wurde teils unter dem Gesichtspunkt der Beweislastumkehr als unzuläs1 BGH v. 5.4.2001 – VII ZR 119/99, DNotI-Report 2001, 92. 2 Vgl. BGH v. 8.4.1988 – V ZR 260/86, DNotZ 1989, 228 f. 3 OLG Hamm v. 19.9.2006 – 21 U 44/06, DNotZ 2007, 291 (292) m. Anm. Pause.

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445

3.164

Kap. 3 Rz. 3.165 Bauträgerkaufvertrag

sige Beweislastverschiebung im Klauselerteilungsverfahren nach § 726 ZPO angesehen, teils als Verstoß gegen die Fälligkeitsregel des § 3 Abs. 2 MaBV mit der Folge der Nichtigkeit gem. § 134 BGB. Der BGH1 hat dazu schon mit Urteil vom 22.10.1998 entschieden: Unterwirft sich ein Erwerber in einem Bauträgervertrag der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen, so ist diese Erklärung gem. §§ 3, 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig, wenn der Notar ermächtigt ist, die Vollstreckungsklausel ohne besonderen Nachweis zu erteilen.

3.165

Nach der genannten Entscheidung darf der Notar also im Bauträgervertrag eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung mit Verzicht des Käufers auf den Nachweis des Baufortschritts nicht beurkunden. Würde hingegen auf den Baufortschritt abgestellt, ginge eine entsprechende Klausel ebenfalls ins Leere, da der Nachweis des Baufortschritts kaum in der für das Klauselverfahren erforderlichen (öffentlichen) Form geführt werden kann (nicht ausreichend ist es beispielsweise2, den Baufortschritt durch die Erklärung eines Architekten oder Bauleiters nachzuweisen). Einziges Ziel einer solchen Regelung kann dann nur die Verlängerung der Verjährung des Zahlungsanspruchs des Bauträgers sein (§ 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB: 30 Jahre). Ob dies mit § 307 BGB vereinbar ist, ist zweifelhaft: möglich wäre auch, unmittelbar eine Verlängerung der Verjährungsfrist zu vereinbaren, beispielsweise durch Klarstellung, dass die Ansprüche des Käufers auf Übereignung und Herstellung einerseits und der Zahlungsanspruch des Verkäufers andererseits jeweils gem. § 196 mit zehnjähriger Frist verjähren (s. Rz. 3.90).

3.166

Die vorstehenden Grundsätze gelten nach der Rechtsprechung des BGH auch (außerhalb des Anwendungsbereichs der MaBV) bei Beurkundung eines Bauwerkvertrages mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung und Nachweisverzicht (arg. ex. § 307 Abs. 2 BGB)3.

X. Schiedsgutachter- und Schiedsgerichtsklausel 3.167

Die in einem Bauträgervertrag vereinbarte Schiedsklausel, wonach sämtliche Streitigkeiten durch einen vereidigten Sachverständigen als Schiedsgutachter verbindlich für beide Parteien entschieden werden sollen, ist nach Auffassung des OLG Köln4 gem. § 307 BGB unwirksam. Der BGH5 nimmt ebenfalls an, eine Schiedsgutachterklausel könne beide Vertragsteile entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

1 BGH v. 22.10.1998 – VII ZR 99/9754, DNotZ 1999, 53. 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 254. – Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 102 hält die sog. „Gutachterlösung“ (d.h. Nachweis des Baufortschritts durch einen von der Industrie- und Handelskammer bestellten Gutachter) jedoch weiter für zulässig. 3 BGH v. 27.9.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138 = DNotZ 2002, 878. 4 OLG Köln v. 20.7.1994 – 2 O 80/93, DNotI-Report 1995, 70. 5 BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 2/91, NJW 1992, 433.

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B. Grundsätzliches zur Vertragsgestaltung

Rz. 3.171 Kap. 3

Die unangemessene Benachteiligung durch Schiedsgutachterklauseln beruht nach dieser Rechtsprechung jedoch im Wesentlichen darauf, dass die gerichtliche Überprüfbarkeit aufgrund § 319 BGB eingeschränkt ist. Insofern wird die Verwendung von Schiedsgutachterklauseln auch weiterhin statthaft sein, wenn ausdrücklich angeordnet wird, dass die gerichtliche Überprüfung des Schiedsgutachtens uneingeschränkt möglich ist und § 319 BGB keine Anwendung findet1.

3.168

XI. Bauabzugsbesteuerung, §§ 48 ff. EStG Nach § 48 EStG ist der Empfänger von Bauleistungen verpflichtet, von der geschuldeten Gegenleistung einen Steuerabzug i.H.v. 15 Prozent für Rechnung des Leistenden vorzunehmen2. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass die Bauleistungen im Inland gegenüber einem Unternehmer i.S.d. § 2 UStG oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (sog. Leistungsempfänger) erbracht werden. Während unter den Begriff des „Leistenden“ sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Personenvereinigungen fallen, unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland ansässig, unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig und Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sind, knüpft der Begriff des „Leistungsempfängers“ ausdrücklich an den Unternehmerbegriff des § 2 UStG an3 (s. auch Rz. 1.631 ff.).

3.169

Der für die Bestimmung des „Leistungsempfängers“ verwendete Unternehmerbegriff ist sehr weit gefasst, was im Einzelfall „subjektiv“ zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann. Verkennt der Erwerber die Reichweite des Unternehmerbegriffes, kann ihn ggf. die Verpflichtung treffen, 15 % der vereinbarten Leistung, die er bereits in voller Höhe an den Bauträger gezahlt hat, zu einem späteren Zeitpunkt – insbesondere im Falle der Insolvenz des Bauträgers – nochmals an das Finanzamt abführen zu müssen.

3.170

Die geschilderte Problematik ist für den Bauträgervertrag durch das BMF-Schreiben vom 27.12.20024 jedoch entschärft worden. Danach ist in Erwerbsfällen, wie beim Bauträgervertrag, als Unternehmer i.S.d. §§ 48 ff. EStG nur derjenige anzusehen, der selbst Bauherr ist, also nicht der Käufer einer durch einen Dritten hergestellten Immobilie (s. Rz. 1.636). Daher sind beim „typischen“ Bauträgervertrag §§ 48 ff. EStG nicht mehr zu beachten.

3.171

3.172–3.190

Einstweilen frei.

1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 312; s. dazu auch DNotI-Report 2004, 127 ff.; S. Meyer, Ausgewählte Probleme des Bauträgervertrages, RNotZ 2006, 497 (521). – Großzügig wurde die Zulässigkeit von Schiedsvereinbarungen im Bauträgervertrag außerdem auch in einer zeitlich späteren Entscheidung des BGH beurteilt: BGH v. 1.3.2007 – III ZR 164/06, DNotZ 2007, 468 = MittBayNot 2007, 312. 2 Siehe dazu allgemein BMF v. 27.12.2002, BStBl. I 2002, 1399. 3 Kirchhof/Gosch16, § 48 EStG Rz. 7 f.; BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 24 ff.; Fuhrmann, KÖSDI 2001, 13093; a.A. Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 48 EStG Rz. 9 f.: teleologische Reduktion erforderlich; Stickan/Martin, DB 2001, 1441 (1444). 4 BMF v. 27.12.2002, BStBl. I 2002, 1399, Tz. 18.

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Kap. 3 Rz. 3.191 Bauträgerkaufvertrag

C. Besondere Gestaltungssituationen I. Ketten-Bauträgerverkauf in der Insolvenz 3.191

Beispiel: Verkäufer A verkauft ein unbebautes Grundstück an B, bewilligt und beantragt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Bauträgers B. B möchte das gerade erworbene Grundstück an C mit Gewinn weiterverkaufen. Zur Vermeidung der Kosten einer Zwischenfinanzierung verkauft B das Grundstück sogleich an C und tritt sicherungshalber seinen Auflassungsanspruch an C ab1. Dies wird im Grundbuch berichtigend bei der Vormerkung vermerkt. C möchte wissen, ob sein Erwerb insolvenzfest ist2.

3.192

Für die Beurteilung der vorstehenden Sachverhaltskonstellation in Krisenfällen sind folgende Besonderheiten zu beachten. 1. Verkäuferinsolvenz

3.193

Für den Fall der Insolvenz des A ist bei bewilligter Vormerkung und Eintragung der Vormerkung zugunsten des B der Erwerb durch B gem. § 106 InsO geschützt. C wird in diesem Fall lastenfreies Eigentum am Vertragsgegenstand von B erwerben können. Anders ist dies für den Fall der Insolvenz des B. 2. Insolvenz des Erstkäufers

3.194

Bei Insolvenz des B greift zunächst für seinen Erwerbsanspruch gegenüber A § 106 InsO nicht ein. § 106 InsO gilt nur zugunsten des Käufers, für den eine Auflassungsvormerkung zur Eintragung in das Grundbuch gelangt ist (d.h. gesichert ist der Fall der Verkäuferinsolvenz). Das hilft – bei Insolvenz des B – für den Erwerbsanspruchs des B gegenüber A nicht weiter; insoweit handelt es sich um eine Käuferinsolvenz. Gemäß § 103 InsO verlieren mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die wechselseitigen Ansprüche aus dem Kaufvertrag A/B ihre Durchsetzungsfähigkeit. Nach früherer, inzwischen aufgegebener Rechtsprechung ist der Anspruch sogar erloschen.

3.195

Dies gilt nur dann nicht, wenn im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des B der B seine Vertragspflichten über A bereits vollständig erfüllt hätte3. Ist dies der Fall, so greift § 103 InsO nicht ein. Der Insolvenzverwalter hätte kein Erfüllungswahlrecht. B würde also das Eigentum am Vertragsgegenstand erlangen. Die Abtretung des Anspruchs an C bliebe auch wirksam, da es nicht zu einer Erfüllungswahl im Vertragsverhältnis A/B kommen würde. Gleichwohl werden im Regelfall die wechselseitigen Vertragspflichten aus dem Vertragsverhältnis B/C noch nicht vollständig erfüllt sein. Aus diesem Grunde greift § 106 InsO im Vertragsverhältnis B/C nicht ein. Denn entgegen dem Wortlaut des § 106 InsO ist keine 1 Ein Formulierungsvorschlag findet sich bei Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis8, Rz. 2232. 2 Vgl. dazu DNotI-Report 1999, 65 ff.; Amann, FS Schippel, 1996, 83 ff.; Amann, DNotZ 1995, 253; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis8, Rz. 507 ff. 3 Im Ergebnis ebenso, in der Begründung etwas abweichend Huber, MittBayNot 2004, 58 (60).

448

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C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.199 Kap. 3

Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsverschaffungsanspruchs von B an C im Grundbuch eingetragen. Der Insolvenzverwalter kann insoweit die Erfüllung ablehnen. Zum Schicksal des abgetretenen Anspruch s. Rz. 3.200. Praxishinweis: Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung von B an C im Beispielsfall scheitert an dem sog. Identitätsgebot. Danach muss der Bewilligende hinsichtlich der Vormerkung auch der Schuldner des Anspruchs sein. Daher kann eine Vormerkung an B zugunsten C erst dann zur Eintragung gelangen, wenn B selbst das Eigentum am Vertragsgegenstand erworben hat. Dies ist im oben genannten Beispiel jedoch gerade nicht der Fall. Schließlich liegt die Schwäche der Abtretungslösung darin, dass der C einen schuldrechtlichen Anspruch erwirbt, der mit allen Schwächen des Vertrages A/B belastet ist – mögliche Beurkundungsmängel, §§ 125, 311b BGB, Anfechtung und Ähnliches, die der C nicht erkennen kann.

3.196

Hat B im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis A/B erfüllt, so greift insoweit § 103 InsO ein. Der Insolvenzverwalter hat ein Erfüllungswahlrecht. Lehnt er die Erfüllung des Vertrages A/B ab, so hat C einen Anspruch erworben, der nicht durchsetzbar ist1. Wählt der Insolvenzverwalter hingegen Erfüllung des Vertrages A/B, so entstehen die Ansprüche des Vertragsverhältnisses A/B originär in der Masse neu. Eine Sicherungsabtretung kann insoweit nicht mehr stattfinden, da der nach Insolvenzeröffnung neu entstehende Anspruch nicht mehr der Verfügungsgewalt des Insolvenzschuldners (B) unterliegt, §§ 81, 91 InsO2.

3.197

Beachte: Die bloße Abtretung des Auflassungsanspruches von B an C ist keine ausreichende Sicherheit im Rahmen des § 3 MaBV (s. Rz. 3.65). Dieses Sicherheitsrisiko gilt nicht nur für den Bauträgervertrag. Beim Bauträgervertrag ist das Insolvenzrisiko des B besonders groß. Jedoch auch bei sonstigen Verkäufen zwischen Privatpersonen ist die Interessenlage nicht anders, da der Zwischenverkäufer B dem C keine originäre Auflassungsvormerkung verschaffen kann und damit C nie am Schutz des § 106 InsO teilhaben kann, bevor nicht B Eigentümer des Grundstücks wird.

3.198

Weitere Schwierigkeiten der Abtretungslösung bestehen in den Fragen, wie der weitere Vertragsvollzug erfolgen soll, insbesondere ob A weiterhin zur Erfüllung und Auflassung an B befugt sein soll, ob A ausschließlich an C erfüllen können soll, was passiert, wenn Abwicklungsschwierigkeiten im Verhältnis B/C entstehen und der Anspruch bereits unbedingt an C abgetreten worden ist, sowie ob B in Annahmeverzug gerät, wenn A an ihn erfüllen möchte, die Erfüllung aber aufgrund der Abtretungen nur noch an C möglich ist, C jedoch seine Vertragsverpflichtung noch nicht erfüllt hat.

3.199

1 BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, DNotZ 2002, 648 ff.; ebenso Huber, MittBayNot 2003, 58 (60). 2 BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, DNotZ 2002, 648 ff.; v. 21.2.1989 – 5 StR 586/88, NJW 1989, 1289 f.; vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis8, Rz. 507 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3147; a.A. nunmehr, aber nicht überzeugend, Huber, MittBayNot 2004, 58 (60).

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449

Kap. 3 Rz. 3.200 Bauträgerkaufvertrag

3.200

War der Kaufpreis im Verhältnis A/B bereits vollständig bezahlt, hat B einen wirksamen Eigentumsverschaffungsanspruch, den er wirksam an C abgetreten hat. Der eigene Übereignungsanspruch des C gegen B ist hingegen mangels eigener Vormerkung nicht insolvenzsicher. Die Sicherungsabtretung gibt dem C allerdings nur ein Absonderungsrecht, § 51 Abs. 1 Nr. 1 InsO – kein Aussonderungsrecht. Der Insolvenzverwalter hat nach § 166 Abs. 2 InsO das Recht, die abgetretene Forderung selbst einzuziehen oder sonst zu verwerten. Das Einziehungsrecht des Verwalters ist vorrangig gegenüber dem des Abtretungsempfängers1. Das gilt wohl auch für Eigentumsverschaffungsansprüche. Damit hat der C keinerlei Sicherheit, dass er tatsächlich Eigentümer des Grundstücks wird. Der Insolvenzverwalter kann die Einziehung dem C überlassen, § 170 Abs. 2 InsO. Allerdings kann der Insolvenzverwalter gem. § 171 InsO mindestens 5 % des Wertes des Eigentumsverschaffungsanspruchs als Gegenleistung (pauschaler Aufwandsersatz) verlangen2 – unabhängig davon, ob tatsächlich entsprechende Kosten entstanden sind oder nicht. 3. Alternativgestaltungen zur Abtretungslösung

3.201

Als Alternativgestaltungen kommen in Betracht:

3.202

Der Zwischenerwerb des Eigentums durch B mit Zwischenfinanzierung der Kaufpreiszahlungsverpflichtung des B, anschließender Eintragung einer originären Auflassungsvormerkung für C und Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs zu Lasten des C an B erst ab Eintragung der eigenen Vormerkung für C.

3.203

Sicher ist im Übrigen eine Kaufvertragsabwicklung über § 7 MaBV. Die dem C gestellte Bürgschaft sichert zwar nicht den Eigentumserwerb und nicht sein Erfüllungsinteresse, schützt den C aber effektiv vor Vermögensschäden, da er im Insolvenzfall sein Geld von der Gläubigerbank erstattet bekommt.

3.204

Ein Forderungsverkauf wird im Regelfall den Interessen der Beteiligten nicht genügen. Insbesondere sind die rechtlichen Nachteile hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs und der Abhängigkeit der gekauften Forderung von Mängeln des Rechtsverhältnisses A/B für den normalen Käufer C viel zu riskant.

3.205

Möglich wäre schließlich noch die Abgabe eines Angebotes zugunsten des Bauträgers an einen vom Bauträger zu nennenden Dritten3. Der Bauträger könnte den/ die jeweiligen Dritten benennen. Im Falle der Annahme käme ein originärer Kauf zwischen A und C zustande. Hinsichtlich des Eigentumsverschaffungsanspruches würde auf diese Art und Weise ein selbständiger Kaufvertrag zwischen A und C zustande kommen, der von der Insolvenz des B unabhängig wäre4. Der C würde ei1 Uhlenbruck/Uhlenbruck14, § 166 InsO Rz. 13; vgl. allgemein Münchener Kommentar/ Lwowski/Tetzlaff3, § 166 InsO Rz. 44 ff. 2 Vgl. BGH v. 11.7.2002 – IX ZR 262/01, NJW 2002, 3475; v. 20.2.2003 – IX ZR 81/02, NJW 2003, 2240. 3 Vgl. zur insolvenzrechtlichen Sicherung gründlich Uhlenbruck/Berscheid13, § 106 InsO Rz. 8 ff. 4 Ebenso wohl Uhlenbruck/Berscheid13, § 106 InsO Rz. 12.

450

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C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.222 Kap. 3

ne eigene Auflassungsvormerkung erlangen, die ihm den Schutz des § 106 InsO verschafft. In der Insolvenz des B könnte der zustande gekommene Vertrag A/C problemlos vollzogen werden. Zu beachten sind hier allerdings ggf. weitere Beurkundungspflichten gem. § 311b BGB (wenn B Bauleistungen zusagt) sowie das Risiko für A, einen rechtlich einheitlichen Vertrag von A/B auf der einen Seite mit C auf der anderen Seite abzuschließen. Dies wird im Regelfall den Interessen des A nicht gerecht1. Der Handel mit dem Angebot durch den Bauträger führt in der Regel zur doppelten Grunderwerbsteuer2. Diese Lösung funktioniert daher nur, wenn B keine Bauleistungen gegenüber C zu erbringen hat und es um einen Fall der bloßen Weitergabe des Angebotes geht.

3.206–3.220

Einstweilen frei.

II. Verdeckter Bauträgerkaufvertrag, sog. Generalübernehmermodell Beispiel: A und B sind Miteigentümer zu je 1/2 von insgesamt 14 katastermäßig bereits verselbständigten Baugrundstücken. Für die Grundstücke ist eine Bebauung mit Einfamilienhäusern geplant. Das Grundstück ist mit einer Globalgrundschuld belastet. B ist gleichzeitig alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B-Bau- und Bautreuhand GmbH. Diese Gesellschaft soll als Bauträger die Gebäude errichten und mit den Grundstückserwerbern in getrennter Urkunde entsprechende Herstellungsverträge abschießen; der Werklohn soll entsprechend dem Ratenplan des § 3 Abs. 2 MaBV fällig gestellt werden. Grundstückskaufvertrag und Herstellungsvertrag sollen jeweils im gleichen Notartermin notariell beurkundet werden. Der Kaufpreis aus dem Grundstückskaufvertrag soll nach der Bestätigung des Notars fällig sein, dass der Vertrag rechtswirksam ist, die Eigentumsvormerkung an rangrichtiger Stelle beantragt ist, die Pfandentlassung des Globalgläubigers vorliegt und der Grundstückskaufpreis ausreicht, die Gläubigerauflagen zu erfüllen. Besitz, Nutzung, Lasten und die Gefahr am Grundstück und das Eigentum am Grundstück sollen erst übergehen nach Zahlung des Grundstückskaufpreises und des Herstellungspreises.

3.221

1. Ausgangspunkt und Umfang des Formzwangs Die Gestaltungspraxis begegnet immer wieder Versuchen, durch Aufspaltung des Bauträgerkaufvertrages in zwei Teile, nämlich – in einen notariellen Grundstückskaufvertrag und – in einen vermeintlich privatschriftlich abzuschließenden Werkvertrag (Baubetreuungsvertrag) 1 Vgl. zu dieser Konstellation Ludwig, NJW 1983, 2792 (2794); Denck, NJW 1984, 1009 (1010) Fn. 4; Uhlenbruck/Berscheid13, § 106 InsO Rz. 10. 2 So zumindest bei Handeln des B in Verfolgung eigener Interessen, die über das bloße Maklerinteresse hinausgehen. Vgl. BFH v. 3.3.1993 – II R 89/89, BStBl. II 1993, 453; v. 6.9.1989 – II R 135/86, BStBl. II 1989, 984; v. 16.12.1981 – II R 109/80, BStBl. II 1982, 269; v. 13.9.1989 – II R 28/87, BStBl. II 1989, 986; v. 22.1.1997 – II R 97/94, BStBl. II 1997, 411; Pahlke5, § 1 GrEStG Rz. 228.

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3.222

Kap. 3 Rz. 3.223 Bauträgerkaufvertrag

aus den Bindungen des Bauträgerkaufvertrages auszubrechen und insbesondere der Fälligkeitsregelung in der MaBV nach Maßgabe des Baufortschrittes zu entgehen. In diesen Situationen können sich für die Vertragsgestaltung schwierige Abgrenzungsfragen aber auch zur Reichweite des Beurkundungserfordernisses und zum Umfang der AGB-Kontrolle ergeben. Als „Steuerspar-Modelle“ taugen die betreffenden Gestaltungsversuche in der Regel nicht (s. Rz. 3.252 ff.).

3.223

Zum Umfang der zu beurkundenden Erklärungen (§ 311b Abs. 2 BGB) gilt: Werden Grundstück und Bauleistung von einer Person angeboten, kann in der Regel nur ein einheitlicher Bauträgervertrag über die Gesamtleistung abgeschlossen werden; dies muss auch gelten, wenn Grundstückseigentümer und Werklieferer miteinander verflochtene Gesellschaften sind1.

3.224

Sofern verschiedene Personen Vertragspartner sind, insbesondere das Grundstück von einem Dritten verkauft wird, sind Grundstückskauf- und -werkvertrag dennoch notariell zu beurkunden (§ 311b BGB), da im Regelfall ein innerer Sachzusammenhang besteht und beide Verträge miteinander stehen und fallen2 (Rz. 1.37 und Rz. 2.10 ff.). Von der Beurkundung kann nur dann abgesehen werden, wenn Käufer und Verkäufer sich darüber einig sind, dass der Käufer den Grund und Boden auch ohne die Bauleistung kaufen würde (sog. „einseitige Abhängigkeit“3, s. auch Rz. 3.225). Dies kann regelmäßig nicht angenommen werden, wenn Verkäufer und Bauunternehmer die Leistungen gemeinschaftlich am Markt anbieten oder wenn Verkäufer und Bauunternehmer sich gegenseitig vertraglich zu einem gemeinschaftlichen Vertrieb verpflichtet haben.

3.225

Nach der Entscheidung des OLG Köln4 ist ein Fertighausvertrag notariell zu beurkunden, wenn er mit einem Grundstücksvertrag rechtlich zusammenhängt, d.h. die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen oder fallen“ sollen. Dies gilt nach Meinung des BGH nicht, wenn der Bauvertrag zwar von dem Grundstückskaufvertrag abhängig sein soll, nicht aber umgekehrt der Grundstückskauf vom Bauvertrag5, die Beteiligten den Grundstückskaufvertrag also auch gänzlich unabhängig vom Bauwerkvertrag vereinbaren wollen. – Für eine einseitige Abhängigkeit des Grundstückskaufvertrags vom Bauvertrag spricht demgegenüber aber in der Regel, wenn der Käufer das Grundstück nur erwerben will, wenn er zu einem bestimmten Gesamtpreis darauf ein schlüsselfertiges Haus erhält6.

Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 8. Beck’sches Notarhandbuch/Kutter6, A II Rz. 8. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 335. OLG Köln v. 10.6.1996 – 18 U 213/95, MittRhNotK 1997, 25. BGH v. 11.10.2000 – VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226; v. 26.11.1999 – V ZR 251/98, NJW 2000, 951; v. 13.6.2002 – VII ZR 321/00, NotBZ 2002, 297 m. Anm. Otto = DNotZ 2002, 944 = MDR 2002, 1187; vgl. dazu auch Seeger, MittBayNot 2003, 11 ff. 6 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 335 unter Hinweis auf BGH v. 12.2.2009 – VII ZR 230/07, DNotZ 2009, 619. 1 2 3 4 5

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C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.228 Kap. 3

2. Anwendbarkeit der MaBV, § 632a BGB Umstritten1 ist in den Fällen des sog. verdeckten Bauträgervertrages vor allen Dingen, ob und in welchen Fällen § 632a Abs. 2 BGB i.V.m. den Regelungen der MaBV anzuwenden ist. Stets anzuwenden sind § 632a Abs. 2 BGB und §§ 3, 7 MaBV jedenfalls dann, wenn Grundstückskauf- und Werkvertrag aus einer Hand angeboten werden2. Allenfalls in Ausnahmefällen kann das anders sein, wenn ein Verknüpfungswille im in Rz. 3.225 geschilderten Sinne fehlt und zunächst das Grundstück dem Käufer übereignet wird und tatsächlich erst anschließend die Beteiligten sich zum Abschluss eines Werkvertrages entschließen.

3.226

Praxishinweis: Dem Bauträger zu empfehlen, zunächst nur den Grundbesitz zu veräußern, ihn nach Zahlung des Grundstückskaufpreises dem Käufer zu übereignen und erst danach den Vertrag über die Bauleistung zu schließen3, ist schon deshalb selten mit einem tatsächlichen Vorteil für den Bauunternehmer verbunden, weil unabhängig von der Anwendbarkeit der MaBV auch das zivilrechtliche Vorleistungsverbot dazu führt, dass Zahlungen für das Bauwerk nur nach Baufortschritt verlangt werden können (s. Rz. 3.231 ff.)4; auch § 632a Abs. 3 BGB ist anwendbar (s. Rz. 3.230).

3.227

Streitig ist die Fallgruppe, in denen dem Käufer das Grundstück von einem mit dem Bauträger wirtschaftlich oder persönlich eng verbundenen Dritten zum Erwerb angeboten wird. Ist, wie im Beispielsfall in Rz. 3.221, die Werkleistung so mit der Grundstücksübereignung verbunden, dass erst nach vollständiger Begleichung der Gegenleistung für beide Leistungen der Eigentumsübergang erfolgen soll, so sind nach überwiegender Meinung § 632a Abs. 2 BGB und die MaBVentweder direkt oder zumindest entsprechend anwendbar; gleiches gilt, wenn der Werkunternehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung „das Grundstück an der Hand hat“ und bestimmenden Einfluss auch auf den Grundstückskaufvertrag besitzt (beispielsweise, weil ihm der Eigentümer ein Verkaufsangebot mit Benennungsrecht und Auflassungsvollmacht gemacht hat)5. Anders ist dieser Fall nur dann zu beurteilen, wenn das Grundstückseigentum dem Käufer sofort und unabhängig von der Durchführung des Werkvertrages übertragen wird. So haben im Wesentlichen auch der BGH6 und das BVerwG7 entschieden. Gleichzeitig hat das BVerwG allerdings klargestellt, dass in Ausnahmefällen, insbesondere bei Umgehungsversuchen, dennoch die Grundsätze der MaBV Anwendung finden können. Dies gilt insbesondere, wenn bauträgervertragsähnliche

3.228

1 Siehe Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 336; Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 118 ff.; Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, Teil D Rz. 49. 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 336. 3 Unter Hinweis auf BGH v. 22.3.2007 – VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364; zweifelnd zu dieser Gestaltung: Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 119. 4 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 120. 5 Vgl. das Bauträgermerkblatt der Bayer. Notarkammer Teil B; ebenso Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 336; Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 122. Ebenso: OLG München v. 17.3.2015 – 9 U 1662/11 – zitiert nach Scheibengruber, notar 2016, 86 (87). 6 BGH v. 26.1.1978 – VII ZR 50/77, NJW 1978, 1054. 7 BVerwG v. 10.6.1986 – 1 C 9/85, NJW 1987, 511 ff.

Leiß

453

Kap. 3 Rz. 3.229 Bauträgerkaufvertrag

Risiken erzeugt werden, so z.B. bei einer Rückübertragungsverpflichtung des Grundstücks gegenüber dem Verkäufer bei einer vorzeitigen Beendigung des Werkvertrages.

3.229

Den vorstehend geschilderten Konstellationen, bei denen das Eigentum nicht sofort auf den Käufer übergeht, sind nach hier vertretener Ansicht wohl auch die Fälle gleichzustellen, in denen der Bauträger, also der Werkleistende, zur Finanzierung seiner Werkleistungen auf den vom Käufer zu erwerbenden Grundbesitz Grundpfandrechte bestellt und diese erst nach Bezahlung auch der Bauleistung vom Gläubiger freigegeben werden1.

3.230

Die Beurkundung einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung mit Nachweisverzicht ist auch bei Aufspaltung eines Kauf und eines Bauwerkvertrages nichtig (s. Rz. 3.165). Zu beachten ist außerdem, dass eine Fertigstellungssicherheit nach § 632a Abs. 3 BGB auch erforderlich sein kann, wenn § 632a Abs. 2 BGB und die MaBV nicht anwendbar sind: § 632a Abs. 3 BGB gilt nach seinem Wortlaut auch für den Generalübernehmervertrag, anders als in § 632a Abs. 2 BGB muss der Unternehmer nicht zusätzlich verpflichtet sein, dem Erwerber Eigentum an Grundbesitz zu verschaffen2. 3. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB

3.231

Unabhängig von der Anwendbarkeit der MaBV ist jedoch bei allen diesen Gestaltungen die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB entscheidend. Für die Fälligkeit des Gebäudepreises sind § 307 Abs. 2 BGB und § 309 Nr. 2 BGB zu beachten, wonach Ratenzahlungen den Wert der Teilleistungen nicht übersteigen dürfen. Sonst würden durch Vorleistungspflichten des Käufers Zurückbehaltungsrechte beeinträchtigt werden; auch wenn der Bauwerkvertrag also nicht unmittelbar § 632a Abs. 2 und den Regelungen der MaBV unterfallen sollte, lässt das Vorleistungsverbot im Formularoder Verbrauchervertrag Abschlagszahlungen nur nach dem Baufortschritt zu3.

3.232

Als Anhaltspunkt für die Vertragsgestaltung sind dann wiederrum § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV heranzuziehen; auf die früher zu § 632a Abs. 1 BGB a.F. diskutierte Frage („Abschlagszahlungen nur bei in sich geschlossenen Werken?“) kann es insoweit nicht mehr ankommen, s. § 632a Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.: Der Unternehmer kann „… eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat“4.

3.233–3.250

1 2 3 4

Einstweilen frei.

Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 121. Siehe auch Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 337. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 337. Siehe auch die Empfehlung der Landesnotarkammer Bayern, „Bauträgermerkblatt“ (Stand Mai 2009), abgedruckt in: Basty, Der Bauträgervertrag8, Seite 535 ff.

454

Leiß

C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.254 Kap. 3

4. Isolation der Haftungsrisiken Entsprechende Generalübernehmermodelle kommen gelegentlich auch vor, wenn eine Privatperson zwar Grundstücke unmittelbar verkaufen, aber nicht selbst als Bauträger handeln will. Der Private sucht dann einen Bauunternehmer, mit dem er ein Konzept entwickelt, die Baugenehmigung einholt und die einzelnen Parzellen verkauft. Beide Verträge sind zu beurkunden. Bisher war es zweifelhaft, ob der Privatverkäufer ggf. durch die koordinierte Vorgehensweise und den Verkauf in einem rechtlich einheitlichen Vertrag evtl. auch in eine Mithaftung für eventuelle Baumängel des Bauunternehmers einbezogen werden könnte, auch wenn ausdrücklich eine solche Mithaftung füreinander vertraglich mit dem jeweiligen Käufer ausgeschlossen wird. Das OLG Hamm1 hat eine solche Mithaftung nunmehr zu Recht abgelehnt. Auch wenn beide Verträge nach § 311b BGB gemeinsam beurkundet werden müssen, so kann allein die koordinierte Vorgehensweise einander fremder Personen nicht zu einer Gesamthaftung führen, wenn tatsächlich jeder Vertragsteil nur getrennte und voneinander unabhängige Leistungsteile zu erbringen hat. Dies sollte in dem Vertragswerk klargestellt werden.

3.251

5. Steuern Für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung ist nicht die (formelle) Einheitlichkeit oder Auftrennung der Verträge, sondern der objektive Zusammenhang von ausschlaggebender Bedeutung2. Maßgeblich ist, ob der Käufer bei Erwerb des Grundstücks noch frei war, den Bauwerkvertrag nach eigener Entscheidung abzuschließen. Dies kann auch bei einander fremden Personen auf Veräußererseite ausgeschlossen sein, wenn diese einvernehmlich zusammenwirken.

3.252

Danach ist nach der Rechtsprechung des BFH selbst dann die Grunderwerbsteuer (neben der 19%igen Umsatzsteuer für die Werklieferung) aus Grundstück und Gebäude als Bemessungsgrundlage zu erheben, wenn unterschiedliche Vertragspartner an dem Vertragsbündel beteiligt sind3. Dies hatte der BFH bereits 1989 so entschieden4; er hält an dieser Rechtsprechung unverändert fest5 (s. auch Rz. 1.725). – Der Bauträgervertrag wäre demgegenüber grds. von der Umsatzsteuer befreit.

3.253

Weitere wissenswerte Einzelfallentscheidungen sind in diesem Zusammenhang:

3.254

BFH6

(1) Nach der Rechtsprechung des liegt bei Erwerb von Wohnungseigentum stets ein grunderwerbsteuerlich einheitliches Vertragswerk vor, da es unmöglich 1 OLG Hamm v. 21.2.2006 – 24 U 112/05, NJW-RR 2006, 1164. 2 BFH v. 23.8.2006 – II R 42/04, DStRE 2007, 430; v. 21.9.2005 – II R 49/04, BStBl. II 2006, 269 = BB 2006, 421; vgl. a. BFH v. 18.10.1989 – II R 85/87, BStBl. II 1990, 181 und v. 18.10.1989 – II R 143/87, BStBl. II 1990, 183. 3 BFH v. 21.9.2005 – II R 49/04, BStBl. II 2006, 269 = BB 2006, 421. 4 BFH v. 18.10.1989 – II R 143/87, BStBl. 1990, 183; kritisch hierzu Flume, DB 1990, 1432. 5 BFH v. 27.9.2012 – II R 7/12, BStBl. II 2013, 86. 6 BFH v. 23.6.1982 – II R 155/80, BStBl. II 1982, 741 = DStR 1982, 694.

Leiß

455

Kap. 3 Rz. 3.255 Bauträgerkaufvertrag

sei, eine WEG-Einheit ohne die anderen und ohne den Grund und Boden zu errichten. Dies gelte auch dann, wenn der Verkäufer eines Grundstücksmiteigentumsanteils und der Werkunternehmer ansonsten nicht miteinander verbunden sind.

3.255

(2) Grunderwerbsteuer wird auf die Gegenleistung aus einem Bauvertrag nicht erhoben, wenn der Verkäufer bereits mit einem Bauunternehmer einen Bauvertrag abgeschlossen hatte und der Käufer diesen Bauvertrag übernimmt, ihn aber keinerlei eigene Haftung für die Erbringung der Bauleistungen trifft1. Diese Konstruktion steht und fällt jedoch damit, dass der Verkäufer und der Bauunternehmer nicht systematisch in einem abgestimmten Verhalten ihren Vertrieb koordinieren. Es handelte sich um einen Einzelfall.

3.256

(3) Den Grundsätzen des einheitlichen Leistungsgegenstandes steht nicht entgegen, wenn der Erwerber die Planung und Konzeption durch den Anbieter wesentlich mitbestimmt hat2.

III. Tausch mit dem Bauträger Literatur: Albrecht, Der Tausch mit dem Bauträger, DNotZ 1997, 269 ff.; Basty, Der Bauträgervertrag, 8. Aufl. 2014, Rz. 130 ff.; Blank, Bauträgervertrag, Rz. 755 ff. (mit kommentiertem Mustervertrag); Hertel in Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Teil 2 Kap. 3 Rz. 345 ff.; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 4. Aufl. 2011, Rz. 1027 ff.; F. Schmidt, Bauträgerfragen, MittBayNot 1995, 434 ff.

3.257

Beispiel: Privatier P verfügt über ein großes Grundstück, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut werden soll. Der Bauträger B ist an dem Grundstück interessiert. Er hat jedoch derzeit Finanzierungsschwierigkeiten, um dem P das Grundstück sofort in voller Höhe zu bezahlen. Er möchte seine Finanzierungskosten so niedrig wie möglich halten und wäre im Übrigen froh darüber, bereits die Absatzsorgen insoweit zu reduzieren, als er in der Person des P gerne auch gleich einen Käufer finden würde. P und B treffen sich zu einer Vorbesprechung, um sich über mögliche Gestaltungen aufklären zu lassen.

1. Grundstückstauschmodell

3.258

P gibt dem B das Grundstück hin. Als Gegenleistung hierfür erhält er zwei vorher genau bezeichnete Eigentumswohnungen zurück. Es handelt sich um einen Tausch i.S.d. § 480 BGB (mit der Folge, dass keine Vorkaufsrecht ausgeübt werden können)3. Werkvertragsrecht ist für den Rücktausch anwendbar, ebenso § 632a und die MaBV4. Da als Gegenleistung jedoch die Überlassung eines Grundstücks geschuldet ist, kann mangels möglicher Baufortschrittsraten der Vertrag nicht nach § 3 MaBV abgewickelt

1 2 3 4

BFH v. 22.5.2002 – II R 1/00, GmbHR 2002, 1042 = DStRE 2002, 1459. BFH v. 23.8.2006 – II R 42/04, DStRE 2007, 430. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1029. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1030.

456

Leiß

C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.261 Kap. 3

werden, sondern lediglich nach § 7 MaBV1. – Fraglich ist allerdings, ob eine solche Bürgschaft ausreichend ist, um einen Verstoß gegen §§ 305 ff. BGB zu vermeiden: die Übereignung des Grundstücks vor Erbringung der Bauleistung stellt eine Vorleistung dar; der Anwendungsbereich für die diesbezügliche Inhaltskontrolle (§§ 307, 641 BGB) kann auch bei einem „einmaligen“ Geschäft eröffnet sein (§ 310 Abs. 3 MaBV)2. – Das spricht dafür, bei entsprechenden Gestaltungsaufträgen nicht nur eine Bürgschaft vorzuschlagen, die den Anforderungen des § 7 MaBV genügt, sondern eine umfassende Erfüllungsbürgschaft. Grunderwerbsteuer fällt wie stets beim Tausch grundsätzlich doppelt an, § 1 Abs. 5 GrEStG. Wird allerdings die Rückübertragung der Eigentumswohnung innerhalb von zwei Jahren gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vollzogen, so war nach bisherigem Verständnis sowohl die Grunderwerbsteuer für die anteilige Übereignung als auch für die Rückübereignung aufzuheben bzw. nicht zu erheben. Diesbezüglich hat der BFH jedoch zwischenzeitlich anders entschieden; die bislang angenommene (anteilige) Ersparnis ist also derzeit nicht mehr gesichert3.

3.259

Übersicht: Grundstückstauschmodell

3.260

P

unbebautes Grundstück

§ 480 BGB

⎧ ⎨ ⎩

B

2. Stundungsmodell Anders als beim Grundstückstauschmodell werden hier zwei separate gegenläufige Kaufverträge abgeschlossen, wobei der Kaufpreis aus dem Verkauf des P an B gestundet wird und jeweils mit Fälligwerden der Raten nach der MaBV durch Herstellung des Gebäudes bei B verrechnet wird. Der erste Kaufvertrag P an B richtet sich grundsätzlich nach den normalen Vorschriften eines Grundstückskaufvertrages eines Privaten an einen Bauträger (ggf. aber mit dem Unterschied, dass der Eigentumsübergang unabhängig von der Zahlung herbeigeführt wird). Für die Stundung des Kaufpreises sollte eine reguläre Bürgschaft (nicht § 7 MaBV) zugunsten des P 1 Albrecht, DNotZ 1997, 269 (273); Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 351; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1030. 2 Siehe auch die von Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1032 geäußerten Bedenken. 3 BFH v. 19.2.2014 – II B 106/13, BFH/NV 2014, 901.

Leiß

457

3.261

Kap. 3 Rz. 3.262 Bauträgerkaufvertrag

gestellt werden1 – oder der Eigentumsübergang auf den B erfolgt erst nach Erbringung derjenigen Bauleistungen, die durch Verrechnung den vollständigen Kaufpreis des P abdecken. Der zweite gegenläufige Kaufvertrag des B an P ist ein regulärer MaBV-Vertrag. – Die einzige Besonderheit des ersten Kaufvertrages besteht bei diesem Modell darin, dass der Kaufpreis solange gestundet ist, bis entsprechend dem MaBV-Vertrag dessen Raten fällig werden. Insoweit ist – nach bestrittener Ansicht2 – eine Abwicklung des zweiten Kaufvertrags (von B an P) nach § 3 MaBV möglich3.

3.262

Grunderwerbsteuerlich steht das Stundungsmodell ebenso wie das Grundstückstauschmodell.

3.263

Beurkundungstechnisch sind die beiden Verträge, die inhaltlich miteinander verknüpft sind, entweder in einer Urkunde zu beurkunden oder aber in getrennten Urkunden, die jedoch wechselseitig aufeinander verweisen und ggf. geeignete Rücktrittsrechte vorsehen müssen4. Anders als beim Grundstückstauschmodell ist beim Stundungsmodell für den Kaufvertrag P an B möglich, dass ein Vorkaufsrecht ausgeübt wird5.

3.264

Übersicht: Stundungsmodell

§ 433 BGB

unbebautes Grundstück

B

Stundung

P

P

B §§ 433, 631 BGB, MaBV

3. Anteilsmodell

3.265

In diesem Fall überträgt P lediglich einen Miteigentumsanteil an B; das dann im Miteigentum stehende Grundstück wird gemeinsam bebaut. Die Bemessungsgrund1 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 347. 2 A.A. (für den Bauträgerkaufvertrag B an P muss Bürgschaft nach § 7 MaBV gestellt werden): Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1034. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 348. 4 Vgl. dazu OLG Stuttgart v. 9.6.2000 – 5 U 181/98, DNotI-Report 2001, 100; Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 349. 5 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1033.

458

Leiß

C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.266 Kap. 3

lage für die Grunderwerbsteuer aus dem ersten Kaufvertrag ist (wegen der nur anteiligen Veräußerung) niedriger als in den beiden anderen Gestaltungsmodellen. Anschließend erfolgt eine Teilung nach § 3 WEG, wobei dem P die Wohnungen zugewiesen werden, die er als Gegenleistung erhalten soll. Bei Wertgleichheit der bisherigen Miteigentumsanteile und zugewiesenen Wohnungen ist dieser Vorgang vollständig von der Grunderwerbsteuer befreit, § 7 Abs. 1 GrEStG1. Für die Sachmängelgewährleistung gilt Werkvertragsrecht, sofern der Privatier dem Bauträger den Werkvertragsauftrag zur Errichtung seiner Wohnung erteilt. Die MaBV findet keine Anwendung, da P Eigentümer des Grundstücks ist, auf dem die Bauleistungen erbracht werden sollen2. Hinsichtlich etwaiger Erfüllungs-, Rückzahlungs- oder Schadensersatzansprüche ist der Grundstückseigentümer (wie in den anderen Modellen) durch eine Bankbürgschaft abzusichern, da er auch nach dieser Gestaltungsvariante durch die „vorgezogene“ Übereignung des Grundstücksanteils eine Vorleistung auf das vom Bauträger noch herzustellende Objekt erbringt3. Aus steuerlicher Sicher sind für das Anteilsmodell folgende Aspekte zu beachten: Die Grunderwerbsteuer fällt zwar wesentlich niedriger aus als in den anderen Modellen. Demgegenüber ist aber für die Erbringung der Bauleistungen Umsatzsteuer (19 %) zu zahlen. Außerdem finden die §§ 48 ff. EStG in diesem Fall Anwendung, da der Privatier auch als Bauherr anzusehen ist. Ein einkommensteuerliches Problem besteht zudem auch darin, die Abfärbegefahr des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu vermeiden. Wollen Verkäufer und Bauträger-Käufer das Immobilienobjekt gemeinsam in GbR bebauen, so ist der Bauträger in jedem Fall gewerblich tätig. Verkauft er Immobilienobjekte aus der GbR heraus, so färbt die Betriebsvermögenseigenschaft auch auf den anderen Mitgesellschafter ab. Gangbar ist dieser Weg daher nur dann, wenn die tatsächliche Bebauung ausschließlich durch den Bauunternehmer durchgeführt wird, der die Bauleistungen als Gegenleistungen dem Verkäufer zu erbringen hat. Eine Mitunternehmerschaft ist in jedem Fall zu vermeiden! – Außerdem gilt: Wird das Anteilsmodell – anders als in Rz. 3.265 dargestellt – so gestaltet, dass zunächst P das Grundstück nach § 8 WEG aufteilt und erst dann die für B bestimmten Einheiten an diesen veräußert, läuft P Gefahr gewerblichen Grundstückshandel zu betreiben (Drei-Objekt-Grenze)4.

1 Vgl. Pahlke5, § 2 GrEStG Rz. 58. 2 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 353; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1036. 3 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1037 (mit dem Hinweis, dass sich die betreffende Bürgschaft – weil außerhalb des Anwendungsbereichs von § 7 MaBV – mit dem Baufortschritt reduzieren kann); Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 353. 4 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1035.

Leiß

459

3.266

Kap. 3 Rz. 3.267 Bauträgerkaufvertrag

3.267

Übersicht: Anteilsmodell

1 P

unbebautes Grundstück

2

1/2

B

3 P

B B

§ 3 WEG mit § 631 BGB keine MaBV

P

IV. Sanierungsmodelle, Baudenkmale etc. 1. Einführung

3.268

Die Veräußerung vollständig oder teilweise sanierter Altbauten nimmt in der Gestaltungspraxis mittlerweile eine bedeutsame Stellung ein. Dabei gilt: Erwirbt ein Käufer aus einer Hand (und zum Festpreis) sowohl das Grundstück mit Altbauobjekt (oder – im Fall der WEG-Teilungen – einen Miteigentumsanteil daran) als auch die in einer Baubeschreibung näher dargestellten Bau- bzw. Sanierungsleistungen, handelt es sich um eine Vereinbarung, für die im Wesentlichen diejenigen Grundsätze zur Anwendung kommen, die auch für den Bauträgervertrag über ein neu zu errichtendes Objekt gelten. Das bedeutet insbesondere, dass der Veräußerungsvertrag im vollen Umfang (d.h. einschließlich der Vereinbarungen über die Bauleistungen) beurkundet werden muss, dass § 632a BGB und die MaBV anzuwenden sind, dass der Vertrag der Inhaltskontrolle unterliegt und sich die Mängelhaftung nach den Regeln des Werkvertrags richtet1.

3.269

Für die Vertragsgestaltung ist zu beachten, dass unter Umständen ein Mietervorkaufsrecht aus § 577 BGB bestehen kann (das ist dann der Fall, wenn das Sanierungsobjekt erst nach Begründung des bei Beurkundung des Kaufvertrags noch bestehenden Mietverhältnisses in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt worden ist). Außerdem können die entsprechenden Verträge, wenn das Sanierungsobjekt in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet (§§ 136 ff. BauGB) liegt, der sanierungsrechtlichen Genehmigung bedürfen (§ 144 BauGB)2.

1 Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 1013. 2 Zur Vertragsgestaltung, wenn in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach Abschluss der Sanierung ein sog. „Ausgleichsbetrag“ verlangt wird: Würzburger Notarhand-

460

Leiß

C. Besondere Gestaltungssituationen

Rz. 3.272 Kap. 3

Für § 632a Abs. 1 und 2 BGB sowie für die Abschlagszahlungsverordnung i.d.F. des Forderungssicherungsgesetzes sind Bauträgerverträge zu Sanierungsobjekt über den Begriff „Umbau“ erfasst1. Nicht um einen Vertragstyp im hier besprochenen Sinne handelt es sich dagegen, wenn die vom Unternehmer übernommenen Werkleistungen im Verhältnis zur Vertragssumme ganz geringfügig bleiben oder es sich um bloße Schönheitsreparaturen handelt2.

3.270

2. Verschärfung der Bauträgerhaftung und Baubeschreibung Der BGH hat seine Rechtsprechung für Sanierungsmodelle erheblich verschärft. Verspricht der Veräußerer eines Altbaus eine Sanierung bis auf die Grundmauern, darf der Erwerber dies grundsätzlich dahin verstehen, dass der Veräußerer zu diesem Zweck im Rahmen des technisch Möglichen die Maßnahmen angewandt hat, die erforderlich sind, um den Stand der anerkannten Regeln der Technik zu gewährleisten3. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit einer Folgeentscheidung weiter konkretisiert. Danach4 haftet der Veräußerer eines Altbaus oder einer Altbauwohnung für Sachmängel der gesamten Bausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts, wenn er vertraglich Bauleistungen übernommen hat, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind. Bauleistungen, die mit Neubauarbeiten vergleichbar sind, haben nach der Rechtsprechung ein derartiges Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, Werkvertragsrecht auch auf die von den Herstellungspflichten unberührt gebliebenen Bauteile anzuwenden5.

3.271

Trotz der in Rz. 3.271 geschilderten Grundsätze gilt aber, dass der Bauträger beim Verkauf eines modernisierten Altbaus seine Gewährleistung für die Altbausubstanz und das Grundstück in den Grenzen des § 309 Nr. 7 BGB (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit ober bei grobem Verschulden) ausschließen kann. Ausgenommen von einem solchen Haftungsausschluss muss dabei allerdings die Haftung wegen einer Verletzung einer Pflicht zur Untersuchung der Altbausubstanz sein6. – Um entsprechende Abgrenzungsfragen zu vermeiden, sollte bei Verträgen über Sanierungsobjekte entweder unmittelbar im Bauträgervertrag selbst oder jedenfalls in der Baubeschreibung genau bezeichnet werden, welche Gebäudeteile im Rahmen der Sanierungsmaßnahme unverändert bleiben und in welcher Hinsicht das Gebäude deshalb dem heutigen Stand der Technik nicht entspricht (z.B. hinsichtlich des Schallschutzes oder energetischer Gesichtspunkte)7.

3.272

1 2 3 4 5 6 7

buch/Hertel4, Teil 6 Rz. 6 ff. Zur einkommensteuerlichen Behandlung des Ausgleichsbetrages s. Rz. 1.495. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 576. Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 577. BGH v. 16.12.2004 – VII ZR 297/03, DNotZ 2005, 464. BGH v. 26.4.2007 – VII ZR 210/05, NJW 2007, 3275; v. 6.10.2005 – VII ZR 117/04, DNotZ 2006, 280 = NJW 2006, 214. Vgl. auch Schwenker, IBR 2006, 29. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 339. Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 338.

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Kap. 3 Rz. 3.273 Bauträgerkaufvertrag

3.273

Außerdem gilt zu beachten: Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten knüpft zwingend an die Abnahme an, wenn es sich um einem dem Werkvertragsrecht unterliegenden Vertrag handelt; ebenso der Beginn der Verjährungsfrist. 3. MaBV-Ratenplan beim Sanierungsvertrag

3.274

Auch bei einem Bauträgervertrag über einen Sanierungsobjekt gelten zum Fälligkeitszeitpunkt der einzelnen Abschlagszahlungen die in § 3 Abs. 2 Satz 2 MaBV festgelegten Vomhundertsätze. Nicht etwa rechtfertigt es der Umstand, dass bei solchen Vorhaben einerseits Altbausubstanz vorhanden ist und andererseits ggf. einzelne Gewerke gar nicht zu erbringen sind, die einzelnen Abschlagszahlungen nach einer auf den Einzelfall bezogenen Bewertung festzulegen. Beispielsweise gilt auch dann der in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MaBV angeordnete Höchstsatz für die Grundstücksrate (30 % der Vertragssumme), wenn der Wert der für die Sanierung zu erbringenden Werkleistungen im Verhältnis zum Wert des Grundstücks und der vorhandenen Altbausubstanz nur gering ist1. Zur Begründung verweist die herrschende Meinung auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV: die dort für Altbauvorhaben angeordnete „entsprechende“ Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 MaBV solle nach dem Willen des Verordnungsgebers ausdrücklich keine sinngemäße Anwendung sein2.

3.275

Dennoch können sich bei Sanierungsobjekten für den Käufer unter Umständen deutlich früher Zahlungspflichten ergeben, als das bei Neubauvorhaben der Fall ist: § 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV ordnet an, dass der Bauträger diejenigen (nach den Vorgaben in § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 bestimmten) Vomhundersätze, die auf Gewerke entfallen, die bereits in der Altbausubstanz enthalten sind und für die der Bauträger keine Werkleistungen schuldet, bereits dann anfordern kann, wenn die allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen i.S.d. § 3 Abs. 1 MaBV vorliegen. Aus § 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV ergibt sich also, dass die Zahlungen für den Grundstücksanteil (höchstens 30 %, § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MaBV) und für die mit der unveränderten Altbausubstanz „erbrachten“ Gewerke (d.h. die entsprechenden dafür in § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MaBV ausgewiesenen Vomhundersätze) bereits unabhängig vom Beginn der Modernisierungsarbeiten fällig gestellt werden können3.

3.276

Praxishinweis: Letzteres ist für den Grundstücksanteil umstritten, wenn Erdarbeiten (wie z.B. die Errichtung von Drainagen oder die Neuverlegung von Leitungen bzw. die Neugestaltung von Außenanlagen) geschuldet sind; dann soll es nach teilweise vertretener Ansicht für die betreffende Rate – wie beim Neubau – auf den Beginn der betreffenden Erdarbeiten bzw. Modernisierungsarbeiten ankommen. Soll § 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV für die Grundstücksrate jedoch nicht weitgehend leerlaufen (Erdarbeiten im vorgenannten Sinne werden wahrscheinlich bei einer großen Vielzahl von Sanierungsobjekten geschuldet sein), spricht jedoch mehr dafür, § 3 Abs. 2 Satz 4 MaBV auf die Grundstücksrate anzuwenden, unabhängig davon, ob im Rahmen der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen (auch) Erdarbeiten geschuldet sind

1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 580. 2 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 579; Blank5, Bauträgervertrag, Rz. 996. 3 Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 202.

462

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D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.301 Kap. 3

(d.h. die § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MaBV entsprechende Abschlagszahlung wird – unabhängig vom Baubeginn – fällig, wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV erfüllt sind)1.

Nicht anwendbar ist bei Sanierungsobjekte für diejenigen Gewerke, die bereits in der Altbausubstanz enthalten sind, § 3 Abs. 2 Satz 3 MaBV2: die betreffenden Vomhundersätze werden also nicht etwa anteilig auf die zu erbringenden Gewerke verteilt, sondern – s. Rz. 3.275 – in der ersten Rate „zusammengezogen“ und können bei Vorliegen („nur“) der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV abgerufen werden.

3.277

4. Steuerliche Rahmenbedingungen Für Sanierungsgebiete und Baudenkmale gibt es im Fall der Vermietung von Gebäuden noch als letzten Rest der früheren Fördermodelle besondere Steuervergünstigungen im Bereich der Einkommensteuer. Insbesondere sind höhere Absetzungen möglich als im Regelfall (s. §§ 7h, 7i EStG), sog. „Sonder-AfA“. Insoweit wird auf die Darstellung in Rz. 1.487 ff. (§ 7h EStG: erhöhte Absetzungen in Sanierungsgebieten) bzw. Rz. 1.496 (§ 7i EStG: erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen) verwiesen. Der Sonderausgabenabzug für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten gem. § 10f EStG ist in Rz. 1.507 ff. dargestellt. – Wichtige Gestaltungsempfehlungen für die Praxis sind in diesem Zusammenhang: (a) Die Baumaßnahmen dürfen erst nach dem Abschluss des Kaufvertrags durchgeführt werden und (b) im Kaufvertrag sollte aufgeschlüsselt werden, welcher Anteil aus dem Kaufpreis auf Grund und Boden sowie die Altbausubstanz entfällt (beides nicht förderbar) und welcher Anteil sich auf die (förderbaren), nach Abschluss des Kaufvertrags noch vorzunehmenden Baumaßnahmen bezieht.3

3.278

3.279–3.300

Einstweilen frei.

D. Steuerrechtliche Einzelfragen I. Einkommensteuer Zur Besteuerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie zu Fragen des Abzugs von Werbungskosten wird auf die Schilderung in Rz. 1.473 ff. verwiesen. Dort werden zu den Werbungskosten u.a. behandelt: – Absetzungen für Abnutzung (s. Rz. 1.481 ff.), einschließlich der besonderen steuerlichen Rahmenbedingungen für Gebäude in Sanierungsgebieten (s. Rz. 1.487 ff.) und bei Baudenkmalen (s. Rz. 1.496 ff.); – Finanzierungsaufwendungen (s. unten Rz. 3.302 ff. und Rz. 1.531 ff.), 1 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 588 (mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung). Entsprechend: Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 202; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle5, Rz. 342; Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 33 Rz. 122 f. 2 Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 585. 3 Klein, GStB 2017, 60 (63).

Leiß

463

3.301

Kap. 3 Rz. 3.302 Bauträgerkaufvertrag

– Damnum (s. Rz. 1.543 f.) und – Erhaltungsaufwendungen und Erschließungsbeiträge (s. Rz. 1.545, 1.564 ff.). Zur sog. „Bauabzugsteuer“ s. Rz. 1.631 ff.

3.302

Kosten der Finanzierung, der Finanzierungsvermittlung, der Geldbeschaffung sowie Gebühren für Garantien oder für Treuhandleistungen können, soweit es sich um ein Anleger-, Fonds- oder Bauherrenmodell handelt, nur nach Maßgabe der im sog. Bauherrenerlass1 niedergelegten Grundsätze sofort als Werbungskosten geltend gemacht werden. Soweit danach keine Werbungskosten vorliegen, fallen solche Aufwendungen unter den Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenbegriff und sind nur über die AfA berücksichtigungsfähig. Erforderlich für eine Berücksichtigung als sofort abziehbare Werbungskosten ist, dass – bereits vor der Zahlung klare Vereinbarungen über den Grund und die Höhe dieser Aufwendungen bestehen; – die vereinbarten Leistungen und das jeweils zugehörige Entgelt den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Der Rechtsgedanke des § 42 AO darf dem Werbungskostenabzug in der begehrten Höhe nicht entgegenstehen; – die Aufwendungen von den übrigen Aufwendungen, die mit der Anschaffung des Erwerbsgegenstandes in Zusammenhang stehen, einwandfrei abgrenzbar sind; – die Vergütung nur geschuldet wird, wenn der Anleger die Gegenleistung in Anspruch nimmt; – die rechtliche und tatsächliche Abwahlmöglichkeit der Leistung und die dann eintretende Ermäßigung des Gesamtpreises in dem Vertrag klar und eindeutig zum Ausdruck kommt2.

3.303

Sind diese Voraussetzungen gegeben, kommen als sofort abziehbare Werbungskosten insbesondere die folgenden Beträge in Betracht: Schuldzinsen, Zinsfreistellungsgebühren, marktübliches Damnum (s. Rz. 1.543), Bearbeitungs- und Auszahlungsgebühren, Kosten der Darlehenssicherung (soweit sie die Notariats- und Grundbuchkosten betreffen), Gebühr der Endfinanzierung bis zu 2 % des Darlehens, Bürgschafts- und Garantiegebühren bis zu 0,5 % des in Anspruch genommenen Darlehens, Kosten für Vermietungs- und Mietgarantiegebühren (differenzierend je nach Verflechtung und Dauer der Mietgarantie) sowie Beiträge zu Sachund Haftpflichtversicherung, soweit der Anleger sie als Versicherungsnehmer zahlt.

1 BMF v. 20.10.2003, BStBl. I 2003, 546 = DStR 2003, 1974; s. hierzu auch Fleischmann/Meyer-Scharenberg, DStR 2004, 20. 2 BMF v. 20.10.2003, BStBl. I 2003, 546 = DStR 2003, 1974 Tz. 11.

464

Leiß

D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.308 Kap. 3

II. Grunderwerbsteuer Der Bauträgervertrag unterliegt der Grunderwerbsteuer. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach der Summe der Gegenleistungen aus Grundstücksanteil und Gebäudeherstellungskosten. Bei Sanierungsobjekten wird auch die Gegenleistung für die Altgebäudesubstanz der Grunderwerbsteuer unterworfen.

3.304

Der BFH1 hält an seiner ständigen Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung des einheitlichen Vertragswerks fest. Danach sind bei dem Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes Bauleistungen wie bisher in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, selbst dann, wenn diese bereits aufgrund eines gesondert abgeschlossenen Werkvertrages der Umsatzsteuer unterlegen haben. Die Finanzverwaltung2 folgt dem BFH. In diesen Fällen entsteht eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer3.

3.305

Hinsichtlich der allgemeinen Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer s. Rz. 1.718 ff.

3.306

Erschließungskosten, die der Bauträger an die Gemeinde zu zahlen hat und die er dem Käufer als unselbständigen Teil der Gegenleistung in Rechnung stellt, erhöhen ebenfalls die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

3.307

Die Ratenzahlung nach der MaBV stellt keine weitere Vorleistung des Käufers dar, die als weitere Gegenleistung des Käufers die Bemessungsgrundlage erhöht. Anders ist dies hingegen, wenn der Käufer auf eigenen Wunsch den vollständigen Kaufpreis zahlt und dafür eine Kaufpreisreduktion von z.B. 10.000 t erhält. Die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung bemisst sich dann aus dem Kaufpreis zzgl. der 10.000 t. Dies gilt zumindest dann, wenn der Betrag von 10.000 t sich aus der Abzinsung der voraussichtlich zu zahlenden Raten errechnet4.

3.308

3.309–3.320

Einstweilen frei.

III. Umsatzsteuer Literatur: Everts, Alle Jahre wieder: Umsatzsteuererhöhung und Bauträgervertrag, ZfIR 2006, 661; Wagner, Bauleistungen im Bauträgerkaufvertrag umsatzsteuerpflichtig?, DStR 1996, 1873. DNotI-Gutachten: Mehrwertsteuererhöhungsklausel im Bauträgervertrag, DNotI-Report 2006, 77.

1 2 3 4

BFH v. 27.10.1999 – II R 17/99, BStBl. II 2000, 34. Vgl. FinMin. Baden-Württemberg, DStR 2000, 778. Vgl. auch DNotI-Report 1995, 133 ff. BFH v. 25.4.2002 – II R 57/00, DStRE 2002, 1542 f. = MittBayNot 2003, 242.

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465

Kap. 3 Rz. 3.321 Bauträgerkaufvertrag

1. Wohnraum

3.321

Der Bauträgervertrag ist auf das fertiggestellte Bauwerk samt Grundstück gerichtet. Da der Erwerb durch Bauträgervertrag der Grunderwerbsteuer unterliegt, ist dieser Umsatz gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (s. allg. Rz. 1.800 ff.) nach ganz h.M. umsatzsteuerbefreit1. Der Vorteil dieser Befreiung wird in der Praxis, insbesondere bei kleineren Einheiten, von Bauträgern zu wenig beachtet. Zwar können bei der Befreiung von der Umsatzsteuer auch Vorsteuern nicht geltend gemacht werden; dennoch steht aber fest, dass bei Wohnraum die Belastung des gesamten Erwerbs mit Grunderwerbsteuer per toto günstiger ist als eine Gestaltung, wonach nur der Grundstücksumsatz der Grunderwerbsteuer unterworfen und anschließend durch Baubetreuungsvertrag die Errichtung des Gebäudes durchgeführt wird. In diesem Fall unterliegt nämlich die gesamte Gebäudeerrichtung der 19%igen Umsatzbesteuerung, die auch unter Berücksichtigung des Vorsteuerabzuges zu einer Mehrbelastung gegenüber der Grunderwerbsteuer für den Gesamtumsatz führt2 (Rz. 3.253). Im Übrigen erhebt die Finanzverwaltung auch bei einer Trennung des Vertragswerkes in einen Grundstückskaufvertrag und in einen Baubetreuungsvertrag Grunderwerbsteuern aus dem Wert des Grundstückes und dem Wert der Bebauung3. 2. Gewerberaum

3.322

Sofern der Verkäufer bei einem grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerb zusätzlich für die Umsatzsteuer optiert, um den Vorsteuerabzug zu erhalten, führte dies bisher zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer4. Durch die Neufassung des § 13b UStG handelt es sich um eine originäre Umsatzsteuerschuld des Käufers. Daher kann die Umsatzsteuerschuld nicht mehr als Gegenleistung für den Grundstückserwerb bei der Grunderwerbsteuer angesehen werden. Vereinbaren die Parteien eines Grundstückskaufvertrages, dass der Erwerber die Grunderwerbsteuer allein zu tragen hat, rechnete früher die Hälfte der Grunderwerbsteuer zum Entgelt für die Grundstücksveräußerung im umsatzsteuerlichen Sinne5. Dies galt auch nach der Neufassung des § 13b UStG fort, wurde nunmehr jedoch vom BFH6 aufgegeben. Nach der neuen Auffassung des BFH zählt die Grunderwerbsteuer gar nicht mehr zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

1 Vgl. Wagner, DStR 1996, 1874; a.A. Hasselberg, UR 1996, 41. 2 Vgl. Pelka/Niemann, DB 1983, 467. 3 Vgl. BFH v. 18.10.1989 – II R 85/87, BStBl. II 1990, 181; v. 18.10.1989 – II R 143/87, BStBl. II 1990, 183; sowie Bestätigung in BFH v. 27.9.2012 – II R 7/12, BStBl. II 2013, 86. 4 BMF v. 16.12.1980, BStBl. I 1981, 24. 5 BFH v. 10.7.1980 – V R 23/77, BStBl. II 1980, 620. 6 BFH v. 20.12.2005 – V R 14/04, DStR 2006, 754 = MittBayNot 2006, 540 = BFH/NV 2006, 1233; dazu Gottwald, NotBZ 2006, 307 ff.

466

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D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.341 Kap. 3

3.323

Beispiel bisher:

davon 19 % Umsatzsteuer

100.000 t 1.750 t 101.750 t 19.332,5 t

Beispiel BFH neu: Nettoentgelt für Grundstück davon 19 % Umsatzsteuer

100.000 t 19.000 t

Nettoentgelt für Grundstück + halbe Grunderwerbsteuer

Die Veräußerung eines bebauten Grundstückes, für dessen Anschaffung oder Herstellung innerhalb der letzten zehn Jahre Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG in Anspruch genommen wurde, führt zur Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG, wenn nicht die Veräußerung freiwillig, zusätzlich zur Grunderwerbsteuer, der Umsatzbesteuerung unterworfen wird oder es sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Im Übrigen s. zu den umsatzsteuerlichen Problemen des Grundstückskaufs detaillierter Rz. 1.800 ff.

3.324

3.325–3.340

Einstweilen frei.

IV. Verlustzuweisungsmodelle (§ 15b EStG) Literatur: Beck, Verlustausgleichsverbot bei Steuerstundungsmodellen: Der neue § 15b EStG, DStR 2006, 61; Brandtner/Lechner/Schmidt, Verluste bei Steuerstundungsmodellen: Anmerkungen zum Anwendungsschreiben des BMF zu § 15b EStG, BB 2007, 1922; Fleischmann, Anwendungsschreiben zu § 15b EStG – BMF-Schr. v. 17.7.2007 – IV B 2 - S 2241 – b/07/0001 –, mit Anmerkungen, DB 2007, 1721; Lüdicke/Naujok, Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen, DB 2006, 744; Naujock, Anmerkungen zum Anwendungsschreiben zu § 15b EStG vom 17.7.2007, DStR 2007, 1601.

§ 15b EStG1 ist grundsätzlich auf Bauträgermodelle anwendbar; in der Praxis wird dies aber nur selten der Fall sein. Ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b EStG2 liegt nach dessen Abs. 2 vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Diese Vorschrift befindet sich systematisch im Bereich der gewerblichen Einkünfte. Sie ist über § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG jedoch auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzuwenden3. Hier hat § 15b EStG jedoch praktisch keinen Anwendungsbereich, da derzeit entsprechende modellhafte Gestaltungen kaum anzutreffen sind. Ferner sind im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung so schnell die Grenzen zur Liebhaberei (s. dazu Rz. 1.410 ff.) überschritten, dass es kaum noch auf § 15b

1 Siehe hierzu BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 = FR 2007, 852 = DStR 2007, 1347. 2 Eingefügt durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005 (BGBl. I 2005, 3683 = BStBl. I 2006, 80). 3 So auch die Vorbemerkung zum Schreiben des BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 = DStR 2007, 1347.

Leiß

467

3.341

Kap. 3 Rz. 3.342 Bauträgerkaufvertrag

EStG ankommt. Denn die Liebhabereigrundsätze gelten vorrangig1. Als Rechtsfolge des § 15b EStG können Verluste aus einem Steuerstundungsmodell nicht sofort bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden, sondern erst mit zukünftigen Gewinnen aus dem gleichen Modell verrechnet werden.

3.342

Der Anwendungsbereich des § 15b EStG ist nicht auf Gesellschaften, Gemeinschaften oder Fondsstrukturen beschränkt, sondern kann auch Einzelanleger treffen. Erforderlich ist aber stets eine modellhafte Gestaltung, die zumindest zwischenzeitlich auf das Erzielen von Werbungskostenüberschüssen gerichtet ist2. Auch der Bauträgervertrag wird in dem BMF-Schreiben ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 15b EStG einbezogen: „Der Erwerb einer Eigentumswohnung vom Bauträger zum Zwecke der Vermietung stellt grundsätzlich keine modellhafte Gestaltung dar, es sei denn, der Anleger nimmt modellhafte Zusatz- oder Nebenleistungen (z.B. Vermietungsgarantien) – vom Bauträger selbst – von dem Bauträger nahe stehenden Personen sowie von Gesellschaften, an denen der Bauträger selbst oder diesem nahe stehende Personen beteiligt sind, oder – auf Vermittlung des Bauträgers von Dritten in Anspruch, die den Steuerstundungseffekt ermöglichen sollen. Zur Annahme einer Modellhaftigkeit ist es nicht erforderlich, dass der Anleger mehrere Nebenleistungen in Anspruch nimmt. Bereits die Inanspruchnahme einer einzigen Nebenleistung (wie z.B. Mietgarantie oder Bürgschaft für die Endfinanzierung) führt daher zur Modellhaftigkeit der Anlage3.“ Die Prüfung der vorstehenden Voraussetzungen erfolgt anlegerbezogen, so dass bei einem einheitlichen Baugebiet der eine Käufer nicht in den Anwendungsfall des § 15b EStG fallen kann, der andere hingegen unter Umständen schon. Die Verlustverrechnung ist nach Tz. 15 des BMF-Schreibens vom 17.7.2007 nur zu beschränken, wenn innerhalb der Anfangsphase die prognostizierten Verluste 10 % des gezeichneten und nach dem Konzept aufzubringenden Kapitals übersteigen. Bei Einzelinvestoren führt ein von vornherein eingeplanter (angestrebter) Verlust von mehr als 10 % des eingesetzten Eigenkapitals zur Anwendung des § 15b EStG. Als Anfangsphase definiert der BMF nicht einen bestimmten, in Jahren festgelegten Zeitraum, sondern die Zeit in der nach der Konzeption die Anlaufverluste typischer Weise entstehen.

1 BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 = FR 2007, 852 = DStR 2007, 1347 Tz. 2. 2 BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 = FR 2007, 852 = DStR 2007, 1347 Tz. 7, 8. 3 BMF v. 17.7.2007, BStBl. I 2007, 542 = FR 2007, 852 = DStR 2007, 1347 Tz. 9.

468

Leiß

D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.343 Kap. 3

M42 Bauträgervertrag über eine noch zu errichtende Eigentumswohnung

3.343

Sachverhalt1: Ehegatten erwerben zu privaten Zwecken eine Eigentumswohnung nebst Kellerraum, Tiefgaragenstellplatz und Stellplatz im Freien. Dieses Vertragsobjekt liegt in einer Wohnanlage, die von der Wohnschön-Bauträger GmbH errichtet wird. Die für die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentumseinheiten erforderliche Teilungserklärung ist bei Vertragsschluss bereits im Grundbuch vollzogen; der Baubeginn ist jedoch noch nicht erfolgt. Die Keller und Tiefgaragenstellplätze bilden nach der Teilungserklärung jeweils eigenständige Teileigentumseinheiten. Für die Stellplätze im Freien wurden in der Gemeinschaftsordnung Sondernutzungsrechte begründet und in den einzelnen Kaufverträgen den jeweiligen Vertragsobjekten zugewiesen. Die Absicherung der Kaufpreiszahlung erfolgt nach § 3 MaBV (nicht nach § 7 MaBV). Bauträgervertrag (Eigentumswohnung) Heute, den […] sind vor mir, […], Notar in […], in meinen Amtsräumen in […]: gleichzeitig anwesend: 1. Herr […], geboren am […], geschäftsansässig in […], mir, dem beurkundenden Notar, persönlich bekannt, hier handelnd nicht für sich selbst im eigenen Namen, sondern für die WohnschönBauträger GmbH mit Sitz in […], als deren Geschäftsführer; die hierzu erforderliche notarielle Vertretungsfeststellung erfolgt gesondert; 2. die Ehegatten Herr […], geboren am […], und Frau […], geboren am […], beide wohnhaft […], nach Angabe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, beide ausgewiesen durch amtlichen deutschen Lichtbildausweis. Nach Grundbucheinsicht beurkunde ich, Notar, auf Antrag gemäß den vor mir abgegebenen Erklärungen folgenden: Vertrag I. Vertragsobjekt 1. Grundbuchstand, Grundrissplan Im Grundbuch des AG […] von […] a) Blatt […]

1 Nach Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 1 sowie Basty, Der Bauträgervertrag8, Rz. 1173.

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469

Kap. 3 Rz. 3.343 Bauträgerkaufvertrag b) Blatt […] c) Blatt […] ist die Firma Wohnschön-Bauträger GmbH als Alleineigentümerin des folgenden Wohnungs- und Teileigentums (nachfolgend auch „Grundbesitz“) eingetragen: a) […]/1000 Miteigentumsanteil am Grundstück der Gemarkung […] Flst. Nr […], Gebäude- und Freifläche zu […] qm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr […] bezeichneten Wohnung; b) […]/1000 Miteigentumsanteil am vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr […] bezeichneten Kellerraum; c) […]/1000 Miteigentumsanteil am vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr […] bezeichneten Tiefgaragenstellplatz. Dieser Grundbesitz ist im Grundbuch wie folgt belastet Abteilung II: lfd. Nr. 1 […] Bezeichnung Dienstbarkeit lt. Grundbuch […] lfd. Nr. 2 […] Bezeichnung Dienstbarkeit lt. Grundbuch […] Abteilung III: lfd. Nr. 1 und 2 je Buchgrundschulden für […]-Bank/Sparkasse mit Sitz in […] 2. Teilungserklärung Die Wohnschön-Bauträger GmbH errichtet auf dem vorgenannten Grundstück eine Wohnanlage, bestehend aus zwei Mehrfamilienwohnhäuser und einer Tiefgarage. Die Aufteilung in Wohnungseigentum erfolgte zur Urkunde des amtierenden Notar vom […], URNr. […] Diese Urkunde enthält auch die Gemeinschaftsordnung und die Baubeschreibung sowie die genehmigten Aufteilungspläne einschließlich Abgeschlossenheitsbescheinigung. 3. Stellplatz In Ausübung ihres in der vorgenannten Teilungserklärung vorbehaltenen Rechts weist die Wohnschön-Bauträger GmbH der vertragsgegenständlichen Wohnungseigentumseinheit Nr. […] als Sondernutzungsrecht gem. §§ 10, 15 WEG zu: das Recht, den im Plan Sondernutzungsrechte (Anlage […] der Teilungserklärung) als „ST […]“ bezeichneten oberirdischen Stellplatz unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer allein zu nutzen. Die Eintragung dieser Gebrauchsregelung in das Grundbuch wird hiermit bewilligt und beantragt. 5. Verweisung, 14-Tages-Frist Die Beteiligten verweisen auf die in Ziff. 2. genannte Urkunde einschließlich der Pläne (Verweisungsurkunde). Die Ehegatten […] bestätigen, diese Urkunde bereits zwei Wochen vor der Beurkundung in beglaubigter Abschrift erhalten zu haben – ebenso wie den Entwurf dieses Kaufvertrages – (hinsichtlich der Pläne nur auszugsweise für das

470

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D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.343 Kap. 3

heutige Vertragsobjekt; bei der Beurkundung wurden ihnen daher auch die übrigen Pläne des Aufteilungsplans zur Durchsicht vorgelegt und von ihnen genehmigt). Die Verweisungsurkunde liegt bei der heutigen Beurkundung in Urschrift vor. Die Beteiligten erklären, dass ihnen der Inhalt der Urkunde bekannt ist und sie auf das Vorlesen sowie das Beifügen zu dieser Niederschrift verzichten. II. Verkauf Die Wohnschön-Bauträger GmbH – nachstehend „Bauträger“ oder „Verkäufer“ genannt – verkauft an die Ehegatten […] und […] – nachstehend „Erwerber“ oder „Käufer“ genannt – zum Miteigentum zu gleichen Teilen den in Abschnitt I Ziff. 1. aufgeführten Grundbesitz mit allen Bestandteilen, insbesondere einschließlich der noch zu erbringenden Bauleistungen, – nachstehend „Vertragsobjekt“ genannt –. Zubehör oder sonstige bewegliche Gegenstände, insbesondere eine Einbauküche oder andere Möbel, sind nicht mitverkauft. III. Bauverpflichtung 1. Bauausführung Der Verkäufer verpflichtet sich, das Vertragsobjekt entsprechend der Baubeschreibung samt Bauplänen, wie sie die in Abschnitt I genannte Verweisungsurkunde enthält, und der anerkannten Regeln der Bautechnik schlüsselfertig und funktionsfähig für die vereinbarte Wohnnutzung herzustellen. Bei Zweifeln geht die Baubeschreibung den Bauplänen vor. In die Baupläne etwa eingezeichnete Möblierungen oder sonstige Ausstattungsgegenstände sind nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie in der Baubeschreibung ausdrücklich aufgeführt sind. Die Bauausführung muss unter Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfolgen. Für jedes Gewerk sind die im Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten bzw. der Bestellung der einzubauenden Teile anerkannten Regeln der Bautechnik und einschlägigen DIN-Vorschriften einzuhalten; später erhöhte Anforderungen müssen nur dann eingehalten werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Ausführung der betreffenden Arbeiten bzw. der Bestellung schon zuverlässig erkennbar waren. 2. Sonderwünsche, Eigenleistungen a) Sonderwünsche (d.h. Abweichung von der Baubeschreibung über die dort festgelegten Wahlrechte hinaus) sind keine vereinbart, ebenso wenig Eigenleistungen des Erwerbers. b) Will der Erwerber unmittelbar mit den einzelnen Baufirmen Sonderwünsche vereinbaren, ist dies bis zur vollständigen Fertigstellung nur mit Zustimmung des Bauträgers zulässig. Zur Erbringung derartiger Sonderwünsche ist dann allein die betreffende Baufirma nach Maßgabe des zwischen ihr und dem Erwerber abgeschlossenen Vertrages verpflichtet. Der Bauträger haftet – unbeschadet seiner Koordinierungspflicht – weder für die Durchführung noch für Mängel oder Schäden hierdurch. Die Durchführung des SonLeiß

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Kap. 3 Rz. 3.343 Bauträgerkaufvertrag derwunsches ist mit dem Bauträger abzustimmen; sie darf den Baufortschritt nicht behindern. Der Kaufpreis mindert sich um den Betrag, den der Bauträger durch die wegfallende Leistung erspart; er hat darüber ggf. Rechnung zu legen. 3. Bauliche Änderungen Der Bauträger behält sich einseitige bauliche Änderungen vor, soweit sie auf nachträglichen behördlichen Auflagen beruhen oder sich sonst nachträglich rechtlich oder technisch als erforderlich erweisen. Ebenso zulässig sind an anderen Einheiten auf Wunsch der jeweiligen Erwerber vorgenommene Änderungen (wie z.B. Einbau oder Änderung von Fenstern, Dachfenstern oder -gauben, Änderung der Wandkonstruktion, Wand- oder Deckendurchbrüche, Sichtschutzelemente oder Pergolen), vorausgesetzt die Änderung beeinträchtigt weder die Statik noch die Gesamtansicht (bei äußerlich sichtbaren Änderungen). Alle Abweichungen dürfen den Wert und die Gebrauchsfähigkeit des Vertragsobjekts nicht mindern und müssen dem Erwerber zumutbar sein. Der Festpreis ändert sich dadurch nicht. 4. Wohnfläche Die Wohnfläche beträgt ca […] qm (in Worten: […] Quadratmeter) – berechnet nach der Wohnflächenverordnung. Dabei sind Dachschrägen zwischen einem und zwei Metern mit der Hälfte, Balkone und Terrassen […] mit der Hälfte/einem Viertel […] ihrer Grundfläche angesetzt. Ein mögliches Flächenmindermaß von bis zu 3 % muss der Erwerber hinnehmen, ohne dass ihm deshalb Mängel- oder Schadensersatzansprüche etc. zustehen. IV. Fertigstellungstermin 1. Das Vertragsobjekt ist bis spätestens zum […] bezugsfertig, bis spätestens […] vollständig herzustellen (einschließlich Gemeinschafts- und Außenanlagen). 2. Die Fristen verlängern sich jeweils um vom Bauträger nicht zu vertretende Bauverzögerungen (z.B. durch höhere Gewalt, Arbeitskampf oder witterungsbedingter Unmöglichkeit der Baufortführung i.S.d. § 175 Abs. 6 SGB III) und Verzögerungen durch Sonderwünsche. 3. Wegen verspäteter Bezugsfertigstellung kann der Erwerber nur zurücktreten, wenn er dem Bauträger erfolglos eine Nachfrist von mindestens 14 Tagen gesetzt hat. Der Rücktritt kann frühestens einen Monat nach dem vereinbarten Bezugsfertigkeitstermin erklärt werden. Fristsetzung und Rücktritt bedürfen der Schriftform. V. Kaufpreis 1. Betrag Der Kaufpreis beträgt […] Euro (in Worten: […] Euro).

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D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.343 Kap. 3

2. Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen für den Kaufpreis sind (nach § 3 Abs. 1 Maklerund Bauträgerverordnung – MaBV): a) dass der Vertrag rechtswirksam ist und alle für seine Wirksamkeit oder für seinen Vollzug erforderlichen Genehmigungen vorliegen; b) dass eine Auflassungsvormerkung für den Erwerber am Vertragsobjekt eingetragen ist (und auch die Sondernutzungsrechte dem Vertragsobjekt zugewiesen sind), wobei dieser Vormerkung außer den in Abschnitt I dieser Urkunde genannten Belastungen nur solche Rechte im Range vorgehen dürfen, deren Bestellung der Erwerber zugestimmt hat; c) dass die Lastenfreistellung für vor- oder gleichrangig zur Vormerkung eingetragene und nicht vom Käufer übernommene Grundstücksbelastungen gesichert ist, indem entweder die erforderlichen Unterlagen dem Notar in grundbuchtauglicher Form vorliegen oder – bei Grundpfandrechten für Kreditinstitute mit Sitz in Deutschland – sich der Gläubiger nach § 3 Abs. 1 MaBV dergestalt zur Freistellung verpflichtet, dass die nicht zu übernehmenden Grundpfandrechte im Grundbuch gelöscht werden, und zwar, wenn das Bauvorhaben vollendet wird, unverzüglich nach Zahlung der geschuldeten Vertragssumme, andernfalls unverzüglich nach Zahlung des dem erreichten Bautenstand entsprechenden Teils der Vertragssumme durch den Erwerber. Für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht vollendet wird, kann sich die Grundpfandrechtsgläubigerin vorbehalten, anstelle der Freistellung alle vom Erwerber vertragsgemäß geleisteten Zahlungen bis zum anteiligen Wert des Vertragsobjekts zurückzuzahlen. Diese Erklärung muss dem Käufer ausgehändigt sein (Kopie genügt). d) Ebenso ist Voraussetzung, dass die Baugenehmigung erteilt wurde oder, wenn eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, die zuständige Behörde bestätigt hat, dass die Baugenehmigung als erteilt gilt und dass nach den baurechtlichen Vorschriften mit dem Vorhaben begonnen werden darf, und seit Eingang der Bestätigung beim Erwerber mindestens ein Monat vergangen ist. Hierzu erklärt der Verkäufer, dass die Baugenehmigung bzw. Genehmigungsfreistellung bereits vorliegt. Weitere Fälligkeitsvoraussetzung ist, dass der Notar den Eintritt der Voraussetzungen a) bis c) durch schriftliche Mitteilung an den Erwerber bestätigt. Die Beteiligten beauftragen den Notar, die Fälligkeitsmitteilung durch Einwurfeinschreiben an die eingangs genannte Adresse der Erwerber zu versenden; der Bauträger erhält eine einfache Abschrift zur Kenntnis. Die Erteilung der Baugenehmigung (bzw. die Genehmigungsfreiheit) muss der Notar nicht prüfen und prüft er auch nicht. 3. Abschlagszahlungen a) Der Bauträger kann Zahlung in bis zu sieben Abschlagszahlungen nach dem erreichten Baufortschritt verlangen. Die Abschlagszahlungen kann er nach seinem billigen Ermessen aus nachstehenden, in § 3 Abs. 2 MaBV festgelegten Prozentsätzen zusammenstellen: – 30 % nach Beginn der Erdarbeiten, – 28,0 % nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten,

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Kap. 3 Rz. 3.343 Bauträgerkaufvertrag – 5,6 % nach Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Heizungsanlagen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Sanitäranlagen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Elektroanlagen, – 7,0 % nach Einbau der Fenster einschließlich der Verglasung, – 4,2 % für den Innenputz ausgenommen Beiputzarbeiten, – 2,1 % nach Fertigstellung der Estricharbeiten, – 2,8 % für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich, – 8,4 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe, – 2,1 % für die Fassadenarbeiten, – 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung. Die einzelnen Abschlagszahlungen müssen innerhalb von 14 Tagen gutgeschrieben sein, nachdem sowohl die Grundvoraussetzungen der Kaufpreisfälligkeit (Ziffer V.1.) vorliegen als auch der Bauträger dem Erwerber schriftlich mitgeteilt hat, dass der für die jeweilige Abschlagszahlung erreichte Baufortschritt erreicht ist. b) Der Erwerber kann nach § 632a Abs. 3 BGB als Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Bauwerkes ohne wesentliche Mängel 5 % des Gesamtkaufpreises von der ersten Abschlagszahlung einbehalten (so dass die Baubeginnsrate dann nur 25 % statt 30 % des Kaufpreises beträgt). Dieser Einbehalt ist an den Bauträger zu zahlen, sobald dieser – entweder eine Bürgschaft eines in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers i.H.v. 5 % des vereinbarten Kaufpreises als Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Bauwerkes ohne wesentliche Mängel stellt oder – das Bauwerk rechtzeitig und ohne wesentliche Mängel hergestellt ist und die allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen vorliegen (also im Regelfall zeitgleich mit der Fertigstellungsrate). 4. Konto Zahlungen sind nach Maßgabe der Fälligkeitsmitteilung des Notars, i.ü. ausschließlich auf das Baukonto des Bauträgers Kontonummer […] bei der […]-Bank/Sparkasse (BLZ […]) zu erbringen. Der Käufer weiß, dass nur dann die Lastenfreistellung gesichert ist. Der Bauträger erklärt, seinen Anspruch in voller Höhe an das Kreditinstitut abgetreten zu haben; trotz Abtretung stehe ihm ein Anspruch auf Zahlung an das Kreditinstitut zu. 5. Nebenkosten Der Kaufpreis ist ein Festpreis. Er enthält sämtliche Kosten für den Grundstücksanteil sowie die Herstellung des Vertragsobjektes gemäß der Baubeschreibung mit Außenanlagen, einschließlich der Kosten der Grundstücksvermessung. Eventuelle Lohn- oder Materialpreiserhöhungen etc. gehen zu Lasten des Bauträgers. Die Kosten für die Gebäudeeinmessung hat jedoch der Erwerber zu tragen. 474

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D. Steuerrechtliche Einzelfragen

Rz. 3.343 Kap. 3

6. Erschließungskosten Der Bauträger trägt sämtliche Kosten für die Ersterschließung des Vertragsobjekts, insbesondere nach Baugesetzbuch wie nach Kommunalabgabengesetz, ebenso die Hausund Grundstücksanschlusskosten. Die Kosten von Erschließungsmaßnahmen, die bei Bezugsfertigkeit des Kaufobjektes von der Gemeinde noch nicht beschlossen waren, sowie später neu erlassene Auflagen gehen zu Lasten des Käufers. Ebenso hat der Käufer die Gebühren für Fernmeldeanlagen (Telefon, TV/Radio, Internet u.Ä.) selbst zu tragen, soweit sich nicht aus der Baubeschreibung ausdrücklich anderes ergibt. Der Notar wies darauf hin, dass der Erwerber nach Eigentumsumschreibung für ausstehende Erschließungsbeiträge haftet. Nach Angabe des Bauträgers sind die Erschließungsbeiträge etc., die sich aus der beabsichtigen Bebauung ergeben, bereits an die Gemeinde gezahlt. Der Notar wies den Erwerber darauf hin, dass er über ggf. noch zu erwartende Erschließungskosten am sichersten Auskunft bei der Gemeinde einholen kann. 7. Zahlungsverzug und Rücktrittsrecht Zahlt der Erwerber bei Fälligkeit nicht, schuldet er kraft Gesetzes Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) – unbeschadet eines möglichen weitergehenden Schadensersatzanspruches. Übt der Bauträger bei Zahlungsverzug des Käufers gesetzliche Rücktrittsrechte aus oder verlangt er Schadensersatz anstelle der Erfüllung, so ist die Erklärung nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt und der Erklärung an den Erwerber die Bürgschaft eines deutschen Kreditinstituts beigefügt ist, die den Anspruch auf Rückzahlung aller auf den Kaufpreis geleisteter Zahlungen unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage unbefristet absichert. VI. Abnahme, Besitzübergang 1. Abnahme Nach bezugsfertiger Herstellung ist das Vertragsobjekt hinsichtlich des dann erreichten Bautenstandes abzunehmen (auch für das Gemeinschaftseigentum). Später durchgeführte Arbeiten sind nach vollständiger Fertigstellung abzunehmen. Bei der Abnahme erfolgt eine gemeinsame Besichtigung des Vertragsobjekts. Darüber ist ein von beiden Vertragsparteien zu unterzeichnendes Abnahmeprotokoll anzufertigen. Darin sind alle vom Erwerber gerügten Mängel und ausstehenden Leistungen aufzunehmen. Andere Formen der Abnahme sind damit nicht ausgeschlossen. Der Notar wies insb. auf die gesetzliche Regelung des § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB hin. Danach steht es der Abnahme gleich, wenn der Erwerber das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Bauträger bestimmten angemessenen Frist annimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. 2. Besitzübergabe Der Besitz ist zu übergeben, sobald der Erwerber die Abnahme erklärt hat und alle fälligen Abschlagszahlungen erbracht sind oder Zug-um-Zug gegen Übergabe gezahlt werden. Mit dem Besitz gehen Nutzen, Lasten und Gefahr einschließlich der Verkehrssiche-

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Kap. 3 Rz. 3.343 Bauträgerkaufvertrag rungspflicht und der Verpflichtungen und Rechte aus für das Vertragsobjekt bestehenden Versicherungen – jedenfalls im Innenverhältnis der Kaufvertragsparteien – über. Ebenso gehen bei einer vorzeitigen Nutzung Lasten und Gefahr (einschließlich Verkehrssicherungspflicht über). Der Erwerber darf die Baustelle bereits vor Abnahme zur Prüfung des Baufortschritts in Abstimmung mit der Bauleitung und unter Einhaltung der von dieser vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen betreten. 3. Eintritt in die Eigentümergemeinschaft Der Erwerber tritt vom Tag des Besitzübergangs an in alle Rechte und Pflichten ein, die sich für ihn aus der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ergeben. Er hat seine etwaigen Rechtsnachfolger in diese Rechtsverhältnisse eintreten zu lassen. Das Wohngeld für das Vertragsobjekt hat bis zum Besitzübergang der Veräußerer ab diesem Zeitpunkt der Erwerber zu zahlen. VII. Beschaffenheit, Rechte bei Mängeln 1. Grundstücksbelastungen Der Erwerber übernimmt die in Abteilungen II, lfd. Nr […] eingetragenen Dienstbarkeiten unter (anteiligem) Eintritt in die die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen. Im übrigen ist der Grundbesitz lastenfrei zu übereignen, ausgenommen Rechte, die unter Mitwirkung oder Zustimmung des Käufers bestellt wurden (insb. der Finanzierungsgrundschuld des Käufers). Die Beteiligten stimmen den Erklärungen zur Lastenfreistellung mit Antrag auf Vollzug zu. 2. Sachmängel a) Hinsichtlich des Grundstücks werden Schadensersatzansprüche wegen der Grundstücksgröße und Bodenbeschaffenheit ausgeschlossen, ausgenommen Grundstücksmängel, wegen derer das Gebäude auf dem Grundstück nicht errichtet werden kann oder die zu Sachmängeln am Bauwerk führen oder die auf einer Verletzung einer Pflicht zur Bodenuntersuchung beruhen. Unberührt bleibt die Haftung aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, wenn der Bauträger die Pflichtverletzung zu vertreten hat, und wegen sonstiger Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Bauträgers beruhen. Einer Pflichtverletzung des Bauträgers steht die eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen gleich (§ 309 Nr. 7 BGB). b) Im Übrigen gelten für Mängel des Bauwerks die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Werkvertrag, für Mängel des Grundstücks die Bestimmungen über den Kaufvertrag. Die Verjährungsfrist für Sachmängel des Gebäudes beträgt nach dem Gesetz fünf Jahre ab der jeweiligen Abnahme, für Mängel des Grundstücks zwei Jahre. Ist die Pflichtverletzung unerheblich – etwa bei geringfügigen Sachmängeln, die den vertragsgemäßen

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Rz. 3.343 Kap. 3

Gebrauch nur unerheblich beeinträchtigen, kann der Erwerber nur Minderung oder Schadensersatz verlangen, aber nicht vom Vertrag zurücktreten. Der Bauträger wies darauf hin, dass normaler Verschleiß keinen Sachmangel darstellt und dass eine sachgerechte Wartung durchzuführen ist. IX. Grundbucherklärungen 1. Eigentumsvormerkung Zur Sicherung des Erwerbsanspruchs bewilligen und beantragen die Beteiligten, eine Eigentumsvormerkung zugunsten des Käufers am Vertragsobjekt einzutragen – bei mehreren im angegebenen Erwerbsverhältnis –, im Rang nur nach den in Abschnitt I genannten Belastungen sowie ggf. nach Finanzierungsgrundpfandrechten des Erwerbers, an nächst offener Rangstelle nur auf Antrag des Notars. Die Löschung dieser Vormerkung unmittelbar nach Vollzug der Auflassung wird bereits jetzt bewilligt und beantragt, vorausgesetzt es erfolgte keine Zwischeneintragung ohne Zustimmung des Erwerbers. 2. Eigentumsübertragung (Auflassung) Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer das Eigentum am Vertragsobjekt Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreises zu verschaffen. Die Vertragsteile sind einig (Auflassung), dass am Vertragsobjekt das Eigentum vom Verkäufer auf den Käufer (im Erwerbsverhältnis gem. Abschnitt II.) übergeht. Diese Auflassung ist unbedingt; sie enthält aber keinen Eintragungsantrag und keine Eintragungsbewilligung. Der Verkäufer erteilt dem amtierenden Notar einseitig unwiderruflich und unbedingt Vollmacht, die Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch nach schriftlicher Zustimmung des Verkäufers zu bewilligen; zu dieser Zustimmung ist der Verkäufer spätestens dann verpflichtet, wenn der geschuldete Kaufpreis bezahlt ist. Sollte der Verkäufer das Bauwerk endgültig nicht mehr vertragsgemäß fertig stellen, kann der Käufer die Zustimmung des Verkäufers zum Vollzug der Auflassung auch dann verlangen, wenn der Käufer seine bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Kaufpreisraten, gegebenenfalls anteilig entsprechend dem Bautenstand, entrichtet hat. Der Eintragungsantrag ist für den Käufer zu stellen. X. Vollmacht für den Bauträger 1. Vollmacht Der Erwerber erteilt dem Bauträger Vollmacht – mit der Befugnis, Untervollmacht zu erteilen, und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB: a) die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung zu ändern und zu ergänzen (einschließlich der Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum und umgekehrt), soweit sich dadurch das Sondereigentum und Sondernutzungsrechte des Erwerbers nicht ändern sowie dem Erwerber keine höheren Zahlungsverpflichtungen auferlegt werden,

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Kap. 3 Rz. 3.343 Bauträgerkaufvertrag b) Dienstbarkeiten wie Geh- und Fahrtrechte sowie für Ver- oder Entsorgungsleitungen zugunsten der jeweiligen Eigentümer von Nachbargrundstücken oder von öffentlichen oder privaten Versorgungsträgern zu bestellen und diesen Rang vor der Auflassungsvormerkung des Erwerbers sowie vor Belastungen in Abt. III zu verschaffen. Von dieser Vollmacht kann nur vor dem amtierenden Notar, seinem Vertreter oder Amtsnachfolger Gebrauch gemacht werden. Der Notar hat die Einhaltung der im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen zu überwachen und dem Erwerber mitzuteilen, wenn von dieser Vollmacht Gebrauch gemacht wurde. Im Außenverhältnis unterliegt die Vollmacht keinen weiteren Einschränkungen. Die Vollmacht erlischt mit Umschreibung des Eigentums an sämtlichen Wohnungsund Teileigentumseinheiten am Grundstück auf etwaige Erwerber. 2. Innenverhältnis Im Innenverhältnis ist der Erwerber verpflichtet, Änderungen der Teilungserklärung (etwa durch Zusammenlegen oder Aufteilung anderer Sondereigentumseinheiten, Zuweisung von Sonder- oder Gemeinschaftseigentum oder Sondernutzungsrechten) zuzustimmen, soweit sie den Gebrauch und den Wert seines Sondereigentums und seiner Sondernutzungsrechte nicht beeinträchtigen sowie den Gebrauch der Gemeinschaftseinrichtungen nur unwesentlich beeinträchtigen. Ebenso ist der Erwerber im Innenverhältnis verpflichtet, Nutzungsbeschränkungen oder Anlagen auf dem Vertragsgrundstück zu dulden sowie deren Absicherung durch Dienstbarkeiten oder schuldrechtliche Nutzungsrechte zuzustimmen, soweit diese behördlicherseits als Voraussetzung für die Bebauung oder Nutzung des in Abschnitt I. bezeichneten Grundstücks verlangt werden oder sonst für die Ver- und Entsorgung dieses Grundbesitzes erforderlich oder zweckdienlich sind. Auch diese Verpflichtung besteht nur, wenn der Gebrauch des Sondereigentums des Erwerbers und der seiner Sondernutzungsrechte nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Auch damit verbundene bauliche Änderungen sind zu dulden. Etwaige Wertminderungen sind in Geld auszugleichen. XI. Kaufpreisfinanzierung ([…] Finanzierungsvollmacht wie „allgemein“ bei Kaufvertrag über eine Immobilie […]) XII. Notarvollmacht ([…] wie „allgemein“ beim Kaufvertrag über eine Immobilie […]) XIII. Hinweise des Notars 1. Der Notar belehrte den Erwerber: – Die vorliegende Vertragsgestaltung entspricht den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Das Gesetz sieht vor, dass Zahlungen nur nach Baufortschritt erbracht werden. Es bietet aber keinen lückenlosen Schutz, insbesondere nicht bei einem Steckenbleiben des Baus. – Erklärt der Erwerber den Rücktritt oder verlangt er Schadensersatz anstelle der Vertragserfüllung, so hat er einen Rückzahlungsanspruch gegen den Bauträger. Dieser 478

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Rz. 3.344 Kap. 3

ist aber nicht zusätzlich abgesichert (außer wenn ihm der Bauträger hierfür eine Bürgschaft gestellt hat, insbesondere nach § 7 MaBV). – Der Grundbesitz haftet für rückständige öffentliche Lasten, insbesondere für nicht gezahlte Erschließungsbeiträge. Hier ist eine Absicherung etwa durch eine Bürgschaft oder einen Sicherungseinbehalt möglich. 2. Ferner belehrte der Notar die Beteiligten insbesondere über Folgendes: – Zur Rechtswirksamkeit des Vertrages und aus steuerlichen Gründen müssen die Beteiligten sämtliche Vereinbarungen richtig und vollständig beurkunden. – Das Eigentum geht erst über mit Umschreibung im Grundbuch. Dafür muss die Unbedenklichkeitsbescheinigung über die erfolgte Grunderwerbsteuerzahlung vorliegen (und ggf. erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen). XIV. Kosten und Steuern, Abschriften ([…] wie „allgemein“ beim Kaufvertrag über eine Immobilie […]) Pläne zur Durchsicht vorgelegt, vom Notar verlesen, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben. […] […] (Unterschriften aller Beteiligten sowie des Notars)

M43 Bauträgervertrag über teilsanierte Altbauwohnung

3.344

Sachverhalt1: Käufer und Verkäufer sind wie in Muster M42, Rz. 3.343. Es handelt sich jedoch um ein anderes Vertragsobjekt: Der Verkäufer (Wohnschön-Bauträger GmbH) saniert ein denkmalgeschütztes Mehrfamilienhaus und teilt es nach dem Wohnungseigentumsgesetz in rechtlich selbständige Wohnungs- und Teileigentumseinheit auf. Die Teilungserklärung ist im Grundbuch bereits vollzogen. Oberirdische Pkw-Stellplätze und Gartenflächen zu Erdgeschosswohnungen werden als Sondernutzungsrechte ausgewiesen. Der Käufer will erhöhte AfA gem. § 7i EStG geltend machen. UR-Nr […]/2012 Bauträgervertrag (Teilsanierte Altbauwohnung) ([…] Urkundeneingang wie Muster Eigentumswohnung, M42, Rz. 3.343) I. Vertragsobjekt 1. Grundbuchstand ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343)

1 Nach Würzburger Notarhandbuch/Hertel4, Teil 2 Kap. 3 Rz. 342.

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Kap. 3 Rz. 3.344 Bauträgerkaufvertrag 2. Teilungserklärung ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343 mit Anpassungen zum Sachverhalt […]) 3. Vertragsobjekt ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) 4. Stellplatz ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) 5. Verweisung ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) II. Verkauf ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) III. Bauverpflichtung 1. Bauausführung a) Der Verkäufer verpflichtet sich, das Vertragsobjekt entsprechend der Baubeschreibung samt Bauplänen, wie sie die in Abschnitt I genannte Verweisungsurkunde enthält, und – für neue Gewerke – der anerkannten Regeln der Bautechnik schlüsselfertig und funktionsfähig für die vereinbarte Wohnnutzung herzustellen. Bei Zweifeln geht die Baubeschreibung den Bauplänen vor. In die Baupläne etwa eingezeichnete Möblierungen oder sonstige Ausstattungsgegenstände sind nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie in der Baubeschreibung ausdrücklich aufgeführt sind. Die Bauausführung muss unter Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfolgen. Für neu zu erstellende Gewerke sind die im Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten bzw. der Bestellung der einzubauenden Teile anerkannten Regeln der Bautechnik und einschlägigen DIN-Vorschriften einzuhalten; später erhöhte Anforderungen müssen nur dann eingehalten werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Ausführung der betreffenden Arbeiten bzw. der Bestellung schon zuverlässig erkennbar waren. b) Der Verkäufer weist darauf hin, dass er nur eine Teilsanierung vornimmt. Änderungen an der bestehenden Altbausubstanz über die Baubeschreibung hinaus sind nicht geschuldet, dies gilt insbesondere für: – […] Auflistung derjenigen Bereiche der Altbausubstanz, die unverändert bleiben […] – […] Daher wird das Gebäude auch nach Abschluss der Teilsanierung voraussichtlich nicht allen Standards für Neubauten genügen, insbesondere nicht beim Schall- und Wärmeschutz. Der Verkäufer erklärt, dass er das Gebäude geprüft hat und über die vereinbarten Sanierungsarbeiten hinaus keinen aktuellen Sanierungsbedarf feststellen kann.

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Rz. 3.344 Kap. 3

2. Sonderwünsche, Eigenleistungen 3. Bauliche Änderungen 4. Wohnfläche ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) IV. Fertigstellungstermin ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) V. Kaufpreis 1. Betrag Der Kaufpreis beträgt […] Euro (in Worten: […] Euro). Davon entfallen: – auf den Grundstücksanteil ein Teilbetrag von […] Euro, – auf den Anteil des Erwerbers an der Altbausubstanz […] Euro, – auf die (teilweise) noch zu erbringenden Sanierungsarbeiten […] Euro. Der Verkäufer erklärt, dass alle Sanierungsleistungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung i.S.d. § 7i EStG erforderlich sind. 2. Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen ([…] wie M42, Rz. 3.343 […], evtl. – bei förmlich festgesetztem Sanierungsgebiet (§§ 136 ff. BauGB – ist die Erteilung der sanierungsrechtliche Genehmigung (§ 144 BauGB) als weitere Fälligkeitsvoraussetzung vorzusehen […]) 3. Abschlagszahlungen a) 30 % des Kaufpreises sind dann binnen 14 Tagen nach Zugang der Fälligkeitsmitteilung des Notars fällig. (Anmerkung: zu diesen 30 % können noch die Prozentsätze für die in der Altbausubstanz bereits vorhandenen Gewerke hinzugezählt werden, s. Rz. 3.275.) b) Der Bauträger kann Zahlung in bis zu sechs weiteren Abschlagszahlungen nach dem erreichten Baufortschritt verlangen. Die Abschlagszahlungen kann er nach seinem billigen Ermessen aus nachstehenden, in § 3 Abs. 2 MaBV festgelegten Prozentsätzen zusammenstellen: – 28,0 % nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten, – 5,6 % nach Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Heizungsanlagen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Sanitäranlagen, – 2,1 % für die Rohinstallation der Elektroanlagen, – 7,0 % nach Einbau der Fenster einschließlich der Verglasung, Leiß

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Kap. 3 Rz. 3.344 Bauträgerkaufvertrag – 4,2 % für den Innenputz ausgenommen Beiputzarbeiten, – 2,1 % nach Fertigstellung der Estricharbeiten, – 2,8 % für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich, – 8,4 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe, – 2,1 % für die Fassadenarbeiten, – 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung. Die einzelnen Abschlagszahlungen sind binnen 14 Tagen zu erbringen (Zahlungseingang auf dem Konto der Gläubigerin entscheidet), nachdem sowohl die Grundvoraussetzungen der Kaufpreisfälligkeit (Ziffer V.1.) vorliegen als auch der Bauträger dem Erwerber schriftlich mitgeteilt hat, dass der für die jeweilige Abschlagszahlung erreichte Baufortschritt erreicht ist. c) Der Erwerber kann nach § 632a Abs. 3 BGB als Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Bauwerkes ohne wesentliche Mängel 5 % des Gesamtkaufpreises von der ersten Abschlagszahlung einbehalten ([…] weiter wie in Muster M42, Rz. 3.343) 4. Konto 5. Nebenkosten 6. Erschließungskosten 7. Umsatzsteuererhöhung 8. Zahlungsverzug und Rücktrittsrecht ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) VI. Abnahme, Besitzübergang ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) VII. Beschaffenheit, Rechte bei Mängeln 1. Grundstücksbelastungen ([…] wie Muster M42, Rz. 3.343) 2. Denkmaleigenschaft Als Beschaffenheit ist vereinbart: – Das Haus ist ein Baudenkmal (Einzeldenkmal/Kulturdenkmal) i.S.d. § 7i EStG und des einschlägigen Landesdenkmalschutzgesetzes. – Die Nutzung zu Wohnzwecken (als Büro oder freiberufliche Praxis) ist auch öffentlich-rechtlich zulässig. 3. Sachmängel a) Hinsichtlich des Grundstücks und der nach der Baubeschreibung unverändert bleibenden Teile der Altbausubstanz werden Ansprüche wegen Sachmängeln ausgeschlos482

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Rz. 3.344 Kap. 3

sen (insb. wegen Grundstücksgröße, Bodenbeschaffenheit oder „Altlasten“ in Boden oder Altbausubstanz). Unberührt bleiben Ansprüche aus der Verletzung von Untersuchungspflichten sowie wegen Mängeln, die der vereinbarungsgemäßen Nutzung des Bauwerks entgegenstehen. Unberührt bleiben ferner Ansprüche bei Vorsatz, arglistigem Verschweigen oder grobem Verschulden sowie Ansprüche aus der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 309 Nr. 7 BGB). b) Im übrigen gelten für Mängel des Bauwerks (d.h. insb. für die vom Verkäufer geschuldeten Bauleistungen) die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über den Werkvertrag. Die Verjährungsfrist für Sachmängel des Gebäudes beträgt nach dem Gesetz fünf Jahre ab der jeweiligen Abnahme. Ist die Pflichtverletzung unerheblich – etwa bei geringfügigen Sachmängeln, die den vertragsgemäßen Gebrauch nur unerheblich beeinträchtigen, kann der Erwerber allenfalls Minderung oder Schadensersatz verlangen, aber nicht vom Vertrag zurücktreten. Der Bauträger wies darauf hin, dass normaler Verschleiß keinen Sachmangel darstellt und dass eine sachgerechte Wartung durchzuführen ist. VIII. Genehmigungen und gesetzliche Vorkaufsrechte ([…] wie allgemein beim Kaufvertrag über eine Immobilie; ggf. ist eine sanierungsrechtliche Genehmigung einzuholen, § 144 BauGB, wenn das Sanierungsobjekt in einem einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet liegt, §§ 136 ff. BauGB; unter Umständen kann auch das Mietervorkaufsrecht gem. § 577 BGB zu beachten sein […]) IX. Grundbucherklärungen ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) X. Vollmacht für den Bauträger ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) XI. Kaufpreisfinanzierung ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) XII. Notarvollmacht ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) XIII. Hinweise des Notars ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) XIV. Kosten und Steuern, Abschriften ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343)

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Kap. 3 Rz. 3.344 Bauträgerkaufvertrag XV. Abschriften ([…] jeweils wie Muster M42, Rz. 3.343) Pläne zur Durchsicht vorgelegt; vom Notar verlesen, von den Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben. […] […] (Unterschriften aller Beteiligten sowie die Unterschrift des Notars mit Zusatz „Notar“)

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Kapitel 4 Wohnungs- und Teileigentum A. Zivilrechtliche Gestaltung I. Gründe für die Wahl von Wohnungseigentum 1. Schaffung selbständig verfügbarer Einheiten . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorsorgliche Teilung . . . . . . . . . II. Die Begründung von Wohnungseigentum – dingliche Seite 1. Grundstückssituation . . . . . . . . 2. Vertragliche/Einseitige Begründung a) Vertragliche Begründung . . . b) Einseitige Begründung . . . . . 3. Aufteilungsplan, Sondereigentumsfähigkeit . . . . . . . . . . . 4. Abgeschlossenheitsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behördliche/Gerichtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Größe der Miteigentumsanteile 7. Sukzessive Begründung von Wohnungseigentum (Mehrhausanlage) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zustimmung Drittberechtigter zur Wohnungseigentumsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Aufteilungsplanwidrige Bauausführung . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gemeinschaftsordnung . . . 1. Geschosswohnungsbau, Betreutes Wohnen . . . . . . . . . . . 2. Gemischte Nutzung Wohnung/ Gewerbe, Beruf . . . . . . . . . . . . . . 3. Doppelhaushälften, Reihenhäuser in der Rechtsform des Wohnungseigentums . . . . . 4. Begründung von Sondernutzungsrechten . . . . . . . . . . . . . a) Begründung von Sondernutzungsrechten durch Ausschluss aller und Zulassung Einzelner (Stellplätze). . . . . . b) Anbindung der Sondernutzungsrechte bei einer Einheit

4.1 4.2

5. 6.

4.3 4.5 4.7

7. 8.

4.8 4.16 4.17 4.18 4.19 4.24 4.25 4.31 4.32 4.38 4.43 4.46

4.49 4.51

9.

c) Ausschluss unter der Bedingung der Zuweisung eines Sondernutzungsrechtes . . . . d) Begründung eines Sondernutzungsrechtes aufgrund Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . Veräußerungsbeschränkung und ihre Aufhebung . . . . . . . . . . Nutzen und Lasten, Verteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . Vorrecht für Hausgeldbeträge in der Zwangsversteigerung . . . Eigentümerversammlung . . . . . a) Regelung des Stimmrechts. . b) Feststellung der Mehrheit . . c) Abstimmungsberechtigung . d) Beschluss-Sammlung . . . . . . Kompetenzen des Verwalters . .

IV. Interne und externe Veränderungen am Wohnungseigentum 1. Unterteilung, Vereinigung. . . . . 2. Veräußerung einzelner Räume . 3. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . 4. Änderungen der Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . a) Änderung durch Vereinbarung, Zustimmung Drittberechtigter. . . . . . . . . . . . . . . b) Änderungen aufgrund Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . c) Änderung aufgrund Anpassungsverpflichtung . . . . . . . . d) Gesetzliche Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Veräußerung/Aufhebung von Sondernutzungsrechten a) Form, Zustimmungsbedürftigkeit, gutgläubiger Erwerb b) Erwerberkreis . . . . . . . . . . . . . c) Nachträgliche Begründung von Sondernutzungsrechten d) Aufhebung von Sondernutzungsrechten . . . . . . . . . .

Rapp/Schallmoser

4.53 4.55 4.56 4.58 4.61 4.62 4.63 4.64 4.65 4.66 4.67

4.91 4.99 4.103 4.106 4.108 4.109 4.112 4.113

4.114 4.116 4.117 4.120

485

Kap. 4 Wohnungs- und Teileigentum 6. Externe Veränderungen am Wohnungseigentumsgrundstück a) Wegmessungen vom Wohnungseigentumsgrundstück b) Hinzuerwerb einer Fläche zum Wohnungseigentumsgrundstück . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rechtsfähigkeit und Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . a) Die Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr . . . . b) Der sachliche Bereich der Rechtsfähigkeit. . . . . . . . . . . . c) Die Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. . . . . . . . . . . . . . d) Das Verwaltungsvermögen . e) Die Haftungsverfassung . . . . f) Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit. . . . . . . . . . . . g) Einpersonen-Eigentümergemeinschaft? . . . . . . . . . . . . . V. Veräußerung von Wohnungseigentum 1. Bezeichnung des Vertragsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewährleistung bezüglich des Gemeinschaftseigentums. . . . . . a) Werkvertragsansprüche in Ansehung des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . b) Legitimation zur Geltendmachung der verschiedenen Gewährleistungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . 3. Verwalterzustimmung . . . . . . . . 4. Anspruch auf Veräußerungszustimmung, Unwiderruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Eintritt in die Rechtsverhältnisse der Gemeinschaft . . . . . . . a) Unanfechtbar gewordene Beschlüsse der Gemeinschaft b) Abrechnung der Bewirtschaftungskosten . . . . . . . . . . c) Haftung für rückständige Lasten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Rapp/Schallmoser

4.121 4.123 4.124 4.125 4.128 4.129 4.132 4.133 4.134 4.135

4.161 4.168 4.169

4.174 4.183 4.186 4.188 4.189 4.193 4.194

d) Verwaltungsvermögen und Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . e) Nachhaftung des Veräußerers. . . . . . . . . . . . . . . 6. Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besondere Kündigungsschutzvorschriften für den Mieter . . . . . . . . . . . . . . . b) Das gesetzliche Mietervorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . c) Sondervorschriften für Sozialbauwohnungen . . . . . .

4.200 4.201 4.202 4.203 4.204 4.205

B. Steuerliche Fragen I. Bewertungsrecht 1. Allgemeines, Einheitswert . . . . . 2. Entstehung von Wohnungsund Teileigentum . . . . . . . . . . . . 3. Mindestanforderungen bei Wohnungs- und Teileigentum . 4. Grundbesitzwert für erbschaftund schenkungsteuerliche Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bewertungsbeispiel (20 Jahre nach Bezugsfertigkeit) . . . . . . . . II. Einkommensteuer 1. Vermietetes Wohnungs- und Teileigentum im Privatvermögen a) Einkünftetatbestand . . . . . . . b) Werbungskosten . . . . . . . . . . aa) Instandhaltungsrücklage bb) Absetzungen für Abnutzung (1) Beginn . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bemessungsgrundlage . . (3) Vermietete Denkmalschutzobjekte sowie Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Haushaltsnahe Dienstleistungen. . . . . . . . . . . . . c) Bauabzugssteuer . . . . . . . . . . d) Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . 2. Selbstbewohntes Wohnungsund Teileigentum . . . . . . . . . . . .

4.241 4.244 4.245 4.249 4.252

4.271 4.272 4.273 4.276 4.277

4.278 4.279 4.280 4.281 4.301

Wohnungs- und Teileigentum 3. Wohnungs- und Teileigentum im Betriebsvermögen a) (Eigen-)Betriebliche Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . 4. Gemischt genutzte Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erbauseinandersetzung . . . . aa) Mischnachlass. . . . . . . . . bb) Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . b) Vermeidung der Infizierung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aa) Mischnachlass. . . . . . . . . bb) Erbauseinandersetzung . c) Atypisch stille Gesellschaft statt Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum. . . d) Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels . III. Gewerbesteuer 1. Wohnungs- und Teileigentum im Privatvermögen. . . . . . . . . . . 2. Wohnungs- und Teileigentum im Betriebsvermögen . . . . . . . . . IV. Umsatzsteuer 1. Veräußerung von Wohnungsund Teileigentum . . . . . . . . . . . . 2. Vermietung und Verpachtung von Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Leistungen zwischen Eigentümergemeinschaft und Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Grunderwerbsteuer 1. Entgeltliche Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum .

4.302 4.303 4.304 4.305 4.306 4.307 4.308 4.309 4.310 4.312 4.314

4.331 4.332

4.351 4.354 4.355

4.381

Kap. 4

2. Begründung und Aufhebung von Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufteilung durch Teilungserklärung gem. § 8 WEG . . . b) Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung von Sondereigentum gem. § 3 WEG . . . c) Entziehung des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufhebung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begründung, Aufhebung und entgeltliche Übertragung von Wohnungserbbaurechten . . . . . 4. Dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte; Dauerwohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . VI. Grundsteuer. . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Steuerbarkeit unbenannter (ehebedingter) Zuwendungen . 2. Steuerbefreiung für Familienheime (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) a) Übertragung unter Lebenden; gemischt genutzte Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . b) Erwerb von Todes wegen . . . VIII. Abgabenrechtliche Fragen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerliche Pflichten des Verwalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesonderte Feststellung gem. § 180 AO. . . . . . . . . . . . . . .

4.384 4.385

4.386 4.389 4.390 4.391 4.392 4.393 4.411

4.413

4.416 4.419 4.441 4.442 4.446

Literatur: Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, 2007; Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl. 2012 (WEG bearbeitet von Hügel); Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2015 (zitiert Bärmann/Bearbeiter); Bärmann/Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 19. Aufl. 2010; Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2013; Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2016; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007; Hügel/Elzer, WEG, 2015; Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011; Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 10. Aufl. 2014; Jennißen, WEG, 5. Aufl. 2017; Klassen/Eiermann, Das Mandat in WEG-Sachen, 3. Aufl. 2008; Köhler, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2013; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2015; M. Müller, Änderungen des sachenrechtlichen Grundver-

Rapp/Schallmoser

487

Kap. 4 Rz. 4.1 Wohnungs- und Teileigentum hältnisses der Wohnungseigentümer, 2010; Munzig, Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung 2. Aufl. 2008; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl. 2014; Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, Nomos-Kommentar zum BGB, Band 3, 4. Aufl. 2016 (WEG bearbeitet von Heinemann/Schulzky); Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017 (WEG bearbeitet von Wicke); Riecke/ Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl. 2014; Röll/Sauren, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, 9. Aufl. 2007; Sauren, WEG, 6. Aufl. 2014; Schmid/Kahlen, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, 2007; Schmidt-Räntsch, Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum WEG von Okt. 2015 bis Sept. 2016, ZWE 2016, 429; dieselbe ZWE 2015, 429; Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl. 2017; Staudinger, WEG, 2017; Timme, WEG, 2. Aufl. 2014; Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Aufl. 2005.

A. Zivilrechtliche Gestaltung I. Gründe für die Wahl von Wohnungseigentum 1. Schaffung selbständig verfügbarer Einheiten

4.1

Nach den Grundsätzen der §§ 93, 94 BGB ist das Grundstück mit seinen wesentlichen Bestandteilen, insbesondere mit einem darauf errichteten Gebäude, eine Sache im Rechtsinne. Dementsprechend kann bei einem Mehrfamilienhaus eine Wohnung für sich allein weder verkauft noch belastet werden. Durch das WEG wird dies jedoch in der Weise ermöglicht, dass einzelne Wohnungen zum Sondereigentum erklärt werden, welches mit einem Miteigentumsanteil am ansonsten gemeinschaftlichen Eigentum verbunden wird. Damit können einzelne Einheiten zum Gegenstand des Rechtsverkehrs gemacht werden. 2. Vorsorgliche Teilung

4.2

Bedingt durch die Wohnungsknappheit in vielen Ballungsgebieten wird immer wieder die Forderung erhoben, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu verbieten oder zumindest einer Genehmigungspflicht zu unterstellen. Eine Genehmigungspflicht kann im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen (§ 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB) sowie in Fremdenverkehrsgemeinden (§ 22 BauGB) bestehen. Auch Mieterschutzvorschriften (Mietervorkaufsrecht, eingeschränkte Kündigungsrechte) knüpfen an die Begründung von Wohnungseigentum an. Durch die rechtzeitige Begründung von Wohnungseigentum können u.U. diese Schwierigkeiten vermieden werden („vorsorgliche Teilung“).

II. Die Begründung von Wohnungseigentum – dingliche Seite 1. Grundstückssituation

4.3

Nach §§ 3, 8 WEG kann Wohnungseigentum nur an einem Grundstück gebildet werden. Das gleiche gilt für Wohnungserbbaurecht gem. § 30 WEG. Soll sich deshalb eine Wohnungseigentumsanlage über mehrere Grundstücke erstrecken, so müssen diese gem. § 890 Abs. 1, 2 BGB zu einem Grundstück im Rechtssinne vereinigt werden. 488

Rapp

A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.7 Kap. 4

Bei einem Überbau ist darauf zu achten, dass dieser rechtmäßig ist. Es muss vermieden werden, dass bei einem vorsätzlich oder grob fahrlässigen Überbau der übergebaute Gebäudeteil Eigentum des Nachbarn wird1. Nur dies schützt davor, dass ein Miteigentumsanteil besteht, der ohne Sondereigentum ist, was dann eintreten würde, wenn z.B. ein Tiefgaragenabstellplatz komplett auf dem Nachbargrundstück liegt. Ein rechtmäßiger Überbau besteht dann, wenn der Nachbar entweder zugestimmt hat oder eine Grunddienstbarkeit eingeräumt wurde. Ob ein Überbau stattfindet, ergibt sich aus dem amtlichen Lageplan, der Bestandteil des Aufteilungsplanes ist2.

4.4

2. Vertragliche/Einseitige Begründung a) Vertragliche Begründung Eine vertragliche Begründung von Wohnungseigentum kommt nach § 3 Abs. 1 WEG in Betracht, wenn zwei oder mehr Miteigentümer eines Grundstücks vorhanden sind. Dabei muss es sich um Miteigentum nach Bruchteilen (§§ 741 ff. BGB) handeln, wie sich aus der Verweisung auf § 1008 BGB ergibt. Gesamthänderisches Miteigentum (Erbengemeinschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) muss in diesen Fällen vorweg in Bruchteilsmiteigentum durch entsprechende Auseinandersetzung und Auflassung gebildet werden. Dabei muss jeder Miteigentumsanteil mit Sondereigentum verbunden werden; „freie Miteigentumsanteile“ dürfen nicht bestehen bleiben3. Mit einem Miteigentumsanteil können jedoch mehrere Sondereigentumseinheiten verbunden werden4, was unter steuerlichen Gesichtspunkten relevant sein kann (vgl. Rz. 4.281, 4.303).

4.5

Die vertragliche Begründung von Wohnungseigentum ist eine teilweise Auseinandersetzung des Gemeinschaftseigentums, das bezüglich der in sich abgeschlossenen Wohnungen zum Sondereigentum wird. Konsequent sieht das Gesetz für diesen Eigentumswechsel die Form der Auflassung gem. § 4 WEG vor. Die Verpflichtung hierzu bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b BGB).

4.6

b) Einseitige Begründung Nach § 8 Abs. 1 WEG kann der Grundstückseigentümer durch einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Grundbuchamt sein Eigentum in Miteigentumsanteile aufteilen, die jeweils mit Sondereigentum verbunden werden. Dies gilt sowohl für ein Gebäude, das bereits besteht, als auch für ein solches, das erst noch errichtet werden soll. Auch mehrere Grundstückseigentümer – gleich in welchem Gemeinschaftsverhältnis – können ihr Eigentum gem. § 8 WEG teilen; in die1 BGH v. 27.3.2015 – V ZR 216/13, NJW 2015, 2489 Rz. 31 f.; v. 30.5.2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 3122 Rz. 7 m.w.N. 2 Ausführliche Darstellungen zur Thematik Überbau finden sich bei Tersteegen, RNotZ 2006, 453; Hügel/Scheel3, Teil 2 Rz. 37; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6 Rz. 20 ff. 3 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, DNotZ 1990, 377; Hügel/Elzer, § 3 WEG Rz. 19 ff.; zum sog. Kellereigentum s. BayObLG v. 7.11.1991 – BReg.2 Z 137/91, NJW 1992, 700 und Staudinger/Rapp, § 5 WEG Rz. 18. 4 BayObLGZ 1971, 102.

Rapp

489

4.7

Kap. 4 Rz. 4.8 Wohnungs- und Teileigentum

sem Falle setzt sich das ursprüngliche Gemeinschaftsverhältnis an den durch Teilung entstehenden neuen Einheiten fort. 3. Aufteilungsplan, Sondereigentumsfähigkeit

4.8

Nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG ist der Eintragungsbewilligung zur Begründung von Wohnungseigentum zwingend der Aufteilungsplan beizufügen. Dieser Aufteilungsplan hat eine vergleichbare Funktion wie der amtliche Lageplan für das Grundstück: Beim Grundstück zeigt der Lageplan die Grenzen zwischen den verschiedenen Grundstücken auf. Der Aufteilungsplan zeigt die Grenzen zwischen den verschiedenen Sondereigentumseinheiten sowie zwischen dem Sondereigentum und dem gemeinschaftlichen Eigentum; er nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil1. Der Aufteilungsplan muss bei bestehenden Gebäuden eine Baubestandszeichnung sein und bei zu errichtenden Gebäuden den bauaufsichtlichen Vorschriften entsprechen. Maßgebend dafür ist die allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG und gem. § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG vom 19.3.19742.

4.9

Im Aufteilungsplan sind alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 WEG). Dies bedeutet aber nicht, dass die identische Nummer in jedem Raum, der zur selben Einheit gehört, eingetragen sein muss3. Es genügt, wenn für eine Einheit eine Eintragung, z.B. WE 1 oder TE 1, vorgenommen wird.

4.10

Bei der Erklärung zum Sondereigentum muss der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz beachtet werden. Aus dem Plan und auch aus der Aufteilungserklärung muss sich demnach eindeutig ergeben, was Sondereigentum wird und was gemeinschaftliches Eigentum bleibt4.

4.11

Die Begründung von Sondereigentum setzt voraus, dass der Gegenstand sondereigentumsfähig ist. Dies sind nach § 5 Abs. 1 WEG zunächst „die gem. § 3 Abs. 1 bestimmten Räume“. Fehlt es an der Raumeigenschaft, kann Sondereigentum nicht gebildet werden. Dies gilt z.B. für oberirdische Stellplätze, Terrassen, Carports. Im Einzelnen ist hier vieles streitig. So wird z.B. für Balkone angenommen, dass ihr Innenbereich sondereigentumsfähig ist, während die tragende Konstruktion zum Gemeinschaftseigentum zählt5. Gerade bei Balkonen (Betonsanierung!) hat dies für die Kostentragung bei Instandhaltung/Instandsetzung große Bedeutung. Der sicherste 1 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338; OLG München v. 24.9.2010 – 34 Wx 115/10, ZWE 2010, 463. 2 BAnz 1974 Nr. 58, abgedruckt bei Bärmann13, Seite 1565. 3 Grziwotz, DNotZ 2009, 407; Hügel/Elzer, § 7 WEG Rz. 29; die Vorschrift gilt auch nur für die erstmalige Begründung von Wohnungseigentum, Jennißen/Krause5, § 7 WEG Rz. 18b; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 99. 4 OLG Frankfurt v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, ZMR 2012, 31; Jennißen/Krause5, § 7 WEG Rz. 18. 5 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MittBayNot 2013, 128; OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MittBayNot 2012, 215; Jennißen/Krause5, § 7 WEG Rz. 17 a; Bärmann/Arm-

490

Rapp

A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.15 Kap. 4

Weg wird so beschritten, dass man die Eigentumsfrage am Balkon offen lässt und die alleinige Kostentragung demjenigen Sondereigentum zuweist, von dessen Wohnung aus der Balkon genutzt werden kann. Sondereigentumsfähig sind ferner gem. § 5 Abs. 1 WEG „die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.“ Neben dieser positiven Umschreibung des Sondereigentums ist jedoch auch § 5 Abs. 2 WEG zu beachten, wonach „Teile des Gebäude, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums sind, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden.“

4.12

Bezüglich den zu den Sondereigentumsräumen „gehörenden Bestandteile des Gebäudes“ ist deshalb entscheidend, dass die Zugehörigkeit zum Sondereigentum oder zum Gemeinschaftseigentum durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 und 2 WEG festgelegt wird. Eine Vertragsfreiheit der Wohnungseigentümer besteht insoweit nicht1. Die in der Praxis häufig verwendeten Aufzählungen von Gegenständen des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums in der Teilungserklärung hat deshalb, wenn sie richtig ist, lediglich deklaratorische Bedeutung, wenn sie falsch ist, schafft sie nur Verwirrung.

4.13

Aus § 5 Abs. 2 WEG ergibt sich, dass alle Zugänge zum Gemeinschaftseigentum und auch zum Sondereigentum ausschließlich über Gemeinschaftseigentum erfolgen müssen. Dies gilt z.B. für den Heizungsraum im Keller genauso wie für jede Sondereigentumseinheit und für den im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachspeicher.

4.14

Bauträger haben häufig den Wunsch, Kaufinteressenten möglichst frühzeitig zu binden. Sie lassen deshalb, weil die Baugenehmigung und damit auch die behördlich bestätigte Abgeschlossenheitsbescheinigung noch nicht vorliegen, die Aufteilungsurkunde mit vorläufigen Bauplänen beurkunden. Bauträgerkaufverträge über Wohnungseigentum können alsdann durch Bezugnahme gem. § 13a BeurkG auf diese Aufteilungsurkunde samt den vorläufigen Aufteilungsplänen beurkundet werden. Liegen alsdann die behördlich bestätigten Aufteilungspläne samt der Abgeschlossenheitsbescheinigung vor, so ist in einer Nachtragsurkunde zur Teilungserklärung durch

4.15

brüster13, § 7 WEG Rz. 58 ff.; Hügel/Scheel3, Teil 1 Rz. 40; a.A. Beck’sches Notarhandbuch/ Rapp6, III. Rz. 29 d. 1 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = NJW 2013, 1154 = ZfIR 2013, 377 = DNotZ 2013, 522 Rz. 10 ff.; Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4 (7 f.); Hügel/Elzer § 5 WEG Rz. 10; Schmid, MittBayNot 2012, 181 re; Jennißen, ZMR 2011, 974; missverständlich BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, NJW 2011, 2958 = ZfIR 2011, 833 = MittBayNot 2012, 212.

Rapp

491

Kap. 4 Rz. 4.16 Wohnungs- und Teileigentum

den Eigentümer die grundbuchmäßige Beschreibung der gebildeten Einheiten anhand der behördlichen Dokumente vorzunehmen1. 4. Abgeschlossenheitsbescheinigung

4.16

Die Abgeschlossenheit i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG bedeutet die feste und dauerhafte räumliche Abgrenzung und Abschließbarkeit einer jeden Einheit gegenüber den anderen Einheiten und dem gemeinschaftlichen Eigentum2. Dabei handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Verletzung gleichwohl das Entstehen von Sondereigentum nicht hindert3. Die Bescheinigung wird von der Baubehörde erteilt. Für Garagenstellplätze wird die Abgeschlossenheit fingiert, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind (§ 3 Abs. 2 Satz 2 WEG). Das Grundbuchamt ist an die Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht gebunden, sondern hat diesbezüglich ein eigenes Prüfungsrecht4. 5. Behördliche/Gerichtliche Genehmigung

4.17

Behördliche Genehmigungen zur Begründung von Wohnungseigentum sind unter den Voraussetzungen des § 22 BauGB (Fremdenverkehrsgemeinden) und des § 172 BauGB (Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung) erforderlich. Eine betreuungsgerichtliche (familiengerichtliche) Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn eine Teilung nach § 8 WEG erfolgt, da damit die Eigentumsverhältnisse am Grundbesitz nicht verändert werden. Anders ist dies bei dem Begründungsvorgang nach § 3 WEG zu beurteilen. Er unterfällt § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB5. 6. Größe der Miteigentumsanteile

4.18

Gesetzliche Vorschriften über die Bestimmung der Größe der Miteigentumsanteile bestehen nicht. Zu beachten ist jedoch, dass gem. § 16 Abs. 1 WEG mangels einer anderweitigen Regelung sich Nutzen und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile bestimmen. Diese sind auch Berechnungsgrundlage im öffentlichen Abgabenrecht, z.B. § 134 Abs. 1 Satz 3 BauGB. Auch für die Außenhaftung der Wohnungseigentümer wird nach § 10 Abs. 8 Satz 1 1 Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 31; DNotI-Report 1999, 19; Hügel, NotBZ 2003, 150; BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 112/02, MittBayNot 2003, 127. 2 BGH v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = NJW 1992, 3290 = DB 1992, 2547; v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111 = DB 1990, 579. 3 BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, NJW 2011, 3237 Rz. 22; v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 Rz. 14. 4 BGH v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = NJW 1992, 3290 = DB 1992, 2547; OLG Frankfurt v. 7.4.2011 – 20 W 156/11, ZWE 2012, 34; Staudinger/ Rapp, § 7 WEG Rz. 28 ff.; Hügel/Elzer § 7 WEG Rz. 54. 5 Hügel/Elzer § 7 WEG Rz. 43; Bärmann/Armbrüster13, § 2 WEG Rz. 30 ff.; Staudinger/Rapp, § 8 WEG Rz. 20.

492

Rapp

A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.20 Kap. 4

WEG auf das Verhältnis der Miteigentumsanteile abgestellt. Üblicherweise wird deshalb die Größe der Miteigentumsanteile nach dem Verhältnis der Wohn- bzw. Nutzfläche berechnet. 7. Sukzessive Begründung von Wohnungseigentum (Mehrhausanlage) Eine Mehrhausanlage liegt vor, wenn auf einem Grundstück mehrere Gebäude in der Rechtsform des Wohnungseigentums errichtet werden sollen. Planung und Bauerstellung erfolgen dabei regelmäßig entsprechend dem Verkaufserfolg. Dies kann dazu führen, dass Käufer aus dem ersten Bauabschnitt ihre Wohnungen bereits benutzen und als Eigentümer eingetragen sind, während für den letzten Bauabschnitt die Planung erst aufgenommen wird. Die Aufteilung in Wohnungseigentum erfolgt dabei zunächst nach den Plänen für den ersten Bauabschnitt. Die Pläne für die weiteren Bauabschnitte existieren erst zu einem späteren Zeitpunkt. Das wohnungseigentumsrechtliche Problem besteht darin, dass bei Bestehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (erster Bauabschnitt) weiteres Sondereigentum nur in der vertraglichen Form des § 3 WEG begründet werden kann. Das Gebäude des zweiten Bauabschnittes wird zunächst Gemeinschaftseigentum. Sondereigentum kann hier nur dadurch entstehen, dass alle Eigentümer in einem Vertrag gem. § 3 WEG zusammenwirken und die sondereigentumsfähigen Einheiten des zweiten (und der weiteren) Bauabschnitte zu Sondereigentum bestimmt werden. Damit setzt der von Anfang an geplante und gewünschte Erfolg die Mitwirkung der Eigentümer aus dem ersten Bauabschnitt voraus. Der übliche Weg besteht darin, im ersten Bauabschnitt einen überdimensionalen Miteigentumsanteil zu bilden, der dann vertraglich für die weiteren Bauabschnitte gem. § 3 WEG unterteilt und mit Sondereigentumseinheiten verbunden wird. Wohnungseigentumsrechtlich geht es darum, die Mitwirkung der Eigentümer aus dem ersten Bauabschnitt dinglich abzusichern. Vollmachten an den Bauträger sind zwar möglich; sie können jedoch aus wichtigem Grund widerrufen werden und sind außerdem wirkungslos, wenn ein Eigentümer aus dem ersten Bauabschnitt seine Einheit weiter veräußert hat und der nachfolgende Eigentümer in dem Erwerbsvertrag nicht die identische Vollmacht an den Bauträger erteilt.

4.19

Das von Hügel1 entwickelte Konzept geht dahin, dass die Erwerber des ersten Bauabschnittes sich dazu verpflichten, alles rechtlich gebotene für die grundbuchmäßige Bildung der weiteren Bauabschnitte zu erklären und hierzu dem Bauträger eine unwiderrufliche Vollmacht zu erteilen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wird die Weiterveräußerung von Einheiten aus dem ersten Bauabschnitt gem. § 12 WEG an die Zustimmung des Bauträgers gebunden. Gibt ein Erwerber die erforderlichen Erklärungen samt Vollmachten nicht ab, so wird die Zustimmung verweigert. Der Lösungsweg von Hügel ist jedoch nicht unumstritten2.

4.20

1 DNotZ 2003, 517; Hügel/Elzer, § 8 WEG Rz. 43. 2 Armbrüster, ZMR 2005, 249; Schneider in Harz/Riecke/Schmid5, § 12 WEG Rz. 146; Staudinger/Kreuzer, § 12 WEG Rz. 46.

Rapp

493

Kap. 4 Rz. 4.21 Wohnungs- und Teileigentum

Zu Einzelheiten der Sukzessivbegründung ist auf die wohnungseigentumsrechtliche Literatur1 zu verweisen.

4.21

Was die Zustimmung Drittberechtigter, insbesondere von Grundpfandrechtsgläubigern, bei der Sukzessivbegründung von Wohnungseigentum anbelangt, so sind Pfandfreigabeerklärung auf jeden Fall von den Gläubigern an dem überdimensionalen Miteigentumsanteil erforderlich. Darüber hinaus verlangt das BayObLG2 auch die Zustimmung der Gläubiger an allen bereits bestehenden Einheiten in den grundbuchmäßig bestehenden Bauabschnitten. Zur Begründung wird ausgeführt, der Miteigentumsanteil (aus dem ersten Bauabschnitt) umfasse auch das gemeinschaftliche Eigentum in den weiteren Bauabschnitten. Dieses werde durch die Bildung von neuem Sondereigentum geschmälert.

4.22

Die Schwierigkeiten bei der abschnittsweisen Begründung von Wohnungseigentum sollten als erstes zu der Prüfung veranlassen, ob nicht für jedes Gebäude eine eigene Wohnungseigentümergemeinschaft gebildet werden kann. Die Sicherung der Benutzung gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen, die für alle Gebäude notwendig sind, kann dann über Grunddienstbarkeiten erfolgen (z.B. Ver- und Entsorgung, Heizung, Kinderspielplatz etc.).

4.23

Sollte eine Realteilung nicht in Betracht kommen, kann dadurch geholfen werden, dass der Bauträger so lange Alleineigentümer aller Einheiten bleibt, bis die Aufteilung der weiteren Bauabschnitte auch grundbuchmäßig vollzogen ist. In den Kaufverträgen aus dem ersten Bauabschnitt ist die Zustimmung der Käufer als Vormerkungsberechtigte gem. §§ 877, 876 Satz 3 BGB aufzunehmen durch Unterteilung des überdimensionalen Miteigentumsanteils weiteres Sondereigentum zu begründen. Diese Zustimmung wirkt auch gegenüber einem Rechtsnachfolger des ersten Käufers, schließt jedoch den Weiterverkauf des Objektes durch diesen nicht aus. Alternativ kann auch die Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs des Erstkäufers gegenüber dem Verkäufer (Bauträger) durch Vereinbarung gem. § 399 BGB von der Zustimmung des Bauträgers abhängig gemacht werden, wobei dieser zur Zustimmung für den Fall verpflichtet wird, dass der Zweitkäufer seinerseits die Zustimmung zur weiteren Begründung von Wohnungseigentum durch den Bauträger diesem gegenüber erteilt. 8. Zustimmung Drittberechtigter zur Wohnungseigentumsbegründung

4.24

Lastet ein dingliches Recht am gesamten Grundstück, so führt die Begründung von Wohnungseigentum sowohl im Falle des § 3 WEG als auch im Falle des § 8 WEG dazu, dass eine Gesamtbelastung entsteht. Die Zustimmung Drittberechtigter ist hierzu nicht erforderlich, da aus der Einzelbelastung eine Gesamtbelastung entsteht. Dies gilt auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für rückständiges Wohngeld

1 Hügel/Scheel3, Teil 6 Rz. 28 ff.; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A IV Rz. 36 ff. 2 BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 99/95, DNotZ 1996, 301.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.26 Kap. 4

gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, welches eine gesetzlich angeordnete Rangverschlechterung für eingetragene Grundpfandrechte zur Folge hat1. Bei Einzelbelastungen an einzelnen Miteigentumsanteilen (Begründungsweg § 3 WEG) ist die Zustimmung der Berechtigten gem. §§ 875, 877 BGB erforderlich, da sich der Inhalt des belasteten Rechts verändert. 9. Aufteilungsplanwidrige Bauausführung Veranlasst durch Käuferwünsche oder auch durch eigene Erkenntnis wird bei der Erstellung von Wohnungseigentumsanlagen häufig vom behördlich bestätigten Aufteilungsplan abgewichen. Solange die Planabweichung nur den internen Bereich einer Wohnung betrifft, ist dies unschädlich. Bewirkt jedoch die Planabweichung, dass die Trennmauern zwischen verschiedenen Sondereigentumseinheiten oder von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum nicht mehr entsprechend dem Plan gebaut werden, so stellt sich die Frage, wo alsdann die rechtlich relevante Grenze verläuft. Hier muss man sich auf das allgemeine Grundstücksrecht besinnen: Genauso wenig, wie bei einem normalen Grundstückseigentum die Grenze durch Versetzung z.B. eines Zaunes oder einer Grenzmauer verändert werden kann, ist dies bei Wohnungseigentum möglich. Die rechtliche Grenze bleibt deshalb auch bei abweichender Bauausführung die Grenze des Aufteilungsplanes2. Eine Ausnahme besteht lediglich für den Fall, dass die Bauausführung so erheblich von dem Aufteilungsplan abweicht, dass das darin vorgesehene Sondereigentum in der Örtlichkeit nicht mehr festzustellen ist; dann entstehen sondereigentumslose Miteigentumsanteile, die alsdann durch eine Änderung der Teilungserklärung mit Sondereigentumsrechten versehen werden müssen. Der Erwerber/Eigentümer hat (unbeschadet eines vertraglichen Gewährleistungsanspruchs gegenüber dem Verkäufer/Bauträger) einen Anspruch gegen die anderen Wohnungseigentümer auf Herstellung eines plangerechten Sondereigentums. Das Verhältnis zwischen den Eigentümern, bei denen planabweichend gebaut wurde, kann u.U. nach den Grundsätzen des Überbaues (§§ 912 ff. BGB) geregelt werden.

4.25

M44 Bauausführung, Abweichung vom Aufteilungsplan

4.26

Formulierungsbeispiel: Die Vertragsteile vereinbaren, dass abweichend vom genehmigten Bauplan und vom Aufteilungsplan die Trennmauer zwischen den Wohnungen Nrn. 2 und 3 um 0,6 m nach Osten verschoben wird, wodurch sich die Einheit Nr. 2 – vertragsgegenständliche Einheit

1 BGH v. 9.2.2012 – V ZB 95/11, DNotZ 2012, 531; OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, NJW 2011, 3588; Schmidt-Räntsch, ZWE 2012, 445; Hügel/Elzer § 3 WEG Rz. 64, § 8 WEG Rz. 20. 2 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, BGHZ 208, 29 = MDR 2016, 147 = NJW 2016, 473 Rz. 25, 29; v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 = MDR 2008, 1266 = NJW 2008, 2982 Rz. 12; F. Schmitt, ZWE 2008, 424 li.; Rapp, MittBayNot 2016, 474, Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 429.

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Kap. 4 Rz. 4.31 Wohnungs- und Teileigentum – um ca. 3 qm vergrößert. Der Verkäufer ist verpflichtet, entsprechend geänderten behördlich bestätigten Aufteilungsplan beizubringen und die Aufteilungserklärung dementsprechend abzuändern. Die Änderung ist in einem vorläufigen Plan, der dieser Urkunde beigefügt ist und der den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt und von ihnen genehmigt wurde, rot eingezeichnet. Bei der Änderung der Teilungserklärung ist ferner der Miteigentumsanteil der Einheit Nr. 2 um 17/1000 zu vergrößern und derjenige der Einheit Nr. 3 um 17/ 153/ 1000 zu verkleinern. Vertragsgegenstand ist somit ein auf 1000 Miteigentumsanteil vergrößerter Miteigentumsanteil, der künftig verbunden ist mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Einheit, erweitert gemäß Plan, der dieser Urkunde beigefügt ist. Der Verkäufer verpflichtet sich, die für die Vormerkungseintragung zugunsten des Käufers erforderlichen Bewilligungen abzugeben, sobald der behördlich bestätigte geänderte Aufteilungsplan vorliegt. (Im Hinblick auf das Erfordernis der MaBV, dass die Käufervormerkung am Vertragsgegenstand eingetragen sein muss, ist die entsprechende Änderung im Grundbuch für die Vormerkungseintragung abzuwarten; im Anwendungsbereich der MaBV ist es danach unzulässig, eine Vormerkung bei der Wohnung Nr. 2 und bezüglich eines 17/1000 Anteils, verbunden mit dem Teil-Sondereigentum von ca. 3 qm bei der Wohnung Nr. 3 einzutragen.)

4.27–4.30

Einstweilen frei.

III. Die Gemeinschaftsordnung 4.31

Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 10 ff. WEG. Diese Vorschriften definieren also den gesetzlichen Inhalt des Wohnungseigentums. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG räumt den Wohnungseigentümern jedoch die Möglichkeit ein, von den Vorschriften des Gesetzes abweichende Vereinbarungen zu treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Diese abweichenden Vereinbarungen nennt man „Gemeinschaftsordnung“. Diese Vereinbarungen können nach § 5 Abs. 4 Satz 1, § 8 Abs. 2 Satz 1 WEG als „Inhalt des Sondereigentums“ in das Grundbuch eingetragen werden mit der Wirkung, dass gem. § 10 Abs. 3 WEG solche Vereinbarungen gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers wirken. Das Gesetz räumt damit den Eigentümern die Möglichkeit ein, das besonders enge Nachbarschaftsverhältnis der Sondereigentümer untereinander sachgerecht entsprechend den baulichen Gegebenheiten und der Gebäudenutzung zu regeln. Dabei haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet: 1. Geschosswohnungsbau, Betreutes Wohnen

4.32

Im Geschosswohnungsbau bestehen folgende potentiellen Konfliktfelder: Wohnungsmäßige Nutzung mit oder ohne Ausnahmen für nicht störende berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten; bauliche Veränderungen (Markise, Balkonverglasung, Pergolaabdeckung, Wintergarten, Gartenhäuschen, Wand- und Deckendurchbruch etc.); Lastentragung (Trennung zwischen Tiefgarage und Wohnungen); Liftkostenschlüssel; Nichtbeteiligung einzelner Eigentümer an Kosten, die für sie keinen Nutzen

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Rz. 4.35 Kap. 4

haben1; alleinige Verpflichtung zur Instandhaltung/Instandsetzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums die ausschließlich von einem Wohnungseigentümer alleine genutzt werden, z.B. Balkone, Wohnungseingangstüren2; Stimmrecht (Verhältnis Miteigentumsanteile, pro Eigentumswohnung eine Stimme, pro Wohnungseigentümer eine Stimme); Bestellung, Bestellungszeitpunkt und Bestellungsdauer für den Verwalter sowie seine Aufgaben und Befugnisse; Mehrhausanlage: getrennte Verwaltung pro Gebäude. Als eine neue Form des Wohnens hat sich in den letzten Jahren das „Betreute Wohnen“ herausgebildet3. Ziel ist es, älteren Menschen solange wie möglich die Führung eines selbständigen Haushaltes durch Zurverfügungstellung der hierfür notwendigen Mittel zu ermöglichen. Dabei soll eine möglichst homogene Bewohnerstruktur rechtlich gesichert werden. Dies geschieht dadurch, dass die Benutzung der Einheiten Personen ab einem bestimmten Alter oder einer bestimmten Betreuungsbedürftigkeit vorbehalten bleibt4.

4.33

M45 Betreutes Wohnen, Nutzungsbeschränkung

4.34

Formulierungsbeispiel: Die Wohnanlage dient dem seniorengerechten Wohnen mit der Zielsetzung, im Falle der Pflegebedürftigkeit eines Bewohners auf dessen Wunsch hin den Umzug in ein Pflegeheim nach Möglichkeit auszuschließen. Jedes Sondereigentum darf deshalb nur von Personen genutzt werden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben – bei mehreren nutzenden Personen muss mindestens eine das 60. Lebensjahr vollendet haben – oder die pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes sind. Nutzt ein Wohnungseigentümer seine Einheit nicht persönlich, ist er verpflichtet, diese einer Person zur Nutzung zu überlassen, die entweder 60 Jahre alt ist oder pflegebedürftig ist.

Die Kostentragungspflicht für das erweiterte Gemeinschaftseigentum ergibt sich aus § 16 WEG. Danach können beispielsweise die Kosten der Notrufeinrichtung in gleicher Weise umgelegt werden wie die Kosten sonstiger Gemeinschaftseinrichtungen ohne Rücksicht darauf, ob die Einrichtung durch den einzelnen Eigentümer tatsächlich benutzt wird. Jeder Wohnungseigentümer ist nämlich verpflichtet, die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (oder nach dem sonst vereinbarten Kostentragungsschlüssel) zu tragen,

1 BGH v. 28.6.1984 – VII ZB 15/83, BGHZ 92, 18 = MDR 1984, 928 = NJW 1984, 2576; OLG Schleswig v. 26.4.2006 – 2 W 234/05, ZMR 2006, 889 (890); Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 10. 2 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rz. 9; OLG München v. 30.1.2007 – 34 Wx 116/06, DNotZ 2007, 690. 3 Rapp, MittBayNot 2012, 432; Heinemann, MittBayNot 2002, 76; Forst, RNotZ 2003, 298. 4 BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, NJW 2007, 213; Hügel/Scheel3, Teil 6 Rz. 25 ff.

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4.35

Kap. 4 Rz. 4.36 Wohnungs- und Teileigentum

wobei die Nichtbenutzung einer Gemeinschaftseinrichtung durch einen Wohnungseigentümer nicht zu einer Kostenbefreiung führt1.

4.36

Vertragspartner für den Notrufservice ist die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Einrichtung dient der vereinbarten Nutzung der einzelnen Einheiten; ihre Vorhaltung im Gemeinschaftseigentum ist deshalb eine Verwaltungsmaßnahme. Werden Betreuungs- und Pflegeleistungen im gemeinschaftlichen Eigentum angeboten (z.B. Essen in einem Restaurant), kommt eine Zahlungspflicht nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme aufgrund Einzelvertrages in Betracht. Durch § 15 Abs. 1 WEG kann nämlich nur der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums geregelt werden, nicht jedoch eine Verbrauchs- und/oder Abnahmeverpflichtung statuiert werden. Insoweit wäre lediglich eine schuldrechtliche Abnahmeverpflichtung denkbar. Es kann auch festgelegt werden, dass nur bestimmte Personen/Unternehmen zur Erbringung von Betreuungs- und Pflegeleistungen zugelassen werden. Rechtstechnisch kann dies dadurch erfolgen, dass die Erbringung solcher Dienste gem. § 15 Abs. 1 WEG generell untersagt wird, es sei denn, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschlussfassung bestimmte Personen/Unternehmen zulässt. In Analogie zur Regelung bei Unterlassungsdienstbarkeiten muss auch hier das Verbot der übermäßig langen Bindung (mehr als zehn Jahre) berücksichtigt werden2.

4.37

M46 Betreutes Wohnen, Kostentragung Formulierungsbeispiel: Soweit unter Benutzung des Gemeinschaftseigentums Pflegeleistungen i.S.d. Pflegeversicherungsgesetzes erbracht werden sollen, ist dies nur nach einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zulässig. Diese können nur einen gemäß dem Pflegeversicherungsgesetz anerkannten Pflegedienst und zeitlich höchstens begrenzt auf zehn Jahre zulassen. Die Kosten der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen unterfallen nicht den Kosten gem. § 16 Abs. 2 WEG. Die Eigentümergemeinschaft stellt insoweit lediglich räumliche/technische Voraussetzungen zur Verfügung.

2. Gemischte Nutzung Wohnung/Gewerbe, Beruf

4.38

Verschiedene Nutzungen in einem Gebäude führen leicht zu Konflikten zwischen den Sondereigentümern. Die Wohnungseigentümer empfinden die Berufs-/Gewerbeausübung als Störung ihres Rechtes auf ungestörtes Wohnen, die Eigentümer der Teileigentumseinheiten empfinden Einschränkungen als Störung ihres Rechtes auf freie berufliche Entfaltung. Bei einem gemischt genutzten Gebäude sind deshalb folgende Regelungen zu empfehlen:

1 BGH v. 28.6.1984 – VII ZB 15/83, BGHZ 92, 18 = MDR 1984, 928 = NJW 1984, 2576; Staudinger/Kreuzer, § 16 WEG Rz. 18 ff.; Palandt/Wicke76, § 16 WEG Rz. 2; Hügel/Elzer § 16 WEG Rz. 10. 2 Palandt/Herrler76, § 1018 BGB Rz. 25; Staudinger/Weber, § 1018 BGB Rz. 119 f.

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Rz. 4.41 Kap. 4

– In welchen Einheiten dürfen berufliche/gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden?

4.39

– Welche Arten von Berufen oder gewerblichen Tätigkeiten dürfen ausgeübt werden? – Sind Konkurrenzschutzklauseln zulässig? – Wo und in welcher Größe dürfen Werbeanlagen angebracht werden? Als Grundsatz ist hier festzuhalten, dass die Ausweisung als „Teileigentum“ ohne weitere Festlegungen dazu führt, dass alle nach öffentlichem Recht zulässigen Nutzungen realisiert werden dürfen. Die Nutzungsangaben im Aufteilungsplan (z.B. Laden, Gastronomie) bezeichnet zivilrechtlich nur die Nutzungsart, die zunächst vorgesehen ist, enthält jedoch keine Festlegung über spätere Nutzungsmöglichkeiten oder Nutzungsänderungen1. Nutzungsbeschränkungen können deshalb nur durch Vereinbarung gem. § 15 Abs. 1 WEG getroffen werden. Nur soweit eine widerspruchsfreie Einschränkung vorliegt, entfällt bei einem Teileigentum die umfassende Nutzungsmöglichkeit2.

M47 Teileigentum, Nutzungsart

4.40

Formulierungsbeispiel: In den Teileigentumseinheiten ist jede gewerbliche/berufliche Nutzung, die nach öffentlichem Recht in der Einheit zulässig ist, gestattet. Die im Aufteilungsplan angegebene Nutzung ist nicht maßgeblich; maßgeblich ist nur diese Gemeinschaftsordnung. Alternative: In den Teileigentumseinheiten ist jede gewerbliche/berufliche Tätigkeit zulässig, jedoch nur zu den üblichen Geschäftszeiten, wie sie durch das Ladenschlussgesetz und örtliche Gepflogenheiten bestimmt sind. In Teileigentumseinheiten sind ausgeschlossen: – Anstößige Gewerbe oder Tätigkeiten, z.B. Sexshop oder Bordellbetrieb, – Gewerbe, die für die anderen Eigentümer mit unzumutbaren Lärm- oder Geruchsbelästigungen oder Erschütterungen verbunden sind.

Besonderes Augenmerk ist bei gemischt genutzten Gebäuden auf die Lastentragung zu legen: Soweit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, sollte eine getrennte Lastentragung für die Teileigentumseinheiten einerseits und die Wohnungseigen-

1 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, ZWE 2013, 20 Rz. 5; v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = ZWE 2010, 178. 2 BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZWE 2000, 130 = ZfIR 2000, 554; OLG München v. 25.4.2007 – 32 Wx 137/06, ZMR 2008, 71; OLG Düsseldorf v. 10.4.2000 – 3 Wx 425/99, ZWE 2000, 538 = ZfIR 2000, 557; Hügel/Elzer § 15 WEG Rz. 22.

Rapp

499

4.41

Kap. 4 Rz. 4.42 Wohnungs- und Teileigentum

tumseinheiten andererseits statuiert werden. Dabei sind die Lasten nach dem Verursacherprinzip zuzurechnen1.

4.42

Es ist auch zu diskutieren, ob einzelnen Eigentümern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, ihre Einheiten von Wohnungseigentum in Teileigentum oder umgekehrt umzuwandeln. Eine solche Umwandlung ist eine Änderung der Vereinbarung i.S.d. § 10 WEG und deshalb, wenn in der Gemeinschaftsordnung nicht ein einseitiges Umwandlungsrecht vorgesehen ist, nur einstimmig durch neue Vereinbarung möglich2. 3. Doppelhaushälften, Reihenhäuser in der Rechtsform des Wohnungseigentums

4.43

Doppelhaushälften/Reihenhäuser werden (gelegentlich) in der Rechtsform des Wohnungseigentums begründet. Grund hierfür ist, dass örtliche Bauvorschriften Mindestgrößen für Baugrundstücke vorschreiben, die unterschritten werden würden, wenn die geplanten Bauwerke jeweils auf einem rechtlich selbständigen Grundstück errichten werden würden. Veranlassung zur Begründung von Wohnungseigentum kann auch sein, dass durch die Bauplanung eine solche Gebäudeanordnung vorgegeben wird, bei der die Erschließung und die zweckentsprechende Nutzung der Einzelgrundstücke nur durch eine unübersehbare Vielzahl von Grunddienstbarkeiten gewährleistet werden könnte (Beispiel: Gebäudeanordnung in U-Form; Gemeinschaftsanlagen wie z.B. Kinderspielplatz innerhalb des „U“; Tiefgaragenanlage unter den Gebäuden und unter der Innenfläche des „U“). Hier ist die Interessenlage der Eigentümer der Doppelhaushälften/Reihenhäuser, was die Gestaltung der Gemeinschaftsordnung anbelangt, eine völlig andere als bei dem Geschosswohnungsbau. Diese Eigentümer wollen im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, als ob sie reales Grundstückseigentum, vermessen und ohne die Beschränkung des WEG erworben hätten. Es ist deshalb eine individualistische Gemeinschaftsordnung erforderlich.

4.44

Dies kann dadurch erreicht werden, dass für die überbaute Fläche sowie für den Vorgarten und Garten eines jeden Gebäudes ein umfassendes Sondernutzungsrecht eingeräumt wird, wobei die Sondernutzungsbereiche sogar amtlich vermessen werden könnten. Dieses ausschließliche Sondernutzungsrecht berechtigt zu jeder gärtnerischen und freizeitmäßigen Nutzung, ferner zur Errichtung weiterer Bauwerke (z.B. Wintergarten, Gartenhaus) ebenso zur Beseitigung von Gebäuden. Das Sondernutzungsrecht besteht ferner an den im zwingenden Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteilen. Die Unterhaltungs- und Betriebskosten sind gebäudeweise vollkommen zu trennen. Auch die zwingenden Teile des Gemeinschaftseigentums am Gebäude, an denen ein Sondernutzungsrecht besteht, unterliegen der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht durch den einschlägigen Sondereigentümer. Die Gemein1 Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht/H. Müller3, D.V. Anm. 12 ff.; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 50. 2 BayObLG v. 15.2.1989 – BReg 2 Z 129/88, DNotZ 1990, 42; KG v. 29.11.2010 – 1 W 325/10, MDR 2011, 414 = ZWE 2011, 84; OLG München v. 4.2.2014 – 34 Wx 434/13, ZWE 2014, 164.

500

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Rz. 4.45 Kap. 4

schaft hat diesbezüglich kein Verwaltungsrecht gem. § 21 Abs. 1 WEG und damit auch keine Beschlusskompetenz. Zwischen den Sondernutzungsbereichen gelten die allgemeinen Nachbarvorschriften entsprechend1. Möglicherweise sind jedoch über das allgemeine Nachbarrecht hinausgehende Bepflanzungsbeschränkungen zweckmäßig. Jeder Wohnungseigentümer sollte auch ermächtigt werden, nicht nur bezüglich seines Sondereigentums, sondern auch bezüglich seiner Sondernutzungsbereiche alle Rechte und Ansprüche geltend zu machen, die einem Alleineigentümer zustehen, auch im Prozesswege, und zwar in gewillkürter Prozessstandschaft. Er hat auch insoweit den anderen Eigentümer vollumfänglich freizustellen.

M48 Doppelhaushälften bzw. Reihenhäuser, Gemeinschaftsordnung Formulierungsbeispiel: 1. Bezüglich der Gebäude steht jedem Wohnungseigentümer das ausschließliche Sondernutzungsrecht an denjenigen Teilen des zwingenden Gemeinschaftseigentums zu, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden, bezüglich der gemeinsamen Trennmauer bis zur Mitte derselben. 2. Bezüglich der unbebauten Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks werden mit Ausnahme gemeinschaftlich genutzter Zugänge und Zufahrten Sondernutzungsrechte in der Weise begründet, dass die Nutzung dieser Flächen ausschließlich dem Eigentümer eines Wohnungseigentums zur beliebigen Benutzung im Rahmen des allgemeinen Nachbarrechtes zusteht: … 3. Soweit das öffentliche Baurecht nicht entgegensteht, können die Sondernutzungsbereiche auch für eine weitere Bebauung genutzt werden. Ein für das Gesamtgrundstück vorhandenes weiteres Baurecht darf dabei von jedem Eigentümer nur entsprechend der Größe seines Sondernutzungsbereiches ausgenutzt werden. 4. Soweit Sondernutzungsrechte bestehen, hat der berechtigte Eigentümer insoweit gegenüber Dritten alle Rechte und Verpflichtungen, wie sie einem Alleineigentümer zustehen. Er ist ermächtigt, diese Rechte und Verpflichtungen im eigenen Namen geltend zu machen, auch im Prozesswege. 5. Auf gemeinsame Kosten ist eine Versicherung gegen Eigentümerhaftpflicht in ausreichender Höhe zu nehmen und zu unterhalten. 6. Jeder Eigentümer darf Teile des Gebäudes, in dem sich sein Sondereigentum befindet, beliebig verändern, soweit dadurch nicht die Sicherheit und der Bestand des Gebäudes gefährdet werden. 7. Jeder Eigentümer ist verpflichtet, die Räume und Anlagen seines Sondereigentums einschließlich aller Teile des Gebäudes, in dem sich die Räume seines Sondereigentums befinden, auch soweit sie gemeinschaftliches Eigentum sind, und die seiner Sondernutzung unterliegenden Teile des Grundstücks einschließlich der Einfriedung 1 BGH v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, NJW 2007, 3636; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 55.

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4.45

Kap. 4 Rz. 4.46 Wohnungs- und Teileigentum auf der Grundstücksgrenze auf seine Kosten in ordnungsgemäßem Zustand zu unterhalten, instandzusetzen und zu erneuern. 8. Soweit nach dem öffentlichen Abgabenrecht öffentliche Abgaben zwingend nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile veranlagt werden, sind die Eigentümer untereinander verpflichtet, sich in der Weise auszugleichen, dass auf jedes Wohnungseigentum der Betrag entfällt, der entfallen würde, wenn der jeweils zugewiesene Sondernutzungsbereich einschließlich der Gebäulichkeiten, die sich auf diesem befinden, Alleineigentum des entsprechenden Wohnungseigentümers wäre.

4. Begründung von Sondernutzungsrechten

4.46

Ein Sondernutzungsrecht ist die Befugnis eines einzelnen Eigentümers1 oder einer Gruppe von Eigentümern, Teile des Gemeinschaftseigentums unter Ausschluss aller anderen Eigentümer oder einer anderen Gruppe von Eigentümern zu nutzen2. Es kann nur durch Vereinbarung oder bei Begründung von Wohnungseigentum durch den teilenden Eigentümer bei Beachtung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes, nicht aber durch Beschluss der Wohnungseigentümer (Ausnahme Öffnungsklausel, s. Rz. 4.55) begründet werden3. Die geläufigsten Sondernutzungsrechte bestehen bezüglich oberirdischer Pkw-Abstellplätze, bezüglich Gartenflächen, als Ersatzlösung für Sondereigentum (z.B. Doppelhaushälfte, Balkone), oder auch für Hinweis- und Werbeschilder. Die Begründung von Sondernutzungsrechten muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Erforderlich ist deshalb ein Lageplan, der jedoch nicht zwingend Teil des Aufteilungsplanes sein muss4. Die Abgrenzung zwischen einem Sondernutzungsrecht und einer Benutzungsregelung nach § 15 Abs. 3 WEG besteht darin, dass bei letzterer alle Wohnungseigentümer – wenn auch mit Modalitäten – die Möglichkeit haben, den fraglichen Teil des Gemeinschaftseigentums zu benutzen. Kein Wohnungseigentümer darf bei einer Benutzungsregelung vollständig von der Nutzung des fraglichen Teils des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen werden.

4.47

Bei einer Duplex-Garage ist der einzelne Stellplatz nach h.M. nicht sondereigentumsfähig, sondern nur die Duplex-Garage insgesamt5. Wird eine solche Einheit

1 Oder auch nur eines Miteigentümers nach Bruchteilen an einer Einheit, BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = ZfIR 2012, 752 = DNotZ 2012, 769. 2 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = NJW 2012, 676 = ZfIR 2012, 182 Rz. 10; KG v. 29.12.2006 – 12 U 117/06, ZMR 2007, 449; BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MDR 2016, 1324 Rz. 11; Schmidt-Räntsch ZWE 2016, 431. 3 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, ZMR 2017, 319 Rz. 30 ff.; v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = NJW 2014, 1879 = ZfIR 2014, 441 Rz. 16; v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (162) = MDR 2000, 1367 = ZfIR 2000, 877; OLG München v. 27.3.2017– 3 Y Wx 114/14, ZWE 2017, 211; Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 432. 4 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = NJW 2012, 676 = ZfIR 2012, 182 Rz. 13; OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, 3 Wx 54/10, ZWE 2010, 368. 5 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, ZWE 2012, 81; LG München I v. 5.11.2012 – 1 S 1504/12 WEG, ZWE 2013, 166.

502

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Rz. 4.50 Kap. 4

durch zwei verschiedene Käufer erworben, ist das Benutzungsrecht durch eine Miteigentümervereinbarung gem. § 1010 BGB zu regeln.

M49 Duplex-Parker, Benutzungsregelung

4.48

Formulierungsbeispiel: Die Firma Schönes Bauen GmbH mit dem Sitz in A verkauft mit allen Rechten, Pflichten, Bestandteilen und Zubehör von dem in Abschnitt I.1. näher bezeichneten Teileigentum einen Miteigentumsanteil zur Hälfte an … Hinsichtlich des Teileigentums (Duplex-Stellplatz) wird hiermit das Recht ausgeschlossen, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Die Benutzung wird dahingehend geregelt, dass der Käufer ausschließlich den unten/oben liegenden Stellplatz benutzen darf. Diese Vereinbarungen werden als Belastung eines jeden Miteigentumsanteils zugunsten des jeweiligen Inhabers des anderen Miteigentumsanteils zur Eintragung in das Grundbuch bewilligt und beantragt.

In der Praxis haben sich drei verschiedene Wege zur Zuweisung der Sondernutzungsrechte herausgebildet: a) Begründung von Sondernutzungsrechten durch Ausschluss aller und Zulassung Einzelner (Stellplätze) Dabei werden in der Gemeinschaftsordnung zunächst alle Wohnungseigentümer von der Benutzung der Stellplätze ausgeschlossen. Dem derzeitigen Eigentümer wird die Befugnis eingeräumt, einzelnen Wohnungseigentümern das Sondernutzungsrecht zuzuweisen. Es entsteht alsdann mit entsprechender Eintragung im Grundbuch, wobei die Zuweisungsbefugnis erlischt, wenn der Bauträger nicht mehr Eigentümer zumindest einer Einheit ist1.

4.49

M50 Sondernutzungsrechte, Zuweisung I

4.50

Formulierungsbeispiel: Solange der derzeitige Eigentümer aller Einheiten, die Firma XY, Eigentümer noch mindestens einer Einheit in der Anlage ist, sind alle anderen Eigentümer von der Nutzung der im Sondernutzungsplan mit den Nummern ST 1 bis ST 14 eingezeichneten oberirdischen Kfz-Stellplätze ausgeschlossen. Der derzeitige Eigentümer ist berechtigt, Erwerbern von Einheiten das Sondernutzungsrecht an einzelnen Kfz-Stellplätzen zuzuweisen und dies zur Eintragung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Aufschiebend bedingt durch den Eingang eines entsprechenden Eintragungsantrages beim Grund-

1 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = NJW 2012, 676 = ZfIR 2012, 182 Rz. 16; OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, MittBayNot 1998, 443; OLG Schleswig v. 26.9.2016 –2 Wx 56/16, ZWE 2017, 213.

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Kap. 4 Rz. 4.51 Wohnungs- und Teileigentum buchamt entsteht dadurch das Sondernutzungsrecht zugunsten des jeweiligen Wohnungseigentümers.

b) Anbindung der Sondernutzungsrechte bei einer Einheit

4.51

Die Sondernutzungsrechte werden sofort gebildet und sämtliche mit einer Einheit verbunden1. Wird ein Sondernutzungsrecht zusammen mit einer Wohnung verkauft, so wird mit Vollzug der Auflassung das Sondernutzungsrecht von der bisherigen Einheit abgetrennt und mit der neuen Einheit verbunden.

4.52

M51 Sondernutzungsrechte, Zuweisung II Formulierungsbeispiel: Dem Eigentümer des im Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichneten Tiefgaragenstellplatzes steht das alleinige Sondernutzungsrecht an den im Sondernutzungsplan mit den Nummern St 1 bis St 4 bezeichneten oberirdischen Kfz-Abstellplätzen zu. Der Eigentümer dieser Teileigentumseinheit ist berechtigt, einzelne Sondernutzungsrechte von der Einheit abzutrennen und sie mit anderen Einheiten aus derselben Wohnanlage zu verbinden. Die Zustimmung anderer Wohnungseigentümer/Teileigentümer ist hierzu nicht erforderlich.

c) Ausschluss unter der Bedingung der Zuweisung eines Sondernutzungsrechtes

4.53

Die dritte Möglichkeit zur Begründung eines Sondernutzungsrechtes geht zunächst davon aus, dass das gemeinschaftliche Eigentum gem. § 13 Abs. 2 WEG allen Eigentümern zum Mitgebrauch offensteht. Die künftigen Erwerber können jedoch unter der aufschiebenden Bedingung der Zuweisung eines Sondernutzungsrechtes von der Mitbenutzung bestimmter Teile des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen werden2.

4.54

M52 Sondernutzungsrechte, Zuweisung III Formulierungsbeispiel: Die Wohnungseigentümer sind von der Nutzung der im Aufteilungsplan mit ST 1 bis ST 20 bezeichneten Pkw-Abstellplätze unter der aufschiebenden Bedingung ausgeschlossen, dass an diesen Abstellplätzen einzelnen Wohnungseigentümern ein Sondernutzungsrecht zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen wird. Die Zuweisung kann nur durch den derzeitigen Eigentümer aller Einheiten, also die Firma XYZ, erfolgen. Sie er1 KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, ZMR 2007, 384 (387); Hügel/Elzer, § 13 WEG Rz. 62; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 62. 2 OLG Stuttgart v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, ZWE 2012, 487; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, ZMR 2007, 387.

504

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.57 Kap. 4

fordert eine Erklärung in grundbuchtauglicher Form gegenüber dem Grundbuchamt. Das Zuweisungsrecht erlischt, wenn der derzeitige Eigentümer nicht mehr Eigentümer mindestens einer Einheit der Anlage ist.

d) Begründung eines Sondernutzungsrechtes aufgrund Öffnungsklausel Eine weit gefasste Öffnungsklausel in einer Gemeinschaftsordnung kann eine Eigentümermehrheit auch dazu ermächtigen, durch Beschluss ein Sondernutzungsrecht zu begründen1. Dieses Sondernutzungsrecht kann jedoch nicht im Grundbuch eingetragen werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 WEG). Ein gutgläubiger Erwerb eines solchen Sondernutzungsrechtes ist mangels Grundbucheintragung ausgeschlossen. Umstritten ist, ob es hierfür der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG analog bedarf2.

4.55

5. Veräußerungsbeschränkung und ihre Aufhebung Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer oder eines Dritten, insbesondere des Verwalters, bedarf. Bei der Beratung des Notars mit den Beteiligten, ob eine solche Veräußerungsbeschränkung eingeführt werden soll oder nicht, ist auf den Gesetzeszweck der Vorschrift abzustellen. Es soll verhindert werden, dass entweder wirtschaftlich nicht leistungsfähige oder in persönlicher Beziehung störende Personen in die Eigentümergemeinschaft gelangen. Die diesbezüglichen Erkenntnismöglichkeiten des Verwalters, vor allem wenn dieser nicht ortsansässig ist, sind jedoch eingeschränkt. Der Erwerber von Wohnungseigentum hat weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Verpflichtung gegenüber dem Verwalter Auskunft zu erteilen. Entschließt man sich dennoch zur Einführung der Verwalterzustimmung, so sollte gleichzeitig über Ausnahmen gesprochen werden. Solche sind sinnvoll, um die Beleihbarkeit nicht zu erschweren. Zustimmungsfrei sollte deshalb veräußert werden können vom Insolvenzverwalter oder von einem Grundpfandrechtsgläubiger, der eine Einheit erstanden hat. Zu prüfen ist auch, ob an Ehegatten oder Verwandte oder an einen anderen Wohnungseigentümer zustimmungsfrei veräußert werden kann.

4.56

Nach § 12 Abs. 4 WEG kann durch eine nicht einschränkbare Regelung durch Beschluss der Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit3 die Veräußerungsbeschränkung wieder aufgehoben werden. Diese Wirkung tritt nach § 12 Abs. 4

4.57

1 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 139; Hügel/Elzer, § 10 WEG Rz. 149; Gaier, ZWE 2005, 40; a.A. OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373. 2 Abramenko, ZMR 2007, 336; Briesemeister, ZWE 2007, 422; Beck’sches Notarhandbuch/ Rapp6, A III Rz. 62b. 3 Dabei ist das für die Gemeinschaft maßgebliche Stimmrechtsprinzip anzuwenden: Hügel/ Elzer, § 12 WEG Rz. 80; Schneider in Harz/Riecke/Schmid5, § 12 WEG Rz. 68c; Bärmann/ Suilmann13, § 12 WEG Rz. 52; Jennißen/Grziwotz5, § 12 WEG Rz. 43; Rapp DNotZ 2009, 347; a.A. Merle ZWE 2009, 18; Häublein ZMR 2007, 410.

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Kap. 4 Rz. 4.58 Wohnungs- und Teileigentum

Satz 1 WEG mit entsprechender Beschlussfassung ein; die Löschung im Grundbuch ist danach rein deklaratorischer Natur1. Gleichwohl wird in der Praxis die Löschung im Grundbuch bei einer Weiterveräußerung als erforderlich angesehen. Solange die Veräußerungsbeschränkung eingetragen ist, ist sie vom Grundbuchamt von Amtswegen zu beachten. Auch für die Fälligstellung von Kaufpreisen ist bei eingetragener Veräußerungsbeschränkung die Löschung im Grundbuch Voraussetzung. 6. Nutzen und Lasten, Verteilungsschlüssel

4.58

Die Verbrauchskosten sowie die sonstigen Kosten und Lasten im Bereich des Gemeinschaftseigentums werden, falls nicht eine anderweitige Regelung besteht, gem. § 16 Abs. 2 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt. Ökologisch und gerecht ist es jedoch, Verbrauchskosten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, nach dem Verbrauch zu ermitteln und abzurechnen. Für die Heizkosten ist dies gesetzlich vorgeschrieben (HeizkostenVO). Bei Mehrhausanlagen ist getrennte Kostenermittlung pro Gebäude sinnvoll.

4.59

M53 Mehrhausanlage, Haftungsregelung Formulierungsbeispiel: Entscheidet eine Untergemeinschaft (wirtschaftliche Einheit bezüglich eines Gebäudes) über die Durchführung einer Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme bzw. eine sonstige bauliche Veränderung, darf der Verwalter den entsprechenden Vertrag mit dem hierzu beauftragten Unternehmen erst dann abschließen, wenn die betreffende Untereigentümergemeinschaft über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. (Formulierung nach Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 33). Alternative: Der Verwalter darf Rechtsgeschäfte, die nur die Eigentümer in einer wirtschaftlichen Einheit betreffen, nur namens der Wohnungseigentümer dieser wirtschaftlichen Einheit abschließen. Diese Wohnungseigentümer sind verpflichtet, dem Verwalter hierzu ausdrückliche Vollmacht zu erteilen. Die Verpflichtung trifft auch diejenigen Wohnungseigentümer, die an der entsprechenden Versammlung nicht teilgenommen haben oder dem Beschluss widersprochen haben. Die betreffenden Wohnungseigentümer sind verpflichtet, die Vollmacht schriftlich dem Verwalter zu erteilen.

4.60

Derselbe Verteilungsschlüssel wie bei den Kosten und Lasten sollte auch bei der Instandhaltungsrückstellung (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) angewendet werden. Für Mehrhausanlagen empfiehlt sich konsequenterweise für jedes Gebäude eine separate Rückstellung. Die Vergütung des Verwalters sollte abweichend von der gesetzlichen Regelung mit einem Pauschalsatz pro Wohnung festgelegt werden2. Die Höhe der Verwalterver1 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 4 WEG Rz. 15, 19; Hügel/Elzer, § 12 WEG Rz. 82; Häublein, ZMR 2007, 414. 2 Vgl. Bärmann/Becker13, § 16 WEG Rz. 93; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 148; zu Sondervergütungen des Verwalters s. Bärmann/Merle/Becker13, § 26 WEG Rz. 164.

506

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Rz. 4.64 Kap. 4

gütung wird jedoch in dem zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter abzuschließenden Verwaltervertrag geregelt. 7. Vorrecht für Hausgeldbeträge in der Zwangsversteigerung Seit dem 1.7.2007 besteht gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums ein gesetzliches Vorrecht der Hausgeldansprüche gegenüber den Grundpfandrechtsgläubigern. Das Vorrecht bezieht sich auf 5 % des Verkehrswertes des Wohnungseigentums und auf das fällig werden der Hausgeldansprüche im Jahr des Verkaufs oder in den beiden davor liegenden Jahren.

4.61

8. Eigentümerversammlung Gesetzliche Grundlagen sind die §§ 23 bis 25 WEG. In den meisten Fällen ist regelungsbedürftig die Frage des Stimmrechts (Rz. 4.63), die Frage der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses (Rz. 4.64) und die Möglichkeit der Vertretung des Eigentümers in der Versammlung bzw. Einschränkung der Vertretungsmöglichkeit (Rz. 4.65) sowie die Fertigung der Versammlungsniederschrift gem. § 24 Abs. 6 WEG.

4.62

a) Regelung des Stimmrechts Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme, und zwar unabhängig davon, ob er eine oder mehrere Wohnungen hat und auch unabhängig von der Größe seiner Wohnung. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitbestimmungsrechte des Eigentümers mit seiner Verpflichtung zur Lastentragung kongruent sein sollten, empfiehlt es sich, das Stimmrecht dem Lastentragungsschlüssel anzupassen. Denkbar ist auch das sog. Objektprinzip, das bedeutet pro Wohnung eine Stimme. Ist ein Wohnungseigentum mit einem Nießbrauch belastet, steht das Stimmrecht gleichwohl dem Eigentümer allein zu, da der Nießbraucher nicht Wohnungseigentümer ist1.

4.63

b) Feststellung der Mehrheit Die Eigentümerversammlung beschließt, soweit nicht in der Gemeinschaftsordnung etwas anderes vorgesehen ist, mit der einfachen Mehrheit der in der Versammlung vertretenen Stimmen. Stimmenthaltungen sind nicht mitzuzählen2. Zulässig ist ein durch die Gemeinschaftsordnung eingeräumtes Vetorecht eines Wohnungseigentümers3.

1 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 = ZfIR 2002, 384; BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 53/98, DNotZ 1999, 585; Bärmann/Merle13, § 25 WEG Rz. 16 ff. 2 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, DNotZ 1990, 31. 3 BayObLG v. 2.4.1997 – 2Z BR 36/97, DNotZ 1997, 970 = ZfIR 1997, 361.

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4.64

Kap. 4 Rz. 4.65 Wohnungs- und Teileigentum

c) Abstimmungsberechtigung

4.65

Abstimmungsberechtigt ist der im Grundbuch legitimierte Wohnungseigentümer, auch wenn er erst ein durch Vormerkung gesicherter „werdender Wohnungseigentümer“ ist1. Er kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen; dieses Recht kann jedoch auf einen bestimmten Kreis von Bevollmächtigten eingeschränkt werden2. Bei Mehrhausanlagen besteht kraft Gesetzes das Stimmrecht aller Eigentümer, auch wenn nur die Eigentümer eines bestimmten Gebäudes betroffen sind. Es empfiehlt sich deshalb, die Abstimmungsberechtigung für Maßnahmen, die nur die Eigentümer eines Gebäudes betreffen, auf diese Eigentümer zu begrenzen3. d) Beschluss-Sammlung

4.66

Sie ist seit dem 1.7.2007 für jede Wohnungseigentümergemeinschaft zwingend vorgeschrieben. Die Eintragungen in ihr haben jedoch im Gegensatz zum Grundbuch keinen öffentlichen Glauben. Es ist jederzeit und mit allen zulässigen Beweismitteln möglich nachzuweisen, dass eine Eintragung fehlt oder inhaltlich unrichtig ist. Auch richtige Eintragungen besagen nichts darüber, ob ein Beschluss angefochten ist oder nichtig ist4. 9. Kompetenzen des Verwalters

4.67

Die Zuständigkeiten des Verwalters sind in § 27 WEG festgelegt und seit 1.7.2007 neu definiert. § 27 Abs. 1 WEG betrifft dabei das Innenverhältnis des Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. § 27 Abs. 2 WEG betrifft die Vertretung der Wohnungseigentümer nach außen, und zwar die einzelnen Eigentümer in Bezug auf ihr sachenrechtliches Bruchteilseigentum. § 27 Abs. 3 WEG betrifft die Vertretung der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach außen. Die Position des Verwalters ist dabei z.B. nicht mit dem Geschäftsführer einer GmbH vergleichbar; er ist nur dann zur Vertretung der rechtsfähigen Gemeinschaft berechtigt, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder durch Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt wurde (§ 27 Abs. 3 Satz 7 WEG). Allerdings kann die Gemeinschaftsordnung das Vertretungsrecht erweitern. Dies ist insbesondere bei größeren Gemeinschaften sinnvoll um die Handlungsfähigkeit derselben zu gewährleisten.

1 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 = DB 1989, 524; v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = NJW 2012, 2650 = ZfIR 2012, 603 Rz. 5. 2 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (240) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329. 3 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 231/11, ZMR 2012, 979 (980); OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = ZMR 2007, 392; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 47; Häublein, ZWE 2010, 149. 4 Vgl. hierzu Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 WEG Rz. 24; Häublein, ZMR 2007, 415.

508

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.92 Kap. 4

M54 Verwalter, Kompetenzen

4.68

Formulierungsbeispiel: Der Verwalter ist ermächtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, soweit es sich um einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn die Finanzierung der Geschäfte aus den laufenden Einnahmen der Gemeinschaft entsprechend dem Wirtschaftsplan gewährleistet ist. Er ist darüber hinaus berechtigt, Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen unter Entnahme von Mitteln aus der Rücklage in Auftrag zu geben, soweit die vertragliche geschuldete Leistung Euro … im Einzelfalle nicht übersteigt. Im Übrigen ist die Versammlung der Wohnungseigentümer berechtigt, durch Beschluss mit Stimmenmehrheit weitere Ermächtigungen des Verwalters einzuführen.

4.69–4.90

Einstweilen frei.

IV. Interne und externe Veränderungen am Wohnungseigentum 1. Unterteilung, Vereinigung Ein Wohnungseigentum kann real geteilt werden, wozu die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist1. Dadurch können z.B. aus einer Vierzimmerwohnung zwei Zweizimmerwohnungen entstehen. Hierfür ist ein geänderter Aufteilungsplan samt Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich. Ergibt sich in diesem Zusammenhang eine Änderung der Grenze zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum so ist der Eigentumswechsel durch eine entsprechende Auflassung und Grundbucheintragung zu vollziehen, wobei alle Wohnungseigentümer bei der Auflassung gem. § 4 WEG beteiligt sein müssen2.

4.91

Bei der Unterteilung müssen auch alle bisher im Sondereigentum stehenden Räume weiterhin mit einem Miteigentumsanteil verbunden sein. Wird beispielsweise bei der Unterteilung die Zuweisung eines bisher im Sondereigentum stehenden Kellerraumes an eine der unterteilten Wohnungen vergessen, so ist die Unterteilung nichtig3.

4.92

1 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250 = WM 1968, 284; v. 24.11.1978 – V ZB 2/78, BGHZ 73, 150 = DB 1979, 494 = DNotZ 1979, 493 = ZMR 1979, 312 = NJW 1979, 870 = MDR 1979, 389; v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, BGHZ 160, 354 (366 f.); v. 27.4.2012 – V ZR 211/11, NJW 2012, 2434 Rz. 8. 2 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 (168 f.) = NJW 2004, 3413 = MDR 2004, 1403 = ZfIR 2004, 946; Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 430. 3 BayObLG v. 10.11.1987 – BReg 2 Z 75/86, BayObLGZ 1987, 394 f. = DNotZ 1988, 316; v. 19.3.1998 – 2Z BR 113/97, BayObLGZ 1998, 70 = ZMR 1999, 46; zur Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs (umstr.) in diesem Falle s. Hügel/Elzer, § 8 WEG Rz. 57; Bärmann/ Armbrüster13, § 2 WEG Rz. 99 ff.; Staudinger/Rapp, § 6 WEG Rz. 4b.

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Kap. 4 Rz. 4.93 Wohnungs- und Teileigentum

4.93

Die Unterteilung von Wohnungseigentum kann auch Einfluss auf das Stimmrecht haben. Verringert sich durch die Unterteilung das Stimmgewicht einzelner Wohnungseigentümer, so ist deren Zustimmung erforderlich. Es kommt deshalb darauf an, welche Stimmrechtsreglung in der Gemeinschaft gilt: – Besteht das Stimmrecht nach der gesetzlichen Regelung gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG, so ändert die Unterteilung zunächst nichts an der Anzahl der Stimmen. Bei einer Veräußerung einer Einheit wird angenommen, dass die Eigentümer der aus der Unterteilung hervorgegangenen Einheiten ihr Stimmrecht nur nach Bruchteilen und nicht analog § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG zur gesamten Hand ausüben können1. Das Stimmgewicht der anderen Wohnungseigentümer wird also durch die Unterteilung nicht geschmälert, so dass deren Zustimmung nicht erforderlich ist. – Ist das Stimmrecht nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile oder nach dem Verhältnis der Wohnflächen zueinander geordnet, dann ergibt sich durch die Unterteilung ebenfalls keine Verringerung für das Stimmgewicht der anderen Wohnungseigentümer2. Die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer ist deshalb nicht erforderlich. – Besteht dagegen pro Eigentumswohnung eine Stimme (was zulässig ist3) so führt die Vermehrung der Zahl der Wohnungen durch Unterteilung zu einer Verringerung des Stimmgewichtes der anderen Wohnungseigentümer, falls man jeder neuen Einheit eine Stimme zubilligt. Das Stimmgewicht teilt sich bei Unterteilung entsprechend der Anzahl der neuen Einheiten gleichmäßig auf4. Eine Zustimmung zur Unterteilung durch die anderen Wohnungseigentümer ist also auch hier nicht erforderlich.

4.94

In der Gemeinschaftsordnung kann das Stimmrecht bei Unterteilung geregelt werden, also z.B. bei Geltung des Objektprinzips auch nach Unterteilung pro Wohnung eine Stimme.

4.95

M55 Unterteilung von Wohnungseigentum Formulierungsbeispiel: Im Wohnungsgrundbuch von … Band … Blatt … ist vorgetragen 153/1000 Miteigentumsanteil am Grundstück der Gemarkung X FlNr. 100, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 4 bezeichneten Wohnung, dem mit Nr. 4 bezeichneten Kellerraum sowie ferner verbunden mit dem im Aufteilungsplan mit Nr. 4 1 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 211/11, NJW 2012, 2434 = MDR 2012, 959 = ZMR 2012, 639 Rz. 8. 2 OLG Frankfurt v. 5.12.2011 – 20 W 70/11, ZWE 2012, 272; Hügel/Elzer, § 8 WEG Rz. 55. 3 BGH v. 28.10.2011 – V ZR 253/10, BGHZ 191, 245 = MDR 2012, 209 = NJW 2012, 921 = ZMR 2012, 282 Rz. 8 ff. 4 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, BGHZ 160, 354 (367) = MDR 2004, 1403 = NJW 2004, 3413 = ZMR 2004, 834; v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 = DNotZ 1989, 422 (424).

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.97 Kap. 4

bezeichneten Tiefgaragenabstellplatz. Gemäß im Grundbuch eingetragener Gemeinschaftsordnung steht dem Eigentümer der Einheit Nr. 4 ferner das ausschließliche Sondernutzungsrecht an dem im Sondernutzungsplan mit Nr. ST 12 bezeichneten oberirdischen Pkw-Abstellplatz zu. Der Wohnungseigentümer nimmt Bezug auf den vorliegenden, behördlich bestätigten geänderten Aufteilungsplan samt Abgeschlossenheitsbescheinigung, ausgestellt vom Landratsamt X am 7.9.2017. Danach wird das Sondereigentum der Wohnung Nr. 4 ohne Veränderung des räumlichen Umfangs desselben unterteilt in die Einheiten Nr. 4 (neu) und Nr. 4a. Der Wohnungseigentümer unterteilt die bisherige Einheit Nr. 4 durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt in entsprechender Anwendung des § 8 WEG wie folgt: – Mit einem Miteigentumsanteil von 75/1000 am Grundstück FlNr. 100 wird verbunden das Sondereigentum an der im geänderten Aufteilungsplan vom 7.9.2017 mit Nr. 4 (neu) bezeichneten Wohnung samt Kellerraum Nr. 4 gemäß dem bisherigen Aufteilungsplan und – mit einem Miteigentumsanteil von 78/1000 am Grundstück FlNr. 100 wird verbunden das Sondereigentum an der im geänderten Aufteilungsplan vom 7.9.2017 mit Nr. 4a bezeichneten Wohnung samt Tiefgaragenabstellplatz Nr. 4 gemäß dem bisherigen Aufteilungsplan. Bezüglich des Sondernutzungsrechtes am oberirdischen Pkw-Stellplatz Nr. ST 12 wird festgelegt, dass im Verhältnis der beiden Einheiten zueinander ausschließlich der Eigentümer der Einheit Nr. 4 (neu) zur Ausübung desselben berechtigt ist. Dies wird zur Eintragung in das Grundbuch bewilligt und beantragt.

Wohnungseigentumseinheiten können auch gem. § 890 Abs. 1 BGB vereinigt werden. Die Miteigentumsanteile werden dabei addiert, wodurch ein einheitlicher, vereinigter Miteigentumsanteil entsteht, der mit dem Sondereigentum an zwei (oder mehr) Wohnungen verbunden ist. Dies ist zulässig1. Die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer hierzu ist nicht erforderlich2. Bei verschiedenartigen Belastungen der zu vereinigenden Einheiten ist im Hinblick auf § 5 GBO eine Rangregulierung erforderlich.

4.96

Vereinigungen von Wohnungseigentum sind häufig dadurch veranlasst, dass ein Wohnungseigentümer eine benachbarte Wohnung hinzuerwirbt und diese durch einen entsprechenden Wand- oder Deckendurchbruch faktisch mit seiner bisherigen Wohnung vereinigt. Hier ist zu prüfen, ob der Wanddurchbruch nur Sondereigentum betrifft oder auch Gemeinschaftseigentum. Beim Deckendurchbruch ist stets von Gemeinschaftseigentum auszugehen. Bei Gemeinschaftseigentum ist § 22 WEG (bauliche Veränderung) zu beachten.

4.97

1 BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1672 = DB 1983, 1093 = DNotZ 1983, 487. 2 BayObLG v. 24.11.1998 – 2Z BR 152/98, DNotZ 1999, 674 = ZMR 1999, 266.

Rapp

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Kap. 4 Rz. 4.98 Wohnungs- und Teileigentum

4.98

In allen Fällen dieser faktischen Vereinigung durch Schaffung eines Mauer- oder Deckendurchbruchs wird die Abgeschlossenheit der Wohnungen aufgehoben. Dies alleine ist jedoch von dem anderen Wohnungseigentümer gem. § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmen1. Zu prüfen ist jedoch, ob die baulichen Maßnahmen eine Gefahr für die Statik, die Brandsicherheit oder die Schalldämmung des Gebäudes bewirkt. Ist dies zu bejahen, so ist die Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer erforderlich. 2. Veräußerung einzelner Räume

4.99

4.100

Sondereigentumsfähige Räume können unter verschiedenen Eigentümern veräußert werden. Für die Veräußerung ist notarielle Beurkundung und Auflassung erforderlich (§§ 4 Abs. 3, 2 WEG, § 311 BGB).

M56 Sondereigentumsfähige Räume, Tausch Formulierungsbeispiel: Herr A ist Alleineigentümer des im Grundbuch von … Band … Blatt … vorgetragenen Wohnungseigentums Nr. 17 am Grundstück FlNr. 100 der Gemarkung X, zu dem ausweislich des grundbuchamtlichen Bestandsverzeichnisses und des Aufteilungsplanes auch der Kellerraum Nr. 17 gehört. Das Wohnungseigentum ist lediglich in Abteilung III des Grundbuchs belastet mit einer Grundschuld ohne Brief zu 100.000 a für die Sparkasse S. Die Eheleute B sind Miteigentümer zu gleichen Anteilen des im Grundbuch von … Band … Blatt … vorgetragenen Wohnungseigentums Nr. 21 am Grundstück FlNr. 100 der Gemarkung X, zu dem ausweislich des grundbuchamtlichen Bestandsverzeichnisses und des Aufteilungsplanes auch der Kellerraum Nr. 21 gehört. Dieses Wohnungseigentum ist lediglich belastet mit einem Nießbrauch für Frau Katharina M. Es vertauschen jeweils mit allen Rechten, Pflichten, Bestandteilen und Zubehör: 1. Herr A das Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 17 bezeichneten Kellerraum an die Eheleute B zum Miteigentum zu gleichen Anteilen und 2. die Eheleute B den im Aufteilungsplan mit Nr. 21 bezeichneten Kellerraum an Herrn A zum Alleineigentum. Die Kellerräume Nr. 17 und Nr. 21 werden jeweils von dem Miteigentumsanteil, zu dem sie bisher gehören, abgetrennt und neu verbunden mit dem Miteigentumsanteil des jeweiligen Erwerbers. Das erworbene Sondereigentum wird dem Wohnungseigentum des jeweiligen Erwerbers als Bestandteil gem. § 890 Abs. 2 BGB zugeschrieben. Das hinzuerworbene Sondereigentum wird allen Belastungen des Wohnungseigentums, zu dem es künftig gehört, als weiteres Pfand (ggf. mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung) unterstellt. Die Beteiligen sind über diesen Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.

1 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, MDR 2001, 497 = NJW 2001, 1212.

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Rz. 4.104 Kap. 4

Sie stimmen allen der Lastenfreistellung dienenden Erklärungen mit dem Antrag auf Grundbuchvollzug zu, ferner beantragen sie die Eintragung von Pfanderstreckungen in der Weise, dass das erworbene Sondereigentum allen Belastungen des Wohnungseigentums, zu dem es künftig gehört, unterstellt wird.

Wird bei einem Wohnungseigentum ein vollständiger Raum abgetrennt und einem benachbarten Wohnungseigentum zugeschlagen, so ist ein geänderter Aufteilungsplan samt Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich, u.U. auch die Zustimmung betroffener Wohnungseigentümer gem. § 22 WEG. Sinnvoll ist es in diesen Fällen, auch einen Miteigentumsanteil an den erwerbenden Wohnungseigentümer mit zu veräußern.

4.101

Möglich ist natürlich auch ein Tausch von Gemeinschaftseigentum gegen Sondereigentum. Dabei ist an dem bisherigen gemeinschaftlichen Eigentum Sondereigentum unter Mitwirkung aller Wohnungseigentümer zu begründen und zwar in der Form des § 4 WEG1. Da sich der Belastungsgegenstand verändert, ist auch die Zustimmung von Drittberechtigten erforderlich, soweit sie ihre Rechte nicht nur außerhalb des Bauwerkes ausüben. Im Gegenzug ist das Sondereigentum an dem anderen Tauschgegenstand aufzuheben. Auch dies erfordert die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer gem. § 4 WEG.

4.102

3. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt Die Qualifikation einer Einheit als Wohnungseigentum oder Teileigentum hat Vereinbarungscharakter gem. § 10 Abs. 2 WEG2. Eine Umwandlung ist deshalb eine Änderung der Vereinbarung, die grundsätzlich nur unter Mitwirkung aller Wohnungseigentümer möglich ist, wobei jedoch die Zustimmung von Grundpfandrechtsund Reallastberechtigten nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht erforderlich ist. Es ist eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich, weil das Ausstattungserfordernis für Wohnungseigentum und Teileigentum verschieden ist3.

4.103

Die Gemeinschaftsordnung kann vorsehen, dass der Wohnungseigentümer/Teileigentümer eine Umwandlung durch einseitige Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt vornehmen kann und er hierzu der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht bedarf4. Bei gemischt genutzten Gebäuden sollte im Interesse der Flexibilität eine solche einseitige Umwandlungsmöglichkeit vorgesehen werden.

4.104

1 BGH v. 5.10.1998 – II ZR 182/97, MDR 1998, 1471 = NJW 1998, 3712 = ZfIR 1998, 712 = ZMR 1999, 182; BayObLG v. 4.8.1988 – BReg 2 Z 57/88, DNotZ 1990, 37. 2 BGH v. 26.9.2003 – V ZR 217/02, MDR 2004, 84 = NJW 2004, 364 = DNotZ 2004, 145; KG v. 22.12.2006 – 24 W 126/05, ZMR 2007, 299; OLG München v. 4.2.2014 34 – Wx 434/13, ZWE 2014, 164. 3 KG v. 23.4.2013 – 1 W 343/12, ZWE 2013, 322. 4 BayObLG v. 15.2.1989 – BReg 2 Z 129/88, DNotZ 1990, 44.

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Kap. 4 Rz. 4.105 Wohnungs- und Teileigentum

4.105

M57 Umwandlung, Wohnungseigentum/Teileigentum Formulierungsvorschlag: Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, sein Wohnungseigentum in Teileigentum umzuwandeln. In einem solchen Teileigentum sind jedoch nur nicht störende gewerbliche Betätigungen oder eine freiberufliche Berufsausübung zulässig. Tritt infolge der Umwandlung eine stärkere Benutzung des Gemeinschaftseigentums ein, so bestimmt der Verwalter nach billigem Ermessen, dass dieser Eigentümer einen erhöhten Anteil an den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten zu tragen hat.

4. Änderungen der Gemeinschaftsordnung

4.106

Bei Änderungen der Gemeinschaftsordnung geht es um Änderungen der Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander, nicht dagegen um eine dinglich wirkende Neuzuordnung des Eigentums am Grundstück und seiner wesentlichen Bestandteile, insbesondere des Gebäude. Soll die Größe von Miteigentumsanteilen oder der räumliche Umfang von Sondereigentum/Gemeinschaftseigentum geändert werden, so ist zwingend die Form der Auflassung und die Grundbucheintragung vorgeschrieben (§ 925 BGB, § 4 WEG). Vereinbarungen der Wohnungseigentümer untereinander oder Beschlüsse der Versammlung der Wohnungseigentümer sind insoweit wegen Formverstoßes gem. § 125 BGB nichtig1.

4.107

Demgegenüber sind Vereinbarungen Verträge, die vom materiellen Recht her formfrei abgeschlossen werden können, die jedoch, damit sie Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern entfalten, der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, § 10 Abs. 3 WEG. Ohne Eintragung wirkt die Vereinbarung nur zwischen den Vertragsschließenden selbst und gegenüber einem Rechtsnachfolger nur, wenn er in diese – mit Zustimmung der anderen Vertragsschließenden – schuldbefreiend eingetreten ist. Die Rechtsicherheit schaffende Eintragung der Vereinbarung im Grundbuch bedarf der Eintragungsbewilligung gem. § 29 GBO durch alle Wohnungseigentümer2. Für die Änderung eingetragener Gemeinschaftsordnungen gibt es folgende Wege: a) Änderung durch Vereinbarung, Zustimmung Drittberechtigter

4.108

Der einfachste Weg der Änderung einer Gemeinschaftsordnung ist der, dass alle Wohnungseigentümer eine Änderungsvereinbarung abschließen. Hierfür müssen, genauso wie bei der Begründung von Wohnungseigentum, lediglich die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des WEG eingehalten werden. Die Zustimmung aller Wohnungseigentümer entspricht auch dem Eigentumsbegriff, dessen Wesenskern 1 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, NJW 2013, 1962 = MDR 2013, 765 Rz. 8 ff.; Kreuzer, ZWE 2002, 286; Hügel/Elzer, § 1 WEG Rz. 38. 2 BayObLG v. 19.4.1983 – BReg 2 Z 20/83, MDR 1983, 671 = DNotZ 1984, 101; v. 14.12.1978 – BReg 2 Z 14/78, DNotZ 1979, 174; OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, DNotZ 2008, 382.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.110 Kap. 4

die Festigkeit gegenüber Mehrheitsentscheidungen ist. Die im Grundbuch eingetragene Änderungsvereinbarung wird, genauso wie die eingetragene Gemeinschaftsordnung selbst, Inhalt des Sondereigentums (§ 5 Abs. 4 Satz 1 WEG). Sie bewirkt also eine dingliche Änderung des Eigentumsinhaltes. Hierfür ist nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 877, 876 BGB die Zustimmung der Drittberechtigten, vor allem der Grundpfandrechtsgläubiger, an allen Wohnungseigentumseinheiten erforderlich1. Hier gilt seit 1.7.2007 eine Erleichterung: Grundpfandrechtsgläubiger müssen Änderungen der Gemeinschaftsordnung nicht mehr zustimmen, ausgenommen den Fall, dass es um die Einräumung, Änderung oder Aufhebung eines oder mehrerer Sondernutzungsrechte geht. Danach bedürfen beispielsweise Nutzungsänderungen (z.B. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum oder umgekehrt), Änderungen der Kostenverteilung oder Änderungen des Stimmrechts keiner Zustimmung von Grundpfandrechtsgläubigern. Nicht freigestellt ist dagegen das Zustimmungserfordernis von Berechtigten der Abteilung II des Grundbuchs. b) Änderungen aufgrund Öffnungsklausel Eine Öffnungsklausel liegt vor, wenn die Gemeinschaftsordnung es erlaubt, dass mittels eines Mehrheitsbeschlusses dieselbe geändert wird. Dies ist rechtlich zulässig2 und nunmehr in § 10 Abs. 4 Satz 2 WEG durch den Gesetzgeber auch bestätigt worden. Der sachliche Umfang der Öffnungsklausel wird durch diese selbst bestimmt3. Der Rechtsgedanke des § 35 BGB, wonach Sonderrechte eines Mitglieds nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluss der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden dürfen, ist anwendbar. So kann z.B. einem Wohnungseigentümer auf keinen Fall ein Sondernutzungsrecht ohne dessen Zustimmung entzogen werden.

4.109

Die Änderung der Gemeinschaftsordnung auf der Grundlage einer Öffnungsklausel durch Beschluss der Eigentümerversammlung ist nach § 10 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht in das Grundbuch einzutragen, da es sich um einen Beschluss und nicht um eine Vereinbarung handelt4. Die Regelung und die h.M. ist in sich widersprüchlich. Der Beschluss, gefasst auf der Grundlage einer Öffnungsklausel, hat zwar die Wirkung einer Vereinbarung, soll jedoch gleichwohl nicht eingetragen werden, jedoch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern wirksam sein. Dies führt zu einer Entwertung des Grundbuchs, da seine sachenrechtliche Publizität aufgehoben wird. Materiell rechtlich lässt sich ohne weiteres darstellen, dass der Änderungsbeschluss eine Vereinbarung ist. Die Öffnungsklausel besagt nichts anderes, als dass die nicht mitstimmenden oder da-

4.110

1 BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2409; BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, BayObLGZ 2005, 306 = NJW 2005, 444 = ZMR 2005, 300 = ZfIR 2005, 325 = DNotZ 2005, 390. 2 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137 = NJW 1985, 2832 = MDR 1986, 138 = ZMR 1986, 19 = DNotZ 1986, 83. 3 Staudinger/Kreuzer, § 10 WEG Rz. 168; Armbrüster, ZWE 2013, 242. 4 OLG München v. 13.11.2009 – 34 Wx 100/09, MDR 2010, 102 = NJW 2010, 450 = DNotZ 2010, 196; Armbrüster, ZWE 2013, 242; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 190.

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Kap. 4 Rz. 4.111 Wohnungs- und Teileigentum

gegen stimmenden Wohnungseigentümer der Mehrheitsentscheidung im Vorhinein zustimmen. Damit kann man von einer Mehrheitsvereinbarung sprechen1.

4.111

M58 Gemeinschaftsordnung, Änderung Formulierungsbeispiel: Die Wohnungseigentümer, auch diejenigen, die an der Beschlussfassung nicht teilgenommen haben oder dagegen gestimmt haben, sind verpflichtet, Mehrheitsvereinbarungen zur Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Die Kosten trägt die Eigentümergemeinschaft. Der Verwalter ist gemeinsam mit den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats berechtigt und verpflichtet, namens aller Wohnungseigentümer unter Vorlage einer den Vorschriften des § 26 Abs. 3 WEG entsprechenden Niederschrift beim Grundbuchamt die Eintragung zu bewirken.

c) Änderung aufgrund Anpassungsverpflichtung

4.112

Der Gesetzgeber hat die bisher zu § 242 BGB ergangene Rechtsprechung in Bezug auf grob unbillige und einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellende Gemeinschaftsordnungen in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kodifiziert. Danach kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderung der Gemeinschaftsordnung im Sinne einer gerechten und billigen Regelung verlangt werden2. Es handelt sich grundsätzlich um Einzelfallentscheidungen wobei auch berücksichtigt werden muss, ob z.B. eine nicht sachgerechte Kostenverteilung bereits beim Erwerb des Wohnungseigentums absehbar oder gar bekannt war3. Der Anspruch aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG geht auf die Abgabe einer Willenserklärung zum Zustandekommen einer geänderten Vereinbarung und deren Eintragung in das Grundbuch. d) Gesetzliche Öffnungsklauseln

4.113

In §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3, 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 und 21 Abs. 7 WEG hat der Gesetzgeber eine Reihe neuer gesetzlicher Öffnungsklauseln geschaffen. Beschlussfassungen zu den dort genannten Themenfeldern ändern entweder das Wohnungseigentum mit gesetzlichem Inhalt oder dasjenige mit vereinbartem Inhalt, wobei sie als gesetzlich vorgesehene Beschlüsse nach § 10 Abs. 4 WEG nicht in das Grundbuch eingetragen werden können. Auch dies trägt zu einer Entwertung des Grundbuchs bei. Ist beispielsweise ein bestimmter Kostenverteilungsschlüssel im Grundbuch ein1 Hügel, DNotZ 2001, 191; Elzer in Harz/Riecke/Schmid5, § 10 WEG Rz. 304 f., 329; Hügel/ Elzer § 10 WEG Rz. 154; Rapp, DNotZ 2009, 342. 2 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, BGHZ 156, 192, MDR 2004, 86 = NJW 2003, 3476 = ZMR 2003, 937; v. 13.7.1995 – V ZB 6/94, BGHZ 130, 304 (312) = MDR 1995, 1112 = NJW 1995, 2791 = DB 1995, 2162 = ZMR 1995, 483; v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, ZMR 2010, 778 = ZfIR 2010, 684 = ZWE 2010, 330. 3 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, NJW 2010, 2129 = ZfIR 2010, 360 = ZMR 2010, 542 Rz. 31; BayObLG v. 19.2.1987 – BReg 2 Z 114/86, BayObLGZ 1987, 69 = NJW-RR 1987, 714; Hügel/Elzer, § 10 WEG Rz. 165; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 125.

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Rz. 4.116 Kap. 4

getragen und erfolgte ein Änderungsbeschluss, so hat dieser Vorrang vor der Grundbucheintragung. Der Erwerber kann sich nicht auf einen gutgläubigen Erwerb berufen. 5. Veräußerung/Aufhebung von Sondernutzungsrechten a) Form, Zustimmungsbedürftigkeit, gutgläubiger Erwerb Die Übertragung eines dinglichen (also im Grundbuch eingetragenen) Sondernutzungsrechtes kann materiell-rechtlich formfrei erfolgen, da dieses kein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht ist. Die §§ 311b, 925 BGB sind nicht anwendbar. Jedoch ist die (formlos mögliche) Einigung und Grundbucheintragung gem. §§ 877, 873 BGB nötig1. Es gilt jedoch der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz2. Die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur Veräußerung des Sondernutzungsrechtes ist nicht erforderlich, auch wenn für die Veräußerung des Wohnungseigentums selbst eine Verwalterzustimmung erforderlich wäre3. Ein lediglich schuldrechtlich vereinbartes Sondernutzungsrecht geht durch Abtretungsvertrag gem. §§ 398, 413 BGB auf den Erwerber über.

4.114

Das dingliche Sondernutzungsrecht kann auch in entsprechender Anwendung des § 893 BGB gutgläubig erworben werden, und zwar nicht nur, wenn es für den falschen Berechtigten eingetragen ist – materiell also existiert –, sondern auch, wenn es eingetragen ist, aber materiell überhaupt nicht besteht4. Bei einem schuldrechtlichen Sondernutzungsrecht ist dagegen ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, da es mangels Grundbucheintragung an einem Rechtsscheintatbestand fehlt.

4.115

b) Erwerberkreis Erwerber eines Sondernutzungsrechtes kann nach h.M. nur ein Eigentümer aus derselben Wohnungseigentumsanlage sein5. Wegen des eingeschränkten Erwerberkreises kann das Wohnungseigentum nach h.M. auch nicht mit einer Dienstbarkeit des Inhalts belastet werden, dass ein Dritter das Sondernutzungsrecht ausüben darf6.

1 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, DNotZ 1979, 168; OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, ZWE 2012, 92. 2 BayObLG v. 22.4.2002 – 2Z BR 129/01, ZWE 2002, 403. 3 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; BayObLG v. 7.8.2001 – 2Z BR 117/01, ZWE 2002, 81. 4 BayObLG v. 30.6.1989 – BReg 2 Z 47/89, DNotZ 1990, 381; OLG Hamm v. 21.10.2008 – 1-15 Wx 140/08, DNotZ 2009, 383; Staudinger/Rapp, § 5 WEG Rz. 74 ff. 5 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548. 6 BayObLG v. 30.4.1997 – 2Z BR 5/97, DNotZ 1998, 125; OLG Schleswig v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, ZWE 2012, 42; a.A. Staudinger/Rapp, § 1 WEG Rz. 61; Bärmann/Suilmann13, § 13 WEG Rz. 76; Ott, DNotZ 1998, 128.

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4.116

Kap. 4 Rz. 4.117 Wohnungs- und Teileigentum

c) Nachträgliche Begründung von Sondernutzungsrechten

4.117

Wird bei einer bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft nachträglich ein Sondernutzungsrecht begründet, so kann dies nur im Wege einer einstimmigen Vereinbarung erfolgen1. Beschlüsse der Wohnungseigentümer können ein Sondernutzungsrecht nicht begründen, auch wenn sie nicht angefochten werden und deshalb als vereinbarungsersetzende Beschlüsse behandelt werden2. Solche Beschlüsse entziehen den nicht begünstigten Wohnungseigentümern ein elementares, sich aus dem Miteigentum ergebendes Recht, nämlich dasjenige zum Mitgebrauch gem. § 13 Abs. 2 WEG.

4.118

Eine Ausnahme hiervon gilt nur für den Fall, dass eine weite Öffnungsklausel auch die Begründung von Sondernutzungsrechten zulässt. Da ein solcher Beschluss nach h.M. nicht in das Grundbuch eingetragen werden kann, fehlt diesem Sondernutzungsrecht die sachenrechtliche Publizität mit der Folge, dass es auch nicht gutgläubig erworben werden kann.

4.119

Die Drittberechtigten am Wohnungseigentum, insbesondere Grundpfandrechtsgläubiger, müssen, damit das Sondernutzungsrecht in das Grundbuch eingetragen werden kann, dieser zustimmen, § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG. Ob dies auch für die beschlussmäßige, auf einer Öffnungsklausel beruhende Begründung von Sondernutzungsrechten gilt, ist umstritten3. d) Aufhebung von Sondernutzungsrechten

4.120

Die Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes bedarf materiell-rechtlich einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer. § 875 BGB – einseitiger Verzicht auf das Sondernutzungsrecht – ist nicht entsprechend anwendbar4. Die Rechtsprechung lässt jedoch für den grundbuchmäßigen Vollzug der Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes die einseitige Eintragungsbewilligung des Sondernutzungsberechtigten genügen5. Die Aufhebung des Sondernutzungsrechtes bedarf auch der Zustimmung der Berechtigten der Abteilung II des Grundbuchs (soweit betroffen), in jedem Fall jedoch der

1 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = ZMR 2012, 651 = ZWE 2012, 258; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 131. 2 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, NJW 2000, 3500 = MDR 2000, 1367 = ZMR 2000, 771 = ZfIR 2000, 877; OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 103/05, ZMR 2007, 561; Staudinger/ Kreuzer, § 15 WEG Rz. 78. 3 Abramenko, ZWE 2007, 337; Briesemeister, ZWE 2007, 422; Bärmann/Suilmann13, § 13 WEG Rz. 93; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 62b. 4 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = NJW 2000, 3643 = ZfIR 2000, 884; Bärmann/Suilmann13, § 13 WEG Rz. 130. 5 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = NJW 2000, 3643 = ZfIR 2000, 884; OLG Düsseldorf v. 22.3.2013 – 3 Wx 8/13, ZWE 2013, 210; kritisch hierzu Bärmann/Suilmann13, § 13 WEG Rz. 132; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 136a; Hügel/Elzer, § 13 WEG Rz. 80.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.123 Kap. 4

Zustimmung der Berechtigten der Abteilung III, jeweils der sondernutzungsberechtigten Einheit1. 6. Externe Veränderungen am Wohnungseigentumsgrundstück a) Wegmessungen vom Wohnungseigentumsgrundstück Trotz der Begründung von Wohnungseigentum besteht das Grundstück als solches weiter; die Summe aller Wohnungseigentumsrechte ist identisch mit dem ungeteilten Grundstück. Aus diesem Grundstück kann deshalb auch eine reale Teilfläche durch alle Wohnungseigentümer an einen Dritten veräußert werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG, § 747 Satz 2 BGB). Die veräußerte Teilfläche darf jedoch nicht mit einem im Sondereigentum stehenden Gebäudeteil bebaut sein, es sei denn, dass gleichzeitig insoweit das Sondereigentum aufgehoben wird2. Eine Auflassungsvormerkung kann nur an allen Einheiten gleichzeitig eingetragen werden3.

4.121

Für die veräußerte Fläche ist das Wohnungseigentum aufzuheben4. Die Lastenfreistellung der weggemessenen Fläche kann durch Unschädlichkeitszeugnis erleichtert werden5.

4.122

b) Hinzuerwerb einer Fläche zum Wohnungseigentumsgrundstück Der Hinzuerwerb durch alle Wohnungseigentümer ist möglich, jedoch nur im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile6. Das hinzuerworbene Grundstück ist dem Wohnungseigentumsgrundstück als Bestandteil zuzuschreiben. Eine Verpflichtung zum Hinzuerwerb besteht jedoch, abgesehen davon, dass dies in den Fällen des § 10 Abs. 2 WEG von den Eigentümern vereinbart ist, nicht, auch nicht zu einem unentgeltlichen Erwerb. Eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer bezüglich eines Zuerwerbs besteht nicht, da ein solcher keine Verwaltung des bisherigen Vertragsgegenstandes darstellt7. Die hinzuerworbene Fläche ist in Wohnungseigentum aufzuteilen und der für das Wohnungseigentumsgrundstück gültigen Gemeinschaftsordnung zu unterstellen8. Für die Lastenausdehnung gilt bei Rechten der Abteilung III § 1131 BGB; Rechte in Abteilung II sind Pfand zu unterstellen. 1 § 5 Abs. 3 Satz 2 WEG, BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2409. 2 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, 1 W 480/11, ZMR 2012, 462; Hügel/Elzer, § 1 WEG Rz. 39. 3 BayObLG v. 13.3.1974 – BReg 2 Z 12/74, BayObLGZ 1974, 118 = MDR 1974, 669 = DNotZ 1975, 36; OLG Düsseldorf v. 22.3.2013 – I-3 Wx 240/12, ZWE 2013, 208. 4 OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, DNotZ 1991, 604. 5 Art. 120 EGBGB i.V.m. den einschlägigen Landesgesetzen, z.B. für Bayern Gesetz vom 9.11.2012, BayGVBl 2012, 534; siehe hierzu Demharter, MittBayNot 2013, 104. 6 OLG Zweibrücken v. 8.2.1990 – 3 W 163/89, DNotZ 1991, 605; Elzer, ZWE 2011, 17; Hügel/Elzer, § 1 WEG Rz. 40. 7 Elzer, ZWE 2011, 17; Riecke in Harz/Riecke/Schmid5, § 20 WEG Rz. 86. 8 OLG Frankfurt v. 12.12.2005 – 20 W 304/05, ZWE 2006, 345; Hügel/Elzer, § 1 WEG Rz. 42.

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4.123

Kap. 4 Rz. 4.124 Wohnungs- und Teileigentum

7. Rechtsfähigkeit und Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

4.124

Nach vorgängiger Entscheidung des BGH1 wurde vom Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 WEG die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft kodifiziert. a) Die Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr

4.125

Aus der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer folgt, dass diese im Rechtsverkehr unter einer bestimmten Bezeichnung auftreten muss (§ 10 Abs. 6 Satz 4 WEG). Als Rechtsform muss dabei die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ verwendet werden.

4.126

M59 Wohnungseigentümergemeinschaft, Bezeichnung Formulierungsbeispiel: Die Wohnungseigentümergemeinschaft führt die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft Schönstadt, Hauptplatz 1, FlNr. 1 Gemarkung Schönstadt“.

4.127

Das Gesetz unterscheidet zwischen der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 6 WEG und der sachenrechtlichen Bruchteilsgemeinschaft gem. § 1 Abs. 5 WEG, der das gemeinschaftliche Eigentum gehört. Der rechtsfähigen Gemeinschaft ist das Verwaltungsvermögen gem. § 10 Abs. 7 WEG zugeordnet, der Bruchteilsgemeinschaft das gemeinschaftliche Eigentum gem. § 1 Abs. 5 WEG2. b) Der sachliche Bereich der Rechtsfähigkeit

4.128

Der sachliche Bereich der Rechtsfähigkeit umfasst die gesamte Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dazu gehören alle Maßnahmen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf die gewöhnliche Nutzung/Erhaltung/Verbesserung des gemeinschaftlichen Eigentums abzielen oder sich sonst als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer bezüglich des Gemeinschaftseigentums darstellen. Die Abgrenzung erfolgt am einfachsten negativ: Verfügungsgeschäfte, also Veränderungen des Gegenstandes des Wohnungseigentums, insbesondere Veränderungen am Grundstück sowie Veränderungen in der Größe des Miteigentumsanteils oder zwischen den Bereichen des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums gehören nicht zur Verwaltung. Das sachenrechtliche Eigentum gehört den einzelnen

1 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NJW 2005, 2061 = DStR 2005, 1283 = ZfIR 2005, 506 = DNotZ 2005, 776; zur Teilrechtsfähigkeit s. Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 432. 2 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NJW 2007, 518 = ZMR 2007, 286.

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Rz. 4.131 Kap. 4

Wohnungseigentümern, § 10 Abs. 1 WEG, und nicht der rechtsfähigen Gemeinschaft. c) Die Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft Aus der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergibt sich deren Grundbuchfähigkeit1. Die Rechtsfähigkeit hängt dabei, entgegen dem vielleicht missverständlichen Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG, nicht davon ab, ob die Verwaltungsmaßnahme ordnungsmäßig ist2. Der Rechtsverkehr kann von außen her nämlich nicht beurteilen, ob diese Annahme zutrifft. Nach den anerkannten Grundsätzen des Deutschen Verbandsrechtes hängt die Handlungsfähigkeit von Verbänden nicht davon ab, dass der Verbandszweck eingehalten wird. Das Risiko der Einordnung eines Geschäfts als eine Angelegenheit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums trägt daher die Gemeinschaft, nicht der Geschäftsgegner3.

4.129

Die Rechtsfähigkeit und damit die Erwerbsfähigkeit ist deshalb für die Wohnungseigentümergemeinschaft stets dann zu bejahen, wenn das Geschäft abstrakt im Rahmen der Verwaltung vorkommen kann; auf die konkreten Verhältnisse der einzelnen Gemeinschaft kann es im Interesse der Rechtssicherheit nicht ankommen. Die rechtsfähige Gemeinschaft kann deshalb nicht nur Grundpfandrechtsgläubigerin sein, sie kann auch Berechtigte einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sein4, wobei jedoch Vorsicht insoweit geboten ist, als mit Beendigung der Gemeinschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 oder § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG) die beschränkt persönliche Dienstbarkeit erlischt. Die Gemeinschaft kann auch Wohnungseigentum oder ein Grundstück erwerben5.

4.130

Dem Grundbuchamt ist zum Nachweis der Zugehörigkeit des erworbenen Gegenstandes zum Verwaltungsvermögen der entsprechende Beschluss der Versammlung vorzulegen, wodurch auch die Vertretungsbefugnis des Verwalters gem. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG nachgewiesen wird6. Ferner ist die Bestellung zum Verwalter in der Form des § 26 Abs. 3 WEG nachzuweisen7. Ob der Beschluss ordnungsmäßiger

4.131

1 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NJW 2016, 2177 = MDR 2016, 577 Rz. 27; v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NJW 2005, 2061 = DStR 2005, 1283 = ZfIR 2005, 506 = DNotZ 2005, 776; OLG Hamm v. 20.10.2009 – I-15 Wx 81/09, 15 Wx 81/09, NJW 2010, 1464; v. 12.8.2010 – 15 Wx 63/10, NJW 2010, 3586; OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NJW 2008, 1537. 2 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, MDR 2016, 577 = NJW 2016, 2177; Palandt/Wicke76,§ 10 WEG Rz. 26, Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 37. 3 Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 210 ff.; Wenzel, ZWE 2006, 469; Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 433. 4 Hügel, DNotZ 2007, 338; Rapp, MittBayNot 2005, 458. 5 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, MDR 2016, 577 = NJW 2016, 2177: Das Beurkundungserfordernis des § 311b Abs. 1 BGB gilt für den abzuschließenden Kaufvertrag, nicht jedoch für die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer; s.a. Häublein, ZWE 2007, 475 ff.; Wenzel, ZWE 2006, 7; Hügel/Elzer, § 3 WEG Rz. 72 ff. 6 DNotI-Rep. 2007, 172; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 149a. 7 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, ZWE 2010, 270.

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Kap. 4 Rz. 4.132 Wohnungs- und Teileigentum

Verwaltung entspricht unterliegt nicht der Beurteilung durch das Grundbuchamt sondern derjenigen durch das Wohnungseigentumsgericht im Rahmen der Beschlussanfechtung gem. § 43 WEG1. Praxisbeispiel – Hausmeisterwohnung: In einer größeren Wohnanlage soll eine Wohnung für Hausmeisterzwecke vorgehalten werden. Es gibt zwei Gestaltungsalternativen: – Die Wohnung wird, obwohl die Voraussetzungen dafür vorliegen, nicht zum Sondereigentum ausgewiesen. Sie bleibt gemeinschaftliches Eigentum und erhält folglich auch keinen Miteigentumsanteil, der mit Sondereigentum zu verbinden wäre. – Die Wohnung wird zu Sondereigentum ausgewiesen; sobald die Gemeinschaft rechtsfähig geworden ist (hierzu müssen mindestens zwei verschiedene Personen Eigentümer geworden sein), wird die betreffende Wohnung vom Bauträger an die rechtsfähige Gemeinschaft aufgelassen. Die zweite Lösung hat den Vorteil, dass die Wohnung verkehrsfähig ist. Sollte die Zweckbestimmung als Hausmeisterwohnung später entbehrlich werden, kann das Wohnungseigentum durch die rechtsfähige Gemeinschaft problemlos an einen Dritten veräußert werden2.

d) Das Verwaltungsvermögen

4.132

Die rechtsfähige Gemeinschaft ist Inhaberin des Verwaltungsvermögens gem. § 10 Abs. 7 WEG. Dessen Gegenstände werden in § 10 Abs. 7 Satz 2, 3 WEG näher umschrieben. Auf den Zeitpunkt des Erwerbs der Gegenstände kommt es dabei nicht an. Mit Inkrafttreten des WEG-Änderungsgesetzes zum 1.7.2007 ist sonach das Verwaltungsvermögen, auch wenn es bereits früher erworben war, in das Eigentum der rechtsfähigen Gemeinschaft übergegangen. Praxisbeispiel – Verwaltungsvermögen: Zur Abfindung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum hat ein Bauträger allen Tiefgarageneigentümern zu unter sich gleichen Anteilen drei Tiefgaragenstellplätze übereignet. Eigentümerin ist seit 1.7.2007 die rechtsfähige Gemeinschaft. Das Grundbuch kann unter Bezugnahme auf den Erwerbsvorgang und auf § 10 Abs. 7 WEG berichtigt werden. Mit Beendigung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Aufhebung gem. § 9 WEG endet auch die rechtsfähige Gemeinschaft. Dem stellt das Gesetz gem. § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG den Fall gleich, dass ein Wohnungseigentümer alle Einheiten erworben hat. In diesen Fällen tritt eine partielle Gesamtrechtsnachfolge in der Weise ein, dass das Verwaltungsvermögen dem Grundstückseigentümer zufällt. Die rechtsfähige Gemeinschaft ist damit beendet. Erwirbt ein Dritter später eine Einheit, so entsteht eine neue Gemeinschaft, die jedoch das Verwaltungsvermögen der erloschenen Gemeinschaft nicht erwirbt3.

1 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NJW 2008, 1537 = DNotZ 2008, 616; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 213, 223. 2 Zu den Fragen einer „Insichmitgliedschaft“ s. Häublein, ZWE 2007, 479; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 223, 289. 3 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 100, 162.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.134 Kap. 4

e) Die Haftungsverfassung Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist zwar gem. § 10 Abs. 6 WEG rechtsfähig, sie ist jedoch keine juristische Person. Für die Außenhaftung diente § 128 HGB als Vorbild, jedoch wurde anstelle einer gesamtschuldnerischen Haftung lediglich eine teilschuldnerische Haftung angeordnet. Diese Außenhaftung ist jedoch zwingend und einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer untereinander nicht zugänglich1. Für die teilschuldnerische Außenhaftung ist es unbeachtlich, dass die Kostentragung gem. § 16 Abs. 2 WEG im Innenverhältnis abweichend von den Miteigentumsanteilen geregelt ist. Die Außenhaftung gem. § 10 Abs. 8 WEG schließt es nicht aus, dass Wohnungseigentümer zur Erhöhung der Kreditwürdigkeit auch im Falle einer Mehrhausanlage Verträge im eigenen Namen abschließen und den Verwalter ausdrücklich hierzu bevollmächtigen2. Zahlt ein Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, erlangt er einen Ausgleichsanspruch gegenüber der Gemeinschaft gem. § 426 Abs. 1 BGB analog.

4.133

f) Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft beginnt mit deren Entstehung, also mit der Eintragung von mindestens zwei verschiedenen Eigentümern im Grundbuch. Vor diesem Zeitpunkt kann jedoch eine „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ bestehen3, auf die die Vorschriften des WEG entsprechend angewendet werden mit der Folge, dass auch ihr die Teilrechtsfähigkeit zukommt4. Eine solche besteht, wenn zugunsten eines Erwerbers ein wirksamer Erwerbsvertrag besteht, zur Sicherung seines Übereignungsanspruchs eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist und ihm der Besitz vom Bauträger übertragen wurde5. Die Wohnungseigentümergemeinschaft endet in ihrer Rechtsfähigkeit mit Aufhebung des Wohnungseigentums gem. § 9 WEG oder Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Person (§ 10 Abs. 7 Satz 4 WEG).

1 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 192; Palandt/Wicke76, § 10 WEG Rz. 42; es kann auch nicht durch Mehrheitsbeschluss eine gesamtschuldnerische Haftung begründet werden, BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NJW 2012, 3179 = MDR 2012, 1398 = ZMR 2013, 127 Rz. 13. 2 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 = NJW 2012, 3179 = ZMR 2013, 127; v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NJW 2005, 2061 = DStR 2005, 1283 = ZfIR 2005, 506 = DNotZ 2005, 776. 3 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = NJW 2012, 2650 = ZfIR 2012, 603 Rz. 5; v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = MDR 2008, 1088 = NJW 2008, 2639 = ZfIR 2008, 866 = ZMR 2008, 805 Rz. 12, 14. 4 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 WEG Rz. 93; Palandt/Wicke76, Vor § 1 WEG Rz. 7; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 17, 205. 5 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MDR 2016, 264 = ZMR 2016, 299 = DNotZ 2016, 522 Rz. 10 f; Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 431.

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4.134

Kap. 4 Rz. 4.135 Wohnungs- und Teileigentum

g) Einpersonen-Eigentümergemeinschaft?

4.135

Mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist auch die Ansicht vertreten worden, dass es eine „Einpersonen-Gemeinschaft“ gebe1. Dies ist jedoch durch die Gesetzeslage nicht gedeckt. Das Gesetz geht, wie sich in § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG zeigt, davon aus, dass mindestens zwei Personen Wohnungseigentümer sind2.

4.136–4.160

Einstweilen frei.

V. Veräußerung von Wohnungseigentum 1. Bezeichnung des Vertragsgegenstandes

4.161

Durch die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung wird der Vertragsgegenstand in seiner tatsächlichen Lage und Dimension sowie in seiner rechtlichen Ausgestaltung beschrieben. Steht der Grundbuchvollzug der Teilungserklärung noch aus, so kann gleichwohl mit dem Weiterverkauf von Einheiten begonnen werden. Die Situation ist derjenigen vergleichbar, dass bei einem Grundstück eine Teilfläche herausgemessen worden ist, die durch die Katasterbehörde eine neue Flurnummer erhalten hat, dies aber noch nicht im Grundbuch gewahrt ist. Bei nichtvollzogener Teilungserklärung ist auf diese gem. § 13a BeurkG zu verweisen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung beurkundet ist gem. §§ 8 ff. BeurkG. Nur in diesem Falle (nicht jedoch bei einer Unterschriftsbeglaubigung) kann auf eine andere Urkunde verwiesen werden.

4.162

Ist die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung bereits grundbuchamtlich vollzogen, so ist eine Verweisung auf diese Urkunde nicht mehr erforderlich, da bereits ein sachenrechtlich wirksames Rechtsverhältnis entstanden ist3.

4.163

Ist Wohnungseigentum veräußert und zugunsten eines Erwerbers eine Vormerkung eingetragen, so ist eine Änderung der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung gegenüber dem Vormerkungsberechtigten nur wirksam, wenn dieser gem. den §§ 877, 876 BGB zugestimmt hat4. Die Vormerkung sichert dem Erwerber den Erwerb des Wohnungseigentums mit dem Gegenstand und dem Inhalt, wie es im Grundbuch eingetragen ist. Soll hier eine Änderung eintreten, ist die Zustimmung des Vormerkungsberechtigten notwendig. 1 Becker, FS Seuß 2007, 19 ff.; F. Schmidt, ZMR 2009, 741. 2 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = MDR 2008, 1088 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = ZfIR 2008, 866 Rz. 12; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 149h; Schmidt-Räntsch, ZWE 2016, 430. 3 BGH v. 4.3.1994 – V ZR 241/92, MDR 1994, 579 = NJW 1994, 1348 = ZMR 1994, 270 = DNotZ 1994, 476; v. 20.12.1974 – V ZR 132/73, BGHZ 63, 364. 4 BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2409 – hat für Sondernutzungsrechte gem. § 5 Abs. 4 Satz 2, 3 WEG nach wie vor Gültigkeit –; BayObLG v. 15.10.1998 – 2 ZBR 42/98, DNotZ 1999, 667; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, ZWE 2007, 238 re; Schneider in Harz/Riecke/Schmid5, § 7 WEG Rz. 210.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.165 Kap. 4

In der Vertragspraxis, vor allem mit Bauträgern, hat es sich deshalb eingebürgert, dass der Käufer im Kaufvertrag dem Verkäufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht erteilt, die Zustimmung zur Abänderung der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung zu erklären. Mit Änderung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung muss auch ein Kaufvertrag, der über einzelne Einheiten bereits abgeschlossen wurde, geändert werden. Die sachenrechtliche Änderung des Wohnungseigentums führt dazu, dass sich der Leistungsgegenstand zwischen dem auf der früheren Grundbuchlage basierenden Kaufvertrag und der neuen Grundbuchlage ändert. Hierin liegen sowohl Probleme der sachenrechtlichen Bestimmtheit einer Änderungsvollmacht und der AGB-rechtlichen Grenzen der §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 2 BGB. Ein Änderungsvorbehalt samt Änderungsvollmacht könnte folgenden Wortlaut haben:

4.164

M60 Bauträgervertrag – Änderungsvorbehalt, Änderungsvollmacht

4.165

Formulierungsbeispiel: 1. Der Käufer räumt dem Verkäufer unter Beachtung von § 308 Nr. 4 BGB das Recht ein, die hier vereinbarte vertragliche Leistung zu ändern, wenn hierfür auf Seiten des Verkäufers ein triftiger Grund gegeben ist. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Änderungen planerischer, bautechnischer oder rechtlicher Art durch das Nachfrageverhalten eines Kaufinteressenten veranlasst sind oder öffentlich rechtliche Anforderungen der Baubehörde oder bautechnische Notwendigkeiten eine solche Änderung veranlassen. 2. Die Änderungen dürfen keine erhebliche Wertminderung des Vertragsgegenstandes zur Folge haben. Änderungen bezüglich des Sondereigentums und dazugehöriger Sondernutzungsrechte sind ausgeschlossen. Der Miteigentumsanteil darf nur geringfügig (maximal +/- 3 %) verändert werden. Eine Aufhebung, erhebliche Verkleinerung oder Verlegung von Verkehrsflächen und solcher Bereiche, bei denen dem Käufer ein zweckbestimmtes Mitgebrauchsrecht zusteht, sind ausgeschlossen. Es darf keine Kostenmehrbelastung von über 5 % gegenüber dem früheren Zustand eintreten und das Stimmgewicht darf nicht über diese Größe hinaus vermindert werden. Schließlich darf die Eigenart der Anlage nicht verändert werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise darf eine erhebliche Wertminderung des Vertragsgegenstandes nicht bewirkt werden1. 3. Der Käufer erteilt dem Verkäufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die unwiderrufliche und über den Tod des Vollmachtgebers hinaus bestehende Vollmacht, Änderungen der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vorzunehmen und dies zum Grundbuchvollzug zu bringen. Die Vollmacht erlischt, sobald der Verkäufer nicht mehr Eigentümer einer Einheit in der Wohnanlage ist. Die Vollmacht kann nur vor dem amtierenden Notar, seinem amtlich bestellten Vertreter oder Amtsnachfolger ausgeübt werden. Diese haben die Vollmachtsbeschränkungen im Innenverhältnis zu beachten und in Zweifelsfällen dem Vollmachtgeber (Käufer) rechtliches 1 Siehe hierzu auch Kilian, notar 2011, 89; Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht/H. Müller/Kreuzer3, B.II. Anm. 1.

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Kap. 4 Rz. 4.166 Wohnungs- und Teileigentum Gehör zu gewähren. Ein Widerruf des Käufers bezüglich der Vollmachtsausübung ist dann beachtlich, wenn der Käufer schlüssig Tatsachen vorträgt, aus denen sich ein wichtiger Grund für einen Vollmachtswiderruf ergibt. Werden Änderungen durchgeführt, so kann hieraus weder ein einzelner Eigentümer noch die Eigentümergemeinschaft Rechte oder Ansprüche aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer herleiten. 4. Die Vollmacht ist im Außenverhältnis, insbesondere gegenüber dem Grundbuchamt, unbeschränkt. Die vorstehenden Einschränkungen gelten nur im Verhältnis der Vertragsteile zueinander und sind für das Grundbuchamt unbeachtlich. 5. Bedürfen die Änderungen einer Baugenehmigung, so wird ein Kaufpreis erst fällig, wenn diese erteilt und vom Verkäufer dem Käufer nachgewiesen wurde. Im baurechtlichen Freistellungsverfahren ist nachzuweisen, dass mit dem Bau gemäß der geänderten Planung begonnen werden darf.

4.166

Eine instruktive Gesamtdarstellung der Problematik unter dem Gesichtspunkt der notariellen Praxis findet sich bei Schüller, RNotZ 2011, 203 und DNotI-Gutachten vom 24.8.2012, Abruf-Nr. 114351.

4.167

In allen Fällen, in denen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung grundbuchamtlich noch nicht vollzogen sind, können gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MaBV Kaufpreise nicht fällig gestellt werden. Im Anwendungsbereich der MaBV ist nämlich Fälligkeitsvoraussetzung, dass die Vormerkung am gebildeten, vertragsgegenständlichen Wohnungseigentum eingetragen ist. Fälligkeiten aufgrund von Notarbestätigungen sind ausgeschlossen. 2. Gewährleistung bezüglich des Gemeinschaftseigentums

4.168

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH richten sich die Gewährleistungsansprüche des Erwerbers von neu herzustellendem Wohnungseigentum sowohl bezüglich des Sondereigentums als auch bezüglich des Gemeinschaftseigentums nach Werkvertragsrecht1. Dies gilt in allen Fällen, auch bei Altbauobjekten, wenn den „Verkäufer“ eine Herstellungs- oder Sanierungsverpflichtung trifft2. Dies gilt auch dann, wenn das neue Bauwerk bereits fertiggestellt ist; wird der Erwerbsvertrag jedoch mehr als drei Jahre nach der Errichtung geschlossen, wendet der BGH Kaufrecht an, so dass sich der Nacherfüllungsanspruch dann aus § 437 Nr. 1, § 439 BGB ergibt3. 1 BGH v. 10.10.1985 – VII ZR 325/84, BGHZ 96, 129 = MDR 1986, 224 = NJW 1986, 315 = DB 1986, 428 = ZMR 1986, 49; v. 26.4.2007 – VII ZR 210/05, NJW 2007, 3276 = MDR 2007, 1012 = ZfIR 2007, 540 Rz. 19. 2 BGH v. 6.10.2006 – V ZR 20/06, NJW 2007, 509 = MittBayNot 2007, 211 = ZfIR 2007, 583; v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NJW 2005, 1115 = MDR 2005, 622 = DNotZ 2005, 464. 3 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MDR 2016, 762 = ZfIR 2016, 570 = DNotZ 2016, 856 Rz. 25; v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NJW 2005, 1115 = MDR 2005, 622 = DNotZ 2005, 464; v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, NJW 2016, 1575 = ZfIR 2016, 419 = DNotZ 2016, 525 Rz. 25; für Kaufrecht in jedem Falle der Fertigstellung Brambring, DNotZ 2001, 906.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.171 Kap. 4

a) Werkvertragsansprüche in Ansehung des Gemeinschaftseigentums Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche setzen zunächst die Abnahme des bestellten Werkes durch den Besteller voraus, § 640 Abs. 1 BGB. Das Sondereigentum nimmt – selbstverständlich – jeder Erwerber individuell ab. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt nach der h.M. ebenfalls durch jeden Erwerber individuell. Mängelrechte nach § 634 BGB können grds. erst nach Abnahme des Werkes mit Erfolg geltend gemacht werden1.

4.169

Eine Gegenmeinung sieht jedoch die Abnahme bezüglich des Gemeinschaftseigentums als Aufgabe der Gemeinschaft, wobei sowohl angenommen wird, dass es sich um eine zwingende Aufgabe, als auch um eine solche, die nur fakultativ wahrgenommen wird, handelt2.

4.170

M61 Abnahme, Gemeinschaftseigentum

4.171

Formulierungsbeispiel: Abnahme des Gemeinschaftseigentums (in den Kaufvertrag aufzunehmen) 1. Das gemeinschaftliche Eigentum wird nach Baufertigstellung von den Erwerbern individuell abgenommen. Die Feststellung der technischen Voraussetzungen für die Abnahmeerklärung wird vom Verwalter, falls dieser von der Wohnungseigentümerversammlung bestellt wurde, getroffen, der hierzu einen einschlägig qualifizierten Sachverständigen zuzuziehen hat. Die Wohnungseigentümerversammlung kann jedoch beschließen, dass anstelle des Verwalters Wohnungseigentümer gem. § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG beauftragt und bevollmächtigt werden; so ist zu verfahren, falls der Verwalter nicht von der Wohnungseigentümerversammlung bestellt wurde. 2. Der Verwalter bzw. die beauftragten Wohnungseigentümer haben nach Feststellung der technischen Voraussetzungen der Abnahme den Wohnungseigentümern hierüber zu berichten und eine Empfehlung darüber abzugeben, ob die Abnahme erklärt oder verweigert werden soll. Der Verkäufer wird dem Käufer eine Frist von einem Monat setzen, die Abnahme zu erklären, falls eine Verpflichtung hierzu gem. § 640 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB besteht. Erklärt der Käufer die Abnahme nicht, obwohl er hierzu verpflichtet ist, so gilt das gemeinschaftliche Eigentum als abgenommen, § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB. 3. Die erklärte Abnahme wirkt für und gegen den Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers.

1 BGH v. 19.1.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604; v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MDR 2016, 762 = ZfIR 2016, 570 = DNotZ 2016, 856 Rz. 33 f.; Krick, MittBayNot 2014, 401; Popescu, ZWE 2014, 109; Suilmann, ZWE 2013, 305; Ott, ZWE 2013, 253; Basty, Bauträgervertrag8, Rz. 1008 ff.; OLG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 8 U 106/10, NJW 2012, 237. 2 Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht/Hügel3, O.I.2 Anm. 1; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 165; Rapp, MittBayNot 2012, 169; AG München v. 7.7.2010 – 482 C 287/10, NJW 2011, 2222.

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Kap. 4 Rz. 4.174 Wohnungs- und Teileigentum 4. Derjenige Wohnungseigentümer, dem gegenüber die Abnahme zu erklären ist (Bauträger), ist in allen Angelegenheiten, die die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen, von der Ausübung des Stimmrechtes ausgeschlossen.

4.172–4.173

Einstweilen frei.

b) Legitimation zur Geltendmachung der verschiedenen Gewährleistungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums

4.174

Den Käufern steht zunächst aufgrund ihrer individuellen Kaufverträge das Recht der Gewährleistung zu. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ändert daran nichts1. Nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG ist die Wohnungseigentümergemeinschaft zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verpflichtet, was auch die Beseitigung von anfänglichen Baumängeln einschließt2.

4.175

Der Wohnungseigentumskäufer hat also einerseits den Anspruch aus der werkvertraglichen Komponente seines Kaufvertrages, andererseits den Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung gegenüber der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

4.176

Nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG übt die Gemeinschaft die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Ermächtigung (entsprechend § 185 BGB), mit der ein fremdes Recht, nämlich dasjenige des einzelnen Wohnungseigentümers aus seinem Bauträgervertrag, durch die rechtsfähige Gemeinschaft im eigenen Namen geltend gemacht wird. Die Interessen des einzelnen Wohnungseigentümers werden dadurch gewahrt, dass er als Mitglied der Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss über die Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Rechte gem. § 21 Abs. 3 WEG entscheiden und jeder Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 4 WEG an den entsprechenden Beschluss gebunden ist.

4.177

Die primären Gewährleistungsansprüche (Nacherfüllung, Ersatzvornahme, Kostenvorschuss für Ersatzvornahme) können dabei von jedem Erwerber allein geltend gemacht werden; eine zwingende und alleinige Zuständigkeit der Gemeinschaft gibt es hier nicht. Eine ausschließliche Ausübungsbefugnis gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 1 WEG besteht lediglich bezüglich der sekundären Gewährleistungsansprüche der Minderung bzw. des kleinen Schadenersatzes. Hier erfordert der Schutz des Verkäufers vor einer doppelten Inanspruchnahme eine abschließende Entscheidung durch die Gemeinschaft. Es muss ausgeschlossen werden, dass ein Käufer, wenn auch nur 1 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NJW 2007, 1952 = MDR 2007, 1006 = DNotZ 2007, 939 Rz. 14; v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZfIR 2006, 752 = DNotZ 2007, 22; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Anhang Rz. 9. 2 BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13, NJW 2015, 2027 = MDR 2015, 452 = ZMR 2015, 320 Rz. 20; v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZfIR 2006, 752 = DNotZ 2007, 22 Rz. 21; Wenzel, NJW 2007, 1905.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.181 Kap. 4

für seine Einheit, Minderung durchsetzt und anschließend ein anderer Käufer Nacherfüllung verlangt, was wegen des gezahlten Minderungsbetrages zu einer ungerechtfertigten Mehrbelastung des Verkäufers führt. Neben der zwingenden Ausübungsbefugnis begründet § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 2 WEG die Zuständigkeit der rechtsfähigen Gemeinschaft jedoch auch für „sonstige Rechte der Wohnungseigentümer“, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können. Diese sonstigen Rechte unterscheiden sich von den „gemeinschaftsbezogenen Rechten“ dadurch, dass sie nicht zwingend von der Gemeinschaft ausgeübt werden, sondern lediglich eine fakultative Möglichkeit besteht. Über diese Möglichkeit hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss zu fassen. Es entspricht zwischenzeitlich einer gesicherten Rechtsprechung, dass die rechtsfähige Gemeinschaft auf dieser Rechtsgrundlage auch die Geltendmachung der Nacherfüllung an sich ziehen kann, was ein einzelnes Vorgehen durch einen einzelnen Erwerber ausschließt1. Der Erwerber kann aber weiterhin den Rücktritt oder den Anspruch auf großen Schadenersatz selbständig geltend machen2.

4.178

Für die Praxis des Notars haben die vorstehenden Ausführungen Bedeutung für die Fälle der Veräußerung von Wohnungseigentum.

4.179

M62 Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Bindung Rechtsnachfolger

4.180

Formulierungshinweis: Der Notar hat darauf hingewiesen, dass bezüglich Baumängeln am Gemeinschaftseigentum von der Versammlung der Wohnungseigentümer Beschlüsse gefasst werden können, die die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch den Käufer einschränken oder ausschließen, da der Erwerber an solche Beschlüsse gebunden ist.

Empfehlenswert ist es auch, in der Gemeinschaftsordnung eine Regelung darüber aufzunehmen, wer zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Umfange berechtigt ist, Gewährleistungsansprüche bezüglich Baumängeln am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen.

1 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = NJW 2010, 933 = ZfIR 2010, 243; v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = NJW 2007, 1952 = DNotZ 2007, 939 Rz. 20. 2 BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = NJW 2014, 1377 = ZfIR 2014, 437 = DNotZ 2014, 619 Rz. 32; v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = NJW 2014, 1090 = ZfIR 2014, 382 Rz. 6, 17; v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = NJW 2010, 3089 = ZfIR 2010, 802 Rz. 22 ff.; v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, MDR 2015, 1055 = NJW 2015, 2874 = ZfIR 2015, 801 = DNotZ 2015, 828 Rz. 9; v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MDR 2016, 762 = ZfIR 2016, 570 = DNotZ 2016, 856 Rz. 34; Wenzel, ZWE 2007, 114; Bärmann/Suilmann13, Anh. § 10 WEG Rz. 19; Palandt/Wicke76, § 10 WEG Rz. 36.

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4.181

Kap. 4 Rz. 4.182 Wohnungs- und Teileigentum

4.182

M63 Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Wahrnehmung durch WE-Gemeinschaft Formulierungsvorschlag (für Gemeinschaftsordnung): 1. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, seine sich aus dem Erwerbsvertrag ergebenden Ansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums auf Nacherfüllung einschließlich des Anspruchs auf Ersatzvornahme und auf Kostenvorschuss hierfür alleine und ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer in der Weise geltend zu machen, dass er Leistung an alle Wohnungseigentümer verlangt. Die Ansprüche auf Schadenersatz statt der gesamten Leistung (großer Schadenersatzanspruch) und das Recht auf Rücktritt können ebenfalls von jedem Wohnungseigentümer alleine geltend gemacht bzw. ausgeübt werden. Die Gemeinschaft kann jedoch beschließen, dass Ansprüche auf Erfüllung bzw. Nacherfüllung bezüglich der ordnungsmäßigen Herstellung des Gemeinschaftseigentums gemeinschaftlich durchzusetzen sind. Der Anspruch auf Minderung oder auf Schadenersatz statt der Leistung (kleiner Schadenersatzanspruch) kann nur geltend gemacht werden, wenn vorher ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit gefasst worden ist. Der aufteilende Grundstückseigentümer (Bauträger) hat hierbei kein Stimmrecht. Mit entsprechenden Beschlussfassungen der Wohnungseigentümergemeinschaft und Zugang des Beschlusses bei dem Verkäufer können Ansprüche auf Nacherfüllung nicht mehr neu geltend gemacht werden. 2. Stehen die in Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bzw. Rechte vertraglich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu (§ 10 Abs. 6 Satz 2 WEG), so ist gleichwohl jeder einzelne Wohnungseigentümer ermächtigt, den Anspruch auf Nacherfüllung, auf Ersatzvornahme sowie auf Kostenvorschuss hierfür alleine im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass die Leistung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfolgen hat.

3. Verwalterzustimmung

4.183

Ist gem. § 12 Abs. 1 WEG für die Veräußerung des Wohnungseigentums die Zustimmung des Verwalters erforderlich, dann ist das Rechtsgeschäft sowohl im schuldrechtlichen als auch im dinglichen Teil schwebend unwirksam, solange die Verwalterzustimmung noch nicht erteilt ist1. Eine erforderliche Verwalterzustimmung muss im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes vermerkt werden (§ 3 Abs. 2 WE-GBVfg). Die h.M. sieht dies jedoch lediglich als Ordnungsvorschrift an mit der Folge, dass deren Verletzung an der materiell rechtlich wirksamen Veräußerungsbeschränkung nichts ändert, wenn wegen des näheren Inhaltes des Rechtes auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wurde2.

1 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 241/11, MDR 2012, 1151 = NJW 2012, 3232 Rz. 14; v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76. 2 Bärmann/Suilmann13, § 12 WEG Rz. 9; Schneider in Harz/Riecke/Schmid5, § 12 WEG Rz. 17; a.A. Staudinger/Kreuzer, § 12 WEG Rz. 10; Bamberger/Roth/Hügel3, § 12 WEG

530

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.187 Kap. 4

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Zugrundelegung der h.M. bei jeder Wohnanlage, bei der im Bestandsverzeichnis die Veräußerungszustimmung nicht vermerkt ist, anhand der Gemeinschaftsordnung nachgeprüft werden muss, ob eine Veräußerungsbeschränkung besteht. Folgt man dagegen der abweichenden Meinung, so führt die unterlassene Eintragung dazu, dass die Einheit zustimmungsfrei gutgläubig erworben wird und in Zukunft zustimmungsfrei weiterveräußert werden kann1.

4.184

Bedenklich ist es, wenn ein Verwalter, dessen Zustimmung zur Veräußerung einer Wohnung erforderlich ist, den Wohnungseigentümern seine Dienste als Immobilienmakler beim Verkauf anbietet, da hier ein Interessenkonflikt zwischen der Verwalterstellung und der Maklertätigkeit besteht2. Es wird in diesem Falle angenommen, dass zwar die Verwalterzustimmung gem. § 12 WEG wirksam ist3, wegen des institutionalisierten Konflikts mit den Interessen des Käufers der Verwalter jedoch nicht dessen Makler sein kann mit der Folge, dass ein Anspruch auf Maklerlohn nicht besteht4.

4.185

4. Anspruch auf Veräußerungszustimmung, Unwiderruflichkeit Der Anspruch auf Veräußerungszustimmung ist gem. § 12 Abs. 2 WEG unabdingbar. Sie darf nur aus wichtigem Grund versagt werden. Ein solcher liegt nur vor, wenn die Veräußerung eine gemeinschaftswidrige Gefahr für andere Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümergemeinschaft herbeiführt.

4.186

Die Verwalterzustimmung ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Sie kann sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem Erwerber abgegeben werden, § 182 BGB. Die Verwalterzustimmung ist sowohl zum schuldrechtlichen als auch zum dinglichen Teil des Rechtsgeschäftes erforderlich. Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung kommt ein Widerruf der Verwalterzustimmung gem. § 183 BGB nicht in Betracht. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrages auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt der unterzeichnende Verwalter diese Funktion noch inne hat oder nicht. Seine Erklärungen werden deshalb nicht dadurch unwirksam, dass seine Bestellung vor dem Antrag auf Eigentumsumschreibung erlischt oder aufgehoben wird5.

4.187

1 2 3 4

5

Rz. 3; Staudinger/Rapp, § 7 WEG Rz. 8; Münchener Kommentar/Commichan7, § 12 WEG Rz. 10. Vgl. hierzu Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A IV Rz. 172. BayObLG v. 12.5.1997 – RE-Miet 1/96, NJW-RR 1997, 1371. Gutachten v. 30.4.2008, DNotI-Rep 2008, 57; a.A. Schneider in Harz/Riecke/Schmid5, § 12 WEG Rz. 83. BGH v. 26.9.1990 – IV ZR 226/89, BGHZ 112, 240 = MDR 1991, 132 = NJW 1991, 168 = DB 1990, 2518 = MittBayNot 1991, 20; § 181 BGB ist entsprechend anzuwenden, wenn der Verwalter selbst als Veräußerer oder Erwerber an dem zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäft beteiligt ist, s. Bärmann/Suilmann13, § 12 WEG Rz. 27. BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, MDR 2013, 22 = NJW 2013, 299 = ZfIR 2013, 25 = DNotZ 2013, 362 Rz. 12 ff.; KG v. 28.2.2012 – 1 W 41/12, DNotZ 2012, 773.

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Kap. 4 Rz. 4.188 Wohnungs- und Teileigentum

5. Eintritt in die Rechtsverhältnisse der Gemeinschaft

4.188

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung wirken nach § 10 Abs. 4 WEG auch gegen Sonderrechtsnachfolger. Sie sind nicht eintragungsbedürftig (im Gegensatz zu Vereinbarungen) und deshalb auch nicht eintragungsfähig. a) Unanfechtbar gewordene Beschlüsse der Gemeinschaft

4.189

Die Geltung von Beschlüssen gegenüber Rechtsnachfolgern hängt nicht davon ab, dass dieser sie kennt. Es kommt auch nicht darauf an, ob sie in die Beschluss-Sammlung eingetragen wurden.

4.190

M64 Versammlung der Wohnungseigentümer, Protokoll Formulierungsbeispiel: Der Verwalter ist verpflichtet, über die Beschlüsse der Versammlung der Wohnungseigentümer eine Niederschrift gem. § 24 Abs. 4 WEG anzufertigen. Er hat diese Niederschrift jedem Wohnungseigentümer an die ihm zuletzt bekannt gegebene Adresse bis spätestens zwei Wochen nach dem Versammlungstermin zuzusenden und über die Absendung in seinen Akten einen Vermerk anzufertigen.

4.191

Der Notar hat gem. § 17 BeurkG die Beteiligten darüber zu belehren, dass der Erwerber kraft Gesetzes in getroffene und unanfechtbare Beschlüsse eintritt. Der oft zu findende Hinweis, dass der Erwerber rechtsgeschäftlich in Beschlüsse und in Entscheidungen gem. § 43 WEG eintritt, ist entbehrlich; es handelt sich hier um eine gesetzliche Folge.

4.192

Der Eintritt in die Beschlüsse bezieht sich nicht nur auf Verwaltungsregelungen und laufende Zahlungen, sondern auch auf einmalige Umlagen (Sonderumlagen). Die Haftung des Erwerbers für solche Sonderumlagen besteht jedenfalls dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung eine dementsprechende Haftung festgelegt ist oder wenn zwar der Beitrags- oder Umlagebeschluss während der Eigentumszeit des Veräußerers gefasst, aber die Zahlungspflicht erst nach Eigentumserwerb des Erwerbers fällig wird1. b) Abrechnung der Bewirtschaftungskosten

4.193

Der im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer hat die Lasten und Kosten nach § 16 Abs. 2 WEG auch dann zu tragen, wenn er das Wohnungseigentum veräußert hat, Besitzübergang erfolgt ist und für den Erwerber eine Auflassungsvor-

1 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 = ZfIR 1999, 914 = DNotZ 2000, 198; v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 = MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910 = DB 1988, 2355 = DNotZ 1989, 148; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 192; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 186 f.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.196 Kap. 4

merkung im Grundbuch eingetragen ist1. Bis zur Eintragung eines neuen Eigentümers kommt es deshalb für die Lastentragungsverpflichtung ausschließlich auf die dingliche Grundbuchlage an2. Der Erwerber haftet der Gemeinschaft solange nicht, wie er nicht als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. c) Haftung für rückständige Lasten Eine Haftung für rückständige laufende Hausgeldzahlungen besteht nach der Rechtsprechung für den Erwerber nur dann, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist3. Bei Erwerb in der Zwangsversteigerung besteht jedoch für den Erwerber auch bei einer entsprechenden Festlegung in der Gemeinschaftsordnung eine solche Haftung nicht4. Ein dementsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung ist nichtig, da er sich zu Lasten Dritter (nämlich der Grundpfandrechtsgläubiger) auswirkt5.

4.194

Umstritten war dagegen lange die Situation, dass die Beschlussfassung erst nach Eintragung des Erwerbers als neuer Eigentümer stattfand, die konkretisierte Zahlungsverpflichtung jedoch einen Zeitraum betraf, in dem der Erwerber noch nicht Eigentümer war. Nach schwankender Rechtsprechung gilt nunmehr: Die Zahlungsverpflichtung entsteht nur mit der entsprechenden Beschlussfassung6. Es haftet derjenige, der zu diesem Zeitpunkt der grundbuchmäßige Eigentümer ist. Die Regelungen im Innenverhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber bleiben hiervon natürlich unberührt.

4.195

Ein Wohnungseigentümer haftet sonach für Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinschaft, die einen Zeitraum betreffen, zu dem er noch nicht Wohnungseigentümer war, nur unter folgenden Voraussetzungen:

4.196

– der die Zahlungsverpflichtung begründende Beschluss gem. § 28 Abs. 5 WEG ist nach dem Zeitpunkt seiner Eintragung als Eigentümer gefasst worden oder – der Beschluss wurde vor dem Zeitpunkt der Eintragung als Eigentümer gefasst, die Fälligkeit der beschlossenen Verpflichtung tritt jedoch gemäß dem Beschluss erst

1 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 = ZfIR 1999, 914 = DNotZ 2000, 198; v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZWE 2012, 90. 2 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950 = DNotZ 1995, 42; v. 18.5.1989 – V ZB 14/88, NJW 1989, 2697 = DNotZ 1990, 371. 3 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = ZfIR 2013, 806 = DNotZ 2014, 115 Rn. 5; v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358 = NJW 1987, 1638 = MDR 1987, 485 = DNotZ 1988, 27; Bärmann/Suilmann13, § 10 WEG Rz. 192. 4 BGH v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358 = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 1638 = DNotZ 1988, 27; v. 13.10.1983 – VII ZB 4/83, BGHZ 88, 302 = MDR 1984, 222 = NJW 1984, 308 = DNotZ 1984, 556. 5 BayObLG v. 25.7.1984 – BReg 2 Z 108/83, MDR 1984, 1028 = DNotZ 1985, 416; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 194. 6 BGH v. 18.5.1989 – V ZB 14/88, NJW 1989, 2697 = DNotZ 1990, 371.

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Kap. 4 Rz. 4.197 Wohnungs- und Teileigentum

zu einem Zeitpunkt ein, zu dem der Erwerber bereits als Eigentümer eingetragen ist1 oder – die Gemeinschaftsordnung legt fest, dass der rechtsgeschäftliche Erwerber für Zahlungsverpflichtungen des früheren Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft haftet.

4.197

Für die Vertragsgestaltung hat diese Rechtslage zur Folge, dass der rechtsgeschäftliche Erwerber gegen Forderungen der Eigentümergemeinschaft, die den Zeitraum vor dem Besitzübergang betreffen, gesichert werden muss. Es empfiehlt sich deshalb zunächst, den Verkäufer versichern zu lassen, dass alle abgelaufenen Wirtschaftsjahre der Eigentümergemeinschaft unanfechtbar abgerechnet sind und dass Rückstände für Vorschüsse, die vom Verwalter gemäß dem beschlossenen Wirtschaftsplan abgerufen werden, nicht bestehen (§ 28 Abs. 2 WEG). Kann oder wird eine solche Versicherung nicht abgegeben, so sind Sicherheitsleistungen zu empfehlen.

4.198

Durch das WEG-Änderungsgesetz wurde mit Wirkung vom 1.7.2007 die neue Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG geschaffen, die den Hausgeldansprüchen quantitativ und zeitlich beschränkt den Vorrang vor den Grundpfandrechten einräumt. Aus dem Gesetzestext wurde entnommen, dass für die Hausgeldansprüche eine dingliche Haftung des Wohnungseigentums bestehe mit der Folge, dass auch ein Sonderrechtsnachfolger hierfür haftet2.

4.199

Diese Rechtsansicht wurde jedoch vom BGH3 abgelehnt. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Eine dingliche Haftung von Grundbesitz besteht gemäß dem Publizitätsprinzip des Sachenrechtes nur dann, wenn das entsprechend Recht aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Nur für fiskalische Privilegien (Grundsteuer, Erschließungsbeiträge etc.) besteht im öffentlichen Interesse hiervon eine Ausnahme. Für die Hausgeldbeträge nach dem WEG besteht jedoch eine solche Privilegierung nicht; sie ist weder gesetzlich angeordnet noch besteht ein Bedürfnis für eine solche. Es ist Aufgabe des Verwalters, Hausgeldansprüche rechtzeitig zu titulieren und gegen den Eigentümer und Hausgeldschuldner durchzusetzen. d) Verwaltungsvermögen und Rechtsnachfolge

4.200

Aus der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ergibt sich, dass diese auch ein eigenes Vermögen – das Verwaltungsvermögen – haben kann (§ 10 Abs. 7 Satz 1 WEG). Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemein1 Abramenko in Riecke/Schmidt/Abramenko4, § 28 WEG Rz. 90; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp, A.III.Rz. 195. 2 Bärmann/Becker13, § 16 WEG Rz. 185; Elzer/Abramenko in Harz/Riecke/Schmid5, § 16 WEG Rz. 220; Hügel/Scheel3, Teil 16 Rz. 58; LG Berlin v. 28.9.2010 – 55 S 87/10, ZMR 2011, 156. 3 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = ZfIR 2013, 806 = DNotZ 2014, 115; v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, NJW 2014, 2445 = MDR 2014, 988 = ZfIR 2014, 654 = DNotZ 2014, 769 Rz. 15; Weber, DNotZ 2014, 738; Beck’sches Notarhandbuch/Rapp6, A III Rz. 196a.

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A. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 4.203 Kap. 4

schaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten (§ 10 Abs. 7 Satz 2, 3 WEG). Bei der Veräußerung eines Wohnungseigentums bedarf es keiner Übertragung von Gegenständen des Verwaltungsvermögens an den Erwerber. Es bedarf auch keines Eintritts in Vertragsverhältnisse mehr, insbesondere in Dauerschuldverhältnisse. Die Mitgliedschaft in der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft wird kraft Gesetzes mit dem Eigentumserwerb erlangt und mit dessen Verlust wieder verloren. e) Nachhaftung des Veräußerers Nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG haftet jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind. § 160 HGB ist entsprechend anzuwenden. Diese Außenhaftung ist zwingend; sie kann nicht durch die Gemeinschaftsordnung modifiziert oder abbedungen werden.

4.201

6. Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ist bürgerlichrechtlich ohne Schwierigkeiten möglich. Zu beachten sind jedoch einige Mieterschutzvorschriften.

4.202

a) Besondere Kündigungsschutzvorschriften für den Mieter Die Vorschrift des § 577a BGB (früher § 564b BGB) setzt voraus, dass nach der Überlassung von Wohnraum an den Mieter vom bisherigen Eigentümer oder auch von seinem Rechtsvorgänger Wohnungseigentum gem. § 8 WEG begründet worden ist und dieses alsdann veräußert wurde. Der zur Kündigung berechtigende Eigenbedarf bzw. das wirtschaftliche Verwertungsinteresse kann dann erst nach Ablauf von drei Jahren ab der Veräußerung an den Erwerber von diesem geltend gemacht werden. Diese Drei-Jahres-Frist kann nach Maßgabe landesrechtlicher Bestimmungen in einzelnen Gemeinden bis zu zehn Jahren verlängert werden, § 577a Abs. 2 BGB. Der Erwerber und Vermieter des Wohnungseigentums darf erst nach Ablauf der dreijährigen (bzw. gemäß landesrechtlicher Vorschrift verlängerten) Wartezeit wegen Eigenbedarfs kündigen und dann mit der gesetzlichen Frist. § 577a BGB in der bis zum 30.4.2013 geltenden Fassung (BGBl. I 2013, 434) war dagegen nicht anwendbar, wenn nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter das Hausgrundstück von mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft von einem Dritten erworben wurde und die Erwerber Wohnungseigentum gem. § 3 WEG begründen1. Diese Schutzlücke ist jetzt durch das Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.3.2013 (BGBl. I 2013, 434) mit 1 BGH v. 6.7.1994 – VIII ARZ 2/94, MDR 1995, 33 = NJW 1994, 2542; v. 16.7.2009 – VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738; v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2009, 1097 = NJW 2014, 850.

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4.203

Kap. 4 Rz. 4.204 Wohnungs- und Teileigentum

den neuen Vorschriften des § 577a Abs. 1a, 2a BGB geschlossen. Der Bestandsschutz des Mieters erstreckt sich jetzt auch auf die Fälle, bei denen die vorstehend zitierte Rechtsprechung eine Umwandlung i.S.v. § 577a Abs. 1 BGB verneinte. b) Das gesetzliche Mietervorkaufsrecht

4.204

Seit 1.9.1993 besteht an vermieteten Wohnräumen, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, ein gesetzliches Vorkaufsrecht des Mieters (§ 577 BGB). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH1 auch bei der Realteilung eines Grundstücks, durch die mehrere Einzelgrundstücke entstehen, wenn diese anschließend verkauft werden. Es besteht für den ersten Verkaufsfall und ist rein schuldrechtlicher Natur. Zugunsten des Mieters besteht danach keine Vormerkungswirkung gem. § 1098 Abs. 2 BGB2. Die Nichtbeachtung des Mietervorkaufsrechtes führt deshalb (lediglich) zu einer Schadensersatzverpflichtung des Verkäufers gem. § 280 Abs. 1 BGB gegenüber dem Mieter3. Für die notarielle Praxis ist deshalb zu empfehlen, dass ein Rücktrittsrecht des Verkäufers gegenüber dem Erstkäufer bei Ausübung des Mietervorkaufsrechtes vereinbart wird. Auf das Mietervorkaufsrecht nach § 577 BGB kann auch nicht vor Abschluss des Drittkaufvertrages wirksam verzichtet werden4. Dies wäre eine gem. § 577 Abs. 5 BGB unwirksame abweichende Vereinbarung zu Lasten des Mieters. c) Sondervorschriften für Sozialbauwohnungen

4.205

Sind die umgewandelten Mietwohnungen Sozialwohnungen, so gelten zusätzlich zu den Mieterschutzvorschriften, wie vorstehend beschrieben, die Vorschriften des WoBindG i.d.F. vom 13.9.20015. Dem Mieter steht ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Öffentlich geförderte Wohnungen dürfen nur an Wohnungssuchende zum Gebrauch überlassen werden, deren Berechtigung hierzu sich durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde ergibt. Dies bedeutet, dass beim Erwerb einer Sozialbauwohnung ein Eigenbedarf des Erwerbers nicht geltend gemacht werden kann.

4.206–4.240

Einstweilen frei.

1 BGH v. 27.4.2016 – VIII ZR 61/15, = NJW-RR 2016, 910; v. 23.6.2010 – VIII ZR 325/09, NJW 2010, 3571 Rz. 14; v. 28.5.2008 – VIII ZR 126/07, NJW 2008, 2257 Rz. 9. 2 Falkner, MittBayNot 2012, 519. 3 BGH v. 21.1.2015 – VIII ZR 51/14, NJW 2015, 1516 Rz. 26 ff. 4 Langhein, DNotZ 1993, 663; Falkner, MittBayNot 2012, 520; Palandt/Weidenkaff76, § 577 BGB Rz. 2. 5 BGBl. I 2001, 2166.

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Rapp

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.243 Kap. 4

B. Steuerliche Fragen I. Bewertungsrecht 1. Allgemeines, Einheitswert In seinen Beschlüssen vom 22.6.19951 hat das BVerfG die unterschiedliche steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen bei der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer mit dem Gleichheitssatz unvereinbar erklärt, da es wegen der Belastung von einheitswertgebundenem Vermögen nach Vergangenheitswerten einerseits und von nicht einheitswertgebundenem Vermögen nach Gegenwartswerten andererseits zu gleichheitswidrigen Wertverzerrungen komme. Dennoch wird die Einheitsbewertung vorerst fortgeführt, auch wenn der Einheitswert nur noch für die Erhebung der Grundsteuer eine Rolle spielt. Die Länder Hessen und Niedersachsen haben im Bundesrat einen Gesetzesantrag zur Änderung des Bewertungsgesetzes eingebracht, der eine Neuregelung der Wertverhältnisse für die Grundsteuer zum Gegenstand hat2.

4.241

Zu den drei Vermögensarten des Bewertungsrechts (§ 18 Nr. 1 bis 3 BewG) zählt das Grundvermögen, zu dem (auch) das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem WEG gehört (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG). Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG bildet jedes Wohnungs- und Teileigentum eine wirtschaftliche Einheit. Der Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum, stellt also auch bewertungsrechtlich eine Einheit dar. Für die Bestimmung des Bewertungsgegenstandes ist das selbständige Wohnungseigentum maßgebend. Hiernach sind zwei Wohnungen, die mit einem Miteigentumsanteil verbunden sind, grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S.d. Bewertungsrechts zusammenzufassen3. Mehrere Gebäude auf einem Grundstück, an denen Sondereigentum verbunden mit einem Miteigentumsanteil besteht, bilden mehrere wirtschaftliche Einheiten, wenn sie baulich voneinander getrennt oder wenigstens leicht getrennt werden können, so dass eine getrennte Veräußerung möglich ist4. Die Anzahl der Wohnungen gem. § 146 Abs. 5 BewG richtet sich nach der Einheitsbewertung des Grundvermögens5.

4.242

Nach § 93 Abs. 2 BewG ist das zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienende Wohnungseigentum im Wege des Ertragswertverfahrens nach den Vorschriften zu bewerten, die für Mietwohngrundstücke maßgebend sind. Damit wird auf §§ 75 ff. BewG verwiesen. Aus § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 BewG ergibt sich, dass das Sachwertverfahren bei Wohnungseigentum nicht anwendbar ist6. Bei aufwendig gestaltetem Woh-

4.243

1 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, 655 und 671. 2 BR-Drucks. 515/16 v. 12.9.2016. 3 Vgl. Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz4, § 157 BewG Rz. 21; Mannek in Gürsching/Stenger, § 146 BewG Rz. 66 (Stand: Dez. 2012). 4 Vgl. BFH v. 7.2.1964 – III 230/61 U, BFHE 78, 465; v. 2.10.1970 – III R 163/66, BFHE 100, 213. 5 BFH v. 26.9.2007 – II R 74/05, BStBl. II 2008, 15. 6 Mannek in Gürsching/Stenger, § 146 BewG Rz. 359 ff. (Stand: Dez. 2012).

Schallmoser

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Kap. 4 Rz. 4.244 Wohnungs- und Teileigentum

nungseigentum, insbesondere bei einer über 220 qm großen Wohnfläche, kann durch diese Gestaltung auf Dauer in erheblichem Umfang Grundsteuer eingespart werden1. 2. Entstehung von Wohnungs- und Teileigentum

4.244

Wann entsteht bewertungsrechtlich Wohnungs- und Teileigentum: Ist – nach der Errichtung des Gebäudes – das Datum der Teilungserklärung, die Einreichung der Urkunde beim Grundbuchamt oder die Anlegung von Grundbuchblättern entscheidend? Der BFH2 hat entschieden, dass der zuletzt genannte Zeitpunkt, also die zivilrechtliche Betrachtung, für das Bewertungsrecht maßgeblich ist. Soweit steuerliche Vorschriften an das Bewertungsrecht anknüpfen, also Wohnungs- oder Teileigentum Voraussetzung für Steuervergünstigungen ist, sollte daher die Grundbucheintragung3 abgewartet werden. Die Erbschaftsteuerrichtlinien4 sehen insoweit vor, dass für die Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung der Zeitpunkt der Beurkundung und die Beantragungsmöglichkeit beim Grundbuchamt maßgebend sind. 3. Mindestanforderungen bei Wohnungs- und Teileigentum

4.245

Die für die Bildung von Wohnungseigentum erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung (gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG) wird nur erteilt, wenn eine Wohnung vorliegt; dazu gehören stets eine Küche oder ein Raum mit Kochgelegenheit sowie Wasserversorgung, Ausguss und WC5.

4.246

Der Rechtsprechung6 verlangt zudem eine gewisse Mindestgröße; weniger als 23 qm sind grundsätzlich nicht ausreichend, das Vorhandensein einer Toilette, einer Küche oder Kochgelegenheit, eines Bades oder einer Dusche ist erforderlich (ein Waschbecken allein ist unzureichend)7. Darüber hinaus müssen die Räume grundsätzlich Wohnzwecken dienen. Für Gebäude, die vor dem 1.1.1973 bezugsfertig errichtet wurden, gelten weniger strenge Anforderungen.

4.247

Die aufgeführten Kriterien gelten nicht für Teileigentum, an das geringere Anforderungen gestellt werden; insbesondere sind keine sanitären Räume zur Anerken1 Haas in Gürsching/Stenger, § 76 BewG Rz. 28 (Stand: Nov. 2014). 2 BFH v. 24.7.1991 – II R 132/88, BStBl. II 1993, 87. 3 Tritt der Erbfall ein, bevor der Erblasser als Eigentümer des von ihm gekauften Grundstücks in das Grundbuch eingetragen wurde, ist der Anspruch auf Eigentumsübertragung für die Erbschaftsteuer auch dann mit dem gemeinen Wert und nicht mit dem Grundbesitzwert anzusetzen, wenn dem Erblasser bereits ein Anwartschaftsrecht zugestanden hatte, vgl. BFH v. 16.5.2007 – II R 61/99, DStRE 2007, 1382 = UVR 2007, 261 = ZEV 2007, 394. 4 R E 9.1 ErbStR 2013. 5 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG v. 19.3.1974, BAnz Nr. 58 v. 23.3.1974. 6 Vgl. BFH v. 20.6.1985 – III R 71/83, BStBl. II 1985, 582. 7 Vgl. BFH v. 26.3.1985 – III R 124/84, BStBl. II 1985, 496 und v. 4.7.1990 – II R 74/87, BStBl. II 1991, 131; Ritzer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, A IV Rz. 74.

538

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B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.251 Kap. 4

nung erforderlich. Auch die strengeren Baurechtsnormen, die für die Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen für Wohnungen gelten, werden nicht für Teileigentum angewandt: Aus diesem Grund war es in München möglich, auch während der Zeit der Nichterteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen für Altbauten die sog. Keller- und Garagenmodelle1 zu entwickeln, wonach die Abgeschlossenheitsbescheinigung nur für Kellerräume oder Garagen erteilt und die Wohnräume als Sondernutzungsrecht zugeordnet wurden. Das Wohnungs(-teil-)eigentum, das zu mehr als 80 % Wohnzwecken dient, ist nach dem Ertragswertverfahren gemäß den Vorschriften für Mietwohngrundstücke zu bewerten. Wohnungseigentum, das zu nicht mehr als achtzig Prozent, aber zu nicht weniger als zwanzig Prozent Wohnzwecken dient, ist im Wege des Ertragswertverfahrens nach den Vorschriften zu bewerten, die für gemischtgenutzte Grundstücke maßgebend sind (§ 93 Abs. 2 BewG). Wird das Wohnungseigentum zu mehr als 80 % gewerblich genutzt, kommen die Vorschriften über Geschäftsgrundstücke zur Anwendung2. In diesen Fällen kann über § 76 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 BewG auch das Sachwertverfahren zur Anwendung kommen.

4.248

4. Grundbesitzwert für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke Für Wohnungseigentum gelten folgende Grundsätze (allg. zur Erb- und schenkungssteuerlichen Bewertung s. Rz. 1.960 ff.): Auszugehen ist von dem gesondert festzustellenden Grundbesitzwert gem. § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG. Dabei ist nach § 177 BewG der gemeine Wert zugrundezulegen. Bei Wohnungseigentum ist regelmäßig das Vergleichswertverfahren anzuwenden (§§ 182 Abs. 2 Nr. 1, 2; 183 Abs. 1 Satz 1 BewG). Bei dem Vergleichswertverfahren sind Kaufpreise von Objekten heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Wohnungseigentum hinreichend übereinstimmen. Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise.

4.249

Liegen Vergleichspreise nicht vor, erfolgt die Bewertung gem. § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG im Sachwertverfahren (s.u. Rz. 4.252). Bei diesem werden der Bodenwert, das ist der Wert des unbebauten Grundstücks auf der Basis der von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte, und der Gebäudesachwert ermittelt und addiert. Der Gebäudesachwert geht von den Regelherstellungskosten des Gebäudes aus (§ 190 Abs. 1 BewG).

4.250

Teileigentumseinheiten (z.B. Praxen, Geschäftsräume) werden nach dem Ertragswertverfahren bewertet (§§ 182 Abs. 3 Nr. 2, 184 ff. BewG, s.u. Rz. 4.253). Der Bodenwert ist dabei wiederum den Richtwerten des Gutachterausschusses zu entnehmen (§ 184 Abs. 2, 179 BewG). Ihm wird der Gebäudeertragswert, ermittelt gem. § 185 BewG, hinzugerechnet (§§ 184 Abs. 3 BewG).

4.251

1 Pause, NJW 1990, 3178. 2 Siehe im Einzelnen Ritzer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, A IV Rz. 252.

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Kap. 4 Rz. 4.252 Wohnungs- und Teileigentum

5. Bewertungsbeispiel (20 Jahre nach Bezugsfertigkeit)

4.252

a) Wohnungseigentum im Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 BewG) aa) Bodenwert 300 t pro qm, Grundstücksgröße 1.000 qm Miteigentumsanteil 100/1.000 300 × 1.000 × 100/1.000 = 30.000 t, §§ 189 Abs. 2, 179 BewG. bb) Baujahr 1990, Ausstattungsstandard mittel, Wohnfläche 100 qm. Zur Ermittlung der Bruttogrundfläche (Anlage 24 BewG) ist die Wohnfläche mit 1,55 zu multiplizieren. 100 × 1,55 = 155 qm Bruttogrundfläche. Regelherstellungskosten Anlage 24 II 2.970 t/qm BGF cc) Vorläufiger Sachwert 30.000 t + 150.530 t = 180.530 t dd) Wertzahl §§ 189 Abs. 3 Satz 2, 191 Abs. 2 BewG, Anlage 25, 1,1 × 180.530 t = 198.583 t abgerundet 198.500 t.

4.253

b) Teileigentum (Banklokal) im Ertragswertverfahren (§ 182 Abs. 3 Nr. 2, 184 ff. BewG) aa) Bodenwert unbebautes Grundstück 10/100 Miteigentumsanteil § 184 Abs. 1, 2 BewG, § 179 BewG 50.000 t. bb) Reinertrag des Grundstücks § 185 Abs. 1 BewG 10.000 t/Jahr cc) Liegenschaftszins § 188 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BewG 6,5 % aus 50.000 t = 3.250 t dd) Gebäudereinertrag bb) – cc) = 6.750 t Restnutzungsdauer 40 Jahre × 14,15 = 95.512 t Ertragswert 95.512 t + 50.000 t = 145.512 t abgerundet 145.500 t

4.254–4.270

Einstweilen frei.

II. Einkommensteuer 1. Vermietetes Wohnungs- und Teileigentum im Privatvermögen a) Einkünftetatbestand

4.271

Durch eine zeitlich begrenzte Überlassung von im Privatvermögen befindlichem Wohnungs- und Teileigentum verwirklicht der Eigentümer den Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz Nr. 1 EStG; s. Rz. 1.407 ff.), soweit er dabei mit Einkünfteerzielungsabsicht handelt (s. Rz. 1.410 ff.).

540

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.274 Kap. 4

b) Werbungskosten Als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann der Steuerpflichtige anteilig auch die Aufwendungen der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen. Der abzugsfähige Anteil ergibt sich aus der Verwalterabrechnung.

4.272

aa) Instandhaltungsrücklage Literatur: Drasdo, Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Beurteilungen ZWE 2013, 297; Grürmann, Instandhaltungsrücklage: Chance zur Vereinfachung vertan, DStR 2009, 2087; Sauren, Beiträge zur Instandhaltungsrücklage nach dem WEG direkt abzugsfähig?, DStR 2006, 2161.

Nach den Regelungen in § 10 Abs. 6, 7 WEG besitzt die der Wohnungseigentümergemeinschaft (Teil-)Rechtsfähigkeit1. Gleichwohl beurteilt der BFH die Frage, zu welchem Zeitpunkt die zur Instandhaltungsrücklage geleisteten Beiträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, unabhängig von der zivilrechtlichen Einstufung der Rechtsbeziehungen zwischen Wohnungseigentümer und Eigentümergemeinschaft. Danach sind Beiträge zur Instandhaltungsrücklage mit ihrer Zahlung aufgrund ihrer Zuordnung zum bzw. der Bindung im Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zwar aus dem frei verfügbaren Vermögen des einzelnen Wohnungseigentümers abgeflossen. Sie können aber beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich – etwa für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für andere Maßnahmen – verausgabt und der Aufwand beim jeweiligen Steuerpflichtigen durch die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung veranlasst ist2.

4.273

Vor diesem Hintergrund müssen die im Wohngeld enthaltenen Instandhaltungsrücklagenanteile ausgegliedert werden. Erst nach der Bezahlung durchgeführter Reparaturen ist der Wohnungseigentümer zum Ansatz der anteilig auf ihn entfallenden Reparaturkosten berechtigt3. Folgerichtig muss aus dem Kaufpreis für eine gebrauchte Eigentumswohnung der zu diesem Zeitpunkt vorhandene Anteil an der Instandhaltungsrücklage aus den Anschaffungskosten ausgliedert werden, da insoweit die anteilige Rücklage „angeschafft“ wird. Der Erwerber kann für die ab Erwerb durchgeführten Reparaturen die (anteiligen) aus der Instandhaltungsrücklage bezahlten Handwerkerrechnungen als Werbungskosten geltend machen.

4.274

1 Der Gesetzgeber ist insoweit der Rechtsprechung des BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, DStR 2005, 1283 = MDR 2005, 1156 = NJW 2005, 2061 = ZfIR 2005, 506 = DNotZ 2005, 776 und v. 7.3.2007 – VIII ZR 125/06, MDR 2007, 899 = NJW 2007, 2987 = DNotZ 2007, 747, gefolgt. 2 St. Rspr., s. BFH v. 26.1.1988 – IX R 119/83, BStBl. II 1988, 577; v. 21.10.2005 – IX B 144/05, BFH/NV 2006, 291; v. 9.12.2008 – IX B 124/08, DStRE 2009, 524; OFD Frankfurt/ Main v. 30.3.2000, DB 2000, 1102; a.A. Bub, WE 1988, 118; Grürmann, DStR 2009, 2087. 3 H 21.2 EStH 2013 „Werbungskosten“.

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541

Kap. 4 Rz. 4.275 Wohnungs- und Teileigentum

4.275

Auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung müsste der sofortige Werbungskostenabzug für Instandhaltungsbeiträge dadurch erreichbar sein, dass die Wohnungseigentümer eine (beteiligungskonforme) „Reparatur-GmbH“ errichten, die die Instandhaltung der Wohnanlage übernimmt. Die Wohnungseigentümer können auch formlos durch Beschluss den Verwalter der Wohnungseigentumsanlage beauftragen, diese GmbH zu errichten und als Treuhänder den GmbH-Anteil für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu halten1. Sofern die Zuführungen zur Reparaturrücklage unmittelbar an die „Reparatur-GmbH“ geleistet werden, liegt ein Abfluss vor, der den Werbungskostenabzug eröffnet. Die „Reparatur-GmbH“ kann für die erzielten Einnahmen eine entsprechende Rückstellung für die übernommene Reparaturverpflichtung bilden. Ein Durchgriff durch die „Reparatur-GmbH“ in der Weise, dass die anteilige von der „Reparatur-GmbH“ gebildete Reparaturrücklage den Wohnungseigentümern zugerechnet würde, ist nach den allgemeinen Zurechnungsgrundsätzen u.E. unzulässig. bb) Absetzungen für Abnutzung (1) Beginn

4.276

Die AfA für eine Eigentumswohnung wird ab deren bautechnischer Fertigstellung unabhängig von der Rechtslage nach dem WEG gewährt. Eine Eigentumswohnung ist auch dann bereits mit der Bezugsfertigkeit „fertiggestellt“ i.S.v. § 7 Abs. 4 EStG, wenn zu diesem Zweck bürgerlich-rechtlich noch kein Wohnungseigentum begründet und die Teilungserklärung noch nicht erstellt worden ist2. Bei der Fertigstellung oder dem Erwerb während eines Jahres wird die AfA pro rata temporis nach der Anzahl der Monate seit Fertigstellung bzw. Anschaffung gewährt. (2) Bemessungsgrundlage

4.277

Bei der schätzungsweisen Aufteilung eines Kaufpreises für eine angeschaffte oder hergestellte Eigentumswohnung ist der Sachwert des Grund- und Bodenanteils und des Gebäudeanteils anhand der Normalherstellungskosten (d.h. ohne Ansatz von allgemeinen Bauträgergemeinkosten und eines kalkulatorischen Bauträgergewinns) schätzweise zu ermitteln3. Die sog. „Vergleichswertmethode“ ist keine geeignete Schätzungsmethode4; auch die Ertragswertmethode wird vom BFH5 nur im Ausnahmefall zugelassen (näher s. Rz. 1.71. Unbeschadet dessen ist eine Einigung der Vertragsparteien über die Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden sowie Gebäude anzuerkennen, solange die Vereinbarung nicht nur zum Schein 1 Vgl. Spiegelberger, WE 1989, 88. 2 Vgl. BFH v. 26.1.1999 – IX R 53/96, DB 1999, 1245. Zur Abgrenzung von Anschaffungsund Herstellungskosten bei Umbau und Modernisierungsmaßnahmen vgl. BFH v. 17.12.1996 – IX R 47/95, DStR 1997, 489. 3 Vgl. BFH v. 31.7.2001 – IX R 15/98, DStRE 2002, 267; Sauer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, B I Rz. 455. 4 Vgl. BFH v. 15.1.1985 – IX R 81/83, BStBl. II 1985, 252; v. 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183. 5 Vgl. BFH v. 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183.

542

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.279 Kap. 4

getroffen wurde (§ 41 Abs. 2 AO) sowie keinen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) darstellt und zum anderen die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlt oder wirtschaftlich nicht haltbar erscheint1. Es empfiehlt sich daher, eine solche Aufteilung schon im notariell beurkundeten Kaufvertrag vorzunehmen, um späteren Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung vorzubeugen (näher s. Rz. 1.71). (3) Vermietete Denkmalschutzobjekte sowie Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen Verwaltungsanweisung: BMF-Schreiben v. 16.5.2007 zur Reichweite der Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2, § 7i Abs. 2 EStG, BStBl. I 2007, 475 Bei vermieteten denkmalgeschützten Eigentumswohnungen kann der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen für Abnutzung gem. § 7i Abs. 1 EStG geltend machen (s. Rz. 1.487 ff.); entsprechendes gilt nach § 7h EStG für Eigentumswohnungen in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (s. Rz. 1.496 ff.). Die für den Werbungskostenabzug notwendige Bescheinigung der jeweiligen Gemeindebehörde (s. Rz. 1.494 und Rz. 1.501 ff.) muss objektbezogen sein, d.h. dass die Voraussetzungen der §§ 7h, i EStG müssen hinsichtlich einer bestimmten Eigentumswohnung (und nicht lediglich hinsichtlich des gesamten Gebäudes) bescheinigt werden2.

4.278

cc) Haushaltsnahe Dienstleistungen Literatur: Beck, Haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EStG, ZWE 2008, 313; Beck, Die Ausstellung der Bescheinigung über haushaltsnahe Dienstleistungen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht § 35a EStG, Berlin, 2. Aufl. 2010; Laschet/Kontny, Haushaltsnahe Dienstleistungen für Wohnungseigentümergemeinschaften, FR 2006, 967.

§ 35a EStG begünstigt haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Abzugsberechtigt ist grundsätzlich der Arbeitgeber bzw. der Auftraggeber. Indes kann auch der Mieter einer Wohnung die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für Leistungen beanspruchen, die der Vermieter in Auftrag gegeben hat, wenn der Mieter vertraglich verpflichtet ist, diese Leistungen finanziell zu tragen und der Vermieter hierüber abrechnet. Entsprechendes gilt, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit Wirkung für und gegen alle Gemeinschafter Handwerkerleistungen in Auftrag gibt. Werden die Rechnungen aus dem Gemeinschaftsvermögen (§ 10 Abs. 7 WEG) beglichen, entstehen dem einzelnen 1 Vgl. BFH v. 15.1.1985 – IX R 81/83, BStBl. II 1985, 252 = BB 1985, 906; v. 26.5.1992 – IX R 190/87, BFH/NV 1993, 92; v. 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183; v. 31.7.2001 – IX R 15/98, BFH/NV 2002, 324; v. 16.9.2015 – IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397 = FR 2016, 228 = NJW 2016, 591. 2 BFH v. 6.5.2014 – IX R 15/13, BStBl. II 2015, 367 und v. 6.12.2016 – IX R 17/15, BStBl. II 2017, 523, jew. zu § 7h EStG; ferner BFH v. 16.9.2014 – X R 29/12, BFH/NV 2015, 194, zu § 7i EStG; kritisch hierzu Beck, DStR 2017, 1469.

Schallmoser

543

4.279

Kap. 4 Rz. 4.280 Wohnungs- und Teileigentum

Wohnungseigentümer Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen1. Leistet demgegenüber der Mieter einer Dienstwohnung an den Vermieter pauschale Zahlungen für die Durchführung von Schönheitsreparaturen, so handelt es sich hierbei nicht um Aufwendungen für Handwerkerleistungen i.S.d. § 35a Abs. 2 EStG, wenn die Zahlungen unabhängig davon erfolgen, ob und ggf. in welcher Höhe der Vermieter tatsächlich Reparaturen an der Wohnung des Mieters in Auftrag gibt2. c) Bauabzugssteuer

4.280

Soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG verpflichtet ist, Bauabzugssteuer i.H.v. 15 % der Bruttovergütung einzubehalten und unmittelbar an das für den jeweiligen Werkunternehmer zuständige Betriebsfinanzamt unter Beifügung einer entsprechenden Erklärung abzuführen3, ist diese Zahlung in der Jahresabrechnung gesondert auszuweisen4. Der Steuerabzug kann unterbleiben, wenn das beauftragte Unternehmen eine Freistellungsbescheinigung seines zuständigen Finanzamtes vorlegt oder die vom Gesetz vorgegebenen Bagatellgrenzen gem. § 48 Abs. 2 EStG nicht überschritten werden (s. allg. Rz. 1.631 ff.). d) Veräußerung

4.281

Die Anschaffung und entgeltliche Veräußerung von nicht selbstbewohnten Eigentumswohnungen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren stellen ein privates Veräußerungsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar, es sei denn, dass gem. Abs. 2 dieser Bestimmung die Einkünfte einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind (s. allg. Rz. 12.1 ff.).

4.282–4.300

Einstweilen frei.

2. Selbstbewohntes Wohnungs- und Teileigentum

4.301

Die Regelung in § 10f EStG ist nach dem Wegfall der Eigenheimzulage (s. Rz. 1.641 ff.) die letzte Subventionsnorm im EStG, die einen Abzug von Aufwendungen für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung gewährt. Danach besteht ein Sonderausgabenabzug für selbstgenutzte denkmalgeschützte Eigentumswohnungen sowie für Eigentumswohnungen in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (s. Rz. 1.506 ff.). Die für den Sonderausgabenabzug notwendigen Voraussetzungen müssen von der jeweiligen Gemeindebehörde objektbezogen bescheinigt werden5. 1 BMF v. 10.1.2014 – IV C 4 - S 2296-b/07/0003:004, BStBl. I 2014, 75 Tz. 27. 2 BFH v. 5.7.2012 – VI R 18/10, BStBl. II 2013, 14; dazu Heger, jurisPR-SteuerR 7/2013 Anm. 4. 3 BMF v. 4.9.2003 – IV A 5 - S 2272b-20/03, BStBl. I 2003, 431 Rz. 64 ff. 4 Vgl. Staudinger/Bub, § 28 WEG Rz. 382d. 5 BFH v. 6.5.2014 – IX R 15/13, BStBl. II 2015, 367; v. 16.9.2014 – X R 29/12, BFH/NV 2015, 194; v. 6.12.2016 – IX R 17/15, BStBl. II 2017, 523; kritisch hierzu Beck, DStR 2017, 1469.

544

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B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.305 Kap. 4

3. Wohnungs- und Teileigentum im Betriebsvermögen a) (Eigen-)Betriebliche Nutzung Der Wohnungseigentümer, der sein Wohnungs- oder Teileigentum ganz oder teilweise gewerblich oder beruflich nutzt, kann die AfA aus der Herstellung oder Anschaffung (s. Rz. 1.481 ff.), die Finanzierungskosten (s. Rz. 1.531 ff.) sowie den entsprechenden Teil der Bewirtschaftungskosten als Betriebsausgaben geltend machen.

4.302

b) Veräußerung Der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung wird beim Verkauf von Vermögensgegenständen im Allgemeinen als erfüllt angesehen, wenn der Vermögensgegenstand ausgeliefert, der Anspruch auf die Gegenleistung entstanden und die Gefahr des zufälligen Untergangs (sog. Preisgefahr) auf den Käufer übergegangen ist. Die Forderung aus dem Verkauf eines Grundstücks ist demnach realisiert mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten; das ist der Zeitpunkt der Übergabe. Bei Werkverträgen bedarf es außer der Übergabe der Abnahme des Werkes durch den Besteller, um den Übergang der Preisgefahr und damit die handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen. Vor diesem Hintergrund sieht die Rechtsprechung den Gewinn aus der Veräußerung von zu erstellenden Eigentumswohnungen als realisiert an, wenn mehr als die Hälfte der Erwerber das im Wesentlichen fertig gestellte Gemeinschaftseigentum ausdrücklich oder durch mindestens drei Monate lange rügelose Ingebrauchnahme konkludent abgenommen haben; die Gewinnrealisierung betrifft allerdings nur die von diesen Erwerbern geschuldeten Entgelte1. Zur Gewinnrealisierung kommt es mithin auch dann, wenn unwesentliche Arbeiten am Gemeinschaftseigentum wie Außenputz und Außenanlagen noch nicht fertiggestellt sind.

4.303

4. Gemischt genutzte Grundstücke Bei gemischt genutzten Grundstücken kann sich aus den nachfolgend geschilderten Gründen die Notwendigkeit der Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum ergeben, um eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen oder eine gewerbliche Infizierung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu vermeiden.

4.304

a) Erbauseinandersetzung Beispiel: Die von ihren drei Kindern beerbte Erblasserin betrieb in den Erdgeschossräumen ihres Mehrfamilienhauses eine Wäscherei, die sie durch Teilungsanordnung ihrem Sohn S zuwendet; S will die Wäscherei fortführen. Die übrigen Wohnungen waren fremdvermietet. Wie kann die Erbauseinandersetzung einkommensteuerneutral vorgenommen werden?

1 Vgl. BFH v. 8.9.2005 – IV R 40/04, BStBl. II 2006, 26.

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545

4.305

Kap. 4 Rz. 4.306 Wohnungs- und Teileigentum

aa) Mischnachlass

4.306

Zu Lebzeiten der Erblasserin waren die der Wäscherei dienenden Räume als notwendiges Betriebsvermögen zu klassifizieren, während die vermieteten Wohnungen steuerliches Privatvermögen darstellten. Durch den Erbfall ergab sich keine Änderung: Die Erben traten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Erbengemeinschaft gem. § 1922 BGB unverändert im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung der Erblasserin ein und waren nach deren Ableben als Mitunternehmer anzusehen; eine Infizierung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG des Privatvermögens trat nicht ein. bb) Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum

4.307

Im Fall der Erbauseinandersetzung muss, um eine Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden, das steuerliche Privatvermögen und das Betriebsvermögen dinglich durch Aufteilung des Gebäudes in Wohnungs- und Teileigentum dem jeweiligen Nutzenden zugeordnet werden, so dass dem Miterben S, der die Wäscherei fortführt, das Alleineigentum an den Wäschereiräumen zugeordnet werden muss und den übrigen Erben das Eigentum an den Wohnungen zugeteilt werden kann. Sofern kein Wertausgleich in bar stattfindet oder sofern der Wertausgleich durch Schuldübernahme erfolgt, können die Buchwerte der Erblasserin fortgeführt werden1. b) Vermeidung der Infizierung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

4.308

Beispiel: Witwe W hat die von ihrem verstorbenen Ehemann betriebene Metzgerei verpachtet; die in dem Gebäude weiter vorhandenen Wohnungen sind vermietet. W und ihr Mann lebten in Zugewinngemeinschaft; ein Testament war nicht vorhanden. Welche Problematik ergibt sich bei einer Übertragung auf die beiden Kinder als Gesellschafter bürgerlichen Rechts?

aa) Mischnachlass

4.309

Solange die Erben den verpachteten Gewerbebetrieb und die Vermietung von Wohnungen in Erbengemeinschaft „fortführen“, ergibt sich gegenüber der einkommensteuerlichen Beurteilung zu Lebzeiten der W keine Änderung. Die Erbengemeinschaft ist Inhaberin von Betriebs- und Privatvermögen, ohne dass eine Infizierung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eintritt2. bb) Erbauseinandersetzung

4.310

Bei der Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine GbR entsteht Gesamthandseigentum bei einer „anderen Personengesellschaft“ i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, so dass auch die vermieteten Wohnungen automatisch Betriebsvermögen würden. Dieser Infizierung kann nur in der Weise vorgebeugt werden, dass die Miterben zwei personenidentische Personengesellschaften bilden, von denen eine das Betriebsvermögen und die andere das steuerliche Privatvermögen, also die vermieteten Wohnungen, in1 Vgl. BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 - S 2242 - 7/06, BStBl. I 2006, 253 Tz. 32. 2 Vgl. Schmidt/Wacker36, § 16 EStG Rz. 603.

546

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.315 Kap. 4

nehat. Diese Zuordnung ist mit dinglicher Wirkung nur durch Bildung von Wohnungs- und Teileigentum zu erreichen. Ob eine Benutzungsregelung gem. § 1010 BGB ohne Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum zu wirtschaftlichem Eigentum1 führt, also dieselbe Zuordnung einkommensteuerlich erreicht werden kann, ist fraglich; die Frage ist, soweit ersichtlich, von der Rechtsprechung bisher nicht entschieden2. Eine dahin gehende Wertung setzt u.E. zumindest voraus, dass der Anspruch auf Auseinandersetzung zeitlich unbefristet ausgeschlossen wird (§ 749 Abs. 2 i.V.m. § 1010 Abs. 1 BGB).

4.311

c) Atypisch stille Gesellschaft statt Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum Beispiel: Kfz.-Meister K betreibt auf einem insgesamt ca. 1 ha großen Grundstück eine Kfz.Werkstatt, wobei auf zahlreichen einzelnen Grundstücksflächen gebrauchte Pkws zum Verkauf abgestellt sind. Das Finanzamt hat den betrieblich genutzten Flächenanteil auf 50 % geschätzt. Eine genaue planmäßige Erfassung ist nie erfolgt und nach den baulichen Gegebenheiten auch nicht durchführbar. K will mit seinem Sohn S eine Personengesellschaft errichten und diesen zu 50 % daran beteiligen. Eine Infizierung des privaten Grundstücksareals soll vermieden werden.

4.312

Eine „Infizierung“ i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei der Bildung von Gesellschaften kann dadurch vermieden werden, dass der Schenker mit dem Beschenkten nur eine atypisch stille Gesellschaft gründet. In diesem Fall entsteht kein Rechtsträgerwechsel; dennoch wurde früher der Beschenkte schenkungsteuerrechtlich so behandelt, als ob quotal Betriebsvermögen auf ihn übergegangen wäre3. Allerdings vertritt die OFD Rheinland und Münster4 die Auffassung, dass eine atypische Beteiligung schenkungsteuerrechtlich nicht als Teilhabe am Betriebsvermögen beurteilt werden kann; die einkommensteuerrechtliche Beurteilung bleibt davon unberührt.

4.313

d) Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels Beispiel: Eine Erbengemeinschaft, bestehend aus sechs Personen, errichtet auf einem geerbten Grundstück ein Gebäude mit zwölf Wohnungen. Während der Bauzeit werden sechs Eigentumswohnungen und fünf Tiefgaragenplätze verkauft, während die übrigen Einheiten von den Miterben zu eigenen Wohnzwecken im Wege der Erbauseinandersetzung erworben werden.

4.314

Die Rechtsprechung bejaht bei dem vorstehend geschilderten Sachverhalt eine gewerbliche Tätigkeit der Erbengemeinschaft5. Hätten die Erben in dem vorstehend ge-

4.315

1 Z.B. Hardt, ZEV 2004, 408 (412) für die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. 2 Eine von der quotalen Zurechnung abweichende Regelung wird vom BFH v. 22.1.1980 – VIII R 74/77, BStBl. II 1980, 244 anerkannt, wenn die Miteigentümer gem. § 745 Abs. 2 BGB eine anderweitige Verwaltung und Nutzung vereinbart haben und diese Vereinbarung dem Interesse der Miteigentümer entspricht; vgl. hierzu auch Sauer in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, Kap. C I Rz. 49. 3 Vgl. Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz4, § 7 ErbStG Rz. 180 ff., 182. 4 OFD Rheinland und Münster, ZEV 2007, 295. 5 BFH v. 22.3.1990 – IV R 23/88, BStBl. II 1990, 637.

Schallmoser

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Kap. 4 Rz. 4.331 Wohnungs- und Teileigentum

schilderten Fall das gemeinschaftliche Grundstück bereits vor Baubeginn in zwölf Eigentumswohnungen in der Weise aufgeteilt, dass jeder Miterbe gem. § 3 WEG das Alleineigentum an zwei Wohneinheiten übernommen hätte, wäre die Drei-ObjektGrenze von keinem Erben überschritten worden. Plant eine Grundstücksgemeinschaft oder eine Privatvermögen verwaltende Grundstücksgesellschaft Veräußerungen, ist mithin die Möglichkeit einer vorherigen Aufteilung durch Errichtung einer Teilungserklärung gem. § 3 WEG zu prüfen.

4.316–4.330

Einstweilen frei.

III. Gewerbesteuer Literatur: Siehe vor Rz. 1.660.

1. Wohnungs- und Teileigentum im Privatvermögen

4.331

Mit der Veräußerung von im steuerlichen Privatvermögen befindlichen Wohnungsund Teileigentum endet lediglich die private Vermögensverwaltung des Steuerpflichtigen; waren die veräußerten Immobilienobjekte auf Dauer vermietet (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), fällt daher im Zuge der Veräußerung auch keine Gewerbesteuer an. 2. Wohnungs- und Teileigentum im Betriebsvermögen

4.332

Unter gewerbesteuerrechtlichen Aspekten problematisch kann es sein, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft eine personenidentische Betriebs-GmbH gründet und Sondereigentumseinheiten an diese vermietet. Im Falle einer Kurhotelanlage, die in 140 Hotelappartements und drei andere Raumeinheiten aufgeteilt wurde und in deren Teilungserklärung vereinbart war, dass die Veräußerung der Zustimmung des Verwalters bedürfe, wenn der Erwerber nicht gleichzeitig einen Geschäftsanteil an der Hotelbetriebs-GmbH erwerbe, hat der BFH1 gewerbliche Einkünfte als Besitzunternehmen angenommen, soweit die einzelnen Wohnungen aufgrund einer Gebrauchsregelung (§ 15 WEG) an eine personenidentische Betriebs-GmbH vermietet wurden.

4.333

Auch die Aufdeckung stiller Reserven bei der Veräußerung von Sondereigentum unterliegt nach den allgemeinen Grundsätzen nicht nur der Einkommensteuer, sondern auch der Gewerbesteuer gem. § 2 Abs. 1 GewStG. Bei natürlichen Personen und Personenunternehmen erlaubt § 35 EStG die pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer der Beteiligten, so dass nur bei einem Anrechnungsüberhang eine definitive Steuerbelastung entsteht.

4.334–4.350

Einstweilen frei.

1 BFH v. 10.4.1997 – IV R 73/94, BStBl. II 1997, 569.

548

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.353 Kap. 4

IV. Umsatzsteuer 1. Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum Die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung ist als grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerbefreit (s. Rz. 1.883). Auf die Steuerbefreiung kann verzichtet werden (§ 9 Abs. 1 UStG); eine – mit dem Recht auf Vorsteuerabzug verbundene – Option ist – jenseits der für Altfälle geschaffenen Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 UStG – nach § 9 Abs. 2 UStG indes nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen nachzuweisen (s. Rz. 1.816 f.).

4.351

Vor diesem Hintergrund ist die Option zur Umsatzsteuer gem. § 9 Abs. 2 UStG bei zu Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnungen wohl in den meisten Fällen ausgeschlossen. Bei Eigentumswohnungen, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, also z.B. Praxisräume und insbesondere Teileigentum, also z.B. Ladenräume, kann aber ggf. – unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG – die Option zur Umsatzsteuer eine Rolle spielen (zu den Voraussetzungen s. näher Rz. 1.816).

4.352

Ist das veräußerte Immobilienobjekt umsatzsteuerpflichtig vermietet, liegt ggf. eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG vor (s. hierzu Rz. 1.841). Soll für eine bisher nicht umsatzsteuerpflichtig vermietete Immobilie die Umsatzsteueroption erfolgen, muss dies gem. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG in dem notariellen Kaufvertrag oder in einem entsprechenden Nachtrag1 erfolgen (s. hierzu M7, Rz. 1.856). Der Käufer ist gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 UStG als Leistungsempfänger der Schuldner der Umsatzsteuer, soweit der Umsatz unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt; lediglich für mitverkaufte bewegliche Sachen oder Betriebsvorrichtungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verbleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des Verkäufers2. Soweit der Verkäufer nicht Steuerschuldner ist, ist er zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet (§ 14a Abs. 5 Satz 1 UStG), in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (§ 14a Abs. 5 Satz 3 UStG)3. Neben den übrigen Angaben nach § 14 Abs. 1 UStG ist in den Rechnungen auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG). Für den Fall, dass in der Rechnung dieser Hinweis fehlt, wird der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden. Im Fall des gesonderten Steuerausweises durch den leistenden Unternehmer wird die Steuer von diesem (neben dem Käufer!) nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet4; der unzutreffende Ausweis kann

4.353

1 BMF v. 31.3.2004 – IV D 1 - S 7279-107/04, DStR 2004, 682 Tz. 4. 2 Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 94 Rz. 351. 3 BMF v. 5.12.2001 – IV D 1 - S 7279-5/01, BStBl. I 2001, 1013 Tz. 16; Sölch/Ringleb/Wagner, § 14a UStG Rz. 43. 4 BMF v. 5.12.2001 – IV D 1 - S 7279-5/01, BStBl. I 2001, 1013 Tz. 16.

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Kap. 4 Rz. 4.354 Wohnungs- und Teileigentum

aber berichtigt werden1. Der Käufer benötigt als Steuerschuldner zum Vorsteuerabzug keine Rechnung (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG)2. 2. Vermietung und Verpachtung von Wohnungs- und Teileigentum

4.354

Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Grundstücksteilen sowie die Bestellung, Übertragung und Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken sind nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a bis c UStG umsatzsteuerbefreit; somit ist auch die Vermietung von Eigentumswohnungen grundsätzlich umsatzsteuerfrei (s. Rz. 13.131). Die Steuerbefreiung greift nicht ein3 bei – kurzfristigen Beherbergungsumsätzen4 – der kurzfristigen Vermietung von Parkplätzen – der kurzfristigen Vermietung auf Campingplätzen5 – der Vermietung von Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie Bestandteil eines Grundstücks sind. Auf die Steuerbefreiung kann unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1, 2 UStG verzichtet werden (s. Rz. 13.138). 3. Leistungen zwischen Eigentümergemeinschaft und Eigentümer

4.355

Leistungen der Eigentümergemeinschaft an die Eigentümer sind steuerpflichtig, soweit sie im Zusammenhang mit dem Sondereigentum der einzelnen Eigentümer stehen (z.B. Reparaturen in den einzelnen Wohnungen; s. hierzu Rz. 1.884 ff.).

4.356

Leistungen der Eigentümergemeinschaft an die Eigentümer sind demgegenüber nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfrei, soweit es sich handelt um – die Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung (bspw. Waschküchenund Waschmaschinenbenutzung, Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, Flurbeleuchtung, Schornsteinreinigung, Feuer- und Haftpflichtversicherung, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Entwässerung)6 und – die im Zusammenhang mit dem Sondereigentum stehenden Lieferungen (bspw. von Wärme, Strom und Wasser) an die Eigentümer durch die Gemeinschaft (s. Rz. 1.886).

1 Sölch/Ringleb/Wagner, § 14a UStG Rz. 44. 2 Vgl. Sölch/Ringleb/Oelmaier, § 15 UStG Rz. 436. 3 Siehe näher Schuhmann in Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch Immobilienbesteuerung, Kap. H VI Rz. 2. 4 Es gilt der ermäßigte Steuersatz, § 12 Abs. 1 Nr. 11 UStG. 5 Es gilt der ermäßigte Steuersatz, § 12 Abs. 1 Nr. 11 UStG. 6 Siehe näher Spilker in Weymüller, BeckOK, § 4 Nr. 13 UStG Rz. 33 ff.; Bunjes/Heidner15, § 4 UStG Nr. 13 Rz. 2.

550

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Rz. 4.381 Kap. 4

B. Steuerliche Fragen

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann insoweit zur Umsatzsteuer optieren (s. Rz. 1.887). Ab Ausübung der Option hat die Eigentümergemeinschaft, die von dem Verwalter vertreten wird, alle umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG zu erfüllen. Als Vertreter der Eigentümergemeinschaft erklärt der Verwalter die Umsatzsteueroption gegenüber dem Finanzamt, sobald ein entsprechender Mehrheitsbeschluss gefasst wurde. Danach ist es auch Aufgabe des Verwalters, die Umsatzsteuererklärungen beim Finanzamt einzureichen und die Umsatzsteuer fristgerecht abzuführen. In diesem Zusammenhang dürfte die Einschaltung eines Steuerberaters regelmäßig veranlasst sein.

4.357

Ferner hat der Verwalter auch den Eigentümern, in deren Interesse von der Eigentümergemeinschaft optiert wurde, eine Rechnung gem. § 14 UStG zu erteilen, damit diese vorsteuerabzugsberechtigt sind. Die bloße Übersendung der Abrechnung reicht nicht aus, um dem Empfänger die Vorsteuerabzugsberechtigung zu vermitteln, da der jeweilige Dritte nicht anteilig an den betroffenen Wohnungs- und Teileigentümer liefert, sondern an die Eigentümergemeinschaft, die ihrerseits wiederum einen Umsatz dem einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer gegenüber durchführt und hierfür eine Rechnung zu erstellen hat. Eine Vorsteuerabzugsberechtigung des jeweiligen Wohnungs- und Teileigentümers ergibt sich im Einzelfall allerdings nur dann, wenn dies ausdrücklich mit Zustimmung der Eigentümergemeinschaft vereinbart wurde. Voraussetzung ist u.E., dass die Eigentümergemeinschaft in einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss die Umsatzsteueroption ausgeübt und auf die Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 13 verzichtet hat1.

4.358

Der Beschluss der Miteigentümergemeinschaft ist ein Organisationsakt, auf den der einzelne Wohnungs- oder Teileigentümer keinen Rechtsanspruch hat. Sofern die Eigentümergemeinschaft im Interesse eines Wohnungs- und Teileigentümers einen derartigen Beschluss fasst, kann sie verlangen, dass der Begünstigte die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer von den entstehenden steuerlichen Zahllasten- und Haftungsrisiken sowie den Unkosten für diese Geschäftsbesorgung freistellt2.

4.359

4.360–4.380

Einstweilen frei.

V. Grunderwerbsteuer Literatur: Siehe vor Rz. 1.700.

1. Entgeltliche Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum Das Wohnungs- und Teileigentum an einem Grundstück – d.h. das mit einem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum an einer Eigentumswohnung oder an 1 Vgl. Sauren, BB 1986, 438; Spiegelberger, WE 1988, 83; OLG Hamm v. 12.5.1992 – 15 W 33/92, BB 1992, 1308; Staudinger/Bub, § 28 WEG Rz. 382b. 2 Vgl. Sauren, BB 1986, 439; Weimann, UR 1999, 486; s.a. BayObLG v. 13.6.1996 – 2Z BR 28/96, UR 1997, 481.

Schallmoser

551

4.381

Kap. 4 Rz. 4.382 Wohnungs- und Teileigentum

nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen – fällt grunderwerbsteuerlich unter den Begriff des „Grundstücks“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG1; seine entgeltliche Übertragung unterliegt als steuerpflichtiger Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer2 (s. Rz. 1.701). Dies gilt auch für die Übertragung von Wohnungseigentum auf einen Treuhänder3.

4.382

Die §§ 5 und 6 GrEStG enthalten Vergünstigungsvorschriften für die Grundstücksübergänge, die zwischen den an einer Gesamthand Beteiligten (Gesamthändern) und der Gesamthandsgemeinschaft sowie zwischen einer Gesamthandsgemeinschaft und den Gesamthändern oder auch zwischen einer Gesamthand und einer anderen Gesamthand stattfinden4. Erfasst sind der – Übergang von mehreren Miteigentümern (§ 5 Abs. 1 GrEStG) oder von einem Alleineigentümer (§ 5 Abs. 2 GrEStG) auf eine Gesamthand; – Übergang von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer Gesamthänder (§ 6 Abs. 1 GrEStG) oder in das Alleineigentum eines Gesamthänders (§ 6 Abs. 2 GrEStG) und der – Übergang von einer Gesamthand auf eine andere (§ 6 Abs. 3 GrEStG). Die Grunderwerbsteuer wird in diesen Fällen insoweit nicht erhoben, als der Eigentumsbruchteil jedes erwerbenden Miteigentümers oder das Eigentum des erwerbenden Alleineigentümers dem Anteil entspricht, zu dem der Erwerber am Vermögen der Gesamthand beteiligt war. Die Vorschriften beruhen auf dem Grundgedanken, dass einem Grundstückserwerber insoweit Steuerfreiheit gewährt werden soll, als er bereits im Rahmen seiner gesamthänderischen Berechtigung am Gesellschaftsvermögen am Wert des erworbenen Grundstücks beteiligt war5.

4.383

Nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG gehört die „Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung“ zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Wohnungseigentums. Nach der gesetzlich anerkannten Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 Abs. 6 WEG) gehört diese Instandhaltungsrücklage zum Verwaltungsvermögen der (teil-)rechtsfähigen Gemeinschaft, § 10 Abs. 7 WEG. Bei einem Eigentumswechsel geht das Mitgliedschaftsrecht an der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kraft Gesetzes auf den neuen Eigentümer über. Eine besondere Übertragung der Instandhaltungsrücklage, wie sie unter der früheren Rechtslage gängig war, ist nicht mehr erforderlich. Der Erwerb des Mitgliedschaftsrechtes an der (teil-)rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist jedoch kein dem § 1 GrEStG unterliegender Rechtsvorgang. Deshalb bleibt nicht nur der Übergang der Instandhaltungsrücklage zusammen mit der Mitgliedschaft grunderwerb-

1 BFH v. 25.6.1980 – II R 28/79, BStBl. II 1981, 332; v. 30.7.1980 – II R 19/77, BStBl. II 1980, 667. 2 Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 260. 3 Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 263. 4 Siehe näher Boruttau/Viskorf18, § 5 GrEStG Rz. 2 ff., § 6 GrEStG Rz. 2 ff. 5 Vgl. BFH v. 27.7.2001 – II B 20/01, BFH/NV 2002, 70.

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B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.387 Kap. 4

steuerfrei, sondern auch der Übergang des sonstigen Verwaltungsvermögens der rechtsfähigen Gemeinschaft. 2. Begründung und Aufhebung von Wohnungs- und Teileigentum Wohnungseigentum wird gem. § 2 WEG durch Teilung (§ 8 WEG; s. Rz. 4.7) oder durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG; s. Rz. 4.5) begründet.

4.384

a) Aufteilung durch Teilungserklärung gem. § 8 WEG Die bloße Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch den Eigentümer eines Grundstücks gem. § 8 WEG stellt keinen Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG dar; denn es findet kein Rechtsträgerwechsel statt1.

4.385

b) Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung von Sondereigentum gem. § 3 WEG Bei der Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung von Sondereigentum beschränken die Miteigentümer eines Grundstücks ihr Eigentum in der Weise, dass jedem der Miteigentümer das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder noch zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird (§ 3 Abs. 1 WEG; s. Rz. 4.5). Dabei erhält jeder Miteigentümer das „restliche Miteigentum“ und damit das Sondereigentum an „seiner“ Wohnung und gibt das bisherige Miteigentum an den anderen Wohnungen auf2. Da der Erwerb von Miteigentum ebenso die Steuer entstehen lässt wie der Erwerb von Alleineigentum, unterliegt der Erwerb des „restlichen Miteigentums“ hinsichtlich der einzelnen Wohnung aus der Hand der anderen Beteiligten der Grunderwerbsteuer3. Nach § 7 Abs. 1 GrEStG wird bei der Umwandlung von Miteigentum in „Flächeneigentum“ – hier in Sondereigentum gem. § 3 WEG – die Grunderwerbsteuer in Höhe der gleich bleibenden Beteiligung nicht erhoben. Für einen „Mehrerwerb“ bleibt die Steuer zu erheben. Dies gilt auch, soweit die Wohnungen erst errichtet werden sollen.

4.386

§ 7 GrEStG verlangt aber, dass die Teilung des Grundstücks und die anschließende Zuweisung der Sondereigentumseinheiten in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgen4. Das Erfordernis eines engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift, wohl aber aus seinem Sinn und Zweck. Denn diese Vorschrift will erkennbar nicht den Fall begünstigen, dass Miteigentümer mehrerer rechtlich und wirtschaftlich selbständiger

4.387

1 2 3 4

Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 258. Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 257. BFH v. 30.7.1980 – II R 19/77, BStBl. II 1980, 667. Siehe BFH v. 8.8.1990 – II R 20/88, BStBl. II 1990, 922; Pahlke5, § 7 GrEStG Rz. 6; Bärmann/Seuß/Fischl6, Praxis des Wohnungseigentums, Abschn. E Rz. 464.

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Kap. 4 Rz. 4.388 Wohnungs- und Teileigentum

Grundstücke sich durch Tausch von Miteigentumsanteilen jeweils Alleineigentum verschaffen. Ließe man das Erfordernis eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs entfallen, wäre eine derartige „Aufteilung“ mehrerer nunmehr selbständiger Grundstücke entgegen dem Zweck der Norm immer dann begünstigt, wenn ihm irgendwann eine Grundstücksteilung vorausgegangen wäre1.

4.388

An den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang sind keine überspitzten Anforderungen zu stellen. Ein unmittelbares Aufeinanderfolgen der beiden Rechtsakte ist jedenfalls nicht erforderlich2. Es reicht vielmehr aus, wenn die zur Aufteilung erforderlichen Rechtsakte auf Grund „planmäßiger Durchführung“ in „engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang“ erfolgen3. Auch muss im Zeitpunkt der Grundstücksteilung nicht bereits genau feststehen, welcher der Miteigentümer welches Grundstück erhalten soll. Die allgemeine Absicht der nachfolgenden Aufteilung der Grundstücke reicht insoweit aus4. Nach diesen Grundsätzen verneint die Rechtsprechung5 einen zeitlichen Zusammenhang, wenn bei der Aufteilung eines der Gesamthand gehörenden Grundstücks durch die Gesamthänder gem. § 8 WEG die neu entstandenen Wohnungseinheiten erst mehr als ein Jahr nach erfolgter Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseinheiten auf einzelne Gesamthänder übertragen werden. Ist aber zunächst ein Rechtsstreit mit den Eigentümern der übrigen Wohnungen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung erforderlich, kann auch ein noch längerer Zeitraum unschädlich sein6. c) Entziehung des Wohnungseigentums

4.389

Hat sich ein Wohnungseigentümer einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht, können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen (§ 18 WEG). Leistet er diesem Verlangen nicht freiwillig Folge, müssen die anderen Wohnungseigentümer gegen ihn ein Urteil auf Veräußerung seines Wohnungseigentums erwirken, welches die für die freiwillige Versteigerung des Wohnungseigentums und die für die Übertragung des Wohnungseigentums auf den Ersteher erforderlichen Erklärungen ersetzt (§ 19 WEG). Dieses Urteil lässt die Grunderwerbsteuer noch nicht entstehen, weil weder eine Verpflichtung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) noch eine Auflassungserklärung beider Beteiligten (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) vorliegt7. Ein grunderwerbsteuerrechtlicher Rechtsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (Kaufvertrag) liegt vielmehr erst in der im Zuge der Versteigerung des Wohnungseigentums (§§ 53 f. WEG) stattfindenden Zuschlagserteilung (§ 57 WEG).

1 2 3 4 5 6 7

Boruttau/Viskorf18, § 7 GrEStG Rz. 25. Boruttau/Viskorf18, § 7 GrEStG Rz. 25. Vgl. BFH v. 16.2.1994 – II R 96/90, BFH/NV 1995, 156. BFH v. 8.8.1990 – II R 20/88, BStBl. II 1990, 922. Vgl. BFH v. 16.2.1994 – II R 96/90, BFH/NV 2 1995, 156. FG Düsseldorf v. 11.3.2009 – 7 K 3964/08 GE, EFG 2009, 1329: drei Jahre. Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 265.

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Schallmoser

Rz. 4.392 Kap. 4

B. Steuerliche Fragen

d) Aufhebung von Wohnungseigentum Wird die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgehoben (§ 17 WEG), tritt hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums keine Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand ein. Dagegen erwirbt jeder Beteiligte Miteigentum an den Wohnungen der übrigen Beteiligten; dies stellt einen grunderwerbsteuerrechtlichen Rechtsvorgang dar. Dem Wortlaut nach greift keine der Vergünstigungen der §§ 5 bis 7 GrEStG ein. In Umkehrung des Rechtsgedankens aus § 7 GrEStG i.V.m. § 5 GrEStG sind jedoch nur Wertverschiebungen im Sinne eines Mehrerwerbs zu besteuern1.

4.390

3. Begründung, Aufhebung und entgeltliche Übertragung von Wohnungserbbaurechten Steht ein Erbbaurecht mehreren gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu, so können die Anteile in der Weise beschränkt werden, dass jedem der Mitberechtigten das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf Grund des Erbbaurechts errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird (sog. Wohnungserbbaurecht bzw. Teilerbbaurecht, § 30 Abs. 1 WEG; s. Rz. 4.3). Nimmt der Erbbauberechtigte die Möglichkeit wahr, das Erbbaurecht in entsprechender Anwendung des § 8 WEG teilen (§ 30 Abs. 2 WEG), kann es in diesem Zusammenhang zu grunderwerbsteuerrechtlichen Rechtsvorgängen i.S.d. § 1 GrEStG kommen, da das Erbbaurecht in § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG den Grundstücken gleichgestellt wird. Die Ausführungen zum Wohnungsund Teileigentum gelten insoweit entsprechend (s. Rz. 4.381 ff.).

4.391

4. Dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte; Dauerwohnrecht Durch die Einfügung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG – als Reaktion auf die Gestaltung sog. Keller- und Garagenmodelle2 – hat der Gesetzgeber klargestellt, dass auch dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte gem. § 15 WEG und eine Benutzungsregelung gem. § 1010 BGB der Grunderwerbsteuer unterliegen. Demgegenüber unterliegen in § 1 GrEStG bezeichnete Rechtsvorgänge, die ein Dauerwohnrecht – d.h. eine dingliche Grundstücksbelastung, nach der derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluss des Eigentümers eine bestimmte Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 WEG) – nicht der Grunderwerbsteuer. Entsprechendes gilt für das Dauernutzungsrecht an nicht zu Wohnzwecken bestimmten Räumen3.

1 FinMin. Baden-Württemberg v. 27.9.2005 – 3-S 4514/19 –, juris; Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 264; Bärmann/Seuß/Fischl6, Praxis des Wohnungseigentums, Abschnitt E Rz. 465. 2 Vgl. Pause, NJW 1990, 3178. 3 Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 268.

Schallmoser

555

4.392

Kap. 4 Rz. 4.393 Wohnungs- und Teileigentum

5. Bemessungsgrundlage

4.393

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung, die der Erwerber zur Erlangung des Objektes zu dem vereinbarten Zustand aufbringen muss (s. Rz. 1.718).

4.394–4.410

Einstweilen frei.

VI. Grundsteuer Literatur: Siehe vor Rz. 1.930.

4.411

Die Erhebung der Grundsteuer entspricht dem Grunde nach und in ihrer wesentlichen Struktur der Verfassung (s. Rz. 1.930); vor diesem Hintergrund bildet der bisherige Einheitswert (s. Rz. 1.933) nach wie vor die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer. Die Bewertungsstellen schreiben im Zuge der Erhebung der Grundsteuer weiterhin die bestehenden Einheitswerte fort (s. Rz. 1.934 f.).

4.412

Bei der Berechnung der Grundsteuer ist nach § 13 Abs. 1 GrStG von einem Steuermessbetrag auszugehen. Dieser ist durch die Anwendung der Steuermesszahl (§ 15 GrStG) auf den Einheitswert zu ermitteln. Der Steuermessbetrag wird mit dem jeweiligen Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Die Steuermesszahl für Wohnungs- und Teileigentum beträgt nach § 15 Abs. 1 GrStG 3,5 vom Tausend. Die für ein Einfamilienhaus anzuwendende verminderte Steuermesszahl von 2,6 vom Tausend für die ersten 38.346,89 t des Einheitswertes (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 GrStG) kommt bei Wohnungs- und Teileigentum nicht zur Anwendung. Zur Steuererhebung im Einzelnen s. Rz. 1.936 ff.

VII. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Steuerbarkeit unbenannter (ehebedingter) Zuwendungen

4.413

Die gesetzlichen Ehegüterstände (Zugewinngemeinschaft als Regelgüterstand, Gütertrennung als subsidiärer Güterstand) sehen keinen Vermögensausgleich während bestehender Ehe (oder Lebenspartnerschaft; s. § 7 Satz 2 LPartG) vor. Vor diesem Hintergrund kann im Einzelfall ein berechtigtes Bedürfnis nach einem solchen Vermögensausgleich bestehen, bspw. wegen der Sicherung der Altersvorsorge des Ehe- oder Lebenspartners, wegen gleichberechtigter Teilhabe beider an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens, wegen besserer haftungsmäßiger Organisation des Familienvermögens oder wegen Schaffung einer gemeinsamen Wohngrundlage. Solchen Zwecken dienende Vermögensverschiebungen zwischen Ehe- oder Lebenspartnern werden als unbenannte oder ehebezogene Zuwendungen bezeichnet1.

1 Eingehend Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 170.

556

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.416 Kap. 4

Unbenannte Zuwendungen sind im Erbrecht grundsätzlich wie eine Schenkung zu behandeln1. Die Schenkungsteuerpflicht solcher Zuwendungen beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Diese Regelung verlangt, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt; sie muss (objektiv) unentgeltlich sein, was nicht allein deswegen verneint werden kann, weil bspw. die Ehefrau den gemeinsamen Haushalt geführt, die gemeinsamen Kinder betreut und den Ehemann bei dessen geschäftlichen Aktivitäten unterstützt hat („Ausgleich für geleistete Mitarbeit und angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens“)2.

4.414

Die grundsätzliche Steuerbarkeit unbenannter Zuwendungen bedeutet indes nicht, dass Vermögensbewegungen zwischen Eheleuten stets Schenkungsteuer auslösen. Insbesondere der Erwerb oder die Herstellung einer Wohngrundlage rechtfertigt keine dahin gehenden steuerlichen Belastungen. So sahen die (später aufgehobenen) gleich lautenden Ländererlasse vom 10.11.19883 vor, dass Zuwendungen an den Ehepartner, die mit dem Erwerb eines Familienwohnheimes zusammenhängen, generell nicht der Schenkungsteuer unterliegen sollten. Eine dahin gehende Begünstigung ist nunmehr in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG enthalten.

4.415

2. Steuerbefreiung für Familienheime (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) Literatur: Hardt, Ungelöste Probleme bei der Zuwendung des Familienwohnheims, ZEV 2004, 408.

a) Übertragung unter Lebenden; gemischt genutzte Grundstücke Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten4 Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück (§ 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG) verschafft, bleiben nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG steuerfrei, soweit darin eine Wohnung (tatsächlich) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim; s. Rz. 1.999 ff.). Gleiches gilt, wenn er den Ehegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des Familienheims freistellt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 letzter Halbs. ErbStG) oder wenn ein Ehegatte nachträglichen Herstellungsoder Erhaltungsaufwand für ein Familienheim trägt, das im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten oder im Eigentum des anderen Ehegatten steht (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 2 ErbStG). Es muss sich nicht notwendig um eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handeln; die Vorschrift gilt auch für Abfindungsleistungen für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht, die nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG als Schen1 BGH v. 27.11.1991 – IV ZR 164/90, NJW 1992, 564 = MDR 1992, 264 = DNotZ 1992, 513. 2 BFH v. 2.3.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, 366. 3 BStBl. I 1988, 513. 4 Die Regelung für Zuwendungen zwischen Lebenspartnern entsprechend (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 ErbStG).

Schallmoser

557

4.416

Kap. 4 Rz. 4.417 Wohnungs- und Teileigentum

kungen unter Lebenden gelten. Die Steuerbefreiung bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auch nicht nur auf das Haus verstanden als Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil es nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB ist1.

4.417

Beispiel: Facharzt Dr. R betreibt im Erdgeschoss seines Hauses eine Röntgenfachpraxis, die er bei seinem Eintritt in den Ruhestand an einen Kollegen vermietet. Im Obergeschoss wohnt Dr. R mit seiner Ehefrau. Er will seine Ehefrau an dem Anwesen beteiligen, ohne den Erbschaftsteuerfreibetrag gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Anspruch zu nehmen.

4.418

Nutzen Eheleute nur einen Teil des gemischt genutzten Grundstücks zu eigenen Wohnzwecken, während der andere Teil von Dritten bewohnt wird oder anderen als Wohnzwecken dient, und wendet der eine Ehegatte dem anderen freigebig das Eigentum oder Miteigentum an dem gesamten Grundstück zu, ist die Zuwendung nur hinsichtlich der von den Ehegatten selbst bewohnten Flächen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG steuerfrei2. b) Erwerb von Todes wegen

4.419

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG wird der Erwerb des Familienheimes – auch von Wohnungseigentum, § 181 Abs. 1 Nr. 3 BewG – durch den überlebenden Ehepartner oder Lebenspartner von Todes wegen der Zuwendung unter Lebenden gleichgestellt. Dies gilt für jedes eigengenutzte Wohnungseigentum, gleich mit welcher Größe oder Ausstattung. Der Erwerber muss jedoch die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung übernehmen und diese zehn Jahre lang praktizieren, es sei denn, dass ihn zwingende Gründe an der weiteren Selbstnutzung hindern (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 2 ErbStG, sog. Nachsteuervorbehalt).

4.420

Auch Kinder oder Kinder verstorbener Kinder (sog. Waisenenkel) können nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG eine Steuerbefreiung beanspruchen, jedoch nur bezüglich einer Wohnfläche bis zu 200 qm. Bei dieser Beschränkung des Erwerbs mittels einer quantitativen Angemessenheitsgrenze handelt es sich um eine Art „Freibetrag“; wird die Fläche überschritten, tritt nur hinsichtlich dieses übersteigenden Anteils die Steuerpflicht ein3.

4.421–4.440

Einstweilen frei.

1 BFH v. 27.10.2010 – II R 37/09, BStBl. II 2011, 134; v. 26.2.2009 – II R 69/06, BStBl. II 2009, 480 (jeweils m.w.N.). 2 BFH v. 26.2.2009 – II R 69/06, BStBl. II 2009, 480. 3 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 13 ErbStG Rz. 75; Bärmann/Seuß/Fischl6, Praxis des Wohnungseigentums, Abschn. E Rz. 539.

558

Schallmoser

B. Steuerliche Fragen

Rz. 4.445 Kap. 4

VIII. Abgabenrechtliche Fragen 1. Allgemeines Aufgrund der dem Wohnungseigentumsverwalter obliegenden Vermögensverwaltung hat die Verwalterabrechnung die Entwicklung des Rücklagenkontos sowie der Erträge und Unkosten der Eigentümergemeinschaft zu enthalten1.

4.441

2. Steuerliche Pflichten des Verwalters Nach § 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG hat der Verwalter die der Gemeinschaft zustehenden „eingenommen Gelder“ zu verwalten. Die Aufgabe der Vermögensverwaltung umfasst auch die Berechtigung gem. Abs. 1 Nr. 4 und 5 und Abs. 2 Nr. 3 dieser Bestimmung, alle Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen und Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.

4.442

Wohnungseigentumsverwalter stehen in einem besonderen Pflichtenverhältnis zur Finanzverwaltung. Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die gesetzlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Gemäß § 34 Abs. 3 AO haben Vermögensverwalter die steuerlichen Pflichten zu erfüllen, denen natürliche oder juristische Personen unterliegen. Daraus ergeben sich Buchführungspflichten, Auskunftspflichten und darüber hinaus die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, über die die Vermögensverwalter verfügen2.

4.443

Der Wohnungseigentumsverwalter ist aufgrund der Verpflichtungen, die ihm das Wohnungseigentumsgesetz auferlegt, als Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO anzusehen3. Gemäß § 69 Satz 1 AO haftet er, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) in Folge von vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolge dessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden.

4.444

Sofern die Eigentümergemeinschaft für alle oder einzelne Wohnungseigentümer zur Umsatzsteuer optiert, treffen den Wohnungseigentumsverwalter die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungs- und Zahlungsverpflichtungen. Dem Sondereigentümer, zu dessen Gunsten optiert wurde, ist eine gesonderte Rechnung zu erteilen.

4.445

1 Ausführlich hierzu Staudinger/Bub, § 28 WEG Rz. 270 bis 474. 2 Vgl. Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 34 AO Rz. 45 ff. 3 BMF v. 26.10.1992 – IV B 4 - S 2000 - 252/92, BStBl. I 1992, 693 Tz. 7.

Schallmoser

559

Kap. 4 Rz. 4.446 Wohnungs- und Teileigentum

3. Gesonderte Feststellung gem. § 180 AO

4.446

Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden einkommensteuerpflichtige Einkünfte ganz oder teilweise gesondert festgestellt, wenn an dem Gegenstand der Einkunftserzielung mehrere Personen beteiligt sind (z.B. bei Zinsen aus der Reparaturrücklage, Vermietung der Hausmeisterwohnung oder von Gemeinschaftsparkplätzen).

4.447

Erzielen die Beteiligten einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit den auf die Anlage der Instandhaltungsrücklage gezahlten Zinsen gemeinschaftlich Einnahmen aus Kapitalvermögen, die dem Verwalterkonto zufließen, wären diese daher nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO grundsätzlich einheitlich und gesondert festzustellen. Die Finanzbehörden sehen es aber im Allgemeinen als ausreichend an, wenn der Wohnungseigentumsverwalter die anteiligen Einnahmen aus Kapitalvermögen nach dem Verhältnis der Mieteigentumsanteile aufteilt und sie dem einzelnen Wohnungseigentümer mitteilt1. In diesem Fall kann von einer gesonderten Feststellung abgesehen werden. Im Rahmen der laufenden Verwaltung von Wohnungs- und Teileigentum besteht daher regelmäßig kein Bedürfnis für die Erstellung eines Feststellungsbescheides, so dass alle Wohnungseigentümer, gestützt auf die Angaben des Verwalters in seiner Abrechnung, ihren Anteil an den Erträgen der Eigentümergemeinschaft selbst zu ermitteln und in ihrer Steuererklärung anzugeben haben.

1 BMF v. 26.10.1992 – IV B 4 - S 2000 - 252/92, BStBl. I 1992, 693 Tz. 7.

560

Schallmoser

Kapitel 5 Erbbaurecht A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.1

B. Zivilrechtliche Grundzüge I. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . .

5.5

II. Errichtung eines Bauwerks . . . .

5.8

III. Sachenrechtsbereinigungsgesetz

5.10

IV. Belastungsgegenstand . . . . . . . .

5.11

V. Dauer des Erbbaurechts . . . . . .

5.15

VI. Absolut erste Rangstelle. . . . . . .

5.18

VII. Dinglicher Inhalt des Erbbaurechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwingende Regelungen . . . . . . . 2. Fakultativer vertragsmäßiger Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungen über die Errichtung, Instandhaltung und die Verwendung des Bauwerkes b) Versicherung des Bauwerks und sein Wiederaufbau im Falle der Zerstörung, § 2 Nr. 2 ErbbauRG . . . . . . . . . . . c) Tragung der öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben, § 2 Nr. 3 ErbbauRG . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regelungen zum Heimfall, § 2 Nr. 4 ErbbauRG . . . . . . . e) Vertragsstrafen, Erneuerungsvorrecht und Verkaufsverpflichtung, § 2 Nr. 5 ErbbauRG . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zustimmungsvorbehalt für Belastung und Veräußerung VIII. Erbbauzins . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.22 5.24 5.30 5.31

5.37

5.38 5.41

5.50 5.53 5.54

C. Einkommensteuer I. Erstmalige Bestellung eines Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück . . . . . . 1. Behandlung im Privatvermögen gehaltener Grundstücke beim Grundstückseigentümer . . . . . .

5.61 5.62

2. Behandlung im Betriebsvermögen gehaltener Grundstücke beim Grundstückseigentümer a) Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . b) Entnahme . . . . . . . . . . . . . . . . II. Behandlung beim Erbbauberechtigten 1. Laufende Werbungskosten/ Betriebsausgaben . . . . . . . . . . . . 2. Anschaffungskosten/Rechnungsabgrenzungsposten . . . . . 3. Art und Maß der Abschreibung, Gebäude . . . . . . . . . . . . . . 4. Erbbauzinsen als Sonderausgaben (dauernde Last/Rente) . . III. Besonderheiten bei der erstmaligen Bestellung eines Erbbaurechtes an bebautem Grundbesitz 1. Veräußerung aus dem Privatvermögen und § 23 EStG . . . . . 2. Gewerblicher Grundstückshandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veräußerung aus dem Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . IV. Veräußerung eines bebauten Erbbaurechts 1. Veräußerung aus dem Privatvermögen, § 23 EStG und gewerblicher Grundstückshandel 2. Veräußerung aus dem Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . V. Heimfall und Erlöschen des Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollständiger Ausschluss einer Abfindung . . . . . . . . . . . . . 2. Mit Abfindungszahlung. . . . . . . 3. Nacherwerb des Grundstücks und Aufhebung des Eigentümererbbaurechts . . . . . . . . . . . 4. Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks . . . . . . . VI. Bilanzielle Darstellung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . .

Rapp/Schallmoser

5.72 5.73

5.84 5.86 5.91 5.94

5.96 5.105 5.106

5.111 5.114 5.117 5.118 5.121 5.123 5.128 5.130

561

Kap. 5 Erbbaurecht VII. Behandlung von Erschließungskosten im Rahmen von Erbbaurechtsverträgen . . . . . . . . . . . 5.134 1. Behandlung beim Erbbauberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.135 2. Behandlung beim Grundstückseigentümer . . . . . . . . . . . . 5.138 D. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . .

5.145

I. Beim Erbbauberechtigten . . . . .

5.146

II. Beim Grundstückseigentümer .

5.153

E. Bewertungsrecht nach der Erbschaftssteuerreform 2008

II. Bemessungsgrundlage 1. Veräußerung des Erbbaugrundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsträgerwechsel beim Erbbaurecht mit Gegenleistung . . . 3. Rechtsträgerwechsel beim Erbbaurecht ohne Gegenleistung . .

5.245 5.246 5.249

III. Besonderheiten bei Aufhebung, Erlöschen durch Zeitablauf und Heimfall . . . . . . . . . . . . . . . . 5.250 IV. § 16 GrEStG für Erbbaurechte .

5.271

V. Verlängerung des Erbbaurechtes 5.273

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.191

II. Bewertungsgrundsatz Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . .

VI. Erfordernis der Unbedenklichkeitsbescheinigung . . . . . . . . . . .

5.274

5.211

III. Zwei wirtschaftliche Einheiten.

5.212

VII. Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks . . . . . . .

5.276

VIII. Gebäudeherstellungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . .

5.277

H. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . .

5.311

J. Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . .

5.314

K. Checkliste Erbbaurecht . . . . . .

5.316

L. Veräußerung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.331

I. Grundbuchstand. . . . . . . . . . . . .

5.332

IV. Wertermittlung für Erbbaurecht und Erbbaugrundstück 1. Vergleichswert . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelbewertung des Erbbaurechts nach finanzmathematischer Methode, § 193 Abs. 2–5 BewG a) Bodenwertanteil. . . . . . . . . . . b) Gebäudewertanteil . . . . . . . . 3. Einzelbewertung des Erbbaugrundstücks nach finanzmathematischer Methode, § 194 Abs. 2 bis 4 BewG . . . . . . . . . . . . F. Schenkungsteuer: unentgeltliche Einräumung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . .

5.213

5.214 5.215

5.217

5.219

G. Grunderwerbsteuer I. Grundsatz der Steuerpflicht . . .

5.241

II. Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung und Belastung . . . . . . . . . . . . . . . 5.333 III. Fälligkeitsregelungen . . . . . . . . .

5.336

IV. Rechtskauf – Sachkauf . . . . . . . .

5.338

V. Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.340

VI. Vertragsmuster . . . . . . . . . . . . . .

5.361

Literatur (Auswahl – Zivilrecht): Amann, Erbbauzinslose kommunale Erbbaurechte infolge Ersitzung?, DNotZ 2017, 328; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum seit 2000, RPfleger 2004, 21; Böttcher, Zulässigkeit und Probleme von gesamten Rechten an Grundstücken, MittBayNot 1993, 129; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht, Rpfleger 2004, 21; 2007, 526; 2009, 550; Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 7. Aufl. 2014; Bräuer, Die zwangsversteigerungsfeste Erbbauzins-Reallast, RPfleger 2004, 401; Buchner, Der Verkehrswert erbbaurechtsbelasteter Grundstücke bei bestehender Ankaufsverpflichtung, FS Schippel (1996), S. 111 ff.; Demmer, Kaufzwangklauseln in Erbbaurechtsverträgen, NJW 1983, 1636; Didekind, Konflikt zwischen Erbbauzinsreallast und Finanzierungsgrundpfandrecht, MitRhNot 1993, 109; Diekgräf, Gesamterbbaurecht am ideellen Miteigentumsanteil eines Zuwegungsgrundstücks, DNotZ 1996, 338; Eichel in Beck’sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015, A IV; Eichel, Neuregelung des Erbbauzinses nach dem Sa-

562

Rapp/Schallmoser

Erbbaurecht

Kap. 5

chenRÄndG, MittRhNotK 1995, 193; Eisele, Verfassungsrechtliche Zweifel an der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Erbbaurechten, DStR 2002, 1654; Eisele, Die steuerliche Bedarfsbewertung von Grundvermögen im Anwendungsbereich der §§ 148, 149 BewG, ZEV 2000, 139; Esser, Richterrecht und Privatautonomie im Erbbaurecht, NJW 1974, 921; Freckmann/ Frings/Grziwotz, Das Erbbaurecht in der Finanzierungspraxis, 2. Aufl. 2009; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl. 2011; Gebel, Zuwendung von Erbbaurechten, BB 2002, 2365; Götz, Die Beleihbarkeit von Erbbaurechten, DNotZ 1980, 3; Grauel, Einbeziehung eines selbständigen Grundstücks in ein bestehendes Erbbaurecht, ZNotP 1998, 71; Grauel, Teilung eines Erbbaurechts, ZNotP 1997, 21; Groth, Erbbaurecht ohne Erbbauzins, DNotZ 1983, 652; 1984, 372; Habel, Rechtliche und wirtschaftliche Folgen zum Untererbbaurecht, MittBayNot 1998, 315; Heller, Erhöhung des Erbbauzinses bei Veräußerung des Erbbaurechts? BWNotZ 1966, 98; Henseler, Die Teilung eines Erbbaurechts, AcP 161 (1962), 44; Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 10. Aufl. 2014; Kimmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, 2. Aufl. 2005, Teil 10; Knothe, Das Erbbaurecht 1987; Kollhosser, Kaufzwangklauseln in Erbbaurechtsverträgen, NJW 1974, 1302; Krämer, Grenzüberschreitende Bebauung benachbarter Grundstücke in Ausübung von Erbbaurechten, DNotZ 1974, 647; Lemke, Immobilienrecht, Kommentar 2. Aufl. 2015, Erbbaurecht bearbeitet von Czub; Limmer, Erbbaurecht, 2001; Linde/Richter, Erbbaurecht und Erbbauzins, 3. Aufl. 2003; Lohaus, Erbbaurecht und Grunderwerbsteuer, NotBZ 2001, 53; Lutter, Gesamterbbaurecht und Erbbaurechtsteilung, DNotZ 1960, 80; Maaß, Das Erbbaurecht unter besonderer Berücksichtigung der durch das SachenRÄndG eingeführten Neuregelungen, DStR 1995, 1230; Maaß, Die Beendigung des Erbbaurechts, NotBZ 2002, 389; Macke, Die rechtliche Behandlung von Kaufzwangklauseln in Erbbaurechtsverträgen, NJW 1977, 2233; Münchener Kommentar/Heinemann, 7. Aufl. 2016, ErbbauRG (Bd. 3, Sachenrecht); Muth, Der Rang des Erbbauzinses als Streitpunkt zwischen Darlehensgeber und Grundstückseigentümer, WM 1985, 1281; NK-BGB/Heller, 4. Aufl. 2016; von Oefele, Hauptsacheeigenschaft des Bauwerks gemäß § 1 Abs. 2 ErbbauVO, MittBayNot 1992, 29; v. Oefele, Vorschläge zur Erbbaurechtsreform, DNotZ 2011, 503; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl. 2016; Ott, Änderung des Ausübungsbereiches beim bestehenden Erbbaurecht, notar 2014, 265; Ott, Das Erlöschen des Erbbaurechtes, notar 2015,75; Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Erbbaurecht bearbeitet von Wicke; Rapp, Identische Strukturen bei Erbbaurecht und Wohnungseigentum, FS Joachim Wenzel, 2005, S. 271 ff.; Rapp, Die versteigerungsfeste Erbbauzinsreallast, FS für Brambring 2011, S. 305 ff.; Rapp, Erbbaurecht und Dienstbarkeiten – sichere Vertragsgestaltung für Dienstbarkeitsberechtigte sowie Grundstückseigentümer, ZfIR 2017, 89; Rethmeier, Rechtsfragen des Wohnungserbbaurechtes, MitRhNot 1993, 145; Riedel, Gesamterbbaurecht und Erbbaurechtsteilung, DNotZ 1960, 375; Rothoeft, Grenzüberschreitende Bebauung bei Erbbaurechten, NJW 1974, 665; Schlögel, Einheimischenmodelle und Erbbaurecht, ZfIR 2016, 175; Schmenger, Aktuelle Fragen des Erbbaurechts, BWNotZ 2006, 73; Schneider, Das Untererbbaurecht, DNotZ 1976, 411; Schraepler, Gemeinsames Bebauen benachbarter Grundstücke im Erbbaurecht, NJW 1972, 1981; Schraepler, Gebäudeschicksal nach Heimfall oder Erlöschen von Nachbarerbbaurechten, NJW 1973, 738; Stahl/Zura, Formen der Bestellung eines Erbbaurechts, DNotZ 1981, 604; Staudinger/Rapp, ErbbauRG, 2017; Stöber, Erlöschen der Auflassungsvormerkung und Erbbauzins-Reallast bei der Insolvenzverwalterversteigerung, NJW 2000, 3600; Teerstegen, Der Überbau in der notariellen Praxis, RNotZ 2006, 433; Tradt, Der Erbbauzins und die Zwangsversteigerung des Erbbaurechtes, DNotZ 1994, 370; Weber, Rangvorbehalt bei der neuen Erbbauzinsreallast, Rpfleger 1998, 5; Winkler, Das Erbbaurecht, NJW 1992, 2514; Winkler, Erbbaurechtsbestellung durch den nichtbefreiten Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben, DNotZ 1970, 651; Wufka, Rechtseinheit zwischen Kausalgeschäft und Einigung bei Erbbaurechtsbestellungen, DNotZ 1985, 651; Wufka, Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung

Rapp/Schallmoser

563

Kap. 5 Rz. 5.1 Erbbaurecht des Erbbaurechts, DNotZ 1970, 390; Wufka, Erbbaurechtsveräußerung und Erbbauzins, DNotZ 1987, 362; Wufka, Einzelproblembereiche des Erbbaurechts, MittBayNot 1989, 13. Literatur (Auswahl – Steuern): Albrecht, Die neue Bewertung des Erbbaurechts und des belasteten Grundstücks, DStR 1998, 147; Behrens/Meyer-Wirges, Erbbaurechte im Grunderwerbsteuerrecht, DStR 2006, 1866; Durst, Erbbaurecht: Zivil- und steuerrechtliche Gestaltungen, KÖSDI 2006, 15250; Fabry, Versagung des Sofortabzugs von vorausgezahlten Erbbauzinsen im Privatvermögen durch die Finanzverwaltung, DStR 1997, 691; Halaczinsky, Keine Erhöhung der steuerlichen Bedarfswerte durch das Jahressteuergesetz 2007, DStR 2007, 326; Lohmeyer, Die Einkommen- und gewerbesteuerliche Behandlung der Erbbauzinsen, DStZ 1983, 144; Kleisel, Grunderwerbsteuerliche Behandlung von Erbbaurechtsvorgängen, MittBayNot 1973, 187; Korn, Betriebsaufgabe eines Landwirts bei Erbbaurechtsbestellung, KÖSDI 1998, 11672; Küster, Entrichtung des Erbbauzinses in einem Einmalbetrag bei einem Erbbaurecht im Privatvermögen, NWB Fach 3, 9983; Küster, Aufwendungen für ein Erbbaurecht im Privatvermögen, NWB Fach 3, 9587; Mathiak, Rechtsprechung des BFH zum Bilanzsteuerrecht – Erbbaurecht als Wirtschaftsgut und Bilanzierung, DStR 1992, 449, 451; von Oefele/ Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl. 2016, Kapitel 10; Paus, Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken und Erbbaurechtsbestellung, NWB Fach 3, 12083; G. Söffing, Umfang des Betriebsvermögens bei gewerblichem Grundstückshandel, NWB Fach 3, 10665; Spindler, Zur steuerrechtlichen Behandlung der vom Erbbauberechtigten übernommenen Erschließungskosten, DB 1994, 650; Sproß, Das Erbbaurecht, DStZ 1994, 673; Stuhrmann, Die steuerrechtliche Behandlung vorausgezahlter Erbbauzinsen, Stbg 1997, 108; Weinmann, Grundstücksbewertung für Erbschaftsteuerzwecke unter Berücksichtigung der gleichlautenden Ländererlasse, ZEV 1997, 359; Bilanzierung von Erbbaurechten, DStZ 1984, 378.

A. Einführung 5.1

Das Erbbaurecht hat zivil- wie steuerrechtlich eine Doppelnatur1. Einerseits ist es selbst ein grundstücksgleiches Recht; andererseits stellt es eine Grundstücksbelastung dar und gewährt ein Nutzungsrecht an fremdem Grund und Boden, nämlich das veräußerliche und vererbliche Recht, auf einem Grundstück ein Bauwerk zu haben. Diese Doppelnatur hat auch Auswirkungen auf die einkommensteuerliche Behandlung des Erbbaurechts.

5.2

Die Bedeutung des Erbbaurechts besteht steuerlich vor allem darin, dass wirtschaftliche Situationen geschaffen werden können, als wäre ein Veräußerungsvorgang durchgeführt worden. Gleichwohl treten die steuerlichen Konsequenzen eines Veräußerungsvorgangs nicht ein, soweit der Vorgang steuerlich als Nutzungsüberlassung gegen Entgelt zu werten ist. Aus diesem Grunde lässt sich das Erbbaurecht insbesondere in folgenden Konstellationen zur Vertragsgestaltung fruchtbar machen: – zur Vermeidung eines privaten Veräußerungsgeschäftes gem. § 23 EStG (vgl. Rz. 5.98, Rz. 5.111 ff. und Kap. 12), – zur Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels (vgl. Rz. 5.105, Rz. 5.113 und Kap. 11),

1 Vgl. Palandt/Wicke76, Vor ErbbauRG Rz. 3.

564

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.5 Kap. 5

– zur Verkürzung der Abschreibungszeiten im Rahmen der AfA1, (s. Rz. 5.92), – zur Vermeidung der Entnahme von Betriebsvermögen eines Landwirtes oder sonstigen Gewerbetreibenden, (s. Rz. 5.73 ff.) und – zur Vorbereitung einer vorweggenommenen Erbfolge2. Hinsichtlich der Besteuerung eines Erbbaurechts ist zwischen den Fällen zu unterscheiden, in denen erstmalig ein Erbbaurecht bestellt wird, und denen, in welchen ein bereits bestelltes Erbbaurecht veräußert wird. In der ersten Fallgruppe unterscheiden sich die Rechtsfolgen wesentlich danach, ob das Grundstück, an dem das Erbbaurecht bestellt werden soll, bereits bebaut war oder ob dies erst nach der Erbbaurechtsbestellung durch den Erbbauberechtigten erfolgen soll.

5.3

Bevor die steuerlichen Folgen des Erbbaurechts näher beleuchtet werden, seien im Folgenden die zivilrechtlichen Grundlagen erläutert.

5.4

B. Zivilrechtliche Grundzüge I. Abgrenzungen Das Erbbaurecht unterscheidet sich von anderen Nutzungsrechten wie Dienstbarkeiten oder dem Nießbrauchsrecht durch seine Vererblichkeit und Veräußerlichkeit. Das Erbbaurecht wird daher üblicherweise ins Auge gefasst, wenn der Nutzungsinteressent ein Bauwerk errichten will und die langfristige Nutzung im Vordergrund steht – einschließlich der Möglichkeit der Verwertung des Nutzungsrechts. Die Vererblichkeit und Veräußerlichkeit des Erbbaurechts gehört zu den zwingenden Mindestanforderungen eines Erbbaurechts, ohne die ein Erbbaurecht nicht entstehen kann3, § 1 Abs. 1 ErbbauRG. Das Erbbaurecht führt zu einer wirtschaftlichen und rechtlichen Trennung von Grundstück und darauf befindlichen Gebäuden. Der Grundsatz der rechtlichen Einheit von Grundstück und Gebäude wird daher beim Erbbaurecht aufgehoben. Das Gebäude wird nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG zum wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts und gehört damit dem Inhaber des Erbbaurechts.

1 Lohmeyer, DStZ 1983, 144 ff.; vgl. BFH v. 7.6.1972 – I R 199/70, BStBl. II 1972, 850 = DB 1972, 1960; von Oefele/Winkler/Schlögel6, Handbuch des Erbbaurechts, § 10 Rz. 83. Der Ausschluss einer Entschädigungsforderung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG kann den Effekt noch verstärken. 2 So z.B., wenn die vorweggenommene Erbfolge aufgrund von Gleichstellungsgeldern als teilentgeltliches Rechtsgeschäft zu werten wäre und in diesem Fall ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht würde. Hier lässt sich bis zum Ablauf der zehnjährigen Veräußerungsfrist ein Erbbaurecht zugunsten des Abkömmlings bestellen und anschließend auch der Grund und Boden übertragen. 3 Ingenstau/Hustedt10, § 1 ErbbauRG Rz. 49; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 25, 28; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 37.

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565

5.5

Kap. 5 Rz. 5.6 Erbbaurecht

5.6

Vom Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 WEG unterscheidet sich das Erbbaurecht insbesondere im Hinblick auf seine Beleihbarkeit. Während das Erbbaurecht mit Grundpfandrechten belastet werden kann und damit dem Erbbauberechtigten eine wirtschaftlich wesentlich stärkere Position einräumt, kann das Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht nur durch Verpfändung des Rechts beliehen werden. Diese Art der Kreditsicherung findet in der Praxis eine deutlich geringere Akzeptanz.

5.7

Das Erbbaurecht entsteht gem. § 873 BGB durch Einigung des Grundstückseigentümers mit dem Erbbauberechtigten und Eintragung des Rechts im Grundbuch, § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG. Die dingliche Einigung für die Entstehung des Erbbaurechts ist materiell rechtlich formlos wirksam, § 11 ErbbauRG i.V.m. § 873 BGB. § 925 BGB findet darauf keine Anwendung1, § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG. Die Eintragung des Erbbaurechts als Belastung des dienenden Grundstücks erfolgt in Abteilung II des Grundbuchs. Für das Erbbaurecht selbst wird ein eigenes Grundbuchblatt angelegt.

II. Errichtung eines Bauwerks 5.8

Gemäß § 1 ErbbauRG kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass dem Dritten das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Das Erbbaurecht erstreckt sich dabei grundsätzlich nicht nur auf das Gebäude, sondern wird in der Regel auch auf den für das Bauwerk nicht erforderlichen Teil des Grundstücks erstreckt. Das Bauwerk muss dabei jedoch wirtschaftlich die Hauptsache bleiben, § 1 Abs. 2 ErbbauRG2. Vom Wohnungseigentum unterscheidet sich das Erbbaurecht auch dadurch, dass ein „Bauwerk“ kein „Gebäude“ sein muss.

5.9

Auch an bebauten Grundstücken kann ein Erbbaurecht bestellt werden mit der Folge, dass gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG das Bauwerk in das Eigentum des Erbbauberechtigten übergeht und dieser befugt ist, das Bauwerk zu nutzen.

III. Sachenrechtsbereinigungsgesetz 5.10

Durch die Wiedervereinigung hat das Erbbaurecht eine besondere Bedeutung erlangt. Im Bereich des früheren Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB) mit den vielen eigentumsähnlichen, meist grundbuchmäßig nicht erfassten Nutzungsrechten hat der Gesetzgeber durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz3 vom 21.9.1994 den Konflikt zwischen dem Grundstückseigentümer einerseits und dem Hersteller des Gebäudes andererseits zu lösen versucht. Dadurch konnte das Gebäuderecht der DDR in ein Rechtsinstitut des BGB übergeleitet werden. Gemäß § 32 SachenRBerG haben Nut1 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1715. 2 Vgl. dazu auch BGH v. 10.1.1992 – V ZR 213/90, MDR 1992, 581 = NJW 1992, 1681 = DNotZ 1992, 566, zum Begriff „Bauwerk“ s. Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 12. 3 BGBl. I 1994, 2457.

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.12 Kap. 5

zer und Eigentümer das Recht, den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages zu verlangen.

IV. Belastungsgegenstand Als Belastungsgegenstand eines Erbbaurechts kommt nur das gesamte Grundstück in Betracht1; die bloße Belastung eines Miteigentumsanteils ist hingegen nicht zulässig2, da das Erbbaurecht ein Gebrauchsrecht ist und das Grundstück unmittelbar betrifft. Möglich ist es jedoch, ein Erbbaurecht mit einem Erbbaurecht zu belasten (Untererbbaurecht). Grundstück in diesem Sinne ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer eigenen laufenden Nummer vorgetragen ist. Die Bestellung eines an einem vermessenen Flurstück, das im Grundbuch aber noch als Teil einer Grundstückseinheit eingetragen ist, ist daher ausgeschlossen. Soll ein nach dem Wohnungseigentumsgesetz bereits aufgeteiltes Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet werden, so sind hierfür Besonderheiten zu beachten3. Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen zunächst ein gesamtes Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet wird und anschließend das Erbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt wird, § 30 WEG4 (Wohnungserbbaurecht).

5.11

Soll sich das Erbbaurecht lediglich auf einen Teil eines Grundstücks im Rechtssinne erstrecken, so ist eine echte Teilflächenbelastung nicht zulässig. Das Grundstück ist – soweit noch nicht vermessen – vermessen zu lassen und nach § 7 GBO als selbständiges Grundstück im Grundbuch einzutragen5. Der schuldrechtliche Vertrag über die Bestellung des Erbbaurechts kann auch schon vor der Vermessung unterzeichnet werden; die Entstehung des Erbbaurechts erfolgt dann aber erst nach der Vermessung mit Eintragung in das Grundbuch. In einem solchen Fall sollten die zukünftigen Grenzen des mit dem Erbbaurecht zu belastenden Flurstücks so genau wie möglich bezeichnet werden. Ist die Abrede zu unbestimmt, kann der Vertrag unwirksam sein6. Zur Vermeidung dessen wird üblicherweise einem Vertragsteil das Bestimmungsrecht nach § 315 BGB eingeräumt. Die bloße Angabe der Größe der Teilfläche ohne Bestimmung von dessen Lage ist nicht ausreichend7. Wird sowohl eine Quadratmetergröße angegeben und eine Bezeichnung der Lage des Flurstücks in einem Lageplan bezeichnet, so ist zu regeln, welche Angabe vorrangig gelten soll.

5.12

1 KG v. 16.4.1991 – 1 W 7518/88, NJW-RR 1992, 214. 2 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1692; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 15. 3 OLG Hamm v. 27.3.1998 – 15 W 332/97, NJW-RR 1999, 234 = MittBayNot 1998, 347 = DNotI-Rep 1998, 13 ff.; hierzu Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 15. 4 Vgl. dazu Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1437 ff.; Staudinger/Rapp, § 30 WEG Rz. 1 ff. 5 Palandt/Wicke76, § 1 ErbbauRG Rz. 1. 6 Siehe Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 22 m.w.N.; zur Änderung des Ausübungsbereiches eines bestehenden Erbbaurechtes s. Ott, notar 2014, 267. 7 BGH v. 8.11.1968 – V ZR 58/65, NJW 1969, 132; v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, MDR 2002, 1001 = NJW 2002, 2247 = DNotZ 2002, 937.

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Kap. 5 Rz. 5.13 Erbbaurecht

Fehlt eine solche Angabe, so hat im Zweifel der Plan Vorrang vor der Flächenangabe1. Der Erbbauzins wird in diesen Fällen meist als Ca.-Größe vereinbart, die nach Vorliegen des Messungsergebnisses entsprechend der tatsächlichen Grundstücksgröße anzupassen ist.

5.13

Als Alternative kommt die Belastung des gesamten Grundstücks unter Beschränkung der tatsächlichen Ausübung auf einen realen Grundstücksteil in Betracht, § 1 Abs. 2 ErbbauRG. Dies ist auch ohne Vermessung zulässig. Das Erbbaurecht muss auch in diesem Fall ausschließlich erste Rangstelle erhalten, um entstehen zu können, § 10 ErbbauRG. Bei dieser Gestaltung sind nur diejenigen Gebäude, die sich auf der Teilfläche befinden, welche der Nutzungsbefugnis des Erbbauberechtigten unterliegen, wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts. Die Teilflächen, auf die sich die Ausübungsbefugnis des Erbbaurechts erstreckt, und die davon nicht betroffene Teilfläche sind wiederum mit hinreichender dinglicher Bestimmtheit zu bezeichnen2. Insoweit gelten die vorstehenden Bestimmungen entsprechend. Es sollte also ein möglichst präziser Plan die Grenzen darstellen.

5.14

Ein Erbbaurecht kann auch als einheitliches Recht an mehreren Grundstücken lasten (Gesamterbbaurecht), auch wenn dies nicht ausdrücklich in dem ErbbauRG normiert ist (vgl. § 6a GBO). Die unterschiedlichen belasteten Grundstücke können auch verschiedenen Eigentümern gehören3. Das Gesamterbbaurecht kann sowohl von Anfang an durch Bestellung an mehreren nicht vereinigten Grundstücken als auch durch nachträgliche Teilung eines ursprünglich einheitlichen Grundstücks oder durch spätere Erstreckung auf weitere Flurstücke entstehen. Die Bestellung eines einheitlichen Erbbaurechts an nicht unmittelbar aneinander angrenzenden Flurstücken ist hingegen zweifelhaft.

V. Dauer des Erbbaurechts 5.15

Ein Erbbaurecht kann auf jede beliebige Dauer bestellt werden. Eine gesetzliche Mindest- oder Höchstfrist ist nicht vorgesehen, so dass beispielsweise auch eine Bestellung für ein Jahr oder auf unendliche Zeiten zulässig wäre4. Unbefristete, also ewige Erbbaurechte sind jedoch praktisch nie anzutreffen. Üblicherweise orientiert sich die Dauer des Erbbaurechts an der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzungsdauer der zu errichtenden Gebäude. Bei zeitlich nicht beschränkter Dauer des Erbbaurechts wird steuerlich regelmäßig die Abgrenzung schwieriger, ob das wirt1 BGH v. 13.6.1980 – V ZR 119/79, DNotZ 1981, 235. 2 Siehe KG v. 16.4.1991 – 1 W 7518/88, NJW-RR 1992, 214 (215). 3 Ingenstau/Hustedt10, § 1 ErbbauRG Rz. 42; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 22 f.; umstritten ist die Zulässigkeit des Nachbarerbbaurechtes – ein Gebäude auf zwei Grundstücken auf der Grundlage von zwei verschiedenen Erbbaurechtsverträgen, s. einerseits OLG Köln v. 6.5.2013 – 2 Wx 128/13, MittBayNot 2014, 157, andererseits Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 34. 4 Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 56; Winkler, NJW 1992, 2516; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 211.

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.18 Kap. 5

schaftliche Eigentum an dem Grundstück auf den Erbbauberechtigten übergeht. Für den Regelfall ist dies u.E. gleichwohl zu verneinen. Gemäß § 1 Abs. 4 ErbbauRG kann das Erbbaurecht nicht durch eine auflösende Bedingung beschränkt werden. Diese Regelung bezweckt, die Beleihbarkeit des Erbbaurechts zu sichern. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift hat die Nichtigkeit des Erbbaurechts zur Folge1. Die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung ist hingegen nach h.M. zulässig2.

5.16

Aufgrund des Verbots eines auflösend bedingten Erbbaurechts ist auch die Bestellung eines Erbbaurechts durch einen nichtbefreiten Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben unwirksam3. Das Verbot eines auflösend bedingten Erbbaurechts betrifft nach dem Gesetzeswortlaut lediglich den Fall eines ungewissen Ereignisses zu einem ungewissen Zeitpunkt. Nach dem gesetzlichen Wortlaut müsste es daher zulässig sein, eine Befristung des Erbbaurechts hinsichtlich eines gewissen Ereignisses mit einem ungewissen Zeitpunkt zu vereinbaren (Befristung). Die Regelungen in § 1 Abs. 4 ErbbauRG werden über den Wortlaut hinaus jedoch überzeugend so ausgelegt, dass beispielsweise auch ein auf den Tod eines Menschen befristetes Erbbaurecht unzulässig ist, da auch dieses die Beleihbarkeit wesentlich einschränken würde4.

5.17

VI. Absolut erste Rangstelle § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG enthält die besondere gesetzliche Hürde, dass ein Erbbaurecht nur an absolut erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen werden kann. Sofern das betreffende Grundstück z.B. mit einer Dienstbarkeit belastet ist, kommt eine Erbbaurechtsbestellung nur in Betracht, wenn der Dienstbarkeitsberechtigte im Rang zurücktritt. Einen uneingeschränkten Anspruch auf einen Rangrücktritt hat der Eigentümer nur dann, wenn dies bei Bestellung der Dienstbarkeit ausdrücklich vereinbart wurde. Ist dies nicht der Fall, gibt es einen Anspruch auf Rangrücktritt dann, wenn die Sicherheit der Dienstbarkeit sowohl während der Dauer des Erbbaurechtes als auch nach dessen Beendigung uneingeschränkt, also wie vor der Erbbaurechtsbestellung, gewährleistet ist. Die Absicherung des im Rang zurücktretenden Dienstbarkeitsberechtigten, selbst wenn die Dienstbarkeit am Erbbaurecht selbst eingetragen wird, ist problematisch, da im Falle des Heimfalls die Dienstbarkeit gem. § 33 Abs. 1 Satz 3 ErbbauRG erlischt; das Erbbaurecht besteht aber gleichwohl weiter 1 Erman/Grziwotz14, § 1 ErbbauRG Rz. 21 a.E.; Palandt/Wicke76, § 1 ErbbauRG Rz. 13; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 38. 2 Palandt/Wicke76, § 1 ErbbauRG Rz. 13; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 40; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 29. 3 BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 = MDR 1969, 918 = DNotZ 1970, 32 ff.; Ingenstau/Hustedt10, § 1 ErbbauRG Rz. 110; Münchener Kommentar/Heinemann7, § 1 ErbbauRG Rz. 80. 4 BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 ff. = MDR 1969, 918 = DNotZ 1970, 32 ff.; Erman/Grziwotz14, § 1 ErbbauRG Rz. 21 (zu Recht weist Grziwotz darauf hin, dass für diesen Fall jedoch der Heimfall vorgesehen werden könne); Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1682 a.E.

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569

5.18

Kap. 5 Rz. 5.19 Erbbaurecht

und kann vom Eigentümer genutzt und verwertet werden. Die Dienstbarkeit ist in diesem Fall entwertet, da sie nur noch im Rang nach dem Erbbaurecht am Grundstück eingetragen ist. Allerdings wird auch diskutiert, § 33 Abs. 1 Satz 3 ErbbauRG teleologisch dahingehend eingeschränkt auszulegen, dass Rechte, die vom Eigentümer selbst oder mit seiner Zustimmung bestellt wurden, nicht unter die Erlöschensregelung fallen1. Eine „Rettung“ der Dienstbarkeit ist jedoch auch dadurch möglich, dass die Ausübung des Heimfallrechtes davon abhängig gemacht wird, dass der Grundstückseigentümer die Dienstbarkeit neu und im selben Range wie am Grundstück Zug um Zug mit Eintragung des Heimfalles in das Grundbuch eintragen lässt2. Alternativ hierzu kann zugunsten des Dienstbarkeitsberechtigten eine Vormerkung am Erbbaurecht auf Neueintragung derselben für den Fall der Ausübung des Heimfalles vereinbart werden3. Die Rechtsprechung tendiert neuerdings dazu, unter den Voraussetzungen des § 242 BGB einen Rechtsanspruch des Grundstückseigentümers gegenüber dem Dienstbarkeitsberechtigten auf Rangrücktritt hinter das neu zu bestellende Erbbaurecht anzunehmen, wenn dem Dienstbarkeitsberechtigten die Ausübung der Dienstbarkeit während der gesamten Dauer des Erbbaurechts und auch anlässlich dessen Beendigung uneingeschränkt gewährleistet ist4. Hierzu gehört auch, dass bei Beendigung des Erbbaurechts die Entschädigungsforderung gem. § 27 ErbbauRG im Erbbaurechtsvertrag den Nachrang nach den am Grundstück eingetragenen Dienstbarkeiten erhält5. Damit wird bei einer Zwangsversteigerung aus der Entschädigungsforderung festgelegt, dass die Dienstbarkeit in das geringste Gebot fällt und daher auch nach der Zwangsversteigerung fortbesteht.

5.19

Misslingt die Rangbeschaffung, haftet der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten auf Schadensersatz, im Regelfall gem. § 311a Abs. 2 bzw. § 283 BGB, ein Verschulden vorausgesetzt. Auch nach altem Recht bestand bereits eine Schadensersatzhaftung. Diese sollte im Regelfall vertraglich ausgeschlossen werden, da der Grundstückseigentümer regelmäßig die Rangbeschaffung kaum mit hinreichender Sicherheit beeinflussen kann.

5.20

Sofern die erste Rangstelle nicht beschafft werden kann, kommen andere dingliche und schuldrechtliche Nutzungsrechte in Betracht, insbesondere ein Dauerwohnoder Dauernutzungsrecht, da diese Nutzungsrechte wie das Erbbaurecht veräußerlich und vererblich sind und durch Verpfändung beliehen werden können.

5.21

Sofern die dinglichen Nutzungsrechte vor der Errichtung eines Bauwerkes bestellt werden, stellt das aufgrund eines dinglichen Nutzungsrechtes erstellte Bauwerk einen Scheinbestandteil dar, so dass der Hersteller auch das bürgerlich-rechtliche Eigentum gem. § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB an dem Gebäude erwirbt. Da für ein derartiges Gebäude – mit Ausnahme des Erbbaurechts – aber kein eigenes Grundbuchblatt gebildet wer1 Rapp, ZfIR 2017, 89; Staudinger/Rapp, § 10 ErbbauRG Rz. 15 ff. und § 28 ErbbauRG Rz. 2 ff. 2 Von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 2 Rz. 100a. 3 Staudinger/Rapp, § 10 ErbbauRG Rz. 15; § 33 Rz. 12; Rapp, MittBayNot 2014, 412. 4 OLG Hamm v. 27.6.2013 – I-22 U 165/12, MittBayNot 2014, 431. 5 Staudinger/Rapp, § 28 ErbbauRG Rz. 2 a, 2 b.

570

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.26 Kap. 5

den kann, kommt für die Beleihung nur die Verpfändung des Nutzungsrechts in Betracht. Die Verpfändung ist aber nicht bei allen Nutzungsrechten möglich – beispielsweise bei einer Dienstbarkeit ist sie ausgeschlossen. Damit fehlt aber jede sachenrechtliche Publizität für ein Pfandrecht, was in der Praxis mangels der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs die Beleihung ausschließt.

VII. Dinglicher Inhalt des Erbbaurechts Hinsichtlich der Bestellung eines Erbbaurechts sind mehrere unterschiedliche Ebenen zu unterscheiden. Einerseits gibt es das dingliche Verfügungsgeschäft, das durch Eintragung im Grundbuch zur Entstehung des Erbbaurechts führt. Durch die Eintragung im Grundbuch entsteht ein Erbbaurecht, das einen bestimmten dinglichen Inhalt hat. Darüber hinaus besteht im Rahmen der §§ 2, 8, 27 und 32 ErbbauRG die Möglichkeit, fakultativ den dinglichen Inhalt des Erbbaurechtes zu erweitern.

5.22

Neben dem dinglichen Bestellungsakt sowie den Regelungen über den dinglichen Inhalt des Erbbaurechts selbst liegt der Bestellung eines Erbbaurechts regelmäßig ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft zugrunde, das meistens ein Rechtskauf gem. § 453 BGB ist1. Für dieses zugrunde liegende Rechtsgeschäft gilt das Beurkundungserfordernis des § 311b BGB entsprechend, § 11 Abs. 2 ErbbauRG.

5.23

1. Zwingende Regelungen Zum zwingenden Mindestinhalt eines Erbbaurechtes gehören lediglich die Regelungen in § 1 ErbbauRG, also

5.24

– die Bezeichnung des zu belastenden Grundstücks, – die Bezeichnung des Erbbauberechtigten, – die Bezeichnung, dass das Recht veräußerlich und vererblich sein soll, – die Vereinbarung des Inhalts, dass dem Berechtigten das Recht zusteht, ein bestimmtes Bauwerk auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks zu haben. Weiterer zwingender Inhalt ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Fakultativ, und in der Praxis auch üblich, kann jedoch im Rahmen der §§ 2 bis 8, 27, 32 ErbbauRG der dingliche Inhalt des Erbbaurechtes definiert werden.

5.25

Unter den Begriff des Bauwerks fallen grundsätzlich alle Gebäude, aber auch andere Bauwerke, die eine feste Verbindung mit dem Boden haben2. Die ungefähre Be-

5.26

1 Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz/, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 120 ff.; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 5 Rz. 6, mit der Gegenüberstellung zwischen altem und neuem Schuldrecht; BGH v. 20.12.1985 – V ZR 263/83, NJW 1986, 1605. 2 BGH v. 10.1.1992 – V ZR 213/90, MDR 1992, 581 = NJW 1992, 1681 (1983) = DNotZ 1992, 566 (zum Golfplatz als Bauwerk); OLG Hamm v. 27.06.2013 – 22 U 165/12, MittBayNot 2014, 431.

Rapp

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Kap. 5 Rz. 5.27 Erbbaurecht

schaffenheit des Bauwerks ist im Erbbaurechtsvertrag zu bezeichnen, damit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan wird1. Üblicherweise ist die Bezeichnung des Bauwerks bzw. der Anzahl der Gebäude unproblematisch. Anders ist dies hingegen bei der Anlegung beispielsweise einer Straße, einer Gleisanlage, eines Golfplatzes oder eines Tennisplatzes2. Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz steht in der Praxis gelegentlich im Konflikt mit der gewünschten Flexibilität des Erbbauberechtigten, der sich in einem frühen Planungsstadium noch nicht zu sehr festlegen und sich auch spätere Erweiterungen vorbehalten möchte. Sofern der Grundstückseigentümer damit einverstanden ist, wird es als zulässig angesehen, wenn der Erbbauberechtigte befugt ist, jede Art baurechtlich zulässiger Gebäude zu errichten3. Auch die Angabe der Gattungsart „ein Wohnhaus“ oder „mehrere Wohnhäuser“ ist nach Ansicht des BGH4 hinreichend bestimmt.

5.27

Meistens werden Regelungen dahingehend getroffen, welche Art von Gebäude errichtet werden soll, da der Grundstückseigentümer für den Fall der Beendigung des Erbbaurechtes durch Heimfall oder Zeitablauf ein Interesse daran hat, Einfluss auf die Art der Grundstücksnutzung zu nehmen. So kann beispielsweise festgelegt werden, dass ausschließlich Inhalt des Erbbaurechtes die Bebauung mit Wohngebäuden oder umgekehrt die Bebauung mit gewerblichen Hallen, Produktionsanlagen o.Ä. ist.

5.28

Eine Beschränkung auf einen Teil eines einheitlichen Gebäudes ist nach § 1 Abs. 3 ErbbauRG ausgeschlossen. Handelt es sich hingegen um mehrere Gebäude auf einem einheitlichen Grundstück, so kann sich das Erbbaurecht auch auf eine Teilfläche und damit auf nur eines von mehreren selbständigen Gebäuden beziehen. Umstritten ist, ob zwei Erbbaurechte auf benachbarten Grundstücken für ein Gebäude bestellt werden können (Nachbarerbbaurecht)5.

5.29

Erbbauberechtigter kann der Eigentümer selbst6 oder eine dritte Person sein. Möglich ist sowohl eine natürliche Person als auch eine juristische Person. Mehrere Personen können Inhaber des Erbbaurechtes als Bruchteilseigentümer, also in Miteigentümergemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB sein. Ebenso ist ein Erwerb in GbR gem.

1 BGH v. 10.1.1992 – V ZR 213/90, MDR 1992, 581 = NJW 1992, 1681 (1683) = DNotZ 1992, 566. 2 Vgl. zum Golfplatz BGH v. 10.1.1992 – V ZR 213/90, MDR 1992, 581 = NJW 1992, 1681 = DNotZ 1992, 566. Siehe die Aufzählung von Problemfällen bei Ingenstau/Hustedt10, § 1 ErbbauRG Rz. 63; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 12. 3 Zur Darstellung der baurechtlichen Zulässigkeit kann auch auf öffentlich-rechtliche Bauvorschriften, z.B. einen Bebauungsplan, Bezug genommen werden, vgl. BGH v. 22.4.1994 – V ZR 183/93, MDR 1994, 913 = NJW 1994, 2024 = DNotZ 1994, 886; v. 12.6.1987 – V ZR 91/86, BGHZ 101, 143; v. 23.5.2014 – V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rz. 25; Lemke/ Czub2, § 1 ErbbauRG Rz. 14; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 14. 4 BGH v. 22.4.1994 – V ZR 183/93, MDR 1994, 913 = NJW 1994, 2024 = DNotZ 94, 886. 5 OLG Köln v. 6.5.2013 – 2 Wx 128/13, MittBayNot 2014, 157 m. Anm. Rapp, MittBayNot 2014, 159. 6 BGH v. 11.12.1981 – V ZR 222/80, MDR 1982, 657 = NJW 1982, 2381 = DB 1982, 1054; Ingenstau/Hustedt10, § 1 ErbbauRG Rz. 35 ff.

572

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.32 Kap. 5

§§ 705 ff. BGB möglich. Die Bestellung des Erbbaurechtes zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines bestimmten Grundstücks ist hingegen unzulässig. 2. Fakultativer vertragsmäßiger Inhalt Die fakultativen Regelungen des § 2 ErbbauRG sind möglicher dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes. Sie gehen also automatisch mit dem Übergang des Erbbaurechtes auf einen Sonderrechtsnachfolger über. Einer Vertragsübernahme bedarf es insoweit nicht. Daher ist insoweit stets streng zwischen den schuldrechtlichen und den dinglichen Abreden des Erbbaurechtes zu unterscheiden. Die Abreden des § 2 ErbbauRG bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Sie werden durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbbauRG) dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes. Einer gesonderten Grundbucheintragung bedarf es insoweit nicht. Trotz der Verdinglichung des Erbbaurechtsinhaltes des § 2 ErbbauRG tritt der Erwerber eines Erbbaurechtes nicht in eine Haftung des Veräußerers gegenüber dem Grundstückseigentümer wegen Verstößen gegen Pflichten aus § 2 ErbbauRG ein1.

5.30

a) Regelungen über die Errichtung, Instandhaltung und die Verwendung des Bauwerkes Aus dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz folgt, dass ein Erbbaurechtsvertrag sich nicht auf die Regelung beschränken kann, auf dem Grundstück dürfe ein Bauwerk jeglicher Art errichtet werden. Während die Rechtsprechung zunächst dieses Kriterium sehr streng betrachtet hat, legt sie in der Zwischenzeit weniger strenge Maßstäbe an. Ausreichend ist es insoweit, wenn die Bebauung des Erbbaurechtes mit Gebäuden aller Art gestattet ist, soweit diese mit einem bereits bestehenden oder einem erst noch zu erstellenden Bebauungsplan übereinstimmen oder sonst baurechtlich errichtet werden dürfen2.

5.31

Als weiterer dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes wird üblicherweise die Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks vereinbart sowie bestimmte Nutzungen untersagt oder eine bestimmte Verwendung vorgegeben, § 2 Nr. 1 ErbbauRG. Diese Verpflichtung kann auch die genauen Details der Bauausführung vorgeben und eine Frist für Baubeginn und Fertigstellung vorsehen. Zu große Details wird der Erbbauberechtigte jedoch regelmäßig als übermäßige Einschränkung betrachten. Die Regelung einer Verpflichtung zur Herstellung des Gebäudes wäre problematisch, wenn dies als Gegenleistung die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöhen

5.32

1 BGH v. 6.11.2015 – V ZR 165/14, DNotZ 2016, 448 Rz. 17 ff.; Erman/Grizwotz14, § 2 ErbbauRG Rz. 1; Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 5, mit Hinweis auf die persönliche Haftung des Sonderrechtsnachfolgers gem. § 1108 BGB für rückständige Erbbauzinsen, sowie § 2 ErbbauRG Rz. 20b ff. 2 BGH v. 23.5.2014 – V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rz. 25; v. 12.6.1987 – V ZR 91/86, BGHZ 101, 143 = NJW 1987, 2674; v. 22.4.1994 – V ZR 183/93, MDR 1994, 913 = NJW 1994, 2024 = DNotZ 1994, 886; s. Rz. 5.26.

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573

Kap. 5 Rz. 5.33 Erbbaurecht

würde. Dies ist nach Ansicht des BFH1 jedoch nicht der Fall, so dass entsprechende Vereinbarungen problemlos getroffen werden können. Es kann jedoch auch von einer Bebauungsverpflichtung abgesehen werden. Nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG ist auch eine Verpflichtung zur Herstellung von Erschließungsanlagen möglich2. Umstritten ist, ob als Annexkompetenz mit dinglicher Wirkung ein Besichtigungsrecht zugunsten des Eigentümers des Grundstücks nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG vereinbart werden kann3. U.E. stellt sich diese Frage gar nicht, da es einer entsprechenden Abrede nicht bedarf, sondern der Eigentümer auch ohne entsprechende verdinglichte Abrede dazu in den üblichen Grenzen des Zumutbaren befugt ist. Dies ist der einfachste Weg um zu überprüfen, ob der Erbbauberechtigte seiner Verpflichtung zur Errichtung, zur Instandhaltung und Verwendung des Bauwerkes nachgekommen ist.

5.33

§ 2 Nr. 1 ErbbauRG erfasst nicht nur den anfänglichen Ausbau eines Gebäudes, sondern kann auch Regelungen hinsichtlich späterer Veränderungen vorsehen. Spätere bauliche Veränderungen können daher von der Zustimmung des Grundstückseigentümers abhängig gemacht werden4. Dabei darf jedoch der Grundstückseigentümer nur prüfen, ob auch das umgebaute Gebäude von der ursprünglichen Gebäudebeschreibung gedeckt ist. Ist dies zu bejahen, so besteht ein Anspruch auf Zustimmung5.

5.34

Der Erbbauberechtigte kann nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG verpflichtet werden, das Grundstück sowie die darauf errichteten Gebäude ordnungsgemäß auf eigene Kosten instand zu halten6. Die Details können in den Grenzen des Zumutbaren vorab festgelegt werden. Ohne Regelung einer ausdrücklichen Instandhaltungspflicht im Erbbaurechtsvertrag bestehen keine Instandhaltungspflichten für den Erbbauberechtigten. Er wird dies dann nur veranlassen, soweit er dies für eigene Zwecke benötigt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes erfasst § 2 Nr. 1 ErbbauRG nur die Instandhaltung des Bauwerks, aber nicht das Grundstück. Ob das Gesetz tatsächlich so eng am Wortlaut orientiert auszulegen ist, erscheint jedoch zweifelhaft.

5.35

Verstöße gegen die Pflichten des § 2 Nr. 1 ErbbauRG können Unterlassungs-, Abwehr- und Schadensersatzansprüche nach §§ 1004, 823 BGB begründen; ferner können gravierende Verstöße als Heimfallgrund vereinbart werden. Die Ausübung dieses Heimfallrechts unterliegt jedoch einer Ausübungskontrolle nach Treu und Glauben.

5.36

Schließlich können nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG auch Regelungen zur generellen Verwendung des Bauwerks getroffen werden7. Dies berechtigt aber nicht dazu, die Ver1 BFH v. 23.10.2002 – II R 81/00, DStRE 2003, 304 f. 2 Ingenstau/Hustedt10, § 2 ErbbauRG Rz. 14 m.w.N.; Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 12. 3 Bejahend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1749 m.w.N.; ablehnend Ingenstau/Hustedt10, § 2 ErbbauRG Rz. 17 m.w.N. 4 Siehe BGH v. 29.9.1967 – V ZR 131/64, BGHZ 48, 296 = NJW 1967, 2351; beiläufig BGH v. 30.4.1986 – V ZR 80/85, NJW-RR 1986, 1269; Erman/Grizwotz14, § 2 ErbbauRG Rz. 3. 5 BayObLG v. 11.12.1986 – BReg.3 Z 113/86, BayObLGZ 1986, 501. 6 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1749; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rz. 40; § 2 ErbbauRG Rz. 13. 7 BGH v. 26.6.2015 – V ZR 144/14, NJW 2015, 3436 Rz. 14: Einheimischenmodell im Erbbaurecht; Schlögel, ZfIR 2016, 175 (177).

574

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.38 Kap. 5

mietung dinglich an die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu knüpfen1, wie ein Rückschluss aus §§ 5, 7 ErbbauRG ergibt. Dies wäre nur auf schuldrechtlicher Ebene möglich. b) Versicherung des Bauwerks und sein Wiederaufbau im Falle der Zerstörung, § 2 Nr. 2 ErbbauRG Im Erbbaurechtsvertrag kann näher festgelegt werden, welche Arten von Versicherungen für das Bauwerk abzuschließen sind und wer die Beiträge zu der Versicherung zu zahlen hat. Darüber hinaus kann eine Verpflichtung zum Wiederaufbau des Gebäudes für den Fall der Zerstörung begründet werden, § 2 Nr. 2 ErbbauRG. Wird eine entsprechende Vereinbarung nicht getroffen, besteht keine Wiederaufbauverpflichtung für den Erbbauberechtigten2. Die Verpflichtung zum Wiederaufbau wird von der h.M. zu Recht jedoch dahingehend eingeschränkt, dass sie nur dann eingreift, wenn dies zumutbar ist3. In erster Linie kommt es auf den Willen der Beteiligten bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrages an; ob eine Wiederaufbaupflicht unter allen Umständen, auch bei Zerstörung durch höhere Gewalt, gewollt ist, ist nach § 157 BGB im Wege der Vertragsauslegung zu entscheiden. Der sorgfältig formulierte Erbbaurechtsvertrag enthält hier eindeutige Festlegungen.

5.37

c) Tragung der öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben, § 2 Nr. 3 ErbbauRG Entsprechende Regelungen zur Lastentragung können nach § 2 Nr. 3 ErbbauRG zum dinglichen Inhalt des Erbbaurechtes vereinbart werden. So sind insbesondere folgende Belastungen zu verteilen4: – Grundsteuer, – Erschließungskosten nach BauGB, – Anliegerbeiträge nach Kommunalabgabenrecht, – Beiträge und Gebühren für Entwässerung, Müllabfuhr, – Beiträge zu Sanierungsverfahren nach §§ 144 ff. BauGB, – Zinsen aus dem Grundstück, Hypotheken, Grundschulden oder Reallasten, soweit diese auf dem Grundstück selbst lasten; Tilgungsbeiträge gehören hingegen nicht dazu. 1 Vgl. BGH v. 26.6.2015 – V ZR 144/14, NJW 2015, 3436 Rz. 41 f.; v. 12.4.1967 – VIII ZR 252/64, DNotZ 1968, 302; BayObLG v. 25.10.2001 – 2Z BR 131/01, BayObLGZ 2001, 304. 2 Erman/Grziwotz14, § 2 ErbbauRG Rz. 4; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 51 f. 3 Streitig, vgl. Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII 1. Anm. 16 einerseits und Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 51 andererseits, jeweils m.w.N.; Staudinger/Rapp § 2 ErbbauRG Rz. 16. 4 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1752.

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575

5.38

Kap. 5 Rz. 5.39 Erbbaurecht

5.39

Die Verteilung obliegt den Vereinbarungen im Einzelfall. Der Begriff der privatrechtlichen Lasten entspricht der Regelung des § 1047 BGB, also den Bestimmungen zum Nießbrauch1. Regelungen zur Verkehrssicherungspflicht zählen nach h.M. weder zu den regelbaren Gegenständen des § 2 Nr. 1 ErbbauRG noch zu denen des § 2 Nr. 3 ErbbauRG2.

5.40

Ohne besondere Regelung trägt der Grundstückseigentümer die Lasten des Grundstücks und der Erbbauberechtigte die Lasten des Gebäudes3. Für die Erschließungsbeiträge gemäß dem BauGB und die einmaligen Abgaben der landesrechtlichen Kommunalabgabengesetze wird jedoch durch Gesetz der Erbbauberechtigte anstelle des Grundstückseigentümers als beitragspflichtig erklärt (§ 134 Abs. 1 Satz 2 BauGB; Art. 5 Abs. 9 [z.B. Bay]KAG). d) Regelungen zum Heimfall, § 2 Nr. 4 ErbbauRG

5.41

Die Regelungen zum Heimfall stellen einen entscheidenden Kernpunkt der Regelungen eines jeden Erbbaurechtsvertrages dar. Mittels der Regelung der Voraussetzungen für einen Heimfall kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen, insbesondere unter welchen wirtschaftlichen Fehlentwicklungen, bei welchen Pflichtverletzungen und unter welchen sonstigen Umständen das Erbbaurecht vom Erbbauberechtigten auf den Grundstückseigentümer zu übertragen ist. Der Heimfall führt nicht zum Erlöschen des Erbbaurechts. Das Erbbaurecht fällt vielmehr dem Grundstückseigentümer bei Ausübung des Heimfalls an4, wobei Grundpfandrechte und Reallasten bestehen bleiben, wodurch die Kreditfähigkeit des Erbbaurechtes gewährleistet wird. Dabei tritt der Übergang des Erbbaurechtes nicht automatisch mit der Ausübung ein, sondern es entsteht lediglich ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Übertragung des Erbbaurechts, der separater Erfüllung bedarf. Der Eigentümer kann auch die Abtretung des Erbbaurechtes an eine von ihm zu benennende dritte Person verlangen, § 3 ErbbauRG.

5.42

Problematisch sind die Folgen des Heimfalls bei einem Gesamterbbaurecht an mehreren Grundstücken, die unterschiedlichen Eigentümern gehören. Dasselbe gilt für das Wohnungserbbaurecht. Dies gilt sowohl für die Ausübung als auch für die Person des Erwerbsberechtigten5.

1 Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII 1. Anm. 19. 2 BayObLG v. 9.9.1999 – 2Z BR 127/99, BayObLGZ 1999, 254 = NJW-RR 2000, 162 = MittBayNot 1999, 563; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, Rz. 4.75; Staudinger/Rapp § 2 ErbbauRG Rz. 17. 3 Siehe Ingenstau/Hustedt10, § 2 ErbbauRG Rz. 33. 4 BGH v. 11.12.1981 – V ZR 222/80, MDR 1982, 657 = NJW 1982, 2381 = DB 1982, 1054; Münchener Kommentar/Heinemann, § 2 ErbbauRG Rz. 24; Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 19. 5 Siehe von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 3 Rz. 46; s. auch Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 20 a; § 12 ErbbauRG Rz. 20; § 27 ErbbauRG Rz. 7; § 32 ErbbauRG Rz. 3; Staudinger/Rapp, § 30 WEG Rz. 8.

576

Rapp

B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.45 Kap. 5

Übliche Regelungen, unter denen sich der Grundstückseigentümer den Heimfall vorbehält, sind:

5.43

– Pflichtverstöße trotz Mahnung gegen bestimmte im Erbbaurechtsvertrag bezeichnete Verpflichtungen (beispielsweise Herstellung, Instandhaltung, Versicherungen etc.), – Eröffnung des Insolvenzverfahren oder dessen Ablehnung mangels Masse1, – Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens oder die Anordnung der Zwangsverwaltung über das Erbbaurecht, – Rückstand des Erbbauberechtigten mit der Zahlung des Erbbauzinses i.H.v. insgesamt mindestens zwei Jahresraten, § 9 Abs. 4 ErbbauRG, – das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der die Fortsetzung des Erbbaurechtes aus Gründen, die in der Person des Erbbauberechtigten liegen, unzumutbar erscheinen lässt, – Veräußerung des Erbbaurechtes vor Errichtung des Bauwerks2, – Veräußerung des Erbbaurechts, ohne dass der Erwerber in die schuldrechtlichen Abreden des Erbbaurechtsvertrages eintritt. Auch der Tod des Erbbauberechtigten oder des Grundstückseigentümers können den Heimfall auslösen3. Dies steht nicht im Widerspruch zu der oben geschilderten Auslegung des § 1 Abs. 4 ErbbauRG, da durch den Heimfall das Erbbaurecht nicht erlischt und die Beleihbarkeit des Erbbaurechtes durch den Heimfall nicht beeinträchtigt wird. Die jeweiligen vereinbarten Heimfallgründe sollten hinreichend bestimmt sein. Das jederzeitige an keinerlei Voraussetzungen geknüpfte Heimfallrecht wird nach h.M. als unzulässig angesehen4. Auch der Nichteintritt eines Erwerbers in den schuldrechtlichen Teil des Erbbaurechtsvertrages für den Fall der Veräußerung des Erbbaurechtes kann als Heimfallgrund vereinbart werden5. Die Verwendung allgemeiner, unbestimmter Rechtsbegriffe ist grundsätzlich zulässig6.

5.44

Neben einer Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 138 BGB und § 242 BGB sollen nach einer verbreitet vertretenen Ansicht auch die §§ 305 ff. BGB anwendbar

5.45

1 Siehe BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = NJW 2007, 2325. 2 Auflistung nach Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII 1. § 7; Kersten/Bühling/Wolfsteiner25, § 64 Rz. 41 M (neu); Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 21. 3 OLG Karlsruhe v. 31.5.2000 – 19 U 232/98, NJW-RR 2002, 413; OLG Hamm v. 2.2.1965 – 15 W 286/64, DNotZ1966, 41; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1456; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 61; NK-BGB/Heller, § 2 ErbbauRG Rz. 12. 4 Palandt/Wicke76, § 2 ErbbRG Rz. 5; Erman/Grziwotz14, § 2 ErbbauRG Rz. 6. 5 OLG Oldenburg v. 18.12.1987 – 5 W 63/87, DNotZ 1988, 591. 6 BGH v. 11.7.2003 – V ZR 56/02, MDR 2003, 1170 = NJW-RR 2003, 1524 = DNotZ 2004, 143.

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577

Kap. 5 Rz. 5.46 Erbbaurecht

sein1. Vor allem überraschende Klauseln sind danach unwirksam. Ob der Kirchenaustritt bei einem kirchlichen Grundstückseigentümer den Heimfall rechtfertigen kann, ist strittig2.

5.46

Die Vereinbarung des Heimfalls wegen Insolvenz, Zwangsvollstreckung oder Verzugs ist wirksam und verstößt nicht gegen § 138 BGB oder § 119 InsO3. § 119 InsO findet auf Erbbaurechtsverträge ab der Eintragung des Erbbaurechtes in das Grundbuch keine Anwendung mehr, da der Rechtskauf mit der Eintragung in das Grundbuch vollständig erfüllt ist, so dass das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO durch die Abrede über den Heimfall nach Ansicht des BGH nicht beeinträchtigt werden kann. Gleichwohl sieht der BGH in dieser üblichen Heimfallregelung eine gläubigerschädigende Abrede, weil sie der Masse das Nutzungsrecht Erbbaurecht entzieht, § 133 Abs. 1 InsO. Der BGH stellt dabei allein auf den Entzug des Nutzungsrechts ab und lässt es offen, ob die Vereinbarung einer angemessenen Entschädigung dieses Urteil vermeiden könnte. Der BGH scheint es jedoch als nicht anfechtbar zu akzeptieren, wenn der Heimfall auf den zweijährigen Verzug mit den Reallastzahlungen abstellt.

5.47

Für den Fall des Heimfalls wie auch für den Fall des Zeitablaufes wird üblicherweise eine Entschädigung des Erbbauberechtigten vereinbart. Sind keine Regelungen getroffen, so ist nach § 32 Abs. 1 ErbbauRG eine angemessene Vergütung zu gewähren, die sich grundsätzlich am realen Wert des Bauwerks orientiert4. Als Inhalt des Erbbaurechtes können jedoch auch Vereinbarungen über die Höhe dieser Vergütung und die Art ihrer Zahlung sowie ihre Ausschließung getroffen werden, § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Erbbaurecht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minder bemittelter Bevölkerungskreise bestellt wurde. Anderenfalls besteht weitestgehende Gestaltungsfreiheit. Sie kann sogar in voller Höhe ausgeschlossen werden5. Üblich sind insoweit Bewertungsabschläge von einem bis zwei Drittel des Verkehrswerts. Soweit die Beteiligten sich nicht über den Wert der Gebäude einigen können, wird üblicherweise eine Schiedsgutachterklausel vereinbart. Einer besonders herabgesetzten Abfindung kann jedoch bei wirksamer Ausübung des Heimfallrechts die Einwendung des § 146 Abs. 2 InsO entgegenstehen, wenn die Herabsetzung der Abfindung in anfechtbarer Weise begründet wurde6. 1 BGH v. 26.6.2015 – V ZR 144/14, MDR 2015, 1061 = NJW 2015, 3436 = DNotZ 2015, 761 Rz. 29 ff.; Ingenstau/Hustedt10, § 2 ErbbauRG Rz. 46; Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 21; § 11 ErbbauRG Rz. 33. 2 Siehe Ingenstau/Hustedt10, § 2 ErbbauRG Rz. 47. 3 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, NJW 2007, 2325 = DNotZ 2007, 682 m. Anm. Reul, S. 649; siehe dazu auch von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 4 Rz. 87a. 4 BGH v. 6.12.1974 – V ZR 95/73, DB 1975, 685; vgl. auch BGH v. 20.4.1990 – V ZR 301/88, BGHZ 111, 154 = MDR 1990, 909 = NJW 1990, 2067 = DNotZ 1991, 393; Staudinger/ Rapp, § 32 ErbbauRG Rz. 6. 5 Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1460. 6 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, NJW 2007, 2325 = DNotZ 2007, 682 m. Anm. Reul, S. 649.

578

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B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.52 Kap. 5

Der Grundstückseigentümer hat in Anrechnung auf eine ggf. zu zahlende Entschädigung die am Grundbesitz lastenden Grundpfandrechte einschließlich der durch die Grundpfandrechte gesicherten Verbindlichkeiten zu übernehmen1. Bei herabgesetzten Heimfallentschädigungen kann daher eine hohe Belastung mit Grundpfandrechten und Verbindlichkeiten dazu führen, dass der Heimfall nicht ausgeübt werden kann oder durch die Schuldübernahme eine höhere Zahlungspflicht entsteht, als nach der Abfindungsklausel eigentlich geschuldet wäre. Eine Verpflichtung zur Ausübung des Heimfallrechtes besteht nicht, da es sich lediglich um ein Recht des Eigentümers handelt2. Eine entsprechende Verpflichtung kann schuldrechtlich aber als begleitende Abrede zum dinglichen Erbbaurecht getroffen werden.

5.48

Die Regelungen zum Bestehenbleiben von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden oder Reallasten sind zwingend. Sie können ebenso wenig abbedungen werden, wie die in § 33 Abs. 2 ErbbauRG geregelte Erfüllungsübernahme3, da sie dem Interesse der Realgläubiger dienen und die Beleihbarkeit des Erbbaurechtes gewährleisten.

5.49

e) Vertragsstrafen, Erneuerungsvorrecht und Verkaufsverpflichtung, § 2 Nr. 5 ErbbauRG Als weiteren dinglichen Regelungsinhalt sieht § 2 Nr. 5 bis 7 ErbbauRG vor, dass Vereinbarungen über die Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Zahlung von Vertragsstrafen, über ein Vorrecht nach Zeitablauf und über die Verpflichtung des Grundstückseigentümers, das Grundstück an den jeweiligen Erbbauberechtigten zu verkaufen, getroffen werden können.

5.50

Das Vorrecht auf Erneuerung ist in § 31 ErbbauRG geregelt. Daraus ergibt sich, dass dieses nur dann ein Recht auf Verlängerung des Erbbaurechtes gewährt, wenn der Grundstückseigentümer mit einem Dritten einen Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechtes abschließt und das Erbbaurecht den gleichen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Mit Ablauf von drei Jahren nach Zeitablauf des Erbbaurechtes erlischt auch das Vorrecht. Es handelt sich in seiner Konstruktion also um ein dem Vorkaufsrecht nachgebildetes Recht. Einen unbedingten Anspruch des Erbbauberechtigten auf Verlängerung gewährt es nicht, so dass dieses Recht sehr schwach ausgeprägt ist. Ein solcher uneingeschränkter Verlängerungsanspruch kann im Rang nach dem Erbbaurecht durch Vormerkung gesichert werden4.

5.51

Die Verkaufsverpflichtung nach § 2 Nr. 7 ErbbauRG leidet an dem Problem, dass die Gegenleistung für das Grundstück im Erbbaurechtsvertrag bereits möglichst bestimmt bezeichnet sein muss5. Dies führt meist zu der folgenden Alternativregelung: Üblicherweise werden wechselseitige Vorkaufsrechte an Grundstück und Erbbaurecht

5.52

1 Erman/Grziwotz14, § 33 ErbbauRG Rz. 7. 2 Erman/Grziwotz14, § 2 ErbbauRG Rz. 6; zur Verwendung des Heimfallanspruchs als zusätzliche Kreditsicherheit s. Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rnz.19. 3 Palandt/Wicke76, § 33 ErbbauRG Rz. 2; Staudinger/Rapp, § 33 ErbbauRG Rz. 10. 4 Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 58. 5 Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1462 f.

Rapp

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Kap. 5 Rz. 5.53 Erbbaurecht

für den jeweiligen anderen Berechtigten für alle Verkaufsfälle bestellt. Insoweit wird die Kaufpreisfindung durch den Eintritt des Vorkaufsfalls bestimmt. Die wechselseitigen Vorkaufsrechte sind nicht dinglicher Inhalt des Erbbaurechts1. f) Zustimmungsvorbehalt für Belastung und Veräußerung

5.53

Der Grundstückseigentümer ist im Falle des Heimfalls verpflichtet, die auf dem Erbbaurecht eingetragenen Grundpfandrechte und Reallasten einschließlich der zugrunde liegenden persönlichen Verpflichtungen zu übernehmen. Er haftet also für diese Verbindlichkeiten. Vor diesem Hintergrund hat der Grundstückseigentümer ein Interesse daran, Einfluss auf die Veräußerung und Übertragung des Erbbaurechtes sowie dessen Belastung zu erhalten. Dies ermöglichen ihm die §§ 5 ff. ErbbauRG. Hiernach ist, falls eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde, eine Übertragung oder Belastung eines Erbbaurechtes erst wirksam, wenn der Grundstückseigentümer dem zugestimmt hat. Allerdings liegt die Zustimmung zu entsprechenden Verfügungen nicht im freien Ermessen des Erbbauberechtigten2; der Erbbauberechtigte ist vielmehr grundsätzlich verpflichtet, der Veräußerung oder Belastung zuzustimmen, soweit der mit der Bestellung des Erbbaurechtes verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird und die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtung aus dem Erbbaurechtsvertrag bietet und bei Belastungen die Belastung den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht3. Der Anspruch auf Zustimmung durch den Grundstückseigentümer ist allerdings bei einer Veräußerung anders ausgestaltet als bei einer Belastung; danach kann ein Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung bestehen, nicht jedoch ein solcher auf Zustimmung zur Belastung. Es empfiehlt sich deshalb, bei einem Kaufvertrag über ein Erbbaurecht, bei dem der Kaufpreis finanziert werden soll und das entsprechende Darlehen durch Grundpfandrechte am Erbbaurecht abgesichert werden soll, die Fälligkeit des Kaufpreises davon abhängig zu machen, dass auch die Zustimmung zur Belastung erteilt wird4. Bei zu Unrecht verweigerter Zustimmung kann der Erbbauberechtigte in einem gerichtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 7 ErbbauRG die Zustimmung erzwingen. Die Belas-

1 Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 59 f.; zum Ankaufsrecht des Erbbauberechtigten s. Staudinger/Rapp, § 2 ErbbauRG Rz. 31. 2 Erman/Grziwotz14, § 7 ErbbauRG Rz. 2; Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 25 ff. 3 Vgl. zum Sicherungsumfang der Grundschuld, die sich durch die Grundschuldzinsen erhöht, BGH v. 28.9.1999 – XI ZR 90/98, MDR 1999, 1517 = NJW 1999, 3705 = DStR 1999, 1914 = DNotZ 2000, 59; OLG Frankfurt/Main v. 12.7.2005 – 20 W 63/04, NZM 2005, 919 = NJW-RR 2006, 387 (zur Einbringung eines Erbbaurechts in eine haftungsbeschränkte GmbH & Co. KG); OLG Hamm v. 13.10.1994 – 15 W 201/94, NJW-RR 1995, 399 = MittRhNotK 1995, 201; v. 22.5.1990 – 15 W 77/90, NJW-RR 1991, 20; BayObLG v. 19.10.1988 – BReg. 1a Z 24/88, DNotZ 1989, 368 = MittRhNotK 1988, 257; OLG Hamm v. 13.7.1995 – 15 W 187/95, MittBayNot 1996, 37, 39 = MittRhNotK 1996, 272; v. 30.5.1996 – 15 W 52/96, MittBayNot 1996, 380; LG Regensburg v. 18.4.2007 – 5 T 61/07, MittBayNot 2008, 55. 4 Vgl. hierzu Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 12 ff.

580

Rapp

B. Zivilrechtliche Grundzüge

Rz. 5.55 Kap. 5

tungsbeschränkung kann nur für die in § 5 Abs. 2 ErbbauRG bezeichneten Rechte vereinbart werden, nicht hingegen für Dienstbarkeiten oder Untererbbaurechte1.

VIII. Erbbauzins Die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses gem. §§ 9 ff. ErbbauRG ist nicht dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes2. Um den Grundstückseigentümer dennoch zu sichern, wird eine Erbbauzinsreallast am Erbbaurecht zugunsten des Grundstückseigentümers eingetragen. Der Erbbauberechtigte unterwirft sich in der Regel hinsichtlich der Zahlungsverpflichtungen aus der Erbbauzinsreallast persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Dabei ist es nach h.M. möglich, sich nicht nur hinsichtlich des Ausgangsbetrages, sondern auch hinsichtlich des Wertsicherungsbetrages der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen3. Die Vereinbarung einer gegenleistung, insbesondere eines Erbbauzinses, ist kein zwingendes kennzeichen des Erbbaurechtsvertrages. Geht man jedoch bei der Einräumung eines Erbbaurechtes von einem Rechtskauf aus, so wäre der kaufpreis Zug um Zug mit der Rechtseinräumung zur Zahlung fällig. Durch die Vereinbarung eines Erbbauzinses wird jedoch die Fälligkeit der Gegenleistung, vergleichbar wie bei einer Stundung, über den bei einem Rechtskauf üblichen Zeitpunkt hinaus, abweichend von dem Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung, in die Zukunft verschoben4. Verpflichtet sich deshalb eine Gemeinde als Erbbaurechtsnehmerin zur Zahlung enies Erbbauzinses, so liegt, kommunalrechtlich betrachtet, ein kreditähnliches Rechtsgeschäft vor, das nach den einschlägigen landesrechtlichen Gemeindeordnungen der rechtsaufsichtlichen Genehmigung bedarf5.

5.54

Der Erbbauzins wird üblicherweise wertgesichert bestellt. Das Genehmigungserfordernis durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ist mit der Neufassung des Preisklauselgesetzes im Verlauf des Jahres 2007 entfallen. Zulässig sind nach § 4 PreisKlG Preisklauseln in Erbbaurechtsbestellungsverträgen und Erbbauzinsreallasten mit einer Laufzeit von mindestens 30 Jahren. Gleichzeitig sollten diese Preisklauseln hinreichend bestimmt sein. Bei kürzerer Laufzeit führt dies nicht zur

5.55

1 Palandt/Wicke76, § 5 ErbbauRG Rz. 5; Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 8. Im Hinblick auf § 42 Abs. 2 WEG wird angenommen, dass auch die Belastung des Erbbaurechts mit einem Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht gem. §§ 31 ff. WEG dem Zustimmungsvorbehalt gem. § 5 Abs. 2 ErbbauRG unterstellt werden kann; s. Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 4; a.A. Lemke/Czub2, § 5 ErbbauRG Rz. 13. 2 Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII 1 Anm. 36. 3 Vgl. BGH v. 10.12.2003 – XII ZR 155/01, MDR 2004, 688 = NJW-RR 2004, 649 = DNotZ 2004, 644; Staudinger/Rapp, § 9 ErbbauRG Rz. 11. Zur Unzulässigkeit einer dinglichen ZV-Unterwerfung s. Rz. 5.57. 4 BGH v. 22.1.2016 – V ZR 27/14, BGHZ 208, 316 Rz. 26; hierzu kritisch Amann, DNotZ 2017, 328 und Wilhelm, NJW 2017, 193. 5 BGH v. 22.1.2016 – V ZR 27/14, BGHZ 208, 316 Rz. 27 f.

Rapp

581

Kap. 5 Rz. 5.56 Erbbaurecht

automatischen Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel; es sind dann vielmehr die allgemeinen Anforderungen für zulässige Wertsicherungsklauseln einzuhalten1.

5.56

Die Vollstreckung des Erbbauzinses sowie die Vollstreckung aus Grundpfandrechten, die einer Erbbauzinsreallast vorgehen, war in der Vergangenheit mit großen Risiken verbunden. Dies hat der Gesetzgeber durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz2 deutlich verbessert. Danach kann einerseits ein Vorrangvorbehalt für den jeweiligen Erbbauberechtigten geschaffen werden, der es dem Erbbauberechtigten ermöglicht, im Rang vor der Erbbauzinsreallast Grundpfandrechte in bestimmter Höhe eintragen zu lassen. Der Grundstückseigentümer trägt hieraus kein wesentliches Risiko, sofern gleichzeitig vereinbart wird, dass die Reallast abweichend von § 52 Abs. 1 ZVG mit ihrem Hauptanspruch bestehen bleibt, wenn der Grundstückseigentümer aus der Reallast oder der Inhaber eines im Rang vorgehenden oder gleichstehenden dinglichen Rechts die Zwangsversteigerung des Erbbaurechtes betreibt. Beides kann zum Inhalt des Erbbauzinses, also der Erbbauzinsreallast gemacht werden. So verliert der Grundstückseigentümer im Falle der zwangsweisen Beitreibung des Erbbauzinses oder für sonstige Fälle der Versteigerung des Erbbaurechtes nicht mehr seinen Erbbauzins. Er ist nicht mehr auf die bisher eintretende Kapitalisierung des Erbbauzinses angewiesen. Darüber hinaus hat der jeweilige Ersteigerer des Erbbaurechtes den Vorteil, dass auch diesem wiederum der Vorrangvorbehalt zur Beleihung des Grundstücks im Rang vor der Erbbauzinsreallast zur Verfügung steht3.

5.57

Eine dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegen den jeweiligen Inhaber des Erbbaurechtes kann nicht vereinbart werden, da §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO sich nicht auf Reallasten erstrecken. Eine dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung kann daher auch nicht im Grundbuch eingetragen werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich aus Sicht des Grundstückseigentümers, neben der persönlichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung des ersten Erbbauberechtigten diesen zu verpflichten, eine Veräußerung an einen Einzelrechtsnachfolger nur vorzunehmen, wenn dieser sich sowohl wegen der persönlichen Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Erbbauzinsreallast (§ 1108 BGB) in der im Veräußerungszeitpunkt gegebenen Höhe unterwirft (vgl. dazu auch die Ausführungen zum Verkauf eines Erbbaurechtes Rz. 5.342).

1 Siehe auch von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 6 Rz. 151a; Staudinger/Rapp, § 9 ErbbauRG Rz. 25 ff. 2 Gesetz v. 21.9.1994, ergänzt durch Art. 11a EuroEG v. 9.6.1998, BGBl. I 1998, 1242. 3 Vgl. zum Ganzen Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII 2. Anm. 8 ff.; Limmer in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 151 ff.; Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 101 ff.; Rapp, FS Brambring (2011), 305 ff.; der Rangvorbehalt gem. § 9 Abs. 3 Nr. 2 ErbbauRG ist zwingend für den Fall, dass der Inhaber eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden dinglichen Rechts aus diesem die Zwangsversteigerung betreibt, Staudinger/Rapp, § 9 ErbbauRG Rz. 29 f; a.A. von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 6 Rz. 57; Lemke/Czub2, § 9 ErbbauRG Rn. 66; Palandt/Wicke76, § 9 ErbbauRG Rz. 16.

582

Rapp

C. Einkommensteuer

Rz. 5.62 Kap. 5

Zur Behandlung des Erbbauzinses in der Insolvenz des Erbbauberechtigten s. BGH1 vom 20.10.2005. Danach findet § 108 InsO auf Erbbaurechtsverträge keine Anwendung. § 108 InsO regelt nur den Fortbestand von Miet- oder Pachtverträgen. Ansprüche auf Erbbauzinsen begründen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeiten, sondern sind also nur als reguläre Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden und entsprechend quotal zu erfüllen. Diese Rechtslage führt dazu, dass der Grundstückseigentümer nicht mit rückständigen Erbbaurechtszinsen gegen andere Masseforderungen des Insolvenzverwalters gegen den Grundstückseigentümer aufrechnen kann. Umso wichtiger ist die dingliche Reallast.

5.58

Die dingliche Erbbauzinsreallast kann in dinglicher Weise als wertgesichertes Recht bestellt werden2. Damit erhöht sich bei einer Anknüpfung an den Lebenshaltungskostenindex der Inhalt der Reallast automatisch mit der jeweiligen Anpassung des Lebenshaltungskostenindexes. Dies macht regelmäßige Anpassungen der Reallast mit entsprechenden Grundbucheintragungen und die Bestellung einer Vormerkung zur Sicherung von Erhöhungsbeträgen überflüssig.

5.59

Übersicht: Zwangsvollstreckung

5.60

e

Bei alten Erbbaurechten bleibt der Erbbauzins nur bestehen, wenn er dem bestrangig betreibenden Gläubiger vorgeht.

e

Bei der zwangsversteigerungsfesten Erbbauzinsregelung gem. § 9 Abs. 3 Nr. 1 ErbbauRG findet keine Kapitalisierung des Erbbauzinses statt.

C. Einkommensteuer I. Erstmalige Bestellung eines Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Bestellung eines Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück ist zunächst zu unterscheiden, ob sich das Grundstück bisher im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen befunden hat.

5.61

1. Behandlung im Privatvermögen gehaltener Grundstücke beim Grundstückseigentümer Beispiel: Der Steuerpflichtige S ist Eigentümer eines teilweise unbebauten Grundstücks des Privatvermögens, das im Übrigen mit seinem Einfamilienhaus bebaut ist. Seine Tochter T möchte auf dem unbebauten Teil des Grundstücks ein Haus errichten. Da er sich noch nicht dauerhaft von dem Grundstück trennen möchte und eine Genehmigung nach § 22 BauGB

1 BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 145/04, MDR 2006, 470 = NJW-RR 2006, 188 = DStZ 2006, 56. 2 Palandt/Wicke76, § 9 ErbbauRG Rz. 5 i.V.m. Palandt/Herrler76, § 1105 BGB Rz. 6.

Schallmoser

583

5.62

Kap. 5 Rz. 5.63 Erbbaurecht nicht erteilt wird, möchte er der T ein Erbbaurecht1 an dem Grundstück im Wege der unechten Teilflächenbelastung2 einräumen. T soll keinerlei Gegenleistungen erbringen.

5.63

Wird ein Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück des Privatvermögens bestellt, so hat die Erbbaurechtsbestellung keinerlei einkommensteuerliche Auswirkungen beim Grundstückseigentümer, wenn das Erbbaurecht vollständig unentgeltlich eingeräumt wird. Da sich das Erbbaurecht nicht auf den bebauten Teil des Grundstücks erstreckt, geht auch das Eigentum an dem bereits aufstehenden Gebäude nicht auf die T über. In diesem Fall liegt der steuerliche Schwerpunkt im Schenkungsteuerrecht3.

5.64

Beispiel: Der Steuerpflichtige S ist Eigentümer eines vollständig unbebauten Grundstücks des Privatvermögens. Da er sich nicht dauerhaft von dem Grundstück trennen möchte oder dies nicht kann (Kirche/öffentlich-rechtliche Körperschaft), möchte er D ein Erbbaurecht an dem Grundstück einräumen. D verpflichtet sich, dem S einen monatlich im Voraus fälligen Erbbauzins i.H.v. 1.000 t zu zahlen, der mit einer wertgesicherten Erbbauzinsreallast am Erbbaurecht abgesichert werden soll.

5.65

Vereinbaren Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigter, wie üblich, die Zahlung von laufenden Erbbauzinsen, so erzielt der Grundstückseigentümer mit den Erbbauzinsen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG4. Für den Zeitpunkt der Erfassung und Versteuerung der Einnahmen gilt insoweit das Zuflussprinzip des § 11 EStG. Zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die dem Grundstückseigentümer zuzurechnen sind, können auch Erschließungskosten und Straßenanliegerbeiträge zählen, die der Erbbauberechtigte entgegen dem öffentlichen Recht anstelle des Eigentümers übernimmt. Problematisch ist hierbei die Bestimmung des genauen Zeitpunkts des Zuflusses5.

5.66

Abwandlung: Ändert sich etwas an der Besteuerung beim Grundstückseigentümer, wenn der Erbbauzins nicht in laufenden Beträgen gezahlt wird, sondern vorab in einem Betrag von 100.000 t für die gesamte Laufzeit?

5.67

Zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählt ein Erbbauzins auch dann, wenn er in großen Beträgen oder in einer Summe 1 Alternativ ist es natürlich auch möglich, einen Miteigentumshälfteanteil mit Nutzungsvereinbarung und Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft nach § 1010 BGB zu überlassen oder ein eigentumsähnliches Dauerwohnrecht zu bestellen. Letzteres ist vor allem eine Möglichkeit, wenn die erste Rangstelle nicht erreichbar ist, hat jedoch den Nachteil, dass das Dauerwohnrecht nicht selbständig mit Grundpfandrechten belastet werden kann. 2 Zur Zulässigkeit vgl. Palandt/Wicke76, § 1 ErbbauRG Rz. 5. 3 Zu Einzelheiten der Bewertung s. Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz4, §§ 192–194 BewG Rz. 32. 4 BFH v. 20.9.2006 – IX R 17/04, BStBl. II 2007, 112 = ErbStB 2007, 34; v. 23.9.2003 – IX R 65/02, BStBl. II 2005, 159 = FR 2004, 167 m. Anm. Fischer; v. 4.7.1969 – VI R 259/67, BStBl. II 1969, 724 f.; Sproß, DStZ 1994, 673 (674); Kirchhof/Mellinghoff16, § 21 EStG Rz. 48 „Erbbaurecht“. Siehe ausf. Spindler, DB 1994, 650 ff. 5 Vgl. dazu BFH v. 21.11.1989 – IX R 170/85, BStBl. II 1990, 310 = DB 1990, 355; vgl. auch Spindler, DB 1994, 650; Kirchhof/Mellinghoff16, § 21 EStG Rz. 48 „Erbbaurecht“.

584

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.68 Kap. 5

im Voraus bezahlt wird1. Diese Beträge wären dem Grunde nach in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu versteuern (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG); nach der durch das EURLUmsG2 m.W. ab 1.1.2004 eingeführten Sonderregelung (zur Entstehungsgeschichte s. Rz. 5.87 ff.) in § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG hat der Steuerpflichtige indes ein Wahlrecht („… kann …“), die für Nutzungsverträge von mehr als fünf Jahren (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG) vorausbezahlten Erbbauzinsen auf die Laufzeit des Erbbaurechtes zu verteilen. Die Einräumung eines Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück führt grundsätzlich nicht zur Veräußerung des unbebauten Grundstücks3. Das Grundstück wird lediglich zur Nutzung auf Zeit überlassen und ist insoweit vergleichbar mit einem langfristigen Miet- bzw. Pachtverhältnis4. Der zivilrechtliche Grundstückseigentümer bleibt grundsätzlich auch weiterhin wirtschaftlicher und damit auch steuerrechtlich Eigentümer i.S.d. § 39 AO5; denn er bleibt im Regelfall weiterhin zum Verkauf und damit zur Verwertung des belasteten Grundbesitzes befugt. Der Erbbauberechtigte ist demgegenüber lediglich Eigentümer der auf dem belasteten Grundstück errichteten baulichen Anlagen; er besitzt den Grund und Boden in Ausübung des Erbbaurechts für den Grundstückseigentümer6. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Einräumung eines langfristigen Erbbaurechtes zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erbbauberechtigten führen. Dies ist der Fall, wenn Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf ihn übergegangen sind und der rechtliche Eigentumsübergang nachfolgen soll. Anders als bei dem Käufer eines Grundstücks kann bei einem Erbbauberechtigten aber nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass der bürgerlich-rechtliche Eigentumsübergang nachfolgen soll. Wenn ein Erbbauberechtigter als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen werden soll, muss sich die Tatsache, dass zwischen den Vertragspartnern Einigkeit über den Übergang auch des bürgerlich-rechtlichen Eigentums am Grundstück bestand, aus anderen Umständen ergeben. Dabei genügt es nicht, dass die Beteiligten bei der Bestellung des Erbbaurechts die Absicht hatten, irgendwann in der Zukunft das Erbbaurecht in bürgerlich-rechtliches Eigentum übergehen zu lassen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkauf des Grundstücks zwischen den Beteiligten endgültig beschlossen ist und lediglich der Vollzug dieser Absicht noch von bestimmten Gegebenheiten abhängt7. Ein – gewünschter – Übergang des wirtschaftlichen Eigentums 1 BFH v. 4.7.1969 – VI R 259/67, BStBl. II 1969, 724 f. 2 BGBl. I 2004, 3310. Vgl. hierzu Melchior, DStR 2004, 2121; BT-Drucks. 15/3677; BTDrucks. 15/4050; BT-Drucks. 15/3789; BT-Drucks. 15/3922. 3 Vgl. BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 = DStR 1984, 693; Schmidt-Liebig, FR 1998, 177 (181); Sauren, DStR 2000, 60 (61); BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = FR 2000, 1158 Tz. 14; BFH v. 7.4.1994 – IV R 11/92, BStBl. II 1994, 796 = DB 1994, 1800 = GmbHR 1994, 816. 4 Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 7 m.w.N. 5 BFH v. 10.12.1998 – III R 61/97, BStBl. II 1999, 390; v. 22.4.1998 – XI R 28/97, BStBl. II 1998, 665 = DStR 1998, 1352; v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 = DStR 1984, 693; v. 26.2.1970 – I R 42/68, BStBl. II 1970, 419; v. 7.4.1994 – IV R 11/92, BStBl. II 1994, 796 = DB 1994, 1800 = GmbHR 1994, 816. 6 Vgl. BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 = DStR 1984, 693. 7 Vgl. BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 = DStR 1984, 693.

Schallmoser

585

5.68

Kap. 5 Rz. 5.69 Erbbaurecht

auf den Erbbauberechtigten kann u.E. erreicht werden durch eine Kombination mit einem Erbvertrag1 oder durch Kombination des Erbbaurechtes mit einer unbeschränkten Verlängerungsmöglichkeit oder einer unentgeltlichen Erwerbsoption nach Ablauf des Rechtes2. In diesen Fällen wird bereits durch die Erbbaurechtsbestellung ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht. Die bloße Bestellung des Erbbaurechtes für unbegrenzte Zeit – ohne weitergehende Einschränkungen für den Grundstückseigentümer – führt hingegen u.E. noch nicht zu einer Veräußerung des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundstück.

5.69

Ähnlich ist die Situation im Hinblick auf den gewerblichen Grundstückshandel (vgl. dazu Rz. 11.1 ff.). Im Grundsatz führt auch hier die bloße Bestellung eines Erbbaurechtes an nicht bebautem Grund und Boden nicht zu einem Veräußerungsgeschäft i.S.d. Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel; denn das bestellte Erbbaurecht ist kein „Objekt“ i.S.d. Drei-Objekt-Grenze3. Insofern kann die Bestellung eines Erbbaurechtes eine wichtige Strategie zur Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels darstellen. Anders kann dies im Einzelfall sein, wenn der Grundstückseigentümer zunächst ein Gebäude errichtet und sodann – anschließend an die Bestellung eines Erbbaurechtes an dem bebauten Grundstück – das Eigentum an dem Gebäude oder das Erbbaurecht auf einen Dritten übergehen lässt und damit dessen Marktwert realisiert4. In derartigen Fällen könnte die Bestellung eines Erbbaurechtes im Zusammenspiel mit dem Verkauf des Gebäudes oder des Erbbaurechtes auch die Annahme eines Veräußerungsgeschäfts rechtfertigen. Dies ist bei unbebauten Grundstücken, die mit einem Erbbaurecht belastet werden, u.E. jedoch nur in besonderen Situationen denkbar, etwa wenn durch die Ausgestaltung eines Vertragsbündels bereits das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück auf den Erbbauberechtigten übergeht (zu derartigen Konstellationen s. Rz. 12.13)5.

5.70

Der Grundstückseigentümer ist zur Vornahme von Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 EStG nicht befugt6, da der Grund- und Boden kein abnutzbares Wirtschaftsgut ist und die Abschreibungsbefugnis für ein aufstehendes Gebäude dem Erb1 Vgl. BFH v. 3.11.1982 – II R 82/81, BStBl. II 1983, 165. 2 Vgl. BFH v. 30.7.1965 – VI 288/63 U, BStBl. III 1965, 613. 3 BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = ZNotP 2007, 434; FG Niedersachsen v. 22.5.1991 – VIII 499/86, EFG 1991, 677. Anders allerdings FG München v. 20.4.1999 – 11 K 903/96, DStRE 1999, 700 = EFG 1999, 839 (842) für einen Sonderfall von Branchennähe, in dem neben der Einräumung eines (Unter-)Erbbaurechts wesentliche Planungs- und Ingenieursleistungen erbracht und vergütet wurden. 4 Vgl. BFH v. 24.1.1996 – X R 255/93, BStBl. II 1996, 303 = NJW 1996, 2182 = MittBayNot 1996, 326 – „Supermarkt“, für den Fall der Anschaffung eines unbebauten Erbbaurechts, anschließender Bebauung und Weiterverkauf des Erbbaurechts; vgl. dazu die Anm. Fischer, NWB Fach 3, S. 9755; FG München v. 20.4.1999 – 11 K 903/96, EFG 1999, 839 (842). 5 Teilw. strenger Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 60 m.w.N. zur h.M. 6 Dies ist unstreitig, s. Kirchhof/Pfirrmann16, § 7 EStG Rz. 12; BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705. Problematisch ist hingegen, inwiefern der Eigentümer zur Geltendmachung von Abschreibungen nach einem Heimfall bzw. nach dem Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf berechtigt ist, da er die Auf-

586

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.73 Kap. 5

bauberechtigten zusteht. Bei unentgeltlicher Einräumung des Erbbaurechtes an einem bebauten Grundstück folgt dies aus § 11d EStDV. Werbungskosten können insoweit nicht geltend gemacht werden. Handelt es sich um belasteten Grundbesitz, insbesondere weil der Grundbesitz erst kurze Zeit vorher kreditfinanziert angeschafft wurde, so hindert den Grundstückseigentümer die Bestellung eines entgeltlichen Erbbaurechtes an einem Grundstück nicht daran, die Zinsen für die Darlehen weiterhin einkommenswirksam geltend zu machen. Die Zinszahlungen sind Werbungskosten bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG. Sie führen mithin zu einer Minderung der Einnahmen aus den Erbbauzinsen.

5.71

2. Behandlung im Betriebsvermögen gehaltener Grundstücke beim Grundstückseigentümer a) Einnahmen Ist der Grundbesitz, an dem das Erbbaurecht bestellt werden soll, Teil eines Betriebsvermögens, so sind daraus resultierende Einnahmen nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen, da diese Einkunftsart gem. § 21 Abs. 3 EStG subsidiär ist. Bei dem Erbbauzins handelt es sich um Betriebseinnahmen. Auch im Bereich der betrieblichen Einkunftsarten können Erbbauzinsen, die in einem Einmalbetrag für viele Jahre vorausbezahlt werden, auf die Jahre verteilt werden, auf die der Erbbauzins wirtschaftlich entfällt1. Buchungstechnisch erfolgt die zeitliche Verteilung des Einmalbetrages linear mittels eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die Dauer des Erbbaurechtes2. Der gezahlte Einmalbetrag ist daher wirtschaftlich als Betriebseinnahmen auf die gesamte Dauer des Erbbaurechtes zu verteilen3.

5.72

b) Entnahme Besondere Probleme bereitet im Rahmen der Bestellung eines Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück des Betriebsvermögens regelmäßig die Frage, ob hierdurch eine Entnahme gem. § 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG bewirkt wird. Hierbei ist zunächst zwischen der entgeltlichen und der unentgeltlichen Bestellung eines Erbbaurechtes zu unterscheiden.

wendungen nicht selbst getragen hat – abgesehen von der ggf. zu zahlenden Abfindung bei Beendigung. 1 Vgl. von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 75 m.w.N.; Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 550 „Erbbaurecht“. 2 BFH v. 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398 = FR 1981, 251 = DB 1981, 1372 (für die Vorauszahlung von Erschließungskosten des Erbbauberechtigten an den Grundstückseigentümer); Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 550 „Erbbaurecht“; Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“. 3 Vgl. Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 a.

Schallmoser

587

5.73

Kap. 5 Rz. 5.74 Erbbaurecht

5.74

Wird ein Erbbaurecht auf längere Dauer unentgeltlich bestellt, so fließen dem Betrieb keinerlei Erbbauzinsen zu. Das Wirtschaftsgut ist damit faktisch dem Betrieb entzogen und eine Entnahme realisiert1. Nach Meinung der Finanzverwaltung2 liegt eine Entnahme dann vor, wenn der Erbbauzins niedriger ist als 50 % des üblichen Entgeltes. Soll also eine Entnahme vermieden werden, so ist auf die Angemessenheit des Erbbauzinses zu achten (s.a. Rz. 5.79 zur Bestellung von Erbbaurechten an landwirtschaftlichen Flächen unter Beachtung der Geringfügigkeitsgrenze von 10 % für gewillkürtes Betriebsvermögen).

5.75

Ebenso wird eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG bzw. eine gewinnrealisierende Veräußerung durchgeführt, wenn durch die Bestellung des Erbbaurechtes nach den bereits oben in Rz. 5.68 f. geschilderten Grundsätzen das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück auf den Dritten übertragen wird. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Erbbauberechtigte nach Ablauf des Erbbaurechtes berechtigt ist, die unentgeltliche Übereignung des Grundstücks zu verlangen3.

5.76

Beispiel: Der Steuerpflichtige S ist Eigentümer eines unbebauten Grundstücks des Betriebsvermögens. Da er sich nicht dauerhaft von dem Grundstück trennen möchte, bestellt er D ein Erbbaurecht an dem Grundstück. D verpflichtet sich, dem S einen monatlich im Voraus fälligen Erbbauzins i.H.v. 1.000 t zu zahlen, der mit einer wertgesicherten Erbbauzinsreallast am Erbbaurecht abgesichert werden soll.

5.77

Die entgeltliche Bestellung eines Erbbaurechtes führt hingegen grundsätzlich nicht zu einer Entnahme4. Der Fall ist nicht anders zu behandeln als die Vermietung oder Verpachtung von betrieblichem Grund und Boden. Bei einem gewerblichen Grundstückshandel hat der BFH5 dies sogar für einen Fall entschieden, in dem Erbbaurechte an sämtlichen Grundstücken des Betriebsvermögens eines gewerblichen Grundstückshändlers bestellt wurden. Nach Meinung des BFH wird in derartigen Fällen auch keine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG verwirklicht. Denn der Steuerpflichtige habe in dem streitigen Sachverhalt weder die wesentlichen Grundlagen seines gewerblichen Grundstückshandels veräußert noch veräußern wollen. Er sei vielmehr gerade Eigentümer der Grundstücke geblieben. Der Grundstückseigentümer bleibe ja auch weiterhin zur Veräußerung oder Belastung des Grundstücks befugt.

1 Barth, FR 1988, 323; OFD München, FR 1997, 920. 2 OFD München, FR 1997, 920; s. auch Kirchhof/Kube16, § 13 EStG Rz. 55. 3 Vgl. BFH v. 30.7.1965 – VI 288/63 U, BStBl. III 1965, 613; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 71. 4 BFH v. 22.4.1998 – XI R 28/97, BStBl. II 1998, 665 = DB 1998, 1797 = FR 1998, 837 m. Anm. Paus; v. 26.2.1970 – I R 42/68, BStBl. II 1970, 419; v. 26.11.1987 – IV R 171/85, BStBl. II 1988, 490; v. 10.4.1990 – VIII R 133/86, BStBl. II 1990, 961; Schmidt/Heinicke36, § 4 EStG Rz. 360, „Erbbaurecht“; Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“. 5 Vgl. BFH v. 22.4.1998 – XI R 28/97, BStBl. II 1998, 665 = DStR 1998, 1352 = FR 1998, 837.

588

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.79 Kap. 5

Beispiel1: Der Steuerpflichtige S ist Inhaber eines kleinen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes mit 5 ha. Nutzgrund, mit dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Da große Teile seines Grund und Bodens nun von der Gemeinde als Einheimischengebiet und andere Teile als Golfplatz genutzt werden sollen (insgesamt 3 ha.) und S die Steuerbelastung eines Verkaufs oder einer Entnahme vermeiden will, fragt er seinen Berater, ob er nicht einfach zur Vermeidung einer Entnahmebesteuerung Erbbaurechte an seinen Grundstücken bestellen kann. Pro qm soll ein marktüblicher Erbbauzins vereinbart werden.

5.78

Andere Grundsätze als beim gewerblichen Grundstückshandel gelten bei der Bestellung eines Erbbaurechtes oder mehrerer Erbbaurechte an landwirtschaftlich genutztem Grund und Boden2. Auch hier ist zur Vermeidung der Entnahme grundsätzliche Voraussetzung die entgeltliche Einräumung des Erbbaurechtes. Darüber hinaus ist es nach der Rechtsprechung jedoch erforderlich, dass der Grund und Boden weiterhin dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet werden kann. Dies ist insofern problematisch, als nach der Bebauung oder Umgestaltung in einen Golfplatz die landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen ist3. Damit der belastete Grundbesitz dennoch zum gewillkürten Betriebsvermögen der Landwirtschaft gerechnet werden kann, ist ein gewisser objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb weiterhin erforderlich. Der Grundbesitz muss weiterhin dazu geeignet und bestimmt sein, den landwirtschaftlichen Betrieb zu fördern. Schließlich darf das Gesamtbild der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Umfang des gewillkürten Betriebsvermögens nicht wesentlich verändert werden4. Aus diesen Einschränkungen folgen wesentliche Konsequenzen für die Bestellung eines Erbbaurechtes an landwirtschaftlichem Grund und Boden: Die verbleibende Land- und Forstwirtschaft muss hinsichtlich des Flächenumfangs, des Rohertrags und des Betriebsgewinns (ohne Erbbauzinsen) sowie ihres Wertes weiterhin überwiegen. Nach Meinung des BFH5 soll es auf einen Ertragsvergleich bei Durchschnittsermittlern nach § 13a EStG nur eingeschränkt ankommen. Im Übrigen geht der BFH von einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 % der Nutzflächen aus. Erst ab dem Überschreiten dieser Grenze komme es auch auf die weiteren Kriterien wie den Ertrag an. Da die Bestellung von Erbbaurechten für gewerbliche oder sonstige nicht landwirtschaftliche Zwecke in der Regel wesentlich ertragsstärker ist und zu Wertsteigerungen des Grund und Bodens führt, ist hier große Vorsicht walten zu lassen. Ertragsstarke Erbbaurechte können daher sehr schnell den Charakter der Land- und Forstwirtschaft dominieren und damit zu einer Entnahme des Grund und Bodens führen. Die Grenze von 20–30 % des gesamten landwirtschaftlichen Grund und Bodens

5.79

1 Vgl. ähnlich BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342. Vgl. auch Kirchhof/Kube16, § 13 EStG Rz. 55. 2 Vgl. zum Ganzen BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342; Verfügung der OFD München v. 5.11.1992, FR 1993, 26; vgl. BFH v. 10.12.1964 – IV 167/64, BStBl. III 1965, 377; v. 28.10.1982 – IV R 73/81, BStBl. II 1983, 106. 3 BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342. 4 OFD München v. 5.11.1992, FR 1993, 26; vgl. BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342; v. 10.12.1964 – IV 167/64, BStBl. III 1965, 377; v. 28.10.1982 – IV R 73/81, BStBl. II 1983, 106. 5 BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342; v. 24.3.2011 – IV R 46/08, BStBl. II 2011, 692.

Schallmoser

589

Kap. 5 Rz. 5.80 Erbbaurecht

wird daher in der Regel kritisch werden. In Zweifelsfällen ist ggf. eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes einzuholen. Nach Meinung der OFD München1 ist das Gesamtbild des Einzelfalles maßgebend. Rechtsunsicherheit ist die Konsequenz. In unsicheren Fällen oder bei Verweigerung einer verbindlichen Auskunft seitens der Finanzverwaltung lässt sich das Problem ggf. auch lösen durch vorherige Einbringung des Grund und Bodens in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (s. hierzu Rz. 9.9 ff.).

5.80

Beispiel2: Der Steuerpflichtige S ist Inhaber eines betrieblichen Grundstücks. Zur Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel durch die Ehefrau F bestellt er der F ein entgeltliches Erbbaurecht zu fremdüblichen Bedingungen, aufgrund dessen die Frau das neue eigengenutzte Familienwohnheim errichtet, in das beide einziehen. S fragt seinen Berater, ob hierdurch die Gefahr einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen entsteht.

5.81

Nach Meinung des BFH3 ist die Frage zu verneinen. Problematisch ist dies lediglich insoweit, als die Bebauung eines betrieblichen Grundstücks mit dem selbst genutzten Familienwohnheim grundsätzlich zu einer Entnahme zwingt, da es sich dabei um notwendiges Privatvermögen4 handelt. Dies trifft vorliegend hinsichtlich des Gebäudes auch zu. Mittels des Grund und Bodens werden jedoch weiterhin betriebliche Einkünfte erzielt, so dass aufgrund dessen weiterhin der betriebliche Zusammenhang bestehen bleibt. Eine Entnahme liegt daher insoweit nicht vor.

5.82

Abwandlung5: Ändert sich in dem vorstehenden Beispiel etwas, wenn der gesamte Betrieb an den Sohn als Betriebsübernehmer verpachtet wurde und dieser dann einen Grundstücksteil mit Zustimmung des Verpächters mit einem selbst genutzten Familienwohnheim bebaut?

5.83

Eigentlich müssten die vorstehenden Grundsätze auch in diesem Fall eingreifen, eine Entnahme also zu verneinen sein, da bei einem Bau auf fremden Grund und Boden wie beim Erbbaurecht die Zurechnung von Grund und Boden und Gebäude zu unterschiedlichen Eigentümern erfolgt. Dennoch hat der BFH6 anders entschieden und aufgrund folgender besonderer Umstände eine Entnahme bejaht: Aufgrund der tatsächlichen Behandlung des Gebäudes als Privatvermögen, der Ausgestaltung der Betriebsverpachtung (käuflicher Erwerb des beweglichen Anlagevermögens, Übertragung des Firmenwerts, des Kundenstammes und der Rezepturen), die auf eine spätere Betriebsübertragung hindeutet, der Duldung der Bebauung durch den Vater des Klägers als Grundstückseigentümer und der erbrechtlichen Stellung des Klägers gegenüber seinem Vater war bei der Bebauung davon auszugehen, dass bei typischem Geschehensablauf vor Ende der Nutzungsdauer des errichteten Einfamilienhauses der Betrieb des Vaters und damit auch der bebaute Grundstücksteil ins Ei1 OFD München v. 5.11.1992, FR 1993, 26; siehe auch OFD München v. 29.9.1997 – S 2239 - 22 St 426, FR 1997, 920. 2 Nach BFH v. 26.2.1970 – I R 42/68, BStBl. II 1970, 419. 3 BFH v. 26.2.1970 – I R 42/68, BStBl. II 1970, 419. 4 Kirchhof/Bode16, § 4 EStG Rz. 52. 5 Nach BFH v. 18.11.1986 – VIII R 301/83, BStBl. II 1987, 261 = FR 1987, 145. 6 BFH v. 18.11.1986 – VIII R 301/83, BStBl. II 1987, 261 = FR 1987, 145.

590

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.87 Kap. 5

gentum des Klägers übergehen würde. In diesem Zeitpunkt hätte spätestens eine Entnahme stattgefunden. Dies wäre bei unentgeltlicher Bestellung eines Erbbaurechtes nicht anders, ist allerdings von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.

II. Behandlung beim Erbbauberechtigten 1. Laufende Werbungskosten/Betriebsausgaben Für die steuerliche Behandlung beim Erbbauberechtigten ist zunächst zwischen den Anschaffungskosten auf das Erbbaurecht und den laufenden Ausgaben als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu unterscheiden.

5.84

Wird das Erbbaurecht zur Einkünfteerzielung verwandt, stellt der laufende Erbbauzins selbst sofort abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben dar. Insoweit besteht Einigkeit1. Dies gilt sowohl im Bereich der Überschusseinkünfte als auch im Bereich der Gewinnermittlung.

5.85

2. Anschaffungskosten/Rechnungsabgrenzungsposten Anschaffungskosten des Erbbaurechtes sind im Grundsatz die Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb des Erbbaurechtes stehen, also insbesondere die Grundbuch-, Vermessungs- und Beurkundungskosten, die Maklerprovision sowie die Grunderwerbsteuer2. Diese Anschaffungskosten können nicht im Jahr der Verausgabung nach Maßgabe des Zu- und Abflussprinzips steuerlich geltend gemacht werden, sondern sind nach den Vorschriften über die Abschreibung für Absetzung, § 7 EStG, abzuschreiben. Dies gilt sowohl für den Bereich des Privatvermögens als auch, wenn der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht zu bilanzieren hat3.

5.86

Erbbauzinsen, die der Erbbauberechtigte vorausgezahlt oder in einem Betrag gezahlt hat, stellten nach Meinung des BMF4 im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen für den Erwerb eines befristeten Rechts dar.

5.87

1 BFH v. 24.10.1990 – X R 43/89, BStBl. II 1991, 175 = NJW 1991, 1135 = DB 1991, 367; Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erbbaurecht“. 2 BFH v. 27.7.1994 – X R 97/92, BStBl. 1994, 934 = DB 1994, 2219; Kirchhof/Pfirrmann16, § 7 EStG Rz. 12; Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“; Schmidt/WeberGrellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erbbaurecht“; Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 89; Mathiak, DStR 1992, 451 f. 3 Siehe BFH v. 27.7.1994 – X R 97/92, BStBl. 1994, 934 = DB 1994, 2219; v. 4.6.1991 – X R 136/87, BStBl. II 1992, 70 = DB 1991, 2570; v. 14.9.1999 – IX R 31/96, DStR 2000, 397 = BFH/NV 2000, 558; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 170; Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erbbaurecht“; s.a. BMF v. 10.12.1996, BStBl. I 1996, 1440 (für Verträge, die nach dem 31.12.1996 abgeschlossen wurden); ablehnend gegenüber dem BMF-Erlass Fabry, DStR 1997, 691. 4 BMF v. 10.12.1996, BStBl. I 1996, 1440 (für Verträge, die nach dem 31.12.1996 abgeschlossen wurden).

Schallmoser

591

Kap. 5 Rz. 5.88 Erbbaurecht

Die vorausgezahlten oder in einem Einmalbetrag gezahlten Erbbauzinsen seien daher den Anschaffungskosten des Erbbaurechtes zuzuordnen. Dem ist der BFH1 nicht gefolgt. Der Gesetzgeber korrigierte diese Rechtsprechung im Rahmen des EURLUmsG vom 9.12.20042 im Wege des „Nichtanwendungsgesetzes“3. Nach § 11 EStG n.F. sind die Vorauszahlungen für Nutzungsverhältnisse von mehr als fünf Jahren (rückwirkend) ab 1.1.20044 sowohl beim Zahlenden als auch beim Zahlungsempfänger auf die Laufzeit des Rechtes zu verteilen, auch wenn es sich um ein nicht bilanzierungsfähiges Nutzungsrecht handelt.

5.88

Die maßgeblichen Vorschriften lauten wie folgt: § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG: „Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird;“ § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG: „Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S.d. Abs. 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.“

5.89

Der Erbbauberechtigte hat daher die vorausgezahlten oder in einem Einmalbetrag gezahlten Erbbauzinsen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten verteilt auf die (verbleibende) Laufzeit des Erbbaurechtes abzuziehen.

5.90

Hat der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwandt, sondern zu gewerblichen Zwecken, so sind die Aufwendungen auch nach Meinung des BFH als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auf die Laufzeit des Erbbaurechtes zu verteilen5. Die Rechtsprechung ist insoweit uneinheitlich6, als sie einerseits davon ausgeht, das Erbbaurecht sei kein 1 BFH v. 23.9.2003 – IX R 65/02, BStBl. II 2005, 159 = FR 2004, 167 m. Anm. Fischer. 2 BGBl. I 2004, 3310. 3 Vgl. hierzu BT-Drucks. 15/3677; BT-Drucks. 15/4050; BT-Drucks. 15/3789; BT-Drucks. 15/3922. 4 § 52 Abs. 30 Satz 1 EStG i.d.F. des EURLUmsG; der BFH hat mit Beschluss vom 7.12.2010 – IX R 70/07, BStBl. II 2011, 346 = FR 2011, 325 m. Anm. Fleischmann, eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die genannte Regelung insoweit gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstößt, als danach im Voraus gezahlte Erbbauzinsen auch dann auf den Zeitraum zu verteilen sind, für den sie geleistet werden, wenn sie im Jahr 2004, aber noch vor der Einbringung der Neuregelung in den Deutschen Bundestag am 27.10.2004 verbindlich vereinbart und gezahlt wurden. 5 BFH v. 23.9.2003 – IX R 65/02, DStR 2003, 2107 = FR 2004, 167 m. Anm. Fischer; vgl. Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erbbaurecht“ m.w.N.; BFH v. 26.3.1991 – IV B 132/90, BFH/NV 1991, 736 m.w.N. 6 Vgl. zum Ganzen BFH v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296 = DStR 1983, 336; v. 7.4.1994 – IV R 11/92, BStBl. II 1994, 796 = DB 1994, 1800 = GmbHR 1994, 816; v. 27.7.1994 – X R 97/92, BStBl. 1994, 934 = DB 1994, 2219; v. 4.6.1991 – X R 136/87, BStBl. II 1992, 70 = DB 1991, 2570; v. 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398 = FR 1981, 251 = DB 1981, 1372; v. 26.3.1991 – IV B 132/90, BFH/NV 1991, 736 m.w.N.

592

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.92 Kap. 5

Wirtschaftsgut, könne daher nicht aktiviert werden und sei auch nicht abzuschreiben. Die Aufwendungen seien vielmehr über Rechnungsabgrenzungsposten periodengerecht zuzuordnen. Andererseits geht die Rechtsprechung teilweise davon aus, das Erbbaurecht sei doch ein Wirtschaftsgut und könne daher aktiviert und abgeschrieben werden. Im Ergebnis bleiben die Konsequenzen jedoch – soweit ersichtlich – die gleichen. 3. Art und Maß der Abschreibung, Gebäude Der Erbbauberechtigte ist einerseits Vertragspartner eines mietähnlichen zeitlich befristeten1 Nutzungsverhältnisses. Andererseits ist er jedoch auch Inhaber eines dinglichen Rechtes, auf das er Anschaffungskosten getätigt hat (Maklerprovision, Notarkosten, Grundbuchgebühren). Diese Anschaffungskosten auf das Recht selbst kann und muss er grundsätzlich auf die Dauer des Erbbaurechtes gem. § 7 EStG abschreiben. Diese Abschreibung der Anschaffungskosten auf das Erbbaurecht ist unabhängig davon, ob der Erbbauberechtigte nach Zeitablauf eine Entschädigung für den Restwert der Gebäude erhält oder nicht2.

5.91

Neben der Abschreibung der eigentlichen Anschaffungskosten auf das Erbbaurecht ist die Abschreibung eines vom Erbbauberechtigten selbst hergestellten oder angeschafften Gebäudes zu unterscheiden3. Errichtet der Erbbauberechtigte aufgrund des Erbbaurechtes ein Gebäude, so trägt er selbst die Herstellungskosten und ist grundsätzlich zivilrechtlicher wie wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes. Er ist daher gem. § 7 Abs. 4, 5 EStG zur Vornahme von AfA berechtigt4. Der Grundstückseigentümer hat demgegenüber keine AfA-Befugnis – im Herstellungsfall gilt dies schon deshalb, weil er keinen Aufwand getragen hat. Die AfA-Höhe richtet sich bei Ausschluss jeglicher Abfindung für den Restwert der Gebäude u.E. jedoch nicht nach den typisierenden Vorgaben des § 7 Abs. 4, 5 EStG, sondern nach der tatsächlichen Laufzeit des Erbbaurechts, wie dies im Erbbaurechtsvertrag vereinbart wurde5. Verlängerungsoptionen bleiben hierbei außer Betracht. Auf diese Art und Weise kann bei relativ kurz laufenden Erbbaurechten eine verkürzte, also schnellere Abschreibung der Gebäude erreicht werden6. Die Finanzverwaltung hat dieser Gestaltungspraxis jedoch Grenzen gezogen. So wird dies z.B. bei einem Erbbaurecht,

5.92

1 In seltenen Fällen fehlt die zeitliche Befristung, weil das Erbbaurecht für unbegrenzte, also ewige Zeiten bestellt wird. Das ändert an der Besteuerung u.E. aber grds. nichts. 2 Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 170. 3 Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 171. 4 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 171. 5 BFH v. 7.6.1972 – I R 199/70, BStBl. II 1972, 850 = DB 1972, 1960; Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 d; nunmehr aber zweifelnd Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 172 m.w.N. unter Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung zu Mietereinbauten (Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 365 „Mietereinbauten“), bei denen der BFH unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrages keine verkürzte Abschreibungsdauer zulässt. 6 BFH v. 7.6.1972 – I R 199/70, BStBl. II 1972, 850 = DB 1972, 1960.

Schallmoser

593

Kap. 5 Rz. 5.93 Erbbaurecht

das nur auf die Dauer von fünf Jahren bestellt wird, nicht anerkannt1. Der Erbbauberechtigte sei dann nicht als wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes anzusehen. Die Herstellungskosten können auf die Dauer des Erbbaurechtes aber nur dann in voller Höhe abgeschrieben werden, wenn der Eigentümer bei Ablauf des Erbbaurechtes keinerlei Abfindung an den Erbbauberechtigten für die zurückfallenden Gebäude zu bezahlen hat. Ist die Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer, so ist diese für die Abschreibungen maßgeblich2. Ist der Eigentümer hingegen zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, ist umstritten, ob die Anschaffungskosten für die Abschreibungen auf die voraussichtliche Dauer des Erbbaurechtes um den vom Grundstückseigentümer zu erstattenden Betrag zu kürzen3 sind oder ob die Abschreibung sich dann nach der regulären Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4, 5 EStG) richtet und die ungekürzten Anschaffungs- und Herstellungskosten abzuschreiben sind4. Eine Klärung durch Rechtsprechung oder Finanzverwaltung ist – soweit ersichtlich – noch nicht erfolgt.

5.93

Die vorstehenden Grundsätze zur Abschreibung des Gebäudes gelten unabhängig davon, ob das Erbbaurecht sich im Privat- oder im Betriebsvermögen befindet. 4. Erbbauzinsen als Sonderausgaben (dauernde Last/Rente)

5.94

Beispiel5: A hat ein Erbbaurecht angeschafft und zahlt dafür laufende Erbbauzinsen. Er nutzt den Grundbesitz allerdings nicht zur Einkunftserzielung, sondern zu eigenen Wohnzwecken. Er fragt seinen Berater, ob er diese Zahlungen als Sonderausgaben steuerlich geltend machen kann.

5.95

Der BFH6 hat dies – bereits vor der Rechtsänderung 2008 (s. Rz. 1.610 ff.) – abgelehnt: Die steuerrechtliche Behandlung von Erbbauzinsen, die nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, war streitig. Überwiegend wurde in der Rechtslehre die Auffassung vertreten, dass Erbbauzinsen die Begriffsmerkmale einer dauernden Last erfüllten7. Dem ist der BFH jedoch in seiner Entscheidung vom 24.10.1990 entgegengetreten. Nach Meinung des BFH setzte § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. wegen der Verwendung des Tatbestandsmerkmals „Aufwendungen“ eine wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen voraus. Danach liege eine als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last nicht vor, wenn wiederkehrende Leistungen ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach Entgelt für eine Nutzungsüberlassung sind8. Leistung und Gegenleistung, die aufgrund eines gegenseitigen Vertrages erbracht werden, führten nämlich 1 Vgl. die Nachweise bei von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 83. 2 Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 d. 3 So von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 83. 4 Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 172. 5 Nach BFH v. 24.10.1990 – X R 43/89, BStBl. II 1991, 175 = NJW 1991, 1135 = DB 1991, 367. 6 BFH v. 24.10.1990 – X R 43/89, BStBl. II 1991, 175 = NJW 1991, 1135 = DB 1991, 367. 7 RFH v. 6.5.1943 – IV 171/42, RStBl. 1943, 531; Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10 EStG Rz. D 177; Paus, INF 1988, 295 (297). 8 Vgl. auch BFH v. 12.7.1989 – X R 11/84, BStBl. II 1990, 13 = DB 1989, 2461; Kirchhof/Fischer16, § 10 EStG Rz. 12.

594

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.98 Kap. 5

lediglich zu einer Vermögensumschichtung und nicht zu einer steuerlich zu berücksichtigenden Minderung der Leistungsfähigkeit. Daher sei ein Sonderausgabenabzug ausgeschlossen. Seit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 (nunmehr: § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) kommt in diesen Fällen ohnehin kein Sonderausgabenabzug mehr in Betracht, da der gesetzliche Anwendungsbereich insoweit beschränkt wurde (s. Rz. 1.611)1.

III. Besonderheiten bei der erstmaligen Bestellung eines Erbbaurechtes an bebautem Grundbesitz 1. Veräußerung aus dem Privatvermögen und § 23 EStG Beispiel: A besitzt ein langjährig vermietetes Privatgrundstück mit aufstehendem Gebäude, das nach Abschreibungen noch einen steuerlichen „Wert“ von 50.000 t hat. Er bestellt für B ein Erbbaurecht gegen Zahlung eines Einmalbetrages i.H.v. 100.000 t für das bestehende Gebäude und laufende Erbbauzinsen von monatlich 500 t. Leistung und Gegenleistung entsprechen dem zwischen Fremden Üblichen.

5.96

Räumt ein Grundstückseigentümer einem Dritten ein Erbbaurecht an bebautem Grundbesitz ein, so überträgt („veräußert“) er damit automatisch das Eigentum an dem aufstehenden Gebäude2 (§ 12 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG). Insoweit decken sich die zivilrechtliche wie die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Vermögensumschichtungen im Privatvermögen sind jedoch grundsätzlich steuerfrei (zur Übertragung innerhalb der Frist des § 23 EStG s. nachfolgend Rz. 5.98). Die Zahlungen sind daher entsprechend den Vereinbarungen der Vertragsteile aufzuteilen in das steuerfreie Entgelt für die Übertragung des Gebäudes und die Zahlungen für die Nutzungsüberlassung des Grund und Bodens. Nur letztere führen zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG.

5.97

Erfolgt die Veräußerung des Gebäudes innerhalb von zehn Jahren seit der Anschaffung/Herstellung, stellt sich die Frage, ob hierdurch ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt wird. Dies ist indes nicht der Fall3.

5.98

1 Siehe dazu Schmidt/Schwind, NWB Fach 3, S 14887 ff.; Neufang, Stbg 2007, 592 ff.; Schulze zur Wiesche, BB 2007, 2379; Spiegelberger, DStR 2007, 1277 ff.; Fleischer, ZEV 2007, 475 ff.; Häuselmann, BB 2007, 1533 ff.; Messner, AktStR 2007, 319 ff.; Thouet, RNotZ 2007, 475 ff.; Risthaus, ZErb 2007, 314; Knebel/Spahn/Plenker, DB 2007, 2733 ff.; Levedag, GmbHR 2007, R 214 und R 262 und R 358 f.; Seltenreich, ErbStB 2007, 338 ff.; Kratzsch, GStB 2007, 292 f.; Grewe, ErbBStG 2007, 190 f.; Melchior, DStR 2007, 2233 ff.; Everts, ZEV 2007, 571 ff.; Schulze zur Wiesche, BB 2007, 2379 ff.; Brinkmeier, GmbH-StB 2007, 385; Wälzholz, DStR 2008, 237 ff. 2 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 171. 3 Gl.A. Schmidt-Liebig, FR 1998, 177 (181); Sauren, DStR 2000, 60 (61); FG Bremen v. 13.12.1974 – I 98/73, EFG 1975, 158 (159); wohl auch BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = FR 2000, 1158 Tz. 14; vgl. ferner BFH v. 10.12.1992 – IV R 115/91, BStBl. II 1993, 342 f.

Schallmoser

595

Kap. 5 Rz. 5.99 Erbbaurecht

Der „Spekulationstatbestand“1 des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG setzt stets Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten voraus (Identitätsgrundsatz; sog. „Nämlichkeit“; s. Rz. 12.17 ff.). Selbst wenn der bebaute Grundbesitz durch den Grundstückseigentümer innerhalb von zehn Jahren vor Bestellung des Erbbaurechtes angeschafft worden ist, wird § 23 EStG dennoch nicht verwirklicht. Denn angeschafft wurde der bebaute Grund und Boden, „veräußert“ wird lediglich das aufstehende Gebäude. Die Identität von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ist insoweit nicht gewährleistet2. Auch die Finanzverwaltung behandelt in ihrem Erlass zu § 23 EStG3 unter dem Stichwort der Veräußerung eines bebauten Erbbaurechtes lediglich die Fälle, in denen innerhalb von zehn Jahren ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen und anschließend das bebaute Erbbaurecht weiterverkauft wurde4 oder ein Erbbaurecht angeschafft und anschließend veräußert wird. Als steuerpflichtigen Vorgang scheint daher auch der BMF den Fall der erstmaligen Einräumung eines Erbbaurechtes nicht zu betrachten. Dem ist zuzustimmen. Dieses Ergebnis wird auch durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bestätigt. Denn der auf ein Gebäude entfallende Spekulationsgewinn wird nur dann in den Gewinn nach § 23 EStG einbezogen, wenn durch den gleichen Veräußerungsvorgang auch ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht wird.

5.99

Abwandlung 1: A besitzt ein langjährig vermietetes Privatgrundstück mit aufstehendem Gebäude, das nach Abschreibungen noch einen steuerlichen Wert von 50.000 t hat. Er bestellt für B ein Erbbaurecht gegen Zahlung eines Einmalbetrages i.H.v. 200.000 t. Laufende Erbbauzinsen sind nicht zu entrichten. Weitere Vereinbarungen sind nicht getroffen.

5.100

Im Ausgangsbeispiel waren die beiden Leistungsteile für die Übertragung des Gebäudes und die Nutzungsüberlassung des Grund und Bodens auf Zeit genau und angemessen ausgewiesen. Eine entsprechende Aufteilung der in der Abwandlung vereinbarten Gegenleistung hat auch in der Abwandlung 1 zu erfolgen5. Denn der Teil der Gegenleistung, der auf das Gebäude entfällt, ist beim Veräußerer steuerfrei. Es handelt sich um eine reine steuerfreie Vermögensumschichtung im Privatvermögen6. Der Teil der Gegenleistung, der hingegen auf die Nutzungsüberlassung des Grund 1 Auch wenn der Gesetzgeber den Begriff des Spekulationsgeschäftes aus § 23 EStG eliminiert hat, wird er wegen der griffigen Bezeichnung gleichwohl noch verwandt. 2 Ebenso Kirchhof/Kube16, § 23 EStG Rz. 4. Dem Erfordernis der Nämlichkeit zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ist aber teilweise genügt, wenn ein bereits mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und nach Löschung des Erbbaurechts kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird, s. hierzu BFH v. 12.6.2013 – IX R 31/12, DStR 2013, 1937 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode, sowie die weiteren Erl. in Kap. 12 Rz. 12.19. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383, Tz. 14. 4 In diesen Fällen steht der Besteuerung nach § 23 EStG auch nicht mehr das Identitätsgebot entgegen (zur alten Rechtslage vgl. BFH v. 30.11.1976 – VIII R 202/72, BStBl. II 1977, 384), da hinsichtlich zwischenzeitlich errichteter Gebäude inzwischen im Gesetz das Identitätsgebot aufgehoben wurde, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; vgl. Kohlrust-Schulz, NWB Fach 3, S. 10776, 10778. 5 Vgl. dazu BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705. 6 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705.

596

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.105 Kap. 5

und Bodens entfällt, ist Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf die Dauer des Erbbaurechtes zu verteilen ist. Beim Erbbauberechtigten mit Privatvermögen ist die aufgewandte Summe, soweit sie auf den Wert des Gebäudes entfällt, als Anschaffungskosten auf das Gebäude anzusetzen und nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 EStG abzuschreiben (zur Abschreibungsdauer s. Rz. 5.91). Der übrige Betrag ist bei einem Erbbaurecht im Privatvermögen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG zeitlich verteilt auf die Dauer des Erbbaurechtes als Werbungskosten abzugsfähig. Bei einem Erbbaurecht im Betriebsvermögen erfolgt die periodengerechte Zuordnung des Aufwandes durch Rechnungsabgrenzungsposten. Abwandlung 21: A besitzt ein langjährig vermietetes Privatgrundstück mit aufstehendem Gebäude, das nach Abschreibungen noch einen steuerlichen Wert von 50.000 t hat. Er bestellt für B ein Erbbaurecht gegen Zahlung laufender Erbbauzinsen i.H.v. 1.000 t pro Monat. Weitere Vereinbarungen sind nicht getroffen. A will den Verlust des wirtschaftlichen Eigentums an dem Gebäude mit 50.000 t als Werbungskosten bei seinen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

5.101

Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist der zu zahlende Erbbauzins in Wirklichkeit eine Gegenleistung für die Übertragung des Gebäudes, die beim Grundstückseigentümer A steuerfrei ist, und ein Entgelt für die Nutzungsüberlassung, § 21 EStG. Das Entgelt ist wiederum insoweit aufzuteilen. Für die Praxis empfiehlt es sich, diese Aufteilung vertraglich zu vereinbaren und entsprechend auszuweisen.

5.102

Beim Erbbauberechtigten führt dies dazu, dass er einerseits Anschaffungskosten für das Gebäude hat (kapitalisierter Wert des Teils der Erbbauzinsen), die er nach den AfA-Vorschriften des § 7 EStG zu verteilen hat. Andererseits kann er die verbleibenden anteiligen laufenden Zahlungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben jährlich erfolgswirksam geltend machen.

5.103

In Abwandlung 2 kann A den Verlust des Eigentums an dem Gebäude daher grundsätzlich nicht als Werbungskosten geltend machen. Anders ist dies nach Meinung des BFH2 nur dann, wenn A das Gebäude ohne Gegenleistung hingegeben hätte, um den Erbbauzins zu erlangen. Dies ist bei Werthaltigkeit des Gebäudes jedoch kaum anzunehmen; denkbar ist dies hingegen bei tatsächlicher Wertlosigkeit für den Erbbauberechtigten. Die Ansicht des BFH trägt dem Umstand Rechnung, dass der Steuerpflichtige seinen Veräußerungserlös hinsichtlich des Gebäudes nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen hat. Dann soll er auch den Aufwand des Verlustes des Eigentums nicht steuerlich abziehen können.

5.104

2. Gewerblicher Grundstückshandel Im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels (vgl. dazu Rz. 11.50) kommt es darauf an, ob der Grundstückseigentümer zur Realisierung von Werten durch Um1 Nach BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705. 2 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705.

Schallmoser

597

5.105

Kap. 5 Rz. 5.106 Erbbaurecht

schichtung seines Vermögens sich unter Teilnahme am allgemeinen Markt wie ein Gewerbetreibender betätigt. Aus diesen Gründen nimmt die h.M. an, dass in der erstmaligen Bestellung eines Erbbaurechtes keine Objektveräußerung i.S.d. Dreiobjektgrenze liegt, es sei denn, der Erbbauberechtigte erwirbt wirtschaftliches Eigentum (s.a. Rz. 1.328)1. 3. Veräußerung aus dem Betriebsvermögen

5.106

Beispiel: A hat ein Betriebsgrundstück mit aufstehendem Gebäude, das in seiner Bilanz nach Abschreibungen noch mit 50.000 t verbucht ist. Er bestellt für B ein Erbbaurecht gegen Zahlung eines Einmalbetrages i.H.v. 100.000 t für das bestehende Gebäude und laufende Erbbauzinsen von monatlich 500 t. Die Beträge sind angemessen.

5.107

Befand sich das bebaute Grundstück des Grundstückseigentümers im Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechtes in einem Betriebsvermögen, ist die entgeltliche Einräumung eines Erbbaurechtes ein kaufähnliches Geschäft, das zu einer Veräußerung des Gebäudes führt2. Stille Reserven können dabei aufgedeckt werden, sofern der Erlös des Grundstückseigentümers höher ist als die Herstellungskosten, ggf. gemindert um zwischenzeitlich vorgenommene Abschreibungen3. So liegen die Dinge im vorstehenden Beispielsfall Rz. 5.106. A hat danach 50.000 t zu versteuern.

5.108

Wird für die Einräumung des Erbbaurechtes kein Entgelt vom Erbbauberechtigten geschuldet, kann hierin entweder eine Entnahme des Gebäudes liegen, sofern die Unentgeltlichkeit aus betriebsfremden, privaten Gründen erfolgt, oder es können bei betrieblicher bzw. beruflicher Veranlassung Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in der Höhe des Restwertes der Gebäude entstehen4.

5.109

Wird für die Einräumung des Erbbaurechtes an einem bebauten Grundstück einerseits eine Einmalzahlung für das bestehende Gebäude vereinbart und für die dauerhafte Nutzungsüberlassung des Grund und Bodens ein laufender Erbbauzins, bereitet die Ermittlung des Veräußerungsgewinns sowie der Anschaffungskosten auf das Gebäude, nach denen sich die weiteren Abschreibungen richten, keine weiteren Schwierigkeiten. Anders ist dies in solchen Fällen, in denen lediglich bei Einräumung eines Erbbaurechtes an einem bebauten Grundstück ein einheitlicher Erbbauzins vereinbart wird. Wirtschaftlich verbirgt sich hinter einem solchen einheitlichen Erbbauzins in der Regel zweierlei. Einerseits umfasst er das Nutzungsentgelt für den unbebauten Grund und Boden. Anderseits handelt es sich dabei um eine Gegenleistung für die Verschaffung des Eigentums an den Gebäuden. Der Erbbauzins ist insoweit

1 BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = ZNotP 2007, 434; Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz. 1133; Kirchhof/Reiß16, § 15 EStG Rz. 120. 2 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705; Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 e. 3 Vgl. von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 74; BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705. 4 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705.

598

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.112 Kap. 5

aufzuspalten1. Der auf die Gebäude entfallende Erbbauzinsanteil ist zu kapitalisieren und stellt in dem kapitalisierten Wert den Veräußerungserlös des Grundstückseigentümers einerseits und die Anschaffungskosten auf das Gebäude des Erbbauberechtigten andererseits dar. Für den Grundstückseigentümer ermittelt sich danach sein Veräußerungsgewinn. Für den Erbbauberechtigten sind diese Anschaffungskosten die Grundlage für die Abschreibungen auf die Gebäude. Der Erbbauberechtigte ist nicht befugt, die AfA des Grundstückseigentümers fortzusetzen. Er hat aufgrund des eigenen Anschaffungsvorgangs selbständig Absetzungen für Abnutzung gem. § 7 EStG vorzunehmen2. Insoweit gelten die in Rz. 5.91 gemachten Ausführungen entsprechend.

5.110

IV. Veräußerung eines bebauten Erbbaurechts 1. Veräußerung aus dem Privatvermögen, § 23 EStG und gewerblicher Grundstückshandel Die Veräußerung eines bebauten Erbbaurechtes kann zu einem Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG führen3. Dies ist der Fall, wenn der Zeitraum zwischen dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages und der Veräußerung des bebauten Erbbaurechtes oder der Anschaffung und der Veräußerung des bebauten Erbbaurechtes nicht mehr als zehn Jahre beträgt4. In diesen Fällen besteht wiederum das Erfordernis, genau zwischen der Gegenleistung für die Veräußerung des Gebäudes und dem Erbbauzins zu unterscheiden. Der Erbbauzins selbst ist keine Gegenleistung gegenüber dem Veräußerer. Sinnvollerweise wird daher in dem Vertrag über die Veräußerung eines bebauten Erbbaurechtes die Gegenleistung aufgespalten in einen Betrag, der als Gegenleistung für die aufstehenden Gebäude vereinbart wird, und den laufenden Erbbauzins, der gegenüber dem Grundstückseigentümer zu erbringen ist. Da der Erwerber des Erbbaurechtes in der Regel den im Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Erbbauzins fortzuzahlen hat, wird im Regelfall das gesamte Entgelt des Erwerbers an den Erbbaurechtsveräußerer auf die Gebäude entfallen5.

5.111

Sind die Voraussetzungen des § 23 EStG wegen Ablaufs der Zehnjahresfrist (s. Rz. 12.81 ff.) oder wegen der ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (s. Rz. 12.91 ff.) nicht erfüllt, ist die Veräußerung des Erbbaurechtes als reine Vermögensumschichtung im Privatvermögen nicht steuerbar.

5.112

1 Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 e; BFH v. 19.1.1982 – VIII R 102/78, BStBl. II 1982, 533 = FR 1982, 362 = DB 1982, 1705. 2 Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 171; Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 e. 3 Vgl. BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 Tz. 14. 4 Vgl. BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 Tz. 14; BFH v. 30.11.1976 – VIII R 202/72, BStBl. II 1977, 384. 5 So auch BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 Tz. 14 m.w.N. unter Hinweis auf BFH v. 15.11.1994 – IX R 73/92, BStBl. II1995, 374.

Schallmoser

599

Kap. 5 Rz. 5.113 Erbbaurecht

5.113

Die Anschaffung und Weiterveräußerung von Erbbaurechten kann ebenfalls als ein Objekt i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels zählen (s. Rz. 5.105 und Rz. 11.48)1. 2. Veräußerung aus dem Betriebsvermögen

5.114

Befindet sich ein Erbbaurecht im Betriebsvermögen, kann die Veräußerung des bebauten Erbbaurechtes zur Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven führen. Diese sind nach den regulären Grundsätzen des Bestandsvergleichs gem. § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln und zu versteuern.

5.115

Das Entgelt, das der Erbbauberechtigte für den entgeltlichen Erwerb des Erbbaurechtes aufgewandt hat, ist bei ihm als Anschaffungskosten zu qualifizieren, nicht jedoch die laufenden Erbbauzinsen, die er an den Grundstückseigentümer zu erbringen hat. Seine Anschaffungskosten auf das Erbbaurecht (genauer gesagt: auf die erworbenen Gebäude) kann der Erbbauberechtigte für die Restdauer des Erbbaurechtes als Absetzungen für Abnutzung gem. § 7 EStG steuerlich bei den mit dem Erbbaurecht erzielten Einkünften geltend machen. Anschaffungskosten auf das Erbbaurecht selbst wie Maklergebühren, Notar- und Grundbuchkosten sind auf die Dauer des Bestehens des Erbbaurechtes abzuschreiben.

5.116

Anschaffungskosten für den Grund und Boden kann der Erbbauberechtigte hierbei im Regelfall nicht geltend machen, da der Grundstückseigentümer grundsätzlich weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer bleibt.

V. Heimfall und Erlöschen des Erbbaurechts 5.117

Erlischt das Erbbaurecht durch Zeitablauf oder wird es aufgehoben, erwirbt der Grundstückseigentümer das Eigentum an den Bauwerken, § 12 Abs. 3 ErbbauRG. Beim Heimfall fällt das Erbbaurecht samt den Gebäuden hingegen auf den Eigentümer zurück. Im Ausgleich hierfür hat der Grundstückseigentümer im Regelfall Abfindungen an den Erbbauberechtigten zu zahlen. 1. Vollständiger Ausschluss einer Abfindung

5.118

Ist eine Abfindung im vollen Umfang ausgeschlossen, hat der Erbbauberechtigte mit dem Eintritt des Ereignisses Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Höhe des Restwertes der ihm noch zustehenden Gebäude2, da er insoweit das Gebäude mit dem Restwert aus seiner Bilanz auszubuchen hat.

5.119

Beim Grundstückseigentümer tritt hingegen eine Vermögensmehrung in Höhe des gemeinen Wertes (§ 6 Abs. 4 EStG) der Gebäude ein, die in dem Moment auf den 1 FG München v. 20.4.1999 – 11 K 903/96, EFG 1999, 839, 842 = DStRE 1999, 700. 2 Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 f. Insoweit dürfte bei regulärem Sachverhaltsverlauf jedoch aufgrund der Abschreibung auf die Dauer des Erbbaurechts keine große Diskrepanz entstehen – außer bei vorzeitigem Heimfall.

600

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.122 Kap. 5

Grundstückseigentümer übergehen1. Diese Wertsteigerungen sind im Falle von Betriebsvermögen als Betriebseinnahmen zu erfassen, bei Privatvermögen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG2. Bei besonders niedrig ausgestatteten Abfindungszahlungen sind mithin hohe Steuerbelastungen beim Grundstückseigentümer zu befürchten, sofern die aufstehenden Gebäude noch hohe Restwerte haben. Dies ist insbesondere progressionsschädlich. Eine Verteilung auf mehrere Jahre wird insoweit nicht zugelassen3. Gebäude-AfA kann der Grundstückseigentümer im Regelfall nicht mehr geltend machen, sofern er die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung nicht getragen hat. Anders ist dies nur in Fällen, in denen eine unentgeltliche Rechtsnachfolge i.S.d. § 11d EStDV vorliegt. Dies ist insoweit problematisch, als der Übergang des Gebäudes als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung angesehen wird und damit kaum „unentgeltlich“ sein dürfte. Dies führt im Regelfall zum Ausschluss des § 11 EStDV.

5.120

2. Mit Abfindungszahlung Wird ein Entgelt in Höhe des vollen Verkehrswertes oder ein darunter liegender Betrag vom Eigentümer an den Erbbauberechtigten geschuldet, realisiert der Erbbauberechtigte bei Betriebsvermögen einen betrieblichen Gewinn, wenn die Ausgleichszahlung des Eigentümers höher ist als der Restbuchwert des Erbbaurechts/des Gebäudes beim Erbbauberechtigten4. Handelt es sich beim Erbbauberechtigten dagegen um Privatvermögen, ist dies nur der Fall, wenn zwischen der Anschaffung des Erbbaurechtes und dem Heimfall oder Erlöschen weniger als zehn Jahre liegen, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dies dürfte kaum vorkommen, außer bei vorzeitigem Heimfall wegen unvorhergesehener Vertragsstörungen. Die Unfreiwilligkeit des Heimfalls steht dabei wohl der Anwendung des § 23 EStG nicht entgegen.

5.121

Der Eigentümer, der dem Erbbauberechtigten eine Abfindung für das oder die Gebäude zu erstatten hat, hat Anschaffungskosten auf die Gebäude5. Diese Anschaffungskosten kann er nach den allgemeinen Grundsätzen des § 7 EStG als AfA bei seinen Einkünften geltend machen. Dies gilt sowohl im Betriebs- wie auch im Privatvermögensbereich6.

5.122

1 Vgl. dazu Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 f; BFH v. 7.6.1972 – I R 199/70, BStBl. II 1970, 850 = DB 1972, 1960 – insbesondere zum Zeitpunkt des Zufluss bzw. der Bilanzierung, nämlich erst mit Eintritt des Heimfalls. 2 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 79 m.w.N.; BFH v. 11.12.2003 – IV R 42/02, BStBl. II 2004, 353 = DStR 2004, 447 = DB 2004, 573. 3 FG Düsseldorf v. 26.3.2002 – 9 K 5484/99 F, DStRE 2003, 130 ff.; in der Sache bestätigt durch BFH v. 11.12.2003 – IV R 42/02, BStBl. II 2004, 353 = DStR 2004, 447 (aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückverwiesen). 4 Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 f. 5 BFH v. 13.12.2005 – IX R 24/03, BStBl. II 2006, 461 = DStR 2006, 647. 6 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 78. Zum Betriebsvermögen vgl. Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 f.

Schallmoser

601

Kap. 5 Rz. 5.123 Erbbaurecht

3. Nacherwerb des Grundstücks und Aufhebung des Eigentümererbbaurechts

5.123

Beispiel1: A hat ein Erbbaurecht erworben und zahlt monatlich 500 t. Auf dem belasteten Grundstück hat er ein betrieblich genutztes Gebäude errichtet. Für die bei Erwerb bezahlten Maklerkosten, Erschließungskosten, Grunderwerbsteuer etc. hat er Anschaffungskosten aktiviert2 und für Erbbauzinsvorausleistungen in der Form von Erschließungskostenzahlungen einen Rechnungsabgrenzungsposten gebildet. Nun kauft A vor Ablauf des Erbbaurechtes vom Grundstückseigentümer das Grundstück für 100.000 t und hebt das Erbbaurecht auf. Welche steuerlichen Folgen treten ein?

5.124

A hat zunächst Anschaffungskosten i.H.v. 100.000 t auf den Grund und Boden, die er nicht weiter abschreiben kann, da es sich insoweit nicht um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt. Hinsichtlich der bisher getätigten Aufwendungen, die sich aufgrund der bisher geltend gemachten AfA und des Rechnungsabgrenzungspostens noch nicht steuerlich ausgewirkt haben, gilt nach Meinung des BFH3 folgendes:

5.125

„Erwirbt der Erbbauberechtigte zu einem späteren Zeitpunkt auch das Eigentum an dem bisher mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück und hebt er das Erbbaurecht gleichzeitig auf, so liegt in der Aufhebung zugleich der Verzicht auf einen wirtschaftlichen Ausgleich für die als Rechnungsabgrenzungsposten4 ausgewiesenen Vorleistungen. Der Verzicht ist mit dem Betrag des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens zu bewerten, der bei einer Bilanzaufstellung unmittelbar vor Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundstück durch den Erbbauberechtigten hätte ausgewiesen werden müssen. Der Wert des Verzichts erhöht die Anschaffungskosten des Grund und Bodens.“

5.126

Wirkt sich der Verzicht nur auf die Anschaffungskosten des Grund und Bodens aus, sind die damit einhergehenden Aufwendungen erst bei einer Veräußerung des Grundstücks steuerlich zu berücksichtigen. Ein sofortiger Abzug als Betriebsausgaben scheidet daher nach Meinung des BFH aus.

5.127

Soweit der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht im Wege einer einvernehmlichen Regelung mit dem Erbbauberechtigten ablöst und dafür eine Abfindung leistet, handelt es sich insoweit um Herstellungskosten für das in der Folge nach einem Abriss zu errichtende Gebäude5.

1 Nach BFH v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280. 2 So h.M., BFH v. 4.6.1991 – X R 136/87, BStBl. II 1992, 70 = DB 1991, 2570; Beck’scher Bilanz-Kommentar/Schubert/Gadek10, § 255 HGB Rz. 325 „Erbbaurecht“. Rechnungsabgrenzungsposten sind nur für vorausgeleistete Erbbauzinszahlungen zur periodengerechten Gewinnzuordnung zu bilden. 3 BFH v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280. 4 Gleiches gilt für die noch nicht geltend gemachte AfA. 5 BFH v. 13.12.2005 – IX R 24/03, BStBl. II 2006, 461 = DStR 2006, 647.

602

Schallmoser

C. Einkommensteuer

Rz. 5.131 Kap. 5

4. Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks Beispiel1: A hat ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück und erhält monatlich 500 t Erbbauzins. Nun verkauft A vor Ablauf des Erbbaurechtes als Grundstückseigentümer das Grundstück für 100.000 t an B. Welche steuerlichen Folgen treten bei B ein?

5.128

B hat Anschaffungskosten für das Grundstück in Höhe der an A gezahlten Gegenleistung zzgl. der Anschaffungsnebenkosten wie Grundbuchkosten, Grunderwerbsteuer etc. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein mit einem dinglichen Nutzungsrecht belastetes Grundstück, führt er nach Ansicht des BFH2 seinem Betriebsvermögen ein um dieses Nutzungsrecht eingeschränktes Eigentum an diesem Grundstück zu. Dingliche Belastungen begründen keine Verbindlichkeiten, deren Übernahme zu Anschaffungskosten des Grundstücks führt. Die geleisteten Zahlungen an A sind daher nicht um den Wert des übernommenen Erbbaurechtes zu erhöhen. Dies gilt auch dann, wenn der A das Erbbaurecht gegen Einmalzahlung eingeräumt hatte, so dass dem B keinerlei Zahlungen mehr zufließen werden. Dieser Umstand führt zu einer Wertminderung des Grundstücks, die sich in entsprechend niedrigen Anschaffungskosten widerspiegelt.

5.129

VI. Bilanzielle Darstellung eines Erbbaurechts Die bilanzielle Darstellung des Erbbaurechtes ist umstritten und auch in der Rechtsprechung uneinheitlich3. Dies liegt vor allem an der Doppelnatur des Erbbaurechts, nämlich daran, dass es einerseits ein Nutzungsrecht wie ein Mietvertrag gewährt und gleichzeitig – vor allem zivilrechtlich – ein selbständiges dingliches Recht ist.

5.130

Im Grundsatz gilt Folgendes: Bilanziell wird das Erbbaurecht im Ertragsteuerrecht wie ein befristetes Nutzungsrecht also ein Mietvertrag beim Eigentümer behandelt. „Seinem Leistungsinhalt nach steht das Erbbaurechtsverhältnis damit einem entgeltlichen rein schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis wie Miete oder Pacht nahe und wird dementsprechend auch bilanzrechtlich als schwebendes Geschäft bewertet“4. Das bedeutet: Das Erbbaurecht wird im Grundsatz nicht als selbständiges Recht beim

5.131

1 Nach BFH v. 17.11.2004 – I R 96/02, BStBl. II 2008, 296 = FR 2005, 320 m. Anm. WeberGrellet. 2 BFH v. 17.11.2004 – I R 96/02, BStBl. II 2008, 296 = FR 2005, 320 m. Anm. Weber-Grellet. 3 Vgl. BFH v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296 = DStR 1983, 336; v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280; v. 4.6.1991 – X R 136/87, BStBl. II 1992, 70 = DB 1991, 2570; v. 7.4.1994 – IV R 11/92, BStBl. II 1994, 796 = DB 1994, 1800 = GmbHR 1994, 816; Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 270; Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“. 4 BFH v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296 = DStR 1983, 336; v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280; v. 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398 = FR 1981, 251 = DB 1981, 1372; v. 7.4.1994 – IV R 11/92, BStBl. II 1994, 796 = DB 1994, 1800 = GmbHR 1994, 816; Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191.

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603

Kap. 5 Rz. 5.132 Erbbaurecht

Erbbauberechtigten aktiviert und nicht beim Grundstückseigentümer passiviert1. Lediglich die jeweils fließenden Leistungen werden als Ertrag oder Aufwand gewinnwirksam erfasst. Das Erbbaurecht selbst taucht in der Bilanz im Grundsatz also gar nicht auf. Um eine periodengerechte Aufwands- und Ertragszuordnung zu ermöglichen, werden allerdings Vorauszahlungen, also insbesondere Einmalzahlungen auf den Erbbauzins beim Eigentümer wie beim Erbbauberechtigten über Rechnungsabgrenzungsposten auf die Dauer des Erbbaurechtes verteilt2. Dies gilt auch für Erschließungskosten, die der Erbbauberechtigte nach den Bestimmungen des Erbbaurechtes anstelle des Grundstückseigentümers zahlt3. Auch insoweit liegen Vorausleistungen für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechtes vor.

5.132

Eine Ausnahme von dem vorstehenden Grundsatz macht die Rechtsprechung vor allem für die einmaligen Erwerbskosten wie Grunderwerbsteuer, Makler-, Notar und Grundbuchkosten. Die Beurteilung von Erschließungskosten wird in Rz. 1.564 ff. dargestellt. Die vorstehenden Einmal-Kosten sind nach Meinung des BFH4 keine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung, sondern stellen echte Anschaffungskosten auf das dingliche Erbbaurecht dar. Sie sind nach den allgemeinen Grundsätzen des § 7 EStG auf die Dauer des Erbbaurechtes abzuschreiben.

5.133

Bei Bilanzierenden gilt der allgemeine Grundsatz, dass schwebende Geschäfte nicht bilanziert, zumindest nicht aktiviert werden dürfen5. Auch wenn ein Erbbaurecht zwar als dingliches Recht bereits entstanden sei, sei es steuerlich und bilanziell dennoch sowohl für den Grundstückseigentümer als auch für den Erbbauberechtigten noch ein solches schwebendes Geschäft. Denn es sei ein fortlaufender Leistungsaustausch wechselseitig geschuldet. Entscheidend für die bilanzrechtliche Beurteilung müsse nach Ansicht des BFH6 sein, dass mit der Bestellung des Erbbaurechtes wiederum ein Dauerrechtsverhältnis mit „verdinglichten“ Rechten und Pflichten entstehe, das teilweise neben das schuldrechtliche Grundgeschäft trete. Das Erbbaurecht sei damit trotz der Verdinglichung des Rechtes dem Miet- oder Pachtvertrag sehr nahestehend. Es könne nach Ansicht des BFH zwar zutreffen, dass das Erbbaurecht bilanzrechtlich ein immaterielles Wirtschaftsgut sei, das entgeltlich erworben und deshalb bilanzierungsfähig sei (§ 5 Abs. 2 EStG). Daraus folge aber noch nicht, dass das Erbbaurechtsverhältnis nicht als schwebendes Geschäft zu beurteilen sei, insbesondere, dass die Erbbauzinsverpflichtung zu passivieren und bei den An1 Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“; Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191. 2 Vgl. Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz. 191 a. 3 BFH v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280; siehe auch Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 89. 4 Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 170; Schmidt/Weber-Grellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erbbaurecht“; Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 89; Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“; BFH v. 27.7.1994 – X R 97/92, BStBl. II 1994, 934 = DB 1994, 2219; v. 4.6.1991 – X R 136/87, BStBl. II 1992, 70 = DB 1991, 2570. 5 BFH v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296 = DStR 1983, 336; v. 26.6.1980 – IV R 35/74, BStBl. II 1980, 506; v. 3.7.1980 – IV R 138/76, BStBl. II 1980, 648. 6 BFH v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296 = DStR 1983, 336.

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C. Einkommensteuer

Rz. 5.137 Kap. 5

schaffungskosten des Erbbaurechtes auch der Wert der Erbbauzinsverpflichtung zu berücksichtigen sei.

VII. Behandlung von Erschließungskosten im Rahmen von Erbbaurechtsverträgen Die Rechtslage bei der Behandlung von Erschließungskosten ist uneinheitlich1. Nach h.M. ist wie folgt zu differenzieren:

5.134

1. Behandlung beim Erbbauberechtigten Im Bereich des Privatvermögens, d.h. außerhalb von Bilanzierungspflichten, werden die Erschließungskosten nach wohl überwiegender Meinung als Anschaffungskosten2 behandelt. Der Erbbauberechtigte hat sie nach § 7 EStG abzuschreiben. Dies entspricht auch der Meinung der Finanzverwaltung3.

5.135

Im Bereich des Betriebsvermögens mit Bilanzierungsverpflichtung entspricht es hingegen der h.M.4, dass Erschließungsbeiträge, die der Erbbauberechtigte zu tragen hat, nicht zu Anschaffungskosten des Erbbaurechtes führen. Sie seien vielmehr ein weiteres Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grund und Bodens und daher per Rechnungsabgrenzungsposten periodengerecht zu verteilen. Handelt es sich dagegen um Betriebsvermögen mit Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder Durchschnittssatzermittlung (§ 13a EStG), so gelten nach Meinung der Finanzverwaltung die gleichen Regeln wie im Privatvermögen5.

5.136

Die vorstehend bezeichnete Differenzierung ist bedenklich6, da eine unterschiedliche Auslegung der Begriffe Anschaffungskosten und Herstellungskosten für die Bereiche

5.137

1 Vgl. zum Ganzen Spindler, DB 1994, 650 ff.; Küster, NWB Fach 3, 9983 ff. 2 BFH v. 14.9.1999 – IX R 31/96, DStR 2000, 397 = ZfIR 2000, 650 (bei erstmaliger Bestellung); v. 27.7.1994 – X R 97/92, BStBl. II 1994, 934 = DB 1994, 2219 (für einen Fall des Verkaufs eines vom Bauträger [= Erbbauberechtigten] erst noch zu errichtenden Gebäudes, wenn der Käufer dem Bauträger die Erschließungskosten zu erstatten hat: weitere Anschaffungskosten beim Käufer); v. 23.11.1993 – IX R 84/92, BStBl. II 1994, 292 (zu einem ähnlichen Fall wie dem vorstehend bezeichneten, also derivativer Erwerb des Erbbaurechts; mit guter Darstellung des Streitstandes); a.A. von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 81 – Sofortabzug als Werbungskosten. 3 BMF v. 16.12.1991, BStBl. I 1991, 1011. 4 BFH v. 19.10.1993 – VIII R 87/91, BStBl. II 1994, 109 = DB 1994, 455 (auch für Ergänzungsbeiträge); v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280; v. 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398 = FR 1981, 251 = DB 1981, 1372; v. 8.12.1988 – IV R 33/87, BStBl. II 1989, 407 = DB 1989, 858; OFD Düsseldorf, DStR 1997, 15 (16); vgl. auch Kirchhof/Crezelius16, § 5 EStG Rz. 163 „Erbbaurecht“; Schmidt/WeberGrellet36, § 5 EStG Rz. 270 „Erschließungsbeiträge“; kritisch Mathiak, DStR 1992, 451 (453); siehe auch Finanzverwaltung, BB 1992, 2391. 5 OFD Düsseldorf, DStR 1992, 15 f. 6 Vgl. auch Mathiak, DStR 1992, 451 (453); Spindler, DB 1994, 650 (652) (einheitlich für Anschaffungskosten).

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Kap. 5 Rz. 5.138 Erbbaurecht

des Betriebsvermögens (Gewinneinkünfte) einerseits und des Privatvermögens (Überschusseinkünfte) andererseits nicht ohne weiteres möglich ist1. 2. Behandlung beim Grundstückseigentümer

5.138

Beim Grundstückseigentümer ist wiederum zwischen Privatvermögen (d.h. der Erzielung von Überschusseinkünften und Betriebsvermögen (d.h. der Erzielung von Gewinneinkünften mit Bilanzierungsverpflichtung) zu unterscheiden.

5.139

Zum Bereich des Privatvermögens: Beispiel2: A hat ein Erbbaurecht erworben und zahlt monatlich 500 t Erbbauzins an den Grundstückseigentümer G. Für das Grundstück hatte A nach den Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag die Erschließungskosten zu tragen und zahlt daher zu diesem Zweck 150.000 t an die Stadt. Das Finanzamt will die Bereicherung bei G bei diesem als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) sofort erfassen, hilfsweise auf Antrag auf zehn Jahre verteilt. Zu Recht?

5.140

Eine Bereicherung des Grundstückseigentümers durch die Erschließungskosten liegt unzweifelhaft vor. Fraglich ist allerdings der Zeitpunkt des Zuflusses dieser Bereicherung (§ 8 EStG). Der BFH3 hat hierzu entschieden: „Zahlt der Erbbauberechtigte entsprechend einer Vereinbarung bei Bestellung des Erbbaurechtes an einem unbebauten Grundstück außer dem Erbbauzins an den Erbbaurechtsverpflichteten (Grundstückseigentümer) auch die Erschließungskosten an die Gemeinde, so setzt der Zufluss entsprechender Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung beim Grundeigentümer die Realisierung eines Wertzuwachses des Grundstücks voraus. Hieran fehlt es so lange, als sich am Grundeigentum des Erbbaurechtsverpflichteten oder an den Bedingungen des Erbbaurechtes nichts ändert.“

5.141

Der Begriff des Zufließens in § 11 Abs. 1 EStG sei wirtschaftlich auszulegen, so dass ein Zufluss erst mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut verwirklicht werde; das sei in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen4. Die Erschließung des Grundstücks komme vor allem dem Erbbauberechtigten zugute, weil sie ihm erst die Nutzung des Erbbaurechtes ermögliche. Der Grundstückseigentümer habe dagegen von der Erschließung seines Grundstücks so lange nichts, als er diesen Wertzuwachs wegen der Grundstücksbelastung mit dem Erbbaurecht nicht realisiert. Die bloße Möglichkeit der Veräußerung ändere daran nichts. 1 Vgl. BFH v. 4.7.1990 – GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830 = DB 1990, 1897, unter III. 1. c) dd) der Gründe. 2 Nach BFH v. 21.11.1989 – IX R 170/85, BStBl. II 1990, 310 = DB 1990, 355; vgl. auch Stracke, FR 1992, 461; Gestaltungsüberlegungen bei L. Schmidt, DStR 1990, 113. 3 BFH v. 21.11.1989 – IX R 170/85, BStBl. II 1990, 310 = DB 1990, 355. 4 BFH v. 10.12.1985 – VIII R 15/83, BStBl. II 1986, 342 = FR 1986, 276 = DB 1986, 1156; v. 13.10.1987 – VIII R 156/84, BStBl. II 1988, 252 = NJW 1988, 2559.

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D. Gewerbesteuer

Rz. 5.146 Kap. 5

„Nach § 12 des Erbbaurechtsvertrags gehen alle auf dem Erbbaugelände befindlichen Bauwerke und Anlagen erst dann in das freie Eigentum der Klägerin über, wenn das Erbbaurecht an sie heimfällt oder infolge Zeitablaufs erlischt. Dementsprechend kommt auch nach der Vorstellung der Klägerin und des Erbbauberechtigten für Werterhöhungen des Grund und Bodens kein früherer Zeitpunkt für den Zufluss in Betracht.“1

Ist der Grundstückseigentümer hingegen gewerblich tätig und bilanzierungspflichtig so gelten andere Grundsätze. Denn in diesen Fällen kommt nicht das Zuflussprinzip der §§ 11, 8 EStG zur Anwendung, sondern die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung.

5.142

Nach Meinung des BFH2 liegt in der Übernahme der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten ein zusätzliches Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks. Die Zahlung der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten führe nämlich zu einer Wertsteigerung des Grund und Bodens, die der Erbbauberechtigte dem Grundstückseigentümer zuwende3. Dabei stelle bereits der vertraglich begründete Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den Erbbauberechtigten auf Tragung der Erschließungskosten eine im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs anzusetzende Vermögensmehrung dar, der ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gegenüberzustellen und über die Dauer des Erbbaurechtes verteilt gewinnerhöhend aufzulösen ist.

5.143

Einstweilen frei.

5.144

D. Gewerbesteuer Eine gewerbesteuerrechtliche Relevanz besteht nur, wenn sich entweder das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück oder das Erbbaurecht selbst im Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten Gewerbebetriebes befindet. Es ist zwischen der Behandlung beim Erbbauberechtigten und beim Grundstückseigentümer zu unterscheiden.

5.145

I. Beim Erbbauberechtigten Die Erbbauzinszahlungen sind gewerbesteuerrechtlich grds. Betriebsausgaben und mindern damit die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer. Dieser Sachverhalt wird vom Gesetzgeber als korrekturbedürftig angesehen. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber Hinzurechnungstatbestände des § 8 GewStG geschaffen, die durch die Unternehmensteuerreform 2008 eine Neufassung4 erhalten haben. 1 BFH v. 21.11.1989 – IX R 170/85, BStBl. II 1990, 310 = DB 1990, 355. 2 BFH v. 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398 = FR 1981, 251 = DB 1981, 1372; v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280. 3 BFH v. 17.4.1985 – I R 132/81, BStBl. II 1985, 617 = FR 1985, 563 = DB 1985, 2280. 4 Zur gewerbesteuerlichen Auswirkung der Reform (einschließlich Rechtsformwahl) s. Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693; Beußer, DB 2007, 1549; Fehling, NWB Fach 5,

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5.146

Kap. 5 Rz. 5.147 Erbbaurecht

5.147

Nach dem bis 2007 geltenden Recht wird nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 GewStG die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, es sei denn, die Miet- oder Pachtzinsen würden beim Vermieter zur Gewerbesteuer herangezogen werden. Korrespondierend zu dieser Vorschrift regelte § 9 Nr. 4 GewStG eine spiegelbildliche Kürzung, so dass die Gewerbesteuer entweder beim Grundstückeigentümer oder beim Erbbauberechtigten exklusiv erhoben wurde. Die Pachtzinsen für Grundstücke führten daher bisher grds. nicht zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

5.148

Für Erbbauzinsen wurde nach bisher h.M. § 8 Nr. 1 GewStG a.F. nicht angewandt, da es sich nicht um Dauerschuldzinsen handelte. Bisher wurden jedoch lange Zeit Erbbauzinszahlungen des Erbbauberechtigten als dauernde Lasten i.S.d. § 8 Nr. 2 GewStG angesehen1. Diese Auffassung hat der BFH jedoch im Jahre 2007 aufgegeben2. Dieser Rechtsprechungsänderung ist aufgrund der Reform des GewStG nur eine kurze Geltungsdauer beschert.

5.149

An die Stelle dieses gewerbesteuerlichen Exklusivbesteuerungssystems tritt ab dem 1.1.2008 § 8 Nr. 1 GewStG n.F. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus a) Entgelten für Schulden. Als Entgelt gelten auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit sowie die Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen. Soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, gilt die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben und dem vereinbarten Veräußerungserlös als bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt, b) Renten und dauernden Lasten. Pensionszahlungen aufgrund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage gelten nicht als dauernde Last i.S.d. Satzes 1, c) Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters, d) einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen,

S. 1617; Förster, DB 2007, 760; Herzig/Lochmann, DB 2007, 1037; Kaminski/Hofmann/Kaminskaite, Stbg 2007, 161 und 210; Messerer, Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 1869; Schiffers, GmbHR 2007, 505; Schiffers, GmbH-StB 2007, 243; Schreiber/Ruf, BB 2007, 1099; Schultes-Schnitzlein/Keese, NWB Fach 3, S. 14683; Thiel, FR 2007, 729. 1 BFH v. 6.10.1976 – I R 238/74, BStBl. II 1977, 217. 2 BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = DStR 2007, 1033.

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D. Gewerbesteuer

Rz. 5.153 Kap. 5

e) der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und f) einem Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen). Eine Hinzurechnung nach Satz 1 ist nicht vorzunehmen auf Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind, soweit die Summe den Betrag von 100.000 t übersteigt.“

Die Berechnung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung erfolgt nach § 8 Nr. 1 GewStG n.F. in drei Schritten1. 1. Schritt: Zusammenrechnung aller Zinsen und fiktiven Zinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG; 2. Schritt: Abzug des Freibetrages i.H.v. 100.000 t; 3. Schritt: Anwendung des 25 %-Satzes auf den nach vorstehendem Ergebnis verbleibenden Betrag.

5.150

Erbbauzinsen werden daher nunmehr in voller Höhe dem gewerbesteuerlichen Ertrag wieder hinzugerechnet, sofern sie den Ertrag gemindert hatten. Eine solche Minderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage unterbleibt, wenn beispielsweise ein Mitunternehmer seiner Mitunternehmerschaft ein Erbbaurecht an seinem Grundstück des Sonderbetriebsvermögens eingeräumt hat, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Der tatsächliche Hinzurechnungsprozentsatz für Erbbauzinsen beläuft sich damit – jenseits des Freibetrages von 100.000 t – auf 12,5 %.

5.151

Spiegelbildlich müssten diese Aufwendungen nun bei dem Grundstückseigentümer wiederum gekürzt werden, um eine gewerbesteuerliche Doppelerfassung zu vermeiden. Da § 9 Nr. 4 GewStG a.F. durch die Unternehmensteuerreform 2008 jedoch aufgehoben wird, bleibt es bei einer Doppelbesteuerung, die lediglich durch § 35 EStG gemildert wird, sofern diese Vorschrift Anwendung findet2.

5.152

II. Beim Grundstückseigentümer Die Erbbauzinszahlungen führen beim Grundstückseigentümer grds. zu gewerbesteuerpflichtigen Einnahmen. Das bisher im Gewerbesteuerrecht bestehende Korrespondenzprinzip ist weitgehend aufgehoben, so dass die Steuerpflicht der Zahlungen unabhängig von der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG beim Erbbauberechtigten besteht.

1 Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 1869 ff.; Gemeinsamer Ländererlass, BStBl. I 2008, 730 (734) Rz. 32; Ingenstau/Hustedt10, Anhang I ErbbauRG Rz. 93. 2 Vgl. hierzu auch Butz-Seidl, GStB 2007, 240 ff.

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5.153

Kap. 5 Rz. 5.154 Erbbaurecht

5.154

Erfolgt die Einräumung des Erbbaurechtes im Rahmen einer Gesamtbetriebsverpachtung, handelt es sich nicht mehr um einen aktiven, gewerbesteuerlichen Gewerbebetrieb, sondern um einen ruhenden Gewerbebetrieb, so dass die Zahlungen des Erbbauzinses keiner Gewerbesteuer mehr unterliegen.

5.155–5.190

Einstweilen frei.

E. Bewertungsrecht nach der Erbschaftssteuerreform 2008 Literatur: Bruschke, Erbbaurechte und belastete Grundstücke, ErbStB 2012, 310; Eisele, Erbbaurechte bei der Erbschaftsteuerlichen Immobilienbewertung nach dem JStG 2007, DStR 2007, 1023; Feldner/Stoklassa, Die Praxis der Bewertung von Grundvermögen i.R.d. Erbschaftund Schenkungsteuer, ErbStB 2013, 152 ff. (193 ff.); Grootens, Ermittlung des Bodenwerts bei der Grundbesitzbewertung, ErbStB 2012, 113; Wiegand, Die Neuregelung des erbschaftsteuerlichen Bewertungsrechts auf der Grundlage der künftigen Bewertungsverordnungen, ZEV 2008, 129.

I. Allgemeines 5.191

Mit Beschluss vom 7.11.2006 hat das BVerfG1 die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, weil sie an Steuerwerte anknüpfe, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genüge. Die Bewertungsprivilegien des geltenden Rechts seien willkürlich und damit verfassungswidrig. Von Verfassungs wegen müsse die Bewertung des anfallenden Vermögens bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage wegen der dem geltenden Erbschaftsteuerrecht zugrunde liegenden Belastungsentscheidung des Gesetzgebers, den durch Erbfall oder Schenkung anfallenden Vermögenszuwachs zu besteuern, einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel ausgerichtet sein. Die Bewertungsmethoden müssen zudem gewährleisten, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden. Zur Rechtslage bis einschließlich 2008 s. 1. Auflage Kap. 5 Rz. 155. Durch Beschluss vom 4.11.2016 hat der Bundesrat auf Initiative der Länder Hessen und Niedersachsen dem Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“ zugestimmt2; der Entwurf sieht u.a. eine

1 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192 = NJW 2007, 573 = ZNotP 2007, 135 = ZEV 2007, 76 m. Anm. Piltz. Siehe dazu Heinrichshofen, ErbStG 2007, 64; Crezelius, DStR 2007, 415; Daragan, DB 2006, 1751; Eisele, NWB 2007, S. 501; Geck, DStR 2007, 427; Götz, Beraterbrief Erben und Vermögen 2007, Heft 3; Jansen, ZSteu 2006, 426; Lehmann/ Treptow, Stbg 2006, 431; Pahlke, NWB Fach 10, S. 1575; Schöne, DB 2006, 1699; Wälzholz, Beraterbrief Erben und Vermögen 2007, Heft 3; Wälzholz, ZErb 2007, 111 ff. 2 BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016; siehe hierzu Löhr, DStR 2016, 1497.

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E. Bewertungsrecht nach der Erbschaftssteuerreform 2008

Rz. 5.213 Kap. 5

Änderung bei der Bewertung von Erbbaurechten (nur) für Grundsteuerzwecke vor (s. Rz. 5.314).

5.192–5.210

Einstweilen frei.

II. Bewertungsgrundsatz Verkehrswert Die Vorgabe des BVerfG wurde vom Gesetzgeber mit dem Erbschaftssteuerreformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl. I 2008, 3018) erfüllt. Der BFH ist jedoch auch insoweit der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig sei, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt seien und einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen1. Für die Bewertung des Grundbesitzes ist danach, wie bei allen sonstigen Gegenständen eines Nachlasses, im Grundsatz vom Verkehrswert auszugehen (s. §§ 157 ff. BewG sowie allg. zur Grundstücksbewertung Rz. 1.1031 ff.).

5.211

III. Zwei wirtschaftliche Einheiten Die wirtschaftliche Bewertung des Erbbaurechtes und des Erbbaugrundstücks folgt dem zivilrechtlichen Grundsatz der Teilung eines Grundstückes anlässlich der Begründung eines Erbbaurechtes. Das Erbbaurecht als solches setzt sich dabei aus dem Wert des Nutzungsrechtes – Bodenwert – zzgl. dem Wert des Bauwerkes – Gebäudewert – zusammen. Nach §§ 193, 194 BewG wird dabei jede dieser Komponenten gesondert ermittelt.

5.212

IV. Wertermittlung für Erbbaurecht und Erbbaugrundstück 1. Vergleichswert Nach §§ 193 Abs. 1, 194 Abs. 1 BewG i.V.m. § 183 Abs. 1 BewG ist grundsätzlich vom Vergleichswert für vergleichbare Grundstücke/Erbbaurechte oder aus Vergleichsfaktoren abgeleiteten Preisen die Bewertung vorzunehmen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine statistisch relevante Zahl an Verkäufen vorliegt. In der Praxis wird dies nur bei Wohnungserbbaurechten, evtl. auch bei Reihenhäusern in der Rechtsform des Erbbaurechtes gegeben sein.

1 Siehe hierzu den Vorlagebeschluss des BFH v. 27.9.2012 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 899 = FR 2012, 1044 = DStR 2012, 2063 = ZEV 2012, 599.

Schallmoser

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5.213

Kap. 5 Rz. 5.214 Erbbaurecht

2. Einzelbewertung des Erbbaurechts nach finanzmathematischer Methode, § 193 Abs. 2 bis5 BewG a) Bodenwertanteil

5.214

Kommt eine Wertermittlung nach Vergleichswerten nicht in Betracht, schreibt § 193 Abs. 2 bis 5 BewG eine Einzelbewertung des Erbbaurechtes nach finanzmathematischen Methoden vor. Dabei ist nach § 193 Abs. 2 BewG ein Bodenwertanteil und ein Gebäudewertanteil jeweils gesondert zu ermitteln und anschließend zu addieren. Der Bodenwertanteil ergibt sich aus der Differenz zwischen – dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks nach § 193 Abs. 4 und – dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins. Der sich so errechnende Betrag ist mit dem Vervielfältiger gem. § 193 Abs. 3 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 21 BewG zu multiplizieren. Dies ergibt den Bodenwertanteil. b) Gebäudewertanteil

5.215

Der Gebäudewert ist, je nach der Nutzungsart des Gebäudes, nach § 182 BewG nach dem Ertragswert oder nach dem Sachwert zu ermitteln. Dabei wird berücksichtigt, ob bei dem Entschädigungsbetrag gem. § 27 ErbbauRG eine vollständige Entschädigung vereinbart ist oder ob diese eingeschränkt bzw. eventuell sogar vollkommen ausgeschlossen ist. Wird nach § 27 ErbbauRG eine volle Gebäudeentschädigung gezahlt, so stellt diese den Gebäudewertanteil dar. Bei einer eingeschränkten bzw. ausgeschlossenen Entschädigung gem. § 27 ErbbauRG ist von dem Entschädigungsbetrag der Anteil abzuziehen, der in Folge der Kürzung desselben oder dessen Ausschlusses dem Eigentümer zuzurechnen ist1.

5.216

Einstweilen frei. 3. Einzelbewertung des Erbbaugrundstücks nach finanzmathematischer Methode, § 194 Abs. 2 bis 4 BewG

5.217

Die Bewertung des Erbbaugrundstücks erfolgt spiegelbildlich zur Bewertung des Erbbaurechtes. Der Bodenwertanteil setzt sich hier zusammen aus einem abgezinsten Bodenwert zzgl. des kapitalisierten, vereinbarten jährlichen Erbbauzinses (§ 194 Abs. 3, Abs. 4, Anlage 26 BewG; 193 Abs. 4 Anlage 21 BewG). Beim Gebäudewert ist derjenige Anteil hinzuzurechnen, der auf Grund der gekürzten bzw. ausgeschlossenen Entschädigungsforderung (§ 27 ErbbauRG) dem Grundstückseigentümer zuwächst. Wie üblich steht es den Beteiligten jedoch frei, dass sie einen niedrigeren gemeinen Wert durch Sachverständigengutachten nachweisen können, § 198 BewG, § 199 Abs. 1 BauGB.

1 Mannek/Blum in Gürsching/Stenger, § 193 BewG Rz. 31; GV-Erlass, BStBl. I 2009, 590 (619).

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G. Grunderwerbsteuer

Rz. 5.241 Kap. 5

Für vermietete Wohnimmobilien wird ein Bewertungsabschlag von 10 % vom gemeinen Wert gewährt werden, § 13c ErbStG. Dies hat auch für entsprechende Erbbaurechte zu gelten.

5.218

F. Schenkungsteuer: unentgeltliche Einräumung eines Erbbaurechts Auf die Bewertung eines Erbbaurechtes für Zwecke der Schenkungssteuer sind die allgemeinen Grundsätze anzuwenden. Sofern ein Erbbaurecht gegen einen zu niedrigen Erbbauzins eingeräumt wird, liegt insoweit eine gemischte Schenkung vor. Nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung ist der Wert für das Erbbaurecht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Für die Aufteilung ist das Verhältnis zwischen dem tatsächlich vereinbarten Erbbauzins und dem angemessenen Erbbauzins maßgebend.

5.219

Bei der Wertermittlung ist zunächst vom steuerlichen Wert des Erbbaurechtes (Bodenwertanteil zzgl. Gebäudewertanteils) gem. § 193 Abs. 2 bis 5 BewG auszugehen. Hieraus ist der angemessene Erbbauzins pro Jahr abzuleiten und mit dem tatsächlich gezahlten Erbbauzins in Relation zu setzen. Daraus ergibt sich das Verhältnis des entgeltlichen zum unentgeltlichen Anteil1.

5.220

5.221–5.240

Einstweilen frei.

G. Grunderwerbsteuer Literatur: Behrens/Meyer-Wirges, Erbbaurechte im Grunderwerbsteuerrecht, DStR 2006, 1866; Bruschke, Erbbaurechts-Vorgänge und Grunderwerbsteuer, UVR 1995, 142; Dorner, Grunderwerbsteuerliche Gegenleistung bei der Bestellung von Erbbaurechten, BB 1982, 490; Möllinger, Der Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten im Grunderwerbsteuerrecht, UVR 1994, 81.

I. Grundsatz der Steuerpflicht Das Erbbaurecht wird in § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einem Grundstück gleichgesetzt. Damit kann sowohl die erstmalige Bestellung eines Erbbaurechts2, die Bestellung eines Untererbbaurechts3, die Übertragung des Erbbaurechts4, die Verlängerung (s. näher Rz. 5.273)5, die Aufhebung vor dem vereinbarten Zeitablauf (s. näher Rz. 5.250)6 1 FinMin. Baden-Württemberg v. 6.12.1999 – S 3806/31, DStR 2000, 247 = FR 2000, 283; Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rz. 61 b. 2 BFH v. 3.11.1982 – II R 82/81, BStBl. II 1983, 165. 3 BFH v. 5.12.1979 – II R 103/76, BStBl. II 1980, 135. 4 BFH v. 14.11.2007 – II R 63/06, BFH/NV 2008, 1199. 5 BFH v. 18.8.1993 – II R 10/90, BStBl. II 1993, 766 = DB 1993, 2063. 6 BFH v. 5.12.1979 – II R 122/76, BStBl. II 1980, 136 = DStR 1980, 237 = MittBayNot 1980, 90; v. 11.7.1984 – II R 69/82, juris.

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5.241

Kap. 5 Rz. 5.242 Erbbaurecht

sowie der Heimfall (s. näher Rz. 5.254)1 des Erbbaurechtes grunderwerbsteuerpflichtig sein. Demgegenüber unterliegen weder das Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf noch der damit verbundene Übergang des Eigentums an dem auf dem Erbbaurecht vom Erbbauberechtigten errichteten Bauwerk auf den Grundstückseigentümer der Grunderwerbsteuer (s. näher Rz. 5.252).

5.242

Auch die Ausübung eines Vorrechts auf Erneuerung des Erbbaurechtes nach § 31 ErbbauRG führt zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang, weil hierdurch aufgrund des Vorerwerbsrechtes ein neues Erbbaurecht zur Entstehung gelangt2.

5.243

Auch die sog. Ersatztatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 GrEStG können beim Erbbaurecht zur Anwendung kommen. Dies ist einerseits beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren über ein Erbbaurecht der Fall. Gleiches gilt, wenn die Rechte aus einem Meistgebot einer Zwangsversteigerung übertragen werden oder der Anspruch aus einem Angebot auf Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages übertragen oder die daraus resultierenden Rechte sonst abgetreten werden.

5.244

Soweit grunderwerbsteuerrechtlich Regelungen für Erbbaurechte getroffen sind, gelten diese Bestimmungen auch für Untererbbaurechte, Gesamterbbaurechte, Nachbarerbbaurechte sowie Wohnungs- und Teilerbbaurechte entsprechend3. Die Bestellung eines Eigentümererbbaurechtes ist dagegen grunderwerbsteuerfrei, da ein Rechtsträgerwechsel nicht stattfindet. Auch die einseitige Begründung eines Wohnungserbbaurechtes gem. §§ 30, 8 WEG löst keinen Rechtsträgerwechsel aus und bleibt deshalb grunderwerbsteuerfrei4.

II. Bemessungsgrundlage 1. Veräußerung des Erbbaugrundstücks

5.245

Um tatsächlich nur das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht selbst der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, nicht aber den Anspruch auf den Erbbauzins, stellt § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG klar, dass das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins nicht als Bestandteil des Grundstückes betrachtet wird5. Wird daher ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück verkauft, so ist die Gegenleistung aufzuteilen in die Gegenleistung für den Erwerb des belasteten Grundstücks einerseits und die Gegenleistung für den so erworbenen Erbbauzinsanspruch ande-

1 BFH v. 23.9.1969 – II 113/64, BStBl. II 1970, 130. 2 Im Ergebnis ebenso FinMin. Baden-Württemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591 Tz. 1.1.3. 3 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 39; FinMin. BadenWürttemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591 Tz. 1. 4 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 39. 5 FG Düsseldorf v. 13.4.2011 – 7 K 3640/10 GE, EFG 2011, 1643; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 61 f.

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Rz. 5.249 Kap. 5

G. Grunderwerbsteuer

rerseits. Nur die Gegenleistung für den Erwerb des Grundstückes selbst unterliegt der Grunderwerbsteuer1. 2. Rechtsträgerwechsel beim Erbbaurecht mit Gegenleistung Wird ein Erbbaurecht erstmalig bestellt, übertragen, erneuert oder verlängert, ist Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der kapitalisierte Wert des Erbbauzinses2. Die Kapitalisierung erfolgt gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. der Anlage 9 a zum BewG. Die in der Regel vereinbarte Wertsicherungsklausel zur Erreichung einer Wertstabilität der Höhe des Erbbauzinses zählt hingegen nicht zur Bemessungsgrundlage und erhöht diese nicht3. Erwirbt der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht selbst, so zählt die Erbbauzinsreallast nicht zur Bemessungsgrundlage4. Werden neben oder anstelle der Verpflichtung zur Zahlung eines Erbbauzinses weitere Leistungen des Erbbauberechtigten an den Grundstückseigentümer bzw. an den Veräußerer des Erbbaurechtes erbracht, so unterliegen auch diese nach § 9 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Hierzu fällt insbesondere ein zusätzlich bezahlter Kaufpreis, z.B. für ein bereits bestehendes oder auch vom Verkäufer erst noch zu errichtendes Gebäude5.

5.246

Der Jahreswert der Erbbauzinsverpflichtung kann nicht auf den 18,6fachen Teil des Wertes des Grundstückes nach § 16 BewG beschränkt werden. Dies ist durch § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG ausgeschlossen.

5.247

Die Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Herstellung und Unterhaltung eines bestimmten Gebäudes gehört hingegen nicht zur Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer6.

5.248

3. Rechtsträgerwechsel beim Erbbaurecht ohne Gegenleistung In der Praxis besonders bedeutsam sind hier gesellschaftsrechtliche Vorgänge, vor allem Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz und damit einhergehende Rechtsträgerwechsel (z.B. bei Verschmelzung, Spaltung) sowie Einbringungsvorgänge (z.B. bei einer Sachgründung nach § 5 Abs. 4 GmbHG bzw. § 27 AktG). In diesen Fällen findet eine Bedarfsbewertung nach § 8 Abs. 2 GrEStG, §§ 138, 148 BewG statt. Die Bewertungsvorschrift des § 193 BewG gilt hierfür nicht7.

1 2 3 4 5 6

Siehe dazu Behrens/Meyer-Wirges, DStR 2006, 1866 (1867). von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 40. BFH v. 14.11.1967 – II 166/63, BStBl. II 1968, 752; Pahlke5, § 8 GrEStG Rz. 32. BFH v. 14.11.2007 – II R 64/06, BStBl. II 2008, 486 = DStR 2008, 720. von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 42, 47. BFH v. 23.10.2003 – II R 81/00, BStBl. II 2003, 199 = DStRE 2003, 304 = NotBZ 2003, 200. 7 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 43.

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5.249

Kap. 5 Rz. 5.250 Erbbaurecht

III. Besonderheiten bei Aufhebung, Erlöschen durch Zeitablauf und Heimfall 5.250

Auch die nur vertraglich mögliche Aufhebung eines Erbbaurechtes (§ 26 ErbbauRG, § 875 BGB) unterliegt der Grunderwerbsteuer1. Die Bemessungsgrundlage für diesen steuerpflichtigen Vorgang richtet sich nach der Gegenleistung des Grundstückseigentümers. Wird für die Aufhebung des Erbbaurechtes eine Einmalzahlung oder sonstige Entschädigung, beispielsweise für das Bauwerk, erbracht, so unterliegt dies der Grunderwerbsteuer. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gegenleistung und Abfindung als Barzahlung oder als Übernahme von Verbindlichkeiten oder in sonstiger Form erbracht wird. Der restliche Wert der für die Restlaufzeit des Erbbaurechtes verbleibenden Erbbauzinsverpflichtung ist hingegen kein Bestandteil der Gegenleistung2. Dies gilt auch, wenn der Erbbauberechtigte sein Recht ohne Aufhebung an den Eigentümer überträgt3. Wird für eine rechtsgeschäftliche Aufhebung keine Entschädigung vereinbart, so ist die Steuer gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, §§ 138, 148 BewG nach der Bedarfsbewertung des Erbbaurechtes zum Zeitpunkt der Aufhebung zu berechnen4.

5.251

Wird jedoch ein Eigentümererbbaurecht5 aufgehoben, so fehlt es an einem Rechtsträgerwechsel, an den das Grunderwerbsteuergesetz grundsätzlich anknüpft. In diesem Fall ist die Aufhebung daher nicht grunderwerbsteuerpflichtig. Die Aufhebung führt also nur bei Auseinanderfallen von Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem zu einer Grunderwerbsteuerbelastung.

5.252

Im Gegensatz zur Aufhebung eines Erbbaurechtes liegt nach nunmehr h.M.6 kein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vor, wenn das Erbbaurecht durch Zeitablauf erlischt. Das Erlöschen tritt mit Zeitablauf kraft Gesetzes ein. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, inwiefern der Grundstückseigentümer eine Entschädigung für das Bauwerk gem. § 27 ErbbauRG zu zahlen oder ggf. Verbindlichkeiten vom Erbbauberechtigten zu übernehmen hat.

5.253

Auch der Übergang des Eigentums am Gebäude auf den Grundstückseigentümer führt nicht zu einer Grunderwerbsteuerpflicht7.

1 BFH v. 31.3.1976 – II R 93/75, BStBl. II 1976, 470; v. 5.12.1979 – II R 122/76, BStBl. II 1980, 136; Behrens/Meyer-Wirges, DStR 2006, 1866 (1868); von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 57. 2 FinMin. Baden-Württemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591 (592). 3 BFH v. 14.11.2007 – II R 64/06, BStBl. II 2008, 486 = DStR 2008, 720. 4 von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 59. 5 Zum Begriff s. BFH v. 28.7.1976 – II R 85/70, BStBl. II 1977, 85. 6 BFH v. 8.2.1995 – II R 51/92, BStBl. II 1995, 334 = MittBayNot 1995, 248 = MittRhNotK 1995, 215; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 60. 7 BFH v. 8.2.1995 – II R 51/92, BStBl. II 1995, 334 = MittBayNot 1995, 248 = MittRhNotK 1995, 215.

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G. Grunderwerbsteuer

Rz. 5.271 Kap. 5

Der Heimfall eines Erbbaurechtes gem. §§ 2 Nr. 4, 32 ErbbauRG ist ebenfalls grundsätzlich grunderwerbsteuerpflichtig1. Dabei wird die Gegenleistung, also die Abfindung für den Heimfall als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuererhebung herangezogen. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist auf den Heimfall grundsätzlich nicht anzuwenden2. Nur ausnahmsweise kann der ursprüngliche grunderwerbsteuerpflichtige Vorgang und der Heimfall selbst nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG steuerfrei sein. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung3 dann der Fall, wenn der Heimfallanspruch auf die Nichterfüllung von Vertragspflichten zurückgeht, die in dem der Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag übernommen wurden und zivilrechtlich eine Hauptleistung darstellen4 (s. dazu auch Rz. 5.41 ff.). Kann der Grundstückseigentümer aus Anlass des Heimfalls nicht nur die Übertragung auf sich, sondern auch auf einen Dritten verlangen und macht er hiervon unmittelbaren Gebrauch, so fällt keine doppelte Grunderwerbsteuer an. Vielmehr wird nur einmal die Grunderwerbsteuer für das Rechtsgeschäft erhoben, das der Weitergabe des Erbbaurechtes an den Dritten dient5.

5.254

Ist im Falle der Übertragung eines Erbbaurechtes oder des Heimfalles keine Gegenleistung vorhanden, so soll sich die Steuer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG nach den bewertungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 138 ff. BewG errechnen6. Die Finanzverwaltung verkennt jedoch insoweit, dass in zahlreichen entsprechenden Fällen die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG eingreifen wird, sofern es sich um einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang handelt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kommt es tatsächlich zu einer Besteuerung auf der Grundlage der §§ 138 ff. BewG.

5.255

5.256–5.270

Einstweilen frei.

IV. § 16 GrEStG für Erbbaurechte Die Rückübertragung des Erbbaurechtes durch den Erbbauberechtigten wegen Nichtzahlung des Erbbauzinses kann einen Fall des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG begründen. Dies muss u.E. auch für den dadurch ausgelösten Heimfall gelten7, es sei denn, der Erbbauberechtigte hatte das Erbbaurecht von einem Dritten erworben.

1 BFH v. 23.9.1969 – II 113/64, BStBl. II 1970, 130. 2 BFH v. 26.2.1975 – II B 44/74, BStBl. II 1975, 418; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 49. 3 FinMin. Baden-Württemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591 Tz. 1.2.4. 4 Ebenso BFH v. 13.7.1983 – II R 44/81, BStBl. II 1983, 683 = MittBayNot 1984, 53 = MittRhNotK 1983, 251. 5 BFH v. 23.9.1969 – II 113/64, BStBl. II 1970, 130. 6 FinMin. Baden-Württemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591 Tz. 5. 7 Vgl. BFH v. 13.7.1983 – II R 44/81, BStBl. II 1983, 683 = MittBayNot 1984, 53 = MittRhNotK 1983, 251; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 52 und 49. Insoweit unklar Tz. 3 in FinMin. Baden-Württemberg v. 7.3.2002, DStR 2002, 591.

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5.271

Kap. 5 Rz. 5.272 Erbbaurecht

5.272

Für andere Fälle des Heimfalls wird die Anwendung des § 16 GrEStG jedoch weitgehend abgelehnt, da ansonsten die Steuerpflicht für Erbbaurechte ausgehöhlt würde. Denn das Erbbaurecht ist stets nur auf Zeit eingeräumt. Die Rückgewähr nach Zeitablauf kann daher z.B. nicht stets als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zum Wegfall der ursprünglichen Steuerpflicht für die Begründung des Erbbaurechtes führen.

V. Verlängerung des Erbbaurechtes 5.273

Die freiwillige oder gem. § 27 Abs. 3 ErbbauRG veranlasste Verlängerung eines Erbbaurechtes wird grunderwerbsteuerlich wie eine Neubestellung eines solchen behandelt, unterliegt also der Grunderwerbsteuer1. Die Bemessungsgrundlage ist dabei der kapitalisierte, für den Verlängerungszeitraum geschuldete Erbbauzins zzgl. etwaiger weiterer Gegenleistungen des Erbbauberechtigten.

VI. Erfordernis der Unbedenklichkeitsbescheinigung 5.274

Wird neben dem Erbbauzins beispielsweise eine Gegenleistung für ein bereits auf dem Erbbaugrundstück vorhandenes Gebäude geleistet, so gehört auch dies zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

5.275

Die Eintragung des Erbbaurechtes ins Grundbuch kann erst nach Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung gem. § 22 Abs. 1 GrEStG erfolgen.

VII. Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks 5.276

Der Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG normiert. Der Einführung der Vorschrift2 war der Beschluss vom 12.4.20003 vorausgegangen, mit dem der BFH sich gegen die damalige Verwaltungsansicht gestellt und die Auffassung vertreten hatte, der vereinbarte einheitliche Kaufpreis sei aufzuspalten in den Wert des Grundstücks und in den Wert des kapitalisierten Erbbauzinses. Letzterer Kaufpreisteil sei der Kauf einer Forderung und unterliege daher nicht der Grunderwerbsteuer4. Klarstellend ist dies nun auch in 1 BFH v. 18.8.1993 – II R 10/90, BStBl. II 1993, 766 = DB 1993, 2063; von Oefele/Winkler/ Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 54. 2 Bis 2001 war der Fall des Erwerbs eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks in § 1 Abs. 7 GrEStG geregelt. Diese Vorschrift wurde jedoch m. W. zum 1.1.2002 aufgehoben, s. dazu von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 61. 3 BFH v. 12.4.2000 – II B 133/99, BStBl. II 2000, 433 = DB 2000, 1598 = ZfIR 2001, 157. 4 Siehe hierzu auch BFH v. 6.5.2015 – II R 8/14, BStBl. II 2015, 853 = DNotZ 2015, 677 Rz. 12; dabei ist beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks vom Gesamtkaufpreis für Grundstücke und Erbbauzinsforderung (kapitalisiert) der Wert derselben abzuziehen, BFH a.a.O. Rz. 24; dies gilt dann, wenn Gegenstand des Erwerbsvorgangs unter Vereinbarung einer Gesamtgegenleistung ein Grundstück und eine Geldforderung (Erb-

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Schallmoser

H. Umsatzsteuer

Rz. 5.313 Kap. 5

§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG festgehalten. Die Kaufpreisaufteilung erfolgt nach der sog. Boruttau’schen Formel1.

VIII. Gebäudeherstellungsverpflichtung In der Gebäudeherstellungsverpflichtung des Erbbauberechtigten (Rz. 5.32) liegt regelmäßig keine Gegenleistung für die Bestellung des Erbbaurechts, weil die Verwendungen auf das Erbbaugrundstück regelmäßig dem Erbbauberechtigten dauerhaft zugutekommen2.

5.277

5.278–5.310

Einstweilen frei.

H. Umsatzsteuer Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind umsatzsteuerpflichtig, aber nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Bestellung eines Erbbaurechtes ist danach eine umsatzsteuerbefreite Duldungsleistung (Nutzungsüberlassung als Dauerleistung) i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG (s.a. Rz. 1.801)3.

5.311

Gemäß § 9 Abs. 2 UStG kann bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten auf die Steuerfreiheit verzichtet werden, wenn der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (s. näher Rz. 1.813 ff.). Die Option hat seit dem 1.1.2004 in dem notariellen Bestellungsvertrag zu erfolgen. Gemäß § 13b UStG ist seit dem 1.4.2004 der Leistende selbst unmittelbar der Steuerschuldner4. Durch diese Rechtsänderung unterliegen im Falle einer Option nach § 9 Abs. 2 UStG auch Erbbauzinsen aus Altverträgen vor dem 1.4.2004 dem Anwendungsbereich des § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG, da die Umsatzsteuer für den Erbbauzins nicht für die gesamte Laufzeit sofort nach Erbbaurechtsbestellung, sondern jeweils zeitanteilig entsteht5.

5.312

Aufgrund der Behandlung des Erbbaurechtes als fortgesetzte Duldungsleistung entsteht die Umsatzsteuer für den Erbbauzins nicht für die ganze Laufzeit sofort nach

5.313

1 2

3 4 5

bauzinsanspruch) ist; FinMin. Baden-Württemberg v. 16.9.2015 – 3 - S 450.0/93, BStBl. I 2015, 827. Boruttau/Viskorf18, § 8 GrEStG Rz. 22 = Verhältnis des ohne Berücksichtigung des Anspruchs auf den Erbbauzins ermittelten gemeinen Wertes des belasteten Grundstücks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs. Vgl. BFH v. 23.10.2002 – II R 81/00, BStBl. II 2003, 199 = DStRE 2003, 304 = NotBZ 2003, 200 (ablehnend, also nicht steuerpflichtige Gegenleistung, soweit der Erbbauberechtigte bei Beendigung des Erbbaurechtes den vollen Verkehrswert erhält); von Oefele/Winkler/ Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts6, § 10 Rz. 42. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = NJW 1989, 320. Vgl. Küffner/Zugmaier, DStR 2004, 712. Siehe auch Abschn. 182a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStR. OFD Koblenz v. 9.2.2006 – S 7279 A-St 44 4, juris.

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Kap. 5 Rz. 5.314 Erbbaurecht

Erbbaurechtsbestellung, sondern je zeitanteilig; in gleicher Weise kann nicht sofort die gesamte Vorsteuer abgezogen werden1. Unter Anknüpfung an die vereinbarten (meist jährlichen) Vergütungszeiträume ist davon auszugehen, dass die Duldungsleistung jeweils mit Ablauf des (jährlichen) Abrechnungszeitraums als bewirkt anzusehen ist. Die auf den abschnittsweise (meist jährlich) zu zahlenden Erbbauzins entfallende Umsatzsteuer kann der Erbbauberechtigte bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG als Vorsteuer abziehen.

J. Grundsteuer Literatur: Löhr, Beschlussmodell der Länderfinanzminister zur Grundsteuerreform: Der große Wurf? DStR 2016, 1497; Marx, Grundsteuerreform: Fragwürdiges Bewertungsziel mit administrativ aufwendiger Lösung, DB 2016, Heft 49, M5; Stöckel, Bundesratsinitiative zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer, NWB 2016, 2870.

5.314

Auch das Erbbaurecht unterliegt der Grundsteuer, § 2 Nr. 1 GrStG i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG. Die Grundsteuer richtet sich – nach aktueller Rechtslage2 – nach den wertmäßig völlig überholten Einheitswerten (s. Rz. 1.933). Für das Grundstück und für das Erbbaurecht sind jeweils getrennte Einheitswerte festzusetzen. Gleichwohl schuldet nur der Erbbauberechtigte die Grundsteuer sowohl für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks als auch für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts, § 10 Abs. 2 GrStG. Der Grundstückseigentümer haftet daher nicht mehr für die Grundsteuer ab dem Jahresbeginn der Eintragung des Erbbaurechtes in das Grundbuch. Die Grundsteuer wird erhoben nach der Summe des Einheitswertes des Erbbaurechtes und des belasteten Grundstücks, § 13 Abs. 3 GrStG.

5.315

Nach dem sich noch in der parlamentarischen Debatte befindlichen Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“3 (s. hierzu auch Rz. 1.933) soll eine gesonderte Regelung über die Bewertung des Erbbaurechts im Grundsteuergesetz nicht mehr enthalten sein, da die entsprechenden Regelungen bereits in das Bewertungsgesetz aufgenommen werden sollen (vgl. § 237 E-BewG). Danach würde es keine gesonderten Bewertungsvorschriften für das Erbbaurecht und den mit dem Erbbaurecht belasteten Grund und Boden mehr geben. Nach dem Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes“ soll sich der Wert von Grund und Boden künftig aus den damit erzielbaren künftigen Bodenrenten ergeben; der Wert soll so ermittelt werden, als ob „die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde“. Das bedeutet, dass die Belastung allein vom Erbbauberechtigten zu tragen ist, unabhängig davon, in welchem Maße er die Bodenrente über den Erbbauzins an den Grundstückseigentümer abzuführen hat. Dies könnte im schlech-

1 Vgl. BFH v. 20.4.1988 – X R 4/80, BStBl. II 1988, 744 = NJW 1989, 320. 2 Zu möglichen künftigen Entwicklungen durch das Beschlussmodell der Länderfinanzminister zur Grundsteuerreform siehe auch Löhr, DStR 2016, 1497 (1501); siehe ferner Stöckel, NWB 2016, 2870; Marx, DB 2016, Heft 49, M5. 3 BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016.

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K. Checkliste Erbbaurecht

Rz. 5.316 Kap. 5

testen Fall zu einer Besteuerung von Grund und Boden führen, auch wenn dieser für den Berechtigten ohne bzw. nur von geringem ökonomischem Wert ist1.

K. Checkliste Erbbaurecht 5.316

Checkliste Erbbaurecht Zivilrecht: e Doppelnatur als Nutzungsrecht und grundstücksgleiches Recht e

absolut erste Rangstelle erforderlich

e

zwangsversteigerungsfester Erbbauzins für Bestellungen ab 1.10.1994

e

Wertsicherungsklausel bei Wohnraum gem. § 9a ErbbauRG eingeschränkt

Einkommensteuer: e Erbbaurechtsbestellung bei unbebauten Grundstücken kein Veräußerungsgeschäft, anders bei bebauten Grundstücken im Betriebsvermögen e

Erbbauzins = Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Privatvermögen

e

Übernahme der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten oder reduzierte Heimfallentschädigung ergeben Einkünfte beim Grundstückseigentümer

e

Gebäude-AfA nach Laufzeit des Erbbaurechts, je nach Abfindungsregelung

Schenkungsteuer: e seit 1.1.2007 neu geregelt in § 148 BewG; ab 1.1.2009 (Erbschaftsteuerreform 2008) nach § 183 BewG gemeiner Wert maßgebend e

unentgeltliche oder teilentgeltliche Einräumung führt zu schenkungsteuerlicher Bereicherung

Grunderwerbsteuer: e Bestellung, Übertragung, Verlängerung und Aufhebung sowie Heimfall sind grunderwerbsteuerpflichtig e

Berechnung aus dem kapitalisierten Wert der Jahreserbbauzinsverpflichtung gem. § 13 BewG (ohne § 16 BewG) und sonstige Gegenleistungen des Erbbauberechtigten

e

Erbbauzins ist nicht Bestandteil des Grundstücks bei Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks

5.317–5.330

Einstweilen frei.

1 Kritisch hierzu Löhr, DStR 2016, 1497 (1501).

Rapp

621

Kap. 5 Rz. 5.331 Erbbaurecht

L. Veräußerung eines Erbbaurechts 5.331

Der Verkauf eines Erbbaurechtes bedarf der notariellen Beurkundung, § 11 ErbbauRG i.V.m. § 311b BGB1. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG darf die dingliche Einigung über die Übertragung des Erbbaurechtes weder bedingt noch befristet sein. Beim Verkauf eines Erbbaurechtes sind gegenüber dem Verkauf eines regulären Grundstücks folgende Besonderheiten zu beachten.

I. Grundbuchstand 5.332

In den Grundbuchstand sollten zusätzlich zu dem Grundbuchstand des Erbbaugrundbuchs auch die wesentlichen Daten des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks aufgeführt werden. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich regelmäßig der Eigentümer des Grundstücks, die rangrichtige Eintragung des Erbbaurechtes und ein ggf. zugunsten des Erbbauberechtigten bestehendes Vorkaufsrecht. Dies kann für den Käufer eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung haben.

II. Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung und Belastung 5.333

In den meisten Erbbaurechtsverträgen wird gem. § 5 ErbbauRG als Inhalt des Erbbaurechtes vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechtes sowie zur Belastung des Erbbaurechtes mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf (s. dazu Rz. 5.53). Diese Regelung wird in der Regel auch auf die Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts ausgedehnt2. Dies ergibt eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 2 ErbbauRG auf Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechte, da diese bei einem Heimfall des Erbbaurechtes gem. § 42 Abs. 2 WEG bestehen bleiben3. Ist eine solche Vereinbarung getroffen, so ist der Vertrag bis zur Genehmigung durch den Grundstückseigentümer schwebend unwirksam4. Soweit der Käufer den Erwerb des Erbbaurechtes mit einem Kredit finanzieren und mit einem Grundpfandrecht absichern muss, so ist auch der Käufer auf die Zustimmung und Mitwirkung des Grundstückseigentümers angewiesen. Denn auch die Grundschuld kann erst nach Zustimmung durch den Grundstückseigentümer des mit dem Erbrecht belasteten Grundstücks im Grundbuch eingetragen werden5. Ggf. sollten beide Zustimmungen miteinander verknüpft werden. Der Käufer ist davor zu schützen, dass der Grundstückseigentümer dem Verkauf zustimmt, nicht aber der Belastung.

1 2 3 4 5

Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 121. Erman/Grziwotz14, § 5 ErbbauRG Rz. 2. Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 4, dort auch zu gegenteiliger Auffassung. Palandt/Wicke76, § 6 ErbbauRG Rz. 1; KG v. 27.11.2001 – 4 U 9438/00, NZM 2002, 967. Siehe BGH v. 2.6.2005 – III ZR 306/04, NJW 2005, 3495 = ZfIR 2005, 728 = DNotZ 2005, 847 m. Anm. Kesseler = BGH DNotZ 2005, 847.

622

Rapp

L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.336 Kap. 5

Denn dann ist der Käufer zur Zahlung verpflichtet, kann dies mangels gesicherter Kaufpreisfinanzierung aber nicht. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die Eintragung der Auflassungsvormerkung bereits vor Zustimmung durch den Grundstückseigentümer beim Grundbuchamt eingereicht werden sollte. Rechtlich ist dies nach h.M. möglich. Die Vormerkung kann trotz der schwebenden Unwirksamkeit also bereits im Grundbuch eintragen werden1. Im Hinblick auf die Schwierigkeit der Löschung einer Auflassungsvormerkung bei Nichtmitwirkung des Käufers empfiehlt es sich jedoch, dies nur dann zu tun, wenn gleichzeitig eine Löschungsvollmacht2 oder sonstige Löschungserleichterung vereinbart wird. Da diese im Vollzug mit Schwierigkeiten verbunden sein kann, besteht die einfachere Lösung darin, den Notar anzuweisen, die Auflassungsvormerkung erst nach Zustimmung des Grundstückseigentümers dem Grundbuchamt vorzulegen. Ggf. sollte der Notar darauf hinweisen, dass in der Zwischenzeit der Erwerbsanspruch des Käufers noch nicht vor Gläubigerzugriffen oder einem Weiterverkauf an Dritte gesichert ist.

5.334

Für den Fall der Nichtgenehmigung der Veräußerung durch den Grundstückseigentümer sind Rücktrittsrechte und der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen nicht zwingend erforderlich, aber zur Klarstellung möglich. Denn aufgrund der schwebenden Unwirksamkeit folgen aus dem Kaufvertrag noch keine Schadensersatzpflichten, wenn der Verkäufer dem Käufer nicht die Inhaberschaft an dem Erbbaurecht verschaffen kann3.

5.335

III. Fälligkeitsregelungen Die Fälligkeitsregelungen beim Verkauf eines Erbbaurechtes weichen üblicherweise von den Fälligkeitsregelungen anderer Grundstückskaufverträge ab. Dies beruht einerseits darauf, dass ein gemeindliches Vorkaufsrecht gem. § 24 Abs. 2 BauGB nicht besteht. Stattdessen ist jedoch die Wirksamkeit des Verkaufsvertrages davon abhängig, dass der Grundstückseigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks dem Kaufvertrag zustimmt. Daher sollte die Fälligkeit grundsätzlich von dem Vorliegen der entsprechenden Zustimmungserklärung in grundbuchmäßiger Form abhängig sein4. Ferner hat regelmäßig der Grundstückseigentümer ein Vorkaufsrecht für den Fall des Verkaufs des Erbbaurechts. Aus diesem Grund sollte auch insoweit die Nichtausübungserklärung hinsichtlich des Vorkaufsrechts oder der Fristablauf als Fälligkeitsvoraussetzung vorgesehen werden. Da der Notar nicht überprüfen kann, ob das Vorkaufsrecht gegenüber dem Verkäufer ausgeübt wurde, ist zusätzlich eine entsprechende schriftliche Bestätigung des Verkäufers vorzusehen, falls der vorkaufsberechtigte Grundstückseigentümer nicht schriftlich auf die Aus1 Erman/Grziwotz14, § 6 ErbbauRG Rz. 2 m.w.N.; Palandt/Wicke76, § 6 ErbbauRG; Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 16. 2 Sog. Schubladenlöschung; vgl. Beck’sches Notarhandbuch/Everts6, A I Rz. 424 ff. 3 Erman/Grziwotz14, § 6 ErbbauRG Rz. 2. 4 Vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1557 ff.

Rapp

623

5.336

Kap. 5 Rz. 5.337 Erbbaurecht

übung des Vorkaufsrechtsfalles verzichtet1. Insoweit ist grundbuchmäßige Form nicht erforderlich.

5.337

Schließlich würde der Vollzug des Verkaufs des Erbbaurechtes scheitern, wenn der Grundstückseigentümer zwar der Veräußerung des Erbbaurechtes zustimmt, nicht aber der Bestellung des Kaufpreisfinanzierungsgrundpfandrechtes. Der Käufer wäre zwar Inhaber eines wirksamen Anspruchs auf Übereignung des Erbbaurechts, könnte seinen Zahlungsverpflichtungen jedoch nicht nachkommen. Um diese Situation zu verhindern, empfiehlt es sich, die Fälligkeit auch an die Zustimmung der Belastung des Grundstücks zu knüpfen2. Diese Belastung sollte so konkret wie möglich bezeichnet werden. Gegen diese Gestaltung spricht jedoch, dass damit der Käufer den Vollzug des Kaufvertrages faktisch in der Hand hat. Stellt er dem Grundstückseigentümer gegenüber seine Finanzierungssituation als besonders unsicher dar, wird dieser ggf. nicht zustimmen und so den Kauf vereiteln.

IV. Rechtskauf – Sachkauf 5.338

Der Kauf eines Erbbaurechtes ist Rechtskauf3, richtet sich also nach § 453 BGB, der allerdings inzwischen auf das Sachmängelrecht des Sachkaufs verweist. Grds. richten sich die Rechtsfolgen von Rechts- oder Sachmängeln nach § 437 BGB, die Verjährung nach § 438 BGB4. Beim Erbbaurecht ist der Verkäufer gem. § 453 Abs. 3 BGB nicht nur verpflichtet, dem Käufer ein unbelastetes Erbbaurecht zu verschaffen; die mit dem Erbbaurecht belastete Sache, also das Gebäude selbst, hat vielmehr ebenfalls rechts- und sachmängelfrei zu sein5.

5.339

Gemäß § 453 Abs. 2 BGB hat der Verkäufer eines Rechtes die Kosten der Begründung und Übertragung des Rechts zu tragen. Diese Vorschrift ist üblicherweise durch Vereinbarung der Kostentragungspflicht des Käufers abzuändern.

V. Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag 5.340

Der Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechtes besteht in der Regel einerseits aus den Regelungen des dinglichen Inhalts des Erbbaurechts, insbesondere gem. §§ 1–8 ErbbauRG. Daneben bestehen aber zahlreiche schuldrechtliche weitere Ver-

1 Zu typischen Fallen, die es zu vermeiden gilt, vgl. Beck’sches Notarhandbuch/Everts6, A VIII Rz. 31. 2 BGH v. 2.6.2005 – III ZR 306/04, NJW 2005, 3495 = ZfIR 2005, 728 = DNotZ 2005, 847; Vgl. Staudinger/Rapp, §§ 5-7 ErbbauRG Rz. 31; ähnlich Münchener Vertragshandbuch/ Winkler7, Band 6, VII18 IV; s. oben 5.333. 3 Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis7, Rz. 1553. 4 Unklar ist der genaue Beginn der Verjährungsfrist bei Rechten, die nicht übergeben werden, vgl. dazu Brink, WM 2003, 1361; Eidenmüller, NJW 2002, 1625; Westermann, NJW 2002, 247; Erman/Grunewald14, § 453 BGB Rz. 11. 5 Erman/Grunewald14, § 453 BGB Rz. 15.

624

Rapp

L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.342 Kap. 5

einbarungen1, die bei einer Veräußerung des Erbbaurechtes nicht auf den neuen Erbbaurechtsinhaber übergehen würden. Um dies zu vermeiden, ist es üblicherweise Inhalt des Erbbaurechtsbestellungsvertrages (des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes), dass der Verkäufer eines Erbbaurechtes verpflichtet ist, seinen Käufer zum Eintritt in alle Rechte und Verpflichtungen aus dem schuldrechtlichen Erbbaurechtsvertrag mit Weitergabeverpflichtung zu verpflichten2. Dementsprechend sollte üblicherweise der Inhalt des Erbbaurechtsvertrages bei Beurkundung vorliegen. Die Beteiligten sollten von dem Erbbaurechtsvertrag vor der Beurkundung Kenntnis genommen haben und mit dessen Inhalt einverstanden sein. Besonders wichtig ist es insoweit, dass der Erbbaurechtskäufer sich über die verbleibende Dauer des Erbbaurechts, die Heimfallregelungen und die Abfindungsregelungen informiert. Tritt der Käufer des Erbbaurechtes nicht in die schuldrechtlichen Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages ein, so berechtigt dies den Grundstückseigentümer, die Zustimmung zur Veräußerung zu versagen3. Der Erbbauberechtigte haftet mit Erwerb des Erbbaurechtes auch für die am Erbbaurecht eingetragene Reallast. Gemäß § 1108 BGB haftet der Erwerber dabei nicht nur mit dem erworbenen dinglichen Erbbaurecht, sondern mit seinem gesamten Vermögen hinsichtlich derjenigen Erbbauzinsen, die nach seinem Eigentumserwerb fällig werden4; für rückständige Erbbauzinsen haftet der Erwerber dinglich5.

5.341

Je nach Einzelfall kann es sich anbieten, dass der Käufer sich im Hinblick auf die Erbbauzinsreallast hinsichtlich des Erbbaurechtes und seines gesamten Vermögens der Zwangsvollstreckung gegenüber dem Grundstückseigentümer unterwirft. Teilweise wird dies im Erbbaurechtsvertrag als Verpflichtung vorgesehen. Im vorgeschlagenen Muster M66, Rz. 5.362, wird beides als Alternativen angeboten6. Ist keine persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Käufers aufgenommen, so bedarf es der Klauselumschreibung nach § 727 ZPO durch den Grundstückseigentümer oder der Erhebung einer Leistungsklage. Dies spricht aus Sicht des Grundstückseigentümers dafür, die Zustimmung zum Verkauf nur abzugeben, wenn der Käufer sich hinsichtlich der Erbbauzinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.

5.342

5.343–5.360

Einstweilen frei.

1 Vgl. beispielsweise Trojan/Frenz in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis10, Teil 10 Rz. 118 ff.; Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 74 ff. 2 Beck’sches Notarhandbuch/Eichel6, A IV Rz. 121. 3 OLG Hamm v. 3.11.2005 – 15 W 337/05, DNotZ 2006, 206; OLG Celle v. 15.10.1982 – 4 U 145/82, DNotZ 1984, 387; Erman/Grziwotz14, § 6 ErbbauRG Rz. 2; Staudinger/Rapp, §§ 5–7 ErbbauRG Rz. 26. 4 BGH v. 1.6.1990 – V ZR 84/89, MDR 1991, 138 = NJW 1990, 2380 = DNotZ 1991, 803. 5 Palandt/Herrler76, § 1108 BGB Rz. 1; BGH v. 1.6.1990 – V ZR 84/89, NJW 1990, 2380. 6 Vgl. zu einer möglichen Formulierung Münchener Vertragshandbuch/Winkler7, Band 6, VII18 XIII.

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Kap. 5 Rz. 5.361 Erbbaurecht

VI. Vertragsmuster 5.361

M65 Erbbaurecht Beurkundet am … I. Grundbuchstand Laut Vortrag im Grundbuch des AG … für … Blatt … ist Herr … Alleineigentümer des lastenfrei vorgetragenen Grundstückes der Gemarkung … Flurstück Nr. … II. Erbbaurechtsvertrag I. Bestellung (1) Herr … – nachstehend als „Grundstückseigentümer“ bezeichnet –, bestellt hiermit zugunsten von Frau … – nachfolgend als „Erbbauberechtigter“ bezeichnet – an dem in Abschnitt I dieser Urkunde näher bezeichneten Grundstück Flurstück Nr. … ein Erbbaurecht für die Errichtung eines Einfamilienhauses. Dies ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Erdoberfläche von Grundstücken ein oder mehrere Bauwerke nach Maßgabe der näheren Bestimmungen des Vertrages zu haben. (2) Das Erbbaurecht erstreckt sich auch auf den für das Bauwerk nicht erforderlichen Teil des Erbbaurechtsgrundstückes. II. Vertragsdauer Das Erbbaurecht wird auf die Dauer von 60 Jahren (in Worten: sechzig) eingeräumt, gerechnet ab Eintragung im Grundbuch. III. Bau- und Unterhaltungsverpflichtung (1) Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, das Bauwerk ohne schuldhaftes Zögern ab Erteilung der Baugenehmigung zu errichten. (2) Das Bauwerk ist unter Verwendung guter und dauerhafter Baustoffe und unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Bauvorschriften zu erstellen. (3) Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, das von ihm zu errichtende Bauwerk einschließlich der Außenanlagen in einem guten Zustand zu halten und die erforderlichen Re626

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.361 Kap. 5

paraturen und Erneuerungen unverzüglich auf eigene Kosten vorzunehmen. Kommt der Erbbauberechtigte diesen Verpflichtungen trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist nicht oder nur ungenügend nach, so ist der Grundstückseigentümer berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Erbbauberechtigten vornehmen zu lassen. IV. Besichtigungsrecht1 Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, das Erbbaugrundstück und das Bauwerk nach vorheriger Absprache zu jeder angemessenen Tageszeit durch Sachverständige, Beauftragte oder Bevollmächtigte besichtigen und auf ihren baulichen Zustand und ihre vertragsgemäße Verwendung prüfen zu lassen. V. Versicherung Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, auf eigene Kosten das zu errichtenden Bauwerk zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum gleitenden Neuwert gegen Brand-, Sturm- und Leitungswasserschäden zu versichern und zum selben Zeitpunkt eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Nachweise hierüber sind dem Grundstückseigentümer jeweils auf Verlangen vorzulegen. Kommt der Erbbauberechtigte den vorstehenden Verpflichtungen nicht nach, so kann der Grundstückseigentümer auf Kosten des Erbbauberechtigten für diese Versicherungen sorgen. VI. Eintritt des Versicherungsfalles (1) Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalles das Bauwerk unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Jahren wertgleich wieder aufzubauen. Dabei sind die Versicherungs- sowie sonstigen Entschädigungsleistungen zur Wiederherstellung zu verwenden. (2) Kommt der Erbbauberechtigte seiner Verpflichtung zum Wiederaufbau trotz schriftlicher Mahnung nicht oder nur ungenügend nach, ist der Grundstückseigentümer berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Erbbauberechtigten vornehmen zu lassen. VII. Lastentragung Der Erbbauberechtigte hat die auf die Grundstücke und das Erbbaurecht entfallenden öffentlichen und privatrechtlichen Abgaben und Lasten einschließlich der Erschließungsbeiträge sowie alle sonstigen, mit der Erschließung des Erbbaugrundstückes verbundenen Kosten nach dem Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz, welche ab heute in Rechnung gestellt werden, zu tragen. VIII. Heimfall Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, vom Erbbauberechtigten die Übertragung des Erbbaurechtes oder eines Bruchteils auf sich oder einen von ihm zu benennenden Dritten vor Ablauf der in Abschnitt II vereinbarten Dauer des Erbbaurechtes auf Kosten des Erbbauberechtigten zu verlangen – bei Verstoß gegen die in den Abschnitten III, V und VI dieses Vertrages vereinbarten Verpflichtungen, sofern auch einer Abmahnung keine Folge geleistet wird, 1 Es ist umstritten, ob auch dieses Besichtigungsrecht dinglicher Inhalt des Erbbaurechtes sein kann.

Rapp

627

Kap. 5 Rz. 5.361 Erbbaurecht – bei Zahlungsverzug des Erbbauberechtigten mit dem Erbbauzins i.H.v. mindestens zwei Jahresbeträgen, – wenn der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht veräußert, ohne dass der Erwerber auch in die schuldrechtlichen Vereinbarungen dieses Vertrages eintritt und sich hinsichtlich des Erbbauzinses der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht und sein gesamtes Vermögen unterwirft, – bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erbbauberechtigten oder, falls die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird, – bei Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Erbbaurechts, IX. Entschädigung und Räumungsverpflichtung bei Heimfall und Zeitablauf (1) Macht der Eigentümer von seinem Heimfallrecht gem. Abschnitt VIII dieses Vertrages Gebrauch, so hat er dem Erbbauberechtigten eine Vergütung von 2/ 3 – in Worten: zwei Drittel – des durch Schätzung zu ermittelnden Verkehrswertes des Bauwerkes zu gewähren. (2) Der Grundstückseigentümer kann die Verpflichtung zur Entschädigung bei Zeitablauf des Erbbaurechtes dadurch abwenden, dass er dem Erbbauberechtigten das Erbbaurecht, im Falle der Beendigung durch Zeitablauf fünf Jahre vor dem Ablauf des Erbbaurechtsvertrages, für die Dauer von 25 – fünfundzwanzig – Jahren verlängert. Lehnt der Erbbauberechtigte eine Verlängerung ab, so erlischt sein Anspruch auf Entschädigung. Er ist in diesem Fall verpflichtet, auf Verlangen des Grundstückseigentümers das Bauwerk geräumt ohne Entschädigung zu übergeben. (3) Können sich die Beteiligten über den Verkehrswert gem. Abs. 1 nicht einigen, erfolgt die Festsetzung durch einen öffentlich bestellten und gerichtlich vereidigten Sachverständigen für das Grundstückswesen, der auf Antrag eines Vertragsteils von der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer benannt wird und dessen Schätzung als Schiedsgutachter gem. § 317 BGB für die Beteiligten verbindlich ist. III. Erbbauzins (1) Der Erbbauzins beträgt für die Fläche von insgesamt 1000 qm jährlich … Euro. (2) Der Erbbauzins wird ab Besitzübergang gem. Abschnitt V dieses Vertrages geschuldet. Der Erbbauzins ist in gleichen monatlichen Teilbeträgen zu bezahlen und zum Ersten eines jeden Kalendermonates im Voraus zahlungsfällig, erstmals zu dem auf die Eintragung des Erbbaurechtes im Grundbuch folgenden Monatsersten. (3) Der Erbbauzins ist auf der Grundlage der Lebenshaltungskosten vereinbart und soll wertgesichert sein. Bei der Bemessung des Erbbauzinses wurden die Wertverhältnisse für Januar des laufenden Jahres zugrunde gelegt. Ändert sich künftig der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland – VPI 628

Rapp

L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.361 Kap. 5

– (Basis 2010 = 100) gegenüber dem Stand für Januar des laufenden Jahres, so erhöht oder vermindert sich der Erbbauzins jeweils im selben prozentualen Verhältnis, sobald eine Indexänderung um 10 % eingetreten ist, ohne dass es einer Aufforderung durch eine Vertragspartei bedarf. (4) Im Hinblick auf die Wohnraumnutzung durch den Erbbauberechtigten kann gem. § 9a ErbbauRG eine Änderung des Erbbauzinses frühestens nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab heute, und auch dann wiederum frühestens jeweils nach Ablauf weiterer drei Jahre nach der jeweils letzten Änderung verlangt werden. Ein Erhöhungsanspruch besteht nur, wenn die Erhöhung unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles nicht unbillig ist. (5) Sollte jemals gerichtlich die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel festgestellt werden, so gilt dies erst ab der gerichtlichen Entscheidung und nicht rückwirkend. In diesem Fall sind die Beteiligten zu regelmäßig wiederkehrenden Verhandlungen spätestens alle fünf Jahre über eine Anpassung nach § 242 BGB entsprechend der eingetretenen Geldwertentwicklung verpflichtet. Sollten die Beteiligten sich nicht einigen können, so entscheidet darüber als Schiedsgutachter der örtlich zuständige Präsident der IHK. Alle noch ausstehenden Genehmigungen sollen mit dem Eingang beim Notar den Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. (6) Der Erbbauzins samt Wertsicherungsklausel ist im Grundbuch als Reallast einzutragen. Als dinglicher Inhalt des Erbbauzinses wird vereinbart, dass – die Reallast abweichend von § 52 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung mit ihrem Hauptanspruch bestehen bleibt, wenn der Grundstückseigentümer aus der Reallast oder der Inhaber eines im Rang vorgehenden oder gleichstehenden dinglichen Rechts oder der Inhaber der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 des ZVG genannten Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des Wohnungserbbaurechts die Zwangsversteigerung des Erbbaurechtes betreibt und – der jeweilige Erbbauberechtigte dem jeweiligen Inhaber der Reallast gegenüber berechtigt ist, das Erbbaurecht zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch mit einem der Reallast im Rang vorgehenden Grundpfandrecht i.H.v. … Mio. Euro nebst Zinsen bis zu 16 % – sechzehn Prozent – jährlich sowie einer einmaligen Nebenleistung bis zu 5 % des Grundschuldbetrages ab Eintragung des vorbehaltenen Rechts im Erbbaugrundbuch zu belasten. Auch bei Ausnutzung des Rangvorbehaltes bedarf die Bestellung des Grundpfandrechtes der Zustimmung durch den Grundstückseigentümer. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Erbbauberechtigte unterwirft sich wegen aller in dieser Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtungen zur Leistung bestimmter Geldbeträge und auch wegen der Wertsicherungsklausel, insbesondere wegen aller in Abschnitt III eingegangenen Verpflichtungen, der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen mit der Maßgabe, dass es zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Rapp

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Kap. 5 Rz. 5.361 Erbbaurecht Nachweises der Fälligkeit nicht bedarf. Eine Beweislastumkehr ist damit nicht verbunden. Im Falle der Erhöhung des Erbbauzinses durch Neufestsetzung gem. Abschnitt III dieser Urkunde ist der Erbbauberechtigte verpflichtet, sich auf Verlangen des Grundstückseigentümers auch wegen des Erhöhungsbetrages in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Die Kosten hierfür gehen zu Lasten des Erbbauberechtigten. V. Besitzübergang (1) Besitz, Nutzungen, Lasten und die Gefahr des zufälligen Untergangs gehen mit dem auf die Beurkundung folgenden Monatsersten auf den Erbbauberechtigten über. (2) Der Erbbauberechtigte haftet vom Zeitpunkt der Übergabe ab für den verkehrssicheren Zustand des Erbbaugrundstücks. Er hat den Grundstückseigentümer von etwaigen Schadensersatzansprüchen freizustellen, die wegen Verletzung der genannten Pflichten gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend gemacht werden. VI. Belastung und Veräußerung (1) Die Veräußerung des Erbbaurechtes bedarf der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Das Gleiche gilt für eine Belastung des Erbbaurechtes mit einem Grundpfandrecht, einer Reallast sowie einem Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht. Dies ist dinglicher Inhalt des Erbbaurechts. (2) Der Grundstückseigentümer stimmt bereits jetzt Belastungen des Erbbaurechtes durch den jetzigen Erbbauberechtigten (nicht aber seinen Rechtsnachfolgern) mit Hypotheken und Grundschulden im Gesamtbetrag von … Mio. Euro zugunsten von Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Versicherungsgesellschaften, Banken oder Sparkassen zu. (3) Die Zustimmung zu weiteren Belastungen über die nach Abs. 2 hinaus muss nur für Belastungen erteilt werden, die den Rechten des Grundstückseigentümers (Erbbauzins und Vorkaufsrecht) im Rang nachgehen und die spätestens drei Jahre vor Ablauf des Erbbaurechtes amortisiert und gelöscht werden, und wenn der Erbbauberechtigte seinen Anspruch auf Rückübertragung oder Löschung der Grundschulden gleichzeitig an den Grundstückseigentümer abtritt und eine entsprechende Vormerkung gem. § 883 BGB bei Eintragung der Grundschuld an dieser eingetragen wird. VII. Gegenseitiges Vorkaufsrecht (1) Der Eigentümer des Grundstückes Flurstück Nr. … Gemarkung … räumt hiermit dem jeweiligen Erbbauberechtigten an diesem Erbbaugrundstück ein

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.361 Kap. 5

dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle während der Dauer des Erbbaurechtes ein. (2) Der Erbbauberechtigte räumt dem Eigentümer des Erbbaugrundstückes am Erbbaurecht ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle mit dem Rang nach dem Erbbauzins (Reallast) ein. (3) Im Übrigen gelten für das Vorkaufsrecht die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 463 ff. und 1094 ff. BGB. VIII. Grundbuchanträge (1) Die Beteiligten sind über die Bestellung der nachfolgenden Rechte einig und bewilligen und beantragen im Grundbuch einzutragen: a) am Erbbaugrundstück – in Abteilung II an erster Rangstelle das Erbbaurecht gem. Abschnitt II und Abschnitt VI Abs. 1 dieses Vertrages, – das Vorkaufsrecht im Rang nach dem Erbbaurecht, b) am Erbbaugrundbuchblatt – das Erbbaurecht, – die Reallast für den wertgesicherten Erbbauzins zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers samt dem Rangvorbehalt, – das Vorkaufsrecht im Rang nach dem Erbbauzins. (2) Die Eintragung einer Vormerkung auf Einräumung eines Erbbaurechtes wird nicht gewünscht. IX. Haftungsausschluss Der Grundstückseigentümer übernimmt keinerlei Gewährleistung und Haftung dafür, dass die erforderliche Rangstelle erreicht und das Erbbaugrundstück in der vom Erbbauberechtigten beabsichtigten Weise bebaut werden kann oder dass das Bauvorhaben in der vom Erbbauberechtigten beabsichtigten Weise geplant und durchgeführt werden kann, ferner auch nicht dafür, dass die Voraussetzungen zur Entstehung eines Gesamterbbaurechts hinsichtlich anderer Vertragsbeteiligter erfüllt werden. X. Schuldrechtliche Nutzungsentschädigung Sofern der Erbbaurechtsvertrag bis zum Besitzübergang nicht im Grundbuch eingetragen wurde, ist bis zur Eintragung des Erbbaurechtes im Grundbuch vom Erbbauberechtigten ein Nutzungsentgelt in Höhe des vereinbarten Erbbauzinses zu zahlen, beginnend ab Besitzübergang. Rapp

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Kap. 5 Rz. 5.361 Erbbaurecht XI. Weitergabeverpflichtung Der Erbbauberechtigte ist im Fall der Veräußerung des Erbbaurechtes verpflichtet, die schuldrechtlichen Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages und die Zwangsvollstreckungsunterwerfung dem Erwerber mit derselben Weiterübertragungsverpflichtung aufzuerlegen. Bis dahin kann der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Veräußerung und Übertragung versagen. XII. Belehrungen Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere auf Folgendes hingewiesen: – das Erbbaurecht entsteht erst durch eine Eintragung im Grundbuch an erster Rangstelle; – zur Eintragung im Grundbuch sind insbesondere notwendig a) die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes wegen der Grunderwerbssteuer, b) die Zahlung aller Kosten, …; – alle Beteiligten haften gesamtschuldnerisch für Kosten und Grunderwerbssteuer; – auf die Haftung des Grundstückes für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben und für Erschließungsbeiträge; – dass alle Abreden richtig und vollständig beurkundet sein müssen, insbesondere eine etwaige Abhängigkeit des Vertrages von irgendwelchen Bedingungen oder anderen Geschäften. XIII. Beauftragung des Notars Die Vertragsteile beauftragen und bevollmächtigen den Notar zur Erwirkung und Entgegennahme aller erforderlichen Genehmigungen und Zeugnisse, sowie zur Abgabe von Erklärungen, Stellung, auch getrennten Stellung, Änderung und Zurücknahme jeglicher Anträge, welche zum Vollzug notwendig oder zweckdienlich sind. Die Empfangsvollmacht für die behördlichen Genehmigungen gilt nicht für solche unter Bedingungen oder Auflagen und für Versagungen. Genehmigungen sollen mit ihrem Eingang beim Notar allen Beteiligten als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. XIV. Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nicht wirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen vertraglichen Vereinbarungen nicht berührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich in diesem Falle zum Abschluss einer neuen Vereinbarung, die dem mit der unwirksamen Bestimmung gewollten Zweck entspricht oder möglichst nahe kommt bzw. ergänzt. XV. Kosten Der Erbbauberechtigte hat die Kosten dieses Vertrages einschließlich seiner Durchführung und Änderung sowie die Grunderwerbsteuer zu tragen, ebenso die Kosten der Grundbucheintragung, die Kosten des Heimfalls, der Löschung des Erbbaurechtes und der Schließung des Erbbaugrundbuches.

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.362 Kap. 5

XVI. Ausfertigungen und Abschriften Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen: jeder Vertragsteil beglaubigte Abschriften: das Grundbuchamt … der Erbbauberechtigte einfache Abschriften: das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle der Gutachterausschuss

M66 Verkauf eines Erbbaurechts

5.362

URNr. … Kaufvertrag über ein Erbbaurecht Heute, den … erschienen vor mir, Notar … in … 1. Herr … 2. Herr … Nach Einsicht des Grundbuches beurkunde ich auf Ersuchen der Erschienenen, die nach Angabe beide als Unternehmer handeln, ihren bei gleichzeitiger Anwesenheit vor mir abgegebenen Erklärungen gemäß was folgt: I. Grundbuchstand Erbbaurecht Laut Vortrag im Erbbaugrundbuch des AG … für … ist … Alleineigentümer des nachstehend bezeichneten Erbbaurechtes an dem Grundstück der Gemarkung … Flurstück Nr. … Das Erbbaurecht wurde begründet mit Bewilligung vom … auf die Dauer von … Jahren ab … Es bestehen folgende Belastungen: Abteilung II: – Erbbauzinsreallast, wertgesichert – Vorkaufsrecht zugunsten des Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks

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Kap. 5 Rz. 5.362 Erbbaurecht Abteilung III: … Zur Veräußerung und Belastung des Erbbaurechtes mit Grundpfandrechten, Reallasten und Dauerwohn- und Nutzungsrechten ist nach Grundbucheintrag die Zustimmung des Eigentümers des Erbbaugrundstücks erforderlich. Erbbaurechtsgrundstück Das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück beschreibt sich wie folgt. Laut Vortrag im Grundbuch des AG … für ist … Alleineigentümer des nachstehend bezeichneten Grundstückes der Gemarkung … Flurstück Nr. … Es bestehen folgende Belastungen: Abteilung II: – Das bezeichnete Erbbaurecht – Vorkaufsrecht für den jeweiligen Erbbauberechtigten Abteilung III: – Unbelastet II. Verkauf Herr … – nachstehend als „Verkäufer“ bezeichnet – verkauft hiermit an Herrn … – nachstehend als „Käufer“ bezeichnet – - zu Alleineigentum das in Abschnitt I dieser Urkunde näher bezeichnete Erbbaurecht sowie die darauf errichteten Gebäude mit allen Rechten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör – nachfolgend als Kaufgegenstand bezeichnet –. lll. Kaufpreis Der Kaufpreis für das vorbezeichnete Erbbaurecht beträgt fest … Euro (in Worten: … Euro). Der Kaufpreis ist 14 Tage nach Absendung einer Notarbestätigung (maßgebend ist das Datum dieses Schreibens, unabhängig vom Zugang des Schreibens) zur Zahlung fällig, wonach – die Auflassungsvormerkung für den Käufer rangrichtig im Grundbuch eingetragen wurde,

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.362 Kap. 5

– die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen, die im Rang vor der zur Eintragung gelangenden Auflassungsvormerkung des Käufers stehen, gesichert ist, also diesbezüglich dem Notar eine Löschungsbewilligung entweder zum bedingungslosen Gebrauch vorliegt oder gebunden lediglich an Zahlungsauflagen, die vollständig aus dem Kaufpreis abgedeckt werden können, und – der Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks der heutigen Veräußerung und der Bestellung des Käuferfinanzierungsgrundpfandrechts i.H.v. … Euro nebst … % Jahreszinsen zugunsten der … Bank in grundbuchmäßiger Form zugestimmt hat und – der Grundstückseigentümer die Nichtausübung des Vorkaufsrechts für diesen Fall oder allgemein schriftlich dem Notar bestätigt hat oder die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts abgelaufen ist und der Verkäufer dem Notar schriftlich bestätigt hat, dass ihm gegenüber das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wurde (hierzu ist der Verkäufer von sich aus verpflichtet). Der Notar wird zur Erteilung einer Fälligkeitsbestätigung beauftragt. Soweit seitens der Grundpfandrechtsgläubiger im Zuge der Lastenfreistellung Zahlungsauflagen gemacht werden, ist der Käufer verpflichtet, in Anrechnung auf den Kaufpreis ausschließlich Zahlungen unmittelbar an die bezeichneten Grundpfandrechtsgläubiger des Verkäufers zu leisten (unechter Vertrag zugunsten Dritter). Sofern im Zuge der Lastenfreistellung nicht anderweitige Zahlungsauflagen der Gläubiger ergehen, ist der Kaufpreis zu bezahlen auf das Konto des Verkäufers Nr. … (BLZ: …) bei der … Der Notar hat auf die Verzugsvoraussetzungen und -folgen hingewiesen. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Käufer unterwirft sich wegen aller in Abschnitt III dieser Urkunde in Haupt- und Nebensache eingegangenen Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Mehrere Käufer haften als Gesamtschuldner. Zur Erteilung der Vollstreckungsklausel bedarf es nicht des Nachweises der die Fälligkeit begründenden Tatsachen. V. Allgemeine Vertragsbestimmungen (1) Besitzübergang Besitz, Nutzen, Lasten und Abgaben aller Art, die Gefahr einer vom Verkäufer nicht verschuldeten Verschlechterung sowie die Verkehrssicherungspflicht gehen ab Kaufpreiszahlung auf den Käufer über. (2) Haftung a) Der Verkäufer haftet für ungehinderten Besitz- und Rechtsübergang und für Freiheit des Grundbesitzes von Belastungen jeder Art, soweit sie nicht ausdrücklich übernommen werden. b) Der Verkäufer verpflichtet sich, nicht übernommene Belastungen unverzüglich auf eigene Kosten zu beseitigen.

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Kap. 5 Rz. 5.362 Erbbaurecht c) Zugang und Zufahrt zum Vertragsgegenstand sind nach Versicherung des Verkäufers über eine unmittelbar angrenzende öffentliche Gemeindestraße gewährleistet, ebenso die Ver- und Entsorgung. d) Der Käufer übernimmt die in Abteilung II des Grundbuches am Vertragsgegenstand eingetragenen Belastungen gemäß näherer Bezeichnung unter Abschnitt I dieser Urkunde zur weiteren Duldung mit allen sich aus den zugrunde liegenden Bewilligungsurkunden ergebenden Verpflichtungen. e) Der Käufer hat den Vertragsgegenstand eingehend besichtigt und übernimmt ihn, wie er liegt und steht, also im derzeitigen Zustand. Dem Käufer ist bekannt, dass das Gebäude im Jahr … erbaut und seit … Jahren nicht mehr renoviert worden ist. Jede Sachmängelhaftung des Verkäufers wird hiermit abweichend vom Gesetz im Wege unter den Beteiligten ausgehandelter Vereinbarungen ausgeschlossen, insbesondere eine Haftung für Beschaffenheit, Flächenmaß und bestimmte Verwendungsmöglichkeit. f) Der Verkäufer erklärt, dass ihm wesentliche, dem Käufer nicht erkennbare Mängel des Vertragsgegenstandes, insbesondere schädliche Bodenverunreinigungen, nicht bekannt sind. Zustandsveränderungen am Vertragsgegenstand bis zum Tag des vereinbarten Besitzüberganges hat der Verkäufer nur dann zu vertreten, wenn ihn ein Verschulden trifft. (3) Vorkaufsrechte Im Falle der Ausübung eines Vorkaufsrechtes steht dem Käufer kein Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz gegen den Verkäufer zu. Beide Vertragsteile sind für diesen Fall zum Rücktritt von diesem Vertrag befugt. Die Kosten des heutigen Vertrages, seines Vollzuges und des Vollzugs seiner Rückabwicklung trägt für diesen Fall … Der Notar wird beauftragt und bevollmächtigt, unter Entwurfsfertigung den heutigen Vertrag namens der Beteiligten dem Vorkaufsberechtigten in Ausfertigung zuzusenden und die Nichtausübungserklärung entgegenzunehmen. Zur Entgegennahme der Ausübungserklärung des Vorkaufsrechts wird der Notar nicht bevollmächtigt. Der Notar hat die Beteiligten auf die Bedeutung eines Vorkaufsrechts hingewiesen. (4) Abtretung/Verpfändung Die Abtretung und Verpfändung von Rechten des Käufers aus diesem Vertrag bedarf bis zur vollen Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gemäß den näheren Bestimmungen unter Abschnitt III dieser Urkunde der schriftlichen Einwilligung des Verkäufers. (5) Notarermächtigung Der Notar wird zur Erwirkung und Entgegennahme der erforderlichen Genehmigungen sowie zur Abgabe von Erklärungen, Stellung, Änderung und Zurücknahme von Anträgen, die zum Vollzug des Vertrages erforderlich oder zweckdienlich sind, ermächtigt. Alle noch ausstehenden Genehmigungen sollen mit dem Eingang beim Notar den Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. VI. Kosten und Ausfertigungen (1) Die Kosten dieser Urkunde, etwaiger Genehmigungen und Zeugnisse, des Grundbuchvollzuges, der Katasterfortschreibung sowie die Grunderwerbsteuer trägt der Käufer. Die Lastenfreistellungskosten treffen den Verkäufer.

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.362 Kap. 5

(2) Von dieser Urkunde erhält jeder Vertragsteil sofort eine beglaubigte Abschrift und nach Vollzug im Grundbuch eine Ausfertigung; der Vorkaufsberechtigte und Grundstückseigentümer erhält sogleich und ggf. nach Wirksamkeit des Vertrages eine Ausfertigung; für das Grundbuchamt ist eine beglaubigte Abschrift zu fertigen, das Finanzamt (Grunderwerbsteuerstelle), der Gutachterausschuss erhalten je unbeglaubigte Abschrift. Der Käufer erhält zusätzlich zur Vorlage bei seinem Finanzierungsgeber eine beglaubigte Vertragsabschrift. VII. Hinweise Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere hingewiesen auf – den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges und die Eintragungsvoraussetzungen; – die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten für Kosten und Steuern sowie auf die Haftung des Grundbesitzes für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben, für Erschließungsbeiträge und Erbbauzinsen; – die notwendige Lastenfreistellung; – Vorkaufsrechte; – die Verpflichtung, alle Vertragsabreden vollständig und richtig anzugeben; – die mögliche Einkommensteuerpflicht bei betrieblichen oder privaten Veräußerungsgeschäften und die Grunderwerbsteuerpflicht und – die Bedeutung und Besonderheiten eines Erbbaurechts. VIII. Erschließungskosten Alle auf den Vertragsgegenstand entfallenden Erschließungskosten und Anliegerbeiträge nach dem Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz sowie die Kosten der Grundstücksanschlüsse hat ausschließlich der Käufer zu tragen, es sei denn, dass hierüber bereits bis zum heutigen Tag ein Bescheid dem Verkäufer zugegangen ist. Diese Vereinbarung gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt eine zugrunde liegende kostenpflichtige Maßnahme ausgeführt wurde. Etwaige Erstattungsansprüche werden an den Käufer abgetreten. Der Verkäufer versichert, dass alle durch Bescheid in Rechnung gestellten Abgaben bezahlt sind. Die vorstehende Kostentragungspflicht gilt nicht, soweit der Grundstückseigentümer hierzu verpflichtet ist. IX. Grundbucherklärungen (1) Auflassung/Einigung Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass das Erbbaurecht gem. Abschnitt II auf den Käufer übergeht, und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. (2) Vormerkung gem. § 883 BGB Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Erbbaurechtes bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB für den Käufer im angegebenen Berechtigungsverhältnis im Rang nach den unter Abschnitt I dieser Rapp

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Kap. 5 Rz. 5.362 Erbbaurecht Urkunde aufgeführten und für die Grundpfandrechtsgläubiger des Käufers gem. Abschnitt XI bestellten Belastungen im Grundbuch und schon heute wiederum die Löschung dieser Vormerkung Zug um Zug gegen Eigentumsumschreibung im Grundbuch, vorausgesetzt, dass weder Zwischeneintragungen ohne Zustimmung des Käufers erfolgt sind noch deren Eintragung beantragt ist. Die Vormerkung kann an nächstoffener Rangstelle eingetragen werden, wenn der Notar dies ausdrücklich beantragt. Der Notar wird angewiesen, die Eintragung der Vormerkung erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärung des Grundstückseigentümers dem Grundbuchamt einzureichen. Weitere Sicherungen werden nicht gewünscht. (3) Lastenfreistellung Der Vollzug sämtlicher Erklärungen, die zur Freistellung des Vertragsbesitzes von nicht übernommenen Belastungen erforderlich sind, wird beantragt. Aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung sind Käufer und Verkäufer sich im oben in Abschnitt II angegebenen Berechtigungsverhältnis über die Abtretung der dem Verkäufer zustehenden Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte hinsichtlich der im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte einig und bewilligen entsprechende Grundbucheintragung. (4) Vollzugsnachricht Um Vollzugsnachricht an die Beteiligten und an den Notar wird gebeten. X. Notaranweisung Die Vertragsteile weisen den Notar an, diese Urkunde dem Grundbuchamt erst dann zur Rechtsumschreibung einzureichen, wenn der Verkäufer bestätigt oder der Käufer nachgewiesen hat, dass der gesamte Kaufpreis ohne etwaige Verzugszinsen bezahlt ist. Der Käufer verzichtet insoweit auf sein eigenes Antragsrecht. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dieses Vertrages nur ohne die erklärte Einigung erteilt werden. Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Notar den Eingang des Kaufpreises schriftlich zu bestätigen. XI. Belastungsvollmacht Der Verkäufer verpflichtet sich, bei der Bestellung von Grundpfandrechten mitzuwirken, die zur Finanzierung des Kaufpreises dienen. In die Urkunden über die Bestellung solcher Grundpfandrechte muss als Zweck bis zur Zahlung des Kaufpreises bestimmt werden, dass sie nur Beträge sichern, welche auf den Kaufpreis bezahlt werden. Der Käufer tritt schon heute seine Ansprüche auf Auszahlung der durch diese Grundpfandrechte abgesicherten Darlehen zahlungshalber zur Deckung des Kaufpreises an den Verkäufer ab, welcher die Abtretung annimmt. Soweit eine Abtretung nicht statthaft ist, wird hiermit entsprechende unwiderrufliche Anweisung an die Grundpfandrechtsgläubiger erteilt. Alle übrigen Rechte und Pflichten aus dem Darlehensverhältnis bleiben beim Käufer, der auch allein zur Abrufung der auszuzahlenden Beträge befugt ist. Der Verkäufer erteilt hiermit dem Käufer Vollmacht, Grundpfandrechte bis zum Betrag von … Euro mit beliebigen Nebenleistungen, für beliebige Gläubiger und vollstreckbar nach § 800 ZPO gegenüber dem jeweiligen Erbbauberechtigten am Vertragsgegenstand zu bestellen, Erklärungen, Bewilligungen und sonstige Anträge abzugeben und entgegen638

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L. Veräußerung eines Erbbaurechts

Rz. 5.362 Kap. 5

zunehmen, je gebunden an die Voraussetzung, dass die vorstehenden Vereinbarungen eingehalten werden und den Verkäufer keine Kosten treffen. Diese Vollmacht kann nur beim amtierenden Notar bzw. dessen amtlichen Vertreter ausgeübt und nur diesen gegenüber widerrufen werden. XII. Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag Die Beteiligten haben Kenntnis von dem Erbbaurechtsvertrag des Notars … in … vom …, der in Beurkundung im Original/in beglaubigter Abschrift vorlag. Der Käufer tritt in sämtliche Bestimmungen und Verpflichtungen sowie daraus folgenden Rechte ein und übernimmt diese. Der Käufer verpflichtet sich ferner, die übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtungen etwaigen Rechtsnachfolgern mit der Verpflichtung zur Weiterübertragung weiterzugeben. Ferner ist der Käufer verpflichtet, den Verkäufer von allen Ansprüchen insoweit freizustellen. Der Käufer erklärt, dass er insbesondere die Bestimmungen über eine Entschädigung bzw. Vergütung für den Fall des Zeitablaufes sowie den Heimfall genau zur Kenntnis genommen hat. Der Notar hat diese erläutert. Der monatliche/jährliche Erbbauzins beträgt nach Angabe des Verkäufers derzeit … Euro. In Worten … Der Verkäufer garantiert, dass Rückstände dieserhalb nicht bestehen. Alternative 1: Auf Zwangsvollstreckungunterwerfung, mit dem Notar erörtert, wird verzichtet. Alternative 2 (Regelfall): Der Käufer unterwirft sich hiermit gegenüber dem oben unter Abschnitt I ausgewiesenen Grundstückseigentümer hinsichtlich des Erbbauzinses in der vorstehend bezeichneten Höhe ab dem von heute an folgenden Monatsersten der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen und hinsichtlich der im Grundbuch eingetragen Reallast auch in den heute erworbenen Vertragsgegenstand (Erbbaurecht). Der Grundstückseigentümer kann sich auf jederzeit möglichen Antrag ohne weitere Nachweise eine vollstreckbare Ausfertigung der heutigen Urkunde wegen des Erbbauzinses erteilen lassen. Eine Beweislastumkehr ist damit nicht verbunden. Vorgelesen vom Notar, …

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639

Kapitel 6 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG A. Anwendungsbereich I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.1

II. Zivilrechtliche Grundlagen . . . . .

6.3

B. Steuerrechtliche Behandlung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts I. Bewertungsrecht 1. Mietähnliche Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechte . . . . . . . . . . 2. Eigentumsähnliche Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechte . . . . . . . . . .

6.14

II. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . .

6.15

III. Verkehrssteuern 1. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . 2. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erbschaftsteuer. . . . . . . . . . . . . . . .

6.31 6.32 6.33

6.13

C. Vertragsgestaltung: Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts I. Laufzeit von Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechten . . . . . . . . .

6.41

II. Dinglicher Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts 1. Allgemeiner Regelungsinhalt . . . . 2. Heimfall und Entschädigung. . . . 3. Insolvenz- und Versteigerungssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.43 6.51

III. Schuldrechtliche Vereinbarungen

6.71

IV. Veräußerung eines Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts . . . . . . . . . .

6.72

D. Checkliste: Eigentumsähnliches Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.77

E. Gestaltungsvorschläge. . . . . . . . .

6.78

6.60

Literatur (Auswahl): Dammertz, Wohnungsrecht und Dauerwohnrecht, MittRhNotK 1970, 73; Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, II. Dauerwohn/Dauernutzungsrecht; Bamberger/Roth/Hügel, Kommentar zum BGB, Band 2: §§ 611–1296, AGG, ErbbauRG, WEG, 3. Aufl. 2012; Keith/Spiegelberger, Eigentumsähnliches Dauerwohnrecht in: Münchener Vertragshandbuch Bürgerliches Recht, 7. Aufl. 2016; Lehmann, Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht nach dem WEG, RNotZ, 2011, 1; Lotter, Aktuelle Fragen des Dauerwohnrechts, MittBayNot 1999, 354; J. Mayer/Geck, Übergabevertrag, 3. Aufl. 2013, § 14; J. Mayer, Zur Störfallvorsorge beim Dauerwohnrecht: Heimfallanspruch bei Tod des Berechtigten oder Veräußerung des Rechts, DNotZ 2003, 908; U. Mayer, Dauerwohnrecht statt Wohnungsrecht – unentdeckte Gestaltungsmöglichkeiten beim Übergabevertrag, ZNotP 2000, 354; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012; Spiegelberger, Vermögensnachfolge, 2. Aufl. 2010, § 5C Dauerwohnrecht; Spiegelberger, Der Anwendungsbereich des Dauernutzungsrechts, FS Merle 2000, S. 301; Spiegelberger, Der aktuelle Anwendungsbereich des Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht, FS Bärmann und Weitnauer 1990, S. 647, Staudinger/Spiegelberger, 13. Aufl. 2005, §§ 31 ff. WEG; Weitnauer/Hauger, WEG, 9. Aufl. 2004; Wälzholz in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2010, Teil 18 Rz. 1 ff. (Steuern).

A. Anwendungsbereich I. Überblick Das Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht spielt zivilrechtlich als vererbliches und veräußerliches Nutzungsrecht eine Rolle; die Gestaltung als eigentumsähnliches Spiegelberger

641

6.1

Kap. 6 Rz. 6.2 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

Recht führt steuerlich zum wirtschaftlichen Eigentum. Es ist regelmäßig eine verlässliche und kostenrechtlich günstige Möglichkeit, hinsichtlich einzelner oder mehrerer Räume oder gar eines ganzen Hauses das rechtliche – oder zumindest wirtschaftliche – Eigentum von dem Eigentum am Grundstück zu trennen. Das Dauerwohn-/ Dauernutzungsrecht bietet besondere zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere in folgender Hinsicht: – Während die beschränkte persönliche Dienstbarkeit – also z.B. ein Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB – mit dem Versterben des Berechtigten erlischt, geht beim Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht die Berechtigung gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) auf den Gesamtrechtsnachfolger über. – Im Unterschied zu den übrigen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten ist das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht auch unter Lebenden übertragbar. – Ein weiterer Vorzug gegenüber den anderen Nutzungsrechten ist die Beleihbarkeit durch Verpfändung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts mit Eintragung im Grundbuch1. – Das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht ermöglicht die rechtliche Verselbständigung einer Nutzungseinheit (abgeschlossene Raumeinheiten oder ein ganzes Haus), während die Aufteilung in Eigentumswohnungen immer mehrere Nutzungseinheiten mit der Voraussetzung der Abgeschlossenheit für sämtliche Nutzungseinheiten verlangt. – Während ein Erbbaurecht nur an absolut erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen werden kann, stellt das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht eine nahezu gleichwertige Ausweichgestaltung dar, wenn die erste Rangstelle z.B. aufgrund eingetragener Grunddienstbarkeiten nicht erreichbar ist. – Investitionen auf fremdem Grund und Boden mit schuldrechtlichen Nutzungsrechten sind nicht insolvenzfest, während das dingliche Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht im Rang vor eingetragenen Grundpfandrechten auch für den Fall der Zwangsversteigerung einen Bestandsschutz ergibt. – In der Beurkundungspraxis hat das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht insbesondere dann Bedeutung, wenn der an sich erstrebte Eigentumserwerb aus formelloder materiell-rechtlichen Gründen nicht erreichbar ist, also Wohnungseigentum oder ein Erbbaurecht an formalen Kriterien scheitert. – Teilzeitwohnungsrechte gem. §§ 481 ff. BGB werden häufig in der Rechtsform des Dauerwohnrechts bestellt.

6.2

Auch in steuerrechtlicher Hinsicht bietet das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht Vorteile: – Während ein dingliches Nutzungsrecht gem. § 1010 BGB und ein Sondernutzungsrecht gem. § 15 WEG wegen der Gleichstellung mit einem Grundstück

1 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 5 Rz. 81 ff.

642

Spiegelberger

A. Anwendungsbereich

Rz. 6.6 Kap. 6

gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig ist, bleibt das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht von der Grunderwerbsteuer verschont1. – Bei einem eigentumsähnlichen Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht (s. den Gestaltungsvorschlag in Muster M67 unter Rz. 6.78) entsteht im Falle der Einräumung vor der Errichtung des Gebäudes rechtliches Eigentum gem. § 95 BGB oder bei nachträglicher Bestellung zumindest wirtschaftliches Eigentum mit dem Ergebnis, dass der Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht-Berechtigte Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 EStG (s. allg. Rz. 1.481 ff.) geltend machen kann. – Sofern der Eigentumserwerb an einem Grundstück z.B. wegen der nicht erreichbaren Grundstücksverkehrsgenehmigung gem. § 2 GrdstVG scheitert, kann durch ein zeitlich unbeschränktes Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht ein praktisch gleichwertiger Eigentumsersatz mit der entsprechenden steuerlichen Behandlung erreicht werden.

II. Zivilrechtliche Grundlagen Das Dauerwohnrecht bezieht sich auf eine oder mehrere Wohnungen i.S.d. WEG (s. § 31 Abs. 1 WEG), während das Dauernutzungsrecht sich auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume bezieht (§ 31 Abs. 2 WEG). Für das Dauernutzungsrecht gelten die Vorschriften über das Dauerwohnrecht entsprechend (§ 31 Abs. 3 WEG). Soweit im Folgenden von Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht die Rede ist, werden beide Begriffe synonym verwandt, soweit es nicht gerade auf die unterschiedliche Zweckbestimmung der Räumlichkeiten ankommt.

6.3

Mit einem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht kann ein Grundstück belastet werden, ferner Wohnungseigentum2 und gem. § 42 WEG auch ein Erbbaurecht und Wohnungserbbaurecht. Die Bestellung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts ist grundsätzlich nicht formbedürftig gem. § 311b BGB3. Ein Grundstück kann auch gleichzeitig als Einheit mit einem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht und mit einem selbständigen Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht belastet werden4. In diesem Fall bedarf es einer Grundbucheintragung, die beide Zweckbestimmungen zum Ausdruck bringt.

6.4

Bei dem der Bestellung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts zugrunde liegenden Grundgeschäft handelt es sich regelmäßig um einen Rechtskauf (§ 453 BGB) oder um eine Schenkung. Mietrecht findet hingegen grundsätzlich keine Anwendung.

6.5

Da es sich bei dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht gem. § 31 Abs. 1 WEG um eine Grundstücksbelastung handelt, entsteht das Recht dinglich durch formlose Eini-

6.6

1 Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 268 f. 2 BGH v. 27.9.1978 – V ZR 128/76, MDR 1979, 390 = DB 1979, 545. 3 BGH v. 21.10.1983 – V ZR 121/82, MDR 1984, 303 = NJW 1984, 612 = DNotZ 1984, 238; Palandt/Wicke76, § 31 WEG Rz. 5. 4 BayObLG v. 28.6.1960 – BReg 2Z 20/60, DNotZ 1960, 596; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3003.

Spiegelberger

643

Kap. 6 Rz. 6.7 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

gung und Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs gem. § 873 BGB, §§ 13, 19, 29 GBO1. Die bloße Beglaubigungsform reicht daher grundsätzlich aus.

6.7

Ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht kann nur bestellt werden, wenn die bestimmten, von dem Recht erfassten Räume in sich abgeschlossen sind. Dies wird gegenüber dem Grundbuchamt durch Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung gem. § 32 Abs. 2 WEG nachgewiesen. Bei einer Sachverständigenbescheinigung gem. § 32 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 WEG findet § 29 GBO insoweit keine Anwendung.

6.8

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung und die dazugehörigen Pläne haben sich nur auf die dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten zu beziehen. Eine Abgeschlossenheit der übrigen Räumlichkeiten ist dafür nicht erforderlich2. Dies ermöglicht die Begründung von wohnungseigentumsähnlichen Rechten durch ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht auch dann, wenn mehrere Einheiten nicht in sich abgeschlossen sind und daher eine Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht zulässig wäre. Dieses Problem stellt sich vor allem bei einem einheitlichen Eingang, wenn der Dauerwohnberechtigte also durch eine andere Wohnung gehen muss, um in seine Wohnung zu gelangen3.

6.9

Für das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht wird im Unterschied zum Erbbaurecht kein eigenes Grundbuchblatt gebildet. Die einzige Möglichkeit der Kreditfinanzierung besteht lediglich in der Verpfändung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts4. Dies erfolgt nach §§ 1273 ff. BGB.

6.10

Das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht kann auch in der Art und Weise mehreren in Bruchteilsberechtigung zugewiesen werden, dass es in 52 Anteile aufgeteilt ist und den Berechtigten durch Benutzungsregelung je eine Woche im Jahr zugewiesen wird (Teilzeitwohnrecht i.S.d. §§ 481 ff. BGB)5. Demgegenüber soll es nicht mit dem Wesen eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts vereinbar sein, wenn an einer Wohnung mehrere gleichrangige, jeweils auf eine Woche befristete Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte bestellt werden6.

6.11

Durch die Bestellung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Dauerwohnberechtigten und dem Grundstückseigentümer. Auf die Ersatzansprüche des Eigentümers wegen Veränderungen 1 Bamberger/Roth/Hügel3, § 31 WEG Rz. 7. 2 BayObLG v. 28.5.1997 – 2Z BR 60/97, NJW-RR 1997, 1233 = DNotZ 1998, 374 = MittBayNot 1997, 289; Lotter, MittBayNot 1999, 354. 3 Staudinger/Spiegelberger, § 32 WEG Rz. 9. Vgl. zu den Folgeproblemen beim früheren EigZulG J. Mayer, Übergabevertrag, § 2 Rz. 489 Fn. 780 sowie Wacker, EigZulG, 3. Aufl. 2000, § 2 Rz. 11; BFH v. 27.10.1998 – X R 157/95, BStBl. II 1999, 91 = BB 1999, 146 = DB 1999, 262. 4 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3002. 5 Vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 = MDR 1995, 1113 = NJW 1995, 2637 = DNotZ 1996, 88; s. hierzu Hildenbrand, NJW 1995, 2967. 6 Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 32 WEG Rz. 5; OLG Stuttgart v. 28.11.1986 – 8 W 421/85, NJW 1987, 2023 = Rpfleger 1987, 107.

644

Spiegelberger

B. Steuerrechtliche Behandlung

Rz. 6.14 Kap. 6

oder Verschlechterungen sowie auf die Ansprüche der Dauerwohnberechtigten auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung sind die §§ 1049, 1057 BGB entsprechend anzuwenden, § 34 Abs. 1 WEG. Hinsichtlich der Störung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts gelten die §§ 985, 1004 BGB gem. § 34 Abs. 2 WEG entsprechend. Der Dauerwohnberechtigte ist – anders als der Wohnungsberechtigte – befugt, das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht zu vermieten. Die mietrechtlichen Folgen für den Fall einer Beendigung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts durch Zeitablauf, Heimfall oder den Fall der Veräußerung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts sind in § 37 WEG im Wesentlichen entsprechend dem Erbbaurecht geregelt. Lediglich für den Fall des Erlöschens des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts ist der Mieter nicht geschützt und der Dauerwohnberechtigte potentiellen Schadensersatzansprüchen aus § 536a Abs. 1 BGB ausgesetzt1.

6.12

B. Steuerrechtliche Behandlung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts I. Bewertungsrecht 1. Mietähnliche Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte Kurzfristige Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte sind bewertungsrechtlich wie gewöhnliche Nutzungsrechte zu beurteilen, so dass insoweit die allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes gem. §§ 13–16 BewG Anwendung finden. Nur wenn der Dauerwohnberechtigte durch vertragliche Vereinbarungen eine Stellung erlangt, die ihn wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichstellt und er deshalb als wirtschaftlicher Eigentümer i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO anzusehen ist, ist es gerechtfertigt, das Dauerwohnrecht selbständig wie Wohnungseigentum zu bewerten2, so dass für den Dauerwohnberechtigten ein Einheitswertbescheid zu erlassen ist.

6.13

2. Eigentumsähnliche Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte Zeitlich unbegrenzte oder langfristige Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte sind dem Eigentumsrecht soweit angenähert, dass eine einem Grundstückseigentümer vergleichbare Rechtsposition und damit – im steuerlichen Sinn – wirtschaftliches Eigentum begründet wird. Maßgebliche Bedeutung hat insoweit die Laufzeit des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts. Zeitlich unbefristete Dauerwohnrechte verleihen eine so beherrschende Stellung über das belastete Grundstück, dass der zivilrechtliche Eigentümer von Einwirkungen auf das Grundstück endgültig ausgeschlossen wird. Damit liegt i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO wirtschaftliches Eigentum vor. Dies ist ins-

1 Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 37 WEG Rz. 2. 2 Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 5 Rz. 97.

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645

6.14

Kap. 6 Rz. 6.15 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

besondere anzunehmen, wenn ein Dauerwohnrecht eine Laufzeit von fünfzig Jahren und mehr aufweist1. Allerdings ist die Vereinbarung einer Nutzung bis zum vollständigen wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes nicht erforderlich, um wirtschaftliches Eigentum zu begründen2. Errichten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Einfamilienhaus auf einem Grundstück, das zivilrechtlich im Eigentum nur eines Partners steht, kann nach dieser Entscheidung auch der andere dessen wirtschaftlicher Miteigentümer sein, wenn ihm für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nach zivilrechtlichen Grundsätzen ein Ausgleichsanspruch gegen den zivilrechtlichen Eigentümer in Höhe des hälftigen Verkehrswertes des Gebäudes zusteht. Die Frage, ob wirtschaftliches Eigentum vorliegt, kann für das Bewertungsrecht und die Einkommensteuer nur einheitlich entschieden werden3. Besteht wirtschaftliches Eigentum des Nutzungsberechtigten, ist ein Einheitswertbescheid hinsichtlich der vom Dauerwohnberechtigten angeschafften oder hergestellten Wohnung zu erlassen. Diese ist als Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu bewerten4.

II. Einkommensteuer 6.15

Einkommensteuerrechtlich werden Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zugerechnet (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Situation wird nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO jedoch derjenige als „Eigentümer“ angesehen, dem das wirtschaftliche Eigentum zusteht; kennzeichnend für den wirtschaftlichen Eigentümer ist, dass er die tatsächliche Herrschaft über das maßgebliche Wirtschaftsgut in einer Weise ausübt, mit der er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann. Liegt ein solcher Fall vor, ist das Wirtschaftsgut dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen; auf das zivilrechtliche Eigentum kommt es dann nicht an.

6.16

Das wirtschaftliche Eigentum des Dauerwohnberechtigten wird von der Finanzverwaltung ohne weitere Überprüfung anerkannt, wenn sich das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht nach dem Mustervertrag über die Bestellung eines eigentumsähnlichen Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts des Bundesministeriums für Wohnungsbau richtet5. Die Orientierung an diesem Vertragsmuster empfiehlt sich in der Praxis jedoch nicht, da es zahlreiche überflüssige und umständliche Regelungen enthält. Damit stellt sich die Frage, welche Mindestanforderungen zu stellen sind, damit das wirt-

1 Vgl. BFH v. 12.9.1985 – VIII R 336/82, BStBl. II 1986, 255 = DB 1986, 728; Staudinger/ Spiegelberger, Anh. zu § 42 WEG Rz. 3. 2 BFH v. 18.7.2001 – X R 15/01, BStBl. II 2002, 278 = DStR 2001, 2019. 3 Vgl. BFH v. 7.3.1957 – IV 511/55 U, BStBl. III 1957, 392. 4 Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 5 Rz. 99. 5 Bundesbaublatt 1956, 615; aufzurufen über http://www.bdsr.de/Doku/2000/15700_49/ 15712_y.pdf; siehe ferner Lotter, MittBayNot 1999, 354 ff.; BFH v. 1.10.1997 – X R 91/94, BStBl. II 1998, 203 = ZfIR 1998, 229; OFD Erfurt, DStR 1999, 2123.

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B. Steuerrechtliche Behandlung

Rz. 6.20 Kap. 6

schaftliche Eigentum anerkannt wird1. U.E sind diese Anforderungen erfüllt, wenn sich – das Rechtsverhältnis von Dauerwohnberechtigtem zu Grundstückseigentümer im Grundsatz nach den Bestimmungen des WEG richtet, – das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht veräußerlich und vererblich ist und – bei Beendigung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts bzw. Heimfall eine angemessene Entschädigung für den Wert des Gebäudes gezahlt wird. Wird das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht als Ersatz für einen Nießbrauch bestellt, kann es im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge als vorbehaltenes Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht eingesetzt werden. Der Vorbehalt des Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts stellt dann keine entgeltliche Gegenleistung des Übernehmers an den Übergeber dar. Hinsichtlich der steuerlichen Gegebenheiten sind die Regelungen des Nießbrauchserlasses2 entsprechend anzuwenden.

6.17

Wird einem Dritten ein „einfaches“ (d.h. mietähnliches, s. Rz. 6.13) Dauerwohn-/ Dauernutzungsrecht unentgeltlich eingeräumt, ist der Dauerwohnberechtigte nicht zur Geltendmachung von AfA befugt. Wird hingegen ein eigentumsähnliches Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht unentgeltlich übertragen, ist § 11d EStDV einschlägig: Danach tritt der unentgeltliche Rechtsnachfolger hinsichtlich des wirtschaftlichen Eigentums an dem Gebäude an die Stelle des bisherigen wirtschaftlichen Eigentümers. Die AfA des Rechtsvorgängers wird vom unentgeltlichen eigentumsähnlichen Dauerwohnberechtigten fortgesetzt; es reicht insoweit aus, dass der Rechtsvorgänger die Aufwendungen selbst getragen hat.

6.18

Erwirbt der Dauerwohnberechtigte das Recht entgeltlich, so erzielt der Grundstückseigentümer hieraus hinsichtlich des Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG (s. allg. Rz. 1.407 ff.). Dies gilt nach h.M. nicht nur für den Fall der monatlich oder jährlich wiederkehrenden Zahlungen, sondern ebenfalls für den Fall der Einmalzahlung3. Insoweit ist § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG entsprechend anzuwenden, so dass der Grundstückseigentümer befugt ist, den Zufluss des Einmalbetrages auf die voraussichtliche Dauer des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts zu verteilen. Soweit der Kaufpreis hingegen Gegenleistung für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums am Gebäude ist, fällt dies nicht unter § 21 EStG.

6.19

Die erstmalige Bestellung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts ist in jedem Fall unproblematisch, unabhängig von der Frage, ob man das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht als grundstückgleiches Recht ansehen will. Denn die erstmalige Einräumung stellt keine Veräußerung eines vorher angeschafften Wirtschaftsgutes dar.

6.20

1 Vgl. BFH v. 22.10.1985 – IX R 48/82, BStBl. II 1986, 258 = DStR 1986, 163 = MittBayNot 1986, 104; v. 12.4.2000 – X R 20/99, BFH/NV 2001, 9; v. 14.2.2001 – X R 127/96, BFH/NV 2001, 1108; Staudinger/Spiegelberger, Anh. § 42 WEG Rz. 3 f. 2 Vgl. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004, BStBl. I 2013, 1184. 3 Vgl. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004, BStBl. I 2013, 1184, Tz. 28; vgl. dazu Küster, NWB Fach 3, S. 9983.

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Kap. 6 Rz. 6.31 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

Wird jedoch ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht, das (auch) zur Erzielung von Einkünften genutzt wird, entgeltlich angeschafft, ist dessen Veräußerung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren – bei Anschaffung ab 1.1.2009 – steuerpflichtig (s. näher Rz. 12.6). Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Frist für steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte mit anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücken, die aber zumindest in einem Jahr Einkünfte abwerfen, auf zehn Jahre verlängert. Damit entfällt bei ertragbringenden Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten die bisher relevante Abgrenzung zwischen Grundstücken und anderen Wirtschaftsgütern. In Sonderfällen hat die Rechtsprechung auch ein gewerbliches Handeln mit Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten für möglich gehalten1.

6.21–6.30

Einstweilen frei.

III. Verkehrssteuern 1. Grunderwerbsteuer

6.31

Ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht ist kein Grundstück i.S.d. Grunderwerbsteuerrechts, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Danach sind sowohl die erstmalige Bestellung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts als auch spätere Übertragungen des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts grunderwerbsteuerfrei2. Durch die Bestellung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts tritt grundsätzlich auch keine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG ein3. 2. Umsatzsteuer

6.32

Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG ist die Bestellung, Übertragung und Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit. Diese Regelung erfasst auch die entgeltliche Einräumung oder Übertragung von Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten i.S.d. § 31 WEG4. 3. Erbschaftsteuer

6.33

Erbschaftsteuerrechtlich ist nach h.M.5 danach zu unterscheiden, ob das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht eigentumsähnlich ausgestaltet ist – nur in diesem Fall 1 Z.B. BFH v. 28.1.1988 – IV R 2/85, BFH/NV 1989, 580: Errichtung eines Gebäudes mit 19 Wohnungen, Anbieten aller Wohnungen zum Erwerb als Dauerwohnrecht mit Kaufoption gegen Zahlung von Einmalentgelten für Wohnung und Grundstücksanteil im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, Übertragung von 14 Dauerwohnrechten mit sich anschließender Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen und deren Übertragung auf die Inhaber der Dauerwohnrechte. 2 Pahlke5, § 2 GrEStG Rz. 63; Boruttau/Viskorf18, § 2 GrEStG Rz. 268 f. 3 Staudinger/Spiegelberger, Anh. zu § 42 WEG Rz. 24. 4 Abschn. 4.12.8 Abs. 1 UStAE; BMF v. 21.1.2016, BStBl. I 2016, 150 (151). 5 Vgl. Münchener Vertragshandbuch/Spiegelberger7, Band 6, Muster V. 3. Anm. 4; Staudinger/Spiegelberger, Vorb. vor §§ 31 ff. WEG Rz. 1, 43 ff.

648

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C. Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts

Rz. 6.41 Kap. 6

kann die Einräumung des Nutzungsrechtes auch eine entreichernde Vermögenshingabe bedeuten – oder nicht; dies gilt, obwohl das Erbschaftsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht folgt1 und das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht zivilrechtlich stets ein bloßes Nutzungsrecht ist. Da bei der Zuwendung eines eigentumsähnlichen Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts das Eigentum am Gebäude und am unbebauten Grundstück auseinanderfällt, ist dies bei der Bewertung nach § 195 BewG zu berücksichtigen2. Der Gesamtwert der Gebäude ist entsprechend dem Verhältnis vom Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht zu den übrigen Räumen aufzuteilen. Ist das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht nicht eigentumsähnlich ausgestaltet, betrachtet man erbschaftsteuerlich das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht als bloßes Nutzungsrecht; daher erfolgt die Bewertung nach §§ 13, 16 BewG anhand des kapitalisierten Nutzungswertes. Der Erwerber hat hinsichtlich der Versteuerung wiederkehrender Nutzungen das Wahlrecht nach § 23 ErbStG. Danach besteht für den Erben bzw. Beschenkten das Recht, die Erbschaftsteuer nach dem Kapitalwert der Nutzungen oder als Jahressteuer nach dem jeweiligen Jahreswert zu versteuern3.

6.34

Nach § 184 BewG4 sind bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden die Werte für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden und die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks gesondert zu ermitteln. Bei der Wertermittlung sind neben dem Bodenwert und dem Gebäudewert die Höhe des Pachtzinses und die Restlaufzeit des Nutzungsrechts angemessen zu berücksichtigen. Maßgeblich ist stets die Ermittlung des gemeinen Wertes.

6.35

6.36–6.40

Einstweilen frei.

C. Vertragsgestaltung: Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts I. Laufzeit von Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten Zivilrechtlich besteht keine Mindest- oder Höchstdauer für die Bestellung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts. Dieses kann beispielsweise für nur ein Jahr, genauso gut aber auch zeitlich unbegrenzt bestellt werden (vgl. auch § 41 Abs. 1 WEG). Für langfristige Dauerwohn-/Dauernutzungsrechte – das sind solche, die für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren oder zeitlich unbegrenzt eingeräumt werden – gelten nach § 41 WEG besondere Bestimmungen. Hierfür ist insbesondere eine Ver1 Vgl. grundlegend Crezelius, Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979; Moench, ErbStG, Einführung Rz. 55 m.w.N. 2 Vgl. zu den daraus bisher folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken BFH v. 23.10.2002 – II B 153/01, BStBl. II 2003, 118 = BFH/NV 2003, 235 = DStRE 2003, 229 = DB 2003, 373. Seit dem 1.1.2007 sind diese Probleme durch die Neufassung der §§ 148, 148a BewG gemildert worden, s. dazu beim Erbbaurecht unter Rz. 8.127. 3 Mannek in Gürsching/Stenger, § 93 BewG Rz. 21. 4 Regierungsentwurf v. 11.12.2007, BR-Drucks. 4/08.

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649

6.41

Kap. 6 Rz. 6.42 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

steigerungssicherung im Hinblick auf vorrangig eingetragene Grundpfandrechte vorgesehen. Nach § 41 Abs. 2 WEG ist der Eigentümer dem Dauerwohnberechtigten verpflichtet, eine dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht im Rang vorgehende oder gleichstehende Hypothek oder Grundschuld1 für den Fall löschen zu lassen, dass sie sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt. Der Dauerwohnberechtigte kann auch die Eintragung einer entsprechenden Löschungsvormerkung in das Grundbuch verlangen2. Die Bestimmung des § 41 Abs. 2 WEG ist abdingbar3. Die Vormerkungswirkung, die vor verbotswidrigen Verfügungen schützt (§ 883 Abs. 2 BGB) tritt nicht automatisch ein, sondern nur, wenn der Dauerwohnberechtigte tatsächlich die Löschungsvormerkung zur Eintragung ins Grundbuch bringt4.

6.42

Bei langfristigen Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten ist im Übrigen als zwingender Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts eine angemessene Entschädigung zu gewähren, wenn vom Heimfallanspruch Gebrauch gemacht wird. Diese Regelung ist unabdingbar5. Die Frage der Angemessenheit hängt vom Einzelfall ab, insbesondere von der Frage, ob laufende Zahlungen oder auch ein Einmalbetrag gezahlt worden ist, wer die dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten errichtet hat und wie lang das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht bis zum Heimfall gelaufen ist. So kann nach h.M. auch eine Festsetzung des Entgeltes auf null Euro im Einzelfall als angemessen angesehen werden6. Das Grundbuchamt hat insoweit grds. keine Prüfungspflicht7.

II. Dinglicher Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts 1. Allgemeiner Regelungsinhalt

6.43

Nach § 33 Abs. 1 WEG ist ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht stets veräußerlich und vererblich. Der Ausschluss der Veräußerlichkeit oder Vererblichkeit kann nicht wirksam vereinbart werden8. Für die Beendigung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts kann ein fester Zeitpunkt vereinbart werden. Mit Ablauf dieses Zeitpunktes erlischt das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht.

6.44

Unter einer Bedingung kann ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht hingegen nicht bestellt werden, § 33 Abs. 1 Satz 2 WEG. Dementsprechend ist es auch nicht mög1 Im Wortlaut des Gesetzes findet sich die Grundschuld nicht wieder; daher ist die entsprechende Anwendbarkeit strittig; vgl. Palandt/Wicke76, § 41 WEG Rz. 2; Bärmann/Pick/Merle19, § 41 WEG Rz. 12. 2 Staudinger/Spiegelberger, § 41 WEG Rz. 4. 3 Soergel/Stürner, § 41 WEG Rz. 2; Bärmann/Pick/Merle19, § 41 WEG Rz. 11; Staudinger/ Spiegelberger, § 41 WEG Rz. 7. 4 Staudinger/Spiegelberger, § 41 WEG Rz. 5; Bärmann/Pick/Merle19, § 41 WEG Rz. 14. 5 BGH v. 23.4.1958 – V ZR 99/57, BGHZ 27, 158; Staudinger/Spiegelberger, § 41 WEG Rz. 10; Weitnauer/Hauger9, § 41 WEG Rz. 1; Bärmann/Pick/Merle19, § 41 WEG Rz. 22. 6 Bärmann/Pick/Merle19, § 41 WEG Rz. 26; Weitnauer/Hauger9, § 41 WEG Rz. 3. 7 Staudinger/Spiegelberger, § 41 WEG Rz. 12. 8 Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 23.

650

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C. Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts

Rz. 6.47 Kap. 6

lich, das Erlöschen des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts für den Fall zu vereinbaren, dass der Dauerwohnberechtigte das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht an fremde Dritte veräußert. Eine Befristung hingegen ist zulässig1. Im Gegensatz zur Bedingung ist der Eintritt des Ereignisses bei der Befristung sicher, lediglich der Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses noch ungewiss. Aus diesem Grunde kann nach wohl h.M. ein Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht auch mit dem Eintritt des Todes des Dauerwohnberechtigten erlöschen. Denn dessen Tod ist kein ungewisses Ereignis und damit keine Bedingung. Es handelt sich um eine Befristung2. Auf diese Art und Weise kann zumindest teilweise sichergestellt werden, dass das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht nicht auf fremde Dritte übergeht. Zu diesem Zweck ist es auch üblich und nach § 35 WEG zulässig, dass der Dauerwohnberechtigte zur Veräußerung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts der Zustimmung des Eigentümers oder eines Dritten bedarf. Insoweit gelten die Bestimmungen des § 12 WEG entsprechend. Danach kann die Zustimmung durch den Grundstückseigentümer oder den Dritten nur aus wichtigem Grund versagt werden. Ein vollständiger Überfremdungsschutz kann daher durch § 35 WEG nicht erreicht werden. Diese normative Wertung des § 35 i.V.m. § 12 WEG kann nach h.M. nicht durch die Vereinbarung eines Heimfallgrundes für jeden Fall der Veräußerung außer an den Ehegatten oder leibliche Abkömmlinge ausgehöhlt werden3. Anders als § 5 Abs. 2 ErbbauRG gestattet § 35 WEG lediglich einen Zustimmungsvorbehalt für den Fall der Veräußerung, nicht aber für jeden Fall der Verfügung. Belastungen des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts, insbesondere durch Verpfändung, können nicht dinglich an die Zustimmung des Grundstückseigentümers geknüpft werden4.

6.45

Auch ohne nähere Vereinbarung ist der Dauerwohnberechtigte befugt, die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Teile des Gesamtgrundstücks, ebenso solche Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und Grundstückes mitzubenutzen, soweit nichts anderes vereinbart ist5. Soll also der Dauerwohnberechtigte von der Nutzung bestimmter Grundstücksteile, beispielsweise des Gartens ausgeschlossen sein, so bedarf es insoweit einer ausdrücklichen Vereinbarung als Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts. Entsprechende Vereinbarungen sind möglich und zulässig6.

6.46

Gemäß § 32 Abs. 3 WEG soll das Grundbuchamt das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht nur dann eintragen, wenn über die nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 WEG bezeichneten Angelegenheiten, über die Voraussetzungen des Heimfallanspruches nach § 36 Abs. 1 WEG und über die Entschädigung beim Heimfall Vereinbarungen ge-

6.47

1 Bamberger/Roth/Hügel3, § 33 WEG Rz. 3. 2 Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 25; ebenso Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 33 WEG Rz. 2; BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 zum Erbbaurecht; Palandt/Wicke76, § 33 WEG Rz. 3; a.A. Böttcher, MittBayNot 1993, 129. 3 Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 35 WEG Rz. 1; Bärmann/Pick/Merle19, § 35 WEG Rz. 6 und § 36 WEG Rz. 68 m.w.N.; Weitnauer/Hauger9, § 35 WEG Rz. 1. 4 Staudinger/Spiegelberger, § 35 WEG Rz. 2; Bärmann/Pick/Merle19, § 35 WEG Rz. 6. 5 Staudinger/Spiegelberger, § 33 WEG Rz. 44. 6 Bärmann/Pick/Merle19, § 33 WEG Rz. 107 f.

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651

Kap. 6 Rz. 6.48 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

troffen sind. Da es sich lediglich um eine Sollvorschrift für das Grundbuchamt handelt, steht das Fehlen entsprechender Regelungen der Wirksamkeit eines dennoch im Grundbuchamt eingetragenen Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts nicht entgegen1. Das Grundbuchamt ist jedoch verpflichtet, jedes Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht auf die Existenz entsprechender Vereinbarungen zu überprüfen. Es handelt sich insoweit bei den Bestimmungen i.S.d. § 32 Abs. 3 WEG um zwingende Vereinbarungen eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts.

6.48

Gemäß § 33 Abs. 4 Nr. 1 WEG sind demnach Regelungen zu Art und Umfang der Nutzungen zu treffen. Ferner sind Regelungen zu Instandhaltung und Instandsetzung der dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile zu treffen (Nr. 2). Ebenso sind nach § 33 Abs. 4 Nr. 3 WEG Regelungen zur Pflicht des Dauerwohnberechtigten zur Tragung öffentlicher und privatrechtlicher Lasten des Grundstücks zu treffen. Möglich ist insoweit auch eine Regelung, wonach der Dauerwohnberechtigte keinerlei Pflicht zur Lastentragung hat2. Aus steuerlichen Gründen wird dies aber in der Regel nicht sinnvoll sein; vielmehr sollten die Verhältnisse insoweit zwischen dem Dauerwohnberechtigten und dem Grundstückseigentümer den Verhältnissen von Wohnungseigentümern nachgebildet sein. Danach sollte der Dauerwohnberechtigte hinsichtlich der seinem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten wie ein Sondereigentümer alle darauf entfallenden Lasten zu tragen haben. Zur Tragung von Tilgung und Zinsen von am Grundbesitz abgesicherten Verbindlichkeiten sollte der Dauerwohnberechtigte grundsätzlich nicht verpflichtet sein, es sei denn, das Grundpfandrecht und die Darlehen sind wirtschaftlich für seine Rechnung aufgenommen worden.

6.49

Schließlich ist gem. § 33 Abs. 4 WEG als dinglicher Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts eine Regelung zur Versicherung des Gebäudes und zum Wiederaufbau im Fall der Zerstörung zu treffen. Eine Verpflichtung zum Wiederaufbau besteht ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht3. Empfehlenswert ist eine Wiederaufbauverpflichtung nur insoweit, als zumindest ein bestimmter Prozentsatz von beispielsweise 75 % durch eine Versicherung gedeckt ist4. Eine entsprechende Vereinbarung könnte auch getroffen werden für den Fall eines anderweitigen Ersatzanspruchs i.H.v. mindestens einem bestimmten Prozentsatz der Wiederaufbaukosten. Eine Wiederaufbaupflicht in anderen Fällen würde den Grundstückseigentümer regelmäßig überfordern. Die Versicherungspflicht des Gebäudes steht im freien Belieben der Vereinbarung der Beteiligten5.

6.50

Die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheitsleistung zugunsten des Grundstückseigentümers kann gem. § 33 Abs. 4 Nr. 5 WEG als Inhalt des Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts vereinbart werden. Eine Verpflichtung besteht hierzu jedoch 1 Weitnauer/Hauger9, § 32 WEG Rz. 8; Bamberger/Roth/Hügel3, § 32 WEG Rz. 5; Palandt/ Wicke76, § 32 WEG Rz. 2. 2 Bärmann/Pick/Merle19, § 33 WEG Rz. 116. 3 Hügel/Scheel3, Rz. 1011; Palandt/Wicke76, § 33 WEG Rz. 6. 4 Bärmann/Pick/Merle19, § 33 WEG Rz. 151. 5 Staudinger/Spiegelberger, § 33 WEG Rz. 35; Bärmann/Pick/Merle19, § 33 WEG Rz. 146.

652

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C. Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts

Rz. 6.52 Kap. 6

nicht. Insoweit handelt es sich nicht um zwingend notwendigen Inhalt eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts. 2. Heimfall und Entschädigung Ein Kernpunkt der Regelung eines jeden Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts sind die Vereinbarungen über den Heimfall, geregelt in § 36 WEG. Der Heimfall tritt nicht automatisch ein, sondern stellt lediglich ein Gestaltungsrecht des Grundstückseigentümers dar. Er kann den Heimfallanspruch geltend machen, muss dies aber nicht. Die Ausübung des Heimfalls führt nicht zum Erlöschen des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts, sondern zur Übertragung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts auf den Grundstückseigentümer bzw. auf einen vom Grundstückseigentümer zu benennenden Dritten1.

6.51

Das Gesetz bestimmt keine Fälle, in denen ein Heimfallanspruch vorzusehen ist oder nicht vorgesehen werden darf. Daher können grundsätzlich die Heimfallgründe in den nachfolgenden Grenzen frei vereinbart werden. Die Vereinbarung eines Heimfallanspruchs ohne jegliche weitere Voraussetzung im freien Belieben des Grundstückseigentümers ist jedoch unzulässig2. Insbesondere folgende Gründe können und werden häufig als Heimfallgründe vereinbart3:

6.52

– Verstöße gegen schuldrechtliche Nebenvereinbarungen, wie regelmäßige oder einmalige Zahlungsverpflichtungen; – Verpflichtungen gegen Instandsetzungs- und Instandhaltungsvereinbarungen; – Verstöße gegen Nutzungsvereinbarungen oder die Einhaltung einer Hausordnung; – grobe Verletzung nachbarrechtlicher Pflichten; – die Vornahme baulicher Veränderungen an den Gebäuden ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers; – Tod des Dauerwohnberechtigten oder des Grundstückseigentümers4; – allgemein das Vorliegen eines wichtigen Grundes; – Zwangsvollstreckung in das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht, Verpfändung oder sonstiger Belastung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers; – Insolvenz des Dauerwohnberechtigten5; 1 Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 36 WEG Rz. 2; Staudinger/Spiegelberger, § 36 WEG Rz. 2. 2 Weitnauer/Hauger9, § 36 WEG Rz. 8 (implizit); Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 43. 3 Vgl. Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 36 WEG Rz. 3; Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 48 ff.; Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 43; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3008. 4 Staudinger/Spiegelberger, § 36 WEG Rz. 6. 5 Ein solcher Heimfallanspruch für den Fall der Pfändung oder Insolvenz wird jedoch nicht als vollstreckungs- bzw. insolvenzfest angesehen werden können, es sei denn, er wäre durch

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653

Kap. 6 Rz. 6.53 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

– wenn Gründe vorliegen, die beim Wohnungseigentum zur Entziehung gem. § 18 WEG berechtigen, oder wenn Gründe vorliegen, die im Fall eines Mietvertrages zur Auflösung des Mietverhältnisses oder zur Kündigung berechtigen würden.

6.53

Nach einer älteren, aber unzutreffenden Auffassung ist es unzulässig, den Heimfall für jeden Fall der Veräußerung vorzusehen1. Dies würde gegen den Grundsatz der freien Veräußerlichkeit des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts verstoßen. Die Verkehrsfähigkeit von Dauernutzungsrechten wird durch Heimfallansprüche nicht unangemessen beeinträchtigt. Bei einer Veräußerung an andere Personen als Ehegatten oder Abkömmlinge ist ein Heimfall in jedem Fall gerechtfertigt2.

6.54

Für den Fall der Pfändung und Insolvenz wird die Begründung eines Heimfallanspruchs dann als unzulässig angesehen, wenn nicht gleichzeitig ein Entschädigungsanspruch vereinbart wird, der einen gleichwertigen Ersatz für das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht darstellt3. Dem ist so in der Allgemeinheit jedoch nicht zuzustimmen. Unzulässig sind lediglich Vereinbarungen, die den Entschädigungsanspruch gezielt nur für den Fall von Insolvenz oder Zwangsversteigerung herabsetzen4.

6.55

Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass auch bei Vereinbarungen konkreter Heimfallgründe der Heimfall nur dann ausgeübt werden könne, wenn der eingetretene Sachverhalt im Einzelfall einen wichtigen Grund darstellt5. Diese Ansicht ist abzulehnen. Es muss klar geregelt sein, unter welchen Voraussetzungen ein Heimfall geltend gemacht werden kann6. Mit der gegenteiligen, von Pick vertretenen Ansicht ist es nicht vereinbar, dass der BGH die Ausübung des Heimfalls auch dann zugelassen hat, wenn die Vertragsverletzung beseitigt und die den Heimfall auslösende Handlung zwischenzeitlich nachgeholt worden ist7.

6.56

Auch der Eigenbedarf des Eigentümers im mietrechtlichen Sinne kann als Heimfallgrund nach h.M. vereinbart werden8.

1

2 3 4 5 6 7 8

Vormerkung im Grundbuch zugunsten des Grundstückseigentümers gesichert, § 106 InsO. Vgl. Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 68; Weitnauer/Hauger9, § 36 WEG Rz. 8; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3008; a.A. J. Mayer, DNotZ 2003, 908 (930); Staudinger/ Spiegelberger, § 36 WEG Rz. 7 (zumindest bei Veräußerung an andere Personen als Ehegatten oder Abkömmlinge). Staudinger/Spiegelberger, § 36 WEG Rz. 7. So Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 70. Vgl. zum Gesellschaftsrecht BGH v. 19.6.2000 – II ZR 73/99, DStR 2000, 1443 = NJW 2000, 2819; zum Erbbaurecht BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, DNotZ 2007, 682. Vgl. Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 60 ff. Dementsprechend erwähnen die meisten Autoren eine entsprechende Beschränkung bei der Ausübung des Heimfalls nicht, vgl. Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 36 WEG Rz. 3; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3008; Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 43 f. BGH v. 29.1.1988 – V ZR 271/86, NJW-RR 1988, 715. Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 57.

654

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C. Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts

Rz. 6.60 Kap. 6

Auch wenn die Heimfallgründe frei vereinbart werden können, hat der Gesetzgeber für die Ausübung entsprechender Heimfallgründe eine Beschränkung in Fällen des Mieterschutzes angeordnet, § 36 Abs. 2 WEG. Bezieht sich daher das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht auf Räume, die dem Mieterschutz unterliegen, so kann der Grundstückseigentümer vom Heimfallanspruch nur Gebrauch machen, wenn ein Grund vorliegt, aus dem ein Vermieter die Aufhebung des Mietverhältnisses verlangen oder das Mietverhältnis kündigen könnte, § 36 Abs. 2 WEG1. Unter Mieterschutz sind diejenigen Fälle zu fassen, in denen bei fiktiver Vereinbarung eines Mietvertrages anstelle des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts die §§ 573 ff. BGB anwendbar wären2.

6.57

Umstritten ist, ob die Ausübung des Heimfallanspruchs automatisch mit Vormerkungswirkung versehen ist3. Eine gesetzliche Grundlage dafür fehlt. Nach wohl h.M. tritt die Vormerkungswirkung mit Geltendmachung des Heimfallanspruchs ein. Soll der Heimfallanspruch durch eine Vormerkung mit früherem Sicherungszeitpunkt gesichert werden, so wäre ein aufschiebend bedingter schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch an den Grundstückseigentümer zu vereinbaren, der bereits bei Bestellung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichert werden könnte4.

6.58

Zur Vereinbarung von Heimfallgründen gehört stets auch die Vereinbarung eines Entschädigungsanspruchs. Bei langfristigen Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten sind hier gem. § 41 WEG strenge Grenzen gezogen. Die Vereinbarung muss stets angemessen sein und kann insoweit gerichtlich beim Heimfall überprüft werden. Im Übrigen bestehen keine gesetzlichen Beschränkungen. Die Abfindung kann grundsätzlich auch vollständig ausgeschlossen werden; üblicherweise werden Schiedsgutachterklauseln sowie eine Festlegung der Bewertungsmethode vereinbart5.

6.59

3. Insolvenz- und Versteigerungssicherung Ein wichtiges Gestaltungsproblem beim Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht betrifft schließlich die Insolvenz- und Versteigerungssicherung. Im Gegensatz zum Erbbaurecht muss das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht nicht an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen werden. Häufig gehen dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht daher Reallasten oder Grundpfandrechte vor, die im Falle der Zwangsvollstreckung zum Erlöschen des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts führen können. Aus diesem Grund kann gem. § 39 WEG als Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts vereinbart werden, dass das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks abweichend von § 44 ZVG bestehen bleiben soll, wenn der Gläubiger einer dem Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht im Rang vorgehen1 Für Ausübungsbeschränkung BGH v. 23.4.1958 – V ZR 99/57, BGHZ 27, 158. 2 Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 58 ff.; Staudinger/Spiegelberger, § 36 WEG Rz. 11. 3 Vgl. Bärmann/Pick/Merle19, § 36 WEG Rz. 21; Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 47; Mayer, DNotZ 2003, 928. 4 Vgl. auch Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 24. 5 Münchener Kommentar/Engelhardt7, § 36 WEG Rz. 6.

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655

6.60

Kap. 6 Rz. 6.61 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

den oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast die Zwangsversteigerung in das Grundstück betreibt. Die Vereinbarung bedarf zur Wirksamkeit der Zustimmung der vorrangigen Rechtsinhaber. Die Vereinbarung nach § 39 WEG ist sowohl beim Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht als auch beim vorgehenden Recht zu vermerken1.

6.61

In der Praxis besteht insoweit regelmäßig das Problem, dass vorgehende Gläubiger der entsprechenden Vereinbarung nicht zuzustimmen bereit sind. Dann stellt sich die Frage des Grundbuchvollzuges: anerkannt ist, dass trotz fehlender Zustimmung das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen werden muss. In diesem Fall ist im Grundbuch darauf hinzuweisen, welche vorgehenden Gläubiger nicht zugestimmt haben2.

6.62

Der Schutz des Dauerwohnberechtigten greift gem. § 39 Abs. 3 WEG nur ein, wenn der Dauerwohnberechtigte im Zeitpunkt der Feststellung der Versteigerungsbedingungen seine fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Grundstückseigentümer erfüllt hat, § 39 Abs. 3 WEG.

6.63

Gegenüber Gläubigern, die die Zwangsversteigerung aus Rechten gem. § 10 Nr. 1 bis 3 ZVG betreiben, schützt eine Vereinbarung i.S.d. § 39 WEG nicht3.

6.64–6.70

Einstweilen frei.

III. Schuldrechtliche Vereinbarungen 6.71

Zusätzlich zu dem dinglichen Inhalt eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts werden regelmäßig schuldrechtliche Vereinbarungen getroffen. Diese betreffen insbesondere das schuldrechtliche Grundverhältnis zur Bestellung des Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts. Dem liegt üblicherweise eine Schenkung oder ein Rechtskauf zugrunde, § 453 BGB. In diesem Zusammenhang werden auch die einmaligen oder mehrfach wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen geregelt; diese können nicht zum dinglichen Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts gemacht und nicht durch eine Reallast gem. § 1105 BGB gesichert werden. Eine Verpfändung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts zugunsten des Grundstückseigentümers zur Absicherung der Zahlungsverpflichtungen ist hingegen möglich. Im Übrigen erfolgt die Absicherung in der Regel durch Vereinbarung des Heimfalles für den Fall der Nichtbegleichung. Mietrechtliches Gewährleistungsrecht findet grundsätzlich auf die Einräumung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts keine Anwendung4.

1 2 3 4

Staudinger/Spiegelberger, § 39 WEG Rz. 8; Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 36. Vgl. Bärmann/Pick/Merle19, § 39 WEG Rz. 45, 49. Palandt/Wicke76, § 39 WEG Rz. 1. Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 50.

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C. Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts

Rz. 6.75 Kap. 6

IV. Veräußerung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts Die Veräußerung eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts ist Rechtskauf gem. § 453 BGB. Danach finden die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten entsprechende Anwendung. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 453 Abs. 2 BGB trägt grundsätzlich der Käufer die Kosten der Begründung und Übertragung des Rechts. Diese Bestimmung entspricht nicht der üblicherweise vereinbarten Lastenverteilung. Sie ist regelmäßig abzubedingen. Ungeklärt ist bisher der Lauf der Verjährungsfristen bei Veräußerung von Rechten1. Beim Verkauf eines Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts findet auch § 453 Abs. 3 BGB Anwendung.

6.72

Als spezielle Vorschrift für die Veräußerung von Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten bestimmt § 38 Abs. 1 WEG, dass der Erwerber anstelle des Veräußerers in die sich während der Dauer seiner Berechtigung aus dem Rechtsverhältnis zu dem Eigentümer ergebenden Verpflichtungen eintritt. Der dingliche Inhalt des Dauerwohn-/ Dauernutzungsrechts geht selbstverständlich aufgrund der Grundbucheintragung auf den Erwerber eines Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts über. Die Bedeutung des § 38 Abs. 1 WEG besteht in Erweiterung dieses Grundsatzes, dass der Erwerber auch in bloß schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümer und Dauerwohnberechtigtem eintritt2. Umstritten ist, ob dies auch für solche schuldrechtlichen Vereinbarungen gilt, die zum dinglichen Inhalt des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts hätten gemacht werden können, jedoch lediglich schuldrechtlich vereinbart wurden3. Ein gutgläubiger Erwerb ist grundsätzlich ausgeschlossen.

6.73

Den umgekehrten Fall der Veräußerung des Grundstücks regelt § 38 Abs. 2 WEG. Wird ein vermietetes Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht veräußert, so gelten die Mieterschutzvorschriften der §§ 566 ff. BGB nach § 37 Abs. 2 WEG entsprechend.

6.74

Die Veräußerung des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts kann unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung erfolgen4. Die Absicherung des Erwerbers bzw. Verkäufers kann jedoch wie beim regulären Grundstückskaufvertrag auch durch Eintragung einer Vormerkung auf Erwerb des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts erfolgen. In diesem Fall bestehen keine Besonderheiten gegenüber der Abwicklung eines regulären Grundstückskaufvertrages. Es kann insoweit wiederum die übliche Bewilligungslösung5 gewählt werden. Ebenso könnte die Einigung über den Rechtsübergang ausgesetzt werden, bis der vollständige Kaufpreis beglichen ist.

6.75

1 Vgl. dazu Eidenmüller, NJW 2002, 1625 ff.; Wälzholz, DStR 2002, 500 f. 2 Staudinger/Spiegelberger, § 38 WEG Rz. 3; Weitnauer/Hauger9, § 38 WEG Rz. 7; Hügel/ Scheel3, Teil 14 Rz. 19 m.w.N. 3 Einerseits gegen Anwendung des § 38 WEG in diesen Fällen Weitnauer/Hauger9, § 38 WEG Rz. 5; Bärmann/Pick/Merle19, § 38 WEG Rz. 17; dagegen für Anwendung des § 38 WEG auch in diesen Fällen Staudinger/Spiegelberger, § 38 WEG Rz. 6; Soergel/Stürner, § 38 WEG Rz. 4; Palandt/Wicke76, § 38 WEG Rz. 1. 4 Hügel/Scheel3, Teil 14 Rz. 17. 5 Vgl. Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, Rz. 506 ff.

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657

Kap. 6 Rz. 6.76 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG

6.76

Besondere Vorkaufsrechte sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ein Vorkaufsrecht am Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht kann nicht als dingliches Vorkaufsrecht gem. § 1094 BGB begründet werden1, wohl aber als schuldrechtliches Vorkaufsrecht mit Eintragung einer Vormerkung für den bedingten Anspruch. Ein Vorkaufsrecht am Grundstück zugunsten des Dauerwohnberechtigten kann nach § 1094 Abs. 1 BGB bestellt werden (subjektiv-persönlich). Die Bestellung eines subjektiv dinglichen Vorkaufsrechts am Grundstück gem. § 1094 Abs. 2 BGB zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Dauerwohn-/Dauernutzungsrechts kann hingegen nicht bestellt werden, da das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht insoweit kein Grundstück, sondern nur eine Dienstbarkeit ist.

D. Checkliste: Eigentumsähnliches Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht 6.77

Checkliste: Eigentumsähnliches Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht Zivilrecht: a) Trennung der dinglichen und schuldrechtlichen Bestimmungen b) dinglicher Mindestinhalt gem. § 32 Abs. 3, § 33 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 und § 36 WEG aa) Art und Umfang der Nutzungen bb) Instandhaltung und Instandsetzung cc) Tragung öffentlicher und privatrechtlicher Lasten dd) Versicherung des Gebäudes und Wiederaufbau ee) Heimfall (Voraussetzungen und Entschädigung) Einkommensteuer: a) Mindestlaufzeit 50 Jahre b) Rechte und Pflichten wie ein Wohnungseigentümer c) Entschädigung in jedem Fall der Beendigung Grunderwerbsteuer: keine, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG, kein § 1 Abs. 2 GrEStG Schenkungsteuer: Gebäude auf fremdem Grund und Boden gem. § 195 BewG

1 Bamberger/Roth/Wegmann3, § 1094 BGB Rz. 6.

658

Spiegelberger

E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.78 Kap. 6

E. Gestaltungsvorschläge M67 Eigentumsähnliche Dauerwohnrechte

6.78

Beispiel: Eltern E räumen ihrer Tochter T und ihrem Sohn S an ihrem Einfamilienhaus im Speicher des Anwesens je ein Dauerwohnrecht ohne Nutzungsentgelt ein. Die beiden Dauerwohnrechtseinheiten sind in sich abgeschlossen, haben einen Zugang aber nur über das Treppenhaus der Eltern, so dass Abgeschlossenheitsbescheinigungen für die beiden Dauerwohnrechte gem. § 32 Abs. 2 Nr. 1 WEG erteilt werden können, nicht jedoch für das gesamte Anwesen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG. Verhandelt am … in … I. Grundbuchstand Die Eheleute … sind Eigentümer zu gleichen Teilen des im Grundbuch des AG … für … Blatt … vorgetragenen und in der Gemarkung … gelegenen Grundbesitzes Flurstück Nr. … Der Grundbesitz ist in Abteilung II unbelastet und in Abteilung III des Grundbuches belastet wie folgt: … II. Bestellung des Dauerwohnrechts Die Eheleute … – nachfolgend als „Eigentümer“ bezeichnet – bestellen zugunsten ihrer Tochter … an dem im beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Appartement sowie zugunsten ihres Sohnes … an dem im Lageplan mit Nr. 2 bezeichneten Appartement vom Tag der Eintragung an je ein Dauerwohnrecht gem. § 31 Abs. 1 WEG. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung gem. § 32 WEG i.V.m. § 7 WEG ist in der Anlage ebenfalls beigefügt, sie ist jedoch nicht mit auszufertigen. Beide Dauerwohnrechte werden im Folgenden als „das Dauerwohnrecht“ bezeichnet. Das der Tochter T eingeräumte Dauerwohnrecht, im Lageplan mit „Dauerwohnrecht 1“ bezeichnet, hat zum Gegenstand die in dem bestehenden Gebäude gelegene Wohnung mit einer Wohnfläche von … qm, bestehend aus … Das dem Sohn S eingeräumte Dauerwohnrecht hat zum Gegenstand die im bestehenden Gebäude gelegene Wohnung, im Lageplan mit „Dauerwohnrecht 2“ bezeichnet, mit einer Wohnfläche von … qm, bestehend aus … Jede Wohnung ist in sich abgeschlossen i.S.d. § 32 Abs. 1 WEG; die zu der jeweiligen Wohnung gehörigen Räume sind in dem Aufteilungsplan mit Nr. 1 bzw. Nr. 2 bezeichnet. Durch diesen Vertrag soll der Dauerwohnberechtigte wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichgestellt werden. Spiegelberger

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Kap. 6 Rz. 6.78 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG III. Inhalt des Dauerwohnrechts (1) Dauer Das Dauerwohnrecht wird auf die Dauer von 50 Jahren …/auf ewige Zeiten …, beginnend mit dem Tag der Grundbucheintragung, bestellt. (2) Umfang und Nutzung Der Dauerwohnberechtigte hat das Recht der alleinigen Nutzung seiner Wohnung und der Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Räume, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes sowie des Gartens. Der Dauerwohnberechtigte ist nicht zur Mitnutzung der im beigefügten Lageplan grün gekennzeichneten Räumlichkeiten und Flächen befugt. Der Dauerwohnberechtigte hat auf die Belange der Mitbewohner, Miteigentümer und ggf. anderen Inhaber von Dauerwohnrechten angemessene Rücksicht zu nehmen. Das Dauerwohnrecht befugt allein zur eigenen Wohnnutzung oder zur Wohnnutzung durch Dritte. Die Ausübung eines Gewerbes oder freien Berufes ist nur mit Zustimmung des Eigentümers und aller anderen Inhaber von Dauerwohnrechten gestattet. (3) Übertragung Das Dauerwohnrecht ist veräußerlich und vererblich. Die Veräußerung bedarf der Zustimmung des Eigentümers, die nur aus wichtigem Grund versagt werden darf. Das Zustimmungserfordernis gilt nicht im Falle der Veräußerung an den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie oder bei einer Veräußerung des Dauerwohnrechts im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter. (4) Lasten Der Dauerwohnberechtigte ist verpflichtet, anteilig – im Verhältnis der Nutzflächen des Gebäudes – die auf dem Anwesen ruhenden ordentlichen und außerordentlichen öffentlichen sowie privaten Lasten, zu tragen, insbesondere anteilig die Grundsteuer, Erschließungs- und Anliegerkosten sowie die Prämien für die Brandversicherung. Das Gleiche gilt für die Unterhaltung und Instandhaltung derjenigen Räume, Gebäude- und Grundstücksteile, die bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Gesetz von allen Miteigentümern gemeinschaftlich zu tragen wären. Schönheitsreparaturen tragen Eigentümer und Dauerwohnberechtigter getrennt jeweils für die ihrer Nutzung unterliegenden Räume. Eine Instandhaltungsrücklage kann nach Maßgabe eines einstimmigen Beschlusses von Eigentümer und Dauerwohnberechtigtem gebildet werden. (5) Betriebskosten Der Dauerwohnberechtigte trägt auch anteilig die auf seine Wohnung entfallenden laufenden Betriebskosten, insbesondere für Müllabfuhr, Kaminkehrer, Treppenhaus- und Außenbeleuchtung sowie für die Warmwasser- und Heizungsversorgung. (6) Heimfall Der Eigentümer kann die Übertragung des Dauerwohnrechts auf sich oder auf einen von ihm bezeichneten Dritten verlangen, – wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Dauerwohnrecht eingeleitet und nicht innerhalb von drei Monaten aufgehoben werden, – bei Verpfändung oder sonstiger Belastung des Dauerwohnrechts ohne Zustimmung des Eigentümers. Ein dinglich wirkendes Zustimmungserfordernis kann insoweit nicht begründet werden. 660

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E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.78 Kap. 6

– wenn über das Vermögen des Dauerwohnberechtigten das Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird, – wenn die dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäude- und Grundstücksteile nachhaltig und trotz Abmahnung zu unzulässigen Zwecken genutzt werden, – wenn der Dauerwohnberechtigte nachhaltig und trotz Abmahnung seinen Zahlungsund Unterhaltungspflichten nicht nachkommt, – wenn der Dauerwohnberechtigte verstirbt, gleichgültig auf wen das Dauerwohnrecht übergeht – oder sonst dem Grundstückseigentümer die Fortsetzung des Dauerwohnrechts aus Gründen nicht mehr zugemutet werden kann, die aus der Sphäre des Dauerwohnberechtigten stammen. Auf die Beschränkung der Ausübung des Heimfallsgrundes des § 36 Abs. 2 WEG bei Wohnungen, die bei einem Mietvertrag dem Mieterschutz unterliegen, hat der Notar hingewiesen. Der Dauerwohnberechtigte erhält die Entschädigung gem. § 41 Abs. 3 WEG, wenn der Eigentümer vom Recht des Heimfalls Gebrauch macht. Sofern die Beteiligten nicht innerhalb eines Monats nach Ausübung des Heimfallanspruchs eine Einigung erzielen, entscheidet hierüber ein vom örtlich zuständigen Landgerichtspräsidenten zu bestimmender öffentlich bestellter und gerichtlich vereidigter Sachverständiger für das Grundstückswesen als Schiedsgutachter gem. § 317 BGB. (7) Versteigerung aus vorrangigen Rechten Das Dauerwohnrecht bleibt abweichend von § 44 des Gesetzes über Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen, wenn ein Gläubiger einer dem Dauerwohnrecht im Rang vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast die Zwangsversteigerung betreibt. Der Notar hat auf die nach § 39 Abs. 2 WEG erforderliche Zustimmung der Gläubiger hingewiesen und soll diese namens der Beteiligten einholen. Sollte die Einwilligung der Gläubiger nicht zu erlangen sein, so bleibt die Bestellung des Dauerwohnrechts dennoch wirksam. (8) Weitere Regelungen Der Dauerwohnberechtigte ist zur alleinigen Unterhaltung und Instandhaltung für all diejenigen Räume und Gebäudeteile verpflichtet, die beim Wohnungseigentum der Wohnungseigentümer zu tragen hätte. An den Kosten, die bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft von dieser zu tragen wären, hat der Dauerwohnberechtigte sich zu … % zu beteiligen. Alternative 1: Der Anspruch des Dauerwohnberechtigten auf Löschung der vorrangigen Grundpfandrechte nach § 41 Abs. 2 WEG wird ausgeschlossen. Alternative 2: Zur Sicherung des Anspruchs des Dauerwohnberechtigten nach § 41 Abs. 2 WEG bewilligen und beantragen die Beteiligten die Eintragung einer Löschungsvormerkung bei den im Grundbuch in Abteilung III derzeit eingetragenen Rechten. Eine Wiederherstellungspflicht wird nicht begründet. Der Eigentümer ist verpflichtet, folgende Versicherungen abzuschließen: … Spiegelberger

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Kap. 6 Rz. 6.78 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG (9) Bewilligung Die Eintragung des Dauerwohnrechts an Flurstück Nr. … zugunsten von Frau …[T]… und im Gleichrang zugunsten von Herrn …[S]… mit dem vorstehenden Inhalt in das Grundbuch wird bewilligt und beantragt. Ein Vorrangvorbehalt wird nicht vereinbart. IV. Schuldrechtliche Vereinbarungen (1) Rechte und Pflichten Der Dauerwohnberechtigte hat die Rechte und Pflichten eines Wohnungseigentümers in entsprechender Anwendung der §§ 10–29 WEG. Maßnahmen, für die bei Wohnungseigentümern ein Beschluss der Eigentümerversammlung oder eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlich ist, dürfen nur mit Zustimmung des Dauerwohnberechtigten durchgeführt werden. (2) Aufwendungsersatzanspruch Als Gegenleistung für die Einräumung des Dauerwohnrechts verzichtet der Dauerwohnberechtigte gegenüber dem Eigentümer auf den Entschädigungsanspruch gem. §§ 951, 812 BGB für die von ihm eingefügten Bauteile, die in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergegangen sind. (3) Nutzungsentschädigung Für die Nutzung ist auf die Laufzeit des Dauerwohnrechts kein Nutzungsentgelt mit Ausnahme des Ersatzes der Betriebskosten gem. Abschnitt III Abs. 5 dieses Vertrages zu entrichten. (4) Beendigung Sofern das Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht durch Zeitablauf erlischt, hat der Eigentümer dem Dauerwohnberechtigten ebenfalls eine angemessene Entschädigung zu zahlen, für deren Festsetzung die Regelung in Abschnitt III Abs. 6 entsprechend gilt. (5) Weiterverpflichtung Soweit diese schuldrechtlichen Verpflichtungen nicht kraft Gesetzes auf Sonderrechtsnachfolger übergehen, sind die Beteiligten verpflichtet, diese Verpflichtungen bei der Veräußerung ihren Sonderrechtsnachfolgern aufzuerlegen und diese in derselben Weise zur Weiterübertragung zu verpflichten. (6) Vorerwerbsrecht Anstelle der Zustimmung zur Veräußerung nach Abschnitt III Abs. 3 dieses Vertrages ist der jeweilige Eigentümer auch berechtigt, die Übertragung zu den vereinbarten Bedingungen auf sich zu verlangen, es sei denn, dass die Veräußerung an den Ehegatten oder an Abkömmlinge des Dauerwohnberechtigten erfolgt. Als Gegenleistung ist mindestens der Betrag zu zahlen, der bei Ausübung des Heimfalls als angemessene Entschädigung zu zahlen wäre. … [Sicherung des bedingten Erwerbsrechts durch Vormerkung je nach Einzelfall] V. Steuerklausel Durch diesen Vertrag soll der Dauerwohnberechtigte wirtschaftlich und steuerlich einem Wohnungseigentümer gleichgestellt sein. Sollte die Finanzverwaltung die durch diesen 662

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E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.79 Kap. 6

Vertrag erstrebten Wirkungen nicht oder nicht mehr anerkennen, verpflichten sich die Beteiligten, eine Regelung herbeizuführen, die die erstrebten Rechtsfolgen bewirkt. VI. Schlussbestimmungen Die Kosten dieser Urkunde und ihres Vollzuges tragen die Dauerwohnberechtigten zu gleichen Teilen. Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen: die Vertragsteile beglaubigte Abschriften: das Grundbuchamt einfache Abschriften: das Finanzamt – Schenkungsteuerstelle – – Bewertungsstelle – Steuerberater S

M68 Bauverpflichtung und Bestellung eines Dauernutzungsrechts

6.79

Beispiel: Bauträger SG errichtet auf dem Grundstück des AK ein Wohn- und Geschäftshaus und erhält zur eigenbetrieblichen Nutzung an dem Erd- und Obergeschoss ein Dauernutzungsrecht auf die Dauer von 15 Jahren. Für die Bauleistungen erhält der Bauträger in Raten nach Baufortschritt 150.000 a und bei Heimfall oder Zeitablauf weitere 340.000 a. – Wohnung Eigentümer – Büro – Ladenräume – Kellerräume Beurkundet am … A. Grundbuchstand, Sachverhalt 1. Im Grundbuch des AG … für die Gemarkung … Blatt … ist Herr AK als Alleineigentümer des Grundstücks der Gemarkung … Flst. … (…), zu 1.000 qm, eingetragen. Der Grundbesitz ist lt. Grundbuch belastet wie folgt: In Abteilung II: frei In Abteilung III: lfd. Nr. 1–3 Grundpfandrechte 2. Herr SG plant auf einer Teilfläche aus den vorbezeichneten Grundstücken ein Wohnund Geschäftshaus mit drei Einheiten (Erdgeschoss = Laden, Obergeschoss = Büroräume, Dachgeschoss = Wohnung) zu errichten. Dabei sollen der Laden und die Büroräume sowie Keller 3 und 4 auf Dauernutzungsrechtsbasis Herrn SG zugewiesen werden, während die Wohnung sowie Keller 1 und 2 von Herrn AK genutzt werden. Die BauherSpiegelberger

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Kap. 6 Rz. 6.79 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG stellung erfolgt von Herrn SG auf dessen Kosten, wobei Herr AK insgesamt nach Baufortschritt einen Betrag i.H.v. 150.000 a (in Worten: einhundertundfünfzigtausend Euro) entrichtet, der wie folgt zur Zahlung fällig ist: a) 25 % nach Beginn der Erdarbeiten sowie b) 28 % nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten, c) 5,6 % für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen d) 2,1 % für die Rohinstallation der Heizungsanlagen e) 2,1 % für die Rohinstallation der Sanitäranlagen f) 2,1 % für die Rohinstallation der Elektroanlagen g) 7 % für den Fenstereinbau einschließlich der Verglasung h) 4,2 % für den Innenputz ausgenommen Beiputzarbeiten i) 2,1 % für den Estrich j) 2,8 % für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich k) 8,4 % nach Bezugsfertigkeit Zug um Zug gegen Abnahme des Bauwerks l) 2,1 % für die Fassadenarbeiten und m)3,5 % nach vollständiger Fertigstellung Der Restbetrag von 5 % (Einbehalt) ist zur Zahlung fällig, wenn das Vertragsobjekt ohne wesentliche Mängel fertig gestellt ist. Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich die Fälligkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen. Dieser Einbehalt ist auch fällig, wenn der Verkäufer eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel mindestens in Höhe des Einbehalts gestellt hat und die betreffende Erklärung dem Käufer zugegangen ist. Die einzelnen Raten müssen vom Verkäufer einzeln schriftlich unter Beifügung einer Bestätigung des Bauleiters oder Architekt über den Baufortschritt abgerufen werden. Die Beträge müssen jeweils innerhalb von zwei Wochen nach Abruf eingegangen sein. B. Dauernutzungsrechtsbestellung I. Vertragsfläche Die Vertragsfläche ist eine amtlich erst noch zu vermessende Teilfläche aus den in Teil A dieser Urkunde näher bezeichneten Grundstücken Flst. … und … im Ausmaß von ca. 700 m2. Die Vertragsfläche ist in dem dieser Urkunde beigefügten Lageplan schraffiert eingezeichnet. Auf den Lageplan wird verwiesen, er wurde den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt. Sofern die Teilfläche aufgrund dieser Urkunde nicht hinreichend genau beschrieben ist, bezeichnet sie der Grundstückseigentümer gem. § 315 BGB. Das Schnurgerüst für das zu errichtende Gebäude ist anhand der Eingabeplanung anzulegen. Die Grundstücksgrenzen sind so zu ziehen, dass die Abstandsflächen des Vorhabens auf dem Grundstück (Vertragsfläche) liegen.

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E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.79 Kap. 6

Zur Stellung des Vermessungsantrages wird der Notar beauftragt. Die Kosten der Vermessung trägt der Dauernutzungsberechtigte. Der Notar wies darauf hin, dass durch die Teilung eines Grundstücks in dem Geltungsbereich eines Bebauungsplanes keine Verhältnisse entstehen dürfen, die den Festsetzungen eines Bebauungsplanes widersprechen. Nach Angabe der Vertragsteile wurde die Baugenehmigung bereits erteilt. Der amtierende Notar wird beauftragt und ermächtigt, die Vertragsfläche nach erfolgter Vermessung amtlich zu bezeichnen und den Vollzug des entsprechenden Fortführungsnachweises im Grundbuch zu beantragen. II. Dauernutzungsrechtsvertrag § 1 Bestellung Herr AK – nachstehend als „Grundstückseigentümer“ bezeichnet –, bestellt hiermit zugunsten von Herrn SG – nachstehend als „Dauernutzungsberechtigter“ bezeichnet – an der Vertragsfläche ein Dauernutzungsrecht für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses gem. der Bauverpflichtung in Teil C. dieser Urkunde. Das Dauernutzungsrecht erstreckt sich auch auf die westlich gelegenen sieben von insgesamt neun Kfz-Stellplätzen, gem. der Bauherstellungsverpflichtung in Teil C. dieser Urkunde, im Plan „Stellplätze“ mit den Nrn. 1–7 bezeichnet. § 2 Vertragsdauer Das Dauernutzungsrecht wird auf die Dauer von 15 Jahren (i.W.: fünfzehn) eingeräumt, gerechnet ab 1.1.2017. Der Dauernutzungsberechtigte kann einmalig die Verlängerung des Dauernutzungsrechtsvertrages bis zum 31.12.2032 verlangen, wenn er dies dem Grundstückseigentümer spätestens zwei Jahre vor Vertragsende schriftlich anzeigt. § 3 Bau- und Unterhaltungsverpflichtung 1. Der Dauernutzungsberechtigte ist verpflichtet, das Bauwerk ohne schuldhaftes Zögern zu errichten. Für die Bauherstellung gelten die Bestimmungen unter Teil C. dieser Urkunde. 2. Das Bauwerk ist im Übrigen unter Verwendung guter und dauerhafter Baustoffe und unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Bauvorschriften zu erstellen. 3. Der Dauernutzungsberechtigte ist verpflichtet, das von ihm zu errichtende Bauwerk einschließlich der Außenanlagen mit Ausnahme der beiden dem Grundstückseigentümer verbleibenden Kfz-Stellplätze in einem guten Zustand zu halten und die erforSpiegelberger

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Kap. 6 Rz. 6.79 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG derlichen Reparaturen und Erneuerungen unverzüglich auf eigene Kosten vorzunehmen. Kommt der Dauernutzungsberechtigte diesen Verpflichtungen trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist nicht oder nur ungenügend nach, so ist der Grundstückseigentümer berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Dauernutzungsberechtigten vornehmen zu lassen. § 4 Besichtigungsrecht Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, das vom Dauernutzungsrecht erfasste Bauwerk nach vorheriger Absprache zu jeder angemessenen Tageszeit durch Sachverständige, Beauftragte oder Bevollmächtigte besichtigen und auf den baulichen Zustand und die vertragsgemäße Verwendung prüfen zu lassen. § 5 Versicherung Der Dauernutzungsberechtigte ist verpflichtet, auf eigene Kosten das zu errichtenden Bauwerk zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum gleitenden Neuwert gegen Brand-, Sturmund Leitungswasserschäden zu versichern und zum selben Zeitpunkt eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Nachweise hierüber sind dem Grundstückseigentümer jeweils auf Verlangen vorzulegen. Kommt der Dauernutzungsberechtigte den vorstehenden Verpflichtungen nicht nach, so kann der Grundstückseigentümer auf Kosten des Dauernutzungsberechtigten für diese Versicherungen sorgen. Der Grundstückseigentümer erstattet 1/ 3 der vorbezeichneten Kosten für die von ihm genutzte Wohnung jeweils nach Nachweis der Zahlung der vorbezeichneten Versicherungsprämie. § 6 Eintritt des Versicherungsfalles 1. Der Dauernutzungsberechtigte ist verpflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalles das Bauwerk unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Jahren wertgleich wieder aufzubauen. Dabei sind die Versicherungs- sowie sonstigen Entschädigungsleistungen zur Wiederherstellung zu verwenden. 2. Kommt der Dauernutzungsberechtigte seiner Verpflichtung zum Wiederaufbau trotz schriftlicher Mahnung nicht oder nur ungenügend nach, ist der Grundstückseigentümer berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Dauernutzungsberechtigten vornehmen zu lassen. § 7 Lastentragung Der Dauernutzungsberechtigte hat die auf die Vertragsfläche und das Bauwerk entfallenden öffentlichen und privatrechtlichen Abgaben und Lasten zu tragen. Der Grundstückseigentümer erstattet dem Dauernutzungsberechtigten jeweils 1/ 3 dieser laufenden Abgaben und Lasten jeweils nach Zahlungsnachweis. Die Erschließungsbeiträge sowie alle sonstigen, mit der Erschließung des Vertragsfläche verbundenen Kosten nach dem BauGB und Kommunalabgabengesetz, welche ab heute in Rechnung gestellt werden, hat der Dauernutzungsberechtigte zu tragen, und zwar unabhängig von der tatsächlichen Höhe dieser Kosten. Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich jedoch, über den in A.3. genannten Betrag i.H.v. 150.000 a (in Worten: einhundertfünfzigtausend Eu666

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E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.79 Kap. 6

ro) hinaus einen weiteren Betrag i.H.v. 10.000 a (in Worten: zehntausend Euro) nach Fertigstellung aller Hausanschlüsse an SG zu entrichten, ohne dass der Dauernutzungsberechtigte weitere Nachweise zu erbringen hat. § 8 Heimfall Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, vom Dauernutzungsberechtigten die Übertragung des Dauernutzungsrechts oder eines Bruchteils auf sich oder einen von ihm zu benennenden Dritten vor Ablauf der in § 2 vereinbarten Dauer des Dauernutzungsrechtes auf Kosten des Dauernutzungsberechtigten zu verlangen ? bei Verstoß gegen die in den §§ 3, 5 und 6 dieses Vertrages vereinbarten Verpflichtungen, sofern auch einer Abmahnung keine Folge geleistet wird, ? bei Zahlungsverzug des Dauernutzungsberechtigten mit dem Nutzungsentgelt i.H.v. drei Monatsraten, ? bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Dauernutzungsberechtigten oder falls die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird, ? bei Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Dauernutzungsrechts. § 9 Entschädigung und Räumungsverpflichtung bei Heimfall und Zeitablauf 1. Macht der Eigentümer von seinem Heimfallrecht gem. § 8 dieses Vertrages Gebrauch oder tritt Zeitablauf ein, so hat er dem Dauernutzungsberechtigten eine Vergütung von 80 % – achtzig vom Hundert – der vom Dauernutzungsberechtigten nachgewiesenen Anschaffungskosten, höchstens i.H.v. 340.000 a (in Worten: dreihundertvierzigtausend Euro) zu gewähren, mindestens jedoch 80 % des Zeitwertes. 2. Können sich die Beteiligten über die Anschaffungskosten/Zeitwert gem. Abs. 1) nicht einigen, erfolgt die Festsetzung durch einen öffentlich bestellten und gerichtlich vereidigten Sachverständigen für das Grundstückswesen, der auf Antrag eines Vertragsteils von dem örtlich zuständigen Gutachterausschuss benannt wird und dessen Schätzung als Schiedsgutachter gem. § 317 BGB für die Beteiligten verbindlich ist. § 10 Eintragungsbewilligung Die Eintragung des vorbestellten Dauernutzungsrechts an der Vertragsfläche zugunsten von Herrn SG mit dem vorstehenden Inhalt in das Grundbuch wird an nächstoffener Rangstelle bewilligt und beantragt. Die Beteiligten werden die erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung gem. § 32 WEG i.V.m. § 7 WEG unverzüglich nachreichen. Um Vollzugsnachricht zu Händen des amtierenden Notars wird ersucht. III. Nutzungsentgelt 1. Mit schuldrechtlicher Wirkung wird ein Nutzungsentgelt i.H.v. monatlich 700 a (in Worten: siebenhundert Euro) für das vom Dauernutzungsrecht erfasste Bauwerk sowie für die Nutzung der im Lageplan ausgewiesenen sieben Kfz-Stellplätze des Dauernutzungsberechtigten fällig.

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Kap. 6 Rz. 6.79 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG 2. Das Nutzungsentgelt wird ab Bezugsfertigkeit des vom Dauernutzungsrecht erfassten Bauwerks geschuldet, erstmals zu dem auf die Bezugsfertigkeit folgenden Monatsersten. 3. Das Nutzungsentgelt soll wertbeständig sein. Es erhöht und vermindert sich in demselben prozentualen Verhältnis, in dem sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden für jeden Monat festgestellte und veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland auf der Basis 2010 = 100 gegenüber dem für den Monat der Fertigstellung der Dauernutzungsräume festzustellenden Index erhöht oder vermindert. Eine Erhöhung oder Verminderung des jeweils zu zahlenden Betrages tritt jedoch erst dann ein, wenn die Indexveränderung zu einer Erhöhung oder Verminderung des jeweils zu zahlenden Betrages um mindestens 10 % – Zehn von Hundert – führt. IV. Zwangsvollstreckungsunterwerfung Der Dauernutzungsberechtigte unterwirft sich wegen aller in dieser Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtungen insbesondere wegen aller in Abschnitt III eingegangenen Verpflichtungen, der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen mit der Maßgabe, dass es zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Nachweises der Fälligkeit nicht bedarf. Eine Beweislastumkehr ist damit nicht verbunden. V. Besitzübergang 1. Besitz, Nutzungen, Lasten und die Gefahr des zufälligen Untergangs gehen mit sofortiger Wirkung auf den Dauernutzungsberechtigten über, wobei dem Grundstückseigentümer die alleinige Nutzung des Zugangs zu der von ihm genutzten Wohnung und den beiden Kfz-Stellplätzen verbleibt, im Plan „Stellplätze“ mit 8 und 9 bezeichnet. 2. Der Dauernutzungsberechtigte haftet vom Zeitpunkt der Übergabe ab für den verkehrssicheren Zustand der gesamten Vertragsfläche. Er hat den Grundstückseigentümer von etwaigen Schadenersatzansprüchen freizustellen, die wegen Verletzung der genannten Pflichten gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend gemacht werden. Die Verkehrssicherungspflicht einschließlich von Räum- und Streupflichten trifft somit für die gesamte Vertragsfläche ausschließlich den Dauernutzungsberechtigten, ohne dass dem Grundstückseigentümer für alle Zugangs- und Zufahrtsflächen irgendeine Haftung verbleibt. VI. Veräußerungen 1. Die Veräußerung des Dauernutzungsrechtes oder von Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers. 2. Der Grundstückseigentümer kann die Zustimmung versagen, wenn eine Gesellschaft, auf die das Dauernutzungsrecht übertragen wird, im Verhältnis zum Nutzungsentgelt unterkapitalisiert ist. Bei der Übertragung auf eine natürliche Person kann Sicherheitsleistung in Höhe des kapitalisierten Nutzungsentgelts – ohne Wertsicherung – bis zur Beendigung des Dauernutzungsrechts verlangt werden. 3. Abs. 1 gilt nicht für die Erteilung des Zuschlags in einer Zwangsversteigerung des Dauernutzungsrechts (oder von Teilen davon), die aus einem Pfandrecht betrieben wird, das mit Zustimmung des Grundstückseigentümers eingetragen worden ist, falls 668

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Rz. 6.79 Kap. 6

die Zuschlagserteilung an denjenigen erfolgt, der in diesem Zeitpunkt der Gläubiger des Pfandrechts ist. VII. Belastungen 1. Zur Verpfändung des Dauernutzungsrechts bedarf der Dauernutzungsberechtigte der schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers. 2. Die Belastung darf nur für vertraglich zulässige Baumaßnahmen auf der Vertragsfläche erfolgen. Die bestimmungsgemäße Verwendung hat der Dauernutzungsberechtigte dem Grundstückseigentümer durch eine entsprechende Gläubigerbestätigung in Schriftform nachzuweisen. 3. Sofern die das Bauwerk finanzierende Bank im EU-Raum die Verpfändung des Dauernutzungsrechts für die geplante Baumaßnahme nicht als ausreichend erachtet, ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, bei der Bestellung eines Grundpfandrechts bis zur Höhe von 250.000 a (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) mit Jahreszinsen bis zu 16 % an erster Rangstelle in Abt. III des Grundbuches, hinsichtlich von Rechten in Abt. II an nächstoffener Rangstelle, mitzuwirken, vorausgesetzt, dass in dem Kreditvertrag die gleichmäßige Tilgung in der Weise gesichert ist, dass nach Ablauf von zehn Jahren ab Beginn des Dauernutzungsrechts die Kreditschuld samt Zinsen vollständig getilgt ist. Die Einräumung dieses Rechts kann nur bis zum 31.12.2018 verlangt werden. Eine Neuvalutierung nach planmäßiger Tilgung ist ausgeschlossen. Die Kosten dieser Grundpfandrechtsbestellung hat der Dauernutzungsberechtigte zu tragen. 4. Der Grundstückseigentümer übernimmt im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung keine persönlichen Zahlungspflichten. Der Erwerber hat den Grundstückseigentümer von allen Kosten und sonstigen Folgen der Grundschuldbestellung freizustellen. VIII. Haftungsausschluss Der Grundstückseigentümer übernimmt keinerlei Haftung dafür, dass die Vertragsfläche in der vom Dauernutzungsberechtigten beabsichtigten Weise bebaut werden kann oder dass das Bauvorhaben in der vom Dauernutzungsberechtigten beabsichtigten Weise geplant und durchgeführt werden kann. IX. Weitergabeverpflichtung Die Beteiligten sind verpflichtet, im Fall der Veräußerung des Dauernutzungsrechtes oder Teilen davon, die schuldrechtlichen Vereinbarungen des Dauernutzungsrechtsvertrages dem Erwerber mit derselben Weiterübertragungsverpflichtung aufzuerlegen. C. Bauverpflichtung I. Bauverpflichtung 1. Herr SG – nachstehend „Erwerber“ genannt – plant, auf dem mit dem Dauernutzungsrecht belasteten Grundstück die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit neun Stellplätzen Spiegelberger

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Kap. 6 Rz. 6.79 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG 2. Der Erwerber verpflichtet sich, das Vertragsobjekt herzustellen. a) Er schuldet die Herstellung so, dass sich das Vertragsobjekt für die gewöhnliche Verwendung zu Wohnzwecken (im Dachgeschoss) und geschäftlichen Zwecken (Laden im Erdgeschoss und Büro im Obergeschoss) eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken gleicher Art erwartet werden kann. b) Umfang und Inhalt der Herstellungsverpflichtung werden durch die Baubeschreibung, die in der Anlage zu dieser Urkunde beigefügt ist, bestimmt. Bei Zweifeln über die zu erbringenden Leistungen geht die Baubeschreibung den Plänen vor. c) Soweit die Baubeschreibung und die Pläne keine konkrete Bauausführung vorschreiben, hat der Erwerber die geschuldeten Arbeiten nach den gesetzlichen Anforderungen und behördlichen Vorschriften auszuführen. Außerdem hat er die im Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten für das betreffende Gewerk anerkannten Regeln der Technik einzuhalten; spätere Änderungen dieser Regeln müssen nur beachtet werden, sofern sie zum Zeitpunkt der Ausführung der betreffenden Arbeiten zuverlässig vorhersehbar sind. d) Soweit der Inhalt der Leistungen nach vorstehend a) bis c) nicht abschließend bestimmt ist, ist der Erwerber zur Bestimmung nach billigem Ermessen berechtigt. 3. Abweichungen sind zulässig, wenn sie aufgrund behördlicher Auflagen rechtlich geboten sind, oder wenn sie sich als technisch notwendig erweisen und dem Grundstückseigentümer zumutbar sind. Abweichungen dürfen Güte, Wert und Gebrauchsfähigkeit des Vertragsobjekts nicht mindern. 4. Die Wohnung im Dachgeschoss wird voraussichtlich eine Größe von 113,55 m2 haben; als Beschaffenheit wird jedoch nur eine Mindestgröße der Einheit vereinbart, die dieses Maß um bis zu zwei Prozent unterschreiten darf. Der Erwerber haftet demnach nur dann, wenn die als Beschaffenheit vereinbarte Größe der Einheit unterschritten wird, und nur insoweit, als eine Abweichung nicht durch Sonderwünsche des Grundstückseigentümers veranlasst ist. Flächenangaben wurden berechnet nach der Wohnflächenverordnung, wobei Balkone zu 1/ 2 ihrer Grundfläche angesetzt wurden. Der Keller wurde nicht berücksichtigt. 5. Der aufgrund der Energieeinsparverordnung für das Vertragsobjekt zu erstellende Energiepass ist dem Grundstückseigentümer spätestens bei Besitzübergabe auszuhändigen. 6. Die im Plan eingezeichneten Möbel und Inventargegenstände sind nach Hinweis des Erwerbers lediglich gestalterische Vorschläge und nicht mitverkauft soweit nicht ausdrücklich in der Baubeschreibung aufgeführt. 7. Der Erwerber verpflichtet sich, das Vertragsobjekt bis spätestens 31.12.2018 bezugsfertig und bis spätestens bis 31.5.2019 vollständig fertig zu stellen. Bei einem Verzug des Erwerbers bleibt es bei den gesetzlichen Rechten des Grundstückseigentümers; eine vom Grundstückseigentümer zu setzende Nachfrist muss jedoch mindestens sechs Wochen betragen. Können Außenarbeiten jahreszeitlich bedingt nicht innerhalb dieser Frist ausgeführt werden, hat sie der Erwerber zu geeigneter Zeit zu erbringen. Die Abnahme des Vertragsobjekts bei Bezugsfertigkeit wird hierdurch nicht berührt. Behinderungen bei 670

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E. Gestaltungsvorschläge

Rz. 6.79 Kap. 6

der Herstellung des Objekts aus Umständen, die vom Erwerber nicht zu vertreten sind, z.B. höhere Gewalt, Streik, Ausführung von Sonderwünschen, verlängern die Herstellungsfrist um die Dauer der Behinderung. III. Abnahme, Besitzübergang 1. Die Vertragsteile verpflichten sich gegenseitig zur Abnahme des vertragsgegenständlichen Bauwerks nach dessen bezugsfertiger Herstellung. Bei der Abnahme findet eine gemeinsame Besichtigung des Vertragsobjektes statt. Hierüber ist ein Abnahmeprotokoll anzufertigen, in das noch fehlende Leistungen und Mängel aufzunehmen sind, auch soweit hierüber Streit besteht. Andere Formen der Abnahme sind damit nicht ausgeschlossen. 2. Der Erwerber ist zur Übergabe hinsichtlich der Dachgeschosswohnung verpflichtet, wenn die Abnahme durchgeführt ist. D. Sonstige Verpflichtungen Bei Beendigung des Dauernutzungsrechts ist der Dauernutzungsberechtigte verpflichtet auf eigene Kosten die Büroräume im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss in funktionsfähige Wohnungen umzubauen, so dass auch Küchenanschlüsse für beide Etagen bestehen. Für diesen Umbau gelten die als Anlage beigefügten Umbaupläne. Sofern der Dauernutzungsberechtigte der Umbauverpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, mindert sich die Entschädigung gem. B) § 9 Nr. 1 in der Weise, dass anstelle der Vergütung i.H.v. 80 % nur 70 % der Anschaffungskosten, jedoch mindestens 70% des Zeitwertes zu erstatten sind. E. Schlussbestimmungen I. Beauftragung des Notars Die Beteiligten ermächtigen den Notar unter Befreiung von § 181 BGB, sie im Grundbuchverfahren uneingeschränkt zu vertreten sowie alle zur Wirksamkeit und zum Vollzug zweckdienlichen Erklärungen, insbesondere Bewilligungen abzugeben, einzuholen (auch unter Übersendung von Entwürfen) und entgegenzunehmen, gegenseitig mitzuteilen und dies festzustellen. Bei Genehmigungen ohne Einschränkungen wird auf Rechtsmittel verzichtet; andere Bescheide sind den Beteiligten selbst zuzustellen. Genehmigungen sollen mit ihrem Eingang beim Notar allen Beteiligten als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein. II. Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nicht wirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen vertraglichen Vereinbarungen nicht berührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich in diesem Falle zum Abschluss einer neuen Vereinbarung, die dem mit der unwirksamen Bestimmung gewollten Zweck entspricht oder möglichst nahe kommt bzw. ergänzt.

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Kap. 6 Rz. 6.79 Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht gem. § 31 ff. WEG III. Belehrungen Die Beteiligten wurden vom Notar insbesondere auf Folgendes hingewiesen: a) dass alle Abreden richtig und vollständig beurkundet sein müssen; b) darauf, dass zur Eintragung des Dauernutzungsrechts die Abgeschlossenheitsbescheinigung gem. § 7 WEG erforderlich ist, ebenso die Vermessung der Vertragsfläche. IV. Kosten Der Dauernutzungsberechtigte hat die Kosten dieses Vertrages einschließlich seiner Durchführung zu tragen, ebenso die Kosten der Grundbucheintragung, die Kosten des Heimfalls und der Löschung des Dauernutzungsrechtes. Das Dauernutzungsrecht ist kein grundstücksgleiches Recht gem. § 2 Abs. 2 GrEStG, so dass für das Dauernutzungsrecht keine Grunderwerbsteuer erhoben wird. V. Ausfertigungen und Abschriften Von dieser Urkunde erhalten – unter Verzicht auf Mitausfertigung der Pläne -: Beglaubigte Abschriften: ? jeder Vertragsteil, ? das Grundbuchamt Einfache Abschriften: ? jeder Vertragsteil, ? das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle, ? der Gutachterausschuss, ? die Steuerberater der Beteiligten. Samt Baubeschreibung vorgelesen vom Notar …

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Kapitel 7 Nießbrauch und Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen A. Einführung I. Grundtypen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.1

II. Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.2

B. Zivilrechtliche Gestaltung I. Inhalt und Belastungsgegenstand

7.7

II. Berechtigter. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.31

III. Verhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer . . . . . .

7.40

IV. Wohnungseigentum, vermieteter Grundbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.45

V. Pfändung, Überleitung . . . . . . . . .

7.48

VI. Aufhebung, Surrogation, Erlöschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.49

VII. Ehe-, Erb- und Pflichtteilsrecht .

7.53

C. Einkommensteuer I. Allgemein 1. Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch Bestellung eines Nießbrauchs? . . . . . . . . . . . . 3. Fälle des Gestaltungsmissbrauchs gem. § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nießbrauchs- und andere dingliche Nutzungsrechte zugunsten nahestehender Personen (insb. zugunsten Angehöriger). . . . . . . . 5. Nießbraucherlasse . . . . . . . . . . . . . II. Zuwendungsnießbrauch. . . . . . . . 1. Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch . . . . . . . . . . . . . . III. Vorbehaltsnießbrauch. . . . . . . . . . 1. Behandlung beim Nießbraucher a) Einkünfte, AfA, Werbungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gestaltung des Berechtigungsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behandlung beim Eigentümer . .

7.71 7.75 7.76

7.80 7.88 7.89 7.91 7.96 7.121 7.125 7.127 7.129

IV. Einzelprobleme 1. Dinglich nicht vollzogenes Nießbrauchsrecht . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherungsnießbrauch . . . . . . . . . 3. Bruchteils- und Quotennießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei obligatorischen Nutzungsrechten . . . . . . . . 5. Bestellung eines Wohnrechts . . . . 6. Vermächtnisnießbrauch . . . . . . . . 7. Mittelbare Grundstücksschenkung mit Vorbehaltsnießbrauch . 8. Vorbehaltsnießbrauch und private Veräußerungsgeschäfte . . . . . V. Wegfall, Ablösung, Surrogation 1. Tod, unentgeltlicher Verzicht, Aufhebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ablösung a) Vorbehaltsnießbrauch . . . . . . . b) Zuwendungsnießbrauch . . . . . c) Dingliches Wohnrecht, obligatorisches Nutzungsrecht . . . 3. Surrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedingung, Befristung . . . . . . . . . VI. Nießbrauch an betrieblich genutzten Grundstücken 1. Zuwendungsnießbrauch an einem Einzelgrundstück als Entnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbehaltsnießbrauch an einem Einzelgrundstück . . . . . . . . . . . . . . 3. Zuwendungsnießbrauch am gesamten Einzelunternehmen . . . 4. Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . .

7.151 7.152 7.154 7.158 7.160 7.163 7.164 7.165

7.167 7.168 7.172 7.191 7.192 7.194

7.195 7.203 7.214 7.219

D. Erbschaftsteuer I. Erwerb unter Vorbehalt des Nießbrauchs, Schulden, Familienwohnheim 1. Erwerb unter Vorbehalt des Nießbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Familienheim . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.221 7.225 7.228

II. Mitberechtigungsnießbrauch . . .

7.229

Fleischer 673

Kap. 7 Nießbrauch und Immobilienübertragung III. Wegfall 1. Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Surrogation. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.232 7.233 7.238

E. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . .

7.241

F. Umsatzsteuer I. Vorbehaltsnießbrauch. . . . . . . . . .

7.251

II. Zuwendungsnießbrauch. . . . . . . .

7.257

G. Sonstige Steuerfragen I. Baudenkmal, § 7i EStG. . . . . . . . .

7.271

II. Investitionszulage . . . . . . . . . . . . .

7.272

III. Zweitwohnungssteuer. . . . . . . . . .

7.273

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen I. Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . II. Substitution nicht abzugsfähiger Versorgungsleistungen . . . . . . . . . 1. Veräußerungsrente . . . . . . . . . . . . 2. Kaufvertrag (mit Stundung) . . . . 3. Vorbehaltsnießbrauch mit Rückvermietung bzw. Quotennießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einbringung in GmbH bzw. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . .

7.281 7.285 7.288 7.295 7.301 7.307

Literatur (Auswahl): Billig, Erbschaftsteuer- und schenkungsteuerrechtliche Konsequenzen der Lastentragung bei einer Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, UVR 2016, 314; Brüggemann, Neuer Erlass zum Nießbrauch bei Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ErbBstg 2014, 13; Carlé, Beratungsbrennpunkt Nießbrauchsgestaltung, KSp. 13, 2012, Tz. D; Deutschländer, Private Vermögensübertragungen gegen dauernde Lasten, NWB 2013, 3636; Fleischer, Vermögensübergabe gegen (private) Versorgungsleistungen nach dem JStG 2008, ZEV 2007, 475; Fleischer, Vermögensübergabe gegen private Versorgungsleistungen: Steuersystem, steuerliche Änderung und Steuerplanungssicherheit in Wachter (Hrsg.), FS für S. Spiegelberger (2009), 120; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen – steuerliche Problemfelder, notar 2015, 144; Geck, Der Rentenerlass IV zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – Schwerpunkt und Bewertung aus Sicht der Beratungspraxis, ZEV 2010, 220; Geck, Die steuerlichen Rahmenbedingungen der vorweggenommenen Erbfolge 2003 bis 2013 – ein Rückblick auf ereignisreiche Jahre, ZEV 2013, 169; Goetze, Der lebzeitige Nießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens im Steuerrecht, RNotZ 2013, 147; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht, 11. Aufl. 2017; Ivens, Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, ZEV 2012, 71; Keller/von Schrenck, Der Vorbehaltsnießbrauch am Privatvermögen in der Nachfolgeplanung, NWB-EV Nr. 5 v. 2.5.2012, S. 165; Korn, Einkommensteuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen zur vorweggenommenen Erbfolge im Lichte des „Vierten Rentenerlasses“, KÖSDI 2010, 16920; Lederle/Wanner, Die vorweggenommene Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt im Lichte der neuen FG-Rechtsprechung, DStR 2016, 2270; Meyer/Ball, Die entgeltliche Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchs an Immobilien, DStR 2011, 1211; Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten, 15. Aufl. 2014; Neufang/Merz, Einkommen- und erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Folgen bei Wegfall des Nießbrauchs, DStR 2012, 939; Pöppel, Der Grundstücksnießbrauch in der notariellen Praxis, MittBayNot 2007, 85; Risthaus, Begünstigte Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen, DB 2010, 803; Schmid, Aktuelle Fragen zum Wohnungsrecht, ZfIR 2013, 489; A. Söffing/M. Söffing, Schuldzinsenabzug bei Grundstücksübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt in vorweggenommener Erbfolge, DStR 1993, 1690; Spiegelberger, Ausweichgestaltungen bei Immobilienübertragungen aufgrund des IV. Rentenerlasses: Die Übertragung von Immobilienvermögen, DStR 2010, 1880; Stalleiken/Hennig, Der „weitergeleitete“ Nießbrauch an den überlebenden Ehegatten in der vorweggenommenen Erbfolge, FR 2015, 389; Strahl/Carlé, Beratungsbrennpunkt Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, KSp. 13, 2012, Tz. B; Stuhrmann, Einkommensteuerrechtliche Behandlung des Nießbrauchs und der obligatori-

674

Fleischer

A. Einführung

Rz. 7.1 Kap. 7

schen Nutzungsrechte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, DStR 1998, 1405.

A. Einführung I. Grundtypen Bei Immobilien (aber auch Wertpapieren, Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen und typischen stillen Beteiligungen im steuerlichen Privatvermögen) ergibt eine Analyse der üblichen Regelungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge folgende Vertragstypeneinteilung:

Überlassung ohne Auflagen und Vorbehalte

Überlassung unter Nießbrauchsvorbehalt

Überlassung gegen wiederkehrende Leistungen

Ausweichlösungen

Bildung von Gesellschaften und Sondervermögen

Beispiele aus dem Immobilienbereich: a) Überlassung ohne Auflagen und Vorbehalte Schenkung eines unbebauten Grundstückes unter Pflichtteilsanrechnung. b) Überlassung unter Nießbrauchsvorbehalt Überlassung eines vermieteten Mehrfamilienhauses, das der Übergeber weiterhin selbst vermieten will, unter Vorbehaltsnießbrauch. c) Überlassung gegen wiederkehrende Leistungen Überlassung eines vermieteten Mehrfamilienhauses, das der Übergeber nicht mehr selbst vermieten will, gegen Rentenzahlungen. Überlassung eines vom Übergeber bewohnten Gebäudes unter Vereinbarung eines Wohnrechtes sowie von Wart und Pflege. d) Ausweichlösungen Kaufvertragsgestaltungen. e) Bildung von Gesellschaften Sofern vorhandenes Privatvermögen nicht auf einzelne Kinder aufgeteilt werden kann oder soll: Gesellschaftsvertragliche Regelungen.

Fleischer 675

7.1

Kap. 7 Rz. 7.2 Nießbrauch und Immobilienübertragung

II. Nießbrauch 7.2

„Wie aber, wenn einer das Eigentum an dem Acker nicht innehat, sondern den Nießbrauch daran … darf er dann auch Silber abbauen oder abbauen lassen?“1 Der Nießbrauch ist ein häufig gebrauchtes Nutzungsrecht in der vertragsgestaltenden Praxis und spielt eine große Rolle im Rahmen der Gestaltung einer vorweggenommenen Erbfolge2. Werden Immobilien unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen oder an Immobilien ein Nießbrauch eingeräumt, ergeben sich für den bisherigen und neuen Eigentümer viele zivilrechtliche und steuerliche Fragen. Die steuerlichen Fragestellungen betreffen nicht nur die Einkommensteuer. Betroffen ist auch die Schenkungsteuer, Umsatzsteuer und die Grunderwerbsteuer. Der Nießbrauchsvorbehalt hat zudem zum 1.1.2009 mit Streichung des § 25 ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 einen neuen Anschub erhalten: der Kapitalwert des Nießbrauchs kann als Last schenkungsteuermindernd abgezogen werden. Damit erscheinen Grundstücksschenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt in einem neuen Licht, auch durch das Abzugsverbot von Versorgungsleistungen, die anlässlich einer Immobilienübertragung vereinbart werden. Diese Leistungen müssen nun aus versteuertem Einkommen aufgebracht werden. Ein Abzug als Sonderausgabe ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG seit dem 1.1.2008 ausgeschlossen.

7.3

Das Nießbrauchsrecht ermöglicht es vor allem, Einkünfte zu behalten. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge hat es dabei insbesondere den Vorteil, die Substanz bereits auf die nachfolgende Generation übertragen zu können und gleichzeitig die Erträge der Übergebergeneration vorzubehalten. Die Einräumung von Nießbrauchsrechten kommt jedoch auch in umgekehrter Richtung vor. Erzielen die Eltern beispielsweise sehr hohe Einkünfte, sind sie immer wieder bestrebt, Einkünfte auf ihre Kinder zu verlagern, um durch die Verteilung der Einkünfte auf mehrere Köpfe Progressionsvorteile erzielen zu können. Hierzu ist der Nießbrauch ein geeignetes Gestaltungsmittel.

7.4

Die wichtigste hier relevante Einkunftsart sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt3. Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten eines Vermieters ist, sofern der Vermieter Sachen bzw. Rechte

1 Johannes von Buch, der zwischen 1325 und 1333 das Sachsenspiegel-Landrecht glossierte, s. kösdi 2016, 19823 unter Verweis auf Kästle-Lamperter, Welt der Kommentare, 2016. 2 Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 72; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 11 ff. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1 - S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 1; BFH v. 7.4.1987 – IX R 103/85, BStBl. II 1987, 707 ff. m.w.N.; Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 71.

676

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B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.7 Kap. 7

gem. § 21 Abs. 1 EStG an Dritte („Außenverhältnis“) zur Nutzung gegen Entgelt überlässt1 (s. Rz. 1.408 ff.). Beispiel: A und B sind Eigentümer eines alten vermieteten Mehrfamilienhauses, das bereits vollständig abgeschrieben ist. Da beide hohe Einkünfte erzielen, möchten sie die Mieteinkünfte auf ihre Kinder verlagern. Sie bestellen daher ihren Kindern jeweils einen „Nießbrauch“, wonach diesen die Erträge aus dem Grundbesitz in voller Höhe zustehen sollen. Die tatsächliche Verwaltung und Nutzung, die gesamten Einflussmöglichkeiten werden weiterhin in vollem Umfang A und B vorbehalten. Wird eine solche Gestaltung ertragsteuerlich anerkannt?

7.5

Die Verlagerung der Einkünfte vom Eigentümer an den Nutzungsberechtigten (Nießbraucher, Wohnungsrechtsberechtigten bzw. Leiher/Mieter) wird steuerlich nur anerkannt, wenn dem Nutzungsberechtigten die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht, er die Nutzungen tatsächlich zieht, das Grundstück in mittelbarem Besitz hat und es verwaltet2. Daher ist die Verlagerung der Einkünfte nur anzuerkennen, wenn die tatsächliche Verwaltung durch den Nutzungsberechtigten erfolgt und das Nutzungsrecht ein vollumfängliches ist. Insbesondere ein sog. Ertragsnießbrauch, der die tatsächliche Verwaltung, den mittelbaren Besitz und alle Einflussmöglichkeiten beim Grundstückseigentümer belässt und dem Nutzungsberechtigten lediglich die Erträge zugesteht, ist Einkommensverwendung und kann nicht zur Einkunftsverlagerung auf den Nießbrauchsberechtigten führen. Im vorgenannten Beispielsfall werden A und B ihr Ziel auf diese Art und Weise also nicht erreichen. Die Bezeichnung „Nießbrauch“ ist daher ungenau, es handelt sich um einen schuldrechtlichen Anspruch des „Nießbrauchers“ auf Auskehrung des Gewinns.

7.6

B. Zivilrechtliche Gestaltung I. Inhalt und Belastungsgegenstand Der Nießbrauch ist geregelt in §§ 1030 ff. BGB. Es handelt sich dabei um eine Unterform der persönlichen Dienstbarkeit, die sich jedoch insoweit von anderen Dienstbarkeiten unterscheidet, als im gesetzlichen Regelfall nicht nur einzelne Nutzungen dem Nießbraucher zugewiesen werden, sondern der Nießbraucher befugt ist, sämtliche Nutzungen des belasteten Gegenstandes zu ziehen3. Der Nießbrauch gibt kein Recht zur Umgestaltung (§ 1037 Abs. 1 BGB). Grundsätzlich verpflichtet der Nießbrauch den Eigentümer nur dazu, die Nutzungsziehung durch den Nießbraucher zu dulden. Leistungsverpflichtungen werden, abgesehen von den gesetzlich geregelten Lastentragungsverpflichtungen, durch den Nießbrauch nicht begründet4. Der Nieß1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1 - S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 1; BFH v. 31.10.1989 – IX R 216/84, BStBl. II 1992, 506 ff.; Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 61. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1 - S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 1. 3 Staudinger/Heinze (2017), Vorbem. zu §§ 1030 ff. BGB Rz. 4, § 1030 BGB Rz. 1; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 5, 104. 4 Staudinger/Heinze (2017), § 1030 BGB Rz. 50; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 55.

Fleischer 677

7.7

Kap. 7 Rz. 7.8 Nießbrauch und Immobilienübertragung

braucher kann einen zur Zeit als vormaliger Eigentümer entstandenen Schadensersatzanspruch gerichtet auf Naturalrestitution weiterhin geltend machen, wenn die Beschädigung eine Beeinträchtigung der Ausübung des Rechts darstellt1.

7.8

Die Abrede über die Bestellung des Nießbrauchs (= schuldrechtliches Grundgeschäft) kann Gegenstand verschiedenster Verträge sein. Der Nießbrauch entsteht als beschränkt dingliches Recht an Grundstücken durch dingliche Einigung gem. § 873 BGB und Eintragung im Grundbuch (Abstraktionsprinzip). Als Recht an einem Grundstück hängt der wirtschaftliche Wert davon ab, in welchem Rangverhältnis er zu anderen Rechten an dem Grundbesitz steht. Er erlischt durch Zwangsversteigerung, wenn er nicht in das geringste Gebot fällt (§§ 44, 52, 92 Abs. 2 Satz 2 ZVG).

7.9

Folgende Nießbrauchsarten werden unterschieden: – Nettonießbrauch: Nießbrauch mit der gesetzlich vorgegebenen Verteilung von Kosten und Lasten. – Bruttonießbrauch: Der Eigentümer trägt alle auf der Sache ruhenden öffentlichen und privaten Lasten, dem Nießbraucher verbleiben die Bruttoeinnahmen ohne jeden Abzug. – Vorbehaltsnießbrauch: Der Eigentümer behält sich an dem von ihm übertragenen Vermögenswert den Nießbrauch vor. – Zuwendungsnießbrauch: Der Eigentümer räumt einem Dritten den Nießbrauch ein. – Eigentümernießbrauch: Nießbrauchsberechtigter ist der Eigentümer selbst. – Vermächtnisnießbrauch: Der Anspruch auf Einräumung eines Nießbrauchs wird durch ein Vermächtnis zugewandt. – Bruchteilsnießbrauch: Nießbrauch wird an einem Bruchteil des Nießbrauchsobjektes bestellt. – Quotennießbrauch: Nießbrauch wird zwar am ganzen Nießbrauchsobjekt (Grundstück) bestellt, berechtigt aber nur zur Ziehung der Nutzungen zu einem bestimmten Bruchteil. – Sicherungsnießbrauch: Sichert den Nießbrauchsberechtigten als Gläubiger des Eigentümers für eine schuldrechtliche Forderung (z.B. als Berechtigter von Unterhalts- oder Versorgungsansprüchen) oder als Mieter. – Schuldrechtlicher Nießbrauch: Nießbrauch an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten wird nicht im Grundbuch eingetragen2.

1 Gutachten DNotI-Report 2017, 33. 2 Richtig wohl: nießbrauchsähnliches obligatorisches Nutzungsrecht; Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 11 Rz. 5: ohne Grundbucheintragung nie.

678

Fleischer

B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.12 Kap. 7

Das Nießbrauchsrecht ist grundsätzlich nicht übertragbar (§ 1059 Satz 1 BGB; Ausnahme § 1059a BGB)1 und nicht vererblich (§ 1061 BGB). Soll ausnahmsweise das Nießbrauchsrecht doch vererblich ausgestaltet sein, so müsste die betreffende Person nach § 428 BGB (s. Rz. 7.33) einbezogen werden oder zwischen mehreren Berechtigten eine GbR oder KG begründet werden. Anschließend könnte durch Vererbung der Gesellschaftsbeteiligungen eine faktische Vererblichkeit des Nießbrauchsrechts erreicht werden, § 1059a Abs. 2 BGB. Alternativ kann aufschiebend bedingt auf das Erlöschen eines ersten Nießbrauchs, ein Nießbrauch zugunsten einer anderen, konkret benannten, Person bestellt werden (Sukzessivberechtigung). Abhängig von der Beteiligung der begünstigten Person erfolgt dies durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 328, 331 BGB) oder durch dreiseitigen Vertrag2. Dieses aufschiebend bedingte Nießbrauchsrecht kann entweder sogleich in das Grundbuch eingetragen oder vorläufig durch eine Vormerkung gesichert werden.

7.10

Der Inhalt eines Nießbrauchs kann dahingehend beschränkt werden, dass beim Nießbrauch einzelne Nutzungen ausgeschlossen sind (§ 1030 Abs. 2 BGB). Diese Regelung darf jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass von vornherein nur einzelne Nutzungsarten gestattet bleiben. Dann würde es sich um eine reguläre Dienstbarkeit handeln, nicht hingegen um einen Nießbrauch. Beispielsweise kann beim Nießbrauch jedoch das Vermietungsrecht ausgeschlossen werden3.

7.11

Ein Nießbrauch kann – neben beweglichen Sachen oder sonstigen Rechten – an einem ganzen Grundstück, an einem Erbbaurecht, Wohnungs- oder Teileigentum, Erbteilen, Gesellschaftsanteilen sowie einem Dauerwohn- oder -nutzungsrecht bestellt werden4. Auch an einem ideellen Miteigentumsanteil kann ein Nießbrauch bestellt werden (§ 1066 BGB)5. Die Ausübung eines Nießbrauchs kann auch auf eine reale Teilfläche eines gesamten Flurstücks beschränkt werden (unechte Teilflächenbelastung). Bei der unechten Teilflächenbelastung sind die strengen Vorgaben des § 7

7.12

1 OLG Nürnberg v. 27.2.2013 – 15 W 2482/12, NZG 2013, 750: keine Analogie. 2 Stalleiken/Hennig, FR 2015, 389. 3 Pöppel, MittBayNot 2007, 85 (86); siehe auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1362. 4 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1364; nach überwiegender Meining kann ein Nießbrauchsrecht an der Mitgliedschaft einer grundbesitzenden GbR nicht mehr im Grundbuch eingetragen werden, kritisch Reymann, MittBayNot 2016,38; bedarf die Übertragung eines Dauernutzungsrechts (nach § 31 WEG) der Zustimmung eines Dritten, so ist auch die Bestellung eines Nießbrauchs am Dauernutzungsrecht nur mit Zustimmung des Dritten möglich, OLG München v. 29.6.2016 – 34 Wx 27/16, MDR 2016, 1135 = RNotZ 2016, 575. 5 Bei der Teilungsversteigerung geht das Nießbrauchsrecht am Miteigentumsanteil des Antragstellers nicht unter (§ 182 Abs. 1 ZVG); s.a. Hansen, DNotZ 2014, 246; eine Miteigentümervereinbarung entsprechend § 1010 BGB zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber eines Quotennießbrauchs kann nicht ins Grundbuch eingetragen werden: OLG Köln v. 17.8.2016 – 2 Wx 188/16, BWNotZ 2016, 136 = RNotZ 2016, 668 = Rpfleger 2017, 139.

Fleischer 679

Kap. 7 Rz. 7.13 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 GBO nicht einzuhalten. Belastungsgegenstand ist vielmehr das gesamte Grundstück. Als Inhalt des Nießbrauchs wird lediglich die Ausübung auf einen bestimmten Teil des Flurstücks beschränkt1. Nicht zulässig ist nach der Rechtsprechung die Beschränkung des Nutzungsziehungsrechts an einem bebauten Grundstück auf wesentliche Bestandteile, z.B. einzelne Teile des Gebäudes2.

7.13

Bei der Übertragung einer Immobilie an vermögensverwaltende Personengesellschaften (s. Kapitel 8) ist zu unterscheiden: – Einbringung der Immobilie in Personengesellschaft unter Nießbrauchsvorbehalt (= Nießbrauch am Grundstück); – Einbringung der Immobilie in Personengesellschaft, Übertragung von Beteiligungen unter Vorbehalt des Nießbrauchs an diesen Anteilen (= Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen).

7.14

Nicht möglich ist es hingegen, die Ausübung des Nießbrauchs auf eine bestimmte Wohnung eines nicht nach dem WEG aufgeteilten Hauses zu beschränken3. In einem solchen Fall ist ein Wohnungsrecht zu bestellen, bei dem jedoch die Vermietung gestattet werden kann.

7.15

Das dingliche Wohnungsrecht nach § 1093 BGB ist eine besondere Form der Dienstbarkeit mit nießbrauchsähnlicher Gestaltung4 auf das für den Nießbrauch geltende Vorschriften Anwendung finden (§ 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB): Recht zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils oder Wohnungseigentum5 zu Wohnzwecken (nicht zur umfassenden Nutzung = Nießbrauch). Der Nießbrauch kann nicht auf einzelne Zimmer oder Gebäude beschränkt werden6.

7.16

Neben der Dienstbarkeit nach § 1093 BGB kann ein Wohnrecht auch als Dienstbarkeit nach §§ 1090 bis 1092 BGB (Mitbenützung zum Wohnen ohne Ausschluss des Eigentümers), Dauerwohnrecht (s. Rz. 6.1 ff.) oder Reallast nach § 1105 BGB bestellt werden7.

7.17

Auch ein gekoppeltes Wohnungs- und Nießbrauchsrecht (im Nachrang) kann bestellt werden, z.B. im Hinblick auf Pfändung der Ausübung des Nießbrauchs oder Aufgabe des Nießbrauchs wegen Beschwerlichkeit der Ausübung8.

1 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1365. 2 Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 66f. 3 H.M., Staudinger/Heinze (2017), § 1030 BGB Rz. 5; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 85; Pöppel, MittBayNot 2007, 85 (86). 4 Palandt/Herrler76, § 1093 BGB Rz. 1. 5 Becker, notar 10/2014, 323 ff. 6 Staudinger/Reymann (2017), § 1093 BGB Rz. 5. 7 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1236. 8 Michael, notar 2013, 370 unter Hinweis auf OLG Hamm v. 14.5.2013, I – 15 W 149/13.

680

Fleischer

B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.34 Kap. 7

Auch die Bestellung eines Quotennießbrauchs1 ist möglich. Bei diesem wird zwar die ganze Sache mit dem Nießbrauch belastet, der Nießbraucher ist jedoch nur anteilig befugt, die Nutzungen der Sache zu ziehen.

7.18

7.19–7.30

Einstweilen frei.

II. Berechtigter Berechtigter kann jede natürliche oder juristische Person sein (§ 1059a BGB).

7.31

Auch der Eigentümer kann Nießbrauchsberechtigter sein (Eigentümernießbrauch), auch ohne dass ein berechtigtes Interesse daran nachgewiesen werden muss2.

7.32

Hinsichtlich des Berechtigten des Nießbrauchs ist bei mehreren Berechtigten, denen das Recht ungeschmälert auch als länger Lebenden zustehen soll, eine Gesamtberechtigung nach § 428 BGB (s. Rz. 7.10) zu wählen3. Soweit es sich bei den Berechtigten um Ehegatten handelt, die in Gütergemeinschaft verheiratet sind, ist als Berechtigungsverhältnis die Berechtigung in Gütergemeinschaft, zugleich aufschiebend bedingt für den länger Lebenden allein anzugeben und so ins Grundbuch einzutragen4. Hinzuweisen ist auf die sozialrechtlichen Auswirkungen in Folge der Zurechnung gemeinsam bezogenen Einkommens, z.B. Gefahr des Wegfalls der kostenfreien Familienmitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung5.

7.33

Besondere Probleme ergeben sich, wenn Minderjährige beteiligt sind:

7.34

– Liegt ein Vertretungsverbot für die Eltern vor? – Bedarf es einer Genehmigung durch das Familiengericht?6 Eltern können nicht als gesetzlicher Vertreter im Namen des vertretenen Kindes mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (§ 181 BGB mit § 1629 Abs. 2 Satz 1 und § 1795 Abs. 2 BGB). Das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) gilt nicht für ein Insichgeschäft der Eltern, das dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Für ein Rechtsgeschäft, das dem vertretenen Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, gilt ebenso das Vertretungsverbot des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 (mit § 1629 Abs. 2) BGB nicht. Bei Abschluss des Erwerbsgeschäfts braucht für das Kind in einem solchen Fall daher kein Pfleger zu handeln, das beschränkt geschäftsfähige Kind also auch 1 Staudinger/Heinze (2017), § 1030 BGB Rz. 26 ff. m.w.N.; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 89 ff. 2 BGH v. 14.7.2011 – V ZB 271/10, NJW 2011, 3517; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 73 f. 3 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 260. 4 Zustimmend unter Hinweis auf Gegenstimmen Pöppel, MittBayNot 2007, 85 (87). 5 Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis4, Rz. 2155. 6 Hannes/Roemer, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge1, A.3.00 Rz. 1 ff.; Mayer/Geck3, § 16.

Fleischer 681

Kap. 7 Rz. 7.35 Nießbrauch und Immobilienübertragung

nicht persönlich mitzuwirken. Es kann hier der ein Grundstück abgebende Elternteil zugleich für sich und das Kind handeln und der andere Elternteil als gesetzlicher Mitvertreter des Kindes mithandeln.

7.35

Bei Zuwendung eines Grundstücks unter Vorbehalt eines Nießbrauchs ist jedenfalls dann der Erwerb lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn der Nießbraucher auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat. Ob dies auch dann gilt, wenn diesbezüglich die gesetzlichen Bestimmungen des Nießbrauchs (§§ 1041, 1047, 1049 BGB) gelten, ist zweifelhaft1. Der BGH2 hält die Schenkung eines Grundstücks nicht bereits deshalb für rechtlich nachteilig, weil der Nießbraucher in Zukunft vielleicht einmal vermieten wird und dann der Eintritt in die Vermieterpflichten nach § 1056 Abs. 1 BGB erfolgt. Diese nur theoretische Möglichkeit sei bei der Beurteilung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit außer Acht zu lassen. Bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts ist die Zuwendung lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn die Unterhaltspflicht nach § 1021 BGB und der Ersatzanspruch nach § 1049 BGB ausgeschlossen sind3.

7.36

Die Einräumung eines unentgeltlichen Nießbrauchs an einem Grundstück für einen Minderjährigen (Zuwendungsnießbrauch) bringt diesem mit den kraft Gesetzes für den Nießbraucher gegenüber dem Eigentümer entstehenden Verpflichtungen auch rechtlichen Nachteil. Das gilt umso mehr, wenn zu den gesetzlichen Verpflichtungen des Nießbrauchers auch noch vertragliche Verpflichtungen kommen, die der Nießbraucher auf sich nimmt. Hieran ändert sich auch nichts, wenn der Nießbrauch vertraglich modifiziert wird, da nicht alle gesetzlichen Regelungen dinglich abdingbar (s. Rz. 7.44) sind4.

7.37

Können weder der Minderjährige selbst noch die Eltern handeln, weil ein Vertretungsverbot vorliegt bzw. beachtliche Zweifel an der Vertretungsbefugnis bestehen, bedarf es der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB, § 23a Abs. 1 GVG, §§ 151 Nr. 5, 111 Nr. 2 FamFG).

7.38

Gestaltungshinweis: In Zweifelsfällen sollte als sicherster Weg immer eine Pflegerbestellung angeregt werden und dieser mit den Eltern zustimmen5.

7.39

Auch wenn die Vertretungsmacht der Eltern nicht ausgeschlossen ist, bedarf es für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts der Genehmigung des Familiengerichts (§ 1643 BGB). Genehmigungserfordernis (§§ 1819 bis 1831 BGB) besteht auch bei Ergänzungspflegschaft: Die Belastung von Grundbesitz des Kindes mit einem Nießbrauch ist genehmigungspflichtig (§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB), ebenso die Inhaltsänderung eines dem Kind zustehenden Nießbrauchs. Keine 1 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3610 b: Pflegerbestellung ratsam; OLG Celle v. 7.11.2013 – 4 W 186/13, MittBayNot 2014, 248 = RNotZ 2014, 317. 2 BGH v. 3.2.2005 – V ZB 44/04, BGHZ 162, 137 (142) = NJW 2005, 1430. 3 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3610 d. 4 Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 16 Rz. 76, Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3610h. 5 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 3603; DNotI, Gutachten-Abrufnummer 128470.

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B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.42 Kap. 7

familiengerichtliche Genehmigung ist erforderlich bei Übertragung eines nießbrauchsbelasteten und vermieteten Grundstücks auf einen Minderjährigen1. Der Beschluss des Familien-/Betreuungsgerichts wird mit Rechtskraft wirksam (§ 40 Abs. 2 FamFG; Rechtskraftzeugnis: § 46 FamFG).

III. Verhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer Durch die Bestellung eines Nießbrauchs entsteht zwischen dem Eigentümer und dem Berechtigten ein gesetzliches Schuldverhältnis (§§ 1030 ff. BGB). Zur grundlegenden Umgestaltung ist der Nießbraucher grundsätzlich ebenso wenig befugt, wie zu Verfügungen über den Grundbesitz (s. Rz. 7.7). Der Nießbraucher kann folglich insbesondere über den belasteten Grundbesitz nicht verfügen, also diesen nicht veräußern und nicht belasten2. Diese Befugnis kann ihm auch nicht mit dinglicher Wirkung als Inhalt des Nießbrauchs abweichend vom Gesetz eingeräumt werden (s. Rz. 7.44).

7.40

Entscheidende Bedeutung hat in der Praxis regelmäßig die Frage, wer welche Aufwendungen für den Nießbrauch zu tragen hat (Unterhaltung der Sache, §§ 1041 ff. BGB, Kostentragung, § 1047 BGB). Nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 1041 ff. BGB hat grundsätzlich der Nießbraucher nur hinsichtlich der gewöhnlichen Unterhaltung für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Außerordentliche öffentliche Lasten und solche öffentliche Lasten, die auf den Stammwert der Sache angelegt sind, hat nach dem gesetzlichen Regelungsmodell des § 1047 BGB der Grundstückseigentümer zu tragen. Hiervon können insbesondere die Erschließungskosten betroffen sein3. Nimmt der Nießbraucher außergewöhnliche Ausbesserungen oder Erneuerungen trotzdem vor, kann er Verwendungsersatz verlangen (§ 1049 BGB) und Bestandteile des Grundstücks verwenden (§ 1043 BGB). Nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen (s. Rz. 7.125) ist es bei der häufigsten Form des Nießbrauchs, dem Vorbehaltsnießbrauch, meist geboten, abweichend vom Gesetz den Nießbraucher sämtliche Aufwendungen des Vertragsgegenstandes tragen zu lassen4. Aus diesem Grund wird üblicherweise geregelt, dass der Nießbraucher beim Vorbehaltsnießbrauch über den gesetzlichen Inhalt hinaus auch alle außergewöhnlichen öffentlichen und privaten Lasten und Aufwendungen zu tragen hat.

7.41

In der Regel sind für die Dauer des Nießbrauchs auch die am Grundbesitz abgesicherten Verbindlichkeiten einschließlich der Zinsen und Tilgung vom Nießbraucher zu tragen, um bei diesem den Finanzierungszusammenhang weiterhin auf-

7.42

1 OLG Hamm v. 6.8.2014 – 15 W 94/14, ZEV 2014, 556 = FamRZ 2015, 337 = MittBayNot 2014, 534. 2 Sog. Dispositionsnießbrauch (= Verfügungsnießbrauch), Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1030 BGB Rz. 134, § 1048 BGB Rz. 2 ff.; a.A. Friedrich, NJW 1996, 32 f. 3 Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1047 BGB Rz. 7; Staudinger/Heinze (2017), § 1047 BGB Rz. 11. 4 Münchener Vertragshandbuch/Spiegelberger7, Band 6, V 2 Anm. 6.

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Kap. 7 Rz. 7.43 Nießbrauch und Immobilienübertragung

rechtzuerhalten. Denn nur der Nießbraucher kann die Schuldzinsen steuerlich als Aufwand abziehen (s. Rz. 7.125). Nach der gesetzlichen Regelung trägt im Innenverhältnis der Nießbraucher die Zinsen für Grundpfandrechtsdarlehen, bei Sicherungsgrundschulden nur die Zinsen der durch die Grundschuld tatsächlich gesicherten Forderung1. Dem Eigentümer obliegen die Tilgungsleistungen2. Verbleiben die Verbindlichkeiten beim Übergeber (Tilgungsleistungen auf eingetragene Grundpfandrechte sind keine privaten Lasten i.S.v. § 1047 BGB) ist im Rahmen der Nießbrauchbestellung zu regeln, dass bei Erlöschen des Nießbrauchs die noch bestehenden Objektverbindlichkeiten vom Erwerber übernommen werden (aufschiebend bedingte Schuldübernahme nach §§ 414 f. BGB, hilfsweise Freistellungsverpflichtung3) damit nicht die Erben des Übergebers belastet werden4. Die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Lastentragung besteht nur im Innenverhältnis gegenüber dem Eigentümer, z.B. Grundschuldgläubiger erlangen keinen Anspruch gegen den Nießbraucher. Zivilrechtlich führt bereits die (bedingte) Übernahmeverpflichtung zu einer Minderung der Unentgeltlichkeit, wenn auch mit Unwahrscheinlichkeitsabschlag5. Möglich ist auch die sofortige Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber (befreiende Schuldübernahme oder interne Verpflichtung zur Schuldbefreiung). Der Erwerber kann die Verbindlichkeiten auch übernehmen mit gegenläufiger Vereinbarung im Innenverhältnis, dass der Übergeber die Verbindlichkeiten weiterhin verzinst und tilgt bis zum Erlöschen des Nießbrauchs (aufschiebende Bedingung einerseits und auflösende Bedingung andererseits).

7.43

Die Verbindlichkeiten sind regelmäßig durch Eintragung einer Grundschuld auf dem mit dem Nießbrauch belasteten Grundbesitz abgesichert bzw. sollen Grundschulden dem Nießbraucher zur Absicherung künftiger Finanzierungen von objektbezogenen Aufwendungen dienen. Dazu müssen die Eigentümerrechte und Rückgewähransprüche an die GbR bestehend aus Übergeber und Übernehmer und ab Beendigung des Nießbrauchs allein an den Übernehmer abgetreten werden6.

7.44

Die gesetzlichen Rechte und Pflichten können mit dinglicher Wirkung geändert werden, soweit dadurch nicht das Wesen des Nießbrauchs ausgehöhlt wird. Z.B. entspricht die Haftung des Vorbehaltsnießbrauchers bereits für leichte Fahrlässigkeit üblicherweise nicht dem Willen der Beteiligten. Mit dinglicher Wirkung kann vereinbart werden, dass der Nießbraucher nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt7.

1 Staudinger/Heinze (2017), § 1047 BGB Rz. 21; Palandt76, § 1047 BGB Rz. 3. 2 Ivens, ZEV 2012, 71 (73) m.w.N.; Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 11 Rz. 76. 3 Um bei fehlender Schuldübernahmegenehmigung Bestand des Vertrages nicht zu gefährden und §§ 491 ff. BGB zu beachten, Amann, MittBayNot 2002, 245. 4 Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 11 Rz. 80 mit Formulierungsvorschlag. 5 Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis4, Rz. 1760. 6 Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 11 Rz. 74 ff. mit Formulierungsvorschlag. 7 Palandt/Bassenge76, § 1036 BGB Rz. 2; a.A. OLG Frankfurt v. 14.1.2014 – 20 W 349/2013, DNotI-Report 2014, 37.

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B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.46 Kap. 7

Soweit dies nicht möglich ist, können Änderungen jedoch schuldrechtlich vereinbart werden1. Z.B. kann im Rahmen des § 1036 Abs. 2 das Umgestaltungsverbot des § 1037 BGB (s. Rz. 7.7) abbedungen werden2.

IV. Wohnungseigentum, vermieteter Grundbesitz Der Nießbraucher hat aus den Vorschüssen gem. §§ 16, 28 Abs. 2 WEG diejenigen Positionen zu tragen, die §§ 1041 Satz 1, 1045 BGB unterfallen, nicht die privatrechtlichen Lasten gem. § 1047 BGB. Letzteres ist dinglich abänderbar3. Bei einem Nießbrauch an einer Sondereigentumseinheit i.S.d. WEG stellt sich die Frage, wer zur Ausübung des Stimmrechts befugt ist und an wen die Ladungen zu richten sind. Der Nießbraucher ist nach h.M.4 nicht zur Ausübung des Stimmrechts in einer Wohnungseigentümerversammlung befugt und daher auch nicht zu laden. Dies gilt auch, soweit Angelegenheiten der laufenden Verwaltung der Eigentümergemeinschaft davon betroffen sind. Die Stimmrechtszuweisung kann nicht zum Inhalt des Nießbrauchs gemacht werden. Nur die Teilungserklärung kann dem Nießbraucher Stimmrecht gewähren (jedoch keine allgemeine Stimmrechtsabspaltung). Aus diesem Grunde sollte bei einem Nießbrauch an einer Wohnungseigentumseinheit oder Teileigentumseinheit dem Nießbraucher eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht erteilt werden, wobei gleichzeitig Bindungen für das Innenverhältnis vereinbart werden können. Beschränkungen in der Gemeinschaftsordnung (Kollision mit Vertreterklausel) stehen dem nicht entgegen5. Hinsichtlich des Hausgelds (§§ 16, 28 Abs. 2 WEG) wird in der Regel vereinbart, dass dieses nicht zwischen Eigentümer und Nießbraucher aufgeteilt wird, sondern vollumfänglich vom Nießbraucher zu tragen ist. Ansonsten trägt der Eigentümer nur die Instandhaltungskosten, die über die gewöhnliche Unterhaltung hinausgehen6. Der Wohnungseigentümer bleibt Verantwortlicher gegenüber seinen Miteigentümern, z.B. wenn der Nießbraucher entgegen der Zweckbestimmung vermietet7.

7.45

Das Wohnungsrecht erfasst auch Sondernutzungsrechte8. Des Weiteren können schuldrechtliche Vereinbarungen über die Tragung von Betriebskosten getroffen werden: Betriebskostenkatalog des § 2 BetrKV, aber auch Mehr oder Weniger an Kostenumlegung. Die Beteiligten können, soweit nicht zwingendes Recht der HeizkostenV entgegensteht, auch Vereinbarungen über die Abrechnungsmaßstäbe treffen. Auch ansonsten gilt die HeizkostenV9.

7.46

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, Tabellarische Übersicht § 11 Rz. 47. Münchener Kommentar/Pohlmann7,§ 1037 BGB Rz. 4; a.A. wohl die h.M. Gutachten des Deutschen Notarinstituts 146120 v. 24.3.2016. BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, NJW 2002, 1647 ff.; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1066 BGB Rz. 9 ff. h. L.; näher s. Gutachten DNotI-Report 2015, 140. Staudinger/Heinze (2017), § 1047 BGB Rz. 30. LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/12, MietRB 2013, 356. OLG Nürnberg v. 18.7.2001 – 4 U 1235/01, MDR 2002, 26. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 57/11, ZfIR 2012, 89.

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Kap. 7 Rz. 7.47 Nießbrauch und Immobilienübertragung

7.47

Der Vorbehaltsnießbraucher ist unmittelbar gem. § 566 Abs. 1 BGB an den von ihm als Eigentümer geschlossenen Mietvertrag gebunden (Nießbraucher bleibt Vermieter)1. Für den Fall, dass ein Nießbrauch an einem vermieteten oder verpachteten Grundstück eingeräumt wird, gilt gem. §§ 567, 567b BGB i.V.m. § 566 BGB der Grundsatz „Nießbrauch bricht nicht Miete“ entsprechend. Der Nießbraucher tritt also automatisch mit Entstehung des dinglichen Nutzungsrechts vollständig in die Position des Vermieters2 ein. Endet der Nießbrauch vor dem Mietverhältnis, rückt wiederum der Eigentümer in die Stellung des Vermieters ein („Nießbrauchsende bricht nicht Miete“)3. Er hat ein Sonderkündigungsrecht (§ 1056 Abs. 2 BGB). Dieses besteht jedoch nicht, wenn er selbst den Vertrag vor Nießbrauchsbestellung abgeschlossen hat oder aufgrund erbrechtlicher Stellung nach dem Nießbraucher die Erfüllung schuldet, d.h. Alleinerbe des Vermieters geworden ist4.

V. Pfändung, Überleitung 7.48

Das Nießbrauchsrecht ist unabhängig davon pfändbar, ob die Ausübung des Nießbrauchs einem Dritten überlassen werden kann oder nicht (§ 857 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist es keine taugliche Gestaltung, die Pfändbarkeit des Nießbrauchs auszuschließen, indem die Überlassung der Ausübung des Nießbrauchs an Dritte ausgeschlossen wird5. Wird die Überlassung der Ausübung ausdrücklich ausgeschlossen, so sollte im Hinblick auf die Streitfrage6, ob dann auch eine Vermietung und Verpachtung untersagt ist, diese Frage klargestellt werden (s.a. Rz. 7.11 und 7.51). Auf den Sozialhilfeträger überleitbar sind jedenfalls die Vermietungsansprüche des Nießbrauchers7 (s.a. Rz. 7.33). Die Belastung eines Grundstücks mit einem (Vorbehalts-) Nießbrauchs-/Wohnungsrecht schließt dessen sozialhilferechtliche Verwertbarkeit als Vermögen nicht aus, soweit kein zusätzliches Verfügungsverbot besteht8. Die Unverwertbarkeit kann sich aber aus tatsächlichen Gründen ergeben9.

1 Palandt/Bassenge76, § 1030 BGB Rz. 4; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1056 BGB Rz. 4. 2 Palandt/Weidenkaff76, § 567 BGB Rz. 1. 3 Staudinger/Heinze (2017), § 1056 BGB Rz. 3 4 BGH v. 12.10.2011 – VIII ZR 50/11, ZEV 2012, 160. 5 BGH v. 21.6.1985 – V ZR 37/84, NJW 1985, 2827; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1389; siehe auch BGH v. 25.10.2006 – VII ZB 29/06, MDR 2007, 486. 6 Vgl. Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1059 BGB Rz. 9 m.w.N. Nach Ansicht des BGH (BGH v. 20.10.1989 – V ZR 341/87, NJW 1990, 443) ist auch bei einem Ausschluss der Überlassung der Ausübung eines Nießbrauchs die Vermietung und Verpachtung als echte eigene Nutzungsziehung gestattet. 7 Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis4, Rz. 1197. 8 BSG v. 12.7.2012 – B 14 AS158–11 R, ZEV 2013, 97 m. Anm. Litzenburger. 9 Gutachten DNotI-Report 2014, 113.

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B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.52 Kap. 7

VI. Aufhebung, Surrogation, Erlöschen Die Aufhebung des Nießbrauchs erfolgt durch Aufgabeerklärung des Berechtigten und Löschung im Grundbuch (§ 875 BGB). Hierzu ist eine Löschungsbewilligung (§ 19 GBO) des Berechtigten in der Form des § 29 GBO erforderlich. Die Löschungsbewilligung enthält in der Regel die Aufgabenerklärung1. Bei Tod des Berechtigten bedarf es der Bewilligung des Rechtsnachfolgers, es sei denn eine Vorlöschungsklausel nach § 23 Abs. 2 GBO ist eingetragen2. Bei dem Verzicht handelt es sich um eine Schenkung3, die im Fall der Verarmung einen Rückforderungsanspruch auslöst (§§ 528 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB), der überleitbar (s. Rz. 7.48) ist. Der Eigentümer eines Nießbrauchsgrundstücks wird mit dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht Rechtsnachfolger des Nießbrauchers. Dessen bestehende Ansprüche gegen einen Dritten erlöschen (§ 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB) nur ausnahmsweise nicht4.

7.49

Eine dingliche Surrogation, nach der sich der Nießbrauch am Surrogat fortsetzt, besteht nach den Vorschriften über den Nießbrauch nur in Ausnahmefällen (§§ 1046, 1066 Abs. 3, 1075 BGB), bei einem Nießbrauch an Immobilien nicht5. Die Surrogationsvorschriften enthalten keinen allgemeinen Grundsatz. In Betracht kommt ein schuldrechtlicher Anspruch auf Einräumung eines Nießbrauchs am Surrogat aus dem Grundgeschäft bzw. kraft Vereinbarung bei der Aufhebung des Nießbrauchs.

7.50

Der Eigentümer wird mit Erlöschen des Nießbrauchs nicht Rechtsnachfolger des Nießbrauchers. Dessen Ansprüche gegen einen Dritten erlöschen6. Das Wohnungsrecht erlischt nicht, wenn es der Berechtigte wegen seines Gesundheitszustandes nicht mehr ausüben kann7. Es besteht im Regelfall keine Pflicht des Eigentümers, die Vermietung durch den Wohnungsberechtigten zu gestatten. Auch aus Treu und Glauben ergibt sich keine Gestattungspflicht des Eigentümers, weil dadurch das dingliche Wohnungsrecht in unzulässiger Weise um Elemente eines Nießbrauchs an der Wohnung erweitert würde. Die Wohnung kann weder vom Wohnungsberechtigten noch vom Eigentümer genutzt werden. Bei medizinisch notwendigem Aufenthalt des Wohnungsberechtigten in einem Pflegeheim entsteht in der Regel im Wege der Vertragsanpassung keine Zahlungspflicht des Eigentümers8.

7.51

Nießbrauchs- und Wohnungsrechte werden manchmal auf Grund des Bestehens eines persönlichen Näheverhältnisses bestellt. Sie sollen daher erlöschen, wenn dieses endet. Zur Löschung im Grundbuch muss der Nachweis für das Erlöschen in

7.52

1 Gutachten DNotI-Report 2015, 29. 2 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rz. 1391. 3 OLG Köln v. 9.3.2017 – 7 U 119/16, DNotIR 2017, 95; zum Wohnrecht OLG Nürnberg v. 22.7.2013 – 4 U 1571/12, ZEV 2014, 37. 4 BGH v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, DNotZ 2016, 465 = ZEV 2016, 210. 5 Brambring, DNotZ 2003, 565. 6 BGH v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, ZEV 2016, 210. 7 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 163/06, ZEV 2007, 391; Palandt/Herrler76, § 1093 BGB Rz. 19; Krüger, ZNotP 2010, 4 (10); Everts, Anm. zu OLG Frankfurt v. 27.10.2014 – 20 W 392/13, MittBayNot 2016, 233. 8 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 206/11, NJW 2012, 3572.

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Kap. 7 Rz. 7.53 Nießbrauch und Immobilienübertragung

der Form des § 29 GBO geführt werden. Durchführbar ist dies nur, wenn die Beteiligten die notariell beglaubigte Erklärung des Grundstückseigentümers mit dem Inhalt, die Beziehung ist beendet, selbst zur Bedingung des Rechtsuntergangs machen1.

VII. Ehe-, Erb- und Pflichtteilsrecht 7.53

Um eine Aushöhlung des Pflichtteilsanspruchs zu vermeiden, können auch bei lebzeitigen Zuwendungen Pflichtteilsansprüche entstehen (§§ 2325, 2329 BGB). Allerdings bleiben Schenkungen unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind (§ 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB). Bei Schenkungen an den Ehegatten (§ 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB) beginnt die Frist nicht vor Auflösung der Ehe2. Der BGH3 hat zum Totalnießbrauchsvorbehalt entschieden, dass die Schenkung ergänzungspflichtig bleibe, wenn der Erblasser den verschenkten Gegenstand aufgrund eines vorbehaltenen dinglichen Rechts oder einer schuldrechtlichen Vereinbarung bis zu seinem Tode selbst weiterhin nutze, weil der Erblasser dann noch nicht einen spürbaren Vermögensverlust erlitten habe. Bei der Schenkung eines Grundstücks unter uneingeschränktem Nießbrauchvorbehalt gibt er den Genuss des verschenkten Gegenstandes nicht auf (Genusstheorie). Es fehlt an der wirtschaftlichen Ausgliederung des Zuwendungsgegenstands. Daher liegt keine Leistung i.S.v. § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB vor4.

7.54

Gleiches gilt beim Quotennießbrauch, sofern wesentliche Nutzungen (50 %-Grenze hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten?) vorbehalten werden5.

7.55

Bei einem vorbehaltenen dinglichen Wohnungsrecht i.S.v. § 1093 BGB kann in Ausnahmefällen die Frist des § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB gehindert sein6. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Ein umfassendes dingliches Wohnungsrecht ist fristschädigend. Das Ziel der Vermeidung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen lässt sich durch entgeltliche Gestaltungen erreichen7. Auch die Abschmelzungsregelung i.S.v. § 2325 Abs. 3 Satz 1 BGB kann nur bei Vorliegen einer Leistung in diesem Sinne in Anspruch genommen werden. 1 OLG München v. 18.12.2012 – 34 Wx 452/12, MDR 2013, 330. 2 Nach Derleder, ZEV 2014, 8 wohl verfassungswidrig. 3 BGH v. 27.4.1994 – IV ZR 132/93, BGHZ 125, 396, 398 f. = NJW 1994, 1791 = DNotZ 1994, 784; bestätigt durch BGH v. 29.6.2016 – IV ZR 474/15, DNotIR 2016, 121 = ErbR 2016, 570 m. Anm. Gockel = ZEV 2016, 445; Ruby/Schindler, ZEV 2017, 29 (31). 4 Zu weiteren Fragen s. DNotI-Report 9/2016, S. 69 ff. 5 Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 9 Rz. 91. 6 BGH v. 29.6.2016 – IV ZR 474/15, DNotIR 2016, 121 = ErbR 2016, 570 m. Anm. Gockel = ZEV 2016, 445 = MittBayNot 2017, 408; Frhr. v. Proff, ZEV 2016, 681; Ruby/Schindler, ZEV 2017, 29 (31); OLG München v. 14.7.2016 – 23 U/363, 16, ZEV 2017, 276 = MittBayNot 2017, 411. 7 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 4 Rz. 90; zu Maßnahmen im Nachhinein Weber, ZEV 2017, 117 ff., 252 ff.

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B. Zivilrechtliche Gestaltung

Rz. 7.58 Kap. 7

Besteht der Pflichtteilsergänzungsanspruch kann der Wert des Nießbrauchs (Wohnungsrechts) vom Schenkungswert in Abzug gebracht werden, wenn es für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt der Schenkung ankommt (Niederstwertprinzip: ergibt inflationsbereinigt Wertvergleich den niedrigeren Wert zur Zeit des Schenkungsvollzugs, ist von diesem Wert der ex ante kapitalisierte Nießbrauch abzuziehen)1. Die Rechtsprechung zu § 2325 Abs. 3 BGB zum Beginn der Zehn-Jahres-Frist ist nicht auf den Fall der Verarmung des Schenkers und darauf gestützter Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers und Widerruf der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt nach §§ 528, 529 BGB anzuwenden2. Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO)3 findet auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17.8.2015 oder danach verstorben sind. Der sachliche Anwendungsbereich der EuErbVO umfasst alle Fragen der Vermögensübertragung von Todes wegen, nicht aber die Vermögensübertragung unter Lebenden (Art. 1 Abs. 2 lit. g) EuErbVO). Dem Erbstatut unterliegen u.a. (Art. 23 EuErbVO) die Pflichtteilsansprüche, die Ausgleich (§§ 2050 ff. BGB) und Anrechnung (§§ 2315 ff. BGB) von unentgeltlichen Zuwendungen. Für Schenkung und Überlassung zu Lebzeiten gilt die ROM-I-Verordnung: auch künftig ist deutsches Recht Vertragsstatut. Damit kann es zu einer Divergenz zwischen Vertragsstatut (deutsches Recht) und Erbstatut (ausländisches Recht) kommen. Auch bei der vorweggenommenen Erbfolge sind daher die Auswirkungen der EuErbVO zu beachten. Das Erbstatut im Zeitpunkt der Schenkung ist festzustellen und die Auswirkungen eines Statutenwechsels im Falle eines späteren Umzugs des Erblassers zu bedenken. Die Aufnahme einer allgemeinen erbrechtlichen Rechtswahl in einen lebzeitigen Schenkungs- und Überlassungsvertrag dürfte im Allgemeinen weder zielführend noch gewünscht sein4.

7.56

Ist ein Vorerbe befreit, kann er entgeltlich, nicht aber unentgeltlich über zum Nachlass gehörigen Grundbesitz verfügen (§ 2113 BGB). Der beim Grundstücksverkauf durch den Vorerben vorbehaltene Nießbrauch (Wohnungsrecht) stellt keine Gegenleistung des Erwerbers dar, sondern mindert den Wert der Leistung des Vorerben. Für die Ermittlung des Verkehrswertes des Nießbrauchs (Wohnungsrechts) gilt die Entscheidung des BGH v. 28.9.20165.

7.57

Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 2287 BGB (Vertragserbenbeeinträchtigende Schenkung) ist ein in einem Grundstücksübertragungsvertrag vorbehaltener

7.58

1 Bei konkreter Gesundheitsgefährdung: Ex-Post-Betrachtung BGH v. 4.6.1975 – IV ZR 3/74, BGHZ 65, 75 (77). 2 BGH v. 19.7.2011 – X ZR 140/10, ZEV 2011, 666; anders noch SG Freiburg v. 27.7.2011 – S 6 SO 64 85/09, ZEV 2011, 665. 3 ABl. EU v. 27.7.2012 – L 201/107 bzw. 12.2.2013 – L 41/16. 4 Volmer, Rechtspfleger 2013, 421 (425). 5 Gutachten DNotI-Report 2016, 182.

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Kap. 7 Rz. 7.59 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Nießbrauch vor der Prüfung, ob Beeinträchtigungsabsicht vorliegt, bereits bei der Prüfung, ob eine (gemischte) Schenkung vorliegt, zu berücksichtigen1.

7.59

Bei der Frage, ob eine Verfügung über Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB) vorliegt, berücksichtigte der BGH das vom Ehegatten vorbehaltene Wohnungsrecht als bei ihm verbliebenes Vermögen und nicht als unbeachtliche Gegenleistung. Die Bewertung des Wohnungsrechts soll sich nach den Umständen des Einzelfalls richten2.

7.60

Die Wertsteigerung von nach § 1374 Abs. 2 BGB erworbenem Vermögen durch das allmähliche Absinken eines Vorbehaltsnießbrauchs stellt einen nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegierten Vermögenserwerb dar, der nicht dem Zugewinnausgleich unterliegt. Eine auf einzelne Zeitabschnitte aufgeteilte Bewertung des Erwerbsvorgangs ist nicht erforderlich. Das Ergebnis kann bereits dadurch ermittelt werden, dass man bei der Berechnung des Zugewinns auf ein Einstellen des vorbehaltenen Rechts insgesamt verzichtet. Anders, wenn der Wert des Nießbrauchs wegen des Absinkens der Lebenserwartung nicht abnimmt, sondern aufgrund anderer Umstände wie der Wertentwicklung des Grundstücks steigt. In diesem Fall muss der Nießbrauch sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen berücksichtigt werden3.

7.61–7.70

Einstweilen frei.

C. Einkommensteuer I. Allgemein 1. Grundlagen

7.71

Die verschiedenen Arten des Nießbrauchs (s. Rz. 7.9) sind – mit der Folge unterschiedlicher steuerlicher Rechtsfolgen – auch für die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Nießbrauchs zu unterscheiden.

7.72

Aus steuerrechtlicher Sicht geht es bei der Frage der Zuordnung einer Immobilie (Bilanzierung, Zuordnung von Aufwand, Geltendmachung von AfA/AfS, Bestimmung der Steuerschuldnerschaft) darum, welchem Rechtsträger die Immobilie für steuerliche Zwecke zuzurechnen ist. Die wirtschaftliche Ausübung des Nießbrauchs ist Voraussetzung für die Zurechnung von Einkünften beim Nießbraucher4 (s. Rz. 1.408). Eine Zurechnung beim Nießbraucher ist auch vorzunehmen, wenn das unentgeltliche Nutzungsrecht wirksam bestellt und im Grundbuch eingetragen wurde, jedoch jederzeit widerruflich ausgestaltet ist. Denn entscheidend ist, wer die maßgebenden wirt1 BGH v. 28.9.2016 – IV ZR 513/15, ZEV 2016, 641 = ErbR 2016, 698 = Zerb 2017, 20 = ErbStB 2017, 105. 2 BGH v. 16.1.2013 – XII ZR 141/10, ZEV 2013, 405 ff. m. kritischer Anm. Litzenburger. 3 BGH v. 6.5.2015 – XII ZB 306/14, DNotI-Report 2015, 93 = ErbStB 2015, 253 m. Komm. Esskandari. 4 Pfirrmann in Hermann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 25.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.75 Kap. 7

schaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Vermietungsobjekt selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter bzw. Verwalter ausübt (= Bewirken der notwendigen Leistungen). Die auflösende Bedingung (Widerrufsvorbehalt) oder Befristung (Dauer) ist nur dann von Bedeutung, wenn diese als Eingriff in die Dispositionsbefugnis des begünstigten Nutzungsberechtigten anzusehen sind1. In der Praxis sollte möglichst auf entsprechende grundlose auflösende Bedingungen verzichtet werden. Vorstehende Grundsätze gelten auch für eine kurze Nießbrauchsdauer2.

7.73

Als AfA-Gegenstand kommen das Nießbrauchsrecht, ein vom Nießbraucher in Ausübung des Nießbrauchs angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut (ein Gebäude) und das nießbrauchsbelastete Wirtschaftsgut in Betracht3. Vereinbarungen über die AfA-Berechtigung sind unmaßgeblich4.

7.74

2. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch Bestellung eines Nießbrauchs? Auch bei einer Nießbrauchsbestellung gilt die Regelung des § 39 Abs. 1 und 2 AO. Zu unterscheiden ist dabei die vermögensrechtliche Zurechnung des Wirtschaftsguts von der einkommensteuerrechtlichen Zurechnung der Einkünfte aus dem Wirtschaftsgut (s. Rz. 1.408)5. Das Recht, die Nutzungen zu ziehen, macht den Nießbraucher noch nicht zum wirtschaftlichen Eigentümer. Die Befugnis, den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das nießbrauchsbelastete Wirtschaftsgut auszuschließen, steht dem Nießbraucher nicht zu6. Der Vorbehaltsnießbraucher ist auch dann nicht wirtschaftlicher Eigentümer, wenn neben dem Nießbrauch ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot, gesichert durch Rückauflassungsvormerkung, vereinbart wurde, anders wohl, wenn noch zusätzlich unentgeltliches Rückerwerbsrecht für Vorversterben vereinbart wurde7 oder sich die Nießbrauchsbestellung als Verkauf des Wirtschaftsgutes darstellt (Verbrauch bei Beendigung des Nießbrauchs)8. Ist der Nießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer, müssen die nießbrauchsbelasteten Gegenstände nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO steuerrechtlich dem Nießbraucher so 1 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 781 unter Verweis auf BFH v. 19.11.2003 – IX R 54/00, BFH/NV 2004, 1079; entgegen FG Niedersachsen v. 27.1.2000 – 5 K 53/98, EFG 2000, 938. 2 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 776 ff. 3 Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz. 61. 4 Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz. 71. 5 Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 25; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 666. 6 Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 60, 71. 7 BFH v. 26.11.1998 – IV R 39/98, BStBl. II 1999, 263 = FR 1999, 385; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 675 m.w.N.; Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, Nießbrauch C.I.2.b) m.w.N. 8 Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 71.

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7.75

Kap. 7 Rz. 7.76 Nießbrauch und Immobilienübertragung

zugeordnet werden, als stünde ihm auch das bürgerlich-rechtliche Eigentum zu. Das belastete Wirtschaftsgut ist nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen. 3. Fälle des Gestaltungsmissbrauchs gem. § 42 AO

7.76

Bei Vereinbarung eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs kann die langfristige Rückvermietung durch den Nießbraucher an den Grundstückseigentümer als Rückgängigmachung oder Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO angesehen werden1 (s. ausführlich dazu Rz. 13.81 ff.). Beispiel: Die Eltern E sind Eigentümer einer vermieteten Immobilie und wollen zur Verlagerung der Einkünfte ihren Kindern einen unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch einräumen. Gleichzeitig lassen sie sich die Immobilie jedoch wieder zurückvermieten, um sie als Zwischenvermieter wiederum an die Endmieter zu vermieten. Auf diese Art und Weise entstehen die Überschüsse aus Vermietung und Verpachtung im Wesentlichen bei den Kindern.

7.77

Nach Meinung der Finanzverwaltung soll ein Gestaltungsmissbrauch ferner darin bestehen können, dass im zeitlichen Zusammenhang mit der Bestellung eines Zuwendungsnießbrauchs mit dem Nießbrauchsbesteller, also dem Eigentümer, ein unkündbares Mietverhältnis vereinbart wird2.

7.78

Einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten erblickt die Finanzverwaltung auch darin, dass die Dauer eines befristeten Zuwendungsnießbrauchs auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Nießbrauchers abgestimmt ist3.

7.79

Diese Einschränkung der Vertragsgestaltung gilt nach Meinung des BFH wie auch der Finanzverwaltung4 jedoch nur beim Zuwendungsnießbrauch und nicht beim Vorbehaltsnießbrauch. Sowohl die Vermietung auf Lebenszeit als auch ein unkündbarer Mietvertrag stellen keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Etwas anderes gilt nur, wenn aufgrund ungewöhnlicher Höhe der Miete oder ansonsten der Versorgungscharakter im Vordergrund steht5.

1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184, Rz. 17; BFH v. 18.10.1990 – IV R 36/90, BStBl. II 1991, 205 ff. = FR 1991, 135 (der BFH-Fall betraf einen bis zum 27. Lebensjahr zeitlich befristeten Nießbrauch; diese Rechtsprechung hat jedoch auch in unbefristeten Fällen Bedeutung); nach Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 74 ist diese Rechtsprechung überholt, nach Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 25 zweifelhaft. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 17. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 17, a.A. FG Baden-Württemberg v. 13.12.2016 – 11 K 2951/15, DB Heft 2017, M 18/20 = ErbStB 2017, 201. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 17, 41. 5 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 864 ff. m.w.N.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz. 274.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.83 Kap. 7

Nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde von der Rechtsprechung die gleichzeitige Vereinbarung eines Nießbrauchs und eines Mietvertrages im Rahmen einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung, wenn das dingliche Nutzungsrecht lediglich zur Sicherung des Mietverhältnisses vereinbart und nicht tatsächlich ausgeübt wird1 (s. näher Rz. 13.87). 4. Nießbrauchs- und andere dingliche Nutzungsrechte zugunsten nahestehender Personen (insb. zugunsten Angehöriger) Bürgerlich-rechtliche Gestaltungen zwischen nahestehenden Personen sind steuerrechtlich nur dann anzuerkennen, wenn sie klar im Vorhinein vereinbart, zivilrechtlich wirksam, ernsthaft gewollt und so auch tatsächlich durchgeführt worden sind2 (s. ausführlich dazu Rz. 13.44 ff.). Dieser Grundsatz gilt auch uneingeschränkt für die Bestellung von Nießbrauchsrechten.

7.80

An der tatsächlichen Durchführung fehlt es nach Meinung des BMF, „wenn äußerlich alles beim Alten bleibt und etwa nur die Erträge an den Nutzungsberechtigten abgeführt werden“3. Diese Anforderungen, dass nicht alles beim Alten bleiben darf, werfen insbesondere Probleme auf, wenn Eltern ihren minderjährigen Kindern einen Nießbrauch oder sonstiges Nutzungsrecht einräumen, aufgrund dessen die minderjährigen Kinder die Vermieterstellung einnehmen sollen. Da sie noch minderjährig sind, wird die Verwaltung des Kindsvermögens weiterhin von den Eltern durchgeführt. Um hier den Anforderungen der Finanzverwaltung zu genügen, sollte in jedem Fall des Handelns der Eltern ausdrücklich dokumentiert werden, dass diese nicht eigenen Namens handeln, sondern namens der minderjährigen Kinder4. Entscheidend ist z.B., dass mit Nießbrauchsbestellung den Mietern neue Kontonummern bekannt gegeben werden, damit das Geld unmittelbar auf Konten der Kinder fließt. Es genügt nicht, dass nur die Erträge an den Nießbraucher abgeführt werden.

7.81

Beispiel: M und F sind Eigentümer eines alten vermieteten Mehrfamilienhauses, das bereits vollständig abgeschrieben ist. Da beide sehr hohe Einkünfte erzielen, möchten sie die Mieteinkünfte auf ihre minderjährigen Kinder lagern. Sie bestellen daher ihren Kindern einen Nießbrauch, wodurch die Kinder in die Vermieterstellung eintreten. Das Familiengericht hat trotz mehrfachen Antrags die Bestellung eines Ergänzungspflegers abgelehnt, da dies nicht erforderlich sei. Steuerliche Anerkennung?

7.82

Die Einräumung des Nießbrauchs bringt rechtliche Nachteile für den Minderjährigen mit sich (s. Rz. 7.34, 7.36). Die Finanzverwaltung verlangt insoweit die Beachtung folgender Vorgaben: Bei Einräumung eines Nießbrauchsrechts zugunsten minderjähriger Kinder bedarf es im Regelfall der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers, da

7.83

1 BFH v. 3.2.1998 – IX R 38/96, BStBl. II 1998, 539. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 2; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 3. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 15; BFH v. 13.5.1980 – VIII R 63/79, BStBl. II 1981, 295.

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Kap. 7 Rz. 7.84 Nießbrauch und Immobilienübertragung

das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher nicht einen lediglich rechtlichen Vorteil begründet. Dies gilt auch in den Fällen der Einräumung eines Bruttonießbrauches. Formfehler zwingen zwar nicht in jedem Fall zur steuerlichen Nichtanerkennung von steuerlich vorteilhaften Verträgen zwischen Angehörigen, da die Gesamtumstände zu beachten sind. Bei Fehlern eines Ergänzungspflegers sind die Chancen für eine Anerkennung allerdings eher gering1. Die Nießbrauchsbestellung ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers ist steuerlich jedoch anzuerkennen, wenn die Nichtmitwirkung des Ergänzungspflegers allein darauf beruhte, dass das Familiengericht die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers als entbehrlich angesehen hat2.

7.84

Nach allgemeiner Ansicht bedarf es keiner Mitwirkung eines Ergänzungspflegers für die gesamte Dauer des Nießbrauchs und zur Verwaltung des Vermögens, sondern ausschließlich für die Bestellung des Nießbrauchsrechts3.

7.85

Ein zunächst formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen ist nach Ansicht des BFH ausnahmsweise dann von vornherein steuerlich anzuerkennen, wenn aus den besonderen übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles ein ernsthafter Bindungswillen der Angehörigen zweifelsfrei abgeleitet werden kann. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn den Angehörigen aufgrund der bestehenden Rechtslage nicht anzulasten ist, dass sie die Formvorschriften zunächst nicht beachtet haben, und wenn sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen4 (s. Rz. 13.62).

7.86

Eine Nießbrauchsbestellung ist auch anzuerkennen, wenn das Familien-/Betreuungsgericht eine familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht für erforderlich hält (entsprechend Rz. 7.82).

7.87

Gestaltungshinweis In der Praxis sollte stets versucht werden, den sichersten Weg zu gehen, d.h. alle auch nur möglicherweise anwendbaren Mitwirkungs- und Genehmigungserfordernisse sollten beachtet werden.

5. Nießbraucherlasse

7.88

Mit Schreiben vom 23.11.19835 hat das BMF die Grundsätze für die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Nießbrauchs bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen geregelt.

1 Siehe z.B. BFH v. 12.5.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559 = MittBayNot 2017, 153. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 5. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 4; BFH v. 13.5.1980 – VIII R 63/79, BStBl. II 1981, 295. 4 Vgl. hierzu BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler. 5 BMF v. 23.11.1983 – IV B 1-S 2253-103/83, BStBl. I 1983, 508.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.88 Kap. 7

Die Grundsätze für die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Nießbrauchs bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wurden durch das BMF-Schreiben vom 15.11.19841 und durch das BMF-Schreiben vom 24.7.19982 neu gefasst – letzteren hat die Finanzverwaltung unter Einarbeitung der BFH-Rechtsprechung und Aktualisierung der Beispiele neu gefasst: Das BMF-Schreiben vom 30.9.20133 tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 24.7.1998, das BMF-Schreiben vom 9.2.2001 wurde aufgehoben. Die Anweisungen der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Nießbrauchs bei Einkünften aus Kapitalvermögen im Nießbrauchserlass vom 23.11.1983 sind durch die Nießbrauchserlasse vom 15.11.1984 und vom 24.7.1998 nicht geändert worden. Die Ablösung eines Nießbrauchsrechts hat das BMF mit Schreiben vom 11.3.2010 geregelt, nunmehr neu gefasst im BMF-Schreiben vom 6.5.20164. Checkliste5: Vorbehaltsnießbrauch (Vermietung durch Nießbraucher) Eigentümer

Vorbehaltsnießbraucher

Mieten

keine Zurechnung

Zurechnung Rz. 41

Grundstücksaufwendungen

kein Abzug Rz. 45

abzugsfähige WK Rz. 43 i.V.m. Rz. 21, 22

Gebäude-AfA

kein Abzug Rz. 45

Abzug Rz. 22

AfA auf Nießbrauchs- – recht



1 BMF v. 15.11.1984 – IV B 1-S 2253-139/84, BStBl. I 1984, 561. 2 BMF v. 24.7.1998 – IV B 3-S 2253-59/98, BStBl. I 1998, 914, geändert durch BMF v. 9.2.2001 – IV C3-S 2253-18/01, BStBl. I 2001, 171. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 68 ff.; zur Klarstellung: keine Anwendung findet der gleich lautende Ländererlass vom 2.11.2012, 34 – S. 3812b - 005 - 3814/12, DStR 2012, 2440 („Nießbrauchserlass 2012“). Mit ihm setzt die Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung zur Zuwendung von Nießbrauchsrechten an Personengesellschaften um. Zugleich wird die Anwendbarkeit der Grundsätze auch für den Nießbrauchsverzicht klargestellt, wenn die Mitunternehmerstellung auf den Gesellschafter übergeht. 4 BMF v. 6.5.2016 – IV C 3 – S 2221/15/10011:004, BStBl. I 2016, 476; OFD NordrheinWestfalen, Kurzinformation v. 21.7.2016, Kurzinformation ESt Nr. 14/2016, DStR 2017, 498. 5 Siehe auch Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, C. III; die in der Checkliste genannten Rz. nehmen Bezug auf die Rz. im BMF-Schreiben v. 30.9.2013 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184.

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Kap. 7 Rz. 7.89 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch (Vermietung durch Nießbraucher) Eigentümer

Zuwendungsnießbraucher

Mieten

keine Zurechnung Rz. 23

Zurechnung Rz. 18 i.V.m. Rz. 14–17

Grundstücksaufwendungen

kein Abzug Rz. 24

abzugsfähige WK Rz. 21

Gebäude-AfA

kein Abzug Rz. 24

kein Abzug Rz. 19

AfA auf Nießbrauchs- – recht

kein Abzug Rz. 20

II. Zuwendungsnießbrauch 7.89

Beim Zuwendungsnießbrauch ist zwischen entgeltlicher, teilentgeltlicher und unentgeltlicher Bestellung zu unterscheiden. Der Zuwendungsnießbrauch wurde entgeltlich bestellt, wenn der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Dabei sind alle Leistungsbündel von beiden Vertragsseiten vollumfänglich zu berücksichtigen1. Bei Verträgen zwischen fremden Dritten ist grundsätzlich von entgeltlichen Verträgen auszugehen2. Bei Personen, die einander nahe stehen, besteht im Grundsatz die gegenteilige Vermutung.

7.90

Sind Wert von Nießbrauch und Gegenleistung nicht gleichwertig, sind jedoch dennoch Gegenleistungen geschuldet, so ist der Vertrag in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten. Für jeden Teil gelten die jeweils für einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Nießbrauch geltenden Grundsätze. Die verhältnismäßige Aufteilung richtet sich nach dem Verhältnis des Entgeltes zum Kapitalwert des Nießbrauchs. Unentgeltlich ist ein Nießbrauch auch dann in vollem Umfang, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als 10 % des Wertes des Nießbrauchs beträgt3. Eine Aufspaltung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil unterbleibt in diesen Fällen. 1. Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch

7.91

Der Hauptnachteil des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs besteht darin, dass der Nießbraucher Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 EStG auf das Gebäude nicht steuerlich geltend machen kann4. AfA kann der Nießbraucher nur hinsichtlich solcher Wirtschaftsgüter mit steuerlicher Wirkung beanspruchen, wenn er selbst 1 2 3 4

BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 10. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 11. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 12, 13. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 19; BFH v. 24.4.1990 – IX R 9/86, BStBl. II 1990, 888; Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 102, Schmidt/ Kulosa36, § 21 EStG Rz. 74.

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Fleischer

C. Einkommensteuer

Rz. 7.95 Kap. 7

nachträglich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten trägt oder er zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der Wirtschaftsgüter wird. Dies ist insbesondere bei Anlagen und Einrichtungen i.S.d. § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB der Fall, also wenn das Gebäude in Ausübung des Nießbrauchs errichtet oder Anlagen oder Einrichtungen in Ausübung des Nießbrauchs oder sonst zu einem vorübergehenden Zweck in das dem Nießbrauch unterliegende Gebäude eingebaut werden1. Zivilrechtlich (s. Rz. 7.7) ist der Nießbraucher nicht zur Umgestaltung berechtigt. Dies kann jedoch vereinbart werden (s. Rz. 7.44). Auf das Nießbrauchsrecht selbst kann der Nießbraucher keine AfA geltend machen2. Denn insoweit hat er keine „abschreibungsfähigen“ Anschaffungskosten getragen.

7.92

Alle anderen Werbungskosten kann der Nießbraucher grundsätzlich steuerlich geltend machen, sofern er die Lastentragung vertraglich wirksam übernommen und tatsächlich getragen hat oder aufgrund der gesetzlichen Lastenverteilung zu tragen hat. Aufwendungen, die der Nießbraucher gem. § 1043 BGB zu tätigen berechtigt ist und die in seinem Interesse erfolgen, kann er ebenfalls geltend machen. Dies ist nach Meinung der Finanzverwaltung jedoch ausgeschlossen, wenn der Ersatzanspruch gem. § 1049 BGB vorher vertraglich ausgeschlossen wurde oder von vornherein feststeht, dass der Ersatzanspruch nicht durchsetzbar ist3 (s. Rz. 7.41).

7.93

Sind die dem Nießbrauchsrecht unterliegenden Gebäude vermietet, so sind die Einkünfte grundsätzlich dem Nießbraucher zuzurechnen und nicht dem Eigentümer, sofern er die Vermietungsleistungen erbringt (s. Rz. 7.72). Der Eigentümer darf mangels Einkunftserzielung die AfA auf das Gebäude oder andere Werbungskosten nicht abziehen4. Denn Werbungskosten sind nur solche Aufwendungen, die in einem steuerrechtlich relevanten Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Ist ein Nutzungsrecht nur auf Teile eines Grundstücks bezogen, so gilt der Ausschluss der AfA-Befugnis nur für diesen Teil.

7.94

Gestaltungshinweis: Aus steuerlicher Sicht ist der Zuwendungsnießbrauch nicht empfehlenswert. Entweder statt Zuwendungsnießbrauch die Vollrechtsübertragung mit Rückübertragungsverpflichtungen wählen5. Wird dennoch Zuwendungsnießbrauch verwandt, so sollten alle Lasten (auch außergewöhnliche Ausbesserungen oder Erneuerungen, s. Rz. 7.41) dem Nießbraucher auferlegt werden, da bei einer Vermietung oder sonstigen Nutzung zur Einkunftserzielung nur er befugt ist, diese Aufwendungen steuerlich geltend zu machen.

7.95

1 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 903 ff. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 20; BFH v. 28.7.1981 – VIII R 141/77, BStBl. II 1982, 454. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 21; BFH v. 14.11.1989 – IX R 110/85, BStBl. II 1990, 462; v. 5.9.1991 – IV R 40/90, BStBl. II 1992, 192. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 24; Schmidt/ Kulosa36, § 21 EStG Rz. 74; a.A. zur generellen Versagung des Werbungskostenabzugs Götz/ Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 952 f. 5 Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 102.

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Kap. 7 Rz. 7.96 Nießbrauch und Immobilienübertragung

2. Entgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch

7.96

Beispiel: A ist Eigentümer eines Hauses. B ist daran interessiert, dieses zum Eigenbezug zu erwerben. Da A nicht zum Verkauf bereit ist, jedoch dringend Bargeld benötigt, lässt B sich gegen Zahlung eines Betrages von 200.000 t einen lebenslänglichen Nießbrauch daran einräumen. Welche ertragsteuerlichen Folgen treten ein?

7.97

Kauft ein Steuerpflichtiger sich ein Nießbrauchsrecht, um den Grundbesitz zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, so kann er mangels Einkünfteerzielung die Zahlungen nicht als Werbungskosten abziehen.

7.98

Abwandlung: A ist Eigentümer eines ertragreichen Mietshauses. B ist daran interessiert, dieses als Alterskapitalanlage (Vermietung) zu erwerben. Da A nicht zum Verkauf bereit ist, jedoch dringend Bargeld benötigt, lässt B sich gegen Zahlung eines Betrages von 300.000 t einen lebenslangen Nießbrauch daran einräumen. Die durchschnittliche Lebenserwartung des B beträgt noch zehn Jahre. Welche einkommensteuerlichen Folgen treten ein.

7.99

Nutzt der Nießbraucher im vorstehend bezeichneten Falle eines entgeltlich erworbenen Zuwendungsnießbrauchs das Nießbrauchsrecht zum Zwecke der Vermietung, so kann er die Einmalzahlung als Werbungskosten im Zeitpunkt der Zahlung abzuziehen, sofern die Vorauszahlung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren geleistet wird. Auf die Vorausleistung des für mehr als fünf Jahre geltenden Nießbrauchsrechts ist § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG anzuwenden und mithin auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den sie geleistet wird. Ist der Nießbrauch für die Lebenszeit des Berechtigten oder einer anderen Person eingeräumt, sind die Aufwendungen für den Erwerb des Nießbrauchs nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG auf die mutmaßliche Lebenszeit der betreffenden Person zu verteilen, sofern diese mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt erstmals für Vorauszahlungen, die nach dem 31.12.2003 geleistet wurden1.

7.100

Besteht die Gegenleistung des Nießbrauchers für die Einräumung des Nießbrauchs in gleichmäßig wiederkehrenden Zahlungen, so sind diese Beträge für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind2.

7.101

In der Abwandlung kann der Nießbraucher auch alle übrigen Aufwendungen, die steuerlich als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen sind, steuerlich geltend machen, sofern er diese Aufwendungen zu tragen hat. Insoweit besteht kein Unterschied zum unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch (vgl. dazu bereits Rz. 7.93).

7.102

Der Eigentümer hat die vom Nießbraucher gezahlte Gegenleistung als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG zu versteuern. Maßgeblich für die zeitliche Erfassung ist grundsätzlich das Zuflussprinzip gem. § 11 EStG. Bei Vorausleistung des Entgelts durch den Nießbraucher für mehr als fünf Jahre kön-

1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 26, 70. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 26.

698

Fleischer

C. Einkommensteuer

Rz. 7.123 Kap. 7

nen die Einnahmen auf den Zeitraum verteilt werden, für den die Zahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG)1. Da beim entgeltlich bestellten Zuwendungsnießbrauch der Eigentümer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und die Aufwendungen für den Grundbesitz getragen hat, ist er zur Geltendmachung von AfA gem. § 7 EStG berechtigt. Abweichende Vereinbarungen sind steuerlich unbeachtlich2. Das Gleiche gilt für die Geltendmachung anderer Aufwendungen als Werbungskosten, soweit diese durch die erzielten Einkünfte, also die Bestellung des Nießbrauchs veranlasst sind, so z.B. Schuldzinsen, § 9 EStG. Das gilt selbstverständlich nur, soweit diese Aufwendungen nicht der Nießbraucher zu tragen hat3.

7.103

Ein teilentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch ist entsprechend dem Wertverhältnis von Gegenleistung zum Wert des Nießbrauchs aufzuteilen. Der entgeltliche Teil richtet sich nach den Grundsätzen eines entgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs, der unentgeltliche nach den oben (Rz. 7.91 ff.) dargestellten Grundsätzen des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs4.

7.104

7.105–7.120

Einstweilen frei.

III. Vorbehaltsnießbrauch Beispiel: A ist Eigentümer eines ertragreichen Mietshauses. Er überlässt dieses aus erbschaftsteuerlichen Gründen seinem Kind und behält sich daran einen voll umfänglichen Nießbrauch nebst den sonst üblichen Sicherungen vor.

7.121

Der Vorbehaltsnießbrauch kommt in der Praxis, insbesondere im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge am häufigsten vor. Ein solcher Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn bei Übertragung eines Grundstücks gleichzeitig ein Nießbrauchsrecht für den bisherigen Eigentümer an dem übertragenen Grundstück bestellt wird. Ein Vorbehaltsnießbrauch kann auch im Rahmen einer mittelbaren Grundstücksschenkung vorbehalten werden5 (s. Rz. 7.164). Kein Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn zwar ein Nießbrauch in Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung, aber an einem anderen als dem übertragenen Grundstück oder zugunsten eines Dritten bestellt wird6.

7.122

Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt auch vor, wenn ein Erbe die Erbschaft mit der Maßgabe ausschlägt, dass ihm ein Nießbrauchsrecht an den oder einzelnen zum Nachlass gehörenden Gegenständen eingeräumt wird. Hat ein Erbe die Erbschaft mit der Maßgabe ausgeschlagen, dass ihm ein lebenslanger unentgeltlicher Nieß-

7.123

1 2 3 4 5 6

BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 28. Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 71: str. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 30. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 31. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 39. Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz. 85.

Fleischer 699

Kap. 7 Rz. 7.124 Nießbrauch und Immobilienübertragung

brauch an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück eingeräumt wird, so ist er befugt, AfA als Werbungskosten bei seinen aus den Nachlassgrundstücken erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend zu machen1.

7.124

Die Bestellung des Nießbrauchsrechts im Wege des Vorbehaltsnießbrauchs ist keine Gegenleistung des Erwerbers für den Erhalt des übertragenen Vermögens unabhängig davon, ob das Grundstück entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird2. Der Vorbehalt eines Nießbrauchs kann daher grundsätzlich weder einen Veräußerungstatbestand i.S.d. § 23 EStG begründen noch zu zusätzlichen Anschaffungskosten und damit einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen gem. § 7 EStG führen. Bei (teil)entgeltlicher Übertragung kann der spätere Wegfall des Nießbrauchs den steuerlichen Veräußerungsgewinn erhöhen (s. Rz. 7.165). 1. Behandlung beim Nießbraucher a) Einkünfte, AfA, Werbungskosten

7.125

Beim Vorbehaltsnießbrauch erzielt der Nießbraucher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) ist nicht darin zu sehen, dass der bisherige Grundstückseigentümer sich den Nießbrauch vorbehält, um anschließend den Grundbesitz zur Nutzung an den neuen Grundstückseigentümer entgeltlich zur Nutzung zu überlassen3 (s. Rz. 7.79). Der Vorbehaltsnießbraucher ist bei Verwendung des Objektes zur Einkunftserzielung zur Inanspruchnahme der AfA gem. § 7 EStG bzw. § 11d EStDV für das Gebäude berechtigt4. AfA-Bemessungsgrundlage und AfA-Methode bleiben unverändert. Die übrigen beim Nießbraucher anfallenden Werbungskosten kann er ebenfalls steuerlich geltend machen – sofern er nach den Vereinbarungen bei der Nießbrauchsbestellung oder hilfsweise nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Tragung dieser Aufwendungen verpflichtet ist. Dies gilt auch für Schuldzinsen seiner Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten. Hierbei spielt es keine Rolle, ob er die Verbindlichkeiten zurückbehält und weiterhin Zinsen und Tilgung leistet oder die Schulden auf den Erwerber überschrieben werden, die Schuldzinsen (und Tilgung) jedoch im Innenverhältnis dem Nießbraucher zugeordnet werden (s. Rz. 7.42)5. Dies gilt auch für die Erhaltungsaufwendungen nach §§ 11b oder 7i EStG (s. Rz. 7.271).

7.126

Die AfA des Vorbehaltsnießbrauchers richtet sich nach seinen bisherigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und nachträglichen Herstellungskosten, die er während des Nießbrauchs aufwendet. Sollte er bei der Übertragung unter Vorbehalt des 1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 39. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 40, BFH v. 24.4.1991 – XI R 5/83, BStBl. II 1991, 793. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 41. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 42; BFH v. 30.1.1995 – GrS 4/92, BStBl. II 1995, 281 = FR 1995, 268 m. Anm. Kanzler; Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 60. 5 Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 245; Götz/Hülsmann11, Rz. 974 (nicht ganz klar zur zweiten Variante); Söffing/Söffing, DStR 1993, 1690 (1693).

700

Fleischer

C. Einkommensteuer

Rz. 7.129 Kap. 7

Nießbrauchs eine entgeltliche Gegenleistung erhalten haben, sei es in Form von einmaligen baren Geldbeträgen, sei es in Form der Übernahme von Verbindlichkeiten, so lässt dies die Bemessungsgrundlage für die AfA unberührt1. b) Gestaltung des Berechtigungsverhältnisses Beispiel: Die verheiratete A ist Alleineigentümerin eines vermieteten Grundstücks. Sie möchte den Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt auf ihre Tochter T übertragen. Der Nießbrauch soll über das Ableben des ersten Ehegatten hinaus dem Längerlebenden uneingeschränkt zustehen.

7.127

Wird der Nießbrauch für den bisherigen Eigentümer und seinen Ehegatten vorbehalten (s. Rz. 7.10), und nutzen beide Ehegatten das Wirtschaftsgut gemeinsam zur Einkunftserzielung (beide treten als Vermieter auf), kann der bisherige Eigentümer als Vorbehaltsnießbraucher nur die halbe AfA geltend machen, dem Ehegatten als Zuwendungsnießbraucher steht keine AfA zu. Nutzt der Ehegatte das belastete Wirtschaftsgut allein zur Einkunftserteilung, steht weder ihm noch dem bisherigen Eigentümer AfA zu2. Wird der Nießbrauch allein von dem bisherigen Grundstückseigentümer ausgeübt (s. Rz. 7.72), leitet er seine Nutzungsmöglichkeit voll aus seinem Vorbehaltsnießbrauch ab. Er kann die AfA in voller Höhe vornehmen3. Um jedoch dem Einwand aus § 430 BGB (gleiche Anteile im Innenverhältnis) zu begegnen, wird in der Praxis dem Ehegatten ein aufschiebend bedingter (Zuwendungs-)Nießbrauch für den Fall des Ablebens des Übergebers eingeräumt (s. Rz. 7.220). Für die Dauer des Zuwendungsnießbrauchs geht die Gebäude-AfA verloren4. Erst mit dem Ableben des Ehegatten steht dem Eigentümer die AfA zu5.

7.128

2. Behandlung beim Eigentümer Dem Eigentümer sind im Rahmen eines Vorbehaltsnießbrauchs keine Einkünfte zuzurechnen, es sei denn, es handelte sich um einen Quoten- oder Bruchteilsnießbrauch. Im letzteren Falle gelten die zum Quoten- und Bruchteilsnießbrauch allgemein geltenden Regelungen (Rz. 7.154 f.). Er ist daher auch nicht befugt, Aufwendungen auf den Grundbesitz als Werbungskosten geltend zu machen6. Ausnahmsweise kann er Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehen, wenn er diese im eigenen Interesse als künftiger Nutzer getätigt hat und der Nießbrauch in naher Zukunft aufgehoben werden soll7. 1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 44. 2 Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz. 87; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 21 EStG Rz. 21. 3 BFH v. 13.3.1986 – VIII R 316/84, BStBl. II 1986, 713. 4 BFH v. 24.9.1985 – IX R 62/83 BStBl. II 1986, 12. 5 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 46; nach Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 61 kann der überlebende Ehegatte die AfA in der bisherigen Höhe in Anspruch nehmen (§ 11d EStDV analog); Ivens, ZEV 2012, 71 (75). 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 45. 7 Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 75.

Fleischer 701

7.129

Kap. 7 Rz. 7.130 Nießbrauch und Immobilienübertragung

7.130

Gestaltungshinweis: Da beim Vorbehaltsnießbrauch der Eigentümer mangels Einkunftserzielung nicht befugt ist, Werbungskosten geltend zu machen, sollte die Lastenverteilung beim Nießbrauch so ausgestaltet werden, dass der Nießbraucher alle anfallenden Aufwendungen, einschließlich der außerordentlichen Lasten zu tragen hat1.

7.131

Ist der Nießbrauch erloschen, kann der Eigentümer die Gebäude-AfA geltend machen2.

7.132

War das Grundstück unentgeltlich unter Vorbehalt eines Nießbrauchs übertragen worden, gilt § 11d EStDV, d.h. der Eigentümer führt die AfA des Rechtsvorgängers fort3.

7.133

Beispiel: A ist Eigentümer eines ertragreichen Mietshauses. Er verkauft das Grundstück voll entgeltlich gegen Zahlung von 300.000 t (Anteil Grund und Boden 20 %) an B und Vorbehalt eines voll umfänglichen, lebenslänglichen Nießbrauch als Teil der Gesamtgegenleistung. Der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs beträgt 100.000 t. A verstirbt nach fünf Jahren.

7.134

Hat der Eigentümer, abgesehen vom Vorbehalt des Nießbrauchs, entgeltliche Gegenleistungen gegenüber dem ursprünglichen Eigentümer geleistet, so bemisst sich die AfA nur noch nach den Anschaffungskosten des Eigentümers, im Beispielsfall also 240.000 t (80 % von 300.000 t)4. Der Kapitalwert des Nießbrauchs, also die 100.000 t, sind hierbei nicht zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage erhöht sich um zusätzliche Herstellungskosten, die der Eigentümer getragen hat5. § 11d EStDV greift nur bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge.

7.135

Sind in der Zeit zwischen Anschaffung oder Herstellung des Grundbesitzes und dem Erlöschen des Nießbrauchs Abschreibungen vom Vorbehaltsnießbraucher geltend gemacht worden, so mindern diese in der Zwischenzeit geltend gemachten Abschreibungen das AfA-Volumen6.

7.136

Weniger AfA-Reduzierung ergibt sich bei teilentgeltlicher Übertragung7. Bei einem späteren Verkauf ist § 23 EStG zu beachten (s. Rz. 7.165).

7.137

Vorstehende Grundsätze gelten auch, wenn die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt und sofortiger Schuldübernahme des Erwerbers erfolgt (s. Rz. 7.42). Bei Übergang der (Rest-)Verbindlichkeiten erst mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten liegt ein voll unentgeltlicher Vorgang vor. § 11d EStDV findet Anwendung. Sowohl bei Übergang der Verbindlichkeiten durch Erbfolge als auch durch Verein-

1 2 3 4 5

BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 43, 21, 22. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 46. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 48. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 47. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 47; BFH v. 7.6.1994 – IX R 33/92, IX R 34/92, BStBl. II 1994, 927. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 47. 7 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 48.

702

Fleischer

C. Einkommensteuer

Rz. 7.154 Kap. 7

barung unter aufschiebender Bedingung bleibt der Finanzierungszusammenhang und damit auch der Werbungskostenabzug erhalten1. Einstweilen frei.

7.138–7.150

IV. Einzelprobleme 1. Dinglich nicht vollzogenes Nießbrauchsrecht Zivilrechtlich entsteht das dingliche Nießbrauchsrecht erst mit Eintragung im Grundbuch (s. Rz. 7.8). Wenn die Beteiligten dinglich ein Nießbrauchsrecht zunächst vereinbaren, lange Zeit jedoch der Grundbuchvollzug nicht betrieben wird und dementsprechend lediglich ein schuldrechtliches Nutzungsrecht stattdessen besteht („fehlgeschlagener“ Nießbrauch) sind die Grundsätze zu den obligatorischen Nutzungsrechten (s. Rz. 7.158) anzuwenden2.

7.151

2. Sicherungsnießbrauch Ein Sicherungsnießbrauch, also ein solcher, der lediglich zur Sicherung von Forderungen des Nießbrauchers eingeräumt wird (s. Rz. 7.9), ist, solange er nicht ausgeübt (s. Rz. 7.72) wird, einkommensteuerrechtlich unbeachtlich3. Der Eigentümer erzielt die Einkünfte aus dem Nießbrauch.

7.152

Beispiel: M und F sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Sie überlassen den Grundbesitz im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ihrem Kind zu Alleineigentum. Gleichzeitig vermietet das Kind die Erdgeschosswohnung lebenslänglich an die Eltern. Zur Sicherung des Mietverhältnisses wird ein Nießbrauch zugunsten der Eltern bestellt.

7.153

Die gleichzeitige Vereinbarung eines Nießbrauchs und eines Mietvertrages ist jedenfalls dann kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO), wenn das dingliche Nutzungsrecht lediglich zur Sicherung des Pacht- oder Mietverhältnisses vereinbart und nicht tatsächlich ausgeübt wird4. 3. Bruchteils- und Quotennießbrauch Beim Quotennießbrauch (s. Rz. 7.9) steht dem Nießbraucher der Ertrag lediglich hinsichtlich eines bestimmten quotal bezeichneten Anteiles zu. Für die steuerliche Anerkennung ist hierfür erforderlich, dass der Nießbraucher dennoch zur Inbesitznahme und Verwaltung des Grundbesitzes berechtigt bleibt. Dies haben Grund-

1 Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 250; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 985, 1579 ff. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184, Tz. 8. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 9. 4 BFH v. 3.2.1998 – IX R 38/96, BStBl. II 1998, 539.

Fleischer 703

7.154

Kap. 7 Rz. 7.155 Nießbrauch und Immobilienübertragung

stückseigentümer und Nießbraucher gemeinschaftlich zu erledigen. Unter diesen Voraussetzungen wird ein Quotennießbrauch anerkannt1.

7.155

Ein Bruchteilsnießbrauch liegt dagegen vor, wenn es sich um einen vollumfänglichen Nießbrauch handelt, der jedoch lediglich an einem Bruchteil des Grundbesitzes lastet. Steuerlich werden beide Fälle gleich behandelt. Auch der Bruchteilsnießbrauch wird steuerlich anerkannt, sofern die Aufteilung tatsächlich durchgeführt wird.

7.156

Mietzahlungen auf ein gemeinsames Konto beeinträchtigen die Vermieterstellung des Quoten- oder Bruchteilsnießbrauchers dann nicht, wenn sichergestellt ist, dass der anteilige Überschuss in die alleinige Verfügungsmacht des Nießbrauchers gelangt2. Entscheidend ist dabei, dass die tatsächliche Aufteilung der Erträge in der Realität auch streng durchgeführt wird.

7.157

Handelt es sich bei dem Bruchteils- oder Quotennießbrauch um einen unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch, so kann der Eigentümer die AfA auf das Gebäude nur insoweit abziehen, als sie auf den nicht mit dem Nießbrauch belasteten Eigentumsanteil entfallen. Das Gleiche gilt für den Abzug aller anderen Werbungskosten3. 4. Besonderheiten bei obligatorischen Nutzungsrechten

7.158

Ein Nutzungsrecht kann von vornherein nur schuldrechtlich begründet werden (schuldrechtlicher Nießbrauch, s. Rz. 7.9). Damit kann grundsätzlich dasselbe steuerliche Ergebnis wie bei einem dinglichen Nießbrauchsrecht erzielt werden4. Dies gilt auch bei Nießbrauchsverträgen zugunsten minderjähriger Kinder (Rz. 7.34). Für ein unentgeltlich begründetes obligatorisches Nutzungsrecht zwischen nahestehenden Personen verlangt die Finanzverwaltung, dass dieses schriftlich vereinbart sei und für einen festgelegten Zeitraum5 abgeschlossen wurde. Ist das entsprechende Nutzungsrecht teilweise entgeltlich vereinbart, bedarf es eines schriftlichen Mietvertrages; die Vereinbarung einer Mindestzeit wird nicht verlangt6. Nach Ablauf der Befristung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts kann dieses noch fortbestehen, wenn das Fortbestehen für den Zeitraum nach Ablauf der Bedingung (Befristung) ausdrücklich oder konkludent vereinbart wurde7.

1 2 3 4

BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 14, 15, 16. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 16. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 25. BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 6 ff.; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 Rz. 25. 5 Wohl mind. ein Jahr; BMF v. 24.7.1998, IV B3-S2253-59/98, BStBl. I 1998, 914 Rz. 7; offener BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 7; nach Ansicht von Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 77 ohne Rechtsgrundlage. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 7. 7 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 7; BFH v. 16.1.2007 – IX R 69/04, BStBl. II 2007, 579.

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Fleischer

C. Einkommensteuer

Rz. 7.161 Kap. 7

Voraussetzung für die Anerkennung der Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG beim Nutzungsberechtigten ist, dass dieser zivilrechtlich Vermieter geworden ist. Dies ist beim Nießbraucher mit dinglich wirksamer Bestellung gem. § 567 BGB bereits gesetzliche Folge der Nießbrauchsbestellung (s. Rz. 7.46). Das Gleiche gilt auch bei Bestellung eines dinglichen Wohnrechts1. Da § 567 BGB bei rein obligatorischen Nutzungsrechten nicht eingreift, kann der jeweilige Nutzungsberechtigte bei bereits bestehenden Verträgen nur bei einer Vertragsübernahme, also bei Zustimmung der Mieter in das Mietverhältnis als Vermieter einrücken2. Dies ist daher Voraussetzung für eine steuerliche Anerkennung der Einkunftserzielung des Nutzungsberechtigten bei einem zugewendeten obligatorischen Nutzungsrecht. Auch bei Übertragung eines Grundstücks unter Vorbehalt eines obligatorischen Nutzungsrechts stellt die Einräumung dieses Nutzungsrechts keine Gegenleistung dar3.

7.159

5. Bestellung eines Wohnrechts Wird ein dingliches Wohnrecht nach § 1093 BGB (Rz. 7.14) zugewendet, sind die für einen Zuwendungsnießbrauch geltenden Grundsätze (Rz. 7.89 ff.) entsprechend anzuwenden4. Die Übertragung eines Grundstücks gegen die Verpflichtung, dieses mit einem Wohngebäude zu bebauen und dem Veräußerer ein dingliches Wohnrecht an einer Wohnung zu bestellen, stellt keine entgeltliche Überlassung des Wohnrechts, sondern ein auf die Anschaffung des Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft dar5. Soweit dies gegenüber der bisherigen Verwaltungsanweisung nachteilig ist, soll dies erstmals für die Bestellung eines dinglichen Nutzungsrechts nach dem 31.5.2006 gelten6.

7.160

Wird ein Grundstück gegen Einräumung eines vorbehaltenen dinglichen Wohnrechts nach § 1093 BGB übertragen, sind die Regeln für den Vorbehaltsnießbrauch (s. Rz. 7.121 ff.) entsprechend anzuwenden7. Die AfA-Bemessungsgrundlage für den unbelasteten Gebäudeteil ist wie folgt zu ermitteln: Die Einräumung des Wohnrechts stellt kein Entgelt für die Übertragung des Grundstücks dar. Der Übernehmer erhält lediglich das von vornherein um das Nutzungsrecht geminderte Vermögen. Der Kaufpreis zzgl. der Nebenkosten ist auf die beiden Wirtschaftsgüter Grund und Boden sowie Gebäude nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen8. Eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter ist grundsätzlich – auch in Fällen einer gemischten Schenkung –

7.161

1 Palandt/Weidenkaff76, § 567 BGB Rz. 1 m.w.N. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 36; BFH v. 26.4.1983 – VIII R 205/80, BStBl. II 1983, 502. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 51. 4 Stuhrmann, DStR 1998, 1405 (1408). 5 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 33. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 72. 7 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 49. 8 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 50; BFH v. 31.5.2000 – IX R 50, 51/97, BStBl. II 2001, 594.

Fleischer 705

Kap. 7 Rz. 7.162 Nießbrauch und Immobilienübertragung

der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit der Verkehrswert des jeweiligen Wirtschaftsguts nicht überschritten wird1.

7.162

Beispiel (s.a. Rz. 7.295): V überträgt sein Zweifamilienhaus gegen Übernahme der Verbindlichkeiten i.H.v. 175.000 t an K. Dabei behält V sich ein lebenslängliches dingliches Wohnrecht an der Wohnung im Obergeschoss vor (Kapitalwert des Wohnrechts im Erwerbszeitpunkt 75.000 t). Die Erdgeschosswohnung ist weiterhin vermietet. Beide Wohnungen sind gleich groß. Die Verkehrswerte betragen für das Gebäude 250.000 t und für den Grund und Boden 50.000 t (ohne Berücksichtigung des Wohnrechts). Im notariellen Vertrag ist folgendes vereinbart: Die wohnrechtsbelastete Wohnung geht unentgeltlich über. Als Kaufpreis werden für den Grund und Boden 50.000 t und für die vermietete Wohnung 125.000 t bestimmt. Die Kaufpreiszahlung erfolgt durch Schuldübernahme in entsprechender Höhe.

Die im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreiszuordnung ist steuerlich anzuerkennen, wenn sie weder zum Schein getroffen noch missbräuchlich vorgenommen wurde2. Die AfA-Bemessungsgrundlage für die vermietete Wohnung beträgt hiernach 125.000 t. § 11d EStDV ist auf den unentgeltlich erworbenen und unbelasteten Anteil anzuwenden. Bei einer Darlehensfinanzierung sollte von der Finanzierungsfreiheit Gebrauch gemacht werden (s. Rz. 1.415, 1.533 ff.). 6. Vermächtnisnießbrauch

7.163

Ein Vermächtnisnießbrauch liegt vor, wenn aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Grundstückseigentümers einem Dritten vermächtnisweise ein Nießbrauch an einem Grundstück eingeräumt wird (s. Rz. 7.9). Ein Vermächtnisnießbrauch wird wie ein unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch behandelt3. Der Vermächtnisnehmer ist demnach nicht berechtigt, die AfA des Erblassers fortzuführen4. Die Gestaltung eines Vermächtnisnießbrauchs sollte daher lediglich bei solchen Objekten zur Absicherung beispielsweise des längerlebenden Ehegatten gewählt werden, wenn die Nutzung des zugewandten Objekts ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken erfolgen soll und eine Vermietung ausgeschlossen ist. In allen anderen Fällen ist – abgesehen von den zivilrechtlichen Unterschieden und Nachteilen – die Erbeinsetzung verknüpft mit einer Teilungsanordnung und ggf. Vorausvermächtnis eines eventuellen Mehrwerts vorzuziehen. Aufschiebend bedingt auf das Ableben des Berechtigten aus der Teilungsanordnung kann dieser Miterbe wiederum mit einem Herausgabevermächtnis zugunsten des anderen Miterben bzw. dessen Nachkommen belastet werden. Dieser Anspruch kann bereits dinglich im Grundbuch durch Eintragung 1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 50; BFH v. 27.7.2004 – IX R 54/02, BStBl. II 2006, 9. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 50; BFH v. 1.4.2009 – IX R 35/08, BStBl. II, 2009, 663 = FR 2009, 1007 m. Anm. Bode; v. 16.9.2015 – IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397 = FR 2016, 228 m. Anm. Bode. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 32. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 32, BFH v. 28.9.1993 – IX R 156/88, BStBl. II 1994, 319 = FR 1994, 152 m. Anm. Stobbe.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.164 Kap. 7

einer Vormerkung gesichert werden. Auf diese Art und Weise kann der Nutzungsberechtigte und in dem Fall auch Eigentümer auch die AfA auf den vermieteten Grundbesitz vornehmen und steuerlich geltend machen. Beim Vermächtnisnießbrauch erhält der Nießbraucher das Nutzungsrecht vom Erben (daher Zuwendungsnießbrauch). Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt jedoch vor, wenn ein Erbe zugunsten eines anderen ausschlägt und ihm dafür ein Nießbrauchsrecht an einem Nachlassgrundstück eingeräumt wird1. 7. Mittelbare Grundstücksschenkung mit Vorbehaltsnießbrauch Aus erbschaftsteuerlichen Erwägungen wurde häufig zum Mittel der mittelbaren Grundstücksschenkung gegriffen. Hierbei stellt der Schenker dem Beschenkten zwar Geld zum Erwerb oder zur Bebauung einer bestimmten Immobilie zur Verfügung. Der Beschenkte wird jedoch tatsächlich ausschließlich durch die Immobilie selbst bereichert, da er das Geld nur zu diesem Zweck verwenden kann und darf. In diesen Fällen haben die Schenker häufig – ebenso wie bei sonstigen Fällen der vorweggenommenen Erbfolge – ein Interesse daran, einen Nießbrauch an der mittelbar geschenkten Immobilie zu erhalten. Dieser ist wie ein regulärer Vorbehaltsnießbrauch zu behandeln, wenn die entsprechende Abrede im Voraus, d.h. vor Erwerb der Immobilie bzw. vor der Bauerrichtung getroffen wird2. Unter diesen Umständen galt bis zum Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform 2008 für den erbschaftsteuerlichen Wert der Zuwendung der Grundbesitzwert gem. § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. §§ 138 ff. BewG. Mit der Reform des Erbschaftsteuerrechts im Jahr 2008 hatte diese Fallgruppe an Attraktivität verloren, weil die Bewertungsunterschiede von Grundbesitz und anderen Vermögensklassen nur noch marginal sind oder gar nicht mehr existieren (Kürzung des Grundbesitzwerts nach § 13c ErbStG um 10 %)3. Bei den derzeit ungebremst steigenden Immobilienpreisen gewinnt sie zunehmend wieder an Attraktivität4. Bei den derzeit ungebremst steigenden Immobilienpreisen gewinnt sie zunehmend wieder an Attraktivität5. Höchstrichterlich geklärt ist nun, dass bei einem Einkünfte erzielenden bebauten Grundstück der Beschenkte die AfA auf die vom Schenker getragenen Anschaffungskosten gem. § 11d Abs. 1 EStDV geltend machen kann6.

1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 39. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 39; BFH v. 15.5.1990 – IX R 21/86, BStBl. II 1992, 67 = FR 1991, 85 m. Anm. Drenseck. 3 R E 7.3 ErbStR 2011. 4 Geck/Messner, ZEV 2017, 258 (261). 5 Geck/Messner, ZEV 2017, 258 (261). 6 BFH v. 4.10.2016 – IX R 26/15, BStBl. II 2017, 343 = DStR 2017, 445 = ErbStB 2017, 96 = DStRK 2017, 114; Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 134.

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7.164

Kap. 7 Rz. 7.165 Nießbrauch und Immobilienübertragung

8. Vorbehaltsnießbrauch und private Veräußerungsgeschäfte

7.165

Beispiel1: Vater V überträgt sein 01 für 1 Mio. Euro angeschafftes Mietwohngrundstück zum 1.1.2009 unter Vorbehalt lebenslänglichen Nießbrauchs (Kapitalwert 600.000 t) auf Sohn S. S übernimmt die auf der Immobilie lastenden Verbindlichkeiten von 400.000 t. V stirbt Ende des Jahres 11. S veräußert daraufhin die Immobilie zum 1.1.2012 für 1 Mio. Euro. Eine Wertsteigerung der Immobilie ist zwischenzeitlich nicht eingetreten. V nahm in den Jahren 09 bis 11 eine Gebäude-AfA i.H.v. jährlich 16.000 t in Anspruch.

Es liegt ein vollentgeltlicher Erwerb vor, da sich der Verkehrswert um den Kapitalwert des Nießbrauchs reduziert und die übernommenen Verbindlichkeiten dem Verkehrswert der nießbrauchbelasteten Immobilie entsprechen. Damit beginnt mit der Übertragung die Veräußerungsfrist gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu laufen. Da innerhalb dieser Frist veräußert wird, entsteht ein Veräußerungsgewinn aus der Differenz von Kaufpreis und Betrag der übernommenen Verbindlichkeiten. Dies kann durch – Verbleib der Verbindlichkeiten bei V (voll unentgeltlicher Erwerb; Sohn S veräußert die Immobilie in diesem Fall außerhalb der Zehn-Jahres-Frist und unter Beachtung des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG), – Verzicht auf eine lebzeitige Schenkung (Erwerb von Immobilie und Verbindlichkeiten durch Erbfall, letztere kein teilentgeltlicher Erwerb) verhindert werden2. Da es sich um die Übertragung von Privatvermögen handelt, wird ein etwaiger Veräußerungsgewinn beim Schenker grundsätzlich nicht steuerbar sein.

7.166

Wird ein Grundstück veräußert, könnte sich der Verkäufer zur Vermeidung oder Reduzierung eines Veräußerungsgewinns einen Nießbrauch vorbehalten, der dann später gegen Zahlung abgelöst wird. Die Sicherstellung der Durchführung der Ablösung erfolgt durch entsprechende Doppeloption. Eine Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO dürfte naheliegen3.

V. Wegfall, Ablösung, Surrogation 1. Tod, unentgeltlicher Verzicht, Aufhebung

7.167

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) erzielt nunmehr der Eigentümer. Bei Wegfall eines Vorbehaltsnießbrauchs gehen AfA-Bemessungsgrundlage, AfA-Methode und Steuerwert (Restbuchwert) auf den Eigentümer gem. § 11d Abs. 1 EStDV über4. Erhaltungsaufwendungen, die der Nießbraucher nach § 82b 1 Nach Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 217, s.a. Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1511 ff. 2 Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 218; zur Berechnung der Fristen: BFH v. 8.4.2014 – IX R 18/13, BStBl. II 2014, 826 = DB 2014, 1905 = DStR 2014, 1711. 3 A.A. Kessler/Mirsbach, DStR 2015, 926. 4 Neufang/Merz, DStR 2012, 939 (941).

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.169 Kap. 7

EStDV auf mehrere Jahre verteilt hat, kann der Eigentümer nach einvernehmlicher Beendigung des Nießbrauchs innerhalb des Verteilungszeitraums nicht in Höhe des verbleibenden Teils als Werbungskosten geltend machen1. Der Eigentümer kann auch die noch von ihm nunmehr zu leistenden Zinszahlungen (s. Rz. 7.137) als Werbungskosten abziehen. Es besteht auch nun noch ein Veranlassungszusammenhang zu Krediten aus der Errichtung bzw. Anschaffung der Immobilie2. 2. Ablösung a) Vorbehaltsnießbrauch Bei der Ablösung ist zu unterscheiden, ob der Nießbrauch im Rahmen

7.168

– einer vorweggenommenen Erbfolge oder – sonstigen Vermögensübertragung (= Veräußerungsgeschäft) eingeräumt wurde3. Erfolgt die Ablösung eines bei einer vorweggenommenen Erbfolge eingeräumten Vorbehaltsnießbrauchs im Rahmen eines vollentgeltlichen Verzichts auf das Nießbrauchsrecht, so sind einmalige Zahlungen nachträgliche Anschaffungskosten für den Vermögensgegenstand Grundstück4, die auf Grund und Boden sowie Gebäude aufzuteilen sind. Die Ablösezahlungen begründen eine eigene AfA-Reihe. Des Weiteren geht die AfA-Basis des Schenkers gem. § 11d Abs. 1 EStDV über5. Für den Nießbraucher, also den Vermögensübergeber, handelt es sich bei der Einmalzahlung um eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung6. Erfolgt die Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge nicht durch die Zahlung eines Einmalbetrages, sondern gegen wiederkehrende Leistungen, so galt bis zum 1.1.2008 der Rentenerlass vom 16.9.20047. Handelte es sich beim Nießbrauch um eine ertragbringende Wirtschaftseinheit, so galt danach in einem solchen Fall das Sonderrecht der Versorgungsleistungen, wonach die Zahlungen beim Zahlenden Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG 1 FG Münster v. 15.4.2016 – 4 K 442/15 E (rkr.), ErbStB 2016, 203; BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 22. 2 Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 250; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 985. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 55, 56; Geils in Haase/Jachmann, Beck’sches Handbuch Immobiliensteuerrecht1, § 16 Rz. 22. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 57; BFH v. 21.7.1992 – IX R 72/90, BStBl. II 1993, 486 = FR 1993, 538 m. Anm. Drenseck; v. 15.12.1992 – IX R 323/87, BStBl. II 1993, 488; v. 18.11.2014 – IX R 49/13, BStBl. II 2015, 224 = DB 2015, 102 = DStR 2015, 27 (Nießbrauch am GmbH-Anteil) = FR 2015, 332 m. Anm. Bode. 5 LfSt Bayern v. 28.1.2011, S. 2196.1.1-2/1 St32, DStR 2011, 312; a.A. Meyer/Ball, DStR 2011, 1211, keine Kürzung der AfA-Basis um den Wert des vorbehaltenen Nießbrauchsrechts. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 58; BFH v. 9.8.1990 – X R 140/88, BStBl. II 1990, 1026. 7 BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 - S 2255 - 354/04, BStBl. I 2004, 922; BFH v. 25.11.1992 – X R 34/89, BStBl. II 1996, 663.

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7.169

Kap. 7 Rz. 7.170 Nießbrauch und Immobilienübertragung

und beim Empfänger eine dauernde Last gem. § 22 Nr. 1b EStG darstellten. Mit dem Inkrafttreten des JStG 2008 (s. Rz. 1.610 ff.) hat sich die Anerkennung der gleitenden (gestreckten) Vermögensübertragung nicht geändert, es sei denn, die Ablösung des Nießbrauchs dient der lastenfreien Veräußerung des Vermögens1. Der BFH hat mit Urteil vom 12.5.20152 entschieden, dass Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der gleitenden Übergabe von Privatvermögen grundsätzlich weiterhin als Rente oder dauernde Last abgezogen werden können, wenn die Vermögensübertragung vor dem 1.1.2008 vereinbart wurde und die Vorrausetzungen von § 52 Abs. 23e Satz 2 EStG i.d.F. JStG 2008 nicht vorliegen. Es kommt insofern nicht darauf an, in welchem Zeitraum der Nießbrauch abgelöst und die Versorgungsleistung vereinbart worden sind. Unerheblich ist, ob die Ablösung des Nießbrauchs und der Zeitpunkt bereits im Übergabevertrag verbindlich vereinbart worden waren. Diese Rechtsauffassung widersprach der Verwaltungsmeinung, welche die Anwendung des alten Rechts (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor dem 1.1.2008 geltenden Fassung) an die Bedingung geknüpft hatte, dass die Ablösung des Nießbrauchsrechts gegen Versorgungsleistungen und der Zeitpunkt bereits im Übertragungsvertrag verbindlich vereinbart worden waren. Die Finanzverwaltung hat sich nunmehr der Rechtsauffassung des BFH angeschlossen und im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Rz. 85 des BMF-Schreibens vom 11.3.20103 durch das BMFSchreiben vom. 6.5.2016 geändert4. Die Neuregelung ist mit einer den Steuerpflichtigen entgegenkommenden Übergangsregelung für VZ vor 2016 und nach 2015 versehen5.

7.170

Wird der Vorbehaltsnießbrauch im Rahmen einer sonstigen Vermögensübertragung (also keine ertragbringende Vermögenseinheit oder voll entgeltliches Austauschgeschäft) entgeltlich abgelöst, so führen sowohl eine Einmalzahlung als auch sonstige wiederkehrende Leistungen mit ihrem Barwert gem. §§ 13, 14 BewG i.V.m. Anlage 9 und 9a zum BewG zu nachträglichen Anschaffungskosten6. Der Erhöhung der Anschaffungskosten, die zu einer Erhöhung des Abschreibungspotentials beim Eigentümer führt, sind jedoch Grenzen gesetzt durch § 12 Nr. 2 EStG, also das Verbot der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen: Ist der Wert der Gegenleistung höher als der Wert des übertragenen Vermögens, so ist der die angemessene Gegenleistung überschreitende Wert gem. § 12 Nr. 2 nicht bei der Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen zu berücksichtigen. Ist der Wert der Gegenleistung mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen

Geck, ZEV 2010, 161 (166); Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 470. BFH v. 12.5.2015 – IX R 32/14, BStBl. II 2016, 331 = DB 2015, 1935 = ErbStB 2015, 289. BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 – S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227 = DB 2010, 645. BMF v. 6.5.2016 – IV C 3 – S 2221/15 10011:004; BStBl. I 2016, 476 = DB 2016, 1165, 1968 = DStR 2016, 1112; OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation v. 21.7.2016, Kurzinformation ESt Nr. 14/2016, DStR 2017, 498 = ZEV 2017, 298. 5 Siehe dazu kösdi 2016, 19828, Report Nr. 265. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 59; BFH v. 9.2.1994 – IX R 110/90, BStBl. II 1995, 47 = FR 1994, 782 m. Anm. Drenseck; v. 18.10.1994 – IX R 46/88, BStBl. II 1995, 169.

1 2 3 4

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.173 Kap. 7

Vermögens, so liegt insgesamt eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG vor1. Der Eigentümer, der wiederkehrende Leistungen an den ehemaligen Nießbraucher bezahlt, kann die wiederkehrende Leistung weder als Renten noch als dauernde Last abziehen, da es sich um eine private Vermögensumschichtung handelt. Ein in den wiederkehrenden Leistungen enthaltener Zinsanteil ist jedoch entsprechend §§ 22 EStG, 55 EStDV zu ermitteln und als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar2. Erfolgt die Ablösung im Zusammenhang mit einer sonstigen Vermögensübertragung, so sind die Zahlungen an den ehemaligen Nießbraucher von diesem nicht als dauernde Last oder Rente zu versteuern. Ein in wiederkehrenden Leistungen enthaltener Zinsanteil ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bzw. Veräußerungsleibrenten mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG der Besteuerung zu unterwerfen3.

7.171

b) Zuwendungsnießbrauch Wurden wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit der Ablösung eines Zuwendungsnießbrauchs vor dem 1.1.2008 vereinbart, können diese als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. abgezogen werden, soweit die übrigen Voraussetzungen für eine begünstigte Vermögensübergabe nach altem Recht vorliegen4. Bei der Ablösung ist zu unterscheiden, ob der Nießbrauch

7.172

– unentgeltlich oder – entgeltlich eingeräumt wurde. Ablösezahlungen für einen ursprünglich unentgeltlich eingeräumten Zuwendungsnießbrauch sind nach (nicht unbestrittener) Auffassung der Fin.Verw. grundsätzlich gem. § 12 Nr. 2 EStG nicht abzugsfähig, führen beim Nießbraucher nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und sind beim Eigentümer weder unmittelbar als Werbungskosten abziehbar noch erhöhen sie dessen Anschaffungskosten für das Grundstück5.

1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 59. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 59; BFH v. 25.11.1992 – X R 91/89, BStBl. II 1996, 666. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 60. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 73 unter Verweisung auf BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227; BFH v. 13.12.2005 – X R 61/01, BStBl. II 2008, 16. 5 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 61; s. aber BFH v. 6.7.1993 – IX R 112/88, BStBl. II 1998, 429: keine Berücksichtigung nur bei fehlender stl. Anerkennung der Vereinbarung und bei Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO); a.A. auch Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1416 ff.

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7.173

Kap. 7 Rz. 7.174 Nießbrauch und Immobilienübertragung

7.174

Die vorstehenden Grundsätze, wonach die entgeltliche Ablösung eines unentgeltlich zugewandten Nießbrauchsrechts steuerlich unbeachtlich ist, gelten nicht, wenn der ablösende Eigentümer das Grundstück bereits mit der Nießbrauchsbelastung erworben hat. Es handelt sich dann um ein voll entgeltliches Veräußerungsgeschäft. Eine Einmalzahlung oder auch wiederkehrende Leistungen mit ihrem Barwert führen zu Anschaffungskosten1.

7.175

Der BMF behandelt folgende komplizierte Gestaltungsvariante, der allerdings einen Sonderfall darstellt. Beispiel: Vater V hat seinem Kind K einen unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch eingeräumt, um Einkünfte von sich auf das Kind zum Zweck der Progressionsmilderung zu verlagern. Da das Kind jedoch beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch keine AfA auf die Gebäude geltend machen kann, überlegt der Vater folgende Vorgehensweise. Der Vater zahlt dem Kind zur Ablösung des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs einen dem Wert des Nießbrauchsrechts entsprechenden Betrag i.H.v. 200.000 t. Anschließend, in einem zweiten Vertrag, räumt der Vater dem Kind einen entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch gegen Zahlung von 200.000 t ein. Diese Regelung würde grundsätzlich dem Kind die Verteilung der Aufwendungen i.H.v. 200.000 t auf die Dauer des Nießbrauchs erlauben.

Nach Meinung des BMF2 wird ein solcher Ersatznießbrauch jedoch als neubestellter unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch behandelt. Die steuerlichen Wirkungen, die von den Beteiligten erstrebt wurden, werden hiermit folglich nicht erreicht.

7.176

Handelte es sich ursprünglich um einen entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch, so war der Eigentümer bisher verpflichtet, das Entgelt bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG zu versteuern (s. Rz. 7.102). Hat er nunmehr für die Ablösung dieser Einkunftsquelle Zahlungen in Form einer Ablösung zu erbringen, so handelt es sich um negative Einnahmen bei diesen Einkünften. Ist das vorstehend bezeichnete Entgelt für die Einräumung des Zuwendungsnießbrauchs nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf mehrere Jahre verteilt worden, so ist ein noch nicht versteuerter Restbetrag im Jahr der Ablösung als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Besteht die Abfindung für die Ablösung des ursprünglichen entgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs in wiederkehrenden Leistungen, so sind die negativen Einnahmen jeweils im Jahr der Zahlung anzusetzen3.

7.177

Beim Nießbraucher führen die Abfindungszahlungen dagegen zu einer privaten Vermögensumschichtung, die nur im Rahmen des § 23 EStG steuerpflichtig wäre4.

7.178

Der Verzicht auf einen Vermächtnisnießbrauch gegen Entgelt ist im privaten Bereich nicht steuerbar. Aufwendungen zur Ablösung eines Vermächtnisnießbrauchs 1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 62; BFH v. 15.12.1992 – IX R 323/87, BStBl. II 1993, 488. 2 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 61 a.E. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 63. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 64.; BFH v. 9.8.1990 – X R 140/88, BStBl. II 1990, 1026.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.193 Kap. 7

führen zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grundstückseigentümers1. Beim Vermächtnisnießbraucher selbst führt der Erhalt einer Einmalzahlung dagegen zu keinen einkommensteuerlichen Auswirkungen, da es sich um eine Vermögensumschichtung im Privatvermögen handelt. Einstweilen frei.

7.179–7.190

c) Dingliches Wohnrecht, obligatorisches Nutzungsrecht

7.191

Es gelten die Grundsätze für die Ablösung von Nießbrauchsrechten. 3. Surrogation Beispiel: Die Eltern haben ein Mehrfamilienhaus auf ihren Sohn unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen. Mit Einverständnis der Eltern verkauft der Sohn fünf Jahre später den Grundbesitz, um den Erlös zunächst in festverzinslichen Papieren anzulegen, ihn jedoch zu einem späteren Zeitpunkt für den Ankauf einer Immobilie zu verwenden. Die Eltern erteilen Löschungsbewilligung für das Nießbrauchsrecht. Die Eltern gehen als selbstverständlich davon aus, dass sich der Nießbrauch am Verkaufserlös (und später an der neuen Immobilie) fortsetzt. Der Sohn sieht das anders; er meint, die Eltern hätten auf ihr Nießbrauchsrecht verzichtet2.

7.192

Es könnte nur eine schuldrechtliche Surrogation (s. Rz. 7.50) vorliegen. Ertragsteuerlich stellt sich die Frage ob die Neubestellung am Surrogat zu einer Bewertung des Vorgangs als Vorbehalts- oder Zuwendungsnießbrauch führt, insbesondere bei einem Nießbrauch an einem Wirtschaftsgut anderer Art. Der Ersatznießbrauch stellt ein identisches Surrogat zum aufgegebenen Nießbrauch dar. Entgegen dem Zivilrecht (Zuwendungsnießbrauch) setzt sich ertragsteuerlich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vorbehaltsnießbrauch am neuen Grundstück als Surrogat fort3. Dies ist wohl generell zu bejahen, wenn es sich wirtschaftlich um einen Tausch handelt4. Gestaltungshinweis: Es empfiehlt sich, bereits bei der Nießbrauchbestellung die Verpflichtung zur Neubestellung am Surrogat zu vereinbaren und die Reinvestition zeitnah vorzunehmen. Das Surrogat sollte wertmäßig dem veräußerten Wirtschaftsgut entsprechen5.

1 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 65; BFH v. 21.7.1992 – IX R 14/89, BStBl. II 1993, 484; § 23 EStG kann in einem solchen Fall, also bei einem testamentarisch vermachten Recht nicht verwirklicht werden, da es an einer vorangegangenen Anschaffung, also entgeltlichem Erwerb fehlt. 2 Brambring, DNotZ 2003, 565 (566). 3 BFH v. 24.1.1995 – IX R 40/92, BFH NV 1995, 770. 4 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1436 ff.; a.A. wohl FG Münster v. 16.5.2013 – 2 K 577/11 E, EFG 2014, 270 (rkr.): die Entscheidung wäre wohl anders ausgefallen, wenn die Surrogatsvereinbarung die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Ausübung des Nießbrauchs beachtet hätte. 5 Götz/Hülsmann, DStR 2010, 2377 (2432); Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1462.

Fleischer 713

7.193

Kap. 7 Rz. 7.194 Nießbrauch und Immobilienübertragung

4. Bedingung, Befristung

7.194

Ein schuldrechtliches Nießbrauchsrecht kann nach Ablauf der Bedingung (Befristung) noch fortbestehen (s. Rz. 7.158).

VI. Nießbrauch an betrieblich genutzten Grundstücken 1. Zuwendungsnießbrauch an einem Einzelgrundstück als Entnahme

7.195

Beispiel: A ist Inhaberin eines Betriebes, zu dessen gewillkürtem Betriebsvermögen ein wertvolles Grundstück gehört, das vermietet ist. Sie will dem B hieran einen unentgeltlichen lebenslangen (Zuwendungs-)Nießbrauch einräumen und fragt nach den ertragsteuerlichen Folgen. Abwandlung: Das Grundstück gehört zum Sonderbetriebsvermögen der A als Gesellschafterin einer GbR.

7.196

Die unentgeltliche Einräumung eines Zuwendungsnießbrauchs an einem betrieblich genutzten Grundstück löst nicht automatisch den betrieblichen Zusammenhang. Das Grundstück steht zwar auf einige Zeit der Nutzung durch den Betrieb nicht mehr zur Verfügung. Auch die ursprünglich mit dem Grundstück erzielten Einkünfte fallen weg und stärken nicht mehr die Ertragslage und Liquiditätsreserve des Betriebes. Dennoch geht der BFH nicht automatisch von einer Entnahme aus1. Der BFH stellt vielmehr darauf ab, ob der Nießbraucher ausnahmsweise wirtschaftlicher Eigentümer wird (s. Rz. 7.75) oder der betriebliche Zusammenhang für immer gelöst wird oder das Grundstück nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Betrieb wieder zur Verfügung stehen solle2. In letzterem Fall verliere das Grundstück zwar die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen, nicht aber die als gewillkürtes. Anderenfalls werden allerdings durch Entnahme die im Grundstück enthaltenen stillen Reserven aufgelöst und sind zu versteuern3. Findet keine Entnahme des Grundstücks statt, so werden allerdings die laufenden (jährlichen) Nutzungen entnommen und sind zu versteuern. Diese sind mit den (anteiligen) Kosten der außerbetrieblichen Nutzung (ohne Aufschlag eines fiktiven Vermietergewinns), höchstens jedoch mit dem Marktwert zu bewerten4.

7.197

Abwandlung: A ist Inhaberin eines Betriebes, zu dessen gewillkürtem Betriebsvermögen ein wertvolles Grundstück gehört, das vermietet ist. Sie will dem B hieran einen unentgeltlichen (Zuwendungs-)Nießbrauch für die Dauer von zwei Jahren einräumen und fragt nach den steuerlichen Folgen.

1 BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, BStBl. II 1995, 241 ff.; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1001; Schmidt/Heinicke36, § 4 EStG Rz. 360 Nießbrauch. 2 Schmidt/Heinicke36, § 4 EStG Rz. 360 Nießbrauch. 3 Uterhark/John, DB 2013, 2707. 4 Schmidt/Heinicke36, § 4 EStG Rz. 360 Nießbrauch; Vgl. grundlegend BFH v. 19.12.2002 – IV R 46/00, DStRE 2003, 773.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.204 Kap. 7

Eine Entnahme entsteht nicht, wenn die Umwidmung des Nutzungszwecks des Grundstücks aufgrund einer von vornherein vereinbarten zeitlichen Begrenzung nur vorübergehend ist. Soll das Grundstück anschließend dem Betrieb wieder zur Verfügung stehen, so ist keine Entnahme des Grundstücks anzunehmen.

7.198

Abwandlung: A ist Inhaberin eines Betriebes, zu dessen gewillkürtem Betriebsvermögen ein wertvolles Grundstück gehört, das vermietet ist. Sie will dem B hieran einen lebenslangen (Zuwendungs-)Nießbrauch gegen ein zwischen fremden Dritten übliches Entgelt einräumen und fragt nach den steuerlichen Folgen.

7.199

Abwandlung: Ein entgeltlicher Nießbrauch wird an einem zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehörenden Grundstück zur Nutzung durch einen Gesellschafter für eigene Wohnzwecke bestellt.

Der betriebliche Bezug als gewillkürtes Betriebsvermögen bleibt hier erhalten. Zwar gehen die eigentlichen Nutzungen dem Betrieb verloren, an deren Stelle treten jedoch die Zahlungen für die Nießbrauchseinräumung (Betriebseinnahmen). Sind diese angemessen, entsprechen sie also im Wesentlichen dem zwischen Fremden Üblichen, so wird eine Entnahme vermieden1.

7.200

Wird das Entgelt in einem Einmalbetrag geleistet, hat der Eigentümer einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Laufende Entgeltzahlungen stellen beim Eigentümer Ertrag der Periode der Leistungserbringung dar. Der Barwert der Nießbrauchsansprüche ist beim Eigentümer nicht aktivierungsfähig, der Barwert der Nießbrauchslast beim Nießbraucher kein passivierungsfähiges Wirtschaftsgut2.

7.201

Ein aus außerbetrieblichen Gründen vereinbartes verbilligtes Entgelt, das eine Geringfügigkeitsgrenze von 10 % des ortsüblichen vollen Entgelts unterschreitet, führt nicht dazu, dass das Grundstück seine Beziehung zum Betrieb verliert3.

7.202

2. Vorbehaltsnießbrauch an einem Einzelgrundstück Es ist danach zu unterscheiden, ob lediglich das einzelne Betriebsgrundstück unter Nießbrauchsvorbehalt oder ein Betrieb (Sachgesamtheit) unter Vorbehalt des Nießbrauchs an einem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück übergeben wird4.

7.203

Beispiel5: Die Unternehmerin A ist Eigentümerin eines betrieblich genutzten Grundstücks (Buchwert Grund und Boden 100.000 t, Buchwert Gebäude 200.000 t). A schenkt das Grundstück ihrem Sohn S, behält sich den Nießbrauch an dem Grundstück vor und nutzt das

7.204

1 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1021 (zur Alternative). 2 Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, C. VII. 1. a); BFH v. 26.6.1976 – I R 150/74, BStBl. II 1976, 378. 3 Zum Erbbaurecht: BFH v. 24.3.2011 – IV R 46/08, BStBl. II 2011, 692 = FR 2011, 769 m. Anm. Kanzler; der BFH folgt auch nicht der pauschalen 50 %-Grenze – des ortsüblichen Entgelts –der Finanzverwaltung. 4 Lederle/Wanner, DStR 2016, 2270. 5 Nach Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, C. VII. 1. c).

Fleischer 715

Kap. 7 Rz. 7.205 Nießbrauch und Immobilienübertragung nießbrauchsbelastete Grundstück wie bisher betrieblich. Die Teilwerte betragen im Zeitpunkt der Schenkung 250.000 t beim Grund und Boden und 500.000 t beim Gebäude.

Das Grundstück und nicht nur die Nutzung wird entnommen1. Das Grundstück ist daher aus der Bilanz des Einzelunternehmens auszubuchen, sämtliche stille Reserven aufzudecken. Das Nießbrauchsrecht wird in den fortbestehenden Betrieb eingelegt, jedoch nicht der Teilwert2, sondern die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem betrieblich genutzten Grundstück stehen (Aufwandseinlage: Grundstücksaufwand an Privateinlage). Zu diesen Aufwendungen gehören ggf. auch die abschreibbaren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die A selbst getragen hat. Diese können durch Ansatz einer entsprechenden Einlage gewinnmindernd berücksichtigt werden3. Wird der Nießbrauch entgeltlich eingeräumt, gelten die gleichen Regeln wie beim entgeltlich bestellten Zuwendungsnießbrauch (s. Rz. 7.199)4.

7.205

Überträgt ein Einzelunternehmer ein betriebliches Grundstück, das in seinem Einzelunternehmen aktiviert ist, unter Nießbrauchsvorbehalt unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, an der der Einzelunternehmer ebenfalls beteiligt ist, so dürfte nach allgemeinen Grundsätzen keine Zwangsentnahme des Grundstücks vorliegen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG)5.

7.206

Beispiel: M ist Alleineigentümer des bebauten Grundstücks B-Straße 57 in G. In dem Gebäude befinden sich eine Gaststätte sowie vermietete Wohnungen und Büros. M verpachtete die Gaststätte, die sie zunächst selbst betrieb, an wechselnde Pächter. Sie erklärt bezüglich der Verpachtung der Gaststätte und der Vermietung der sonstigen Räumlichkeiten, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hinsichtlich des Grundstücks schließen M und ihr Sohn W einen notariell beurkundeten Übertragungsvertrag. Nach dessen § 2 überträgt M das Grundstück – ohne Vereinbarung eines Entgelts – auf W. M steht bis zu ihrem Tod ein uneingeschränktes, rechnungsfreies Nießbrauchsrecht an dem Grundstück zu.

7.207

Im Übertragungsvertrag ist leider nicht eindeutig formuliert, ob hierdurch der Verpachtungsbetrieb von M auf ihren Sohn übertragen wird oder lediglich das Grundstück Übertragungsgegenstand ist. Werden die Vereinbarungen aufgrund ihres Wortlauts dahingehend ausgelegt, dass lediglich das Grundstück übertragen wird, während M ihren Verpachtungsbetrieb – nunmehr mittels Vorbehaltsnießbrauch am Grundstück – fortsetzt, sei es als Gewerbebetrieb, sei es im Wege der Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG, liegt eine Entnahme des Grundstücks vor, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen ist, oder eine Betriebsaufgabe (s. Rz. 7.204). Wenn man davon ausgeht, dass sich die Übertragung nicht auf das 1 BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, DStR 2017, 1308; Lederle/Wanner, DStR 2016, 2270 (2272); Geils in Haase/Jachmann, Beck’sches Handbuch Immobiliensteuerrecht1, § 3 Rz. 85. 2 BFH v. 2.8.1983 – VIII R 170/78, BStBl. II 1983, 735; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1026 ff. 3 Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, C. VII. 1. c); Schmidt/Kulosa36, § 7 EStG Rz. 41, 73. 4 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1041 f; Geils in Haase/ Jachmann, Beck’sches Handbuch Immobiliensteuerrecht1, § 3 Rz. 85 ff. 5 Lederle/Wanner, DStR 2015, 2270 (2272).

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.209 Kap. 7

Grundstück allein beschränkt, sondern sich vielmehr – da es dessen einzige wesentliche Betriebsgrundlage war – auf den ruhenden verpachteten Betrieb bezieht, hätte M dem W einen Gewerbebetrieb unentgeltlich übertragen. Das vorbehaltene „uneingeschränkte und rechnungsfreie“ Nießbrauchsrecht führt nicht dazu, dass M das wirtschaftliche Eigentum gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO weiterhin innehat. Wird ein Betreib, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben. Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb kann Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG sein. Die Betriebsübertragung erfolgt unentgeltlich (die Bestellung des Nießbrauchs stellt keine Gegenleistung des M als Erwerber dar). Die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt aber nach Ansicht des BFH zusätzlich voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt (bei einem verpachteten Betrieb die Verpachtung)1. Daran fehlt es hier, da M die einzige wesentliche Betriebsgrundlage, das Grundstück, aufgrund des ihr vorbehaltenen Nießbrauchs weiterhin selbst vermietet und verpachtet. In ständiger Rechtsprechung hat zwar der IV. Senat des BFH im Wege einer bereichsspezifischen Auslegung entschieden, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auch dann gem. § 6 Abs. 3 EStG bzw. § 7 Abs. 1 EStDV ohne Aufdeckung stiller Reserven übertragen werden kann, wenn sich der Übertragende den Nießbrauch an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb vorbehält2. Der BFH (X. Senat) hält es nicht für verfassungswidrig, dass der unentgeltliche Übergang eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch der Buchwertfortführung nicht entgegensteht. Auch die Differenzierung zur steuerneutralen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Fortführung der stillen Reserven sei nicht verfassungswidrig.

7.208

Da die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Verpachtungsbetriebs gem. § 6 Abs. 3 EStG somit nach Ansicht des BFH nicht erfüllt sind, stellt die Übertragung des Grundstücks eine gewinnrealisierende Entnahme dar, die zur Aufdeckung der stillen Reserven führt3: M hat das Grundstück dem Betriebsvermögen entnommen (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 EStG), da die unentgeltliche Übertragung aus persönlichen Gründen ein privater Vorgang ist, der nur im außerbetrieblichen Bereich vollzogen werden kann. Der Vorbehalt des Nießbrauchs hat nicht zur Folge, dass nur ein Teil der ideellen Grundstückshälfte aus dem Betriebsvermögen entnommen worden ist. Eigentum und Nießbrauch sind auch nicht teilweise identisch. Das Nießbrauchsrecht ist vielmehr mit der Bestellung im privaten Vermögensbereich neu entstanden.

7.209

1 Bestätigung von BFH v. 2.9.1992 – XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, und v. 12.6.1996 – XI R 56, 57/95, BFHE 180, 436 = BStBl. II 1996, 527 = DStR 1996, 1399. 2 BFH v. 26.2.1987 – IV R 325/84, BFHE 150, 321 = BStBl. II 1987, 722 und v. 7.4.2016 – IV R 38/13, BFHE 253, 390 = BStBl. II 2016, 765 = DStRE 2016, 768. 3 Dies betrifft aber auch die Steuerverschonung nach §§ 13a, 13b ErbStG.

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Kap. 7 Rz. 7.210 Nießbrauch und Immobilienübertragung

7.210

Der BFH hält ausdrücklich fest, dass es für die Frage der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG unerheblich sei, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter und insofern ruhender Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird.

7.211

Gestaltungshinweis: Die Betriebsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt entfällt somit alsGestaltungsmodell. Stattdessen kommen die Betriebsübergabe gegen Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), ein Entgelt bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos (Einheitstheorie: unentgeltlicher Vorgang gemäß § 6 Abs. 3 EStG) oder eine freie Mitarbeit des Übergebers in Betracht.

7.212

Anderes galt bisher, wenn der Übergeber als Nießbraucher das Grundstück dem Betrieb wieder pachtweise zur Nutzung zur Verfügung stellt. Das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum ist einheitlich beim Betriebsinhaber. Aufgrund des Pachtvertrages steht das Grundstück weiterhin dem Betrieb zur Verfügung. Eine Entnahme ist daher nicht erfüllt1. Zu prüfen ist, ob auch eine solche Übertragung von der Entscheidung des BFH v. 25.1.20172 betroffen ist.

7.213

Wird ein Mitunternehmeranteil (einschließlich eines im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Grundstücks) unentgeltlich nach § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral übertragen und behält sich der Zuwendende den Nießbrauch am Grundstück des Sonderbetriebsvermögens vor, so hat dies keine Zwangsentnahme des Grundstücks zur Folge, wenn das Grundstück beim Übernehmer ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen verbleibt3. 3. Zuwendungsnießbrauch am gesamten Einzelunternehmen

7.214

Beispiel: A ist Inhaberin eines Betriebes, den sie selbst altersbedingt nicht mehr fortführen kann. Da sie sich noch nicht vollständig vom Betrieb trennen und ihn noch nicht übergeben mag und ihr Sohn, der das Unternehmen fortführen soll, nicht nur als Angestellter tätig sein will, möchte A dem Sohn am Betrieb einen entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch bestellen.

7.215

Der Betrieb bleibt in seinem Bestand erhalten und steht im Wesentlichen4 weiterhin dem ursprünglichen Inhaber, also der A zu. Gleichzeitig wird der eigentliche Betrieb von dem Sohn bereits aufgrund des Nießbrauches fortgeführt. Die Situation gleicht daher in jeder Hinsicht einer Betriebsverpachtung („verdinglichte Form der Unternehmenspacht“). In beiden Fällen wird vorausgesetzt, dass die Nutzungsüberlassung sich auf alle wesentlichen Betriebsgrundlagen erstreckt. Hier wie dort entstehen daher 1 BFH v. 24.3.1976 – I R 138/73, BStBl. II 1976, 537. 2 BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, DStR 2017, 1308. 3 Lederle/Wanner, DStR 2015, 2270 (2272) unter Hinweis auf FG Münster v. 24.6.2014 – 3 K 3886/12 F, ZEV 2014, 687; n. rkr., Az. des BFH: IV R 38/14; zu prüfen ist, ob auch eine solche Übertragung von der Entscheidung des BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, DStR 2017, 1308 betroffen ist; 4 Das Umlaufvermögen geht nach §§ 1085, 1067 BGB teilweise auf den Nießbraucher zu Eigentum über. Dies gilt auch für das Steuerrecht: Eine Geldforderung (Barwert) in Höhe des Wiederbeschaffungspreises wird als Verbindlichkeit passiviert; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1172.

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C. Einkommensteuer

Rz. 7.218 Kap. 7

durch die Nutzungsüberlassung ein ruhender, also nicht aktiv betriebener Betrieb und ein aktiver Betrieb. Der Nießbraucher trägt Unternehmerrisiko, denn er führt das Unternehmen in eigener Verantwortung fort und profitiert von Gewinnen und haftet für Verluste. Gleichzeitig hat er Unternehmerinitiative, da er die Entscheidungen über den laufenden Geschäftsbetrieb allein treffen kann, sofern er nicht den Betrieb umgestalten will. Deshalb ist er selbst ebenfalls gewerblicher Unternehmer, der die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt1. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bestellung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt ist2. Der Eigentümer (im Beispiel also A) bezieht weiterhin gewerbliche Einkünfte aus dem ruhenden Gewerbebetrieb, solange er nicht ausdrücklich die Aufgabe des Betriebs erklärt und hat nach den Grundsätzen zur Betriebsverpachtung ein Wahlrecht (EStR 16 Abs. 5)3. Durch die Nießbrauchsbestellung sind stille Reserven noch nicht realisiert. Sie kann entweder den ruhenden Betrieb unverändert fortbestehen lassen, sofern er nicht so umgestaltet und verändert wird, dass eine Wiederaufnahme in der bisherigen Form ausgeschlossen ist. Will die A den ruhenden Betrieb nicht fortführen, z.B. weil sie die damit verbundene weitere Steuerverstrickung stiller Reserven vermeiden will, so kann sie auch jederzeit durch eindeutige Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt die Betriebsaufgabe erklären. Erst in diesem Moment werden die bei A verbliebenen Wirtschaftsgüter in einem einheitlichen Vorgang aus dem Betriebsvermögen in ihr Privatvermögen überführt.

7.216

Den Handelsbilanzgewinn hat der Nießbraucher zu versteuern. Er hat nur den Teil des Steuerbilanzgewinns zu versteuern, den er zivilrechtlich beanspruchen kann. Die Differenz zwischen Handelsbilanzgewinn und Steuerbilanzgewinn muss der Eigentümer versteuern. Die Berechtigung zur Bilanzierung und AfA steht der A (wie bei Betriebsverpachtung) zu. Der Nießbraucher hat das Nießbrauchsrecht als selbständiges Wirtschaftsgut zu aktivieren und davon AfA vorzunehmen4.

7.217

Für den Fall eines Vorbehaltsnießbrauchs im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gelten die vorstehenden Grundsätze ebenso5. Beim Vermächtnisnießbrauch erhält der Nießbraucher das Nutzungsrecht vom Erben (daher Zuwendungsnießbrauch). Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt jedoch vor, wenn ein Erbe zu Gunsten eines anderen ausschlägt und dafür ein Nießbrauchsrecht an einem Nachlassgrundstück eingeräumt wird6.

7.218

1 Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 144; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1122 m.w.N. 2 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1123. 3 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1157 m.w.N. 4 Maier, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/16, C. VII. 2. 5 Zur Land- und Forstwirtschaft BFH v. 26.2.1987 – IV R 325/84, BStBl. II 1987, 772 = FR 1987, 535; Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 144; a.A. im Falle des Vorbehaltsnießbrauchs evtl. die Finanzverwaltung: Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1123 unter Verweis auf Halaczinsky, NWB, F 10 S. 1551. 6 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184 Rz. 39.

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Kap. 7 Rz. 7.219 Nießbrauch und Immobilienübertragung

4. Betriebsaufspaltung

7.219

Kein Wegfall der personellen Verflechtung (ein Eigentümer hat im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein Grundstück an eine GmbH, an der er alle Anteile hält, überlassen) liegt vor, wenn das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen wird. Das Grundstück wird entnommen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG: laufender, nicht begünstigter Gewinn)1.

7.220

Eine Betriebsaufspaltung (Besitz-Einzelunternehmen und Betriebs-GmbH) endet, wenn sowohl das Besitzunternehmen als auch die GmbH-Anteile am Betriebsunternehmen unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs auf einen Dritten übertragen werden. Die personelle Verflechtung entfällt, da die Stimmrechte hinsichtlich der GmbH-Anteile dem Gesellschafter, die Stimmrechte bei dem Besitz-Einzelunternehmen dem Nießbraucher (§ 1030 BGB) zustehen2. Dies lässt sich steuerlich vermeiden, wenn der Inhalt des Nießbrauchs an den Vermögensgegenständen des Einzelunternehmens dahingehend geändert wird, dass dem Eigentümer die laufende Verwaltung zusteht3.

D. Erbschaftsteuer I. Erwerb unter Vorbehalt des Nießbrauchs, Schulden, Familienwohnheim 1. Erwerb unter Vorbehalt des Nießbrauchs

7.221

Erbschaftsteuerrechtlich bestand bis 2008 für einen Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers und dessen Ehegatten ein Abzugsverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. Nur die auf den Kapitalwert des Nießbrauchs entfallende Erbschaftsteuer konnte zinslos gestundet und bei Bedarf mit ihrem Barwert (§ 12 Abs. 3 BewG) abgelöst werden (§ 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F.)4. Dieses Abzugsverbot ist mit Wirkung für Vermögensübertragungen ab 1.1.2009 entfallen.

7.222

Aufgrund des Wegfalls des § 25 ErbStG mindert der Barwert des vorbehaltenen Nießbrauchs gem. § 10 ErbStG als Gegenleistung den Wert des Erwerbs. Der Jahreswert, der durch Prognose zu ermitteln ist (Höchstwert nach § 16 BewG = Steuerwert (§ 12 Abs. 3 ErbStG, §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 157 Abs. 3, 176 bis 198 BewG): 18,6), wird kapitalisiert (§ 1 Abs. 1 i.V.m. §§ 14, 15 BewG, Jahreswert gem. § 15 Abs. 2 BewG = üblicher Mittelpreis des Verbrauchsort). Auszugehen ist von den Nettoerträgen. Bei Selbstnutzung ist als Jahreswert die ortsübliche Miete anzusetzen, bei Vermietung die Bruttomiete abzgl. ertragsteuerlicher Werbungskosten, jedoch nicht Ge-

1 Söffing/Micher, Die Betriebsaufspaltung, 6. Aufl. 2016, Rz. 279. 2 BFH v. 21.1.2015 – X R 16/12, GmbHR 2015, 776 m. Anm. Wachter = MittBayNot 2016, 275 m. Anm. Dehmer. 3 Dehmer, MittBayNot 2016, 277 (279). 4 Zur Berechnung des Ablösungsbetrags gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 18.11.2016, BStBl. I 2016, 1246 = ZEV 2016, 604 = DB 2016, 2873.

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D. Erbschaftsteuer

Rz. 7.223 Kap. 7

bäude-AfA1. Ob die vom Nießbraucher übernommenen Verpflichtungen zur Zahlung von Tilgungen und Schuldzinsen zu berücksichtigen sind, ist strittig2. Allerdings kann die Last nur insoweit abgezogen werden, als sie auf den steuerpflichtigen Teil des Erwerbs entfällt (§ 10 Abs. 6 Satz 4 und 5 ErbStG)3. Beispiel4: Vater V (66 Jahre) schenkt seinem Sohn S am 31.3.2011 ein Mietwohngrundstück (Grundbesitzwert: 900.000 t). V behält für sich den lebenslangen Nießbrauch vor (Jahreswert: 50.000 t). S trägt die Notar- und Grundbuchgebühren und sonstigen Erwerbsnebenkosten (10.000 t). Steuerwert der Zuwendung: Ansatz des Grundstücks mit Grundbesitzwert = 900.000 t; Steuerbefreiung für Wohngrundstücke (§ 13c Abs. 1 ErbStG), Ansatz mit 90 % = 810.000 t. Bewertung des Nießbrauchs: GBW = 900.000 t: 18,6 = Jahreswert = 48.387 t; Jahreswert 48.387 t × Vervielfältiger 10,955 = 530.079 t; Abzugsbeschränkung mit 90 % v. 530.079 ./. 477.071 t. abzgl. Erwerbsnebenkosten: (= Abzug mit 90 % von 9.000 t; R E 7.4 Abs. 4 Satz 1 ErbStR 2011 lässt aber aus Vereinfachungsgründen den vollen Abzug der Erwerbsnebenkosten zu) Bereicherung abzgl. persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb Schenkungsteuer

./. 10.000 t 322.929 t ./. 400.000 t 0t 0t

§ 16 BewG ist auch auf Erwerbe nach dem 1.1.2009 anzuwenden5. Als mögliche Alternativgestaltung kommt die Berücksichtigung der Belastung durch den Nießbrauch bereits bei der Bewertung des Grundstücks (sog. Nettobetrachtung) im Rahmen des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts durch Sachverständigengutachten (§ 198 BewG) in Betracht6. 1 Eisele in Rössler/Troll, § 15 BewG Rz. 9 (Mai 2014). 2 FG Münster v. 26.11.2015 – 3 K 2711/13 Erb, ErbStB 2016, 108 = ZEV 2016, 216 m. Anm. Wälzholz; n. rkr., Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 4/16; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, § 12 ErbStG Rz. 221. In einschlägigen Fällen kann der niedrigere gemeine Wert durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden (s. Ziffer 7.217); Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1536, 1540 f. 3 R B 13 ErbStR 2011; R E 7.4 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2011; R E 7.4 Abs. 2 ErbStR 2011, Götz/ Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1527, 1547. 4 Neufang/Merz, DStR 2012, 939 (940 f.); zur Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung ab 1.1.2017 s. BMF v. 4.11.2016 – IV C 7 – S 3104/09/10001, BStBl. I 2016, 1166. 5 BFH v. 9.4.2014 – II R 48/12, BStBl. II 2014, 554 = DB 2014, 1298 = DStR 2014, 1055 = ZEV 2014, 319; Loose, ErbR 2014, 377; Esskandari, ErbStB 2013, 119 (120). 6 R B 198 Abs. 3 S. 6 ErbStR 2011; OFD Münster v. 17.2.2012 – S 3104 - 14 - St 23-35, DB 2012, 892; zu Korrekturmöglichkeiten nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG s. OFD Karlsruhe v. 5.9.2013 – S 3000/23, S 4606/2, DStR 2014, 146; KK in KÖSDI 2014, 18881, Report Nr. 319: In Zweifelsfällen

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7.223

Kap. 7 Rz. 7.224 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Vorteil: – Abzugsbeschränkung für aufschiebend bedingte Nutzungsrechte (z.B. Ehepartner) gem. § 6 BewG greift bei der Wertermittlung nach der ImmoWertV nicht; – keine Bindung am §§ 13 ff. BewG, insbesondere § 16 BewG; – keine Bindung an Zinssatz von 5,5 % gemäß BewG1. Dann kann die Nießbrauchslast bei der Schenkungsteuerfestsetzung nicht noch mal bereicherungsmindernd abgezogen werden (§ 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG). Der Tod des Nießbrauchers kann zu einer Nachversteuerung führen (s. Rz. 7.223). Auf dieses Risiko ist der Erwerber hinzuweisen2.

7.224

Die Berücksichtigung eines Wohnungsrechts als bereicherungsmindernde Auflage i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG setzt nicht voraus, dass das eingeräumte Recht auch tatsächlich ausgeübt wird. Die Nichtinanspruchnahme des Wohnungsrechts über mehrere Jahre mindert nicht dessen Kapitalisierungswert3. Anders wohl, wenn Umstände vorliegen, die mit Sicherheit ausschließen, dass der Einzug des Berechtigten überhaupt zu erwarten ist. 2. Schulden

7.225

Ist die Immobilie mit Schulden belastet, ist zu unterscheiden (s. Rz. 7.42): Übernimmt der Beschenkte die Schuld, d.h. die Verbindlichkeit, nicht nur die dingliche Belastung, sofort – sei es im Außen- oder Innenverhältnis – mindert die Schuld neben dem Vorbehaltsnießbrauch den Wert der Schenkung. Geht die Schuld erst mit Wegfall des Nießbrauchs über, bleibt sie schenkungsteuerlich zunächst außer Betracht4. Werden bei der Zuwendung eines Grundstücks die Darlehen nicht persönlich übernommen, haben der Zuwender und der Erwerber im Übertragungsvertrag jedoch vereinbart, dass der Erwerber die Schuld bei Tod des Zuwenders übernimmt, handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Last.

7.226

Beispiel5: Die Mutter wendet der Tochter mehrere Grundstücke zu. Die Tochter übernahm die Belastungen der Grundstücke einschließlich der diesen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten „mit schuldbefreiender Wirkung“ für die Mutter ab dem Übergabestichtag. Die Mutter behielt sich den lebenslänglichen Nießbrauch an den Grundstücken vor und verpflichtete sich gegenüber der Tochter, während der Dauer des Nießbrauchs sämtliche grundstücks-

1 2 3 4 5

Grundstücksbewertung verfahrensrechtlich offen halten; Drosdzol, DStR 2014, 1709 (1710); Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1526. Messner/Geck, ZEV 2012, 412; Esskandari, ErbStB 2013, 119. Götz, DStR 2009, 2233. FG Hessen v. 18.5.2015 – 1 K 119/15 – BeckRS 2015, 95533 = ErbStB 2015, 320 m. Komm. Halaczinsky. FG Köln v. 27.1.2016 – 7 K 2894/14, EFG 2016, 581 = ErbStB 2016, 139, rkr.; Billig, UVR 2016, 314. BFH v. 17.10.2001 – II R 60/99, BStBl. II 2002, 166 = ZEV 2002, 16 = FR 2002, 474 m. Anm. Pohl/Deininger.

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D. Erbschaftsteuer

Rz. 7.227 Kap. 7

bezogene Belastungen einschließlich der Zinsen und Tilgungsleistungen auf die von der Tochter übernommenen Verbindlichkeiten zu tragen. Der Vertrag wurde wie vereinbart vollzogen.

Ob einer freigebigen Zuwendung eine Gegenleistung mit der Folge gegenübersteht, dass eine gemischte Schenkung gegeben ist, bestimmt sich zunächst nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Soweit die Gegenleistung in der Übernahme von Verbindlichkeiten des Zuwendenden bestehen soll, ist dabei nicht maßgebend ob der Bedachte die Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zu den Gläubigern übernommen hat, sondern darauf abzustellen, ob er im Innenverhältnis zum Zuwendenden diesen von seinen Verbindlichkeiten zu befreien hat. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich in einer gleichzeitig getroffenen gegenläufigen Vereinbarung der Zuwendende dem Bedachten gegenüber verpflichtet, die auf die Verbindlichkeiten zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen bis zur vollständigen Erfüllung aufzubringen. Dann heben sich die das Innenverhältnis betreffenden Vereinbarungen auf Dauer mit der Folge auf, dass im Innenverhältnis nach wie vor der Zuwendende die Schuldenlast trägt und sich insoweit an dem Zustand vor der Zuwendung nichts geändert hat. Im Beispiel läuft die Schuldübernahme im Innenverhältnis leer. Diese gegenläufige Vereinbarung ist auflösend bedingt durch den Tod der Mutter (§ 163 i.V.m. § 158 Abs. 2 BGB). Korrespondierend damit wirkt dasselbe Ereignis für die zunächst vereinbarte Schuldübernahme durch die Tochter gem. den §§ 163, 158 Abs. 1 BGB als aufschiebende Bedingung. Diese aufschiebende Bedingung steht ungeachtet ihrer Bedeutung für die zivilrechtliche Annahme einer gemischten Schenkung schenkungsteuerrechtlich einer gemischten Schenkung entgegen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG: aufschiebend bedingte Lasten sind nicht zu berücksichtigen). Eine zu berücksichtigende Last des Erwerbers tritt erst mit dem Tod des Zuwenders ein. Die Schenkungsteuerfestsetzung des Jahres der Übertragung ist gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern (rückwirkendes Ereignis). Vom Wert des Schenkungsgegenstandes bei Übertragung sind die damalige Nießbrauchslast und die im Zeitpunkt des Erlöschens des Nießbrauchs noch vorhandene Verbindlichkeit abzuziehen. Erforderlich ist ein Antrag des Steuerpflichtigen, der nur bis Ablauf des Jahres gestellt werden kann, das auf den Eintritt der Bedingung folgt (§§ 5 Abs. 2 Satz 2, 6 Abs. 2 BewG)1. Wird der Erwerber beim Tod des Zuwenders dessen Erbe, geht die Schuld nach § 1922 BGB auf ihn über. Die Schuld ist bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen2. Kommt der Zuwendende seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nach und macht der Gläubiger der Grundpfandrechte den dinglichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück geltend (vgl. §§ 1142, 1150 BGB), handelt es sich unabhängig von der Ausgestaltung des Vertrages um eine nachträglich bei der

1 Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 17 Rz. 38. 2 FG Münster v. 18.5.2011 – 3 K 1003/08 Erb, (rkr.), ErbStB 2011, 248 = DStRE 2013, 1185.

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7.227

Kap. 7 Rz. 7.228 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Schenkungsteuer zu berücksichtigende Last. Der tatsächlich übernommene Schuldbetrag ist auf den Stichtag der Steuerentstehung abzuzinsen1. 3. Familienheim

7.228

Der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Alt. 1 ErbStG steht nicht entgegen, dass sich der Übertragende zugleich den Nießbrauch vorbehält2. Die Steuerbefreiung des Erwerbs des selbst bewohnten Familienwohnheims steht unter Nachsteuervorbehalt: § 13 Abs. 1 Nr. 4b und Nr. 4c ErbStG verlangen die Selbstnutzung der Wohnung als Eigentümer über einen Zeitraum von zehn Jahren. Daher kommt es zur Nachversteuerung beim Erwerb eines Familienwohnheims von Todes wegen, wenn es innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb übertragen wird, auch wenn eine Weiterübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt3. Auch zum Begünstigungstransfer genügt die Übertragung eines Wohn- oder Nießbrauchsrecht nicht4.

II. Mitberechtigungsnießbrauch 7.229

Will der Schenker das Versorgungsbedürfnis seines Ehegatten berücksichtigen, kommen (s. Rz. 7.33) zwei Gestaltungen in Betracht: – Nießbrauch für den Ehegatten aufschiebend bedingt für den Fall des Vorversterbens des Schenkers; – Nießbrauch für Schenker und Ehegatten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB (s.a. Rz. 7.127). In beiden Fällen liegt eine Schenkung an den Ehegatten vor5. Beginnt der Nießbrauch erst aufschiebend bedingt mit dem Wegfall des Nießbrauchs zugunsten des Schenkers, ist dieser Bedingungseintritt für Zeitpunkt und Höhe der Schenkung des Übergebers an seinen Ehegatten zu beachten (§§ 4, 6 Abs. 2

1 R E 7.4 Abs. 1 ErbStR 2011; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1524; BFH v. 17.10.2001 – II R 60/99, BStBl. II 2002, 165 = FR 2002, 474 m. Anm. Pohl/Deininger; Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Fn. 697, S. 283. 2 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 13 ErbStG Rz. 65; Geck in Knapp/Ebeling, § 13 ErbstG Rz. 38.5. 3 R E 13.4 Abs. 6 Satz 2 ErbStR 2011; FG Hessen v. 15.2.2016 – 1 K 2275/15, rkr, EFG 2016, 734 = DStRE 2016, 1447 = ErbStB 2016, 168 = ZEV 2016, 346; FG Münster v. 28.9.2016 – 3 K 3757/15, EFG 2016, 2077, Rev. eingelegt, Az. BFH: II R 38/16, ErbStB 2017, 3 m. Komm. Kirschstein, OFD Frankfurt/M. v. 3.2.2017, DStR 2017, 1391; zu weiteren Fragen des Familienheims Paus, ErbStB 2016, 189. 4 BFH v. 3.6.2014 – II R 45/12, BStBl. II 2014, 806 = DStR 2014, 1670 = DB 2014, 2148. 5 Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 ErbStG Rz. 61; FG München v. 20.11.2002 – 4 K 5773/00, EFG 2003, 551 (rkr.).

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D. Erbschaftsteuer

Rz. 7.231 Kap. 7

i.V.m. 5 Abs. 2 BewG)1. Die Sukzessivberechtigung bleibt wegen ihrer aufschiebenden Bedingung bis zum Tod des Schenkers auch beim Erwerber unberücksichtigt2. Ist der Ehegatte mit Beginn des Vorbehaltsnießbrauchs des Schenkers zusammen mit diesem nießbrauchsberechtigt, ist dies maßgeblicher Zeitpunkt und Berechnungsgrundlage für die Höhe der steuerbaren Schenkung des Übergebers an seinen Ehegatten. Aus Sicht des Erwerbers kann die Gesamtberechtigung vorteilhaft sein (§ 14 Abs. 3 BewG: für die Ermittlung des Vervielfältigers ist die Lebenserwartung des statistisch länger Lebenden maßgebend). Die Zuwendung des Mitberechtigungsnießbrauchs nach § 428 BGB löst jedoch wohl nicht immer zu diesem Zeitpunkt Schenkungsteuer aus. Der BFH3 hatte zu entscheiden, ob im Zeitpunkt des Ablebens des Schenkers eine Schenkung an den begünstigten Ehegatten verwirklicht wird, weil dieser ab dem Ableben Alleininhaber des Nießbrauchs geworden ist. Der BFH hat eine Bereicherung auf den Todeszeitpunkt mit der Begründung abgelehnt, der begünstigte Ehegatte sei bereits aufgrund der lebzeitigen Verfügung im Außenverhältnis berechtigt gewesen, alle Rechte uneingeschränkt geltend zu machen. Durch den Tod habe daher keine Bereicherung mehr zusätzlich eintreten können. Dies legt den Schluss nahe, die Bereicherung sei im Beispielsfall schon mit der lebzeitigen Regelung eingetreten. Die Oder-KontoRechtsprechung des BFH4, die eine unentgeltliche Zuwendung nicht ausschließt, sie aber nur annimmt, wenn eine tatsächlich freie Verfügungsbefugnis besteht, führt zu einer aufschiebend bedingten Zuwendung. Die Finanzverwaltung stellt sich jedoch auf den Standpunkt, die Einräumung der Gesamtberechtigung nach § 428 BGB stelle eine lebzeitige Schenkung dar5.

7.230

Welche Gestaltung schenkung- und erbschaftsteuerlich günstiger ist, hängt vom weiteren Geschehensablauf ab:

7.231

– Altersunterschied der Ehegatten; – Tod des Schenkers (§ 14 Abs. 2 BewG) (s. Rz. 7.223); – Tod des Ehegatten; – Stundung bzw. Ablösungsrecht des Ehegatten (§ 29 Abs. 1 ErbStG); – evtl. Anrechnung auf Zugewinnausgleichsanspruch des Ehegatten (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)6. 1 Geck, DStR 2009, 1005 (1008). 2 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 12 ErbStG Rz. 40 (mit Beispiel); Stalleiken/ Hennig, FR 2015, 389. 3 BFH v. 7.2.2001 – II R 11/00, ZEV 2001, 206 zu einer dauernden Last nach § 428 BGB. 4 BFH v. 23.11.2011 – II R 33/10, BStBl. II 2012, 473 = DStR 2012, 796 = ZEV 2012, 280. 5 Siehe Beispiele bei H E 25 ErbStR 2011; anders wohl FinMin. Baden-Württemberg v. 25.6.2003 – S. 3810/25, DB 2003, 1478: sofortige Berechtigung, wenn im Innenverhältnis nicht anders vereinbart. 6 Berechnungsbeispiele bei Meyer/Ball, Übertragung von Immobilien im Steuerrecht2, Rz. 241 ff.

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Kap. 7 Rz. 7.232 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Ist völlig ungewiss, ob der überlebende Ehegatte den ihm aufschiebend eingeräumten Nießbrauch tatsächlich in Anspruch nehmen wird, kann alternativ zu seinen Gunsten lediglich ein Anspruch auf Bestellung eines Nießbrauchrechts zu diesem Zeitpunkt begründet werden, der im Grundbuch gesichert wird1. Dem Nießbrauchsberechtigten steht nach § 23 ErbStG ein Wahlrecht zu: Begleichung der auf seinen Erwerb entfallenden Schenkungsteuer sofort in einer Summe oder in jährlichen Raten, mit der Möglichkeit der Ablösung. Eine nachträgliche Korrektur ist nur über eine Billigkeitsmaßnahme möglich2.

III. Wegfall 1. Tod

7.232

Der Wegfall des lebenslangen Nießbrauchs durch Tod nach Ablauf der Frist des § 14 Abs. 2 BewG ist nicht steuerbar. Bei Tod innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 BewG kommt es zu einer Berichtigung der Schenkungsteuerfestsetzung von Amts wegen (§ 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG)3. Im Berichtigungsbescheid ist die Nießbrauchslast nur nach der wirklichen Dauer der Nutzung zu berücksichtigen. Hierzu ist der Jahreswert mit dem Vervielfältiger aus Anl. 9a zu § 13 BewG zu vervielfältigen. Wird der Nießbrauch bei der Bewertung des Grundstücks berücksichtigt (s. Rz. 7.215), hat dies beim vorzeitigen Ableben des Nießbrauchsberechtigten zur Folge, dass § 14 Abs. 2 BewG nicht anwendbar ist4. Zum Übergang von Schulden s. Rz. 7.216. 2. Verzicht

7.233

Wird der Nießbrauch entgeltlich abgelöst, stellt dies keine weitere Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, es sei denn, das Entgelt ist niedriger als der Kapitalwert des Nießbrauchs im Zeitpunkt der Ablösung5.

7.234

Der vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht ist eine unentgeltliche, also grundsätzlich schenkungsteuerpflichtige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG6. Sie ist mit früheren Zuwendungen zusammenzurechnen (§ 14 ErbStG) und kein Anwendungsfall des § 14 Abs. 2 BewG. Zu unterscheiden ist, ob der Verzicht hinsichtlich eines vor oder nach dem 1.1.2009 begründeten Nießbrauchsrecht erfolgt. 1 Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis4, Rz. 1160 mit Formulierungsvorschlag Rz. 1161. 2 Bruschke, ErbStB 2015, 80. 3 R E 25 Abs. 5 Satz 3 ErbStR 2011. 4 Neufang/Merz, DStR 2012, 939; Gestaltungsspielräume: Esskandari in Gürsching/Stenger, § 14 BewG Rz. 57 m.w.N. 5 BFH v. 19.12.2007 – II R 34/06, BStBl. II 2008, 260. 6 BFH v. 17.3.2004 – II R 3/01, BStBl. II 2004, 429 = FR 2004, 603 m. Anm. Viskorf; R E 25 Abs. 4 ErbStR 2011.

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D. Erbschaftsteuer

Rz. 7.238 Kap. 7

Eine Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts – sowohl bei der Nichtberücksichtigung als Abzugsposten nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG als auch beim späteren Verzicht des Berechtigten – ist bei der Besteuerung des Nießbrauchsverzichts durch den Abzug des bei Besteuerung des Nießbrauchs belasteten Gegenstandes tatsächlich unberücksichtigt gebliebenen Steuerwerts des Nießbrauchsrechts von der Bemessungsgrundlage (Steuerwert) für den Rechtsverzicht zu beseitigen. Nur die Netto-Bereicherung darf besteuert werden (Vermeidung der Doppelbesteuerung bei Erwerb vor dem 1.1.2009). Dies führt regelmäßig zu einer Nullsteuer. Denn im Normalfall ist der Wert des Nießbrauchs im Zeitpunkt der Schenkung aufgrund der höheren Restdauer höher als der Wert des Nießbrauchs im Zeitpunkt des Verzichts. Eine nennenswerte Steuerbelastung durch Nießbrauchsverzicht kann daher nur bei wesentlicher Wertsteigerung des Nießbrauchs eintreten1.

7.235

Seit dem 1.1.2009 erfolgt keine Differenzbetrachtung mehr. Wurde der Nießbrauch zugunsten des Schenkers bestellt, liegt in dessen Verzicht eine weitere Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 ErbStG, die unter der Voraussetzung des § 14 ErbStG mit dem Vorerwerb zusammenzurechnen ist. Der Wert des Nießbrauchsrechts im Zeitpunkt des Verzichts ist als Schenkung anzusetzen. Der Wert der Vorschenkung (Steuerwert der Immobilie – Nießbrauchswert) und der Nießbrauchswert im Zeitpunkt des Verzichts sind zu addieren und unter Abzug der Freibeträge des § 16 ErbStG der steuerpflichtige Erwerb zu ermitteln2. Bei (teilweise) steuerbefreitem Zuwendungsgegenstand (§ 13c ErbStG) wird der nicht zum Abzug zugelassene Nießbrauchswert bei der Bewertung des Nießbrauchsverzichts abgezogen3.

7.236

Auch im Verzicht eines Zuwendungsnießbrauchers liegt eine Zuwendung an den Eigentümer in Höhe des Kapitalwertes des Nießbrauchs im Zeitpunkt des Verzichts. Die frühere Schenkung der Immobilie ist nicht berührt: keine Korrektur der Steuerfestsetzung.

7.237

3. Surrogation Bei Zuwendung vor dem 1.1.2009 endet die Stundung nicht, wenn sich der Nießbrauch am Surrogat fortsetzt4. Bei Zuwendungen ab dem 1.1.2009 hat die dingliche Surrogation (s. Rz. 7.50) keine schenkungsteuerlichen Folgen. Bei der schuldrechtlichen Surrogation erfolgt der Verzicht gegen Neubestellung eines Nießbrauchs am Ersatzwirtschaftsgut. Er ist nicht unentgeltlich, es sei denn der

1 H E 25 Abs. 10 ErbStH 2011. 2 Bay. Landesamt für Steuern v. 5.12.2014 – S 3837.1.1 – 4/2 St 34, DStR 2015, 430. 3 BFH v. 20.5.2014 – II R 7/13, BStBl. II 2014, 896 = DStR 2014, 2268 = DB 2014, 1919; LfSt Bayern v. 5.12.2014 – S 3837.1.1 – 4/2 St 34, ZEV 2015, 68 = DB 2014, 2933 = DStR 2015, 430; OFD NRW v. 4.3.2015, DB 2015, 649. 4 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1632 unter Hinweis auf BFH v. 11.11.2009 – II R 31/07, BStBl. II 2010, 504.

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7.238

Kap. 7 Rz. 7.241 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Kapitalwert des Nießbrauchs bei Verzicht ist höher als der Nießbrauch am Ersatzwirtschaftsgut1.

7.239–7.240

Einstweilen frei.

E. Grunderwerbsteuer 7.241

Die schenkungsteuerliche Absetzbarkeit des Vorbehaltsnießbrauchs (Rz. 7.214) kann zu einer grunderwerbsteuerlichen Belastung führen, weil der Nießbrauch als Gegenleistung von der Grunderwerbsteuerbefreiung gem. § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ausgeschlossen ist: Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung hinsichtlich des Wertes solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind. Die Übertragung des Grundstücks unterliegt der Schenkungsteuer, von Grunderwerbsteuer befreit (§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG). Der Wert der Auflage unterliegt der Grunderwerbsteuer vorbehaltlich anderer Befreiungen z.B. § 3 Nr. 4 oder Nr. 6 GrEStG2. Beispiel: A überträgt sein bebautes Grundstück (Grundbesitzwert 1 Mio. t = Verkehrswert) auf Schwester B unter Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauch (Kapitalwert 400.000 t). Schenkungsteuer Grundbesitzwert – Kapitalwert Nießbrauch Bereicherung B – Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG Steuerpflichtiger Erwerb Schenkungsteuer Steuerklasse II 30 % Grunderwerbsteuer 3,5 % von 400.000 t Gesamtbelastung

1.000.000 t – 400.000 t 600.000 t – 20.000 t 580.000 t 174.000 t 14.000 t 188.000 v

Unerheblich ist, ob die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn die Grundstücksschenkung (z.B. nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG) insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist3. Ein vom Schenkungsempfänger übernommenes Nießbrauchrecht ist jedoch dann nicht der Bemessung der Steuer zugrunde zu legen, wenn eine freigebige Zuwendung auf abgekürztem Weg bei interpolierender Betrachtungsweise nach §§ 3 Nr. 2 und 3 Nr. 6

1 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1636. 2 Koordinierter Ländererlass FinMin. Baden-Württemberg v. 15.4.2009, 3 – S 450.5/3, DStR 2009, 856; Geck, DStR 2009, 1005; Boruttau/Meßbacher-Hönsch18, § 3 GrEStG Rz. 262; Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer5, Rz. 436 ff.; Pahlke5, § 3 GrEStG Rz. 157; Hofmann11, § 3 GrEStG Rz. 24 f.; anders evtl. bei eigentumsähnlichem Dauerwohnrecht nach §§ 31 ff. WEG, Esskandari/Bick, Beratungshinweis, ErbStB 2016, 6 unter Hinweis auf § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG. 3 BFH v 12.7.2016 – II R 57/14, BStBl. II 2016, 897 = DStR 2016, 2044 = DB 2016, 2095 = ZEV 2016, 600.

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F. Umsatzsteuer

Rz. 7.253 Kap. 7

GrEStG grunderwerbsteuerbefreit ist1. Bei der Schenkung eines Grundstücks unter Nutzungsvorbehalt greift für die Bewertung des abziehbaren Vorbehalts die Begrenzung des Wertes der Jahresnutzung nach § 16 BewG (s. Rz. 7.214). Demgegenüber ist bei der Bewertung für Zwecke der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG die Kappung des Jahreswertes nicht anzuwenden, weil § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG dies ausdrücklich vorsieht. Dies hat der BFH2 bestätigt und die ungleiche Behandlung verfassungsrechtlich für hinnehmbar gehalten.

7.242–7.250

Einstweilen frei.

F. Umsatzsteuer Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (Nachhaltigkeit, Einnahmeerzielungsabsicht) selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG). Wer einmalig einen Nießbrauch an seinem Grundstück bestellt, erbringt eine nachhaltige Duldungsleistung3. Die Bestellung eines Nießbrauchs ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

I. Vorbehaltsnießbrauch Die Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt ist keine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG und eine Anwendung von § 4 Nr. 9a UStG kommt daher nicht in Betracht4.

7.251

Beispiel: Unternehmer A überträgt seinem Sohn unentgeltlich ein Betriebsgrundstück und behält sich den Nießbrauch zur weiteren uneingeschränkten Verwendung des Grundstücks in seinem Unternehmen vor.

7.252

Nach Ansicht der Finanzverwaltung5 liegt bei dieser Übertragung auf Angehörige weder eine Lieferung, noch eine unentgeltliche Wertabgabe durch Entnahme vor. Aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs fehlt es an einer Verschaffung der Verfügungsmacht. Somit keine Korrektur des Vorsteuerabzugs des Schenkers. Anders bei bloßer Rückverpachtung des Grundstücks6. Offen gelassen ist in der Verfügung, welche

7.253

1 FG Düsseldorf v. 1.7.2015 – 7 K 1256/14 GE, DStRE 2016, 1463 – in Abweichung von BFH v. 11.8.2014 – II R 131/13, BFH/NV 2015, 5, n. rkr. Rev., Az. BFH: II R 38/15. 2 BFH v. 20.11.2013 – II R 38/12, BStBl. II 2014, 479 = DStR 2014, 369 m. Anm. Schm.; v. 9.2.2017 – II B 38/15; NV, ZEV 2017, 291; a.A. Pahlke5, § 3 GrEStG Rz. 157; zu den aktuellen Vervielfältigern s. OFD Nordrhein-Westfalen v. 7.1.2014 – S 4521 - 12 - St 25 - 35, DStR 2014, 954; BMF v. 21.11.2014, IV D 4 – S 3104/09/10001, BStBl. I 2014, 1576. 3 Abschn. 2.3 Abs. 6 S. 1 UStRE. 4 BFH v. 13.11.1997 – V R 66/96, DStR 1998, 166 = ZfIR 1998, 224; Sikorski, Immobilien im Umsatzsteuerrecht, Rz. 132, 158, wohl zumindest auch im Ergebnis so die Finanzverwaltung, s. Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 131 unter Hinweis auf OFD Niedersachsen v. 16.9.2011 – S 7109 – 10 – St 172, DStR 2011, 2467. 5 OFD Niederachsen v. 16.9.2011 – S 7109 - 10 - St 172, DStR 2011, 2467, Sachverhalt 2. 6 Stein, ZEV 2012, 534 (535 f.).

Fleischer 729

Kap. 7 Rz. 7.254 Nießbrauch und Immobilienübertragung

Rechtsfolgen im Einzelnen bei Wegfall des Vorbehaltsnießbrauchs eintreten. Je nach Sachverhalt ist mit Beendigung des Vorbehaltsnießbrauchs – eine Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG), – eine der Lieferung gleichgestellte unentgeltliche Wertabgabe durch Entnahme (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG) oder – eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1 UStG) gegeben1.

7.254

Stellt die Beendigung des Nießbrauchs eine Geschäftsveräußerung dar (S führt das Unternehmen des A fort; s. hierzu Rz. 1.841 ff.), trifft den Eigentümer nunmehr das Risiko einer Vorsteuerkorrektur. Zu prüfen ist, ob eine Beendigung durch Lieferung oder Entnahme durch vorsorgliche Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 und 3 UStG bei der Immobilienübertragung verhindert werden kann2. Dies scheitert im Beispiel, da der vorbehaltene Nießbrauch keine Gegenleistung darstellt.

7.255

Beispiel3: Vater V überträgt seinen Betrieb unentgeltlich auf Sohn S. V behält sich an der Betriebsimmobilie einen Nießbrauch zu seinen als auch zugunsten von Ehefrau E als Gesamtberechtigte (§ 428 BGB) vor und vermietet diese umsatzsteuerpflichtig an S.

7.256

Das Vermietungsunternehmen von V und E entsteht erst im Zeitpunkt der Betriebsübertragung auf S mit anschließend beginnender Vermietung aufgrund vorbehaltenen Nießbrauchs. Das bedeutet wohl eine vollständige steuerfreie Entnahme der Immobilie gem. § 4 Nr. 9a UStG mit darauffolgender umsatzsteuerneutraler Einlage in das Unternehmensvermögen der neu entstandenen Vermietungsgemeinschaft. Dies kann evtl. dadurch vermieden werden, dass V zunächst den Nießbrauch allein zu seinen Gunsten vorbehält und erst nach Beginn der Vermietung an S einen Gesamtnießbrauch i.S.d. § 428 BGB mit E vereinbart. Der Betriebsübergang auf S ist eine Geschäftsveräußerung, das bisherige umsatzsteuerliche Unternehmen des V ist nunmehr Vermietungsunternehmen. Dies entspricht dem der Übertragung eines Miteigentumsanteils auf Angehörige. Damit ist der Tatbestand der Geschäftsveräußerung verwirklicht4.

II. Zuwendungsnießbrauch 7.257

Beispiel5: Unternehmer A bestellt seiner Tochter an einem Betriebsgrundstück einen lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch. Von diesem Zeitpunkt an führt die Tochter den Betrieb und wird Unternehmerin.

7.258

Die Finanzverwaltung unterscheidet bei dieser Übertragung an Angehörige wie folgt: Liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor, hat die Bestellung des 1 Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 132; Meyer/Ball, DStR 2012, 594. 2 Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 133; Meyer/Ball, DStR 2012, 594. 3 Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 137; Meyer/Ball, DStR 2012, 594 (597) Beispiel 6. 4 Meyer/Ball, DStR 2012, 594 (597). 5 OFD Niederachsen v. 16.9.2011 – S 7109 - 10 - St 172, DStR 2011, 2467, Sachverhalt 3.

730

Fleischer

G. Sonstige Steuerfragen

Rz. 7.272 Kap. 7

Nießbrauchs keine umsatzsteuerlichen Folgen. Dann überlagert die Geschäftsveräußerung den Entnahmetatbestand des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG1. Dies dürfte allerdings nur dann der Fall sein, wenn mit der Nießbrauchstellung der Betrieb überlassen wird. Ansonsten stellt die Nießbrauchsbestellung eine Grundstücksentnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG dar, da durch Entgeltverzicht und Verlagerung der Nutzungsmöglichkeit auf die Tochter die Beziehung der Immobilie zum Unternehmen endet2. Die Beendigung des Nießbrauchs kann eine steuerfreie Entnahme oder eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung darstellen3. Liegt keine Geschäftsveräußerung vor, hat der Unternehmer das Grundstück aus seinem Unternehmen entnommen.

7.259

7.260–7.270

Einstweilen frei.

G. Sonstige Steuerfragen I. Baudenkmal, § 7i EStG Die Absetzungsbefugnis nach § 7i (s. Rz. 1.496 ff.) bzw. § 11b EStG steht dem Steuerpflichtigen zu, d.h. dem rechtlichen oder wirtschaftlichem Eigentümer des Gebäudes. Der Nießbraucher ist nicht wirtschaftlicher Eigentümer (s. Rz. 7.75). Im Hinblick auf die Befugnis eines Nießbrauchers, größeren Erhaltungsaufwand nach § 82b EStDV zu verteilen4, wird auch seine Befugnis zu erhöhten Absetzungen nach §§ 7i, 11b EStG bejaht5.

7.271

II. Investitionszulage Der Nießbraucher ist Anspruchsberechtigter i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999, da kein wirtschaftliches Eigentum hierfür erforderlich ist6. Dies gilt auch für die maßgeblichen Nachfolgeregelungen in den InvZulG 2007 und InvZulG 2010 (s. hierzu auch Rz. 1.601 ff.).

1 Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 136; Meyer/Ball, DStR 2012, 594 (596). 2 BFH v. 16.9.1987 – X R 51/81, BStBl. II 1988, 205; Sikorski, Immobilien im Umsatzsteuerrecht, Rz. 158. 3 Meyer/Ball, Umsatzsteuer und Immobilien3, Rz. 137; Meyer/Ball, DStR 2012, 594 (597). 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184, Rz. 22. 5 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1691. 6 Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht11, Rz. 1696, unter Verweis auf BFH v. 5.9.2002 – III R 37/01, BStBl. II 2003, 772 = FR 2003, 255 m. Anm. Greite.

Fleischer 731

7.272

Kap. 7 Rz. 7.273 Nießbrauch und Immobilienübertragung

III. Zweitwohnungssteuer 7.273

Der Nießbrauchsberechtigte ist steuerpflichtiger Inhaber der Zweitwohnung1. Bei Vermietung durch den Nießbraucher ist es der Mieter2. Zum Abzug der Zweitwohnungssteuer (s. Rz. 1.943 ff.) als Werbungskosten im Fall der Erzielung von steuerbaren Einnahmen vgl. Rz. 1.572.

7.274–7.280

Einstweilen frei.

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen I. Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen 7.281

Wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung sind nach aktuellem Recht zu werten als a) Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (korrespondierend § 22 Nr. 1a EStG), b) Unterhaltsleistungen nach § 12 Nr. 2 EStG, oder c) wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung (s. Rz. 1.610)3.

7.282

Der Gesetzgeber hat durch das JStG 2008 trotz verfassungsrechtlicher Bedenken4 das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen u.a. so geregelt, dass die Immobilie im Privatvermögen keine Wirtschaftseinheit dieses Rechtsinstituts mehr ist (s. Rz. 1.613)5. Die Übergangsregelung in § 52 Abs. 18 Satz 1 EStG sieht vor, dass alle bis zum 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen für die volle Laufzeit entsprechend der bisherigen Rechtslage beurteilt werden, mit Ausnahme von Vermögen, das nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen – mit Ausnahme des Nutzungsvorteils – eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden. Die Altfälle beschäftigen daher auch weiterhin die steuerliche Praxis6. 1 Zum „Innehaben“ i.S.d. Zweitwohnungsteuerrechts s. Bay. VGH v. 29.7.2015 – 4 B 15.877, DStR 2015, 2336 2 Götz/Hülsmann11, Rz. 1706 f., unter Verweis auf VG Schleswig v. 26.6.2003 – 14 A 329/01, NJW 2004, 151. 3 Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 541, 551, 557. 4 Fleischer, FS Spiegelberger, 120 m.w.N. 5 Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 204, 269, 525b; s.a. die Zusammenfassung der Entwicklung der Rechtsprechung BFH v. 25.2.2014 – X R 34/11, BStBl. II 2014, 665 = DStR 2014, 1325 = FR 2014, 897 m. Anm. Kanzler. 6 Z.B. keine dauernde Last bei teilweisem Ausschluss der Abänderbarkeit (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit): BFH v. 23.11.2016 – X R 8/14, DStR 2017, 845 = DStRK 2017, 161; s.a. BFH v. 23.11.2016 – X R 16/14 – Kösdi 2017, 20271 [245] = DStR 2017, 717 = DStRK 2017, 194 = ErbStB 2017, 161 m. Komm. Esskandari; Gestaltungshinweise bei Geck/Messner, ZEV 2017, 258 (260).

732

Fleischer

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.287 Kap. 7

Wird nicht begünstigtes Vermögen übertragen oder sind bezüglich des übertragenen Vermögens die Bedingungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht erfüllt (erzielbare Nettobeträge nicht ausreichend), behandelt die Finanzverwaltung1 die Übertragungen gegen wiederkehrende Leistungen als (teil)entgeltliche Geschäfte (Veräußerungsentgelt als Grundsatz), was oft zu unerwünschten Steuerfolgen führen kann, wenn es steuerverstricktes Vermögen betrifft bzw. Unterhaltsleistungen (s. Rz. 1.615 f.).

7.283

Wird gleichzeitig begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen (z.B. Immobilien) übertragen, ist für die Zuordnung der Versorgungsleistung die konkrete Vereinbarung im Übertragungsvertrag maßgeblich. Die Übertragung kann so gestaltet werden, dass die wiederkehrenden Leistungen in vollem Umfang der Übertragung des begünstigten Vermögens zugeordnet werden. Wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht oder wirft das begünstigte Vermögen im Zeitpunkt der Vermögensübertragung im Verhältnis zu den wiederkehrenden Leistungen nur geringe Erträge ab, sind die wiederkehrenden Leistungen anhand eines angemessenen Maßstabs (z.B. Verhältnis der Erträge) aufzuteilen2.

7.284

II. Substitution nicht abzugsfähiger Versorgungsleistungen Für die Praxis stellt sich daher die Frage, wie die Gestaltung der Nachfolge bei Immobilien im Privatvermögen nach Wegfall der Variante Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen steuerlich gestaltet werden kann (hierbei ist selbstverständlich, dass gerade bei der vorweggenommenen Erbfolge eine Gestaltung nur aus dem Blickwinkel des Steuerrechts bzw. einer steuerzentrierte Gestaltung3 nicht zielführend ist).

7.285

Vorgeschlagen werden primär die gezielte Gestaltung als (teil)entgeltliches Rechtsgeschäft oder die Versorgung durch Nießbrauch4. Die Gestaltung uneingeschränkt über das Institut des Vorbehaltsnießbrauchs ist häufig kein geeigneter Ersatz für die Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erfolge: Beim Vorbehaltsnießbrauch muss der Vermögensübergeber auch nach der Vermögensübertragung weiterhin selbst wirtschaftend tätig werden. Er hat nicht die Möglichkeit, sich aus der Bewirtschaftung zurückzuziehen. Gerade dieser Rückzug wird jedoch zivilrechtlich in aller Regel bei einer Vermögensübertragung zu Lebzeiten angestrebt5.

7.286

Einkommensteuerlich besteht bei der Nießbrauchsgestaltung nicht die Möglichkeit der Nutzung eines Progressionsunterschiedes, es lassen sich jedoch erbschaftsteuerliche Vorteile erzielen. Entgeltliche Übertragungen zielen auf einkommensteuerliche Vorteile. Der Einsatz von GmbH und gewerblich geprägter Immobilien-GmbH & Co. KG will ertrag- wie erbschaftsteuerliche Vorteile erzielen.

7.287

1 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - 5 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227 Rz. 21. 2 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - 5 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227 Rz. 47; Mayer/Geck, Der Übergabevertrag3, § 17 Rz. 210. 3 Fleischer, notar 2015, 144 (146). 4 Spiegelberger, DB 2008, 1063; DStR 2010, 1880; Wälzholz, MittBayNot 2008, 93 (97). 5 Fleischer, ZEV 2007, 475 (478); Amann, FS Spiegelberger, 1161 (1162): der überforderte Nießbraucher.

Fleischer 733

Kap. 7 Rz. 7.288 Nießbrauch und Immobilienübertragung

1. Veräußerungsrente

7.288

Ratenzahlung ist die Verpflichtung, einen der Höhe nach bestimmten Betrag in einzelnen Teilleistungen zu erbringen; Höhe der Teilleistungen und Zahlungstermine sind festgelegt. Leistungen, die bis zum Lebensende einer Person zu erbringen sind, sind keine Ratenzahlungen. Wird ein Kaufpreis in Raten gezahlt oder ein Darlehen in Raten getilgt, so erfüllen die Raten nach der äußeren Form die Voraussetzungen der wiederkehrenden Bezüge. Es ist aber seit jeher zu Recht unbestritten, dass die ratenweise Tilgung eines Kaufpreises oder einer Darlehensschuld nicht zu den steuerbar wiederkehrenden Bezügen gehört. Steuerbar sind lediglich nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG die in den Raten enthaltenen Zinsanteile1. Beispiel: V überträgt seinem Sohn S im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine vermietete Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 210.000 t. S verpflichtet sich, V eine an dessen Bedürfnissen orientierte lebenslängliche Rente i.H.v. monatlich 2.500 t (jährlich 30.000 t) zu zahlen. Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen beträgt 350.000 t.

7.289

Die laufenden Zahlungen sind beim Erwerber nur über Abschreibungen und Zinsanteil steuerlich verwendbar. Der Barwert der wiederkehrenden Bezüge, der wahlweise nach §§ 12 ff. BewG oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (R 6.2 EStR) berechnet werden kann, ist beim Verpflichteten Anschaffungsaufwand für das Vermögen. Der Zinsanteil ist nur als Werbungskosten absetzbar, soweit die wiederkehrenden Bezüge Anschaffungskosten für Vermögen sind, das der Einkünfteerzielung dient (vermietete Immobilien)2. Zu Gegenleistungscharakter und bloße Unterhaltsleistung s. Rz. 1.6153.

7.290

Der Barwert als Veräußerungspreis ist beim Berechtigten steuerrelevant, soweit das übertragene Vermögen steuerverstrickt ist (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG). Ansonsten ist der Vorgang nicht steuerbar. Bei privaten Veräußerungsgeschäften entsteht ein Gewinn erst, sobald die Summe der jährlichen Zahlungen abzgl. des Zinsanteils die Anschaffungskosten (ggf. abzgl. Abschreibungen) übersteigt. Der Zinsanteil ist zu versteuern4.

7.291

Ein etwaig überhöhter Teil des Barwerts führt dazu, dass der Tilgungs- und Ertragsanteil nicht steuerrelevante Zuwendungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG sind. Unter1 Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 601 ff.; RFH v. 7.5.1930, RStBl. 1930, 578 und v. 27.1.1944, RStBl. 1944, 363; BFH v. 24.4.1970 – VI R 212/69, BStBl. II 1970, 541; v. 20.7.1971 – VIII 24/65, BStBl. II 1972, 170; v. 29.10.1974 – VIII R 131/70, BStBl. II 1975, 173 und v. 12.11.1985 – IX R 2/82, BStBl. II 1986, 261; FG Düsseldorf v. 6.2.2017 – 11 K 3064/15 E, Rev. eingelegt, Az. BFH: VIII R 3/17, DStRK 2017, 199; a.A. FG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 7 K 451/14, kösdi 2015, 19193, Report Nr. 87: Teilschenkung bei Nahestehenden. 2 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - 5 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227, Rz. 69, 72. 3 Beispiele bei Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 551. 4 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184, Rz. 73 ff.

734

Fleischer

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.296 Kap. 7

schreitet der Barwert der wiederkehrenden Bezüge den gemeinen Wert des übertragenen Vermögens, liegt ein teilentgeltliches Geschäft vor, das nach der sog. Trennungstheorie zu einer Aufspaltung in ein entgeltliches und entgeltliches Geschäft führt1. Gestaltungshinweis: Die (Teil-)Entgeltlichkeit der Übertragung wie bei Vereinbarungen unter fremden Dritten ist expressis verbis festzuhalten2.

7.292

Zur vorweggenommenen Erbfolge mit Zeitrenten s. Rz. 1.5183.

7.293

Eine Gestaltungsmöglichkeit bei Selbstnutzung durch den Übergeber ist das Münchner Modell4: (Teil)entgeltliche Übertragung der Immobilie gegen dauernde Last (gesichert durch Reallast), Rückvermietung an den Übergeber und Wiederkaufsrecht für diesen. Spiegelberger verweist unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH5 darauf, dass sofern die Höhe der Leibrente den Mietertrag der Immobilie übersteigt, eine entgeltliche Rentenzahlung vorliegt. Der Übergeber tätigt eine Vermögensumschichtung in eine Gegenleistungsrente, deren Zinsanteil der Übergeber als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern muss. Die Schuldzinsen unterliegen der Abgeltungssteuer (s. Rz. 7.298). Dem Erwerber steht aus dem Rentenbarwert abgeleitete AfA zu. Um eine steuerschädliche Typenvermischung zwischen vorweggenommener Erbfolge und Kaufvertrag zu vermeiden, sollte statt der üblichen Widerrufsrechte (untypisch für einen Kaufvertrag), ein Wiederkaufsrecht gem. § 456 BGB vereinbart werden, das durch eine Auflassungsvormerkung gem. § 883 BGB gesichert werden kann6. Das Stuttgarter Modell (Übertragung der Immobilie gegen private Versorgungsrente) kommt nicht mehr in Betracht7.

7.294

2. Kaufvertrag (mit Stundung) Die Übertragung einer Immobilie im Privatvermögen kann in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden (s. Rz. 7.162).

7.295

Beispiel8: M verkauft an ihren Sohn eine Eigentumswohnung für 175.000 t. Gleichzeitig wird ein lebenslanger Mietvertrag zugunsten von M vereinbart. Im notariellen Kaufvertrag wird festgelegt, dass der Mutter zugleich ein Nießbrauch am verkauften Wohnungseigentum zustehen soll. In einem weiteren Vertrag gewährt die Mutter dem Sohn ein mit 2,0 % zu ver-

7.296

1 Strahl in: Die vorweggenommene Erbfolge (KSp 13), 2012, Tz. B/46. 2 Spiegelberger, DStR 2010, 1880. 3 BMF v. 30.9.2013 – IV C 1-S 2253/07/10004 (DE CD), BStBl. I 2013, 1184, Rz. 77 ff.; grundsätzlich entgeltliche Vermögensübertragung zur Ausnahme bei Übertragung vor dem 1.1.2008; Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 307, 309. 4 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 10 Rz. 101 ff. 5 BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95. 6 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 10 Rz. 86 f. 7 Spiegelberger, DB 2008, 1063 (1068); zum Stuttgarter Modell s. Myßen/Killat, Renten, Raten, Dauernde Lasten15, Rz. 486 ff. 8 So bereits in ZEV 2007, 475 (479) vorgeschlagen.

Fleischer 735

Kap. 7 Rz. 7.297 Nießbrauch und Immobilienübertragung zinsendes und auf 10 Jahre unkündbares Darlehen in Höhe des vereinbarten Kaufpreises. Bei der Einkommensteuererklärung des S entsteht ein Werbungskostenüberschuss bei den Vermietungseinkünften.

7.297

Bei abgeschriebenen Immobilien entsteht steuerfrei Abschreibungspotential. Der Versorgungsbedarf der Übergeber kann wie beim Nießbrauch durch einen am jährlichen Mietüberschuss ausgerichteten Zins- und Tilgungsdienst Rechnung getragen werden. Bei Refinanzierung des Kaufpreises besteht ein unmittelbarer Zusammenhang der Finanzierungskosten mit den Vermietungseinkünften, so dass ein Abzug der Finanzierungskosten als Werbungskosten gesichert ist.

7.298

Die Übergeber müssen die jährlichen Zinseinnahmen (des Verkäuferdarlehens) versteuern. Der Abgeltungssteuersatz ist nicht ausgeschlossen (§ 32d Abs. 2 EStG)1. Erbschaftsteuerlich werden die künftigen Wertsteigerungen der Erbschaftsteuer entzogen. Die im Erbfall verbleibende restliche Kaufpreisforderung fällt in den Nachlass und unterliegt der Erbschaftsteuer2. Sowohl – der Verkauf von Mutter an Sohn – als auch die gleichzeitige Vermietung an die Mutter unter Sicherungswohnungs-/nießbrauchsrecht – als auch die Umwandlung der Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung in ein Darlehen (§ 311 Abs. 1 BGB) sind – auch in ihrer Summe3 – kein Gestaltungsmissbrauch, wenn Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden üblichen entspricht (s. Rz. 13.85)4.

1 Im Zweifel kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, es sei denn bei 100 %-Finanzierung, die von dritter Seite nicht erlangt werden könnte: BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BStBl. II 2014, 986 = DB 2014, 2024 = DStR 2014, 1661; v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BStBl. II 2014, 992 = DStRE 2014, 1225; v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BStBl. II 2014, 990 = DB 2014, 1963 = DStRE 2014, 1223; v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BStBl. II 2015, 397 = DB 2015, 596 = DStR 2015, 563; so jetzt auch FinVerw.: BMF v. 9.12.2014 – IV C 1 – S 2252/08/1004:015, BStBl. I 2014, 1608, Rz. 136; Moritz/Strohm, DB 2014, 2306; Gläser/Zöller DStR 2015, 497; zur Anerkennung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften OFD NRW, Kurzinformation ESt v. 7.1.2016 – Nr. 01/2016, DB 2016,80; finanzielle Abhängigkeit kann Beherrschungsverhältnis begründen: BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BStBl. II 2015, 397 = ErbStB 2015, 93 m. Anm. Günther; BMF v. 15.1.2016 – IV C 6 – S 2139 – b/13/10001, BStBl. I 2016, 83, Rz. 136. 2 Schimpfky, ZEV 2013, 662 (664). 3 Anders bei Kombination aus (Geld-)Schenkungsversprechen und Mietvertrag: Ausdruck eines den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierenden Näheverhältnisses und Dokumentation der privaten Veranlassung der gewählten Vertragsgestaltung, BFH v. 4.10.2016 – IX R 8/16, BStBl. II 2017, 273 = DStR 2016, 2947 = DB, 2017, 39 = ErbStB 2017, 39 m. Komm. Günther. 4 Fleischer, ZEV 2012, 475 (479).

736

Fleischer

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.302 Kap. 7

Hinsichtlich Darlehen zwischen Angehörigen hat der BFH1 die bisweilen uneinheitliche Rechtsprechung zusammengefasst und in einzelne Fallgestaltungen unterteilt. Je nachdem, welche Art von Darlehensvertrag vorliegt (Umwandlungsfälle, stehengelassene Vergütungen oder Investitionsdarlehen), sind unterschiedliche Anforderungen an dessen Anerkennung zu stellen. Bei der vorstehenden Gestaltung dient der Darlehensvertrag der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes zur Erzielung von Überschusseinkünften. Die tatsächliche Durchführung der hinsichtlich der Auszahlung der Zinsen vereinbarten Regelung stellt hierbei einen entscheidenden Gesichtspunkt für die Prüfung der ertragsteuerrechtlichen Anerkennung dar. Zu beachten ist bei der Gestaltung der darlehensweisen Finanzierung auch, dass nicht zu viele fremdunübliche Dinge zusammentreffen, die isoliert betrachtet unschädlich, in der Summe aber möglicherweise schädlich sind. Eine fehlende Sicherung ist bei überschaubaren finanziellen Verhältnissen kein durchgreifender Mangel, kritisch ist sicher ein unveränderter Zinssatz bei stark gesunkenem Marktzins2. Daneben kann die Einholung eines Verkehrswertgutachtens zu empfehlen sein3.

7.299

Die Kombination Vorbehaltsnießbrauch mit Teilkaufpreis ist weniger optimal. Die latente Erbschaftsteuerbelastung reduziert sich auf den Wert der Darlehensforderung aus dem Teilkaufpreis. Die Abschreibung entsteht nur in Höhe des anteilig auf den Teilkaufpreis entfallenden Gebäudewerts und auch erst bei Beendigung des Nießbrauchs. Schuldzinsen für die Refinanzierung des Kaufpreises können während des Nießbrauchs nicht geltend gemacht werden4.

7.300

3. Vorbehaltsnießbrauch mit Rückvermietung bzw. Quotennießbrauch Beispiel5: Ein im Privatvermögen befindliches Mietshaus mit Nettoerträgen i.H.v. 60.000 t jährlich und einer unterstellten AfA von 10.000 t soll im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen werden. Der Übergeber benötigt für seine Altersversorgung vor Steuern Einkünfte i.H.v. jährlich 48.000 t.

7.301

Behält sich der Übergeber den Nießbrauch vor und vermietet das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück an den (neuen) Eigentümer („rheinische Übergabe“), so sind nach ständiger Rechtsprechung Einkünfte aus dieser Vermietung (Verpachtung) dem Vorbehaltsnießbraucher zuzurechnen (s. Rz. 7.79). Der (neue) Eigentümer als (Zwischen-)Mieter kann mit Zustimmung des Übergebers das belastete Grundstück vermieten (verpachten). Sind jedoch die als Miete (Pacht) bezeichneten Leistungen des (neuen) Eigentümers an den Vorbehaltsnießbraucher unangemessen hoch oder niedrig ist davon auszugehen, dass der Nießbraucher das Nießbrauchs-

7.302

1 BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, BStBl. II 2014, 374 = DB 2013, 2894 = DStR 2013, 2677 = FR 2014, 180 m. Anm. Kanzler; BMF v. 29.4.2014 – IV C 6 - S 2144/07/10004, BStBl. I 2014, 809, Rdnr. 4, Satz 3: wohl Lockerung der Anforderungen (KÖSDI 2014, 18872, Report Nr. 284); Osterloh, DStR 2014, 393; Kulosa, DB 2014, 972; s.a. Levedag, GmbHR 2015, 57; Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, 2015, B.v.1.c), d). 2 Siehe auch Ihle, notar 2015, 46 (53 f.). 3 Müller/Schuster/Louis-Byers, Erben und Vermögen Nr. 8 v. 6.8.2015, III 1.b). 4 Schmipfky, ZEV 2013, 662 (665). 5 Amann, FS Spiegelberger, 1161 (1166).

Fleischer 737

Kap. 7 Rz. 7.303 Nießbrauch und Immobilienübertragung

recht nicht wahrgenommen hat und die Leistungen des (neuen) Eigentümers aus Versorgungsgründen erbracht werden (Unterhaltszahlung) (s. Rz. 7.79).

7.303

Der Übergeber kann sich aber auch entsprechend seinem Bedarf einen Quotennießbrauch (s. Rz. 7.9, 7.18, 7.154) zu einer Quote von 4/5 vorbehalten. Der Eigentümer ist an Nutzungen und Lasten mit einer Quote von 1/5 beteiligt. Der Quotennießbrauch führt zu einer Gemeinschaft an Nutzungen und Lasten i.S.d. §§ 741 ff. BGB zwischen Nießbraucher und Eigentümer. Sie können daher gem. § 745 Abs. 2 BGB Vereinbarungen über die Verwaltung treffen. Um den Nießbraucher von der Verwaltung zu entlasten (s. Rz. 7.286), kann vereinbart werden, dass allein der Eigentümer zur Verwaltung berechtigt und verpflichtet ist. Diese Übertragung der Verwaltung ist rechtlich bindend und kann nur gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

7.304

Formulierungsbeispiel: für einen Quotennießbrauch mit Alleinverwaltung durch den Eigentümer1: „Der Veräußerer behält sich am überlassenen Grundbesitz einen Quotennießbrauch vor, wonach er an den Nutzungen und Lasten des Nießbrauchsgegenstands zu 80 % beteiligt ist, während 20 % dem Eigentümer verbleiben. Zu den vom Nießbraucher zu 80 % zu tragenden Lasten zählen auch außerordentliche Lasten und solche Lasten, die als auf den Stammwert gelegt anzusehen sind, wie insbesondere Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch und nach anderen Rechtsvorschriften und außerordentliche Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. Der jeweilige Eigentümer ist zur Verwaltung des mit dem Nießbrauch belasteten Grundbesitzes auch insoweit berechtigt und verpflichtet, als Nutzungen und Lasten kraft des Quotennießbrauchs dem Veräußerer zuzuordnen sind. Die Beteiligten bewilligen und beantragen, diesen Quotennießbrauch am Vertragsgegenstand im Grundbuch an nächstoffener Rangstelle einzutragen mit dem Vermerk, dass zur Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt.“

7.305

Infolge des Quotennießbrauches stehen dem Veräußerer im Beispielsfall Mieteinnahmen von 4/5 aus 60.000 t, also netto 48.000 t jährlich zu, wobei dieser als Vorbehaltsnießbraucher 4/5 der bisherigen AfA also 8.000 t, abziehen kann. Diese 40.000 t unterliegen der Einkommensteuer. Dem Eigentümer verbleiben 1/5 der Mieteinnahmen, nämlich netto 12.000 t jährlich, von denen der 1/5 der AfA gem. § 11d EStDV, also 2.000 t, abziehen kann, so dass bei ihm 10.000 t der Einkommensteuer unterliegen.

7.306

Im Endergebnis sind die Beteiligten durch eine sorgfältige austarierte Nießbrauchsquote in der Lage, die einkommensteuerrechtlichen Folgen einer abzugsfähigen Versorgungszahlung anzunähern bis auf den Umstand, dass im Unterschied zu Rentenzahlungen bei einem Quotennießbrauch die Zehn-Jahres-Frist für die Pflichtteilsergänzung nach § 2325 Abs. 3 BGB lediglich in Höhe der dem Eigentümer verbleibenden Nutzungsquote zu laufen beginnt (s. Rz. 7.54).

1 Amann, FS Spiegelberger, 1172.

738

Fleischer

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.309 Kap. 7

4. Einbringung in GmbH bzw. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG Immobilien in Bruchteilseigentum können in eine aus den Gemeinschaftern zu gründende GbR eingebracht werden1. Die Umwandlung einer Immobilien-GbR in eine GmbH ist nach dem UmwG ausgeschlossen, § 190 UmwG2. Allerdings können auch vermögensverwaltende Gesellschaften durch Eintragung im Handelsregister zur z.B. oHG werden (§ 105 Abs. 2 HGB). Die oHG kann dann durch Formwechsel grunderwerbsteuerfrei in eine GmbH umgewandelt werden3. Anschließend kann ein mindestens 50%iger GmbHAnteil mit Übergang der Geschäftsführung gegen Versorgungszahlungen übertragen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a Buchst. c EStG). Die Finanzverwaltung4 vermutet eine Umgehung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Buchst. c EStG bei Übertragung eines Anteils an einer GmbH bei Umwandlung ein Jahr vor der Übertragung. Dieser Gedanke lässt sich verallgemeinern. Dem Einwand des § 42 AO ist daher durch zeitliche Streckung des Vorgangs Rechnung zu tragen. Des Weiteren könnte eine Steuerklausel aufgenommen werden5.

7.307

Der Weg über die Einbringung der Immobilien in eine gewerblich geprägte Immobilien GmbH & Co. KG (s. Rz. 7.13 und Rz. 9.9 ff.) und anschließender Übertragung von Kommanditanteilen unter Vorbehaltsnießbrauch ist einkommensteuerlich zielführend6. Das zusätzliche Ziel, die Anwendung der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensvergünstigung zu erreichen, scheitert in der Regel (Verwaltungsvermögenstest, Wohnungswirtschaftsunternehmen)7.

7.308

Münchener Vertragshandbuch/Spiegelberger7, Band 6, Muster V 2; Hannes/Roemer, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge1, Muster A.1.03 und A.1.04; Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis 4, Kapitel 15 F.; Würzburger Notarhandbuch/Holland4, Teil 2 Kap. 6 Rz. 5, 53 f., 98; Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht/ Feick 12, Form. III. C.1.

7.309

1 Zu Realisierungsgefahren s. Fleischer, ZEV 2003, 190. 2 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, A § 191 UmwG Rz. 33. 3 Jedoch können vorher verwirklichte Erwerbsvorgänge (§§ 5, 6 GrEStG) nachträglich grunderwerbsteuerpflichtig werden, BFH v. 25.9.2013 – II R 12/12 bzw. 17/12, DB 2014, 221 ff. 4 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - 5 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227, Rz. 23. 5 Geck, KÖSDI 2014, 18725 (18732); zur Investition über grundbesitzverwaltende Kapitalgesellschaft Kessler/Mirbach, DStR 2014, 1934. 6 Fleischer, notar 2015, 144 (149). 7 Schmipfky, ZEV 2013, 662 (667).

Fleischer 739

Kap. 7 Rz. 7.309 Nießbrauch und Immobilienübertragung

M69 Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht … [Urkundseingang] I. Vorbemerkung Die Erschienenen zu 1. werden im Folgenden „Veräußerer“ genannt, der Erschienene zu 2. wird im Folgenden „Erwerber“ genannt. Grundbuchstand Im Grundbuch des AG … von … Blatt … ist der folgende Grundbesitz der Gemarkung … im … von … eingetragen: Fl. Nr. …

… …

zu … qm.

Der Grundbesitz ist laut Grundbuchvortrag wie folgt belastet: Abteilung II: … Abteilung III: … II. Überlassung Der Veräußerer überlässt hiermit das Vertragsobjekt mit allen Rechten und Pflichten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör an den Erwerber zum Alleineigentum. Die Vertragsteile sind über den vereinbarten Eigentumsübergang einig. Der Veräußerer bewilligt, der Erwerber beantragt, die Rechtsänderung in das Grundbuch einzutragen. III. Nießbrauch Der Veräußerer behält sich als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB am vorbezeichneten Vertragsobjekt das lebenslängliche Nießbrauchsrecht (Vorbehaltsnießbrauch) vor, für das die gesetzlichen Bestimmungen mit der Maßgabe gelten sollen, dass die Nießbraucher verpflichtet sind, sämtliche auf dem Vertragsgegenstand ruhenden privaten und öffentlichen Lasten einschließlich der außerordentlichen öffentlichen Lasten sowie auch die aufgrund Gesetzes dem Eigentümer obliegenden privaten Lasten, insbesondere auch die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen, zu tragen. Das Recht, die Ausübung des Nießbrauches Dritten zu überlassen, ist ausgeschlossen.

740

Fleischer

H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.309 Kap. 7

Der Berechtigte schuldet bei Ausübung seines Nießbrauchs nur die Sorgfalt, die er in eigenen Dingen anzuwenden pflegt. Die Eintragung dieses Nießbrauchsrechts an dem in Abschnitt I genannten Vertragsobjekt zugunsten der Veräußerer als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB in das Grundbuch wird mit der Maßgabe bewilligt und beantragt, dass zur Löschung dieses Rechts der Nachweis des Todes des jeweiligen Berechtigten genügt. Der Nießbrauch erhält erste Rangstelle im Grundbuch … Der Berechtigte darf den Nießbrauch jederzeit einseitig aufgeben, indem er seine Löschung im Grundbuch bewirkt. IV. Rückforderungsrecht Es wird folgendes Rückforderungsrecht für den Veräußerer auf Lebenszeit als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB vereinbart: Der Veräußerer behält sich das Recht vor, die Rückübertragung des heutigen Vertragsobjektes zu verlangen, wenn – der Vertragsgegenstand zu Lebzeiten des Veräußerers ganz oder teilweise ohne Zustimmung aller Veräußerer veräußert oder belastet wird (ausgenommen Abtretungen für öffentliche Flächen und die Bestellung von Ver- und Entsorgungs- und Gehund Fahrtrechten), wobei als Veräußerung auch die Vereinbarung von Gütergemeinschaft gilt, ohne dass der Vertragsbesitz zum Vorbehaltsgut des Erwerbers erklärt wird, oder – Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Vertragsobjekt oder Teile davon eingeleitet werden oder – über das Vermögen des Erwerbers das Insolvenzverfahren eröffnet oder dies mangels Masse abgelehnt wird oder – die Zwangsvollstreckung in das Vertragsobjekt droht oder eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Beschenkten oder seines Rechtsnachfolgers eintritt oder – der Erwerber vor dem Veräußerer verstirbt. Das Rückforderungsrecht kann nur innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis des Rückforderungsgrundes ausgeübt werden, ansonsten erlischt es für diesen Grund. Das Recht ist nicht übertragbar und nicht vererblich, es sei denn, der Berechtigte hat es bereits zu Lebzeiten wirksam ausgeübt. Bei Ausübung des Rechtes gilt: Die Kosten der Rückübertragung sowie etwaige Verkehrssteuern trägt, ausgenommen den Fall seines Vorversterbens, der Erwerber. Die Rückübertragung hat lediglich gegen Übernahme derjenigen Belastungen samt zugrunde liegenden persönlichen Verpflichtungen zu erfolgen, die bereits heute am Vertragsbesitz eingetragen sind oder die mit Zustimmung der Veräußerer eingetragen werden; Darlehensverbindlichkeiten, welche durch zu übernehmende Grundpfandrechte gesichert werden, sind jedoch von den Veräußerern nur dann schuldbefreiend, jedenfalls im Wege der Erfüllungsübernahme, zu übernehmen, Fleischer 741

Kap. 7 Rz. 7.309 Nießbrauch und Immobilienübertragung wenn und soweit die entsprechenden Darlehen mit Zustimmung der Veräußerer auf das Vertragsobjekt oder zugunsten der Veräußerer verwendet worden sind. Im Übrigen findet ein Verwendungs- oder Wertersatz im weitesten Sinne ausdrücklich nicht statt. Zur Sicherung des Anspruchs auf Rückübertragung bewilligt und beantragt der Erwerber Zug um Zug mit Eigentumsumschreibung die Eintragung einer Vormerkung am Vertragsobjekt für den Veräußerer im angegebenen Berechtigungsverhältnis in das Grundbuch, und zwar im Rang nach dem für den Veräußerer bestellten Nießbrauch. Über die Bedeutung des Ranges, insbesondere im Fall des Vorganges von Grundpfandrechten, wurde belehrt. Der Erwerber wird bevollmächtigt, nach dem Ableben des Veräußerers diese Vormerkung unter Vorlage einer Sterbeurkunde zur Löschung zu bewilligen. Die Veräußerer bevollmächtigen sich jeweils gegenseitig allein und befreit von § 181 BGB, Zustimmungserklärungen zu Veräußerungen und Belastungen sowie Rangrücktrittserklärungen mit der Vormerkung und den sonstigen in dieser Urkunde bestellten Rechten der Veräußerer hinter neu bestellte Belastungen und Freigabeerklärungen für veräußerten Grundbesitz von der Vormerkung und von den sonstigen in dieser Urkunde für den Veräußerer bestellten Rechten abzugeben. Der Erwerber erteilt hiermit dem Veräußerer die unwiderrufliche Vollmacht, in seinem Namen die Auflassung zu erklären sowie alle Erklärungen und Bewilligungen für ihn abzugeben und Anträge zu stellen, die zum grundbuchamtlichen Vollzug der Rückauflassung erforderlich sind. Von den Beschränkungen des § 181 BGB ist der Bevollmächtigte befreit. Die Vollmacht erlischt nicht durch den Tod des Vollmachtgebers. V. Anrechnung, Ausgleichung, Pflichtteil Weitere Gegenleistungen sind vom Beschenkten im Hinblick auf vorstehende Zuwendung nicht zu erbringen. Eine Ausgleichung der heutigen Zuwendung im Verhältnis zu anderen Abkömmlingen des Veräußerers im Erbfall ist ausgeschlossen. Der Erwerber hat sich jedoch die heutige Zuwendung auf seine Pflichtteilsansprüche am Nachlass des Veräußerers anrechnen zu lassen. Die Anrechnung entfällt, soweit das eingeräumte Rückerwerbsrecht ausgeübt wird. Ein Pflichtteilsverzicht des Erwerbers gegenüber dem Nachlass des Veräußerers wird trotz Belehrung nicht vereinbart. Über das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht und die Möglichkeit von Pflichtteilsergänzungsansprüchen wurde belehrt. VI. Weitere Bestimmungen Der Besitz, die Nutzungen und alle öffentlichen Lasten (einschließlich Sachversicherungsprämien) und Abgaben des Vertragsobjekts gehen ab Beendigung des bestellten Nießbrauchs, der mittelbare Besitz sowie die Gefahr eines zufälligen Unterganges oder einer zufälligen Verschlechterung gehen ab sofort auf den Erwerber über. Der Veräußerer erklärt, dass Rückstände an Steuern und öffentlichen Lasten, die das Vertragsobjekt betreffen, nicht bestehen. Soweit Erschließungskosten und sonstige Anlieger742

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H. Immobilienübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

Rz. 7.309 Kap. 7

lasten noch nicht angefallen oder bezahlt sind, hat sie der Erwerber zu tragen, soweit die Regelung zum Nießbrauch nicht entgegensteht. Eine Haftung für Sach- und Rechtsmängel wird weder verlangt noch geleistet. Die Kosten der heutigen Schenkungsurkunde und ihres grundbuchamtlichen Vollzugs trägt der Erwerber. Der Notar hat auf die Schenkungsteuerpflicht für unentgeltliche Zuwendungen hingewiesen. Eine eventuell anfallende Schenkungsteuer trägt der Erwerber. Abschriften … Vorgelesen vom Notar …

Fleischer 743

Kapitel 8 Vermögensverwaltende Personengesellschaften A. Von der Bruchteilsgemeinschaft zur Gesamthand – Rechtsgrundlagen I. Notarielle Praxis . . . . . . . . . . . . .

8.1

II. Vorweggenommene Erbfolge . .

8.3

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts I. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . 1. Unternehmenstragende GbR . . 2. Vermögensverwaltung . . . . . . . . II. 1. 2. 3. 4.

8.5 8.6 8.7

Vertragsgestaltung Vertragsänderung . . . . . . . . . . . . Vertretungsregelung . . . . . . . . . . Vollmachtserteilung . . . . . . . . . . Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . .

8.14

III. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.17

IV. Minderjährige Gesellschafter 1. Gesetzliche Vertretungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Familiengerichtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz . . . . . . . . . . . C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft . . . I. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . 1. Keine IHK-Mitgliedschaft. . . . . 2. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Anwendung der Gewerbeordnung . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3.

Versorgung der Übergeber Rentenzahlung . . . . . . . . . . . . . . Nießbrauch am KG-Anteil . . . . Grundstücksnießbrauch . . . . . .

III. Gesellschaftsvertrag 1. Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abfindungsbeschränkung a) Gesellschaftsvertragliche Reduzierung . . . . . . . . . . . . . .

8.10 8.11 8.13

8.19 8.20 8.21 8.25 8.26 8.28 8.29 8.32 8.33 8.35 8.37

8.40

b) Gesellschaftsvertraglicher Ausschluss einer Abfindung im Todesfall . . . . . . . . . . . . . .

8.45

IV. Haftungsbeschränkung vor Eintragung der KG im Handelsregister . . . . . . . . . . . . . .

8.49

V. Handelsregistervollmacht . . . . .

8.50

VI. Einkommensteuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages über eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft . . . . . . . 3. Objektiver Einkünftetatbestand a) Steuersubjekt . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . c) Einkünfteermittlung aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . bb) „Verlust“-Ausgleichsbeschränkungen . . . . . . . . . (1) Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG . . . (2) Sinngemäße Anwendung des § 15b EStG . . . cc) Veräußerungsgeschäfte (1) Veräußerungsgeschäfte auf der Ebene der Gesellschafter, insb. im Rahmen der Einbringung . . (2) Veräußerungsgeschäfte auf der Ebene der Gesellschaft . . . . . . . . . . . d) Einkünftezurechnung aa) Grundsätze der Zurechnung. . . . . . . . . . . bb) Verfahren . . . . . . . . . . . . . 4. Subjektiver Einkünftetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.60

8.61 8.62 8.65 8.68 8.70 8.71 8.75

8.76 8.79 8.80 8.82 8.85

VII. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . .

8.91

VIII. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . .

8.97

8.42

Spiegelberger

745

Kap. 8 Vermögensverwaltende Personengesellschaften IX. Schenkungsteuer. . . . . . . . . . . . . 1. Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerklasse der Beschenkten . .

8.104 8.105 8.107

X. Beurkundung des Gesellschaftsvertrags 1. Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Urkundengestaltung. . . . . . . . . .

8.108 8.109

3. Beteiligung von Minderjährigen 4. Familiengerichtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassende Gestaltungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vorteile der vermögensverwaltenden Familien-KG. . . . . . .

8.110 8.111 8.113 8.114

Literatur: Gleichlautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 16.3.2012: Behandlung von Erwerbsnebenkosten und Steuerberatungskosten sowie Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit einer Schenkung, BStBl. I 2012.338; Brüggemann, Ertragsteuerliche Anerkennung einer grundstücksverwaltenden Familiengesellschaft, ErbBstg 2011, 72; Demuth, Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nach dem Jahressteuergesetz 2008, FS für Spiegelberger (2009), 9, 73; Dräger, Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, StBW 2011, 936; Fleischer, Vermögensverwaltende Personengesellschaften: Steuerliche Realisierungstatbestände bei der Einbringung steuerverstrickten Privatvermögens, ZEV 2003, 190; Fleischer, Vermögensübergabe gegen privat Versorgungsleistungen: Steuersystem, steuerliche Änderung und Steuerplanungssicherheit, FS für Spiegelberger (2009), 120; Fuhrmann/Demuth, Vermögensverwaltende Personengesellschaft als Mittel der Nachfolgeplanung, ErbStB 2006, 127; Geck, Familienpool zur Vermögenssicherung und -bindung, KÖSDI 2008, 16016; Geck, Versteckte Gefahren bei der vorweggenommenen Erbfolge aufgrund nachgelagerter Besteuerungstatbestände, FS für Spiegelberger (2009), 128; Halaczinsky, Grundstücksbewertung im Erbschaftsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 187; Krüger, Grundstücksschenkungen an Minderjährige, ZNotP 2006, 202; Levedag, Einbringung und Einlage von Privatvermögen in vermögensverwaltende und gewerbliche Personengesellschaften, GmbHR 2013, 243; von Oertzen/Hermann, Vermögensverwaltende GbR vs. Vermögensverwaltende KG: Überblick über die zivil- und steuerrechtlichen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede, ZEV 2003, 400; Tiedtke, Kostenrechtliche Behandlung von vermögensverwaltenden Gesellschaften (GbR und KG), FS für Spiegelberger (2009), 1517; Wälzholz, Versorgungsleistungen nach dem JStG 2008: Aktuelle Problemfälle der Gestaltungspraxis, insbesondere zur Übergangsregelung, FS für Spiegelberger (2009), 556; Wachter, Die Immobilie im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 524; Werner, Pflichtteil als Gestaltungsgrenze bei der Nachfolge in Personengesellschaften, ZErb 2014, 97; Wißborn, Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, NWB 2011, 2694.

A. Von der Bruchteilsgemeinschaft zur Gesamthand – Rechtsgrundlagen Literatur: Herrler, Belastbarkeit eines Miteigentumsanteils mit einer Rückauflassungsvormerkung im Zuge der Überlassung dieses Anteils an einen anderen Miteigentümer?, ZNotP 2009, 188; U. Mayer, Immobilienerwerb durch mehrere: „halbe/halbe“ oder „gemeinsam“?, BWNotZ 2002, 143; OFD Frankfurt am Main: Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten bei Grundstücksgemeinschaften, DB 2002, 869; Wachter, Vermögensverwaltende Gesamthand und Bruchteilsbetrachtung – eine Zwischenbilanz, DStR 2005, 2014.

746

Spiegelberger

A. Von der Bruchteilsgemeinschaft zur Gesamthand

Rz. 8.3 Kap. 8

I. Notarielle Praxis Die Gemeinschaft ist in §§ 740 ff. BGB geregelt, die Möglichkeit der Eintragung im Grundbuch in den §§ 1008 bis 1010 BGB. Die Rechtsform der Grundstücksgemeinschaft hat sich bei großen Wohnanlagen, insbesondere bei Reihenhäusern bewährt, bei denen der jeweilige Erwerber Alleineigentum an seinem Wohngrundstück erwirbt, die Zufahrten aber über gemeinsame Wegeflächen erfolgen. Um bei der Weiterveräußerung eines Wohnobjektes die Mitübertragung der Bruchteile an den Erschließungsanlagen zu sichern, kann im Grundbuch bei dem jeweiligen Alleineigentum der Bruchteil an den Gemeinschaftsanlagen im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes vorgetragen werden1.

8.1

Bruchteilseigentum kommt auch in Betracht, wenn für die Nutzung eines Wohnhauses durch mehrere Eigentümer die Möglichkeit der Aufteilung in Wohnungseigentum mangels Abgeschlossenheit i.S.d. § 7 Abs. 4 WEG nicht besteht und somit nicht einzelne Grundbuchblätter gebildet werden können. In derartigen Fällen kann eine Miteigentümervereinbarung getroffen und gem. § 1010 BGB im Grundbuch eingetragen werden2.

8.2

II. Vorweggenommene Erbfolge Beispiel: M überträgt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihr Wohn- und Geschäftshaus auf Sohn S und Tochter T in Bruchteilsgemeinschaft zu je 1/2. Aufgrund des flotten Lebenswandels von S entstehen Steuerschulden i.H.v. 500.000 t, die das Finanzamt durch die Eintragung einer Sicherungshypothek am Miteigentumsanteil des S sichert. Anschließend lässt das Finanzamt das Anwesen gem. § 180 ZVG versteigern, da T das Angebot des Finanzamtes, die Steuerschuld ihres Bruders zu übernehmen, ablehnt.

Auch bei der Übertragung eines Grundstückes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf mehrere Kinder wird in der Praxis häufig die Rechtsform einer Bruchteilsgemeinschaft gewählt. Bruchteilseigentum wird – mit wenigen Ausnahmen – wie gewöhnliches Grundstückseigentum behandelt. Somit ist der Bruchteilseigentümer zur freien Verfügung über seinen Miteigentumsbruchteil berechtigt, so dass eine dinglich wirkende Abtretungsbeschränkung nicht möglich ist. Allerdings kommt ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot gem. § 137 Satz 2 BGB in Betracht, das aber den Bruchteilseigentümer nicht tatsächlich an einer Veräußerung hindert, es sei denn, dass für die Verletzung des schuldrechtlichen Veräußerungsverbotes eine Übertragungsverpflichtung vereinbart wird, die mit einer Auflassungsvormerkung gesichert werden kann. In der Praxis werden regelmäßig gegenseitige dingliche Vorkaufsrechte gem. §§ 1094 ff. BGB vereinbart, um eine Information über von anderen Miteigentümern vorgenommene Veräußerungen zu erhalten und gegebenenfalls zu den mit Dritten

1 Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 11 Rz. 1. 2 Formulierungsbeispiel in Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 11 A I 1.

Spiegelberger

747

8.3

Kap. 8 Rz. 8.4 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

vereinbarten Bedingungen den Miteigentumsanteil zu übernehmen, wobei mehrere Berechtigte das Recht gemeinschaftlich gem. § 513 BGB ausüben können.

8.4

Folgende Gestaltungsprobleme dürfen nicht übersehen werden: – Die Miteigentümergemeinschaft weist von allen Gemeinschafts- und Gesellschaftsformen die geringste Stabilität auf. Selbst wenn gem. § 1010 BGB im Grundbuch eingetragen wird, dass die Aufhebung der Gesellschaft ausgeschlossen ist, bindet dies nicht den Insolvenzverwalter oder die finanzierende Bank. Soweit ein wichtiger Grund gegeben ist, kann auch – trotz gegenteiliger Eintragung im Grundbuch – jeder Miteigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilungsversteigerung verlangen1, – eine von den Quoten des Miteigentums abweichende Lasten- und Kostentragung kann nicht in das Grundbuch eingetragen werden2; – die Verwaltung einer Miteigentümergemeinschaft ist wesentlich komplizierter als etwa die einer Gesellschaft, da bei der Veräußerung eines Miteigentumsanteiles der Rechtsnachfolger nicht an die Vereinbarungen der Vorgänger gebunden ist; – schließlich sind alle Bruchteilsübertragungen grunderwerbsteuerpflichtig; die für die Gesamthand geltenden Grundsätze der – grunderwerbsteuerfreien – Übertragung von Gesellschaftsanteilen gelten nicht für Bruchteilseigentum.

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts Literatur: Bestelmeyer, Verfügungen durch eine gesellschafterlose im Grundbuch eingetragene Namens-GbR, ZfIR 2011, 395; Böttcher, GbR im Grundbuch: Alles geklärt?, notar 2012, 111; Brüggemann, Ertragsteuerliche Anerkennung einer grundstücksverwaltenden Familiengesellschaft, ErbBstg 2011, 72; Carlé, Rechtsentwicklungen im Bereich der GbR und Gestaltungshinweise, KÖSDI 2010, 17128; Geck, Die vermögensverwaltende Personengesellschaft im Ertrag- und Erbschaftsteuerrecht, KÖSDI 2010, 16842; Hölscher, Pflichtteilsminimierung durch Gesellschaftsrecht?, ErbR 2016, 421; Kesseler, Die GbR und das Grundbuch, NJW 2011, 1909; Kirnberger, Vermögensnachfolge durch Familien-GbRs, ErbStB 2007, 56; Krüger, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und das Grundbuch – eine Mesalliancé, FS für Zimmermann (2010), 177; Lange, Pflichtteil als Gestaltungsgrenze bei der Nachfolge in Personengesellschaften, ZErb 2014, 97; Lautner, Grundstückserwerb durch Gesellschaften bürgerlichen Rechts unter Geltung der gesetzlichen Neuregelungen des ERVGBGB, MittBayNot 2010, 286; Schäfer, Der Bestimmtheitsgrundsatz ist (wirklich) Rechtsgeschichte, NZG 2014, 1401; Skusa/ Thürauf, Die Wirksamkeit von Abfindungsregelungen bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts, NJW 2015, 3778; Spiegelberger, Die vermögensverwaltende GbR bei der vorweggenommenen Erbfolge, Harzburger Steuerprotokoll 1996 (1997) S. 131 ff.; Spiegelberger, Anmerkung zu BayObLG, Beschl. v. 5.3.1997: Zum Prüfungsmaßstab der Gerichte bei vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung eines Vertrags über die Gründung einer Familiengesellschaft bürgerlichen Rechts mit Haftungsbeschränkung, DNotZ 1998, 500; Suttmann, Grundstücks1 Vgl. Reithmann/Meissner/von Heymann, Kauf vom Bauträger7, E Rz. 13; Palandt/Sprau76, § 751 BGB Rz. 2. 2 Vgl. Münchener Kommentar/Schmidt7, § 1010 BGB Rz. 9; Palandt/Bassenge76, § 1010 BGB Rz. 2.

748

Spiegelberger

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Rz. 8.8 Kap. 8

geschäfte mit Beteiligung einer GbR – Hinweise für die Praxis, NJW 2013, 423; Wälzholz, Die haftungsbeschränkte private Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Phoenix aus der Asche?, MittBayNot 2003, 35; Weller, Von der GbR zur OHG: Abkehr „vom Geist der Gesetze“ durch richterliche Rechtsfortbildung?, FS für Roth (2011), 881; Werner, Liegt bei Übertragung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden Familien-GbR eine Schenkung vor?, ZEV 2013, 66.

I. Anwendungsbereich Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 bis 740 BGB ist der Grundtyp der Personengesellschaft und kommt sowohl für die

8.5

– Vermögensverwaltung als auch – als Unternehmensträger1 in Betracht. 1. Unternehmenstragende GbR Anders als bei einer Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 1008, 741 BGB weist die GbR eine gesamthänderische Bindung auf, die die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens erleichtert2, während bei der Gemeinschaft nach Bruchteilen gem. § 741 BGB grundsätzlicher jeder Teilhaber über seinen Anteil frei verfügen kann (§ 747 BGB) und nur eine gemeinschaftliche Verwaltung stattfindet, verfolgt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. § 705 BGB einen gemeinsamen Zweck mit der Rechtsfolge der Nichtübertragbarkeit der Gesellschaftsrechte gem. § 717 BGB und der gesamthänderischen Bindung gem. § 719 BGB.

8.6

2. Vermögensverwaltung Die unter dem Schlagwort „Familienpool“ vor dem 1.7.1998 gegründeten Familiengesellschaften wiesen regelmäßig die Rechtsform der GbR auf, wie die GbR überhaupt seit jeher für die vermögensrechtlichen Beziehungen, auch unter Ehegatten, eine Tradition aufweist. Selbst im Bereich der geschlossenen Immobilienfonds war die Rechtsform der BGB-Gesellschaft bevorzugt.

8.7

Bei näherer Betrachtung ergibt sich, dass das langfristige Halten eines gemeinschaftlichen Gegenstandes nur in der Rechtsform der Gesamthand verwirklicht werden kann, da die Bruchteilsgemeinschaft den geringsten Bestandsschutz für gemeinschaftliches Vermögen aufweist: Ein von einem Miteigentümer bestelltes Grundpfandrecht reicht aus, um die gesamte Bruchteilsgemeinschaft in eine Teilungsversteigerung zu stürzen.

8.8

1 Die unternehmenstragende Variante wird von Spiegelberger, Unternehmensnachfolge2, § 10 dargestellt. 2 Vgl. Langenfeld, ZEV 1995, 157; Spiegelberger, Harzburger Steuerprotokoll 1996, 131.

Spiegelberger

749

Kap. 8 Rz. 8.9 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

Rechtsformvergleich

8.9

Gesamthand

Bruchteilsgemeinschaft

Gutgläubiger Erwerb

(+)

(+)

Zwangsvollstreckungsschutz

(+)

(–)

Verwaltungsregelung

(+)

(–)

Veräußerungsbeschränkung

(+)

(–)

Belastungsbeschränkung

(+)

(–)

Grunderwerbsteuerbefreiung

(+)

(–)

Der Erwerb von im Grundbuch eingetragenen GbR-Anteilen genoss früher nicht den Schutz des § 891 BGB1. Durch den mit Gesetz vom 18.6.2009 neu geschaffenen § 899a BGB gelten nunmehr §§ 892 ff. BGB entsprechend, und zwar auch rückwirkend für bestehende Eintragungen, vgl. Art. 229 § 21 EGBGB.

II. Vertragsgestaltung 1. Vertragsänderung

8.10

Bei Personengesellschaften verlangt § 717 BGB für den Abschluss und für Änderungen des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung aller Gesellschafter, so dass nach der gesetzlichen Regelung z.B. die Eltern der Zustimmung der bereits in die Gesellschaft aufgenommenen Kinder bedürfen, wenn weitere Kinder aufgenommen werden sollen. Es empfiehlt sich daher, Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschlüsse vorzusehen, wobei die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Wirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen nach dem sog. Bestimmtheitsgrundsatz vom BGH2 aufgegeben wurden. 2. Vertretungsregelung

8.11

Die vom BGH nunmehr anerkannte Teilrechtsfähigkeit der GbR führt zur Vertretungsmacht der Gesellschafter mit organschaftlichem Charakter3. Die Geschäftsführungsbefugnis ist der Maßstab für die Vertretungsmacht4.

1 Vgl. BGH v. 22.11.1996 – V ZR 234/95, MDR 1997, 341 = NJW 1997, 860 = ZfIR 1997, 94 = MittBayNot 1997, 171. 2 So noch BGH v. 15.1.2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 = NJW 2007, 1685 = DStR 2007, 494 = DNotZ 2007, 629; anders nunmehr BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 = MDR 2015, 42 = NJW 2015, 859 = DStR 2014, 2403 = DNotZ 2015, 65; s. hierzu Schäfer, NZG 2014, 1401. 3 Vgl. BGH v. 9.11.2001 – LwZR 4/01, MDR 2002, 269 = NJW 2002, 1194 = DNotZ 2002, 533. 4 Vgl. Münchener Kommentar/Schäfer7, § 714 BGB Rz. 24.

750

Spiegelberger

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Rz. 8.16 Kap. 8

Die Gesellschafter sind dringend davor zu warnen, einzelnen Gesellschaftern Einzelvertretungsbefugnis einzuräumen, da jeder Gesellschafter unbeschränkt gesamtschuldnerisch persönlich haftet und diese Haftung nicht durch eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag beschränkt werden kann1. Ulmer2 empfiehlt, dem durch Flucht in die Rechtsform der KG Rechnung zu tragen.

8.12

3. Vollmachtserteilung Sofern ein Gesellschafter z.B. als Verwalter eines Miethauses zur Geschäftsführung berufen wird, ergibt sich das Erfordernis des Nachweises der Vertretungsberechtigung im täglichen Geschäftsverkehr. Um nicht jeweils den Gesellschaftsvertrag vorweisen zu müssen, wird in der Praxis dem vertretungsberechtigten Gesellschafter eine rechtsgeschäftliche (nicht organschaftliche!) Vollmacht erteilt, wobei die Haftung wohl auf das Gesellschaftsvermögen eingeschränkt werden kann, solange und soweit der Gesellschafter nur im Rahmen und unter Berufung auf die Vollmacht handelt. Die Spezialvollmacht darf nicht einer allgemeinen Ermächtigung gleichkommen3.

8.13

4. Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Literatur: Wälzholz, Die haftungsbeschränkte private Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Phönix aus der Asche?, MittBayNot 2003, 35.

Die verbleibende Möglichkeit der Haftungsbeschränkung – insbesondere bei kleinen vermögensverwaltenden Gesellschaften – besteht darin, dass die Gesellschafter gesellschaftsvertraglich die gemeinsame Geschäftsführung und Vertretung vereinbaren, um das Auftreten einzelner Gesellschafter für die Gesellschaft zu verhindern (Verhinderung einer Anscheinsvollmacht!). Danach kann die GbR und jeder Gesellschafter nur durch die allseitige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft verpflichtet werden.

8.14

Damit die Gesellschaft dennoch am Rechtsverkehr teilnehmen kann, empfiehlt sich auch die Erteilung gegenständlich beschränkter Vollmachten an Dritte im Rahmen eines Anstellungs- oder Auftragsverhältnisses. Die Befugnis des Dritten bleibt immer abgeleiteter Natur, kann also nach den allgemeinen Regeln der Vollmacht limitiert und insbesondere auch auf das Gesellschaftsvermögen oder betragsmäßig beschränkt werden. Diese Vollmacht kann dem Dritten selbstverständlich auch ohne sein Zutun wieder entzogen werden4.

8.15

Eine weitere faktische Haftungsbeschränkung kann durch einen engen Gesellschaftszweck erreicht werden. An Stelle der Formulierung „Gegenstand der Gesellschaft ist die Vermögensverwaltung“ sollte ausdrücklich im Gesellschaftszweck der Vermögensgegenstand aufgeführt werden, dessen Verwaltung Zweck der Gesell-

8.16

1 BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, MDR 2000, 94 = NJW 1999, 3483 = ZMR 2000, 14 = DNotZ 2000, 135. 2 Ulmer, ZIP 2001, 590. 3 Vgl. Palandt/Sprau76, § 714 BGB Rz. 2. 4 Vgl. Münchener Kommentar/Schäfer7, § 714 BGB Rz. 22.

Spiegelberger

751

Kap. 8 Rz. 8.17 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

schaft ist, also z.B. „Gesellschaftszweck ist die Verwaltung des Grundstückes Lindenstr. 1 in Adorf“. Da der Gesellschaftsvertrag die Grundlage der Gesellschafterhaftung ist – es existiert kein öffentliches Register, dem eine Vertretungsbefugnis entnommen werden könnte1, – ist Haftungsgrundlage ausschließlich der Gesellschaftsvertrag. Sofern also ein Gesellschafter – über den Gesellschaftszweck hinaus – Vertretungshandlungen für die Gesellschaft vornimmt, handelt er als falsus procurator, so dass nur seine persönliche Haftung, aber nicht die der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter begründet wird.

III. Haftung 8.17

Durch die BGH-Entscheidung2, wonach Immobilienfonds und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht der verschärften Haftungsrechtsprechung unterliegen, sondern sich auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen können, die dem Vertragspartner erkennbar war, werden diese Gesellschaftsformen privilegiert.

8.18

Wälzholz3 meint zu Recht, dass die einschränkende Rechtsprechung für Immobilienfonds und Bauherrengemeinschaften auch auf andere vermögensverwaltende AußenGbRs wie vermögensverwaltende Familienpools zu übertragen sei; allerdings ist der ehemalige Vorsitzende Richter des II. BFH-Senats Goette4 anderer Meinung, ohne dies begründen zu können. Es ist geradezu grotesk, dass Kapitalanleger ihre Haftung begrenzen können, Familienangehörige aber bei einem Familienpool einer unbeschränkbaren Sippenhaftung unterliegen sollen. So lange der BGH an seiner nicht nachvollziehbaren Differenzierung festhält, wonach Kapitalanleger und Wohnungseigentümer ihre Haftung im Gesellschaftsvertrag oder in der Aufbauvereinbarung beschränken können, während dies einer familiären Grundstücks-GbR versagt sein soll, muss auf haftungsbeschränkende Gestaltungen besonderer Wert gelegt werden.

IV. Minderjährige Gesellschafter Literatur: Brambring, Die gerichtliche Genehmigung von Geschäften nach §§ 1821, 1822 BGB nach dem FamFG, NotBZ 2009, 394; Ivo, Der minderjährige Gesellschafter, ZNotP 2007, 210; Kölmel, Der Minderjährige in der notariellen Praxis, RNotZ 2010, 1; Kölmel, Der unentgeltliche Erwerb von Grundstücksrechten durch Minderjährige, RNotZ 2011, 332; Krüger, Grundstücksschenkungen an Minderjährige, ZNotP 2006, 202; Lohse/Triebel, Vermögensverwaltende Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit minderjährigen Gesellschaftern und gerichtliche Genehmigungspraxis, ZEV 2000, 337; Maier-Reimer/Marx, Die Vertretung Minderjähriger beim Erwerb von Gesellschaftsbeteiligungen, NJW 2005, 3025; Rust, Die Beteiligung 1 Vgl. BGH v. 9.11.2001 – LwZR 4/01, MDR 2002, 269 = NJW 2002, 1194 = ZMR 2002, 893 = DNotZ 2002, 533. 2 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 = MDR 2002, 766 = NJW 2002, 1642 = DStR 2002, 816 = ZfIR 2002, 723 = DNotZ 2002, 805. 3 Wälzholz, MittBayNot 2003, 38. 4 BGH v. 18.2.2002 – II ZR 331/00, NJW 2002, 1207 = DStR 2002, 686 = ZMR 2002, 412.

752

Spiegelberger

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Rz. 8.20 Kap. 8

Minderjähriger im Gesellschaftsrecht, DStR 2005, 1942 (Teil 1) und 1992 (Teil 2); Thonemann, Ergänzungspflegschaft und familien-/vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bei vorweggenommener Erbfolge, ErbStB 2007, 390 und 2008, 29; Wälzholz, Die Beteiligung Minderjähriger im Gesellschaftsrecht, INF 2007, 231

1. Gesetzliche Vertretungsregelung Beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages mit ihren minderjährigen Kindern sind die Eltern gem. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen. Für jeden Minderjährigen ist regelmäßig ein eigener Ergänzungspfleger zu bestellen, da auch dieser den Beschränkungen des § 181 BGB unterliegt1. Nur dann, wenn der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d. § 107 BGB ist, sind die Eltern vertretungsberechtigt, ohne dass es eines Ergänzungspflegers bedarf2.

8.19

2. Familiengerichtliche Genehmigung Die Entscheidung über die familiengerichtliche Genehmigung setzt eine Gesamtschau der Vor- und Nachteile für die Minderjährigen voraus3. Folgende vertragliche Regelungen wurden von der Rechtsprechung bisher als nachteilig angesehen: – Gesellschaftsvertrag für lange Dauer mit unkündbarer Bindung wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Minderjährigen4, – Haftungsrisiken bei Beteiligung an einer OHG oder GbR, wobei nach Klüsener5 aus diesem Grund eine Genehmigung des Familiengerichts von vornherein ausgeschlossen sein soll, – Belastung des Minderjährigen mit Verpflichtungen, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet6, so dass der Erwerb eines schuldenfrei und vollständig vermieteten Wohnblocks wegen der persönlichen Haftung für die Mietverträge rechtlich nicht vorteilhaft sein soll, während dies nicht für unvermietete Objekte gilt. Beispiel: Die Großmutter und Mutter der Betroffenen brachten in eine Grundstücks-GbR mit den minderjährigen Kindern und Enkelkindern Grundstücke im Wert von ca. 9,5 Mio. DM ein. Der Grundbesitz war mit ca. 2,3 Mio. DM belastet. Die vormundschaftsgerichtliche (nunmehr familiengerichtliche) Genehmigung wurde vom LG München I v. 25.7.1994 (Az. 75 VIII 54 95/93) mit folgender Begründung versagt: „Die beiden Geschäftsführerinnen sind Hausfrauen, wobei eine bereits 65 Jahre alt sei. Die Eignung der beiden Mitgesellschafterinnen zur Führung der BGB-Gesellschaft wecke Bedenken. Denn zur Führung einer Grundstücksverwaltungsgesellschaft seien nach Auffassung der Kammer umfassende Kenntnisse im ImmobiVgl. Münchener Kommentar/Schwab7, § 1909 BGB Rz. 53. Vgl. Palandt/Götz76, § 1795 BGB Rz. 13. Vgl. LG München v. 27.4.2000 – 13 T 16886/99, ZEV 2000, 370. BayObLG v. 6.2.1986 – BReg 2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1998, 494 m. Anm. Spiegelberger. 5 Klüsener, Rpfleger 1990, 330. 6 BGH v. 30.9.2010 – V ZB 206/10, MDR 2011, 25 = DNotZ 2011, 346.

1 2 3 4

Spiegelberger

753

8.20

Kap. 8 Rz. 8.21 Vermögensverwaltende Personengesellschaften lienrecht und Mietrecht erforderlich. Beide Gesellschafterinnen seien – abgesehen von dem eingebrachten Grundbesitz – ohne nennenswertes Vermögen. Das Risiko einer persönlichen Haftungsinanspruchnahme der Betroffenen erscheine daher nicht eingrenzbar.“

– Die Entscheidung des LG München I wurde vom OLG München mit Beschluss vom 6.7.1995 (Az. 1 Z BR157/94) (nicht veröffentlicht) aufgehoben und zur weiteren Entscheidung zurückgewiesen. Der geschilderte Instanzenweg zeigt, dass die Familiengerichte die der vorweggenommenen Erbfolge zugrunde liegende Begünstigung der jüngeren Generation oft nicht würdigen, so dass die Vertragspraxis genehmigungsfreie Gestaltungen, insbesondere die Errichtung einer vermögensverwaltenden Familien-KG ausschließlich durch die Eltern und nach Eintragung im Handelsregister die genehmigungsfreie Abtretung von Kommanditanteilen an die minderjährigen Kinder bevorzugt1. 3. Das Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz

8.21

Durch das nach langen Beratungen am 1.1.1999 in Kraft getretene Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger vom 25.8.19982 wurde u.a. § 723 Abs. 1 BGB um einen Satz 3 Nr. 2 ergänzt, wonach ein Gesellschafter, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, die Gesellschaft fristlos kündigen kann.

8.22

Die Bestimmung des § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BGB gilt nicht nur für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern auch für die Beteiligung an einer OHG, während die Bestimmung keine Anwendung auf Kommanditisten findet3.

8.23

Das Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz bedeutet praktisch das Ende der GbR mit Minderjährigen. Vorsichtige Eltern werden das Risiko der Kündigung der GbR bei Eintritt der Volljährigkeit der minderjährigen Kinder nicht auf sich nehmen. Die gesamte kautelarjuristische Praxis beruht auf der Erfahrung, dass 18-Jährige in der Vermögensverwaltung noch keine ausreichende Erfahrung besitzen, um ihnen größere Vermögenswerte ohne weitere Kautelen an die Hand zu geben. Die Befürchtung, dass ein soeben volljährig gewordener Gesellschafter die generationsübergreifende Vermögensvorsorge der Eltern nicht akzeptiert, sondern die Beteiligung an einer Grundstücksgesellschaft sofort in Geld umsetzt, um jugendliche Freizeitträume zu finanzieren, ist nach der Lebenserfahrung begründet.

8.24

Auch eine Widerrufs- oder Rücktrittsklausel, wonach die Einräumung eines Gesellschaftsanteils widerrufen und die unentgeltliche Rückübertragung von den Eltern verlangt werden kann, wenn ein volljährig Gewordener von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht, ist bedenklich, da eine derartige mittelbare Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten gegen § 723 Abs. 3 BGB – mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit dieser Regelung – verstoßen könnte4. 1 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 12 Rz. 87. 2 BGBl. I 1998, 2487 (MHbeG). 3 Vgl. Reimann, DNotZ 1999, 179; Klöckner, ZEV 2001, 48; Habersack, FamRZ 1999, 2; Grunewald, ZIP 1999, 597; Lohse/Triebel, ZEV 2000, 342. 4 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 11 Rz. 90.

754

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C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.25 Kap. 8

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft Literatur: Beckervordersandvort, Nachfolgegestaltung unter Einsatz von Vermögensverwaltungsgesellschaften, IWW 2014, 207; Beckervordersandvort/Münster, Nachfolgegestaltung mit Familienpool, ZErb 2016, 189; Böttcher, Das Grundbuchverfahren nach dem FamFG, Rpfleger 2011, 53; Dorn, Möglichkeiten und Probleme der sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG auf vermögensverwaltende Personengesellschaften, DStR 2015, 1598; Fuhrmann/Demuth, Vermögensverwaltende Personengesellschaft als Mittel der Nachfolgeplanung ErbStB 2006, 127; Götz, Vorweggenommene Erbfolgeregelungen bei Personengesellschaften: Berücksichtigung von Beratungs-/Notarkosten, FR 2015, 1123; Hübner, Nachfolge, Familienpool, in: Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung, N 29; Ivens, Überlegungen zur Rechtsformwahl bei Gründung eines Familienpools, ZErb 2012, 65 und 93; Köhler, Die Kommanditistenhaftung in der zweigliedrigen Kommanditgesellschaft nach Ausscheiden des Komplementärs, FS für Spiegelberger (2009), 791; Lange, Pflichtteil als Gestaltungsgrenze bei der Nachfolge in Personengesellschaften, ZErb 2014, 121; Langenfeld, Die grundstücksverwaltende Personengesellschaft als Instrument der Vermögensnachfolge, FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut e.V. (2003), 395; Michael, Immobilienzuwendungen, notar 2014, 332; von Söffing/Thoma, Der Familienpool in der Nachfolgeplanung, ErbStB 2003, 399; Spiegelberger, Die Familienverfassung: Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, FS für Rödl (2008), 89; Spiegelberger, Vermögensverwaltende Gesellschaften, LSWB 2001, 200; Steiner, Familiengesellschaften mit Immobiliarvermögen, ErbStB 2006, 31; Tiedtke, Kostenrechtliche Behandlung von vermögensverwaltenden Gesellschaften (GbR und KG), FS für Spiegelberger (2009), 1517. Beispiel: Die Ehegatten E wollen ihre Immobilien als Familienvermögen generationsübergreifend erhalten.

DoppelNießbrauch

Eltern

Immo KG

K1

K2

K3

Geschäftsführung Hinweis: Minderjährige Kinder (s. unten Rz. 8.60) sollten nur durch Abtretung von KG-Anteilen in die Gesellschaft aufgenommen werden, da andernfalls wegen der erforderlichen familiengerichtlichen Genehmigung und der Bestellung von Verfahrenspflegern zeitraubende und kostenträchtige Probleme entstehen.

Spiegelberger

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8.25

Kap. 8 Rz. 8.26 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

I. Anwendungsbereich 8.26

Durch die am 1.7.1998 in Kraft getretene Handelsrechtsreform, wonach gem. § 105 Abs. 2 HGB auch vermögensverwaltende Gesellschaften als Kommanditgesellschaften im Handelsregister eingetragen werden können, hat sich der Anwendungsbereich der KG erheblich erweitert.

8.27

Gegenüber einer unternehmenstragenden Handelsgesellschaft bestehen große Unterschiede. Es darf nicht übersehen werden, dass die im Handelsregister eingetragene vermögensverwaltende KG keinen Gewerbebetrieb führt, sondern lediglich Vermögensverwaltung betreibt. Die eingebrachten Immobilien bleiben steuerliches Privatvermögen. Insbesondere bestehen gegenüber einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft folgende Unterschiede: 1. Keine IHK-Mitgliedschaft

8.28

Bei einer vermögensverwaltenden KG besteht keine Zwangsmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern, so dass die Gesellschaft von der Beitragspflicht freigestellt ist. Die Gewerbesteuerpflicht ist die entscheidende gesetzliche Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer, so dass nicht gewerbesteuerpflichtige Personenhandelsgesellschaften auch nicht kammerzugehörig sind. 2. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht?

8.29

Ob eine handelsrechtliche Buchführungs- und Bilanzierungspflicht bei nur vermögensverwaltenden Personengesellschaften besteht, ist strittig. Sinn einer Bilanzierung ist die Ermittlung des Vermögens am Anfang und am Ende eines Wirtschaftsjahres, um aus Differenzen den Gewinn oder den Verlust der Gesellschaft zu ermitteln. Schön1 sieht das entscheidende Merkmal darin, dass die unter § 1 Abs. 2 HGB fallenden Gesellschaften „nur eigenes Vermögen“ verwalten, also einen weitgehend konstanten Vermögensstamm. Da steuerrechtlich nur eine Überschussrechnung verlangt wird2, können aus § 140 AO keine steuerlichen Bilanzierungspflichten abgeleitet werden. von Oertzen/Hermann3 weisen zu Recht darauf hin, dass bei Nichtbeachtung einer etwaigen Bilanzierungspflicht keine Sanktionen bestehen, da § 335b HGB nur für Kommanditgesellschaften gilt, die keine natürliche Person als Komplementär haben. In Österreich sind vermögensverwaltende Personengesellschaften von der Bilanzierungspflicht befreit. Die im Regierungsentwurf des BilMoG vorgesehene Befreiung

1 Schön, DB 1998, 1169. 2 Siehe etwa BFH v. 2.9.2014 – IX R 52/13, BStBl. II 2015, 263 = DStR 2015, 160 = GmbHR 2015, 213. 3 von Oertzen/Hermann, ZEV 2003, 401.

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C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.34 Kap. 8

hat die Wirtschaftsprüferlobby verhindert, so dass expressis verbis in § 241a HGB nur Einzelkaufleute mit Umsatzerlösen bis 500.000 t befreit sind. Demuth/Klingbeil1 haben überzeugend dargelegt, dass es sich bei der vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft um einen fiktiven Gewerbebetrieb handelt, auf den § 238 HGB nicht zwingend Anwendung findet; gegen eine Bilanzierungspflicht auch Langenfeld2. Wenn sich die Gesellschafter bei der Einbringung von Grundbesitz den Nießbrauch an den eingebrachten Immobilien vorbehalten, erzielt die Gesellschaft aufgrund vorbehaltener Nießbrauchsrechte von vorne herein keine Einnahmen. Der Übergang des Eigentums auf die Gesellschaft ist schenkungsteuerlich zu erfassen; einkommensteuerlich handelt es sich um eine virtuelle KG. Auch Bilanzierungspflichten sind gem. § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB zu verneinen.

8.30

Nach etwaigen Verlustjahren ist den Beteiligten jedoch anzuraten, Aufzeichnungen darüber zu führen, dass Entnahmen erst nach Wiederauffüllung der Kommanditeinlage vorgenommen werden, um der Haftungsgefahr des § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB zu entgehen.

8.31

3. Keine Anwendung der Gewerbeordnung Da die vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft nicht gewerblich tätig wird, findet die GewO keine Anwendung. Somit ist auch eine Anmeldung beim Gewerbeamt der Sitzgemeinde nicht veranlasst. Bei der routinemäßigen Versendung der Anmeldebögen ist die Sitzgemeinde entsprechend zu unterrichten.

8.32

II. Versorgung der Übergeber 1. Rentenzahlung Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde der Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG für Privatvermögen eliminiert und nur noch für Betriebsvermögen und GmbH-Anteilsübertragungen von mindestens 50 % zugelassen. Im IV. Rentenerlass3 beurteilt die Finanzverwaltung jede Form der Rentenzahlung als Veräußerungsrente, so dass regelmäßig wegen der hohen Liquiditätsbelastung im Allgemeinen von dieser Regelung abzuraten ist.

8.33

Fleischer4 betrachtet unter Bezugnahme auf die jahrzehntelange BFH-Rechtsprechung zu Versorgungsleistungen derartige Renten weiterhin als unentgeltlich, soweit die Rente aus dem Ertrag des überlassenen Anteils finanziert werden kann, so dass im

8.34

1 Demuth/Klingbeil, DStR 2009, 2537 (2539). 2 Langenfeld, FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut e.V. (2003), 395 (410); von Oertzen/Hermann, ZEV 2003, 401. 3 BStBl. I 2010, 227 Tz. 57. 4 Fleischer, ZEV 2007, 475.

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Kap. 8 Rz. 8.35 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

Endergebnis steuerlich irrelevante Unterhaltszahlungen gem. § 12 Nr. 2 EStG vorliegen (s. Rz. 1.616)1. 2. Nießbrauch am KG-Anteil

8.35

Nach h.M. kann ein Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft auch nach sachenrechtlichen Grundsätzen mit einem Nießbrauch belastet werden2. Entscheidend ist, dass sämtliche Mitgesellschafter ihre Zustimmung zur Nießbrauchsbestellung erklären oder dass diese im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist3.

8.36

Im DNotI-Report 1999, 195 wird empfohlen, den Nießbrauch zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, um den Nießbraucher für den Fall einer Außenhaftung das Haftungsprivileg der §§ 171, 172 HGB zu verschaffen. Wenn der Nießbrauch lediglich ein Gewinnteilhaberecht ohne Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (reiner Ertragsnießbrauch) vermittelt, sei eine Eintragung im Handelsregister ausgeschlossen. Das OLG München hat die Eintragung eines Nießbrauchs an einem KGAnteil generell abgelehnt. 3. Grundstücksnießbrauch

8.37

Die einfachste Regelung zur Versorgung der Übergeber besteht darin, dass sich diese den Nießbrauch an dem eingebrachten Grundbesitz auf Lebensdauer vorbehalten.

8.38

Aus einkommensteuerlichen Gründen sollten dabei bei vermieteten Immobilien auch die außerordentlichen öffentlichen Lasten und die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen dem Nießbraucher auferlegt werden, da nur dieser zum Werbungskostenabzug zugelassen wird und damit kein Werbungskostenleerlauf entsteht. Sofern zugleich der Nießbrauch an den überlassenen Gesellschaftsanteilen vereinbart wird, entsteht ein Doppelnießbrauch, der nach den gesetzlichen Vorschriften dem Übergeber auch Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung gewährt.

8.39

Nach der Rechtsprechung des BGH4 ist bei der Vermögensübertragung unter Vorbehalt des Nießbrauches oder schuldrechtlicher Nutzungsrechte keine Schenkung i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB zu sehen, so dass die dort vorgesehene Zehn-Jahres-Frist für den Ausschluss von Pflichtteilsergänzungsansprüchen nicht zu laufen beginnt5.

1 Spiegelberger, DB 2008, 1063 (1068) sowie DStR 2010, 1822 und 1880. 2 Vgl. Petzoldt, DStR 1992, 1171; BGHZ 58, 318; BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, FR 1994, 789 = NJW 1995, 1918. 3 Vgl. Heymann/Emmerich, § 105 HGB Rz. 65. 4 BGH v. 27.4.1994 – IV ZR 132/93, BGHZ 125, 395 = MDR 1994, 1015 = NJW 1994, 1791 = DNotZ 1994, 784. 5 „Die Genuss“-Rechtsprechung des BGH wird kritisiert, vgl. J. Mayer in Mayer/Süß/Tanck/ Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht, 3. Aufl. 2013, § 8 Rz. 120 mit zahlreichen weiteren Hinweisen; eingehend zur wirtschaftlichen Ausgliederung Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 4 Rz. 66 ff.

758

Spiegelberger

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.43 Kap. 8

III. Gesellschaftsvertrag 1. Geschäftsführung und Vertretung Durch den beglaubigten Handelsregisterauszug kann überall die Vertretungsberechtigung nachgewiesen werden.

8.40

In dem Gesellschaftsvertrag kann auch geregelt werden, dass die Komplementäre zur Veräußerung von Grundbesitz, zur Realteilung oder Abfindung einzelner Gesellschafter mit Grundbesitz berechtigt sind. Selbst die Belastung mit Grundpfandrechten für die Versorgung der Eltern kann gesellschaftsvertraglich geregelt werden.

8.41

2. Abfindungsbeschränkung Literatur: Groß, Abfindungsregelungen im Rahmen der Gesellschafternachfolge, ErbStB 2004, 134; Hölscher, Pflichtteilsminimierung durch Gesellschaftsrecht?, ErbR 2016, 421; Mohr, Abfindung an ausscheidende Gesellschafter – Die Abfindungsklausel auf dem erbschaft- und schenkungsteuerlichen Prüfstand, GmbH-StB 2010, 73; Iversen, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln und pflichtteilsrechtliche Nachlassbewertung – Vorschläge für die Praxis, NJW 2010, 183; Jorde/Stroot, Abfindungsregeln in Gesellschaftsstatuten von Familienunternehmen – zivil- und steuerrechtliche Aspekte, Ubg 2010, 45; Ulmer, Die vertragliche Beschränkung des Austrittsrechts und der Abfindungsansprüche ausscheidungswilliger Gesellschafter in der großen, generationsübergreifenden Familien-KG, ZIP 2010, 805; Wolf, Abfindungsbeschränkungen bei Familiengesellschaften, MittBayNot 2013, 9.

a) Gesellschaftsvertragliche Reduzierung Die Abfindung kann unter den Gesellschaftern auch mit Wirkung gegenüber Dritten, insbesondere auch gegenüber Pfändungsgläubigern und Rechtsnachfolgern, beschränkt werden. Bei einer Beschränkung des Abfindungsguthabens auf nur einen geringen Bruchteil des wahren Anteilswertes kann allerdings die Klausel wegen der damit verbundenen Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit gem. § 723 Abs. 3 BGB nichtig sein, soweit nicht bereits ein Verstoß gegen die guten Sitten gem. § 138 BGB oder Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB vorliegt1.

8.42

Nach der Rechtsprechung des BGH2 kann die Vereinbarung einer Abfindung für den ausscheidenden Gesellschafter auf der Grundlage des Ertragswertes gem. § 723 Abs. 3 BGB unwirksam sein, wenn der Liquidationswert den Ertragswert erheblich übersteigt und deshalb ein vernünftiger Gesellschafter auf der Grundlage einer Abfindung nach dem Ertragswert von dem ihm an sich zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen würde.

8.43

1 Vgl. Münchener Kommentar/Schäfer7, § 738 BGB Rz. 41 ff. 2 BGH v. 13.3.2006 – II ZR 295/04, DStR 2006, 1005.

Spiegelberger

759

Kap. 8 Rz. 8.44 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

Bei einer Reduzierung auf die Hälfte des wahren Wertes ist noch kein die Wirksamkeit beeinträchtigendes Missverhältnis gegeben1.

8.44

Nach Auffassung des BGH2 wird eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel, die eine unter dem wirklichen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, nicht deswegen unwirksam, weil sie in Folge eines im Laufe der Zeit eingetretenen groben Missverhältnisses zum wirklichen Anteilswert geeignet ist, das Kündigungsrecht des Gesellschafters zu beeinträchtigen. Der Inhalt einer derartigen Abfindungsregelung ist jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung neu zu ermitteln, so dass der Abfindungsbetrag dem Verkehrswert angenähert werden kann. b) Gesellschaftsvertraglicher Ausschluss einer Abfindung im Todesfall

8.45

Sieht der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft durch die bisherigen Gesellschafter unter Ausschluss von Abfindungsansprüchen der Erben eines verstorbenen Gesellschafters vor, so sieht die h.M. in einem für alle Gesellschafter gleichmäßig geltenden allseitigen Abfindungsausschluss einen entgeltlichen Vorgang (Wagnis), so dass auch Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht gegeben sind3; dies gilt nicht, wenn die Altersstruktur der Gesellschafter eine einseitige Wirkung des Abfindungsausschlusses mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten lässt4.

8.46

Betrachtet man die Rechtsprechungslinie des BGH, der Freiräume zur Umgehung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen konsequent ausschließt, also sowohl bei einer Schenkung unter vorbehaltenem Nießbrauch5 als auch bei der Dotierung von Stiftungen6 Pflichtteilsergänzungsansprüche stets bejaht hat, ist J. Mayer7 zuzustimmen, der eine Begrenzung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen durch gesellschaftsvertraglichen Abfindungsausschluss ablehnt.

8.47

Im Übrigen darf nicht verkannt werden, dass der dem Gesellschaftsanteil zugrunde liegende Wert des Gesamthandsvermögens an den im Gesellschaftsvertrag oder im Testament vorgesehenen Nachfolger weitergeleitet wird, so dass das Problem der Abfindung für einen Gesellschaftsanteil nicht entsteht. Die Zuordnung des Gesellschaftsanteils zugunsten eines konkreten Nachfolgers rechtfertigt einen Pflichtteils1 Vgl. Kellermann, StbJb 1986, 87 (411); Dieter Mayer, MittBayNot 1992, 4; Mecklenbrauck, BB 2000, 2001 (2006). 2 BGH v. 20.9.1993 – II ZR 104/92, BGHZ 123, 281 = MDR 1993, 1188 = NJW 1993, 3193 = GmbHR 1993, 806 = MittBayNot 1994, 159. 3 Vgl. BGH v. 6.3.1970 – V ZR 57/67, MDR 1970, 496 = NJW 1970, 941; v. 25.5.1970 – III ZR 141/68, NJW 1970, 1638. 4 Vgl. BGH v. 26.3.1981 – IVa ZR 154/80, MDR 1981, 826 = NJW 1981, 1956. 5 BGH v. 27.4.1994 – IV ZR 132/93, BGHZ 125, 395 = MDR 1994, 1015 = NJW 1994, 1791 = ZEV 1994, 233 = DNotZ 1994, 784. 6 BGH v. 10.12.2003 – IV ZR 249/02, NJW 2004, 1382 = ZEV 2004, 115 = DNotZ 2004, 475 (Dresdner Frauenkirche). 7 Mayer in Mayer/Süß/Tanck/Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht, 3. Aufl. 2013, § 8 Rz. 65 und Münchener Kommentar/Frank7, § 2325 BGB Rz. 25.

760

Spiegelberger

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.50 Kap. 8

ergänzungsanspruch, ohne dass es auf einen „Abfindungsausschluss“ ankommt. Wenn der BGH sogar eine unangemessene Reduzierung des Abfindungsguthabens als Missbrauch bewertet, gilt dies erst recht für den völligen Ausschluss einer Abfindung. Eine Reduzierung des Abfindungsanspruchs ist ggf. Schenkung (§ 7 Abs. 7 ErbStG). Einseitige, d.h. nicht für alle Gesellschafter vereinbarte Ausschlüsse oder Beschränkungen der Abfindungsansprüche stellen unentgeltliche Zuwendungen dar, die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen1.

8.48

IV. Haftungsbeschränkung vor Eintragung der KG im Handelsregister Der Gesetzgeber hat in § 176 Abs. 1 Satz 2 HGB angeordnet, dass die Haftung vor Eintragung gem. § 176 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht zur Anwendung komme, soweit sich aus § 2 oder § 105 Abs. 2 HGB ein anderes ergibt. Nach der Begründung zum Referentenentwurf2 ist die Haftung der Kommanditisten von Kleingewerbe-KGs für die vor der Eintragung begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten nach § 176 Abs. 1 HGB ausgeschlossen3.

8.49

V. Handelsregistervollmacht Zur Beschleunigung von Registereintragungen ist es sinnvoll, sowohl in den Gesellschaftsvertrag als auch in die jeweilige Registeranmeldung eine Vollmacht (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 HGB) zugunsten der Komplementäre für künftige Handelsregisteranmeldungen aufzunehmen. Bei künftigen Eintragungen kann dann jeweils für bereits eingetragene Kommanditisten auf die dem Registergericht vorliegende Vollmacht in den früheren Registeranmeldungen Bezug genommen werden.

8.50

Hinweis: Bei Neueintragung von Gesellschaften im Handelsregister ist ein systematischer Betrug durch raffinierte Geschäftemacher zu beobachten. Den Gesellschaftern wird nach der Handelsregistereintragung von betrügerischen Firmen eine „Kostenrechnung“ zugesandt, die den Anschein erweckt, die Rechnung für die Handelsregistereintragung durch das Registergericht darzustellen. Tatsächlich wird erst bei genauer Durchsicht des Kleingedruckten erkenntlich, dass die – völlig nutzlose – Eintragung in irgendwelche Branchenregister angeboten wird. Die Beteiligten sollten vor der Bezahlung solcher Rechnungen durch die Berater gewarnt werden.

8.51–8.59

Einstweilen frei.

1 Vgl. Baumbach/Hopt37, § 131 HGB Rz. 62 m.w.N. 2 ZIP 1996, 1490. 3 Ebenso Schön, DB 1998, 1176 für die vermögensverwaltende Personenhandelsgesellschaft.

Spiegelberger

761

Kap. 8 Rz. 8.60 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

VI. Einkommensteuer 1. Allgemeines Literatur: Brüggemann, Ertragsteuerliche Anerkennung einer grundstücksverwaltenden Familiengesellschaft, ErbBstg 2013, 72; Fleischer, Vermögensverwaltende Personengesellschaften: Steuerliche Realisierungstatbestände bei der Einbringung steuerverstrickten Privatvermögens, ZEV 2003, 190; Geck, Familienpool zur Vermögenssicherung und -bindung, KÖSDI 2008, 16016; Hohaus/Eickmann, Die Beteiligung Minderjähriger an vermögensverwaltenden Familien-Kommanditgesellschaften – Anforderungen für die steuerliche Anerkennung, BB 2004, 1707; Kirchdörfer/Lorz, Familienvermögensgesellschaften als Organisationsmodelle im Rahmen der Familienstrategie und der Planung der Vermögensnachfolge, DB 2004, Beilage 2004 Nr. 3, 1; Reimann, Nach dem Urteil des BVerfG zur Erbschaftsteuer: Familiengesellschaften im Focus, FamRZ 2015, 185; Schmid/Mertgen, Erweiterte Kürzung trotz Beteiligung an vermögensverwaltender Personengesellschaft, FR 2011, 468; Spiegelberger, Die FamilienGmbH & Co. KG, ZEV 2003, 391; Spiegelberger, Vermögensverwaltende oder gewerblich geprägte Personengesellschaft oder vermögensverwaltende GmbH? JbFfSt 2002/2003, 612; Strahl, Vermögensverwaltende Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht, KÖSDI 2001, 12802; von Oertzen/Hermann, Vermögensverwaltende GbR vs. vermögensverwaltende KG: Überblick über die zivil- und steuerrechtlichen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede, ZEV 2003, 400; Wichmann, Das Ergebnisvorab bei vermögensverwaltenden Gesellschaften, StBg 2014, 1.

8.60

Während in der Vergangenheit für die Gründung vermögensverwaltender „Familienpersonengesellschaften“1 vornehmlich auf die Rechtsform der GbR zurückgegriffen wurde, wendet sich die Gestaltungspraxis – auch aus Praktikabilitätserwägungen – wieder von dieser Rechtsform ab und der vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft (KG) zu2. Ertragssteuerlich vorteilhaft stellt sich insbesondere die (Mit-)Beteiligung Minderjähriger an einer vermögensverwaltenden Familien-KG dar, und zwar wegen der Möglichkeit, – Einkünfte der Gesellschaft auf mehrere Personen zu verteilen, um damit den Grundfreibetrag mehrfach in Anspruch nehmen zu können sowie einen Progressionsvorteil zu erreichen, der die ertragsteuerliche Belastung des von der Familie zu versteuernden Gesamteinkommens abschwächt. Damit soll eine Art „Familiensplitting“ erreicht werden3; – das von der KG verwaltete Vermögen trotz der „unternehmerischen“ Gestalt der Gesellschaft steuerlich als Privatvermögen weiterzuführen; – Schenkungsfreibeträge (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) durch die frühzeitige Beteiligung minderjähriger Kinder wiederholt auszunutzen4. 1 Der Begriff der „Familienpersonengesellschaft“ ist nicht legaldefiniert. Die Praxis orientiert sich an § 15 AO; danach wird unter einer Familienpersonengesellschaft eine Personengesellschaft verstanden, an der ausschließlich oder zumindest überwiegend Angehörige i.S.d. § 15 AO beteiligt sind, vgl. Hohaus/Eickmann, BB 2004, 1707 m.w.N. 2 Von Oertzen/Hermann, ZEV 2003, 400. 3 Siehe Autenrieth, DStZ 1992, 86; Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383; Limmer, ZFE 2004, 40; Königer/Ziegler, FR 2011, 937. 4 Hohaus/Eickmann, BB 2004, 1707.

762

Schallmoser

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.62 Kap. 8

2. Steuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages über eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft Literatur: Altfelder, Beitrag oder Leistung? FR 2005, 6; Hübner, Vermögensübertragung durch disquotale Gesellschafterleistungen? – Schenkung- und Ertragsteuerliche Gestaltungsaspekte, ZEV 1998, 83; Königer/Ziegler, Das Familiensplitting nach dem StVereinfG 2011 – eine schenkung- und ertragsteuerliche Vorteilhaftigkeitsanalyse verschiedener Vermögensarten, FR 2011, 937; Levedag, Einbringung und Einlage von Privatvermögen in vermögensverwaltende und gewerbliche Personengesellschaften, GmbHR 2013, 243; Spiegelberger, Vermögensnachfolge, 2. Aufl. 2010; Werz/Sager, Disquotales Gewinnbezugsrecht vs. Vorbehaltsnießbrauch, ErbStB 2010, 73.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung unterscheidet, ausgehend von dem Grundsatzurteil des BFH vom 22.8.19511, bei der (steuer-)rechtlichen Beurteilung von Familienpersonengesellschaften zwischen der Anerkennung der Gesellschaft als solcher und der Anerkennung der vereinbarten Gewinnverteilung.

8.61

– Verträge unter nahestehenden Personen werden grds. steuerrechtlich nur dann berücksichtigt, wenn sie der Erzielung von Einkünften dienen, bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart sind, sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und ihr Abschluss nicht einen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO darstellt (s. hierzu Rz. 13.44 ff.). Diese Grundsätze gelten auch für einen Gesellschaftsvertrag unter Familienangehörigen2. Soweit Minderjährige an einem Gesellschaftsverhältnis beteiligt werden sollen, kommt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen – hierzu zählt insbesondere auch eine ggf. erforderliche familiengerichtliche Genehmigung des Vertragsschlusses – besonderes Gewicht zu3. – Das wirtschaftliche Ergebnis einer vermögensverwaltenden KG wird den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zugerechnet. Hiervon abweichende „disquotale“ Überschussverteilungen werden steuerlich (nur) anerkannt, wenn diese durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind4. 3. Objektiver Einkünftetatbestand a) Steuersubjekt Das Zivilrecht unterteilt Personenzusammenschlüsse nach Gesellschaften und Gemeinschaften. Gesellschaften zeichnen sich durch einen gemeinsamen Zweck aus, Gemeinschaften verfügen über gemeinsames Eigentum. Die Gesellschaften können rechtsfähig (AG, GmbH, Verein), teilrechtsfähig (OHG, KG) oder nicht rechtsfähig (nicht rechtsfähiger Verein) sein, die Gemeinschaft kann zu Bruchteilen (z.B. an 1 BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 = FR 1951, 375 = DB 1951, 811. 2 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 = DB 1972, 2092. 3 BFH v. 1.2.1973 – IV R 49/68, BStBl. II 1973, 307 = DB 1973, 699 = DStR 1973, 247 = NJW 1973, 2093. 4 BFH v. 7.10.1986 – IX R 167/83, BStBl. II 1987, 322; v. 18.11.1980 – VIII R 194/78, BStBl. II 1981, 510 (513) = DB 1981, 1648; Königer/Ziegler, FR 2011, 937 (941).

Schallmoser

763

8.62

Kap. 8 Rz. 8.63 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

Grundstücken) oder zur gesamten Hand (etwa bei Erbengemeinschaften) bestehen. Für jede Art des Zusammenschlusses ergeben sich unterschiedliche zivilrechtliche Rechtsfolgen. Das Ertragsteuerrecht setzt diesen komplexen Zusammenhängen eine überschaubare Zweiteilung entgegen: – Körperschaften gem. § 1 Abs. 1 KStG, die der Körperschaftsteuer unterliegen und damit Ertragsteuersubjekte sind; – Personengruppen, denen Einkünfte gemeinsam zuzurechnen sind; hierzu zählen neben rein steuerrechtlichen Gebilden – wie z.B. die atypisch stille Gesellschaft oder die faktische Mitunternehmerschaft – auch Personengesellschaften wie die vermögensverwaltende KG. Personengesellschaften sind nicht Subjekt der Einkommensbesteuerung, wohl aber Subjekt der Einkünfteermittlung.

8.63

Materiell-rechtlich steht bei Personenzusammenschlüssen mithin nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter als Steuersubjekt im Vordergrund. Die in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit erzielten Einkünfte werden zwar auf der Gesellschaftsebene ermittelt, sodann aber den „hinter“ der Gesellschaft stehenden Beteiligten (den Gesellschaftern) zugerechnet und ausschließlich von diesen versteuert (sog. transparente Besteuerung). Lediglich bei der Umsatzsteuer ist die Gesellschaft Unternehmer und damit Steuersubjekt und nicht etwa der einzelne Gesellschafter.

8.64

Verfahrensrechtlich wird die Besteuerung in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit erzielter Einkünfte dadurch bewirkt, dass die auf der Gesellschaftsebene ermittelten Einkünfte nach den Bestimmungen der §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 182 Abs. 1 AO gesondert und einheitlich festgestellt, auf die Gesellschafter verteilt und diesen bei ihrer Einkommensbesteuerung zugerechnet werden. b) Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit Literatur: Geck/Messner, Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel, ZEV 2004, 220; Hartrott, Gewerblicher Grundstückshandel – ein Kurzrepetitorium unter kritischer Würdigung der aktuellen Rechtsprechung des BFH, BB 2010, 2271; Heuermann, Die Grenzziehung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung (im Rahmen der §§ 21, 23 EStG, § 14 AO) am Beispiel des gewerblichen Grundstückshandels, in: Einkommen aus Kapital (DStJG 31) 2007, 121; Jahn, Steuerliche Abgrenzung gewerblicher Tätigkeit von freiberuflicher und sonstiger Tätigkeit, DB 2012, 1947.

8.65

Die Vermietung von Immobilien ist in aller Regel private Vermögensverwaltung. Die Grenze zur Gewerblichkeit wird erst überschritten, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, welche der Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verleihen, hinter welche die Nutzung des Vermögens zurücktritt (s. näher Rz. 1.401 f.). Ist die KG in diesem Sinne ausschließlich vermögensverwaltend tätig, erzielt sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Grundbesitz verbleibt steuerrechtlich im Privatvermögen. 764

Schallmoser

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.70 Kap. 8

Bereits bei der Gründung einer vermögensverwaltenden KG sollte darauf geachtet werden, dass als Zweck der Gesellschaft nur die Vermietung und nicht der Erwerb und die Veräußerung von Immobilien im Gesellschaftsvertrag ausgewiesen werden. Dies schließt es rechtlich nicht aus, dass die Gesellschaft später Immobilien erwirbt und im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung auch wieder veräußert.

8.66

Ferner sollte darauf geachtet werden, dass die Tätigkeit der KG sich ausschließlich auf Vermögensverwaltung beschränkt. Denn schon bei einer geringfügigen, neben der Vermögensverwaltung ausgeübten gewerblichen Tätigkeit (z.B. Hausverwaltung für fremde Dritte; gewerblicher Grundstückshandel, s. Rz. 11.11) kommt es zu einer sog. „Abfärbewirkung“ auf die vermögensverwaltenden Einkünfte gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG: dann „gilt“ (Fiktion!) die gesamte Tätigkeit („… in vollem Umfang …“) als gewerblich. Beteiligt sich eine vermögensverwaltende KG (Obergesellschaft) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft), so hat das zur Folge, dass die gesamten Einkünfte der Obergesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG).

8.67

c) Einkünfteermittlung aa) Grundsatz Die Ermittlung von Einnahmen und Werbungskosten im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf der Ebene der vermögensverwaltenden KG erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen (s. Rz. 1.470 ff.).

8.68

Disquotale Überschussverteilungen sind gesellschaftsrechtlich möglich; sie werden steuerlich anerkannt, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (s. Rz. 8.61). Sie werden gemeinhin empfohlen für Familienpool-Gestaltungen, in denen Kinder vermögensmäßig mit einem hohen Anteil, die Eltern demgegenüber mit einem geringen Anteil an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt werden sollen. Die Stimmrechte und die Gewinnbeteiligung werden reziprok eingeräumt, etwa so, dass die Eltern Stimmrechte und Gewinnbeteiligung in großem Umfang, die Kinder demgegenüber nur in geringem Umfang erhalten. Dahingehende Gestaltungen sind im Ergebnis möglich, wenn bei der Anteilsübertragung Nießbrauchsrechte zugunsten der Eltern bestellt werden. Überzogene Gestaltungen bringen indes regelmäßig Probleme der steuerrechtlichen Anerkennung mit sich1.

8.69

bb) „Verlust“-Ausgleichsbeschränkungen § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG sieht die sinngemäße Anwendung der §§ 15a, 15b, Abs. 1 Satz 2 EStG vor.

1 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, S. 354; zu den insoweit vorgeschlagenen Gestaltungsmöglichkeiten s. Dehmer/Schmitt, INF 1993, 538; Langenfeld, ZEV 1995, 157; Hübner, ZEV 1998, 83; Werz/Sager, ErbStB 2010, 73; Königer/Ziegler, FR 2011, 937; Levedag, GmbHR 2013, 243.

Schallmoser

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8.70

Kap. 8 Rz. 8.71 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

(1) Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG

8.71

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; der Verlust darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Sinngemäß übertragen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des am Kommanditkapital einer vermögensverwaltenden (Familien-)KG beteiligten Gesellschafters bedeutet dies: Der dem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Werbungskostenüberschuss der KG darf weder mit anderen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives „fiktives“ (d.h. nach den für die Ermittlung von Überschusseinkünften geltenden Grundsätzen ermitteltes) Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht1. Der Verweis auf § 15a EStG soll sicherstellen, dass der Gesellschafter, der für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft nur beschränkt haftet, negative Einkünfte nicht in größerem Umfang mit anderen Einkünften ausgleichen kann, als seine Haftung reicht2.

8.72

Haftet der Kommanditist über die geleistete Einlage hinaus (§ 171 Abs. 1 HGB), kann er Werbungskostenüberschüsse bis zur Höhe des Betrags, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage seine geleistete Einlage übersteigt, auch ausgleichen oder abziehen, soweit dadurch ein negatives „fiktives“ Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (§ 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG).

8.73

Die nach § 15a Abs. 1 Satz 1 (oder nach Abs. 1a) EStG nicht ausgleichsfähigen Werbungskostenüberschüsse gehen nicht endgültig verloren, sondern sind mit positiven Beteiligungseinkünften aus späteren Wirtschaftsjahren und damit lediglich zeitlich verschoben zu verrechnen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs. 2 EStG)3.

8.74

Wird das „fiktive“ Kapitalkonto durch Entnahmen des Kommanditisten oder durch Einlagerückzahlungen negativ oder erhöht sich ein negativer Betrag (sog. Einlageminderung), findet nach § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs. 2 EStG eine Zurechnung fiktiver positiver Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung statt4. (2) Sinngemäße Anwendung des § 15b EStG

8.75

Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 15b EStG dürfen Werbungskostenüberschüsse, die im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstehen, nur die Einkünfte vermindern, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt; der Verweis bewirkt, dass die Bedeutung von (geschlossenen) Immobilienfonds mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiter 1 Siehe im Einzelnen Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 176 ff.; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 479 ff. 2 Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 170. 3 Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 492. 4 Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 492.

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C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.79 Kap. 8

abnehmen wird (s. eingehend Rz. 1.465)1. Für die Ausgestaltung von Familien-KGs kommt der Vorschrift regelmäßig keine Bedeutung zu. cc) Veräußerungsgeschäfte (1) Veräußerungsgeschäfte auf der Ebene der Gesellschafter, insb. im Rahmen der Einbringung Die beteiligungsidentische Einbringung eines im Privatvermögen stehenden Grundstücks durch den bzw. die (Mit-)Eigentümer in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft stellt keinen Veräußerungsvorgang dar. Etwas anderes gilt, wenn sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöht haben (s. Rz. 12.45 f.)2. In diesem Fall ist es für die Prüfung, ob die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eintreten, entscheidend, ob der Grundbesitz innerhalb der Haltefrist entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wurde.

8.76

Die Einbringung mehrerer Immobilien in einem Zeitraum von fünf Jahren kann einkommensteuerfrei sein, wenn sich der Vorgang als Beendigung einer langjährigen Vermögensverwaltung darstellt; sie ist aber als gewerblicher Grundstückshandel gem. § 15 Abs. 2 EStG steuerpflichtig, wenn sie eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, gegeben ist, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (zu Einzelheiten s. die Erläuterungen in Rz. 11.1 ff.).

8.77

Die Anschaffung oder Veräußerung der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gilt unter den Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter (zu Einzelheiten s. Rz. 12.61 ff.).

8.78

(2) Veräußerungsgeschäfte auf der Ebene der Gesellschaft Anteile an Grundstücksgesellschaften zählen zu den Objekten i.S.d. „Drei-ObjektGrenze“; vor diesem Hintergrund kann die Veräußerung einer solchen Beteiligung (bspw. zur Aufnahme neuer Gesellschafter) zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen (s. Rz. 11.41 ff.).

1 Schmidt/Kulosa36, § 21 EStG Rz. 155; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 521. 2 BFH v. 18.10.2011 – IX R 15/11, BStBl. II 2012, 205 = FR 2012, 164 m. Anm. Bode = DB 2011, 2752 = MittBayNot 2012, 329; v. 2.4.2008 – IX R 18/06, BStBl. II 2008, 679 = FR 2008, 1167 = NJW 2008, 3662; v. 6.10.2004 – IX R 68/01, BStBl. II 2005, 324 = FR 2005, 194 = DB 2004, 2728 = NJW 2005, 1215; BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz 8. Vgl. dazu auch Gottwald, MittBayNot 2001, 8 (14 f.); Reich, ZNotP 2000, 479 (483 f.).

Schallmoser

767

8.79

Kap. 8 Rz. 8.80 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

d) Einkünftezurechnung aa) Grundsätze der Zurechnung

8.80

Im Zuge der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken werden auf der Ebene der vermögensverwaltenden KG zunächst Einkünfte i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt. Etwas anderes gilt für Grundstücke im Gesellschaftsvermögen der KG, auf denen ein Vorbehaltsnießbrauch eines Familiengesellschafters lastet: Hat sich ein Gesellschafter bei der Einbringung eines Grundstücks in die vermögensverwaltende KG den Nießbrauch am Grundbesitz vorbehalten, erzielt er selbst und nicht die Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; die übrigen Gesellschafter sind zwar vermögensbeteiligt, ihnen sind aber insoweit keine Einkünfte zuzurechnen. Auch die AfA gebührt aufgrund des Vorbehaltsnießbrauches dem Einbringenden (s. Rz. 7.72 ff. und 7.125 ff.). Der Grund hierfür liegt im objektiven Einkünftetatbestand des § 21 EStG: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung „erzielt“, wer einem anderen ein in § 21 Abs. 1 EStG genanntes Wirtschaftsgut entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt und in diesem Zusammenhang Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag (d.h. dem „Rechtsverhältnis“ i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG) ist. Das ist im Rahmen eines Nießbrauchsverhältnisses regelmäßig der Vorbehaltsnießbraucher (s. Rz. 7.125 ff.).

8.81

Die auf Gesellschaftsebene erzielten und nach Überschussgrundsätzen ermittelten Einkünfte sind in einem zweiten Schritt auf die beteiligten Gesellschafter zu verteilen (sog. Einkünftezurechnung); dies geschieht durch gesonderte und einheitliche Feststellung gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO (s. Rz. 8.82 ff.). bb) Verfahren

8.82

Die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf der Ebene der vermögensverwaltenden KG führt dazu, dass der beteiligte Familiengesellschafter als Adressat des Feststellungsbescheides die im Bescheid festgestellten Besteuerungsgrundlagen (hierzu gehören neben den Einkünften auch seine Sonderwerbungskosten!) selbst zum Gegenstand eines Einspruchs machen kann, indem er den Tenor des Feststellungsbescheides (z.B. „die Einkünfte aus dem aus Vermietung und Verpachtung des X betragen … Euro“) angreift. Für den Adressaten des Feststellungsbescheides führt dies aber nicht zu einer zusätzlichen Einspruchsmöglichkeit; vielmehr wird im Rahmen der gesonderten Feststellung abschließend über die festgestellte Besteuerungsgrundlage entschieden. Deshalb muss der Familiengesellschafter bei einer fehlerhaften Feststellung gegen den Feststellungsbescheid (sog. „Grundlagenbescheid“) selbst vorgehen; ein Einspruch gegen den Folgebescheid – das ist der Einkommensteuerbescheid, in dem die festgestellten Einkünfte nach § 182 Abs. 1 AO bindend übernommen werden – welcher lediglich die Fehlerhaftigkeit des Feststellungsbescheides rügt, hätte mit Blick auf § 351 Abs. 2 AO keinen Erfolg.

768

Schallmoser

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.85 Kap. 8

Der notwendige Inhalt sowie der Tenor der Feststellung ergibt sich aus dem Verweis des § 181 Abs. 1 Satz 1 AO zu § 157 Abs. 1 Satz 2 AO; zu tenorieren ist danach,

8.83

– wer an den Einkünften beteiligt ist, – welche Einkunftsart(en) vorliegt, – in welcher Höhe Einkünfte erzielt wurden, – wie sich die Einkünfte verteilen und – inwieweit bei einzelnen Beteiligten Sonderbetriebseinnahmen bzw. Sondereinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben bzw. Sonderwerbungskosten angefallen sind. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, deren Anteile von (einzelnen) Beteiligten im Betriebsvermögen gehalten werden (sog. „Zebragesellschaften“), sind die Einkünfte eines betrieblich beteiligten Gesellschafters von dem für die Veranlagung der Einkommensteuer nach § 19 AO zuständigen Wohnsitzfinanzamt dem Grunde und der Höhe nach umzuqualifizieren1. Für die Übermittlung des Feststellungsbescheides wäre grds. jedem einzelnen Beteiligten eine Ausfertigung des Bescheides zu übersenden. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO erlaubt es der Finanzbehörde, den Bescheid an einen Empfangsbevollmächtigten zu übermitteln; die Übermittlung wirkt gem. § 183 Abs. 1 Satz 5 AO für und gegen alle beteiligten Gesellschafter. Es empfiehlt sich, dass die Beteiligten der vermögensverwaltenden KG selbst einen Empfangsbevollmächtigten bestellen. Haben die Beteiligten niemanden benannt, gilt nach § 183 Abs. 1 Satz 2 AO der zur Vertretung berechtigte Komplementär der KG als Empfangsbevollmächtigter.

8.84

4. Subjektiver Einkünftetatbestand Die Einkünfteerzielungsabsicht muss sowohl auf der Ebene der vermögensverwaltenden KG – sie beurteilt sich insoweit nach den allgemeinen Grundsätzen (s. Rz. 1.410 ff.) – wie auch auf der Ebene der einzelnen Familiengesellschafter gegeben sein. Damit werden sowohl der objektive wie auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, den die Personengesellschaft durch ihr auf Dauer ausgerichtetes Vermieten verwirklicht, den Gesellschaftern zugerechnet2. Das bedeutet: – Den einzelnen Gesellschaftern sind keine steuerrechtlich bedeutsamen Einkünfte zuzurechnen, wenn schon auf der Ebene der Gesellschaft keine Einkünfteerzielungsabsicht besteht. – Ist hingegen auf der Ebene der Gesellschaft die Einkünfteerzielungsabsicht gegeben, kann gleichwohl die Überschusserzielungsabsicht eines Gesellschafters dann 1 BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 = FR 2005, 1026 m. Anm. Kempermann = DStR 2005, 1274 = DB 2005, 1607; v. 21.2.2006 – IX R 80/98, BFH/NV 2006, 1247. 2 BFH v. 9.3.2011 – IX R 50/10, BStBl. II 2011, 704 = FR 2011, 615 m. Anm. Bode = DB 2011, 1026 = DStR 2011, 909 = ZfIR 2011, 534; v. 25.2.2009 – IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 158.

Schallmoser

769

8.85

Kap. 8 Rz. 8.91 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

zweifelhaft erscheinen, wenn er sich etwa nur kurzfristig zur Verlustmitnahme an einer Gesellschaft beteiligt hat oder seine Beteiligung in hohem Maße fremdfinanziert1.

8.86–8.90

Einstweilen frei.

VII. Grunderwerbsteuer Literatur: Heine, Besteuerungsnischen im Grunderwerbsteuergesetz, UVR 2005, 273; Heine, Die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 3 GrEStG beim fingierten Grundstückserwerb durch Personengesellschaften nach § 1 Abs. 2a GrEStG, INF 2005, 63; Hey, Grunderwerbsteuer und Umstrukturierungen – einige Überlegungen zum Reformbedarf aus steuersystematischer Sicht, FS für Spiegelberger (2009), 225; Ruhwinkel, Grunderwerbsteuer bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen DStR 2007, 1755; Viskorf, Die Gesamthandsgemeinschaft als grunderwerbsteuerrechtlich vorteilhaftes Instrument der Mobilisierung von Grundstücken, DStR 1994, 6.

8.91

Ein Überblick über den Gesamtbereich der Grunderwerbsteuer findet sich in Rz. 1.700 ff. Nach der Systematik des GrEStG ist der Grundstücksumsatz Besteuerungsgegenstand2. Der Erwerb und die Veräußerung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Personengesellschaften sind grds. kein grunderwerbsteuerbarer Vorgang, ebenso nicht der Wechsel im Personenstand der Gesellschafter oder eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse3. Viskorf4 nennt die Gesamthand zu Recht als ein grunderwerbsteuerrechtlich vorteilhaftes Instrument zur Mobilisierung von Grundstücken. Ausnahmsweise entsteht Grunderwerbsteuer bei Gesellschaftsanteilsübertragungen, wenn die Veräußerung oder der Erwerb von Anteilen wirtschaftlich einem Grundstücksumsatz nahe kommt.

8.92

Verfahrensrechtlich kommt der Grundstücksgesellschaft Rechtsfähigkeit zu. Die Gesamthand ist Träger der Grunderwerbsteuer5. Im Grunderwerbsteuerbescheid sind alle Gesellschafter namentlich zu bezeichnen6.

8.93

Ohne dass eine Immobilienübertragung im engeren Sinn vorliegt, kann die Änderung der Beteiligungsverhältnisse an einer Personengesellschaft in folgenden Fällen Grunderwerbsteuer auslösen:

1 2 3 4 5 6

BFH v. 2.7.2008 – IX B 46/08, BStBl. II 2008, 815 = DStR 2008, 1579 = ZfIR 2008, 798. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 11 Rz. 133. BFH v. 6.3.1990 – II R 88/87, BStBl. II 1990, 446 = BB 1990, 843. Viskorf, DStR 1994, 6. Viskorf, DStR 1994, 6 (7). Boruttau/Fischer18, Vorbem. 292 vor § 1 GrEStG.

770

Gottwald

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.95 Kap. 8

– Anwachsung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG – Erbteilsübertragung, soweit nicht die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG eingreift1 – Verschmelzung und Spaltung als Rechtsträgerwechsel gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG – Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren, wonach mindestens 95 % Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen gem. § 1 Abs. 2a GrEStG – Erwerb von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile einer Personen- oder Kapitalgesellschaft durch einen Erwerber gem. § 1 Abs. 3 GrEStG – wirtschaftliche Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3a GrEStG – Übergang der Verwertungsbefugnis gem. § 1 Abs. 2 GrEStG. Die §§ 3 und 4 GrEStG beinhalten Ausnahmen von der Besteuerung. Steuerbare Übertragungen durch Personen, die in gerader Linie verwandt sind, bleiben gem. § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei. Den genannten Personen stehen deren Ehegatten oder Lebenspartner gleich. Der Ehegatte oder Lebenspartner sowie der frühere Ehegatte kann sich auf die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 4 und 5 GrEStG berufen. Wegen weiterer Befreiungen vgl. oben Rz. 1.741 ff.

8.94

Der Grundstücksübergang von einer Bruchteilsgemeinschaft oder einer Gesamthand ist anteilig gem. § 5 GrEStG steuerbefreit, wenn sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand nicht innerhalb von fünf Jahren vermindert. Entsprechendes gilt für den Grundstücksübergang von einer Gesamthand auf Miteigentümer oder an Personengesellschafter bzw. auf eine andere Gesamthand. Bei Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum wird die Steuer gem. § 7 Abs. 1 GrEStG nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstücks, den der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten Grundstück beteiligt ist. Entsprechendes gilt für Gesamthandsachverhalte. Gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, Schenkungen unter einer Auflage unterliegen jedoch hinsichtlich des Werts der Auflagen der Besteuerung. Bei der Immobilienübertragung unter nahestehenden Personen behält sich der Übergeber häufig ein lebenslanges Nießbrauchsrecht für sich und seinen Ehegatten vor. Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 wurden Immobilien im Privatvermögen häufig unter Vereinbarung einer Versorgungsrente für den Übergeber übertragen. Da die Finanzverwaltung2 derartige Renten als einkommensteuerpflichtige Veräußerungsrenten betrachtet, wird dies nur noch bewusst als Ausweichgestaltung vereinbart3, um AfA-Volumen zu gerieren.

8.95

1 BFH v. 17.7.1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, 159. 2 IV. Rentenerlass, BStBl. I 2010, Tz. 57. 3 Vgl. Spiegelberger, DSR 2010, 1880.

Gottwald

771

Kap. 8 Rz. 8.96 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

8.96

Bei dem nachfolgend unter X vorgeschlagenen Gesellschaftsvertrag einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft stellt der vorbehaltene Nießbrauch an dem eingebrachten Grundbesitz sowie an den Kommanditanteilen eine grunderwerbsteuerbare Gegenleistung dar, die Grunderwerbsteuer auslöst, soweit nicht die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 4 und/oder Nr. 6 GrEStG eingreift.

VIII. Umsatzsteuer Literatur: OFD Hannover, Vfg v. 27.11.1997: Grundstücksübertragungen zwischen Angehörigen, DStR 1998, 606; Beer/Zugmaier, BFH lockert Kriterien für die Geschäftsveräußerung im Ganzen, MittBayNot 2008, 359; Küffner/Zugmaier, Gesellschaften und Gesellschafter im Umsatzsteuerrecht, DStR 2007, 472; Küffner/Zugmaier, Virtuelle Optionen im Umsatzsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 324; Zugmaier, Neue Anforderungen an Umsatzsteuerklauseln in Grundstückskaufverträgen, MittBayNot 2013, 427.

8.97

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmen im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff ist weiter gefasst als der einkommensteuerliche und umfasst gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG alle selbständig gewerblich oder beruflich ausgeübten Tätigkeiten.

8.98

Die Veräußerung einer Immobilie durch einen Unternehmer ist grds. ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbarer und nach § 4 Nr. 9a UStG von der Umsatzsteuer befreiter Vorgang. Ebenso ist die Veräußerung eines Gesellschaftsanteiles umsatzsteuerbar, aber gem. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG von der Umsatzsteuer befreit (s. Rz. 1.800).

8.99

Sofern eine Immobilie oder ein Anteil an einer immobilienhaltenden Gesellschaft im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen übertragen wird, ist der gesamte Vorgang gem. § 1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar, wenn der Erwerber die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers fortführt (zu Einzelheiten s. Rz. 1.841 ff.). Die Abgrenzungskriterien der Geschäftsveräußerung sind wenig klar und basieren zum Großteil auf gerichtlichen Einzelfallentscheidungen1. Wegen dieser Unsicherheit nehmen die Vertragsteile häufig bei der notariellen Beurkundung eine entsprechende Optionsklausel in den notariellen Kaufvertrag auf; zu Einzelheiten s. Rz. 1.852 ff. sowie die Musterklausel M7 (Rz. 1.856). Mit dieser bedingten („vorsorglichen“) Option unterwirft der Veräußerer freiwillig den Grundstückskauf der Umsatzbesteuerung und verhindert damit die Vorsteuerberichtigung gem. § 15a Abs. 1 UStG.

8.100

Für den Fall der Grundstücksübertragung unter Nießbrauchvorbehalt entnimmt nach Auffassung des BFH2 und der Finanzverwaltung3 der Veräußerer das Grundstück nicht aus seinem Unternehmen. Er überträgt lediglich das mit dem Nießbrauch 1 Beer/Zugmaier, BFH lockert Kriterien für die Geschäftsveräußerung im Ganzen, MittBayNot 2008, 359. 2 Vgl. BFH v. 26.4.1995 – XI R 5/94, BStBl. II 1996, 248. 3 Vgl. OFD Hannover, DStR 1998, 608.

772

Spiegelberger

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.104 Kap. 8

belastete Eigentum. Der Erwerber erlangt an der Immobilie keine Verfügungsmacht i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. Auch eine unentgeltliche Wertabgabe liegt nicht vor, weil die Verfügungsmacht bei dem veräußernden Unternehmer verblieben ist. Eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG ist nicht durchzuführen1. Bei der Einräumung eines Zuwendungsnießbrauchs tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers. Auch die Fortführung der Vermietungstätigkeit stellt ein Unternehmen i.S.d. Umsatzsteuerrechts dar, unabhängig davon, ob die Mieteinnahmen als Gewinn aus Gewerbebetrieb oder als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu charakterisieren sind2. Sofern jedoch bei der Übertragung eines Grundstücks dieses an den Veräußerer verpachtet wird und der Veräußerer das Grundstück einem Dritten unterverpachtet, soll nach Auffassung der OFD Hannover3 eine Entnahme aus dem Unternehmen vorliegen4.

8.101

8.102–8.103

Einstweilen frei.

IX. Schenkungsteuer Literatur: Bruschke, Gutachterkosten als Nachlassverbindlichkeit im Erbschaftsteuerrecht, ErbStB 2014, 133; Halaczinsky, Ist eine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Grunderwerbsteuer möglich?, ZEV 2003, 97; Halaczinsky, Grundstücksbewertung im Erbschaftsteuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 187; Leitzen, Abfindungsklauseln bei Personengesellschaften und GmbHs – Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform, RNotZ 2009, 315; Nettersheim, Verlustverrechnung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, EStB 2015, 302; Spiegelberger, Erbschaftsteuerliche Leitlinien der vorweggenommenen Erbfolge, Stbg 2005, 545; Viskorf, Neueste Rechtsentwicklungen an der Grenzlinie zwischen Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 GrEStG), FS für Spiegelberger (2009), 518.

Das am 1.1.2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreformgesetz5 hat insbesondere bei der Bewertung von Grundbesitz Veränderungen mit sich gebracht. Die Bewertung von Immobilien wurde oben in Rz. 1.1043 ff. dargelegt, die Schenkungsteuerpflicht bei unentgeltlichen und teilentgeltlichen Rechtsgeschäften über steuerliches Privatvermögen in Rz. 1.989 ff. Der Gesetzgeber hat am 4.11.2016 das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuerund Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG6 erlassen. Die Neuregelung beschränkt sich im Wesentlichen auf Betriebsvermögen durch die Änderung der §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und 28a ErbStG (s. oben Rz. 1.1011 ff.); die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf steuerliches Privatvermögen.

1 2 3 4 5 6

Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 2 Rz. 315. BFH v. 14.5.1970 – V R 117/66, BStBl. 1970 II 676. OFD Hannover, DStR 1998, 607. Kritisch hierzu Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 2 Rz. 317. BStBl. I 2009, 140. BStBl. I 2016, 1202.

Spiegelberger

773

8.104

Kap. 8 Rz. 8.105 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

1. Steuerpflicht

8.105

Die unentgeltliche Übertragung eines Personengesellschaftsanteils unterliegt der Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG gilt der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, die nicht unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG fällt, also nicht wie Betriebsvermögen zu bewerten ist, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter; die dabei übergehenden Schulden und Lasten der Gesellschaft sind bei der Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers wie eine Gegenleistung zu behandeln.

8.106

Bringen Miteigentümer mehrerer Grundstücke ihre Miteigentumsanteile in eine Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften ein, sind keine Anschaffungsvorgänge gegeben, soweit die den Gesellschaftern nach der Übertragung ihrer Miteigentumsanteile nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile an den Grundstücke ihre bisherigen Miteigentumsanteile nicht übersteigen. Anschaffungsvorgänge liegen nur insoweit vor, als sich die Anteile der Gesellschafter an den jeweiligen Grundstücken gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöht haben1. Nach der Rechtsprechung des BFH2 führt selbst die Zurückbehaltung des wirtschaftlichen Eigentums zum Übergang des Bucheigentums; dies reicht zur Schenkungsbesteuerung. Gegen enumerative Rücktrittsvorbehalte, die die Sicherung des Familienvermögens im Auge haben, bestehen weder einkommensteuerliche noch schenkungsteuerliche Bedenken3. 2. Steuerklasse der Beschenkten

8.107

Im BFH-Urteil vom 14.9.19944 bezeichnet der BFH die Gesamthänder als vermögensmäßig bereichert, wenn einer Gesamthandsgemeinschaft durch Erbanfall oder Schenkung Vermögen zufällt, unabhängig von der Frage, ob zivilrechtlich ggf. die Gesamthand Erbin oder Beschenkte ist. Erwerber und damit Steuerschuldner i.S.v. § 20 ErbStG sind in einem solchen Fall die Gesamthänder, so dass für die Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem maßgebend ist. Die entgegenstehende Rechtsprechung5 wurde ausdrücklich aufgegeben.

1 BFH v. 18.10.2011 – IX R 15/11, BStBl. II 2012, 205 = FR 2012, 164 m. Anm. Bode = DB 2011, 2752 = MittBayNot 2012, 329; v. 2.4.2008 – IX R 18/06, BStBl. II 2008, 679 = FR 2008, 1167 = NJW 2008, 3662; v. 6.10.2004 – IX R 68/01, BStBl. II 2005, 324 = FR 2005, 194 = DB 2004, 2728 = NJW 2005, 1215; BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz 8. Vgl. dazu auch Gottwald, MittBayNot 2001, 8 (14 f.); Reich, ZNotP 2000, 479 (483 f.). 2 BFH v. 22.9.1982 – II R 61/80, BStBl. II 1983, 179; v. 13.9.1989 – II R 67/86, BStBl. II 1989, 1034 = NJW 1990, 1750 = DB 1990, 90 = MittRhNotK 1990, 89; v. 28.6.2007 – II R 21/05, BStBl. II 2007, 669 (672) = ZEV 2007, 440. 3 Meyding, ZEV 1995, 397; Jütte, ZEV 1995, 403; Spiegelberger, DStR 1995, 1702. 4 BFH v. 14.9.1994 – II R 95/92, BStBl. II 1995, 81 = DB 1995, = ZEV 1995, 74 = DNotZ 1995, 300. 5 BFH v. 7.12.1988 – II R 150/85, BStBl. II 1989, 237 = NJW 1989, 2495 = MittRhNotK 1989, 201.

774

Spiegelberger

C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft

Rz. 8.109 Kap. 8

X. Beurkundung des Gesellschaftsvertrags 1. Beispiel Die Ehegatten E wollen ihre beiden Kinder S und T im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an ihrem Grundbesitz beteiligen und eine vermögensverwaltende KG errichten.

8.108

Ertragssteuerlich vorteilhaft stellt sich insbesondere die (Mit-)Beteiligung Minderjähriger an einer vermögensverwaltenden Familien-KG dar, und zwar wegen der Möglichkeit, – Einkünfte der Gesellschaft auf mehrere Personen zu verteilen, um damit den Grundfreibetrag mehrfach in Anspruch nehmen zu können sowie einen Progressionsvorteil zu erreichen, der die ertragsteuerliche Belastung des von der Familie zu versteuernden Gesamteinkommens abschwächt. Damit soll eine Art „Familiensplitting“ erreicht werden1; – das von der KG verwaltete Vermögen trotz der „unternehmerischen“ Gestalt der Gesellschaft steuerlich als Privatvermögen weiterzuführen; – Schenkungsfreibeträge (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) durch die frühzeitige Beteiligung minderjähriger Kinder wiederholt auszunutzen2. – Mit einer schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht die Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, wird noch kein Vermögensgegenstand zugewendet; bereichert ist der Zuwendungsempfänger erst, wenn ihm aus der Unterbeteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse zufließen3. 2. Urkundengestaltung Die vorgeschlagene Urkundengestaltung entspricht im Wesentlichen dem Formulierungsvorschlag von Spiegelberger, Unternehmensnachfolge2, § 12 Rz. 68.

M70 Vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft

8.109

URNr. KG-Vertrag Beurkundet am … Auf Ansuchen beurkunde ich nach Grundbucheinsicht und bei gleichzeitiger Anwesenheit der Erschienenen ihren vor mir abgegebenen Erklärungen gemäß was folgt:

1 Siehe Autenrieth, DStZ 1992, 86; Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383; Limmer, ZFE 2004, 40; Königer/Ziegler, FR 2011, 937. 2 Hohaus/Eickmann, BB 2004, 1707. 3 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, BStBl. II 2008, 631; v. 18.9.2013 – II R 63/11, DNotI-Homepage 3.–7.3.2013.

Spiegelberger

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Kap. 8 Rz. 8.109 Vermögensverwaltende Personengesellschaften I. Sachstand Die Ehegatten E sind Eigentümer des in der Anlage I aufgeführten Grundbesitzes in dem dort angegebenen Beteiligungsverhältnis. II. Einbringung; Überlassung Die Ehegatten E – im Folgenden kurz „Übergeber“ – bringen hiermit den in Abschnitt I dieser Urkunde bezeichneten Grundbesitz samt allen Rechten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör in eine Kommanditgesellschaft ein, die nach Maßgabe des dieser Urkunde als Anlage II beigefügten Gesellschaftsvertrages errichtet wird, der vom Notar mit verlesen wurde und einen wesentlichen Bestandteil dieser Urkunde bildet. III. Auflassung Die Vertragsteile sind sich darüber einig, dass das Eigentum an dem in Anlage I aufgeführten Grundbesitz auf die Kommanditgesellschaft als Alleineigentümerin übergeht und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. IV. Nießbrauchsrechte 1. Jeder Ehegatte behält sich an dem von ihm eingebrachten Grundbesitz den lebenslangen Nießbrauch vor, für den die gesetzlichen Bestimmungen gelten; (alternativ für vermietete Immobilien): jedoch mit der Abweichung1, dass der Nießbraucher auch die außerordentlichen Lasten und die dem Eigentümer obliegenden Aufwendungen, insbesondere auch die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen, zu tragen hat. 2. Die Eintragung dieser Nießbrauchsrechte an dem von dem jeweiligen Nießbraucher eingebrachten Grundbesitz wird bewilligt und beantragt. Aufschiebend bedingt zum Zeitpunkt des eigenen Ablebens räumt jeder Ehegatte an dem von ihm eingebrachten Grundbesitz dem überlebenden Ehegatten auf dessen Lebensdauer ein inhaltsgleiches Nießbrauchsrecht ein und bewilligt die Eintragung im Grundbuch2. Für diese aufschiebend bedingte Nießbrauchsrechte wird derzeit kein Eintragungsantrag gestellt. 3. Ferner behalten sich die Übergeber auf Lebensdauer des Längstlebenden als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB das Nießbrauchsrecht an den ihren Kindern eingeräumten Kommanditanteilen vor. Für diese Nießbrauchsrechte gelten die Vorschriften 1 Bei selbstbewohnten Immobilien erfolgt keine einkommensteuerliche Erfassung, während bei vermieteten Immobilien zur Vermeidung des Werbungskostenleerlaufs alle Aufwendungen dem Nießbraucher auferlegt werden sollten, vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge § 4 Rz. 96. 2 Die Nießbraucheinräumung zugunsten des überlebenden Ehegatten sollte nur aufschiebend bedingt erfolgen, da dieses Nießbrauchsrecht einen Zuwendungsnießbrauch darstellt mit der Rechtsfolge des AfA-Verlustes. Sofern dieser Zuwendungsnießbrauch vermieden wird und es bei dem Nießbrauch am Gesellschaftsanteil des Erstversterbenden verbleibt, wird eine AfA-Kürzung vermieden, da nach dem Tod des Erstversterbenden die KG Einkünfte bezieht und deswegen das vom erstversterbenden Elternteil hinterlassene AfA-Volumen wahrnehmen kann.

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der §§ 1068 ff. BGB (alternativ: mit der Einschränkung, dass alle Stimmrechte in der Gesellschaft von den Nießbrauchern allein ausgeübt werden). V. Besitz, Nutzungen, Lasten Der mittelbare Besitz, die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung gehen sofort auf die KG über, der unmittelbare Besitz, die Nutzungen und die übrigen Lasten mit Beendigung der vorbestellten Nießbrauchsrechte. VI. Gewährleistung In Abt. II eingetragene Rechte werden zur weiteren Duldung übernommen. Im Übrigen wird jede Sach- und Rechtsmängelhaftung ausgeschlossen. VII. Aufschiebend bedingte Schuldübernahme Hinsichtlich der Belastungen in Abt. III des Grundbuches wird auf die dieser Urkunde beigefügte Anlage II Bezug genommen. Die Kommanditgesellschaft übernimmt diese Belastungen samt den dinglichen Unterwerfungsklauseln in dinglicher Haftung. Sie übernimmt auch die diesen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten und die sonstigen Verpflichtungen aus den Darlehensverhältnissen aufschiebend bedingt zum Zeitpunkt des Erlöschens der in Abschn. IV. bestellten Nießbrauchsrechte mit dem zu diesem Zeitpunkt gegebenen Stand der Verbindlichkeiten im Wege der befreienden Schuldübernahme. Die Übergeber sind zur weiteren Valutierung des von ihnen eingebrachten Grundbesitzes befugt (alternativ: nicht mehr befugt). Die Kommanditgesellschaft übernimmt zum Zwecke der künftigen Neuvalutierung für den Eingang des jeweiligen nominellen Grundpfandrechtsbetrages samt Zinsen ab Eintragung im Grundbuch die persönliche Haftung gem. § 780 BGB. Wegen dieser Schuldverpflichtung in Haupt- und Nebensache unterwirft sich die Kommanditgesellschaft der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Vollstreckungsklauseln können ohne Nachweis der die Vollstreckbarkeit begründenden Umstände jederzeit erteilt werden. Jeder Übergeber tritt an die Kommanditgesellschaft zum Zeitpunkt des Erlöschens aller Nießbrauchsrechte gem. Abschn. IV. die ihm hinsichtlich des jeweils übernommenen Grundpfandrechtes zustehenden Ansprüche auf Löschung, Rückübertragung oder Verzicht sowie sämtliche Eigentümerrechte ab und bewilligt die entsprechende Umschreibung im Grundbuch. VIII. Zugewinnausgleich Soweit ein Ehegatte durch die Grundbesitzeinbringung überquotal erwirbt, erfolgt dies in Anrechnung auf künftige Zugewinnausgleichsansprüche. IX. Pflichtteilsanrechnung und Erbausgleichung1 Die Überlassung von Kommanditanteilen an die Kinder der Übergeber erfolgt unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf die Pflicht1 Die Erbausgleichung gem. § 2050 BGB im Falle der gesetzlichen Erbfolge enthält ein erhebliches Streitpotential, insbesondere bei unterschiedlicher Ausbildung der Kinder, so

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Kap. 8 Rz. 8.109 Vermögensverwaltende Personengesellschaften teilsansprüche des jeweils erwerbenden Gesellschafters am künftigen Nachlass der Übergeber. Sofern der Gesellschaftsanteil zum Zeitpunkt des Erbfalls einen geringeren Wert darstellt, ist dieser Wert für die Pflichtteilsanrechnung maßgebend. Eine Erbausgleichung gem. § 2050 BGB wird ausgeschlossen. Im Falle der Ausübung des Rücktrittes gem. Abschn. X. entfällt die Pflichtteilsanrechnung. X. Rücktritt 1. Die Übergeber sind berechtigt, von dem schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten und die unentgeltliche Rückübertragung der ihren Kindern – nachfolgend „Erwerber“ genannt – eingeräumten Gesellschaftsanteile zu verlangen, wenn – der Erwerber den Vertragsgegenstand ohne schriftliche Zustimmung des Übergebers veräußert, belastet oder eine Unterbeteiligung bestellt, – der Erwerber vor dem Übergeber verstirbt, ohne dass das Eigentum an dem Vertragsgegenstand ausschließlich auf leibliche Abkömmlinge des Erwerbers übergeht, – eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Erwerbers eintritt oder die Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand betrieben wird, ohne dass der Erwerber die Maßnahme innerhalb von drei Monaten abwendet, – im Falle des Getrenntlebens oder der Ehescheidung von dem Erwerber aus dem Gesellschaftsanteil Zugewinnausgleich- oder Unterhaltszahlungen verlangt werden, – der Erwerber einen Ehevertrag mit dem in § 10 Abs. 2 bezeichneten Inhalt auf Verlangen innerhalb angemessener Frist nicht beibringt oder einen derartigen Ehevertrag ohne Zustimmung der übrigen Vertragsteile aufhebt, – der Erwerber sich einer in einem Sektenbericht des Bundes, eines Bundeslandes oder einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft aufgeführten Sekte oder einer im „Verzeichnis extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ des Bayerischen Staatsministeriums des Innern in der jeweils gültigen Fassung aufgeführten Vereinigung anschließt, – der Erwerber der Spiel-, Drogen- oder Alkoholsucht verfällt oder – aufgrund dieser Urkunde Schenkungsteuer anfällt, wobei der Rücktritt auch teilweise ausgeübt werden kann, um den steuerfrei übergegangenen Anteil dem Erwerber zu belassen. 2. Jeder Erwerber überträgt hiermit dinglich seinen heute erworbenen Gesellschaftsanteil unter der Bedingung der berechtigten schriftlichen Ausübung des Rücktrittsrechtes auf die Übergeber als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB zum Zeitpunkt der Eintragung der Übergeber als Sonderrechtsnachfolger im Handelsregister zurück. 3. Gezogene Nutzungen und erbrachte Aufwendungen sind nicht zu ersetzen. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Rücktrittsbestimmungen der §§ 346 ff. BGB. Die durch die Rückübertragung entstehenden Kosten hat der den Rücktritt verursachende Erwerber zu tragen.

dass in der Praxis den Eltern zu empfehlen ist, eine gewollte Erbausgleichung selbst testamentarisch mit konkreten Regelungen zu treffen.

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4. Das Rücktrittsrecht ist nicht übertragbar und vererblich, so dass es mit dem Ableben des Längstlebenden der Übergeber erlischt. XI. Einkommensteuerliche Erklärungen Die Kommanditgesellschaft ist ausschließlich vermögensverwaltend tätig. Aufgrund der vorstehend für die Übergeber bestellten Nießbrauchsrechte am eingebrachten Grundbesitz hat die Gesellschaft auf Lebensdauer der Nießbraucher keine eigenen Einkünfte. Es wird daher beantragt, unverändert Gewinne ausschließlich bei den Nießbrauchern festzustellen, keine gesonderte Gewinnfeststellung gem. § 180 AO durchzuführen und der Gesellschaft eine Einkommensteuernummer erst zuzuteilen, wenn die bestellten Nießbrauchsrechte erloschen sind. XII. Datensperre Die Beteiligten beauftragen den Notar, eine Abschrift dieser Urkunde der Industrie- und Handelskammer zum Nachweis dafür zu übersenden, dass aufgrund der reinen privaten Vermögensverwaltung keine Mitgliedschaft bei der IHK besteht, so dass auch keine Beitragsbescheide ergehen dürfen. Die Beteiligten widersprechen der Übermittlung der Daten nach § 9 Abs. 4 Satz 2 IHKG an nicht-öffentliche Stellen. Die Beteiligten widersprechen der Speicherung der oben aufgeführten Unternehmensgrunddaten in der zentralen Firmendatenbank der Industrie- und Handelskammer und damit auch der Veröffentlichung dieser Daten im Internet. XIII. Hinweis Die Beteiligten wurden vor betrügerischen Kostenrechnungen für unbestellte Eintragungen in private Verzeichnisse und Register gewarnt. XIV. Schlussbestimmungen Die Kosten dieser Urkunde und des Vollzuges trägt die Kommanditgesellschaft. Eine etwa entstehende Erbschaftsteuer hat der jeweilige Erwerber zu tragen. Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen die Beteiligten, beglaubigte Abschriften die zuständigen Grundbuchämter, einfache Abschriften das Zentralfinanzamt – Schenkungsteuerstelle; das Belegenheitsfinanzamt – Grunderwerbsteuerstelle; das Finanzamt am Sitz der Gesellschaft – Einkommensteuerstelle –; die Industrie- und Handelskammer. Samt Anlagen I und II vorgelesen vom Notar …

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Kap. 8 Rz. 8.109 Vermögensverwaltende Personengesellschaften Anlage I Grundbesitz Flst. Nr. … der Gemarkung … vorgetragen im Grundbuch des AG … Anlage II Gesellschaftsvertrag § 1 Firma, Sitz Die Firma der Gesellschaft lautet: E Immo KG Sitz der Gesellschaft ist Adorf. § 2 Zweck der Gesellschaft Zweck der Gesellschaft ist die Verwaltung von eigenem Grundbesitz. § 3 Dauer der Gesellschaft Die Dauer der Gesellschaft ist unbestimmt. Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft mit einer Frist von einem halben Jahr zum darauf folgenden Jahresende kündigen, frühestens zum 31.12.2046. § 4 Gesellschafter 1. Persönlich haftende Gesellschafter (Komplementäre) sind die Ehegatten E mit einem Gesellschaftsanteil i.H.v. je ein Viertel. 2. Kommanditisten sind deren Kinder S und T mit einer Kommanditeinlage i.H.v. je 1.000 a, die einer Beteiligung von je ein Viertel entspricht. 3. Die Einlagen sind durch die Einbringung des Grundbesitzes der Ehegatten E in die Gesellschaft erbracht. 4. Die Gesellschaftsanteile sind unveränderlich, so dass sich der Anteil eines jeden Gesellschafters insbesondere nicht durch Gewinne oder Verluste, Einlagen oder Entnahmen verändert. § 5 Vertretung und Geschäftsführung 1. Die Gesellschaft wird kraft Gesetzes von den Komplementären, den Ehegatten E, vertreten. Jeder Komplementär ist befugt, Rechtsgeschäfte mit sich selbst im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vorzunehmen. Jeder Komplementär vertritt die Gesellschaft einzeln. 2. Bei der Auflösung der Gesellschaft sind die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Komplementäre als Liquidatoren berufen, mehrere als Gesamtvertretungsberechtigte. 3. Jeder Komplementär wird unwiderruflich bevollmächtigt, Anmeldungen zum Handelsregister jeder Art auch für die Kommanditisten vorzunehmen und in diesem Zusammenhang sämtliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, befreit von 780

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den Beschränkungen des § 181 BGB. Die Vollmacht erlischt nicht durch das Ableben des jeweiligen Vollmachtgebers. § 6 Gewinn- und Verlustverteilung 1. Es werden nur die zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten erforderlichen Konten geführt. 2. Die Gewinn- und Verlustverteilung erfolgt im Verhältnis der Beteiligungsquoten. § 7 Gesellschafterbeschlüsse Die Gesellschafter entscheiden über die ihnen nach dem Gesetz oder diesem Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Angelegenheiten durch einstimmigen Beschluss. § 8 Überschussrechnung Die Ermittlung der Einkünfte der Gesellschaft erfolgt durch Einnahme-/Werbungskosten-/Überschussrechnung. § 9 Ausscheiden eines Gesellschafters 1. Bei Kündigung der Gesellschaft sowie bei Ausschließung oder Insolvenz eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern – nach Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters – von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. 2. Besteht die Gesellschaft nur aus zwei Gesellschaftern und scheidet einer von ihnen aus oder scheiden gleichzeitig mehrere Gesellschafter aus, so dass nur ein Gesellschafter übrig bleibt, so steht dem verbleibenden Gesellschafter ein Übernahmerecht zu, das gegenüber den Ausscheidenden durch rechtsgestaltende Willenserklärung auszuüben ist. Macht der verbleibende Gesellschafter von seinem Übernahmerecht Gebrauch, so wächst das Gesellschaftsvermögen dem Übernehmenden ohne Einzelübertragung an; die Ausscheidenden sind gem. § 11 abzufinden. § 10 Ausschließung 1. Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet oder wird die Zwangsvollstreckung in sein Auseinandersetzungsguthaben oder ein sonstiges Gesellschafterrecht betrieben, so können die übrigen Gesellschafter seinen Ausschluss aus der Gesellschaft beschließen. Der Ausschluss wird mit der Bekanntgabe des Beschlusses, im Falle der Einzelzwangsvollstreckung jedoch erst drei Monate nach Bekanntgabe des Beschlusses wirksam, es sei denn, dass der betroffene Gesellschafter bis dahin die eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen abgewendet hat. 2. Sofern ein Gesellschafter mit seinem (künftigen) Ehegatten nicht Gütertrennung nach Maßgabe der Bestimmungen des BGB oder modifizierte Zugewinngemeinschaft mit dem Inhalt vereinbart, dass der Gesellschaftsanteil aus einem Zugewinnausgleich im Fall des Güterstandswechsels, insbesondere der Scheidung der Ehe und aufgrund eines gesonderten Pflichtteilsverzichtes aus dem Pflichtteilsrecht des überlebenden Ehegatten ausgenommen wird, kann die Gesellschaft ebenfalls nach vorheriger fruchtloser Fristsetzung mit einer Frist von einem Monat zur Nachholung dieser Vereinbarungen die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters verlangen. Spiegelberger

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Kap. 8 Rz. 8.109 Vermögensverwaltende Personengesellschaften 3. Im Übrigen kann ein Gesellschafter ausgeschlossen werden, wenn hierzu ein wichtiger Grund vorliegt, d.h. wenn der Gesellschafter durch sein Verhalten die Gesellschaftsinteressen schädigt oder wenn aufgrund seines Verhaltens den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann. § 11 Abfindung 1. Wenn ein Gesellschafter die Gesellschaft kündigt erhält er eine Abfindung. 2. Der Abfindungsbetrag wird von dem für die Gesellschaft tätigen Steuerberater als Schiedsgutachter gem. § 317 Abs. 1 BGB auf den Tag des Ausscheidens ermittelt. Zur Erhaltung des Vermögens der Gesellschaft als Familiengut wird für die Bemessung der Abfindung nur 60 % des Verkehrswertes zugrunde gelegt. Im Streitfall entscheidet ein von dem Steuerberater der Gesellschaft zu benennender vereidigter Sachverständiger für das Grundstückswesen als Schiedsgutachter gem. § 317 Abs. 1 BGB verbindlich. Gebildete Rücklagen bleiben unberücksichtigt. Aus dem so ermittelten Gesellschaftsvermögen erhält der ausscheidende Gesellschafter eine seinem Gesellschaftsanteil entsprechende Abfindung. Im Falle der Ausschließung gem. § 10 dieses Vertrages werden für die Berechnung der Abfindung nur 50 % des Verkehrswertes der Gesellschaft zugrunde gelegt. 3. Das Abfindungsguthaben ist in drei gleichen, unmittelbar aufeinander folgenden Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist ein Jahr nach dem Ausscheidungsstichtag zur Zahlung fällig und ab dem Ausscheidungsstichtag mit 2 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB zu verzinsen. Zinsen sind jeweils mit den Jahresraten zu entrichten. Sicherheitsleistung kann nicht gefordert werden. 4. Die Gesellschaft ist auch berechtigt, dem ausscheidenden Gesellschafter in Anrechnung auf die Barabfindung eine Immobilie aus dem Gesellschaftsvermögen zu Eigentum zu übertragen. § 12 Verfügung über Gesellschaftsanteile 1. Jeder Gesellschafter kann seinen Gesellschaftsanteil ganz oder teilweise auf leibliche Abkömmlinge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. 2. Alle übrigen Verfügungen über einen Gesellschaftsanteil bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Komplementärs. § 13 Ableben eines Gesellschafters 1. Bei Ableben eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit dessen Erben oder den Vermächtnisnehmern fortgesetzt, sofern es sich hierbei um Mitgesellschafter oder Abkömmlinge der Gründungsgesellschafter Eheleute E handelt oder innerhalb eines Jahres nach dem Versterben des Gesellschafters der Gesellschaftsanteil auf pflichtteilsberechtigte Personen übertragen wird. Andernfalls scheidet der verstorbene Gesellschafter aus und wird die Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. 2. Für den Fall des Ablebens eines Gesellschafters kann dessen Ehegatten ein Nießbrauchsrecht für die Zeit nach dem Ableben des Ehegatten bestellt werden.

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Rz. 8.109 Kap. 8

3. Bei Ableben des letzten verbliebenen Komplementärs wird die Gesellschaft – wenn nicht die Gesellschafter die Auflösung mit Stimmenmehrheit beschließen – nicht aufgelöst, sondern von den Kommanditisten als Gesellschafter bürgerlichen Rechts fortgesetzt mit der Maßgabe, dass die Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft dann gemeinschaftlich führen und die Gesellschaft gemeinschaftlich vertreten. 4. Sind minderjährige Kommanditisten vorhanden, so bleibt die Gesellschaft Kommanditgesellschaft; die Stellung der volljährigen Kommanditisten wandelt sich in diejenige von persönlich haftenden Gesellschaftern mit gemeinschaftlicher Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis um. 5. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung über einen Gesellschaftsanteil ist zulässig. § 14 Liquidation Im Falle der Auflösung der Gesellschaft sind die Liquidatoren berechtigt, den Grundbesitz der Gesellschaft im Wege der Realteilung nach ihrer Entscheidung den einzelnen Gesellschaftern zuzuweisen und Wertdifferenzen aus dem Gesellschaftsvermögen in bar auszugleichen. § 15 Schlussbestimmungen 1. Soweit in diesem Gesellschaftsvertrag keine besondere Regelung getroffen ist, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. 2. Die etwaige Nichtigkeit einzelner Bestimmungen berührt die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages im Übrigen nicht. Die Beteiligten sind verpflichtet, an Stelle der unwirksamen Bestimmungen eine dem Vertragsgedanken entsprechende Neuregelung zu treffen. § 16 Realteilung Zur Behebung von Gesellschafterstreitigkeiten sind die Komplementäre auch berechtigt, einzelne Kommanditisten aus der Gesellschaft auszuschließen und ihnen entsprechend dem Wert ihres Gesellschaftsanteils Immobilien der Gesellschaft als Alleineigentümer unter Anrechnung auf ihre Gesellschaftsbeteiligung zu übertragen oder eine Barabfindung zu gewähren. § 17 Mediation Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dieser Urkunde ist jeder Gesellschafter erst zur Klageerhebung berechtigt, wenn zuvor ein Konfliktvermittlungsverfahren (Mediation) durchgeführt wurde. Der Streitschlichter wird vom Präsidenten des zuständigen LG, ersatzweise vom Vorsitzenden Richter des Süddeutschen Erbschiedsgerichts mit dem Sitz in München, bestimmt, wenn sich die Beteiligten nicht auf eine Person einvernehmlich einigen. Der Streitschlichter bestimmt auch das Verfahren und die Gebühren der Mediation. Jeder Gesellschafter ist berechtigt, das Konfliktvermittlungsverfahren nicht mehr weiter zu betreiben, wenn der von ihm geltend gemachte Anspruch in den nächsten drei Monaten zu verjähren droht und die übrigen Beteiligten nicht bereit sind, für die Dauer eines Jahres auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

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Kap. 8 Rz. 8.110 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

3. Beteiligung von Minderjährigen

8.110

Literatur: Bolkart, Gerichtliche Genehmigung von Verträgen, MittBayNot 2011, 176; Hohaus/Eickmann, Die Beteiligung Minderjähriger an vermögensverwaltenden Familien-Kommanditgesellschaften – Anforderungen an die steuerliche Anerkennung, BB 2004, 1707; Ivo, Die Übertragung von Kommanditanteilen an minderjährige Kinder, ZEV 2005, 193; Ivo, Der minderjährige Gesellschafter, ZNotP 2007, 210; Janig/Schiemzik, Minderjährige Kinder, NWB 2016, 1897; Kölmel, Die Vertretung des minderjährigen Kindes bei der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses, MittBayNot 2011, 190; Maier-Reimer/Marx, Die Vertretung Minderjähriger beim Erwerb von Gesellschaftsbeteiligungen, NJW 2005, 325; Menzel/Wolf, Der minderjährige Kommanditist – bei Gründung, unentgeltlicher Anteilsübertragung und Erwerb von Todes wegen, MittBayNot 2010, 186; Lohr, Schenkung von Geschäftsanteilen an Minderjährige, GmbH-StB 2016, 213; Rust, Die Beteiligung von Minderjährigen im Gesellschaftsrecht, DStR 2005, 1942 ff. und 1992 ff.

In der Regel wollen Eltern ihre Kinder gleichmäßig beteiligen, so dass häufig neben den volljährigen Geschwistern auch Minderjährige in die Gesellschaft aufgenommen werden. Erfolgt die Beteiligung Minderjähriger unmittelbar bei der Gründung der Kommanditgesellschaft, nimmt die h.M. eine Genehmigungspflicht des Rechtsgeschäfts gem. § 1822 Nr. 3 BGB an. Danach ist zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäftes eingegangen wird, die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Dass bei vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaften keine betrieblichen, sondern nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, bleibt regelmäßig unberücksichtigt. Auch eine „Grundstücksgemeinschaft-GbR“ kann ein Erwerbsgeschäft darstellen1. Das familiengerichtliche Verfahren ist außerordentlich zeitaufwendig und kostenintensiv, insbesondere, wenn Ergänzungs- und Verfahrenspfleger bestellt werden. Häufig mangelt es auch an dem notwendigen wirtschaftlichen Verständnis. Die Praxis behilft sich in der Weise, dass die Gründung der vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft durch die Eltern erfolgt und der zuerst als Kommanditist fungierende Elternteil den minderjährigen Kindern durch Spaltung einen Teil seines Kommanditanteils einräumt. Anschließend wechselt dieser Elternteil in die Komplementärstellung, so dass der bisherige Komplementär als Kommanditist im Handelsregister eingetragen werden kann. Nochmals kann ein volleingebrachter Kommanditanteil auf die Minderjährigen übertragen werden. 4. Familiengerichtliche Genehmigung

8.111

Literatur: Bulkarg, Gerichtliche Genehmigung von Verträgen, MittBayNot 2011, 176; Führ/ Nikoleyczik, Vertretungs- und Genehmigungspflicht bei schenkweiser Übertragung von Kommanditanteilen auf Minderjährige, BB 2009, 2105; Kölmel, Die Vertretung des minderjährigen Kindes bei der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses, MittBayNot 2011, 190; Kölmel, Neues zur Bekanntgabe des familiengerichtlichen Genehmigungsbeschlusses, MittBayNot 2012, 108; Weinbrenner, Ergänzungspflegschaft und vormundschafts-/familiengerichtliche Genehmigung bei der Schenkung von KG-Gesellschaftsanteilen an Minderjährige, FPR 2009, 265. 1 OLG Hamm v. 11.4.2000 – 2 UF 53/00, FamRZ 2001, 53; Palandt/Götz76, § 1822 BGB Rz. 5.

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Rz. 8.112 Kap. 8

Das OLG Köln1 ist den grundsätzlichen Problemen der familiengerichtlichen Genehmigung nachgegangen und hat folgende Fragen untersucht: (1) Kann die Entscheidung über die Erteilung oder Nichterteilung der familiengerichtlichen Genehmigung unmittelbar an das minderjährige Kind bekanntgegeben werden? (2) Sind die Eltern von der Vertretung des minderjährigen Kindes bei der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses stets ausgeschlossen? (3) Wer vertritt das minderjährige Kind bei Ausschluss der Eltern? Der beurkundende Notar muss berücksichtigen, dass das von ihm beurkundete Rechtsgeschäft erst mit der Rechtskraft der familiengerichtlichen Genehmigung wirksam wird, was zumindest grundsätzlich die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses auch an den Minderjährigen voraussetzt. Hinsichtlich der Rechtskraft des Beschlusses darf er sich auf das Rechtskraftzeugnis verlassen2. Dabei kann der Notar es dem zuständigen Gericht überlassen, ob dieses einen Verfahrensbeistand oder einen Ergänzungspfleger bestellt. Die aufgeworfenen Probleme zeigen, dass die familiengerichtliche Genehmigung außerordentliche Probleme mit sich bringt, so dass der Praktiker diese Hürden scheut. Nach h.M. stellt die Übertragung eines voll erbrachten Kommanditgesellschaftsanteils einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft einen lediglich rechtlichen Vorteil dar, so dass eine familiengerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist3. Anders als bei dem Eintritt mehrerer Kinder in eine Kommanditgesellschaft durch Aufnahmevertrag kann bei der Übertragung von Kommanditanteilen eines Elternteils im Wege der Sonderrechtsnachfolge ein Ergänzungspfleger mehrere minderjährige Kinder vertreten4. Einen Formulierungsvorschlag in Kurzfassung für die Übertragung eines volleingezahlten Kommanditanteils an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft findet sich bei Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 12 Rz. 98.

1 OLG Köln v. 4.7.2011 – 21 UF 105/11, ZEV 2011, 595 = MittBayNot 2012, 131 = DNotZ 2012, 219. 2 Brambring, NotBZ 2009, 394; Kölmel, NotBZ 2010, 2 (16). 3 LG Münster v. 18.7.1996 – 5 T 383/96, FamRZ 1997, 842; OLG Bremen v. 16.6.2008 – 2 W 38/08, GmbHR 2008, 1263 = ZEV 2008, 608; Thür. OLG v. 22.3.2013 – 2 WF 26/13, ZEV 2013, 521 = MittBayNot 2013, 387; Staudinger/Knothe, Neubearb. 2011, § 107 BGB Rz. 29; Führ/Nikoleyczik, BB 2009, 2105; Menzel/Wolf, MittBayNot 2010, 186; Gerono, MittBayNot 2013, 387, 390; a.A. OLG Frankfurt v. 27.5.2008 – 20 W 123/08, GmbHR 2008, 1262 = ZEV 2008, 607 = DNotZ 2009, 142. 4 OLG München v. 17.6.2010 – 31 Wx 070/10, MDR 2011, 49 = ZEV 2010, 646 = MittBayNot 2010, 400.

Spiegelberger

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8.112

Kap. 8 Rz. 8.113 Vermögensverwaltende Personengesellschaften

5. Zusammenfassende Gestaltungshinweise Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 12 Rz. 75.

8.113

Der besondere Reiz der vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft mit Kindern besteht darin, dass diese Regelung das Berliner Testament weitgehend ersetzen kann und den Familienfrieden in besonderer Weise fördert. Für den Gesellschaftsvertrag einer vermögensverwaltenden KG empfehlen sich zusammengefasst folgende Regelungen: Vermögensverwaltende KG – grundsätzlich Normalstatut – Gesellschaftsbeginn mit Handelsregistereintragung – regelmäßig keine Bilanzierung erforderlich – reduzierte Abfindung – Dauertestamentsvollstreckung zulässig – keine Mitgliedschaft bei IHK – Ergänzungspfleger für jeden Minderjährigen – Einkommensteuer – kein Betriebsvermögen – keine Gewinnfeststellung gem. § 180 AO bei Nießbrauch am Grundbesitz – Entgeltlichkeit bei Schuldübernahme – begrenzter Verlustausgleich gem. § 15a EStG – Gewerbesteuer – keine, weil Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Schenkungsteuer – Bemessungsgrundlage: Grundbesitz

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C. Vermögensverwaltende Familienkommanditgesellschaft



Rz. 8.114 Kap. 8

6. Vorteile der vermögensverwaltenden Familien-KG Vgl. Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 12 Rz. 117. uneingeschränkte Geschäftsführung unentziehbare Vertretungsmacht Stimmrecht bei Nießbrauchsvorbehalt

8.114

für die Eltern

Umschichtungs- und Realteilungsrecht partieller Ersatz testamentarischer Regelung Haftungsbeschränkung für Kommanditisten Beteiligung Minderjähriger Vermeidbarkeit der familiengerichtlichen Genehmigung 30-jähriger Kündigungsausschluss möglich Ausschluss des Erbrechts von Schwiegerkindern Anwachsung innerhalb der Familie bei Erbfall Reduzierte Abfindung Einsparung von Grundbuchgebühren Grunderwerbsteuerfreiheit bei Anteilsübertragung

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Kapitel 9 Gewerblich geprägte Immobilien A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die gewerblich geprägte GmbH & Co. KG 1. Gewerbliche Prägung . . . . . . . . . . 2. Einbringung des Grundbesitzes a) Bisherige Notariatspraxis . . . . b) Erreichung eines „Step-Up“ mittels Stufenplan . . . . . . . . . . c) Konten der GmbH & Co. KG. 3. Einheits-GmbH & Co. KG . . . . . . a) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorzüge der EinheitsGesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . 5. Einkommensteuerliche Besonderheiten der ImmobilienGmbH & Co. KG a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerblich geprägte GmbH & Co. KG mit Betriebsvermögen c) Buchung von eingebrachten Grundstücken . . . . . . . . . . . . . . d) Anwachsung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . 7. Grunderwerb- und umsatzsteuerliche Besonderheiten einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG . . . B. Übertragung eines KG-Anteils an einer grundstückbesitzenden GmbH & Co. KG. . . . . . . . . . . . . . I. Grundzüge der Vertragsgestaltung 1. Leibrentenvereinbarung . . . . . . . . 2. Einkommensteuerliche Folgen der Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs . . . . . . . . . . . . II. Formulierungsempfehlung . . . . . 1. Errichtung der ImmoGmbH & Co. KG a) Urkundengestaltung . . . . . . . .

9.1

9.6 9.9 9.12 9.15 9.16 9.17 9.20 9.23 9.24

9.31 9.33 9.37 9.38 9.41 9.42

9.61

9.62 9.63 9.75 9.77

b) Gründung der X Immo GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . c) Registeranmeldung der X-Verwaltungs-GmbH. . . . . . . d) Registeranmeldung der X-Immo GmbH & Co. KG . . . 2. Grundstückseinbringung in die X-Immo-GmbH & Co. KG mit Kapitalerhöhung a) Einbringungsurkunde . . . . . . . b) Registeranmeldung der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 3. Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG . . . . 4. KG-Anteilsübertragung . . . . . . . . 5. Registeranmeldung der KG-Anteilsübertragung . . . . . . . . 6. Anmerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Realteilung einer grundstückbesitzenden GmbH & Co. KG 1. Einkommensteuerliche Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teilbetriebsausgliederung. . . . . . .

9.78 9.80 9.81

9.82 9.83 9.85 9.86 9.87 9.88

9.91 9.97

C. Vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen I. Beendigung der gewerblichen Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.106

II. Neugründung einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.108

III. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . .

9.110

IV. Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . .

9.112

D. Die ImmobilienverwaltungsGmbH I. Die Errichtung einer Immobilienverwaltungs-GmbH 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 2. Satzungsgestaltung . . . . . . . . . . . . 3. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . 4. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . .

9.116 9.122 9.124 9.128 9.129

Spiegelberger

789

Kap. 9 Rz. 9.1 Gewerblich geprägte Immobilien 6. Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung: Vorzüge der Immobilienkapitalgesellschaft („Sparschwein-GmbH“). . . . . . . . 8. Satzung einer Immobilienverwaltungs-GmbH. . . . . . . . . . . . II. GmbH-Anteilsabtretung 1. Formvorschriften. . . . . . . . . . . . . . 2. GmbH-Anteilsübertragung gegen Leibrente . . . . . . . . . . . . . . . a) Veräußerungsrente . . . . . . . . . . b) Versorgungsrente . . . . . . . . . . . 3. Anteilsübertragung mit Vorbehaltsnießbrauch . . . . . . . . . . . . .

9.133 9.137 9.138 9.146 9.147 9.148 9.149 9.151

a) Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsgestaltung . . . . . . . . . . c) Einkommensteuer . . . . . . . . . . d) Verkehrssteuern . . . . . . . . . . . . 4. Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . 5. Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine Familienstiftung . . . . III. Formulierungsvorschlag: GmbHGeschäftsanteilsabtretung mit Vorbehaltsnießbrauch. . . . . . . . . . 1. Vertragsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anmerkungen a) Nießbrauch am Surrogat. . . . . b) Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.153 9.156 9.157 9.158 9.159 9.161

9.162 9.163 9.164 9.165 9.167

A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft I. Überblick Literatur: Binz/Sorg, Hat die GmbH & Co. KG bei den Familienunternehmen immer noch die Nase vorn?, GmbHR 2011, 281; Ettinger/Eberl, Die vorweggenommene Erbfolge unter Verwendung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, GmbHR 2004, 548; Fleischer, Vermögensübergabe gegen private Versorgungsleistungen: Steuersystem, steuerliche Änderung und Steuerplanungssicherheit, FS für Spiegelberger (2009), 120; Fleischer, Nochmals: Schenkung einer mitunternehmerischen Beteiligung unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, DStR 2013, 902; Fleischer, Aktuelle Entwicklungen zum Stimmrecht des Nießbrauchers am Anteil einer Personengesellschaft im Zivil-, Ertrag- und Erbschaftsteuerrecht, ZEV 2012, 466; Fuhrmann/Demuth, Vermögensverwaltende Personengesellschaft als Mittel der Nachfolgeplanung, ErbStB 2006, 127; Geck, Familienpool zur Vermögens-Sicherung- und –Bindung, KÖSDI 2008, 16016; Geißler, Haftung und Haftungsrisiken des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG, GmbHR 2014, 458; Hamminger, Abfindungsbeschränkende Regelungen in Gesellschaftsverträgen, NWB 2016, 3169; Kirchdörfer/Lorz, Familienvermögensgesellschaften als Organisationsmodelle im Rahmen der Familienstrategie und der Planung der Vermögensnachfolge, BB 2004, Beil. Nr. 3; Levedag, Nachfolge in Personengesellschaften von Todes wegen am Beispiel der GmbH & Co. KG, GmbHR 2010, 629; Nietsch, Geschäftsführerhaftung bei der GmbH & Co. KG, GmbHR 2014, 348; Spiegelberger, Die Familien GmbH & Co. KG, ZEV 2003, 391; Strahl, Vermögensverwaltende Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht, KÖSDI 2001, 12802; Tölle, Die gewerblich geprägte Personengesellschaft als steuerliches Gestaltungsinstrument der Vermögensnachfolge, NWB 2012, 1176.

9.1

Außerhalb des Grundtypenkatalogs des HGB hat sich, erstmals höchst richterlich sanktioniert durch die Entscheidung des BayObLG vom 16.2.19121, die GmbH & Co. KG zu einer in Deutschland und Österreich weit verbreiteten mittelständischen Gesellschaftsform entwickelt, da sie die Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung der Kapitalgesellschaft mit den steuerlichen Vorteilen der Personengesellschaft verbindet2. 1 BayObLG v. 16.2.1912, GmbHR 1914, 9. 2 Priester, DNotZ 1977, 159.

790

Spiegelberger

A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.5 Kap. 9

Darüber hinaus besteht bei dieser Gesellschaftsform insbesondere die Möglichkeit der Bestellung einer professionellen Fremdgeschäftsführung (Fremdorganschaft). Anders als die Kommanditgesellschaft gem. §§ 161 ff. HGB haftet kein beteiligter Gesellschafter als natürliche Person. Bei den Geschäftsführern der KomplementärGmbH verbleibt es selbstverständlich bei der persönlichen Haftung gem. § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG. Wenn dem Gläubiger die gewählte Rechtsform der GmbH & Co. KG bekannt war, ist sogar die Haftung vor Eintragung im Handelsregister gem. § 176 HGB ausgeschlossen, weil bei einer GmbH & Co. KG kein Gläubiger auf eine persönliche Haftung einer natürlichen Person vertrauen kann1.

9.2

Die GmbH & Co. KG ist die variantenreichste Erscheinungsform im Gesellschaftsrecht. Die häufigste Gestaltungsform war die personengleiche GmbH & Co. KG, bei der die Kommanditisten zugleich auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind. Um eine einheitliche Willensbildung zu erreichen, kommt der gleichmäßigen Beteiligung der Gesellschafter an der Komplementär-GmbH einerseits und an der Kommanditgesellschaft andererseits eine besondere Bedeutung zu. Da aber die Vererblichkeit des GmbH-Anteils gem. § 15 Abs. 1 GmbHG nicht ausgeschlossen, sondern nur durch Einziehungs- und Abtretungsregelungen eingeschränkt werden kann2 und bei der Personengesellschaft sowohl der Ausschluss der Vererblichkeit durch Fortsetzungsklauseln als auch durch eine von der Gesamtrechtsnachfolge abweichende Sondererbfolge3 zulässig ist, kann ein vollständiger Zusammenklang der Beteiligungsverhältnisse bei der GmbH einerseits und der Kommanditgesellschaft andererseits nicht hergestellt werden. In der Vertragspraxis hat sich deswegen die Einheitsgesellschaft durchgesetzt, vgl. unten Rz. 9.16 ff.

9.3

Der ursprünglich im betrieblichen Bereich begonnene Siegeszug der GmbH & Co. KG hat zwischenzeitlich auch den Bereich der Vermögensverwaltung erreicht. Insbesondere ist die Rechtsform der GmbH & Co. KG ein unentbehrliches Gestaltungsmittel bei der Ausgliederung betrieblich genutzter Grundstücke zum Buchwert. Gerade bei dem Übergang von Immobilien auf mehrere Gesellschafterstämme mit zahlreichen Grundstücken kommt die Installation einer unparteiisch und professionell handelnden Hausverwaltungs-GmbH in Betracht.

9.4

Darüber hinaus wird die Rechtsform der GmbH & Co. KG auch als steuerliches Gestaltungsmittel verwendet4. Ein Vorzug der Immo-Verwaltungs-GmbH & Co. KG besteht in der vom BFH5 anerkannten Möglichkeit, durch Einbringung von Grundbesitz in eine GmbH & Co. KG neues AfA-Volumen (Step-Up) zu schaffen, vgl. unten Rz. 9.12.

9.5

1 BGH v. 18.6.1979 – II ZR 194/77, MDR 1980, 35 = GmbHR 1979, 223 = NJW 1980, 54 = DNotZ 1980, 56. 2 Priester, GmbHR 1981, 206. 3 BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225 = MDR 1977, 731 = GmbHR 1977, 178 = NJW 1977, 1339 = DNotZ 1977, 550; Crezelius, Unternehmenserbrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 260. 4 Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, S. 404. 5 BFH v. 5.6.2008 – IV R 73/05, BStBl. II 2008, 965 = DB 2008, 2400 = GmbHR 2008, 1276, unter II. 1. a.

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Kap. 9 Rz. 9.6 Gewerblich geprägte Immobilien

II. Die gewerblich geprägte GmbH & Co. KG Literatur: BMF v. 11.7.2011 – IV C 6-S 2178/09/10001, Behandlung der Einbringung zum Privatvermögen gehörender Wirtschaftsgüter in das betriebliche Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, BStBl. I 2011, 713; BMF v. 26.7.2016: Einbringung eines Wirtschaftsguts in eine Personengesellschaft gegen Gutschrift auf dem sog. Kapitalkonto II, BStBl. I 2016, 684; T. Carlé, Einlage von steuerverstricktem Privatvermögen in Personengesellschaften, ErbStB 2006, 46; Dräger, Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, StBW 2011, 936; Geck, Die unentgeltliche lebzeitige Übertragung von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften nach der Erbschaftsteuerreform, ZEV 2009, 601; Levedag, Einbringung und Einlage von Privatvermögen in vermögensverwaltende und gewerbliche Personengesellschaften, GmbHR 2013, 243; Mutscher, Risiko der Entgeltlichkeit bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Personengesellschaft im Wege der Einlage, DStR 2009, 1625; Pyszka, Ausübung steuerlicher Bilanzierungswahlrechte bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, DStR 2010, 1372; Reiß, Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft, DB 2005, 358; Röhrig, Einbringung von WG des PV in eine gewerbliche Personengesellschaft, EStB 2008, 216; Schmid/Mertgen, Erweiterte Kürzung trotz Beteiligung an vermögensverwaltender Personengesellschaft, FR 2011, 468; Wibborn, Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, NWB 2011, 2694.

1. Gewerbliche Prägung

9.6

In der klassischen Gestaltung, wonach die Geschäftsführung ausschließlich von der Komplementär-GmbH wahrgenommen wird und die Kommanditisten als natürliche Personen weder Vertretungs- noch Geschäftsführungsbefugnisse ausüben, wird die GmbH & Co. KG steuerrechtlich gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb fingiert (sog. gewerblich geprägte Personengesellschaft), auch wenn bürgerlich-rechtlich nur Vermögensverwaltung wahrgenommen wird.

9.7

Die Einbringung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft – gegen Gewährung von Mitunternehmeranteilen – begründet keine Einlage i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG, und zwar auch dann nicht, wenn der Wert des Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I, sondern auch anderen Kapitalunterkonten gutgeschrieben wird1. Die Rechtsprechung sieht in der Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einen tauschähnlichen Umsatz, der zum Ansatz des Teilwertes (Verkehrswertes) in der Eröffnungsbilanz der GmbH & Co. KG führt.

9.8

Die Variante der gewerblichen Prägung wird daher in der Praxis gewählt, um durch die Qualifizierung als Betriebsvermögen einen sog. „Step-Up“ und damit eine Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage auf den Verkehrswert zu erreichen2.

1 Vgl. BFH v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617 = GmbHR 2008, 548 = FR 2008, 912 m. Anm. Wendt; BMF v. 26.7.2016, BStBl. I 2016, 684. 2 Schmidt/Kulosa36, § 6 EStG Rz. 552.

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A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.12 Kap. 9

2. Einbringung des Grundbesitzes a) Bisherige Notariatspraxis Nach der bisherigen Notariatspraxis wird sofort bei der Gründung der GmbH & Co. KG der ins Auge gefasste Grundbesitz eingebracht. Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf gem. § 311b BGB der notariellen Beurkundung. Diese Gestaltung erscheint aufgrund einer Entscheidung des BFH vom 18.5.20111 aus erbschaftsteuerlichen und einkommensteuerlichen Überlegungen allerdings bedenklich.

9.9

Nach Leitsatz 3 der genannten Entscheidung kommt es bei der Erbschaftsteuer ausschließlich auf das zivilrechtliche Eigentum, nicht aber auf Anwartschaftsrechte an. Eine GmbH & Co. KG entsteht im Falle der Vermögensverwaltung gem. § 105 Abs. 2 HGB erst mit der Eintragung im Handelsregister und stellt nach h.M. vor diesem Zeitpunkt eine Privatvermögen verwaltende GbR dar. Die erbschaftsteuerliche Vergünstigung gem. § 13a i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist daher nur erreichbar, wenn die Übertragung erst nach der Handelsregistereintragung stattfindet.

9.10

Hinzu kommt die einkommensteuerrechtliche Überlegung, dass bei der sofortigen Einbringung des Grundbesitzes bei der Gründung einer GmbH & Co. KG zivilrechtlich die Übertragung auf eine vermögensverwaltende GbR stattfindet, die erst später durch Eintragung im Handelsregister identitätswahrend und beteiligungskonform zur GmbH & Co. KG mit Betriebsvermögen erstarkt. Damit wird der angestrebte „Step-Up“ (s. Rz. 9.12) gefährdet, da eine identitätswahrende und beteiligungskonforme Umformung keinen tauschähnlichen Umsatz darstellt, wie dies die BFHRechtsprechung2 für einen „Step-Up“ verlangt.

9.11

b) Erreichung eines „Step-Up“ mittels Stufenplan Zu empfehlen ist daher die Gründung einer GmbH & Co. KG mit geringem Barkapital und die anschließende Eintragung dieser Gesellschaft in das Handelsregister. Sobald die Vollzugsmitteilung des Registergerichts vorliegt, kann der einzubringende Grundbesitz gegen Kapitalerhöhung auf die GmbH & Co. KG übertragen werden. Eine dahin gehende Gestaltung ist möglich, da nach dem Urteil des BGH vom 13.2.19963 für die Frage des Beurkundungszwanges entscheidend darauf abzustellen ist, dass sich die Gesellschafter in dem zu beurteilenden Gesellschaftsvertrag weder unmittelbar noch mittelbar zum Erwerb eines bestimmten Grundstückes verpflichten4. Ein Gesellschaftsvertrag, der den Zweck einer Grundstücksgesellschaft mit „Verwaltung und Verwertung“ beschreibt, eine Übertragung der Gesellschaftsgrundstücke 1 BFH v. 18.5.2011 – II R 10/10, GmbHR 2011, 1286. 2 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 = DB 1999, 615 = GmbHR 1999, 430; v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617 = GmbHR 2008, 548 = FR 2008, 912 m. Anm. Wendt. 3 BGH v. 13.2.1996 – XI ZR 239/94, MDR 1996, 677 = NJW 1996, 1279 = DStR 1996, 678 = DNotZ 1997, 40. 4 Ebenso BFH v. 9.7.1992 – IX ZR 209/91, MDR 1993, 282 = NJW 1992, 3237 (3238).

Spiegelberger

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9.12

Kap. 9 Rz. 9.13 Gewerblich geprägte Immobilien

aber nicht bindend festlegt, bedarf daher nicht der notariellen Beurkundung. Selbst wenn Bedenken gegen die Formfreiheit des Gesellschaftsvertrages bestünden, würde ein ohne Beachtung der notariellen Beurkundung geschlossener Gesellschaftsvertrag seinem ganzen Inhalt nach gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt sind.

9.13

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Einbringung von Grundbesitz in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG zur Erreichung des „Step-Up“ einen Stufenplan verlangt. Nach Eintragung der GmbH & Co. KG im Handelsregister mit einem geringen Barkapital ist es sinnvoll, bei der späteren Einbringung des Grundbesitzes das Kommanditkapital angemessen zu erhöhen. Der vorgeschlagene Stufenplan ist eine vorsorgliche Gestaltungsempfehlung.

9.14

Gemäß § 176 Abs. 1 Satz 2 HGB findet die Haftungsvorschrift des § 176 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Anwendung. Nach der Begründung zum Referentenentwurf1 ist die Haftung der Kommanditisten für die vor der Eintragung begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgeschlossen2. Wegen dieser Haftungsbegrenzung geht die h.M. davon aus, dass die Einbringung von Grundbesitz in die Vor-KG zum Step-Up führt, wie dies auch bei der Einbringung in eine Vor-GmbH der Fall ist. c) Konten der GmbH & Co. KG

9.15

Für die Buchung des Step-Up hat das BMF – abweichend von der bisherigen Praxis – im BMF-Schreiben vom 26.7.20163 neue Vorschriften zur Buchung der Sacheinlage auf den Kapitalkonten der Gesellschafter erlassen, die unter Rz. 9.37 im Einzelnen dargestellt sind. Für die Regelung der Konten im Gesellschaftsvertrag empfiehlt sich folgende Fassung: (1) Für den persönlich haftenden Gesellschafter wird ein Verrechnungskonto geführt. (2) Für jeden Kommanditisten werden zwei Kapitalkonten, ein Privatkonto und ein Verlustvortragskonto geführt. a) Das Kapitalkonto I ist fest; auf ihm wird die Pflichteinlage des jeweiligen Kommanditisten verbucht. b) Das Kapitalkonto II ist beweglich; auf ihm wird der nichtentnahmefähige Gewinn verbucht. c) Auf dem Privatkonto werden der entnahmefähige Gewinn sowie alle sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verbucht; der entnahmefähige Gewinn jedoch nur, soweit dieser nicht zum Ausgleich des Verlustvortragskontos benötigt wird.

1 ZIP 1996, 1490. 2 Ebenso Schön, DB 1998, 1169 (1176). 3 BMF v. 26.7.2016, BStBl. I 2016, 684.

794

Spiegelberger

A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.16 Kap. 9

d) Auf dem Verlustvortragskonto werden die Verlustanteile eines Gesellschafters gebucht, bis dieses ausgeglichen ist (Unterkonto von Kapitalkonto II). e) Die Gesellschaft kann ein gemeinsames Rücklagenkonto einrichten. (3) Die im Handelsregister eingetragenen Kommanditanteile sind maßgeblich für das Stimmrecht. Die Gewinn- und Verlustverteilung erfolgt unter Berücksichtigung der Kapitalkonten I und II. Im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters wird der Anteil am Gesamthandsvermögen durch die Summe der Kapitalkonten I und II sowie des anteiligen Rücklagenkontos gem. § 97 Abs. 1a BewG ermittelt. 3. Einheits-GmbH & Co. KG Literatur: von Bonin, Zur Anwendung der gesetzlichen Vertretungsregeln auf die EinheitsGmbH & Co. KG – Problematik und praktische Folgen, NZG 2016, 1299; Heckschen, Stimmverbote – Aktuelle Entwicklungen und Gestaltungsmöglichkeiten, GmbHR 2016, 897; Kirr, Die Verzahnung der Gesellschaftsverträge bei der GmbH & Co. KG, 2014; Normann, Die Einheits-GmbH & Co. KG, GmbH-StB 2014, 237; von Oppenfeld, Die Einheits-Gesellschaft, eine Abhandlung über die wechselseitig beteiligte GmbH & Co. KG, 1975; K. Schmidt. Zur Einheits-GmbH & Co. KG: Kautelarjurisprudenz an ihren Grenzen oder Triumph der Typizität des Atypischen?, in FS für Westermann, 2008, S. 1425; Spiegelberger, Der Siegeszug der Einheits-GmbH & Co. KG, in Liber amicorum für Klaus Mock (2009), S. 303; Wachter, Anerkennung der Einheits-GmbH & Co. KG, ZNotP 2007, 410; Zattler, Verzahnung der Gesellschaftsverträge in der echten GmbH & Co. KG, 2005. Beispiel: Alleineigentümer Dagobert gründet auf Anraten seines Steuerberaters für ein weitgehend abgeschriebenes Wohn- und Geschäftshaus im steuerlichen Privatvermögen eine GmbH & Co. KG und bringt dieses Mietobjekt gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Dagobert Immo GmbH & Co. KG ein. Ferner überträgt er seinen GmbH-Anteil an der Komplementär-GmbH in das Gesamthandsvermögen der Dagobert Immo GmbH & Co. KG, so dass diese alleinige Inhaberin des GmbH-Anteils wird.

Dagobert GmbH i.G. 100 % Dagobert Immo GmbH & Co. KG 100 % Dagobert

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9.16

Kap. 9 Rz. 9.17 Gewerblich geprägte Immobilien

a) Gestaltung

9.17

Bei dieser Gestaltung übertragen die GmbH-Gesellschafter ihre GmbH-Anteile auf die Kommanditgesellschaft, so dass diese Alleingesellschafterin der KomplementärGmbH wird. Die Verzahnung ist auf diese einfache Weise optimal gesichert.

9.18

Die Finanzverwaltung1 hat die Einheits-GmbH & Co. KG ebenfalls anerkannt und in den Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2008 bei R 15.8 Abs. 6 folgenden Satz 5 angefügt: „Die Übertragung aller Gesellschaftsanteile an der Komplementär-GmbH in das Gesamthandsvermögen einer nicht gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft, bei der die GmbH alleinige Komplementärin ist, führt allein nicht zum Wegfall der gewerblichen Prägung.“2

9.19

Gemäß § 264c Abs. 4 HGB sind Anteile an Komplementär-Gesellschaften in der Bilanz auf der Aktivseite der Bilanz gem. § 266 Abs. 2 HGB unter den Posten A III 1 oder A III 3 auszuweisen. § 272 Abs. 4 HGB ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass für diese Anteile des aktivierten Betrags nach dem Posten „Eigenkapital“ ein Sonderposten unter der Bezeichnung „Ausgleichsposten für aktivierte eigene Anteile“ zu bilden ist. b) Stimmrecht

9.20

Aufgrund der Bestimmung des § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Die Praxis behilft sich in diesen Fällen mit einer Regelung, nach der den Kommanditisten für den Fall Stimmrechtsvollmacht erteilt wird, dass der Geschäftsführer der GmbH von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen ist3. K. Schmidt4 kommt sogar zu dem Ergebnis, dass dem/den Kommanditisten das Recht zur Ausübung des Stimmrechts der KG als Alleingesellschafter/n der GmbH automatisch zuwächst.

9.21

Die Ausübung des Stimmrechts durch die Kommanditisten beseitigt nicht die gewerbliche Prägung; denn die Stimmrechtsausübung ist keine Geschäftsführung, sondern Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts5. Nur organschaftlich begründete Geschäftsführungsbefugnisse der Kommanditisten sind geprägeschädlich. Die Vorsichtsmaßnahme, an Stelle einer Vollmacht für die Kommanditisten einen Beirat für die Stimmrechtsausübung zu bestellen, ist daher nicht mehr erforderlich.

9.22

Zur Stimmrechtsausübung bei einer Satzungsänderung der GmbH hat das OLG Celle6 entschieden: 1 2 3 4

BStBl. I 2008, 1017 Abschn. 52. Die Regelung wurde wortgleich in § 15 Abs. 6 Satz 5 EStH 2011 übernommen. Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 11. Aufl. 2010, § 7 Rz. 8. K. Schmidt in Scholz11, Anh. § 45 GmbHG Rz. 58 ff.; kritisch Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 4. Aufl. 2014, § 51 Rz. 11 ff. 5 Vgl. D. und T. Carlé, GmbHR 2001, 100; Spiegelberger, ZEV 2003, 391 (395). 6 OLG Celle v. 6.7.2016 – 9 W 93/16, MittBayNot 2016, 541.

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A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.27 Kap. 9

(1) Für die Satzungsänderung bei der GmbH einer sog. Einheitsgesellschaft ist grundsätzlich deren Alleingesellschafterin, die Kommanditgesellschaft, zuständig; diese handelt im Regelfall durch ihre Organe, d.h. die Geschäftsführer der KomplementärGmbH selbst in vertretungsberechtigter Anzahl. (2) Dieser Grundsatz gilt nicht, wenn die Kommanditgesellschaft in ihrer Satzung die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte bei der GmbH anders geregelt, z.B. einem Beirat übertragen hat. c) Vorzüge der Einheits-Gesellschaft

9.23

Die Einheits-GmbH & Co. KG bringt folgende Vorteile mit sich: – einfache Vertragsgestaltung, – gesicherte Verzahnung, – Sondererbfolge ohne Gewinnrealisierung, – umsatzsteuerliche Organschaft, so dass z.B. Geschäftsführerbezüge und die Haftungsvergütung mehrwertsteuerfrei bleiben, – Anteilsübertragungen bedürfen nicht der notariellen Beurkundung. 4. Publizitätspflicht Literatur: D. und Z. Kaya, Handlungs- und Formulierungsvorschläge zur Vermeidung der Jahresabschlusspublizität: Die Vollhafterlösung bei einer GmbH & Co. KG, NWB 2010, 2214; Kuntze-Kaufhold, Jahresabschluss-Publizität nach dem EHUG – Gift oder Medizin?, GmbHR 2009, 73.

Die Komplementär-GmbH ist kraft Rechtsform als Kapitalgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG immer Gewerbebetrieb und damit gem. § 264a HGB auch buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Ihr Vermögen ist immer Betriebsvermögen, mit Ausnahme bei einer gemeinnützigen GmbH.

9.24

Auch die Privatvermögen verwaltende GmbH & Co. KG unterliegt dem Kapitalgesellschaft & Co.-Richtlinien-Gesetz und ist damit gem. § 325 HGB zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses verpflichtet. Gemäß § 335b HGB gelten die Straf- und Bußgeld- sowie die Ordnungsgeldvorschriften, die für Kapitalgesellschaften bestehen, entsprechend.

9.25

Wenn die gewerbliche Prägung mit dem einkommensteuerlich erwünschten „StepUp“ (s. Rz. 9.12) erreicht werden soll, muss die Publizitätspflicht in Kauf genommen werden. Erst mit dem späteren Ausscheiden der Komplementär-GmbH und der damit verbundenen Rückkehr in das steuerliche Privatvermögen entfällt die Publizitätspflicht.

9.26

Die Publizitätspflicht gem. § 325 HGB kann ausgeschlossen werden, wenn neben der Komplementär-GmbH eine natürliche Person die persönliche Haftung für die

9.27

Spiegelberger

797

Kap. 9 Rz. 9.31 Gewerblich geprägte Immobilien

Verbindlichkeiten der KG übernimmt. Diesem reinen Haftungsgesellschafter muss weder ein Vertretungs- noch ein Geschäftsführungsrecht eingeräumt werden. Die Haftungsübernahme durch eine natürliche Person als Haftungsgesellschafter reicht zur Vermeidung der Publizitätspflicht aus, wobei auch eine Beteiligung dieser Person am Gesellschaftsvermögen und damit auch die Gewinn- und Verlustbeteiligung ausgeschlossen werden kann. In der Literatur wird vorgeschlagen, der persönlich haftenden natürlichen Personen beispielsweise eine Haftungsvergütung i.H.v. 2 % des Stammkapitals der GmbH & Co. KG zu gewähren1.

9.28–9.30

Einstweilen frei.

5. Einkommensteuerliche Besonderheiten der Immobilien-GmbH & Co. KG Literatur: FinMin. Schleswig-Holstein v. 4.2.2014, Anwendung des § 15a EStG bei vermögensverwaltender GmbH & Co. KG; Verrechnung von positiven und negativen Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten; Mittendorf/Rickermann, Sinngemäße Anwendung des § 15 a EStG bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, BB 2015, 929; Ossola-Haring, Verzinsung von Kapitalkonten einer GmbH & Co. KG, LEXinform Aktuell 2015, Heft 35, S. 19; Pyszka, Ausübung steuerlicher Bilanzierungswahlrechte bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, DStR 2010, 1372; Richter/Chuchra/Dorn, Offene Fragen und Probleme bei Anwendung der sog. „Aufwärtsinfektion“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG, DStR 2016, 2944; Stollenwerk/Piron, Verwaltung von Finanzvermögen in der GmbH & Co. KG als Folge der Nutzung der Thesaurierungsbesteuerung, GmbH-StB 2010, 261; Tölle, Die gewerblich geprägte Personengesellschaft als steuerliches Gestaltungsinstrument der Vermögensnachfolge, NWB 2012, 1176; Zwirner/Künkele, Latente Steuern im Zusammenhang mit § 15 a EStG – Anwendungsfälle, Praxisbeispiele und IDW RS HFA 18, DStR 2012, 814.

a) Überblick

9.31

Bei der Rechtsform der GmbH & Co. KG sind aus steuerrechtlicher Sicht zwei unterschiedliche Varianten zu unterscheiden, nämlich – die gewerblich geprägte GmbH & Co. KG mit Betriebsvermögen und – die vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen.

9.32

Die Komplementär-GmbH ist stets Gewerbebetrieb kraft Rechtsform. Sie ist buchführungs- und bilanzierungspflichtig und erzielt körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. b) Gewerblich geprägte GmbH & Co. KG mit Betriebsvermögen

9.33

Eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, die zwar keine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt, bei der aber ausschließlich die Komplementär-GmbH oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind, wird steuerrechtlich als Gewerbebetrieb fingiert (§ 15 Abs. 3 1 Heeg, DB 2009, 719.

798

Spiegelberger

A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.36 Kap. 9

Nr. 2 EStG, sog. gewerblich geprägte Personengesellschaft), auch wenn sie wirtschaftlich und zivilrechtlich nur Vermögensverwaltung betreibt. Eine gewerbliche Prägung führt zur Qualifizierung der im Gesellschaftsvermögen befindlichen Grundstücke als steuerliches Betriebsvermögen. Eine solche Rechtsfolge kann erwünscht sein, etwa um eine Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage auf den Verkehrswert zu ermöglichen (sog. „Step-Up“). Die Einbringung von privatem Vermögen in eine nicht gewerblich geprägte Vermögensverwaltungsgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stellt nach allgemeiner Auffassung keinen Veräußerungstatbestand dar, soweit sich die Beteiligungsverhältnisse nicht verändern. Die Finanzverwaltung stellt hierzu fest:

9.34

„Die Übertragung eines Grundstücks auf eine Personengesellschaft oder -gemeinschaft ohne Betriebsvermögen gegen Entgelt oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist insoweit nicht als Veräußerung anzusehen, als der bisherige Eigentümer nach der Übertragung am Vermögen der Gesellschaft oder Gemeinschaft beteiligt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Grundstück von der Personengesellschaft oder -gemeinschaft auf einen Gesellschafter oder ein Mitglied der Gemeinschaft übertragen wird.“1

Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet, ohne dass bei einer beteiligungskonformen Eigentumsübertragung ein einkommensteuerlicher Veräußerungsvorgang vorliegt. Der Step-Up kann also nur durch Bildung von Betriebsvermögen erreicht werden. Eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, welche das im Betriebsvermögen befindliche Grundvermögen vermietet oder verpachtet, erzielt nach der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG einkommen- und gewerbesteuerpflichtige Gewinneinkünfte; zu den Grundsätzen der Einkünfteerzielung vgl. Rz. 1.400 ff. Der Umstand, dass der Grundbesitz einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG Betriebsvermögen darstellt, kann – unter langfristiger Betrachtung – steuerlich als nachteilig empfunden werden, da die im Laufe der Jahre eintretende Wertsteigerung des Grundbesitzes im Falle der Veräußerung zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führt.

9.35

Sobald die gewerbliche Prägung durch den erwünschten „Step-Up“ ihre steuerliche Wirkung entfaltet hat, wird daher mitunter – unter Fortführung der erhöhten AfABemessungsgrundlage – die Rückkehr ins steuerliche Privatvermögen gewünscht. Die Betriebsvermögenseigenschaft kann dadurch beseitigt werden, dass entweder Kommanditisten neben der Komplementär-GmbH die Geschäftsführung übernehmen oder die Komplementär-GmbH aus der Gesellschaft ausscheidet, um identitätswahrend und beteiligungsidentisch die Gesellschaft als privatvermögenverwaltende KG, OHG oder GbR fortzuführen. Um nicht den Einwand der missbräuchlichen Gestaltung (§ 42 AO) – insbesondere dem Vorwurf eines „planvollen“ Vorgehens – auf sich zu ziehen, ist den Gesellschaftern ein mehrjähriges Verbleiben in der Rechtsform der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG anzuraten. Die im Zeitraum der gewerblichen Prägung entstandenen stillen Reserven sind aufzudecken und zu versteuern. Nach Ablauf der Haltefrist von zehn Jahren kann der Grundbesitz der Ge-

9.36

1 BMF v. 5.10.2000 – IV C 3-S 2256 -263/00, BStBl. I 2000, 1383.

Spiegelberger

799

Kap. 9 Rz. 9.37 Gewerblich geprägte Immobilien

sellschaft steuerfrei veräußert werden, da § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht mehr eingreift. Veräußerungen nach Ablauf eines solchen Zeitraums können dann regelmäßig auch nicht mehr zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen. c) Buchung von eingebrachten Grundstücken

9.37

Bringt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut gegen Gutschrift eines Betrags ausschließlich auf dem sog. Kapitalkonto II in die Gesellschaft ein, war dieser Vorgang nach dem BMF-Schreiben vom 11.7.20111 als ein entgeltlicher Vorgang (und nicht als Einlage) anzusehen, der zur Gewährung von Gesellschaftsrechten führt, wenn nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen auf diesem Konto auch Verluste gebucht wurden. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH2 führt die ausschließliche Buchung auf dem Kapitalkonto II nicht zu einem entgeltlichen Vorgang und damit nicht zur Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern ist als Einlage zu behandeln. Durch das Schreiben des BMF vom 26.7.20163 ist das BMF-Schreiben vom 11.11.20114 insoweit überholt, als danach eine Buchung, die ausschließlich auf einem variablen Kapitalkonto (insbesondere dem Kapitalkonto II) und/oder teilweise auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt, zu einer Gewährung von Gesellschaftsrechten und damit zu einem entgeltlichen Vorgang führt. Auf Antrag der Beteiligten wurde die bisherige Verwaltungsauffassung für Übertragungen und Einbringungen bis zum 31.12.2016 angewendet. Für alle Gesellschaftsverträge einer GmbH & Co. KG mit Betriebsvermögen ist daher die oben in Rz. 9.15 geschilderte Kontenbildung zu empfehlen. d) Anwachsung Literatur: Lohr, Das erweiterte Anwachsungsmodell, GmbH-StB 2017, 92.

9.38

Personengesellschaften können nicht als Ein-Mann-Gesellschaft bestehen, so dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt, wenn sich alle Anteile in einer Person vereinigen. Die damit verbundene Anwachsung des Gesellschaftsvermögens gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt außerhalb des UmwG und erfordert weder Einzelrechtsübertragungen noch Gläubigerzustimmungen5. Das einfache Anwachsungsmodell, wonach alle Kommanditisten ohne Gewährung neuer Anteile an der GmbH aus der GmbH & Co. KG ohne Abfindung ausscheiden, erfüllt nicht die Voraussetzungen der §§ 20 ff. UmwStG und führt zur Aufdeckung stiller Reserven. Aus diesem Grund wird

1 BMF v. 11.7.2011 – IV C 6 -S 2178/09/10001, BStBl. I 2011, 713. 2 BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593 = DB 2016, 263; v. 4.2.2016 – IV R 46/12, BStBl. II 2016, 607 = FR 2016, 896 m. Anm. Wendt. 3 BMF v. 26.7.2016 – IV C 6 - S 2178/09/10001, BStBl. I 2016, 684. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314. 5 Palandt/Sprau76, § 738 BGB Rz. 1 f.; Lohr, GmbH-StB 2017, 92.

800

Spiegelberger

A. Die GmbH & Co. KG als Grundstücksverwaltungsgesellschaft

Rz. 9.43 Kap. 9

das erweiterte Anwachsungsmodell in der Praxis bevorzugt, wonach das Kapital der GmbH im Wege der Sachkapitalerhöhung erhöht wird1.

9.39–9.40

Einstweilen frei. 6. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erlaubt die erweiterte Kürzung der Gewerbesteuer bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben bestimmte Wohnungsbauten errichten und veräußern, um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (s. eingehend Rz. 1.666 ff.)2. Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für grundstücksverwaltende Personengesellschaften entfällt bei Verpachtung von Grundbesitz an einen persönlich haftenden Gesellschafter (s. Rz. 1.667)3.

9.41

7. Grunderwerb- und umsatzsteuerliche Besonderheiten einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG Nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft sind insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen, so dass auch die Anteilsübertragung auf Neffen und Nichten grunderwerbsteuerfrei bleibt4.

9.42

Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer stehen zueinander in Gesetzeskonkurrenz. Das Umsatzsteuergesetz enthält mehrere Umsatzsteuerbefreiungen für die Übertragung und Vermietung von Grundbesitz, so dass die Umsatzsteuer nur in besonderen Fällen eine Rolle spielt. Gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG sind Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Umsatzsteuer befreit. Bei der Lieferung von Grundstücken gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG kann gem. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach Abs. 1 nur in dem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden. Gemäß § 9 Abs. 1 UStG kann der Steuerpflichtige auf diese Umsatzsteuerbefreiung verzichten. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG beträgt bei der Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Camping-Flächen nur 7 %. Zur Umsatzsteuerpflicht im Allgemeinen Rz. 1.800 ff.

9.43

1 Vgl. Dremel in Hesselmann/Tillmann/Müller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG16, Rz. 11.194 ff. 2 Vgl. GmbHR 2009, R 22 (R 23). 3 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 36/07, BStBl. II 2010, 988 = GmbHR 2009, 96 = FR 2009, 437 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. BFH v. 12.10.2006 – II R 79/05, BStBl. II 2007, 409 = GmbHR 2007, 557 = MittBayNot 2007, 435.

Spiegelberger

801

Kap. 9 Rz. 9.44 Gewerblich geprägte Immobilien

9.44

An der Option zur Umsatzsteuerpflicht gem. § 9 Abs. 1 UStG besteht für den Verkäufer ein Interesse, wenn er ein Grundstück veräußert, für das er in den vergangenen zehn Jahren den Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG geltend gemacht hat. Nur bei einer Option zur Umsatzsteuerpflicht für die Veräußerung kann die Vorsteuerberichtigung gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG vermieden werden, wenn in dem notariellen Kaufvertrag auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet wird und der Käufer den erworbenen Vertragsgegenstand für umsatzsteuerpflichtige Zwecke in dem gesamten Berichtigungszeitraum von zehn Jahren nutzt.

9.45

Für die Vertragsgestaltung ist auch die umsatzsteuerliche Organschaft von Bedeutung. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Für die GmbH & Co. KG ergibt sich aus dieser Vorschrift Folgendes.

9.46

Sofern die Kommanditisten sowohl an der KG als auch an der GmbH beteiligt sind, handelt es sich um zwei selbständige Rechtsträger, so dass keine umsatzsteuerrechtliche Organschaft besteht. Die an eine Komplementär-GmbH von der KG neben der Geschäftsführungsvergütung gezahlte Haftungsvergütung ist demnach sowohl umsatzsteuerbar als auch umsatzsteuerpflichtig1. Auch die Geschäftsführervergütungen der Geschäftsführer der GmbH unterliegen der Umsatzsteuerpflicht.

9.47

Bei einer Einheits-GmbH & Co. KG ist die GmbH die 100%ige Tochter der Kommanditgesellschaft und damit grundsätzlich finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der KG eingegliedert. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG sind die Wirkungen der Organschaft auf die Innenleistungen der im Inland belegenen Unternehmensteile beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Demnach sind die im Organkreis erbrachten Leistungen Innenumsätze und unterliegen keiner gesonderten Mehrwertsteuer. Die Einheits-GmbH & Co. KG erweist sich auch insofern als für die Praxis besonders geeignete Gesellschaftsform.

9.48

Eine umsatzsteuerliche Organschaft kann auch ohne Personalunion bestehen, wenn ein Geschäftsführer nach dem Geschäftsführungsanstellungsvertrag sowohl die Weisungen der Gesellschafterversammlung als auch die Weisungen des Geschäftsführers einer anderen GmbH zu befolgen hat und zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedarf. Auch ohne Personalunion kann sich somit nach der Entscheidung des BFH vom 12.10.20162 eine organisatorische Eingliederung aus der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers der Organgesellschaft ergeben. Die entgegenstehende Entscheidung des FG Münster3

1 FG Nds. v. 25.2.2010 – 16 K 347/09, EFG 2010, 1258 (rkr.). 2 BFH v. 12.10.2016 – XI R 30/14, BStBl. II 2017, 597 = DStR 2017, 198 = GmbHR 2017 = UR 2017, 178. 3 FG Münster v. 25.4.2013 – 5 K 1401/10 U, EFG 2014, 1829.

802

Spiegelberger

B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.62 Kap. 9

ist obsolet. Nach der Entscheidung des BFH vom 19.1.20161 kann § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in einer mit Art. 4 Abs. 4 unter Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu vereinbarenden Weise richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Begriff „juristische Person“ auch eine GmbH & Co. KG umfasst.

9.49–9.60

Einstweilen frei.

B. Übertragung eines KG-Anteils an einer grundstückbesitzenden GmbH & Co. KG Literatur: Fleischer, Vermögensübergabe gegen (private) Versorgungsleistungen nach dem JStG 2008, ZEV 2007, 475; Fleischer, Vermögensübergabe gegen private Versorgungsleistungen: Steuersystem, steuerliche Änderung und Steuerplanungssicherheit in Wachter (Hrsg.), FS für S. Spiegelberger (2009), 120; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen – steuerliche Problemfelder, notar 2015, 144; Geck, Die steuerlichen Rahmenbedingungen der vorweggenommenen Erbfolge 2003 bis 2013 – ein Rückblick auf ereignisreiche Jahre, ZEV 2013, 147; Hochheim/Wagenmann, Der Vorbehaltsnießbrauch am Kommanditanteil und die Mitunternehmerschaft, ZEV 2010, 109; Lederle/Wanner, Die vorweggenommene Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt im Lichte der neuen FG-Rechtsprechung, DStR 2016, 2270; Levedag, Nachfolge in Personengesellschaften von Todes wegen am Beispiel der GmbH & Co. KG, GmbHR 2010, 629; Müller, Die gewerbliche Familien-KG als Schenkungsinstrument, ErbStB 2003, 127; Renaud, „Isolierte“ Vor- und Nacherbfolge bei der GmbH & Co. KG, GmbHR 2013, 297; Risthaus, Begünstigte Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen, DB 2010, 803; Spiegelberger, Der Nießbrauch bei Mitunternehmeranteilen, FS für Brambring (2011), 343; Spiegelberger, Ausweichgestaltungen bei Immobilienübertragungen aufgrund des IV. Rentenerlasses: Die Übertragung von Immobilienvermögen, DStR 2010, 1880; Stalleiken/Hennig, Der „weitergeleitete“ Nießbrauch an den überlebenden Ehegatten in der vorweggenommenen Erbfolge; Wälzholz, Vorweggenommene Erbfolge: Die richtige Gestaltung des Familienpools, BBEV 2007, 171 und 207; Wachter, Stimmrechtsvollmachten bei der Übertragung von KG-Anteilen unter Vorbehaltsnießbrauch, DStR 2016, 2065; Wehage, Kostentragung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen, ErbStB 2012, 55; Wenckstern, Güterstandsklauseln in Gesellschaftsverträgen, NJW 2014, 1335. Beispiel: V überträgt seinen Kommanditanteil an der X Immo GmbH & Co. KG auf seine Tochter T unter Vorbehalt des Nießbrauches, weil Steuerberater S von einer Leibrente abrät.

9.61

I. Grundzüge der Vertragsgestaltung 1. Leibrentenvereinbarung Der im Zuge des Jahressteuergesetzes 2008 neu gefasste und redaktionell geänderte § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erlaubt den Sonderausgabenabzug nur bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen an einer Personengesellschaft, die ei-

1 BFH v. 19.1.2016 – XI R 38/12, BStBl. II 2017, 567 = DB 2016, 626 = GmbHR 2016, 426.

Spiegelberger

803

9.62

Kap. 9 Rz. 9.63 Gewerblich geprägte Immobilien

ne Tätigkeit i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder des § 18 Abs. 1 EStG ausübt. Die Übertragung von Anteilen an einer vermögensverwaltend tätigen, gewerblich geprägten Personengesellschaft gegen wiederkehrende Leistungen ist damit vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen (s. Rz. 1.612)1. Die Finanzverwaltung behandelt im IV. Rentenerlass2 – im Widerspruch zur jahrzehntelangen BFH-Rechtsprechung – Versorgungsleistungen, die nicht gem. § 10 Abs. 1 a Nr. 2 Satz 2 EStG zum Sonderausgabenabzug berechtigen, sogar als (ggf. anteilige) Gegenleistung, so dass eine GmbH-Anteilsübertragung gegen Versorgungs-Leibrente nach Auffassung der Finanzverwaltung gem. § 17 EStG einkommensteuerpflichtig ist. 2. Einkommensteuerliche Folgen der Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs

9.63

Die gewerblich geprägte GmbH & Co. KG ist Trägerin von Betriebsvermögen. Die einkommensteuerliche Anerkennung setzt voraus, dass sowohl der Nießbraucher als auch der durch den Nießbrauch belastete Kommanditist Mitunternehmer sind, also Mitunternehmerinitiative entfalten können und ein Mitunternehmerrisiko tragen. Nach der Rechtsprechung des BFH3 bleibt der Nießbrauchsverpflichtete Mitunternehmer, da dieser einen hinreichenden Bestand an vermögensrechtlicher Substanz des nießbrauchbelasteten Gesellschaftsanteils und einen hinreichenden Bestand an gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechten zurückbehält4. Danach sind beide, also sowohl der sich den Nießbrauch vorbehaltende übertragende Gesellschafter (im Beispielsfall V) als auch der Erwerber des Gesellschaftsanteiles (im Beispielsfall T) Mitunternehmer. Der Nießbrauchbesteller kann auch weiterhin die Mitunternehmerinitiative ausüben. Hierfür genügt die Möglichkeit zur Ausübung von Rechten, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches wenigstens angenähert sind.

9.64

Bei der Ausübung des Stimmrechts werden zivilrechtlich alle denkgesetzlich möglichen Alternativen vertreten5, denen aber das Einkommensteuerrecht Grenzen setzt. Da das Erbschaftsteuerrecht an die einkommensteuerliche Qualifizierung anknüpft, ist die Stimmrechtsverteilung auch für die Schenkung- und Erbschaftsteuer ausschlaggebend.

1 Spiegelberger, DStR 2010, 1880, mit Gestaltungshinweisen; Pauli/Kammerloher-Lis, SteuK 2011, 449. 2 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 - S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227 Tz. 57. 3 BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, BStBl. II 1995, 241 = DB 1994, 2423 = NJW 1995, 1918 = ZEV 1995, 37. 4 So zutreffend auch Gschwendtner, NJW 1995, 1876. 5 Wachter, DStR 2016, 2065 (2067).

804

Spiegelberger

B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.67 Kap. 9

Mit Weitblick hat Flume1 folgende Kompetenzverteilung für die Stimmrechtsausübung skizziert:

9.65

Mitunternehmerischer Nießbrauch Entnahmefähige Gewinne und diesbezügliches Stimmrecht Nießbraucher

Gesellschafter Außerordentliche Erträge und diesbezügliches Stimmrecht einschließlich Kernbereich

Der Nießbraucher hat ein das Mitwirkungsrecht des erwerbenden Gesellschafters ausschließendes eigenes Stimmrecht bei Beschlüssen der Gesellschafter über die laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft und die zur Sicherung seines Fruchtziehungsrechtes notwendigen Kontroll- und Informationsrechte. Es empfiehlt sich, die Kompetenzverteilung – nicht etwa eine Stimmrechtsabspaltung – ausdrücklich im Übertragungsvertrag zu regeln. Danach übt der Nießbraucher das Stimmrecht bei Beschlüssen über die laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft aus. Bei außerordentlichen Angelegenheiten und im Kernbereich des Gesellschaftsrechts, insbesondere z.B. bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages, gebührt das Stimmrecht allein dem den Gesellschaftsanteil erwerbenden Kommanditisten. In keinem Fall darf dem Nießbraucher eine über die gesetzlichen Stimmrechte hinausgehende Stimmrechtsvollmacht erteilt werden, da in diesem Fall nach Auffassung des BFH2 dem Gesellschafter die für die Anwendung des § 13a ErbStG erforderliche Mitunternehmerinitiative fehlen würde.

9.66

Das Fruchtziehungsrecht des Nießbrauchers beschränkt sich auf die gesellschaftsrechtlich entnahmefähigen Erträge3, während die außerordentlichen Erträge dem

9.67

1 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 1, 1. Teil „Die Personengesellschaft“, S. 366. 2 BFH v. 10.12.2008 – II R 34/07, BStBl. II 2009, 312 = DStR 2009, 321 = ZEV 2009, 149 = MittBayNot 2010, 156. 3 BGH v. 28.4.1972 – I ZR 140/69, BGHZ 58, 321 = NJW 1972, 1519 = DB 1972, 1626.

Spiegelberger

805

Kap. 9 Rz. 9.68 Gewerblich geprägte Immobilien

Anteilsinhaber gebühren1. Aus dieser Aufspaltung ergibt sich die Mitunternehmerstellung beider Beteiligten2.

9.68

Die durch die Nießbrauchbestellung sich ergebende Veränderung in der Gewinnverteilung, also die Berechtigung des Nießbrauchers hinsichtlich der entnahmefähigen Gewinne und die Berechtigung des erwerbenden Kommanditisten für außerordentliche Erträge sollte auch in die Gewinnverteilungsregelung des Gesellschaftsvertrages aufgenommen werden, da sich der Anteil der Mitunternehmer am GewerbesteuerMessbetrag nach den Anteilen am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels ergibt (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG); andernfalls ist ein gewerbesteuerlich schädlicher Anrechnungsüberhang zu befürchten3.

9.69

Nach dem OLG München4 kann der Nießbrauch an einem Kommanditanteil nicht im Handelsregister eingetragen werden.

9.70–9.74

Einstweilen frei.

II. Formulierungsempfehlung Die Urkundengestaltung ist angelehnt an den Formulierungsvorschlag von Spiegelberger, Vermögensnachfolge2, § 15 Rz. 21.

9.75

Beispiel: Die Eheleute M und F wollen stufenweise 1) eine GmbH & Co. KG mit Bareinlagen gründen, 2) ihren Grundbesitz in eine Einheits-GmbH & Co. KG unter Kapitalerhöhung einbringen und 3) ihren Kindern nach Vollziehung der Einbringung im Handelsregister und im Grundbuch KG-Anteile übertragen.

9.76

Gestaltungsempfehlung Die Praxis bevorzugt Gestaltungen, in denen die GmbH nicht am Gesellschaftsvermögen der GmbH & Co. KG beteiligt wird und auch kein Stimmrecht als Gesellschafterin ausübt. Für die Übernahme der Haftung ist eine Avalprovision i.H.v. 2 bis 5 % p.a. – neben dem Ersatz der Geschäftsführungsaufwendungen – ausreichend5.

1 BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, BStBl. II 1995, 241 = DB 1994, 2423 = NJW 1995, 1918 = ZEV 1995, 37. 2 So zu Recht Schindhelm/Stein, ErbStB 2003, 408; Spiegelberger, ZEV 2003, 391; Wälzholz, DStR 2010, 1930 (1933). 3 Vgl. Spiegelberger, ZEV 2003, 391 (397); Wälzholz, DStR 2010, 1930 (1934). 4 OLG München v. 8.8.2016 – 31 Wx 204/16, GmbHR 2016, 1267; a.A. OLG Stuttgart v. 28.1.2013 – 8 W 25/13, MDR 2013, 608 und OLG Oldenburg v. 9.3.2015 – 12 W 51/15, GmbHR 2015, 591. 5 Spiegelberger, Unternehmensnachfolge2, § 15 Rz. 106.

806

Spiegelberger

B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.77 Kap. 9

1. Errichtung der Immo-GmbH & Co. KG a) Urkundengestaltung

M71 GmbH-Gründung

9.77

(1) Urkundenmantel Heute, den … erschienen vor mir, Notar, … 1. Herr M 2. Frau F Auf Antrag der Anwesenden beurkunde ich ihren bei gleichzeitiger Anwesenheit vor mir abgegebenen Erklärungen gemäß, was folgt: – Errichtung Herr M und Frau F nachstehend „die Gesellschafter“ errichten hiermit eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma X Verwaltungs-GmbH mit dem Sitz in … nachstehend „die Gesellschaft“ Die Gesellschafter legen für die Gesellschaft den in der Anlage zu dieser Urkunde niedergelegten Gesellschaftsvertrag fest. Die Anlage wurde mit verlesen. Sie ist wesentlicher Bestandteil und somit Inhalt und Gegenstand dieser Urkunde. – Beschlüsse der Gesellschafter Die Gesellschafter entschließen sich zu Folgendem: – Zu Geschäftsführern werden bestellt: Herr M und Frau F Die Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft jeweils stets einzeln. Sie sind jeweils von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. – Alle Geschäfte, die vom heutigen Tage an bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister getätigt werden bzw. wurden, gelten als für Rechnung der neu gegründeten Gesellschaft abgeschlossen. – Weitere Beschlüsse werden heute nicht gefasst.

Spiegelberger

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Kap. 9 Rz. 9.77 Gewerblich geprägte Immobilien – Vollmacht Für den Fall, dass das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ablehnen sollte oder dass die für die Gesellschaft zuständigen Kammern Änderungen hinsichtlich des Gegenstandes oder der Firma verlangen, bevollmächtigen die Beteiligten, auch in der Eigenschaft als Geschäftsführer, hiermit sich gegenseitig und die Notarangestellten … je einzeln und unter Befreiung von § 181 BGB, die zur Herbeiführung der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister erforderlichen oder zweckdienlichen Änderungen und Ergänzungen zu dieser Urkunde zu erklären sowie die entsprechenden Handelsregisteranmeldungen vorzunehmen. – Hinweise Die Beteiligten wurden auf die Grundsätze der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung hingewiesen, insbesondere auf die persönliche Haftung für – vor der Handelsregistereintragung getätigte Rechtsgeschäfte, – den Verbrauch des Stammkapitals vor der Handelsregistereintragung (Unterbilanzhaftung), – Rückzahlungen, insbesondere bei verdeckten Sacheinlagen. Ferner hat der Notar über die – erforderlichen Angaben auf Geschäftsbriefen und – die Strafbarkeit für falsche Angaben gem. § 82 GmbHG belehrt. Die Gesellschafter wurden vom Notar vor der Begleichung von Rechnungen für unbestellte Registereintragungen gewarnt. – Schlussbestimmungen Von dieser Urkunde erhält jeder Gesellschafter eine Ausfertigung. Ferner erhalten: BEGLAUBIGTE ABSCHRIFTEN: die Gesellschaft – drei, das Registergericht eine elektronisch beglaubigte, EINFACHE ABSCHRIFTEN: das Finanzamt – Körperschaftsteuerstelle – und der Steuerberater der Gesellschaft. Vorgelesen vom Notar samt Anlage … (2) Satzung § 1 Firma, Sitz 1. Die Firma der Gesellschaft lautet: X Verwaltungs-GmbH. 2. Sitz der Gesellschaft ist … 808

Spiegelberger

B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.77 Kap. 9

§ 2 Gegenstand des Unternehmens Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung eigenen Vermögens und die Übernahme der Geschäftsführung bei der X Immo GmbH & Co. KG. § 3 Geschäftsjahr Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. § 4 Stammkapital, Stammeinlagen 1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000 a. 2. Vom Stammkapital übernehmen: Gesellschafter

Anzahl Anteile

Nummern

Herr M

12.500 Anteile je 1 a

1–12.500

Frau F

12.500 Anteile je 1 a

12.501–25.000

Die Stammeinlagen sind sofort in voller Höhe in bar zu erbringen. § 5 Vertretung der Gesellschaft 1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. 2. Sofern nur ein Geschäftsführer bestellt ist, wird die Gesellschaft von diesem alleine vertreten. 3. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. 4. Die Gesellschafterversammlung kann einzelnen Geschäftsführern und den Liquidatoren Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (Verbot des Selbstkontrahierens und der Doppelvertretung) erteilen. 5. Die vorstehende Vertretungsregelung gilt auch im Falle der Liquidation der Gesellschaft. § 6 Gründungskosten Die im Zusammenhang mit der Gründung anfallenden Notarkosten, die Kosten der Bekanntmachung, der Anmeldung der Gesellschaft und ihrer Eintragung im Handelsregister und die Kosten der Gründungsberatung trägt die Gesellschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1.250 a; darüber hinausgehende Gründungskosten tragen die Gründer. § 7 Schlussbestimmungen 1. Soweit in diesem Gesellschaftsvertrag keine besondere Regelung erfolgt ist, gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

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809

Kap. 9 Rz. 9.78 Gewerblich geprägte Immobilien 2. Die etwaige Nichtigkeit einzelner Bestimmungen berührt nicht die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages im Übrigen. Die Gesellschafter sind verpflichtet, an Stelle der unwirksamen Bestimmungen eine dem Vertragsgedanken entsprechende Neuregelung zu treffen. Sofern eine Neuregelung nicht erfolgt, gelten die für die entsprechende Regelungslücke bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.

b) Gründung der X Immo GmbH & Co. KG

9.78

Oben Rz. 9.12 wurde dargelegt, dass aus Sicherheitsgründen bei der Errichtung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG ein Stufenplan eingehalten werden sollte, wonach zunächst – ohne Grundstückseinbringung – die GmbH & Co. KG mit – geringen – Barmitteln gegründet und in das Handelsregister eingetragen wird. Erst danach sollte zur Sicherung des Step-Up die Grundstückseinbringung unter Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte an die einbringenden Gesellschafter, also durch Kapitalerhöhung und Erhöhung der Kapitalkonten I und II der Gesellschafter1 erfolgen und wiederum der Vollzug im Grundbuch abgewartet werden, um für die geplante Beteiligung der Kinder nicht Anwartschaftsrechte, sondern KG-Anteile an einer grundbesitzhaltenden GmbH & Co. KG zu übertragen. Der nachfolgend skizzierte Gesellschaftsvertrag regelt die Rechtsverhältnisse nach Bargründung der GmbH & Co. KG und nach Kapitalerhöhung durch den eingebrachten Grundbesitz. Dem Registergericht gegenüber ist weder der Gesellschaftsvertrag der bar gegründeten GmbH & Co. KG noch der durch die Grundstückseinbringung im Wege der Kapitalerhöhung geänderte Gesellschaftsvertrag nachzuweisen.

9.79

M72 Gesellschaftsvertrag der X Immo GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … § 1 Firma, Sitz Die Firma der Gesellschaft lautet: X Immo GmbH & Co. KG. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in … § 2 Gegenstand der Gesellschaft Gegenstand der Gesellschaft ist die Verwaltung des eigenen Grundbesitzes. § 3 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr 1. Die Gesellschaft beginnt mit ihrer Eintragung im Handelsregister. 2. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

1 Zur geänderten Rechtsprechung wird auf die Kommentierung zu Rz. 9.37 verwiesen.

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.79 Kap. 9

§ 4 Gesellschafter, Einlagen 1. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die X Verwaltungs-GmbH mit dem Sitz in … . Sie erbringt nur Dienstleistungen. Zur Leistung einer Kapitaleinlage ist sie weder berechtigt noch verpflichtet; sie ist am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt. 2. Kommanditisten sind: a) Herr M mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 50.000 a, die i.H.v. 1.000 a in bar und i.H.v. 49.000 a durch Einbringung von Grundbesitz erbracht wurde und die einer Gesellschaftsbeteiligung von 1/ 2 entspricht, b) Frau F mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 50.000 a, die in einer Höhe von 1.000 a in bar und i.H.v. 49.000 a durch Grundstückseinbringung erbracht wurde und die einer Gesellschaftsbeteiligung von 1/ 2 entspricht. 3. Nach den in Abs. 2 festgelegten Anteilen der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen richten sich, sofern in diesem Vertrag nichts Abweichendes bestimmt ist, die Rechte der Gesellschafter, so vor allem die Beteiligung an der Gesellschaft, die Gewinnbeteiligung und das Stimmrecht. § 5 Geschäftsführung, Vertretung 1. Zur Vertretung ist allein die X Verwaltungs-GmbH berufen, die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch ihre satzungsgemäß berufenen, im Handelsregister eingetragenen Organe handelt. Die persönlich haftende Gesellschaft und ihre Organe sind von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. 2. Die Komplementär-GmbH hat kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der X Immo GmbH & Co. KG. § 6 Informations- und Kontrollrecht Den Kommanditisten steht das Recht zu, eine abschriftliche Mitteilung der jeweiligen Jahresbilanz zu verlangen. § 7 Gesellschafterbeschlüsse 1. Gesellschafterbeschlüsse sind herbeizuführen, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben oder in diesem Vertrag vorgesehen ist. 2. Gesellschafterbeschlüsse erfolgen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht dieser Vertrag oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben. 3. Je 100 a Kommanditanteil ergeben eine Stimme. 4. Gesellschafterbeschlüsse können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zugang des Gesellschafterversammlungsprotokolls angefochten werden. 5. Zur Änderung dieses Gesellschaftsvertrages ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. 6. Solange die X Immo GmbH & Co. KG alleinige Gesellschafterin der X VerwaltungsGmbH ist, sind die Kommanditisten gemeinsam zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung der X Verwaltungs-GmbH berechtigt, soweit deren Geschäftsführer von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist.

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Kap. 9 Rz. 9.79 Gewerblich geprägte Immobilien § 8 Gesellschafterversammlung 1. Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Gesellschafterversammlungen gefasst. Die Beschlüsse, wenn sie nicht in Gesellschafterversammlungen gefasst werden, können auch schriftlich, elektronisch oder durch Faxschreiben gefasst werden, wenn sich alle Gesellschafter an der Beschlussfassung beteiligen. 2. Jeder Gesellschafter kann sich durch einen anderen Gesellschafter oder einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten in der Gesellschafterversammlung vertreten und/oder beraten lassen. Vollmachten sind in schriftlicher Form der Gesellschaft zu übergeben. 3. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 3/4 aller Stimmen anwesend oder vertreten sind. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so ist eine erneute Gesellschafterversammlung mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen, die aber nicht vor 14 Tagen, gerechnet vom Tage der Absendung der erneuten Einladung, und nicht später als einen Monat, gerechnet vom Tage der ersten Gesellschafterversammlung, stattfinden darf. Diese Gesellschafterversammlung ist in jedem Fall beschlussfähig. Auf diese Rechtsfolge ist in der Einladung hinzuweisen. 4. Die ordentliche Gesellschafterversammlung findet alljährlich innerhalb der ersten elf Monate nach Ende des Geschäftsjahres statt. 5. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt durch die persönlich haftende Gesellschafterin durch Textform oder über E-Mail- oder Internetladung. Die Ladung hat mit einer Frist von 14 Tagen zu erfolgen, wobei der Tag der Ladung und der Tag der Versammlung nicht mitzurechnen sind. Tagungsort, Tagungszeit und Tagesordnung sind in der Ladung mitzuteilen. § 9 Kostenersatz, Vergütung 1. Die persönlich haftende Gesellschafterin erhält alle Kosten ersetzt, die durch die Geschäftsführung und Vertretung für diese Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar entstehen, sowie alle von ihr im Interesse der Gesellschaft gemachten Aufwendungen. Die steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der persönlich haftenden Gesellschafterin, wie z.B. Körperschaftsteuer, werden nicht vergütet. 2. Der Kostenersatz nach Abs. 1 gilt im Verhältnis zu den Gesellschaftern untereinander als Kosten der Gesellschaft und ist auch in Verlustjahren zu leisten. 3. Den Geschäftsführern M und F steht eine Geschäftsführervergütung i.H.v. je monatlich … Euro zu, die eine Vorausvergütung darstellt. § 10 Jahresabschluss Der Jahresabschluss ist von der persönlich haftenden Gesellschafterin innerhalb der gesetzlichen Frist des § 264 HGB nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres zu erstellen. § 11 Gewinn- und Verlustbeteiligung 1. Die persönlich haftende Gesellschafterin erhält für die Übernahme der persönlichen Haftung einen Gewinnanteil von 4 % ihres Stammkapitals. 2. Der verbleibende Jahresüberschuss entfällt auf die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen. 812

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.79 Kap. 9

3. Ein eventueller Jahresfehlbetrag wird unter den Gesellschaftern wie folgt aufgeteilt: Die persönlich haftende Gesellschafterin nimmt am Verlust nicht teil, ohne dass hierdurch die Haftung der Gesellschafter erweitert oder eine Nachschusspflicht begründet wird. Der auf die Gesellschafter entfallende Verlustanteil wird im Verhältnis der Festeinlagen verteilt. § 12 Gesellschafterkonten 1. Für den persönlich haftenden Gesellschafter wird ein Verrechnungskonto geführt. 2. Für jeden Kommanditisten werden zwei Kapitalkonten, ein Privatkonto und ein Verlustvortragskonto geführt. a) Das Kapitalkonto I ist fest; auf ihm wird die Pflichteinlage des jeweiligen Kommanditisten verbucht. b) Das Kapitalkonto II ist beweglich; auf ihm wird der nichtentnahmefähige Gewinn verbucht. c) Auf dem Privatkonto werden der entnahmefähige Gewinn sowie alle sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verbucht; der entnahmefähige Gewinn jedoch nur, soweit dieser nicht zum Ausgleich des Verlustvortragskontos benötigt wird. d) Auf dem Verlustvortragskonto werden die Verlustanteile eines Gesellschafters gebucht, bis dieses ausgeglichen ist (Unterkonto von Kapitalkonto II). e) Die Gesellschaft kann ein gemeinsames Rücklagenkonto einrichten. 3. Die im Handelsregister eingetragenen Kommanditanteile sind maßgeblich für das Stimmrecht. Die Gewinn- und Verlustverteilung erfolgt unter Berücksichtigung der Kapitalkonten I und II. Im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters wird der Anteil am Gesamthandsvermögen durch die Summe der Kapitalkonten I und II sowie des anteiligen Rücklagenkontos gem. § 97 Abs. 1 a BewG ermittelt. § 13 Entnahmen 1. Guthaben auf Privatkonten sind entnahmefähig. 2. Darüber hinaus sind Entnahmen nur aufgrund eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses zulässig. 3. Eine Entnahme ist solange und soweit ausgeschlossen, als die Einlage des Kapitalkontos I durch Verlust gemindert ist. § 14 Verfügungen über den Gesellschaftsanteil 1. Verfügungen jeder Art über den Gesellschaftsanteil (z.B. Abtretung, Verpfändung und Nießbrauchbestellung) bedürfen der einstimmigen Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung. 2. Der vorstehenden Genehmigung bedarf es nicht bei Übertragung des Gesellschaftsanteils an Abkömmlinge oder bei der Nießbrauchbestellung gem. § 15 Abs. 2.

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Kap. 9 Rz. 9.79 Gewerblich geprägte Immobilien § 15 Vererbung von Gesellschaftsanteilen 1. Im Falle des Todes eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt, soweit es sich hierbei um Abkömmlinge oder Mitgesellschafter handelt. Andernfalls wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt, wobei die unzulässig zugewendete Beteiligung dem betroffenen Gesellschafterstamm anwächst, so dass die Gesellschafterstämme M und F mit je 50 % beteiligt bleiben. Abfindungen gem. § 17 hat der Gesellschafterstamm zu entrichten, dem der Gesellschaftsanteil anwächst. Von der Nachfolge ausgeschlossene Erben oder Vermächtnisnehmer erhalten eine Abfindung gem. § 17. 2. Zugunsten von Ehegatten kann ein Nießbrauch an dem Gesellschaftsanteil auf Lebenszeit angeordnet werden. § 16 Kündigung der Gesellschaft Die Gesellschaft ist mit einer Frist von sechs Monaten erstmals zum 31.12.2045, kündbar. Wird sie nicht gekündigt, so verlängert sie sich jeweils um ein Jahr. Die hierbei einzuhaltende Kündigungsfrist beträgt ebenfalls sechs Monate zum Ende des Geschäftsjahres. Die Kündigung hat durch einen eingeschriebenen Brief an die Gesellschaft zu Händen der Geschäftsführung zu erfolgen. § 17 Abfindung 1. Mit dem nach den jeweiligen erbschaftsteuerlichen Bewertungsgrundsätzen zu ermittelnden Abfindungsguthaben sind sämtliche Forderungen des ausscheidenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft abgegolten mit Ausnahme eventueller Salden auf dem Privatkonto. 2. Das gesamte Abfindungsguthaben wird in drei Jahresraten, beginnend ein Jahr nach dem Ausscheidungsstichtag, mit den jeweiligen Jahreszinsen entrichtet. 3. Das Abfindungsguthaben wird seit dem Ausscheidungsstichtag mit 2 % p.a. verzinst. § 18 Ausschluss eines Gesellschafters 1. Ein Gesellschafter kann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn dies im Vertrag vorgesehen ist oder aber, wenn er wesentliche Gesellschafterpflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Das Gleiche gilt bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der immer anzunehmen ist, wenn über das Vermögen des Gesellschafters das Insolvenzverfahren rechtskräftig eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird, ein Gesellschafter eine eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO abgibt oder die Zwangsvollstreckung durch die Gläubiger des Gesellschafters aufgrund eines nicht nur vorläufig vollstreckbaren Titels in den Geschäftsanteil betrieben wird und es dem Gesellschafter nicht gelingt, die vorgenannten Maßnahmen innerhalb von drei Monaten rückgängig zu machen, oder aber der Gläubiger die Kündigung der Gesellschaft erklärt. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unverzüglich der Gesellschaft mitzuteilen. 2. Im Falle der Pfändung durch einen Gläubiger steht den übrigen Gesellschaftern das Recht zu, den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger nach Maßgabe dieses Vertrages abzufinden und den betroffenen Gesellschafter gem. Abs. 1 aus der Gesellschaft auszuschließen, es sei denn, dass dem betroffenen Gesellschafter innerhalb der 814

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.79 Kap. 9

in Abs. 1 genannten Frist die Rückgängigmachung der Vollstreckungsmaßnahmen gelingt. 3. Die Ausschließung erfolgt gegen Entgelt i.H.v. 60 % – sechzig vom Hundert – des gem. § 17 Abs. 2 zu ermittelnden Abfindungsguthabens. 4. Die Ausschließung erfolgt durch Gesellschafterbeschluss. Der betroffene Gesellschafter hat hierbei kein Stimmrecht. Die Gesellschafterrechte ruhen ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung unabhängig von der Ermittlung und Zahlung des Abfindungsguthabens. 5. Sicherheiten bezüglich der Abfindung kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht verlangen. § 19 Ausscheiden eines Gesellschafters 1. Scheidet ein Gesellschafter, gleich aus welchem Grund, aus der Gesellschaft aus, so wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Das Gleiche gilt, wenn ein persönlich haftender Gesellschafter ausscheidet und ein weiterer persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist. 2. Scheidet der alleinige persönlich haftende Gesellschafter aus, wird die Gesellschaft aufgelöst, es sei denn, dass die Gesellschafter mit Stimmenmehrheit sich bis zum Auflösungszeitpunkt für einen neuen persönlich haftenden Gesellschafter entschieden haben und die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. 3. Sofern aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters dessen Beteiligung nur einem Gesellschafterstamm anwächst, hat auch dieser allein die Abfindung zu entrichten. § 20 Auflösung der Gesellschaft 1. Die Auflösung der Gesellschaft kann unbeschadet des § 19 nur mit 3/4-Mehrheit beschlossen werden. 2. Die Liquidation wird durch den persönlich haftenden Gesellschafter durchgeführt. § 21 Mediation 1. Bei Streitigkeiten in Zusammenhang mit diesem Gesellschaftsvertrag ist jeder Gesellschafter erst zur Klageerhebung berechtigt, wenn zuvor ein Konfliktvermittlungsverfahren (Mediation) durchgeführt wurde. Der Streitschlichter wird vom Präsidenten des für die Gesellschaft zuständigen LG, ersatzweise von dem Präsidenten der Notarkammer, in deren Bereich sich der Sitz der Gesellschaft befindet, bestimmt, wenn sich die Beteiligten nicht innerhalb von vier Wochen nach schriftlicher Geltendmachung von Ansprüchen aus diesem Gesellschaftsvertrag auf eine andere Person einvernehmlich einigen. Der Mediator bestimmt das Verfahren und auch die Gebühren für die Mediation. 2. Jeder Gesellschafter ist berechtigt, das Konfliktvermittlungsverfahren nicht mehr weiter zu betreiben, wenn der von ihm geltend gemachte Anspruch in den nächsten drei Monaten zu verjähren droht und die übrigen Beteiligten nicht bereit sind, für die Dauer eines Jahres auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Die Kosten der Mediation trägt die Gesellschaft.

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Kap. 9 Rz. 9.80 Gewerblich geprägte Immobilien § 22 Schlussbestimmungen 1. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages oder Teile von Bestimmungen nichtig oder unwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen oder des Teils der Bestimmungen hiervon nicht berührt. Die ungültige Bestimmung bzw. der ungültige Teil der Bestimmung ist dann so umzudeuten oder zu ergänzen, dass der mit der unwirksamen Bestimmung beabsichtigte wirtschaftliche oder rechtliche Zweck im Rahmen des rechtlich Zulässigen erreicht wird. Dasselbe gilt, wenn bei Durchführung des Gesellschaftervertrages eine ergänzungsbedürftige Vertragslücke offenbar wird. 2. Die Kosten dieses Vertrages werden von der Gesellschaft getragen. …, den …

c) Registeranmeldung der X-Verwaltungs-GmbH

9.80

M73 Registeranmeldung der X-Verwaltungs-GmbH An das AG … – Registergericht – – per EGVP – Neuanmeldung der X-Verwaltungs-GmbH Zum Handelsregister überreichen wir: beglaubigte elektronische Abschrift des zu Urkunde des beglaubigenden Notars vom heutigen Tage geschlossenen Gesellschaftsvertrages URNr. …/… worin auch unsere Bestellung zu ersten Geschäftsführern enthalten ist, elektronische Wiedergabe der Liste der Gesellschafter, welche die Geschäftsanteile übernommen haben. Zur Eintragung wird angemeldet: Wir, die Geschäftsführer M und F, melden die oben genannte Firma unter der oben genannten Geschäftsanschrift und uns als Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Vertretungsregelung melden wir wie folgt an: Sofern nur ein Geschäftsführer bestellt ist, wird die Gesellschaft von diesem alleine vertreten. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Wir, die Geschäftsführer M und F, vertreten jeweils stets einzeln und sind jeweils von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.80 Kap. 9

Wir versichern jeweils, dass – die übernommenen Stammeinlagen durch die Gesellschafter folgendermaßen einbezahlt worden sind: Gesellschafter

Stammeinlage

Einzahlungsbetrag

M

12.500 a

12.500 a

F

12.500 a

12.500 a

– sich die einbezahlten Beträge endgültig zu unserer freien Verfügung als Geschäftsführer befinden, und dass das Anfangskapital der Gesellschaft – mit Ausnahme des Gründungsaufwands in der in der Satzung festgesetzten Höhe – nicht vorbelastet ist. Ferner versichert jeder von uns: „Ich bin durch den beglaubigenden Notar über meine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden, ebenso darüber, dass falsche Versicherungen strafbar sind. Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG vom Amt eines Geschäftsführers ausgeschlossen wäre. Während der letzten 5 Jahre ist kein Urteil rechtskräftig geworden, wonach ich wegen des Unterlassens der Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), nach §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten), wegen falscher Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG, wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG oder nach § 263 StGB bis § 264a, § 265b StGB bis § 266a StGB (Delikte aus dem Bereich Betrug und Untreue) verurteilt worden wäre. Auch im Ausland wurde ich nicht wegen einer vergleichbaren Tat rechtskräftig verurteilt. Mir ist gegenwärtig weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare Entscheidung der Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufes, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt, somit auch nicht im Rahmen des Unternehmensgegenstandes der Gesellschaft. Ich wurde nicht aufgrund einer behördlichen Anordnung in einer Anstalt verwahrt. Weiter erklärt jeder von uns, dass er keinem Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB bei der Besorgung mseiner Vermögensangelegenheiten unterliegt.“ Der beglaubigende Notar wird angewiesen, diese Anmeldung erst beim Registergericht einzureichen, nachdem ihm durch Bestätigung eines Geschäftsführers in Textform die Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung im vorstehenden Umfang nachgewiesen ist. Um Eintragungsnachricht an die Gesellschaft und den beglaubigenden Notar wird gebeten. Die Gesellschaft ersucht um Erteilung eines beglaubigten Auszuges aus dem Handelsregister auf ihre Kosten und an ihre Anschrift.

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Kap. 9 Rz. 9.81 Gewerblich geprägte Immobilien Der beglaubigende Notar, sein amtlich bestellter Vertreter, Amtsnachfolger und sein Sozius werden jeweils ermächtigt, die Beteiligten im Eintragungsverfahren uneingeschränkt zu vertreten sowie alle zur Wirksamkeit und zum Vollzug zweckdienlichen Erklärungen abzugeben. …, den … (Geschäftsführer)

(Herr M)

(Frau F)

(Unterschriftsbeglaubigung)

d) Registeranmeldung der X-Immo GmbH & Co. KG

9.81

M74 Registeranmeldung der X-Immo GmbH & Co. KG An das AG … – Registergericht – – per EGVP – Neuanmeldung einer Kommanditgesellschaft X Immo GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … (Anschrift: …) Zur Eintragung in das Handelsregister wird angemeldet: 1. Wir, die unterzeichnenden Gesellschafter, haben unter der Firma X Immo GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … eine Kommanditgesellschaft errichtet. Wir melden die Gesellschaft mit der eingangs genannten Anschrift als inländische Geschäftsanschrift zur Eintragung in das Handelsregister an. 2. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung des eigenen Vermögens. 3. Abstrakte Vertretungsregelung: Die Gesellschaft wird von jedem Komplementär einzeln vertreten. 4. Konkrete Vertretungsregelung: Persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) ist: X Verwaltungs-GmbH mit dem Sitz in … . Dieser ist stets einzelvertretungsberechtigt. Er ist mit Wirkung für sich und seine Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB (Selbstkontrahierungsverbot und Mehrfachvertretungsverbot) befreit. 5. Kommanditisten der Gesellschaft sind mit folgenden Haftsummen: Kommanditist

einzutragende Haftsumme

Herr M

1.000 a

Frau F

1.000 a

818

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.82 Kap. 9

6. Um Eintragungsnachricht an die Gesellschaft und den beglaubigenden Notar wird gebeten. Die Gesellschaft ersucht um Erteilung eines beglaubigten Handelsregisterauszuges auf ihre Kosten und an ihre Anschrift. 7. Der jeweilige Komplementär – bei mehreren jeder einzelne von ihnen – ist unwiderruflich bevollmächtigt, Anmeldungen zum Handelsregister jeder Art vorzunehmen und in diesem Zusammenhang sämtliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, befreit von den Beschränkungen des § 181 BGB. Die Vollmacht erlischt nicht durch das Ableben des jeweiligen Vollmachtgebers. Gegenüber dem Handelsregister ist die Vollmacht unbeschränkt. 8. Der beglaubigende Notar, sein amtlich bestellter Vertreter, Amtsnachfolger und sein Sozius werden jeweils ermächtigt, die Beteiligten im Eintragungsverfahren uneingeschränkt zu vertreten sowie alle zur Wirksamkeit und zum Vollzug zweckdienlichen Erklärungen abzugeben. …, den … … (Herr M)

… (Frau F)

Unterschriftsbeglaubigung

2. Grundstückseinbringung in die X-Immo-GmbH & Co. KG mit Kapitalerhöhung a) Einbringungsurkunde

M75 Grundstückseinbringung mit Kapitalerhöhung

9.82

I. Grundbuch Im Grundbuch des AG … für … Blatt … sind die Ehegatten M und F als Miteigentümer zu gleichen Teilen an folgendem Grundstück der Gemarkung … eingetragen, FlNr. 1 Lindenstraße 1 zu 1.000 m2 Abteilung II und III sind lastenfrei. II. Einbringung Die Ehegatten M und F bringen den vorstehend in Abschnitt I bezeichneten Grundbesitz in die X-Immo-GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … mit allen Rechten und Pflichten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Die Buchung1 der Sacheinlage erfolgt i.H.v. 49.000 a auf Kapitalkonto I, während der darüber hinaus gehende Teilwert auf Kapitalkonto II gebucht wird.

1 Wegen der Buchung der Sacheinlage auf Kapitalkonten vgl. oben Rz. 9.37.

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819

Kap. 9 Rz. 9.83 Gewerblich geprägte Immobilien III. Auflassung Die Grundstückseigentümer sind über den vereinbarten Eigentumsübergang auf die X-Immo-GmbH & Co. KG einig und bewilligen und beantragen diese als Alleineigentümerin im Grundbuch einzutragen. Vollzugsmitteilung wird an den Notar erbeten. IV. Hinweise Der beurkundende Notar hat auf Folgendes hingewiesen: – alle zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen sind in diese Urkunde aufzunehmen; – diese Urkunde ist gem. § 8 ErbStDV dem Schenkungsteuerfinanzamt anzuzeigen; – die Grunderwerbsteuerstelle erhält gem. § 18 GrEStG eine Abschrift dieser Urkunde. V. Schlussbestimmungen Die Kosten dieser Urkunde trägt die X-Immo-GmbH & Co. KG. Von dieser Urkunde erhalten beglaubigte Abschriften: – die Beteiligten sofort einfache Abschriften: – das Finanzamt Grunderwerbsteuerstelle – das Finanzamt Schenkungsteuerstelle – die Steuerberatungsgesellschaft S. Ausfertigungen: – die Beteiligten nach grundbuchamtlichen Vollzug

b) Registeranmeldung der Kapitalerhöhung

9.83

Bei Personengesellschaften ist kein Werthaltigkeitsnachweis gegenüber dem Registergericht zu erbringen.

9.84

M76 Registeranmeldung der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage Zur Eintragung in das Handelsregister wird angemeldet, dass der Kommanditist M und die Kommanditistin F ihre Kommanditanteile von bisher 1.000 a um je 49.000 a auf 50.000 a erhöht haben. Die Kapitalerhöhung erfolgte durch Einbringung von Grundbesitz gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Die Geschäftsräume befinden sich unverändert in …; dies ist auch die inländische Geschäftsanschrift i.S.v. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB. Unterschriftsbeglaubigung 820

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.85 Kap. 9

3. Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG

M77 Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG

9.85

I. Sachstand 1. Herr M und Frau F sind an der X-Verwaltungs-GmbH mit dem Sitz in … mit einem Stammkapital i.H.v. 25.000 a mit je 12.500 Anteilen zu je 1 a beteiligt. Die Gesellschaftsanteile sind nach Angabe in voller Höhe einbezahlt. II. Vertragsgegenstand Vertragsgegenstand sind alle vorstehend unter Abschn. I bezeichneten Geschäftsanteile, die insgesamt einem Anteil von 100 % am Stammkapital der Gesellschaft entsprechen. III. Einbringung 1. Der jeweilige Veräußerer bringt hiermit den unter II. bezeichneten Vertragsgegenstand mit allen Rechten und Pflichten in die X-Immo-GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … – nachfolgend kurz: „Erwerber“ – ein. 2. Der Veräußerer tritt die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile an den Erwerber ab. Der Erwerber nimmt die Übertragung und Abtretung hiermit ausdrücklich an. 3. Die Übertragung und Abtretung erfolgen mit dinglicher Wirkung zum heutigen Tag (Übertragungsstichtag). IV. Gegenleistung Die Einbringung erfolgt unentgeltlich unter Buchwertfortführung. V. Zustimmung Der Veräußerer erklärt, – dass zur Veräußerung des Geschäftsanteils keine weitere Zustimmung erforderlich ist; – dass bezüglich des Vertragsgegenstandes keine Ankaufs- oder Vorkaufsrechte bestehen. VI. Haftung des Veräußerers Der Veräußerer übernimmt gegenüber dem Erwerber eine Garantie dafür, dass die in Abschnitt I. und V. dieser Urkunde gemachten Angaben richtig sind.

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821

Kap. 9 Rz. 9.85 Gewerblich geprägte Immobilien VII. Hinweise Der Notar hat über folgendes belehrt: a) Alle Vertragsabreden müssen vollständig und richtig beurkundet sein. b) Die mit dem Geschäftsanteil verbundene gesetzliche Haftung geht auf den Erwerber über. Für etwaige nicht erbrachte Geldeinlagen und für etwaige Fehlbeträge nicht vollwertig geleisteter Sacheinlagen des Abtretenden und aller anderen Gesellschafter haftet der Erwerber neben dem Veräußerer unbeschränkt. c) Die Beteiligten erklären, dass sie rechtzeitig vor der Beurkundung einen Vertragsentwurf erhalten haben und somit ausreichend Gelegenheit hatten, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. VIII. Gesellschafterliste Die Vertragsteile erklären, dass sämtliche für die Wirksamkeit der heutigen Abtretung erforderlichen Erklärungen, Genehmigungen und sonstigen Voraussetzungen vorliegen und weisen den Notar an, unmittelbar nach der heutigen Beurkundung die notarbescheinigte Liste der Gesellschafter gem. § 40 Abs. 2 GmbHG beim Registergericht einzureichen. IX. Vollmacht Die Beteiligten als bisherige und künftige Gesellschafter der X-GmbH halten hiermit unter Verzicht auf alle Form- und Fristvorschriften eine Gesellschafterversammlung der X-GmbH ab und beschließen einstimmig was folgt: Der Gesellschaft wird ein neuer § 8 (Stimmrechtsvollmacht) angefügt, der wie folgt lautet: „Solange die X Immo GmbH & Co. KG mit dem Sitz in … alleinige Gesellschafterin der X Verwaltungs GmbH mit dem Sitz in … ist, sind die Kommanditisten bevollmächtigt, in der Gesellschafterversammlung der GmbH das Stimmrecht im Verhältnis ihrer Kommanditbeteiligung auszuüben, sofern der Geschäftsführer an der Ausübung gehindert ist.“ X. Schlussbestimmungen Die Kosten dieser Urkunde einschließlich Gesellschafterliste trägt, unbeschadet der gesamtschuldnerischen Haftung der Beteiligten, der Erwerber. Die Kosten der Gesellschafterversammlung gem. Ziff. IX. samt Vollzug trägt die Gesellschaft. Von dieser Urkunde erhalten: AUSFERTIGUNGEN: – der Abtretende und der Erwerber sofort je eine BEGLAUBIGTE ABSCHRIFTEN: – die Gesellschaft eine – das Registergericht elektronisch beglaubigt

822

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.86 Kap. 9

EINFACHE ABSCHRIFTEN: – das Finanzamt -Körperschaftstelle– das Finanzamt -Schenkungsteuerstelle– das Finanzamt -Grunderwerbsteuerstelle– der Steuerberater der Gesellschaft Vorgelesen vom Notar,

4. KG-Anteilsübertragung

M78 KG-Anteilsübertragung

9.86

Beurkundet am … I. Sachstand 1. Im Handelsregister des AG … ist unter HR A … die Gesellschaft in Firma X Immo GmbH & Co. KG mit dem Sitz in Adorf eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die im Handelsregister des AG … unter HR B … eingetragene Firma X Verwaltungs-GmbH mit dem Sitz in Adorf ohne Einlage. Kommanditisten sind Herr M mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 50.000 a und Frau F mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 50.000 a. 2. Die Kommanditgesellschaft hat Grundbesitz. II. Überlassung Herr M und Frau F – im Folgenden auch „Übergeber“ genannt – überlassen von ihren vorbezeichneten Kommanditeinlagen a) an ihren Sohn S und b) an ihre Tochter T - im Folgenden auch „Erwerber“ genannt je einen Teilanteil i.H.v. 10.000 a. Nach der vorbezeichneten Überlassung beschreiben sich somit die Anteilsverhältnisse sämtlicher Kommanditisten wie folgt: a) Herr M mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 30.000 a b) Frau F mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 30.000 a c) Herr S mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 20.000 a und d) Frau T mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 20.000 a. Die Überlassung an die Kinder erfolgt unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Spiegelberger

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Kap. 9 Rz. 9.86 Gewerblich geprägte Immobilien III. Abtretung Die Vertragsteile sind darüber einig, dass der jeweils in Abschnitt II bezeichnete Kommanditanteil auf den jeweiligen Erwerber im vorgenannten Berechtigungsverhältnis zum Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister übergeht. IV. Gewinn und Verlust An dem Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind während der Dauer des Nießbrauchs die Beteiligten in dem in Abschnitt VI. bezeichneten Verhältnis beteiligt. V. Haftung Der Übergeber garantiert, dass die übertragenen Gesellschaftsanteile lastenfrei übergehen. Jegliche weitergehende Rechts- und Sachmängelhaftung wird ausgeschlossen. Der Inhalt des Gesellschaftsvertrages der X Immo GmbH & Co. KG ist den Erwerbern bekannt. Diese treten in alle Rechte und Pflichten aus diesem Gesellschaftsvertrag ein. VI. Nießbrauch Jeder Übergeber behält sich auf seine Lebensdauer den Nießbrauch zu 95 % an den übergebenen Gesellschaftsanteilen vor. Somit stehen für die Dauer des Nießbrauchs 95 % aller entnahmefähigen, auf den nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteil entfallenden Gewinne dem Nießbraucher zu, der im selben Umfang an etwaigen Verlusten beteiligt ist. Außerordentliche Erträge gebühren im vollen Umfang dem Gesellschafter, so dass der Nießbraucher an außerordentlichen Erträgen nicht beteiligt ist. Die Gewinnverteilungsabrede des Gesellschaftervertrages wird entsprechend geändert. Soweit den Beteiligten aus den Gesellschaftsanteilen steuerliche Belastungen erwachsen, insbesondere eine Einkommensteuerschuld, sind die Beteiligten berechtigt, insoweit die Steuern aus dem Gesellschaftsvermögen zu entnehmen. Für die Stimmrechte an den nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteilen gelten folgende Bestimmungen: Der Nießbraucher übt das Stimmrecht bei Beschlüssen über die laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft und die zur Sicherung seines Fruchtziehungsrechtes notwendigen Kontroll- und Informationsrechte aus. Bei außerordentlichen Angelegenheiten gebührt das Stimmrecht allein dem Gesellschafter. Darüber hinaus stehen dem Gesellschafter alle gesetzlichen Kontroll- und Informationsrechte zu. Im Falle der Veräußerung von Grundstücken steht dem Nießbraucher das Nießbrauchsrecht an dem Surrogat zu. VII. Widerruf der Schenkung Hinsichtlich der den Kindern geschenkten Gesellschaftsanteile wird Folgendes vereinbart: Neben den gesetzlichen Rückübertragungsfällen ist jeder Übergeber berechtigt, die der jeweiligen Anteilsübertragung zugrunde liegende Schenkung ganz oder teilweise zu wi824

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.86 Kap. 9

derrufen und die unentgeltliche Rückübertragung des jeweiligen Anteils zu verlangen, wenn a) der Erwerber seinen Gesellschaftsanteil ohne Zustimmung des Übergebers veräußert, belastet, verpfändet oder einem Dritten eine Unterbeteiligung einräumt, es sei denn, dass die Verfügung zugunsten eines Abkömmlings erfolgt, b) der Erwerber vor dem Übergeber verstirbt, ohne dass der Gesellschaftsanteil ausschließlich auf leibliche Abkömmlinge übergeht, c) der Erwerber die Gesellschaft vertragswidrig kündigt, d) eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Erwerbers eintritt oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erwerbers droht oder die Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand betrieben wird, ohne dass der Erwerber die Maßnahme innerhalb von drei Monaten abwendet, e) der Erwerber mit seinem (künftigen) Ehegatten nicht Gütertrennung oder modifizierte Zugewinngemeinschaft mit dem Inhalt vereinbart, dass der Vertragsgegenstand im Falle eines Güterstandswechsels, insbesondere im Falle der Scheidung der Ehe aus dem Zugewinnausgleich und im Falle des Versterbens auf Grund eines beschränkten Pflichtteilsverzichts aus dem Ehegattenpflichtteilsrecht ausscheidet, wobei das Rücktrittsrecht bereits ausgeübt werden kann, wenn der Erwerber auf Verlangen nicht innerhalb eines Monats eine beglaubigte notarielle Urkunde mit diesem Inhalt beibringt, f) die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflichtteils eintreten, g) der Erwerber der Spiel-, Drogen- oder Alkoholsucht verfällt, h) der Erwerber sich einer im Sektenbericht des Bundes, eines Bundeslandes oder einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft aufgeführten Sekte oder einer im „Verzeichnis extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ des Bayerischen Staatsministerium des Innern in der jeweils gültigen Fassung aufgeführten Vereinigung anschließt oder i) durch die Übertragung Schenkungsteuer anfällt, wobei der Rücktritt auch teilweise, also hinsichtlich des Teils eines übertragenen Gesellschaftsanteils ausgeübt werden kann, der zu einer Schenkungsteuerpflicht geführt hat. Der Widerruf erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Erwerber. Das Widerrufsrecht ist nicht vererblich oder übertragbar, es sei denn dass es bereits zu Lebzeiten ausgeübt wurde. VIII. Zustimmung Gemäß § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ist zur Abtretung von Gesellschaftsanteilen an leibliche Abkömmlinge eines Gesellschafters die Zustimmung der übrigen Gesellschafter nicht erforderlich. Der Übergeber stimmt der Abtretung auch namens der Komplementär-GmbH zu.

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Kap. 9 Rz. 9.87 Gewerblich geprägte Immobilien IX. Hinweise Die Vertragsteile wurden vom Notar hingewiesen auf a) das Erfordernis der vollständigen Beurkundung aller Vereinbarungen, b) die mögliche Schenkungsteuerpflicht gem. § 7 ErbStG. X. Kosten, Ausfertigungen Die Kosten dieser Urkunde und des Vollzuges trägt die Gesellschaft, eine etwa anfallende Schenkungsteuer trägt der Erwerber. Von dieser Urkunde erhalten: Ausfertigungen die Vertragsteile einfache Abschriften: das Finanzamt – Schenkungsteuerstelle – das Finanzamt – Grunderwerbsteuerstelle – der Steuerberater der Gesellschaft. Vorgelesen vom Notar …

5. Registeranmeldung der KG-Anteilsübertragung

9.87

M79 Registeranmeldung der KG-Anteilsübertragungen Zur Eintragung in das Handelsregister wird angemeldet: Die Kommanditisten Herr M und Frau F haben im Wege der Sonderrechtsnachfolge von ihren Kommanditanteilen übertragen: a) an ihren Sohn S und b) an ihre Tochter T je einen Teilanteil i.H.v. 10.000 a Die Einlage der Kommanditisten M und F ist deshalb je auf 30.000 a herabgesetzt. Die Erwerber S und T sind mit der vorgenannten Kommanditeinlage neu in die Gesellschaft eingetreten. Es wird versichert, dass die Kommanditgesellschaft für die Übertragung der KG-Anteile keinerlei Leistungen versprochen oder gewährt hat.

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.89 Kap. 9

6. Anmerkung Der BFH hat seine Grunderwerbsteuer-Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG durch Urteil vom 12.3.20141 geändert. Verkauft ein Kommanditist einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG seine Gesellschaftsbeteiligung an den einzigen anderen Kommanditisten und ist die KG die einzige Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH, ist – vorbehaltlich einer Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG – der Tatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt, so dass die Anteilsübertragung der Grunderwerbsteuer unterliegt. Der Umstand, dass der erwerbende Kommanditist mittelbar über seine Kommanditgesellschaft zu 100 % an der Komplementär-GmbH beteiligt ist, rechtfertigt nach Auffassung des BFH eine unterschiedliche Behandlung gegenüber der Gestaltung, dass der 100%ige Kommanditist nicht über die KG, sondern unmittelbar zu 100 % an der GmbH beteiligt ist2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine durch die KG als Gesellschafterin der Komplementär-GmbH und die Komplementär-GmbH als Gesellschafterin der KG vermittelte (mittelbare) Beteiligung an der KG besteht, ist demgegenüber die im Innenverhältnis bestehende Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftskapital der KG maßgebend. Einer unmittelbaren Anteilsvereinigung steht die Beteiligung der Komplementär-GmbH am Gesamthandsvermögen der KG entgegen. Wenn die KG Alleingesellschafterin der KG wird, ist ohne Rücksicht auf die im Gesellschaftsvertrag der KG getroffenen Regelungen davon auszugehen, dass der 100%ige Kommanditist seinen Willen in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise bei der KG durchsetzen kann. Im Ergebnis ist bei einer Einheits-GmbH & Co. KG auf die Grunderwerbsteuerpflicht durch Anteilsvereinigung besonders zu achten.

9.88

Eine weitere Verschärfung enthält die Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 20.1.20153. Danach liegt ein 100%iger Gesellschafterwechsel aufgrund eines Gesamtplans zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer auch dann vor, wenn in zwei Erwerbsvorgängen zunächst 94 % und – nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist – aufgrund einer Bevollmächtigung weitere 6 % der Anteile an einer Personengesellschaft übertragen werden. Entscheidend nach Auffassung des FG ist, dass die Einräumung der Vollmacht dazu geführt hat, dass die Bevollmächtigten wirtschaftlich wie Gesellschafter agieren konnten. Die Revision wurde durch das FG zugelassen.

9.89

Einstweilen frei.

9.90

III. Realteilung einer grundstückbesitzenden GmbH & Co. KG Literatur: BMF-Schreiben vom 20.12.2016 (Koordinierter Ländererlass) IV C 6-S-2242/07/ 10002: 004, DStR 2017, 106; Bünning, Änderung der Rechtsprechung: Realteilung erfordert nicht die Auflösung der Mitunternehmerschaft, BB 2015, 754; Günther, Anwendungserlass 1 BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12, BStBl. II 2016, 356 = DStR 2014, 1389 = GmbHR 2014, 950 = ZfIR 2014, 705. 2 Vgl. Pahlke5, § 1 GrEStG Rz. 323. 3 FG Baden-Württemberg v. 20.1.2015 – 5 K 1652/11, EFG 2016, 1019.

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Kap. 9 Rz. 9.91 Gewerblich geprägte Immobilien zur Realteilung, ErbStB 2017, 74; Hess, Der Gesamtplan ist tot, es lebe der Gesamtplan, BB 2016, 882; Hess, Neues BMF-Schreiben zur Realteilung – Eine sehr zurückhaltende Annäherung an die neue BFH-Rechtsprechung, BB 2017, 363; Wiese/Lukas, BFH erweitert Anwendungsbereich der Realteilung, Anmerkungen zum BFH-Urt. v. 17.9.2015 – III R 49/13, DStR 2016, 1078.

1. Einkommensteuerliche Privilegierung

9.91

Bei mitunternehmerisch tätigen Personengesellschaften ergeben sich bei dem Ausscheiden einzelner Gesellschafter durch Sachwertabfindung regelmäßig einkommensteuerliche Belastungen wegen der Aufdeckung stiller Reserven. Dies gilt insbesondere, wenn jeder Gesellschafter seine Mitbeteiligung in einer eigenen Gesellschaft verwalten will.

9.92

Wenn die Gesellschafter eine Aufteilung des Grundbesitzes wünschen, z.B. wenn bei Familiengesellschaften nach langjähriger Geschäftsführung durch die Eltern die in die Gesellschaft aufgenommenen Kinder und Enkel jeweils allein über Grundbesitz verfügen wollen, bietet sich eine elegante Aufteilung im Wege der Realteilung gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG an. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG lauten: „Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlungen ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden … Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach Übertragung veräußert oder entnommen werden. Diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.“

9.93

Die Finanzverwaltung knüpft – entgegen der ursprünglichen Intension des Gesetzgebers – an die Liquidation der Ausgangsgesellschaft an, so dass bei dem Ausscheiden einzelner Gesellschafter – während die übrigen Gesellschafter die Ausgangsgesellschaft fortführen – nur Sachwertabfindungen vorliegen, die nur unter Voraussetzung des § 6 Abs. 5 EStG mit Buchwertfortführung übertragen werden können. Der BFH hat mit Urteil vom 16.12.20151 entschieden, dass die vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere Personengesellschaften einer Realteilung zur Mitunternehmerschaft mit Buchwertfortführung nicht entgegensteht, wenn an den anderen Personengesellschaften vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren.

1 BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, DStR 2016, 385 = FR 2016, 510 m. Anm. Wendt.

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B. Übertragung eines KG-Anteils

Rz. 9.94 Kap. 9

Beispiel: Bei einer Familien Immo GmbH & Co. KG wollen die Eltern ihre restlichen Gesellschaftsanteile auf ihre Kinder (gegebenenfalls mit Vorbehaltsnießbrauch) übertragen und sich auch aus der Geschäftsführung zurückziehen. Gestaltungshinweis: a) Gründung von Einpersonen-GmbH & Co. KGs: Bei einer Realteilung durch Einschaltung von Einpersonen-GmbH & Co. KGs ist die Buchwertfortführung des zu verteilenden Grundbesitzes möglich. Bei einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden grundstücksverwaltenden GmbH & Co. KG gründet jeder Gesellschafter eine Einpersonen-GmbH & Co. KG und überträgt seinen Anteil an der bisherigen Immo GmbH & Co. KG auf seine Einpersonen-GmbH & Co. KG.

X-GmbH & Co. KG

A 1/2 KG Anteil

A-GmbH & Co. KG

Anteilsübertragungen

B 1/2 KG Anteil

B-GmbH & Co. KG

b) Eine Stunde später wird die bisherige X-GmbH & Co. KG realgeteilt, indem jeder der beiden Kommanditisten seinen bisherigen KG-Anteil an der Ausgangsgesellschaft in seine Einpersonen-GmbH & Co. KG einbringt. Wiederum eine Stunde später wird die bisher gemeinsam geführte Immo GmbH & Co. KG in der Weise realgeteilt, dass jeder Kommanditist gleichwertige Immobilien aus der Ausgangsgesellschaft erhält und in seine eigene GmbH & Co. KG einbringt. Der BFH bestätigte die Buchwertfortführung, weil die Zwischenschaltung der beiden Einmann-GmbH & Co. KGs kein Gestaltungsmissbrauch sei. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG habe jeder Gesellschafter nur seine eigenen stillen Reserven erhalten. Die Ausgangsgesellschaft kann liquidiert werden.

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9.94

Kap. 9 Rz. 9.95 Gewerblich geprägte Immobilien

Liquidation

X-GmbH & Co. KG

A-GmbH & Co. KG

B-GmbH & Co. KG

9.95

Das BMF hat die Entscheidung des IV. Senats1 nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und im Realteilungserlass vom 20.12.20162 an der bisherigen Auffassung festgehalten, wonach eine Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Realteiler ebenfalls beteiligt ist, eine Übertragung zu Buchwerten nicht möglich sei. Dies gelte auch dann, wenn es sich um eine personenidentische Schwesterpersonengesellschaft handelt. Es empfiehlt sich daher mit der vorstehend zitierten Entscheidung des IV. BFH-Senats3 abzuwarten, bis der IV. Senat erneut Gelegenheit hatte, seine Rechtsprechung zu bestätigen.

9.96

Als Ausweichgestaltung kommt die Ausgliederung eines Wirtschaftsguts unter Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in Betracht, wenn ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft oder umgekehrt übertragen wird. Sofern das Grundstück mit einer valutierten Grundschuld belastet ist, kann die Schuldverpflichtung nicht mit übertragen werden, da insoweit eine entgeltliche Übertragung vorliegt. 2. Teilbetriebsausgliederung

9.97

Eine Realteilung kann auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Gesellschaftern fortgesetzt wird4. Die Teil1 2 3 4

BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, DB 2016, 386 = DStR 2016, 385 = GmbHR 2016, 440. BMF v. 20.12.2016 – IV C 6 - S 2242/07/10002 :004, DStR 2017, 106. BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, DStR 2016, 385 = FR 2016, 510 m. Anm. Wendt. BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = DStR 2016, 377 = GmbHR 2016, 370 = NJW 2016, 1611; FG Nds. v. 27.11.2014 – 1 K 10294/13, BB 2015, 750.

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C. Vermögensverwaltende GmbH & Co. KG

Rz. 9.108 Kap. 9

betriebsübertragung ist grundsätzlich auch insoweit gewinnneutral, als dem übernommenen Teilbetrieb vor dem Ausscheiden des Gesellschafters erhebliche Mittel zugeordnet wurden1. In Abschnitt XIII. 2. Realteilungserlass vom 20.12.20162 ist das BMF der vorstehenden Entscheidung des III. Senats grundsätzlich gefolgt, weist aber darauf hin, dass zurückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen sei, wenn bei einer Realteilung durch Übertragung mit Teilbetrieben Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse von einem nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Mitunternehmer (z.B. natürliche Person) rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen sei, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder nach § 22 UmwStG weiter überträgt.

9.98

9.99–9.105

Einstweilen frei.

C. Vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen I. Beendigung der gewerblichen Prägung Der Umstand, dass der Grundbesitz der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG Betriebsvermögen darstellt, wird – unter langfristiger Betrachtung – steuerlich als nachteilig empfunden, da die im Lauf der Jahre eintretende Wertsteigerung des Grundbesitzes im Falle der Veräußerung zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führt. Sobald die gewerbliche Prägung durch den erwünschten Step-Up ihre Dienste geleitet hat, wird daher – unter Fortführung der erhöhten AfA-Basis – die Rückkehr ins steuerliche Privatvermögen gewünscht.

9.106

Um dem Einwand der Mussbrauchgestaltung gem. § 42 AO vorzubeugen, ist den Gesellschaftern ein mehrjähriges Verbleiben in der Rechtsform der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG anzuraten. Nach dieser Frist kann aber die Betriebsvermögenseigenschaft dadurch beseitigt werden, dass entweder Kommanditisten neben der Komplementär-GmbH die Geschäftsführung übernehmen oder überhaupt die Komplementär-GmbH aus der Gesellschaft ausscheidet, um identitätswahrend und beteiligungsidentisch die Gesellschaft als KG, OHG oder GbR fortzuführen.

9.107

II. Neugründung einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen Selbstverständlich kann die Rechtsform der GmbH & Co. KG auch von vornherein verwendet werden, um ohne gewerbliche Prägung steuerliches Privatvermögen zu 1 III R 49/13. FG Nds. v. 27.11.2014 – 1 K 10294/13, ErbStB 2015, 165 = BB 2015, 750. 2 BMF v. 20.12.2016 – IV C 6 - S 2242/07/10002 :004, DStR 2017, 106 (107, 108).

Spiegelberger

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9.108

Kap. 9 Rz. 9.109 Gewerblich geprägte Immobilien

verwalten. Die Vermeidung der gewerblichen Prägung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfolgt in der angegebenen Weise, dass mindestens einem Kommanditisten neben der Komplementär-GmbH die Geschäftsführung übertragen wird. Der bei der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG eintretende Step-Up kann dadurch nicht erreicht werden.

9.109

Eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit steuerlichem Privatvermögen, welche Grundvermögen vermietet oder verpachtet, erzielt Überschusseinkünfte i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG1.

III. Einkommensteuer 9.110

Die während der Gründung und Beendigung der gewerblichen Prägung entstandenen stillen Reserven sind aufzudecken und zu versteuern. Nach weiteren zehn Jahren kann der Grundbesitz der Gesellschaft steuerfrei veräußert werden, da § 23 EStG nicht mehr eingreift. Hinsichtlich der Grundsätze der Einkünfteerzielung und -zurechnung kann auf Rz. 1.407 ff. verwiesen werden. Auch insoweit sollte darauf geachtet werden, dass die Tätigkeit der KG sich mit Blick auf die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (s. Rz. 1.660) auf Vermögensverwaltung beschränkt.

9.111

Die Übertragung von im Privatvermögen befindlichen Immobilien gegen wiederkehrende Leistungen ist nicht mehr mit dem Sonderausgabenabzug begünstigt, da sie seit 2008 begrifflich keine „Leistung“ i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG n.F. ist (s. Rz. 1.610 ff.). Als Ausweichgestaltung ist die Einräumung eines Nießbrauchs möglich.

IV. Publizitätspflicht 9.112

Auch die Privatvermögen verwaltende GmbH & Co. KG unterliegt dem Kapitalgesellschaft & Co.-Richtlinien-Gesetz und ist damit gem. § 325 HGB zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses verpflichtet. Gemäß § 325b HGB gelten die Straf- und Bußgeld- sowie die Ordnungsgeldvorschriften, die für Kapitalgesellschaften bestehen, entsprechend. Die Publizitätspflicht könnte nur vermieden werden, wenn sich ein Kommanditist entschließen würde, neben der Komplementär-GmbH zusätzlich als persönlich haftender Gesellschafter zu fungieren.

9.113–9.115

Einstweilen frei.

1 BFH v. 2.9.2014 – IX R 52/13, BStBl. II 2015, 263 = DB 2015, 164 = DStR 2015, 160 = GmbHR 2015, 213 Rz. 13.

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D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.116 Kap. 9

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH Die folgenden Ausführungen gelten für eine Aktiengesellschaft im Wesentlichen entsprechend.

I. Die Errichtung einer Immobilienverwaltungs-GmbH Literatur: Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder: Anwendung des § 6a GrEStG, BStBl. I 2010, 1321, und v. 19.6.2012, BStBl. I 2012, 662; Christ, Gestaltungsüberlegungen zur Kapitalgesellschaft als „Vehikel“ steuerfreier unentgeltlicher Vermögensübertragungen, ZEV 2011, 63; Fröhlich, Nachfolgeregelungen: Statuarische Regelung zur „Vererbungsbeschränkung“, GmbH-StB 2011, 283; Gläser/Zöller, Der Begriff der nahestehenden Person i.S.d. § 32d EStG, DStR 2015, 497; Horn, Gründung einer vermögensverwaltenden GmbH, GmbHR 2001, 386; Kaligin, Steueroptimierung durch die vermögensverwaltende thesaurierende Immobilien-GmbH, BB 2013, 414; Kessler/Mirbach, Vorteilhaftigkeitsüberlegungen zur Immobilieninvestition über eine Grund besitzende Kapitalgesellschaft, DStR 2014, 1934; Keuler, Die Sparschwein-GmbH als Gestaltungsmittel nutzen, GStB 2009, 12; Kirchdörfer/Lorz, Familienvermögensgesellschaften als Organisationsmodelle im Rahmen der Familienstrategie und der Planung der Vermögensnachfolge, DB 2004, Beil. Nr. 3, 1; Lohr, Die Bedeutung der Organschaft im Steuerrecht, FS für Spiegelberger (2009), 344; Mohr, GmbH als Rechtsform der Vermögensverwaltung, GmbH-StB 2011, 244; Pietrek/Martini, Neuregelung bei der Besteuerung von Streubesitzdividenden, EStB 2013, 272; Schiffers, Eignung einer GmbH oder GmbH & Co. KG zur Verwaltung größeren privaten Kapitalvermögens („Spardosen-GmbH“), DStZ 2007, 744; Spiegelberger, Vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften in FS für Roth 2011, 801; Strunk, Die Sparschwein-GmbH als Gestaltungsmittel – vielleicht nur etwas für Risikobewusste, GStB 2009, 86; Tröder in: FS für Spiegelberger, Beteiligungen als Sacheinlage – ein Beitrag zum Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im Gesellschaftsrecht, S. 936; Wehrheim/Steinhoff, Die vermögensverwaltende GmbH nach Einführung der Unternehmenssteuerreform bei Veräußerungsgewinnen, DStR 2008, 989; Wiese/Lay, Die Besteuerung sog. „Streubesitzdividenden“ im Körperschaftsteuerrecht, GmbHR 2013, 404.

1. Anwendungsbereich Im Privatvermögen gehaltener Grundbesitz kann – außerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – einkommensteuerfrei veräußert werden, so dass die Grundstücksverwaltung in der Rechtsform einer GmbH bis zum Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform zum 1.1.2009 als wenig attraktiv erschien: denn Kapitalgesellschaften, also auch eine GmbH, unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht und sind Inhaber von Betriebsvermögen. Der von einer GmbH gehaltene Grundbesitz wird daher im Falle einer Veräußerung sogar hinsichtlich einer nur inflationsbedingt eintretenden Wertsteigerung körperschaft- und gewerbesteuerlich erfasst. Auch bei der Veräußerung von Anteilen an einer GmbH, zu deren Vermögen Grundbesitz gehört, und bei der Liquidation einer grundstücksverwaltenden GmbH werden die gebildeten stillen Reserven gem. § 17 EStG besteuert.

Spiegelberger

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9.116

Kap. 9 Rz. 9.117 Gewerblich geprägte Immobilien

9.117

Hinzukommt, dass die Einbringung von Grundbesitz in eine GmbH der Grunderwerbsteuer unterliegt1. Sofern im Einzelfall eine gewerbliche Prägung erwünscht ist (z.B. zur Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage), ist die Rechtsform der GmbH & Co. KG günstiger, da sowohl die Gründung, als auch die Beendigung grunderwerbsteuerfrei gestaltet werden können.

9.118

Nach der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20082 weist allerdings eine GmbH, die nur Grundbesitz innehat, mit lediglich 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) zzgl. 0,83 % Solidaritätszuschlag die niedrigste Ertragssteuerbelastung auf, so dass im Falle der Thesaurierung unbestritten eine Ertragsteuerreduzierung entsteht; diese stellt allerdings im Wesentlichen einen Stundungsvorteil dar, da bei der Liquidation der GmbH wiederum alle eingetretenen Wertzuwächse der Körperschaftsteuer unterliegen und im Teileinkünfteverfahren bei der Einkommensteuer des Gesellschafters gem. § 17 Abs. 4 EStG erfasst werden3.

9.119

Zudem muss in jedem Fall berücksichtigt werden, dass die Rechtsform der GmbH wegen der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht wesentlich kostenintensiver ist als die Vermögensverwaltung im Privatvermögensbereich.

9.120

Allerdings ist nicht zu bestreiten, dass insbesondere bei der Errichtung einer thesaurierenden Grundstücks-GmbH zur Altersvorsorge die unterbliebenen Steuerabflüsse vermögensbildend wirken4. Darüber hinaus können alle Reparaturen und Erhaltungsaufwendungen mit den nur mit 15,83 % vorbelasteten Erträgen durchgeführt werden, woraus sich ein weiterer Steuerspareffekt ergibt.

9.121

Gegenüber der Vermögensverwaltung im Privatvermögen ist eine vermögensverwaltende GmbH („Sparschwein-GmbH“5) somit (nur) vorzuziehen, wenn die Gewinne langfristig thesauriert werden sollen6. 2. Satzungsgestaltung Literatur: Binnewies, Familienrechtliche Gestaltungen rund um die GmbH-Beteiligung, GmbH-StB 2005, 274; Dahlbender/Wicht, Die Erbfallklausel als Nachfolgeregelung für GmbHAnteile, GmbH-StB 2008, 151; Ivo, Die Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen, ZEV 2006, 252; Langner/Heydel, Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen – Sicherstellung einer familieninternen Nachfolge, GmbHR 2005, 377; Langner/Heydel, Nachfolgeklauseln im GmbH-Gesellschaftsvertrag, GmbHR 2006, 291; Wachter, Güterstandsklauseln in GmbH-Satzungen, GmbH-StB 2006, 234.

1 Zum Rechtsträgerwechsel vgl. Boruttau/Fischer18, § 1 GmbHG Rz. 46 f. 2 Gesetz v. 14.8.2007, BStBl. I 2007, 630. 3 Vgl. Schmidt/Weber-Grellet36, § 17 EStG Rz. 210; zum Betriebsvermögen gehörende Anteile an einer Kapitalgesellschaft unterliegen den vorrangigen §§ 4 und 5 EStG, vgl. Schmidt/ Weber-Grellet36, § 17 EStG Rz. 12. 4 Vgl. Keuler, GStB 2009, 12. 5 Siehe Keuler, GStB 2009, 12; Strunk, GStB 2009, 86. 6 Eine tabellarische Übersicht findet sich bei Wehrheim/Steinhoff, DStR 2008, 989.

834

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D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.125 Kap. 9

Beispiel: Die gut verdienenden Eheleute E planen zur Verbesserung ihrer Altersversorgung den Erwerb einer Immobilie mit einer hohen Fremdfinanzierung, um durch Werbungskosten ihre Einkommensteuerlast zu minimieren. Erwerberin ist die von ihnen gegründete Immo-GbR. Sobald die Finanzierungsmittel soweit getilgt sind, dass die Eheleute E positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, wird die GbR nur kurzzeitig (ein Tag genügt) identitätswahrend in eine OHG umgewandelt und zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, wozu nur eine notariell beglaubigte Registeranmeldung erforderlich ist. Anschließend kann – jedoch frühestens gem. § 5 Abs. 3 GbR nach Ablauf von fünf Jahren seit Gründung der GbR – durch notariell zu beurkundenden Formwechsel gem. § 190 UmwG grunderwerbsteuerfrei die Rechtsform der Immo-GmbH erreicht werden, um ertragsteuerrechtlich die niedrigste Belastung mit 15 % gem. § 23 KStG zzgl. 0,83 % Solidaritätszuschlag zu erreichen. Mit Ausnahme der Verwendung für Erhaltungsaufwendungen werden alle Erträge thesauriert, um bis zur Pensionierung mit den Erträgen Tochter-GmbHs zu finanzieren, die gem. § 8 b Abs. 2 KStG wegen Abs. 5 dieser Vorschrift mit nur 0,75 % Steuerbelastung veräußert werden können.

9.122

Die Rechtsform der GmbH eignet sich nur für Familiengesellschaften, wenn die Satzung personalistisch gestaltet wird. Im Wesentlichen sind die nachfolgend aufgeführten Vorsorgegestaltungen erforderlich:

9.123

– Vinkulierung gem. § 15 Abs. 5 GmbHG, damit unerwünschte familienfremde Personen von vorneherein ausgeschlossen werden; – Einziehungsrecht oder Abtretungsverpflichtung für den Fall, dass durch Erbgang unerwünschte Personen GmbH-Gesellschafter geworden sind; – Gesellschaftsrechtliches Sonderrecht auf Geschäftsführung für die bisherigen familienangehörigen Geschäftsführer, so dass eine Abberufung nur aus wichtigem Grund gem. § 38 Abs. 2 GmbHG zulässig ist und – Abfindungsreduzierung bis zu 50 % des wahren Anteilswertes1, um Grundbesitz als Familienvermögen generationsübergreifend zu erhalten. 3. Körperschaftsteuer Die definitive Körperschaftsteuerbelastung mit 15 % zzgl. des Solidaritätszuschlags i.H.v. 0,83 % für Gesellschafter, die keine Ausschüttungen anstreben, ist von entscheidender Bedeutung.

9.124

Darüber hinaus liegt bei der Einbringung von im steuerlichen Privatvermögen gehaltenen Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein tauschähnlicher Umsatz vor, der zum Ansatz des gemeinen Wertes führt, so dass für ältere Immobilien eine höhere AfA-Bemessungsgrundlage gewon-

9.125

1 Vgl. Kellermann, StbJb. 1986/87, 411; Ulmer, ZIP 2010, 805; D. Mayer, DB 1990, 1320; Mecklenbrauck, BB 2000, 2006; allg. zu Wirksamkeitsgrenzen bei Abfindungsvereinbarungen Münchener Kommentar/Schäfer7, § 738 BGB Rz. 41 ff.

Spiegelberger

835

Kap. 9 Rz. 9.126 Gewerblich geprägte Immobilien

nen wird. Die Kürzung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gem. § 7 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG gilt nur für Einlagen, nicht für Anschaffungsgeschäfte1.

9.126

Schließlich können Tochterobjektgesellschaften gem. § 8b Abs. 2 KStG körperschaftsteuerermäßigt veräußert werden, wobei gem. § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG fiktive 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben angesetzt werden.

9.127

Die Einbringung von Wertpapieren in eine Vermögensverwaltungs-GmbH, wie von Keuler2 vorgeschlagen, ist seit der Neuregelung der Besteuerung von Streubesitzdividenden mit dem Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urt. vom 20.10.20113 nicht mehr empfehlenswert, da nach dem 28.2.2013 zugeflossene Streubesitzdividenden nunmehr sowohl der Körperschaftsteuer gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG n.F. als auch der Gewerbesteuer unterliegen, so dass bereits auf der Ebene der Kapitalgesellschaft – ohne Ausschüttung – eine Steuerbelastung von durchschnittlich 29,83 % (bei einem angenommenen Hebesatz i.H.v. 400 %) entsteht4. 4. Gewerbesteuer

9.128

Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, wird gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag die erweiterte Kürzung um den Teil des Gewerbebetrags gestattet, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, so dass die Grundbesitzerträge im Ergebnis steuerfrei erzielt werden. 5. Grunderwerbsteuer Literatur: FinMin. Baden Württemberg: Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in Fällen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG, DStR 2010, 114; Teiche, Die schleichende Entfremdung des § 6a GrEStG, BB 2012, 2659; H. U. Viskorf, Neueste Rechtsentwicklungen an der Grenzlinie zwischen Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 GrEStG) in FS für Spiegelberger (2009), 518.

9.129

Alle grunderwerbsteuerbaren Gestaltungen sind umfassend in Rz. 1.700 ff. dargestellt. Für eine GmbH sind besonders zu beachten: Die Einbringung eines Grundstückes in eine GmbH unterliegt der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, wobei gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG der Grundbesitzwert als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird. Bei einer formwechselnden Umwandlung gem. § 190 UmwG aus einer im Handelsregister eingetragenen Gesamthand (OHG, KG, GmbH & Co. KG sowie 1 Vgl. Spiegelberger, ZEV 2003, 391; BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 = DStR 1999, 366 = DB 1999, 615 = GmbHR 1999, 430; v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617 = GmbHR 2008, 548 = FR 2008, 912 m. Anm. Wendt. 2 Keuler, GStB 2009, 12. 3 Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09 v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561. 4 Vgl. Pietrek/Martini, EStB 2013, 272.

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D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.133 Kap. 9

PartGG), die bereits fünf Jahre bestanden hat1, besteht eine Grunderwerbsteuerbefreiung wegen der Identität mit der in der Rechtsform der GmbH fortgeführten Gesellschaft2. Darüber hinaus können die genannten Gesamthandsgesellschaften als Ausgangsgesellschaft identitätswahrend und beteiligungskonform in eine andere Personengesellschaft ohne weitere Frist- und Formvorschriften umstrukturiert werden. Bei einer Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG differenziert die Finanzverwaltung3 bei der Anwendbarkeit personenbezogener Befreiungstatbestände wie folgt:

9.130

– Bei einer Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG finden die personenbezogenen Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 2 bis 7 GrEStG keine Anwendung, sofern es sich um Kapitalgesellschaften handelt4. Vielmehr wird ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft fingiert, so dass selbst bei einer Anteilsvereinigung zwischen Ehegatten und in gerader Linie Verwandten die Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 4 bis 6 GrEStG nicht angewendet werden5. – Bei Anteilsübertragungen gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 wird ein Grundstückserwerb von dem jeweiligen Gesellschafter angenommen, so dass die personenbezogenen Befreiungstatbestände greifen6. Aufgrund der BFH-Rechtsprechung7 unterliegt die unentgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen gem. § 3 Nr. 2 GrEStG nicht der Grunderwerbsteuer, wohl aber der Schenkungsteuer.

9.131

Zur Erleichterung von Umwandlungen hat der Gesetzgeber § 6a GrEStG in das Gesetz eingefügt. Aufgrund der restriktiven Auffassung der Finanzverwaltung in dem Erlass vom 19.6.2012 erweist sich die wohlgemeinte Steuervergünstigung als Fallgrube8.

9.132

6. Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers Literatur: Brand, Die geänderte Rechtsprechung des BSG zum Status von geschäftsführenden Gesellschaftern einer Familien-GmbH, DStR 2017, 728.

Aufgrund der früheren familienfreundlichen Rechtsprechung des BSG konnte die Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführer einer Familiengesellschaft relativ einfach vermieden werden. Aufgrund der verschärfenden Rechtsprechung des BSG vom

1 Vgl. Gottwald, NotBZ 2001, 285; Boruttau/Viskorf18, § 5 GrEStG Rz. 93. 2 Vgl. BFH v. 4.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, 661; Koordinierte Ländererlasse DB 1997, 202 und DStR 1997, 1576; FinMin. Baden-Württemberg, DStR 1998, 82. 3 FinMin. Baden-Württemberg v. 18.12.2009, DStR 2010, 114. 4 BFH v. 8.6.1988 – II R 143/86, BB 1988, 1741; Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer5, Rz. 348. 5 Kritisch hierzu zu Recht Teiche, BB 2008, 196; von Proff zu Irnich, DB 2007, 2616. 6 Vgl. übersichtlich und kritisch Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer5, Rz. 347 ff. 7 BFH v. 23.5.2012 – II R 21/10, ZEV 2012, 496. 8 Teiche, BB 2012, 2659.

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9.133

Kap. 9 Rz. 9.134 Gewerblich geprägte Immobilien

29.8.20121 sowie vom 11.11.20152 und der regelmäßig alle vier Jahre stattfindenden sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungen können sich bei tatsächlich bestehender Versicherungspflicht Nachforderungen von etwa 42 % bis zur Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung bundeseinheitlich i.H.v. 4.350 t monatlich und in der Renten- und Arbeitslosenversicherung 6.350 t monatlich (West) bzw. 5.700 t monatlich (Ost) ergeben.

9.134

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht ist im Allgemeinen ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer einen Kapitalanteil von mindestens 50 % innehat oder andere Sperrminoritäten bei besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag ausgewiesen sind. Unterhalb der Kapitalbeteiligung von 50 % sprechen folgende Abgrenzungsmerkmale gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: – Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, – der Geschäftsführer verfügt als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebes notwendigen Branchenkenntnisse, – Tätigkeit ist überwiegend durch familiäre Rücksichtnahmen geprägt, – der Geschäftsführer trägt ein erhebliches Unternehmerrisiko3 und – der Geschäftsführer ist „Kopf und Seele“ des Unternehmens4.

9.135

Mit den beiden Entscheidungen vom 29.8.2012 schränkt das BSG die bisherige Rechtsprechung dahingehend ein, dass den formellen Vereinbarungen der tatsächliche Status des Geschäftsführers vorgehe. In den Entscheidungen des BSG vom 11.11.20155 hat das BSG festgestellt, dass eine uneingeschränkte Übertragung von Stimmrechten getrennt von den Geschäftsanteilen gegen das Gesellschaftsrecht verstoße, wie der Entscheidung des BGH vom 11.10.19766 zu entnehmen sei. Durch diese Rechtsprechung wird die Sozialversicherungspflicht erweitert.

9.136

Im Zweifel sollte bei der Anstellung des GmbH-Gesellschaftergeschäftsführers die Clearing-Stelle der deutschen Rentenversicherung gem. § 7a Abs. 1 SGB IV zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers angerufen werden7.

1 BSG v. 29.8.2012 – B 12 R 14/10 R, USK 2012-182; v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R, DStR 2013, 770. 2 BSG v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14R, GmbHR 2016, 537; v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14R, GmbHR 2016, 528 und v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14R, DStR 2016, 1275. 3 Teiche, BB 2012, 2659. 4 BSG v. 23.6.1994 – 12 RK 72/92, GmbHR 1995, 224. 5 BSG v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R, DStR 2016, 1275; v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R, GmbHR 2016, 528. 6 BGH v. 11.10.1976 – II ZR 119/75, MDR 1977, 292 = BB 1977, 10 = GmbHR 1977, 244 = DNotZ 1977, 372. 7 Vgl. Brand, DStR 2017, 728.

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Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.138 Kap. 9

7. Zusammenfassung: Vorzüge der Immobilienkapitalgesellschaft („Sparschwein-GmbH“)

9.137

– Niedrigste Ertragsteuerbelastung mit 15 % zzgl. 0,83 % Solidaritätszuschlag – Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage bei Gewährung von Gesellschaftsrechten – Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – 0,75 % KSt bei der Veräußerung von Töchter-Kapitalgesellschaften (Körperschaftsteuer für 5 % der nicht abziehbaren Betriebsausgaben) gem. § 8b Abs. 2 KStG – Grunderwerbsteuerfreiheit bei der identitätswahrenden Umstrukturierung der GmbH in eine OHG und beim Formwechsel in eine GmbH gem. § 190 UmwG. 8. Satzung einer Immobilienverwaltungs-GmbH Die nachfolgenden Satzungsbestimmungen entsprechen im Wesentlichen den Formulierungsvorschlägen des Verfassers im Bd. Vermögensnachfolge, 2. Aufl. 2010, § 14 Rz. 46.

M80 Satzung einer Immobilienverwaltungs-GmbH

9.138

§ 1 Firma, Sitz 1. Die Firma der Gesellschaft lautet: XY Immo-Verwaltungs-GmbH 2. Sitz der Gesellschaft ist … § 2 Gegenstand des Unternehmens Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung eigenen Grundbesitzes. § 3 Geschäftsjahr Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. § 4 Stammkapital 1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt … 2. Vom Stammkapital übernehmen a) … (Anteil 1) b) … (Anteil 2) 3. Die Stammeinlagen sind sofort in voller Höhe in bar zu erbringen. Nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister erfolgt die Einbringung von Grundbesitz im Wege der Sacheinlage durch Kapitalerhöhung. § 5 Vertretung der Gesellschaft 1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. 2. Sofern nur ein Geschäftsführer bestellt ist, wird die Gesellschaft von diesem alleine vertreten. Spiegelberger

839

Kap. 9 Rz. 9.138 Gewerblich geprägte Immobilien 3. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. 4. Die Gesellschafterversammlung kann einzelnen Geschäftsführern und den Liquidatoren Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (Verbot des Selbstkontrahierens und der Doppelvertretung) erteilen. 5. Dem Gesellschafter A wird als gesellschaftsvertragliches Sonderrecht die alleinige Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft auf Lebensdauer eingeräumt. Die Bestellung weiterer Geschäftsführer, denen nur Gesamtvertretungsbefugnis eingeräumt werden kann, bedarf seiner Zustimmung. A kann nur aus wichtigem Grund als Geschäftsführer abberufen werden. Nach dem Ableben von A gehen dieselben Befugnisse auf den Gesellschafter B auf dessen Lebensdauer über. § 6 Wettbewerbsverbot Die gegenwärtigen und künftigen Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer werden von jeglichen gesetzlichen Wettbewerbsverboten generell befreit. § 7 Jahresabschluss 1. Die Geschäftsführung hat innerhalb der in § 264 HGB genannten Frist den Jahresabschluss aufzustellen und anschließend der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. 2. Überdie Verwendung des Jahresüberschusses entscheidet die Gesellschafterversammlung. Ein Anspruch auf Teil- oder Vollausschüttung besteht nur insoweit, als nicht die Gesellschafterversammlung mehrheitlich beschließt, Beträge in Gewinnrücklagen einzustellen oder als Gewinn vorzutragen. Ein jeder Gesellschafter kann jedoch eine Mindestausschüttung des jeweiligen Jahresgewinnes von 1/ 3 verlangen. 3. Der auszuschüttende Jahresüberschuss ist im Verhältnis der Geschäftsanteile unter den Gesellschaftern zu verteilen. 4. Vorabausschüttungen sind zulässig, wenn ein entsprechender Jahresüberschuss mit Sicherheit vorhanden ist. § 8 Gesellschafterversammlung 1. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt durch die Geschäftsführung mittels Einschreibebriefes an jeden Gesellschafter unter Angabe der Tagesordnung mit einer Ladungsfrist von 14 Tagen. Der Lauf der Frist beginnt mit dem der Aufgabe zur Post folgenden Tag. Der Tag der Versammlung wird bei der Berechnung der Frist nicht mitgezählt. 2. Eine Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 75 % des Stammkapitals vertreten sind. Wenn weniger als 75 % des Stammkapitals vertreten sind, ist unter Beachtung der vorstehenden Ladungsvorschriften eine neue Gesellschafterversammlung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital beschlussfähig ist. Hierauf ist in der Einberufung hinzuweisen. 3. Die Gesellschafterbeschlüsse werden mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht eine größere Mehrheit vorsehen. Je 840

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D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.138 Kap. 9

1 a eines Geschäftsanteiles gewährt eine Stimme. Stimmenthaltungen zählen als NeinStimmen. 4. Gesellschafterbeschlüsse können außerhalb von Gesellschafterversammlungen gefasst werden, wenn keine zwingenden Formvorschriften bestehen und sämtliche Gesellschafter mit der mündlichen, telefonischen, elektronischen oder schriftlichen Abstimmung einverstanden sind. § 9 Abtretung und Verpfändung Zur Verfügung über Geschäftsanteile, insbesondere zur Veräußerung und Verpfändung von Geschäftsanteilen sowie Teilen von Geschäftsanteilen, ist die Genehmigung aller Gesellschafter erforderlich. Ohne Zustimmung kann ein Nießbrauchsrecht an einem Gesellschaftsanteil zugunsten eines Ehegatten oder von Abkömmlingen bestellt werden. § 10 Einziehung von Geschäftsanteilen 1. Die Einziehung eines Geschäftsanteiles kann ohne Zustimmung des betreffenden Gesellschafters auf Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgen – bei Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil des Gesellschafters, wenn die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von drei Monaten seit Beginn der Zwangsvollstreckung aufgehoben wird, – bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters, – zum Zwecke des Ausschlusses des Gesellschafters, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt, d.h. wenn der Gesellschafter durch sein Verhalten die Gesellschaftsinteressen schädigt oder wenn aufgrund seines Verhaltens den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann oder – wenn bei dem Versterben eines Gesellschafters dessen Gesellschaftsanteil auf andere Personen als den Ehegatten, die Abkömmlinge und/oder Mitgesellschafter übergeht und der Anteil nicht innerhalb eines halben Jahres seit Aufforderung durch die Gesellschaft auf den genannten Personenkreis übertragen wird. 2. Statt der Einziehung des Geschäftsanteiles kann die Gesellschafterversammlung beschließen, dass der Geschäftsanteil auf die Gesellschaft oder auf eine von der Gesellschafterversammlung benannte dritte Personen übertragen wird. 3. Der betroffene Gesellschafter hat bei den Beschlüssen nach vorstehenden Ziff. 1. und 2. kein Stimmrecht. Mit Beschlussfassung ruhen alle Gesellschafterrechte. 4. Der betroffene Gesellschafter erhält eine Abfindung i.H.v. 60 % – sechzig vom Hundert – des Abfindungsguthabens gem. § 11 dieses Vertrages. Für die Berechnung und Auszahlung des Abfindungsguthabens gilt diese Bestimmung ebenfalls entsprechend. § 11 Ermittlung des Abfindungsguthabens 1. Die Ermittlung des Wertes eines Geschäftsanteiles erfolgt nach dem von der Finanzverwaltung angewendeten Verfahren gem. § 12 ErbStG i.V.m. §§ 199 ff. BewG, wobei als Bewertungszeitpunkt der mit dem Ausscheiden zusammenfallende Bilanzstichtag, andernfalls der vorausgehende Bilanzstichtag maßgebend ist.

Spiegelberger

841

Kap. 9 Rz. 9.138 Gewerblich geprägte Immobilien 2. Zur Erhaltung des Vermögens der Gesellschaft als Familiengut werden nur 60 % des gem. Abs. 1. ermittelten Wertes des Geschäftsanteils als Abfindung vergütet. 3. Das Abfindungsguthaben ist in drei gleichen, unmittelbar aufeinander folgenden Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist ein Jahr nach dem Ausscheidungsstichtag zur Zahlung fällig. Ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens ist das Abfindungsguthaben mit 2 % p.a. zu verzinsen. Die Zinsen sind jeweils mit den Jahresraten zu entrichten. Sicherheitsleistung kann nicht verlangt werden. 4. Die Höhe des zu leistenden Abfindungsguthabens wird durch den im Zeitpunkt des Ausscheidens des betreffenden Gesellschafters für die Gesellschaft tätigen Steuerberater als Schiedsgutachter ermittelt. 5. Änderungen der Bilanzen, die sich nach dem Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters, insbesondere aufgrund einer Buch- oder Betriebsprüfung, ergeben, bleiben ohne Einfluss auf die Höhe des Abfindungsguthabens. § 12 Bekanntmachungen Sämtliche Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen nur im elektronischen Bundesanzeiger. § 13 Schlussbestimmungen 1. Soweit in diesem Gesellschaftsvertrag keine besondere Regelung erfolgt ist, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. 2. Die etwaige Nichtigkeit einzelner Bestimmungen berührt nicht die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages im Übrigen. Die Gesellschafter sind verpflichtet, an Stelle der unwirksamen Bestimmungen eine dem Vertragsgedanken entsprechende Neuregelung zu treffen. Sofern eine Neuregelung auch nach Anrufung des Schiedsgerichts nicht erfolgt, gelten die für die entsprechende Regelungslücke bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. 3. Die Gesellschaft übernimmt die Gründungskosten (Notar- und Registergerichtsgebühren, Kosten der Veröffentlichung und die Kosten der Gründungsberatung) bis zur Höhe von 1500 a. 4. Für den Fall von Streitigkeiten vereinbaren die Gesellschafter die in der Anlage enthaltene Schiedsgerichtsvereinbarung

9.139–9.145

Einstweilen frei.

II. GmbH-Anteilsabtretung Literatur: Bauschatz, Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gegen Versorgungsleistungen, FS für Spiegelberger (2009), 3; Bieling/Liem, Übertragung von Kapitalanlagen im Lichte der Abgeltungsteuer, ErbStB 2009, 21; Brüggemann, Entgeltlicher Nießbrauchsverzicht bei Anteils- und Grundstücksveräußerungen, ErbBstG 2015, 157; Fricke, Der Nießbrauch an einem GmbH-Geschäftsanteil, GmbHR 2008, 739; Heckschen, Auswirkungen des MoMiG auf die Übertragung von GmbH-Anteilen von Todes wegen und im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, ZErb 2008, 246; Heinrichshofen, Notwendigkeit von Umsatzsteuerklauseln bei Verträgen über die Ausgabe, Abtretung u.a. von Gesellschaftsanteilen, FS für Spiegelberger (2009), 198; Hipler, Umsatzsteuerrechtliche Geschäftsveräußerung beim Grundstücks-

842

Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.147 Kap. 9

kaufvertrag, FS für Spiegelberger (2009), 232; Ivo, Die Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen nach Inkrafttreten des MoMiG, ZEV 2009, 333; Jacobsen, Die grunderwerbsteuerliche Gestaltung von Umstrukturierungen mit GmbH-Anteilen, GmbHR 2009, 690; Klümpen/ Neusel, GmbH-Anteilsnachfolge, GmbH-Steuerpraxis 2009, 133; Onderka/Lasa, Neue Gestaltungsmöglichkeiten bei der Übertragung von Kleinanteilen an Familienkapitalgesellschaften nach dem neuen Erbschaftsteuergesetz, Ubg 2009, 309; Schultes-Schnitzlein/Keese, Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen unter Familienangehörigen, NWB 2009, 64; Schulze zur Wiesche, Erbschaftsteuerliche Folgen bei Vererbung und Schenkung von GmbH-Anteilen, GmbHR 2009, 854; Stollenwerk/Kühnemund, Geglückte oder verunglückte Verwaltung von Finanzvermögen in der GmbH, GmbH-StB 2009, 336 und 2010, 11; Wachter, GmbH-Reform: Auswirkungen auf die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, ZNotP 2008, 378.

1. Formvorschriften Die GmbH-Anteilsübertragung bedarf gem. § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung. Dies gilt auch bei der Einräumung eines Zuwendungsnießbrauchs1 an einem Gesellschaftsanteil gem. § 1069 BGB. Die Finanzverwaltung verlangt für den Fall der Bestellung eines Zuwendungsnießbrauches durch die Eltern zugunsten minderjähriger Kinder sogar die Bestellung eines Ergänzungspflegers, weil nach h.M. die Bestellung eines Zuwendungsnießbrauches nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein soll2.

9.146

2. GmbH-Anteilsübertragung gegen Leibrente Literatur: Bauschatz, Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gegen Versorgungsleistungen, FS für Spiegelberger (2009), 3; Fleischer, Vermögensübergabe gegen (private) Versorgungsleistung nach dem JStG 2008, ZEV 2007, 475; Fleischer, Vermögensübergabe gegen private Versorgungsleistungen: Steuersystem, steuerliche Änderung und Steuerplanungssicherheit, FS für Spiegelberger (2009), 120; Spiegelberger, Die Irrfahrt der privaten Versorgungsrente, DB 2008, 1063. Beispiel: Vater V ist zu 80 % an der X-Immo-GmbH beteiligt. Er überträgt an seinen Sohn S einen 50 %igen GmbH-Anteil und räumt diesem zugleich die alleinige Geschäftsführung ein. Zwei weitere Kinder erhalten je einen 15 %igen GmbH-Anteil jeweils unter Vereinbarung einer Leibrente, die aufgrund der bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse aus den Gewinnausschüttungen entrichtet werden kann.

80 % GmbH-Anteile 50 %

15 %

15 % S

T

U

1 Roth/Altmeppen8, § 15 GmbHG Rz. 51. 2 BFH v. 13.5.1980 – VIII R 75/79, BStBl. II 1981, 297; IV. Nießbraucherlass, BStBl. I 2013, 1184 Tz. 4.

Spiegelberger

843

9.147

Kap. 9 Rz. 9.148 Gewerblich geprägte Immobilien

a) Veräußerungsrente

9.148

Die Übertragung des 50%igen GmbH-Anteils an S ist nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. c EStG i.d.F. des JStG 20081 begünstigt (zu Einzelheiten s. Rz. 1.612). Nach Auffassung der Finanzverwaltung im IV. Rentenerlass2 stellen jedoch die vereinbarten Versorgungszahlungen durch diejenigen Kinder, die nur je einen 15%igen Gesellschaftsanteil erhalten haben, Veräußerungsrenten dar, weil die betreffenden Gesellschaftsanteile nicht Gegenstand einer Vermögensnachfolge sein könnten. Danach muss der Übergeber den die anteiligen Anschaffungskosten übersteigenden Teil der Rente gem. § 17 Abs. 1 EStG als Veräußerungserlös im Teileinkünfteverfahren3 versteuern, obwohl nach dem Sinn und Zweck der vorweggenommenen Erbfolge weiterhin nur die Versorgung des Übergebers aus den Ausschüttungen vereinbart ist. b) Versorgungsrente

9.149

Mit dieser auf der Neufassung des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. c EStG aufbauenden Rechtsmeinung setzt sich die Finanzverwaltung in Widerspruch zur Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 5.7.19904, in der ausdrücklich hervorgehoben wird, dass Versorgungsleistungen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten darstellen. Auch nach Maßgabe der BFH-Entscheidung vom 5.11.20035 gilt bei Übertragungen zwischen Eltern und Kindern unter Vereinbarung von wiederkehrenden Zahlungen die Vermutung der Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts. In einer weiteren Entscheidung des Großen Senats vom 12.5.20036 hat der BFH betont, dass es Sinn und Zweck der vorweggenommenen Erbfolge sei, eine existenzielle Gefährdung durch Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. Diese Grundprämisse der vorweggenommenen Erbfolge – die in der Neuregelung des Sonderausgabenabzugs in § 10 Abs. 1 a Nr. 2 Buchst. c EStG nicht angesprochen wird – wird durch die Finanzverwaltung negiert. Zudem kommt der IV. Rentenerlass bei Übertragungen im Wege der Generationennachfolge zu einem unsinnigen und gegen Denkgesetze (argumentum a maiore ad minus) verstoßenden Ergebnis: GmbH-Anteile mit einer Beteiligungsquote ab 50 % werden – unentgeltlich, also – ohne Aufdeckung stiller Reserven und unter Sonderausgabenabzug übertragen, während eine unter der 50 %-Schwelle liegende Anteilsübertragung ausnahmslos – als entgeltlich und damit – der Versteuerung der stillen Reserven unterliegen soll. Die Finanzverwaltung verkennt dabei insbesondere, dass die vorweggenommene Erbfolge ein Rechtsgeschäft unter einander unterhaltspflichtigen Personen gem. § 12 Nr. 2 EStG darstellt

1 2 3 4 5

Jahressteuergesetz 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. BStBl. I 2010, 227 Tz. 57. Schmidt/Weber-Grellet36, § 17 EStG Rz. 190. BFH v. 5.7.1990 – GrS 4/89, GrS 5/89, GrS 6/89, BStBl. II 1990, 847. BFH v. 5.11.2003 – X R 55/99, BStBl. II 2004, 706 = DB 2004, 1292 = ZEV 2004, 292 = RNotZ 2004, 280. 6 BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95 = DStR 2003, 1696 = DB 2003, 2149 = ZEV 2003, 420 = NJW 2003, 3508 = MittBayNot 2004, 306.

844

Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.151 Kap. 9

und damit nicht einkommensteuerbar ist1. Die in § 10 EStG geregelten Sonderausgabenabzüge für das Ehegattensplitting, die vorweggenommene Erbfolge, Krankenkassen- und Altersvorsorgeaufwendungen sind stets Sonderregelungen für außerhalb der Einkommensbesteuerung liegende Sachverhalte. Die vorweggenommene Erbfolge ist dem einkommensteuerfreien Bereich des § 12 Nr. 2 EStG für einander unterhaltsverpflichtete Personen zuzuordnen. Fremde Dritte kommen nicht auf die abenteuerliche Idee, ihr Vermögen unter dem Verkehrswert lediglich gegen wiederkehrende Zahlungen i.H.v. maximal des Ertrags des übertragenen Vermögens zu übertragen. Durch den Wegfall des Sonderausgabenabzugs für steuerliches Privatvermögen und für GmbH-Anteile mit einer Quote von weniger als 50 % aufgrund des Jahressteuergesetzes 2008 wurde nur der Sonderausgabenabzug eingeschränkt; die Rechtsnatur der zugrunde liegenden wiederkehrenden Leistungen, nämlich der Versorgungscharakter, wurde dadurch nicht berührt (zur weiteren Kritik s. Rz. 1.616)2. Wegen der durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken der gesetzlichen Neufassung des § 10 Abs. 1 a Nr. 2 Buchst. c EStG3 ist in allen Fällen einer Veräußerungsbesteuerung bei der Übertragung von GmbH-Anteilen gegen Versorgungsleistungen die Einlegung von Rechtsmitteln zu empfehlen4. Alternativ bietet sich bei Neuvertragsgestaltungen der Ausweg über einen Nießbrauch an Kapitalgesellschaftsanteilen an (s. Rz. 9.151 ff.).

9.150

3. Anteilsübertragung mit Vorbehaltsnießbrauch Literatur: Fricke, Der Nießbrauch an einem GmbH-Geschäftsanteil – Zivil- und Steuerrecht, GmbHR 2008, 739; Heckschen, Auswirkungen des MoMiG auf die Übertragung von GmbHAnteilen von Todes wegen und im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, ZErb 2008, 246; Spiegelberger, Vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften, FS für Roth (2011), 801; Wachter, GmbH-Reform: Auswirkungen auf die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, ZNotP 2008, 378. Beispiel: Vater V hat seine Söhne S 1 und S 2 bereits zu je 20 % an der von ihm gegründeten B-GmbH beteiligt, so dass er selbst noch einen Geschäftsanteil in Höhe von 60 % inne hat. Er will die Beteiligung seiner Söhne um je 20 % aufstocken, so dass er selbst nur noch mit 20 % an einer Familien-GmbH beteiligt bleibt. Eine wesentliche Ertragsminderung will er aber nicht hinnehmen, so dass die Übertragung unter Vorbehalt von Versorgungsleistungen erfolgen soll. Er will auch weiterhin Geschäftsführer der GmbH bleiben. Welche Ausweichgestaltungen kommen im Hinblick auf § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 in Betracht?

1 2 3 4

Vgl. Spiegelberger, DStR 2010, 1880. Kritisch auch Bauschatz in FS für Spiegelberger (2009), 3 (14). Vgl. statt aller Krumm, StuW 2011, 159. Spiegelberger, DStR 2010, 1880 (1883).

Spiegelberger

845

9.151

Kap. 9 Rz. 9.152 Gewerblich geprägte Immobilien

GmbH 20 %

20 %

60 % V

S1

S2

1) Versorgungsrente > Gewinnrealisierung gem. § 17 EStG 2) Nießbrauch > Satzungsvorsorge 3) Atypisch stille Beteiligung > nur am GmbH-Anteil nicht an der GmbH (verdeckte Gewinnausschüttung) 4) Familienstiftung: Versorgung keine Gegenleistung 5) In jedem Fall Pollvertrag gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG erforderlich

9.152

Der Nießbrauch an Kapitalgesellschaftsanteilen wirft zivil- und handelsrechtliche sowie einkommensteuer- und schenkungsteuerliche Probleme auf. a) Stimmrecht

9.153

Hier stellt sich die Frage, wer bei einer Nießbrauchbestellung an einem Kapitalgesellschaftsanteil das Stimmrecht ausübt. Denkbar wäre es, dem Nießbraucher das Stimmrecht alleine zuzuweisen oder das Stimmrecht aufzuteilen, wonach der Nießbraucher das Stimmrecht für sein Nutzungsrecht und der Gesellschafter sein Stimmrecht für die Mitgliedschaft ausübt1.

9.154

Nach Auffassung des BGH2 wird dem Gesellschafter die Kompetenz, bei Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, selbst abzustimmen, nicht durch die Einräumung eines Nießbrauchs an seinem Gesellschaftsanteil genommen.

9.155

Schön3 plädiert für die gemeinschaftliche Ausübung des Stimmrechts. b) Satzungsgestaltung

9.156

In die Satzung der GmbH sollten folgende Regelungen aufgenommen werden: – Anspruch auf Mindestausschüttung, um den Nießbraucher vor Thesaurierungsbeschlüssen der Gesellschafter zu schützen (§ 29 GmbHG).

1 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 61 II 3. (S. 1825); Gschwendtner, NJW 1995, 1876; 2 BGH v. 9.11.1998 – II ZR 213/97, DStR 1999, 246; Münchener Kommentar/Pohlmann7, § 1068 BGB Rz. 81; Palandt/Herrler76, § 1068 BGB Rz. 5. 3 Schön, ZHR 158 (1994), 260.

846

Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.160 Kap. 9

– Gesellschaftsrechtliches Vorrecht auf Geschäftsführung, da gem. § 38 GmbHG ein Geschäftsführer durch Mehrheitsbeschluss jederzeit abberufen werden kann. – Einheitliche Verfügung durch Einstimmigkeit und einheitliche Verfügung durch Vinkulierung gem. § 15 Abs. 5 GmbHG, um die Voraussetzungen eines Poolvertrages gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG optimal zu sichern. c) Einkommensteuer Auch die einkommensteuerliche Zurechnung ist strittig. Die Finanzverwaltung stützt sich immer noch auf Tz. 55 ff. des I. Nießbraucherlasses1, wonach nur der Vorbehaltsnießbrauch einkommensteuerlich mit der Folge anerkannt wird, dass der Übergeber weiterhin die Einkünfte zu versteuern hat. Bei einem unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch versagt die Finanzverwaltung die steuerliche Anerkennung. In der Literatur2 wird zu Recht danach differenziert, ob der Nießbraucher nur die Einnahmen bezieht oder ob er Marktchancen nutzt, das Vermögen verwaltet und die mit dem Kapitalgesellschaftsanteil verbundenen Stimm-, Anfechtungs- und Mitgliedschaftsrechte ausübt3.

9.157

d) Verkehrssteuern Die im Beispiel 9.116 geplante Anteilsübertragung ist mangels Anteilsvereinigung grunderwerbsteuerfrei; die mit der GmbH-Anteilsübertragung verbundene Bereicherung abzgl. des Nießbrauchs als Gegenleistung unterliegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 ErbStG der Schenkungsteuer.

9.158

4. Unterbeteiligung Auch eine typisch stille oder atypisch stille Beteiligung an der GmbH oder eine Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil kommt in Betracht. Die unmittelbare Beteiligung der Söhne als atypisch stille Gesellschafter an der X-GmbH setzt voraus, dass die Söhne eine Einlage erbringen. Eine unmittelbare Gewinnbeteiligung ohne Einlage würde zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen. Sofern der stille Gesellschafter zugleich an der GmbH beteiligt ist, besteht die Tendenz, dass die stille Gesellschaft, auch wenn dies nicht gewollt ist, als atypische in der Form der steuerlichen Mitunternehmerschaft behandelt wird, da die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters nach derzeitiger Rechtsprechung nicht nur aufgrund des hierfür geltenden Gesellschaftsvertrags, sondern auch aufgrund seiner sonstigen Beziehung zur GmbH beurteilt wird.

9.159

Die atypisch stille Beteiligung am 60%igen Gesellschaftsanteil des Vaters kann vertraglich so ausgestaltet werden, dass jeder Sohn zu 1/3 an dem 60%igen Gesellschaftsanteil des Vaters unterbeteiligt wird. Der Vater kann sich eine disquotale Dividenden-

9.160

1 BMF v. 23.11.1983 – IV B 1 - S 2253 - 90/83, BStBl. I 1983, 508 Tz. 57. 2 Schmidt/Weber-Grellet36, § 20 EStG Rz. 212. 3 Ebenso FG Rheinland-Pfalz v. 30.6.1986 – 5 K 329/85, EFG 1986, 570; FG Münster v. 14.1.2003 – 7 K 2638/00 E, EFG 2003, 690.

Spiegelberger

847

Kap. 9 Rz. 9.161 Gewerblich geprägte Immobilien

ausschüttung vorbehalten, so dass ihm überproportional die Dividenden gebühren und seine Versorgung in jedem Fall gesichert ist. Die Unterbeteiligung an einem OHG- oder KG-Anteil ist eine Standardgestaltung, die keiner weiteren Begründung bedarf. Aber auch die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil erscheint als zulässig. Bei dem Formwechsel einer Gesellschaft wird die bestehende Unterbeteiligung nicht berührt; die Unterbeteiligung an einem Anteil besteht fort, obwohl der Anteil seine gesellschaftsrechtliche Qualifikation ändert, z.B. sich aus einem Geschäftsanteil in eine Aktie verwandelt. Nach dem Identitätsprinzip besteht eine Unterbeteiligung bei dem Formwechsel des Rechtsträgers in neuer Rechtsform fort1. Somit erscheint auch die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil ohne eine vorausgehende Umwandlung als möglich2. Sofern die Söhne als Geschäftsführer tätig sind oder werden, ist die atypische Form einer Unterbeteiligung evident. 5. Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine Familienstiftung

9.161

Wenn der Stifter seine Vermögensgegenstände der Familienstiftung unentgeltlich überträgt, ist die Übertragung aus dem Privatvermögen grundsätzlich nicht einkommensteuerpflichtig. Es wird weder ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 EStG bei der Übertragung einer wesentlichen Beteiligung (mindestens 1 %) an einer Kapitalgesellschaft realisiert noch ein privates Veräußerungsgeschäft gem. §§ 22, 23 EStG begründet3. Versorgungsleistungen müssen nicht vereinbart werden, da die Familienstiftung kraft Satzung die Familie, also sowohl die Stifter als auch Abkömmlinge, versorgt, wobei die näheren Einzelheiten satzungsmäßig festgelegt werden.

III. Formulierungsvorschlag: GmbH-Geschäftsanteilsabtretung mit Vorbehaltsnießbrauch Die Gestaltung entspricht im Wesentlichen den Formulierungsvorschlägen von Spiegelberger, Vermögensnachfolge, § 14 Rz. 86.

9.162

Beispiel: Vater V will von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 25.000 Euro seinen beiden Söhnen S1 und S2 je einen Teilgeschäftsanteil von 10.000 Euro im Wege der Vorwegerbfolge übertragen.

1 Vgl. Schindhelm/Pickhardt-Poremba/Hilling, DStR 2003, 1445 (1448) m.w.H. 2 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BStBl. II 2005, 857 = DStR 2005, 1849 = DB 2005, 2668; Münchener Kommentar/K. Schmidt7 § 234 HGB Rz. 75; Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge2, S. 298. 3 Vgl. von Löwe in FS für Spiegelberger (2009), S. 1370; von Löwe, Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, 2. Aufl. 2016, S. 39; Berndt, Stiftung und Unternehmen, 7. Aufl. 2003, Rz. 673.

848

Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.163 Kap. 9

1. Vertragsmuster

M81 GmbH-Geschäftsanteilsabtretung

9.163

Beurkundet am … I. Vorbemerkungen Herr V ist Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma V GmbH mit dem Sitz in …, eingetragen im Handelsregister des AG … unter HR B … Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000 a. Von diesem Stammkapital hält der vorgenannte Gesellschafter einen Geschäftsanteil i.H.v. 25.000 a (Anteil 1). Der Geschäftsanteil ist nach Angabe voll einbezahlt. Herr V versichert hiermit, dass – der eingebrachte Grundbesitz sich zur freien Verfügung der Geschäftsführung befindet und dass eine unberechtigte Rückgewähr von Stammeinlagen nicht erfolgt ist; – sein Geschäftsanteil weder gepfändet, verpfändet, abgetreten noch mit sonstigen Rechten anderer Personen belastet ist und ihm damit ausschließlich selbst zur Verfügung steht. Die Beteiligten und der Notar haben die im Handelsregister eingestellte Gesellschafterliste zur Kenntnis genommen. Diese besteht seit … unverändert; ein Widerspruch ist der Liste oder dem Eintrag des abtretenden Gesellschafters nicht zugeordnet. Der Notar hat auf Möglichkeiten und Grenzen des gutgläubigen Erwerbs von Geschäftsanteilen hingewiesen, insbesondere dass der Erwerb nicht bestehender Geschäftsanteile und der gutgläubige Wegfall von Belastungen nicht möglich sind. II. Überlassung, Abtretung Herr V – nachfolgend kurz: „der Abtretende“ – veräußert hiermit von dem vorbezeichneten Geschäftsanteil i.H.v. 25.000 a (Anteil 1) an a) seinen Sohn S1 einen Teilgeschäftsanteil i.H.v. 10.000 a (Anteil 1b) und b) seinen Sohn S2 einen Teilgeschäftsanteil i.H.v. ebenfalls 10.000 a (Anteil 1c) – nachfolgend sind S1 und S2 kurz als „Erwerber“ bezeichnet, so dass Herrn V ein Teilgeschäftsanteil i.H.v. 5.000 a (Anteil 1a) verbleibt. Der Abtretende tritt die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile an die Erwerber ab. Jeder Erwerber nimmt die Übertragung und Abtretung hiermit ausdrücklich an. Spiegelberger

849

Kap. 9 Rz. 9.163 Gewerblich geprägte Immobilien Die Übertragung und Abtretung erfolgen mit sofortiger dinglicher Wirkung und mit dem Gewinnbezugsrecht ab dem der Abtretung folgenden Bilanzstichtag und zwar einschließlich aller etwa unter die Gesellschafter noch nicht verteilter Gewinne vorangegangener Geschäftsjahre. III. Gewährleistung Der Abtretende haftet dafür, dass – die in Abschnitt I. dieser Urkunde gemachten Angaben richtig sind, – die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile nicht mit Rechten Dritter belastet sind, – er über die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile – vorbehaltlich einer etwaigen Zustimmung gemäß nachfolgendem Abschnitt VII. – frei verfügen kann, – die Satzung der Gesellschaft in der den Erwerbern bekannten Fassung unverändert fortbesteht. Im Übrigen wird jede Sach- und Rechtsmängelhaftung ausgeschlossen. Die GmbH hat keinen Grundbesitz und war auch in den vergangenen fünf Jahren nicht unmittelbar oder mittelbar an einer anderen Grundbesitz haltenden Kapital- oder Personengesellschaft beteiligt. Bei der Gesellschaft oder deren Tochtergesellschaften bestehen keine körperschaftsteuerlichen oder gewerbesteuerlichen Verlustvorträge. IV. Nießbrauch Der Übergeber behält sich auf seine Lebensdauer den Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen, die er auf seine Söhne S1 und S2 überträgt, vor. Nach dem Ableben des Nießbrauchers steht das Nießbrauchsrecht im gleichen Umfang der Ehefrau, Frau E, auf deren Lebensdauer zu. Somit stehen für die Dauer des Nießbrauchs alle ausgeschütteten, auf den nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteil entfallenden Gewinne dem Nießbraucher zu. Außerordentliche Erträge gebühren im vollen Umfang dem Gesellschafter, so dass der Nießbraucher an außerordentlichen Erträgen nicht beteiligt ist. Für die Stimmrechte an den nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteilen gelten die folgenden Bestimmungen. Danach übt der Nießbraucher das Stimmrecht bei Beschlüssen über die Ausschüttungen der Gesellschaft und die zur Sicherung seines Fruchtziehungsrechtes notwendigen Kontroll- und Informationsrechte aus. Bei außerordentlichen Angelegenheiten und im Kernbereich der Gesellschaft, insbesondere bei Satzungsänderungen, gebührt das Stimmrecht allein dem Gesellschafter. Darüber hinaus stehen dem Gesellschafter alle gesetzlichen Kontroll- und Informationsrechte zu. Im Falle der Veräußerung des Geschäftsanteiles oder von Teilen des Gesellschaftsanteiles ist an dem Surrogat ein inhaltsgleicher Nießbrauch zu bestellen. V. Gegenleistung Die Übertragung erfolgt unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.

850

Spiegelberger

D. Die Immobilienverwaltungs-GmbH

Rz. 9.163 Kap. 9

VI. Rücktritt Der Übergeber ist berechtigt, von dem schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten und die unentgeltliche Rückübertragung des dem Erwerber eingeräumten Gesellschaftsanteils zu verlangen, wenn a) der Erwerber den Vertragsgegenstand ohne schriftliche Zustimmung des Übergebers veräußert oder belastet, b) der Erwerber zu Lebzeiten des Übergebers aus der Gesellschaft ausscheidet, c) der Erwerber vor dem Übergeber verstirbt, ohne dass der Vertragsgegenstand ausschließlich auf Abkömmlinge des Übergebers übergeht, d) eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Erwerbers eintritt oder die Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand betrieben wird, ohne dass der Erwerber die Maßnahme innerhalb von drei Monaten abwendet, e) die (ggf. künftige) Ehe des Erwerbers geschieden wird und der Ehegatte Ausgleichsund/oder Unterhaltsansprüche bezüglich des Vertragsgegenstandes geltend macht. Die durch die Rückübertragung entstehenden Kosten hat der Rückgabeverpflichtete zu tragen. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 812 ff. BGB. Der Rücktritt kann nur durch schriftliche Erklärung gegenüber dem jeweiligen Erwerber oder dessen Gesamtrechtsnachfolger ausgeübt werden. Nach dem Ableben des Übergebers steht das Rücktrittsrecht im selben Umfang dessen Ehefrau, Frau E, zu. Im Übrigen ist das Rücktrittsrecht weder vererblich noch übertragbar, es sei denn, dass es zu Lebzeiten eines Berechtigten ausgeübt wurde. VII. Zustimmung Die Zustimmung der Gesellschaft zur Anteilsübertragung ist erforderlich. Herr V erteilt in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft hiermit die Zustimmung zu der vereinbarten Anteilsübertragung. VIII. Belehrungen, Hinweise Der Notar hat über Folgendes belehrt: – Die mit dem Geschäftsanteil verbundene gesetzliche Haftung geht auf den Erwerber über. – Für etwaige nicht erbrachte Geldeinlagen und für etwaige Fehlbeträge nicht vollwertig geleisteter Sacheinlagen des Abtretenden und aller anderen Gesellschafter haftet der Erwerber unbeschränkt. IX. Schlussbestimmungen Die Beteiligten ermächtigen den Notar unter Befreiung von § 181 BGB, sie beim Vollzug dieses Vertrages uneingeschränkt zu vertreten sowie alle zur Wirksamkeit und zum Vollzug zweckdienlichen Erklärungen abzugeben, einzuholen (auch unter Übersendung von Entwürfen) und entgegenzunehmen, gegenseitig mitzuteilen und dies festzustellen. Genehmigungen sollen mit ihrem Eingang beim amtierenden Notar allen Beteiligten gegenüber als zugegangen gelten und rechtswirksam sein. Bei Genehmigungen ohne Spiegelberger

851

Kap. 9 Rz. 9.164 Gewerblich geprägte Immobilien Einschränkungen wird auf Rechtsmittel verzichtet; andere Bescheide sind den Beteiligten selbst zuzustellen. Die Kosten dieser Urkunde trägt der Erwerber. Von dieser Urkunde erhalten: AUSFERTIGUNGEN: der Abtretende und der Erwerber je eine BEGLAUBIGTE ABSCHRIFTEN: die Gesellschaft eine EINFACHE ABSCHRIFTEN: das Finanzamt – Körperschaftsteuerstelle der Steuerberater der Gesellschaft das zuständige Registergericht erhält lediglich eine berichtigte Gesellschafterliste. Vorgelesen vom Notar …

2. Anmerkungen a) Nießbrauch am Surrogat

9.164

Da das BGB für den Nießbrauch keine allgemeine Surrogationsregelung enthält, ist sowohl aus zivilrechtlichen als auch aus steuerlichen Gründen erforderlich, den Fortbestand des Nießbrauches im Fall der Veräußerung des GmbH-Anteiles ausdrücklich zu vereinbaren. Die steuerliche Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass andernfalls die ohne Verpflichtung eingeräumte Nießbrauchsberechtigung an dem Surrogat steuerlich als Zuwendungsnießbrauch beurteilt werden könnte, so dass unter Berufung auf den I. Nießbraucherlass1 die Zurechnung beim Nießbrauchberechtigten gefährdet wäre2. b) Stimmrecht

9.165

Zur einkommensteuerlichen Anerkennung sollte die Stimmrechtsausübung ausdrücklich geregelt werden. Vorsorglich empfiehlt sich die bei der Nießbrauchbestellung an mitunternehmerischen Personengesellschaftsanteilen übliche Regelung3.

9.166

Danach gebührt das Stimmrecht für die Gewinnausschüttung dem Nießbraucher, während der nießbrauchbelastete Anteilsinhaber das Stimmrecht im gesellschaftsrechtlichen Kernbereich, z.B. bei Satzungsänderungen, ausübt. c) Vollmacht

9.167

Die in IX. der Schlussbestimmungen enthaltene Vollmacht empfiehlt sich insbesondere bei der Beteiligung von Minderjährigen. 1 BMF v. 23.11.1983 – IV B 1 - S 2253 - 90/83, BStBl. I 1983, 508 Tz. 55. 2 Vgl. Binninger, DStR 1995, 1050. 3 Spiegelberger in FS für Brambring (2011), 343 (347).

852

Spiegelberger

Kapitel 10 Die Photovoltaik-Anlage II. Investitionsabzug . . . . . . . . . . . . . .

10.40

B. Bürgerliches Recht

III. 20 % Mittelstands-AfA . . . . . . . . .

10.45

I. Gebäudebestandteil oder Scheinbestandteil. . . . . . . . . . . . . .

IV. Gewerbliche Einkünfte färben ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.50

V. Dacherneuerung . . . . . . . . . . . . . .

10.70

VI. Gewerbebetrieb und Liebhaberei

10.75

A. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Steuerrechtliche Einordnung von PV-Anlagen. . . . . . . . . . . . . . .

10.1

10.2 10.10

C. Einkommensteuer I. Gewerbebetrieb 1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb . . a) Gewinnermittlung . . . . . . . . . . b) Notwendiges Betriebsvermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsvorrichtung . . . . . . . . . 2. PV-Anlage als selbständiger Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . .

D. Umsatzsteuer 10.16 10.18

I. Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.90

II. Vorsteuerabzug mit Personenidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.105

10.20 10.23

III. Gemischt genutzte PV-Anlagen . 10.110

10.30

E. Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.125

IV. Dacherneuerung . . . . . . . . . . . . . . 10.120

A. Einführung Alle Kulturen verehren die Sonne. Die Sonne schenkt uns Licht und Wärme, sie teilt unser Leben in Tag und Nacht. In einer halben Stunde sendet die Sonne mehr Energie zur Erde, als alle Menschen auf unserem Planeten in einem Jahr verbrauchen – eine Herausforderung für den menschlichen Erfindergeist. Die Sonne wird ihre Energie noch vier Milliarden Jahre zur Erde senden, bis sie erlischt1. Die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) – Taufpaten sind „photos“, das Licht, und Alessandro Volta, der Pionier der Elektrotechnik – verwandelt die Sonnenstrahlen in Strom (Photovoltaik) oder Wärme (Solarthermie), wenn die Sonne einmal nicht scheint. Verwöhnt durch hohe Einspeisevergütungen und Steuervorteile (Investitionsabzug, 20 % Mittelstands-AfA), begann der Siegeszug der PV-Anlagen. Nach der Euphorie kam die Ernüchterung. Bei Neuanlagen, die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommen werden, sinken die Einspeisevergütungen nach dem EEG. Die Finanzverwaltung warnt bereits, dass durch die sinkenden Betriebseinnahmen bei hohen Betriebsausgaben, vor allem bei hoher Fremdfinanzierung der Anlage mit steigenden Zinsen, der Gewerbebetrieb in Liebhaberei umschlagen kann.

1 Wittlinger, Photovoltaikanlagen im Steuerrecht (2012), S. 5.

Koch

853

10.1

Kap. 10 Rz. 10.2 Die Photovoltaik-Anlage

B. Bürgerliches Recht I. Gebäudebestandteil oder Scheinbestandteil 10.2

Das bürgerliche Recht unterscheidet – Gebäudebestandteile (§ 94 BGB) und – Scheinbestandteile (§ 95 BGB).1 Gebäudebestandteile sind Teil des Grundstücks (§ 94 BGB). Sie teilen das Schicksal des Grundstücks. Scheinbestandteile (§ 95 BGB) dagegen, die nur vorübergehend in das Gebäude eingefügt sind, sind ein selbständiger Gegenstand mit einem eigenen rechtlichen Schicksal (§ 95 BGB), z.B. im Erbfall.

10.3

Beispiel: Der Vater betreibt einen landwirtschaftlichen Hof. Er installiert auf dem Süddach der Scheune eine kostspielige Auf-Dach-Anlage. Nach dem Tod des Vaters streitet der Hoferbe mit den weichenden Erben, wem die PV-Anlage zusteht.

10.4

Dachintegrierte PV-Anlagen sind ein unselbständiger Gebäudebestandteil. Auch die Auf-Dach-Anlage ist in der Regel ein unselbständiger Gebäudebestandteil und kein Scheinbestandteil. Der innere Wille des Grundstückseigentümers entscheidet. Er will die Auf-Dach-Anlage im Zweifel nicht nur vorübergehend auf dem Dach installieren, sondern dauerhaft für die Nutzungsdauer der PV-Anlage von 20 Jahren. Dem Erben des Grundstücks steht daher in der Regel auch die Auf-Dach-Anlage zu2.

10.5

Etwas anderes gilt für PV-Anlagen auf gemieteten Dächern. Sie sind Scheinbestandteil (§ 95 BGB). Der Mieter will Eigentümer seiner PV-Anlage auf dem fremden Dach bleiben. Mieter und Vermieter haben nichts zu verschenken. Ein guter Mietvertrag wird diese Frage klären.

10.6–10.9

Einstweilen frei.

II. Steuerrechtliche Einordnung von PV-Anlagen 10.10

Die Finanzverwaltung hat sich nach anfänglichem Zögern dafür entschieden, alle PV-Anlagen gleich zu behandeln. Dachintegrierte PV-Anlagen und Auf-Dach-Anlagen sind eine Betriebsvorrichtung und damit ein bewegliches Anlagegut. Diese Sicht der Einkommensteuer macht den Weg frei für zwei Steuervorteile: – Investitionsabzug bis 200.000 t für die geplante Anschaffung einer PV-Anlage (s. Rz. 10.40 ff.) und – 20 % Mittelstands-AfA (s. Rz. 10.45 ff.)

10.11–10.15

Einstweilen frei.

1 Flache, Photovoltaik- und Windenergieanlagen im notariellen Alltag, notar 2017, 83. 2 DNotI-Report 2014, 57, Aus der Gutachtenpraxis des DNotI: Photovoltaikanlagen auf dem Dach einer Gewerbehalle als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

854

Koch

C. Einkommensteuer

Rz. 10.22 Kap. 10

C. Einkommensteuer I. Gewerbebetrieb 1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb Wer Strom liefert, ist Gewerbetreibender (§ 15 EStG) und umsatzsteuerlicher Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG) mit Vorsteuerabzug (15 Abs. 1 UStG) aus den Anschaffungskosten für die PV-Anlage.

10.16

Der Betreiber der PV-Anlage erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Die Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer, wenn der Gewerbeertrag den Freibetrag mit 24.500 t nicht überschreitet (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewStG).

10.17

a) Gewinnermittlung Der Betreiber der PV-Anlage kann den Gewinn oder Verlust aus Gewerbebetrieb durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) ermitteln.

10.18

Die Gewinnermittlung erfolgt in der Regel durch Einnahmen-Überschussrechnung, da die PV-Anlage die Gewinngrenze mit 60.000 t und die Umsatzgrenze mit 600.000 t nicht überschreitet (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AO). Gewinngrenze und Umsatzgrenze sind für jede PV-Anlage gesondert zu prüfen, da es sich in der Regel um selbständige Gewerbebetriebe handelt.

10.19

b) Notwendiges Betriebsvermögen Die PV-Anlage ist notwendiges Betriebsvermögen. Das Dach ist das „Fundament“ für die PV-Anlage. Die PV-Anlage im Betriebsvermögen infiziert nicht das TrägerGrundstück im Privatvermögen. Das Dach ist kein selbständiger Gebäudeteil und kann daher nicht – isoliert vom Gesamtgebäude im Privatvermögen – dem Betriebsvermögen zugeordnet werden. Die betriebliche Nutzung des Daches für die gewerbliche Stromerzeugung beeinträchtigt nicht die Zuordnung des Daches zum Privatvermögen. Das Grundstück bleibt Privatvermögen1.

10.20

Anders ist die Rechtslage bei PV-Anlagen auf dem Grundstück im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft. Gewerbliche Einkünfte einer Personengesellschaft färben ab (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Die Personengesellschaft wird durch die PV-Anlage eine gewerbliche Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das ganze Grundstück wird gewerbliches Betriebsvermögen (Sogwirkung).

10.21

Beispiel: Die vermögensverwaltende GbR mit Grundstück im Privatvermögen und Mieteinkünften (§ 21 EStG) installiert auf dem Dach eine PV-Anlage. Die GbR wird durch die PVAnlage eine gewerbliche Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das ganze Grund-

10.22

1 BFH v. 17.10.2013 – III R 27/12, BStBl. II 2014, 372.

Koch

855

Kap. 10 Rz. 10.23 Die Photovoltaik-Anlage stück wird notwendiges Betriebsvermögen. Die GbR erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und muss bilanzieren.

c) Betriebsvorrichtung

10.23

PV-Anlagen rechnen steuerrechtlich zu den Betriebsvorrichtungen und damit zu den beweglichen Anlagegütern (s. Rz. 10.10). Diese großzügige Sicht ebnet den Weg, dass auch die dachintegrierten PV-Anlagen, die das Dach ersetzen, in den Genuss von Investitionsabzug (§ 7g Abs. 1 EStG), 20 % Mittelstands-AfA (§ 7g Abs. 5 EStG) und der höheren AfA für bewegliche Anlagegüter (§ 7 Abs. 1 EStG) kommen.

10.24–10.29

Einstweilen frei.

2. PV-Anlage als selbständiger Gewerbebetrieb

10.30

Jede PV-Anlage ist in der Regel ein selbständiger Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Wer drei PV-Anlagen betreibt, unterhält drei Gewerbebetriebe. Er kann daher dreimal den Freibetrag für den Gewerbeertrag mit 24.500 t abziehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewStG). Andererseits kann der Gewerbeertrag aus einem Gewerbebetrieb nicht mit dem Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) aus einem anderen Gewerbebetrieb, z.B. aus einer anderen PV-Anlage, verrechnet werden. Der Betreiber erhält drei Gewerbesteuer-Bescheide, aber nur einen Umsatzsteuer-Bescheid. Alle PV-Anlagen bilden ein einheitliches umsatzsteuerliches Unternehmen (Einheit des Unternehmens – § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG).

10.31

Ein einheitlicher Gewerbebetrieb liegt nur vor, wenn – der Strom aus der PV-Anlage zu mehr als 50 % im eigenen Gewerbebetrieb verbraucht wird oder – Gewerbebetrieb und PV-Anlage sich gegenseitig fördern und ergänzen.

10.32

Beispiel: Der Elektroinstallateur mit PV-Anlage auf dem Dach vertreibt und betreut PV-Anlagen für seine Kunden1.

10.33

Eine PV-Anlage auf dem Dach eines Betriebsgebäudes führt daher – ohne diesen Förderungszusammenhang – zu zwei selbständigen Gewerbebetrieben.

10.34

Da jede PV-Anlage in der Regel ein selbständiger Gewerbebetrieb ist, sind die Schwellenwerte für den Investitionsabzug (§ 7g Abs. 1 EStG) und die Mittelstands-AfA (§ 7g Abs. 5 EStG) mit 235.000 t (Buchkapital) oder 100.000 t (Gewinn bei EinnahmenÜberschussrechnung) für jede PV-Anlage gesondert zu prüfen. Jede Anlage kommt daher in den Genuss von Investitionsabzug und Mittelstands-AfA, da sie die Schwellenwerte nicht überschreitet.

10.35–10.39

Einstweilen frei.

1 BFH v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252.

856

Koch

C. Einkommensteuer

Rz. 10.41 Kap. 10

II. Investitionsabzug Wer in den nächsten drei Jahren eine PV-Anlage anschaffen will, kann einen Investitionsabzug mit 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten, höchstens 200.000 v, bilden (§ 7g Abs. 1 EStG). Der Investitionsabzug wirkt wie eine vorgezogene Abschreibung auf die PV-Anlage mit 40 % auf die Anschaffungskosten, und dies drei Jahre vor der Investition.

10.40

Jede PV-Anlage erfüllt die Voraussetzungen für den INVESTITIONSABZUG:

10.41

– Bewegliches Anlagegut: Die PV-Anlage ist eine Betriebsvorrichtung und damit ein bewegliches Anlagegut. – 90 % betrieblich genutzt: Die PV-Anlage wird mit 100 % betrieblich genutzt. Die Finanzverwaltung nimmt dies auch an, wenn der Strom teilweise privat verbraucht wird, z.B. für das selbst genutzte Einfamilienhaus1. Damit ist ein wichtiges Hindernis ausgeräumt bei neuen PV-Anlagen, die ab 1.4.2012 in Betrieb genommen werden. Durch die sinkenden Einspeisevergütungen ist es für den PV-Betrieb vorteilhafter, den erzeugten Strom privat zu verbrauchen und nicht ins Stromnetz einzuspeisen. – Investitionsabsicht: Ab 2016 kann ein Investitionsabzug auch ohne Investitionsabsicht gebildet werden. Bei einer Betriebseröffnung verlangt die Finanzverwaltung, dass der Steuerpflichtige seine Betriebseröffnungsabsicht glaubhaft macht. Eine „Steuerminderung nach Gutdünken“ durch den Investitionsabzug (BFH) soll vermieden werden. Sonst könnte ein Investitionsabzug bis 200.000 t mit der bloßen Behauptung gebildet werden, in den nächsten drei Jahren eine PVAnlage anschaffen zu wollen. Der beste Nachweis ist die verbindliche Bestellung der PV-Anlage im Abzugsjahr2. – Schwellenwerte: Die Schwellenwerte mit 235.000 oder 100.000 t werden nicht überschritten. Sie betragen im Abzugsjahr null. – Investitionsabzug ist betriebsbezogen: Wer mehrere Gewerbebetriebe betreibt, kann mehrere Investitionsabzüge bilden. Er kann daher den Höchstbetrag mit 200.000 t mehrfach in Anspruch nehmen. Jede PV-Anlage ist ein eigener Gewerbebetrieb. Derselbe Steuerpflichtige kann daher für jede PV-Anlage einen neuen Investitionsabzug in Anspruch nehmen, d.h. den Höchstabzug mit 200.000 t mehrfach nutzen.

10.42–10.44

Einstweilen frei.

1 R 4.3 Abs. 4 Satz 2 EStR 2016. 2 BMF v. 20.3.2017, BStBl. I 2017, 423.

Koch

857

Kap. 10 Rz. 10.45 Die Photovoltaik-Anlage

III. 20 % Mittelstands-AfA 10.45

Im Jahr der Anschaffung kann der Betreiber der PV-Anlage die volle MittelstandsAfA mit 20 % vornehmen (§ 7g Abs. 5 EStG). Sie wird unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wie der Investitionsabzug.

10.46

Neben der Mittelstands-AfA wird die PV-Anlage linear abgeschrieben auf die Nutzungsdauer, die in der Regel 20 Jahre beträgt, d.h. mit jährlich 5 % – allerdings zeitanteilig ab dem Monat der Anschaffung mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (§ 7 Abs. 1 EStG).

10.47

Alte PV-Anlagen, die 2009 und 2010 angeschafft wurden, können degressiv abgeschrieben werden mit 25 % vom Restbuchwert, höchstens mit der zweieinhalbfachen linearen AfA (§ 7 Abs. 2 EStG). Bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren beträgt die degressive AfA 12,5 % pro Jahr.

10.48–10.49

Einstweilen frei.

IV. Gewerbliche Einkünfte färben ab 10.50

Die gewerblichen Einkünfte einer Personengesellschaft färben auf ihre anderen Einkünfte ab (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), z.B. auf die land- und forstwirtschaftlichen, freiberuflichen oder Mieteinkünfte der Personengesellschaft. Aus der Personengesellschaft wird eine gewerbliche Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG), die bilanzieren muss und der Gewerbesteuer unterliegt. Die Geringfügigkeitsgrenze mit 3 % vom Nettoumsatz oder 24.500 t ist derart niedrig, dass in den wenigsten Fällen ein Abfärben der gewerblichen PV-Einkünfte verhindert werden kann.

10.51

Jede Personengesellschaft ohne gewerbliche Einkünfte muss vermeiden, dass sie sich über Nacht durch die neue PV-Anlage in eine gewerbliche Mitunternehmerschaft verwandelt.

10.52

Beispiel 1: Die Grundstücks-GbR der Eheleute vermietet das Grundstück im Privatvermögen (Hallengrundstück) an eine Supermarkt-Kette. Die GbR installiert auf dem Süddach eine PV-Anlage.

10.53

Durch den Betrieb der PV-Anlage verwandelt sich die vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Hallengrundstück im Privatvermögen in eine gewerbliche Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die gewerblichen Einkünfte der Grundstücks-GbR färben ab auf ihre Mieteinkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Die Mieteinkünfte der GbR sind gewerbliche Einkünfte. Die GbR muss bilanzieren und Gewerbesteuer zahlen. Das ganze Hallengrundstück der GbR wird Betriebsvermögen.

10.54

Beispiel 2: Die nicht gewerblich geprägte GmbH & Co KG (Familien-Pool) mit umfangreichem Grundbesitz im Privatvermögen installiert auf dem Dach eines Grundstücks eine PVAnlage.

858

Koch

C. Einkommensteuer

Rz. 10.64 Kap. 10

Die nicht gewerblich geprägte GmbH & Co KG wird durch den Betrieb der PV-Anlage zu einer gewerblichen GmbH & Co KG. Das Gesamthandsvermögen der gewerblichen GmbH & Co KG (Mitunternehmerschaft) ist notwendiges Betriebsvermögen. Alle Grundstücke der GmbH & Co KG werden Betriebsvermögen, d.h. nicht nur das Grundstück mit der PV-Anlage.

10.55

Beispiel 3: Vater und Sohn betreiben eine Landwirtschaft als GbR. Die GbR installiert auf dem Süddach der Scheune eine PV-Anlage.

10.56

Die landwirtschaftliche Mitunternehmerschaft wird durch die gewerbliche Stromerzeugung eine gewerbliche Mitunternehmerschaft (Strukturwandel). Die GbR muss bilanzieren und unterliegt der Gewerbesteuer.

10.57

Beispiel 4: Die Eheleute erwerben ihr selbst genutztes Einfamilienhaus als GrundstücksGbR. Sie installieren auf dem Dach eine PV-Anlage. Nach einigen Jahren ziehen sie um und vermieten das Einfamilienhaus.

10.58

Die Eheleute betreiben eine gewerbliche Mitunternehmerschaft durch die gewerbliche Stromerzeugung. Die PV-Anlage ist notwendiges Betriebsvermögen der gewerblichen GbR, nicht jedoch das Grundstück mit dem selbst genutzten Einfamilienhaus. Das (unentgeltlich) selbst genutzte Einfamilienhaus im Gesamthandsvermögen der gewerblichen GbR dient der privaten Lebensführung der Eheleute und bleibt daher notwendiges Privatvermögen der gewerblichen Mitunternehmerschaft1.

10.59

Mit der Vermietung endet die Privilegierung des Einfamilienhauses als notwendiges Privatvermögen. Das Einfamilienhaus wechselt aus dem notwendigen Privatvermögen in das notwendige Betriebsvermögen der GbR.

10.60

Beispiel 5: Die beiden Brüder führen einen Einzelhandel als KG. Die KG hält das betriebliche Grundstück mit PV-Anlage in ihrem Gesamthandsvermögen. Die KG stellt den Betrieb endgültig ein und verpachtet das Grundstück an den Media-Markt. Die KG erklärt Betriebsaufgabe. Die Brüder versteuern den Aufgabegewinn.

10.61

Beim Einzelhandel ist das Betriebsgrundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage. Das Grundstück ist der Betrieb. Die Grundstücksverpachtung ist daher eine Betriebsverpachtung mit Verpächterwahlrecht. Da die KG durch die gewerbliche Stromerzeugung unverändert eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, führt sie ihre gewerbliche Tätigkeit mit einem anderen Gewerbegegenstand fort. Sie bleibt zwingend eine gewerbliche Mitunternehmerschaft.

10.62

Bis zur Beendigung der gewerblichen Stromerzeugung bleibt das Grundstück notwendiges Betriebsvermögen. Die Aufgabeerklärung ist unbeachtlich.

10.63

Der Gewinnfeststellungsbescheid mit dem Aufgabegewinn ist rechtswidrig. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist kann dieser falsche Steuerbescheid bei einer späteren Erfassung der stillen Reserven wegen Doppelerfassung zuungunsten geändert werden (§ 174 Abs. 1 AO).

10.64

1 Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 496.

Koch

859

Kap. 10 Rz. 10.65 Die Photovoltaik-Anlage

10.65

Das Abfärben der gewerblichen Einkünfte kann vermieden werden – durch das Ausgliederungsmodell oder – durch die Bruchteilsgemeinschaft anstelle der Personengesellschaft als Rechtsträger des Grundstücks mit PV-Anlage.

10.66

Ausgliederungsmodell: Neben der Personengesellschaft mit Grundstück im Gesamthandsvermögen wird eine zweite Personengesellschaft gegründet, die die PV-Anlage erwirbt. Es ist dasselbe Ausgliederungsmodell, das das Abfärben von gewerblichen Einkünften in einer freiberuflichen Sozietät vermeidet1. Beide Personengesellschaften müssen nach außen getrennt werden, z.B. durch getrennte Buchführung, unterschiedliche Rechtsform für beide Personengesellschaften, zwei Umsatzsteuer-Erklärungen mit unterschiedlicher Steuernummer. Am besten gelingt die Ausgliederung, wenn ein Gesellschafter die PV-Anlage als Einzelunternehmer erwirbt. Das Nebeneinander von Personengesellschaft und Einzelunternehmen dokumentiert die Trennung.

10.67

Bruchteilsgemeinschaft: Nur in einer Personengesellschaft färben die gewerblichen Einkünfte ab (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), nicht dagegen in einer Bruchteilsgemeinschaft2. Die gewerblichen Einkünfte einer gesellschaftsähnlichen Mitunternehmerschaft ohne Gesellschaftsvertrag – Erbengemeinschaft, Gütergemeinschaft oder Bruchteilsgemeinschaft, z.B. Betriebsaufspaltung mit Grundstück im Miteigentum als Besitzunternehmen – färben nicht ab.

10.68–10.69

Einstweilen frei.

V. Dacherneuerung 10.70

Bei der Installation der PV-Anlage muss das Dach erneuert werden. Wird die PVAnlage auf dem Dach eines selbst genutzten Einfamilienhauses installiert, entstehen gemischte Aufwendungen, die durch die selbst genutzte Wohnung (nicht abzugsfähig) und die PV-Anlage (abzugsfähig) veranlasst sind. Der BFH lehnt eine Aufteilung ab. Eine sachgerechte Aufteilung sei nicht möglich. Die Kosten der Dacherneuerung sind daher bei der Einkommensteuer nicht abzugsfähig3.

10.71

Bei der Umsatzsteuer dagegen wird die Vorsteuer aus der Dacherneuerung nach dem Umsatzschlüssel, d.h. nach dem Verhältnis der fiktiven Dachmiete aufgeteilt (§ 15 Abs. 4 UStG).

10.72–10.74

Einstweilen frei.

1 Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 193. 2 Schmidt/Wacker36, § 15 EStG Rz. 187. 3 BFH v. 17.10.2013 – III R 27/12, BStBl. II 2014, 372.

860

Koch

D. Umsatzsteuer

Rz. 10.91 Kap. 10

VI. Gewerbebetrieb und Liebhaberei Bei Neuanlagen, die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommen werden, sinken die Einspeisevergütungen nach dem neuen EEG. Die Finanzverwaltung warnt bereits, dass der Gewerbebetrieb durch die sinkenden Betriebseinnahmen bei hohen Betriebsausgaben – vor allem bei hoher Fremdfinanzierung der PV-Anlage und steigenden Zinsen – in Liebhaberei umschlagen kann. Fällt die Totalgewinnprognose negativ aus, ist alles verloren:

10.75

– Investitionsabzug – 20 % Mittelstands-AfA – lineare Abschreibung mit 5 % – Abzug der Schuldzinsen Die Gewinnerzielungsabsicht muss für jede PV-Anlage gesondert geprüft werden. Bei der Totalgewinnprognose können die Verluste aus der Verlust-Anlage nicht mit den Gewinnen aus der Gewinn-Anlage verrechnet werden.

10.76

Beispiel: Die Verluste aus der Neu-Anlage, die nach dem 1.4.2012 in Betrieb genommen wird, können nicht durch die Gewinne aus der Alt-Anlage mit hohen Einspeisevergütungen kompensiert werden.

10.77

Auch bei Mietobjekten prüft der BFH die Überschusserzielungsabsicht isoliert für jedes Mietobjekt, auch wenn sich beide Mietobjekte auf demselben Grundstück befinden. Jede PV-Anlage kann ein unterschiedliches Schicksal bei der Totalgewinnprognose haben1.

10.78

Nur der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage bleibt. Die Einkommensteuer verlangt Gewinnerzielungsabsicht (§ 15 EStG). Die Umsatzsteuer begnügt sich mit Einnahmenerzielungsabsicht. Der Liebhaber ist kein Gewerbetreibender, aber umsatzsteuerlicher Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG).

10.79

10.80–10.89

Einstweilen frei.

D. Umsatzsteuer I. Unternehmer Der Betreiber der PV-Anlage liefert Strom an den Netzbetreiber (§ 3 Abs. 1 UStG). Er ist Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG) mit Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage.

10.90

Wer eine PV-Anlage betreibt mit einem Gesamtumsatz bis 17.500 t im Startjahr, ist Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG). Der Umsatz im Startjahr wird auf einen

10.91

1 BFH v. 17.10.2013 – III R 27/12, BStBl. II 2014, 372.

Koch

861

Kap. 10 Rz. 10.92 Die Photovoltaik-Anlage

Jahresumsatz hochgerechnet. Der Kleinunternehmer muss für die Besteuerung als Vollunternehmer optieren, um den Vorsteuerabzug aus der PV-Anlage zu gewinnen (§ 19 Abs. 2 UStG).

10.92

Betreiben Eheleute die PV-Anlage, z.B. auf dem Grundstück im Miteigentum, ist die Ehegattengemeinschaft Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG). Beide Ehegatten müssen den Kaufvertrag über die PV-Anlage und den Stromliefervertrag mit dem Netzbetreiber schließen (Personenidentität bei beiden Verträgen). Sonst geht der Vorsteuerabzug aus der Lieferung der PV-Anlage verloren (§ 15 Abs. 1 UStG).

10.93

Soll das Abfärben gewerblicher Einkünfte aus der PV-Anlage durch das Ausgliederungsmodell vermieden werden (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), muss für den Rechtsträger der ausgegliederten PV-Anlage eine gesonderte USt-Erklärung abgegeben werden.

10.94

Das umsatzsteuerliche Unternehmen umfasst die gesamte unternehmerische Tätigkeit dieses Unternehmers (Einheit des Unternehmens – § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG).

10.95

Beispiel 1: Der Steuerpflichtige betreibt drei PV-Anlagen. Er betreibt drei Gewerbebetriebe, aber nur ein Unternehmen.

10.96

Beispiel 2: Der Freiberufler betreibt eine Einzelpraxis, erzeugt Strom mit seiner PV-Anlage und vermietet ein Grundstück. Freiberufliche Praxis, Gewerbebetrieb und Vermietung sind ein umsatzsteuerliches Unternehmen. Der Freiberufler gibt eine Umsatzsteuererklärung ab. Die Eigenschaft des Vollunternehmers erfasst automatisch die Umsätze aus dem Betrieb der PV-Anlage.

10.97

Beispiel 3: Der Freiberufler mit Einzelpraxis betreibt mit seiner Ehefrau eine PV-Anlage auf dem gemeinsamen Grundstück. Freiberufler und Ehegattengemeinschaft sind zwei umsatzsteuerliche Unternehmer. Sie müssen zwei Umsatzsteuererklärungen abgeben: Der Ehemann für die freiberufliche Einzelpraxis, die Ehegattengemeinschaft für die PV-Anlage.

10.98

Bei einer Grundstücks-GbR der Eheleute wird das Abfärben der gewerblichen Einkünfte aus der PV-Anlage am sichersten dadurch vermieden, dass der Ehemann oder die Ehefrau die PV-Anlage als Einzelunternehmer betreibt. Der Betrieb als Einzelunternehmer dokumentiert die Trennung von der Grundstücks-GbR.

10.99

Betreibt der Ehemann die PV-Anlage als Einzelunternehmer, bilden freiberufliche Einzelpraxis und PV-Anlage ein Unternehmen. Betreibt dagegen die Ehefrau die PV-Anlage, entsteht ein drittes Unternehmen. Die Ehefrau wird Unternehmerin.

10.100

Wird die PV-Anlage von Ehemann oder Ehefrau als Einzelunternehmen betrieben, kann die Grundstücks-GbR die Dachfläche für die PV-Anlage pflichtig an Ehemann oder Ehefrau vermieten, z.B. um den anteiligen Vorsteuerabzug aus der Dachsanierung zu gewinnen. Die halbe Vermietung an sich selbst wird nicht anerkannt bei der Einkommensteuer. Bei der Umsatzsteuer dagegen ist es eine klassische Gestaltung bei Grundstücken im Miteigentum der Eheleute oder Grundstücks-GbR, um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden: Die Ehegattengemeinschaft baut (oder er-

862

Koch

D. Umsatzsteuer

Rz. 10.112 Kap. 10

neuert das Dach) und vermietet pflichtig das ganze Grundstück gegen die volle Miete an den Unternehmer-Ehegatten.

10.101–10.104

Einstweilen frei.

II. Vorsteuerabzug mit Personenidentität Die Lieferung von Strom ist eine pflichtige Lieferung durch den PV-Betreiber an den Netzbetreiber (§ 3 Abs. 1 UStG) und damit ein Abzugsumsatz (§ 15 Abs. 1 UStG. Der Leistungsempfänger hat den Vorsteuerabzug. Der Leistungsempfänger schließt bürgerlich-rechtlich den Vertrag, z.B. den Kaufvertrag über die PV-Anlage.

10.105

Beispiel: Die Eheleute kaufen eine PV-Anlage für ihr Grundstück im Miteigentum. Der Kaufvertrag wird im Namen der Eheleute geschlossen. Der Ehemann schließt im eigenen Namen den Stromliefervertrag mit dem Netzbetreiber.

10.106

Der Vorsteuerabzug aus der PV-Anlage scheitert (§ 15 Abs. 1 UStG): Die Eheleute sind Leistungsempfänger der PV-Anlage. Den Stromliefervertrag schließt dagegen der Ehemann. Es besteht keine Personenidentität zwischen Kaufvertrag und Stromliefervertrag. Die Personenidentität zwischen Kaufvertrag und Stromliefervertrag war in einigen Bundesländern Prüfungsschwerpunkt für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung.

10.107

Einstweilen frei.

10.108–10.109

III. Gemischt genutzte PV-Anlagen Notwendiges Unternehmensvermögen wird mit 100 % unternehmerisch genutzt. Bei gemischt genutzten Gegenständen besteht ein dreifaches Zuordnungs-Wahlrecht, z.B. für den privat genutzten Pkw des Unternehmers oder für das unternehmerisch genutzte Gebäude mit selbst genutzter Wohnung. Gemischt genutzter Pkw und gemischt genutztes Grundstück werden bei der Umsatzsteuer gleich behandelt. Die Vermietung von Grundstücken ist eine unternehmerische Nutzung, gleichgültig, ob der Eigentümer pflichtig oder befreit vermietet (§ 4 Nr. 12 UStG).

10.110

Der Unternehmer kann wählen:

10.111

– ganzer Gegenstand im Unternehmen – anteiliger Gegenstand im Unternehmen in % der unternehmerischen Nutzung oder – ganzer Gegenstand im Privatbereich. Die Zuordnung erfolgt durch die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt. Sie erfolgt in der Regel durch den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs-

Koch

863

10.112

Kap. 10 Rz. 10.113 Die Photovoltaik-Anlage

oder Herstellungskosten, d.h. durch schlüssiges Handeln, z.B. in der UmsatzsteuerVoranmeldung für den Monat der Lieferung.

10.113

Nach der neuen BFH-Rechtsprechung muss die Zuordnung bis zum 31. Mai im Folgejahr nach der Lieferung erfolgen. Wer keine Zuordnungsentscheidung bis zum 31. Mai gegenüber dem Finanzamt trifft, ordnet den gemischt genutzten Gegenstand durch Schweigen dem Privatbereich zu und verliert den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 15 Abs. 1 UStG).

10.114

Beispiel: Der Eigentümer baut im Jahr 2016 ein Geschäftshaus mit selbst genutzter Penthouse-Wohnung. Er will das Geschäftshaus bis auf die Dachterrassenwohnung pflichtig vermieten. Er erklärt im Juni 2017 dem Finanzamt, dass er das ganze Grundstück seinem Unternehmen zuordnen will, und macht den Vorsteuerabzug in % der unternehmerischen Nutzung, d.h. in % der vermieteten Flächen geltend.

10.115

Der Bauherr versäumt die Zuordnungsfrist bis zum 31.5.2017. Er ordnet daher durch Nichtstun das ganze Grundstück seinem Privatbereich zu. Er verliert den Vorsteuerabzug aus den Baukosten, obwohl er pflichtig vermieten will.

10.116

Verwendet der Betreiber von neuen PV-Anlagen, die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommen werden, einen Teil des Stroms für die selbst genutzte Wohnung, geht die Finanzverwaltung bei der Einkommensteuer davon aus, dass der Betreiber die PVAnlage mit 100 % betrieblich nutzt.

10.117

Für die Umsatzsteuer dagegen ist die PV-Anlage ein gemischt genutzter Gegenstand, da ein Teil des Stroms privat verbraucht wird. Es gilt daher die neue Zuordnungsfrist bis zum 31. Mai im Folgejahr. Versäumt der Betreiber die Zuordnungsfrist, ordnet er die PV-Anlage seinem Privatvermögen zu und verliert den Vorsteuerabzug aus der Lieferung der PV-Anlage1.

10.118

Ordnet der Betreiber die PV-Anlage mit 100 % seinem Unternehmen zu, kann er auch die Vorsteuer mit 100 % abziehen. Der private Stromverbrauch ist eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe und damit ein Abzugsumsatz (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG).

10.119

Einstweilen frei.

IV. Dacherneuerung 10.120

Muss das Dach erneuert werden, um die PV-Anlage zu installieren, hängt der Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) davon ab, ob das Gebäude im Übrigen für Abzugsoder Ausschlussumsätze verwendet wird:

10.121

Wird das Gebäude für Abzugsumsätze verwendet, kann der Betreiber die Vorsteuer in voller Höhe abziehen, da das neue Dach insgesamt für Abzugsumsätze verwendet 1 BMF v. 19.9.2014 – IV D 2 - S 7124/12/10001-02, BStBl. I 2014, 1287.

864

Koch

E. Gefahren

Rz. 10.125 Kap. 10

wird, z.B. bei pflichtiger Vermietung oder bei eigener unternehmerischer Nutzung für Abzugsumsätze. Wird dagegen das Gebäude (teilweise) für Ausschlussumsätze, z.B. bei befreiter Vermietung oder als selbst genutzte Wohnung genutzt, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden (§ 15 Abs. 4 UStG).

10.122

Der BFH hat entschieden, dass die Vorsteuer aus dem neuen Dach nach dem Umsatzschlüssel, d.h. nach der (fiktiven) Miete für Gebäude und Dach, aufgeteilt werden muss1.

10.123

Einstweilen frei.

10.124

E. Gefahren 10.125

Folgende Gefahren haben Nutzer einer PV-Anlage zu beachten: – Gewerbliche Einkünfte einer Personengesellschaft färben ab! – Bei einer PV-Anlage im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft färben die gewerblichen Einkünfte aus der PV-Anlage auf die anderen Einkünfte der Personengesellschaft ab (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), z.B. Mieteinkünfte, land- und forstwirtschaftliche oder freiberufliche Einkünfte. Ausgliederungsmodell oder Bruchteilsgemeinschaft vermeiden diese Gefahr! – Bei Neu-Anlagen mit Inbetriebnahme ab 1.4.2012 kann der Gewerbebetrieb in Liebhaberei umschlagen bei hoher Fremdfinanzierung und hohen Zinsen. – Notwendige Personenidentität: Dieselben Personen müssen Kaufvertrag für die PV-Anlage und Stromliefervertrag abschließen, z.B. Eheleute beim Grundstück im Miteigentum. Sonst geht der Vorsteuerabzug verloren. – Zuordnungsfrist bei privatem Stromverbrauch: Bei gemischt genutzten PV-Anlagen mit privatem Stromverbrauch muss die PV-Anlage in der Zuordnungsfrist bis zum 31. Mai im Folgejahr mit 100 % dem Unternehmen zugeordnet werden durch Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt. Besonders gefährdet sind Mandanten, die ihren Steuerberater nur einmal im Jahr aufsuchen, um die Steuererklärung zu besprechen, z.B. Land- und Forstwirte oder Mandanten mit Mieteinkünften oder Arbeitseinkünften.

1 BFH v. 19.7.2011 – XI R 29/10, BStBl. II 2012, 438 (Scheune); v. 19.7.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430 (Schuppen).

Koch

865

Kapitel 11 Gewerblicher Grundstückshandel

I. Gewinnerzielungsabsicht . . . . . . .

11.12

II. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .

11.14

2. Objekte i.S.d. „Drei-ObjektTheorie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang a) Betrachtungszeitraum . . . . . . . b) Gesamtschau aller Aktivitäten auf dem Grundstücksmarkt . .

11.31

C. Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . .

11.71

D. Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels . . . . . . . . . .

11.73

A. Begriff des gewerblichen Grundstückshandels . . . . . . . . . . . . . . . .

11.1

B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels 11.11

III. Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr . . . . . . . IV. Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung 1. Bedingte und unbedingte Veräußerungsabsicht. . . . . . . . . . .

11.46 11.52 11.54

11.41

Literatur: Altfelder, Gewerblicher Grundstückshandel im Wandel, FR 2000, 349; Beck, Gewerblicher Grundstückshandel durch Zurechnung der Verkäufer von Personengesellschaften, Grundeigentum 2013, 38; Bitz, Hat die Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und privaten Grundstücksveräußerungen immer noch materielle Bedeutung?, BB 1999, 2111; Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücksgeschäften, BB 2002, 1068; Dorn/Langeloh, Gewerblicher Grundstückshandel durch Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft in mehrstufigen Strukturen?, DStR 2016, 1455; Drüen/Krumm, Pflicht und Kür: Über Buchführung, Bilanzierung und Gewinnermittlung bei gewerblichem Grundstückshandel, FR 2004, 685; Engelsing/Wassermeyer, Die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel, StuB 2004, 433; Figgener/Kiesel/Haug, Immobilienveräußerungen auf Druck der Bank: Immer gewerblicher Grundstückshandel?, DStR 2010, 1324; Geck/Messner, Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel, ZEV 2004, 220; Hartrott, Gewerblicher Grundstückshandel – ein Kurzrepetitorium unter kritischer Würdigung der aktuellen Rechtsprechung des BFH, BB 2010, 2271; Hartrott, Gewerblicher Grundstückshandel auch ohne persönliche Veräußerungsaktivitäten, FR 2013, 126; Heuermann, Die Grenzziehung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung (im Rahmen der §§ 21, 23 EStG, § 14 AO) am Beispiel des gewerblichen Grundstückshandels, in: Einkommen aus Kapital (DStJG 31) 2007, 121; Hutmacher, Die Ausnutzung einer steuerlichen Verwaltungsanweisung als Geschäftsmodell – Planmäßige Errichtung und Veräußerung von Gebäuden als private Vermögensverwaltung, ZNotP 2013, 143; Ihle, Gewerblicher Grundstückshandel ohne eigene Grundstückveräußerung, notar 2012, 406; Kanzler, Der gewerbliche Grundstückshandel aus der unterschiedlichen Perspektive zweier Senate des BFH, FR 2011, 810; Kanzler, Zum gewerblichen Grundstückshandel der Land- und Forstwirte – Ein vermeidbares Übel, DStZ 2013, 822; Kempermann, Gewerblicher Grundstückshandel: Nachhaltigkeit in „Ein-Objekt-Fällen“, DStR 2006, 265; Kempermann, Der gewerbliche Grundstückshandel nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001, DStR 2002, 785; Kempermann, Gewerblicher Grundstückshandel: Indizien für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht; Zurechnung der Tätigkeit eines Generalunternehmers, DStR 2009, 1725; Krohn, Zurechnung der Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften beim gewerblichen Grundstückshandel, AktStR 2013, 59; Köhler, „Bedingte Veräußerungsabsicht“

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867

Kap. 11 Rz. 11.1 Gewerblicher Grundstückshandel im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels, BB 2010, 1003; Kobor, Der Gesellschaftsanteil als taugliches „Objekt“ der Drei-Objekt-Grenze, FR 1999, 1155; Küspert, Anteilsveräußerung und gewerblicher Grundstückshandel, DStR 2007, 746; Lammersen, Die Gewerblichkeit von Grundstücksgeschäften – Bestandsaufnahme und Analyse der Rechtsprechung des BFH zur Drei-Objekt-Grenze, DStZ 2004, 549, 595; Leisner-Egensperger, Grundstückshandel im Steuerrecht zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 EStG), FR 2007, 813; Lüdicke/Naujok, Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel, DB 2004, 179; Mensch, Aktuelles aus dem Steuerrecht, BWNotZ 2013, 123; Messner, Auch bei Aufteilung im Kaufvertrag kann gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, AktStR 2011, 377; Moritz, Aktuelle Entwicklungen beim gewerblichen Grundstückshandel, DStR 2005, 2010; Schmidt-Liebig, Gewerbliche und private Grundstücksgeschäfte, 4. Aufl. 2002; Perleberg-Kölbel, Steuerfalle Scheidungsimmobilie, FuR 2016, 94; Schubert, „Private“ Bauträger und gewerblicher Grundstückshandel, DStR 2003, 573; G. Söffing, Aktuelle Probleme beim gewerblichen Grundstückshandel, FR 2006, 485; M. Söffing/G. Seitz, Gewerblicher Grundstückshandel: Private Vermögensverwaltung trotz Veräußerungsabsicht, DStR 2007, 1841; G. Söffing, Gewerblicher Grundstückshandel: Überblick und kritische Bemerkungen, FS für Spiegelberger (2009), 441; Sommer, Gewerblicher Grundstückshandel im Wandel – „Objektivierung“ der unbedingten Veräußerungsabsicht?, DStR 2010, 1405; Spindler, Der gewerbliche Grundstückshandel in der Rechtsprechung des BFH, DStZ 1997, 10; Tiedtke/Wälzholz, Empfehlungen zum gewerblichen Grundstückshandel unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats vom 10.12.2001, DB 2002, 652; Tiedtke/Wälzholz, Der BMF-Erlass vom 26.3.2004 zum gewerblichen Grundstückshandel – Neuerungen für die Praxis, MittBayNot 2004, 325; Tiedtke/Wälzholz, Aktuelle Entwicklungen beim gewerblichen Grundstückshandel, MittBayNot 2004, 5; Vogelgesang, Gewerblicher Grundstückshandel und Drei-Objekt-Grenze, BB 2004, 183; Vogelgesang, BFH-Rechtsprechung zur Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der privaten Vermögensverwaltung in Bebauungs- und Erschließungsfällen, Stbg. 2008, 52; Wälzholz/Gutfried, Aktuelle Entwicklungen im Ertragsteuerrecht für die notarielle Praxis, MittBayNot 2011, 265. Verwaltungsanweisung: BMF-Schreiben v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434.

A. Begriff des gewerblichen Grundstückshandels 11.1

Ein gewerblicher Grundstückshandel setzt neben den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (insbesondere Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) auch voraus, dass im Einzelfall die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung i.S.v. § 14 Satz 3 AO überschritten ist. Dieses Problem der Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und privater Vermögensverwaltung als Ausfluss des Dualismus der Einkünfteermittlung hat zu einer inzwischen kaum noch überschaubaren Kasuistik geführt. Auch wiederholte Entscheidungen des Großen Senats des BFH1 haben keine endgültige Klärung dieser Abgrenzungsfrage herbeizuführen vermocht. Grundsätzlich gilt2:

1 BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492; v. 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291 = FR 2002, 452 m. Anm. Kempermann = DStR 2002, 489 = DB 2002, 616 = NJW 2002, 1518 = ZfIR 2002, 316 = MittBayNot 2002, 217. 2 Siehe näher Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 157 f.

868

Schallmoser

A. Begriff des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.2 Kap. 11

– Die Veräußerung einzelner (oder auch sämtlicher vorhandener) Grundstücke durch einen Grundstückseigentümer, der seinen Grundbesitz als Vermögensanlage nutzt, ist dem Grunde nach keine gewerbliche Handlung, sondern Vermögensverwaltung; dies gilt auch dann, wenn der veräußerte Grundbesitz umfangreich ist und in einer Vielzahl von Einzelgeschäften verkauft wird. – Werden Grundstücke dagegen nachhaltig angeschafft und wieder veräußert, können die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt sein. Zunächst hat die Rechtsprechung die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb dann als überschritten angesehen, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz i.S. einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund trat1. Diese – reichlich unbestimmte – Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und privater Vermögensverwaltung erwies sich in der Praxis jedoch als problematisch; insbesondere die maßgebende Frage, ob ein Objekt bereits mit einer – wenn auch nur bedingten – Weiterveräußerungsabsicht angeschafft oder hergestellt worden ist, war im Einzelfall schwierig zu beurteilen, da es sich bei dieser Absicht um eine innere Einstellung des Steuerpflichtigen handelt, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann2. Zur Vermeidung dieser praktischen Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung und zum Zweck einer größeren Rechtssicherheit hat die Rechtsprechung die sog. „Drei-Objekt-Theorie“ entwickelt3, wonach das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels grundsätzlich indiziert wird, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte angeschafft und veräußert werden4. Mit der „Drei-Objekt-Theorie“ treten mithin neben die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Gewerbebetriebes (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) zusätzlich drei typisierende Abgrenzungskriterien, und zwar – die Art der erworbenen und verkauften Objekte i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“, – die Zahl der erworbenen und verkauften Objekte und – der zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb oder Errichtung und Veräußerung der betreffenden Objekte.

1 BFH v. 17.1.1973 – I R 191/72, BStBl. II 1973, 260; v. 8.8.1979 – I R 186/78, BStBl. II 1980, 106. 2 BFH v. 6.4.1990 – III R 28/87, BStBl. II 1990, 1057. 3 BFH v. 9.12.1986 – VIII R 317/82, BStBl. II 1988, 244. 4 BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492; zur Verfassungsmäßigkeit der „Drei-Objekt-Rechtsprechung“ s. BVerfG v. 4.2.2005 – 2 BvR 1572/01, DStZ 2005, 276.

Schallmoser

869

11.2

Kap. 11 Rz. 11.3 Gewerblicher Grundstückshandel

11.3

Mit Beschluss vom 10.12.20011 hat der Große Senat des BFH entgegen der Ansicht des vorlegenden X. Senats2 die sog. „Drei-Objekt-Grenze“ nicht nur auf die Fälle der Erwerbs und des anschließenden Verkaufs von Immobilien beschränkt (sog. Durchhandelsfälle), sondern sie ausdrücklich auch auf die Fälle der Errichtung von Gebäuden auf dem eigenen Grund und Boden des Steuerpflichtigen und der anschließenden Veräußerung (sog. Herstellungsfälle) erstreckt; entsprechende unterschiedliche Objekte werden hinsichtlich der „Drei-Objekt-Grenze“ ggf. auch zusammengerechnet3.

11.4–11.10

Einstweilen frei.

B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels 11.11

Nach der auch für den gewerblichen Grundstückshandel maßgebenden Legaldefinition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG für den Gewerbebetrieb setzt dieser eine selbständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht voraus, die unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr stattfindet. Während die Tatbestandsmerkmale Selbständigkeit und Gewinnerzielungsabsicht (s. Rz. 11.12) im Zusammenhang mit dem gewerblichen Grundstückshandel in der Regel keine besonderen Schwierigkeiten aufwerfen, muss sich die Rechtsprechung immer wieder mit den Merkmalen der Nachhaltigkeit (s. Rz. 11.14), der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (s. Rz. 11.31) und der Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung (s. Rz. 11.41) beschäftigen.

I. Gewinnerzielungsabsicht 11.12

Das Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht kann zweifelhaft sein, wenn Grundstücke ohne Gewinn z.B. an Angehörige veräußert oder verschenkt werden; solche Objekte sind nämlich bei der Prüfung, ob die Drei-Objekt-Grenze im Einzelfall überschritten ist, nicht einzubeziehen4. Andererseits kann eine Weiterveräußerung geschenkter Objekte dem Schenker zuzuordnen sein, wenn er nach dem Gesamtbild der Verhältnisse selbst das „Geschehen beherrscht“ hat und ihm selbst der Erlös aus der Weiterveräußerung zugeflossen ist5. 1 BFH v. 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291 = FR 2002, 452 m. Anm. Kempermann = DStR 2002, 489 = DB 2002, 616 = NJW 2002, 1518 = ZfIR 2002, 316 = MittBayNot 2002, 217; s. nachfolgend auch BFH v. 18.9.2002 – X R 183/96, BStBl. II 2003, 238 = FR 2003, 243 m. Anm. Kempermann; v. 30.9.2010 – IV R 44/08, BStBl. II 2011, 645 = FR 2011, 710 m. Anm. Kanzler. 2 BFH v. 29.10.1997 – X R 183/96, BStBl. II 1998, 332 = FR 2003, 243 m. Anm. Kempermann. 3 BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = DStR 2006, 2209 = ZfIR 2007, 589. 4 BFH v. 13.8.2002 – VIII R 14/99, BStBl. II 2002, 811 = DB 2002, 2198 = ZfIR 2002, 837. 5 BFH v. 17.10.2002 – X B 13/02, BFH/NV 2003, 162; weitergehend insoweit BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Rz. 9.

870

Schallmoser

B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.14 Kap. 11

Auch teilentgeltliche Veräußerungen sind mangels Gewinnerzielungsabsicht bei der Frage des Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze nicht zu berücksichtigen, wenn das Teilentgelt die Selbstkosten des Steuerpflichtigen nicht übersteigt1.

11.13

II. Nachhaltigkeit Insbesondere das Merkmal der Nachhaltigkeit ist in letzter Zeit besonders in den Vordergrund getreten2. Die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass sie auf Wiederholung angelegt ist3; danach kann die Nachhaltigkeit im Einzelfall sowohl in mehreren gleichartigen Veräußerungshandlungen (etwa in der Veräußerung von mehreren Objekten an verschiedene Erwerber), aber auch in einem einmaligen Entschluss (etwa dem Entschluss zur Errichtung einer Wohnanlage und anschließendem Verkauf der Wohneinheiten) erblickt werden, wenn dieser eine Reihe von Einzeltätigkeiten erforderlich macht, bspw. Erwerb des Baugeländes, Parzellierung, Errichtung der Bauten, Veräußerung der einzelnen Einheiten4. Vor diesem Hintergrund geht die Rechtsprechung von einer nachhaltigen Tätigkeit aus bei – dem Erwerb eines Grundstücks und der anschließenden Veräußerung von elf Miteigentumsanteilen an verschiedene Erwerber5; hierbei kommt es nicht auf die Zahl der Ankäufe, sondern die Zahl der Verkäufe an. – nur einem Verkaufsgeschäft, wenn – sich aus anderen objektiven Umständen ergibt, dass noch andere Grundstücksgeschäfte geplant waren. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Verkäufer mehrerer Grundstücke sich zunächst um Einzelverkäufe bemüht, dann aber die Grundstücke in einem einzigen Veräußerungsgeschäft an nur einen Käufer verkauft, weil er zufällig einen Gesamtabnehmer gefunden hat6; – die Erfüllung dieses Geschäftes eine Vielzahl von zahlreichen und unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden. So hat der BFH mit Urteil vom 9.12.20027 entschieden, dass eine Personengesellschaft, deren erklärter Gesellschaftszweck die Verwaltung ihres Vermögens ist, und die Eigentümerin von sechs Grundstücksparzellen ist, selbst dann gewerblich tätig werden kann, wenn sie diese Grundstücke durch nur einen Vertrag an eine Erwerberin veräußert, aber ab dem Zeitpunkt des Veräußerungsentschlusses zahlreiche Ein1 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 19/01, BFH/NV 2003, 1571. 2 Siehe hierzu insbesondere Kempermann, DStR 2006, 265 mit einer umfassenden Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur. 3 Zutreffend insoweit G. Söffing, DB 2002, 964 (968). 4 Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 172. 5 BFH v. 16.4.1991 – VIII R 74/87, BStBl. II 1991, 844. 6 Vgl. BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143. 7 BFH v. 9.12.2002 – VIII R 40/01, BStBl. II 2003, 294 = FR 2003, 454 m. Anm. Kempermann = DB 2003, 700 = ZfIR 2003, 876; bestätigt durch BVerfG v. 20.11.2005 – 2 BvR 629/03, StED 2006, 34.

Schallmoser

871

11.14

Kap. 11 Rz. 11.15 Gewerblicher Grundstückshandel

zelaktivitäten verschiedenster Art im Hinblick darauf entfaltet hat, dass auf dem zu veräußernden Grundbesitz von der Käuferin ein Einkaufszentrum errichtet werden soll, dessen Baupläne Gegenstand des Kaufvertrages sind; – der Veräußerer das Grundstück für den Erwerber bebaut und dabei „wie ein Gewerbetreibender“ (Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer) tätig wird1. Kein entscheidendes Merkmal ist hingegen allein die Beschaffenheit des veräußerten Gebäudes (z.B. Großobjekt2); – zehn Personengesellschaften, an denen der Steuerpflichtige beteiligt ist, in einer notariellen Urkunde, die eigenständige und voneinander unabhängige Kaufverträge beinhaltet, insgesamt zehn Grundstücke innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Erwerb an acht verschiedene Erwerber-Kapitalgesellschaften veräußern. Dies gilt selbst dann, wenn diese Kapitalgesellschaften jeweils dieselbe Muttergesellschaft haben3.

11.15

Unbeschadet dieser relativ weit reichenden Erfassung auch von „einmaligen Verkaufsentschlüssen“ setzt die Nachhaltigkeit dem Grunde nach die Veräußerung mehrerer Objekte voraus; daher wird in der Rechtsprechung insoweit – ebenso wie für die Abgrenzung zur Vermögensverwaltung – regelmäßig auf die Zahl der Verkäufe abgehoben, wobei allerdings das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze die Nachhaltigkeit nicht indiziert4. So ist die Nachhaltigkeit auch dann zweifelhaft, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb mehr als drei Objekte an einen Erwerber verkauft werden, aber aus den Umständen nicht hinreichend deutlich wird, dass noch andere derartige Grundstücksgeschäfte geplant waren5. Andererseits bildet die „Drei-Objekt-Grenze“ (wie insbesondere die sog. „Bebauungsfälle“, s. oben Rz. 11.14 a.E. zeigen)6 keine Freigrenze7 (s. hierzu auch Rz. 11.43 a.E.).

11.16–11.30

Einstweilen frei.

1 BFH v. 1.12.2005 – IV R 65/04, BStBl. II 2006, 259 = DStR 2006, 225 = ZfIR 2006, 476, zur Veräußerung eines in unbedingter Veräußerungsabsicht erworbenen Grundstücks durch eine vermögensverwaltende GbR – einschließlich einer darauf noch von ihr zu errichtenden Einkaufspassage, bestätigt durch BVerfG v. 11.1.2007 – 2 BvR 360/06, StED 2007, 146; s. auch BFH v. 28.4.2005 – IV R 17/04, BStBl. II 2005, 606 = FR 2005, 989 m. Anm. Fischer = ZfIR 2006, 30. 2 Kempermann, DStR 2006, 265 (268). 3 BFH v. 22.4.2015 – X R 25/13, BStBl. II 2015, 897 = FR 2016, 173; s. hierzu Siebenhüter, EStB 2015, 390. 4 Z.B. BFH v. 7.10.2004 – IV R 27/03, BStBl. II 2005, 164 = FR 2005, 434 m. Anm. Kanzler. 5 Vgl. BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143 (146 f.); v. 4.3.1993 – IV R 28/92, BFH/NV 1993, 728; v. 7.10.2004 – IV R 27/03, BStBl. II 2005, 164 = FR 2005, 434 m. Anm. Kanzler; s. hierzu auch Wüllenkemper, EFG 2003, 1693. 6 Vgl. auch G. Söffing, DB 2002, 964 (967 f.), der zutreffend darauf hinweist, dass in den sog. Durchhandelsfällen die vom Großen Senat hervorgehobenen „besonderen Umstände“ (d.h. etwa die Betätigung wie ein Bauunternehmer oder Bauträger) im Regelfall nicht vorliegen dürften. 7 So auch Kempermann, DStR 2002, 785 (787).

872

Schallmoser

B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.32 Kap. 11

III. Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt vor, wenn sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an den allgemeinen Markt, also an einen nicht abgeschlossenen Kreis von Personen wendet1. Dafür ist weder eine besondere Werbung erforderlich noch eine Bekanntgabe der Veräußerungsabsicht an einen größeren Personenkreis2. Für den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels lässt es der BFH ausreichen, wenn die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen – ggf. auch nur einer einzigen Person – bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, dass die Verkaufsabsicht sich herumsprechen werde3. Entscheidend ist, dass der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will4. Hierzu reicht es auch aus, dass im Einzelfall der Anstoß für ein Grundstücksgeschäft nicht vom Steuerpflichtigen selbst ausgeht, sondern dieser lediglich auf ein an ihn herangetragenes Angebot eingeht5 oder der Steuerpflichtige z.B. Wohnungen nur an bestimmte Personen (Bekannte, Mieter oder dgl.) auf deren Wunsch veräußert6; bedeutsam ist auch in diesen Fällen, dass der Steuerpflichtige zu einer Veräußerung an andere Erwerber jedenfalls dann bereit gewesen wäre, wenn sich der Verkauf an den ursprünglich vorgesehenen Käufer zerschlagen hätte7. Hingegen ist die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung noch nicht überschritten, wenn ein Steuerpflichtiger ein einziges schadstoffbelastetes Grundstück erwirbt und dieses nach der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen veräußert, wenn nicht feststeht, dass er die Sanierungsmaßnahmen in unbedingter Veräußerungsabsicht mit dem Ziel der Erhöhung des Kaufpreises vorgenommen hat8.

11.31

Fraglich ist, ob eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch dann gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein Geschäft mit einem Dritten tätigt, sich dieser aber in Wirklichkeit und nach außen erkennbar nach Bestimmung des Steuerpflichtigen an den allgemeinen Markt wendet. Dies hat die Rechtsprechung im Einzelfall für möglich erachtet, wenn es sich bei dem Dritten um eine vorgeschaltete, (teilweise) personenidentische Kapitalgesellschaft handelt9; ein dahin gehender Durchgriff durch eine (teilweise) personenidentische Kapitalgesellschaft ist allerdings auf Fälle des Gestaltungsmissbrauchs beschränkt. Für einen Gestaltungsmiss-

11.32

1 Vgl. z.B. BFH v. 10.8.1983 – I R 120/80, BStBl. II 1984, 137. 2 BFH v. 20.2.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = DB 2003, 1302 = DStR 2003, 1066 = ZfIR 2003, 733. 3 BFH v. 10.8.1983 – I R 120/80, BStBl. II 1984, 137. 4 BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143 (146 f.). 5 BFH v. 6.2.1997 – III B 122/94, BFH/NV 1997, 477. 6 BFH v. 20.2.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = DB 2003, 1302 = DStR 2003, 1066 = ZfIR 2003, 733; s. auch BFH v. 19.9.2002 – X R 51/98, BStBl. II 2003, 394 = DStR 2003, 682 = ZfIR 2003, 737. 7 BFH v. 7.3.1996 – IV R 2/92, BStBl. II 1996, 369; v. 10.12.1998 – III R 61/97, BStBl. II 1999, 390; v. 20.2.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = DB 2003, 1302 = DStR 2003, 1066 = ZfIR 2003, 733; s. auch BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Rz. 4. 8 BFH v. 15.4.2004 – IV R 54/02, BStBl. II 2004, 868 = DB 2004, 2402 = ZfIR 2004, 1023. 9 Vgl. BFH v. 13.12.1995 – XI R 43/89, XI R 44/89, XI R 45/89, BStBl. II 1996, 232; v. 18.3.2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787.

Schallmoser

873

Kap. 11 Rz. 11.41 Gewerblicher Grundstückshandel

brauch kann insbesondere neben weiteren Umständen sprechen, dass die Mittel für den an den Anteilseigner zu entrichtenden Kaufpreis zu einem erheblichen Teil erst aus den Weiterverkaufserlösen zu erbringen sind.

11.33–11.40

Einstweilen frei.

IV. Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung 1. Bedingte und unbedingte Veräußerungsabsicht

11.41

Bei der Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit von der Vermögensverwaltung stellt die Rechtsprechung maßgebend darauf ab, ob bei dem Erwerb oder der Herstellung der betreffenden Objekte bereits eine Veräußerungsabsicht bestand.

11.42

Hat der Steuerpflichtige lediglich mit bedingter Veräußerungsabsicht gehandelt und hat er mithin beim Erwerb (ggf. neben der Absicht, das Grundstück z.B. durch Vermietung zu nutzen) die Ausnutzung des Vermögenswertes durch Veräußerung zumindest in Erwägung gezogen, kommt es maßgeblich auf die Zahl der erworbenen und verkauften Objekte und den zeitlichen Zusammenhang zwischen Erwerb oder Errichtung und Veräußerung der betreffenden Objekte an1. Das Überschreiten der sog. Drei-Objekt-Grenze indiziert eine von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Veräußerungsabsicht und damit einen gewerblichen Grundstückshandel, wenn zwischen der Anschaffung oder Bebauung der maßgeblichen Objekte und deren Veräußerung ein zeitlicher Zusammenhang (s. Rz. 11.52) besteht – d.h. ein Zeitraum von in der Regel nicht mehr als fünf Jahre liegt2. Eine bedingte Veräußerungsabsicht kann selbst dann indiziert sein (d.h. vermutet werden), wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung (Vermietung; Selbstnutzung) als durch Verkauf gerichtet war3.

11.43

Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss vom 10.12.20014 ausdrücklich die bloße Indizwirkung der Elemente der sog. „Drei-Objekt-Theorie“ betont5. Die Zahl der verkauften Objekte und der zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten sind daher sowohl bei Überschreiten als auch bei Unterschreiten lediglich Beweisanzeichen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer gewerblichen Tätigkeit. Der BFH hat zugleich klargestellt, dass es auf die Zahl der Objekte und den zeitlichen Zu1 Vgl. BFH v. 23.10.1987 – III R 275/83, BStBl. II 1988, 293; s. auch Beschluss des Großen Senats des BFH v. 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291 (294) = FR 2002, 452 m. Anm. Kempermann = DStR 2002, 489 = DB 2002, 616 = NJW 2002, 1518 = ZfIR 2002, 316 = MittBayNot 2002, 217; kritisch zu dieser Rechtsprechung u.a. M. Söffing/G. Seitz, DStR 2007, 1841. 2 Z.B. BFH v. 9.12.1986 – VIII R 317/82, BStBl. II 1988, 244; v. 1.12.1989 – III R 56/85, BStBl. II 1990, 1054; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 174. 3 BFH v. 6.4.1990 – III R 28/87, BStBl. II 1990, 1057 m.w.N. 4 BFH v. 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291 = FR 2002, 452 m. Anm. Kempermann = DStR 2002, 489 = DB 2002, 616 = NJW 2002, 1518 = ZfIR 2002, 316 = MittBayNot 2002, 217. 5 Siehe dazu Spindler, StbJb. 2002/2003, 61.

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B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.44 Kap. 11

sammenhang nicht ankommt, wenn sich bereits aus anderen – ganz besonderen – Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder umgekehrt eine fehlende Veräußerungsabsicht ergibt1. So kann beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn – das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung (ggf. auch durch Schenkung) erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist2, – ein Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird, – das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie unter Fremden abgerechnet werden3, – der Steuerpflichtige das Bauprojekt nur kurzfristig finanziert, bereits während der Bauphase seine Veräußerungspläne dokumentiert, z.B. indem er Veräußerungsannoncen aufgibt oder einen Makler mit dem Verkauf des Objekts betraut, schon vor der Fertigstellung des Bauobjekts einen Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber schließt oder bei der Veräußerung Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen Rahmen hinaus übernimmt4. Vor diesem Hintergrund bildet die „Drei-Objekt-Grenze“ zugleich keine „Freigrenze“, bei deren Unterschreitung stets von privater Vermögensverwaltung auszugehen wäre5. Hat der Steuerpflichtige von vornherein mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt, wird ein gewerblicher Grundstückshandel auch schon bei einem An- und Verkauf von weniger als vier Objekten angenommen6; einer Indizwirkung der Elemente der „Drei-Objekt-Theorie“ bedarf es insoweit nicht. Eine unbedingte Veräußerungsabsicht wurde bspw. angenommen, wenn – der Erwerber die Grundstücke seiner Planung entsprechend jeweils unmittelbar nach Ankauf bebaut und sodann veräußert; – der Erwerber schon vor Anschaffung eines Grundstücks beim Finanzamt einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellt, ob die Veräußerung von zwei oder drei Doppelhaushälften eine gewerbliche Tätigkeit darstelle7. 1 Siehe auch BFH v. 16.5.2002 – III R 9/98, BStBl. II 2002, 571 = FR 2002, 930 m. Anm. Fischer; v. 20.3.2003 – III B 169/01, HFR 2003, 1068. 2 Siehe hierzu auch BFH v. 13.8.2002 – VIII R 14/99, BStBl. II 2002, 811; v. 17.12.2003 – XI R 22/02, BFH/NV 2004, 1629. 3 BFH v. 11.6.1997 – XI R 71/96, BFH/NV 1997, 839. 4 BFH v. 18.9.2002 – X R 183/96, BStBl. II 2003, 238 = FR 2003, 243 m. Anm. Kempermann. 5 Vgl. Kempermann, DStR 2002, 785 (787). 6 BFH v. 18.9.2002 – X R 5/00, BStBl. II 2003, 286 = DB 2003, 483 = ZfIR 2003, 349; v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = DStR 2006, 2209 = ZfIR 2007, 589. 7 FG München v. 6.11.2002 – 10 K 232/00, EFG 2003, 616, rkr.

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11.44

Kap. 11 Rz. 11.45 Gewerblicher Grundstückshandel

11.45

Eine bedingte Veräußerungsabsicht kann nur durch gewichtige objektive Umstände widerlegt werden1. – Gegen eine von Anfang an bestehende bedingte Veräußerungsabsicht spricht etwa: – eine vom Verkäufer selbst vorgenommene langfristige Vermietung (zumindest mehr als fünf Jahre)2 oder eine auf Dauer angelegte Eigennutzung des Objektes3; – der Umstand, dass der Steuerpflichtige das erworbene Gebäude zunächst für eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufwendig renoviert, bevor er sich aufgrund einer Erkrankung zur Veräußerung entschließt4. Denn in diesem Fall wird das bzw. werden die betreffende(n) Objekt(e) erst aufgrund eines neuen Entschlusses wieder veräußert, was eine von Beginn an bestehende (auch nur bedingte) Veräußerungsabsicht widerlegt. – Demgegenüber werden nachträgliche, nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängige Ereignisse in der Rechtsprechung regelmäßig nicht zur Widerlegung der ursprünglichen (bedingten) Veräußerungsabsicht akzeptiert5; so haben folgende „persönliche und finanzielle Beweggründe für die Veräußerung von Objekten prinzipiell keinen Einfluss auf die Zuordnung des Vorgangs zum gewerblichen Bereich oder zum Bereich der Vermögensverwaltung“6: – Trennung oder Scheidung der Eheleute7, – unvorhersehbare Notsituationen8, – strafrechtliche Verfolgung des Steuerpflichtigen wegen überhöhter Mietforderungen9, – Finanzierungsschwierigkeiten10,

1 BFH v. 20.3.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = DB 2003, 1302 = DStR 2003, 1066 = ZfIR 2003, 733. 2 A.A. für gewerbliche Objekte FG Nürnberg v. 27.3.2002 – III 154/1999, EFG 2002, 1033. 3 BFH v. 23.4.1996 – VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170. 4 BFH v. 20.9.1995 – X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302; zweifelnd Engelsing, StuB 2002, 494. 5 Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 180 ist uneingeschränkt zuzustimmen, wenn er die Auffassung vertritt, dass diese Rechtsprechung „nicht nachvollziehbar“ sei, da gerade solche „persönlichen und finanziellen Beweggründe“ regelmäßig für eine erst später gefasste Veräußerungsabsicht sprechen. 6 So BFH v. 17.2.1993 – X R 108/90, BFH/NV 1994, 84. 7 BFH v. 4.6.1992 – IV R 79/91, BFH/NV 1992, 809 (811). 8 BFH v. 11.4.1989 – VIII R 267/84, BFH/NV 1989, 665; v. 7.6.2000 – III B 75/99, BFH/NV 2000, 1340; v. 20.3.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = DB 2003, 1302 = DStR 2003, 1066 = ZfIR 2003, 733. 9 BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143. 10 BFH v. 5.9.1990 – X R 107-108/89, X R 107/89, X R 108/89, BStBl. II 1990, 1060; v. 27.2.1991 – XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524; v. 10.10.1991 – XI R 22/90, BFH/NV 1992, 238.

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B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.46 Kap. 11

– schlechte Vermietbarkeit von Wohnungen1, – negative Entwicklung der Vermietersituation am Wohnungsmarkt2, – nachträgliche Entdeckung von Baumängeln3, – Finanzbedarf zur Sanierung anderer Objekte4. 2. Objekte i.S.d. „Drei-Objekt-Theorie“ Die frühere Rechtsprechung hatte regelmäßig Wohneinheiten (Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen) als eigenständige Objekte i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ beurteilt5. Jede einzelne veräußerte Wohneinheit bildete demnach ein selbständiges Objekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“6. Für den Verkauf unbebauten Grundbesitzes hingegen sollte keine feste „Drei-Objekt-Grenze“ gelten; so hatte der IV. Senat unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung7 mit Urteil vom 4.3.19938 entschieden, dass bereits bei dem Erwerb und der Veräußerung eines einzigen großen Grundstücks ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen könne, wenn der Grundbesitz in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem entgeltlichen Erwerb von Personen, die ihrem Beruf nach Bau- und Grundstücksgeschäften nahe stehen, aufbereitet, erschlossen und veräußert werden und wenn die Gesamtheit der Aktivitäten zur „Baureifmachung“ objektiv erkennbar auf Wiederholung angelegt ist. Die aktuelle Rechtsprechung unterscheidet bei der Anwendung der „Drei-ObjektGrenze“ nicht mehr zwischen Wohneinheiten und unbebautem Grundbesitz9.

1 2 3 4

5 6

7 8 9

BFH v. 11.12.1991 – III R 59/89, BFH/NV 1992, 464 (467). BFH v. 2.3.1990 – III R 75/85, BFH/NV 1991, 584. BFH v. 10.10.1991 – XI R 22/90, BFH/NV 1992, 238. BFH v. 5.5.2004 – XI R 25/03, BFH/NV 2004, 1399, unter Hinweis darauf, dass Veräußerungsmotive im Allgemeinen nichts darüber aussagten, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden habe. Z.B. BFH v. 22.3.1990 – IV R 23/88, BStBl. II 1990, 637; v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143; v. 18.9.1991 – XI R 23/90, BStBl. II 1992, 135 = DB 1992, 251 = ZMR 1992, 457. Siehe BFH v. 16.5.2002 – III R 9/98, BStBl. II 2002, 571 = FR 2002, 930 m. Anm. Fischer. Ausnahmsweise können danach mehrere Wohnungseigentumsrechte desselben Eigentümers steuerrechtlich als wirtschaftliche Einheit und damit als ein Objekt zu beurteilen sein, wenn sich der Inhaber der Wohnungseigentumsrechte schon im Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Kaufverträge zur Errichtung und Übertragung einer zwei oder mehr Wohnungseigentumsrechte umfassenden einheitlichen Wohnung verpflichtet. Vgl. BFH v. 8.7.1982 – IV R 20/78, BStBl. II 1982, 700. BFH v. 4.3.1993 – IV R 28/92, BFH/NV 1993, 728. BFH v. 24.1.1996 – X R 12/92, BFH/NV 1996, 608.

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11.46

Kap. 11 Rz. 11.47 Gewerblicher Grundstückshandel

11.47

Objekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ ist danach grds. jedes selbständig veräußerbare und nutzbare Immobilienobjekt. Hierzu zählen unbebaute Grundstücke ebenso wie bebaute Grundstücke, also – Eigentumswohnungen (und zwar unabhängig von der Höhe des Miteigentumsanteils am Gesamtobjekt)1; – Einfamilienhäuser2; – Doppelhaushälften3; – Zweifamilienhäuser4; – Mehrfamilienhäuser5; – Gewerbebauten6; – Tiefgaragenplätze, wenn diese nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Wohnung veräußert werden7. Dabei kommt es weder auf die Größe, den Wert oder sonstige mit den einzelnen Objekten zusammenhängende Umstände (bspw. die Nutzungsart) an8. Die Finanzverwaltung folgt inzwischen der BFH-Rechtsprechung9.

1 Z.B. BFH v. 17.12.2003 – XI R 83/00, BStBl. II 2004, 699; v. 25.1.1996 – IV R 76/92, BFH/ NV 1996, 678. 2 Z.B. BFH v. 25.1.1996 – IV R 76/92, BFH/NV 1996, 678; v. 19.12.1990 – X R 165/87, BFH/ NV 1991, 381. 3 Allerdings zählen zwei Doppelhaushälften auf einem ungeteilten Grundstück nur als ein Objekt i.S.d. Drei-Objekt-Grenze, vgl. BFH v. 14.10.2003 – IX R 56/99, BStBl. II 2004, 227 = DB 2004, 232 = ZfIR 2004, 164 = ZNotP 2004, 151. 4 Z.B. BFH v. 25.1.1996 – IV R 76/92, BFH/NV 1996, 678. 5 BFH v. 18.5.1999 – I R 118/97, BStBl. II 2000, 28 = FR 1999, 944 m. Anm. Fischer; v. 15.3.2000 – X R 130/97, BStBl. II 2001, 530 = FR 2000, 820 m. Anm. Weber-Grellet; v. 15.7.2004 – III R 37/02, BFH/NV 2004, 1587; v. 3.8.2004 – X R 40/03, BStBl. II 2005, 35. 6 BFH v. 18.5.1999 – I R 118/97, BStBl. II 2000, 28 = FR 1999, 944 m. Anm. Fischer; v. 15.3.2000 – X R 130/97, BStBl. II 2001, 530 = FR 2000, 820 m. Anm. Weber-Grellet; v. 3.8.2004 – X R 40/03, BStBl. II 2005, 35. 7 BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Rz. 8; Allerdings zählen Garagen, die als Zubehörräume zu Eigentumswohnungen gehören, auch dann nicht als eigenständiges Objekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“, wenn sie an andere Erwerber als die Käufer der Eigentumswohnung veräußert werden, vgl. BFH v. 18.9.2002 – X R 183/96, BStBl. II 2003, 238 = FR 2003, 243 m. Anm. Kempermann; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 178. 8 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 16.5.2002 – III R 9/98, BStBl. II 2002, 571 = FR 2002, 930 m. Anm. Fischer; v. 3.8.2004 – X R 40/03, BStBl. II 2005, 35 = ZfIR 2005, 61; v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = DB 2007, 2234 = ZfIR 2007, 804 = ZNotP 2007, 434; v. 17.12.2008 – IV R 77/06, BStBl. II 2009, 791 = FR 2009, 864 m. Anm. Kanzler; v. 30.9.2010 – IV R 44/08, BStBl. II 2011, 645 = FR 2011, 710 m. Anm. Kanzler. 9 BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Rz. 8; anders noch BMF v. 20.12.1990, BStBl. I 1990, 884, Rz. 9.

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B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.49 Kap. 11

11.48

Zu den Objekten i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ zählen ggf. auch: – Miteigentumsanteile an einem Grundstück, die an verschiedene Erwerber veräußert werde; in diesem Fall stellt jeder Miteigentumsanteil ein Zählobjekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ dar1. – Anteile an Grundstücksgesellschaften2; die Veräußerung einer solchen Beteiligung (bspw. zur Aufnahme neuer Gesellschafter) wird gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO einer anteiligen Grundstücksveräußerung gleichgestellt. Für die „Drei-Objekt-Grenze“ soll es dabei – auch bei der Veräußerung nur eines Gesellschaftsanteils – auf die Zahl der im Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) befindlichen Grundstücke ankommen3. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist allerdings Voraussetzung für die Zurechnung solcher Anteilsveräußerungen, dass der Gesellschafter zu mindestens 10 % beteiligt ist oder dass eine Beteiligung von weniger als 10 % einen Verkehrswert von mehr als 250.000 t hat4. – Grundstücke, die durch den Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme von grundstücksbezogenen Verbindlichkeiten in die Gesellschaft eingebracht werden5 – bestehende Erbbaurechte, wenn sie veräußert werden (s. aber Rz. 11.50; s.a. Rz. 5.105, 5.113)6. Erwerben und veräußern mehrere Personen Grundbesitz teils in der Form von Bruchteilsgemeinschaften, teils in Form vermögensverwaltender Personengesellschaften, können in die steuerrechtliche Gesamtbeurteilung der Tätigkeit der einzelnen Gemeinschaften oder Gesellschaften die Aktivitäten der jeweils anderen Ge-

1 BFH v. 7.12.1995 – IV R 112/92, BStBl. II 1996, 367. 2 BFH v. 7.3.1996 – IV R 2/92, BStBl. II 1996, 369; s. auch BFH v. 10.12.1998 – III R 61/97, BStBl. II 1999, 390; v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BFH/NV 2007, 601 = FR 2007, 550 m. Anm. Wendt sowie BMF v. 20.12.1990, BStBl. I 1990, 884, Rz. 16; s. hierzu auch Götz, FR 2005, 137. 3 So BFH v. 28.11.2002 – III R 1/01, BStBl. II 2003, 250 = ZfIR 2003, 293. Diese Rechtsprechung ist u.E. nicht unbedenklich. So hat bereits der XI. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss v. 2.9.1992 – XI R 21/91 (BStBl. II 1993, 668 unter B.II.9.) zur Abgrenzung von Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung zutreffend auf die „Betätigung“ des Steuerpflichtigen auf dem Grundstückssektor abgestellt. Veräußert aber ein Gesellschafter lediglich einen Anteil an einer Grundstücksgemeinschaft, liegt seine „Betätigung“ aber gerade nur in einem Veräußerungsgeschäft! 4 BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434 Rz. 17. Der X. Senat des BFH hält allerdings die Grenzen dieser Verwaltungsauffassung jedenfalls dann für nicht zutreffend, wenn der betreffende Gesellschafter über eine Generalvollmacht verfügt oder aus anderen Gründen die Geschäfte der Grundstücksgesellschaft maßgeblich bestimmt, vgl. BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = DB 2007, 2234 = ZfIR 2007, 804 = ZNotP 2007, 434. 5 BFH v. 19.9.2002 – X R 51/98, BStBl. II 2003, 394 = DStR 2003, 682 = ZfIR 2003, 737. 6 Vgl. BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = DB 2007, 2234 = ZfIR 2007, 804 = ZNotP 2007, 434.

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11.49

Kap. 11 Rz. 11.50 Gewerblicher Grundstückshandel

meinschaften oder Gesellschaften jedenfalls dann miteinbezogen werden, wenn alle Gemeinschafter oder Gesellschafter identisch sind1.

11.50

Kein Objekt i.S.d. „Drei-Objekt-Grenze“ ist – die erstmalige Bestellung eines Erbbaurechts (s. aber Rz. 11.48; s.a. Rz. 5.105, 5.113)2; – eine Wohnung, die im Wege einer Teilauseinandersetzung auf einen Gemeinschafter übertragen wird, da die lediglich interne Zuordnung einzelner Wohnungen an die Gemeinschafter schon nicht zum Übergang wirtschaftlichen Eigentums führt3; – eine Wohnung, die von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder Bruchteilsgemeinschaft im Wege der Realteilung den Gemeinschaftern gegen Zahlung auf das gemeinsame Baukonto zu Alleineigentum zugewiesen wird4.

11.51

Die Veräußerung eines ererbten Grundstücks als viertes Grundstück innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren führt auch dann nicht zur Überschreitung der „Drei-Objekt-Grenze“, wenn die Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb durch den Erblasser erfolgt5. Denn bei einem im Wege der Erbfolge auf den Veräußerter übergegangenen Grundstück ist hinsichtlich der Frage des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Veräußerung die Besitzdauer des Erblassers grundsätzlich nicht wie eine eigene Besitzzeit des Veräußerer zu werten. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn bereits der Erblasser in seiner Person einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat und der Erbe einen unternehmerischen Gesamtplan fortführt6. 3. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang a) Betrachtungszeitraum

11.52

Die Indizwirkung einer Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze setzt voraus, dass zwischen Anschaffung oder Bebauung der maßgeblichen „Objekte“ und deren Veräußerung ein zeitlicher Zusammenhang besteht; darunter wird ein Zeitraum von in der Regel nicht mehr als fünf Jahren verstanden7. Der Fünfjahreszeitraum8 bildet allerdings keine starre Grenze, sondern lediglich ein objektives Beweisanzei1 BFH v. 7.3.1996 – IV R 2/92, BStBl. II 1996, 369 = DB 1996, 1382. 2 BFH v. 12.7.2007 – X R 4/04, BStBl. II 2007, 885 = FR 2008, 127 m. Anm. Kanzler = DB 2007, 2234 = ZfIR 2007, 804 = ZNotP 2007, 434. 3 BFH v. 25.1.1996 – IV R 76/92, BFH/NV 1996, 678. 4 BFH v. 9.5.1996 – IV R 74/95, BStBl. II 1996, 599. 5 BFH v. 15.3.2000 – X R 130/97, BStBl. II 2001, 530 = FR 2000, 820 m. Anm. Weber-Grellet. 6 BMF v. 9.7.2001, BStBl. I 2001, 512 sowie BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434 Rz. 9 a.E. 7 Z.B. BFH v. 9.12.1986 – VIII R 317/82, BStBl. II 1988, 244; v. 1.12.1989 – III R 56/85, BStBl. II 1990, 1054 = FR 1990, 185; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 174. 8 Die Frist von fünf Jahren beginnt im Falle der Veräußerung von Eigentumswohnungen in einem zuvor von einem Steuerpflichtigen sanierten Gebäude mit Abschluss der Sanierung,

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B. Tatbestandsmerkmale des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.53 Kap. 11

chen (Indiz)1. Auch Objekte, die nach mehr als fünf Jahren seit dem Erwerb oder der Errichtung veräußert werden, bleiben nicht generell außer Betracht; es verringert sich lediglich die von dem (insoweit größeren) zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung. Diese muss ggf. durch andere Anhaltspunkte ergänzt bzw. verstärkt werden2. Als verstärkende Anhaltspunkte kommen in Betracht: – Eine hauptberufliche Tätigkeit im Baugewerbe bzw. in einem dem Baugewerbe nahestehenden Beruf (z.B. Architekt)3. Bei einem im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ausgeübten gewerblichen Grundstückshandel müssten sich insoweit die übrigen Gesellschafter die Branchenkenntnisse und Geschäftsbeziehungen auch nur eines Gesellschafters unabhängig von den konkreten Vertretungsregelungen (Einzel- oder Gesamtvertretung) zurechnen lassen4. – Eine Vielzahl von Veräußerungen5. Zudem hat der BFH mit Urteil vom 18.9.19916 entschieden, dass die erforderliche Nachhaltigkeit der auf Gewinnerzielung gerichteten Betätigung auch einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Verwertung der einzelnen Objekte durch den Steuerpflichtigen verlange; auch insoweit sei grundsätzlich auf einen Fünfjahreszeitraum abzustellen, so dass sich insgesamt unter Einbeziehung der Anschaffung oder Errichtung des Einzelobjekts ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren ergebe7. Eine sich auf die Veräußerung eines ersten Objekts anschließende, mehr als zweijährige inaktive Phase, in der die dann nachfolgenden späteren Grundstücksgeschäfte noch nicht konkret absehbar sind und während der keine Grundstücke im Umlaufvermögen gehalten werden, schließt die Annahme eines gewerblicher Grundstückshandels nicht aus8. Wird ein Mietwohngrundstück allerdings erst 20 Jahre nach der Anschaffung in acht Eigentumswohnungen aufgeteilt und diese anschließend veräußert, besteht kein (sachlicher und) zeitlicher Zusammenhang mehr zwischen Kauf und Verkauf und damit keine Vermutung einer bei der Anschaffung bereits bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht9.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

vgl. BFH v. 5.12.2002 – IV R 57/01, BStBl. II 2003, 291 = FR 2003, 396 m. Anm. WeberGrellet = NJW 2003, 1622 = ZfIR 2003, 427. Z.B. BFH v. 14.11.1995 – VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466; v. 18.9.2002 – X R 28/00, BStBl. II 2003, 133 m.w.N. = FR 2003, 187 m. Anm. Weber-Grellet = DB 2003, 249 = ZfIR 2003, 391 = MittBayNot 2003, 166. Z.B. BFH v. 29.11.1989 – X R 100/88, BStBl. II 1990, 1060; v. 5.5.2004 – XI R 25/03, BFH/ NV 2004, 1399 m.w.N. BFH v. 18.9.1991 – XI R 23/90, BStBl. II 1992, 135 = DB 1992, 251 = ZMR 1992, 457. BFH v. 14.11.1995 – VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466. BFH v. 17.2.1993 – X R 108/90, BFH/NV 1994, 84; v. 15.6.2004 – VIII R 7/02, BStBl. II 2004, 914 = ZfIR 2004, 1018, zum gewerblichen Grundstückshandel einer Personengesellschaft bei Verkauf von insgesamt 17 Objekten nach Ablauf der Fünfjahresfrist. BFH v. 18.9.1991 – XI R 23/90, BStBl. II 1992, 135 = DB 1992, 251 = ZMR 1992, 457. Vgl. auch BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434 Rz. 6. BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = DStR 2006, 2209 = ZfIR 2007, 589; kritisch hierzu Paus, DStZ 2007, 220. BFH v. 11.12.1996 – X R 241/93, BFH/NV 1997, 396.

Schallmoser

881

11.53

Kap. 11 Rz. 11.54 Gewerblicher Grundstückshandel

b) Gesamtschau aller Aktivitäten auf dem Grundstücksmarkt

11.54

In die zur Abgrenzung von Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung notwendige rechtliche Gesamtschau sind grundsätzlich alle Aktivitäten des Steuerpflichtigen auf dem Grundstücksmarkt einzubeziehen1. Allerdings schließt diese gebotene Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass ein Steuerpflichtiger neben seiner gewerblichen Betätigung einzelne Grundstücke auch privat verwaltet2. Folgendes ist zu beachten: – Grundstücksverkäufe einer Gesellschaft oder Gemeinschaft können einem Gesellschafter bzw. Gemeinschafter, der auch eigene Grundstücke veräußert, in der Weise zuzurechnen sein, so dass unter Einbeziehung dieser Veräußerungen ein gewerblicher Grundstückshandel des Gesellschafters/Gemeinschafters anzunehmen ist3. Es besteht insoweit keine „Abschirmwirkung“ der Gesellschaft bzw. Gemeinschaft. – Ist der Steuerpflichtige gar an mehreren Personengesellschaften (Gemeinschaften) beteiligt, sind die Aktivitäten aller Gesellschaften/Gemeinschaften auf dem Grundstücksmarkt in die Zusammenschau einzubeziehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Gesellschaft/Gemeinschaft zu anderen Zwecken als dem Grundstückshandel gegründet worden ist und im Rahmen ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebes aus spezifisch betriebsbezogenen Gründen Grundstücke veräußert (kein „Grundstückshändler wider Willen“). – Ist der Zweck der Gesellschaft/Gemeinschaft auf den Handel mit Grundstücken gerichtet (und insoweit „schädlich“), kann sich der Gesellschafter nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe eine Mehrheitsentscheidung der übrigen Gesellschafter nicht mitgetragen; denn der Gesellschafter disponiert über die Erbringung von Leistungen auch durch die Unterwerfung unter das Mehrheitsprinzip. Ein im Zuge einer Gesamtschau begründeter sachlicher Zusammenhang verschiedener Grundstücksgeschäfte eines Steuerpflichtigen wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die einzelnen Objekte unterschiedlichen Nutzungsarten zuzuordnen sind, zumal wenn sie aufeinander bezogen und wesensverwandt sind4.

11.55

In die rechtlich gebotene Gesamtschau aller Aktivitäten eines Steuerpflichtigen auf dem Grundstücksmarkt sind allerdings solche Verkäufe nicht einzubeziehen, bei denen bereits feststeht, dass sie für sich gesehen nicht Gegenstand eines gewerblichen 1 Vgl. z.B. BFH v. 14.3.1989 – VIII R 96/84, BFH/NV 1989, 784; v. 23.4.1996 – VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170; v. 11.12.1996 – X R 241/93, BFH/NV 1997, 396; v. 16.5.2002 – III R 9/98, BStBl. II 2002, 571 = FR 2002, 930 m. Anm. Fischer. 2 Vgl. z.B. BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492; v. 31.7.1996 – III B 38/96, BFH/NV 1997, 229. Zur Abgrenzung von selbständigem gewerblichem Grundstückshandel und landwirtschaftlichen Hilfsgeschäften s. BFH v. 8.9.2005 – IV R 38/03, BStBl. II 2006, 166 = DStR 2006, 21; v. 8.11.2007 – IV R 34/05, BFH/NV 2008, 447 = FR 2008, 470 m. Anm. Kanzler. 3 BFH v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 = DB 1995, 1892 = MittBayNot 1995, 492; v. 8.11.1995 – XI R 21/91, BFH/NV 1996, 477; v. 7.12.1995 – III R 24/92, BFH/NV 1996, 606. 4 BFH v. 31.7.1996 – III B 38/96, BFH/NV 1997, 229.

882

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C. Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten

Rz. 11.71 Kap. 11

Grundstückshandels sind1. So wird ein steuerrechtlich „neutraler“ Verkauf von Eigentumswohnungen aus einem größeren, zur Vermietung errichteten Gebäude nicht dadurch „rückwirkend“ im steuerrechtlichen Sinne gewerblich, weil der Verkäufer zwei Jahre später in anderem Zusammenhang einen gewerblichen Grundstückshandel aufnimmt2. Auch zu eigenen Wohnzwecken erworbene Objekte sind in der Regel nicht in dies Gesamtschau einzubeziehen3; dies gilt zumal dann, wenn ein solches Objekt wegen einer unvorhergesehenen Notlage – auch innerhalb einer Zeitspanne von fünf Jahren – verkauft wird4.

11.56–11.70

Einstweilen frei.

C. Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten Durch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden; ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO). Rechtsmissbräuchliche Gestaltungen i.S.v. § 42 AO hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit einem gewerblichen Grundstückshandel in folgenden Einzelfällen angenommen5: – Einschaltung von Zwischenerwerbern, etwa einer „funktionslosen“ Kapitalgesellschaft, die vom Veräußerer oder ihm nahestehenden Personen beherrscht wird6; – Verkauf von unzusammenhängenden Grundstücken in nur einem Rechtsgeschäft oder an einen einzigen bestimmten Käufer (bspw. an eine Gesellschaft, die ausschließlich aus dem Veräußerer nahestehenden Personen gebildet worden ist7); – Bereitstellung der Mittel für den Kaufpreis durch den Veräußerer8;

1 BFH v. 11.12.1996 – X R 241/93, BFH/NV 1997, 396. 2 Vgl. auch BFH v. 22.5.1987 – III R 212/83, BFH/NV 1987, 717. 3 BFH v. 16.10.2002 – X R 74/99, BStBl. II 2003, 245 = FR 2003, 297 m. Anm. Weber-Grellet. 4 BFH v. 18.9.2002 – X R 28/00, BStBl. II 2003, 133 = FR 2003, 187 m. Anm. Weber-Grellet = DB 2003, 249 = ZfIR 2003, 391 = MittBayNot 2003, 166. 5 BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143 = DB 1992, 252. 6 BFH v. 25.4.1996 – VIII B 50/96, BFH/NV 1996, 746; v. 17.6.1998 – X R 68/95, BStBl. II 1998, 667 = FR 1998, 952 m. Anm. Weber-Grellet; v. 17.3.2010 – IV R 25/08, BStBl. II 2010, 622 = FR 2010, 706 m. Anm. Hartrott. 7 BFH v. 15.3.2005 – X R 39/03, BStBl. II 2005, 817 = FR 2005, 943 m. Anm. Fischer = DStR 2005, 1127. 8 Vgl. BFH v. 4.3.1993 – IV R 28/92, BFH/NV 1993, 728.

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11.71

Kap. 11 Rz. 11.72 Gewerblicher Grundstückshandel

– Aufbringung der Mittel für den Kaufpreis erst aus dem Verkaufserlös für den Weiterverkauf der Objekte1; – Gründung der Käufergesellschaft aus dem Verkäufer nahestehenden Personen nur zum Zweck des Kaufs und Weiterverkaufs der Objekte und Zahlung eines so hohen Kaufpreises, dass von vornherein nur ein Verlust oder ein unerheblicher Gewinn aus dem Weiterverkauf zu erwarten ist2.

11.72

In den Fällen missbräuchlicher Gestaltung sind die betreffenden Grundstücksgeschäfte gem. § 42 Abs. 1 Satz 3 AO unmittelbar dem Veräußerer zuzurechnen3. Dasselbe gilt gem. § 41 Abs. 2 Satz 2 AO, wenn ein Scheingeschäft mit einem Strohmann getätigt wird4.

D. Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels 11.73

Als Beginn des gewerblichen Grundstückshandels ist regelmäßig der Zeitpunkt anzusehen, in dem der Steuerpflichtige mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der Grundstücksgeschäfte gerichtet sind. Diese sind5: – Bei Errichtung und Veräußerung von Objekten in engem zeitlichem Zusammenhang beginnt der gewerbliche Grundstückshandel grundsätzlich mit der Stellung des Bauantrags, bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben mit der Einreichung der Bauunterlagen oder dem Beginn der Herstellung. – Im Fall des Erwerbs und der Veräußerung beginnt der gewerbliche Grundstückshandel grundsätzlich im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs. – Im Fall der Modernisierung und Veräußerung beginnt der gewerbliche Grundstückshandel in dem Zeitpunkt, in dem mit den Modernisierungsmaßnahmen begonnen wird. – Im Fall der Sanierung und Veräußerung beginnt der gewerbliche Grundstückshandel in dem Zeitpunkt, in dem mit den Sanierungsarbeiten begonnen wird.

11.74

Der Gewinn aus einem gewerblichen Grundstückshandel ist grundsätzlich durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Die zur Veräußerung bestimmten Grundstücksobjekte rechnen zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandelsunternehmens6. Daher sind weder eine (Sonder-)AfA für ein aufstehendes

1 BFH v. 7.6.2000 – III B 35/97, BFH/NV 2001, 138; v. 18.3.2004 – III R 25/02, HFR 2004, 835 m. Anm. Steinhauff. 2 BFH v. 7.6.2000 – III B 35/97, BFH/NV 2001, 138. 3 BFH v. 17.6.1998 – X R 68/95, BStBl. II 1998, 667 = FR 1998, 952 m. Anm. Weber-Grellet. 4 Vgl. BFH v. 12.7.1991 – III R 47/88, BStBl. II 1992, 143. 5 BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Tz. 31. 6 BFH v. 18.9.2002 – X R 28/00, BStBl. II 2003, 133 = FR 2003, 187 m. Anm. Weber-Grellet = DB 2003, 249 = ZfIR 2003, 391 = MittBayNot 2003, 166.

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D. Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels

Rz. 11.77 Kap. 11

Gebäude, noch die Bildung einer § 6b-Rücklage möglich1. Werden die im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels zu erfassenden Grundstücke zwischenzeitlich vermietet, bleiben diese Umlaufvermögen beim gewerblichen Grundstückshandel2. Eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kommt für einen Grundstückshändler in Betracht, wenn dieser die Grenzen des § 141 AO nicht überschreitet und nicht nach § 140 AO i.V.m. § 238 HGB buchführungspflichtig ist. Ein Grundstückshändler, dessen Betrieb nach Art oder Umfang keinen in einer kaufmännischen Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, betreibt kein Handelsgewerbe und ist kein Kaufmann i.S.d. HGB (§§ 1, 238 HGB), es sei denn, der Betrieb ist ins Handelsregister eingetragen (§ 2 HGB)3. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG schließt den Sofortabzug der Anschaffungskosten eines Objekts aus4.

11.75

Der Umfang eines gewerblichen Grundstückshandels wird grundsätzlich durch den veräußerten Grundbesitz – d.h. durch die Zahl der Objekte i.S.d. „Drei-ObjektTheorie“ – bestimmt.

11.76

Ein gewerblicher Grundstückshandel wird mit Verkauf des letzten Objekts oder durch die endgültige Einstellung der Verkaufstätigkeiten beendet. Gewinne aus den Grundstücksveräußerungen sind auch dann nicht begünstigte laufende Gewinne aus Gewerbebetrieb, wenn zugleich der Gewerbebetrieb aufgegeben wird5.

11.77

1 2 3 4

Blümich/Bode, § 15 EStG Rz. 190. BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Tz. 32. BMF v. 26.3.2004 (DE CD), BStBl. I 2004, 434, Tz. 33. So geändert durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Gestaltungen, BGBl. I 2006, 1095; s. dazu Hegemann/Querbach, Stbg 2006, 317 f.; Tausch/Plenker, DB 2006, 800 ff. 5 BFH v. 29.9.1976 – I R 170/74, BStBl. II 1977, 71; v. 23.6.1977 – IV R 81/73, BStBl. II 1977, 721; v. 23.1.2003 – IV R 75/00, BStBl. II 2003, 467 = DB 2003, 916 = ZfIR 2003, 786.

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Kapitel 12 Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten A. Gegenstand privater Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . .

8. Anschaffung durch Entnahme aus einem Betriebsvermögen. . . .

12.64

12.1

C. Veräußerungsfrist für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte I. Fristlänge: Zehn Jahre . . . . . . . . . .

12.81

I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.11

II. Begriff der Anschaffung und der Veräußerung . . . . . . . . . . . . . .

12.12

II. Rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.82

III. Nämlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.17

III. Fristbeginn und Fristende . . . . . .

12.83

IV. Rückwirkung einer außerhalb der Veräußerungsfrist erteilten Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages? . . . . . . . . . . .

12.84

B. Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten

IV. Anschaffung und Veräußerung in Sonderfällen 1. Rückabwicklung wegen Vertragsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistung an Erfüllungs statt . . . . . 3. Todesfall und vorweggenommene Erbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Veräußerungen im Rahmen von Scheidungsvereinbarungen . . . . . 5. Veräußerung durch verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. . . 6. Überführung eines Grundstücks in ein Betriebsvermögen a) Überführung in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft. . . . . . . . . . . . . . . b) Überführung in das Gesellschaftsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft . . . . . . . . . . . 7. Veräußerung von Anteilen an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.31 12.32 12.33 12.35 12.40

12.42

12.45

D. Steuerfreiheit des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundbesitzes (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) I. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.91

II. Nutzungsdauer. . . . . . . . . . . . . . . . 12.97 1. Ausschließliche Nutzung . . . . . . . 12.99 2. Nutzung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. . . . . . . . . . . . . 12.101 E. Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 EStG) I. Technik der Gewinnermittlung (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG) . . . . . . . 12.103

12.61

II. Zeitpunkt der Besteuerung . . . . . 12.107

Literatur (Auswahl): Beck, Rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist, Grundeigentum 2010, 1171; Carlé, Hinweise und Empfehlungen zu privaten Veräußerungsgeschäften, KÖSDI 2003, 13983; Demuth/Strunk, Die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG, DStR 2001, 57; Fleischer, Rente und Nießbrauch bei Grundstücksübertragungen, notar 2015, 144; Forchhammer, Der entgeltliche und unentgeltliche Erwerb eines Waldes im Einkommensteuerrecht, DStR 2015, 977; Hartmann/Meyer, Bedeutung des Vorbehaltsnießbrauchs für private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG – Tücken und Lücken der Besteuerung, FR 2001, 757; Hermanns, Strategien zur Vermeidung eines privaten Veräuße-

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Kap. 12 Rz. 12.1 Private Veräußerungsgeschäfte rungsgeschäfts bei der Vermögensauseinandersetzung unter Eheleuten, DStR 2002, 1065; Houben, Verlängerung der Fristen bei der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte und verfassungsgerichtlicher Rückwirkungsbegriff, StuW 2006, 147; Hutmacher, Grundstücksveräußerung als privates Veräußerungsgeschäft, ZNotP 2012, 131; Kiesow, Zur entgeltlichen Übertragung von Mietimmobilien zwischen Ehegatten, DStR 2013, 2252; Mayer/Ball, Zur Einbeziehung von Neubauten in die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG, FR 1999, 925; Paus, „Spekulationsgeschäfte“ mit teilweise selbst genutzten Wirtschaftsgütern, FR 2013, 498; Perleberg-Kölbel, Steuerfalle Scheidungsimmobilie, FuR 2016, 94; Rosarius, Private Veräußerungsgeschäfte im Immobilienbereich nach dem dem BMF-Schreiben vom 5.10.2000 – Grundstücksübertragungen zwischen Privat- und Betriebsvermögen sowie im Gesellschafts- und Gemeinschaftsbereich, INF 2000, 673; Sagmeister, Private Veräußerungsgeschäfte im Rahmen von Scheidungsfolgenvereinbarungen, DStR 2011, 1589; Schießl, Private Veräußerungsgeschäfte unter aufschiebender Bedingung oder „Zustimmungsvorbehalt“, jM 2015, 298; Schultze/Janssen, Die Freigrenze der privaten Veräußerungsgeschäfte (§ 23 Abs. 3 Satz 6 EStG) beim Verlustrücktrag, FR 2002.568; Seitz, Die steuerliche Behandlung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 5.10.2000, DStR 2000, 1867, DStR 2001, 277; Strahl/Fuhrmann, Verfassungswidrigkeit des Verrechnungsverbots nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, FR 2003, 387; Tiedtke/Wälzholz, Private Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG bei ausstehenden Genehmigungen – zugleich eine Anmerkung zu dem BFH-Urteil vom 2.10.2001, IX R 45/99, BStBl. II 2002 S. 10, Stbg 2002, 209; Tiedtke/Wälzholz, Private Veräußerungsgeschäfte (Spekulationsgeschäfte) nach § 23 EStG im Rahmen von Trennungsund Scheidungsvereinbarungen, DStZ 2002, 9; Windeknecht, Veräußerungsgeschäfte bei vermögensverwaltenden Immobiliengesellschaften, NWB 2016, 1066.

A. Gegenstand privater Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 12.1

Nach § 23 EStG werden innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen bestimmter in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannter Wirtschaftsgüter im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen. Ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift liegt vor, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück (s. Rz. 12.2) oder grundstücksgleiches Recht (s. Rz. 12.4) angeschafft (s. Rz. 12.11 ff.) hat und binnen einer Frist von zehn Jahren (s. Rz. 12.81 ff.) wieder veräußert (s. Rz. 12.11 ff.). Die Veräußerung von Grundstücken aus dem Privatvermögen kann aber auch zu einer gewerblichen Tätigkeit – dem sog. gewerblichen Grundstückshandel – führen, wenn die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten ist (s. hierzu ausführlich Kap. 11).

12.2

Unter den Begriff des „Grundstücks“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG fallen – (ganze) Grundstücke1; – Teilflächen von Grundstücken;

1 Das gilt natürlich auch für ein im Ausland belegenes Grundstück, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Veräußerung im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist, s. BFH v. 6.11.2015 – IX B 54/15, BFH/NV 2016, 194.

888

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Rz. 12.4 Kap. 12

A. Gegenstand privater Veräußerungsgeschäfte

– Miteigentumsanteile an Grundstücken (Bruchteilseigentum, § 741 BGB); – das Wohnungs- oder Teileigentum (§ 1 Abs. 3 WEG; s. Rz. 4.3); – Gebäude, die ein gegenüber dem Grundstück eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen und ggf. auch unterschiedlich behandelt werden müssen1 (zur Einbeziehung von Gebäuden in den Veräußerungsgewinn s. auch Rz. 12.17); – das selbständige Gebäudeeigentum nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets gem. Art. 231, 233 EGBGB; – der (entgeltliche erworbene und anschließend wieder veräußerte) Restitutionsanspruch2; – die Abtretung des Anspruchs auf Grundstücksübereignung3 und – der Erbschaftskauf (§§ 2371 ff. BGB), soweit Gegenstand des Vertrages ein Wirtschaftsgut i.S.d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt 1 ist4. Unter den Begriff des „Grundstücks“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG fallen nicht

12.3

– die Kaufoption auf ein Grundstück; sie ist ein Wirtschaftsgut i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG5; – Sondernutzungsrechte an einem Grundstück; – Bodenschätze, solange sie nicht abgebaut werden6. Werden sie wirtschaftlich genutzt, gehören sie zu den grundstücksgleichen Rechten (s. Rz. 12.4). Unter den Begriff des „grundstücksgleichen Rechts“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG fallen – Erbbaurechte (s. Rz. 5.5), – Mineralgewinnungsrechte, – Bodenschätze, wenn sie wirtschaftlich genutzt werden7,

1 Siehe BFH v. 30.11.1976 – VIII R 202/72, BStBl. II 1977, 384; Musil in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 23 EStG Rz. 87. 2 BFH v. 13.12.2005 – IX R 14/03, BStBl. II 2006, 513 = DB 2006, 816 = ZfIR 2006, 686; v. 11.12.2008 – IX B 123/08, BFH/NV 2009, 571. 3 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 87; vgl. auch BFH v. 28.6.1977 – VIII R 30/74, BStBl. II 1977, 827. 4 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 87. 5 BFH v. 19.5.1982 – I R 257/78, BStBl. II 1982, 768, zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 87. 6 BFH v. 18.3.1980 – VIII R 148/78, BStBl. II 1981, 794, zu § 7 Abs. 6 EStG; FG München v. 13.9.2006 – 10 K 5285/04, EFG 2007, 188, rkr.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 87. 7 Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 41.

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889

12.4

Kap. 12 Rz. 12.5 Private Veräußerungsgeschäfte

– die nach Art. 196 EGBGB nach Landesrecht als Immobiliarrechte ausgestalteten Rechte wie das Bergrecht oder das Fischereirecht1 und – der Erbschaftskauf (§§ 2371 ff. BGB), soweit Gegenstand des Vertrages ein Wirtschaftsgut i.S.d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 ist.

12.5

Unter den Begriff des „grundstücksgleichen Rechts“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG fallen nicht – Anteile an einer im Privatvermögen befindlichen Beteiligung an einer Personengesellschaft oder anderen Gesamthandsgemeinschaft, in deren Gesamthandsvermögen sich Grundstücke befinden2. Insoweit ist allerdings die Fiktion des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG zu beachten (s. Rz. 12.61 ff.); – Luftfahrzeuge und Schiffe, auch wenn sie teilweise ähnlich wie Grundstücke behandelt werden bzw. in das Schiffsregister eingetragen sind; sie gehören zu den Wirtschaftsgütern i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG3.

12.6

Überhaupt nicht unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fällt u.E. das Dauerwohnrecht (§ 31 ff. WEG)4, da es sich zivilrechtlich um ein reines Nutzungsrecht in der Form einer Dienstbarkeit handelt und § 23 EStG insoweit an das Zivilrecht anknüpft5. Ein auf Sondernutzungsrechte entfallender Veräußerungsgewinn kann nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG gleichwohl steuerpflichtig sein; denn die zehnjährige Frist für die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. Nr. 1 wurde auf alle – ggf. auch nur vorübergehend („… zumindest in einem Kalenderjahr …“) – nutzungsertragbringenden „anderen“ Wirtschaftsgüter i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG6, die nicht unter § 20 EStG fallen und nach dem 31.12.2008 angeschafft wurden, ausgeweitet7.

12.7–12.10

Einstweilen frei.

1 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89. 2 BFH v. 4.10.1990 – X R 148/88, BStBl. II 1992, 211 ff. = FR 1991, 15 m. Anm. Schmidt; bestätigt durch BFH v. 10.7.1996 – X R 103/95, BStBl. II 1997, 678 = ZfIR 1997, 759; BMF v. 20.10.1997, BStBl. I 1997, 899. 3 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89. 4 Gl.A. s. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89; offen gelassen in BFH v. 11.8.1967 – VI R 67/66, BStBl. III 1967, 685. 5 Vgl. BFH v. 4.10.90 – X R 148/88, BStBl. II 1992, 211 ff. = FR 1991, 15 m. Anm. Schmidt; v. 10.7.1996 – X R 103/95, BStBl. II 1997, 678 = ZfIR 1997, 759; s.a. Herrmann/Heuer/ Raupach/Musil, § 23 EStG Rz. 85. 6 Zu den „anderen“ Wirtschaftsgüter i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zählt auch das Dauerwohnrecht, s. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 89. 7 § 52a Abs. 11 Satz 1 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008, nunmehr § 52 Abs. 31 Satz 1 EStG.

890

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B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.13 Kap. 12

B. Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten I. Allgemeines Die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durchbricht den Grundsatz, dass Überschüsse aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens steuerlich nicht erfasst werden. Die Steuerbarkeit wird aber nicht generell, sondern nur für den Fall normiert, dass Anschaffung und Veräußerung des Wirtschaftsguts innerhalb eines bestimmten Zeitraums stattfinden.

12.11

II. Begriff der Anschaffung und der Veräußerung Unter Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist der entgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts von einem Dritten zu verstehen. Erfasst sind mithin alle entgeltlichen Verträge, die auf den Erwerb des (wirtschaftlichen) Eigentums an einem Grundstück oder grundstücksgleichen Rechts gerichtet sind. Spiegelbildlich hierzu ist Veräußerung die entgeltliche Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums an einem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht auf einen Dritten. Eine „Spekulationsabsicht“ (gewissermaßen als subjektives Tatbestandselement des § 23 EStG) ist nicht erforderlich1; die demgegenüber – wie bei allen Einkunftsarten des EStG – erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht wird durch die „Haltefristen“ der Vorschrift (s. Rz. 12.81 ff.) in typisierender Weise objektiviert2.

12.12

Als Verträge, die eine Anschaffung oder Veräußerung zum Gegenstand haben, kommen in Betracht:

12.13

– Kaufverträge; – Tauschverträge3; – Verträge über die entgeltliche Abtretung von Restitutionsansprüchen4; sie stehen einer entgeltlichen Anschaffung oder Veräußerung gleich; – Verträge, die „Verhältnisse schaffen, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen, vor allem, wenn besondere Umstände hinzutreten, die dem Käufer wirtschaftliches Eigentum verschaffen“5. Dies kann bspw. durch bindende wechselseitige Kaufangebote, kombiniert mit Darlehensverträgen und Miet- oder Erb1 Ständige Rechtsprechung, s. etwa BFH v. 22.4.2008 – IX R 29/06, BStBl. II 2009, 296 = DB 2008, 1409 = NJW 2008, 3087; v. 13.12.2009 – IX B 72/09, BFH/NV 2010, 932. 2 BFH v. 25.8.2009 – IX R 60/07, BStBl. II 2009, 999 = DStR 2009, 2188 = NJW 2010, 175; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 13. 3 BFH v. 13.4.2010 – IX R 36/09, BStBl. II 2010, 792 = FR 2010, 948 m. Anm. Bode = DB 2010, 1566. 4 BFH v. 13.12.2005 – IX R 14/03, BStBl. II 2006, 513 = DB 2006, 816 = ZfIR 2006, 686. 5 Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 37 mit folgenden Beispielen: Eigenbesitz vor Kaufvertrag oder Vorwegnahme des dinglichen Rechtsgeschäfts ohne das schuldrechtliche.

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891

Kap. 12 Rz. 12.14 Private Veräußerungsgeschäfte

bauverträgen, bewirkt werden, wenn eine Situation geschaffen wird, die dem „Käufer“ faktisch die volle Einfluss- und Nutzungsmöglichkeit für den Grundbesitz einräumt und der „Verkäufer“ das Geld bereits erhält1 (s. Rz. 1.322 ff.). Gleiches gilt bspw. für die Übergabe zu Eigenbesitz, den verabredeten vorzeitigen Bezug des Objekts, den vorzeitigen Übergang von Nutzen und Lasten oder die Berechtigung zur Vornahme erheblicher Aufwendungen auf das Grundstück2; – wirksame, beiderseits bindende Vorverträge3 oder aufschiebend bzw. auflösend bedingte Kaufverträge4, soweit sie sich auf ein konkretes Grundstück beziehen5. Kommt es allerdings später nicht zum Vollzug des Vertrages, z.B. wegen Eintritts der auflösenden Bedingung, und fließt der Kaufpreis dementsprechend nicht, wird § 23 EStG nicht (vollständig) erfüllt; – Die Abgabe eines Meistgebots in Zwangsversteigerungsverfahren6. Auch ein unvollständig beurkundeter und deswegen nach § 313 Satz 1, § 125 BGB formunwirksamer Kaufvertrag über ein Grundstück kann nach § 41 Abs. 1 AO eine für die Berechnung der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG maßgebende Veräußerung sein7.

12.14

Keine Anschaffung oder Veräußerung i.S.d. § 23 EStG beinhalten – ein schlichtes Angebot auf Abschluss eines Kauf- oder Tauschvertrages8, – die bloße Einräumung eines Vorkaufsrechts9 (dies gilt u.E. auch bei einem solchen mit vorab festgelegtem Preis) oder – der Erwerb eines zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Grundstücks im Zuge der Liquidation einer GmbH10; denn der Erwerb kraft Gesetzes oder durch einen aufgrund gesetzlicher Vorschriften ergehenden Hoheitsakt ist keine Anschaffung,

1 Vgl. etwa BFH v. 23.1.1991 – IV R 95/90, BStBl. II 1992, 553 = MittRhNotK 1993, 102; v. 15.1.1974 – VIII R 63/68, BStBl. II 1974, 606. 2 Gl.A. Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. B 107. 3 BFH v. 13.12.1983 – VIII R 16/83, BStBl. II 1984, 311 = MittBayNot 1984, 156, für einen Fall mit Bewilligung einer Auflassungsvormerkung und Sicherungshypothek zur Sicherung des Kaufpreises. 4 BFH v. 10.2.2015 – IX R 23/13, BStBl. II 2015, 487 = FR 2015, 658 m. Anm. Bode = DNotZ 2015, 769 = MittBayNot 2015, 345. 5 Zur Abgrenzung: BFH v. 15.6.2000 – IX B 5/00, BFH/NV 2000, 1238. 6 BFH v. 28.6.1977 – VIII R 30/74, BStBl. II 1977, 827; v. 29.3.1989 – X R 4/84, BStBl. II 1989, 652; v. 18.12.2015 – IX B 101/15, BFH/NV 2016, 400. 7 BFH v. 15.12.1993 – X R 49/91, BStBl. II 1994, 687. 8 Vgl. Carlé, KÖSDI 2003, 12983 (12987); Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. B 107; Kuhlmann in Frotscher/Geurts, § 23 EStG Rz. 33; Reich, ZNotP 2000, 375 (382). 9 Vgl. BFH v. 19.10.1971 – VIII R 84/71, BStBl. II 1972, 452 = MittBayNot 1972, 204; s.a. Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. B 107; Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 68. 10 BFH v. 19.4.1977 – VIII R 23/75, BStBl. II 1977, 712.

892

Schallmoser

B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.16 Kap. 12

– sofern nicht im Einzelfall weitere Umstände hinzutreten, die dem Erwerber wirtschaftliches Eigentum vermitteln (zu Beispielen s. Rz. 12.13)1. Im Rahmen des § 23 EStG ist es grds. ohne Bedeutung, aus welcher Motivation heraus eine Veräußerung getätigt wird; ein Veräußerungstatbestand liegt mithin auch vor im Falle

12.15

– eines aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus vorgenommenen Notverkaufs2; – eines Eigentumsverlusts oder -erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung (s. Rz. 12.13)3. Kein Veräußerungsgeschäft ist demgegenüber der zwangsweise Eigentumsverlust durch – die Enteignung4 eines Grundstücks, denn es fehlt insoweit schon am rechtsgeschäftlichen Charakter5 der Enteignung, oder durch – ein Umlegungsverfahren, wenn der Steuerpflichtige dadurch zu einer art- und funktionsgleichen Ersatzbeschaffung gezwungen ist6. Dann löst der Erwerb des Ersatzgrundstücks keinen neuen Fristlauf aus. Das Ersatzgrundstück tritt als Surrogat hinsichtlich Anschaffungszeitpunkt und Anschaffungskosten an die Stelle des eingetauschten Grundstücks. Etwas anderes gilt, wenn in einem Umlegungsverfahren erheblicher Zusatzgrund gegen Ausgleichszahlung zugewiesen wird7. Steht in einem für § 23 EStG nicht zu berücksichtigenden Zwangstausch eine Zwangsmaßnahme unmittelbar bevor, ist u.E. auch ein der Zwangsmaßnahme zuvorkommender Verkauf/Ankauf aus dem Anwendungsbereich des § 23 EStG auszunehmen.

1 Gl.A. Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz. B 107. 2 Ständige Rechtsprechung, z.B. BVerfG v. 9.7.1969 – 2 BvL 20/65, BVerfGE 26, 302 = BStBl. II 1970, 156; BFH v. 8.4.2003 – IX R 1/01, BFH/NV 2003, 1171; v. 2.5.2000 – IX R 74/96, BStBl. II 2000, 469, jeweils m.w.N.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 75; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 146. 3 BFH v. 28.6.1977 – VIII R 30/74, BStBl. II 1977, 827; v. 18.12.2015 – IX B 101/15, BFH/NV 2016, 400; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 76; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 146. 4 Gl.A. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 73; a.A. Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 146; Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 55. 5 Im Rahmen des § 23 EStG werden nur Erwerbshandlungen des Steuerpflichtigen besteuert, die wesentlich von seinem Willen abhängen, vgl. BFH v. 19.4.1977 – VIII R 23/75, BStBl. II 1977, 712; v. 13.4.2010 – IX R 36/09, BStBl. II 2010, 792 = FR 2010, 948 m. Anm. Bode = DB 2010, 1566. 6 BFH v. 13.4.2010 – IX R 36/09, BStBl. II 2010, 792 = FR 2010, 948 m. Anm. Bode = DB 2010, 1566; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 73; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 146. 7 BFH v. 29.3.1995 – X R 3/92, DB 1997, 1647 = BB 1995, 2096.

Schallmoser

893

12.16

Kap. 12 Rz. 12.17 Private Veräußerungsgeschäfte

III. Nämlichkeit 12.17

Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden1. Vor diesem Hintergrund unterliegen Wirtschaftsgüter der Besteuerung nach § 23 EStG nur dann, wenn das angeschaffte und das veräußerte Gut identisch sind (sog. Erfordernis der „Nämlichkeit“)2. Hiervon gelten Ausnahmen für – Gebäude (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Bis 1999 wurden selbst hergestellte Gebäude nicht vom Tatbestand des § 23 EStG a.F. erfasst. Bei Errichtung eines Gebäudes nach der Anschaffung des Grund und Bodens fehlte es insoweit an der erforderlichen Identität von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut3. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in seiner aktuellen Fassung sind in das private Veräußerungsgeschäft nunmehr auch Gebäude, Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, Eigentumswohnungen, Teileigentumseinheiten und Außenanlagen einzubeziehen, wenn sie innerhalb des Zehnjahreszeitraumes errichtet, ausgebaut oder erweitert wurden. In den Veräußerungsgewinn sind ferner Gewinnanteile einzubeziehen, die auf Gebäude(-teile) entfallen, die noch nicht fertiggestellt sind4. – Gesellschaftsanteile an vermögensverwaltenden Personengesellschaften; für diese ist § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG anzuwenden (s. Rz. 12.61 ff.).

12.18

„Nämlichkeit“ von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut bedeutet Identität im wirtschaftlichen Sinn5. Ob und in welchem Umfang Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut (sog. „aliud“) vorliegt, richtet sich nach einem wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls6. Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut7.

1 BFH v. 23.8.2011 – IX R 66/10, BStBl. II 2013, 1002 = DB 2011, 2577 = DStR 2011, 2191. 2 BFH v. 22.5.2003 – IX R 9/00, BStBl. II 2003, 712 = DB 2003, 1605 = DStR 2003, 1249; Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 15. 3 BFH v. 27.8.1997 – X R 26/95, BStBl. II 1998, 135 = ZfIR 1998, 232. 4 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158 Tz. 12; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011, S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 12. 5 BFH v. 6.4.2011 – IX R 41/10, BFH/NV 2011, 1850; v. 3.8.2004 – X R 55/01, BFH/NV 2005, 517; v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode = DB 2013, 2306 = DStR 2013, 1937. 6 BFH v. 27.8.1997 – X R 26/95, BStBl. II 1998, 135; v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode = DB 2013, 2306 = DStR 2013, 1937. 7 BFH v. 17.10.1974 – IV R 223/72, BStBl. II 1975, 58; v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode = DB 2013, 2306 = DStR 2013, 1937.

894

Schallmoser

B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.19 Kap. 12

Wirtschaftliche Teilidentität (sog. „partielle“ Nämlichkeit) ist grundsätzlich ausreichend, begründet ein privates Veräußerungsgeschäft aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts1. Beispiel 1: A und B bilden als Erben ihres verstorbenen Vaters eine Erbengemeinschaft. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge geht auf sie u.a. ein Erbbaurecht (samt dem auf dem Erbbaugrundstück errichteten Wohngebäude) über, das dem Vater bereits vor Jahrzehnten eingeräumt worden war. A und B erwerben nunmehr auch das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück und heben das Erbbaurecht auf. Nach Löschung des Erbbaurechts im Grundbuch veräußern sie das Grundstück kurzfristig an einen Dritten.

Für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist dem Erfordernis der Nämlichkeit zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut im Beispiel 1 (nur) teilweise genügt, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und nach Löschung des Erbbaurechts kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird. Der Ermittlung des Gewinns aus einem solchen privaten Veräußerungsgeschäft ist nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der wirtschaftlich gesehen auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt (obwohl es unbelastet veräußert wurde). Der anteilige Veräußerungspreis ist ggf. im Schätzungswege zu ermitteln2. Beispiel 2: Erblasser E hat ein vermietetes Mehrfamilienhaus hinterlassen. Erbe ist der gemeinnützige Verein V. Seinem Sohn S hat E aber einen Nießbrauch am Mehrfamilienhaus vermacht. V und S einigen sich darauf, dass S das Mehrfamilienhaus erwirbt; bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen die Beteiligten, dass das Objekt mit einem Nießbrauch belastet ist.

S möchte das Mehrfamilienhaus sogleich veräußern. Er will wissen, ob sich der Veräußerungsgewinn aus dem „vollen Wert“ – also dem Unterschied zwischen dem (wegen des Nießbrauchs reduzierten) Kaufpreis und dem Verkaufspreis – ermittelt oder ob für die Bemessung des Veräußerungsgewinns die derzeitige Wertminderung durch den Nießbrauch berücksichtigt wird. Im Beispiel 2 ist S im Zeitpunkt der Anschaffung des Mehrfamilienhauses bereits Nießbrauchsberechtigter. Er erwirbt (nur) ein belastetes Grundstück zum geminderten Preis (wie im Beispiel 1); veräußert S innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG, ist dieser Anschaffung ein geminderter Veräußerungspreis gegenüberzustellen (denn nur insoweit besteht Nämlichkeit). Die Minderung ist ggf. durch Schätzung zu ermitteln; Anhaltspunkt hierfür kann die Minderung des Kaufpreises sein, die schon V und S der Grundstücksübertragung zugrunde gelegt haben. Den Nießbrauch hat A nicht „angeschafft“, sondern durch Gesamtrechtsnachfolge unentgeltlich erworben. Ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG liegt hinsichtlich 1 BFH v. 21.9.2004 – IX R 36/01, BStBl. II 2006, 12 = DB 2005, 85 = GmbHR 2005, 249; v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode = DB 2013, 2306 = DStR 2013, 1937. 2 BFH v. 12.6.2013 – IX R 31/12, BStBl. II 2013, 1011 = FR 2014, 33 m. Anm. Bode = DB 2013, 2306 = DStR 2013, 1937; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 111; Bode, FR 2014 35; a.A. – insoweit unzutreffend volle Nämlichkeit annehmend: FG BadenWürttemberg v. 30.9.1992 – 14 K 81/91, EFG 1993, 233, rkr.

Schallmoser

895

12.19

Kap. 12 Rz. 12.31 Private Veräußerungsgeschäfte

des auf den Nießbrauch entfallenden Wertanteils mangels Anschaffung schon dem Grunde nach nicht vor, es sei denn, Erblasser E hätte das Mehrfamilienhaus weniger als zehn Jahre vor Veräußerung durch S erworben (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG).

12.20–12.30

Einstweilen frei.

IV. Anschaffung und Veräußerung in Sonderfällen 1. Rückabwicklung wegen Vertragsstörungen

12.31

Die Rückabwicklung eines Grundstücks-Anschaffungsgeschäftes wegen irreparabler Vertragsstörungen stellt kein Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar1. 2. Leistung an Erfüllungs statt

12.32

Die Hingabe eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts an Erfüllungs statt kann ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft darstellen. Beispiel: A ist Alleinerbe seines Vaters V geworden. Der Bruder B wurde enterbt und macht seinen Pflichtteilsanspruch geltend. Da A keine ausreichenden Barmittel zur Verfügung stehen, bietet er B an Erfüllungs statt die Übereignung eines Grundstückes an, das vor acht Jahren gekauft wurde. Der Vorgang unterliegt nach h.M. der Besteuerung nach § 23 EStG2. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das hinzugebende Grundstück aus der Erbmasse stammt oder nicht. Vergleichbare Probleme können sich bei der Güterstandsschaukel3 und der Leistung an Erfüllungs statt für ein Barvermächtnis stellen.

3. Todesfall und vorweggenommene Erbfolge

12.33

Der Erbfall ist weder Anschaffung noch Veräußerung. Das Gleiche gilt für eine Schenkung. Eine Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt jedoch vor, wenn ein Miterben sich mit den anderen Miterben dahingehend auseinandersetzt, dass er ein Grundstück aus dem Nachlass gegen Ausgleichszahlung an die übrigen Miterben übernimmt4; für die übertragenden Miterben liegt spiegelbildlich ein Ver1 BFH v. 27.6.2006 – IX R 47/04, BStBl. II 2007, 162 = DB 2006, 2272 = NJW 2006, 3743 = ZfIR 2007, 461 = MittBayNot 2007, 166; s. dazu Weber-Grellet, DB 2007, 2740 ff. 2 Vgl. BFH v. 16.12.2004 – III R 38/00, BStBl. II 2005, 554 = ZEV 2005, 315 m. Anm. Hübner – zu Betriebsvermögen; s. ferner BFH v. 15.2.1977 – VIII R 175/74, BStBl. II 1977, 389; ebenso wohl BFH v. 30.7.1998 – X B 92/98, BFH/NV 1999, 173 durch Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil; BFH v. 7.4.1992 – VIII R 59/89, BStBl. II 1992, 809 = FR 1992, 624 m. Anm. Fischer; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 54; Reich, ZNotP 2000, 375 (377); kritisch Wachter, MittBayNot 2000, 162 (167); Tiedtke/Wälzholz, NotBZ 2000, 237; Tiedtke/Wälzholz, DStZ 2002, 9. 3 Vgl. dazu Zugmaier/Wälzholz, NWB 2005, Fach 10, S. 1521 ff. 4 Vgl. BMF v. 14.3.2006, BStBl. I 2006, 253; Risthaus, DB 1999, 1032 (1033); Sauren, DStR 2000, 60 (61).

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B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.34 Kap. 12

äußerungsvorgang vor. Dabei kann ein nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstehen, wenn der Erblasser den Grundbesitz binnen der letzten zehn Jahre vor der Erbauseinandersetzung angeschafft hatte. Ähnliche Probleme können sich im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ergeben, soweit sich der Übernehmer zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags an andere Angehörige des Übergebers oder an Dritte (Gleichstellungsgeld), zu einer Abstandszahlung an den Übergeber oder zur Übernahme von Verbindlichkeiten des Übergebers verpflichtet1. Beispiel: Sohn S hat von seiner Mutter M im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Immobilie erhalten. Der Übergabevertrag enthält folgende Passage: „Der Übergeber ist auf seine Lebensdauer berechtigt, jederzeit von dem Erwerber einen Geldbetrag bis zu einer Höhe von maximal 50 % des Verkehrswertes des gegenwärtigen Vertragsgegenstandes zum Zeitpunkt der heutigen Übertragung zu verlangen. Das Zahlungsverlangen muss höchstpersönlich gestellt werden und ist nicht übertragbar oder vererblich. (…) Der vorgenannte Geldbetrag ist nach schriftlicher Aufforderung durch den Übergeber in monatlichen Raten von 2.000 u jeweils zum Ersten eines Kalendermonats ohne Beilage von Zinsen zur Zahlung fällig, erstmals zum Monatsersten, welcher auf die schriftliche Aufforderung folgt.“ Das Zahlungsverlangen ist mit einer Sicherungshypothek i.H.v. 150.000 t auf dem Grundstück abgesichert. S will die Immobilie sofort wieder verkaufen. Der mit dem Käufer vereinbarte Kaufpreis beträgt 400.000 t. S will mit Blick auf das vereinbarte Zahlungsversprechen den mit der Sicherungshypothek abgesicherten Betrag in einer Summe an M auszahlen.

Die Veräußerung durch S unterliegt der Besteuerung nach § 23 EStG, wenn dieser die Immobilie entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen teilentgeltlich – nämlich zur Hälfte entgeltlich („… 50 % des Verkehrswertes …“) und zur Hälfte unentgeltlich – angeschafft hat. Dies wäre der Fall, wenn M das Zahlungsverlangen stellt und S sodann den mit der Sicherungshypothek abgesicherten „Abstandsbetrag“ von 150.000 t an M auskehrt2. Dabei spielt es keine Rolle, ob er den Betrag in einer Summe oder, wie ursprünglich geplant, in Raten bezahlt. Ein teilentgeltlicher Erwerbsvorgang läge u.E. selbst dann vor, wenn M das Zahlungsverlangen erst nach einer „Schamfrist“ – etwa von einem (oder zwei) Jahr(en) – erhebt. Zahlt S indes den hälftigen Verkehrswert des Objektes i.H.v. 200.000 t (statt lediglich den mit der Sicherungshypothek abgesicherten Betrag i.H.v. 150.000 t) an M aus, stünden dem zur Hälfte entgeltlichen Teil der Übertragung gleich hohe Anschaffungskosten gegenüber. Der Vorgang ist zwar nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar, ein Gewinn entsteht aber nicht. In diesem Fall wäre es u. E. steuerrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn M zu einem späteren Zeitpunkt Geldbeträge, die sie nicht für ihren Lebensunterhalt benötigt, im Wege der Schenkung (unter Ausnutzung von Freibeträgen) an S zurückfließen lässt. Der Abschluss eines Erb- und/oder Pflichtteilsverzichts vor dem Tod des Betroffenen gegen Übertragung eines Grundstücks wird nicht als entgeltliches Rechts1 Vgl. Niedenführ in Herrmann/Heuer/Raupach, Sonderband zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, § 23 EStG Rz. R 10; Theilacker, BWNotZ 1997, 101 (112); BMF v. 13.1.1993 – IV B 3 - S 2190 - 37/92, BStBl. I 1993, 80, Tz. 7 ff. 2 So auch BMF v. 13.1.1993 – IV B 3 - S 2190 - 37/92, BStBl. I 1993, 80, Tz. 7.

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12.34

Kap. 12 Rz. 12.35 Private Veräußerungsgeschäfte

geschäft betrachtet und erfüllt damit weder die Voraussetzungen der Anschaffung noch der Veräußerung i.S.d. § 23 EStG1. Der Verzicht auf einen bereits entstandenen Pflichtteilsanspruch im Gegenzug2 gegen eine Grundstücksübertragung wird hingegen ähnlich der Leistung an Erfüllungs statt (s. Rz. 12.32) von der h.M. als entgeltliche Veräußerung i.S.d. § 23 EStG behandelt. 4. Veräußerungen im Rahmen von Scheidungsvereinbarungen

12.35

Auch bei der Gestaltung von Scheidungsvereinbarungen sind die Regelungen des § 23 EStG im Blick zu behalten. Beispiel3: M und F wollen sich scheiden lassen. Nach Durchführung des Scheidungsverfahrens sind noch vermögensrechtliche Streitigkeiten anhängig, u.a. hinsichtlich des Verbleibs eines vor fünf Jahren erworbenen Mietwohngrundstücks, das beiden je zur Hälfte gehört. In einem Vergleich einigen sich beide, dass F den Grundbesitz übernehmen kann und dafür als Gegenleistung einen Ausgleichsbetrag zu zahlen hat bzw. bestehende Verbindlichkeiten allein übernehmen muss. Wird zwischen Ehegatten Grundeigentum gegen eine Gegenleistung (in Form einer baren Ausgleichszahlung oder der Übernahme von Verbindlichkeiten) wie unter fremden Dritten übertragen oder ein Tausch durchgeführt, ist § 23 EStG anwendbar4. Es gibt insoweit kein „Ehegattenprivileg“, auch nicht im Zusammenhang mit Scheidungsverfahren oder Vermögensauseinandersetzungen.

12.36

Wird keine Ausgleichszahlung, sondern ein Grundstück als Gegenleistung für die Übertragung eines Grundstücks(anteils) – gewissermaßen als Leistung an Erfüllungs statt für den Zugewinnausgleichsanspruch – hingegeben, wird darin nach wohl überwiegender5 (wenngleich nicht unumstrittener6) Auffassung, der die Finanzver1 BFH v. 16.3.2001 – IV B 96/00, ZEV 2001, 1075 = BFH/NV 2001, 1113 f.; BFH v. 7.4.1992 – VIII R 59/89, BStBl. II 1992, 809 ff. = FR 1992, 624 m. Anm. Fischer; offen gelassen in BFH v. 20.10.1999 – X R 132/95, BStBl. II 2000, 82 ff. 2 Lässt ein Steuerpflichtiger jedoch seinen Pflichtteilsanspruch schlicht verjähren und erhält er daraufhin ein Grundstück geschenkt, ist dies keine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG. 3 Nach BFH v. 30.7.1998 – X B 92/98, BFH/NV 1999, 173; s.a. Sauren, DStR 2000, 60 (61). 4 BFH v. 30.7.1998 – X B 92/98, BFH/NV 1999, 173; ebenso Sauren, DStR 2000, 60 (61). 5 BFH v. 15.2.1977 – VIII R 175/74, BStBl. II 1977, 389 ff.; ebenso wohl BFH v. 30.7.1998 – X B 92/98, BFH/NV 1999, 173 durch Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil; Schmidt/ Kulosa36, § 6 EStG Rz. 140 „Zugewinnausgleichszahlung“; Schmidt/Wacker36, § 16 EStG Rz. 599 m.w.N.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 54. 6 Reich, ZNotP 2000, 375 (379) will danach unterscheiden, ob die Vereinbarung vor der Scheidung getroffen wird oder danach. Würde die Vereinbarung danach getroffen, so sei ein Zugewinnausgleichsanspruch entstanden, es handele sich um einen Fall der entgeltlichen Leistung an Erfüllungs statt. Vor der Scheidung sei der Zugewinnausgleichsanspruch nicht entstanden, daher gebe es (möglicherweise) keine Gegenleistung i.S.d. § 23 EStG, also keine Veräußerung. Diese Differenzierung übersieht, dass der Zugewinnausgleichsanspruch bei Vereinbarung von Gütertrennung sofort entsteht, nicht erst mit Rechtskraft der Scheidung. Kritisch auch Tiedtke, FR 1977, 539 ff.; Tiedtke, FR 1985, 631 ff.; Wachter, MittBayNot 2000, 162 (167); Tiedtke/Wälzholz, NotBZ 2000, 237 ff.; Götz, FR 2003, 127 ff.

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B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.38 Kap. 12

waltung folgt1, ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft gesehen. Gleiches gilt bei Hingabe an Erfüllungs statt gegen Verzicht auf Unterhaltsansprüche. Der BFH2 sieht auch in einem reinen Auseinandersetzungsvertrag im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung eine entgeltliche Vereinbarung. Das Problem in den vorstehend geschilderten Sachverhaltsvarianten besteht darin, dass zunächst ein Zugewinnausgleichsanspruch entsteht, zu dessen Erfüllung (§ 364 BGB) oder für dessen Verzicht Leistungen erbracht werden, die als entgeltliche Gegenleistungen gewertet werden, so dass ein Veräußerungstatbestand i.S.d. § 23 EStG verwirklicht wird. Dies lässt sich ggf. durch Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft vermeiden, mit der der Zugewinn für alle Fälle außer bei Beendigung der Ehe durch den Tod ausgeschlossen wird. Eine dahin gehende Vereinbarung vermeidet die Entstehung der Gütertrennung3; ein Zugewinnausgleichsanspruch entsteht mithin nicht4. Vor diesem Hintergrund scheidet u.E. eine Leistung an Erfüllungs statt ebenso aus wie die Bewertung eines Anspruchs, auf den verzichtet oder der erlassen wird. Eindeutige Stellungnahmen aus der Rechtsprechung oder der Rechtslehre zu dieser Gestaltung liegen insoweit jedoch nicht vor. Erbschaftsteuerlich handelt es sich insoweit um einen sog. fliegenden Zugewinnausgleich5, der nicht nach § 5 Abs. 2 ErbStG von der Schenkungsteuer befreit ist. Hermanns6 rät in solchen Fällen dazu, die Übertragung vor Entstehung eines Zugewinnausgleichsanspruchs, also vor Abschluss einer Scheidungsvereinbarung durchzuführen, nämlich als unentgeltliche Übertragung unter Anrechnung auf den Zugewinnausgleichsanspruch nach § 1380 BGB – ein Gedanke, der indes auch bereits Widerspruch erfahren hat7.

12.37

Ein Veräußerungsvorgang liegt in den vorstehend geschilderten Sachverhalten nicht vor, wenn es sich um eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie handelt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; s. näher Rz. 12.91 ff.). Allerdings besteht hier die Gefahr, dass in Trennungsfällen die Vorschriften über die Eigennutzung nicht (mehr) eingehalten werden8. Denn der Steuerpflichtige (= Veräußerer) muss das Wirtschaftsgut zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Diese Voraussetzung ist (nur) erfüllt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder gemeinsam mit einem Dritten selbst bewohnt hat.

12.38

1 OFD Frankfurt/Main v. 27.2.2014, S 2256 A-16-St 224, juris; kritisch Tiedtke/Wälzholz, DStZ 2002, 8 ff. 2 BFH v. 31.7.2002 – X R 48/99, BStBl. II 2003, 282 = DB 2003, 530 = DStR 2003, 457 (zu Betriebsvermögen). Vgl. zu ähnlichen Problemen BFH v. 25.6.2003 – X R 72/98, BStBl. II 2004, 403 = FR 2003, 1071 m. Anm. Weber-Grellet. 3 Vgl. Palandt/Brudermüller76, § 1408 BGB Rz. 24 m.w.N.; vgl. ausführlich zur modifizierten Zugewinngemeinschaft, insbesondere bei Unternehmerehen, Plate, MittRhNotK 1999, 257 ff., dort auch unter C I.1. und 2. 4 Vgl. auch Hermanns, DStR 2002, 1065 ff. 5 BFH v. 24.8.2005 – II R 28/02, BFH/NV 2006, 63; v. 12.7.2005 – II R 29/02, BStBl. II 2005, 843 = FR 2006, 41 mit Komm. Wachter; kritisch hierzu Wälzholz, FR 2007, 638 (645). 6 Hermanns, DStR 2002, 1065 ff. 7 Hollender/Schlütter, DStR 2002, 1932 ff. 8 Gottwald, MittBayNot 2000, 8 (12) Fn. 38; ebenso Meurer, EStB 2001, 139.

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Kap. 12 Rz. 12.39 Private Veräußerungsgeschäfte Beispiel: M und F wollen sich scheiden lassen. M hat 1999 eine Eigentumswohnung gekauft, in der zunächst beide Ehegatten gewohnt haben. Ende 2007 haben M und F sich getrennt. M ist ausgezogen. F bewohnt die Wohnung seitdem unentgeltlich allein. Anfang 2008 wollen beide eine Scheidungsvereinbarung treffen, nach der F die Wohnung erhält, dazugehörige Verbindlichkeiten übernimmt und auf Zugewinnausgleich verzichtet.

Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung an den getrennt lebenden Ehegatten1 ist keine Eigennutzung i.S.d. Gesetzes (s. Rz. 12.93)2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG sind in diesem Fall nicht erfüllt, da der Eigentümer M (als künftiger Veräußerer) die Wohnung nicht im maßgeblichen Zeitraum („… zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich … oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren …“) selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

12.39

Abweichend hiervon läge – auch nach Auffassung der Finanzverwaltung – eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Eigentümers M i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG vor, wenn dieser die Wohnung einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt3. In diesem Fall ist es u.E. auch unschädlich, wenn das Kind die Wohnung gemeinsam mit dem anderen Elternteil nutzt (s. Rz. 12.93). Abwandlung: Die Eheleute M und F leben seit Ende 2007 getrennt. Sie haben zwei gemeinsame minderjährige Kinder. Dem Ehemann gehört die bisher zu eigenen Wohnzwecken genutzte Ehewohnung allein. Er ist 2007 aus der Ehewohnung ausgezogen und hat diese bis zum Abschluss der Scheidungsvereinbarung im Jahre 2008 seinen Kindern, die von seiner Ehefrau betreut werden, unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Die Beteiligten wollen eine Scheidungsvereinbarung wie im Ausgangsbeispiel treffen.

In der Abwandlung sind die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt, da die Wohnung unentgeltlich Kindern überlassen wurde, die zum Bezug von Kindergeld bzw. zum Abzug des Kinderfreibetrages berechtigen; die Mitbenutzung durch die Mutter ist unschädlich4. Die Scheidungsvereinbarung kann in der Abwandlung steuerneutral abgeschlossen werden.

1 Der getrennt lebende Ehegatte, der die Wohnung allein bewohnt, nutzt nur in Höhe seines Miteigentumsanteils selbst zu eigenen Wohnzwecken, im Übrigen wird sie ihm vom getrennt lebenden Partner unentgeltlich zur Nutzung überlassen, vgl. Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 130; BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158 Tz. 24; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13St 225, juris, Tz. 24. 2 Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 130; BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158 Tz. 22 f.; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 22 f. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 23; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 23; Obermeier, NWB Fach 3, S. 11450 (11466); Seitz, DStR 2001, 277 (280); Reich, ZNotP 2000, 479 (485). 4 Vgl. auch zur unschädlichen Mitbenutzung durch andere Personen Obermeier, NWB Fach 3, S. 11450 (11466).

900

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B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.42 Kap. 12

5. Veräußerung durch verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft Die Überführung eines Grundstücks des Privatvermögens in das Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft kann bewirkt werden durch

12.40

– einen Kauf („wie zwischen fremden Dritten“). Ein solcher unterliegt innerhalb der Zehnjahresfrist der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; – Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, also im Wege der offenen Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung. In diesem Fall liegt ein tauschähnliches Geschäft vor: Für das Grundstück werden im Austausch Gesellschaftsrechte hingegeben. Dieser Vorgang unterliegt daher ebenfalls als Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung1; – verdeckte Einlage; ihre steuerrechtliche Behandlung ist in § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG geregelt. Eine verdeckte Einlage ist eine auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Vermögenszuführung zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter, die nicht im Wege einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung gegen Gewährung von neuen Anteilen erfolgt2. Die verdeckte Einlage wird in verschiedenen einkommensteuerlichen Normen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG, § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG) einer Veräußerung gleichgestellt; dies gilt auch im Rahmen des § 23 EStG. Dabei wird der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG bereits mit der verdeckten Einlage selbst, also mit Beurkundung einer Verpflichtung zur Übereignung an die Kapitalgesellschaft verwirklicht3. Auf eine spätere Veräußerung kommt es nicht an.

12.41

6. Überführung eines Grundstücks in ein Betriebsvermögen Literatur: Altfelder, Beitrag oder Leistung? FR 2005, 6; Königer/Ziegler, Das Familiensplitting nach dem StVereinfG 2011 – eine schenkung- und ertragsteuerliche Vorteilhaftigkeitsanalyse verschiedener Vermögensarten, FR 2011, 937; Levedag, Einbringung und Einlage von Privatvermögen in vermögensverwaltende und gewerbliche Personengesellschaften, GmbHR 2013, 243.

a) Überführung in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft Bei der Überführung eines Grundstücks aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft ist zu differenzieren: – Wird das Grundstück in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters eingelegt, richten sich die Rechtsfolgen nach den gleichen Regeln wie bei einer Einlage in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers. Die Einlage selbst löst noch keine Steuer aus, sondern erst ein Weiterverkauf aus dem Betriebsvermögen (§ 23 1 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 6; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 6; Reich, ZNotP 2000, 479 (484). 2 Vgl. dazu allgemein Tiedtke/Wälzholz, DB 1999, 2026 ff. 3 Vgl. das Beispiel bei Reich, ZNotP 2000, 375 (380).

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901

12.42

Kap. 12 Rz. 12.43 Private Veräußerungsgeschäfte

Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG). Besteuert wird in diesen Fällen nach § 23 Abs. 3 EStG die Differenz zwischen einem gedachten „Buchwert“ im Privatvermögen und dem Einlagewert. – Wird das Grundstück in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft überführt, ist zu differenzieren: – Liegt der Übertragung ein Kaufvertrag zugrunde, wird durch den Veräußerungsvorgang § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt. – Wird das Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, löst dieser Vorgang als tauschähnliches und damit entgeltliches Rechtsgeschäft ebenfalls den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus1. – Wird das Grundstück ohne Gewährung jeglicher Gegenleistungen eingebracht, liegt ein Einlagevorgang i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG vor; nur in diesem Fall löst die Einbringung keine Besteuerung nach § 23 EStG aus (sondern erst eine evtl. spätere Veräußerung innerhalb der Zehnjahresfrist seit Anschaffung). Die Einlage kann aber schenkungsteuerliche Relevanz haben2.

12.43

Die Frage, wann von einer Gewährung von Gesellschaftsrechten auszugehen ist, ist durch das BMF-Schreiben vom 11.7.2011 geklärt3. Zur Vermeidung eines Veräußerungsgeschäfts kann der Wertzuwachs auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto verbucht werden, über das der Gesellschafter nicht allein verfügen kann4. Es ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: – Erhöht sich durch die Übertragung eines Wirtschaftsguts der Kapitalanteil des Einbringenden, liegt insoweit eine Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten vor. – Für die Frage, ob als Gegenleistung für die Übertragung Gesellschaftsrechte gewährt werden, ist grundsätzlich das Kapitalkonto der Handelsbilanz maßgebend. Werden die handelsrechtlichen Vorschriften abbedungen und nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen mehrere (Unter-)Konten geführt, gilt für die steuerliche Beurteilung Folgendes: – Eine Gutschrift auf dem Kapitalkonto I, nach dem sich Gewinnverteilung, Entnahmerechte, Auseinandersetzungsansprüche richten, ist stets eine Gewährung von Gesellschaftsrechten. Die bloße Gewährung von Stimmrechten stellt allein keine Gegenleistung i.S. einer Gewährung von Gesellschaftsrechten dar, da Stimmrechte allein keine vermögensmäßige Beteiligung an der Personengesellschaft vermitteln. 1 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 = DB 1999, 615 = DStR 1999, 366; BMF v. 29.3.2000, BStBl. I 2000, 462 ff. = DStR 2000, 820 ff.; vgl. dazu Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10888 ff.; Kusterer, DStR 2000, 821 f.; Schulze zur Wiesche, FR 1999, 519 ff.; Daragan, DStR 2000, 573 ff. 2 Vgl. dazu BFH v. 14.9.1994 – II R 95/92, BStBl. II 1995, 81 = ZEV 1995, 74 = DNotZ 1995, 300. 3 BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713 = GmbHR 2011, 950. 4 Ebenso Reich, ZNotP 2000, 479 (480).

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B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.45 Kap. 12

– Werden neben dem Kapitalkonto I weitere gesellschaftsvertraglich vereinbarte (variable) Gesellschafterkonten („Kapitalkonto II“) geführt, kommt es für deren rechtliche Einordnung auf die jeweiligen vertraglichen Abreden im Gesellschaftsvertrag an. Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines Kapitalkontos ist die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, dass auf dem jeweiligen Konto auch Verluste gebucht werden. Eine Gutschrift auf einem Kapitalkonto II ist regelmäßig Gegenleistung i.S. einer Gewährung von Gesellschaftsrechten. – Handelt es sich nach den vorstehenden Maßgaben nicht um ein Kapitalkonto, so ist grundsätzlich vom Vorliegen eines Darlehenskontos auszugehen. Erfolgt die Übertragung eines Grundstücks gegen Buchung auf einem Darlehenskonto, kann dieses Konto keine Gesellschaftsrechte gewähren; wegen des Erwerbs einer Darlehensforderung durch den übertragenden Gesellschafter liegt aber ein entgeltlicher Vorgang und damit eine Veräußerung vor. – Die Vermeidung einer entgeltlichen Veräußerung wird nur bei einer unentgeltlichen Übertragung (verdeckte Einlage) anerkannt. Die Übertragung hat in einem solchen Fall auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto zu erfolgen, über das der Gesellschafter nicht allein verfügen kann1. Denn bei der ausschließlichen Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto erlangt der übertragende Gesellschafter keine individuelle Rechtsposition, die ausschließlich ihn bereichert; vielmehr wird der Auseinandersetzungsanspruch aller Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung dem Grunde nach gleichmäßig erhöht. Der Mehrwert fließt also – ähnlich wie bei einer Buchung auf einem Ertragskonto – in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Personengesellschaft und kommt dem übertragenden Gesellschafter ebenso wie allen anderen Mitgesellschaftern nur als reflexartige Wertsteigerung seiner Beteiligung zugute. Mangels Gegenleistung an den übertragenden Gesellschafter liegt deshalb hier ein unentgeltlicher Vorgang i.S. einer verdeckten Einlage vor. Problematisch sind ggf. die Fälle der Einmann-GmbH & Co. KG. Hier bestehen keinerlei Interessensgegensätze, so dass die Gutschrift auf dem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto ebenso gut wirkt wie die Gutschrift auf einem Darlehenskonto. Hier wird die Finanzverwaltung regelmäßig einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO prüfen2. Dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs könnte möglicherweise begegnet werden, wenn vor der Einbringung ein Kleingesellschafter aus der Familie mit in das Unternehmen aufgenommen wird.

12.44

b) Überführung in das Gesellschaftsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft Wird ein Grundstücks des Privatvermögens ohne Gegenleistung in das Vermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft überführt, liegt keine Anschaf1 Ebenso Reich, ZNotP 2000, 479 (480). 2 Vgl. BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713 = GmbHR 2011, 950, unter II 2 c.

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903

12.45

Kap. 12 Rz. 12.46 Private Veräußerungsgeschäfte

fung oder Veräußerung, sondern (anteilig) eine unentgeltliche Rechtsnachfolge vor1. Beispiel: Vater, Mutter und Sohn sind an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu je einem Drittel beteiligt. Der Vater bringt ein 1999 angeschafftes Grundstück des Privatvermögens im Jahre 2008 ohne bare Gegenleistung oder Erhöhung seiner Beteiligung in das Gesamthandsvermögen ein.

Der Vorgang löst keine Besteuerung nach § 23 EStG aus. Die Übertragung ist vielmehr als vollständig unentgeltlich zu behandeln, einschließlich der schenkungsteuerlichen Konsequenzen2.

12.46

Wird ein Grundstück des Privatvermögens gegen Entgelt oder Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (GbR, KG, GmbH & Co KG, OHG) überführt, liegen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (nur) insoweit vor, als sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöht haben3. Bleiben die Beteiligungsquoten aber unverändert, ist in der Einbringung keine Veräußerung zu sehen. Beispiel: Ehegatten bringen ein ihnen je zur Hälfte zustehendes bebautes Grundstück in eine GbR ein, an der sie je zur Hälfte beteiligt sind.

Im Beispielsfall wird der Tatbestand des § 23 EStG nicht verwirklicht, denn die Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück haben sich gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten nicht erhöht; dies gilt auch dann, wenn die GbR Verbindlichkeiten und Grundschulden übernimmt.

12.47

Eine abweichende rechtliche Beurteilung ist mithin geboten, wenn die Beteiligung aufgestockt wird oder Barzahlungen erfolgen: Abwandlung: Der Vater erhält im vorgenannten Sachverhalt für das zu 600.000 t angeschaffte Grundstück 900.000 t von der Gesellschaft ausbezahlt. Im Jahre 2010 entschließen sich alle Gesellschafter, das vom Vater im Jahre 1999 gekaufte und 2008 eingebrachte Grundstück zu 1 Mio. Euro zu verkaufen.

Von dem Gesamtveräußerungsgewinn von 300.000 t sind nur 2/3, also 200.000 t steuerbar. Der Vater ist selbst zu 1/3 an der Gesellschaft beteiligt. Insoweit wird ihm das Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO weiterhin zugerechnet. In diesem Um1 Vgl. Reich, ZNotP 2000, 479 (483), der überzeugend davon ausgeht, dass ein Veräußerungsgewinn bei einer Weiterveräußerung durch die Gesellschaft allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer allgemeinen Gewinnbeteiligung zuzurechnen sind. 2 BFH v. 14.9.1994 – II R 95/92, BStBl. II 1995, 81 = ZEV 1995, 74 = DNotZ 1995, 300. 3 BFH v. 18.10.2011 – IX R 15/11, BStBl. II 2012, 205 = FR 2012, 164 m. Anm. Bode = DB 2011, 2752; v. 2.4.2008 – IX R 18/06, BStBl. II 2008, 679 = DB 2008, 1301 = NJW 2008, 3662; v. 6.10.2004 – IX R 68/01, BStBl. II 2005, 324 = DB 2004, 2728 = NJW 2005, 1215; BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz 8. Vgl. dazu auch Gottwald, MittBayNot 2001, 8 (14 f.); Reich, ZNotP 2000, 479 (483 f.).

904

Schallmoser

B. Anschaffung und Veräußerung

Rz. 12.62 Kap. 12

fang hat daher kein steuerlicher Rechtsträgerwechsel und damit keine Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stattgefunden. In Höhe der Anschaffung zu 2/3 wird eine neue Zehnjahresfrist in Gang gesetzt. Für den veräußernden Gesellschafter laufen hinsichtlich seines 1/3-Anteils die bisherigen Spekulationsfristen weiter, als läge eine unentgeltliche Rechtsnachfolge nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG vor. Wird das Grundstück von der Gesellschaft mehr als zehn Jahre nach der Anschaffung durch den Vater weiterverkauft, ist der auf den Vater entfallende Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig. Für die anderen Gesellschafter sind der Zeitpunkt der Anschaffung durch die Gesellschaft und die diesbezüglichen anteiligen Anschaffungskosten maßgeblich. Die dargestellten Grundsätze gelten auch, wenn ein Grundstück von der vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf einen Gesellschafter übertragen wird1. Verkauft daher die Gesellschaft ein Grundstück entgeltlich an einen Gesellschafter, so ist wiederum in der Höhe der Beteiligungsquote des erwerbenden Gesellschafters der Tatbestand des § 23 EStG nicht erfüllt. Veräußert der übernehmende Gesellschafter später den Grundbesitz weiter, so ist die im Rahmen des § 23 EStG maßgebliche Anschaffung einerseits in der Höhe seiner Beteiligungsquote in der Anschaffung durch die Gesellschaft zu sehen und im Übrigen sind der Zeitpunkt und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt seiner Übernahme aus dem Gesamthandsvermögen ausschlaggebend.

12.48

12.49–12.60

Einstweilen frei. 7. Veräußerung von Anteilen an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG)

Literatur: Schießl, Erwerb der Beteiligung an einer Personengesellschaft und anschließende Veräußerung gesamthänderisch gehaltener Grundstücke – „Mischfall“, DStR 2014, 512.

Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.

12.61

Beispiel 1: A gehört eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds (GbR), die er 1999 erworben hat. Im Jahre 2008 verkauft er sie mit einem Gewinn i.H.v. 20.000 t.

A hat im Beispiel binnen zehn Jahren einen Anteil an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gekauft und wieder verkauft. Diesen Vorgang fingiert das Gesetz als anteilige Veräußerung der im Gesamthandsvermögen befindlichen Grundstücke. Damit ist der Veräußerungsgewinn im Beispielsfall steuerbar. § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG findet auch in sog. Mischfällen Anwendung, wenn eine Personengesellschaft ein Grundstück kauft und der Anteilseigner binnen zehn Jah1 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz 8; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 8.

Schallmoser

905

12.62

Kap. 12 Rz. 12.63 Private Veräußerungsgeschäfte

ren nach der Anschaffung durch die Gesellschaft seinen Gesellschaftsanteil veräußert und umgekehrt. Beispiel 2: A ist seit 30 Jahren an einem vermögensverwaltenden Immobilienfonds (GbR) beteiligt. 1999 erwirbt die Gesellschaft mehrere neue Grundstücke. 2008 verkauft A seine Beteiligung. Beispiel 3: Ein vermögensverwaltender Immobilienfonds (GbR) hat einen seit 30 Jahren unveränderten Immobilienbestand. 1999 scheidet ein langjähriger Gesellschafter aus, indem er seinen Anteil an B verkauft. 2008 entschließt sich die Verwaltung des Fonds, drei unrentabel gewordene Grundstücke mit Gewinn zu verkaufen.

Im Beispielsfall 2 ist der Erwerb der neuen Grundstücke dem A nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen; die Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2008 gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter (Grundstücke). A erzielt daher einen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerungsgewinn. Im Beispielsfall 3 gilt der Erwerb der Beteiligung durch B als Anschaffung der anteiligen Grundstücke; der Verkauf der Grundstücke aus der Gesamthand der Personengesellschaft innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung der Beteiligung ist dem B nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen1. Auch B erzielt demnach einen steuerbaren Veräußerungsgewinn. In der Literatur wird diese extensive Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehend kritisiert2; der BFH sieht sie aber wohl mit Blick auf die bei Gesamthandsgesellschaften anzuwendende sog. Bruchteilsbetrachtung (s. Rz. 1.409) als konsequent an3. Dieses Ergebnis entspricht auch dem wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalt, in dem ein Miterbe entgeltlich den Erbteil eines anderen Miterben erwirbt und anschließend veräußert (s. Rz. 12.33).

12.63

Erwirbt der Steuerpflichtige eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und veräußert die Gesellschaft innerhalb der Veräußerungsfrist nach Beitritt ein Grundstück, verwirklicht der beigetretene Gesellschafter der Personengesellschaft den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in eigener Person und nicht „gemeinsam“ mit den anderen Gesellschaftern. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist daher nicht durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Beteiligte betroffen sind4.

1 Vgl. BFH v. 21.1.2014 – IX R 9/13, BStBl. II 2016, 515 = FR 2014, 616 = DStR 2014, 515; so auch OFD Frankfurt v. 26.10.2012 – S 2256 A-41-St 213, juris; zustimmend Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 241; Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 47; Frotscher/Kuhlmann, § 23 EStG Rz. 8. 2 Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 81; Jacobs-Soyka in Littmann/Bitz/Pust/, § 23 EStG Rz. 102; Bachem in Bordewin/Brandt, § 23 EStG Rz. 42; Peter, DStR 1999, 1337 (1339); Stephan, DB 1994, 1588 f. 3 Vgl. BFH v. 21.1.2014 – IX R 9/13, BStBl. II 2016, 515 = FR 2014, 616 = DStR 2014, 515; Schießl, DStR 2014, 512. 4 BFH v. 21.1.2014 – IX R 9/13, BStBl. II 2016, 515 = FR 2014, 616 = DStR 2014, 515; Schießl, DStR 2014, 512.

906

Schallmoser

C. Veräußerungsfrist

Rz. 12.82 Kap. 12

8. Anschaffung durch Entnahme aus einem Betriebsvermögen Einer Anschaffung ist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG1 die Überführung des Wirtschaftsgutes in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe gleichgestellt2. Auf diese Weise werden die Wertsteigerungen zwischen Entnahme und Veräußerung für zehn Jahre steuerverstrickt. Ist eine Besteuerung der Entnahme im Entnahmezeitpunkt zu Unrecht unterblieben, soll nach Auffassung der Finanzverwaltung3 die Differenz zwischen Veräußerungspreis und damaligem Buchwert versteuert werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Entnahmegewinn lediglich aufgrund der Freibeträge nach §§ 16 Abs. 4, 14, 18 Abs. 3 EStG steuerfrei geblieben ist.

12.64

12.65–12.80

Einstweilen frei.

C. Veräußerungsfrist für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte I. Fristlänge: Zehn Jahre Die Veräußerungsfristen des § 23 Abs. 1 EStG legen den Steuerverstrickungszeitraum fest. Auf die Fristen sind nach § 108 AO die Regelungen der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 BGB anzuwenden; § 108 Abs. 3 AO und § 193 BGB finden keine Anwendung4. Ein Grundstücksveräußerungsgeschäft ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht (mehr) steuerbar, wenn die „Haltefrist“ von zehn Jahren den Erwerbszeitpunkt um einen Tag überschreitet5.

12.81

II. Rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke Mit Beschluss vom 16.12.20036 hatte der IX. Senat des BFH das BVerfG angerufen, weil nach seiner Auffassung die mit dem StEntlG 1999/2000/2002 eingeführte rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke auf zehn Jahre mit dem Grundgesetz unvereinbar sei. Er beanstandete, dass auch Gewinne aus privaten Grundstücksveräußerungsgeschäften übergangslos der Einkommensbesteuerung unterworfen wurden, bei denen die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen war. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 7.7.20107 die Verlän1 § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 402) sind auf Entnahmen vor dem 1.1.1999 nicht anzuwenden. Vgl. BFH v. 18.10.2006 – IX R 5/06, BStBl. II 2007, 179 = BB 2007, 706. 2 Zweck dieser Regelung ist es, den Streit um die Ermittlung des Teilwertes bei einer Entnahme seiner Bedeutung zu berauben, BT-Drucks. 14/23, S. 179 f. Vgl. zur Neuregelung auch Gottwald, MittBayNot 2001, 8 (13 f.). 3 OFD Koblenz v. 21.6.2002, DStR 2002, 1266 = DStR 2003, 1880 f. 4 FG Köln v. 2.6.1997, EFG 97, 1187, rkr.; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 161. 5 Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 161. 6 BFH v. 16.12.2003 – IX R 46/02, BStBl. II 2004, 284 = FR 2004, 351 m. Anm. Weber-Grellet. 7 BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BStBl. II 2011, 76.

Schallmoser

907

12.82

Kap. 12 Rz. 12.83 Private Veräußerungsgeschäfte

gerung der Veräußerungsfrist auf zehn Jahre durch das StEntlG 1999/2000/2002 für nichtig erklärt, soweit hierdurch Wertsteigerungen erfasst werden, die bis zur Verkündung des Gesetzes am 31.3.1999 wegen Ablaufs der früheren zweijährigen Veräußerungsfrist steuerfrei hätten realisiert werden können. Der Gewinn aus vor dem 31.3.1999 getätigten Veräußerungsgeschäften, bei denen die zweijährige Veräußerungsfrist an diesem Stichtag bereits abgelaufen war, ist mithin nicht steuerbar. Bei Veräußerungen nach dem 31.3.1999, jedoch innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb darf daher nur der ab diesem Zeitpunkt eingetretene Wertzuwachs erfasst werden1.

III. Fristbeginn und Fristende 12.83

Die Veräußerungsfrist für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte beginnt mit Ablauf des Tages des rechtsverbindlichen Abschlusses eines obligatorischen Grundstückskaufvertrages; sie endet spiegelbildlich mit Ablauf des Tages des rechtsverbindlichen Abschlusses eines obligatorischen Grundstücksverkaufsvertrages2. Geht das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück bereits zu einem früheren Zeitpunkt über, beginnt bzw. endet die Frist mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (regelmäßig mit dem Übergang von Gefahr, Nutzen und Lasten)3. Folgt demgegenüber der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums – wie häufig – dem Abschluss des schuldrechtlichen Grundstückskaufvertrages nach, bleibt für die Bemessung der Frist der Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses – d.h. der Tag der notariellen Beurkundung – maßgeblich.

IV. Rückwirkung einer außerhalb der Veräußerungsfrist erteilten Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages? 12.84

Ein privates Veräußerungsgeschäft ist nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar, wenn im Rahmen des notariell beurkundeten Kaufvertrags über ein Grundstück innerhalb der Veräußerungsfrist auf der Käuferseite ein vollmachtloser Vertreter mitwirkt und der Käufer das Rechtsgeschäft außerhalb der Veräußerungsfrist genehmigt4. Denn schon bürgerlich-rechtlich wirkt die erforderliche Genehmigung einer Vertragspartei nur dann auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 184 Abs. 1 BGB); damit steht die Rechtsfolge grundsätzlich zur Disposition der Vertragsparteien. Auch steuerrecht-

1 Zur Aufteilung des Wertzuwachses aus einem nach abgelaufener Zweijahresfrist getätigten, steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäfts s. BFH v. 6.5.2014 – IX R 39/13, BStBl. II 2015, 459 = DStR 2014, 1756 ZfIR 2014, 777. 2 Z.B. BFH v. 13.12.1983 – VIII R 16/83, BStBl. II 1984, 311. 3 BFH v. 27.10.1967 – VI R 127/66, BStBl. II 1968, 142; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rz. 92; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 162. 4 BFH v. 2.10.2001 – IX R 45/99, BStBl. II 2002, 10 = DB 2002, 18 = ZfIR 2002, 154 = MittBayNot 2002, 133.

908

Schallmoser

C. Veräußerungsfrist

Rz. 12.85 Kap. 12

lich wirkt eine solche Genehmigung nicht auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäftes zurück1. Keine „Rückwirkung“ entfaltet nach diesen Grundsätzen ferner die außerhalb der Veräußerungsfrist erteilte – vormundschaftsgerichtliche2, nachlassgerichtliche oder familiengerichtliche3 Genehmigung; – Genehmigung nach §§ 1365, 1366 BGB, wenn der Vertragspartner des gebundenen Ehegatten nicht wusste, dass dieser verheiratet ist oder der gebundene Ehegatte wahrheitswidrig behauptet hat, der andere Ehegatte habe bereits der Verfügung über sein Vermögen im Ganzen4 zugestimmt5. Anders ist dies bei einem Veräußerungsgeschäft, das „nur“ unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung steht. Denn auch ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft kann tatbestandlich mit seiner Vornahme für die Parteien bindend (s. hierzu Rz. 12.13) sein. Können die Parteien eines solchen „bedingten“ Rechtsgeschäfts die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen und sind sie im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb (Anwartschaftsrecht) zur gegenseitigen Treue und zur Beachtung der Schutzvorschriften der §§ 160 f. BGB verpflichtet, beginnt bzw. endet die Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht erst mit Bedingungseintritt (etwa durch Erteilung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung), sondern schon mit Abschluss des obligatorischen (bedingten) Rechtsgeschäfts6. Eine steuerrechtliche „Rückwirkung“ entfaltet nach diesen Grundsätzen ferner7 – die außerhalb der Veräußerungsfrist erteilte Genehmigung nach dem GrStVG, der GVO und dem AEG; – die außerhalb der Veräußerungsfrist erteilte Genehmigung nach §§ 51, 144 f. BauGB; – die außerhalb der Veräußerungsfrist erteilte Zustimmung nach §§ 12 WEG, 5 ErbbauRG; – die Genehmigung nach §§ 1365, 1366 BGB, wenn der Vertragspartner des gebundenen Ehegatten wusste, dass dieser verheiratet ist bzw. wahrheitswidrig behaup1 BFH v. 2.10.2001 – IX R 45/99, BStBl. II 2002, 10 = DB 2002, 18 = ZfIR 2002, 154 = MittBayNot 2002, 133. 2 BFH v. 8.2.2000 – II R 51/98, BStBl. II 2000, 318 = ZEV 2000, 242 = ZfIR 2000, 47. 3 Zur bürgerlich-rechtlichen Rückwirkung einer erforderliche familiengerichtlichen Genehmigung s.a. Staudinger/Veit (2014), § 1829 Rz. 54. 4 Das „Vermögen im Ganzen“ i.S. dieser Vorschriften kann auch der Grundbesitz eines Ehegatten sein. 5 Tiedtke/Wälzholz, Stbg 2002, 209 (216). 6 BFH v. 10.2.2015 – IX R 23/13, BStBl. II 2015, 487 = FR 2015, 658 m. Anm. Bode = DNotZ 2015, 769 = MittBayNot 2015, 345. 7 Zu weiteren Fällen bestehender oder fehlender Rückwirkung s. ausführlich Tiedtke/Wälzholz, Stbg 2002, 209.

Schallmoser

909

12.85

Kap. 12 Rz. 12.91 Private Veräußerungsgeschäfte

tet hat, der andere Ehegatte habe bereits der Verfügung über sein Vermögen im Ganzen zugestimmt1; – das Handeln aufgrund mündlicher, in grundbuchmäßiger Form nachzureichender Vollmacht (§ 29 GBO).

12.86–12.90

Einstweilen frei.

D. Steuerfreiheit des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundbesitzes (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) I. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken 12.91

Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unterliegen solche Wirtschaftsgüter nicht der Besteuerung, die in der Zeit zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich oder im Jahr der Veräußerung und in den vorangegangenen zwei Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Folgendes ist zu beachten: – Begünstigt sind Wirtschaftsgüter, die insgesamt zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, insbesondere Eigentumswohnungen oder Grundstücke mit aufstehendem Haus. Auch der zu einem Gebäude gehörige Grund und Boden wird von der Befreiungsvorschrift erfasst. Begünstigt sind auch Zweit- oder Ferienwohnungen, sofern sie nicht, auch nicht zeitweise, zur Vermietung an Dritte bestimmt sind2, sowie eine Wohnung, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt wird. – Nicht begünstigt sind unbebaute Grundstücke; sie unterliegen stets der Besteuerung nach § 23 EStG, denn sie können nicht eigenen Wohnzwecken dienen3. Dies gilt auch dann, wenn ursprünglich eine Wohnbebauung geplant war, die jedoch nicht realisiert werden konnte. Das Gesetz begünstigt die tatsächliche Nutzung, nicht die beabsichtigte Nutzung zu Wohnzwecken. Nicht begünstigt ist auch ein beruflich oder betrieblich genutztes Arbeitszimmer innerhalb der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung. Denn ein Arbeitszimmer dient nicht Wohnzwecken (s.a. Rz. 12.100)4.

12.92

Die (unentgeltliche) gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung durch den Eigentümer und seine Familie oder zusammen mit einem Dritten, wie etwa einem nichtehelichen Lebenspartner, ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Eigentümers5. 1 Tiedtke/Wälzholz, Stbg 2002, 209 (217). 2 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 21 f.; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 21 f; Reich, ZNotP 2000, 416, 416. Kritisch hierzu Seitz, DStR 2001, 277 (280). 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 20; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 20. 4 FG Münster v. 28.8.2003 – 11 K 6243/01 E, DStRE 2004, 23, Rev. unter Az. IX R 57/03; vgl. dazu auch Gottwald, MittBayNot 2001, 8 (13); Reich, ZNotP 2000, 479 (485 f.). 5 Sauren, DStR 2000, 60, 62; Paus, INF 1999, 513 (515).

910

Schallmoser

D. Steuerfreiheit (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG)

Rz. 12.96 Kap. 12

Demgegenüber ist die Vermietung, also die entgeltliche Nutzungsüberlassung der gesamten Wohnung an einen Angehörigen keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Eigentümers und damit „schädlich“. Überlässt ein Steuerpflichtiger einem Dritten, beispielsweise der Mutter, lediglich einen einzelnen Raum seiner Wohnung zur unentgeltlichen Nutzung, ist dies unschädlich, soweit dem Steuerpflichtigen Räume, die den Anforderungen an eine Wohnung genügen, zur Eigennutzung verbleiben. Wird hingegen eine ganze Wohnung den Eltern (als sog. Altenteilerwohnung) oder dem getrennt lebenden Ehepartner zur unentgeltlichen Nutzung überlassen, greift die Besteuerung nach § 23 EStG im Falle einer Veräußerung ein. Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung der gesamten Wohnung an einen Angehörigen gilt nur dann als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, wenn es sich bei dem Begünstigten um ein zum Kindergeldbezug/ Kinderfreibetrag berechtigendes Kind handelt1.

12.93

Bei Miteigentümern eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur vor, soweit der verkaufende Eigentümer, der eine Wohnung allein bewohnte, die Wohnung aufgrund eigenen Rechts genutzt hat2. Dies ist der Fall, soweit die bewohnte Fläche dem Miteigentumsanteil des nutzenden Miteigentümers entspricht. Eine schriftliche oder sonst förmliche Nutzungsregelung der Miteigentümer oder gar eine nach § 1010 BGB im Grundbuch eingetragene Regelung ist u.E. nicht erforderlich.

12.94

Bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge ist die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dem Rechtsnachfolger sowohl bei Gesamt- als auch bei Einzelrechtsnachfolge zuzurechnen3. Die Finanzverwaltung geht insoweit zugunsten des Steuerpflichtigen über den Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG hinaus.

12.95

Im Fall der Veräußerung von Grundbesitz mit unterschiedlich genutzten Wohnungen auf einem nicht nach dem WEG aufgeteilten Grundstück ist der auf die einzelnen Wohnungen entfallende Veräußerungsgewinn für Zwecke des § 23 EStG nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen aufzuteilen4. Bei gemischt genutzten Ge-

12.96

1 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 23; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 23; Seitz, DStR 2001, 277 (280); Reich, ZNotP 2000, 479 (485). 2 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 24; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 24. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 26; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 26; Seitz, DStR 2001, 277 (281). 4 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 16 f.; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 16 f; ebenso Sauren, DStR 2000, 60 (62); Risthaus, DB 1999, 1032 (1034); Kohlrust-Schulz, NWB Fach 3, 10775 (10779) unter überzeugendem Hinweis auf den Begriff des Wirtschaftsgutes; Paus, INF 1999, 513 (515).

Schallmoser

911

Kap. 12 Rz. 12.97 Private Veräußerungsgeschäfte

bäuden ist ferner der Grund und Boden entsprechend aufzuteilen1. Eine Aufteilung findet ferner dann statt, wenn sich innerhalb der veräußerten, bislang zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung ein beruflich oder betrieblich genutztes Arbeitszimmer befindet.

II. Nutzungsdauer 12.97

Das Gesetz unterscheidet hinsichtlich Nutzungsdauer und -intensität zwei Alternativen: – Ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (s. Rz. 12.99 ff.) und – Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren (s. Rz. 12.101 ff.). Für beide Alternativen gilt: Der maßgebliche Nutzungszeitraum für die Bestimmung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beginnt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes erst mit der Anschaffung oder Fertigstellung des Gebäudes. Eine vorherige Nutzung zu anderen Zwecken spielt keine Rolle2. Anschaffung oder Fertigstellung meint hier nicht das schuldrechtliche Geschäft, sondern den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.

12.98

Ein Leerstand zwischen Anschaffung und Beginn der Wohnnutzung (etwa wegen einer anstehenden Renovierung) und zwischen dessen Ende durch Auszug und der Veräußerung ist unschädlich3, sofern ein Zusammenhang mit der Vorbereitung der Wohnnutzung bzw. dem Verkauf besteht und der Steuerpflichtige seine Selbstnutzungsabsicht darlegen kann. 1. Ausschließliche Nutzung

12.99

Die Veräußerung von Grundbesitz unterliegt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 1 EStG nicht der Besteuerung, wenn er in der Zeit zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. In dieser Alternative ist eine Veräußerung auch dann steuerfrei, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht einmal zwei Jahre liegen4. In einem solchen Fall ist ein Steuerpflichtiger sogar besser gestellt, als bei Geltung der „alten“, bis einschließlich 1998 geltenden Rechtslage mit einer „Spekulationsfrist“ von nur zwei Jahren, die keine Befreiungsvorschrift vorsah.

1 Seitz, DStR 2001, 277 (279); Reich, ZNotP 2000, 479 (484 f.); BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 18; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 18. 2 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 19, 25; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 19, 25. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 25; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 25. 4 Risthaus, DB 1999, 1032 (1034).

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D. Steuerfreiheit (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG)

Rz. 12.101 Kap. 12

Das Kriterium der Ausschließlichkeit definiert die Finanzverwaltung1 als (zeitlich) „ununterbrochene“ Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.

12.100

Beispiel: A schließt im Mai 2013 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung ab. Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ist am 1.6.2013. Am 1.7.2013 zieht er mit seiner Familie in die Wohnung ein. In der Zwischenzeit hat er die Wohnung renoviert. Unmittelbar nach dem Einzug wird A unerwartet versetzt. Im September 2013 zieht er mit seiner Familie aus, findet bald einen Käufer und schließt am 1.12.2013 einen notariellen Kaufvertrag ab. A hat in der Wohnung ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer gehabt.

Die Veräußerung durch A ist aufgrund der ununterbrochenen (= ausschließlichen) Nutzung der Wohnräume zu eigenen Wohnzwecken insoweit nicht steuerbar. Auf die absolute Dauer des Bewohnens kommt es in dieser Alternative nicht an. Die Rechtsprechung2 lässt insoweit sogar die bloße ernsthafte Absicht des Bewohnens mit den ersten Vorbereitungsmaßnahmen ausreichen, wenn nachweisbar unvorhersehbare Umstände den tatsächlichen Bezug unmittelbar nachfolgend verhinderten. Die Zeit des Leerstands (d.h. der Renovierung) ist unschädlich. Das Unterhalten eines Arbeitszimmers steht der Ausschließlichkeit der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hinsichtlich der anderen Räume nicht entgegen; soweit ein Gewinn allerdings auf das Arbeitszimmer entfällt, ist er nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen (s. Rz. 12.91). 2. Nutzung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren Die Veräußerung von Grundbesitz unterliegt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG nicht der Besteuerung, wenn eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den vorangegangenen zwei Jahren vorgelegen hat. Lediglich das mittlere der drei betroffenen Jahre muss ein „volles“ Jahr sein, im ersten und im Veräußerungsjahr genügt eine geringfügige Nutzung (auch nur von einem Tag)3. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes vertritt die Finanzverwaltung4 die Auffassung, das Attribut der ausschließlichen Nutzung beziehe sich auch auf diese Alternative des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, wobei das Erfordernis der „Ausschließlichkeit“ dahin definiert wird, dass die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ununterbrochen gewesen sein müsse; eine Unterbrechung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist danach schädlich. 1 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 25; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 25. 2 BFH v. 18.1.2006 – IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936. 3 Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 58; a.A. Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 18: Erstjahr muss volles Kalenderjahr überspannen. 4 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 25; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 25; zustimmend Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 18; Kirchhof/Kube16, § 23 EStG Rz. 6; u.E. zutreffend a.A. Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 57.

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12.101

Kap. 12 Rz. 12.102 Private Veräußerungsgeschäfte

12.102

In der zweiten Alternative ist es andererseits unschädlich, wenn die Wohnung zwischenzeitlich vermietet worden war, sofern im Übrigen die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind, also anschließend eine ununterbrochene Eigennutzung im Jahr der Veräußerung und den beiden vorausgegangen Jahren stattgefunden hat1. Diese Alternative findet auch auf Fälle Anwendung, bei denen aufgrund einer Nutzungsänderung nach einer Fremdnutzung zusätzliche Räume in die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken einbezogen werden2. Beispiel: Nach einigen Jahren der Vermietung wird Ende Dezember 2012 eine Wohnung erstmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Am 2.1.2014 wird sie veräußert. Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken war im Übrigen ununterbrochen. Leerstandszeiten bestanden keine.

Der Sachverhalt wird von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG erfasst; die Veräußerung ist mithin nicht steuerbar. Denn ein (ganzes) Jahr und zwei Tage (31.12.2012 und 1.1.2014) eigene Wohnnutzung reichen für die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG aus3.

E. Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 EStG) I. Technik der Gewinnermittlung (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG) 12.103

Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Veräußerungspreis i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ist jede Gegenleistung, die der Veräußerer in Geld oder Geldeswert für das Wirtschaftsgut erhält. – Nicht zum Veräußerungspreis gehört eine im Zusammenhang mit der Veräußerung geleistete Zahlung für die Rücknahme einer Schadensersatzklage für die Freistellung von Schadensersatzansprüchen4. – In den Fällen der Einlage in ein Betriebsvermögen (§ 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG – s. Rz. 12.42 ff.) tritt an die Stelle des Veräußerungspreises „der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG angesetzte Wert“ (§ 23 Abs. 3 Satz 2 EStG). Das ist in der Regel der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 EStG), ggf. sind es auch lediglich die Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. a EStG). 1 Kohlrust-Schulz, NWB Fach 3, 10775 (10779). Ebenso BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 25 f.; Reich, ZNotP 2000, 479 (486). 2 Instruktiv Seitz, DStR 2001, 277 (282) mit Beispiel zu Umwidmung eines ehemaligen Arbeitszimmers. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 25 a.E. Ebenso Seitz, DStR 2001, 277 (281); Reich, ZNotP 2000, 416 (416). 4 BFH v. 6.9.2016 – IX R 44/14, FR 2017, 204 = ZfIR 2017, 415 = EStB 2017, 56 m. Anm. Cornelius.

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E. Ermittlung des Gewinns (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG)

Rz. 12.104 Kap. 12

– In den Fällen der verdeckten Einlage (§ 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG – s. Rz. 12.40 f.) tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert (§ 23 Abs. 3 Satz 2 EStG); – In den Fällen einer nach § 23 EStG steuerbaren entgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen (bspw. Veräußerungsleibrente) ist der Veräußerungspreis in Ertrags- und Zinsanteil aufzuteilen. Der Ertragsanteil der Leibrente gehört zu den wiederkehrenden Bezügen (s. die Tabelle zu § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG), der für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG maßgebende Veräußerungspreis entspricht dem Kapitalanteil, der sich nach Abzug des Ertragsanteils vom Jahresbetrag der Rente ergibt1. Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können; hierzu gehören auch die Anschaffungsnebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB). Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB). – Beim unentgeltlichem Erwerb sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers zugrunde zu legen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). – Wird ein Grundstück veräußert, das aus dem Betriebsvermögen entnommen und ins Privatvermögen überführt worden ist, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, mit dem das Grundstück bei der Überführung angesetzt worden ist (§ 23 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG: Teilwert). Entsprechendes gilt für den Fall, in dem das Grundstück anlässlich der Betriebsaufgabe in das Privatvermögen überführt worden ist (§ 23 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG). Dies gilt auch, wenn bei einer vorangegangenen Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen der Entnahmegewinn nicht zur Einkommensteuer herangezogen worden ist (§ 16 Abs. 4, §§ 14, 14a, § 18 Abs. 3 EStG)2. Bleibt bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Entnahmegewinn kraft gesetzlicher Regelung (bspw. nach § 52 Abs. 15 EStG) bei der Besteuerung außer Ansatz, tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme3. – Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG um AfA-Beträge, die der Steuerpflichtige bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus dem Grundstück (§ 21 EStG) abgezogen hat. 1 Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz. 206. 2 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 33; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 33. 3 BMF v. 5.10.2000 (DE CD), BStBl. I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 = FR 2000, 1158, Tz. 34; OFD Frankfurt/Main v. 21.2.2011 – S 2256 A-13-St 225, juris, Tz. 34.

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12.104

Kap. 12 Rz. 12.105 Private Veräußerungsgeschäfte

– „Klassische“ Anschaffungsnebenkosten beim Grundstückserwerb sind die Kosten für Beratungsleistungen, Notar-, Makler- und Grundbuchgebühren, der Aufwand für die Besichtigung des erworbenen Grundstücks oder für Zeitungsannoncen1.

12.105

Werbungskosten sind grundsätzlich alle durch ein privates Veräußerungsgeschäft veranlassten Aufwendungen, die weder zu den (nachträglichen) Anschaffungskosten des veräußerten Wirtschaftsguts gehören noch einer vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind oder wegen privater Nutzung unter das Abzugsverbot des § 12 EStG fallen2. Da es sich bei § 23 Abs. 1 EStG um einen sog. gestreckten Steuertatbestand handelt, dessen Verwirklichen mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts beginnt, können alle Aufwendungen, die während des insoweit maßgebenden Zeitraums3 angefallen sind, grundsätzlich Werbungskosten im Rahmen dieser Einkunftsart sein4. Entscheidend ist ferner, dass die Veräußerung letztlich auch steuerbar ist: Aufwendungen, die anfallen, weil der Steuerpflichtige sein Grundstück veräußern will, können nicht im Rahmen des § 23 EStG berücksichtigt werden, wenn das Grundstück zwar innerhalb der maßgebenden Veräußerungsfrist hätte veräußert werden sollen, es aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Veräußerung kommt5.

12.106

Zu den Werbungskosten aus privaten Veräußerungsgeschäften zählen insbesondere: – Planungsaufwendungen zur Baureifmachung eines unbebauten Grundstücks (Baugenehmigungsgebühren, Architektenhonorare); diese können abziehbar sein, wenn von Anfang an Veräußerungsabsicht bestanden hat6; – Schuldzinsen (auch Überziehungszinsen und Finanzierungsnebenkosten) aus der Fremdfinanzierung des Grundstückserwerbs7; – Grundbesitzabgaben8; – Notar- und Gerichtskosten, die dem Veräußerer im Rahmen der Veräußerung entstehen9; – Erhaltungsaufwendungen für eine im Rahmen der Veräußerung eines Mietwohngrundstücks vom Verkäufer übernommene Instandsetzung10; 1 Schmidt/Weber-Grellet36, § 23 EStG Rz. 75. 2 BFH v. 12.12.1996 – X R 65/95, BStBl. II 1997, 603 = DB 1997, 1443. 3 Maßgebend ist der Zeitraum, in dem der Steuerpflichtige zur Veräußerung des Objekts entschlossen war, vgl. BFH v. 16.6.2004 – X R 22/00, BStBl. II 2005, 91 = DB 2004, 1808 = ZfIR 2004, 824. 4 BFH v. 1.8.2012 – IX R 8/12, BStBl. II 2012, 781 = FR 2013, 86 m. Anm. Bode = DB 2012, 2137 = NJW 2012, 3536. 5 BFH v. 1.8.2012 – IX R 8/12, BStBl. II 2012, 781 = FR 2013, 86 m. Anm. Bode = DB 2012, 2137 = NJW 2012, 3536. 6 BFH v. 12.12.1996 – X R 65/95, BStBl. II 1997, 603. 7 BFH v. 16.6.2004 – X R 22/00, BStBl. II 2005, 91 = DB 2004, 1808 = ZfIR 2004, 824. 8 BFH v. 16.6.2004 – X R 22/00, BStBl. II 2005, 91 = DB 2004, 1808 = ZfIR 2004, 824. 9 BFH v. 1.8.2012 – IX R 8/12, BStBl. II 2012, 781 = FR 2013, 86 m. Anm. Bode = DB 2012, 2137 = NJW 2012, 3536. 10 BFH v. 14.12.2004 – IX R 34/03, BStBl. II 2005, 343 = FR 2005, 640 m. Anm. Fischer = DB 2005, 585.

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E. Ermittlung des Gewinns (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG)

Rz. 12.109 Kap. 12

– Vorfälligkeitsentschädigungen, die durch die Verpflichtung zur lastenfreien Veräußerung von Grundbesitz veranlasst sind1 (s. Rz. 1.541).

II. Zeitpunkt der Besteuerung Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind im Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) des Veräußerungserlöses zu versteuern. Als Zeitpunkt des Zuflusses gilt der Tag, an dem der Steuerpflichtige über den Veräußerungserlös verfügen kann. Der Eingang einer Zahlung des Käufers auf dem Notaranderkonto führt in der Regel noch nicht zum Zufluss beim Verkäufer; vielmehr ist der Zufluss erst bei Auszahlungsreife anzunehmen2.

12.107

Die Versteuerung nach dem Zuflussprinzip gilt auch für den Fall der Ratenzahlung:

12.108

– In den Fällen, in denen aus der Veräußerung ein Gewinn des Steuerpflichtigen entsteht, ist die Summe aus Anschaffungs- und Werbungskosten anteilig von der jeweiligen Rate abzuziehen, so dass sich ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn erst ergibt, wenn die Summe der gezahlten Raten die Summe der Anschaffungsund Werbungskosten überschreitet. Die Steuerpflicht für einen Gewinn kann mithin erst in einem Kalenderjahr eintreten, in dem der Steuerpflichtige mehr erhalten hat, als ihm an Anschaffungs- und Veräußerungskosten entstanden waren. Der übersteigende Betrag ist dann auf die Jahre zu verteilen, in denen er dem Steuerpflichtigen tatsächlich zufließt3. – In den Fällen, in denen aus der Veräußerung ein Verlust des Steuerpflichtigen entsteht, fällt dieser anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse an4. – Muss ein bereits vereinnahmter Kaufpreis nach Minderung durch den Käufer teilweise wieder zurückbezahlt werden, ist der Veräußerungsgewinn gleichwohl voll im Jahre der Vereinnahmung des Veräußerungserlöses zu versteuern, wenn die Rückzahlung erst in ein späteres Jahr fällt5. Durch ein privates Veräußerungsgeschäft veranlasste Werbungskosten sind – abweichend vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG – in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem der Verkaufserlös zufließt6. 1 BFH v. 25.1.2000 – VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458 = FR 2000, 711 m. Anm. Kempermann; v. 6.12.2005 – VIII R 34/04, BStBl. II 2006, 265 = FR 2006, 415 m. Anm. Kempermann = DB 2006, 312 = NJW 2006, 1903. 2 BFH v. 30.1.1986 – IV R 125/83, BStBl. II 1986, 404; FG Brandenburg v. 23.7.1998 – 3 V 1031/98 E, EFG 1998, 1585, rkr.; FG Hamburg v. 21.4.2009 – 2 K 231/08, EFG 2009, 1642, rkr. 3 BFH v. 13.4.1962 – VI 194/61 U, BStBl. III 1962, 306; BMF v. 25.10.2004 – IV C 3-S 2256-238/04, BStBl. I 2004, 1034, Tz. 50. 4 BFH v. 6.12.2016 – IX R 18/16, DB 2017, 699 = DStR 2017, 653. 5 BFH v. 2.4.1974 – VIII R 76/69, BStBl. II 1974, 540. 6 BFH v. 17.7.1991 – X R 6/91, BStBl. II 1991, 916.

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12.109

Kapitel 13 Miet- und Pachtverträge A. Zivilrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Mietund Pachtverträgen I. Miete, Pacht, Leihe . . . . . . . . . . . .

13.1

II. Arten von Mietverhältnissen . . . . 1. Wohnraummietverhältnisse . . . . 2. Geschäftsraummietverhältnisse . 3. Raummietverhältnisse . . . . . . . . . 4. Grundstücksmietverhältnisse . . . 5. Mischmietverhältnisse . . . . . . . . . 6. Ferienwohnung . . . . . . . . . . . . . . .

13.3 13.4 13.5 13.6 13.7 13.8 13.9

III. Inhalt des Mietverhältnisses 1. Das Mietverhältnis und seine Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haupt- und Nebenpflichten a) Vermieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Dauer 1. Beginn der Vertragsdauer. . . . . . . 2. Bestimmte Zeit. . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unbestimmte Zeit . . . . . . . . . . . . . V. Wirksamkeitserfordernisse 1. Minderjährige als Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Scheingeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.10 13.11 13.15 13.17 13.18 13.19

13.20 13.21 13.22

B. Einkommensteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen I. Unbefristete und befristete Vermietung als Vertragsgegenstand .

13.41

II. Besondere Voraussetzungen für die steuerrechtliche Berücksichtigung von Mietverträgen unter nahestehenden Personen 1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.44 2. Begriff der „nahestehenden Personen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.46 3. Zu den besonderen Voraussetzungen im Einzelnen a) Einkünfteerzielungsabsicht. . . 13.61

b) Zivilrechtliche Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung c) Fremdvergleich . . . . . . . . . . . . . d) Kein Gestaltungsmissbrauch aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . bb) Gestaltungsmissbrauch bei Miet- und Darlehensverträgen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen, insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtsmissbrauch bei Mietverträgen mit Unterhaltsberechtigten (1) Rechtsentwicklung . . . . . . (2) Aktuelle Rechtsprechung . ff) Rechtsmissbrauch bei Verträgen zwischen Geschiedenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Rechtsmissbrauch bei Verträgen zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften . . . . . . . . .

13.62 13.67 13.81 13.82

13.85

13.88

13.89 13.91 13.93

13.95

III. Steuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Ferienhausmietverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.111 C. Umsatzsteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Mietund Pachtverträgen . . . . . . . . . . . 13.131 I. Gegenstand der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG. . . . . . . . . . . . 13.132 II. Die Option bei der Grundstücksvermietung. . . . . . . . . . . . . . 13.138

Fleischer/Schallmoser/Küffner

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Kap. 13 Rz. 13.1 Miet- und Pachtverträge

A. Zivilrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen Literatur: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014; Schach, Mietrecht, 3. Aufl. 2016; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl. 2017; Lindner-Figura/Stellmann, Geschäftsraummiete – Die AGB-Ampel, 2015.

I. Miete, Pacht, Leihe 13.1

Mietverhältnisse unter nahestehenden Personen können u.a. nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn sie nach dem Gesamtbild den Kriterien des Fremdvergleichs entsprechen (näher s. Rz. 13.44 ff.). Jedenfalls die Hauptpflichten der Vertragsparteien müssen klar und eindeutig vereinbart worden sein (und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden)1. Bei Kauf, Tausch und Schenkung geht es um die Veräußerung eines Gegenstandes. Mietvertrag, Pachtvertrag und Leihe sind Gebrauchsüberlassungsverträge: Sie sind auf die zeitweise Überlassung des Gebrauchs eines Gegenstandes gerichtet. Mietvertrag (§§ 535 ff. BGB) und Pachtvertrag (§§ 581 ff. BGB) unterscheiden sich von der Leihe (§§ 598 ff. BGB) durch die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung. Mietvertrag und Leihe berechtigen nur zum Gebrauch von Sachen, der Pachtvertrag dagegen berechtigt zum Gebrauch und zur Fruchtziehung. Gegenstand des Mietvertrages und der Leihe können lediglich Sachen (§ 90 BGB) sein. Pachtobjekte können Sachen und Rechte sein.

13.2

Die Pacht ist in den §§ 581 bis 597 BGB geregelt, wobei die Vorschriften der §§ 585 bis 597 BGB nur die Landpacht betreffen. Nach § 581 Abs. 2 BGB sind, soweit nicht die Normen des allgemeinen Pachtrechts nach den §§ 582 bis 584b BGB besondere Regelungen vorgeben, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden. Die inhaltliche Abgrenzung zwischen Miete und Pacht ist teilweise schwierig. Insbesondere bei der Überlassung von Räumen zum Betrieb eines Unternehmens kann die Abgrenzung problematisch sein. Ein Pachtvertrag liegt dann vor, wenn die überlassenen Räume neben der baulichen Eignung bereits vollständig eingerichtet und ausgestattet sind, so dass die Fruchtziehung durch den Pächter unmittelbar mit Überlassung der Räume beginnen kann2.

1 Ständige Rechtsprechung, s. zuletzt etwa BFH v. 4.10.2016 – IX R 8/16, BStBl. II 2017, 273 = DStR 2016, 2947 = DB 2017, 39 = ErbStB 2017, 33 m. Komm. Günther = DStRK 2017, 60 m. Hinweis Gehm; Beck’sches Notarhandbuch/Spiegelberger6, E Rz. 195 f. 2 Schach/Rieke3, § 7 Rz. 4.

920

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A. Zivilrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.5 Kap. 13

II. Arten von Mietverhältnissen Die Mietverhältnisse unterscheiden sich, abhängig von Mietgegenstand und Nutzungszweck. Dies hat Einfluss auf die über §§ 535 bis 548 BGB hinaus anzuwendenden Normen1. Mietgegenstand

Nutzungszweck

Wohnraummiete

Raum

Wohnzweck

Geschäftsraummiete

Raum

geschäftlicher Zweck

Raummiete

Raum

kein Wohn- oder geschäftlicher Zweck

Grundstücksmiete

Grundstück

Mischmietverhältnis

Raum

13.3

sowohl Wohn- als auch geschäftlicher Zweck

Auch die Verbraucherrechterichtlinie ist bei Wohnraummiete teilweise anwendbar (§ 312 Abs. 4 BGB)2. Zudem finden die §§ 305 ff. BGB (selbst im unternehmerischen Rechtsverkehr) bei Vorliegen jeglicher Art von AGB Anwendung. Soweit Individualabreden3 vorliegen, sind sie nicht anwendbar (§ 305b BGB). 1. Wohnraummietverhältnisse Die Räume müssen zum Wohnen bestimmt sein. Entscheidend ist die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Die tatsächliche Nutzung ist nicht maßgeblich, ebenso wenig wie die Eignung der Räume zu Wohnzwecken. Ob die Räumlichkeiten lediglich als Zweitwohnung oder Ferienwohnung (s. Rz. 13.9) genutzt werden, spielt für die Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Wohnraummietverhältnis keine Rolle. Maßstab für die Einordnung des Mietverhältnisses ist allein der Inhalt der vertraglichen Regelungen und nicht ein tatsächlicher Gebrauch. Grundsätzlich unterfallen alle Arten von Wohnraummietverhältnissen den §§ 549 bis 577a BGB. Wichtige Ausnahmen sind in § 549 Abs. 2 und 3 BGB aufgeführt. Kein Wohnraummietverhältnis liegt vor, wenn zum Wohnen geeignete und letztlich zu Wohnzwecken genutzte Räume nicht zum eigenen Wohnen, sondern zur Weitervermietung angemietet werden. Der zu Wohnzwecken geschlossene (eigenständige) Untermietvertrag ist ein Wohnraummietvertrag4.

13.4

2. Geschäftsraummietverhältnisse Mietverhältnisse über Räume, die zu Geschäftszwecken vermietet worden sind (z.B. Büros, Praxen, Fabrikationshallen, Ladenräume, Garagen, zum Wohnen bestimmte, jedoch vom Mieter lediglich – gewerblich oder nicht gewerblich – weitervermietete 1 2 3 4

Schach/Rieke3, § 1 Rz. 5. Kunze/Knoll, MietRB 2016, 329. Lindner-Figura/Stellmann, Geschäftsraummiete – Die AGB-Ampel, AT Rz. 73 ff. Bub/Treier/Drettmann4, Kap. I Rz. 138, 215.

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13.5

Kap. 13 Rz. 13.6 Miet- und Pachtverträge

Räume), begründen ein Geschäftsraummietverhältnis. Entscheidend ist auch hier nicht die tatsächliche Nutzung, sondern allein die ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zwischen den Parteien bezüglich des Nutzungszwecks. Auf Geschäftsraummietverhältnisse finden zusätzlich die §§ 578 Abs. 1 und 2, 579 Abs. 2, 580 und 580a Abs. 2 und 4 BGB Anwendung. 3. Raummietverhältnisse

13.6

Mietverhältnisse über Räume, die weder zu Wohnzwecken noch zu Geschäftszwecken vermietet worden sind, unterliegen der Raummiete. 4. Grundstücksmietverhältnisse

13.7

Grundstück ist eine Bodenfläche, die im Grundbuch als selbständiges Grundstück eingetragen ist. Sind vermietete Räume vorhanden, greifen die Bestimmungen über die Wohnraum- und Geschäftsraummiete. 5. Mischmietverhältnisse

13.8

Mischmietverhältnisse sind Mietverhältnisse, die sich auf Räume beziehen, welche zum Teil Wohnzwecken, zum Teil aber anderen Zwecken dienen. Die Beteiligten haben die Möglichkeit zu wählen, ob sie ihr Rechtsverhältnis, das unterschiedliche Nutzungszwecke verfolgt, in einem Vertrag oder in mehreren Verträgen regeln wollen. Bei von den Beteiligten gewollter Einheitlichkeit beurteilt sich die rechtliche Einordnung des Mietverhältnisses nach dem überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss1. Ein Mietvertrag über Garage und Wohnung kann gesonderte Vertragsverhältnisse beinhalten. Dies liegt dann ausgesprochen nahe, wenn hinsichtlich der Garage eine vom Wohnraummietrecht abweichende Kündigungsfrist vereinbart worden ist. Ein gesondertes Garagenmietverhältnis kann isoliert gekündigt werden2. Der über eine Wohnung und eine Garage geschlossene einheitliche Mietvertrag wird durch die Veräußerung der Wohnung und der Garage an verschiedene Erwerber nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten; vielmehr treten die Erwerber in den einheitlichen Mietvertrag ein. Ihr Verhältnis bestimmt sich nach den Regelungen über die Bruchteilsgemeinschaft3. 6. Ferienwohnung

13.9

Die Vermietung von Zweitwohnungen, Wochenendwohnungen, Ferienwohnungen oder von Räumen in Beherbergungsbetrieben ist Wohnraummiete, da diese nicht begriffsnotwendig die Überlassung von Räumen als Lebensmittelpunkt beinhaltet4. 1 BGH v. 9.7.2014 – VIII ZR 376/13, MDR 2014, 1017 = NJW 2014, 286 = NZM 2014, 626. 2 BGH v. 4.6.2013 – VIII ZR 422/12, NJW-RR 2013, 1355 = NZM 2013, 726. 3 BGH v. 28.9.2005 – VIII ZR 399/03, MDR 2006, 380 = NJW 2005, 3781 = ZMR 2006, 30. 4 Bub/Treier/Drettmann4, Kap. I Rz. 134 m.w.N.

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A. Zivilrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.10 Kap. 13

Der Reisevertrag i.S.d. §§ 651a ff. BGB besteht zwischen Reisendem und Reiseveranstalter und hat die Erbringung einer Gesamtheit von Reiseleistungen zum Gegenstand (Pauschalreise). Bucht der Reisende dagegen die einzelnen Elemente der Reise selbst, schließt er also selbst den Beherbergungsvertrag und den Beförderungsvertrag ab, so spricht man von einer Individualreise. Die Individualreise wird von den Vorschriften der §§ 651a ff. BGB nicht berührt. Für die vom Individualreisenden abgeschlossenen Verträge enthält das BGB keine spezifischen Vertragstypen; sie folgen eigenen Regelungen, z.B. dem Werkvertrags- oder dem Mietrecht1. §§ 651a ff. BGB sind entsprechend anzuwenden, wenn die Leistung mit Organisationspflichten wie bei einer Reise erbracht werden soll2. Die §§ 481 bis 487 BGB regeln den Erwerb eines Teilzeit-Wohnrechts bzw. langfristigen Urlaubsprodukts von einem Unternehmer. Es handelt sich in der Regel um einen Rechtskauf (§§ 453, 433 ff. BGB). Das Nutzungsrecht an der Unterkunft kann obligatorisch ausgestaltet sein, z.B. Mietvertrag oder wohl richtig Typenkombinationsvertrag mit mietvertraglichem Element3.

III. Inhalt des Mietverhältnisses Literatur: Börstinghaus, Die aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Mietrecht, NZM 2016, 417; Burbulla, Gewerberaummiete – Die Entwicklung der Rechtsprechung im 1. Halbjahr 2016, MDR 2016, 1429; Blank, Rechtsprechungsüberblick zum Wohnungsmietrecht – Vorkaufsrecht, Kündigung, Vollstreckungsschutz, MDR 2016, 1307; Blank, Rechtsprechungsüberblick zum Wohnungsmietrecht – Betriebskosten, Miete, Gewährleistung, MDR 2016, 1246; Scheffler, Literaturübersicht zum Mietrecht, NZM 2016, 30; Over, Literaturübersicht zum Mietrecht; NZM 2016, 303.

1. Das Mietverhältnis und seine Begründung Der Vermieter schuldet die Überlassung des Gebrauchs einer Sache. Es ist nicht erforderlich, dass der Vermieter Eigentümer des Mietgegenstandes ist (Beispiel: Untermiete). Der Mietvertrag setzt weiterhin voraus, dass für die Überlassung des Gebrauchs ein Entgelt, die Miete, zu entrichten ist (§ 535 Abs. 2 BGB), regelmäßig eine Geldleistung. Es können aber auch Sach- oder Dienstleistungen (z.B. Naturalien, Hausmeisterdienste, Zahlung der Betriebskosten)4 als Miete vereinbart werden. Die Begründung eines Mietverhältnisses setzt einen Vertragsschluss der Beteiligten voraus: sie müssen sich über den Mietgegenstand und das Entgelt einig sein. Für den Vertragsabschluss gelten, abgesehen von der Formvorschrift des § 550 BGB (s. Rz. 13.22) keine Besonderheiten.

1 2 3 4

Münchener Kommentar/Tonner7, Vor § 651a BGB Rz. 11 ff. Palandt/Weidenkaff76, Einf. v. § 535 BGB Rz. 26. Münchener Kommentar/Franzen7, § 481 BGB Rz. 4 f. BGH v. 4.5.1970 – VIII ZR 179/68, MDR 1970, 1004.

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13.10

Kap. 13 Rz. 13.11 Miet- und Pachtverträge

2. Haupt- und Nebenpflichten a) Vermieter

13.11

Hauptpflicht des Vermieters ist es, dem Mieter den Gebrauch der Sache während der Mietzeit zu gewähren (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB).

13.12

Gebrauchsüberlassungspflicht: Der Vermieter hat dem Mieter die Mietsache in einem gebrauchsfähigen Zustand zu überlassen (§ 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB: Verschaffung der tatsächlichen Gebrauchsmöglichkeit).

13.13

Gebrauchserhaltungspflicht: Der Vermieter hat dem Mieter die einmal eingeräumte Gebrauchsmöglichkeit während der Mietzeit zu erhalten, d.h. – die Sache für die Dauer der Mietzeit dem Mieter zu belassen, – die Mietsache in dem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (Instandhaltungspflicht, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Er hat die erforderlichen Erhaltungs- und Reparaturarbeiten vorzunehmen, einschließlich der Beseitigung der Abnutzungen der Mietsache, welche durch den vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters verursacht worden sind. Abnutzungen hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB). Sie sind durch die Miete abgegolten. Die Instandhaltungspflicht des Vermieters ist abdingbar, z.B. durch die Abwälzung der zur Beseitigung der normalen Abnutzung erforderlichen Schönheitsreparaturen auf den Mieter. Eine derartige Vereinbarung kann auch in einem Formularvertrag getroffen werden. Sie unterliegt aber einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (unangemessene Benachteiligung des Mieters?).

13.14

Nebenleistungs- und Schutzpflichten des Vermieters: Hat der Vermieter für die Erhaltung der Mietsache zu sorgen, hat er dem Mieter auch die auf die Mietsache gemachten Aufwendungen zu ersetzen (Aufwendungsersatz, § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB). Der Vermieter muss die Wegnahme von Einrichtungen dulden (§ 539 BGB), die der Mieter mit der Mietsache verbunden hat, auch wenn sie in das Eigentum des Vermieters übergegangen sind (§§ 946 f., §§ 93 f. BGB). Für den Vermieter bestehen aufgrund des Mietvertrages auch die allgemeinen Schutzpflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB. b) Mieter

13.15

Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Verpflichtung zur Leistung des vereinbarten Entgelts (§ 535 Abs. 2 BGB). Mietzahlungen über Wohnraum werden regelmäßig und üblicherweise – wie § 556b BGB dispositiv vorgibt – monatlich im Voraus geleistet, ebenfalls üblicherweise Nebenkostenvorauszahlungen. Eine Anpassung der Kalt-

924

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A. Zivilrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.17 Kap. 13

miete an die Vergleichsmiete ist nur gemäß den Beschränkungen des § 558 BGB möglich. Üblicherweise wird eine Mietsicherheit (§ 566a BGB) vereinbart1. Nebenleistungs- und Schutzpflichten des Mieters: Der Mieter darf den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht überschreiten. Er ist z.B. nicht befugt, die Mietsache anders als vertraglich festgelegt zu gebrauchen, z.B. Nutzung Wohnung als Büro (Einhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs). Eine Untervermietungserlaubnis berechtigt einen Mieter nicht zur Überlassung der Wohnung an Touristen2. Den Mieter trifft die Obhuts- und Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Mietsache. Der Vermieter kann für die Dauer der Mietzeit nicht selbst der Sache die erforderliche Obhut zukommen lassen (Obhut und Sorgfalt). Dem Mieter obliegt außerdem eine Duldungspflicht bezüglich gewisser Maßnahmen des Vermieters, z.B. Instandhaltungsarbeiten: § 242 BGB; für die (Wohn-)Raummiete: §§ 554 Abs. 1, 578 Abs. 2 BGB (Duldung von Maßnahmen des Vermieters). Der Mieter hat nach Beendigung der Mietzeit dem Vermieter die Mietsache zurückzugeben, § 546 Abs. 1 BGB (Rückgabepflicht).

13.16

IV. Dauer 1. Beginn der Vertragsdauer Die Vertragsdauer des Mietvertrages beginnt, sofern nichts anderes vereinbart ist, mit dem Abschluss des Mietvertrages. Üblicherweise legen die Beteiligten aber im Mietvertrag den Mietvertragsbeginn fest3. Im Mietvertrag kann auch ein rückwirkender Mietbeginn bestimmt werden. Hierbei handelt es sich zu Beweiszwecken um eine Klarstellung dafür, was die Beteiligten schon zuvor mündlich oder konkludent vereinbart hatten. Für die Übergabe kann ein fester Termin oder eine bestimmte Zeitspanne festgelegt werden (z.B. „Die Übergabe erfolgt zwischen dem 1.2.2014 und dem 31.5.2014“). Dann muss der Vermieter dem Mieter den konkreten Übergabetag eine bestimmte Zeit vor der verbindlichen Übergabe mitteilen. Die gewählte Zeitspanne für die Übergabe darf nicht über Gebühr lang sein. Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch nicht oder nicht rechtzeitig überlassen, gelten die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörung und das außerordentliche fristlose Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB4. 1 Zur Mietpreisbremse: Abramenko, MietRB 2015, 214 (276); Steuerliche Aspekte der Betriebskostenabrechnung: Trinks/Heine, NJW 2016, 1429; Die Umsatzsteuer in der Betriebskostenabrechnung: Schütz, NZM 2014, 417. 2 BGH v. 8.1.2014 – VIII ZR 210/13, NJW 2014, 622; Palandt/Weidenkaff76, § 540 BGB Rz. 7; s.a. Heilmann, Risiken der Untervermietung für Mieter und Vermieter, NZM 2016, 74. 3 Bub/Treier/Drettmann4, Kap. II Rz. 821; Zöll in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Kap. 9 Rz. 4. 4 Münchener Kommentar/Häublein7, Vor § 536 BGB Rz. 7, dies gilt wohl auch bei „Bezugsfertigkeit“ für den Mietbeginn, Zöll in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Rz. 11: Hinweis für die Praxis.

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13.17

Kap. 13 Rz. 13.18 Miet- und Pachtverträge

2. Bestimmte Zeit

13.18

Die Beteiligten können die Beendigung des Mietverhältnisses durch Bestimmung eines Endtermins regeln (Zeitmietvertrag). Liegen die Voraussetzungen des § 549 Abs. 2 und 3 BGB nicht vor, ist bei Wohnraummietverhältnissen eine Befristung nur unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 BGB möglich1. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. 3. Unbestimmte Zeit

13.19

Die Beteiligten können ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit vereinbaren oder es unterlassen, eine Mietzeit zu bestimmen. Beachten die Beteiligten die Schriftform des § 550 BGB nicht (s. Rz. 13.22), besteht ein Mietverhältnis mit unbestimmter Dauer, aber Mindestlaufzeit von einem Jahr. Das unbefristete Mietverhältnis kann mit den gesetzlichen Fristen (§§ 573c, 573d, 580a BGB) gekündigt werden, § 564 Abs. 2 BGB. Für die Kündigung des Wohnraummietverhältnisses sind die Beschränkungen der §§ 573, 574 BGB zu beachten2. Dieser Bestandsschutz umfasst auch Zweit- und Ferienwohnungen3. Die Kündigungsschutzvorschrift des § 573 BGB gilt für Wohnraummietverhältnis jeder Art auf unbestimmte Zeit. Auch die Zweitwohnung hat grundsätzlich den Kündigungsschutz des § 573 BGB, auch langfristig angemietete Ferienhäuser, wenn nicht vorübergehender Gebrauch bezweckt ist (§ 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB), insbesondere bei Wochenend- und Ferienwohnung für den Urlaub4. Die Fristenregelung in § 573c BGB ist zwingendes, nicht abdingbares Recht.

V. Wirksamkeitserfordernisse 1. Minderjährige als Vertragspartner

13.20

Willenserklärungen von Personen, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Geschäftsunfähige, § 104 Nr. 1 BGB) sind nichtig (§ 105 BGB), unabhängig davon, auf welcher Seite des Vertrages diese auftreten. Ein mit einem Geschäftsunfähigen abgeschlossener Mietvertrag ist daher unwirksam. Eine nachträgliche Heilung des Mietvertrages im Wege der Genehmigung ist nicht möglich. § 105a BGB findet keine Anwendung. Mietverträge, die mit einem Minderjährigen (beschränkt geschäftsfähige Personen zwischen sieben und 18 Jahren, §§ 2, 106 BGB) geschlossen werden, sind nur wirksam, wenn der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen hierbei vertritt, der gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluss im Einzelfall oder generell zugestimmt oder der Minderjährige selbst mit Eintritt seiner Volljährigkeit den Mietvertrag genehmigt. Anderenfalls ist der Mietvertrag schwebend unwirksam. Des Weiteren bedarf der Mietvertrag der Genehmigung durch das Familiengericht, wenn der Miet- oder 1 2 3 4

Bub/Treier/Grapentin4, Kap. IV Rz. 494. Zur Eigenbedarfskündigung: Mettler, MietRB 2016, 49. Bub/Treier/Grapentin4, Kap. IV Rz. 82. Palandt/Weidenkaff76, § 573 BGB Rz. 2.

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A. Zivilrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.22 Kap. 13

Pachtvertrag länger als ein Jahr nach dem Eintritt der Volljährigkeit fortgelten soll (§§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 5 BGB). Dies gilt nicht im Falle des § 566 BGB (Kauf bricht nicht Miete). Ohne Genehmigung ist der Vertrag schwebend unwirksam. Ist ein Mietvertrag ohne die erforderliche familiengerichtliche Genehmigung geschlossen worden, ist der Vertrag im Einzelfall gegebenenfalls für die ohne die Genehmigung zulässige Dauer wirksam, wenn anzunehmen ist, dass ihn die Beteiligten auch mit dieser (kürzeren) Dauer geschlossen hätten1. 2. Scheingeschäft Nach § 117 Abs. 1 BGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Daher ist ein Mietvertrag, dessen Rechtsfolgen die Beteiligten einverständlich nicht eintreten lassen wollen, unwirksam (Praxisbeispiele sind Scheinmietverträge zugunsten Angehöriger2). Durch den Scheinvertrag wird i.d.R. der wirklich gewollte Mietvertrag, der andere Bedingungen enthält, verdeckt. Von praktischer Bedeutung sind etwa die (zur Umgehung der Mieterschutzvorschriften) als Geschäftsraummietverträge deklarierten Wohnraummietverhältnisse und die zur Umgehung eines Zweckentfremdungsverbots als Wohnraummietverträge deklarierten Geschäftsraummietverhältnisse. Wird in einem Mietvertrag zum Schein ein anderer Nutzungszweck (als der tatsächlich gewollte) vereinbart, so gilt der wirklich gewollte Mietzweck. Daher kommt tatsächlich ein Wohnraummietvertrag zustande, wenn der Vermieter die Räume zwar formal als Büroräume vermietet und vom Mieter die Anmeldung eines Gewerbes sowie die Vorlage eines Gewerbescheins verlangt, sich mit dem Mieter aber gleichwohl einig ist oder zumindest weiß, dass der Mieter die Räumlichkeiten als Wohnung (und nicht als Büro) nutzen wird3. Andererseits gelten aber die Vorschriften der Geschäftsraummiete, wenn die Vertragsparteien lediglich zum Schein und zur Umgehung eines gemeindlichen Zweckentfremdungsverbots einen Wohnraummietvertrag schließen. Das Umgehungsgeschäft (der Geschäftsraummietvertrag) ist ernsthaft gewollt und damit kein Scheingeschäft (§ 117 Abs. 2 BGB)4.

13.21

3. Form Der Mietvertrag ist grundsätzlich formfrei. Er kann auch konkludent abgeschlossen werden. So nimmt der BGH einen konkludenten Eintritt eines Ehegatten als weiteren Mieter in den von seinem Ehepartner mit dem Vermieter abgeschlossenen Mietvertrag an, wenn der Ehegatte im eigenen Namen Willenserklärungen gegen-

1 Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Kap. 5 Rz. 44. 2 BGH v. 18.9.2013 – VIII ZR 297/12, MDR 2013, 1335 = NJW-RR 2014, 11 = ZfIR 2014, 106. 3 Bub/Treier/Bub4, Kap. II Rz. 2135. 4 Bub/Treier/Bub4, Kap. II Rz. 2135; Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Kap. 5 Rz. 49.

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13.22

Kap. 13 Rz. 13.23 Miet- und Pachtverträge

über der Hausverwaltung abgibt, die Wohnung jahrelang alleine nutzt, Mietzahlungen leistet und Schönheitsreparaturen ausführt1.

13.23

Ausnahme: Ein Mietvertrag über Wohnräume, sonstige Räume (§ 578 Abs. 2 BGB) oder über ein Grundstück (§ 578 Abs. 1 BGB) bedarf dann der Schriftform (§ 126 BGB), wenn er für länger als ein Jahr (maßgeblich ist der Beginn, s. Rz. 13.17) geschlossen wird (§§ 550 Satz 1, 578 BGB). Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter für eine längere Zeit als ein Jahr auf sein Recht zur Kündigung verzichtet. Die Form ist auch bei Verträgen zu beachten, bei denen die vereinbarte Kündigungsfrist so bemessen ist, dass der Vertrag erst auf einen Zeitpunkt nach Ablauf des ersten Vertragsjahres gekündigt werden kann.

13.24

Die Formvorschrift ist zwingend2. Die Nichtbeachtung der Schriftform nach § 550 BGB bewirkt keine Unwirksamkeit des ganzen Vertrages, sondern die Nichtigkeit der Mietzeitabrede oder des Kündigungsverzichts (Teilnichtigkeit). Der Mietvertrag gilt statt für die vereinbarte Zeit als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann durch Kündigung beendet werden, jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Mietobjektes (§ 550 Satz 2 BGB). § 550 BGB will nach ständiger Rechtsprechung des BGH in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückerwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann. Darüber hinaus dient § 550 BGB dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.

13.25

Unter dem Formzwang stehen alle Vereinbarungen, die den Mietvertrag betreffen und aus denen sich nach dem Willen der Beteiligten der Mietvertrag zusammensetzt. Z.B. muss sich Beginn und Ende der Mietzeit in hinreichend bestimmter Weise (zumindest abstrakt) aus der Vertragsurkunde ergeben3. Wird eine Partei vertreten, ist ein die Vertretung kennzeichnender Zusatz notwendig oder die Vertretung muss auf andere Weise hinreichend bestimmbar sein und sich aus den Umständen ergeben4. Ob Vertretungsmacht bestand, ist nicht Frage der Schriftform, sondern der Wirksamkeit des Vertrages. Soll in einem Mietvertrag, der wegen seiner Laufzeit der Schriftform des § 550 BGB bedarf, ein Mieterwechsel herbeigeführt werden, muss die schriftliche Vereinbarung zwischen dem früheren und dem neuen Mieter eine hinreichend deutliche Bezugnahme auf den Mietvertrag enthalten, wenn die Schriftform gewahrt bleiben soll. Die für die Wirksamkeit der Vertragsübernahme

1 BGH v. 13.7.2005 – VIII ZR 255/04, MDR 2006, 84 = NJW 2005, 2620 = ZMR 2005, 781; Schach3, § 2 Rz. 22. 2 Bub/Treier/Heile/Landwehr4, Kap. II Rz. 2451. 3 BGH v. 24.7.2013 – XII ZR 104/12, MDR 2013, 1211 = NJW 2013, 3361 = ZMR 2014, 22. 4 BGH v. 23.1.2013 – XII ZR 35/11, MDR 2013, 395 = NJW 2013, 1082 = DStR 2013, 990 = ZfIR 2013, 357; Palandt/Weidenkaff76, § 550 BGB Rz. 10.

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A. Zivilrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.28 Kap. 13

erforderliche Zustimmung des Vermieters kann formlos erfolgen1. Regelfall ist die Unterzeichnung einer Urkunde durch alle Vertragsparteien (§ 126 Abs. 2 BGB). Besteht die Vertragsurkunde aus mehreren Seiten, muss die erforderliche Einheit (§ 126 Abs. 2 BGB) durch körperliche Verbindung der Blätter oder in sonst geeigneter Weise kenntlich gemacht werden. Anlagen müssen zweifelsfrei zugeordnet werden können. Das Schriftformerfordernis besteht auch für wichtige Vertragsänderungen. Der Mietvertrag bedarf der notariellen Beurkundung, wenn er Teil eines zusammengesetzten Vertrages ist2, z.B. Kauf des Grundstücks und vorgeschalteter Mietvertrag, Einräumung eines Vorkaufsrecht- oder Ankaufsrecht. Der Formverstoß gegen § 311b Abs. 1 BGB macht das gesamte Vertragswerk einschließlich des Mietvertrages nichtig3. Im Zweifel sind ein Mietvertrag, der ein Ankaufs- oder ein Vorkaufsrecht enthält, und sämtliche mit einem Grundstücksgeschäft rechtlich zusammenhängende Verträge notariell zu beurkunden4.

13.26

Die Praxis verwendet Schriftformheilungsklauseln (mietvertragliche Verpflichtung auf Heilung des Formmangels hinzuwirken und Kündigungsrecht erst, nachdem entsprechende Bemühungen erfolglos geblieben sind): Ob eine Schriftformheilungsklausel durch Individualvertrag rechtswirksam getroffen werden kann oder – falls es sich um einen Formularvertrag handelt – der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB standhält, wird in der Rechtsprechung der OLG und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Ebenso besteht Streit über die Frage, ob eine solche Klausel – ihre Wirksamkeit unterstellt – nur eine der ursprünglichen Vertragsparteien hindern kann, den Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen, oder ob ihr auch gegenüber einem Erwerber des Grundstücks Rechtswirkung zukommt. Der Erwerber ist jedoch aufgrund einer Heilungsklausel nicht verpflichtet, von einer ordentlichen Kündigung Abstand zu nehmen. Nach dem Beschluss des BGH vom 25.1.2017 kann eine in einem Mietvertrag über Gewerberäume enthaltene sog. doppelte Schriftformklausel (d.h. eine Klausel, die besagt, dass eine Änderung des Vertrages nur schriftlich und auch die Aufhebung des Schriftformerfordernisses selbst nur schriftlich erfolgen kann) im Falle ihrer formularmäßigen Vereinbarung wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nach § 305b BGB eine mündliche oder auch konkludente Änderung der Vertragsabreden nicht ausschließen5.

13.27

Bei einer Geltung der Heilungsklausel auch gegenüber dem Erwerber würde jedoch der Schutzzweck des § 550 BGB verfehlt. Die Bestimmung stellt nach allgemeiner Meinung zwingendes Recht dar. Mit Rücksicht darauf ist es ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem Mietvertrag um eine Individualvereinbarung oder einen Formu-

13.28

1 BGH v. 30.1.2013 – XII ZR 38/12, MDR 2013, 394 = NJW 2013, 1083 = DStR 2013, 1441 = ZfIR 2013, 324; Palandt/Weidenkaff76, § 550 BGB Rz. 4. 2 Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Kap. 6 Rz. 141; Schach/Schäfer3, § 5 Rz. 88; OLG Stuttgart v. 28.7.2014 – 5 U 40/14 m. Anm. Grziwotz, MietRB 2015, 82. 3 Münchener Kommentar/Bieber7, § 550 BGB Rz. 4. 4 Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann4, Kap. 6 Rz. 154: Hinweis für die Praxis. 5 BGH v. 25.1.2017 – XII ZR 69/16, BB 2017, 462.

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Kap. 13 Rz. 13.41 Miet- und Pachtverträge

larvertrag handelt, mit § 550 BGB nicht vereinbar, den Erwerber aufgrund einer Heilungsklausel als verpflichtet anzusehen, von einer ordentlichen Kündigung Abstand zu nehmen. Er verhält sich deshalb nicht nach § 242 BGB treuwidrig, wenn er von der in diesem Fall vorgesehenen gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch macht. Das gilt unabhängig davon, ob dem Erwerber im Einzelfall die Umstände, die vor seinem Eintreten in den Mietvertrag zu der Formunwirksamkeit geführt haben, bekannt waren1.

13.29–13.40

Einstweilen frei.

B. Einkommensteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen I. Unbefristete und befristete Vermietung als Vertragsgegenstand 13.41

Unter dem Begriff der „Vermietung und Verpachtung“ i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG wird gemeinhin eine „zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung gegen Entgelt“ verstanden2; ein gewisses „zeitliches Moment“ ist daher dem steuerrechtlichen Begriff dem Grunde nach immanent. Eine vom Vermieter ausdrücklich gewählte zeitliche Begrenzung seiner Vermietungstätigkeit kann gleichwohl mit Blick auf die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht steuerrechtlich problematisch sein (s. Rz. 1.451). Denn (nur) bei einer auf Dauer angelegten Vermietung von Wohngebäuden ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Vor diesem Hintergrund verzichtet die Rechtsprechung nur im Falle einer solchen „dauerhaften“ Vermietung auf eine gesonderte Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen durch eine sog. Überschussprognose (s. Rz. 1.423).

13.42

Im Gegenzug kann das Fehlen einer ausdrücklich vertraglich vereinbarten zeitlichen Begrenzung des Mietverhältnisses mit Blick auf eine gewünschte Selbstnutzung oder einen geplanten Verkauf des Immobilienobjekts aber auch zivilrechtlich problematisch sein. Denn der Vermieter setzt sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen oder ggf. zu veräußern. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt. In diesem Fall wäre dann eine bspw. auf Eigenbedarf gestützte Kündigung des Vermieters nicht zulässig3. 1 BGH v. 22.1.2014 – XII ZR 68/10, MDR 2014, 334 = NJW 2014, 1087 = ZfIR 2014, 289 = DNotZ 2014, 436; a.A. Bub/Treier/Heile4, Kap. II Rz. 789. 2 Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz. 50. 3 BGH v. 21.1.2009 – VIII ZR 62/08, MDR 2009, 498 = NJW 2009, 1139 = Grundeigentum 2009, 575.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.44 Kap. 13

Vor diesem Hintergrund muss bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen sorgsam ermittelt (und ggf. auch Rechtsrat eingeholt) werden, welche Dispositionen der Vermieter hinsichtlich des Immobilienobjekts künftig erwägt und welche zivilund steuerrechtlichen Konsequenzen insoweit in Betracht gezogen werden müssen.

13.43

II. Besondere Voraussetzungen für die steuerrechtliche Berücksichtigung von Mietverträgen unter nahestehenden Personen Literatur (Auswahl): Fuhrmann, Verträge zwischen nahen Angehörigen – Grenzfälle der Gestaltungspraxis, KÖSDI 2005, 14784; Hamdan/Hamdan, Die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, DStZ 2008, 113; Heuermann, Irritationen über einen alten Rechtsgrundsatz – Verträge zwischen nahestehenden Personen ohne zivilrechtliche Wirksamkeit? DB 2007, 1267; Heuermann, Formunwirksame Verträge zwischen nahestehenden Personen, StBp 2007, 223; Heuermann, Vermieten als unangemessenes Gestalten durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene, StuW 2004, 124; Heuermann, Vermieten als angemessenes Gestalten, BB 2003, 1465; Pezzer, Steuerliche Gestaltungen und ihre Grenzen bei Vermietung und Verpachtung unter nahen Angehörigen, DStR 1995, 1853 (1898); Pezzer, Ungelöste Grundsatzfragen in der Rechtsprechung zur Vermietung an volljährige unterhaltsberechtigte Kinder, StuW 1994, 341; Pottenstein/Geck, Das Stuttgarter Modell: Steuerrechtliche und zivilrechtliche Risiken, DStR 2005, 1425 (1471); Schimpfky, Steuerorientierte Gestaltung der Nachfolge bei privatem Immobilienvermögen, ZEV 2013, 662; Schoor, Gestaltungsempfehlungen bei Mietverträgen zwischen Angehörigen, StuB 2004, 952; Schoor, Mietverträge zwischen nahen Angehörigen, StBp 2004, 292; Spindler, Neuere Tendenzen in der steuerrechtlichen Beurteilung von Mietverträgen zwischen nahen Angehörigen, DB 1997, 643; Thürmer, Wohnungsvermietung an ein unterhaltsberechtigtes Kind, DB 2003, 1012; Tiedtke/Möllmann, Zivilrechtliche Wirksamkeit als Voraussetzung der steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, DStR 2007, 1940.

1. Allgemeines Miet- und Pachtverträge unter nahestehenden Personen (in der Rechtsprechung vielfach auch als „nahe Angehörige“ bezeichnet) sind häufig durch persönliche Belange und familiäre Rücksichtnahme geprägt; sie werden – ebenso wie andere Vertragsgestaltungen1 – nach ständiger Rechtsprechung steuerrechtlich nur dann berücksichtigt, wenn – sie der Erzielung von Einkünften dienen2, – sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart sind

1 Zu Arbeitsverträgen z.B. BFH v. 10.3.1993 – I R 118/91, BStBl. II 1993, 604; zu Schenkungs- und Darlehensvereinbarungen z.B. BFH v. 18.12.1990 – VIII R 1/88, BStBl. II 1991, 911; zu Gesellschaftsverträgen z.B. BFH v. 5.6.1986 – IV R 53/82, BStBl. II 1986, 798, jeweils m.w.N. 2 BFH v. 25.1.1994 – IX R 139/92, BFH/NV 1995, 11.

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13.44

Kap. 13 Rz. 13.45 Miet- und Pachtverträge

– sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen1 und – ihr Abschluss nicht einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S.v. § 42 AO darstellt2.

13.45

Begründet wird diese Rechtsprechung, die das BVerfG wiederholt gebilligt hat3, mit der Notwendigkeit, den steuerlich relevanten Bereich (z.B. der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) von dem privaten bzw. familiären Bereich zu trennen4. Während bei Vertragsverhältnissen zwischen Fremden aufgrund des natürlichen Interessengegensatzes eine privat veranlasste Gestaltung regelmäßig ausscheidet, liegt bei Vereinbarungen zwischen nahestehenden Personen eine Verwurzelung im privaten Bereich immer nahe5. Nur wenn der jeweilige Vertrag die unter Rz. 13.44 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, ist stets sichergestellt, dass die Vereinbarung und die dementsprechend erbrachten Leistungen nicht privat – z.B. als Unterhaltsleistungen (§ 12 Nr. 2 EStG) – veranlasst sind6. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen die besondere Schutzgarantie von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) liegt darin ebenso wenig wie eine Beschränkung der Vertragsfreiheit7. Auch nahestehende Personen können ihre Rechtsverhältnisse untereinander so gestalten, dass sie für sie steuerlich möglich günstig sind; das Vereinbarte muss jedoch den hierfür geltenden, nachstehend erläuterten Grundsätzen (Handeln mit Einkünfteerzielungsabsicht, zivilrechtliche Wirksamkeit, Fremdüblichkeit, kein Missbrauch) entsprechen. Hierauf ist bei der Abfassung von Miet- und Pachtverträgen ein besonderes Augenmerk zu richten.

1 Ständige Rechtsprechung BFH v. 19.6.1991 – IX R 306/87, BStBl. II 1992, 75 = FR 1992, 272 m. Anm. Drenseck; v. 25.5.1993 – IX R 17/90, BStBl. II 1993, 834; v. 3.3.2004 – X R 14/01, BStBl. II 2004, 826 = NJW 2004, 2997 = DStR 2004, 854 = ZEV 2004, 250; v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294 = DB 2006, 2216 = ZEV 2006, 519 = NJW 2006, 3743; v. 21.11.2013 – IX R 26/12, BFH/NV 2014, 529 = BB 2014, 736, zum Fremdvergleich bei Beteiligung einer GbR; v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006; v. 4.10.2016 – IX R 8/16, BStBl. II 2017, 273 = DStR 2016, 2947 = DB 2017, 39 = ErbStB 2017, 33 m. Komm. Günther = DStRK 2017, 60 m. Hinweis Gehm; 2 BFH v. 14.1.1992 – IX R 33/89, BStBl. II 1992, 549 m.w.N. 3 Z.B. BVerfG v. 20.11.1984 – 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283; v. 27.3.1985 – 1 BvR 1415/84, HFR 1987, 92; v. 16.7.1991 – 2 BvR 768/90, HFR 1992, 23. 4 Z.B. BFH v. 13.11.1986 – IV R 322/84, BStBl. II 1987, 121 = DStR 1987, 123; v. 10.8.1988 – IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137 = NJW 1989, 1631; v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 = NJW 1990, 853 = DB 1990, 301 = ZMR 1990, 223. 5 Z.B. BFH v. 18.12.1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518; v. 22.1.1991 – VIII R 321/83, BFH/NV 1991, 667. 6 Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4 EStG Rz. E 850 f. m.w.N. 7 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 = DB 1991, 1096.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.47 Kap. 13

2. Begriff der „nahestehenden Personen“ Der Begriff der „nahestehenden Personen“ ist gesetzlich nicht definiert. Nach allgemeiner Ansicht1 ist der darunter zählende Personenkreis einerseits enger als derjenige der in § 15 AO genannten „Angehörigen“, andererseits weiter als derjenige der „nächsten Angehörigen“ i.S.d. § 58 Nr. 5 AO2. Maßgebend ist insoweit weniger eine bestimmte verwandtschaftliche Nähe i.S.d. bürgerlichen Rechts, sondern ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis3.

13.46

Nach der Rechtsprechung zählen zu den „nahestehenden Personen“:

13.47



Ehegatten4,

auch wenn sie – bei fehlenden gegenläufigen Interessen – getrennt le-

ben5, – Eltern und minderjährige6 oder volljährige7 Kinder, – Großeltern und Enkel8, – Schwiegereltern und Schwiegerkinder9, – Geschwister10, – Verschwägerte11, 1 Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 126; Bordewin, DB 1996, 1359; Schoor, INF 1996, 110. 2 Siehe dazu BMF v. 24.7.1987, BStBl. I 1987, 664, 676. 3 BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006; v. 19.11.2014 – VIII R 23/11, juris; v. 9.10.2013 – IX R 2/13, BStBl. II 2014, 527; v. 22.1.2013 – IX R 70/10, BFH/NV 2013, 1067; v. 1.12.2004 – X R 4/03, BFH/NV 2005, 549, einschränkend BFH v. 31.5.2001 – IX R 78/98, BStBl. II 2001, 756, offen gelassen für geschiedene Eheleute in BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214; v. 8.2.1995 – X S 7/94, BFH/NV 1995, 782; v. 31.5.2001 – IX R 78/98, BStBl. II 2001, 756 = FR 2001, 1185 m. Anm. Fischer. FG Rheinland-Pfalz v. 17.10.1996 – 4 K 2565/95, EFG 1997, 284, rkr. wendet die Grundsätze über die steuerliche Anerkennung von Mietverträgen zwischen Ehegatten nicht auf Verträge zwischen geschiedenen Ehegatten an. 4 BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 = NJW 1990, 853 = DB 1990, 301 = ZMR 1990, 223; v. 10.4.1990 – VIII R 289/84, BStBl. II 1990, 741 = NJW 1990, 3039. 5 BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 = NJW 1990, 853 = DB 1990, 301 = ZMR 1990, 223; v. 10.4.1990 – VIII R 289/84, BStBl. II 1990, 741 = NJW 1990, 3039. 6 BFH v. 15.4.1986 – IX R 52/83, BStBl. II 1986, 605 = DStR 1986, 573 = NJW 1987, 343 = MittBayNot 1986, 281; v. 25.11.1986 – IX R 51/82, BFH/NV 1987, 159. 7 Z.B. BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006; v. 25.5.1993 – IX R 17/90, BStBl. II 1993, 834; v. 5.2.1988 – III R 216/84, BFH/NV 1988, 553; v. 25.5.1976 – IV R 226227/71, BStBl. II 1976, 561. 8 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 138/85, BStBl. II 1991, 581 = DB 1991, 1097. 9 BFH v. 5.2.1988 – III R 234/84, BFH/NV 1988, 628; v. 31.10.1989 – VIII R 293/84, BFH/ NV 1990, 759. 10 BFH v. 7.5.1996 – IX R 69/94, BStBl. II 1997, 196 = DB 1996, 1755 = NJW 1996, 3167. 11 BFH v. 7.5.1996 – IX R 69/94, BStBl. II 1997, 196 = DB 1996, 1755 = NJW 1996, 3167; vgl. auch BFH v. 7.10.1986 – IX R 167/83, BStBl. II 1987, 322 = BB 1987, 880.

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Kap. 13 Rz. 13.48 Miet- und Pachtverträge

– Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG1 und – Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft2 sowie ggf. deren Eltern3. Die Grundsätze der Rechtsprechung zu nahestehenden Personen gelten darüber hinaus auch für Rechtsbeziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft, die von einer nahestehenden Person beherrscht wird4.

13.48

Verlobte wurden in der Rechtsprechung des BFH bislang nicht als nahestehende Personen behandelt5, was angesichts der Rechtsprechung zu nichtehelichen und eingetragenen Lebenspartnern (s. Rz. 13.47) u.E. nicht mehr haltbar ist. Offen geblieben ist, ob die für nahestehende Personen geltenden Rechtsprechungsgrundsätze auch auf Vereinbarungen zwischen Onkel bzw. Tante und Neffe bzw. Nichte6 oder zwischen Stiefmutter und Stiefsohn anzuwenden sind7.

13.49–13.60

Einstweilen frei.

3. Zu den besonderen Voraussetzungen im Einzelnen a) Einkünfteerzielungsabsicht

13.61

Bei Miet- und Pachtverträgen zwischen nahe stehenden Personen kann eine verbilligte Miete eine besondere Rolle spielen: – Fehlte mit Blick auf eine gegenüber dem Marktniveau deutlich herabgesetzte Miete die Einkünfteerzielungsabsicht, unterstellte die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung ein nicht steuerbares Verhalten (sog. „Liebhaberei“); das Mietverhältnis wurde dann steuerlich überhaupt nicht berücksichtigt. Einen solchen Fall hatte der BFH etwa angenommen, wenn der Steuerpflichtige sein mit hohen Kosten aufwendig umgebautes Einfamilienhaus jahrelang an seinen Sohn zu einem Mietzins vermietet, der nicht einmal ein Drittel der von dem Finanzamt anerkannten Werbungskosten erreicht8. U.E. ist diese Rechtsprechung durch die Neuregelung in § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 (s. dazu nachfolgend sowie Rz. 1.432 ff.) überholt. – Nach der ab dem VZ 2012 geltenden Rechtslage bildet die gegenüber der ortsüblichen Marktmiete verbilligte Vermietung kein Beweisanzeichen mehr gegen die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters; eine verbilligte Nutzungsüberlassung 1 Drüen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 21 EStG Rz. B 185; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 126. 2 BFH v. 26.9.2007 – IX B 115/07, BFH/NV 97, 2235. 3 BFH v. 22.1.2013 – IX R 70/10, BFH/NV 2013, 1067. 4 BFH v. 22.1.2013 – IX R 70/10, BFH/NV 2013, 1067; v. 22.4.2002 – IX B 186/01, BFH/NV 2002, 1155. 5 BFH v. 17.1.1985 – IV R 149/84, BFH/NV 1986, 148. 6 Vgl. hierzu Bordewin, DB 1996, 1359. 7 Für eine Anwendung auf diesen Personenkreis: Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 126. 8 BFH v. 25.1.1994 – IX R 139/92, BFH/NV 1995, 11.

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Schallmoser

B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.62 Kap. 13

ist stets in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt weniger als 66 % der Marktmiete beträgt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EStG n.F.; s. Rz. 1.433 f.). – Zum hiervon abweichenden Aufteilungsgebot nach der bis einschließlich VZ 2011 geltenden Rechtslage s. Rz. 1.435. Das in der verbilligten Vermietung liegende, nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen ist mithin nach aktueller Rechtslage für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht (mehr) von Bedeutung. Rechtsfolge des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG n.F. ist lediglich die Aufspaltung eines zivilrechtlich einheitlichen Rechtsgeschäfts in einen steuerbaren entgeltlichen und in einen nicht steuerbaren unentgeltlichen Teil (s. Rz. 1.434). Von einem (gänzlichen) Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht kann im Einzelfall aber ausgegangen werden, wenn es dem Vermieter von vornherein nicht um die entgeltliche Überlassung der Wohnung, sondern um die Gewährung von „Naturalunterhalt“ an eine nahestehende Person in Form der Gestellung von Wohnraum geht und er mithin im Interesse der Versorgung dieses Angehörigen handelt1. b) Zivilrechtliche Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung Steuerrechtlich anerkannt werden Miet- und Pachtverträge (wie auch andere Vertragsgestaltungen zwischen nahestehenden Personen) überdies nur dann, wenn sie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind2; auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass nur ernsthaft vereinbarte Verträge der Besteuerung zugrunde gelegt werden3 und dass die Vertragsbeziehungen tatsächlich nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln4. Die zivilrechtliche Wirksamkeit ist kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal; vielmehr ist das Außerachtlassen zivilrechtlicher Wirksamkeitsanforderungen lediglich ein Indiz (Beweisanzeichen) gegen die Ernsthaftigkeit der getroffenen Vereinbarung und gegen einen (für die steuerrechtliche Anerkennung erforderlichen) vertraglichen Bindungswillen5; denn die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertragsabschlusses darf nicht zu einem eigenen Tatbestandsmerkmal dergestalt verselbständigt werden, dass allein die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formvorschriften die steuerrechtliche Nichtanerkennung des Vertragsverhältnisses zur Folge hat6. Lassen daher die sich nahestehenden Vertragsbeteiligten zivilrechtliche Formerfordernisse unbeachtet, führt dieses Beweisanzeichen nicht allein und ausnahmslos

1 BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006. 2 Vgl. z.B. BFH v. 19.6.1991 – IX R 306/87, BStBl. II 1992, 75 = FR 1992, 272 m. Anm. Drenseck = ZMR 1992, 166. 3 Eingehend hierzu BFH v. 1.2.1973 – IV R 49/68, BStBl. II 1973, 307 = DStR 1973, 247 = NJW 1973, 2093. 4 BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245 = DStR 1987, 800 = NJW 1988, 1343. 5 BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294 = DB 2006, 2216 = ZEV 2006, 519 = NJW 2006, 3743; v. 27.2.2007 – IX R 45/06, BStBl. II 2011, 20 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer = ZEV 2007, 345 = NJW 2007, 2656. 6 BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer.

Schallmoser

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13.62

Kap. 13 Rz. 13.63 Miet- und Pachtverträge

dazu, dass das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen wäre1. Die Indizwirkung gegen den vertraglichen Bindungswillen wird allerdings verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden kann2. Wirken die Vertragsparteien, nachdem sie die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formvorschriften erkannt haben, andererseits auf die Behebung des formalen Mangels hin und dokumentieren sie auf diese Weise, dass sie den wirtschaftlichen Erfolg bestehen lassen wollen, schwächt dies die mögliche Indizwirkung wieder ab3.

13.63

Eine indizielle Bedeutung kann dem Merkmal der zivilrechtlichen (Un-)Wirksamkeit bspw. zukommen bei – der Beteiligung von Minderjährigen4; – der schwebenden Unwirksamkeit von Verträgen5; – einer vertraglich vereinbarten, steuerrechtlich unzulässigen „Rückwirkung“ eines Leihvertrages6.

13.64

Keine Bedeutung kommt demgegenüber – der fehlenden Schriftform eines Mietverhältnisses zu7.

13.65

Unbeschadet des Umstands, dass Miet- und Pachtverträge keiner besonderen Form bedürfen, empfiehlt es sich gleichwohl, solche Verträge auch unter nahestehenden Personen schriftlich abzuschließen; denn der Steuerpflichtige hat im Falle der Geltendmachung von Werbungskostenüberschüssen die Darlegungslast für das Vorliegen eines entsprechenden Vertrages. Zudem kann auch die – notwendige – Prüfung, ob der jeweilige Vertrag dem sog. Fremdvergleich (s. dazu Rz. 13.67 ff.) standhält, zuverlässig nur anhand der in einem schriftlichen Vertrag vereinbarten Modalitäten vorgenommen werden. 1 Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz. 127. 2 BFH v. 12.5.2009 – IX R 46/08, BStBl. II 2011, 24 = FR 2009, 1067 m. Anm. Bode = DB 2009, 1627; v. 22.2.2007 – IX R 45/06, BStBl. II 2011, 20 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer = ZEV 2007, 345 = NJW 2007, 2656; vgl. auch BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37, Tz. 2, zu Darlehensverträgen; Tiedtke/Möllmann, DStR 2007, 1940 (1942). 3 Heuermann, DB 2007, 1267. 4 Da Mietverträge für diese nicht lediglich rechtliche Vorteile bringen, bedürfen sie zur zivilrechtlichen Wirksamkeit und damit zur steuerrechtlichen Anerkennung der Vertretung des Minderjährigen durch einen Ergänzungspfleger, der vom Vormundschaftsgericht bestellt wird, vgl. §§ 1693, 1909 Abs. 1 BGB; s. hierzu BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294 = DB 2006, 2216 = ZEV 2006, 519 = NJW 2006, 3743; s.a. BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37, Tz. 10, zu Darlehensverträgen. 5 Vgl. BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294 = DB 2006, 2216 = ZEV 2006, 519 = NJW 2006, 3743; s.a. Heuermann, DB 2007, 1267. 6 Vgl. BFH v. 10.10.2000 – IX R 11/97, BFH/NV 2001, 586, zu einer (grds. mit steuerlicher Wirkung möglichen) zeitlich begrenzten, leihweisen Überlassung einer Wohnung an den minderjährigen Sohn zur Weitervermietung an Dritte. 7 BFH v. 31.7.2007 – IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350; v. 10.5.2006 – IX R 35/05, BFH/NV 2006, 1648; v. 19.10.1999 – IX R 80/97, BFH/NV 2000, 429.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.68 Kap. 13

Zivilrechtlich unwirksame Scheingeschäfte (§ 117 Abs. 1 BGB) sind für die Besteuerung unerheblich (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsparteien über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben1. Zwar ist in der Rechtsprechung des BFH bislang noch kein Mietvertrag zwischen nahestehenden Personen abschließend als Scheingeschäft beurteilt worden2. Allerdings hat der BFH bspw. in einem Fall3, in dem einer unterhaltsbedürftigen Mutter nach Zahlung der vereinbarten Miete an ihren Sohn monatlich lediglich 365 DM für den Lebensunterhalt verblieben sein sollen, dem FG aufgegeben, im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob nicht ein Scheingeschäft vorliege. Ferner hat er in einer weiteren Entscheidung4 darauf hingewiesen, dass ein Mietverhältnis gem. § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich ist, wenn der Vermieter dem Mieter die Miete im Vorhinein zur Verfügung stellt oder die Miete nach Eingang auf seinem Konto alsbald an den Mieter zurückzahlt, ohne hierzu aus anderen – z.B. unterhaltsrechtlichen – Rechtsgründen verpflichtet zu sein.

13.66

c) Fremdvergleich Miet- und Pachtverträge zwischen nahestehenden Personen sind ferner am sog. Fremdvergleich zu messen. Hiernach ist ein solcher Vertrag steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn er sowohl nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen (Gestaltung) als auch hinsichtlich seiner tatsächlichen Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Rechtsgrundlage für den Fremdvergleich ist das aus § 12 EStG abzuleitende Gebot der Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und privater bzw. familiärer Sphäre5. Allerdings rechtfertigen die Grundsätze des sog. Fremdvergleichs es nicht, anstelle der im Vertrag tatsächlich vereinbarten Leistung der Besteuerung eine höhere Gegenleistung unter Hinweis darauf zugrunde zu legen, dass eine solche unter fremden Dritten gefordert (und erbracht) worden wäre6.

13.67

Häufig scheitern Miet- und Pachtverträge zwischen nahestehenden Personen bei diesem Prüfungsschritt, weil die getroffenen Vereinbarungen unter Abweichung von dem zwischen Fremden Üblichen durch persönliche Belange und familiäre Rücksichtnahme geprägt sind. Für die Beurteilung eines solchen Vertrages im Rahmen des Fremdvergleichs ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend7; dabei kann einzelnen dieser Beweisanzeichen eine unterschiedliche Bedeutung zukom-

13.68

1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 21.10.1988 – III R 194/84, BStBl. II 1989, 216 = DB 1989, 808. Offen gelassen z.B. in BFH v. 14.1.1992 – IX R 33/89, BStBl. II 1992, 549. BFH v. 19.12.1995 – IX R 85/93, BStBl. II 1997, 52. BFH v. 28.1.1997 – IX R 23/94, BStBl. II 1997, 655. Vgl. Pezzer, DStR 1995, 1899. BFH v. 31.5.2001 – IX R 78/98, BStBl. II 2001, 756 = FR 2001, 1185 m. Anm. Fischer. Ständige Rechtsprechung, s. etwa BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006; v. 9.10.2013 – IX R 2/13, BStBl. II 2014, 527 = DB 2014, 1056; v. 27.7.2004 – IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192; v. 28.6.2002 – IX R 68/99, BStBl. II 2002, 699.

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Kap. 13 Rz. 13.69 Miet- und Pachtverträge

men. Dementsprechend schließt nicht jede, lediglich geringfügige Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus1. So kann es im Falle eines ernsthaft vereinbarten und tatsächlich durchgeführten Mietverhältnisses bspw. unschädlich sein, wenn die Miete teilweise unregelmäßig gezahlt wird.

13.69

Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung eines Miet- und Pachtvertrages nach Maßgabe des sog. Fremdvergleichs ist, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien wie das Überlassen einer konkret bestimmten Miet- oder Pachtsache und die Höhe des zu entrichtenden Entgelts (§ 535 BGB) stets klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden2. So kann z.B. ein Mietvertrag der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, wenn die Höhe der Miete3 oder die Art der Mietentrichtung4 als Hauptpflicht des Mieters nicht klar geregelt worden sind. Dasselbe gilt z.B. dann, wenn bei der Vermietung einer möblierten Wohnung ein Mietvertrag über eine unmöblierte Wohnung ohne Hinweis auf die Möblierung abgeschlossen wird und somit unklar bleibt, ob die Möblierung unentgeltlich oder gegen zusätzliches Entgelt überlassen wird5. Mangels tatsächlicher Durchführung nicht anzuerkennen ist ein Miet- und Pachtvertrag ferner dann, wenn statt der vereinbarten unbaren Zahlung des Mietzinses ersatzweise eine laufende „Verrechnung“ des Mietzinsanspruches mit Unterhaltsansprüchen der als Mieter auftretenden nahestehenden Person vorgenommen wird, ohne dass die Höhe der Gegenansprüche endgültig feststeht oder zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen eine Abrechnung der noch offenen (Gegen-)Forderungen vorgenommen wird6. Dabei ist hervorzuheben, dass die Rechtsprechung Mietverträge mit unterhaltsberechtigten Angehörigen durchaus auch anerkennt, wenn der Angehörige die Miete aus dem Barunterhalt der Eltern zahlt (s. Rz. 13.89 ff.); dann muss aber die Höhe des Unterhalts fest vereinbart sein und der Unterhalt (ebenso wie die im Vorhinein fest vereinbarte Miete) tatsächlich geleistet werden7. Selbst eine Verrechnung von Ansprüchen ist zulässig, wenn sie von feststehenden Beträgen ausgeht und zu festen Terminen durchgeführt wird8. Nicht die gleichzeitige Vereinbarung von Miete und Unterhalt und deren Verrechnung erscheint danach steuerrechtlich problematisch, sondern eine davon abweichende tatsächliche Durchführung. 1 BFH v. 7.5.1996 – IX R 69/94, BStBl. II 1997, 196; vgl. hierzu auch BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = DB 1995, 2572 m. Anm. Spindler = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer. 2 BFH v. 20.10.1997 – IX R 38/97, BStBl. II 1998, 106. 3 BFH v. 28.3.1995 – IX R 14/93, BFH/NV 1995, 964. 4 BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006; v. 9.2.1993 – IX R 86/90, BFH/NV 1993, 592. 5 BFH v. 27.6.1995 – IX R 90/93, BFH/NV 1996, 29. 6 BFH v. 16.2.2016 – IX R 28/15, BFH/NV 2016, 1006. 7 BFH v. 19.10.1999 – IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224 = FR 2000, 204 m. Anm. Fischer = NJW 2000, 758 = ZfIR 2000, 146; v. 17.12.2002 – IX R 18/00, BFH/NV 2003, 749. 8 BFH v. 19.10.1999 – IX R 30/98, BStBl. II 2000, 223; v. 19.10.1999 – IX R 80/97, BFH/NV 2000, 429, jeweils zu Mietverträgen mit Kindern; BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214, zu einem Mietverhältnis mit der geschiedenen Ehefrau.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.81 Kap. 13

Demgegenüber muss die steuerrechtliche Anerkennung eines Mietvertrages zwischen nahestehenden Personen nicht unbedingt daran scheitern, dass Nebenpflichten (z.B. Regelungen über die Nebenkosten) nicht eindeutig vereinbart oder exakt durchgeführt werden1. Dementsprechend schließt auch eine lediglich mündliche Abrede über die Nebenkosten nicht notwendigerweise die Anerkennung eines Mietverhältnisses aus2. Fehlt allerdings jegliche Vereinbarung zu den Nebenkosten (ohne dass eine sog. Bruttomiete vereinbart ist), so kann dies ein schwerwiegendes Indiz dafür sein, dass der Mietvertrag dem sog. Fremdvergleich nicht standhält.

13.70

Bei der Prüfung von Mietverträgen unter nahestehenden Personen am Maßstab des Fremdvergleichs kann für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien herangezogen werden. Weisen ein mit Fremden geschlossener Mietvertrag und ein Mietvertrag mit nahestehenden Personen nach ihrem Inhalt oder in ihrer Durchführung gleichartige Mängel auf, so verliert das zwischen fremden Dritten übliche Vertragsgebaren für die Indizienwürdigung an Gewicht; die Mängel des Vertrages deuten dann nicht ohne weiteres auf eine private Veranlassung des Leistungsaustauschs hin3.

13.71

13.72–13.80

Einstweilen frei. d) Kein Gestaltungsmissbrauch aa) Allgemeines

Stellt der Abschluss eines Miet- und Pachtvertrages oder ggf. eines in Zusammenhang mit einer Grundstücksüberlassung gewährter Darlehensvertrages einen Gestaltungsmissbrauch dar, kann er steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann das Steuergesetz nicht durch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts umgangen werden. Eine Umgehung i.S. dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist4. Allerdings macht das Bestreben, Steuern zu sparen, (allein) eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen5; denn auch nahestehenden Personen steht es grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse steuerlich möglichst günstig zu gestalten6. Eine rechtliche Gestaltung ist dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, obwohl hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu 1 2 3 4 5 6

BFH v. 17.2.1998 – IX R 30/96, BStBl. II 1998, 349. BFH v. 15.10.1996 – IX R 6/95, BFH/NV 1997, 285. BFH v. 28.6.2002 – IX R 68/99, BStBl. II 2002, 699. Vgl. z.B. BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214 m.w.N. BFH v. 29.11.1982 – GrS 1/81, BStBl. II 1983, 272. BFH v. 12.7.1988 – IX R 149/83, BStBl. II 1988, 942; v. 12.9.1995 – IX R 54/93, BStBl. II 1996, 158; v. 26.3.1996 – IX R 51/92, BStBl. II 1996, 443.

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13.81

Kap. 13 Rz. 13.82 Miet- und Pachtverträge

sparen, nicht erreicht werden soll1. Nach diesen, auch unter dem Regime der Neufassung des § 42 AO durch das Jahressteuergesetz 20082 fortgeltenden Grundsätzen ist bei Mietverträgen zwischen nahestehenden Personen jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine unangemessene, das Steuergesetz umgehende Gestaltung vorliegt. bb) Gestaltungsmissbrauch bei Miet- und Darlehensverträgen

13.82

Bei Mietvertragsgestaltungen kommt ein Gestaltungsmissbrauch insbesondere dann vor, wenn die Vertragsparteien durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreicht haben, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung kommt. Auch im Bereich von Darlehensvereinbarungen wird der Abschluss gegenläufiger, sich wirtschaftlich neutralisierender Geschäfte als rechtsmissbräuchlich erachtet.

13.83

Die Rechtsprechung hat es bspw. als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn – vier einander nahestehende Personen, von denen zwei in Haushaltsgemeinschaft leben und die gemeinsam und planmäßig mehrere in sich abgeschlossene Wohneinheiten errichtet und sich gegenseitig zum Teileigentum übertragen haben, sich drei dieser Wohnungen wechselseitig zur eigenen Nutzung vermieten3. Entscheidend dabei war, dass alle Personen auf beiden Seiten beteiligt waren und die betreffenden Wohnungen ausschließlich innerhalb dieses geschlossenen Personenkreises hergestellt und auf Dauer wechselseitig zu jeweils eigenen Wohnzwecken vermietet wurden (sog. „Poolvermietung“). – Eheleute die Einliegerwohnung in ihrem Zweifamilienhaus zur Betreuung ihres Kleinkindes an die Eltern der Ehefrau vermieten, die am selben Ort weiterhin über eine größere Wohnung verfügen4: Zwar bleibt es einem Steuerpflichtigen grundsätzlich überlassen, ob und an wen er eine zweite Wohnung seines Hauses vermietet. Die Vermietung einer Einliegerwohnung an nahestehende Personen muss jedoch einwandfrei von einer unter Verwandten üblichen unentgeltlichen Beherbergung abzugrenzen sein. Wenn sich die Mutter der Klägerin im Hause der Kläger aufgehalten habt, um deren Kleinkind unentgeltlich zu betreuen, so hätte es nahe gelegen, ihr auch die dafür benötigte Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Nach Darstellung der Kläger war der Mietvertrag auf Wunsch der Eltern der Klägerin so abgeschlossen worden, damit die Kläger keine finanzielle Einbuße gegenüber einer Fremdvermietung erleiden sollten. Diese altruistische Motivation der Eltern lässt sich aber – so der BFH – nur aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis erklären; sie bilde keinen i.S.d. § 42 AO hinreichenden wirtschaftlichen Grund für die gewählte Gestaltung. – Eltern einer minderjährigen Tochter einen Geldbetrag schenken, die Tochter den Eltern anschließend in Höhe des geschenkten Betrages ein Darlehen gewährt und die Eltern – entsprechend ihrem Gesamtplan – mit dem Darlehen ein Haus1 2 3 4

BFH v. 16.1.1992 – V R 1/91, BStBl. II 1992, 541 m.w.N. BGBl. I 2007, 3150. BFH v. 22.1.2013 – IX R 18/12, BFH/NV 2013, 1094. BFH v. 14.1.1992 – IX R 33/89, BStBl. II 1992, 549.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.85 Kap. 13

grundstück kaufen; diese unangemessene Gestaltung sei nur vor dem Hintergrund der Schaffung von Werbungskosten (Zinsen für das „Darlehen“ der Tochter) verständlich1. – Eltern auf ihre beiden Töchter ein Grundstück übertragen und die grundstücksbezogenen Darlehensverbindlichkeiten des Vaters kreuzweise durch die Töchter übernommen werden2.

13.84

Die Rechtsprechung hat es nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn – eine Mutter ihren minderjährigen Kindern einen Geldbetrag schenkt, der sodann zeitnah dem Vater zur Finanzierung der Anschaffung eines Grundstücksanteils als Darlehen gewährt worden ist, der Vater sodann die Hälfte des Grundstücks auf die Mutter übertragen und diese einen Betrag in die Renovierung des Gebäudes investiert hat, der dem Wert ihres Anteils entspricht3. – ein Steuerpflichtiger sein Haus zu fremdüblichen Bedingungen an seine Eltern vermietet und selbst ein Haus seiner Eltern unentgeltlich zu Wohnzwecken nutzt; darin liege auch kein Fall einer missbräuchlichen sog. „Überkreuzvermietung“4. – ein Ehegatte dem anderen seine an dessen Beschäftigungsort belegene Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zu fremdüblichen Zwecken vermietet5. cc) Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen, insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Auch bei der Prüfung von Grundstücksübertragungen fragt die Rechtsprechung stets danach, ob eine Gestaltung gewählt worden ist, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Grundsätzlich gilt: – Jeder kann über sein Eigentum, z.B. auch zum Zweck der vorweggenommenen Erbfolge, frei verfügen. – Es ist wirtschaftlich nicht geboten, ein Wohngrundstück zu übertragen, in dem der Übertragende selbst nicht wohnt. Auch die Übertragung eines vom Übertragenden selbst bewohnten Objekts bei gleichzeitiger Rückanmietung ist grundsätzlich nicht als Missbrauch zu beurteilen. Denn der Übertragende kann die Wohnung ohne jede Auflage oder Einschränkung übertragen, oder aber sich eine Nutzungsmöglichkeit, sei es dinglich gesi1 BFH v. 26.3.1996 – IX R 51/92, BStBl. II 1996, 443. 2 BFH v. 29.8.2007 – IX R 17/07, BStBl. II 2008, 502 = DB 2008, 269 = ZEV 2008, 247 = NJW 2008, 1615. 3 BFH v. 19.2.2002 – IX R 32/98, BStBl. II 2002, 674 = FR 2002, 935 m. Anm. Fischer. 4 BFH v. 14.1.2003 – IX R 5/00, BStBl. II 2003, 509 = DStR 2003, 460 = DB 2003, 643 = NJW 2003, 1342. 5 BFH v. 11.3.2003 – IX R 55/01, BStBl. II 2003, 627 = FR 2003, 775 m. Anm. Fischer = DB 2003, 1416 = NJW 2003, 2557.

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13.85

Kap. 13 Rz. 13.86 Miet- und Pachtverträge chert, sei es lediglich schuldrechtlich, vorbehalten1. Das Recht, die übertragene Wohnung weiter als Mieter nutzen zu können, ist insoweit einem schuldrechtlich vorbehaltenen Nutzungsrecht vergleichbar.

13.86

Als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde von der Rechtsprechung bspw. – der entgeltliche Verzicht auf ein dinglich gesichertes Wohnungsrecht, verbunden mit einer Mietvereinbarung über die bislang aufgrund des Wohnungsrechts genutzte Wohnung2; denn insoweit wollen die Vertragsparteien durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreichen, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung kommt.

13.87

Nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde von der Rechtsprechung – die Aufhebung eines unentgeltlichen Wohnungsrechts und die Vereinbarung eines Mietvertrages an demselben Objekt, wenn dies vor dem Hintergrund notwendiger umfangreicher Reparaturarbeiten geschieht, die vor allem den Mietern zugutekommen und an deren Kosten diese sich durch (erhöhte) Mietzahlungen beteiligen3; – die Übertragung eines Grundstücks von der Mutter auf den Sohn mit anschließender Rückanmietung4; im entschiedenen Fall hatte eine 64 Jahre alte Mutter ihrem Sohn ein Einfamilienhaus verkauft, die Kaufpreisforderung ohne eine Tilgungsvereinbarung gestundet, sie durch eine Hypothek sichern und ferner verzinsen lassen. Der Sohn hatte ihr dann das übertragene Haus auf 30 Jahre vermietet. – die Übertragung des Eigentums an einer von zwei Eigentumswohnungen auf einen nahen Angehörigen verbunden mit einer gleichzeitigen wechselseitigen Vermietung dieser Wohnungen5. Im dem vom BFH entschiedenen Fall gehörte der Mutter des Klägers ein Zweifamilienhaus; diese bewohnte die Erdgeschosswohnung, während die Wohnung im Obergeschoss an den Kläger vermietet war. Die Eigentümerin teilte das Haus in zwei Eigentumswohnungen auf und übertrug die von ihr genutzte Erdgeschosswohnung teilentgeltlich auf ihren Sohn. Dieser vermietete nunmehr die Erdgeschosswohnung an seine Mutter und nutzte weiterhin die Wohnung im Obergeschoss aufgrund des bestehenden Mietvertrages. – die Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, verbunden mit der gleichzeitigen Vereinbarung über die (teil-)entgeltliche Nutzungsüberlassung einer Wohnung in dem übertragenen Haus zwischen den Eltern (als den früheren Eigentümern) und dem Sohn (als dem neuen Eigentümer)6;

1 Vgl. BFH v. 11.11.1988 – III R 268/84, BStBl. II 1989, 872, sowie v. 19.12.1995 – IX R 35/94, BFH/NV 1996, 598. 2 BFH v. 25.7.1995 – IX R 66/93, BFH/NV 1996, 123. 3 BFH v. 21.10.1997 – IX R 57/96, BStBl. II 1998, 108 = DB 1998, 501 = ZfIR 1998, 226. 4 BFH v. 26.11.1996 – IX R 51/94, BVH/NV 1997, 404. 5 BFH v. 12.9.1995 – IX R 54/93, BStBl. II 1996, 158 = DB 1996, 74 = NJW 1996, 1623. 6 BFH v. 19.12.1995 – IX R 35/94, BFH/NV 1996, 598.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.88 Kap. 13

– die gleichzeitige Vereinbarung eines Nießbrauchs und eines Mietvertrages im Rahmen einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung, wenn das dingliche Nutzungsrecht lediglich zur Sicherung des Mietverhältnisses vereinbart und nicht tatsächlich ausgeübt wird1. dd) Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter In einem Komplex zahlreicher Verfahren hat sich der BFH eingehend mit der Frage befasst, ob Mietverträge unter Angehörigen steuerrechtlich als Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO zu beurteilen sind, wenn der Mieter das Grundstück zuvor gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter übertragen hat2. In drei Leitentscheidungen hat er folgende Grundsätze aufgestellt: – Der Abschluss eines solchen Mietvertrages allein stellt keinen Gestaltungsmissbrauch dar3; im entschiedenen Fall hatte der Kläger von seinem Vater ein Zweifamilienhaus übertragen bekommen, im Gegenzug seinen Eltern im Obergeschoss des Hauses ein Wohnungsrecht eingeräumt und sich zur lebenslangen Zahlung von monatlich 400 DM verpflichtet. Wie im Übertragungsvertrag vorgesehen, schloss der Kläger mit seinen Eltern einen Mietvertrag, nach dem sie Miete von monatlich 500 DM zu zahlen hatten. Nach Auffassung des BFH sind die Eigentumsübertragung und die anschließende Vermietung zivilrechtlich und wirtschaftlich getrennt und auch steuerrechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen. Es sei unerheblich, ob das Eigentum unentgeltlich, gegen einen in einem Betrag geleisteten Kaufpreis, gegen Kaufpreisraten oder gegen Versorgungsleistungen übertragen worden sei. Dass die Versorgungsleistung im Wesentlichen der Miete entspreche, bedeute keinen Gestaltungsmissbrauch. Auch ein Nebeneinander von Wohnungsrecht und Mietvertrag sei zivilrechtlich zulässig und steuerrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. – Ein Gestaltungsmissbrauch liegt auch dann nicht vor, wenn der frühere Eigentümer auf die Ausübung eines ihm im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung eingeräumten unentgeltlichen Wohnungsrechts verzichtet und stattdessen später mit dem neuen Eigentümer einen Mietvertrag schließt. Ersetzen die Vertragspartner eine bisher gewährte unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch eine entgeltliche, so stellen sie eine Rechtslage her, die sie bereits beim Eigentumsübergang hätten herstellen können und deren Herstellung zu einem späteren Zeitpunkt nicht anders beurteilt werden kann4. – Demgegenüber liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn ein im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung eingeräumtes unentgeltliches Woh1 BFH v. 3.2.1998 – IX R 38/96, BStBl. II 1998, 539 = DB 1998, 965 = NJW 1998, 3143 = ZfIR 1998, 312. 2 Siehe hierzu ausführlich Heuermann, StuW 2004, 124. 3 BFH v. 10.12.2003 – IX R 12/01, BStBl. II 2004, 643 = FR 2004, 714 m. Anm. Fischer = DB 2004, 793 = NJW 2004, 2119 = ZfIR 2004, 391. 4 BFH v. 17.12.2003 – IX R 60/98, BStBl. II 2004, 646 = FR 2004, 721 m. Anm. Fischer = DB 2004, 795 = ZfIR 2004, 388.

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13.88

Kap. 13 Rz. 13.89 Miet- und Pachtverträge

nungsrecht gegen Vereinbarung einer dauernden Last aufgehoben und gleichzeitig ein Mietverhältnis mit einer Miete in Höhe der dauernden Last vereinbart wird1. In diesem Fall hatte der Kläger von seiner Mutter ein Gebäude übertragen bekommen, an dem zugleich ein unentgeltliches Wohnungsrecht für die Mutter eingetragen worden war. Später verzichtete die Mutter auf das Wohnungsrecht; der Kläger verpflichtete sich, an sie ab diesem Zeitpunkt anstelle des Wohnungsrechts einen Betrag von monatlich 400 DM als dauernde Last zu zahlen. Gleichzeitig schlossen der Kläger und seine Mutter einen Mietvertrag, nach dem sie an ihn eine Miete von 400 DM zu zahlen hatte. Die Rechtsprechung sieht hierin einen Gestaltungsmissbrauch, weil die Vertragsparteien durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreicht haben, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung kommt. Die Parteien haben zwar wechselseitige Zahlungspflichten begründet; diese gleichen sich aber aus und verändern die Position der unentgeltlich nutzenden Mutter tatsächlich und wirtschaftlich nicht. Der strittige Werbungskostenüberschuss und die dauernde Last sind daher nicht zu berücksichtigen. ee) Rechtsmissbrauch bei Mietverträgen mit Unterhaltsberechtigten (1) Rechtsentwicklung

13.89

Mietverträge mit unterhaltsberechtigten Angehörigen, insbesondere mit studierenden Kindern, stellen häufig ein Problem dar.2 In seiner früheren Rechtsprechung3 war der BFH bei einer Vermietung an volljährige Kinder, die die Miete aus dem von den Eltern geleisteten Barunterhalt zahlen mussten, noch regelmäßig von einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung i.S.d. § 42 AO ausgegangen. Diese Rechtsprechung war zu Recht auf Kritik gestoßen4. Insbesondere wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht; die bisherige Rechtsprechung sei mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil der Anknüpfungspunkt für die Annahme des Missbrauchs allein in der neben dem Mietverhältnis bestehenden Familienbeziehung bestehe5. Aufgrund dieser Einwände hatte der IX. Senat des BFH seine Rechtsprechung zu dieser Frage eingeschränkt. So hat er mit Urteil vom 28.3.19956 – im Anschluss an die Rechtsprechung des X. Senats des BFH7 – entschieden, dass kein Missbrauch i.S.d. § 42 AO vorliege, wenn Eltern ihrem unterhaltsberechtigten Kind eine ihnen gehörende Wohnung vermieten und das Kind neben den Unterhaltsleistungen – aus einer Schenkung der Eltern – über eigene Mittel verfügt, aus denen es 1 BFH v. 17.12.2003 – IX R 56/03, BStBl. II 2004, 648 = FR 2004, 718 m. Anm. Fischer = DB 2004, 796 = ZfIR 2004, 390; vgl. hierzu auch schon BFH v. 25.7.1995 – IX R 66/93, BFH/NV 1996, 123. 2 Siehe dazu ausführlich Thürmer, DB 2003, 1012. 3 Vgl. BFH v. 23.2.1988 – IX R 157/84, BStBl. II 1988, 604; v. 14.6.1988 – IX B 157/87, BFH/ NV 1990, 97. 4 Drenseck, FR 1988, 337; Reiner, KFR Fach 2, § 42 AO, 8/88, 211; Bordewin, RWP 1988, 1171, SG 1.3. 5 Pezzer, StuW 1994, 341; Pezzer, DStR 1995, 1900 f. 6 BFH v. 28.3.1995 – IX R 47/93, BStBl. II 1996, 59 = DB 1995, 1546 = NJW 1995, 2184. 7 BFH v. 23.2.1994 – X R 131/93, BStBl. II 1994, 694 = DB 1994, 1550 = NJW 1994, 2640.

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B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.91 Kap. 13

die Miete zahlen kann. Die Finanzverwaltung hatte auf die Entscheidung, die der früheren Verwaltungsregelung widersprach, zunächst noch mit einem sog. Nichtanwendungserlass reagiert1. Nach ihrer Auffassung seien die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung i.S.v. § 42 AO auch dann erfüllt, wenn die Unterhaltsberechtigten die Mietzahlungen allein aus der Substanz des zugewendeten Kapitalvermögens bestreiten können; bei einer derartigen Gestaltung sei davon auszugehen, dass die Eltern mit der Geldschenkung den Unterhaltsanspruch des Kindes im Voraus erfüllten. Mit Urteil vom 19.12.19952 hat der BFH sodann unter ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber seiner bisherigen Rechtsprechung klargestellt, dass es grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn ein unterhaltsverpflichteter Sohn seiner Mutter den Unterhalt in Geld auszahlt und wegen der Überlassung einer ihm gehörenden Wohnung einen Mietvertrag mit der Mutter abschließt. Den maßgebenden Unterschied zu dem Fall der Vermietung an ein unterhaltsberechtigtes Kind sieht der BFH darin, dass Kinder nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet sind, den Eltern den Unterhalt in Form einer Geldrente zu gewähren und sie daher – anders als umgekehrt die Eltern gegenüber den Kindern – von sich aus nicht bestimmen können, in welcher Weise sie den Unterhalt gewähren; insbesondere könnten sie die Eltern nicht auf eine (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs durch Überlassen einer Wohnung verweisen3. Konsequenterweise hat der BFH mit Urteil vom 28.2.19974 zusätzlich entschieden, dass keine rechtsmissbräuchliche Gestaltung i.S.d. § 42 AO vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger eine Wohnung an seine volljährige Tochter und deren Ehemann vermietet, auch wenn die Tochter unterhaltsberechtigt ist. Zum einen liege hier nicht nur ein Mietvertrag mit der unterhaltsberechtigten Tochter, sondern auch mit dem nicht unterhaltsberechtigten (und im Streitfall auch nicht unterstützten) Schwiegersohn vor; dieses Mietvertragsverhältnis könne nicht getrennt und mithin nur insgesamt als nicht rechtsmissbräuchlich beurteilt werden. Zum anderen könne ein unterhaltsverpflichteter Vater gegenüber seiner verheirateten Tochter gem. § 1612 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB auch die Art der Unterhaltsleistung nicht bestimmen, sondern sei zur Zahlung des Unterhalts in Form einer Geldrente verpflichtet.

13.90

(2) Aktuelle Rechtsprechung Mit den Urteilen vom 19.10.19995 hat der IX. Senat des BFH schließlich unter ausdrücklicher Änderung der Rechtsprechung gegenüber seinem Urteil vom 23.2.19886 entschieden, dass ein Mietvertrag, den Eltern mit ihrem unterhaltsberechtigten Kind schließen, nicht rechtsmissbräuchlich ist, weil das Kind die Miete aus dem Bar1 2 3 4 5

BMF v. 22.1.1996, BStBl. I 1996, 37. BFH v. 19.12.1995 – IX R 85/93, BStBl. II 1997, 52 = DB 1996, 1449 = NJW 1996, 2390. Vgl. auch Anm. KE in DStR 1996, 1084. BFH v. 28.1.1997 – IX R 27/95, BStBl. II 1997, 599 = DB 1997, 1545 = NJW 1997, 2542. BFH v. 19.10.1999 – IX R 30/98, BStBl. II 2000, 223 = DB 2000, 124 = ZfIR 2000, 149; v. 19.10.1999 – IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224 = FR 2000, 204 m. Anm. Fischer = NJW 2000, 758 = ZfIR 2000, 146. 6 BFH v. 23.2.1988 – IX R 157/84, BStBl. II 1988, 604.

Schallmoser

945

13.91

Kap. 13 Rz. 13.92 Miet- und Pachtverträge

unterhalt der Eltern zahlt1. Dabei hat er sich maßgebend von folgender Erwägung leiten lassen: Es stehe den Eltern nach § 1612 Abs. 2 BGB frei, ihrem unterhaltsberechtigten Kind Barunterhalt zu gewähren, von dem es die Kosten einer Wohnung bestreiten könne, oder aber ihm Wohnraum unmittelbar zu überlassen. Die Entscheidung der Eltern, die dem familiären Bereich zuzuordnen sei, sei grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen. Sie könne nicht darauf überprüft werden, ob sie (überwiegend) aus steuerlichen oder außersteuerlichen Erwägungen getroffen worden sei mit der Folge, dass im ersteren Fall die Unterhaltszahlung in bar steuerrechtlich wie eine Naturalleistung zu behandeln wäre; auf diese Weise würde nämlich mittelbar das Recht der Eltern gem. § 1612 Abs. 2 BGB eingeschränkt.

13.92

Der IX. Senat des BFH hat seine neue Rechtsprechung – z.B. mit Urteil vom 17.12.20022 – ausdrücklich bestätigt. Er hat allerdings mit Beschluss vom 16.1.20033 klargestellt, dass Wohnräume im Haus der Eltern, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, nicht mit steuerrechtlicher Wirkung an volljährige unterhaltsberechtigte Kinder vermietet werden können. Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung übernommen4. ff) Rechtsmissbrauch bei Verträgen zwischen Geschiedenen

13.93

Häufig werden im Rahmen von Scheidungsfolgenvereinbarungen Regelungen über die weitere Nutzung der bisherigen ehelichen Wohnung oder solcher Grundstücke getroffen, die einem oder beiden ehemaligen Ehegatten gehören. Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage der steuerrechtlichen Beurteilung solcher Vereinbarungen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Abschluss eines Mietvertrages mit einem geschiedenen Ehegatten und die Verrechnung der Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt grundsätzlich keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen5. Denn im Regelfall kann der geschiedene Ehegatte nur eine Geldrente verlangen (§ 1585 Abs. 1 BGB); lediglich in Ausnahmefällen kommt eine Kapitalabfindung (§ 1585 Abs. 2 BGB) oder eine andere Form des Unterhalts in Betracht. Ein Anspruch des Unterhaltsverpflichteten, ihm aus besonderen Gründen zu gestatten, auf andere Weise Unterhalt zu gewähren (wie er nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB gegenüber Verwandten in gerader Linie gegeben ist), oder ein einseitiges Bestimmungsrecht wie für Eltern hinsichtlich des Unterhalts ihrer Kinder (§ 1612 Abs. 2 BGB) besteht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten gerade nicht. Da der Unterhaltsverpflichtete mithin grundsätzlich zur Leistung von Barunterhalt in voller Höhe verpflichtet ist, ist der Abschluss eines Mietvertrages regelmäßig angemessen; die Verrechnung der Miete 1 BFH v. 19.10.1999 – IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224 = FR 2000, 204 m. Anm. Fischer = NJW 2000, 758 = ZfIR 2000, 146; v. 17.12.2002 – IX R 18/00, BFH/NV 2003, 749. Zur Verrechnung von Ansprüchen bei Mietverträgen mit Kindern s. BFH v. 19.10.1999 – IX R 30/98, BStBl. II 2000, 223 = DB 2000, 124 = ZfIR 2000, 149; v. 19.10.1999 – IX R 80/97, BFH/NV 2000, 429; Siehe hierzu ferner Spindler, ZfIR 2000, 150. 2 BFH v. 17.12.2002 – IX R 58/00, BFH/NV 2003, 750. 3 BFH v. 16.1.2003 – IX B 172/02, BStBl. II 2003, 301. 4 Siehe H 21.4 EStH 2012. 5 BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214.

946

Schallmoser

B. Einkommensteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.111 Kap. 13

mit dem geschuldeten Barunterhalt ist zulässig1. Der überlassende Ehegatte kann auch nicht darauf verwiesen werden, dem geschiedenen Ehegatten eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Schließen die geschiedenen Ehegatten hingegen keinen Mietvertrag, sondern überlässt ein Ehegatte dem anderen eine Wohnung im Rahmen einer Unterhaltsvereinbarung zur künftigen Nutzung mit den gemeinsamen Kindern, so erzielt der überlassende Ehegatte keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung2.

13.94

gg) Rechtsmissbrauch bei Verträgen zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften Zweimal hatte der BFH sich bislang mit der Vermietung von Wohnraum an Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu befassen3. In beiden Fällen hatte der Eigentümer die Wohnung zur Hälfte an den mit ihm in dem gemeinsamen Haushalt lebenden nichtehelichen Partner vermietet. In beiden Fällen hat der BFH den Mietverträgen keine steuerrechtliche Bedeutung beigemessen, ohne sie allerdings ausdrücklich als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO zu bezeichnen. Solange die Lebensgemeinschaft bestehe, gehe ein Mietvertrag über einen Teil der Wohnung des Partners steuerrechtlich ins Leere. Nicht ein zivilrechtlicher Vertrag, sondern die persönliche Beziehung (die „innere Bindung“) der Partner sei Grundlage des gemeinsamen Wohnens. Aus dem wirtschaftlichen Aspekt der Lebensgemeinschaft ergebe sich, dass beide Partner nach ihren Kräften finanziell zur gemeinsamen Lebensführung beitrügen, wozu auch das Wohnen gehöre. Die als „Mietzins“ erklärten Zahlungen des einen Partners seien daher als Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung zu werten4.

13.95

13.96–13.110

Einstweilen frei.

III. Steuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Ferienhausmietverträgen Literatur: Kreft, Verlustnutzung bei vermieteten Ferienwohnungen: Ein ewiger Streitpunkt mit der Finanzverwaltung, GStB 2012, 205; Thürmer, Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Ferienwohnungen, Festschrift Spindler 2011, 833; Wüllenkemper, Ferienwohnung: Totalüberschussprognose bei geringfügiger Selbstnutzung, EFG 2012, 1264; Hutmacher, Ferienobjekte (Ferienhäuser und -wohnungen) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ZNotP 2014, 130.

Bei der Gestaltung von Ferienhausmietverträgen wird das Interesse des Eigentümers der Ferienimmobilie regelmäßig dahin gehen, evtl. entstehende Verluste steuerlich 1 BFH v. 16.1.1996 – IX R 13/92, BStBl. II 1996, 214. 2 BFH v. 17.3.1992 – IX R 264/87, BStBl. II 1992, 1009. 3 BFH v. 8.8.1990 – IX R 122/86, BStBl. II 1991, 171 und v. 30.1.1996 – IX R 100/93, BStBl. II 1996, 359. 4 BFH v. 30.1.1996 – IX R 100/93, BStBl. II 1996, 359 = DB 1996, 917; s.a. H 21.4 EStH 2015.

Schallmoser

947

13.111

Kap. 13 Rz. 13.112 Miet- und Pachtverträge

nutzen zu können. Werden im Rahmen der Ferienhausvermietung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wird der Steuerpflichtige bestrebt sein, eine Überschussprognose zu „vermeiden“. Denn selbst in nachgefragten Ferienregionen belegene Ferienimmobilien haben regelmäßig eine schwächere, zumeist auch eine unsichere Renditeerwartung als dauerhaft zu Wohnzwecken vermietete Objekte in vergleichbar guter Lage. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob eine Ferienwohnung mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet wird, aus steuerrechtlicher Sicht von strategischer Bedeutung. Die Rechtsprechung unterscheidet danach, ob das Objekt ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird oder ob sie von dem Steuerpflichtigen (auch) selbst genutzt wird bzw. er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat (s. Rz. 1.417 ff.).

13.112

Nur wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige die Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereit hält und sie im Übrigen nicht selbst nutzt, ist – soweit nicht die ortsübliche Vermietungszeit erheblich unterschritten wird – ohne weitere Prüfung vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen (s. Rz. 1.418 f.). Vor diesem Hintergrund ist bereits bei der Investitionsentscheidung in eine Ferienimmobilie die weitere Nutzung sorgsam zu bedenken: – Ist beabsichtigt, die Ferienimmobilie ausschließlich an wechselnde Feriengäste zu vermieten und in der übrigen Zeit hierfür bereit zu halten und sie im Übrigen nicht selbst zu nutzen, kann das Objekt mit einem höherem Fremdmittelanteil finanziert werden. Denn die Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen wird insoweit typisierend unterstellt. Ob die Ferienwohnung in Eigenregie vermietet oder mit der Vermietung ein Dritter beauftragt wird, spielt insoweit keine Rolle. Allerdings ist zu beachten, dass im Fall der Inanspruchnahme eines Vermittlers der Vermittlungsvertrag eine Selbstnutzung der Wohnung ausschließen muss1. Denn eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen ist schon dann erforderlich, wenn er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat – unabhängig davon, ob, wann und in welchem Umfang er von seinem Eigennutzungsrecht tatsächlich Gebrauch macht oder nicht (s. Rz. 1.421)2. – Ist beabsichtigt, die Ferienimmobilie (auch) selbst zu nutzen, kann das Objekt nur in einem Umfang fremdfinanziert werden, der eine positiv verlaufende Überschussprognose (zu Einzelheiten s. Rz. 1.422 f.) erwarten lässt. Andernfalls wird die Finanzverwaltung die Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen (zu Recht) als Liebhaberei steuerrechtlich unbeachtet lassen3.

13.113

Führt eine nach diesen Grundsätzen durchzuführende Überschussprognose nicht zu einem „Totalüberschuss“ bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, be1 Diesem Aspekt ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da vorformulierte Vertragsbedingung in Vermittlungsverträgen häufig eine Selbstnutzung durch den Eigentümer außerhalb der Saison vorsehen. 2 BFH v. 16.4.2013 – IX R 26/11, BStBl. II 2013, 613 = FR 2013, 999 m. Anm. Bode = DB 2013, 1639. 3 Wüllenkemper, EFG 2012, 1264.

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Schallmoser

C. Umsatzsteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.133 Kap. 13

stünde eine mögliche Handlungsalternative auch in der „Flucht“ in die Gewerblichkeit1, da bei einer im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb durchzuführenden Gewinnprognose ein Gewinn aus der Veräußerung der Immobilie oder der Aufgabe des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen ist2.

13.114–13.130

Einstweilen frei.

C. Umsatzsteuerrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Miet- und Pachtverträgen Die Vermietung oder Verpachtung (Nutzungsüberlassung) eines im Inland belegenen Grundstücks stellt einen in Deutschland umsatzsteuerbaren Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dar. Die Nutzungsüberlassung ist – ebenso wie die Lieferung (s.o. Rz. 1.800 ff.) – grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit, § 4 Nr. 12 UStG.

13.131

I. Gegenstand der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG – Nach § 4 Nr. 12 UStG sind Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Buchst a UStG),

13.132

– der Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung aufgrund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrages oder Vorvertrages (§ 4 Nr. 12 Buchst. b UStG) und – der Bestellung, der Übertragung und der Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Buchst. c UStG) steuerfrei. Der Begriff des Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG entspricht dabei dem Grundstücksbegriff i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Insoweit wird auf die Ausführungen in Rz. 1.808 ff. verwiesen. Von der Steuerbefreiung ausgenommen, und somit stets umsatzsteuerpflichtig, sind nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG die – Vermietung und Verpachtung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von fremden bereithält, – die Vermietung von Abstellplätzen für Fahrzeuge, – die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen und

1 Zu den Voraussetzungen der Annahme einer gewerblichen Vermietung s. Rz. 1.402; Finanzverwaltung H 15.7 (2) EStH 2015 „Ferienwohnung“; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 21 EStG Anm. 72. 2 Zu den Vor- und Nachteilen der Prognose im Bereich des § 15 EStG einerseits und des § 21 EStG andererseits s. Kreft, GStB 2012, 205; s.a. Finanzverwaltung H 15.3 EStH 2015 „Totalgewinn“.

Küffner

949

13.133

Kap. 13 Rz. 13.134 Miet- und Pachtverträge

– die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und Betriebsvorrichtungen, selbst wenn diese wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks sind (s. hierzu auch Rz. 4.354). – Nach der Rechtsprechung ist die Vermietung aber insgesamt steuerfrei, wenn die Vermietung des Gebäudes und der Betriebsvorrichtung(en) als einheitliche Leistung zu qualifizieren ist. Das ist der Fall, wenn die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nicht prägend ist1.

13.134

In Anlehnung an § 9 Abs. 2 AO ist eine Vermietung nicht mehr kurzfristig, wenn sie länger als sechs Monate dauert2. Bei der Vermietung von Wohn- und Schlafräumen ist dabei auf die aus den äußeren Umständen ableitbare Absicht des Vermieters abzustellen. Als Anhaltspunkte können die vereinbarte Vertragsdauer, die kurzfristige Kündbarkeit des Mietvertrages3 und die tatsächliche Verweildauer des Mieters dienen4. Bei Campingplätzen dagegen kommt es auf die tatsächliche Nutzungsüberlassung an5.

13.135

Soweit die Vermietung von Abstellplätzen Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksüberlassung ist, ist auch die Parkplatzüberlassung steuerfrei6. Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Parkplatz im selben Gebäudekomplex wie das als Hauptleistung überlassene Grundstück befindet. Zudem müssen Mieter und Vermieter jeweils identisch sein7.

13.136

Ebenfalls von der Steuerbefreiung umfasst werden weitere Leistungen, die typischerweise als Nebenleistung zur Grundstücksüberlassung auftreten (z.B. Mietnebenkosten)8. Hierzu zählen insbesondere die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit (Warm-)Wasser, die zentrale Reinigung von Treppen und Fluren sowie deren Beleuchtung und die Überlassung von Waschmaschinen, und dergleichen zur Nutzung durch die Mieter9. Demgegenüber sind die Lieferung von Heizöl und -gas sowie die

1 Vgl. dazu BFH v. 7.5.2014 – V B 94/13, BFH/NV 2014, 1242; FG Düsseldorf v. 8.7.2016 – 1 K 1397/13 U, MwStR 2016, 918; anders wohl die Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. Abschn. 4.12.1 Abs. 6 UStAE. 2 Vgl. BFH v. 27.10.1993 – XI R 69/90, BFH/NV 1994, 744; EuGH v. 12.2.1998 – Rs. C-346/95 – Blasi, UR 98, 189; Abschn. 4.12.3 Abs. 2 Satz 1, Abschn. 4.12.9 Abs. 1 Satz 2 UStAE. 3 BFH v. 15.1.1996 – V R 6/95, UR 1997, 181. 4 Bunjes/Heidner16, § 4 Nr. 12 UStG Rz. 42. 5 Vgl. BFH v. 13.2.2008 – XI R 51/06, BStBl. II 2009, 63; Abschn. 4.12.3 Abs. 2 Satz 1, Abschn. 4.12.9 Abs. 1 Satz 2 UStAE. 6 Vgl. EuGH v. 13.7.1989 – Rs. C-173/88 – Henriksen, UR 1991, 42; Abschn. 4.12.2 Abs. 3 Satz 4 UStAE. 7 Vgl. EuGH v. 13.7.1989 – Rs. C-173/88 – Henriksen, UR 1991, 42; BFH v. 28.6.2007 – V B 12/06, BFH/NV 2007, 2363. 8 BFH v. 9.12.1993 – V R 38/91, BStBl. II 1994, 585. 9 Vgl. BFH v. 15.1.2009 – V R 91/07, BStBl. II 2009, 615; EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-572/07 – Tellmer Property, UR 2009, 1260; v. 27.9.2012 – Rs. C-392/11 – FFW, UR 2012, 964; Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE.

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Küffner

C. Umsatzsteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.140 Kap. 13

Überlassung von Einrichtungsgegenständen keine Nebenleistungen zur Grundstücksvermietung1. Unter die Steuerbefreiung fallen grundsätzlich auch Abstandszahlungen, mit der eine Partei des Mietvertrags die vorzeitige Auflösung des Vertrags begehrt2. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Abstandszahlung folgt dabei der Behandlung der Miete. Sofern eine steuerpflichtige Vermietung vorlag, ist auch die Abstandszahlung umsatzsteuerpflichtig.

13.137

II. Die Option bei der Grundstücksvermietung Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer bei der Vermietung eines Grundstücks an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichten. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG schränkt die Optionsmöglichkeit bei der Vermietung jedoch dahingehend ein, dass eine Option nur zulässig ist, wenn der Mieter beabsichtigt, das Grundstück ausschließlich für Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (sog. Abzugsumsätze). Maßgeblich ist dabei die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts. Eine ggf. erfolgte, unzutreffende Steuerfestsetzung beim Mieter hat keinen Einfluss auf die Optionsmöglichkeit des Vermieters3.

13.138

§ 9 Abs. 2 UStG gilt nach § 27 Abs. 2 UStG jedoch nicht für sog. Altgebäude4. Wird das Altgebäude nachträglich jedoch derart umfassend saniert oder umgebaut, dass nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen5 ein neues Wirtschaftsgut entsteht, gilt das Gebäude nicht mehr als Altgebäude6.

13.139

Sofern kein Altgebäude vorliegt, ist die Option somit dem Grunde nach ausgeschlossen, wenn der Mieter auch steuerfreie Umsätze tätigt, die den Vorsteuerabzug ausschließen (sog. Ausschlussumsätze). Mieter mit Ausschlussumsätzen sind regelmäßig Banken (§ 4 Nr. 8 UStG), Versicherungen (§ 4 Nr. 10 UStG), Ärzte und andere Heilberufe (§ 4 Nr. 14 UStG), Träger der Sozialversicherung (§ 4 Nr. 15 UStG), Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime (§ 4 Nr. 16 UStG) oder auch Privatschulen (§ 4 Nr. 21 UStG). Bei mehreren hintereinander geschalteten Vermietungsumsätzen sind alle Umsätze entlang der Kette relevant für die Beurteilung der Ausschließlichkeit7. Steht am Ende (oder in der Mitte) eine steuerfreie Grundstücksvermietung, färbt dies regelmäßig auf alle anderen Umsätze in der Kette ab8.

13.140

1 Vgl. Abschn. 4.12.1 Abs. 6 UStAE. 2 Vgl. EuGH v. 15.12.1993 – Rs. C-63/92 – Lubbock Fine, BStBl. II 1995, 480; Abschn. 4.12.1 Abs. 1 Satz 5 UStAE. 3 Vgl. BFH v. 11.3.2009 – XI R 71/07, BStBl. II 2010, 209. 4 Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 5 UStAE. 5 Vgl. H 7.3 zu R 7.3 EStR. 6 Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 6 UStAE. 7 Vgl. BFH v. 21.4.1993 – XI R 55/90, BStBl. II 1994, 266. 8 Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 1 Bsp. 1 UStAE.

Küffner

951

Kap. 13 Rz. 13.141 Miet- und Pachtverträge

13.141

Entgegen dem Wortlaut soll eine ausschließliche Verwendung für Abzugsumsätze auch dann vorliegen, wenn der Mieter das Grundstück nur geringfügig für Ausschlussumsätze verwendet. Eine geringfügige Verwendung durch den Mieter ist anzunehmen, wenn die Verwendung für Ausschlussumsätze nicht mehr als 5 % beträgt (sog. Bagatellgrenze)1.

13.142

Beispiel2: Unternehmer V vermietet ein zu seinem Unternehmen gehörendes Grundstück an Unternehmer Z, der das Grundstück wiederum an den Arzt A vermietet. a) A betreibt in den gemieteten Räumlichkeiten seine Arztpraxis, in der er ausschließlich steuerfreie Heilbehandlungen i.S.d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erbringt. b) A betreibt in den gemieteten Räumlichkeiten eine Praxis für Schönheitschirurgie, mit der er ausschließlich steuerpflichtige Umsätze erzielt. An fünf Wochenenden im Jahr vermietet A die Praxis an eine private MTA-Schule (S), die die Räumlichkeiten für Unterrichtseinheiten nutzt (steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG). c) A betreibt in den gemieteten Räumlichkeiten eine Praxis für Schönheitschirurgie, mit der er ausschließlich steuerpflichtige Umsätze erzielt. Jeden Mittwoch vermietet A die Praxis an einen Unfallchirurg U, der in den Räumlichkeiten steuerfreie Heilbehandlungen erbringt. In Variante a kann V nicht zur Umsatzsteuerpflicht seiner Vermietung an Z optieren. Denn Z vermietet das Grundstück seinerzeit an A, der die gemieteten Räumlichkeiten ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Z kann gegenüber A somit nicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichten. Die Vermietung des Z an A ist steuerfrei. Dies schlägt wiederum auf die Vermietung des V an Z durch, da Z das Grundstück somit ebenfalls für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. (steuerfreie Vermietung an A). In Variante b ist eine steuerpflichtige Vermietung von V an Z und von Z an A dagegen möglich. Zwar schlägt die steuerfreie Vermietung des A an S grundsätzlich auf die vorangehenden Stufen durch. Allerdings verwendet A die Praxis nur an 10 von 365 Tagen (ca. 3 %) im Jahr (geringfügig) zur Erbringung von Ausschlussumsätzen. Z kann deshalb gegenüber A steuerpflichtig vermieten. Die Vermietung von A an S ist dagegen zwingend steuerfrei, da S die Räumlichkeiten ausschließlich für Ausschlussumsätze verwendet. In Variante c sind dagegen alle Vermietungen steuerfrei, da A seine Praxisräume an 52 Tagen, und somit nicht nur geringfügig (ca. 14 %), für Ausschlussumsätze verwendet.

13.143

Zudem ist auch beim Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG eine Teiloption zulässig3. Aus Sicht der Finanzverwaltung kommt es darauf an, dass sich die Option auf abgrenzbare Grundstücksteile bezieht. Als abgrenzbare Grundstücksteile gelten Gebäude, Gebäudeteile, einzelne Stockwerke und auch einzelne Räume. Maßgeblich soll sein, dass der jeweilige Gebäudeteil eindeutig bestimmbar ist, das heißt baulich abgrenzbar4. Folglich kommt eine Option hinsichtlich einzelner Teilflächen eines Raumes nicht mehr in Betracht5. Der jeweilige Gebäudeteil muss vom 1 2 3 4 5

Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE. Vgl. die Beispiele in Abschn. 9.2 Abs. 1 und Abs. 3 UStAE. Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 1 Satz 4 UStAE; vgl. allgemein zur Teiloption: Rz. 1.830 ff. Vgl. BFH v. 20.4.2014 – V R 27/13, UR 2014, 698. Vgl. BFH v. 20.4.2014 – V R 27/13, UR 2014, 698; siehe auch Abschn. 9.1 Abs. 6 Satz 3, Abschn. 9.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE; OFD Frankfurt v. 3.8.2016, DStR 2016, 1545.

952

Küffner

C. Umsatzsteuerrechtliche Gestaltungsaspekte

Rz. 13.146 Kap. 13

Mieter jedoch wieder ausschließlich für Abzugsumsätze verwendet werden. Bei der Beurteilung ist jeder Gebäudeteil gesondert zu betrachten1. Demgegenüber ist eine rein quotale Option nach dem Verhältnis der vom Mieter erbrachten Abzugs- zu den Ausschlussumsätzen wohl nicht zulässig2. Beispiel3: Unternehmer V vermietet ein zu seinem Unternehmen gehörendes Grundstück an den Arzt A. Der Arzt betreibt in den Räumlichkeiten (2 Stockwerke) eine Praxis für Schönheitschirurgie. A erbringt sowohl steuerfreie (§ 4 Nr. 14 UStG) als auch steuerpflichtige Leistungen. Der Anteil der steuerfreien Leistungen am Gesamtumsatz des A beträgt 50 %.

13.144

a) A nutzt beide Stockwerke zur Erbringung von steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen. b) A nutzt das EG ausschließlich für die Erbringung von steuerfreien Heilbehandlungen. Im OG erbringt A nur steuerpflichtige Leistungen. In Variante a kann V nicht zur Umsatzsteuerpflicht optieren, da A die Räumlichkeiten nicht ausschließlich zur Erbringung von Abzugsumsätzen verwendet. Auch die Bagatellgrenze kommt nicht in Betracht. In Variante b ist eine Option hingegen möglich. Die Option ist jedoch auf das OG zu beschränken, da nur dieses ausschließlich für Abzugsumsätze verwendet wird.

Der Vermieter muss das Vorliegen der Voraussetzungen für die Option gem. § 9 Abs. 2 Satz 2 UStG gegenüber den Finanzbehörden nachweisen, insbesondere auch die unschädliche Verwendung durch den Mieter. Als Nachweis genügt eine Bestätigung des Mieters oder auch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag4. Die Parteien sollten deshalb im Fall einer steuerpflichtigen Vermietung im Mietvertrag vereinbaren, dass der Mieter das Grundstück ausschließlich für Abzugsumsätze verwenden darf. Verwendet der Mieter das Grundstück dennoch für Ausschlussumsätze, macht er sich schadenersatzpflichtig. Der Schaden des Vermieters besteht in diesem Fall regelmäßig in einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

13.145

Die Ausübung der Option bei der Vermietung ist formfrei möglich. Regelmäßig erfolgt die Option durch mietvertragliche Vereinbarung (Miete zzgl. Umsatzsteuer). Es empfiehlt sich, neben der Angabe von Miete und Umsatzsteuer auch sämtliche weiteren Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG in den Mietvertrag mit aufzunehmen. Hierdurch erfüllt der Mietvertrag die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung, so dass der Mieter unmittelbar aus dem Mietvertrag den Vorsteuerabzug geltend machen kann5.

13.146

1 BFH v. 20.7.1988 – X R 6/80, BStBl. II 1988, 915. 2 Vgl. Zugmaier/Grimm, NWB 2013, 3060; anders hingegen bei der Veräußerung eines Grundstücks, s.o. Rz. 168. 3 Vgl. die Beispiele in Abschn. 9.2 Abs. 1 und Abs. 3 UStAE. 4 Vgl. Abschn. 9.2 Abs. 4 Satz 3 UStAE. 5 Neben dem Mietvertrag muss der Mieter noch Leistungsbelege (Kontoauszüge oder Quittungen) vorlegen, aus denen sich Angaben zum jeweiligen Leistungsabschnitt (z.B. Monat) ergeben, vgl. BFH v. 7.7.1988 – V B 72/86, BStBl. II 1988, 913.

Küffner

953

Stichwortverzeichnis Bearbeiterin: Rechtsanwältin Karin Lutz Zahlenangaben entsprechen den Randzahlen. Zahlen mit dem Zusatz „M“ geben Muster-Nummern an, gefolgt von der Angabe der Randzahl.

Abbruchkosten

– AfaA 1.512 ff. – Herstellung 1.483 – Werbungskostenabzug 1.571 Abfärbetheorie – Anteilsmodell, Bauträgerkaufvertrag 3.266 – atypisch stille Gesellschaft 4.312 f. – Familien-KG 8.67 – Gewerbesteuer 1.660; 1.663 f. – Mischnachlass 4.306 – Photovoltaik-Anlage 10.50 ff. – Schenkung 4.308 ff. Abfindung – Ausschluss, Familien-KG 8.42 ff.; 8.45 ff. – Besteuerung, Erbbaurechtsübertragung 5.118 ff. Abflussprinzip 12.107 ff. Abgeschlossenheitsbescheinigung – Dauerwohnrecht 6.7 f. – Wohnungsbegriff 4.245 – Wohnungseigentum 4.16 Abnahme – Abnahmereife 3.70 – Fiktion 3.129 – Formulierungsvorschlag M41, 3.157 – Gemeinschaftseigentum M61, 4.171 – Vollmacht 3.149 ff. – Wohnungseigentum 3.149 ff. Abschlagszahlungsverordnung 3.33 ff. Absetzung für Abnutzung s. „AfA“ Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung s. „AfaA“ Abstandsflächen – Vermessung, baurechtswidriger Zustand 1.22; M1, 1.11 Abtretung – Gewährleistungsansprüche gegen Vorverkäufer 2.177 – Grundstücksübereignungsanspruch 1.701 – Kaufvertragsgestaltung, Pfändung des Kaufpreisanspruchs 2.434 ff.; M36, 2.441

– Kaufvertragsgestaltung, Pfändung von Rückgewähransprüchen 2.448 ff.; M37, 2.452 – Restitutionsanspruch, Besteuerung 12.13 AfA 1.481 ff. – Bemessungsgrundlage 1.482 f. – Betreutes Wohnen 1.486 – Dauerwohnrecht 6.18 – Denkmalschutzobjekt, Wohnungseigentum 1.487 ff.; 4.278 – entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch 7.103 – Erbbauberechtigter 5.91 ff.; 5.110 – Erbbaurecht, Grundstückseigentümer 5.70 – Erbbaurecht, Restvolumen bei Grundstückserwerb 5.123 ff. – Erbbaurecht, Zeitverkürzung 5.2 – Erhöhung des Abschreibungsvolumens 1.515 ff. – Ferienwohnungsvermietung 1.423 – Gebäude im Umlaufvermögen 1.121 – Gebäude zu Wohnzwecken 1.485 f. – Grundstückseinbringung in Personengesellschaft 1.516 f. – Grundstücksübertragung gegen Versorgungsleistungen 1.518 – Kaufpreisaufteilung auf Grundstück und Gebäude 1.71; 1.105 f. – Mittelstands-AfA 10.45 ff. – Neubau zu Wohnzwecken 1.485 – Photovoltaik-Anlage 10.47 – Rentenbarwert 1.518 – Sanierungsobjekt, Wohnungseigentum 1.492; 1.506; 3.278 – Step-Up 9.8 – teilentgeltlicher Erwerb 1.481 – unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch 7. 91 ff. – Vorbehaltsnießbrauch 7.125 ff. – Wohnungseigentum 4.276 ff. AfA – degressive – Betreutes Wohnen 1.486

955

Stichwortverzeichnis – Ferienwohnung, Wohnzweck 1.485 – Neubau zu Wohnzwecken 1.485 – Pflegegebäude 1.485 AfA – erhöhte – Baudenkmal, begünstigte Maßnahmen 1.496 ff.; 1.507 ff.; 3.278 – Baudenkmal, Bescheinigung 1.501 ff. – Baudenkmal, Herstellungs-/Anschaffungskosten 1.498 f. – Ensembleschutz 1.496 – Sanierungsgebiet 1.487 ff.; 3.278 – städtebauliches Entwicklungsgebiet 1.487 ff. – Wohnungsbau 1.505 ff. AfA – lineare 1.484 AfaA – Abbruch 1.512; 1.571 – Erwerb ohne Abbruchsabsicht 1.514 AGB-Kontrolle – Bauträger, Bürgschaft 3.83 ff. – Bauträger, Verzugseintritt 3.89 – Bauträgervertrag, Abnahmefiktion 3.129 – Bauträgervertrag, Änderungsvorbehalte 3.118 ff. – Bauträgervertrag, Haftungsbeschränkung 3.138 – Bauträgervertrag, Kaufpreisänderung 3.130 – Bauträgervertrag, Leistungsverweigerungsrechte 3.131 ff. – Bauträgervertrag, Sachmängelhaftung 3.112 ff. – Bauträgervertrag, Schadenspauschalierung 3.137 – Bauträgervertrag, von Vorleistung abhängige Auflassung 3.134 f.; 3.136 – Erbbaurecht, Heimfallregelung 5.45 – Generalübernehmermodell 3.231 f. – Gewährleistungsbeschränkung bei neuhergestellten Sachen 2.171 ff. – Kardinalpflichten 3.117 – Maklerklauseln 2.333 ff. – Sanierungsobjekt, Einschränkung von Käuferrechten 3.133 Altbau – Bauträgerhaftung 3.271 ff. – Begründung von Wohnungseigentum 4.7 – Gewährleistungsausschluss 1.81; 2.173 – Grunderwerbsteuer, Bemessungsgrundlage 4.393 – Wohnungseigentum, Vertragsverhältnisse 4.168 ff.

956

Altenteilerwohnung – Angehörige 1.355 – Vermeidung Gewinnrealisierung 1.153 Altlasten – Bundesbodenschutzgesetz/-Verordnung 2.187 – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 – Sanierungspflicht 2.187 ff.; M24, 2.191 Anbauten – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 Angehörige – Altenteilerwohnung 1.355 – Baumaßnahmen auf Elterngrundstück 1.127 – Begriff der nahestehenden Person 13.46 ff. – doppelte Haushaltsführung 13.84 – Familienheim, Steuerbefreiung 4.416 ff. – Familien-KG 8.62 – Gestaltungsmissbrauch 13.81 ff. – Grunderwerbsteuerbefreiungen 1.742 ff. – Grundstücksübertragung 13.85 ff. – Kaufverträge zwischen nahestehenden Personen 1.982 – Kinder 13.89 ff. – nichteheliche Lebensgemeinschaft 13.95 – Nießbrauchbestellung 7.80 ff. – Poolvermietung 13.83 – Rückanmietung 13.87 – Scheidungsfolgenvereinbarung 13.93 f. – Scheingeschäft 13.66 – Überkreuzvermietung 13.84 – verbilligte Miete 1.432 ff.; 13.61 – Vermietung, Einkünfteerzielungsabsicht 13.61 – Vermietung, Fremdvergleich 13.1; 13.67 ff. – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung 1.610 ff. – zivilrechtliche Wirksamkeit von Verträgen 13.62 ff. Anliegerkosten – Anschaffungskosten 1.62 – Begriff 2.280 – Bescheidslösung 2.286 f. – Fälligkeit 2.283 – Grunderwerbsteuer 1.63 f. – Grundstückskauf, Kostentragung 2.276 ff. – Umsatzsteuer 1.65 Anschaffungskosten – Abgrenzung zum Erhaltungsaufwand 1.545 ff.

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – –

AfA-Bemessungsgrundlage 1.212; 1.481 f. als anschaffungsnaher Aufwand 1.559 ff. Anliegerkosten 1.62 Ausgleichszahlung an Kommune 1.495 Baudenkmal 1.498 Bauherrenerlass 3.302 dinglich belastetes Grundstück 5.129 Erbbauberechtigter 5.86; 5.103 Erbbaurechtserwerb 5.115 f. erhöhte AfA, Baudenkmal 1.496 ff.; 1.507 ff.; 3.278 – erhöhte AfA, Sanierungsgebiet 1.487 ff.; 3.278 – Erschließungskosten 1.62; 1.564 ff. – Instandsetzungsarbeiten 1.559 ff. – Kaufpreis, Aufteilung 2.207 ff. – Kulturgüter, Steuerbegünstigung 1.510 f. – Modernisierungsarbeiten 1.559 ff. – Sofortabzugsverbot 11.75 – unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch 7.89 f.; 7.91 ff. – Vorbehaltsnießbrauch 7.121 ff. Anschaffungsnahe Herstellungskosten 1.560 Anschaffungsnaher Aufwand – Abgrenzung Herstellungskosten/Erhaltungsaufwand 1.545 ff. – als Anschaffungs- oder Herstellungskosten 1.559 ff. – Kodifizierung 1.560 – Maßnahmen außerhalb des Dreijahreszeitraums 1.562 – Modernisierungsmodell 1.559 – Rechtsanwendungsfragen 1.561 ff. – Rechtsprechung 1.543 ff.; 1.559 – üblicherweise jährlich anfallende 1.563 – Unterschreiten der 15 %-Grenze 1.562 f. – Verwaltungspraxis, frühere 1.543 ff. Anteilstausch – Grundstückseinbringung in Kapitalgesellschaft 1.211 Anteilsübertragung – GmbH auf Familienstiftung 9.161 ff. – KG M78, 9.86 Anteilsvereinigung – Grunderwerbsteuer 1.708 ff.; 1.985 Anwachsung – Anwachsungsmodell 9.38 – Grunderwerbsteuer 1.702 Arbeitgeber – Grundstücksveräußerung an Arbeitnehmer 1.261 ff.

Arbeitnehmer – Grundstückserwerb, verbilligter 1.261 ff. Arbeitszimmer – Anteil an eigengenutzter Wohnung, Veräußerungsgeschäft 12.91; 12.96 – Freiberufler 1.247 Architektenbindung 1.35 Arglist – Gewährleistungsansprüche 2.157 f. – Gewährleistungsausschluss 2.173 Artfortschreibung – Grundsteuer 1.935 Asset deal – Grundstückskauf 2.28 – Haftung für Steuerschulden 1.173 Atypische stille Gesellschaft – statt Schenkung, Abfärbetheorie 4.312 f. – s.a. „Mitunternehmerschaft“ Auflassung – Aussetzung des Vollzugs 2.114 – Bankbürgschaft 2.135 – Bauträgerkaufvertrag 2.113; 3.134; M40, 3.136 – Bauträgerkaufvertrag, Abhängigkeit von Vorleistung 3.134 ff. – Bedingungsfeindlichkeit 2.111 – Besitzverschaffung 2.145 ff. – Beurkundung 2.113 f. – beurkundungsrechtliche Lösung 2.114 ff.; M14, 2.116 – Bewilligungslösung 2.114 ff.; M15, 2.118 – Eigentum, wirtschaftliches 2.146 – Eigentumsübergang 2.111 ff. – Erbbaurecht 2.112 – Finanzierungsbestätigung 2.134 – gemeindliches Vorkaufsrecht 2.215 ff. – Grundbucheintragung 2.145 – grundbuchrechtliche Lösung 2.114 ff.; M15, 2.118 – Insolvenz 2.142 f. – Kopierlösung 2.114 ff. – Mängelhaftung 2.153 ff. – materiell-rechtliche Lösung 2.113 ff. – Pfändung des Übereignungsanspruchs 2.426 ff. – Räumung beweglicher Sachen M20, 2.148 – Sondereigentum, Miteigentümergemeinschaft 4.5 ff. – Teilflächenverkauf 1.15; M1, 1.11 – Unbedenklichkeitsbescheinigung 2.145 – Verbrauchervertrag M13, 2.91 – Vermietung 2.149 ff.

957

Stichwortverzeichnis – Verwahrungsanweisung M17, 2.137 – Vorleistungsrisiko 2.133 ff. – Vormerkung s. dort – Zug um Zug 3.136 Aufteilungsplan – Bauausführung M44, 4.26 – Wohnungseigentum 4.8 ff. Ausbeutegrundstück – aktuelle BFH-Rspr. 1.294 – Dienstbarkeiten 1.289 – Einkommensbesteuerung 1.286 ff. – Einlage in Betriebsvermögen 1.292 f. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Kaufvertrag Bodenschatzveräußerung M4, 1.298 – landwirtschaftliches Betriebsvermögen, Abgrenzung 1.290 – selbständige Wirtschaftsgüter 1.291 – Veräußerung 1.281 ff. Ausbeutevertrag – Abgrenzung von Veräußerung 1.284 f.; 1.299 – steuerliche Behandlung 1.286 f. Ausgliederungsmodell – gewerblich tätige Personengesellschaft 1.664 – Photovoltaik-Anlage 10.65 f.; 10.93

Bankbürgschaft – Kaufabwicklung 2.135 Bauabzugssteuer 1.631 ff. – Bauträgerkaufvertrag 3.168 ff. – Begriff des Leistungsempfängers 3.168 – Begriff des Unternehmers 2.80; 3.170 f. – Steuerabzug 1.638 ff. – Tatbestand 1.632 ff. – Wohnungseigentümergemeinschaft 4.280 Baubetreuungsvertrag – Generalübernehmermodell 3.221 ff. Baudenkmal – AfA, erhöhte 1.496 ff.; 1.507 ff.; 3.278 – Bauträgerkaufvertrag M43, 3.344 – Bescheinigung 1.501 ff. – einzelne Baumaßnahmen 1.505 – Ensembleschutz 1.496 – Erhaltungsaufwand 1.508 – erhöhte AfA, begünstigte Maßnahmen 1.487 ff.; 4.278 – Erwerbsfälle 1.505 – Grundsteuerbegünstigung, Kulturgut 1.940 – Neubau 1.497 958

– Nießbrauch 7.271 – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 f. – öffentliche Zuschüsse 1.500 – Sonderausgabenabzug 1.506 ff. – Wiederaufbau 1.497 – Wohnungseigentum, AfA 1.487 ff.; 4.278 Baugenehmigung – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 – Rechtsmängel 2.159 Bauherrenmodell – Bauherrenerlass 1.542; 3.302 f. – Qualifikation der Aufwendungen 1.103; 1.560 ff. Bauland – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.154 f. Baulasten – Hinweispflicht des Notars 2.167 – Rechtsmängel 2.159 – Verzeichnis, Einsichtnahme 2.167 Baumaßnahmen – Abgrenzung Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.547 ff. – Ineinandergreifen 1.557 f. – s.a. „Anschaffungsnaher Aufwand“, „Herstellungskosten“ Baupläne – Koppelung mit Grundstückskauf 1.35 Bauplatzverkauf – MaBV, Anwendbarkeit 3.4 – Bauplatzkauf M1, 1.11 Bausparvertrag – Abschlussgebühren 1.542 Bauvertrag – Belastungsvollmacht M2, 1.80; M3, 1.180 – Gesetzentwurf 3.1; 3.9 – Koppelung mit Kaufvertrag, Beurkundungspflicht 1.34 f. – Koppelung mit Kaufvertrag, Grunderwerbsteuer 1.725 – s.a. „Kaufvertrag, Bauträger“ Belehrungspflicht – Grundstücksverkauf 1.141 ff. Bergrecht – private Veräußerungsgeschäfte 12.4 Berherbergungsbetrieb – Investitionszulage 1.602 Besitz – Übergang, Fälligkeitsmitteilung 1.72 f. – Verbrauchervertrag M13, 2.91 Betreutes Wohnen 4.33 ff. – degressive AfA, Wohnzweck 1.486

Stichwortverzeichnis – Kostentragung M46, 4.37 – Nutzungsbeschränkung M45, 4.34 Betriebsaufgabe – Gewerbesteuer 1.662 – gewerblicher Grundstückshandel 1.226 Betriebsaufspaltung – Grundstücksüberlassung durch Gesellschafter, Gewerbesteuer 1.662 – Nießbrauchsvorbehalt 7.214 – Verpachtung von Grundstücken an Kapitalgesellschaft 1.173 Betriebsausgaben – Betriebsgrundstücke 1.400 ff. – s.a. „Werbungskosten“ Betriebsergebnis 1.1071 Betriebsgrundstück – Abfärbetheorie 4.308 ff. – Abschreibungen auf Gebäude 1.400 ff. – Anlagevermögen 1.121; 1.175 – Anteilstausch zwecks Grundstückseinbringung 1.211 – Arbeitszimmer 1.247 – Aufteilung in Wohnungseigentum, Erbauseinandersetzung 4.305 ff. – Aufwand 1.400 ff. – Ausbeutegrundstücke 1.290 ff. – Betriebsvorrichtungen 1.174 – Bewertung 1.1038 ff. – eigenbetriebliche Nutzung 1.176 – Einbringung, Grunderwerbsteuer 1.701; 1.722 – Einbringung, in Mitunternehmerschaft zwecks Veräußerung 1.227 – Einbringung, landwirtschaftliche Flächen in GmbH & Co. KG 5.79 – Einbringung, Landwirtschaftsbetrieb in GmbH & Co. KG 1.157 – Einlage aus Privatvermögen 12.40 ff. – Einlage in Mitunternehmerschaft 12.42 ff. – Einlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft 12.45 ff. – Entnahme 1.177; 12.64 f. – Entnahme, Steueranspruch 1.148 – Entnahme, unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung 5.73 ff. – Entnahme, Vermeidung durch Erbbaurechtsbestellung 5.2; 5.77 ff. – Erbbaurechtsbestellung an bebautem Grundstück 5.106 ff. – Erbbaurechtsbestellung 1.156; 5.72 ff. – Erbbaurechtsbestellung 5.106 ff. – Freiberufler 1.241 ff.

– – – – –

gemischt genutzte Gebäude 1.109 ff. gemischt genutzte Grundstücke 4.304 ff. geringwertige Teile, Eigennutzung 1.176 Gewerbesteuerkürzung 1.666 ff. GmbH-Anteil, Grundstückshandel 1.209 ff. – Grundbuchangaben 1.172 – Grundsteuer 1.930 ff. – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.150 ff. – laufende Einkünfte, Besteuerung 1.400 ff. – selbstgenutzte Wohnung 1.403 – Teilwertabschreibung 1.400 ff. – Überführung auf GmbH & Co. KG 1.177 – Überführung in Sonderbetriebsvermögen 1.177 – Überlassung an Angehörige zu Wohnzwecken 1.158 – Übertragung auf GmbH & Co. KG, Freiberufler 1.248 – Umlaufvermögen 1.121; 1.175 – Veräußerung an Arbeitnehmer 1.261 ff. – Veräußerung 1.172 f. – Veräußerung, bebautes Erbbaurecht 5.114 ff. – Veräußerung, Gewinnrücklage 1.177 – Veräußerung, Rückstellung für Rückabwicklung 1.179 – Vorbehaltsnießbrauch 7.203 ff. – Wohnungs-/Teileigentum 4.302 ff. – Zuwendungsnießbrauch 7.195 ff. Betriebskosten – Kostenverteilungsschlüssel 4.58 f. Betriebsvermögen – Abfärbetheorie 4.308 ff. – Arbeitszimmer, Freiberufler 1.247 – Erbfall, Freiberufler 1.250 – gewillkürtes, gemischt genutzte Gebäude 1.113 – notwendiges, Freiberufler 1.242 – notwendiges, Gebäude 1.112 – Verschonungsregelung 1.1018 ff. Betriebsvorrichtungen – einkommensteuerliche Behandlung 1.107 – Grundstücksbegriff, Grunderwerbsteuer 1.715 Beurkundung – Auflassung 2.113 f. – Grundstückskauf 2.7 ff. – Maklerklauseln 2.305 ff.

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Stichwortverzeichnis – Verwahrungsanweisung 2.261 ff. Beurkundungspflicht – Architektenleistung, Baupläne 1.35 – Baubetreuungsvertrag 3.222 ff.; 3.251 – Bauträgerkaufvertrag 3.9 ff. – Bauvertrag i.V.m. Kaufvertrag 1.34 ff. – bedingte Rechte 2.9 – GbR 2.18 – Grundstückskaufvertrag 2.7 ff. – Heilung 2.19 f. – Mietvertrag 2.13 f. – Nebenabreden 2.10 – Vorvertrag 2.17 – zusammengesetzte Verträge 2.11 ff. Bewegliche Sachen – „All-Klausel“ 2.37 – Besitzkonstitut M11, 2.56 – Besitzübergabe 2.41 – Besitzübergang, Einigung 2.41; M9, 2.42 – Checkliste, Mitverkauf 2.35 – Grunderwerbsteuer 2.33 ff.; 2.38 – Insolvenz, Vormerkungsschutz bzgl. beweglicher Sachen 2.47 ff.; M10, 2.54; M11, 2.56 – Kaufpreisaufteilung bei Mitverkauf 2.38; 2.207 ff. – Kaufvertrag, Regelungen M9, 2.42 – Mitverkauf 2.33 ff.; M9, 2.42 – Mitverkauf, Verbrauchsgüterkauf 2.43 ff. Bewertung – bebaute Grundstücke 1.1035 ff. – Beispielrechnung Wohnungseigentum 4.252 f. – Betriebsergebnis 1.1071 – Betriebsvermögen 1.1070 ff. – Bodenrichtwert 1.1032 ff. – Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht 6.13 f. – Einheitswert, Grundsteuer 1.933; 4.411 – Erbbaurecht 1.1049; 5.191 ff.; 5.213 ff. – Erbschaftsteuer, Bewertungsabschlag 1.990 – Ertragswertverfahren 1.1038 ff.; s.a. dort – Gebäude auf fremdem Grund und Boden 6.35 – Kapitalgesellschaftsanteile 1.1070 ff. – Kapitalisierungsfaktor 1.1073 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.150 f.; 1.1051 ff. – Missbrauchsbegrenzung 1.1028 – Nachweis niedrigeren Verkehrswerts, Schenkung 1.1034; 1.1037; 1.1047

960

– – – –

Sachwertverfahren 1042 ff.; s.a. dort unbebaute Grundstücke 1.1032 ff. Verfahren 1.1035 ff. Vergleichswertverfahren 1.1036 f.; s.a. dort – Wertuntergrenze 1.1072 – Wohnungseigentum 4.241 ff. Bewertungsgesetz – Reformentwurf 1.930 ff.; 1.938; 5.191; 5.315 BGB-Gesellschaft s. „GbR“ Bilanzierung – Erbbaurecht 5.130 ff. – Rechnungsabgrenzung, Erbbaurechtsvorauszahlung 5.90 Bodenrichtwert – Bewertung, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1020 ff. Bodenschätze s. „Ausbeutegrundstück“ Bodenwert – Gebäude auf fremdem Grund und Boden 6.35 Bruchteilsgemeinschaft – Photovoltaik-Anlage 10.65; 10.67 – vermögensverwaltende Personengesellschaft 8.1 ff. Bruchteilsnießbrauch 7.129; 7.155 ff. Bundesbodenschutzgesetz – Haftung für Altlasten 2.187 ff.; M21, 2.175 Bundesländer – Wohneigentum, Entwicklung 1.7 f. Bürgschaft – Anspruchsverjährung 3.86 – Bauträgerkaufvertrag 3.62; 3.71 ff. – Bedingung/Befristung 3.77 – Fälligkeitsmitteilung 3.78 – Inhaltskontrolle 3.83 ff. – Kosten 3.75 – Reduzierung nach Baufortschritt 3.76 – Sicherungsumfang 3.78 ff.; 3.82 – Vereinbarung 3.71 – Vermischung mit anderen Sicherheiten 3.76 – Vertragserfüllung 3.72 – Verwahrung durch Notar 3.74 – vorläufiger Kaufpreis, Überzahlung 1.21; M1, 1.11

Campingplatz

– Investitionszulage 1.602 Cash-GmbH 1.1023 ff.

Stichwortverzeichnis

Damnum

1.543 f. Darlehen – Angehörige, aus zuvor geschenkten Geldbeträgen 13.83 f. – Anschaffungsgeschäfte 1.535 – Damnum 1.543 f. – Ehegatten, Nicht-Eigentümer-Darlehen 1.537 f. – Ehegattendarlehen 1.536 – Finanzierung sofort abziehbarer Aufwendungen, Schuldzinsenabzug 1.531 ff. – fortgeführtes, Anschaffungskosten der neuen Immobilie 1.539 – Gestaltungsmissbrauch bei nahestehenden Personen 13.82 ff. – Herstellungsfälle 1.534 – nachträgliche Schuldzinsen 1.539 – Surrogationsbetrachtung bei Veräußerung 1.539 – tatsächliche Verwendung 1.531; 1.534 – Veranlassungszusammenhang mit Einkünften aus Vermietung/Verpachtung 1.531; 1.539 – Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 f. Dauernde Lasten – Abgrenzung zu Leibrenten 1.605 ff. – Grunderwerbsteuer 1.719 f. – Nießbrauchsrecht, Ablösung 7.174 ff. – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung 1.610 ff.; s.a. dort – Zeitrente, AfA-Erhöhung 1.518 – s.a. „Leibrente“, „Wiederkehrende Bezüge und Leistungen“ Dauernutzungsrecht s. „Dauerwohnrecht“ Dauerwohnrecht – Abgeschlossenheitsbescheinigung 6.7 f. – Abgrenzung zum Erbbaurecht 5.6 – Abgrenzung zum Nießbrauch/zur Dienstbarkeit 6.9 – AfA-Berechtigung 6.18 – Bauverpflichtung und Bestellung eines Dauernutzungsrechts M68, 6.79 – Bedingung/Befristung 6.44 – Beendigung/Erlöschen 6.12; 6.43 – Belastungsobjekt 6.3 f. – Bestellung, gewerblicher Grundstückshandel 1.219 ff. – Bewertung 6.13 f. – Checkliste 6.77 – Dauernutzungsrecht, Bestellung M68, 6.79 – dinglicher Inhalt 6.43 ff.; M67, 6.78 – Eigenbedarf 6.56

– Eigentumsähnliche Dauerwohnrechte M67, 6.78 – Eigenheimzulage 1.645 – entgeltliche Einräumung 6.19 – Entstehung 6.6 – Erbschaftsteuer 6.33 ff. – Grundbucheintragung 6.47 – Grunderwerbsteuer 4.392; 6.31 – Grundstücksbegriff, Grunderwerbsteuer 1.715 f. – Heimfall 6.16; 6.42; 6.51 ff. – Insolvenz des Berechtigten 6.54; 6.60 ff. – Instandhaltungspflicht 6.11 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.158 – Lastentragung 6.48 – Laufzeit 6.41 f. – mehrere Grundstücke/Wohnungen 6.10 – Mieterschutz 6.57 – Mindestdauer, steuerliche 6.41 – Muster, eigentumsähnliches Dauerwohnrecht M67, 6.78 – Nießbrauch 7.12 – Nutzungsregelungen 6.48 – privates Veräußerungsgeschäft 6.19 f.; 12.1 – Rechtskauf 6.5 – Rücksichtnahmepflicht 6.11 – Scheinbestandteil 1.32 – schuldrechtliche Vereinbarungen 6.71; M67, 6.78 – Sicherheitsleistung 6.50 – Sondernutzungsrecht 4.392 – Übertragbarkeit 6.4 – Umsatzbesteuerung 6.50 – unentgeltliche Einräumung 6.18 – Veräußerbarkeit 6.43 – Veräußerung 6.20 – Vererblichkeit 6.4; 6.43 – Vermietung durch den Berechtigten 6.12 – Versicherungen 6.49 – Vorbehalt 6.17 – Wiederaufbau 6.49 – wirtschaftliches Eigentum 6.1 – Zustimmungserfordernisse 6.45 Denkmal s. „Baudenkmal“ Dienstbarkeiten – Abgrenzung zu Dauerwohnrecht 6.9 – Abgrenzung zu Erbbaurecht 5.5 – Ausbeutegrundstück 1.289 – Erlöschen, durch Heimfall des Erbbaurechts 5.18 – Grunderwerbsteuer 1.719 f.

961

Stichwortverzeichnis – – – – – –

Nießbrauch s. dort Rangrücktritt, Sicherung 5.18 Rechtsmängel 2.159 Unverpfändbarkeit 5.21 wesentliche Grundstücksbestandteile 1.32 Zufahrt/Zugang, Teilflächenverkauf 1.19; M1, 1.11 Disquotale Überschussverteilung – Familien-KG 8.62; 8.69 Doppelhaushälfte – Begründung von Wohnungseigentum 4.43 ff. – Gemeinschaftsordnung M48, 4.45 – Gemeinschaftsordnung, Änderung M58, 4.111 Doppelnießbrauch – Familien-KG 8.38 Drei-Objekt-Grenze – Abschirmwirkung durch GmbH 1.203 ff. – Anteilsmodell, Bauträgerkaufvertrag 3.266 – Begriff des Objekts 11.46 ff. – Begriff gewerblicher Grundstückshandel 11.1 ff. – Doppelhäuser 11.44; 11.47 – Erbbaurecht 5.105 – ererbte Grundstücke 11.51 – Freigrenze 11.15 – Indizwirkung 11.42 ff. – Nachhaltigkeit 11.15 – bei Personengesellschaften 1.201 – Realteilung 11.50 – Teilauseinandersetzung einer Gemeinschaft 11.50 – unbebaute Grundstücke 11.47 – Unterschreiten 11.43 – Veräußerungsabsicht 11.42 ff.

Ehegatten

– Begriff der nahestehenden Person 13.46 ff. – Gebäudeerrichtung auf Miteigentumsgrundstück 1.123 ff. – Gestaltungsmissbrauch 13.81 ff. – Grundstückskaufvertrag 2.74 ff. – Grundstückstausch 1.747 ff. – Grundstücksübertragungen, Grunderwerbsteuer 1.754 – Mietvertrag 13.46 ff. – Mitberechtigungsnießbrauch 7.223 ff. – Nießbrauchsberechtigung 7.31 ff.; 7.223 ff. – Pachtvertrag 13.46 ff.

962

– Scheidungs-/Trennungsfolgen, private Veräußerungsgeschäfte 12.35 ff. – Zweitwohnungssteuer 1.945 – s.a. „Angehörige“ Eigengenutzte Immobilien – Arbeitszimmeranteil, Veräußerungsgeschäft 12.96 – Betriebsgrundstücke 1.176 – Gewerbesteuerfreiheit 1.661 – Miteigentum, Veräußerungsgeschäft 12.94 f. – Nutzungsdauer vor Veräußerung 12.97 ff. – Nutzungsüberlassung, schädliche bei Veräußerungsgeschäft 12.92 – private Veräußerungsgeschäfte 12.38 ff.; 12.91 ff. – Rechtsnachfolge, Veräußerungsgeschäft 12.95 – Wohneigentum, Entwicklung 1.6 ff. – Wohnung im Betriebsvermögen 1.403 – Wohnungseigentum 4.301 Eigentumswohnung s. „Wohnungseigentum“ Einbringung – durch Anteilstausch 1.211 – Betriebsgrundstück in GmbH & Co. KG 1.177 – Geschäftsveräußerung, Umsatzbesteuerung 1.841 ff. – Grunderwerbsteuer 1.701; 1.722 – in Kapitalgesellschaft 11.48; 12.40 ff. – landwirtschaftliche Flächen in GmbH & Co. KG 5.79 – Landwirtschaftsbetrieb in GmbH & Co. KG 1.157 – in Mitunternehmerschaft zwecks Veräußerung 1.227; 1.516 f. – privates Grundstück in vermögensverwaltende Personengesellschaft 8.76 ff. – in Vermögensverwaltungsgesellschaft, AfA 1.517 – s.a. „Einlage“ Einfamilienhaus – Ertragswertverfahren 1.1038 ff. – Sachwertverfahren 1.1042 ff. – Wohneigentum, Entwicklung 1.6 ff. Eigentümergemeinschaft s. „Wohnungseigentümergemeinschaft“ Eigentümerversammlung s. „Wohnungseigentümerversammlung“ Einheits-GmbH & Co. KG 9.16 ff. – Umsatzsteuer 9.47

Stichwortverzeichnis Einheitswert – Grundsteuer 4.411 – Grundsteuer, Bemessungsgrundlage 1.933 Einkommensteuer – Anbauten 1.104 – Anspruchsentstehung, Zeitpunkt 1.147 f. – Bauabzugsteuer, Bauträgerkaufvertrag 1.631 ff.; 3.168 ff. – Bauträgerkaufvertrag 3.301 ff. – Belehrungspflicht des Anwalts/Notars 1.141 ff. – Betriebsvorrichtungen 1.107 – Damnum 1.543 f. – Einkünfte aus Gewerbebetrieb s. dort – Einkünfte aus Kapitalvermögen s. dort – Einkünfte aus Land-/Forstwirtschaft s. dort – Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit s. dort – Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung s. dort, s.a. „Werbungskosten“ – Einkünfteerzielungsabsicht s. dort – Erhaltungsaufwendungen 1.545; 1.564 ff. – Finanzierungsaufwendungen, Bauträgerkaufvertrag 1.531 ff.; 3.302 ff. – Gebäudeteile 1.104 – gemischt genutzte Gebäude 1.104 – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Ladenanlage 1.108 – Leibrentenvereinbarung 9.62 – Mietereinbauten 1.104 – nicht selbständige Wirtschaftsgüter 1.104 – Schaufensteranlage 1.108 – Scheinbestandteil 1.104 – selbständige Wirtschaftsgüter 1.104 ff. – Steuerstundungsmodell 3.341 ff. – Vorbehaltsnießbrauch 9.63 ff. – wesentliche Bestandteile 1.105 – Zubehör 1.104 Einkünfte aus Gewerbebetrieb – Abfärbetheorie 1.660; 1.663 ff. – Bauabzugsteuer, Bauträgerkaufvertrag 3.168 ff. – Betriebsausgaben 1.400 – GmbH & Co. KG 9.31 ff. – Grundstücksentnahme 1.177 – Grundstücksverkauf 1.172 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Nutzung von Betriebsgrundstücken 1.400 – Photovoltaik-Anlage 10.16 ff.; 10.50 ff.

– Schuldzinsenabzug 1.404 ff. – Steuerstundungsmodell 3.341 ff. – Vermietungseinkünfte 1.400 – Versorgungsrente 1.607; 1.612 Einkünfte aus Kapitalvermögen – Grundstückserwerb durch Gesellschafter 1.271 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. Einkünfte aus Land-/Forstwirtschaft – Betriebsausgaben 1.400 – Entnahme von Grundstücken 1.150 ff. – Erbschaftsteuer 1.1051 – gewerblicher Grundstückshandel 1.154 – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Nutzung von Betriebsgrundstücken 1.400 ff. – Schuldzinsenabzug 1.404 ff. – Veräußerungsgewinn, Vermeidung 1.152 ff. – Vermietungseinkünfte 1.400 – Versorgungsrente 1.607; 1.612 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – Grundstücksveräußerung an Arbeitnehmer 1.261 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit – Betriebsausgaben 1.400 – Grundstücksveräußerung/-entnahme 1.241 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Nutzung von Betriebsgrundstücken 1.400 – Schuldzinsenabzug 1.404 ff. – Vermietungseinkünfte 1.400 – Versorgungsrente 1.607; 1.612 – s.a. „Freiberufler“ Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung 1.407 ff. – Anschaffungskosten s. dort – Ausbeutegrundstück, Veräußerung/Verpachtung 1.281 ff. – Dauerwohnrecht 6.19 – einheitliche/gesonderte Feststellung 8.82 – Einkünfteerzielungsabsicht s. dort – Erbbaurechtsbestellung, entgeltliche 5.64 ff. – Erbbauzinsvorauszahlung, Verteilung 5.67 – Erhaltungsaufwand s. dort – Ermittlung 1.407 ff.

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Stichwortverzeichnis – Gewerbesteuer 1.663 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Herstellungskosten s. dort – Kaution 1.570 – Liebhaberei 1.410 – Miteigentümergemeinschaft 13.83 f. – Miteigentumsanteil, Vermietung 1.433 – Nießbrauch, Zurechnung 7.4 ff.; 7.94 f. – Schuldzinsenabzug, Wechsel der Einkunftsart 1.405 f. – Sicherungsnießbrauch 7.152 f. – Steuerstundungsmodell 3.341 ff. – Überkreuzvermietung, Miteigentümer 13.83 f. – verbilligte Miete 1.414; 1.432 ff.; 13.61 – Vorbehaltsnießbrauch 7.123 ff. – Werbungskosten s. „Erhaltungsaufwand“, „Werbungskosten“ – Wohnungseigentum 4.271 ff.; 4.354 – Zurechnung, Nießbrauch 7.4 ff. Einkünfteerzielungsabsicht – Ankaufsrecht 1.465 – Bauherrenmodell 1.425 – Bedeutung 1.410 ff. – befristete Vermietung 1.451 ff. – besonderer Wohnwert 1.461 – Beweislast 1.411 – auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit 1.413 ff. – Familien-KG 8.85 – Ferienwohnung 1.417 ff.; s.a. dort – Fremdfinanzierung 1.415 – Fremdfinanzierung, Missverhältnis zu Einnahmen 1.462 – Fremdvergleich 1.414 – Immobilienfonds, geschlossene 1.463 ff. – Liebhaberei 1.410 – Mietkaufmodell 1.425 – Mietvertrag 13.61 – Pachtvertrag 13.61 – Rückkaufgarantie 1.426 ff. – Totalüberschuss 1.410 – Verkaufsgarantie 1.426 ff. – Verlustzuweisungsgesellschaft 1.464 – Vermietung an Angehörige 1.414; 13.61 – Vermietung, verbilligte 1.432 ff. – Versorgung von Angehörigen 13.61 – Wohnungsleerstand 1.454 ff. Einkunftsarten – Einkünfte aus Kapitalvermögen 1.271 ff. – Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung 1.281; 1.407 ff.

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– Grundstückskauf 1.100 ff. – Wechsel, Schuldzinsenabzug 1.405 f. Einlage – Ausbeutegrundstück 1.292 f. – in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – in Personengesellschaft aus Privatvermögen 12.42 ff. – verdeckte 12.40 ff. – in Vermögensverwaltungsgesellschaft 12.45 ff. – s.a. „Einbringung“ Einnahmen-Überschuss-Rechnung – Anschaffungskosten, Sofortabzugsverbot 11.75 – Vermietungseinkünfte 1.407 Einzugsermächtigung – Bauträgerkaufvertrag 3.68 Elektrizitätsversorgung – Grundstückskauf, Kostentragung 2.281 Eltern – Begriff der nahestehenden Person 13.46 ff. – s.a. „Angehörige“ Energieausweis 2.196 ff. – alter 2.202 – Garantie 2.201 – Investitionspflichten 2.205 – Muster M25, 2.206 – Ordnungswidrigkeit 2.200 – verpflichtender 2.196 – Verzicht des Käufers 2.199 – Vorlage 2.204 – Wohnungseigentum 2.203 Energieeinsparverordnung 2.195 ff. Energieversorgung – Grunddienstbarkeiten, Teilflächenverkauf M1, 1.11 – Grundstückskauf, Kostentragung 2.281 – s.a. „Anliegerkosten“, „Erschließungskosten“ Ensembleschutz 1.496 Enteignung – private Veräußerungsgeschäfte 12.16 Entnahme – Betriebsgrundstück, Nießbrauchsbestellung 7.195 ff. – aus Betriebsvermögen 12.64 f. – aus Betriebsvermögen, Freiberufler 1.241 ff. – Erbbaurechtsbestellung, entgeltliche 5.72 ff. – Erbbaurechtsbestellung, unentgeltliche 5.73 ff.

Stichwortverzeichnis – land-/forstwirtschaftliches Vermögen 1.152 ff. – Vermeidung durch Erbbaurechtsbestellung 5.2 Erbauseinandersetzung – Aufteilung in Wohnungseigentum 4.310 f. – gewerblicher Grundstückshandel 4.314 f. – Grunderwerbsteuer 1.751 ff. – private Veräußerungsgeschäfte 12.33 f. Erbbaurecht – Abgrenzung zu Dienstbarkeiten 5.5 – Abgrenzung zum Dauernutzungsrecht 5.6 – Bauwerk, Begriff 5.26 – Bauwerk, Zulässigkeit 5.31 – Beleihbarkeit 5.6 – Bewertung 5.191 ff. – Checkliste 5.316 – Eigentumsübergang 2.111 ff. – Eigentumsverhältnisse 5.9; 5.68; 5.97 – Erbbaurechtsvertrag M65, 5.361 – Erbbauzins, verbilligter 5.219 – Erbbauzins, Vollstreckung 5.56 ff. – Erbbauzinsreallast 5.54 – Erschließungskosten 5.135 ff. – erstmaliger Erwerb, entgeltliche Anschaffung 1.327 f. – Erwerb, Beurkundungspflicht 2.451 ff. – Gebäude, Eigentumsübergang 5.9 – Grunderwerbsteuer 1.715 – Heimfall, Entschädigung 5.47 f. – Heimfall, Gründe 5.35; 5.41 ff. – Heimfall, Inhaltskontrolle 5.45 – Insolvenz des Berechtigten 5.58 – Nießbrauch 7.12 – Recht zur Bauwerkserrichtung 5.8 – Sachenrechtsbereinigung 5.10; 5.56 – teilentgeltliche Einräumung 5.219 f. – Untererbbaurecht 1.329 – Veräußerbarkeit 5.5 – Vererblichkeit 5.5 – Verkehrssicherungspflicht 5.39 – Zwangsversteigerung 5.56 – Zwangsvollstreckung 5.56 ff. – Zwangsvollstreckung, Übersicht 5.60 Erbbaurecht – Bestellung M65, 5.361 – bauliche Veränderungen 5.33 – Bauwerk 5.26 ff. – Bebauungspflicht 5.32 – Bedingung, auflösende/aufschiebende 5.16 f. – Befristung 5.17

– – – – – – – –

Belastungen 5.53 Berechtigter 5.29 Besichtigungsrecht 5.32 Beurkundungspflicht 5.23 Dauer 5.15 ff. dingliche Einigung 5.7 dinglicher Inhalt 5.22 ff.; 5.30 ff.; 5.49 Eintrittsverpflichtung im Weiterverkaufsfall 5.340 ff. – Entstehung 5.7 – Erbbaurechtsvertrag M65, 5.361 – Erbbauzins 5.54 ff. – Erbbauzins, Vollstreckung 5.56 ff. – Erbbauzinsreallast 5.54 – Erneuerungsvorrecht 5.51 – gewerblicher Grundstückshandel 1.219 ff. – Grundbucheintragung 5.7 – Grundstück 5.8; 5.12 ff. – Heimfall 5.47 f. – Heimfall, Erlöschen von Dienstbarkeiten 5.18 – Heimfall, Gründe 5.35; 5.41 ff. – Heimfall, Inhaltskontrolle 5.45 – Instandhaltungspflicht 5.34 f. – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 5.79 – Lastentragung 5.38 ff. – Nutzungsbeschränkung 5.32 – Rangbeschaffung, Misslingen 5.19 f. – Rangstelle 5.18 ff. – Rechtskauf 5.23; 5.338 f. – Sicherungshypothek 5.18 – Veräußerungsbeschränkung 5.53 – Vermietungsbefugnis 5.36 – Versicherungen 5.37 – durch Vorerben 5.17 – Vorkaufsrechte 5.52 – Wertsicherung, Erbbauzinsreallast 5.59 – Wertsicherungsklausel 5.55 – Wiederaufbau 5.37 – Zwangsvollstreckungsunterwerfung 5.57 Erbbaurecht – Besteuerung – Abfindungszahlungen 5.118 ff. – AfA-Berechtigung 5.70; 5.110 – Anschaffungskosten 5.86; 5.103 – Anschaffungskosten, AfA 5.91 – Anschaffungskosten, Erbbaurechtserwerb 5.115 f. – Anschaffungskosten, Gebäude 5.92 f. – Bestellung an bebautem Betriebsgrundstück 5.106 ff. – Bestellung an bebautem Privatgrundstück 5.96 ff.

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Stichwortverzeichnis – – – –

Bewertung, erbschaftsteuerliche 5.191 ff. Bilanzierung 5.130 ff. Checkliste 5.316 entgeltliche Einräumung an Betriebsgrundstück 5.72 ff. – entgeltliche Einräumung an unbebautem Privatgrundstück 5.64 ff. – Entnahme 5.73 ff. – Erbbauzins, Aufteilung in Gebäude-/Bodenanteil 5.109 – Erbbauzins, verbilligter 5.219 f. – Erbbauzinsvorauszahlung, Verteilung 5.67; 5.72; 5.87 f.; 5.99 ff. – Erschließungskosten 5.135 ff. – Gewerbesteuer 5.145 ff. – gewerblicher Grundstückshandel 1.219 ff. – Grunderwerbsteuer 5.241 ff. – Grundsteuer 5.314 f. – Heimfall/Erlöschen 5.118 ff. – Nacherwerb des Grundstücks, Restabschreibungsvolumen 5.123 ff. – privates Veräußerungsgeschäft 5.98; 5.111 – Rechnungsabgrenzung, Veräußerung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks 5.128 f. – Schuldzinsenabzug 5.71 – Sonderausgaben 5.94 – Umsatzbesteuerung 1.889 ff.; 5.311 ff. – unbebautes Grundstück, wirtschaftliches Eigentum 5.68 – unentgeltliche Einräumung an unbebautem Privatgrundstück 5.62 f. – Veräußerung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks 5.128 f. – Veräußerung, bebautes Erbbaurecht 5.111 ff. – Werbungskosten 5.87 f. Erbbaurecht – Veräußerung M66, 5.362 – Auflassungsvormerkung 5.334 – Betriebsvermögen 5.114 ff. – Fälligkeitsregelung 5.336 f. – private Veräußerungsgeschäfte 1.327 ff.; 12.4 – Privatvermögen 5.111 ff. – Spekulationsgeschäft 5.111 f. – teilentgeltliche Einräumung 5.219 f. – Übertragung 2.111 ff. – Umsatzsteuerbefreiung 1.800 f.; 1.889 ff. – Veräußerbarkeit 5.5 – Vertragseintritt des Erwerbers 5.340 ff. – Vertragsmuster, Verkauf eines Erbbaurechts M66, 5.362 – Zustimmung 5.333

966

Erben – Erbauseinandersetzung s. dort – Erbteilveräußerung, Grunderwerbsteuer 1.703; 1.751 f. – Erbverzicht 12.34 Erbengemeinschaft – Erbauseinandersetzung s. dort – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.756 ff. Erbschaft – Ausschlagung, Vorbehaltsnießbrauch 7.123 – Erbauseinandersetzung, Grunderwerbsteuer 1.751 ff. – Grunderwerbsteuer 1.750 – Mischnachlass 4.306 – Nießbrauch 7.12 – Sozietät/Praxis 1.244 f. – Veräußerung 1.703; 1.751 f. – Verzicht 12.34 Erbschaftsteuer – Auflagenschenkung 1.986 ff. – Bewertung s. dort – Dauerwohnrechtsübertragung 6.33 ff. – Doppelbesteuerung 1.973 f. – Einheitswert, Verfassungswidrigkeit 1.965 – Familienheim 1.999 ff.; 4.417 f. – gemischte Schenkung 1.992 ff. – Gesellschaftsanteile, Erwerb 1.985 – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.985 – Mitberechtigungsnießbrauch 7.223 ff. – Nießbrauch, Wegfall 7.226 ff. – Pflichtteil 1.995 ff. – Rechtsentwicklung 1.960 ff. – Reform 2016 1.966; 1.1011 ff.; 8.104 – Schenkung 1.985 – Steuerpflicht 1.966 ff.; 4.413 ff. – Stundung 1.983 – Verschonungsregelung für Betriebsvermögen 1.1018 ff. – vollentgeltliches Rechtsgeschäft 1.982 – Vorbehaltsnießbrauch 7.215 ff. – Wohnsitz/Aufenthalt 1.969 ff. – Wohnungsunternehmen 1.1006 ff. Erbverzicht – private Veräußerungsgeschäfte 12.34 Ergänzungspfleger – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.146 – Nießbrauchsbestellung, steuerliche Anerkennung 7.83 ff. – vermögensverwaltende GbR 8.19 Erhaltungsaufwand 1.545 ff. – Ausgleichszahlung an Kommune 1.495 – Baudenkmal 1.1496; 1.506; 1.546

Stichwortverzeichnis – Baumaßnahmen nach dem 31.12.2003 1.560 ff. – bautechnisches Ineinandergreifen 1.557 f. – Beurteilung einzelner Aufwendungen 1.557 f. – Erschließungs-/Anliegerkosten 1.566 – Erweiterung eines Gebäudes 1.550 ff. – Funktionsänderung 1.549 – Herstellung eines neuen Gebäudes 1.548 f. – Instandsetzung 1.557 f.; 1.559 ff. – Kodifizierung 1.560 – Kulturgüter, Steuerbegünstigung 1.510 f. – Maßnahmen außerhalb des Dreijahreszeitraums 1.562 – Modernisierung 1.557 f.; 1.559 ff. – nachträgliche Erschließungskosten 1.565 ff. – Nießbrauch 7.41 – Nutzungsänderung 1.549 – nutzungsbezogene Beiträge 1.569 – Rechtsprechung 1.545; 1.559 – Sanierungsgebiet 1.274; 1.546; 1.564 ff. – Sofortabzug 1.546 – Übersicht 1.550 – üblicherweise jährlich anfallende Arbeiten 1.563 – Unterschreiten der 15 %-Grenze 1.562 – Verbesserung des Gebrauchswerts 1.555 – Verbesserung eines Gebäudes 1.553 ff. – Verwaltungspraxis 1.545; 1.552 – Vollverschleiß 1.548 – Werbungskostenabzug 1.576 ff. – Zweiterschließung 1.568 – s.a. „Anschaffungsnaher Aufwand“ Erschließungsanlage – Errichtung, anwendbare Vertragsregelungen 3.4 Erschließungskosten – Abgabenschuldner 2.282 ff. – Anschaffungskosten 1.62; 1.564 – Anschaffungskosten/Erhaltungsaufwand 1.62; 1.564 – Ausbauzustandslösung 2.285 f. – Begriff 2.280 – Bescheidslösung 2.285 f. – Erbbauberechtigter 5.135 ff. – Erbbaurecht, Grundstückseigentümer 5.138 ff. – Erhaltungsaufwand 1.565 ff. – Ersetzung/Modernisierung von Einrichtungen 1.565 – erstmalige 1.564

– Grunderwerbsteuer 1.63 f.; 3.307 – Grundstückskauf 2.276 ff. – Kaufvertrag, Kostentragung 1.87; M2, 1.80 – Leibrente, Kaufvertrag M5, 1.357 – nachträgliche 1.565 ff. – Nießbrauch 7.41 – Privatweg 1.566; 1.568 – Satzungsänderung 1.567 – Teilflächenverkauf 1.18; M1, 1.11 – Umgestaltung öffentlicher Anlagen 1.566 – Umsatzsteuer 1.65 – Verbrauchervertrag M13, 2.91 – Werbungskostenabzug 1.565 – Werterhöhung Grundstück 1.568 – Zweiterschließung 1.568 Ertragswertverfahren – bebaute Grundstücke 1.1038 ff. – Bewertung von Betriebsvermögen 1.1070 ff. – Bewertungsschema 1.1041 – Gebäude auf fremdem Grund und Boden, Reform 6.35 Erwerb von Todes wegen – Familienheim 4.416 ff. – Grunderwerbsteuer 1.750 – Grundstücksveräußerung, Einbeziehung in Drei-Objekt-Theorie 11.51 – private Veräußerungsgeschäfte 12.33 – Steuerpflicht 4.413 ff. Erwerbermodell – Bauherrenerlass 3.302 f. Erwerbszweitwohnung 1.945 Erzeugnisse – wesentliche Grundstücksbestandteile 1.32 Existenzgründer – Verbraucherschutz 2.86

Fahrlässigkeit – Gewährleistungsansprüche 2.157 Fälligkeitsmitteilung 1.72 f.; 1.83; 2.5; 2.227; 2.233 ff.; 2.240 ff.; M27, 2.231; M28, 2.239; M29, 2.242 falsus procurator – vermögensverwaltende GbR 8.16 Familienheim – Betriebsgrundstück, entgeltliche Erbbaurechtsbestellung 5.80 f. – Erbschaftsteuerbefreiung 1.999 ff. – gemischt genutztes Grundstück 4.418 – Steuerbegünstigung 4.416 ff. Familien-KG, vermögensverwaltende – Abfärbetheorie 8.67 967

Stichwortverzeichnis – Abfindungsausschluss 8.42 ff.; 8.45 ff. – disquotale Überschussverteilung 8.62; 8.69 – Doppelnießbrauch 8.38 – Einbringung in vermögensverwaltende Personengesellschaft 8.76 ff. – Einkünfteerzielungsabsicht 8.85 – Einkünftezurechnung 8.81 ff. – Familiensplitting 8.60 – Feststellungsbescheid 8.82 ff. – fiktives Kapitalkonto 8.71 ff. – generationsübergreifende Erhaltung von Familienvermögen 8.25; 8.60; 8.114 – Gewerbesteuerpflicht 8.28 – gewerbliche Tätigkeit 8.67; 8.79 – Grunderwerbsteuer 8.91 ff. – Handelsregisteranmeldung 8.50 – Handelsregistereintragung 8.26 ff. – IHK-Mitgliedschaft 8.28 – Liquidationswert 8.43 – Minderjährige 8.110 ff. – nahestehende Person 8.62 – negatives Kapitalkonto 8.71 ff. – Nießbrauch, Grundstück 8.37 ff. – Nießbrauch, KG-Anteil 8.35 f. – Personenzusammenschlüsse, Steuerrecht 8.63 – private Vermögensverwaltung 8.65 – Pflichtteilergänzungsansprüche 8.39; 8.45 ff. – Rentenerlass 8.33 – Schenkungsfreibeträge 8.60 – steuerliche Anerkennung 8.61 f. – Steuerstundungsmodell 8.75 – Umsatzsteuer 8.97 ff. – unentgeltliche Übertragung eines Personengesellschaftsanteil 8.105 ff. – Versorgungsleistungen 8.34 – Vertragsgestaltung 8.40 ff.; 8.113; M70, 8.109 – Vorbehaltsnießbrauch 8.80; 8.96; 8.114 – Zebragesellschaft 8.83 – Zuwendungsnießbrauch 8.114 Familienpool – vermögensverwaltende GbR 8.7 Familiensplitting 8.60 Familienstiftung 9.161 Familienvermögen, generationsübergreifende Erhaltung 8.25; 8.60; 8.114 Ferienwohnung – Ausland 1.276 – ausschließliche Fremdvermietung 1.417 ff.

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– – – – –

degressive AfA 1.485 Einkünfteerzielungsabsicht 1.417 ff. Liebhaberei 1.418; 13.112 Normal-AfA 1.423 ortsübliche Vermietungszeit 1.419; 13.112 – private Veräußerungsgeschäfte 12.91 – Prognoserechnung 1.423 f.; 13.112 f. – Rechtsprechung 1.417 – Rentabilitätsmaßnahmen 13.111 – Schuldzinsen, krasses Missverhältnis 1.423 f. – teilweise Selbstnutzung 1.417; 1.420 ff. – Totalüberschuss 1.422 ff. – Überschussprognose 1.419; 1.422 ff. – verbilligte Miete 1.432 ff. – Vermietung, steuerliche Vertragsgestaltung 13.111 ff. – Vermietung, Vertragsform 13.9 – Zweitwohnungssteuer 1.572 ff. Feuchtigkeit – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 Finanzierungsaufwendungen 1.531 ff. – Bauherrenerlass 3.302 f. – Damnum 1.543 f. – Ehegatten, Nicht-Eigentümer-Darlehen 1.537 – Ehegattendarlehen, gemeinsames 1.536 – fortgeführtes Darlehen, Anschaffungskosten der neuen Immobilie 1.539 – Gebühren, Bausparvertrag 1.542 – Gebühren, Notar 1.542 – Schuldzinsen 1.531 f.; 1.539 – tatsächliche Darlehensverwendung 1.531 – Umwidmung von Darlehen 1.532 – Veranlassungszusammenhang 1.531; 1.539 – Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 ff. – Werbungskostenabzug 1.531 ff.; 3.302 ff. Finanzierungsbestätigung – Kaufabwicklung 2.134 Fischereirecht – private Veräußerungsgeschäfte 12.4 Forderungssicherungsgesetz – Bauträgerkaufvertrag 3.1; 3.31 ff. Formwechsel – Grunderwerbsteuer 1.723 – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.82 Freiberufler – Arbeitszimmer, Betriebsvermögen 1.247 – Erbfall 1.244; 1.250 – Grundstücksveräußerung/-entnahme 1.241 ff.

Stichwortverzeichnis – Personengesellschaft 1.249 – Übertragung von Betriebsvermögen auf GmbH & Co. KG 1.248 – Verbrauchereigenschaft 2.81 – s.a. „Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit“ Freigebige Zuwendung – Kaufpreisstundung 1.983 Fremdvergleich – nahestehende Person 13.67 ff.

Garantie – Verbrauchsgüterkauf 2.201 Gastronomie – Investitionszulage 1.602 Gasversorgung – Grundstückskauf, Kostentragung 2.281 GbR – Anteilsveräußerung 2.18 – Grundstückshandel, Zurechnung bei Gesellschaftern 11.54 – Nießbrauchsberechtigung 7.10 – Rechtsfähigkeit 4.124 ff. – Teilauseinandersetzung 1.200 – Vermögensverwaltung s. „GbR, vermögensverwaltende“ – s.a. „Mitunternehmerschaft“ GbR, vermögensverwaltende – Ergänzungspfleger 8.19 – falsus procurator 8.16 – familiengerichtliche Genehmigung 8.20 – Familienpool 8.7 – Haftungsbeschränkung 8.14 ff. – Immobilienfonds 8.17 f. – Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz 8.21 ff. – Vertragsgestaltung 8.10 ff. – Vollmacht 8.13 – Widerrufs- oder Rücktrittsklausel 8.24 – Wohnungseigentümergemeinschaft 8.17 f. Gebäude – Anlagevermögen 1.121 – Bauvertrag i.V.m. Kaufvertrag 1.34 ff. – gewillkürtes Betriebsvermögen 1.113 – notwendiges Betriebsvermögen 1.112 – notwendiges Privatvermögen 1.111 – Privatvermögen 1.114 – selbständige Wirtschaftsgüter 1.104 ff. – steuerliche Trennung von Grund und Boden 1.11 – Umlaufvermögen 1.121

Gebäude – auf fremdem Grund und Boden – Bewertung, Reform 6.35 – Ehegattengrundstück 1.123 ff. – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Gebäudeerrichtung durch Angehörige 1.127 – Grunderwerbsteuer 1.715 – Veräußerung, Umsatzsteuerbefreiung 1.800 f. Gebäude – gemischt genutzte – Bewertung 1.1035 ff. – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Zuordnung zu den Vermögensarten 1.109 ff. Gebäudeeigentum, selbständiges – private Veräußerungsgeschäfte 12.2 Gebäudeerweiterung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.545; 1.550 ff. Gebäudeherstellung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.545; 1.547 ff. Gebäudeteile – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Photovoltaik-Anlage 10.4 Gebäudeversicherung – Dauerwohnrechtsbestellung 6.49 – Erbbaurechtsvertrag 5.37 – Übernahme durch Käufer 1.75 Gebäudewert – Gebäude auf fremdem Grund und Boden 6.35 Gebrauchswert 1.553 ff. Gebrauchtimmobilie – Gewährleistungsausschluss 2.173 – s.a. „Altbau“ Geh- und Fahrtrecht 1.19; M1, 1.11 Gemeinde – Vorkaufsrecht s. dort Gemeinschaftsordnung – Änderung 4.106 ff.; M58, 4.111 – Änderung, Anpassungsverpflichtung 4.112 – Änderung, gesetzliche Öffnungsklausel 4.113 – Änderung, Öffnungsklausel 4.109 f.; M58, 4.111 – Änderung, Vereinbarung 4.108 – bauliche Maßnahmen 4.32 – Begriff 4.31 – Benutzungsregelung M49, 4.48 – Beschlusssammlung 4.66

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Stichwortverzeichnis – Betreutes Wohnen 4.33 ff.; M45, 4.34; M46, 4.37 – Doppelhaushälfte 4.43 f.; M48, 4.45 – Duplex-Garage 4.46 ff.; M49, 4.48 – gemischte Nutzung 4.38 ff.; M47, 4.40 – Geschosswohnungsbau 4.32 – Gewährleistungsansprüche 4.181; M62, 4.180; M63, 4.182 – Hausgeldbeträge 4.61; 4.198 f. – Hinzuerwerb einer Fläche 4.123 – Instandhaltung, Kostenverteilung 4.44 – Kostentragung, Gemeinschaftseigentum 4.35 ff.; M46, 4.37 – Kostenverteilungsschlüssel 4.35 ff.; 4.58 f. – Lastentragung bei gemischter Nutzung 4.41 – Mehrheitsbeschluss 4.64 – Modernisierung 4.32 – Nachhaftung des Veräußerers 4.201 – Notrufeinrichtung 4.35 f.; M46, 4.37 – Regelungsschwerpunkte 4.32 f. – Reihenhaus 4.43 f.; M48, 4.45 – Sondernutzungsrechte, Aufhebung 4.120 – Sondernutzungsrechte, Begründung 4.46 ff. – Sondernutzungsrechte, Veräußerung 4.114 ff. – Sondernutzungsrechte, Zuweisung 4.46 ff. – Stimmrecht 4.63; 4.65 – Stimmrecht, Unterteilung von Wohnungseigentum 4.93 ff. – Umwandlung Wohnungseigentum in Teileigentum 4.42; 4.103 f.; M57, 4.105 – Veräußerungsbeschränkung 4.56 f. – Verbrauchskostenverteilung 4.58 – Verwalter 4.67; M54, 4.68 – Wohnungseigentümergemeinschaft 4.124 ff. – s.a. „Wohnungseigentümerversammlung“, „Wohnungseigentum – Verwaltung“ Generalüberholung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.545; 1.550 ff. Generalübernehmermodell – Beurkundung 3.222; 3.251 – Grunderwerbsteuer 3.252 ff. – Haftung, Privatverkäufer 3.251 – Inhaltskontrolle 3.231 f. – MaBV, Anwendbarkeit 3.226 ff.; M38, 3.19 Generalunternehmer – Bauabzugssteuer 1.632 ff.

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Gesamthandsgemeinschaft – Anteilsveräußerung, Vermögensverwaltungsgesellschaft 12.61 ff. – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.756 ff. – Grundstückseinlage aus Privatvermögen 12.42 ff. – Grundstücksentnahme 12.64 f. – s.a. „GbR“ Gesamtrechtsnachfolge – eigengenutzte Immobilien, Veräußerung 12.95 Geschäftsbesorgungsvertrag – Bauträgervertrag 3.2 Geschäftsführer – Sozialversicherungspflicht 9.133 ff. Geschäftsgrundstück – Bewertung 1.1035 ff. Geschäftsveräußerung – Grundstücksübertragung 1.848 ff. – Musterklausel, vorsorgliche Option M7, 1.856 – Steuerbarkeit 1.841 ff.; 1.852 ff. – Unternehmensfortsetzung 1.844 ff. – Voraussetzungen 1.844 ff. – vorsorgliche Option 1.852 ff. Geschäftsveräußerung, Umsatzsteuer 1.181; 1.841 ff. – Unternehmensfortführung 1.848 ff.; 8.99 – Veräußerung Wohnungs-/Teileigentum 4.353 – Voraussetzungen 1.844 ff. – vorsorgliche Option 1.852 ff.; M7, 1.856; 8.99 ff. Geschosswohnungsbau 4.32 Geschwister s. „Angehörige“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts s. „GbR“ Gesellschafterwechsel – Freiberufler-Personengesellschaft 1.249 Gestaltungsmissbrauch – gewerblich geprägte GmbH & Co. KG 9.36; 9.107 – gewerblicher Grundstückshandel 11.71 f. – Grundstücksübertragungen durch vorweggenommene Erbfolge 13.85 ff. – kurzfristige Gestaltungen 1.195 – Mietverträge mit nahestehenden Personen 13.81 ff. – Pachtverträge mit nahestehenden Personen 13.44 ff. Gewährleistungsanspruch – Abnahme, Gemeinschaftseigentum 3.149 ff.; M61, 4.171 – Abtretung 2.177

Stichwortverzeichnis – Ausschluss 2.169 ff. – Bauträgerkaufvertrag, Inhaltskontrolle 3.112 ff.; 3.137 – Erwerb von Wohnungseigentum 4.168 ff.; M61, 4.171 – Minderung 2.156 – Nacherfüllung 2.155 – Verjährung 2.158 – Verbrauchsgüterkauf 2.168 ff. – Verschulden 2.157 – Wohnungseigentumserrichtung 3.158 – s.a. „Kaufvertrag – Leistungsstörungen“ Gewerbebetrieb – Abfärberegelung 1.660; 1.663 f. – Betriebsgrundstück, Grundsteuer 1.930 ff. – gewerblicher Grundstückshandel s. dort – Übertragung, Haftung für Steuerschulden 1.173 – s.a. „Betriebsgrundstück“, „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ Gewerbesteuer – Abfärbetheorie 1.660; 1.663 f. – Ausgliederungsmodell 1.664 – Ausschließlichkeitsgebot, Gewerbesteueranrechnung 1.668 – Bemessungsgrundlage 1.662 – Betriebsaufgabe 1.662 – Einzelunternehmen 1.661 – Erbbauberechtigter 5.145 ff. – Erbbaurecht, Grundstückseigentümer 5.153 f. – Familien-KG 8.28 – Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen 1.661 – Grundstücksüberlassung an Kapitalgesellschaft 1.661 – Grundstücksüberlassung an Personengesellschaft 1.661 – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.128 – Kürzung 1.666 ff.; 9.41 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke, Entnahmegewinn 1.154 – Mitunternehmeranteilsveräußerung, Grundstückshandel 1.227 – private Vermögensverwaltung 1.661 – Steuerpflicht 1.660 ff. – Veräußerungsgewinn 1.662 – Veräußerungsgewinn, Grundstückshandel 1.662 – Veräußerungsgewinn, Obergesellschaft 1.662 – Verhältnis zur Grundsteuer 1.930 ff.

– Vermietungseinkünfte 1.663 f. – vermögensverwaltende Personengesellschaft 1.661; 9.41 – Verpachtung eines Gewerbebetriebs 1.665 Gewerbliche Einkünfte s. „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ Gewerblicher Grundstückshandel – Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung 11.1 ff.; 11.41 ff. – Annahme einer Mitunternehmerschaft 1.198 ff. – Anschaffungskosten, Sofortabzugsverbot 11.75 – Anteilstausch zwecks Grundstückseinbringung 1.211 – Anteilsveräußerung, Grundstücks-/Personengesellschaft 11.48 – bauunternehmerische Tätigkeit 11.14 – bedingte Veräußerungsabsicht 11.41 ff. – Beendigung 1.226 – Beratungsgefahren 1.228 ff. – Bescheidberichtigung 1.222 ff. – Besteuerung 11.73 ff. – Beteiligung an Grundstücksgesellschaft 1.48 f. – Betriebsaufgabe 1.226 – Checkliste 1.232 – Drei-Objekt-Grenze s. dort – Durchhandelsfälle 11.3 – eigengenutzte Immobilien 11.55 – Einbeziehung abgeschlossener Tatbestände 1.222 ff. – Einbringung in Mitunternehmerschaft zwecks Veräußerung 1.227 – Einschaltung von Zwischenpersonen 11.71 – Erbbaurechtsbestellung 1.219 ff.; 5.105; 5.113; 11.50 – Erbbaurechtsbestellung an bebautem Grundstück 5.69; 5.105 – Erbbaurechtsbestellung an Betriebsgrundstücken 5.77 – Erbbaurechtsbestellung an unbebautem Grundstück 5.69 – Erbengemeinschaft 4.314 f. – Erwerb von Todes wegen 11.51 – Familien-KG 8.67; 8.79 – Fünfjahreszeitraum 11.52 f. – Gestaltungsmissbrauch 11.71 f. – Gewerbesteuer, Veräußerungsgewinn 1.662 – Gewinnerzielungsabsicht 11.12 f. – Großobjekte 11.14

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Stichwortverzeichnis – Grundstückseinbringung in Kapitalgesellschaft 11.48 – Herstellungsfälle 11.3 – Indizien 1.192 – Kapitalgesellschaft, Abschirmwirkung 1.203 ff. – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.154 – Mitunternehmeranteilsveräußerung, Gewerbesteuer 1.227 – Nachhaltigkeit 11.14 f. – Schaubild 1.193 – Selbständigkeit 11.11 – Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr 11.31 f. – unbebaute Grundstücke 11.47 – unbedingte Veräußerungsabsicht 11.44 – Veräußerung, bebautes Erbbaurecht 5.113 – Veräußerungsabsicht, Widerlegung 11.45 – Verlustverwertung 1.225 – Vermeidung, Einschaltung einer GmbH 1.203 ff. – Vermeidung, Erbbaurecht 5.2 – Vermeidung, Verteilung auf mehrere Personen 1.194 ff. – Vermeidung, Vertragsgestaltung 1.191 – Vermeidung von Zusatztätigkeiten 1.216 – Vermeidung, vorherige Teilauseinandersetzung 1.200 – Wohnungseigentum, Aufhebung vor Veräußerung 1.214 f. – Zurechnung von Verkäufen einer GbR 11.54 – Zurechnung von Verkäufen einer Kapitalgesellschaft 11.31 f. – zurückliegende Verkäufe 11.55 Gewinnerzielungsabsicht – gewerblicher Grundstückshandel 11.12 f. – s.a. „Einkünfteerzielungsabsicht“ Gewinnrücklage – Veräußerung von Betriebsgrundstücken 1.177 GmbH – Abschirmwirkung, Grundstückshandel 1.203 ff. – Anteilseinbringung in GmbH & Co. KG M77, 9.85 – Anteilsübertragung 9.146 ff.; M81, 9.163 – Geschäftsanteilsabtretung M81, 9.163 – Gründung M71, 9.77 – Satzung Immobilienverwaltungs-GmbH M80, 9.138

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GmbH & Co. KG – Einbringung, Betriebsgrundstücke 1.177 – Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG M77, 9.85 – Einbringung, Landwirtschaftsbetrieb 1.157 – gewerbliche Prägung s. „GmbH & Co. KG, gewerblich geprägte“ – GmbH-Gründung M71, 9.77 – Grundstückeinbringung gegen Mitunternehmeranteil 1.516 – KG-Anteilsübertragung M78, 9.86 – vermögensverwaltende Immobilien GmbH & Co. KG 9.31 ff. – Vermögensverwaltende KG M70, 8.109 GmbH & Co. KG, gewerblich geprägte – Änderungen im Gesellschafterbestand 9.42 – Anteilsübertragung KG M78, 9.86 – Anwachsung 9.38 – Beendigung der gewerblichen Prägung 9.106 f. – Betriebsvermögen 9.33 ff. – Einbringung der Immobilien 9.9 ff. – Einbringung GmbH-Anteile M77, 9.85 – Einbringung von land-/forstwirtschaftlichen Flächen 5.79 – Einheits-GmbH & Co. KG 9.3; 9.16 ff. – Einkommensteuer 9.31 ff.; 9.110 f. – erweiterte Gewerbesteuerkürzung 9.41 – Gesellschaftsvertrag Immobilien-GmbH & Co. KG M72, 9.79 – gewerbliche Prägung 9.6 ff.; 9.33 ff. – Grunderwerbsteuer 9.42 ff. – Grundstückseinbringung in die Immobilien-GmbH & Co. KG mit Kapitalerhöhung M75, 9.82 – Grundstücksverwaltungsgesellschaft 9.1 ff. – Gründung GmbH & Co. KG 9.78 f.; M72, 9.79 – Gründung GmbH M71, 9.77 – Komplementär-GmbH 9.32 ff. – Konten 1.296 f.; 9.15 – Publizitätspflicht 9.24 ff.; 9.112 – Realteilung 9.91 – Registeranmeldung GmbH & Co. KG M74, 9.81 – Registeranmeldung KG-Anteilsübertragung 9.88 f.; M79, 9.87 – Registeranmeldung Verwaltungs-GmbH M73, 9.80

Stichwortverzeichnis – Registeranmeldung, Kapitalerhöhung durch Sacheinlage 9.82; M76, 9.84 – Rentenerlass 9.62 – „Step-Up“ 9.8 ff.; 9.12 ff.; 9.33 ff. – steuerliches Privatvermögen 9.106 ff. – Stufenplan 9.12 ff. – Vermögensverwaltende KG M70, 8.109 – Versorgungsleistungen 9.62 – Vorbehaltsnießbrauch 9.63 ff. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer – Verbrauchereigenschaft 2.83 Grund und Boden – steuerliche Trennung von Gebäuden 1.11 Grundbesitzwert – bebaute Grundstücke, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1035 ff. – Grunderwerbsteuer 1.722 – Nachweis niedrigeren Verkehrswerts, Schenkung 1.1034; 1.1037; 1.1047 – unbebaute Grundstücke, Erbschaft-/ Schenkungsteuer 1.1032 Grundbucheintragung – Erbbaurecht 5.7 – Erbbaurecht, Rangstelle 5.18 ff. – Nießbrauchsbestellung, steuerliche Anerkennung 7.151 – Teilfläche, Grundpfandrechte 1.13; M1, 1.11 Grunddienstbarkeit – Abgrenzung zu Erbbaurecht 5.5 – Abgrenzung zum Dauerwohnrecht 6.9 – Ausbeutegrundstück 1.289 – Erlöschen, durch Heimfall des Erbbaurechts 5.18 – Grunderwerbsteuer 1.719 – Nießbrauch s. dort – Rangrücktritt, Sicherung 5.18 – Rechtsmängel 2.159 – Unverpfändbarkeit 5.21 – wesentliche Grundstücksbestandteile 1.32 – Zufahrt/Zugang, Teilflächenverkauf 1.19; M1, 1.11 Grunderwerbsteuer – Abtretung von Übereignungsansprüchen 1.701 – Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft 1.705 ff. – Anteilsvereinigung 1.708 ff. – Anwachsung 1.702 – Architektenleistung, Baupläne 1.35 – Ausbeutegrundstück, Veräußerung M4, 1.298

– Auseinandersetzung mit Grundstücken 1.701; 1.722 – Bauträger, Anteilsmodell 3.265 – Bauträger, Stundungsmodell 3.262 – Bauträger, Tauschmodell 3.259 – Bauträgervertrag 3.304 ff. – Begründung, Wohnungs-/Teileigentum 4.386 ff. – Bemessungsgrundlage 1.718 ff.; 3.304 ff.; 4.393 – Bemessungsgrundlage, gekoppelte Verträge 1.37 f. – Bemessungsgrundlage, Übersicht 1.726 – bewegliche Gegenstände 1.33 – Dauerwohnrechtsübertragung 6.31 – Doppelbelastung mit Umsatzsteuer 3.305 – Einbringung von Grundstücken 1.701; 1.722 – Erbbaurecht 1.715; 5.241 ff. – Erbteilveräußerung 1.703; 1.751 – Erhöhung durch Maklerprovision 2.341 ff. – Erschließungs-/Anliegerkosten 1.63 f. – Erschließungskosten 3.307 – Erwerbsvorgang, Rückgängigmachung 1.765 ff. – Familien-KG 8.91 ff. – Formwechsel 1.723 – Gebäude auf fremdem Grund und Boden 1.715 – Gegenleistung, Minderung 1.765 ff. – Generalübernehmermodell 3.252 ff. – GmbH & Co. KG 9.42 – Grundstücksbegriff 1.715 f. – Grundstückstausch 1.701 – Immobilienleasing 1.714 – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.129 – Inventar 1.41 – Kaufpreisaufteilung 2.207 ff. – Kaufpreisaufteilung in Gebäude und Grund und Boden 1.71; 1.105 f. – Keller-/Garagenmodell 4.392 – Koppelung mit Bauvertrag 1.725 – mitverkaufte bewegliche Sachen 2.39 – Nutzungsrechte 1.715 – Nutzungsrechte, Bewertung 1.724 – Preisnachlass wegen Abzinsung 3.308 – Rückauflassung 1.765 ff. – Sanierungsgebäude 3.304 – Schenkung unter Auflage 1.701 – Sondernutzungsrechte, dinglich gesicherte 4.392 – Spaltung 1.704; 1.722

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Stichwortverzeichnis – – – – – – –

steuerbare Vorgänge, Übersicht 1.700 Treuhandverhältnis 1.714 Übergang von Nutzungen 1.76 Übernahme der dinglichen Haftung 1.53 Umsatzsteuerbefreiung 1.701; 1.800 ff. Unbedenklichkeitsbescheinigung 1.741 Veräußerung, Wohnungs-/Teileigentum 4.381 ff. – Veräußerungsvorgang, Benennungsrecht 1.712 – Verschmelzung 1.704; 1.722 – Vertragsübernahme 1.765 ff. – Verwertungsbefugnis 1.713 ff. – Wohnungs-/Teileigentum 1.715 – Wohnungserbbaurecht 4.391 – zusätzliche Leistungspflichten 1.44 f. – Zwangsversteigerungserwerb 1.701 – Zwischenerwerb 1.712 Grunderwerbsteuer – Befreiungen – Erbauseinandersetzung 1.741 ff. – Erwerb von Todes wegen 1.750 – Freigrenze 1.743 ff. – Gesamthandsgemeinschaften 1.756 ff. – Grundstückstausch zwischen Ehepaaren 1.747 ff. – Miteigentümergemeinschaft 1.756 ff. – Schenkung 1.750 – Schenkungsvorgänge 1.985 – Treuhandverhältnis, Auflösung 1.754 – Übersicht zu § 3 GrEStG 1.742 – Übertragungen zwischen Angehörigen 1.754 – Übertragungen zwischen Ehegatten 1.754 – Umsatzsteuerbefreiung 1.800 ff. – Unbedenklichkeitsbescheinigung 1.741 Grundpfandrecht – Abtretung zwecks Vollstreckungsschutz 2.448 ff.; M37, 2.452 – Rechtsmängel 2.159 – Teilflächenverkauf 1.13; M1, 1.11 – Treuhandauflagen 2.227 ff. – Übernahme, Änderung der Sicherungsvereinbarung 1.52 – Übernahme durch Käufer 1.51 ff.; 2.166 – Übernahme, Zwangsvollstreckungsunterwerfung 1.52 Grundsteuer – Art-/Zurechnungsfortschreibung 1.935 – Bemessungsgrundlage 1.933 – Berechnung 1.937 – Einheitswert 1.933; 4.411 – Erbbaurecht 5.314 f. – Erhebungsturnus 1.936

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– – – – – – –

Erlass 1.940 ff. Gewerbesteuerkürzung 1.666 ff. Haftungsschuldner 1.939 Hebesatz 1.937 f. Nießbrauch 1.939 Steuerschuldner 1.936 Steuerschuldner, Grundstücksübertragung 1.75 – Verhältnis zur Gewerbesteuer 1.930 f. – Wertfortschreibung 1.934 – Wohnungs-/Teileigentum 4.411 ff. Grundstück – Begriff, einkommensteuerlicher 1.11 – Begriff, Grunderwerbsteuer 1.715 f. – Begriff, Umsatzsteuer 1.808 ff. – Begriff, zivilrechtlicher 1.10 – Ehegattengrundstück 1.123 ff. – Einbringung gegen Mitunternehmeranteil 1.516 – Einlage in Personengesellschaft 12.42 ff. – Einlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft 12.45 ff. – Entnahme aus Betriebsvermögen 12.64 ff. – Erbbaurechtsbestellung 5.11 ff. – Land-/Forstwirtschaft, Übertragungsgestaltung 1.152 ff. – Scheinbestandteil 1.32 – Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt M69, 7.309 – Teilflächenverkauf s. dort – Überlassung an Angehörige zu Wohnzwecken, Gestaltung 1.181 – Übertragung s. „Vorweggenommene Erbfolge“ – verdeckte Einlage in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – wesentliche Bestandteile 1.32 – Zubehör 1.33 – Zumessung von Teilflächen 1.10 Grundstück – bebautes – Bewertung, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1035 ff. – Bewertungsverfahren 1.1035 ff. – Erbbaurechtsbestellung 5.9 Grundstück – Erwerb – Ausbeutegrundstück 1.281 ff. – Bauträger, Anteilsmodell 3.265 ff. – Bauträger, Stundungsmodell 3.261 ff. – Bauträger, Tauschmodell 3.257 ff. – Belehrungspflicht, Steuerfolgen 1.141 ff. – Einkunftsarten 1.100 ff. – gemischt genutzte Gebäude 1.109 ff.

Stichwortverzeichnis – Gesellschaftsverhältnis, verdeckte Gewinnausschüttung 1.271 ff. – Grunderwerbsteuer 1.700 ff. – Land-/Forstwirtschaft, Vertragsgestaltung 1.152 ff. – langfristiges Angebot, Grunderwerbsteuer 1.714 – Mietshauskauf M2, 1.80 – Rückgängigmachung, Grunderwerbsteuer 1.765 ff. – selbständige Wirtschaftsgüter 1.104 ff. – Steueranspruch, Entstehen 1.147 f. – teilentgeltlicher, AfA 1.481 ff. – Übergang von Nutzungen, Lasten, Besitz 1.72 ff. – Übernahme von Verträgen 1.43 – Umsatzsteuerbefreiung 1.800 ff. – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 ff. – Veräußerungsvollmacht, Grunderwerbsteuer 1.714 – Versorgungsrente 1.604 ff. – Vertragsübernahme, Grunderwerbsteuer 1.768 f. – Verwertung auf eigene Rechnung 1.714 – Vorkaufsrecht s. dort – wirtschaftliches Eigentum 1.76 – Wohnungseigentum, vermietetes 4.202 ff. – s.a. „Grundstück – Veräußerung“, „Kaufvertrag“ Grundstück – gemischt genutztes – Abfärbetheorie 4.308 ff. – Aufteilung in Wohnungseigentum, Erbauseinandersetzung 4.305 ff. – Bewertung 1.1031 ff. – Erbfall 4.304 ff. – Erwerb 1.109 ff. – Familienheim 4.416 ff. Grundstück – Tausch – gegen Gesellschaftsanteile 12.40; 12.42 ff. – Grunderwerbsteuer 1.701 – privates Veräußerungsgeschäft 12.13 – zwischen Ehegatten 1.747 ff. Grundstück – unbebautes – Bewertung, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1032 ff. – Drei-Objekt-Grenze 11.47 – Erbbaurechtsbestellung 5.8 – private Veräußerungsgeschäfte 12.91 – Teilflächenverkauf M1, 1.11 Grundstück – Veräußerung – Ablaufschema 2.4 f. – an Arbeitnehmer 1.261 ff. – Ausbeutegrundstück 1.281 ff.

– Bedingung, privates Veräußerungsgeschäft 12.13 – Freiberufler, Betriebsvermögen 1.241 ff. – Gesellschaftsverhältnis, verdeckte Gewinnausschüttung 1.271 ff. – gewerblicher Grundstückshandel s. dort – Grunderwerbsteuer 1.700 ff. – Grundstückseinlage in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – Grundstückseinlage in Personengesellschaft 12.42 ff. – Kaufvertrag s. dort – langfristiges Angebot, Grunderwerbsteuer 1.714 – Leibrente M5, 1.357 – Mietshauskauf M2, 1.80 – Notverkauf 12.15 – private Veräußerungsgeschäfte 12.12 – Rückabwicklung, private Veräußerungsgeschäfte 12.31 – Rückgängigmachung, Grunderwerbsteuer 1.765 ff. – Umsatzsteuerbefreiung 1.800 ff. – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 ff. – Veräußerungsvollmacht, Grunderwerbsteuer 1.714 – Versorgungsrente 1.604 ff. – Vertragsübernahme, Grunderwerbsteuer 1.768 f. – Verwertung auf eigene Rechnung 1.714 – Vorkaufsrecht 2.215 ff.; 12.14 – Vorvertrag, privates Veräußerungsgeschäft 12.13 – s.a. „Wohnungseigentum – Veräußerung“ Grundstücksgemeinschaft – Anteilsveräußerung, gewerblicher Grundstückshandel 11.49 – Teilauseinandersetzung, Drei-ObjektGrenze 11.50 Grundstückshandelsgesellschaft – Beteiligungserwerb 1.217 f. Grundstückslieferung, Umsatzsteueroption 1.813 ff. – Erbbaurecht 5.312 – Grundstücksvermietung 13.131 ff. – Musterklausel, ausgeübte Option M6, 1.840 – Musterklausel, vorsorgliche Option M7, 1.856 – Rechnung 1.874 – Steuerschuldnerschaft 1.874 – vorsorgliche 1.852 ff. – Wohnungs-/Teileigentum 1.883

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Stichwortverzeichnis Grundstückstauschmodell 3.258 ff. Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer – Bemessungsgrundlage 1.871 ff. – Geschäftsveräußerung 1.841 ff. – Grundstücksvermietung 13.131 ff. – Musterklauseln, Option M6, 1.840; M7, 1.856 – Rechnungsausstellung 1.874 ff. – Steuerbefreiung 1.800 ff. – Steuerschuldnerschaft 1.874 – Umsatzsteueroption s. dort – Wohnungs-/Teileigentum 1.883 ff. Grundstücksvermietung – Umsatzsteuer 13.131 ff. Grundstücksverwaltungsgesellschaft 9.1 ff. – gewerblich geprägte GmbH & Co. KG 9.6 ff. – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.116 ff. – Satzung Immobilienverwaltungs-GmbH M80, 9.138 – Vermögensverwaltende KG M70, 8.109 Grundstücksverwaltungsgesellschaft s. „Vermögensverwaltungsgesellschaft“ Gütergemeinschaft – Errungenschaftsgemeinschaft 2.72 f. – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.756 ff. – Grundstückskaufvertrag 2.72 f. – Grundstückstausch zwischen Ehepaaren 1.749 – Nießbrauchsberechtigung 7.33 Gutglaubensschutz – Insolvenz 2.50 ff.

Haftungsbeschränkung

– vermögensverwaltende GbR 8.14 ff. Hausanschlusskosten – Begriff 2.280 – Fälligkeit 2.283 Hausbauverordnung – Bauträgerkaufvertrag 3.4 Hausbock – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 Hausgeldansprüche 4.61; 4.198 f. Haushaltsnahe Dienstleistung – Wohnungseigentum 4.279 Hausmeisterwohnung – Wohnungseigentumsanlage 4.131 Hausschwamm – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 Herstellungskosten 1.481 ff. – Abgrenzung zum Erhaltungsaufwand 1.547

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– Abrisskosten 1.483; 1.512 ff.; 1.571 – AfA-Berechnung 1.483 – als anschaffungsnahe Herstellungsaufwendungen 1.559 – Anwendungsschreiben 1.550 – Ausgleichszahlung an Kommune 1.495 – Baudenkmal 1.498 – Baumaßnahmen nach dem 31.12.2003 1.560 ff. – bautechnisches Ineinandergreifen 1.557 f. – Beurteilung einzelner Aufwendungen 1.557 f. – erhöhte AfA, Baudenkmal 1.496 ff.; 1.507 ff.; 3.278 – erhöhte AfA, Sanierungsgebiet 1.487 ff.; 3.278 – Erweiterung eines Gebäudes 1.550 ff. – Funktionsänderung 1.549 – handelsrechtlicher Begriff 1.547 – Herstellung eines neuen Gebäudes 1.548 ff. – Instandsetzung 1.559 ff. – Kodifizierung 1.560 – Maßnahmen außerhalb des Dreijahreszeitraums 1.562 – Modernisierung 1.559 ff. – Nutzungsänderung 1.549 – Rechtsprechung 1.545; 1.559 – Übersicht 1.550 – üblicherweise jährlich anfallende Arbeiten 1.563 – unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch 7.91 ff. – Unterschreiten der 15 %-Grenze 1.562 – Verbesserung des Gebrauchswerts 1.555 – Verbesserung eines Gebäudes 1.553 ff. – Verwaltungspraxis 1.545; 1.552 – Vollverschleiß 1.548 – Vorbehaltsnießbrauch 7.123 Hofübergabe 1.152 f. Hotel – Investitionszulage 1.602

IHK-Mitgliedschaft

– Familien-KG 8.28 Immissionen – Offenbarungspflicht des Verkäufers 2.179 Immobilienfonds – Steuerstundungsmodell 1.466 ff. – Verlustverrechnungsbeschränkungen 1.463 ff. – Verlustzuweisungsgesellschaft 1.464 – vermögensverwaltende GbR 8.17 f.

Stichwortverzeichnis Immobilienleasing – Grunderwerbsteuer 1.714 Immobilienmarkt – REITs 1.3 – selbstgenutztes Wohneigentum, Entwicklung 1.6 ff. – Wertentwicklung 1.1 – Zwangsversteigerungen, Anzahl 1.3 f. Immobilienverwaltungs-GmbH – Ergänzungspfleger 9.146 – Errichtung 9.116 ff. – Familienstiftung 9.161 – formwechselnde Umwandlung 9.129 – Gewerbesteuer 9.128 – GmbH-Anteilsübertragung 9.146 ff.; M81, 9.163 – Grunderwerbsteuer 9.129 ff. – Grundstücksverwaltung 9.116 ff. – Körperschaftsteuer 9.124 ff. – Nießbrauch an Kapitalgesellschaftsanteilen 9.152 ff. – Rentenerlass 9.148 – Satzung 9.122; M80, 9.138 – Sozialversicherungspflicht, Geschäftsführer 9.133 ff. – stille Beteiligung an GmbH-Anteilen 9.159 f. – Streubesitzdividende 9.127 – Teileinkünfteverfahren 9.118 – Veräußerungsrente 9.148 – Versorgungsrente 9.149; 9.161 – Vorteile der Gesellschaftsform 9.137 – Zuwendungsnießbrauch 9.146 Immobilien GmbH & Co. KG 9.31 ff. – Satzung Immobilienverwaltungs-GmbH M80, 9.138 Indizien – Drei-Objekt-Grenze 11.42 ff. – Einkünfteerzielungsabsicht 13.62 ff. – Vermietung, verbilligte 13.61 Insolvenz – Bauträger, Kettenverkauf 3.191 ff. – Dauerwohnrechtsberechtigter 6.54; 6.60 ff. – Erbbaurecht 5.58 – Erbbaurecht, Heimfallregelung 5.46 – Grunddienstbarkeiten 1.19; M1, 1.11 – gutgläubiger Erwerb 2.50 ff. – Kaufpreis, vorläufiger 1.21; M1, 1.11 – Schutz mitverkaufter beweglicher Sachen 2.47 ff.; M10, 2.54; M11, 2.56 – Schutz vorgemerkter Rechte 2.47 – Verbraucherinsolvenz s. dort

– Verfügungsbefugnisse 2.50 ff. – Vollmachterteilung durch Schuldner, Fortgeltung 2.366 ff. – Vollmachterteilung zugunsten des Schuldners 2.373 f. – Vormerkung, Löschungsvollmacht M18, 2.139 Insolvenzverwalter – Bestellungsurkunde 2.351 f.; M32, 2.353 – Eigenerwerb eines Massegrundstücks 2.356 – Einzelvertretungsbefugnis 2.354 – Selbstkontrahierungsverbot 2.356 f. – Verbraucherschutz, Anwendbarkeit 2.85 – Vertretungsbefugnis, Nachweis 2.352 f. – Vollmacht 2.375 ff. Instandhaltung – Dauerwohnrecht 6.11; 6.48 – Erbbaurecht 5.34 f. – Kostenverteilungsschlüssel 4.35 ff.; 4.58 f. – Rücklage 4.273; 4.383 – Wohnungseigentum 4.273 ff.; 4.383 Instandsetzung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.545 ff.; 1.553 ff. – Kostenverteilungsschlüssel 4.35 ff.; 4.58 f. Inventar 1.41 f. Inventarliste – Kaufvertrag, Regelungen 2.35 ff. – Verbrauchervertrag, Muster M13, 2.91 Investitionsabzug – Photovoltaik-Anlage 10.40 f. Investitionszulage 1.601 ff. – Hotel 1.602 – Laufzeit 1.603 – Nießbrauch 7.272

Jugendherberge – Investitionszulage 1.602 Kapitalgesellschaft

– Abschirmwirkung, Grundstückshandel 1.203 ff. – Anteilstausch zwecks Grundstückseinbringung 1.211 – Anteilsvereinigung, Grunderwerbsteuer 1.708 ff.; 1.985 – Grundstückseinlage aus Privatvermögen 12.40 ff. – Grundstücksentnahme 12.64 ff. – Grundstückserwerb durch Gesellschafter 1.271 ff.

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Stichwortverzeichnis – Grundstücksüberlassung durch Gesellschafter, Gewerbesteuer 1.661 Kapitalisierungsfaktor 1.1073 Kapitalkonto – Buchung eingebrachter Grundstücke 9.37 – Familien-KG 8.71 ff. – GmbH & Co. KG 9.15 Kardinalpflichten, Bauträgerkaufvertrag 3.117 Kaufleute – Bauträgerkaufvertrag 3.17 f. – Verzicht auf MaBV M38, 3.19 Kaufvertrag – Bauträger – Abnahme Gemeinschaftseigentum 3.149 ff.; M41, 3.157 – Abnahme M41, 3.157 – Abnahmefiktion, Inhaltskontrolle 3.129 – Abnahmereife 3.70 – Abnahmevollmacht 3.149 ff. – Abschlagszahlungen 3.31 ff. – Abschlagszahlungen, Rücktrittsrechte 3.65 – Abschlagszahlungsverordnung 3.4 – AGB-Kontrolle 3.111 ff. – Änderungsvorbehalt Bauträgervertrag M39, 3.123; M60, 4.165 – Änderungsvorbehalt, Inhaltskontrolle 3.118 ff. – Änderungsvorbehalt, Klausel 3.130 – Angebot, Annahme 3.145 ff. – Annahmefrist des Bauträgers 3.145 ff. – Anteilsmodell 3. 265 ff. – Auflassung, Abhängigkeit von Vorleistung 3. 134 ff.; M40, 3.136 – Bauabzugssteuer 3.168 ff. – Baubeschreibung 3.141 ff. – Baugenehmigung 3.65 – Bauplatzverkauf 3.4; M1, 1.11 – Beurkundung 3.9 ff. – Bürgschaft s. dort – Eigenheimzulage 1.643 – Eigentumserwerbsanspruch des Bauträgers 3.65 – Einzugsermächtigung 3.68 – Entgegennahme von Leistungen, Voraussetzungen 3.64 ff. – Errichtung von Wohnungseigentum 4.19 ff. – Erschließungsanlage, Errichtung 3.4 – Fälligkeitsmitteilung, Notarhaftung 3.78 – Fälligkeitsregelungen 3.88 ff. – Fälligkeitsvoraussetzungen 3.65 – Forderungssicherungsgesetz 3.1; 3.31 ff.

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– Freistellungsbestätigung 3.65 – Genehmigungen, Einholung 3.65 – Generalübernehmermodell 3.221 ff.; s.a. dort – geringfügige Werkleistungen 3.3 – gewerberechtliche Schutzvorschriften 3.1 – gewerbliche Tätigkeit 3.15 ff. – Globalbürgschaft 3.87 – Grundbuchhandlungen, erforderliche 3.65 – Grunderwerbsteuer 3.304 ff. – Grunderwerbsteuer, Anteilsmodell 3.265 – Grunderwerbsteuer, Stundungsmodell 3.262 – Grunderwerbsteuer, Tauschmodell 3.259 – Grundpfandrechte, Freistellung 3.65 – Grundstückstausch 3.257 ff. – Haftung, Sanierungsmodelle 3.271 ff. – Haftungsbeschränkung, Inhaltskontrolle 3.138 – Hausbauverordnung 3.4 – Insolvenzfestigkeit, Verkaufskette 3.191 ff. – Kaufleute 3.17 f. – Kaufpreisänderung, Inhaltskontrolle 3.130 – Kettenkaufvertrag 3.191 ff. – Koordinierungspflicht 3.163 – Leistungsverweigerungsrechte 3.131 ff. – Löschungsvollmacht M18, 2.139; 3.65 – MaBV, Anwendbarkeit 3.3 ff.; 3.62 ff.; M38, 3.19 – MaBV, Anwendungsbereich 3.1 – Mängelrechte, Wohnungseigentum 3.158 f. – mehrere Vertragsgegenstände 3.67 – Mehrhausanlagen 4.19 ff. – Muster, Eigentumswohnung M42, 3.343 – Muster, Sanierungsobjekt M43, 3.344 – Nachzüglerverkauf 3.36; 3.139 f.; 3.144; 3.159 – öffentliche Lasten, Kostentragung 2.276 ff. – Prospekthaftung 3.8 – Raten, Anzahl 3.66 – Raten, Schlusszahlung 3.70 – Ratenlieferungsvertrag 3.2 – Ratenplan, Bautenstand 3.33 ff.; 3.71 f. – Ratenplan, Nichteinhaltung 3.66 – Ratenplan, Sanierungsobjekt 3.274 ff. – Rechtsnatur 3.1 f. – Rücktrittsrecht 3.65

Stichwortverzeichnis – Rücktrittsrecht, nachträgliche Vereinbarung 3.161 – Sachmängelhaftung, Inhaltskontrolle 3.112 ff. – Sanierung, Vertragsmuster M43, 3.344 – Sanierungsmodelle 3.268 ff. – Sanierungsobjekt, Einschränkung von Käuferrechten 3.133 – Schadenspauschalierung, Inhaltskontrolle 3.137 – Schiedsgutachter-/gerichtsklausel 3.167 f. – Sicherheit für Vertragserfüllung 3.35 ff. – Sicherheiten, mehrere 3.76 – Sonderwünsche 3.160 ff. – steuerliche Behandlung 3.301 ff. – Steuerstundungsmodell 3.341 ff. – Stundungsmodell 3.261 ff. – Tausch mit dem Bauträger 3.257 ff.; s.a. dort – Teilung, Mehrhausanlage 4.19 ff. – Teilzahlungsgeschäft 3.2 – Umsatzbesteuerung 3.321 ff. – Unbedenklichkeitsbescheinigung 3.65 – Verbraucherschutz 3.6 ff. – verdeckter 3.221 ff.; M38, 3.19 – Verjährung, Bürgschaftsansprüche 3.86 – Verjährung, Zahlungsanspruch 3.90 – Vertrag über teilsanierte Altbauwohnung M43, 3.344 – Vertrag, noch zu errichtende Eigentumswohnung M42, 3.343 – Vertragsabschluss 3.145 – Vertragsgestaltung 3.61 ff. – Vertragstypen 3.2 ff. – Verzicht auf Anwendung der MaBV M38, 3.19 – Verzicht auf Schutzvorschriften 3.17 f. – Verzugseintritt 3.88 f. – vollständige Fertigstellung, Begriff 3.70 – Vorkaufsrecht, Negativattest 3.65 – Vorlageanweisung Auflassung Zug-umZug M40, 3.136 – Vorleistung des Käufers 3.71; 3.80 – Vormerkung 3.65 – Wohnungseigentum, Abnahme 3.149 ff.; M41, 3.157 – Zahlstellenklausel 3.69 – Zug um Zug, Auflassung 3.134 f.; 3.136 – Zwangsvollstreckungsunterwerfung 3.164 ff. Kaufvertrag – Grundstück – Abtretung von Gewährleistungsansprüchen 2.177

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Abwicklung, Notaranderkonto 2.6 Abwicklung, Schema 2.4 ff. AGB, Gewährleistungsausschluss 2.168 ff. Altbauten, Gewährleistungsausschluss 2.173 Altlasten 2.179; 2.187 ff.; M24, 2.191 Altlastenverdacht, Käufer trägt Risiko M24, 2.191 Auflassung, beurkundungsrechtliche Lösung M14, 2.116 Auslandsbeteiligung 2.136 Bankbürgschaft 2.135 Beurkundung 2.7 ff.; 2.113 f.; 2.339 f. bewegliche Sachen, Besitzkonstitut M11, 2.56 bewegliche Sachen, Besitzübergang M10, 2.54 bewegliche Sachen, Eigentumsübergang 2.41 bewegliche Sachen, Mitverkauf 2.10; 2.33 ff.; M9, 2.42 Eigenerwerb des Insolvenzverwalters, Massegrundstück 2.356 f. Eigentumsübergang 2.111 ff.; M14, 2.116 Eigentumsübergang, Verbrauchervertrag M31, 2.91 Energieausweis 2.195 ff.; M25, 2.206 Energiesparverordnung 2.195 ff. Energieversorgung, Kostentragung 2.281 Erbbaurecht 2.112 Erschließungskosten, Grunderwerbsteuer 3.307 Erschließungskosten, Verbrauchervertrag M13, 2.91 Fälligkeitsmitteilung 2.233 ff.; M28, 2.239 Fälligkeitsvoraussetzung, Zwangsversteigerung M35, 2.417 Fälligkeitsvoraussetzungen, Vorkaufsrecht 2.215 ff.; 2.220 ff. Finanzierungsbestätigung 2.134 Genehmigungen 2.224 ff. Grundbucherklärungen, Verbrauchervertrag M13, 2.91 Grundpfandrechte, Übernahme durch den Käufer 2.166 Grundstücksbezeichnung, unrichtige 2.29 ff. Grundstückskaufvertrag, Bodenschatzveräußerung M4, 1.298 Haftung für zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstehende Sachmängel M22, 2.184 Haftung, Verbrauchervertrag M13, 2.91

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Stichwortverzeichnis – Hinweis auf Verzugseintritt M29, 2.242 – Insolvenz, Schutz vorgemerkter Rechte 2.47 – Insolvenz, Vertretungsbefugnisse 2.352 ff. – Insolvenz, Vormerkungsschutz beweglicher Sachen 2.47 ff. – Inventarliste 2.37; M13, 2.91 – Kaufpreisfälligkeit: Räumung M27, 2.231 – Kaufvertrag: Ergänzung beim Erwerb „in GbR“ M12, 2.76 – Kein Haftungsausschluss, Geltung gesetzlicher Rechtsfolgen M21, 2.175 – Lastenfreistellung 2.227 ff. – Löschungsvollmacht 2.138 ff.; M18, 2.139 – Löschungsvormerkung 2.459 – Maklerklauseln s. dort – Mietervorkaufsrecht 2.165 – Mietverträge, Übernahme 2.164 – Miteigentumsanteile, Vorkaufsrecht 2.219 – Mitverkauf beweglicher Sachen 2.47 ff.; M9, 2.42 – Mitverkauf beweglicher Sachen, Verbrauchsgüterkauf 2.33 ff.; 2.90 – Nebenpflichten 2.193 ff. – Notaranderkonto 2.6; 2.136 ff.; 2.261 ff. – Notarvollmacht für Zwangsversteigerungsverfahren M34, 2.415 – öffentliche Beiträge 2.276 ff. – Pfändung von Rückgewähransprüchen 2.448 ff.; M37, 2.452 – Räumung, Kaufpreisfälligkeit 2.230 – Räumung, Mitverkauf beweglicher Sachen M20, 2.148 – Räumungsklausel M27, 2.231 – Rechtsmängel, Ausschluss 2.160 – Renovierungspflicht 2.193 ff. – Rückabwicklung, private Veräußerungsgeschäfte 12.31 – Rücktrittsrecht, Verkäufer M18, 2.139 – Schuldanerkenntnis 2.314 – selbstgenutzte Immobilie, Räumung 2.230; M27, 2.231 – Stellplatznutzung M8, 2.31 – Teilfläche 2.210 – Telekommunikationsanschluss 2.281 – Treuhandauflagen 2.227 ff. – Typen 2.27 f. – Urkundseingang, Insolvenzverwalter M32, 2.353 – Verbraucherschutz 2.79 ff. – Verbrauchervertrag, Muster M13, 2.91 – Verbrauchsgüterkauf 2.43 ff.

980

– Vertretungsbefugnis, Insolvenzverwalter 2.351 ff.; M32, 2.353 – Verwahrungsanweisung M17, 2.137 – Vollmachten, Geltung im Insolvenzfall 2.367 ff. – Vollstreckungsschutz durch Grundpfandrechtsabtretung M37, 2.452 – Vorkaufsrecht 2.215 ff. – Vorkaufsrechtszeugnis M26, 2.217 – Vorleistungsrisiko, Verkäufers 2.133 ff. – Vormerkung s. dort – Vorvertrag, Beurkundungspflicht 2.17 – Vorvertrag, privates Veräußerungsgeschäft 12.13 – Waldgrundstück, Erwerber „kauft“ Risiko mit M23, 2.186 – Zubehör M9, 2.42 – Zubehörveräußerung 2.33 – zusammengesetzte Verträge 2.12 ff. – ZVG-Kosten 2.416; M35, 2.417 – Zwangsversteigerung s. dort – s.a. „Grundstück – Erwerb“, „Grundstück – Veräußerung“ Kaufvertrag – Immobilien – Angebot, Grunderwerbsteuer 1.714 – Architektenbindung 1.35 – Auflassung s. dort – Ausbeutegrundstück M4, 1.298 – Ausbeutevertrag 1.299 – Bauplatzkauf M1, 1.11 – Belehrungspflicht, Steuerfolgen 1.141 ff. – Benennungsrecht, Grunderwerbsteuer 1.712 – Besitzübergang, Einigung 1.16; M1, 1.11 – Betriebsgrundstück M3, 1.180 – Betriebsvermögen, Verstrickung 1.172 f. – Beurkundung, Teilflächenverkauf M4, 1.11 – Bodenschatzveräußerung 1.286 ff.; M4, 1.298 – Erbteilsveräußerung, Grunderwerbsteuer 1.703; 1.751 – Erschließungskosten, Grunderwerbsteuer 3.307 – Erschließungskosten, Kostentragung 1.87; M2, 1.80 – Erschließungskosten, Teilflächenverkauf 1.18; M1, 1.11 – Fälligkeitsmitteilung 1.83 – Gebäudeversicherungen 1.74 – Geh- und Fahrtrecht 1.19; M1, 1.11 – gewerblicher Grundstückshandel, Vermeidung 1.191 ff.

Stichwortverzeichnis – Grunddienstbarkeiten, Teilflächenverkauf M1, 1.11 – Grunderwerbsteuer 1.701 – Grundsteuer, Steuerschuldner 1.75; 1.936 f. – Insolvenz, Grunddienstbarkeiten 1.19; M1, 1.11 – Inventarliste 1.41 – Kauf auf Leibrente M5, 1.357 – Koppelung mit Bauvertrag, Beurkundungspflicht 1.34 ff. – Koppelung mit Bauvertrag, Grunderwerbsteuer 1.725 – Land-/Forstwirtschaft, Veräußerungsgewinn 1.152 ff. – Leistungspflichten, zusätzliche 1.44 f. – Mietshauskauf M2, 1.80 – Musterklausel bei ausgeübter Kaution M6, 1.840 – Musterklausel für eine vorsorgliche Option M7, 1.856 – nahe Angehörige 1.982 – Räumung in der Immobilie vorhandener beweglicher Sachen M20, 2.148 – Rückabwicklung, private Veräußerungsgeschäfte 12.31 – Rückabwicklung, Rückstellungen 1.179 – Rückgängigmachung, Grunderwerbsteuer 1.765 ff. – Rücktrittsrecht, vertragliches 1.354 ff. – Schuldzinsenabzug, Erhaltung 1.539 f. – Steueranspruch, Entstehen 1.147 f. – Teilungsgenehmigung 1.22; M1, 1.11 – Übergang von Mietverhältnissen 1.85; M1, 1.11 – Übernahme von Grundpfandrechten 1.51 ff. – Umsatzsteuerbefreiung 1.800 ff. – unbebaute Teilfläche, Verkauf M1, 1.11 – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 ff. – Veräußerungsvollmacht, Grunderwerbsteuer 1.714 – Verkehrssicherungspflichten 1.74 – Vermessung, baurechtswidriger Zustand 1.22; M1, 1.11 – Versorgungsdienstbarkeiten 1.20; M1, 1.11 – Versorgungsrente 1.604 ff. – Vertragsaufhebung 1.352 f. – Vertragsgegenstand, Bestimmtheit 1.12 – Vertragsgegenstand, Energieausweis 1.82 – Vertragsgegenstand, Teilflächenverkauf 1.12; M1, 1.11

– Vertragsübernahme 1.43 – Vertragsübernahme, Grunderwerbsteuer 1.768 f. – Vollzugsvollmacht des Notars 1.15; M1, 1.11 – Vorvertrag 1.351 – Vorvertrag, privates Veräußerungsgeschäft 12.13 – wesentliche Bestandteile 1.32; 2.33 – wirtschaftliches Eigentum 1.76 – Wohnungsbindungsgesetz 1.86; M2, 1.80 – Zubehör, Mitübertragung 1.33 – Zwangsversteigerung s. dort – Zwangsvollstreckungsunterwerfung 1.52; 1.84; M2, 1.80 Kaufvertrag – Kaufpreis – Auflassung, Käuferinsolvenz 2.142 f. – Auflassungsvormerkung 2.214 – Aufteilung in Gebäude und Grund und Boden 1.71; 1.105 f. – Aufteilung nach Grund/Boden, Gebäude und beweglichen Sachen 2.33 ff.; 2.207 – Bankbürgschaft 2.135 – Bürgschaft, Insolvenzabsicherung 1.21; M1, 1.11 – Fälligkeit, Räumung M27, 2.231 – Fälligkeitsmitteilung 1.72 f.; 2.233 ff.; M28, 2.239 – Fälligkeitsvoraussetzungen 2.213 – Fälligkeitsvoraussetzungen, Kontrolle 2.233 – Fälligkeitsvoraussetzungen, Zwangsversteigerung 2.416; M35, 2.417 – Fälligkeitszinsvereinbarung 2.240 ff. – Finanzierungsbestätigung 2.133 ff. – Genehmigungen 2.224 ff. – Insolvenz, Überzahlung 1.21; M1, 1.11 – Lastenfreistellung 2.227 ff. – Leibrente s. dort – Miteigentumsanteile, Vorkaufsrecht 2.219 – Notaranderkonto 2.6; 2.136; 2.261 ff. – Pfändung des Anspruchs 2.434 ff. – Pfändung des Auflassungsanspruchs, Vertragsgestaltung 2.426 ff. – Pfändung des Kaufpreisanspruchs, Notaranderkonto 2.434 ff. – Räumung 2.230; M27, 2.231 – Sanierungsgenehmigung 2.224 – Stundung 1.983 – Teilflächenverkauf 1.21; M1, 1.11 – Treuhandauflagen 2.227 ff. – variabler Kaufpreis 2.210

981

Stichwortverzeichnis – Verbrauchervertrag M13, 2.91 – Verzug 2.240 ff. – Vorkaufsrecht 2.215 ff. – vorläufiger 1.21; M1, 1.11 – Vorleistungsrisiko des Verkäufers 2.133 ff. – Vorvertrag 2.17 Kaufvertrag – Leistungsstörungen – Abtretung von Gewährleistungsansprüchen 2.177 – AGB, Verwendung gegenüber Verbraucher 2.170 – Altbauten, Gewährleistungsausschluss 2.173 – Altlasten 2.179; 2.187 ff.; M24, 2.191 – Arglist 2.157 f. – Baulasten, Hinweispflicht des Notars 2.167 – Fahrlässigkeit 2.157 f. – Gewährleistungsbeschränkung bei neuhergestellten Sachen 2.171 f. – Grundpfandrechte, Übernahme durch den Käufer 2.166 – Mangelbegriff 2.153 – Mietverträge, Übernahme 2.164 – Minderung 2.156 – Nacherfüllung 2.155 – Offenbarungspflicht bei Sachmängeln 2.179 – Rechtsfolgen 2.154 ff. – Rechtsmangel, Ausschluss 2.160 – Rücktrittsrecht 2.156 – Sachmangel zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang 2.181 ff. – Verbrauchsgüterkauf 2.43 ff. – Verjährung 2.158 – Verschulden 2.157 Kaution – Verwendung für Schönheitsreparaturen 1.570 – Musterklausel bei ausgeübter Kaution M6, 1.840 Keller- und Garagenmodell 4.247; 4.392 Kettenverkauf, Insolvenz des Bauträgers 3.191 ff. Kfz-Stellplatz 2.30; M8, 2.31 KG – Anteilsübertragung M78, 9.86 – Nießbrauchsberechtigung 7.10 – vermögensverwaltende KG M70, 8.109 – s.a. „Mitunternehmerschaft“; „Personengesellschaft“ Kinder s. „Minderjährige“ Komplementär-GmbH 9.32 ff.

982

Körperschaftsteuer – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.124 ff. Kostenverteilungsschlüssel 4.35 ff.; 4.58 f.

Land-/Forstwirtschaft – Abgrenzung zu Ausbeutegrundstück 1.290 – Ausbeutegrundstück, Abgrenzung zu Betriebsvermögen 1.290 – Betrieb, Einbringung in GmbH & Co. KG 1.157 – Erbbaurechtsbestellung 1.156 – gewerblicher Grundstückshandel 1.154 – Grundstück, Baulandausweisung 1.154 f. – Grundstück, Bewertung 1.150 – Grundstück, Einbringung in GmbH & Co. KG 5.79 – Grundstück, Entnahme 1.152 ff. – Grundstück, Überlassung an Angehörige zu Wohnzwecken 1.158 – Grundstück, Zuordnung zum Betriebsvermögen 1.150 ff. – Hofübergabe 1.152 f. – Spekulationsfrist 1.155 – Stückländereien 1.154 – Veräußerungsgewinn, Vermeidung 1.152 ff. – Wohnteil, Zuordnung zum Privatvermögen 1.152 – s.a. „Einkünfte aus Land-/Forstwirtschaft“ Lasten – Dauerwohnrecht 6.48 – Erbbaurechtsvertrag 5.38 ff. – Nießbrauch 7.41 – öffentliche 2.276 ff. – Übergang, Fälligkeitsmitteilung 1.72 f. – Vorbehaltsnießbrauch 7.129 ff. – s.a. „Altlasten“, „Baulasten“, „Dauernde Lasten“ Lastenfreistellung – Kaufvertrag 2.227 ff. – Kostentragung, Zwangsversteigerung 2.416; M35, 2.417 Leasing – Grunderwerbsteuer 1.714 Leerstand – Einkünfteerzielungsabsicht 1.454 ff. – Grundsteuer 1.942 Leibrente – Abgrenzung zu dauernden Lasten 1.605 – Barkaufpreis/Gesamtkaufpreis M5, 1.357 – betriebliche Versorgungsrente 1.608 – Einkommensteuer 9.32

Stichwortverzeichnis – – – – – – – –

Ertragsanteil, Besteuerung 1.605 Jahressteuergesetz 2008 1.611 ff. Kaufvertrag M5, 1.357 Korrespondenzprinzip 1.605 Preisklauselgesetz 1.360; M5, 1.357 private Versorgungsrente 1.604 ff. Reallast 1.358 ff.; M5, 1.357 Sonderausgabenabzug des Zahlenden 1.607 – überhöhte 1.607 – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 ff. – Verfallklausel 1.362; M5, 1.357 – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen 1.611 ff. – Verrentung des Kaufpreises 1.359; M5, 1.357 – Wertsicherungsklausel 1.360; M5, 1.357 – Wohnungsrecht 1.363; M5, 1.357 – Zeitrente, AfA-Erhöhung 1.518 – Zwangsvollstreckungsunterwerfung M5, 1.357 – s.a. „Dauernde Lasten“, „Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen“ Leistung an Erfüllung statt – private Veräußerungsgeschäfte 12.32 Liebhaberei – Begriff 1.410 – Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung 1.410; 13.111 – Ferienwohnungsvermietung 1.417 ff.; 13.111 ff. – Mietvertrag mit nahestehenden Personen 13.61 – Photovoltaik-Anlage 10.75 ff. – Steuerstundungsmodell 3.341 – Überschussprognose 1.422 ff. Lohnsteuer – Bauabzugsteuer, Bauträgerkaufvertrag 3.168 ff. – Grundstücksveräußerung an Arbeitnehmer 1.261 ff. – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. Löschungsvollmacht – Rücktrittsrecht, Löschungsvollmacht M18, 2.139 – Vormerkung 2.138

Mahnung – Kaufabwicklung 2.240; M29, 2.242 Makler- und Bauträgerverordnung – Abnahmereife 3.70 – Abschlagszahlungen, Bautenstand 3.62

– Abschlagszahlungen, Rücktrittsrechte 3.65 – Baugenehmigung 3.65 – Bürgschaft 3.62 ff. – Eigentumserwerbsanspruch des Bauträgers 3.65 – Einzugsermächtigung 3.68 – Entgegennahme von Leistungen, Voraussetzungen 3.64 ff. – Fälligkeitsvoraussetzungen 3.65 – Freistellungsbestätigung 3.65 – Genehmigungen, Einholung 3.65 – Generalübernehmermodell 3.226 ff. – Gewerberecht 3.1 – Globalbürgschaft 3.87 – Grundbuchhandlungen, erforderliche 3.65 – Grundpfandrechte, Freistellung 3.65 – Löschungsvollmacht M18, 2.139; 3.65 – mehrere Vertragsgegenstände 3.67 – Raten, Anzahl 3.66 – Raten, Schlusszahlung 3.70 – Ratenplan, Bautenstand 3.71 f. – Ratenplan, Nichteinhaltung 3.66 – Rücktrittsrechte 3.65 – Sicherheiten, mehrere 3.76 – Unbedenklichkeitsbescheinigung 3.65 – vollständige Fertigstellung, Begriff 3.70 – Vorkaufsrecht, Negativattest 3.65 – Vorleistung des Käufers 3.71 ff.; 3.80 f. – Vormerkung 3.65 – Zahlstellenklausel 3.69 – zwingende Anwendung 3.5 Maklerklausel – Belehrungspflicht des Notars 2.332 – Beurkundungsverfahren 2.339 f. – deklaratorische Tatsachenbestätigung 2.310 ff.; M30, 2.313 – drohende Ausübung, Vorkaufsrechts 2.328 ff. – Einbeziehung in Synallagma 2.336 ff. – Entrichtung mit Kaufpreis 2.336 ff. – Erhöhung der Grunderwerbsteuer 2.341 f. – Fälligkeit 2.337 – Hinwirkungspflicht des Verkäufers 2.331 – Inhaltskontrolle 2.333 – Schuld-/Vertragsübernahme durch Käufer 2.326 f. – Sicherung des Verkäufers 2.338 – Typen 2.310 ff. – unechter Vertrag zugunsten Dritter 2.315 f.; M31, 2.317

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Stichwortverzeichnis – Vertrag zugunsten Dritter 2.315 ff.; 2.329 – Wissenserklärung M30, 2.313 – Zwangsvollstreckungsunterwerfung 2.334 f.; 2.338 Mehrhausanlage – Begründung von Wohnungseigentum 4.19 ff. – Haftungsregelung M53, 4.59 – Wohnungseigentümerversammlung 4.65 Mietereinbauten – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 Mietervorkaufsrecht 3.269; 4.204 – Mietshauskauf M2, 1.80 Mietvertrag – Begründung 13.10 – Durchführung, tatsächliche 13.69 – Einkünfteerzielungsabsicht 13.61 – Formerfordernisse 13.22 ff.; 13.62 ff. – Fremdvergleich 13.67 ff. – Gestaltungsmissbrauch bei nahestehenden Personen 13.81 ff. – Mieterpflichten 13.15 f. – Mietpreisbindung 1.86; M2, 1.80 – Mietverhältnisse, Arten 13.3 ff. – mit Minderjährigen 13.20; 13.63 – nahestehende Person 13.44 ff.; 13.69 – Scheingeschäft 13.21; 13.66 – steuerrechtliche Gestaltung 13.41 ff. – Übergang, Nießbrauch 7.46 f.; 7.159 – Überkreuzvermietung 13.83 f. – Übernahme durch Käufer 1.43; 1.73; 2.164 – verbilligte Miete 13.61 – Verbraucherrichtlinie 13.3 – Vergleichsmiete 13.5 – Vermieterpflichten 13.11 ff. – Vertragsdauer 13.17 ff. – Vertragsgegenstand 13.1 – Vorkaufsrecht 2.165 – Wohnungsbindungsgesetz 1.86 – s.a. „Vermietung/Verpachtung“ Mietwohngrundstück – Bewertung 1.1038 ff. – Kaufvertrag M2, 1.80 Minderjährige – Beteiligungen 8.110 ff. – Familien-KG 8.113 f. – familiengerichtliche Genehmigung 8.111 f. – Haftungsbegrenzung 8.21 ff. – Mietvertragspartner 13.20; 13.63 – Nießbrauchsbestellung, steuerliche Anerkennung 7.80 ff.

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– Rechtsmissbrauch bei Vermietung 13.89 ff. – zivilrechtlich wirksamer Mietvertrag 13.62 ff. – s.a. „Nahestehende Person“, „Vermietung/ Verpachtung an Angehörige“ Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz 8.21 ff. Mineralgewinnungsrecht – Ausbeutegrundstück, Veräußerung 1.281 ff. – Grundstücksbegriff, Grunderwerbsteuer 1.715 – private Veräußerungsgeschäfte 12.4 – s.a. „Ausbeutegrundstück“ Miteigentümergemeinschaft – Begründung von Wohnungseigentum 4.5 ff. – Nachteile gegenüber Gesamthand bei Vermögensverwaltung 8.4 – Rechtsformvergleich 8.8 – Sondernutzungsrechte, Begründung 4.46 ff. – Überkreuzvermietung 13.83 f. – vermögensverwaltende Personengesellschaft 8.4 – Wohnungseigentum, Begründung 4.5 ff. Miteigentumsanteil – Ehegatten, Gebäudeerrichtung 1.123 ff. – eigengenutzte Immobilien, Veräußerung 12.94 – Erwerb, Beurkundungspflicht 2.7 f. – Grundstückstausch zwischen Ehepaaren 1.747 ff. – ideeller, Nießbrauch 7.12 – Nichtausübung von Vorkaufsrechten 2.219 – private Veräußerungsgeschäfte 12.2 – Scheidungsfolgen, private Veräußerungsgeschäfte 12.35 ff. – wirtschaftliches Eigentum 1.129 – Wohnungseigentum 4.18 Miterben – Erbauseinandersetzung, Grunderwerbsteuer 1.751 ff. – Erbteilveräußerung, Grunderwerbsteuer 1.703; 1.751 Mittelstands-AfA 10.45 ff. Mitunternehmerschaft – Annahme, Grundstückshandel 1.198 – Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen 1.173

Stichwortverzeichnis – Grundstückseinlage aus Privatvermögen 12.42 ff. – Grundstückseinlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft 12.45 ff. – Grundstücksentnahme aus Betriebsvermögen 12.64 ff. – Photovoltaik-Anlage 10.21 f.; 10.50 ff. – Versorgungsrente 1.604 ff. – Versorgungsrente, Abzugsbeschränkung 1.612 Modernisierung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/ Herstellungskosten 1.545 ff.; 1.553 ff. – anschaffungsnahe Aufwendungen 1.559 ff. – Modernisierungsmodell 1.559 – Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG 1.560 – Rechtsanwendungsfragen zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG 1.561 ff. Muster – Dauerwohn-/Dauernutzungsrecht – Bauverpflichtung und Bestellung eines Dauernutzungsrechts M68, 6.79 – Eigentumsähnliche Dauerwohnrechte M67, 6.78 Muster – Erbbaurecht – Erbbaurechtsvertrag M65, 5.361 – Verkauf eines Erbbaurechts M66, 5.362 – Muster, Kaufvertrag, Bauträger – Abnahme M41, 3.157 – Änderungsvorbehalt Bauträgervertrag M39, 3.123 – Bauträgervertrag, noch zu errichtende Eigentumswohnung M42, 3.343 – Bauträgervertrag über teilsanierte Altbauwohnung M43, 3.344 – Verzicht auf Anwendung der MaBV M38, 3.19 – Vorlageanweisung Auflassung Zug-umZug M40, 3.136 Muster – Kaufvertrag – Grundstück – Altlastenverdacht, Käufer trägt Risiko M24, 2.191 – Auflassung, beurkundungsrechtliche Lösung M14, 2.116 – Auflassung, grundbuchrechtliche Lösung M15, 2.118 – Auflösend bedingte Vormerkung M19, 2.144 – Besitzkonstitut hinsichtlich der beweglichen Sachen M11, 2.56

– Einigung, Besitzübergang hinsichtlich der beweglichen Sachen M10, 2.54 – Energieausweis M25, 2.206 – Fälligkeitsmitteilung, deklaratorisch M28, 2.239 – Fälligkeitsvoraussetzung bei Zwangsversteigerungsverfahren M35, 2.417 – Haftung beim Verbrauchervertrag M13, 2.91 – Haftung für zwischen Vertragsschluss und Übergabe entstehende Sachmängel M22, 2.184 – Hinweis auf Verzugseintritt M29, 2.242 – Kaufpreisfälligkeit: Räumung M27, 2.231 – Kaufvertrag: Ergänzung beim Erwerb „in GbR“ M12, 2.76 – Kein Haftungsausschluss, Geltung gesetzlicher Rechtsfolgen M21, 2.175 – Löschung der Vormerkung M16, 2.132 – Löschung Vormerkung unter Vorbehalt von Zwischenverfügungen M33, 2.407 – Maklerklausel, unechter Vertrag zugunsten Dritter M31, 2.317 – Maklerklausen, Wissenserklärung M30, 2.313 – Mitverkauf beweglicher Sachen M9, 2.42 – Notarvollmacht für Zwangsversteigerungsverfahren M34, 2.415 – Räumung in der Immobilie vorhandener beweglicher Sachen M20, 2.148 – Rücktrittsrecht, Löschungsvollmacht M18, 2.139 – Stellplatznutzung M8, 2.31 – Urkundseingang, Insolvenzverwalter M32, 2.353 – Verwahrungsanweisung M17, 2.137 – Vollstreckungsschutz als unechter Vertrag zugunsten Dritter M36, 2.441 – Vollstreckungsschutz durch Grundpfandrechtsabtretung M37, 2.452 – Vorkaufsrechtszeugnis M26, 2.217 – Waldgrundstück, Erwerber „kauft“ Risiko mit M23, 2.186 Muster – Kaufvertrag – Immobilien – Bauplatzkauf M1, 1.11 – Grundstückskaufvertrag, Bodenschatzveräußerung M4, 1.298 – Kauf auf Leibrente M5, 1.357 – Kaufvertrag über Betriebsvermögen M3, 1.180 – Mietshauskauf M2, 1.80 – Musterklausel bei ausgeübter Kaution M6, 1.840

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Stichwortverzeichnis – Musterklausel für eine vorsorgliche Option M7, 1.856 Muster – Nießbrauch – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 Muster – Personengesellschaft – Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG M77, 9.85 – Gesellschaftsvertrag Immobilien-GmbH & Co. KG M72, 9.79 – GmbH-Geschäftsanteilsabtretung M81, 9.163 – GmbH-Gründung M71, 9.77 – Grundstückseinbringung in die Immobilien-GmbH & Co. KG mit Kapitalerhöhung M75, 9.82 – KG-Anteilsübertragung M78, 9.86 – Registeranmeldung der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage M76, 9.84 – Registeranmeldung der KG-Anteilsübertragung M79, 9.87 – Registeranmeldung Immobilien-GmbH & Co. KG M74, 9.81 – Registeranmeldung Verwaltungs-GmbH M73, 9.80 – Satzung Immobilienverwaltungs-GmbH M80, 9.138 – Vermögensverwaltende KG M70, 8.109 Muster – Wohnungseigentum – Abnahme, Gemeinschaftseigentum M61, 4.171 – Bauausführung, Abweichung vom Aufteilungsplan M44, 4.26 – Bauträgervertrag-Änderungsvorbehalt, Änderungsvollmacht M60, 4.165 – Betreutes Wohnen, Kostentragung M46, 4.37 – Betreutes Wohnen, Nutzungsbeschränkung M45, 4.34 – Doppelhaushälften bzw. Reihenhäuser, Gemeinschaftsordnung M48, 4.45 – Duplex-Parker, Benutzungsregelung M49, 4.48 – Gemeinschaftsordnung, Änderung M58, 4.111 – Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Bindung Rechtsnachfolger M62, 4.180 – Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Wahrnehmung durch WEG M63, 4.182 – Mehrhausanlage, Haftungsregelung M53, 4.59

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– Sondereigentumsfähige Räume, Tausch M56, 4.100 – Sondernutzungsrechte, Zuweisung I M50, 4.50 – Sondernutzungsrechte, Zuweisung II M51, 4.52 – Sondernutzungsrechte, Zuweisung III M52, 4.54 – Teileigentum, Nutzungsart M47, 4.40 – Umwandlung, Wohnungseigentum/Teileigentum M57, 4.105 – Unterteilung von Wohnungseigentum M55, 4.95 – Versammlungsprotokoll WEG M64, 4.190 – Verwalter, Kompetenzen M54, 4.68 – Wohnungseigentümergemeinschaft, Bezeichnung M59, 4.126

Nachbar

– Zerwürfnis, Offenbarungspflicht 2.179 Nacherbe – Erbbaurechtsbestellung des Vorerben 5.17 Nachzüglerverkauf 3.36; 3.139 f.; 3.144; 3.159 Nahestehende Person – Altenteilerwohnung 1.355 – Baumaßnahmen auf Elterngrundstück 1.127 – Begriff 13.46 ff. – doppelte Haushaltsführung 13.84 – Familienheim, Steuerbefreiung 4.416 ff. – Familien-KG 8.62 – Grunderwerbsteuerbefreiungen 1.742 ff. – Grundstücksübertragung 13.85 ff. – Kaufverträge zwischen nahestehenden Personen 1.982 – Kinder 13.89 ff. – Liebhaberei 13.61 – Neffe 13.48 – nichteheliche Lebensgemeinschaft 13.95 – Nießbrauchbestellung 7.80 ff. – Onkel 13.48 – Poolvermietung 13.83 – Relevanz nicht marktgerechten Verhaltens 1.436; 13.61 – Rückanmietung 13.87 – Scheidungsfolgenvereinbarung 13.93 f. – Scheingeschäft 13.66 – steuerliche Anerkennung von Verträgen 13.81 ff.

Stichwortverzeichnis – – – –

Stiefkinder 13.48 Überkreuzvermietung 13.83 f. Überschussprognose 1.435 Unterschreiten der ortsüblichen Marktmiete 1.414; 1.432 ff.; 13.61 – verbilligte Miete 1.141; 1.432 ff.; 13.61 – Verlobte 13.48 – Vermietung, Einkünfteerzielungsabsicht 13.61 – Vermietung, Fremdvergleich 13.67 ff. – Vermietung, Gestaltungsmissbrauch 13.81 ff. – Vermietung, Hauptleistungspflichten, Durchführung 13.69 – Vermietung, Nebenleistungspflichten 13.70 – Vermietung, Rechtslage ab VZ 2012 1.432 ff.; 13.61 – Vermietung, Rechtslage vor VZ 2012 1.432; 1.435 f.; 13.61 – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung 1.610 ff. – zivilrechtliche Wirksamkeit von Verträgen 13.62 ff. Nämlichkeit, privates Veräußerungsgeschäft – Begriff 12.18 – partielle 12.19 Nebenpflichten, Kaufvertrag 2.193 ff. Nettonießbrauch 7.41 – Nießbrauchsvorbehalt M69, 7.309 Neubau – Gewährleistungsausschluss 2.171 f. Neue Bundesländer – Investitionszulage 1.601 ff. – private Veräußerungsgeschäfte 12.2 – Sachenrechtsbereinigung 5.10 Nichteheliche Lebensgemeinschaft – rechtsmissbräuchliche Verträge 13.95 Nießbrauch – Abgrenzung zum Dauerwohnrecht 6.9 – Abgrenzung zum Wohnungsrecht 7.14; 7.160 ff. – Ablösung 7.168 ff. – Angehörigenverträge, steuerliche Anerkennung 7.80 ff. – Arten 7.9 – aufschiebend bedingter 7.10 – Befugnisse des Berechtigten 7.7; 7.40 ff. – Betriebsaufspaltung 7.214 – Bruchteilsnießbrauch 7.129; 7.155 ff. – an Dauerwohnrecht 7.12 – Duldungspflicht 7.7

– – – – – – – – – – – –

an Erbbaurechten 7.12 an Erbteil 7.12 Erhaltungsaufwand 7.41 Erlöschen 7.131 Erschließungskosten 7.41 GbR/KG als Berechtigte 7.10 Gesamtberechtigung 7.33 Gestaltungsmissbrauch 7.76 ff. Grundbuchvollzug, fehlender 7.151 Grundsteuer, Haftungsschuldner 1.939 an Grundstück 8.37 ff. Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt M69, 7.309 – an ideellem Miteigentum 7.12 – an Kapitalgesellschaftsanteil 9.106 ff. – an KG-Anteil 8.35 f.; M78, 9.86 – Lastentragung 7.41 – Mitberechtigungsnießbrauch 7.223 ff. – Nettonießbrauch 7.41 – Nießbrauchsvorbehalt M69, 7.309 – obligatorisches Nutzungsrecht 7.158 f. – Pfändbarkeit 7.48 – Pflichtteilsergänzung 7.53 ff. – Quotennießbrauch 7.18; 7.129; 7.154 ff.; 7.301 ff. – Rückforderungsrecht M69, 7.309 – Schenkung unter Auflage, Besteuerung 1.981 ff. – schuldrechtlicher 7.151; 7.159 – Schuldzinsenabzug 7.41 – Sicherungsnießbrauch 7.152 f. – an Teilfläche 7.12 – Übergang von Mietverhältnissen 7.47; 7.159 – Vererblichkeit, faktische 7.10 – Vermächtnisnießbrauch 7.163 – Wohnrecht 7.160 ff. – an Wohnungs-/Teileigentum 7.12 – Wohnungseigentum, Stimmrecht 7.45 – Wohnungsrecht 7.218 – zugunsten Minderjähriger 7.81 ff. – s.a. „Vorbehaltsnießbrauch“, „Zuwendungsnießbrauch“ Nießbrauchsvorbehalt s. „Vorbehaltsnießbrauch“ Notar – Bauträgerkaufvertrag 3.9 ff. – Belastungsvollmacht M2, 1.80; M3, 1.180 – Belehrungspflicht, Maklerklauseln 2.332 – Belehrungspflicht, Steuerfolgen 1.141 ff. – Beurkundungsverfahren, Maklerklausel 2.339 f.

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Stichwortverzeichnis – drohende Ausübung des Vorkaufsrechts, Maklerklausel 2.328 – Entwurfsübersendung, Bauträgerkaufvertrag 3.10 ff. – Fälligkeitsmitteilung 1.72 f.; 1.83; 2.227; 2.233 ff.; 2.240 ff.; M27, 2.231; M28, 2.239; M29, 2.242 – Gebühren 1.542 – Haftung, Spekulationsfrist 1.316 – Hinweispflicht, Baulasten 2.167 – Prüfung der Vertretungsbefugnis 2.351 ff. – Verbrauchervertrag 1.171 – Verwahrung, Bauträgerbürgschaft 3.74 – Verwahrungsanweisung M17, 2.137 – Vollmacht für Zwangsversteigerungsverfahren M34, 2.415 – Vollzugsvollmacht 1.15; M1, 1.11 – Vorlageanweisung Auflassung Zug um Zug 3.136 – Zentralnotar 3.13 – Zwangsvollstreckungsunterwerfung 1.52; 1.84; M2, 1.80 Notaranderkonto – Bauträgerkaufvertrag, Schlussrate 3.76 – berechtigtes Sicherungsinteresse 2.261 – Pfändung des Kaufpreisanspruchs 2.442 ff. – Schutz des Verkäufers bei Auslandsgeschäften 2.136; M17, 2.137 – Treuhandauflagen 2.267 – Verwahrungsanweisung 2.262 ff.; M17, 2.137 Notargebühren – Werbungskostenabzug 1.542 Notverkauf – private Veräußerungsgeschäfte 12.15 Nutzungsbezogene Beiträge 1.569 Nutzungsrecht – Ablösung 7.168 ff. – Baumaßnahmen auf fremdem Grund 1.128 – Erbbaurecht s. dort – Grunderwerbsteuer 1.715 – Sicherung durch Nießbrauchsrecht 7.152 f. – Übergang, Fälligkeitsmitteilung 1.72 f. – Übergang, Grunderwerbsteuer 1.76 – Verpfändung 5.21 Nutzungsüberlassung – schädliche bei Veräußerungsgeschäft 12.38 f.; 12.92

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Öffentliche Lasten – Grundstückskauf, Kostentragung 2.276 ff. Option s. „Umsatzsteueroption“ Pachtvertrag – Einkünfteerzielungsabsicht 13.61 – Fremdvergleich 13.67 ff. – Gestaltungsmissbrauch bei nahestehenden Personen 13.81 ff. – nahestehende Person 13.44 ff.; 13.69 – steuerrechtliche Gestaltung 13.41 ff. – umsatzsteuerliche Behandlung 1.800 ff. – Vertragsgegenstand 13.2 Personengesellschaft – Abfärbetheorie 1.660; 1.663 f. – Änderung des Gesellschafterbestandes, Grunderwerbsteuer 1.705 ff. – Anteilsveräußerung, gewerblicher Grundstückshandel 11.48 – Anteilsveräußerung, Vermögensverwaltungsgesellschaft 12.61 ff. – Anteilsvereinigung, Grunderwerbsteuer 1.708 ff.; 1.985 – Anwachsung, Grunderwerbsteuer 1.702 – Auseinandersetzung mit Grundstücken, Grunderwerbsteuer 1.701; 1.722 – Einbringung von GmbH-Anteilen in eine GmbH & Co. KG M77, 9.85 – Einbringung von Grundstücken, Grunderwerbsteuer 1.701; 1.722 – Gesellschaftsvertrag Immobilien-GmbH & Co. KG M72, 9.79 – gewerblich geprägte 1.660; 1.663 f. – gewerblicher Grundstückshandel 1.199 ff. – GmbH-Geschäftsanteilsabtretung M81, 9.163 – GmbH-Gründung M71, 9.77 – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.756 ff. – Grundstückseinbringung in die Immobilien-GmbH & Co. KG mit Kapitalerhöhung M75, 9.82 – Grundstückseinlage aus Privatvermögen 12.42 ff. – Grundstückseinlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft 12.45 ff. – Grundstücksüberlassung durch Gesellschafter, Gewerbesteuer 1.661 – KG-Anteilsübertragung M78, 9.86 – Satzung Immobilienverwaltungs-GmbH M80, 9.138

Stichwortverzeichnis – vermögensverwaltende KG M70, 8.109 – Versorgungsrente 1.604 ff. – s.a. „Familien-KG, vermögensverwaltende“, „GbR, vermögensverwaltende“ „Mitunternehmerschaft“, „Personengesellschaft, vermögensverwaltende“ Personengesellschaft, vermögensverwaltende – Bruchteilseigentum 8.1 ff. – Familien-KG 8.25 ff.; s.a. dort – GbR 8.5 ff.; s.a. dort – Miteigentum 8.4 – vermögensverwaltende KG M70, 8.109 – vorweggenommene Erbfolge 8.3 Pfändung – Auflassungsanspruch 2.426 ff. – Grundpfandrechtsabtretung M37, 2.452 – Kaufpreisanspruch 2.434 ff. – Kaufpreisanspruch, Notaranderkonto 2.442 ff. – Rückgewähransprüche, Vertragsgestaltung 2.448 ff. – unechter Vertrag zugunsten Dritter M36, 2.441 Pflegegebäude – degressive AfA 1.485 Pflichtteilsanspruch – Abgeltung durch Grundstücksübertragung 12.32 – Erbschaftsteuer 1.995 ff. Pflichtteilsergänzungsanspruch – Familien-KG 8.39; 8.45 ff. Pflichtteilsverzicht – private Veräußerungsgeschäfte 12.34 Photovoltaik-Anlage – Abfärbetheorie 10.50 ff. – Auf-Dach-Anlage 10.4 – Ausgliederungsmodell 10.65 f.; 10.93 – Bruchteilsgemeinschaft 10.65; 10.67 – Dacherneuerung 10.70 ff.; 10.120 ff. – einkommensteuerliche Beurteilung 1.104 – Gebäudebestandteil 10.4 – Gefahren 10.125 – gemischt genutzte 10.110 ff. – gewerbliche Einkünfte 10.16 ff.; 10.50 ff. – gewerbliche Mitunternehmerschaft 10.21 f.; 10.50 ff. – Investitionsabzug 10.40 f. – Liebhaberei 10.75 ff. – Mittelstands-AfA 10.45 ff. – Personengesellschaft 10.21; 10.50 ff. – Scheinbestandteil 10.5 – Umsatzsteuer 10.90 ff.

– Unternehmer 10.90 ff. – Wirtschaftsgut 1.104 Poolvermietung 13.83 – Preisklauselgesetz 1.359; M5, 1.357 Private Vermögensverwaltung – Abgrenzung zum gewerblichen Grundstückshandel 11.1 ff.; 11.41 ff. – Gewerbesteuerfreiheit 1.661 Privates Veräußerungsgeschäft – Abflussprinzip 12.107 ff. – Abtretungsvertrag über Restitutionsansprüche 12.13 – Angebot zum Erwerb nach Fristablauf 1.322 ff. – Anschaffungsfiktion 12.64 ff. – Anschaffungsgeschäfte 12.12 ff. – Anteilsveräußerung, Vermögensverwaltungsgesellschaft 12.61 ff. – bebautes Erbbaurecht 5.111 – Begriff 12.2 f. – Belehrungspflicht des Anwalts/Notars 1.144 – Dauerwohnrecht, Veräußerung 6.20; 12.6 – eigengenutzte Immobilien 12.38 f.; 12.91 ff. – Enteignung 12.16 – Erbauseinandersetzung 12.33 – Erbbaurecht, entgeltliche Anschaffung 1.327 – Erbbaurecht, erstmalige Einräumung 1.327 – Erbbaurecht, Veräußerungsgewinn 1.329 ff. – Erbbaurechtsbestellung an bebautem Grundstück 5.98 – Erbbaurechtsbestellung, langfristige 5.68 – Erbverzicht 12.34 – Ersatzbeschaffung 12.16 – Erwerb von Todes wegen 12.33 – Ferienwohnungen 12.91 – Fischereirecht 12.4 – Gestaltungsempfehlungen 1.311 ff. – Gewinnermittlung 12.103 ff. – Grundstückseinlage in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – Grundstückseinlage in Personengesellschaft 12.42 ff. – Grundstückseinlage in Vermögensverwaltungsgesellschaft 12.45 ff. – Grundstücksentnahme aus Betriebsvermögen 12.64 f. – grundstücksgleiche Rechte 12.4 f.

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Stichwortverzeichnis – Grundstücksverkauf, Einkunftsarten 1.100 ff. – Identität des Wirtschaftsguts 12.17 ff. – Kauf 12.13 – Leistung an Erfüllungs statt 12.32; 12.35 – Nämlichkeit 12.17 ff. – neuerrichtete Gebäude auf vorhandenem Grundstück 12.17 – Nießbrauchsrecht, Ablösung 7.168 ff. – Notverkauf 12.15 – Pflichtteilsanspruch, Grundstücksübertragung 12.32 – Pflichtteilsverzicht 12.34 – Rückabwicklung der Veräußerung 12.31 – Rücktrittsrecht, vertragliches 1.354 ff. – Scheidungsvereinbarungen 12.35 ff. – Streckung des Veräußerungsgewinns 1.317 ff. – Tausch gegen Gesellschaftsanteile 12.40; 12.43 f. – Umlegung/Enteignung 12.16 – unbebaute Grundstücke 12.91 – Untererbbaurecht 1.329 – Unterhalt, Anspruchsverzicht 12.36 – verdeckte Einlage in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – Vermeidung, Erbbaurecht 5.2 – Vertragsaufhebung 1.352 f. – Vorkaufsrecht 12.14 – Vorvertrag 1.351; 12.13 – vorweggenommene Erbfolge 12.33 – Werbungskosten 12.105 f. – wirtschaftliches Eigentum 12.13 – Wohnungseigentum 4.281; 12.1 ff. – Zuflussprinzip 12.107 ff. – Zugewinnausgleich 12.36 – Zugewinngemeinschaft, modifizierte 12.37 – Zwangsversteigerung 12.15 Privates Veräußerungsgeschäft – Frist 12.81 ff. – Beginn und Ende 12.83 – Haltefrist 12.81 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.555 – rückwirkende Verlängerung 12.82 – Rückwirkung von Genehmigungen 12.84 Privatvermögen – Abfärbetheorie 4.308 ff. – Ausbeutegrundstück 1.290 ff. – Einbringung gegen Mitunternehmeranteil 1.516

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– Erbbaurechtsbestellung an bebautem Grundstück 5.96 ff. – Erbbaurechtsbestellung, entgeltliche 5.64 ff.; 5.96 ff. – Erbbaurechtsbestellung, unentgeltliche 5.62 f. – gemischt genutzte Gebäude 1.114 – GmbH-Anteil, Grundstückshandel 1.210 – Grundstückseinlage in Kapitalgesellschaft 12.40 ff. – Grundstückseinlage in Personengesellschaft 12.42 ff. – Grundstückseinlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft 12.45 ff. – Grundstücksentnahme aus Betriebsvermögen 12.64 ff. – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke 1.150 – notwendiges, Gebäude 1.111 – Veräußerung, bebautes Erbbaurecht 5.111 ff. Prospekthaftung – Bauträgerkaufvertrag 3.8 Publizitätspflicht – GmbH & Co. KG 9.24 ff.; 9.112

Ratenlieferungsvertrag

– Bauträgerkaufvertrag 3.2 Ratenplan – Sanierungsgebiet 3.274 ff. Räumung – Kaufabwicklung 2.230 – Kaufpreisfälligkeit 2.230; M27, 2.231 – Kaufvertrag über selbstgenutzte Immobilie M27, 2.231 Reallast – Erbbauzins 5.54 – Erbbauzins, Wertsicherung 5.59 – Leibrenten, Sicherung 1.358 ff.; M5, 1.357 Realteilung – Einbeziehung in Drei-Objekt-Grenze 11.50 – GmbH & Co. KG 9.91 ff. – nach Sondereigentumsaufhebung, Grunderwerbsteuer 4.315 – Teilbetriebsausgliederung 9.97 f. Rechnungsabgrenzungsposten – Erbbauzinsvorauszahlung 5.90 – Veräußerung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks 5.128 f.

Stichwortverzeichnis Rechnungsausstellung – Umsatzsteuer 1.230 ff.; 1.874 ff. Rechtsanwalt – Belehrungspflicht, Steuerfolgen 1.141 ff. Rechtskauf – Dauerwohnrecht 6.5 – Erbbaurecht 5.23; 5.338 f. Rechtsmangel – Abtretung von Gewährleistungsansprüchen 2.177 – Altbauten, Gewährleistungsausschluss 2.173 – Ausschluss 2.160 – Baubeschränkungen 2.159 – Baugenehmigung 2.159 – Baulasten 2.159; 2.167 – Begriff 2.153 – Dienstbarkeiten 2.159; 2.163 – eingetragene Rechte 2.159 – Gewährleistungsbeschränkung, neuhergestellte Sachen 2.171 f. – Grundpfandrechte 2.166 – Miet-/Pachtverträge 2.159 – Vorkaufsrechte 2.162; 2.165 Rechtsnachfolge – eigengenutzte Immobilien, Veräußerung 12.95 Registeranmeldung – Kapitalerhöhung durch Sacheinlage 9.82; M76, 9.84 – KG-Anteilsübertragung 9.88 f.; M79, 9.87 – Immobilien-GmbH & Co. KG M74, 9.81 – Verwaltungs-GmbH M73, 9.80 Reihenhaus – Begründung von Wohnungseigentum 4.43 ff.; M48, 4.45 – Gemeinschaftsordnung M48, 4.45 – Gemeinschaftsordnung, Änderung M58, 4.111 Reinvestition – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke, Entnahme 1.152 REITs – Privilegierung 1.3 Renovierungspflicht, Kaufvertrag 2.193 ff. Rente – zur Ablösung von Nießbrauchsrechten 7.288 ff. Rentenbarwert – AfA 1.518 Rentenerlass 8.33; 9.38; 9.148 Restitutionsanspruch – Abtretung, Besteuerung 12.13

Rückanmietung 13.87 Rückstellungen – Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags 1.179

Sachenrechtsbereinigungsgesetz 5.10 – Erbbauzins, Vollstreckung 5.56 Sachmangel – Abtretung von Gewährleistungsansprüchen 2.177 – Altbauten, Gewährleistungsausschluss 2.173 – Altlasten 2.179; 2.187 ff.; M24, 2.191 – Bauträgerkaufvertrag, AGB-Kontrolle 3.112 ff. – Begriff 2.153 – Gewährleistungsbeschränkung bei neuhergestellten Sachen 2.171 – Haftungsausschluss 2.174 f.; M21, 2.175 – Haftungsausschluss, Waldgrundstück 2.185; M23, 2.186 – Haftungsausschluss, Wohnimmobilien 2.183; M22, 2.184 – Haftungsbegrenzung 2.168 ff. – Offenbarungspflicht 2.179 – zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang 2.181 ff.; M22, 2.184 Sachwertverfahren – bebaute Grundstücke 1.1042 ff. – Bewertung, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1042 ff. Sanierung – Abgrenzung von Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten 1.545 ff.; 1.553 Sanierungsgenehmigung 2.224 f. Sanierungsmodell – AfA, erhöhte 1.487 ff.; 3.278 – Baubeschreibung 3.271 ff. – Bauträgerhaftung 3.271 ff. – Bauträgerkaufvertrag M43, 3.344 – Grunderwerbsteuer 3.304 – Mietervorkaufsrecht 3.269 – Ratenplan, MaBV 3.274 ff. – Sonderausgabenabzug, Eigennutzung 1.506 ff. – Wohnungseigentum, AfA 1.496 ff.; 4.278 Satzung – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.122; M80, 9.138 Schaufensteranlage – einkommensteuerliche Behandlung 1.108 991

Stichwortverzeichnis Scheidung – Gebäudeerrichtung auf Miteigentumsgrundstück 1.125 Scheidungsfolgenvereinbarung – eigengenutzte Immobilien 12.38 f. – private Veräußerungsgeschäfte 12.35 ff. – rechtsmissbräuchliche Verträge 13.93 f. Scheinbestandteil 1.32 – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Photovoltaik-Anlage 10.5 Scheingeschäft – gewerblicher Grundstückshandel, Gestaltungsmissbrauch 11.72 – Mietvertrag 13.21; 13.66 Schenkung – Abfärbetheorie 4.308 ff. – Arten 1.984 – Familienheim 4.416 ff. – Grunderwerbsteuer 1.750 – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt M69, 7.309 – Kaufpreisstundung 1.983 – Kaufverträge zwischen nahen Angehörigen 1.982 – Nießbrauchsmitberechtigung des Ehegatten 7.223 f. – Rückforderungsrecht M69, 7.309 – Steuerpflicht 4.414 Schenkung – gemischte – Erbbauzins, verbilligter 5.219 f. – Versorgungsleistungen 1.992 ff. Schenkung – mittelbare – unter Nießbrauchsvorbehalt 7.164 Schenkung – unter Auflage 1.986 ff. – Bemessungsgrundlage, Minderung 1.988 – Grunderwerbsteuer 1.701; 1.750 Schenkungsteuer – Beteiligung Minderjähriger 8.110 ff. – Erbbaurechtsbestellung, unentgeltliche 5.62 f. – Erbbauzins, verbilligter 5.219 f. – familiengerichtliche Genehmigung 8.111 f. – Familienheim 4.416 ff. – Freibeträge, Familien-KG 8.60 – gemischte Schenkung 1.992 ff. – Gesellschaftsanteile, Erwerb 1.985 – Grunderwerbsteuer, Befreiung 1.985 – Kaufpreisstundung 1.983 – niedrigerer Verkehrswert 1.1034; 1.1037; 1.1047 – Nießbrauchsmitberechtigung des Ehegatten 7.223 ff.

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– Nießbrauchsverzicht 7.227 ff. – Schenkung unter Auflage 1.986 ff. – Verfassungswidrigkeit 1.964 – vermögensverwaltende KG 8.113 f. Schiedsklausel – Bauträgerkaufvertrag 3.167 f. Schönheitsreparaturen 1.570 – Verwendung der Kaution 1.570 Schubladenlöschung 2.427; 2.431 Schuldanerkenntnis 2.314 Schuldzinsen – Abschlussgebühren, Bausparvertrag 1.542 – Abzugsfähigkeit 1.54 – Bauherrenerlass 3.302 f. – Betriebsgrundstücke 1.404 ff. – Ehegatten, Nicht-Eigentümer-Darlehen 1.537 – Ehegattendarlehen, gemeinsames 1.536 – Erbbaurecht 5.71 – Ferienwohnungen, Vermietung 1.417 ff.; 13.111 ff. – fortgeführtes Darlehen, Anschaffungskosten der neuen Immobilie 1.539 – gemischt genutzte Grundstücke 1.533 ff. – nachträgliche 1.539 – Nießbraucher 7.41 – Notargebühren 1.542 – tatsächliche Darlehensverwendung 1.531 – Umwidmung von Darlehen 1.532 – Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 f. – Werbungskostenabzug 1.531 ff.; 3.301 ff. Selbständige – Verbrauchereigenschaft 2.81 – s.a. „Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit“, „Freiberufler“ Selbstkontrahierungsverbot – Beleihungsvollmacht des Insolvenzschuldners 2.358 – Insolvenzverwalter 2.357 f. Selbstnutzung s. „Eigengenutzte Immobilien“ Sicherungshypothek – Erbbaurecht, zur Sicherung von Dienstbarkeit 5.18 Sicherungsnießbrauch 7.152 f. Solaranlage – Einkommensteuerrecht 1.104 Sonderausgabenabzug – Baudenkmal, Objektbeschränkung 1.509 – Eigengenutzte Wohnung, Baudenkmal/ Sanierungsgebiet 1.506 ff. – Erbbauzins 5.94 – Kulturgut 1.510

Stichwortverzeichnis – Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung 1.610 ff. – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 – Versorgungsrente 1.604 ff. Sonderbetriebsvermögen – Einbringung, Betriebsgrundstücke 1.177 – Gewerbesteuerpflicht 1.661 – Grundstückseinlage aus Privatvermögen 12.42 ff. – Steuerverstrickung 1.173 Sondereigentum – Abnahme 3.149 ff.; M41, 3.157 – Erwerb, Beurkundungspflicht 2.7 ff. – s.a. „Wohnungseigentum“ Sondernutzungsrechte des Wohnungseigentümers – Aufhebung 4.120 – Begründung 4.46 ff. – Benutzungsregelung M49, 4.48 – Dauerwohnrecht 4.392; 12.6 – Erbbaurecht 4.391 – nachträgliche Begründung 4.117 ff. – private Veräußerungsgeschäfte 12.3 – Veräußerung 4.114 ff. – Zuweisung M50, 4.50; M51, 4.52; M52, 4.54 Sonderwünsche – nach Beurkundung des Bauträgerkaufvertrags 3.160 ff. Sozialbauwohnungen 4.205 Sozialversicherungspflicht, Geschäftsführer 9.133 ff. Spaltung – Grunderwerbsteuer 1.704 Spekulationsfrist s. „Privates Veräußerungsgeschäft – Frist“ Städtebauliches Entwicklungsgebiet s. „Sanierungsgebiet“ Step-Up – gewerblich geprägte GmbH & Co. KG 9.8 ff.; 9.12 ff.; 9.33 ff. – Stufenplan 9.12 ff. Steuerberatung – Belehrungspflicht des Anwalts/Notars 1.141 ff. Steuerbescheid – Berichtigung 1.222 ff. Steuerschulden – Haftung, Unternehmenskauf 1.173 Steuerschuldner – Gewerbesteuerpflicht 1.660 ff. – Grundsteuer 1.75; 1.936 f. – Umsatzsteuer 1.874 f.; 1.874

Steuerstundungsmodell – Anlegerstruktur 3.342 – Bauträgerkaufvertrag 3.341 ff. – Familien-KG 8.75 – Immobilienfonds 1.466 ff. – Liebhaberei 1.410; 3.341 – Übersicht 3.264 Stille Beteiligung – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.159 f. Stille Reserven – Arbeitszimmer, Freiberufler 1.247 f. – Betriebsgrundstücke von Freiberuflern 1.244 – Erbbaurechtsbestellung an bebautem Grundstück 5.107 – REITs, Privilegierung 1.3 – Veräußerung, bebautes Erbbaurecht 5.114 Streubesitzdividende 9.127 Streupflicht – Übernahme durch Käufer 1.74 Strohmann – gewerblicher Grundstückshandel, Gestaltungsmissbrauch 11.72 Stückländereien – Grundstücke, Zuordnung zum Betriebsvermögen 1.151 Stufenplan 9.12 ff. Stuttgarter Modell 7.294

Tausch – Anteilstausch zwecks Grundstückseinbringung 1.211 – Bauträgerbeteiligung 3.257 ff. – gegen Gesellschaftsanteile 12.40; 12.43 ff. – Grunderwerbsteuer 1.701 – Grundstückstausch zwischen Ehepaaren 1.747 ff. – private Veräußerungsgeschäfte 12.13 Tausch mit Bauträger – Anteilsmodell 3.265 ff. – Grunderwerbsteuer 3.259; 3.262 – Grundstücksmodell 3.258 ff. – Stundungsmodell 3.261 ff. Teilbetriebsausgliederung 9.97 f. Teileigentum – Abfärbetheorie 4.308 ff. – atypisch stille Gesellschaft 4.312 f. – Aufteilung, gemischt genutzte Grundstücke 4.304 ff. – Bauträgerkaufvertrag 3.65 – Benutzungsregelung 4.311 – betriebliche Nutzung 4.302 993

Stichwortverzeichnis – Bewertung 4.241 ff. – bewertungsrechtlicher Entstehungszeitpunkt 4.244 – Einkommensbesteuerung bei Betriebsvermögen 4.302 ff.; 4.332 f. – Einkommensbesteuerung bei selbstbewohntem Privateigentum 4.301 – Einkommensbesteuerung bei vermietetem Privateigentum 4.271 ff.; 4.331 – Erbauseinandersetzung 4.307; 4.310 ff. – Ertragswertverfahren 1.1038 ff.; 4.251; 4.253 – Gewerbesteuer bei Betriebsvermögen 4.332 f. – Gewerbesteuer bei Privatvermögen 4.331 – Grunderwerbsteuer 1.715; 4.381 ff. – Grunderwerbsteuer, Begründung 4.385 – Grundsteuer 4.411 f. – Keller- und Garagenmodell 4.247; 4.392 – Lastentragung 4.41 – Mindestanforderungen 4.245 ff. – Nutzungsart M47, 4.40 – Sachwertverfahren 1.1042 ff. – Sondernutzungsrechte, Grunderwerbsteuer 4.392 – Umsatzsteuer 4.351 ff. – Umwandlung in Wohnungseigentum 4.42; 4.114 f.; M57, 4.105 – Veräußerung, Gewinnrealisierung 4.303 – s.a. „Gemeinschaftsordnung“, „Wohnungseigentum“ Teileinkünfteverfahren 9.118 Teilfläche – Erbbaurechtsbestellung 5.12 – Nießbrauch 7.12 – Verkauf 1.12 ff.; M1, 1.11 – Kaufpreisausgleichung 2.210 Teiloption – Grundstückslieferung 1.830 ff. Teilungserklärung 4.161 ff. Teilungsgenehmigung 1.22; M1, 1.11 Teilwertabschreibung – Betriebsgrundstücke 1.400 Teilzahlungsgeschäft – Bauträgerkaufvertrag 3.2 Telekommunikationsanschluss – Grundstückskauf, Kostentragung 2.281 Totalüberschuss 1.410 Treuhand – Auflösung, Grunderwerbsteuer 1.754 – Grunderwerbsteuer 1.714 Treuhandauflagen 2.227 ff. – Notaranderkonto 2.267

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Überkreuzvermietung

13.83 f. Umlaufvermögen – Betriebsgrundstücke 1.175 – Gebäude 1.121 – Gebäude, einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Gewerbesteuer 1.661 f. Umlegungsverfahren – private Veräußerungsgeschäfte 12.16 Umsatzsteuer – Anliegerkosten 1.65 – Bauträgerkaufvertrag, Gewerberaum 3.322 ff. – Bauträgerkaufvertrag, Wohnraum 3.321 – Befreiung 1.800 ff.; 9.43 ff.; 13.131 ff. – Bemessungsgrundlage, Behandlung der Grunderwerbsteuer 1.871 ff. – Bemessungsgrundlage, mehrere Baubeteiligte 1.38 – Dauerwohnrechtsübertragung 6.32 – Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer, Bauträgerkaufvertrag 3.305 – Entstehung bei Grundstückslieferung 1.871 ff.; 1.876 ff. – Erbbaurecht, Veräußerung 1.800 f. – Erbbaurechtsbestellung 1.889 ff.; 5.311 ff. – Erhaltungsaufwendungen 1.886 – Erschließungskosten 1.65 – Familien-KG 8.97 ff. – Gebäude auf fremdem Grund und Boden, Veräußerung 1.800; 1.804 ff. – Geschäftsveräußerung 1.181; 1.841 ff.; s.a. dort – Geschäftsveräußerung, vorsorgliche Option M7, 1.856 – GmbH & Co. KG 9.43 ff. – grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge 1.80; 1.701 – Grundstücksbegriff 1.808 ff. – Grundstückskaufvertrag 1.801; 13.132 – Grundstückslieferung, Option 1.813 ff. – Grundstücksumsätze s. dort – Leistungen der Eigentümergemeinschaft 1.884 ff.; 4.355 ff. – Option s. „Umsatzsteueroption“ – Photovoltaik-Anlage 10.90 ff. – Rechnung 1.874 ff.; 1.880 ff. – Steuerschuldner 1.874 f. – Teiloption s. „Umsatzsteueroption“ – Veräußerung Miteigentumsanteil 1.802 f.; 1.883; 4.351 – Vermietung, Teileigentum 4.354 – Vermietung, Wohnungseigentum 4.354

Stichwortverzeichnis – Verzicht auf Befreiung 1.813 ff.; 4.354 – Vorsteuer s. dort – Wohnungs-/Teileigentum, Veräußerung 1.883 Umsatzsteueroption – GmbH & Co. KG 9.44 – Grundstückslieferung 1.813 ff.; 1.839 f. – Grundstückslieferung, Teiloption 1.830 ff. – Option gegenüber Bruchteilsgemeinschaft 1.839 f. – Option, Musterformulierung M6, 1.840; M7, 1.856 Umwandlung – Grunderwerbsteuer 1.701; 1.704 ff.; 1.722 f. Unbedenklichkeitsbescheinigung – Auflassungsvoraussetzungen 2.145 – Grunderwerbsteuer 1.741 Unbenannte Zuwendung – Nießbrauchsmitberechtigung des Ehegatten 7.223 ff. Unterhaltsleistung – Verbot der steuerlichen Berücksichtigung 7.176 Unterhaltsverzicht – private Veräußerungsgeschäfte 12.36 Unterhaltszahlung – Versorgungsrente, überhöhte 1.607 Unternehmenskauf – Haftung für Steuerschulden 1.173 Unternehmensnachfolge – Vorbehaltsnießbrauch 7.203 ff. – Werbungskosten 1.570; 1.577 – Zuwendungsnießbrauch 7.195 ff.; 7.209 ff.

Veranlagung

– Berichtigung 1.222 ff. Veräußerungsgewinn – Betriebsgrundstücke 1.177 – Erbbaurecht 1.327 ff. – erbbaurechtsbelastetes Grundstück 5.128 f. – Gewerbesteuer 1.662 – gewerblicher Grundstückshandel 11.73 ff. – gewerblicher Grundstückshandel, Gewerbesteuer 1.662 – land-/forstwirtschaftliche Grundstücke, Entnahme 1.152 ff. – nachträgliche Schuldzinsen 1.54 – Obergesellschaft 1.662 – privates Veräußerungsgeschäft 12.103 ff.

– Ratenzahlung, Spekulationsfrist 1.317 ff. – Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 ff. Veräußerungsrente 9.148 Versorgungsrente 9.149 f. Verbraucherkredit – Übernahme von Grundpfandrechten 1.51 ff. – Verbraucherrechterichtlinie 13.3 Verbraucherschutz, Bauträgervertrag 3.6 ff. Verbrauchervertrag 2.79 ff. – Checkliste der Besonderheiten 2.90 – EuGH-Rechtsprechung 2.81 – Existenzgründer 2.86 – GbR 2.82 – Haftung M13, 2.91 – Stellvertretung 2.84 – Unternehmerbegriff 2.80 – öffentliche Hand 2.89 – Verbraucherbegriff 2.80 ff. – Vertragsmuster M13, 2.91 Verbrauchsgüterkauf – Mitverkauf beweglicher Sachen 2.43 ff. – Sachmängelhaftung 2.168 – Verbrauchervertrag, Besonderheiten 2.79 ff. Verdeckte Einlage – private Veräußerungsgeschäfte 12.40 ff. Verdeckte Gewinnausschüttung – Auslandsferienimmobilie 1.276 – Grundstückserwerb durch Gesellschafter 1.271 ff. – nicht kostendeckende Vermietung 1.275 Verfallklausel 1.361; M5, 1.357 Verfügungsbefugnis – Insolvenz 2.50 ff. – Insolvenz, Löschungsvollmacht M18, 2.139 – Nachweis durch Insolvenzverwalter 2.351 f. Vergleichswertverfahren – bebaute Grundstücke 1.1026 f. – Bewertung, Erbschaft-/Schenkungsteuer 1.1035 ff. Verjährung – Gewährleistungsansprüche 2.158 Verkehrssicherungspflicht – Erbbaurecht 5.39 – Übernahme durch Käufer 1.74 Verlustverrechnungsbeschränkungen – Immobilienfonds 1.463 ff. Verlustvortrag – Grundstückshandel 1.225

995

Stichwortverzeichnis Verlustzuweisungsmodell s. „Steuerstundungsmodell“ Vermächtnisnießbrauch 7.163 – baurechtswidriger Zustand 1.22; M1, 1.11 – Kaufvertragsgestaltung 1.12; M1, 1.11 Vermietung/Verpachtung – Angehörigenverträge s. „Vermietung/Verpachtung an Angehörige“ – Ausbeutegrundstück 1.281 ff. – Einnahmen 1.470 ff. – Gewerbesteuer 1.663 ff. – Nießbrauch 7.4 ff. – Nutzung von Betriebsgrundstücken 1.400 ff. – Sonderausgabenabzug 1.506 ff. – Übergang von Mietverhältnissen 1.85; M1, 1.11 – Überkreuzvermietung, Miteigentümer 13.83 f. – verbilligte Miete s. Vermietung/Verpachtung, verbilligte – Werbungskosten 1.473 ff. – Wohnungsleerstand, Grundsteuer 1.942 – Wohnungs-/Teileigentum, Umsatzbesteuerung 4.354 Vermietung/Verpachtung an Angehörige – Begriff der „nahestehenden Person“ 13.46 ff. – doppelte Haushaltsführung 13.84 – Einkünfteerzielungsabsicht 1.414; 13.61 – Fremdvergleich 1.414; 13.67 ff. – Gestaltungsmissbrauch 13.81 ff. – Grundstücksübertragung 13.85 ff. – Hauptleistungspflichten, Durchführung 13.69 – Kinder 13.89 ff. – Liebhaberei 13.61 – Nebenleistungspflichten 13.70 – nichteheliche Lebensgemeinschaft 13.95 – Poolvermietung 13.83 – Rechtsentwicklung bei Verträgen mit Unterhaltsberechtigten 13.89 ff. – Rechtslage ab VZ 2012 1.432 ff.; 13.61 – Rechtslage vor VZ 2012 1.432; 1.435 f.; 13.61 – Relevanz nicht marktgerechten Verhaltens 1.436; 13.61 – Rückanmietung 13.87 – Scheidungsfolgenvereinbarung 13.93 f. – Scheingeschäft 13.66 – steuerliche Anerkennung 13.81 ff. – Toleranzgrenze 1.435

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– Überkreuzvermietung 13.83 f. – Überschussprognose 1.435 – Unterhaltsberechtigte Angehörige 13.89 ff. – Unterschreiten der ortsüblichen Marktmiete 1.414; 1.432 ff.; 13.61 – verbilligte Miete 1.141; 1.432 ff.; 13.61 – zivilrechtliche Wirksamkeit 13.62 ff. Vermietung/Verpachtung, verbilligte – unter Angehörigen s. „Vermietung/Verpachtung an Angehörige“ – Aufteilungsgebot 1.433 ff. – Einkünfteerzielungsabsicht, fehlende 1.435 – Indizien 1.432 ff. – Rechtslage ab VZ 2012 1.432 ff.; 13.61 – Rechtslage vor VZ 2012 1.432; 1.435 f.; 13.61 – Relevanz nicht marktgerechten Verhaltens 1.436; 13.61 – Überschussprognose 1.435 – Unterschreiten der ortsüblichen Marktmiete 1.433 f. – Unterschreiten der ortsüblichen Marktmiete, Toleranzgrenze 1.435 – verdeckte Gewinnausschüttung 1.275 – Werbungskostenabzug, Begrenzung 1.414; 1.436 f. Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen – Altenteilerwohnung 1.355 – begünstigte Leistungen 1.612 – nicht begünstigte Leistungen 1.613 f. – private Immobilie 1.613 – Rechtslage bis 31.12.2007 1.604 ff. – Verwaltungsansicht 1.615 Vermögensverwaltung, private 8.65; 9.35 f. Vermögensverwaltungsgesellschaft – Anteilsveräußerung 12.61 ff. – Anteilsveräußerung, gewerblicher Grundstückshandel 11.48 – Ausschließlichkeitsgebot, Gewerbesteueranrechnung 1.668 – Gewerbesteuerkürzung 1.666 ff. – Gewerbesteuerpflicht 1.661 – Grundstückseinbringung 1.517 – Grundstückseinlage in Personengesellschaft 12.45 ff. – s.a. „Familien-KG, vermögensverwaltende“, „GbR, vermögensverwaltende“, „Personengesellschaft, vermögensverwaltende“ – Verrentung des Kaufpreises 1.358; M5, 1.357

Stichwortverzeichnis Verschmelzung – Grunderwerbsteuer 1.704 Verschonungsregelung für Betriebsvermögen – Cash-GmbH 1.1023 – Optionsverschonung 1.1022 – Regelverschonung 1.1018 ff. Versorgungsdienstbarkeiten 1.20; M1, 1.11 Versorgungseinrichtungen – Grunddienstbarkeiten, Teilflächenverkauf 1.19; M1, 1.11 – s.a. „Anliegerkosten“, „Erschließungskosten“ Versorgungsleistungen – zur Ablösung von Nießbrauchsrechten 7.281 ff. – begünstigte Leistungen nach 31.12.2007 1.612 – betriebliche Versorgungsrente 1.604; 1.608 – Familien-KG 8.34 – gemischte Schenkung 1.992 ff. – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.149 f.; 9.161 – private Versorgungsrente 1.604 ff. – Veräußerungsrente 1.604; 1.607 – Vermögensübertragung gegen 1.611 ff. – Zeitrente, AfA-Erhöhung 1.518 – s.a. „Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen“ Versteigerungsverfahren 2.401 ff. Vertrag zugunsten Dritter – echter 2.439 – Pfändung des Kaufpreisanspruchs 2.442 ff. – unechter 2.440 – Vollstreckungsschutz M36, 2.441 Vertragserfüllungsbürgschaft 3.72 Vertragserfüllungssicherheit 3.35 ff. Vertragsstrafe – Erbbaurechtsvertrag 5.51 Vertretungsbefugnis – Insolvenzverwalter 2.351 f. Verwahrungsanweisung, Notar M17, 2.137 Vollmacht – Beleihungsvollmacht des Insolvenzschuldners 2.358 – durch Insolvenzschuldner 2.367 ff. – durch Insolvenzverwalter 2.377 ff. – Übergang auf Insolvenzverwalter 2.375 f. – Veräußerungsvollmacht, Grunderwerbsteuer 1.714

– zugunsten Insolvenzschuldner 2.373 f. Vollzugsvollmacht des Notars 1.15; M1, 1.11 Vorbehaltsnießbrauch – Ablösung 7.168 ff. – AfA 7.125 f.; 7.129 ff. – AfA, Fortführung 7.132 – Begriff 7.121 ff. – Betriebsaufspaltung 7.214 – Betriebsgrundstück 7.203 ff. – Checkliste, Vermietung durch Nießbraucher 7.88 – Einkommensteuer 9.63 ff. – Erbschaftsteuer 7.215 ff. – gewerblich geprägte GmbH & Co. KG 9.63 ff. – GmbH-Geschäftsanteilsabtretung M81, 9.163 – Grunderwerbsteuer 7.241 – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 – bei mittelbarer Grundstücksschenkung 7.164 – Nettonießbrauch 7.41 – privates Veräußerungsgeschäft 7.165 – Rückvermietung 7.301 ff. – Umsatzsteuer 7.251 ff. – Vermietungseinkünfte, Zurechnung 7.125 f.; 7.129 ff. – vermögensverwaltende KG 8.80; 8.96; 8.114 – Werbungskostenabzug 7.125 f. – Wohnungsrecht 7.218 Vorerbe – Erbbaurechtsbestellung 5.17 Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 f. Vorkaufsrecht – drohende Ausübung, Maklerklausel 2.328 ff. – Erbbaurechtsvertrag 5.52 – gemeindliches, Ausschluss 2.118 – gemeindliches, Negativbescheinigung 2.215 f. – Grundstückskauf, Beurkundungspflicht 2.7 ff. – Kaufpreisfälligkeit 2.215 ff. – Mietervorkaufsrecht 2.200; 3.269 – Miteigentumsanteile 2.219 – Naturschutz 2.221 – private Veräußerungsgeschäfte 12.14 – Vorkaufsrechtszeugnis M26, 2.217

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Stichwortverzeichnis Vormerkung – Abtretung des Vormerkungsanspruchs 2.130 – Akzessorietät 2.128 – Antragstellung 2.129 f. – Auflassung 2.126 ff. – auflösend bedingte 2.146; M19, 2.144 – Bewilligungsgrundsatz 2.127 – Erbbaurechtserwerb 5.334 – Insolvenz 2.47; 2.142 – Kaufpreisfälligkeit 2.214 – Löschung 2.131; 2.346; M16, 2.132; M33, 2.407 – Löschungsvollmacht 2.138; M18, 2.139 – Löschungsvormerkung, sofort vollziehbare 2.459 – relative Unwirksamkeit von Verfügungen 2.404 – Teilflächenverkauf 1.14; M1, 1.11 – Verfügungen des Eigentümers 2.127 – Verzicht 2.126 – Vorleistungsrisiko des Verkäufers 2.133 ff. – Wirkung 2.127 f. – Zwangsversteigerungsverfahren 2.401 ff. Vorsteuer – umsatzsteuerbefreite Vorgänge 1.800 ff. – Wohnungs-/Teileigentum, Umsatzbesteuerung 1.883 ff.; 4.351 ff. Vorvertrag – Beurkundungspflicht 2.17 – private Veräußerungsgeschäfte 1.351; 12.13 Vorweggenommene Erbfolge – Erbbaurechtsbestellung 5.2 – gemischte Schenkung 1.992 ff. – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 – Grundstücksübertragung gegen Versorgungsleistungen, AfA-Erhöhung 1.518 – private Veräußerungsgeschäfte 12.33 – Sicherungsnießbrauch 7.152 f. – vermögensverwaltende Personengesellschaft 8.3 – Versorgungsrente 1.604; 1.608 – Vorbehaltsnießbrauch 7.121 ff.; M69, 7.309 – Zuwendungsnießbrauch 7.91 ff.

Werbungskosten – Abflussprinzip 1.573 – abgekürzter Vertragsweg 1.508 – Abrisskosten 1.483; 1.512 ff.; 1.571 998

– – – – – – –

Abschreibungen 1.481 ff.; s.a. „AfA“ AfA, degressive 1.485 ff. anschaffungsnaher Aufwand 1.545 ff. Bauherrenerlass 1.543 f.; 3.302 ff. Beseitigung von Schäden 1.570; 1.557 Damnum 1.543 f. Erbbauzinsvorauszahlung, Verteilung 5.87 f. – Erhaltungsaufwand 1.576 ff.; s.a. dort – Erschließungskosten 1.545 ff.; 1.564 ff. – Finanzierungsaufwand 1.531 ff. – Finanzierungskosten 3.301 ff. – Gebühren, Bausparvertrag 1.542 – Gebühren, Notar 1.542 – Gestaltungsmissbrauch durch Vermietung 13.67 ff. – Instandsetzungsrücklage 4.273 ff.; 4.383 – Investitionszulage 1.601 ff. – nachträgliche 1.575 – nutzungsbezogene Beiträge 1.569 – privates Veräußerungsgeschäft 12.105 f. – Renovierungsaufwand 1.576 ff. – Schönheitsreparaturen 1.570 – Schönheitsreparaturen, Verwendung der Kaution 1.570 – Schuldzinsen s. dort – Übersicht 1.473 – Vandalismus 1.570; 1.577 – verbilligte Miete 1.432 ff. – vergebliche 1.579 – Vermietung an Angehörige, verbilligte 1.414; 13.67 ff. – Vermietung und Verpachtung 1.473 ff. – vorabentstandene 1.574 – Vorbehaltsnießbrauch 7.125 f.; M69, 7.309 – Vorfälligkeitsentschädigung 1.540 f. – Wohnungseigentum, Vermietung 4.271 ff.; 4.354 – Zweiterschließung 1.568 – Zweitwohnungssteuer 1.572 ff. Werkleistungen – Bauträgerkaufvertrag 3.3 Wertfortschreibung – Bewertungsgesetzreform 1.935 – Grundsteuer 1.934 Wertsicherungsklausel – Erbbauzins 5.55 – Erbbauzinsreallast 5.59 – Leibrente 1.359; M5, 1.357 Wertuntergrenze 1.1072 Wesentliche Bestandteile 1.30 ff. – einkommensteuerliche Behandlung 1.106

Stichwortverzeichnis – Mitverkauf 2.33 ff. Wesentliche Betriebsgrundlagen – Betriebsveräußerung, Umsatzbesteuerung 1.841 ff. Wiederkauf – Grundstückskauf, Beurkundungspflicht 2.9 f. Wiederkehrende Bezüge und Leistungen 1.604 ff. – zur Ablösung von Nießbrauchsrechten 7.281 ff. – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 – Leibrentenkaufvertrag M5, 1.357 – Rechtslage bis 31.12.2007 1.604 ff. – Rechtslage nach 31.12.2007 1.610 ff. – Vermögensübertragung und Mietvertrag zwischen Angehörigen 1.606 – s.a. „Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen“ Wirtschaftliche Einheit – Ausbeutegrundstück 1.291 – Betriebsgrundstücke 1.174 Wirtschaftliches Eigentum – Baumaßnahmen auf fremdem Grund 1.123 ff. – Dauerwohnrecht 6.1; 6.15 – Erbbaurechtsbestellung an unbebautem Grundstück 5.68 – Miteigentum 1.129 – private Veräußerungsgeschäfte 12.13 – Zurechnung bei Grundstückskauf 1.76 Wirtschaftsgüter – Aufteilung bei Grundstücksverkauf 1.104 ff. Wohnteil – Grundstücke, Zuordnung zum Privatvermögen 1.150 – Versorgungsrente 1.605 ff. Wohnung – AfA, Wohnzweck 1.485 – Leerstand 1.454 ff. – Mietkauf 1.425 – Vermietung an Angehörige 13.67 ff. – Vermietung, verbilligte 1.414 – Zweitwohnungssteuer 1.947 Wohnungsbau – erhöhte AfA 1.505 ff. Wohnungsbauförderungsgesetz 1.86 Wohnungsbindungsgesetz – Kaufvertrag 1.86; M2, 1.80

Wohnungseigentum – Abgeschlossenheitsbescheinigung 4.16 – Abnahme, Gemeinschaftseigentum M61, 4.171 – AfA 4.276 ff. – Altbauwohnung, Vertragsverhältnisse 4.168 ff. – Aufteilungsplan 4.8 ff. – Bauabzugssteuer 4.280 – Bauausführung, Abweichung vom Aufteilungsplan M44, 4.26 – Bauherrenerlass 1.542; 3.302 f. – Bauherrenmodell 1.103; 1.506 ff. – Bauträgervertrag 3.65; 3.149 ff. – Bauträgervertrag, Änderungsvorbehalt, Änderungsvollmacht M60, 4.165 – Bauträgervertrag, Mängelrechte 3.158 – Betreutes Wohnen 4.33 ff. – Betreutes Wohnen, Kostentragung M46, 4.37 – Betreutes Wohnen, Nutzungsbeschränkung M45, 4.34 – Bewertung 4.241 ff. – Bewertungsbeispiel 4.252 f. – bewertungsrechtlicher Entstehungszeitpunkt 4.244 – Denkmalschutzobjekt, Sonder-AfA 1.487 ff.; 1.506 ff.; 4.278; 4.301 – Doppelhaushälften bzw. Reihenhäuser, Gemeinschaftsordnung M48, 4.45 – Duplex-Parker, Benutzungsregelung M49, 4.48 – Eigenheimzulage 4.301 – Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung 4.271 – Einräumung, Umsatzsteuerbefreiung 1.800 – Energieausweis 2.195 ff.; M25, 2.206 – Ertragswertverfahren 1.1038 ff. – Erwerb eines vermieteten Objekts 4.202 ff. – Gemeinschaftsordnung, Änderung M58, 4.111 – gemischte Nutzung 4.38 f.; 4.41 f. – Geschosswohnungsbau 4.32 – Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Bindung Rechtsnachfolger M62, 4.180 – Gewährleistung, Gemeinschaftseigentum, Wahrnehmung durch WEG M63, 4.182 – Gewährleistungsrecht 4.168 ff. – Gewerbesteuer 4.332 f. – Grunderwerbsteuer 1.715; 4.381 ff.

999

Stichwortverzeichnis – – – – – – –

Grundsteuer 4.411 f. haushaltsnahe Dienstleistung 4.279 Hausmeisterwohnung 4.131 Instandhaltungsrücklage 4.273; 4.383 Keller- und Garagenmodell 4.247; 4.392 Mehrhausanlage, Errichtung 4.19 ff. Mehrhausanlage, Haftungsregelung M53, 4.59 – Nießbrauch 7.12 – privates Veräußerungsgeschäft 12.2; 12.91 ff. – Sachwertverfahren 1.1042 ff. – Sanierungsobjekte, Sonder-AfA 1.496 ff.; 1.506 ff.; 4.278; 4.301 – Sondereigentum, Einräumung 4.11 ff.; 4.99 ff. – Sondereigentumsfähigkeit einzelner Räume 4.99 ff.; M56, 4.100 – Sondernutzungsrechte 4.46 ff.; 4.114 ff.; s.a. „Sondernutzungsrechte des Wohnungseigentümers“ – Sondernutzungsrechte, Grunderwerbsteuer 4.392 – Sozialbauwohnungen 4.205 – Teileigentum, Nutzungsart M47, 4.40 – Umwandlung in Teileigentum 4.103; M57, 4.105 – Unterteilung 4.91 ff.; M55, 4.95 – Veräußerung, Grundstückshandel 1.214 f. – Vereinigung 4.96 ff. – Werbungskosten 4.272 ff. – Wohneigentum, Entwicklung 1.6 ff. – Wohnungseigentumsgrundstück 4.121 ff. Wohnungseigentum – Begründung – Abgeschlossenheitsbescheinigung 4.16; 4.245 ff. – Aufteilungsplan 4.8 ff.; 4.25; M44, 4.26 – Doppelhaushälfte 4.43; M48, 4.45 – einseitige Willenserklärung 4.7 – Genehmigung 4.17 – Grunderwerbsteuer 4.384 ff. – Mehrhausanlage 4.19 ff. – Sondereigentumsfähigkeit 4.11 ff. – sukzessive 4.19 ff. – vertraglich 4.5 f. Wohnungseigentum – Besteuerung – im Betriebsvermögen 4.302 ff.; 4.332 f. – Ertragswertverfahren 1.1038 ff. – Familienheim 1.998 ff.; 4.416 ff. – gemischt genutzte Grundstücke 4.304 ff. – Gewerbesteuer 4.332 f. – Grunderwerbsteuer 1.715; 4.381 ff.

1000

– Grunderwerbsteuer, Sondernutzungsrechte 4.392 – Grundsteuer 4.411 f. – im Privatvermögen, selbstbewohnt 4.301 – im Privatvermögen, vermietet 4.271 ff.; 4.331 – Sachwertverfahren 1.1042 ff. – Umsatzsteuer 1.883 ff.; 4.351 ff. – unbenannte Zuwendungen 4.413 ff. – Vermietung und Verpachtung 4.271 ff.; 4.354 Wohnungseigentum – Veräußerung – Abnahme 3.149 ff.; M41, 3.157 – Abnahme, Gemeinschaftseigentum M61, 4.171 – Abnahmevollmacht 3.149 ff. – Bauträgerkaufvertrag mit Änderungsvorbehalt M60, 4.165 – Beschlüsse der Eigentümerversammlung 4.188 ff. – Gewährleistungsansprüche 4.168 ff. – Gewährleistungsansprüche, Abnahme M61, 4.171 – Gewerbesteuer 4.332 f. – Gewinnrealisierung 4.303 – Grunderwerbsteuer 4.381 ff. – Mieterschutz bei Umwandlung in Eigentum 4.202 ff. – Nachhaftung des Veräußerers 4.201 – privates Veräußerungsgeschäft 4.281; 12.1 ff. – Sozialbauwohnungen 4.205 – Teilungserklärung 4.161 ff. – Umsatzsteuer 1.841 ff.; 4.351 ff. – Vertragsgegenstand, Bezeichnung 4.161 ff. – Zustimmung des Verwalters 4.183 ff.; 4.186 f. Wohnungseigentum – Verwaltung – Abnahmevollmacht 3.149 ff. – Beschlussgegenstände s. „Gemeinschaftsordnung“ – Beschlusssammlung 4.66 – Gemeinschaftsordnung s. dort – Hausgeldansprüche 4.61; 4.198 f. – Kostenverteilungsschlüssel 4.35 ff.; 4.58 f. – Mehrhausanlagen 4.19 ff.; 4.58 f. – Reparaturrücklage, steuerliche Behandlung 1.108 – Steuerpflichten des Verwalters 4.442 – Stimmrecht 4.63 f. – Stimmrecht, Nießbraucher 7.45

Stichwortverzeichnis – Umsatzsteuerausweis 4.356 ff. – Verbrauchskosten 4.58 f.; M53, 4.59 – Verwalterabrechnung 4.441 – Verwalterkompetenzen 4.67; M54, 4.68 – Verwaltervergütung 4.60 – Verwalterzustimmung 4.183 ff. – Verwaltungsvermögen 4.132; 4.200 – s.a. „Wohnungseigentümergemeinschaft“ Wohnungseigentümergemeinschaft – Bauabzugssteuer 4.280 – Bezeichnung im Rechtsverkehr M59, 4.126 – Eigentümerversammlung 4.62 ff.; s.a. „Wohnungseigentümerversammlung“ – Einpersonen-Eigentümergemeinschaft 4.135 – Gemeinschaftsordnung s. dort – Gewährleitungsansprüche, Gemeinschaftseigentum M62, 4.180; M63, 4.182 – Grundbuchfähigkeit 4.129 ff. – Haftungsverfassung 4.133 – haushaltsnahe Dienstleitungen 4.279 – Instandhaltungsrücklage 4.273 ff.; 4.383 – Instandsetzung 4.174 ff. – Rechtsfähigkeit 4.124 ff.; 4.134 – Stimmrecht, Nießbraucher 7.45 – Umsatzsteueroption 1.884; 1.887 f. – umsatzsteuerpflichtige Leistungen 1.884 ff.; 4.355 ff. – Veräußerungsbeschränkung, Aufhebung 4.56 f. – Verbrauchskostenverteilung 4.58 – vermögensverwaltende GbR 8.17 f. – Versammlungsprotokoll M64, 4.190 – Verwaltungsvermögen 4.200 – Zerwürfnis, Offenbarungspflicht 2.179 Wohnungseigentümerversammlung 4.62 ff. – Versammlungsprotokoll M64, 4.190 Wohnungserbbaurecht 4.391 Wohnungsleerstand – Einkünfteerzielungsabsicht 1.454 ff. – Grundsteuer 1.942 Wohnungsrecht – Abgrenzung zum Nießbrauch 7.14 – Leibrentenkaufvertrag 1.362; M5, 1.357 – Verzicht, Gestaltungsmissbrauch 13.86 ff. – Vorbehaltsnießbrauch 7.218 Wohnungsunternehmen 1.1005 ff.

Zebragesellschaft 8.83 Zentralnotar 3.12

Zubehör – Besitzkonstitut M11, 2.56 – Besitzübergabe 2.40 – Besitzübergang, Einigung M10, 2.54 – Eigentumsübergang 2.41 – einkommensteuerliche Behandlung 1.104 – Grunderwerbsteuer 2.38 – Insolvenz, Vormerkungsschutz 2.47 ff. – Kaufpreisaufteilung bei Mitverkauf 2.38; 2.207 f. – Kaufvertrag, Regelungen M9, 2.42 – Mitübertragung 1.33; 1.42 – Mitverkauf 2.33 ff.; M9, 2.42 Zufahrt – Grunddienstbarkeiten, Teilflächenverkauf 1.19; M1, 1.11 Zuflussprinzip 12.107 ff. Zugang – Grunddienstbarkeiten, Teilflächenverkauf 1.19; M1, 1.11 Zugewinnausgleich – Gebäudeerrichtung auf Miteigentumsgrundstück 1.125 – private Veräußerungsgeschäfte 12.36 Zugewinngemeinschaft – modifizierte, Gestaltung im Rahmen der Einkommensbesteuerung 12.37 f. Zug-um-Zug – Vorleistungsrisiko, Vermeidung 2.133 ff. – Auflassung nach vollständiger Kaufpreiszahlung 3.134 f.; 3.136 – Kauf, Ablaufschema 2.4 ff. – Verbrauchervertrag 2.90 – Vormerkung, Löschungsvollmacht 2.133 ff.; M18, 2.139 – wirtschaftliches Eigentum 2.146 Zurechnungsfortschreibung – Grundsteuer 1.935 Zuwendungsnießbrauch – Ablösung 7.172 ff. – AfA 7.91; 7.97 ff.; 7.103 ff. – Anschaffungs-/Herstellungskosten 7.91 – entgeltlicher 7.89 f.; 7.96 ff. – Familien-KG 8.114 – Gegenleistung, Besteuerung 7.102 – Grundstücksschenkung mit Nießbrauchsvorbehalt und Rückforderungsrecht M69, 7.309 – Immobilienverwaltungs-GmbH 9.146 – teilentgeltlicher 7.90; 7.104 – unentgeltlicher 7.89 f.; 7.91 ff. – Vermietungseinkünfte, Zurechnung 7.94 f.

1001

Stichwortverzeichnis – vermögensverwaltende KG 8.114 – Werbungskostenabzug 7.92; 7.100 f. – wiederkehrende Leistungen 7.100 Zwangsversteigerung – Beitritt weiterer Gläubiger 2.394 ff. – Beschlagnahmezeitpunkt 2.396 ff. – Drittwiderspruchsklage 2.405 – Einstellung 2.401 ff. – Einstellung, Anregung 2.411 ff. – Erbbaurecht 5.56 – Erlöschen der Vormerkung 2.409 – Grunderwerbsteuer 1.701 – Kaufvertrag, Fälligkeitsvoraussetzungen M34, 2.415 – Kaufvertrag, Lastenfreistellungskosten 2.416; M34, 2.415 – Kaufvertrag, ZVG-Kosten 2.416; M34, 2.415 – Notarvollmacht M34, 2.415 – private Veräußerungsgeschäfte 12.13 ff. – relatives Veräußerungsverbot 2.409 – Verfahrensanzahl, Entwicklung 1.3 f. – Versteigerung hinderndes Recht 2.400 ff. – vormerkungswidrige Verfügungen 2.404 ff. – Wertersatzanspruch des vormerkungsberechtigten Käufers 2.410 Zwangsvollstreckung während Kaufvertragsabwicklung – Abtretungsmodell 2.436 f. – echter Vertrag zugunsten Dritter 2.439 – Grundstückskauf 2.426 ff. – Kaufvertragsgestaltung 2.430 – Löschungsvormerkung, sofort vollziehbare 2.459

1002

– Notaranderkonto 2.179; 2.431; 2.442 ff.; 2.457 – Pfändung des Auflassungsanspruchs 2.426 ff. – Pfändung des Kaufpreisanspruchs 2.434 ff.; 2.442 ff. – Pfändung des Kaufpreisanspruchs, Notaranderkonto 2.442 ff. – Pfändung von Rückgewähransprüchen 2.448 ff.; M37, 2.452 – Schubladenlöschung 2.179; 2.427; 2.431 – unechter Vertrag zugunsten Dritter 2.440; M36, 2.441 – Vollstreckungsschutz M36, 2.441 Zwangsvollstreckungsunterwerfung – Bauträgerkaufvertrag 3.164 ff. – Erbbaurecht 5.57 – Kaufvertrag M2, 1.80 – Maklerklauseln 2.334 f.; 2.338 – Übernahme von Grundpfandrechten 1.52 – Verbrauchervertrag, Muster M13, 2.91 Zweifamilienhaus – Ertragswertverfahren 1.1038 f. – Sachwertverfahren 1.1042 ff. Zweiterschließung – Erschließungskostenbeiträge 1.568 Zweitwohnungssteuer – Bemessungsgrundlage 1.943 – Erwerbszweitwohnung 1.945 – Nießbrauch 7.273 – Rechtsgrundlage 1.943 – Satzungserfordernisse 1.946 – Werbungskosten bei Ferienwohnung 1.572 – Werbungskostenabzug 1.572 ff. – Wohnungsbegriff 1.947