Im Gespräch mit C. F. Georg Heinrici: Beiträge zwischen Theologie und Religionswissenschaft 9783161599002, 9783161599019, 3161599004

C. F. Georg Heinrici, gestorben 1915 in Leipzig, war ein hervorragender Vertreter einer Theologie, die sich den Herausfo

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Im Gespräch mit C. F. Georg Heinrici: Beiträge zwischen Theologie und Religionswissenschaft
 9783161599002, 9783161599019, 3161599004

Table of contents :
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil 1. C. F. G. Heinrici und die Frage der religionsgeschichtlichen Methode
Heikki Räisänen (†) — A Religious Studies Alternative to New Testament Theology. Reflections on a Controversial Enterprise
Veronika Janssen — Georg Heinrici und sein familiärer Hintergrund
Karl Friedrich Ulrichs — „Seelengymnastik“ und Gemeinde. Carl Friedrich Georg Heinricis Essay „Paulus als Seelsorger“ (1910)
Cilliers Breytenbach — Comparative Philology and History of Religion. Analogies and/or Genealogies?
Marco Frenschkowski — Heinrici, Bousset, Harnack. Bewertungsdiskurse religionsgeschichtlicher Beziehungen Anfang des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts, mit einem Blick auf die Geschichte der Theologischen Fakultät Leipzig
John T. Fitzgerald — The Influence of Heinrici on English-Language Scholarship. An Assessment and Appreciation
Manfred Lang — „Von der Glückseligkeit, alles zu wissen“. Das Wettstein-Projekt zur Apostelgeschichte angesichts dreier englischer Kommentare: Standort – Kritik – Perspektive
D. C. F. Georg Heinrici — Theologie und Religionswissenschaft
Teil 2. Fallbeispiele und Textinterpretationen
Peter Gemeinhardt — Christologie oder Christusmythos? Neue Zugänge zu einer alten Frage
Annette Weissenrieder — Die Vater-Anrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina. Eine Problemanzeige
Larry W. Hurtado (†) — One God and Jesus-Devotion in Earliest Christianity. Theological Implications
George van Kooten — Christ and Hermes. A Religio-Historical Comparison of the Johannine Christ-Logos with the God Hermes in Greek Mythology and Philosophy
Udo Schnelle — Inkarnation. Theologische und religionsgeschichtliche Überlegungen
Matthias Helmer — Perlen vor die Säue (Mt 7,6). Ein Sprichwort und seine Deutungen im Laufe der Zeit und in verschiedenen kulturellen Zusammenhängen
Martin Hüneburg — Der Spiegel als Erkenntnissymbol bei Jakobus und Paulus
Liste der Autorinnen und Autoren
Stellenregister
Namensregister

Citation preview

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament · 2. Reihe Herausgeber / Editor

Jörg Frey (Zürich)

Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Tobias Nicklas (Regensburg) · Janet Spittler (Charlottesville, VA) J. Ross Wagner (Durham, NC)

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Im Gespräch mit C. F. Georg Heinrici Beiträge zwischen Theologie und Religionswissenschaft

herausgegeben von

Marco Frenschkowski und Lena Seehausen

Mohr Siebeck

Marco Frenschkowski, geboren 1960, Dr. theol. habil., Professor für Neues Testament u. b. B. der Religionsgeschichte der Hellenistisch-Römischen Welt an der Universität Leizpig. Lena Seehausen, geboren 1983, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Neutestamentliche Wissenschaft an der Universität Leipzig.

ISBN   978-3-16-159900-2 / eISBN 978-3-16-159901-9

DOI 10.1628/978-3-16-159901-9

ISSN   0340-9570 / eISSN 2568-7484 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen gesetzt, von Laupp & Göbel in Gomaringen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Teil 1

C. F. G. Heinrici und die Frage der religionsgeschichtlichen Methode Heikki R äisänen (†) A Religious Studies Alternative to New Testament Theology. Reflections on a Controversial Enterprise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Veronika Janssen Georg Heinrici und sein familiärer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Karl Friedrich Ulrichs „Seelengymnastik“ und Gemeinde. Carl Friedrich Georg Heinricis Essay „Paulus als Seelsorger“ (1910) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Cilliers Breytenbach Comparative Philology and History of Religion. Analogies and/or Genealogies? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Marco Frenschkowski Heinrici, Bousset, Harnack. Bewertungsdiskurse religionsgeschichtlicher Beziehungen Anfang des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts, mit einem Blick auf die Geschichte der Theologischen Fakultät Leipzig . . . . . . . . . . . . 71 John T. Fitzgerald The Influence of Heinrici on English-Language Scholarship. An Assessment and Appreciation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Manfred Lang „Von der Glückseligkeit, alles zu wissen“. Das Wettstein-Projekt zur Apostelgeschichte angesichts dreier englischer Kommentare: Standort – Kritik – Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

VI

Liste der Autorinnen und Autoren

D. C. F.  Georg Heinrici Theologie und Religionswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Teil 2

Fallbeispiele und Textinterpretationen Peter Gemeinhardt Christologie oder Christusmythos? Neue Zugänge zu einer alten Frage . . . 205 Annette Weissenrieder Die Vater-Anrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina. Eine Problemanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Larry W. Hurtado(†) One God and Jesus-Devotion in Earliest Christianity. Theological Implications . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 George van Kooten Christ and Hermes. A Religio-Historical Comparison of the Johannine Christ-Logos with the God Hermes in Greek Mythology and Philosophy . . 273 Udo Schnelle Inkarnation. Theologische und religionsgeschichtliche Überlegungen . . . . 325 Matthias Helmer Perlen vor die Säue (Mt 7,6). Ein Sprichwort und seine Deutungen im Laufe der Zeit und in verschiedenen kulturellen Zusammenhängen . . . 351 Martin Hüneburg Der Spiegel als Erkenntnissymbol bei Jakobus und Paulus . . . . . . . . . . . . . . 383 Liste der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

Vorwort 1908 schrieb ein junger angehender Neutestamentler über Carl Friedrich Georg Heinricis gerade erschienenes Buch Der litterarische Charakter der neutestamentlichen Schriften (Leipzig 1908): „Man findet mehr, als man erwartet“1. Der junge Gelehrte war Rudolf Bultmann (1884–1976), und es war die erste Rezension, die er in seinem Leben veröffentlichte. Zu dieser Zeit war er noch nicht promoviert, und es war noch nicht absehbar, dass das rezensierte Werk erste behutsame Schritte in Richtung auf jene Formgeschichte ging, durch die der Name des Rezensenten wenige Jahre später weltberühmt werden sollte. Carl Friedrich Georg Heinrici (1844–1915) ist dagegen heute kein bekannter Name mehr in der exegetischen Wissenschaft. Das mag daran liegen, dass ihm Einseitigkeiten und Übertreibungen fremd waren. Immerhin erinnert sich die Forschung gelegentlich daran, dass er zu den Pionieren einer Erforschung der kulturellen Zusammenhänge zwischen der hellenistisch-römischen Welt und dem frühen Christentum gehört und nicht zuletzt zur Bedeutung des antiken Vereinswesens für die Alte Kirche Bleibendes angeregt hat. Wenn man Heinrici dann tatsächlich liest, merkt man rasch, wieviel er zu sagen hat, und dass er im spannungsvollen Ausloten zwischen Theologie und entstehender Religionswissenschaft – ein zentrales Thema jener Jahre vor dem Ersten Weltkrieg – eine ganz eigene Stimme darstellt, die es verdient, neben heute bekannteren wie denjenigen Wilhelm Boussets und Adolf von Harnacks gehört zu werden. Bultmanns Eindruck wiederholt sich insofern, vielleicht sogar in gesteigerter Form, wenn man heute, über hundert Jahre nach dem Tod des Leipziger Neutestamentlers, auf sein Werk zurückblickt. „Man findet mehr, als man erwartet“, und der vorliegende Band möchte daher an einen bedeutenden Leipziger (und vormaligen Marburger) erinnern, dessen durchaus deutliche und gelegentlich auch polemische Stellungnahmen von tiefer Gelehrsamkeit und einem großen Engagement für eine solide und seriöse Theologie getragen sind. Heinrici selbst äußerte sich seinerseits sehr positiv über Bultmanns erstes Buch Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe von 1910.2 1 Rezension zu C. F. Georg Heinrici, Der litterarische Charakter der neutestamentlichen Schriften, Leipzig 1908, in: Christliche Welt 22 (1908), 378. Wiederabgedruckt in: R. Bultmann, Theologie als Kritik: Ausgewählte Rezensionen und Forschungsberichte, hg. von M. Dreher und K. W.  Müller, Tübingen 2002, 3 (Nr. 1). 2 Dreher, M., Rudolf Bultmann als Kritiker in seinen Rezensionen und Forschungsberichten, Beiträge zum Verstehen der Bibel 11, Münster 2005, 23 f. Vgl. zu Bultmann und Heinrici auch Hammann, K., Rudolf Bultmann. Eine Biographie, Tübingen ³2012, 45. 47 (zitiert

VIII

Vorwort

Dennoch wurde es bald still um Heinrici (er starb am 29. Sept. 1915 in Leipzig). Seine größten und bedeutendsten Arbeiten, etwa seine Edition des Matthäuskommentars von Petrus von Laodizea aus dem 7. Jh. oder auch der sogenannten byzantinischen Gesprächsbücher (Erotapokriseis, ein eigenes Genre von kleinen Texten, die auch in Bibelhandschriften immer wieder mit beigegeben sind), oder sein letztes posthumes Buch über das Corpus Hermeticum findet man heute kaum irgendwo zitiert, durchaus zum Schaden der Sache. Immerhin gilt er mit Recht als der eigentliche Begründer jener Fragestellung, welche die frühchristlichen Gemeinden im Kontext nicht nur der antiken Synagoge (das war länger schon im Blick gewesen), sondern auch und vor allem des antiken Vereinswesens versteht. Heinrici ist nicht so bekannt geworden wie die kämpferischen Theologen der Religionsgeschichtlichen Schule (Hermann Gunkel, Albert Eichhorn, Wilhelm Bousset, Hugo Gressmann, Ernst Troeltsch, William Wrede, Wilhelm Heitmüller u. a., dazu als vielleicht innovativster Forscher der klassische Philologe Richard Reitzenstein) oder auch jener Neutestamentler, der zu Beginn zitiert wurde. In jüngeren exegetischen Kontexten mag Heinrici vielleicht auch in den Blick kommen für seine allgemeineren Forschungen zu Hellenismus und Christentum, welche, z. B. zu Ethik und Moralphilosophie, manche Ansätze von Abraham Malherbe und anderen vorwegnehmen. Heinrici ist aber auch und vor allem der eigentliche geistige Vater des Neuen Wettstein, des Corpus Hellenisticum Novi Testamenti (CH), das erst in den letzten Jahren dicht an Heinricis Vorstellungen verwirklicht werden konnte und sich dem Abschluss nähert. Die Anfänge dieses Corpus Hellenisticum gehen auf Anregungen Georg Heinricis zurück, die dieser brieflich schon im Januar 1915 mit Adolf Jülicher diskutiert hatte. Bereits vom März 1915 sind dann genauere Planungen erhalten, wobei Heinrici eine Durchführung durch das „Königlich Sächsische Forschungsinstitut für vergleichende Religionsgeschichte“ angestrebt hat, für dessen neutestamentliche Abteilung er erster Leiter gewesen ist, und dessen Nachfolgeeinrichtungen nach dem Ersten Weltkrieg noch einige Zeit die Leipziger Exegese geprägt haben, und das in gewisser Hinsicht im Religionswissenschaftlichen Institut der Leipziger Fakultät für Geschichte, Kunst‑ und Orientwissenschaften eine (der Theologie gegenüber nun aber ganz eigenständige) Fortsetzung auf breiterer Grundlage gefunden hat. Gelegentlich kann man lesen, Heinrici sei ein Vorläufer der Religionsgeschichtlichen Schule gewesen (so bei Werner Georg Kümmel3), was aber doch jedenfalls sehr vereinfacht ist. Richtig ist aber, dass er die Fragen, die auch die Religionsgeschichtliche Schule bewegt haben, ebenfalls in sehr eigener Weise im Blick hatte, wenn auch aus einer durchaus anderen und eigenen Perspektive Heinricis zustimmenden Brief an Bultmann vom 27. 11. ​1910). 57 sowie 55 f. über Bultmanns Rezensionstätigkeit für die Zeitschrift „Christliche Welt“). 3 Kümmel, W. G., Art. Heinrici, Georg, in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), 434 f.

Vorwort

IX

und im deutlichen Widerspruch zu dieser Richtung. Treffender ist Kümmels allgemeine Charakterisierung: „Das Hauptinteresse und die bleibende Bedeutung seiner Arbeit lagen auf der Erforschung des Zusammenhangs des Urchristentums mit seiner griechischen Umwelt, wobei ihn die Absicht leitete, die Besonderheit der christlichen Gemeinden und ihrer Lehren festzustellen. Er untersuchte die Entstehung der christlichen Gemeindeverfassung und veröffentlichte 1880–87 Kommentare zu den Korintherbriefen, die Paulus zum ersten Male wirklich in die Welt des Griechentums hineinstellten; ebenso untersuchte er den Zusammenhang des neutestamentlichen Griechisch mit der griechischen Volkssprache und die Vorgeschichte neutestamentlicher Begriffe“.4

Das bleibt eine gültige Würdigung. Zu Lebzeiten war Heinrici durchaus ein bekannter Mann: die Tabula Gratulatorium seiner 1914 erschienenen Festschrift umfasst etwa 420 Namen von Kollegen und Pfarrern. Herausgegeben von Adolf Deißmann (1866–1937) und Hans Windisch (1881–1935) ist sie Heinrici als „dem ehrwürdigen Senior der Neutestamentlichen Wissenschaft“5 gewidmet, und viele berühmte Namen der Theologie hatten sich daran mit Beiträgen beteiligt.6 Als sich 2015 der hundertste Todestag Heinricis näherte, lag der Gedanke nahe, diesem bemerkenswerten Gelehrten eine Konferenz und einen Konferenzband zu widmen. Die Konferenz fand vom 28. bis 30. September 2015 in der Theologischen Fakultät Leipzig statt und wurde vom Institut für Neutestamentliche Wissenschaft ausgerichtet. Aus verschiedenen Gründen verzögerte sich die Buchwerdung der Beiträge, aber nun liegen sie vor. Dabei kann der vorliegende Band (und die in ihm dokumentierte Tagung) Werk und Wirkung Heinricis allerdings nicht umfassend aufarbeiten, was nur monographisch möglich wäre. Es ist dies auch gar nicht die primäre Absicht dieser Aufsatzsammlung. Wir nehmen das Jubiläum vielmehr zum Anlass, einige der durch Heinricis Werk aufgeworfenen Fragen unter heutigen Perspektiven neu zu bedenken: Wie können 4 Ebd.

5 Neutestamentliche

Studien. Georg Heinrici zu seinem 70. Geburtstag, V.  Paul Krüger, Wolf Wilhelm Graf von Baudissin, Carl Clemen, Wilhelm Heitmüller, Hans Lietzmann, Carl Schmidt, Paul Fiebig, Ernst von Dobschütz, Berhard Weiß, Alfred Seeberg, Adolf Deißmann, Johannes Weiß, Richard Adolf Hoffmann, Johannes Leipoldt, Wilhelm Lütgert, Otto Schmitz, Hans Böhlig, Martin Dibelius, Georg Schnedermann, Paul Feine, Gustav Hoennicke, Rudolf Knopf, Hans Windisch, Walter Bauer, Erich Klostermann, Heinrich Schlosser. Es fällt auf, dass Neutestamentler wie Kirchengeschichtler (v. a. Patristiker) gleichermaßen an der Festschrift beteiligt waren, und dass sowohl renommierte ältere Gelehrte als auch eine große Zahl jüngerer Fachkollegen wie Martin Dibelius und Walter Bauer mitgewirkt haben (Bultmann steht zumindest in der Liste der Gratulanten). Aus Gründen, die wir nicht kennen, hat Adolf von Harnack weder mitgewirkt noch seinen Namen in die Liste der Gratulatoren aufnehmen lassen, welche die meisten deutschen unmittelbaren Fachgenossen Heinricis umfasst (auch Wilhelm Bousset fehlt). Es versteht sich bei der engen Verbindung zwischen sächsischer Kirche und theologischer Fakultät, dass führende Männer der Kirche wie Ludwig Ihmels unter den Gratulanten waren (seit 1902 Professor für Dogmatik in Leipzig, Geh. Kirchenrat und ab 1922 der erste lutherische Landesbischof von Sachsen). Sowohl Positive (wie man damals für die eher konservative Richtung sagte) als auch Liberale ehrten Heinrici. 6

X

Vorwort

sich Theologie und Religionswissenschaft zueinander verhalten? Es war dies die große, neu aufgebrochene Frage der Jahre Heinricis, und mit seinen Arbeiten zu Hellenismus und Christentum, v. a. zum antiken Vereinswesen und den frühen Gemeinden, wie mit seinen Planungen für ein Corpus Hellenisticum zum Neuen Testament hat er an dieser Fragestellung mehr als nur partizipiert, obwohl er sich von den Umbrüchen und Spekulationen der Religionsgeschichtlichen Schule und anderer radikalerer Richtungen fernhielt. Dabei ist dies allerdings insofern eine Fachtagung, als wir aus dem Blickwinkel der Exegese fragen und primär Exegetinnen und Exegeten zu Wort kommen. Wir möchten das Erbe Heinricis so zu Ehren kommen lassen, dass wir einige seiner Fragen neu stellen, und uns selbst darin zugleich historisch verorten. Das führt zu einer vielfältigen und eher ungewöhnlichen Mischung von Beiträgen, die nicht so sehr durch ein Thema, sondern durch eine Frageperspektive zusammengehalten werden. Nicht zuletzt wird in verschiedenen der vorliegenden Aufsätze auch ein Beitrag zur Geschichte der Leipziger Universität und ihrer theologischen Fakultät geleistet. Mit dem Beitrag von Veronika Janssen, einer Ururenkelin Heinricis und selbst Theologin, konnten auch familiäre Hintergründe Heinricis zur Darstellung kommen, wofür wir besonders dankbar sind. In einem ersten Teil fragen wir grundsätzlich nach dem Verhältnis Heinricis zu seinem Forschungsumfeld, v. a. im Kontext religionsgeschichtlicher Methoden und Fragen. Heikki Räisänens einleitender Beitrag ist in der originalen Vortragsform belassen. Er hatte diesen wichtigen Aufsatz vor seinem Tod (30. Dezember 2015) noch für den vorliegenden Band druckfertig machen können (einschließlich der Fußnoten), und es entspricht unserer expliziten Absprache, dass diese Form beibehalten wird. Der Aufsatz ist zwar zwischenzeitlich in etwas anderer Bearbeitung auch an anderer Stelle erschienen (offenbar ohne dass der Herausgeber wusste, dass dieser Aufsatz vor dem Tod Räisänens bereits für eine Publikation abgeschlossen und eingereicht war), aber da dieser Beitrag die Konferenz eröffnet hatte (wenn der Autor ihn auch nicht mehr selbst vortragen konnte) und ihre Fragestellung definiert, schien es den Herausgebern zwingend, ihn auch hier in der Form abzudrucken, die ihm Räisänen gegeben hatte. Da Räisänens Ansatz als grundlegende religionswissenschaftliche Alternative zu einer kirchlich-theologischen Darstellung des frühen Christentums gilt, darf diese letzte zusammenfassende Darstellung seiner Position einige Beachtung erwarten, zumal er sich intensiv mit seinen Kritikern auseinandersetzt. Veronika Janssen stellt vor allem die frühe Biographie Heinricis und sein Umfeld dar, vielfach aus den persönlichen Quellen der Familie, und leistet damit einen Beitrag zu diesem Band, für den die Herausgeber besonders dankbar sind, zumal ihn niemand anders hätte beisteuern können. Viel Licht fällt auf das religiöse und gesellschaftliche Umfeld, in dem eine Persönlichkeit wie Heinrici heranwachsen konnte. Karl Friedrich Ulrichs untersucht eine weniger bekannte Publikation Heinricis über Paulus als Seelsorger, und macht damit auf einen zu-

Vorwort

XI

vor praktisch vergessenen Beitrag des Exegeten aufmerksam, der sich zu diesem Thema ebenfalls als durchaus anschlussfähig gegenüber gegenwärtigen Diskussionen erweist. Auch Verlegenheiten und problematische Aspekte werden zur Sprache gebracht und Fragen für eine Weiterentwicklung des Themas formuliert. Cilliers Breytenbach diskutiert programmatisch das Mit‑ und Nebeneinander der Wissenschaftsdiskurse und profiliert das Verhältnis zwischen Analogien und Genealogien. Es erweist sich, dass die Fragen, die Heinrici bewegten, in der Forschung nach wie vor kontrovers gesehen werden können, mit Positionen, die sich durchaus in einem vergleichbaren Spektrum bewegen, wie es sich zu Heinricis Zeit erstmals abzeichnete. Marco Frenschkowski vergleicht die Ansätze Heinricis zum Verhältnis von Theologie und Religionswissenschaft mit denen Boussets, Harnacks und anderer Zeitgenossen, und verortet Heinrici darüber hinaus in der akademischen Landschaft der Leipziger Universität vor dem Ersten Weltkrieg, und in ihrem Forschungsprofil. John Fitzgerald bietet die erste umfassende forschungsgeschichtliche Übersicht über die Rezeption Heinricis in der englischsprachigen Forschung, und leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Kontakte zwischen deutscher und britischer bzw. amerikanischer Exegese. Manfred Lang, Mitarbeiter am ehemals von Heinrici inaugurierten Projekt eines Neuen Wettstein, zeigt im Gespräch mit neueren Kommentaren zur Apostelgeschichte, wie Heinricis Programm heute umgesetzt werden kann und wird, und welche Fragen dabei zu bedenken sind. Es werden interessante Einblicke in die Arbeit an diesem Großprojekt möglich. An den Schluß dieses ersten Teils stellen wir einen programmatischen Text Heinricis, seinerzeit als Separatdruck publiziert, auf den in der Diskussion mehrfach Bezug genommen wird, und der seine Position zusammenfasst. In einer zweiten Gruppe von Studien folgen exemplarische Fallbeispiele und Textinterpretationen, in denen das umrissene Spannungsfeld in besonderer Weise sichtbar wird. Peter Gemeinhardt fragt nach dem Verhältnis von Christusmythos, einem zentralen Konzept der Religionsgeschichtlichen Schule, und Christologie in einem weiteren Sinn. Er verortet Heinricis Position dabei auch im Kontext neuerer Mythosbegriffe und zeigt ihre Eigenständigkeit. Indem er auch patristische Stimmen zur Geltung bringt, demonstriert er das weite Vorfeld und Umfeld unserer heutigen Diskussion zum Thema, das sich als „Dauerbrenner“ erweist. Annette Weissenrieder analysiert die Vater-Anrede im Vaterunser in ihrer altlateinischen Repräsentation und schlägt damit eine Brücke zu den patristischen Forschungen, an denen Heinrici nicht weniger beteiligt gewesen ist als an denjenigen zum Neuen Testament. Die Autorin verbindet dies mit grundsätzlichen Reflexionen zur Übersetzungstheorie und Fragen der altlateinischen Evangelienüberlieferung. Larry Hurtado (der am 25. Nov. 2019 im Alter von 75 Jahren verstorben ist), hat sich vielfach mit der älteren deutschen Forschung aus der Zeit der Religionsgeschichtlichen Schule auseinandergesetzt. In seiner vorliegenden Studie zieht aus seinen Forschungen zur Geschichte der kultischen

XII

Vorwort

Verehrung Jesu im frühen Christentum weitergehende und nun im engeren Sinn theologische Schlüsse. Die Bedeutung des frühchristlichen Gottesdienstes gerade für die Entwicklung der Christologie wird eindrücklich sichtbar, und bedürfe weiterer Reflexion in Hinsicht auf ihre theologischen Konsequenzen. George van Kooten greift Heinricis letztes großes Forschungsthema auf, die Hermetik. Er vergleicht detailliert und mit faszinierenden Ergebnissen den Logos des Johannesevangeliums mit dem Hermes der griechischen Mythologie und Philosophie. Auch Charles Harold Dodds Forschungen zum Johannesevangelium, die in manchem auf Heinricis Linie liegen, erfahren damit eine sehr verdiente Renaissance. Die Studie dürfte sich rasch als wesentlicher Beitrag zu den Fragen des Johannesevangeliums etablieren, gerade weil sie die nicht-jüdische, griechisch-römische Umwelt des Evangeliums sehr viel ernster nimmt und ausgiebiger reflektiert, als es in der jüngeren Johannesforschung vielfach die Regel ist, ganz im Sinne Heinricis. George van Kooten greift dazu über sein johanneisches Thema noch weiter aus und diskutiert grundsätzliche Fragen u. a. der Mythos-Hermeneutik, die durch Heinricis Position gestellt werden. Dabei kontrastiert er diese mit Heinricis Zeitgenossen J. G. Frazer, um schließlich – ein überraschender Vergleich – die wichtige Frazer-Kritik von C. S. Lewis einzubeziehen. Damit wird ein weiter Bogen gespannt, der reiche Anregung bietet. Udo Schnelle wendet eine Kombination theologischer und religionswissenschaftlicher Fragehorizonte auf das Theologumenon der Inkarnation an, wobei es ihm gerade auf das Verhältnis beider Fragestellungen ankommt. Dazu unterscheidet er ein Göttinger, ein Tübinger und ein Hallenser Modell der Verhältnisbestimmung – wobei das Hallenser Modell (das hinter dem Neuen Wettstein steht) natürlich einen seiner Ursprünge bei dem Leipziger Heinrici hat. Seine These einer „doppelten Traditionstiefe“ erlaubt dabei, falsche Alternativen zu vermeiden. Matthias Helmer legt, ausgehend von einer These Heinricis, eine materialreiche Studie vor, die an Mt 7,6 zeigt, wieviel die religionsgeschichtliche Arbeit gewinnt, wenn sie ihren Blick etwas weitet und das größere Feld antiker Religionen einbezieht. Martin Hüneburg untersucht die Spiegelsymbolik in einem Vergleich der relevanten Passagen bei Paulus und im Jakobusbrief. Ganz im Sinne der Fragestellungen Heinricis wird die Prägekraft christlicher Theologie sichtbar, die in schlichten Alternativen wie jüdisch vs. hellenistisch nur überdeckt würde. Gerade mit einer Mischung allgemeinerer und spezieller Studien hoffen wir dem Erbe Heinricis Reverenz zu erweisen. Da dieser Band von Forscherinnen und Forschern aus verschiedenen Sprachen und akademischen Traditionen verantwortet wird, haben wir auf eine völlige Angleichung der Zitierweisen und einiger Formalia verzichtet. Gerade in seiner Vielfalt dürfte sich spiegeln, wie ertragreich es sein kann, sich auf ein Gespräch mit älterer Exegese einzulassen, wenn diese mit großer, innovativer Gelehrsamkeit und einer eigenen Hermeneutik verbunden gewesen ist.

Vorwort

XIII

Finanzielle Unterstützung erhielt unsere Heinrici-Konferenz von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Evangelisch-Lutherischen Landes­ kirche Sachsens und dem Förderverein der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Diesen allen möchten die Herausgeber im Namen aller Teilnehmenden sehr herzlich danken. Die herausgeberische Arbeit an diesem Band hat zu großen Teilen meine Mitarbeiterin Frau Lena Seehausen geleistet. Ihr wie auch dem Verlag Mohr S­ iebeck gilt mein herzlicher Dank. Für die Registerarbeiten danken wir Herrn stud. R. Heiligenthal. Leipzig, den 14. April 2019

Marco Frenschkowski

Teil 1

C. F. G. Heinrici und die Frage der religionsgeschichtlichen Methode

A Religious Studies Alternative to New Testament Theology Reflections on a Controversial Enterprise Heikki R äisänen (†) Thank you for the kind invitation. It is an honour to speak at this University, with its great tradition both in Theology and in Religious Studies. I take pride in the fact that Leipzig has played a role in the history of biblical studies in my country: several Finns studied here in the early twentieth century. Foremost among them was Antti Filemon Puukko who spent several years in Leipzig, studying mostly with Rudolf Kittel but attending Hermann Guthe’s lectures as well. Puukko brought home the manuscript of his dissertation – and one of the daughters of his landlord as his wife. The dissertation, Das Deuteronomium (1910), was long regarded as a classic in its field, and Puukko himself ‘contributed decisively to the break-through of historical-critical studies in his homeland’.1 His successor as Professor of Old Testament Exegesis in Helsinki, Aarre Lauha, also spent a term in Leipzig with Albrecht Alt. Lauha was my first academic teacher who impressed on the students an unforgettable maxim: biblical studies cannot get a special dispensation from standard scientific methodology. Later on I had the privilege to acquaint myself with a branch of the Leipzig tradition, though not through personal contact. In the early seventies I was preparing a modest (unpublished) study on the relationship between theology and religious studies, and one of my most helpful guides was Kurt Rudolph’s treatise Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität und die Entwicklung der Religionswissenschaft: ‘a contribution to the history of science and to the problem of Religionswissenschaft’ (1962). Engagement with Rudolph’s work was an important stimulus that, for its part, incited me to explore the implications of a decidedly religionswissenschaftlich stance for biblical studies, and eventually to try and write an overall account along those lines. I gratefully take up the suggestion by the organizers of the conference that I might here summarize my approach and discuss some issues connected with my book The Rise of Christian Beliefs,2 the end result of my prolonged journey of discovery into the frontier area between the two disciplines. 1 Veijola,

Puukko, 342. Rise.

2 R äisänen,

4

Heikki Räisänen

One reason for my embarking on this trip had been irritation about the rigid dichotomy between objective Religionswissenschaft and confessional theology that was suggested by many. Assertions were heard (mainly by laymen) that the results of theology had been abolished by the science of religion and that theologians were people who knew the answers before they had even begun to ask questions.3 As a newcomer who had studied in two faculties, ending up with a theological doctorate in New Testament exegesis, I was annoyed and felt a need to put things right. During my ‘study trip’ I learned about the internal conflicts within the new discipline of Religionswissenschaft, or comparative religion, or religious studies, or however you wish to call it (the name itself being a source of some controversy), a discipline which was hard put to mark itself off from theology. I learned that there had been analogous problems of principle and method on both sides, religious studies and theology – ultimately problems of identity – and analogous disputes between spokesmen for different approaches. In religious studies, there had been an ongoing battle between ‘transcendentalists’ (such as Rudolf Otto, Mircea Eliade or Wilfred Cantwell Smith), who held that the study of religion should itself have a religious dimension, on one side and ‘historical empiricists’ (such as Walter Baetke, R. J. Zwi Werblowsky or Kurt Rudolph) on the other.4 I found myself standing firmly on the side of the empiricists with their ‘methodological agnosticism’5 and stress on objectivity – to be sure, ‘within the limits of inescapable relativity’.6 On the theological side there was above all the contrast between the heirs of the Religionsgeschichtliche Schule and those indebted to the dialectical theology of Karl Barth. Today it is more problematic to maintain straightforward dichotomies. Both disciplines display a breath-taking amount of approaches;7 both also contain a bewildering variety of positions on questions of principle.8 Rather than setting up sharp contrasts, it might be fair to think of the study of religion (including both religious studies and theology) as a continuous scale where all shades of grey are present. Moreover, people switch roles and do different things in different contexts.

3 Cf.

Szczesny, Zukunft. Sharpe, Comparative, 295; for the terminology Sharpe, op. cit., 313. 5 Rudolph, Geschichte, 90 n. 25a. 6 Rudolph, op. cit., 78. 7 On religious studies cf. Alles, The study of religion. Alles notes (p. 51) that ‘scholars of religions seem to be divided between two camps, one camp favouring critical cultural studies, the other favouring more scientific approaches’ (e. g., the cognitive-scientific approach). It should be clear that my sympathies are more on the cultural studies side. 8 See the collections of articles in Hinnels (ed.), Routledge Companion, especially Wiebe, Religious studies; Löhr, Identität; Breytenbach, Religionswissenschaft. Cf. also Vollenweider, Streit; Tuckett, New Testament Study. 4 Cf.

A Religious Studies Alternative to New Testament Theology

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Anyway, in those early days it soon became clear to me that biblical scholarship at large need not be ashamed if gauged with Rudolph’s empiricist yardstick. I was proud to notice that such biblical scholars as William Wrede or Krister Stendahl did quite well when compared with historians of religion. I suppose it was then that there arose in my mind the wish to see a synthesis of early Christian thought that is compatible with historical-empirical Religionswissenschaft and meets the expectations of a non-confessional academic environment. Yet it was clear that even the adoption of a ‘transcendentalist’ religious studies approach would result in a shift in ‘New Testament theology’. For even the most ‘theological’ comparative religion scholars reject the claims to absoluteness of any one religion, due to the nature of the comparative material and the rivalling claims of different religions. In the 1970’s and 80’s I was not aware of any book in any language which I could have recommended without reservations as an introduction to the thought world of the New Testament. The current New Testament theologies were the show window of the discipline, but as a theologian in a secular university I would have wished to show something different to those who were interested in our work. So I tried to sketch a program for how the job should ideally be done, in my view – moving ‘beyond New Testament Theology’.9 While the phrase ‘New Testament theology’ can be used to embrace all theologically interested research on the New Testament, it can – more commonly – refer to textbook summaries of its theological content.10 I am using the term in this narrower sense – books named ‘New Testament Theology’ or the like. There were, of course, great differences between New Testament theologies. What was common was that the historical analysis was combined with offering a religious message (in one way or another) to modern readers. As early as 1897, William Wrede had taken exception to this approach, proposing that the discipline of ‘New Testament theology’ be replaced with a non-confessional ‘History of early Christian religion and theology’. By and large, his advice had not been taken – New Testament theologies with a confessional flavour continued to be produced – though his approach had been largely followed in what might be called everyday exegesis. My problem was the gap between the two. So I suggested that Wrede’s proposal be taken up and New Testament theologies be, in academic contexts, replaced with somewhat different syntheses. In other words, I simply proposed that we follow the established critical method consistently, even when writing syntheses. My point is not that biblical studies should at last turn religionsgeschichtlich. That would be bringing owls to Athens, as such scholarship is being practiced all the time all over the place. My ‘program’ is concerned with a more limited  9 R äisänen, 10 Cf.

Beyond. Morgan, New Testament, 480.

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topic: the ideational syntheses. Failing to observe this difference, some colleagues, notably Wolfgang Stegemann, have claimed that ‘this discussion about a “religious studies alternative” to theology is, in the end, “much ado about nothing!”’11 I insist that it is not. Stegemann states that ‘[s]cholarly theology, particularly in its historical disciplines (like church history, the Old and New Testaments), can also be viewed as a form of religious studies that focuses on the history of Christianity’. He notes, quite correctly, that the theological disciplines ‘avail themselves of the scholarly standards that are customary in the other historical disciplines. They do not proclaim the Christian kerygma, but rather describe it, or describe discourses about it.’ Stegemann therefore asks, ‘In what way do the historical-critical disciplines […] differ fundamentally from other forms of religious studies?’ Answer: ‘solely via the object that they study, not via their methods.’12 Stegemann can reckon with wide consent from both sides of the divide.13 One religious studies scholar (Peter Antes) can even propose that those disciplines in theological faculties that are not confession-bound would best be transferred to the field of Religionswissenschaft; their rightful place would be in humanistic faculties.14 So far, so good. But this is not the whole story. For the picture of biblical studies changes when we zoom on the genre of New Testament theology. Robert Morgan fittingly characterizes the works with this (or similar) title as historically informed attempts to present the ideational content of [the New Testament] writings in a coherent way. But the definition of that content as theological has usually led interpreters to relate the biblical witness to contemporary Christian belief and practice. This is because of the belief that the canonical writings communicate the revelation of God implies a self-involvement on the part of the interpreter. This puts an unusual kind of pressure upon the largely historical character of New Testament Theology, and has led to methodological problems.15

Indeed, this pressure has brought about the gap between everyday exegesis and the syntheses. I once stated that when one moves from the world of special studies to the world of New Testament theologies, the atmosphere changes abruptly. ‘We hear a good deal of God revealing himself definitively in Christ and speaking to us through the New Testament texts [ …] Divine revelation is spoken of as if its

11 Stegemann,

Much Ado, 242; cf. Stegemann, op. cit., 236. op. cit., 242. 13 Cf. from the side of religious studies Hock, Zu diesem Heft, 13: “Weder in der Methode noch im Ergebnis ist der konfessionelle Bezug etwa für die Bibelwissenschaften von Bedeutung”; Schlieter, Methodologie, 78. 14 Antes, Religionswissenschaft und Theologie, 27.31. Cf. also Rudolph, Texte, 39. 15 Morgan, New Testament, 480. 12 Stegemann,

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existence were self-evident. The recourse to theistic God-talk (not just on a descriptive level) is a matter of course.’16 This was written in 1990. A glance at more recent New Testament theologies confirms my point. Despite the different theological persuasions of their authors, they agree on the necessity of a faith perspective. An author no less critical than Ferdinand Hahn opens his work by saying that theology (including New Testament theology) is reflection on the truth claim of the Christian message, acknowledged as valid.17 In a perceptive review, Johan Vos praises Hahn’s work as a masterpiece in its genre, but notes that it is ‘a combination of secular historical-critical exposition and churchly interpretation’ and that ‘a purely secular or religio-historical interpretation would reach different results at many points’.18 Udo Schnelle does solid religio-historical work, but also states emphatically that a theological approach must not and need not be replaced through a religious studies approach, for Christian theology deals with the God who has revealed himself in the history of Israel and in Jesus Christ.19 Bishop Ulrich Wilckens states that a theological work (like his New Testament theology) is to aid the church to speak publicly and clearly about God; he also claims that the contents of the New Testament are just as accessible today as they once were, thus relativizing the gap of two millennia that separates us from the ancient authors.20 According to the Catholic scholar Frank J. Matera, a New Testament theology should integrate the diverse theologies found in the New Testament into a unified whole as ‘an expression of faith seeking to understand what it already believes about the God who is revealed in the story of Israel, Jesus, and the church’; the author of such a work should assume that the New Testament writings ‘possess an inner coherence that is ultimately rooted in God’s self-revelation’.21 None of these authors can be located anywhere near the conservative extreme of the scale; they are solid representatives of the mainstream, if not closer to the other end. Yet they prove that the slogan ‘a theologian speaks of God, a Religionswissenschaftler of people’s conceptions of their gods’22 is not a groundless cliché. It is not the whole truth – theologians can play different roles in different contexts – but it is not spun out of thin air either. Deep down, the respective ‘cog16 R äisänen,

Beyond, 2. Theologie des Neuen Testaments, 1:1, cf. 2:1. 18 Vos, Review, 199. 19 Schnelle, Theologie, 37. New Testament theology must broach the thought world of the New Testament writings in the context of present understanding of reality (Schnelle, op. cit., 15). “Für eine ntl. Theologie ist der Sinnbegriff von grosser Bedeutung, denn er vermag Göttliches und Menschliches miteinander zu verbinden, indem er die Sinnstiftung Gottes in Jesus Christus und ihre Bezeugung in den Schriften des Neuen Testaments gleichermassen erfasst” (16). 20 Wilckens, Theologie, vi. 21 Matera, New Testament Theology, xxviii, xxvii. 22 H. Zinser, according to Schmidt-Leukel, Der methodische Agnostizismus, 51. 17 Hahn,

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nitive interests’ are different.23 Large parts of biblical scholarship can be located in religious studies, even large parts of many New Testament theologies, Bultmann’s classic work being a case in point. Large parts, yes, but not the extant New Testament theologies as a whole!24 Nor do the authors even wish that their works should be so classified. In 1990 I could regret that no one had realized Wrede’s century-old vision of replacing New Testament theology with a History of Early Christian religion. This complaint can now be laid to rest. Klaus Berger and Gerd Theissen have produced overall works that expressly aim at fulfilling Wrede’s program. Yet the work that, in my view, comes closest to realizing Wrede’s intentions is the late Dieter Zeller’s succinct account of the birth and consolidation of Christianity, published in a volume on Christianity in the religious studies series Die Religionen der Menschheit (2002). Zeller intends to describe ‘without truth claims and without evaluation’ the gradual development of the Jewish reform group of Jesus and his adherents to a ‘religion’ of its own.25 His work should be given serious consideration in discussions of our problem. But even after the publication of these works there seemed to be room left for further experiments, so I continued my own enterprise.

1. Focusing on Religious Thought My program is, then, not meant as an alternative to New Testament studies in general; on the contrary, I try to gather and make available the best fruits of these studies. My book is conceived specifically as an alternative to the genre of New Testament theology. It still bears a family resemblance to the latter, as I have focused on religious thought. I have not written a full history of early Christian religion. That would have required much more attention to other aspects, such as cultic life on one hand and social institutions and political processes on the other. This is especially clear with regard to the ‘parting of the ways’ question.26 I have concentrated on one dimension of early Christian religion – and the size and richness of that part alone makes me painfully aware of my limitations. Still, I do not regard the intellectual aspect as the most important one in religion.27 I think that Ninian Smart, a leading religious studies scholar, was 23 Cf.

Schlieter, Methodologie, 95–96. Donald Wiebe turns my contention upside down in ascribing to me the claim (which he justifiably rejects) that ‘many New Testament theologies can be seen as studies in comparative religion because they are in full harmony with the “empiricist” approach to comparative religion’. Wiebe, Response, 128. He refers, misleadingly, to my article Comparative Religion, 124 (= Leiden 2001, 220). 25 Zeller, Einführung, 1. 26 Cf. Runesson, Review, 364. 27 Contra Eskola, Beyond Biblical, who claims (429) that Räisänen ‘has focused on early 24 Regrettably,

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right both in claiming that ‘histories of religion have tended to exaggerate the importance of scriptures and doctrines’, and also in warning us not to go to the other extreme, neglecting ‘the essential intellectual component of religion’.28 It is noteworthy, too, how Hans Küng once justified his concentration on ideas in interreligious dialogue: In this process we must concentrate in the first instance on ideas, teachings, doctrines […] without mistaking the fact that religion is more than ideas. And yet, religious practices are often not the factor that divides religions […] but the ideas, teachings, dogmas, and everything that follows from them.29

I think that ideas loom large enough among the Christian influences on culture to keep some interest in their early history alive. Yet I have not wanted to explore ideas as if they were floating in the air, but have tried to tie them to social and cultural realities. My concentration on ideas has been emphatically, if tantalizingly briefly, criticized by Cilliers Breytenbach. He bundles up the focus on ideas with three other points: he is critical of my claim to proceed descriptively and objectively, he asserts that I am projecting modern notions into the sources, and suggests that my account is orientated on traditional dogmatics.30 I think the allegations are best addressed separately and will take up ‘objectivity’ and ‘dogmatics’ shortly. As for the focus on ideas, Breytenbach asks skeptically, whether anyone else who proceeds equally non-confessionally would find the same ‘ideas’ in the Christian thought because, for him, that is what religion is all about’. Eskola disbelieves my own statement to the contrary (430). 28 Smart, The World’s Religions, 17. 29 Küng, Christianity and the World Religions, xix. To be sure, one might argue that in the process in which Christianity eventually separated from Judaism, precisely religious practices (circumcision, table-fellowship) were a decisive dividing factor. But the most important thing, after all, was not the practices as such, but the meanings accorded to them. 30 Breytenbach, Erwägungen, 3–4; a similar claim is made by Eskola, Beyond Biblical Theology, 348.351. This latter work amounts to a savage if confused, near-fundamentalist assault on my work (and on historical criticism in general), which constantly ascribes to me words I have not used and views I do not hold. Here are a few examples – out of hundreds. Encountering ‘descriptions of impossible events, myths and legends’ in the Bible ‘any scientific scholar should be annoyed just by virtue of being a reasonable human being’ (37; a footnote refers to a Finnish article of mine where nothing of the sort is said). ‘Räisänen is convinced that the traditional conception of sin was merely a tool for the clergy to hold sincere Christians in their power’ (204– 205). ‘Should we find problems in our moral behaviour, the answer is proper education’ (205). The ‘school’ of Räisänen and Theissen ‘deliberately aims at destroying the possibility of biblical theology’ (297). ‘For Räisänen, Christian doctrine in general, and the doctrine of the Trinity in particular, are obstacles that prevent rational Christians from living a good Christian life’ (380). According to Eskola, I regard early Christianity as ‘an enthusiastic mystery religion’ (398) – ‘the original Christian mythic gnostic religion’ (399)  –, believe ‘that religious thought gradually develops into mature rationalism’ (404) and cherish ‘the Enlightenment’s triumph over superstition’ (406). ‘Orthodoxy, for Räisänen, represents the most despicable attitude’ (453). Readers should not trust any single statement in Eskola’s book without checking with his sources. For a general assessment, see the review by Robbins, Review.

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sources. I find this objection hard to understand. Surely no two scholars will write similar books, yet quite a few colleagues have discovered a fair amount of individual ideas similar to those found by me.31 Breytenbach also asserts that I actually project modern ideas about early Christian thought into the texts, but he cites no evidence for this. Others have received a rather different impression.32 Breytenbach ends up by doubting whether my approach is religionswissenschaftlich at all.33 I do not find his arguments cogent, but do not consider terminology to be that important in any case. Should one prefer to regard my book as an exercise in the history of ideas, rather than in Religionswissenschaft, well and good. Even so, it would still amount to an alternative, in this case a ‘humanistic’ alternative to confession-bound New Testament Theology. James Dunn also notes in passing, though in a different tone, that the focus on beliefs is ‘somewhat surprising for a disciple of Wrede’; more attention to worship in the style of Bousset would have been appropriate.34 Perhaps. Yet it should be noted that Wrede did elaborate a lot on the treatment of ideas and problems (and actually said very little about worship!) in his classic lecture.35 For him, early Christian ideas were one self-evident topic, indeed a major topic, in a religious studies approach. I shall now comment on some characteristics of my approach. A few of them mark it off, more or less, from ‘New Testament theologies’; other points are – or should be – compatible with critical ‘New Testament Theology’ as well. 31 See, e. g., the reviews, written from quite different perspectives, by Houlden, Review, and Wickham, Review. Houlden even states that he was ‘at no point … moved to react against [my] analyses or conclusions’. While this statement may contain some friendly exaggeration, it is noteworthy that Wickham, who dislikes much of the contents the book, concedes that it ‘basically recycles, deftly and adequately, the conventional opinions’. 32 By contrast, one reviewer explicitly notes (citing examples) that I try to keep philologically close to the sources ‘against actualizing tendencies’ in my analysis of New Testament and earlier texts: ‘Gegen aktualisierende Tendenzen […] wird […] die philologische Nähe zu den Quellen angestrebt’. Roux, Review, 389. Houlden comments that I seek ‘to expound the theological mentalities to be found in the New Testament rather than to “sell” them’. 33 “Leider erschöpft sich sein ‘religionswissenschaftlicher’ Ansatz weitgehend darin, ‘not prescriptive or normative’ zu sein und die nicht kanonisch gewordenen Schriften einzubeziehen.” Well, I would have thought even that to be a not insignificant step towards Religionswissenschaft … 34 Dunn, Review. 35  Wrede speaks of ‘the decisive ideas, problems and spiritual and intellectual phenomena’ as the proper objective of New Testament Theology/Early Christian Religion (instead of a bookby-book analysis): Wrede, Tasks and Methods, 89–90, cf. also 83–85, 104, 107. See further Wrede, Das theologische Studium, 65–66: ‘Nicht was einzelne Schriften und Autoren sagen, soll ermittelt werden, sondern die religiösen Anschauungen, Stimmungen, Vorstellungen selbst sollen […] erklärt und in ihren Wandlungen verfolgt werden.’ Eskola, trying to drive a wedge between Wrede and me, grossly misinterprets Wrede, suggesting that in the latter’s view ‘the treatment of religious thought should be excluded from a true history of religion’ (Eskola, Beyond, 355) and that Wrede moved ‘to a completely other area’ than ‘thought world’ (Eskola, op. cit., 347).

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2. Main Characteristics 2.1. Context and Audience My account is not intended for church use in particular, but for any interested reader. I share Gerd Theissen’s aim to describe early Christian religion ‘in such a way that it is accessible to men and women whether or not they are religious’. It is a cultural task, the texts in question being ‘part of the basic cultural information of human history’.36 Christian faith must not be privileged a priori. This way of conceiving the task is the exact opposite to what Bishop Wilckens proposes: he writes for readers who want to be ‘strengthened in their faith in the triune God’.37 No Jewish, Muslim or agnostic readers seem envisaged. The natural context for Theissen’s and my approach is the secular academy rather than a church (or church-run seminaries). However, this dichotomy is too sharp (as most dichotomies are). In practice, even the churches display a wide spectrum of attitudes, and so does the academy. There are no watertight compartments. Quite a few active church people want to integrate critical thinking with their faith, and many are more open to critical insights than are some academic theologians. I am speaking as a representative of the Scandinavian tradition in which, as a Swedish colleague puts it, ‘departments of theology are essentially departments of religious studies, which are carried out without faith commitment or allegiance to any church’. She wisely hints, though, that this may not represent ‘the whole truth about faculties of theology in Sweden [and I would add: in Finland]. As always, reality is more complicated than the official viewpoints.’38 Like all people, scholars switch roles; what they write in their academic works may not be fully identical with what they say in a classroom – faced with students, many of whom may serve a church in the future.39 There are specific local problems, notably in Germany. A concrete watershed between theology and religious studies is the so-called ‘confession clause’ (in German: Konfessionsklausel) of the theological faculties whose staff are required to submit to a religious confession. So behind our present problem loom issues of university politics that reach far beyond the future of New Testament theology. I do not try to deal with those issues here. Suffice it to say that I agree with those who think that theologians themselves should oppose the confession clause.40

36 Theissen,

Primitive Christian Religion, xiii. Theologie, 65. 38 Stenström, Fair Play?, 110 with n. 18. 39 Cf. the reflections of Dunderberg on the connection of academic instruction to practice (drawing on Bourdieu): New Testament Theology, 169–189. 40 Schmidt-Leukel, Der methodische Agnostizismus, 69. 37 Wilckens,

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2.2. A ‘Descriptive-objective’ Approach I have characterized my approach with conventional catchwords that are easily misunderstood: descriptive, objective, historical.41 Today such vocabulary meets with harsh criticism,42 more so than in the seventies-eighties, when my vision was formed – though the impression is hard to avoid that critics tend to create straw men that immediately collapse once the mighty magic word ‘positivistic!’ is uttered.43 I feel that I can simply rephrase the description of my approach, dispensing with the controversial words and their historical ballast.44 Perhaps I should have done that already in the introduction to my book. The contents of the book would not have been altered. I understand that the three adjectives once entered the hermeneutical debate as semantic opposites to ‘doctrinal’ or ‘confessional’.45 For me, this is still the point. No ‘metaempirical’ concepts are to be used in the interpretation. Whatever the scholars themselves think of ‘revelation’, an account of early Christian thought in an academic context cannot commit itself to revelational claims any more than can a scholarly account of Islam, or of Mormonism. It is clear that there can be no ‘pure’ description; imaginative (re)construction is naturally needed in assessing the data. A significant subjective factor is involved in the writing of an overall account of early Christian thought, starting with the question of how to organize the work. The data do not organize themselves, a fact which came painfully clear to me as I struggled with structuring my book. I concede to Breytenbach that ‘finding’ something in the sources depends on acts of interpretation. I accept with Stegemann the insight that ‘every synthesis is an interpretation’ and that what we have to deal with in ‘historical’ work is a chaos of data and traces of memory.46 It is precisely in recognition of this fact that 41 R äisänen,

Rise, 3; Idem, Beyond, 166–171. instance, Breytenbach contends, criticizing my focus on ideas, that the claim to ‘find’ early Christian ‘ideas’ in the sources and to ‘describe’ them ‘objectively’ is a positivistic step backwards in the scholarly discussion – all the way back to the ‘pre-Wrede phase’ (Breytenbach, Erwägungen, 3 n. 9). Eskola asserts that my text ‘lacks academic argumentation and presents eccentric views’ (Eskola, Beyond, 369) but everything he presents as evidence (363–369) amounts to a misrepresentation of my work. Eskola ascribes to me the view that Paul’s anthropology ‘has grown out of Paul’s personal psycho-pathology’ (366) and insinuates that I criticize Paul’s ‘dark view of sin’ because the apostle ‘opposes Enlightenment humanism’ (367). Eskola does not perceive  – or admit  – that I have arrived at critical conclusions because of inner-Pauline textual problems, such as the relation of Romans 2 to the rest of Paul’s thought, a problem he never mentions. For Eskola, ‘Wredean history-of-religion inevitably leads to a kind of psycho-pathology of religion’ (293, cf. 434). 43 Vollenweider, Streit, 30–31, with note 32, finds little sense in a dialogue with my ‘positivistic’ religious studies approach – as if I did not recognize that reconstruction includes interpretation and that many different interpretations are possible. 44 Cf. R äisänen, What I Meant, 420–425. 45 The term is used, e. g., by Burkett, Introduction, 10, who contrasts the historical-critical method with ‘the confessional approach’. 46 Cf. Stegemann, Much Ado, 226–230 (with special reference to H.-J. Görtz). 42 For

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I do not actually try to (re)construct the history of early Christianity as a developing narrative, but opt for a thematic approach. I do not see how recent insights into the nature of historiography could undermine my concern that an interpretation in a religious studies framework is not to appeal to gods, revelation, or inspiration, nor to make prescriptive claims. ‘Descriptive’, then, should be taken to mean simply that the construction is not prescriptive and is not expected to conform to any aprioristic requirements, confessional or ideological. Nor does ‘objectively’ mean that one possesses the Truth.47 The word refers simply to fairness and open-mindedness over against special pleading.48 I think that it is widely realised (and was realised in the past) that there are obvious limits to our objectivity – and that this does not legitimate subjective license. The issue of objectivity versus subjectivity is hardly the place where the great divide lies.49 The crucial question is this: should we let, from the start, the canon and the concerns of Christian theology guide our accounts? And: what kind of arguments count? Can God, revelation or inspiration be appealed to? If this be positivism, I am happy to join Rudolph who noted that ‘sound, moderate positivism is the best legacy of any science, including Religionswissenschaft’.50 A central aspect of what ‘objectivity’ means to me is the ‘rule’ of fair play: one should use the same standards, whether one is studying one’s own tradition or that of others.51 In studying the Qur’an long ago, I could not help noting the imbalance which often resulted, when scholars compared their own scripture to that of others. The Qur’an and its study have always remained a kind of mirror for me: any principle or method used in biblical interpretation must be ap-

47 Contra Eskola, Beyond, 350 who asserts: ‘Räisänen [ …] is convinced that science has perfect objective knowledge about this world and even history.’ An example of this is (Eskola claims) my being able ‘to make a distinction between different redactional layers’. So redaction criticism as a method is intrinsically positivistic, based on the illusion of possessing the Truth! Eskola’s fundamentalist starting-point shines clearly through in passages like this. 48 Cf. Morgan, New Testament, 478: ‘Historians have interests; what matters is that they do not pervert historical judgment.’ The sternly ‘empiricist’ religious studies scholar R. J. Zwi Werblowsky wrote: ‘There is no need here to enlarge on the trite commonplace that in social and cultural (including religious) studies the notion of ‘value-free’ and presuppositionless science is extremely problematic […] The real question relates to the consequences that should be drawn from the obvious facts, i. e. whether our inevitable limitations should be responsibly and prudently treated as necessities, or whether they should first be transformed into, and then celebrated as, major virtues.’ (Zwi Werblowsky, On Studying Comparative Religion, 154). 49 Breytenbach cites Weber to the effect that there is no purely objective analysis (Brey­ ten­b ach, Erwägungen, 24 n. 65)  – but cannot help ending his article on a quotation from Troeltsch: the only criterion a historian of religion has is ‘die bei jeder Vergleichung nötige, möglichst objektive (!) Versenkung in das Fremde und die damit eintretende Relativierung des eigenen Standpunktes’ (25). 50 Rudolph, Geschichte, 32. 51 Stegemann, Much Ado, 228, finds this ‘a successful formulation’.

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plicable in the study of the Qur’an (and vice versa).52 But playing fair became most important in the study of Paul: the Apostle was not to be given a special treatment; he was not to be allowed to dictate the rules of the game. 2.3. Moving beyond the Canon Wrede noted that ‘no New Testament writing was born with the predicate “canonical” attached’;53 this observation remains valid despite the inclination of some recent scholars to detect a ‘canonical awareness’ in its authors.54 Nor was it inevitable that the twenty-seven writings that make up our present New Testament would receive a special status. As Zeller puts it, ‘the so-called “New Testament” is anything but a systematic foundational document of Christian faith. By the side of partly competing biographies of Jesus stand casual writings by Paul and forgeries attributed to the apostles. Christianity is not a book religion to the degree that Judaism or Islam is.’55 While New Testament theologies can by definition limit themselves to the canon, an alternative approach must consider all available evidence on equal terms. How far in time the phase of ‘early Christians’ extends is a matter of definition; I have tried to include materials down to the last decades of the second century, occasionally casting a glance even on later developments.56 No distinction is made between ‘orthodox’ and ‘heretical’ views. It is imperative to include the texts of Nag Hammadi as important witnesses in their own

52 This does not mean that my ‘basic hermeneutical theory is dependent on [my] studies on the Qur’an’, as Eskola misleadingly claims (Eskola, Beyond, 82; even more emphatically Eskola, op. cit., 393.396). Discussing the topic in pages 34–41, he presents a distorted reading of a Finnish article of mine; unfortunately, readers who do not know Finnish have no chance to check his interpretations here or elsewhere. Eskola reaches the very odd conclusion ‘that the entire genesis of the historical-critical approach to the Bible is the product of early Qurancriticism’ (397). Moreover, the section ‘Quran-Criticism, Sachkritik, and the Birth of Liberal Theology’ (29–34) accuses biblical critics from Strauss to the present for having been convinced ‘that the malevolent motives of the [New Testament] writers have twisted truth’ (31) and for attempting ‘to expose an apostolic deception’ and ‘to remove religious lies from biblical theology’ (34). 53 Wrede, Tasks and Methods, 70. 54 Thus Balla, Challenges, 101.253. On Balla’s book see Heckel, Neuere Arbeiten, 311–312 (for instance, Luke 1:1–4 shows no respect for the authority of its sources; no trace of ‘canonical awareness’ is visible here). On Theissen’s canonical emphasis see my “Eine Kathedrale aus dem Chaos? Ein Gespräch mit Gerd Theissen über Einheit und Vielfalt der urchristlichen Religion”. 55 Zeller, Schlusswort, 464. 56 A very odd criticism of my abandonment of the canonical boundaries is presented by Eskola (Eskola, Beyond, 291) who asks: ‘if the canon must be abandoned […], why should one focus on religious thought and “theology”, which are inevitably bound up with the very canon itself ?’ He complains that I am actually using the very canon I do not want (!) to use (295) – as if disregarding canonical boundaries implied that one cannot at all use the texts that have become canonical!

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right. I have devoted to them some six per cent of the space.57 The Jewish Christians (‘Ebionites’) likewise deserve a place. How to deal with ‘gnostic’ Christians is a thorny problem. The Nag Hammadi library has put the issue into a new light. Today it is hard to define who should be called a Gnostic and why. Many who used to be so classified are now regarded simply as Platonist Christians, for example the people behind the Gospel of Thomas. I speak emphatically of gnostic Christians – or Christians with gnostic leanings – hoping that I have been able to do justice to them as Christians. In the emerging picture the difference between gnostically inclined and ‘proto-orthodox’ Christians narrows down in many places, for example regarding Christian hope or the issue of ‘Docetism’. Some other black sheep of Christian history from Marcion on also receive more sympathy than usual. Doing away with canonical boundaries is not just a question of sources. The canonical point of view should not guide the account either. Authors of New Testament theologies give very much space to Paul, as the canon of course does58 – Bultmann gives him 30 per cent, Marshall (who regards more letters as genuinely Pauline, to be sure) no less than 40 per cent.59 I may also be guilty of some extravagance, though to a lesser extent: the apostle gets some 15 per cent of the space. Significant as his contribution was, this seems still too much. Authors of New Testament theologies also generally regard him – or at least the core content of his thought – as more or less normative (which I do not). In an account of early Christian thought, Paul is to be seen as one (prominent) person among many. The scholar should have empathy both for him and for those who disagreed with him. What we ultimately should try to understand is the process in which the persons were involved. The Christian opponents of Paul must be taken no less seriously as Christians as Paul himself (and his Jewish opponents as serious representatives of their tradition for that matter). Probably both sides in the conflicts had a point! No doubt the ‘false brethren’ of Galatians ‘were able to produce very good biblical arguments for the necessity of circumcision for “the children of Abraham” (who had, after all, himself been circumcised)’.60 This kind of even-handedness is hard to find in New Testament theologies. Johan Vos observes that even in Hahn’s first volume that offers a history of early Christian theology there is ‘no independent place for the positions of the opponents and rival groups with whom a confrontation takes place in the New Testament writings’. He comments that from a religio-historical perspective 57 I would not have been able to do this without the expert help of my friends Antti Marjanen, Risto Uro, and Ismo Dunderberg. 58 In the New Testament, Paul’s authentic letters cover some 16 per cent of the pages. 59 Bultmann, Theology; Marshall, New Testament Theology. 60 R äisänen, Rise, 253. Paul invents an explanation: Abraham ‘received the sign of circumcision as a seal of the righteousness that he had by faith while he was still uncircumcised’ (Rom 4:11). ‘One would have thought this argument to be a first-class weapon in the hands of his procircumcision opponents!’ (R äisänen, op. cit., 261).

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such an account, written entirely from the point of view of the winners, has only a limited value.61 It has seemed to some readers that I have succeeded all too well in my attempt to do justice to those who lost: it is claimed that my sympathies are on the side of the heretics, while the orthodox tradition is treated in more negative terms.62 If this is the case, it could perhaps be forgiven as an effort to bring in some balance, as the ‘heterodox’ have been treated without much sympathy through the ages. 2.4. Not Doctrines but Interpretations I have wanted to describe the formation of religious ideas as a process in which traditions, in this case mostly Jewish traditions, are reinterpreted in the light of new experiences. My thematic chapters generally start from the Jewish thought world. This context gets some 15 per cent of the whole (plus a twenty-page summary in the introductory section ‘Roots and starting points’). Such an enterprise may be taken as an etic ‘religious studies’ description of a process that might be set forth as a history of revelation from a Christian-theological ‘emic’ point of view. In working out my account I realized, though, that I was actually putting less emphasis on experiences (elusive as they are) than I had originally thought, and more emphasis on the use and reinterpretation of traditions.63 Yet on a general level the impact of social experiences, often conflict experiences, is crucial. Such experiences include the failure of the mission among Jews, the Jewish war, and the persecutions by the state. Some Pauline ideas that have had great theological influence, such as justification by faith, or predestination, have their roots in practical conflicts. 2.5. Great Lines, Main Problems The main part of the book is organized according to themes; it deals with ‘basic problems and solutions’. Here I differ from Wrede who proposed a traditionhistorical organization. Yet our material is so fragmentary that historical and 61 Vos,

Review, 200. Review, 389. I am not fully convinced by the examples he cites: I emphasize, over against Irenaeus’ allegations, the ethical seriousness of gnostic Christians – but this is today common knowledge in light of the Nag Hammadi library; I defend Marcion against the suspicion of anti-Semitism – but this is something I have argued at length many times over, showing from texts that it is his orthodox opponents, not Marcion, who use arguments directed at the Jewish people; I praise gnostic authors for using of Greek philosophy, yet criticize the Apologists, Justin and Origen for doing the same – but I wonder if this is the most plausible reading of Rise, 298–299. Nor can I agree that I always present the orthodox fathers in a negative light; see, e. g., my comprehensive presentation of Irenaeus’ eschatology (R äisänen, Rise, 96–97) that contains no criticisms at all. 63 This is one of the few points on which Eskola (Eskola, Beyond, 349) is correct, though even here he immediately turns to confused polemics. I pointed out myself that a shift has taken place: R äisänen, Rise, 5. 62 Roux,

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tradition-historical reconstructions remain very conjectural. Consideration of the history of influence also speaks, in my view, for a thematic structure. In view of subsequent developments, it may be relevant to learn what options there were in the early times, and to what sort of contexts they belonged to. Thus, my first thematic chapter discusses different types of ‘eschatology’. The term is put in quotation marks, for originally it was not a question of last things, but of a new turn of history. The types include the idea of earthly fulfilment (from Jesus to Irenaeus), spiritualized fulfilment, and mixed forms of expectation. Again, my discussion of ‘the bringer of salvation’ is structured according to different perceptions of who Jesus was and what he accomplished rather than according to strictly tradition-historical considerations. A thematic organization facilitates the comparison between different conceptions. The price is that the reader is deprived of a total picture of the thought of individual authors, such as Paul.64 Every structuring has its pluses and minuses. Author-by-author or book-by-book presentations abound in New Testament theologies; I thought that a different perspective might be refreshing. But this decision is not connected with the religious studies versus theology issue as such. Some have interpreted the choice of a thematic structure as a lapse into dogmatics. As noted, Breytenbach doubts if a presentation that he thinks to be strongly oriented on traditional dogmatics, has the right to call itself religionswissenschaftlich at all. I think that the place and role of ‘eschatology’ in my account distinguishes it clearly enough from dogmatics (and from New Testament theologies, for that matter). In describing my table of contents, Breytenbach actually makes the work look much more like a text-book on dogmatics than it is. For instance, my two chapters on identity (‘True Israel: From Jewish to Christian identity’65 and ‘Strangers in a Transitory World: Christians and Pagans’) become in his report ‘Ecclesiology’ and ‘Ethics’. One careful reviewer, by contrast, feels that the chapters ‘are structured in a thought-provoking way’.66 Ironically, when Breytenbach himself reflects on how a historical narrative of early Christian religion should be construed, he ends up with an outline not too different from mine, yet in fact closer to traditional dogmatics (as the Christian hope is placed at the end).67 64 Cf.

Dunn, Review (regarding both points). that I discuss in this chapter Paul’s relation to the Torah from the perspective of the question of identity. In a more traditional dogmatic or theological context the issue is generally dealt with in the framework of anthropology or soteriology. 66 Runesson, Review, 363. He thinks that ‘this thematized structure, which grew from the research undertaken, is well chosen and opens up for insights even before the chapters are read’. 67 Breytenbach, Erwägungen, 21–22, lists as basic presuppositions (Grundbedingungen) the notion of the one and only God who is worshipped as creator and judge, the need of humans for salvation, the faith in Jesus’ resurrection and his saving function, the recognition of God’s Torah, the trust in God’s mercy and the hope of salvation in the judgment. 65 Note

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2.6. The Case of ‘Eschatology’ I cannot emphasize too strongly the place of ‘eschatology’ in the beginning, rather than at the end, of my account. The reason is that what became Christianity once started with the expectation of the great turn of history in some Jewish circles. This hope is ‘spiritualized’ in some sources: the kingdom moves from the earth to heaven. This development affects all chapters. Thus, the notion of salvation originally hangs together with earthly eschatology: the plight from which Israel is to be saved is attacks by enemy troops or occupation by a hostile power. The transformation of salvation into something more spiritual, whether in this life or in a transcendent reality, is connected with the transformation of eschatology. Instead of enemy armies, one comes to think of sin(s) or hostile cosmic powers as the main threats. Only after dealing with salvation do I turn to the person of its bringer. This order hangs together with my conclusion that Jesus’ role in the scheme of salvation, as presented for instance by Luke, is ambiguous, subordinated to the vision of salvation as it were. In any case, even ‘Christology’ has its origins in ‘eschatology’: the expectation of the turn of history often included an expectation of a redeemer figure, and the understanding of Jesus as Messiah or Christ has to do with this. But even on this score, a process of ‘de-eschatogization’ is at work, and the title Christ changes its meaning. While my placing ‘last things first’ is in itself hardly a token of a specifically religious studies approach, the emphasis on ‘eschatology’ does have something to do with the ‘theology versus religious studies’ issue. For in New Testament theologies the concrete expectation tends to be played down. One speaks eloquently of ‘eschatological existence’ which, however, is wholly focused on the present (Bultmann), or one indulges in the symbolic and metaphoric nature of eschatological language, which frees one from taking the expectation at face value (Hahn).68 Dunn spells it out: ‘Eschatology remains the most challenging and troublesome subject in NT theology …’ 69 For a religious studies approach eschatology is a challenging subject, too, but only because the issue is so manyfaceted, not because it causes embarrassment. A specific challenge is the case of hell. New Testament theologies are strikingly silent of this idea,70 offensive to modern sensitivities, though it is conspicuously present in the sources. A religious studies account has no such inhibitions.71 Another all-important issue is the forging of Christian identity. The development that starts with the formation of an end-time Jewish sub-group (‘true 68 See

Vos, Review, 202. New Testament Theology, 95. 70 Cf. my article “Matthäus und die Hölle”. 71 Cf. my Rise, 121–124. Paradoxically, a religious studies approach seems, at this point, to be much more in harmony with the tradition of the church than New Testament Theology (which is not the case, say, in Christology). 69 Dunn,

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Israel’) eventually leads, for better or for worse, to a separation from the mother religion. This ‘parting of the ways’ cannot be fully treated without delving into social history and ritual practice, and I agree with some critics that an account like mine that focuses on ideas cannot be fully satisfactory.72 2.7. Justice to Diversity The final chapter claims that whichever theme one explores, a great diversity prevails. A common ground can be found – if one moves to a sufficiently high level of abstraction: everybody held Jesus to be of supreme significance, but for different reasons. Early Christian thought appears as a dynamic process that produced more questions than definitive answers. I conclude: ‘Anyone who wrestles with Christian tradition, from whatever perspective, will do well to reflect on its original diversity. This may be ammunition for critics, but recognition of the early diversity can also prove a stimulus to creative new interpretations and constructive applications of the tradition.’73 In most – though not in all74 – New Testament theologies diversity is felt to be a problem and has been played down. One reviewer notes that ‘[t]he historiographical ethics of Räisänen’s approach allows him to give independent voices to the diverse textual sources, something that has often been lacking in the genre of New Testament theology’. And he continues: ‘It is liberating to read a book which does not mix Pauline theology with synoptic concerns, and which does not let reformation theologians define “righteousness” when the gospels are read.’75 Actually, when I made my results accessible to a wider Finnish audience, quite a few readers likewise spoke of a liberating experience. Awareness of the original diversity gave them, they felt, the licence to follow their own paths as Christians. 2.8. Acknowledging Intellectual and Moral Problems in the Sources I think it is fair to say that New Testament theologies tend to tidy up some problems, intellectual and moral, that crop up in the sources. There is some pressure towards interpretations that make early Christian views palatable. A 72 Cf. Runesson, Review, 364: ‘[…] as questions about sociological and political processes (integral to the so-called partings question) are engaged, methodology needs to shift away from “theology” and thought patterns to sociological and other analyses of institutional and political aspects of society’. 73 R äisänen, Rise, 318. 74 Strecker and Schnelle are critical of harmonizing tendencies; cf. Schnelle’s (Theologie, 40 note 33) criticism of Hahn’s fluctuating between unity and diversity. Hahn does note divergences but in the end he plays them down, ending up with the claim – unthinkable in the framework of a religious studies approach – that tensions and contradictions hint at problems that were not yet definitively solved in early Christianity (Hahn, Theologie 2, 805). Cf. Vos, Review, 202: ‘Dem religionsgeschichtlich arbeitenden Ausleger ist eine solche als aussergeschichtlich anzusehende Perspektive dagegen völlig fremd.’ 75 Runesson, Review, 362–363.

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religious studies approach is free to present interpretations that try to be true to the ancient conceptions even when they seem fanciful or violate our sense of justice.76 I already singled out eschatology in general and the notion of hell in particular as topics whose treatment indicates a difference in the approaches.77 The issue of intellectually problematic arguments should also be mentioned. Paul’s fluctuating statements on the Torah and Israel are a case in point. The use of the Jewish scriptures is another striking case: authors of New Testament theologies tend to apologetically justify early Christian readings even when they are evidently arbitrary.78 An interpreter pursuing a religious studies approach can, instead, calmly note that, for example, Paul’s exegesis ‘produces truly astonishing results: he is capable of squeezing from a text a meaning that is just the opposite of the original meaning’.79 Yet another example of the tendency of recent New Testament theologies to avoid tackling obvious problems is the fact that the question, whether Jesus as depicted in the Gospel of John can really be deemed a true human, is hardly raised, though critical theologians have focused on it elsewhere.80 I am following such theologians – John Knox, Maurice Wiles, Dennis Nineham and even James Dunn – when I write that ‘Jesus’ humanity is in the process of being thoroughly qualified’.81 76 Eskola brands my pointing out problems as aggressive ‘fighting’ (Eskola, Beyond, 389– 391). 77 Relative value judgments that assess the human decisions and attitudes reflected in the texts do not contradict the ideal of objectivity as here understood, though it may be debated whether they should rather be presented at a second stage, where the historical findings are evaluated. 78 Cf. Vos, Review, 200 on Hahn: the tension between a historical-critical and a churchly approach is clearly visible here. Hahn recognizes the profound discrepancy between the Old Testament texts in their original wording and their interpretation in the New Testament. He states that the originality (Eigenständigkeit) of the Old Testament is to be respected, but will also hold fast to the New Testament way of interpreting it, at least as regards its intentions. Hahn (Theologie 2, 140) hopes for a more consistent Interpretatio Christiana of the Old Testament in exegesis and theology; a religio-historical approach cannot follow him here. ‘Without specifically Christian spectacles one will not find in the Old Testament texts a bit of what the church has found there’ (Vos, Review, 200). 79 R äisänen, Rise, 242, referring to Rom 10:8 as a case in point. 80 A most astonishing statement is presented by Bultmann, Theology 2, 50: in John, ‘God Himself encounters men in Jesus, a Jesus moreover who is a man in whom nothing unusual is perceptible except his bold assertion that in him God encounters men’. Nothing unusual! The explanation is that Bultmann robs John’s narrative wholly of its concrete traits: ‘Jesus is not presented in literal seriousness as a pre-existent divine being’. According to Bultmann, ‘the mythological terminology is intended to express the absolute and decisive significance of his word’ (Bultmann, op. cit., 62). Contrast the frank statement by Paul Wernle in the wake of the Religionsgeschichtliche Schule more than a century ago: in John, Jesus’ ‘humanity is thrust on one side and threatens to become a mere phantom’; ‘[t]he connection between Jesus and ourselves is severed if Jesus need not die but can take again the life which He lays down’ (Wernle, Beginnings, 256). 81 R äisänen, Rise, 218–219. Contrast the praise of John as a ‘master of interpretative integration’ in Schnelle, Theologie, 707–711 (esp. 710).

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2.9. Hinting at the Reception and Influence of Early Christian Ideas I could not resist the temptation to append to my chapters unsystematic, eclectic hints to the subsequent reception and influence of some early Christian ideas, thus trying to help build a bridge to the present. For instance, I point out some historical consequences of millenarianism and wonder at the development of Christology in patristic times. While these comments, often critical of the mainstream, indicate my sympathies, they are definitely not meant to be prescriptive.82 Understandably, reviewers are divided in their evaluation of them.83 2.10. What Is Missing? Given its intended limitations, what should have been included in the book but is not? I see one obvious gap: there was no good methodological reason to dispense with ethics. I had planned to include a chapter on ‘Life in the New Communities: Ethos and Morality’ that was to deal at least with ‘Solidarity, love, renunciation, non-retaliation’, ‘Sexual morality’, and ‘Attitudes to social issues’. I eventually left it out – out simply due to fear that I would never finish the project. I fully agree that the inclusion of everyday ethics would be necessary for us to get really ‘beyond New Testament Theology’.84 Today gender issues are a sensitive point in any account. One critic observes an ‘oversight of women’s roles’,85 and I wish I could have made them more visible. But at least there is more on women as leaders in my account than there is in most New Testament theologies. I do describe the prominent position of many women in the early period, and surely – in an attempt of fair play – the prominent anonymous prophetess in Thyatira comes out better than the author of Revelation who scornfully calls her ‘Jezebel’. But I admit that there is an important perspective missing in that I have not highlighted androcentric prejudice in our sources. Finally, while I give plenty of room to the Jewish matrix, I have a nagging feeling that the Greco-Roman context ought to have received more emphasis. In any case its impact is noted at important places: the idea of noble death is considered a crucial influence on the interpretation of Jesus’ death as vicarious, and I have followed Zeller in tracing the notion of incarnation to an adaptation both of Jewish wisdom traditions and of Greek notions of gods manifesting themselves on earth.86 82 See

further R äisänen, Rise, 323 note 51.

83 Roux, Review, 389 criticizes these sections, especially the one on Christology, for following

a one-sidedly chosen group of theologians; Dunn (Review) is rather more positive about my illustrating ‘how confusing were early developments in Christology’. I still believe to be in a good company when citing such patristic authorities as Frances Young, Maurice Wiles and Hans Küng. Eskola, Beyond, 378, mistakenly ascribes a quotation from Young in my book to John Knox. 84 Thus Istvan Czachesz in an oral evaluation (SBL, Tartu 2010). 85 Getty, Review, 396. 86 R äisänen, Rise, 215; cf. also Schnelle, Theologie, 157–159.

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3. Conclusion Even if it is impossible to make a categorical distinction between a theological and a religious studies approach, the more so as neither theology nor religious studies appear as entities with distinct identities or clear boundaries, a rough differentiation seems plausible. A religious studies approach freely transcends the limits of the canon (materially and ideologically) and does not take Christian doctrine (however broadly understood) as its point of departure. It does not assume that the development from Jesus to the fourth-century church was inevitable or predetermined. It does not appeal to God, revelation or inspiration in interpreting the data, though it provides material for those who ponder theological questions. Despite significant overlaps in content and even in method, a New Testament theology and a non-theological account of early Christian thought are different enterprises and belong in principle (though not always in practice) to different contexts. Each task can be tackled in a number of different ways. I have described one attempt, anticipating that it will be accompanied in the future by many related but different endeavours.

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Georg Heinrici und sein familiärer Hintergrund Veronika Janssen Zum hundertsten Todestag von Georg Heinrici kommt mir als der ältesten Tochter der ältesten Tochter des einzigen Sohnes seines ältesten Sohnes, also seiner Ururenkelin, und einziger Theologin unter seiner Nachkommenschaft die Ehre zu, ihn an dieser Stelle vorzustellen. Persönlich habe ich ihn natürlich nicht kennengelernt – es liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zwischen seinem Tod und meiner Geburt, aber ich bin mit ihm aufgewachsen. Die Porträts seiner ersten Ehefrau Ellen und ihrer Mutter hingen und hängen bei meinen Eltern im Wohnzimmer, waren also immer gegenwärtig. Georg Heinrici selbst hieß in der Familie das „Kirchenlicht“, was ein wenig geheimnisvoll und ein wenig einschüchternd klang. Es wurde ein Vers über ihn überliefert, angeblich von Studenten ins Pult geritzt: „Heinrici liest den Römerbrief / manchmal richtig und manchmal schief. Die Römer sind übel dran gewesen / sie mussten den Brief ohne Heinrici lesen.“

Es hieß auch, er sei streng und unnahbar gewesen. Mehr wusste ich lange nicht über ihn. Das musste sich natürlich ändern, als ich eingeladen wurde, ihn hier vorzustellen. Zum Glück kannten meine Mutter Dr. Monika Rumberger geb. Heinrici und ihre Schwester Dr. Sabine John geb. Heinrici noch einige von Georg Heinricis Kindern, Neffen und Enkeln persönlich, und meine Tante hat in den vergangenen Jahren einen Stammbaum erstellt. Neben diesen persönlichen Informationen und etlichen erhaltenen Briefen sind Georg Heinricis – gewiss die Vergangenheit verklärender – Nachruf auf seinen Vater und das Buch Hassenstein einst und jetzt, in dem zahlreiche Familiengeschichten festgehalten sind, wichtige Quellen dieser Darstellung.

1. Das Elternhaus 1.1. Vorfahren Georg Heinrici wurde am 14. März 1844 in Karkeln in Ostpreußen als ältestes der elf Kinder von August Heinrici und dessen erster Ehefrau Ida geboren und auf die Vornamen Carl Friedrich Georg getauft. Seine Vorfahren stammten zu einem großen Teil aus Predigerfamilien, die sich mindestens bis

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zum Nordischen Krieg, teilweise sogar bis zur Reformationszeit in Ostpreußen zurückverfolgen lassen. Die Pastoren in Ostpreußen stammten zumeist aus der Region selbst. Gerade auf dem Land bildeten die Geistlichen eine eigene soziale Gruppe. Neben den Gutsherren, Ärzten und königlichen Beamten waren sie häufig die einzigen Studierten und als Beamte von relativ hohem gesellschaftlichem Stand. Finanziell waren sie dagegen oft schlecht gestellt und abhängig sowohl vom Wohlwollen der Obrigkeit als auch der Gemeindeglieder, die einen Teil des Gehalts ihres Pfarrers aufzubringen hatten in Form von Gebühren für die Amtshandlungen und Naturalien.1 Von den Handwerkern, Fischern und Bauern ihrer Gemeinde unterschieden die Pastoren gesellschaftlicher Rang, Sozialisation und Lebensform. Dazu kam, dass der Großteil der Landbevölkerung im Memelgebiet nur litauisch sprach und in Masuren polnisch vorherrschte, während viele Pastoren deutsch waren. Zu den Gemeindegliedern bestand somit eine kaum überbrückbare soziale Kluft. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der deutschen Gutsherrschaft wurde einerseits durch die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten der Prediger behindert, andererseits durch die Pflichten und Lebensregeln, die das Pfarramt seinen Inhabern auferlegte. So durfte der Pastor seinen Gemeindebezirk nur mit Erlaubnis des Propstes verlassen und nicht an Tanzgesellschaften teilnehmen. Zu den Amtsgeschäften gehörten neben den sonntäglichen Gottesdiensten in deutsch, litauisch und/oder polnisch die Amtshandlungen und deren Registrierung in den Kirchenbüchern sowie die Dienstaufsicht über die Schulen, der Konfirmandenunterricht, Bibelstunden und natürlich Seelsorge und Krankenbesuche. Daher blieb den Pastoren bei Gemeindegrößen von mehreren tausend Menschen und entsprechenden Entfernungen im dünnbesiedelten Gebiet wenig Freizeit. Auch die Ehefrauen waren eng eingebunden in den Beruf des Pastors. Wenn er oft ganze Tage in der Gemeinde unterwegs war, empfingen sie an seiner Stelle Besucher im Pfarrhaus und stellten auch schon mal Atteste aus den Kirchenbüchern aus. Vor allem aber standen sie dem oft großen Haushalt vor, bewirtschafteten den Pfarrgarten, sorgten für das materielle Auskommen der Familie und die standesgemäße Erziehung der Kinder. Engere soziale Kontakte pflegten die Pastorenfamilien daher vor allem untereinander. Auch ihre Ehefrauen suchten die Prediger meist unter den Töchtern ihrer Kollegen, die die Anforderungen, die das Leben im Pfarrhaus stellte, kannten. Häufig lernten die Paare sich kennen, während er in seiner Kandidatenzeit im Haushalt ihrer Eltern als Hauslehrer tätig war.

1 Zum

Alltag und Einkommen der Pastoren siehe Hubatsch, Geschichte, 239–243.

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1.2. August Heinrici – der Vater Georg Heinricis Vorfahren väterlicherseits lassen sich nicht weit zurückverfolgen. Sein Großvater Johann Samuel Heinrici wurde am 11. Oktober 1781 als unehelicher Sohn des Amtsrats und Domänenpächters Heinrici im Domänenamt Barten im Landkreis Rastenburg bei Königsberg mit der Gutsangestellten Luise Funck geboren.2 Als vom Vater anerkanntes Kind trug er dessen Familiennamen und erhielt auch eine standesgemäße Ausbildung. 1810 heiratete er die 25-jährige Karoline Settegast aus einer alteingesessenen Pastorenfamilie. Ihr Vater Karl Friedrich Settegast war mehr als 40 Jahre lang Pastor im benachbarten Gallingen, heute Galiny in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren, zuletzt unterstützt von einem Adjunkten. Dessen Nachruf in den Preussischen ProvinzialBlättern nennt Settegast das „Muster eines wahrhaft würdigen Geistlichen“,3 hat aber sonst nichts Charakteristisches über ihn zu sagen. Johann Samuels und Karolines einziges Kind August4 wurde am 18. August 1812 geboren. Johann Samuel verwaltete zu der Zeit das Gut Adlig Wicken in der Nähe seines Geburtsorts. Nicht weit davon lag das Gut Ramsen, das er später übernahm und auf dem August aufwuchs. Seine Schulbildung erhielt August zunächst an der Stadtschule in Friedland zu Bartenstein, die wohl auch schon sein Vater besucht hatte, und ab 1825 am Friedrichs-Kollegium in Königsberg. Das Collegium Fridericianum war das erste Gymnasium in Preußen, das nach dem Humboldtischen humanistischen Bildungsideal neu organisiert wurde.5 Der Lehrplan war weitgefächert und enthielt neben den klassischen Fächern einer Lateinschule auch Naturwissenschaften, Deutsch und Französisch. Geleitet wurde die Schule von Friedrich August Gotthold, einem begabten Musiker und begeisterten Lateiner.6 Im Religionsunterricht behandelten die Schüler besonders das Neue Testament. Die oberen Klassen lasen aber auch Herder, Klopstock und Lessing.7 Der Unterricht erforderte hohen Einsatz  – bis zu 40 Schulstunden pro Woche, wobei täglich 5 Stunden Hausarbeit in den oberen Klassen als angemessen angesehen wurde. August Heinrici nahm Pflichtbewusstsein, Fleiß, Disziplin und ein lebens2 Diese Tatsache wurde verständlicherweise in allen öffentlichen und privaten Lebensläufen verschwiegen und kam erst ans Licht, als Augusts Enkel, der Offizier Gotthard Heinrici, und seine Frau Gertrude sich in den 1930er Jahren um Ariernachweise bemühten. Der Vorname dieses Vorfahren ist nicht bekannt. 3 Preussische Provinzial-Blätter, 525. 4 Sein vollständiger Taufname lautete Carl Friedrich August Heinrici. 5 Zippel, Geschichte, 195 f. 6 Kämmel, Gotthold, 485 f.: „Für den geschichtlichen Unterricht verlangte er Zurückgehen auf die Quellen; die Naturwissenschaft erschien ihm für humane Bildung als unentbehrlich. Und selbst für die technischen Fächer (Schreiben, Zeichnen und Singen) sorgte er mit Nachdruck; in der Musik erkannte er […] ein Hauptmittel für Gemüthsbildung.“ 7 Zippel, Geschichte, 230.

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langes Interesse an der Wissenschaft mit. 1832 machte er nach sieben Jahren am Fridericianum Abitur.8 Anschließend studierte er an der Königsberger Universität Theologie. Die Studienwahl bestimmte das „Vorbild des gelehrten und milden Großvaters“.9 Er wird mit Sicherheit das Litauische Seminar an der Universität in Königsberg besucht haben, das Friedrich Wilhelm I. 1723 gegründet und der Theologischen Fakultät angegliedert hatte, damit die künftigen Prediger und Lehrer in Preußisch-Litauen die Sprache ihrer Gemeindeglieder lernten.10 Das Studium hatte August Heinrici 1835 mit 23 Jahren abgeschlossen, musste aber noch sieben Jahre als Hauslehrer durchstehen, ehe er 1842 seine erste Stelle als Hilfsprediger in dem litauischen Fischerdorf Karkeln antreten konnte. Im folgenden Jahr heiratete er die 20-jährige Ida Kempfer. In ihrem Elternhaus in Piktupönen (Piktupėnai in Litauen) bei Tilsit war er seit 1840 als Hauslehrer tätig gewesen. 1.3. Piktupönen und die Hassenstein-Familie Ida Kempfer wurde 1822 als fünftes von elf Kindern des Pastors Ernst Kempfer (1783–1850) in Schwarzort (Juodkrantė) auf der kurischen Nehrung geboren. Idas Mutter Justine (1793–1866) stammte aus einer alten Predigerfamilie, die seit dem 17. Jahrhundert in ununterbrochener Reihe Pastoren im preußischen Memelgebiet unter der meist litauischen Bevölkerung gestellt hatte. Sie war im Pfarrhaus von Piktupönen aufgewachsen. 1807, als Justine 14 Jahre alt war, fanden im nahen Tilsit die Friedensverhandlungen mit Napoléon statt. Auf der Reise dorthin hielt sich das preußische Königspaar mehrere Tage lang in Piktupönen auf, Friedrich Wilhelm III. wohnte in der Wohnung des Lehrers und Königin Luise im Pfarrwitwenhaus. Justine wurde Zeugin, wie schwer der Königin der Aufbruch zur Unterhandlung mit Napoléon fiel.11 Der über Generationen tradierte Stolz über die kurze persönliche Nähe zum preußischen Königshaus spiegelt die Treue dieser Pastorenfamilie zum preußischen Staat und seinen Idealen. Die persönliche Bekanntschaft mit dem König erlaubte es ihnen auch, sich direkt an diesen zu wenden. Als Justines Vater Daniel Christoph Hassenstein (1756–1821) kurz vor Idas Geburt starb, bat seine Witwe den König darum, ihren Schwiegersohn Ernst Kempfer als Nachfolger zu bestimmen. So kam Justine zurück an ihren Geburtsort und Ida wuchs in Piktupönen auf. In Piktupönen war die litauische Erweckungsbewegung der Surinkimininker (Versammlungsleute) verbreitet, eine mystisch-asketische Gemeinschaft, die von offizieller Seite als Maldeninker, „Bethbrüder“ oder auch „Sekte der Heiligen in  8 Ellendt,

Lehrer und Abiturienten, 18 f. Erinnerungen, 110. 10 Schiller, Die litauischen Seminare. 11 Hassenstein, Hassenstein, 147 ff.  9 Heinrici,

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Litauen“ bezeichnet wurde. Diese Bewegung war aus den im 18. Jahrhundert beliebten herrnhutischen Gebetsversammlungen12 hervorgegangen und unter der litauischen Landbevölkerung seit den 1830-er Jahren weit verbreitet. Häufig stellte ein wohlhabender Hausbesitzer einen Teil seines Hauses als Versammlungsraum zur Verfügung. Die Mitglieder kamen dort neben den offiziellen Gottesdiensten zu ihren eigenen Betstunden zusammen, in denen die sonntägliche Predigt besprochen wurde und man sich Sorge um das Seelenheil seines Pastors machte, wie Georg Heinrici im Nachruf auf seinen Vater beschrieb.13 Erfüllte der Prediger nicht ihre Ansprüche, so predigten die „Stundenhalter“ auch selbst. Viele wandten sich Freikirchen wie Baptisten oder Methodisten zu. Damit gerieten sie häufig in Konflikt zu den meist aufgeklärten deutschen Pastoren und der preußischen Obrigkeit, obwohl sie eigentlich treue Gottesdienstbesucher waren.14 Ernst Kempfer gehörte wie sein Schweigervater und Vorgänger Hassenstein nicht zu den Pastoren, die die erweckten Litauer durch rationalistische Predigten oder Überheblichkeit aus der Kirche trieben. Seine Frömmigkeit prägte auch seine Tochter Ida. 1.4. Adam Friedrich Schimmelpfennig Mehrere Pastoren unter Ida Kempfers Vorfahren arbeiteten an Übersetzungen von Bibel und Gesangbuchliedern in die litauische Sprache mit. Durch diese Bemühungen vor allem evangelisch-lutherischer Prediger wurde Litauisch zu einer Schriftsprache. Die für die Geschichte Preußisch-Litauens bedeutendste Persönlichkeit war der Pastor in Popelken Adam Friedrich Schimmelpfennig der Jüngere (1699–1762), Justine Hassensteins Großvater mütterlicherseits. Sein gleichnamiger Onkel gab 1735 die erste gedruckte litauische Bibel heraus. Adam Friedrich Schimmelpfennig der Jüngere gehörte zu den Übersetzern und setzte das Werk seines Onkels fort. Für die zweiten Auflage 1755, deren Herausgeber er war, überarbeitete er die Übersetzung gründlich. Zum Gesangbuch des lutherisch-orthodoxen Insterburger Superintendenten Johann Behrendt von 1732 steuerte er rund 50 Übersetzungen deutscher Kirchenlieder bei. Die folgenden Ausgaben betreute er allein, wobei er ab 1745 eine in den Gemeinden beliebte pietistische Liedersammlung integrierte. Die Ausgabe von 1750 mit 408 Liedern war bis 1936 das offizielle Gesangbuch der preußisch-litauischen Gemeinden. Schimmelpfennig verfasste auch eigene Gedichte und gilt deshalb als Autor der ersten weltlichen litauischen Literatur in Klein-Litauen. Zudem übersetzte er Jo12 Das Herrnhutertum hatte zusammen mit den aus Salzburg vertriebenen Protestanten im 18. Jahrhundert Aufnahme in Ostpreußen gefunden. In vielen Orten bildeten sich Sozietäten, die Hausgottesdienste abhielten. Von König Friedrich Wilhelm III. war diese Form der Frömmigkeitsausübung ausdrücklich gebilligt worden, jedoch nur wenn sie im Rahmen einer Familienandacht blieb (Hubatsch, Geschichte, 306 f.). 13 Heinrici, Erinnerungen, 112. 14 Hubatsch, Geschichte, 308.

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hann Arndts Vier Bücher vom wahren Christentum. Die Handschrift ging aber noch vor der Drucklegung während der Wirren des Siebenjährigen Krieges verloren.15

2. Pastorensohn 2.1. Karkeln, Werden und Kinten August Heinrici war bei der Geburt seines ersten Kindes Georg 32 Jahre alt und seit anderthalb Jahren Pfarrgehilfe in Karkeln. Die litauische Fischergemeinde mit 2000 Gemeindegliedern in einigen verstreuten Dörfern war Filialgemeinde des größeren Nachbarorts Kallningken mit eigener Kirche. „Karkeln gehörte zu den ‚verlorenen Posten‘“, schrieb sein Sohn später.16 Der Ort im Memeldelta (heute Nemunas) war regelmäßig überflutet. August Heinrici war für seine Seelsorgebesuche häufig auf ein Boot angewiesen. Das Gehalt, das er als Hilfsprediger erhielt, reichte kaum aus, um seine junge Familie zu ernähren. 1845 wechselte August Heinrici „in freundlichere Verhältnisse“ auf die Lehrer‑ und Kantorenstelle im etwas weiter landeinwärts gelegenen Bauerndorf Werden bei Heydekrug im preußische Memelland, heute Verdainė bei Šilutė in Litauen. Dort erwarteten ihn ein neuerbautes „Kantorat“ und mindestens hundert Schulkinder. Zur Gemeinde gehörten mehrere Dörfer mit zusammen mehr als 10.000 Einwohner. Heinrici unterrichtete an der Schule im Kirchdorf Lesen, Schreiben und Katechismus. Es gehörte zu seinen Pflichten, mit den Kinder Liturgie und Gesangbuchlieder einzustudieren und ihren Gesang bei Gottesdiensten und Beerdigungen anzuleiten. Während seiner Zeit in Werden wurde die alte Holzkirche durch einen Ziegelbau ersetzt, bestimmt ein spannendes Erlebnis für den dreijährigen Georg. Hier wurde seine älteste Schwester Karoline geboren. 1847 wurde August Heinrici endlich ordiniert und Pastor im benachbarten Kinten (Kintai). Der Pfarrort selbst liegt direkt am Haff gegenüber der kurischen Nehrung. Um 1900 wurde er ein beliebter Kurort. Die 3500 Gemeindeglieder lebten in weit verstreuten Siedlungen und Höfen. Die Meisten sprachen nur litauisch. Trotzdem wurde jeden Sonntag auch deutsch gepredigt. Um einen kleinen Überblick über die Arbeitsbelastung zu geben, soll hier die Amtshandlungsstatistik des Jahres 1849 wiedergegeben werden: In diesem Jahr waren 196 Kinder zu taufen, 55 Paare zu trauen und 75 Konfirmanden zu unterrichten, davon 20 deutsche. Außerdem musste mit jedem der 2897 Kommunikanten ein Beichtgespräch zur Vorbereitung auf den Empfang des Sakraments abgehalten werden.17 15 Bense,

Vorbilder, 190f.196. Erinnerungen, 111 (auch das folgende Zitat). 17  Visitationsbereicht von 1850 (Digitalisat: http://www.epaveldas.lt/vbspi/biRecord.d​o​?​b​i​R​ e​c​o​r​d​I​d​=25796; abgerufen am 19.  12. ​2015). 16 Heinrici,

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Wie in Piktupönen und Werden so besaß die Erweckungsbewegung auch in Kinten viele Anhänger. Ungefähr ein Viertel der Gemeinde zählte sich zu den Surinkimininkern. August Heinrici befriedigte den „Hunger“ der hart arbeitenden Fischer und Bauern „nach geistlicher Speise“18 und erfreute sich daher besonderen Vertrauens und Beliebtheit gerade bei den Maldeninkern. Es gelang ihm, sie durch seinen persönlichen Einsatz wieder fest an die Landeskirche zu binden. Er galt als guter Prediger. Um seinen Gemeindegliedern seelsorgerlich beizustehen, scheute er keine noch so lange Fahrt über Land und auch über Eis und Wasser, lud nach dem Gottesdienst zum Gespräch in Pastorat und besuchte die „Betverhöre“ genannten Gemeinschaftsstunden. Für August Heinricis Beliebtheit spricht, dass er während seiner Zeit in Kinten am 27. Juli 1849 als Abgeordneter für den Wahlkreis Heydekrug in die zweite Kammer des Preußischen Landtags gewählt wurde.19 Im Landtag war er Mitglied der Centrum-Fraktion. Aber bereits am 16. November 1850 legte er sein Mandat nieder, weil er seine Aufgabe nicht in der Politik sah. „[Nach] Karkeln mit seinen Mühseligkeiten, Werden mit seinen Anforderungen, [war für mich (Ida)] Kinten das schöne Ruheplätzchen auf Gottes schönem Erdboden; das friedliche Pfarrhaus im Garten, der immer voll von Rosen, Tulpen, Narzissen, Perlblümchen und anderer schöner Blumen war; Du [Georg] besinnst Dich wohl noch auf den Fichten und Tannenwald mit seinen Hügeln und Tälern, und das Schönste an dem Ganzen war das Haff, oft still, oft sturmbewegt, auch kämpfend mit Eisschollen und Eisbergen habe ich es angestaunt –. Abends beim Mondenschein, wann die Fischerkähnchen leise glitten auf seinem Spiegel, dann konnte man sich erheben an dem schönen Bilde, das Herz ging auf zum Lobe Gottes; da hätte ich gerne Dichtergaben gehabt, um all die süße Lust des Herzens auszuströmen. Wir waren nur 3 Sommer da.“20

In Kinten wurde die zweite Tochter Marie geboren. 2.2. Kaukehmen Die Kintener ließen ihren Pastor nur ungern ziehen, als August Heinrici 1850 auf die Pfarrstelle in Kaukehmen, heute Jasnoje, am anderen, heute russischen Ufer der Memel berufen wurde. Kaukehmen war damals zwar noch keine Stadt, aber die Gemeinde war mit 9000 Einwohnern deutlich größer und auch wohlhabender als in Kinten. Im Flecken lebten Kaufleute und Handwerker, Nachfahren der im 18. Jahrhundert von Friedrich II. angesiedelten Mennoniten. Jeden Sonntag war ein deutscher und ein litauischer Gottesdienst zu halten, dazu kamen Abendgottesdienste, Missionsandachten und Bibelstunden und wie in Kinten die Betstunden für die Erweckten, die auch hier häufig waren, obwohl 18 Heinrici,

Erinnerungen, 111. der Zweiten Kammer, XVII. 20 Ida Heinrici an Georg Heinrici – 12. Februar 1865 (alle ihre Briefe werden nach einer Abschrift von 1980 zitiert). 19 Verhandlungen

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sich die litauischen Bauern in den umliegenden Dörfern stärker an der deutschen Lebensart orientierten als im Memeldelta. Die „dreiklassige Kirchschule und acht Dorfschulen“21 unterstanden der Aufsicht des Pastors, der ihre Lehrer alle vierzehn Tage zur Konferenz zusammenrief und eine Bibliothek gründete. Idas Rückblick lässt anklingen, was für eine Umstellung die neue Pfarrstelle in „Kaukehmen, dem schönen“, für den Pastor und seine Familie bedeutet haben muss, „mit seinen Nachbarn, Gesellschaften, seinen borgenden Handwerkern, seinen Überstürzungen, seinen Kindstaufen und Hochzeiten, Schullehrerkonferenzen, Großeltern, Landwirthschaft, […], Unsummen von Dienstboten und unzureichenden Einnahmen; Noth, Angst und alles was drum und dran hängt.“22 Besonders die häufige Abwesenheit des Ehemanns und Vaters, der auch während der Choleraepidemie 1852 Kranke und Sterbende in der weitläufigen Gemeinde besuchte, muss eine große Belastung und Anlass für stetige Sorge für die Familie bedeutet haben, wie es auch Georg Jahrzehnte später in seinem Nachruf beschreibt. Ida wird sich mit der wachsenden Kinderschar alleingelassen und überfordert gefühlt haben. In Kaukehmen kamen zu Georg, Karoline und Marie fünf weitere Geschwister hinzu, Johannes, Auguste, Meta, Anna und August, von denen Auguste 1853 mit einem Jahr starb. „Es ist nun alles gewesen“, fährt Ida in ihrem Brief an Georg fort: „Alles Böse ist vergessen, all die hellen Tage und Stunden sind mir unvergeßlich in der Seele geblieben. Unser Augustchen haben wir ja auch da begraben und ich habe es erfahren ‚ein Schwert wird durch Deine Seele gehen‘, mir hat das Herz so wehe getan. Dann schläft ja auch unser gutes Großmutterchen23 dort“24. Ein großes Problem angesichts des gewachsenen Haushalts war die unzureichende Besoldung. Das in Geld ausgezahlte Salär aus der Staatskasse war gering. Den Großteil seines Einkommens bezog der Pastor aus den der Kirche gehörenden Ländereien. Diese umfassten in Kaukehmen rund 100 ha, deren Verwaltung und Verpachtung dem Pastor oblag, auch wenn er nicht selbst als Landwirt tätig sein wollte. August Heinricis Vater gab das Gut auf und zog mit seiner Frau zur Familie des Sohnes, um ihn dabei zu unterstützen. Die sogenannten Accidencien, die Gebühren, die einem Pastor für die Amtshandlungen zustanden, waren äußerst unsichere Einnahmen, abhängig von der Anzahl der Taufen, Trauungen, Abendmahlsbesucher und Beerdigungen und vor allem von der Zahlungsfähig‑ und ‑willigkeit der Gemeindeglieder. Der für seine Wohltätigkeit berühmte August Heinrici wird mit Sicherheit öfters beide Augen zugedrückt haben, wenn ein Gemeindeglied die Kosten nicht aufbringen konnte. 21 Heinrici,

Erinnerungen, 114. Heinrici an Georg Heinrici – 12. Februar 1865 (daraus auch die folgenden Zitate). 23 Karoline Heinrici geb. Settegast war 1857 im Alter von 71 Jahren in Kaukehmen im Hause ihres Sohnes verstorben. Johann Samuel Heinrici begleitete die Familie auch nach Gumbinnen, wo er 1867 im 86. Lebensjahr starb. 24 Ida Heinrici an Georg Heinrici – 12. Februar 1865. 22 Ida

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Weil das abgelegene Kirchdorf Kaukehmen keine höhere Schule besaß, besuchte Georg nach der Grundschulzeit die Königliche Litthauische Provinzialschule in Tilsit. Vermutlich wohnte er zumindest die Woche über bei einer Pastorenfamilie in der Stadt. Zwar war es üblich, Kinder früh außerhäuslich unterzubringen, trotzdem wird Georg der Abschied von Eltern und Geschwistern nicht leichtgefallen sein. 2.3. Gumbinnen Nach acht Jahren in Kaukehmen wurde August Heinrici 1858 zum Hauptpastor der evangelisch-lutherischen Altstädtischen Kirche in Gumbinnen (Gussew im Oblast Kaliningrad) ernannt. Dieser Beförderung verdankte er den familiären Spitznamen „Konster“, denn zusätzlich wurde er zum Superintendenten für den evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Gumbinnen und zum Konsistorialrat berufen. Diese Ämter verwaltete er 23 Jahre lang bis an sein Lebensende. Ein großflächiges Landkirchspiel hatte August Heinrici auch zuvor schon zu versorgen und zu verwalten gehabt, nun kamen die Aufsicht über die sieben Kirchspiele des Kirchenkreises, die Schulinspektion und die Vertretung des Konsistoriums der Kirchenprovinz Preußen in der Amtsregierung bei wöchentlich zwei stattfindenden Sitzungen hinzu. Die Gemeindeglieder der Gumbinner evangelisch-lutherischen Stadtgemeinde waren größtenteils Deutsche. Zur Kirchengemeinde gehörten neben der Stadt dreißig umliegende Orte mit teilweise litauischer Einwohnerschaft, für deren Versorgung ihm ein zweiter Pastor zur Seite stand, und eine Militärgemeinde für die in Gumbinnen stationierten, größtenteils aus dem polnischsprachigen Masuren stammenden Soldaten. „Gumbinnen mit seinen neuen Verhältnissen, dem Glanz und der Pracht, hohen Gönnern und leeren Herzen“25 bedeutete für August Heinrici also nicht nur erneut eine erhebliche Zunahme seiner ohnehin schier unglaublichen Arbeitsbelastung, sondern für die ganze Familie, die abgesehen von Schul‑ und Studienzeit ihr gesamtes Leben in Dörfern verbracht hatte, auch ein ungewohntes Umfeld. Eine einfache Persönlichkeit war August Heinrici gewiss nicht. „Thatkräftig und entschlossen, wie er war, ungeduldig, ob auch schnell gethan ward, was geschehen sollte, trug er gar schwer an fremder Trägheit und Zagheit; [ …] Wie viel Selbstverleugnung er da zu üben, wie manche Aufwallung des Ungestüms und Zornes er da niedergekämpft, niedergebetet hat – das weiß sein Gott allein, der in das Verborgene sieht“,26

schilderte ihn sein Schwiegersohn. Auch wenn sich manche Härte mit zunehmendem Alter abschliff, so blieben der unermüdliche „Eifer um den Herrn“ und die Sorge um das Seelenheil der ihm Anvertrauten, Gemeinde wie Kinder, die an ihm zehrten. 25 Ida

Heinrici an Georg Heinrici – 12. Februar 1865.

26 Schulz, Rede am Sarge, 5–9. 7 (auch das folgende Zitat). Schulz, Pastor in Masuren, hatte

1869 Georg Heinricis zweite Schwester Marie geheiratet.

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Der ‚Konster‘ genoss den Ruf eines guten Predigers und einfühlsamen Seelsorgers, der selbst die weiteste Fahrt nicht scheute, um einem Kranken das Abendmahl zu reichen oder einem Gemeindeglied in Seelennöten beizustehen. Um die Soldaten der Garnison besser betreuen zu können, lernte er polnisch. Den Maldeninkern und anderen erweckten Gemeinschaften blieb er zeitlebens verbunden, predigte litauisch für die Landbevölkerung, lud die Stundenhalter und Laienprediger zu regelmäßigen Konferenzen ein und vermochte sie so in der Kirche zu halten.27 Durch seinen Einsatz wurden die Zusammenkünfte der Versammlungsleute 1862 auch offiziell genehmigt.28 In der Stadt gründete er Vereine, die sich der äußeren und inneren Mission widmeten. Tatkräftig förderte er den Aufbau des von der Gemeinschaftsbewegung betriebenen „Rettungshauses“ für Waisen und gefährdete Kinder. Wegen seiner Wohltätigkeit genoss er geradezu den Ruf eines Heiligen. Als wortgewaltigen Prediger und strengen Lutheraner nannte man ihn den „Kirchenvater Littauens“29 oder auch „Claus Harms von Gumbinnen“.30 Bei aller „unverzagter und innerlich freudiger Frömmigkeit“ konnte er gegenüber der von ihm als „behaglich“ verachteten liberalen Theologie auch bissig werden. Politisch und religiös Liberaleren galt August Heinrici besonders in den ersten Jahren daher als Frömmler und Hindernis des Fortschritts. Er wurde sogar in der Lokalzeitung regelmäßig angegriffen. Streit gab es auch mit der evangelisch-reformierten Gemeinde an der Neustädtischen Kirche. Beide Gemeinden gehörten zur unierten Evangelischen Landeskirche in Preußen, wenn auch in eigenen Kirchenkreisen. Aber die von Preußen aufgenommenen reformierten Glaubensflüchtlinge aus Österreich und Frankreich genossen finanzielle Vorteile und Vorrechte. Deshalb meinte der reformierte Prediger das Recht zu besitzen, auch über die Liturgie der lutherischen Kirche zu bestimmen, und beschwerte sich beim Generalsuperintendenten in Königsberg, weil August Heinrici das Abendmahl mit den Einsetzungsworten der alten lutherischen Kirchenordnung feierte, wie es seit 1857 wieder erlaubt war.31  Benrath, Erweckung, 174. Geschichte, 307. Von Anfang an waren die privaten Gebetsversammlungen von staatlicher Seite mit Misstrauen betrachtet worden, das sich durch die Demagogenverfolgung und das Vereinsgesetz von 1850 verschärfte und die Gemeinschaftsbewegung unter Generalverdacht stellte. Nach der durch Heinricis wiederholte Eingaben und positive Berichte bewirkten Polizeibestimmung brauchten die Versammlungen nun nur noch beim Ortsvorsteher angemeldet zu werden. 29 Carus, Rede am Sarge, 11. 30 Karl Wilhelm Nitzsch an seine Mutter – 5. Juni 1871, 96 (daraus auch die folgenden Zitate). Heinrici hatte Nitzschs Vetter, den liberalen Theologieprofessor Friedrich Nitzsch, mit der Pastorentochter Paula Mack getraut. „Friedrich fand sich […] etwas verletzt durch die Art und Weise, wie er die ‚behagliche Theologie‘ erwähnte.“ 31 Hubatsch, Geschichte, 294. Zuvor war die Unionsagende verpflichtend gewesen. Dass August Heinrici sich darangehalten hat, ist zumindest laut dem Visitationsbericht von 1850 (s. Anm. 17) wahrscheinlich. 27

28 Hubatsch,

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Ida scheint sich in Gumbinnen nicht wohlgefühlt haben. Zum ersten Mal in ihrem Leben lebte sie nicht mehr im Memelgebiet und in der unmittelbaren Nachbarschaft ihrer Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes 1850 im Pfarrwitwenhaus in Piktupönen lebte. Auch die Frömmigkeit der litauischen Landbevölkerung vermisste Ida; die „leeren Herzen“ der wohlhabenden Städter bedrückten sie. Gesellschaftlichen Kontakt pflegten die Eheleute über gelegentliche Besuche der Nachbarpastoren und der Königsberger Theologieprofessoren hinaus wenig. Zudem war August selten zuhause und widmete seine geringe Freizeit der Wissenschaft. Die Freigiebigkeit des Konsters bedeutete für seine Frau eine stete Bedrohung, denn auch wenn das Pfarramt in der Stadt mehr an Gehalt und Gebühren einbrachte als auf dem Land, war das Geld in dem großen Haushalt – in Gumbinnen kamen noch Paul, Ferdinand und Elisabeth hinzu – immer knapp. Der Konster gab jedoch jedem, der um Hilfe bat, so großzügig, dass sich Kleider‑ und Wäscheschränke bedenklich leerten. Ida schloss sie schließlich ab, wenn sie das Haus verließ. Eines Tages im Winter kam, so erzählt es die Familienlegende, wieder einmal ein Bettler in Lumpen an die Tür. Der Konster bat ihn, im Studierzimmer zu warten, nahm den Talar vom Haken und ging hinaus. Kurz danach kam er mit locker sitzendem Talar zurück und überreichte dem Bettler seinen eigenen Anzug samt Unterkleidung. Zu Weihnachten 1863 schrieb Ida an ihren bereits studierenden Sohn: „Lieber Georg, dieweil ich keine Einnahmen habe, und mir mein Haushalten so viele Sorgen macht, bei allem Vertrauen auf den lieben himmlischen Vater, so mußt du es mir schon verzeihen, daß ich dir mit nichts Silbernem unter die Arme greifen kann – der Pensionär fehlt mir – ich bin eine sehr arme Frau.“32 Zusätzlich zu den eigenen Kindern beherbergte das Pfarrhaus also häufig noch einen zahlenden Gast, vielleicht den Sohn eines Landpastors, der so wie Georg in Tilsit als Auswärtiger das städtische Gymnasium besuchte. Georg besuchte in Gumbinnen die Friedrichsschule, das östlichste Gymnasium in Preußen. Er konnte jetzt wieder zuhause wohnen. Trotz der enormen Arbeitsbelastung bemühte sich sein Vater um ihn und seine Geschwister, kontrollierte die Hausaufgaben und ließ sich zu Gemeindebesuchen begleiten, wobei es auf den weiten Wegen gewiss Gelegenheit zu guten Gesprächen gegeben hat. Als Ältester erlebte Georg aber auch die Anfeindungen, denen sein Vater in seinen ersten Jahren in Gumbinnen ausgesetzt war und die sich auch noch auf dem Schulhof auswirkten, besonders intensiv. Wie dem schon häufig zitierten Nachruf zu entnehmen, bedrückten sie den Jugendlichen vielleicht stärker als den Vater. Nach dem Abitur 1862 verließ Georg das Elternhaus und kam nur noch selten nach Ostpreußen zurück. Im selben Jahr kam die jüngste Schwester Elisabeth zur Welt. Ein Jahr später schrieb ihm die Mutter: 32 Ida

Heinrici an Georg Heinrici – 23. Dezember 1863 (auch das folgende Zitat).

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„Ich nähre sie und warte sie mehr, wie ich alle übrigen Kinder gewartet habe – denke Dir, 19 Jahre trage ich, und plage mich schon Tag und Nacht mit kleinen Kindern. (Es ist doch auch ein schwerer Dienst) und viel Geduld gehört dazu. Wenn Gott dir dereinst Frau und Kinder gibt, dann mußt Du das Deiner Zukünftigen auch immer recht anerkennen, und Geduld mit ihr haben, und ihr das Leben nicht schwer machen. Oder gedenkst Du noch immer ein alter Junggeselle zu bleiben? Auf der einen Seite Sorgen, auf der anderen Seite Freuden; Kinder haben ist doch auch wieder der größeste Seegen vor Gott, wenn man sich über viele Kinder freuen kann, wenn alles geachtete Mitglieder der menschlichen Gesellschaft sind (Gott eine Ehre den Menschen eine Freude)! Wie groß muß da der Eltern Herz werden. – Wenn doch nur keines verlorenginge, so bitte ich stets den lieben Gott – gute und noch mehr böse Anlagen liegen in jedem Herzen –. Möge der Allgütige alle auf seinen Wegen leiten und keinen verlassen.“

3. Studentenzeit Geprägt von der liebevollen, frommen, überbeanspruchten Mutter und dem bis zur Selbstaufgabe und ohne Rücksicht auf die Familie dem Vorbild Christi nacheifernden und dabei theologisch wie politisch konservativem Vater, zog Georg zum Studium nach Halle. Dass er nicht der Tradition folgend das Pfarramt anstrebte, sondern sich neben der Theologie zunächst der Philosophie zuwandte, hing sicherlich auch damit zusammen, dass er, wie in seinem Nachruf leise anklingt, die Amtsführung seines Vaters durchaus ambivalent erlebte. Während Georg Heinricis Studienzeit an der Universität Halle-Wittenberg lehrte dort seit mehr als 30 Jahren der Neutestamentler August Tholuck,33 1846 einer der Gründer der Evangelischen Allianz. Besonders als Universitätsprediger war er berühmt: „Wenn Th. predigte, […] so war es als vernähme man einen Urchristen, der die Begeisterung seines Glaubens mit einer solchen Innigkeit, mit einer so flammenden Beredtsamkeit aussprach, der ich nichts zu vergleichen wüßte.“34 Im Gegensatz zu Tholuck und auch zum Kirchenhistoriker Justus Ludwig Jacobi standen schon seit Jahrzehnten als Vertreter einer liberalen Theologie Ferdinand Guericke und Ferdinand Daehne, beide außerordentliche Professoren für Kirchengeschichte sowie für Neues Testament. Die Philosophische Fakultät war durch den Historiker Heinrich Leo und den „philosophierenden Theologen“  – so die Universitätschronik  – Eduard Erdmann politisch konservativ geprägt. Altphilologie lehrte Gottfried Bernhardy. Erst um 1860 neu berufen waren Willibald Beyschlag in Praktischer Theologie und neutestamentlicher Exegese, der Althistoriker Gustav Hertzberg und der Orientalist Richard Gosche. 33 Zu den Hallenser Professoren siehe: http://www.catalogus-professorum-halensis.de/ (ab­ gerufen am 14. 01. ​2019). 34 Frank, Art. Tholuck, August, 58.

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Welche Vorlesungen Heinrici besuchte und wie er über Dozenten und Studieninhalte dachte, ist nicht überliefert. Der junge Student hegte offensichtlich demokratische Ideen. Sein Vater, dem solche Vorlieben nicht gefielen, ermahnte ihn: „Deine politischen Raisonnements kämpfen besonders gegen die Standesprivilegien an. Wenn einer, der selbst unter dem Segen des Einflusses steht, daß sein Vater die Ehre hat, Mitglied des Konsistoriums und der Regierung zu sein, und es erfahren hat, daß im preußischen Staate doch jeder Tüchtige zu der Stelle kommen kann, für die er geeignet ist, – darüber noch Skrupel hat, ob vor dem Gesetze auch alle gleich sind, dann hat er sich die Sache wenigstens noch nicht ganz überlegt. – Vor Duell behüte Dich der treue Gott, in Schand und Sünde lasse er Dich nicht fallen und von politischen Verbindungen halte er Dich durchaus fern. Wer anfängt zu studieren, kann unmöglich regieren.“35

Gegen Georgs Mitgliedschaft im Wingolf wird er aber nichts gehabt haben. Diese nichtschlagende Studentenverbindung war besonders unter Theologiestudenten beliebt. Seine Mutter schrieb liebevoll besorgt: „Wandle vor Gott und sei fromm, auch im neuen Jahre, dann wird’s dir stets wohl ergehen, der Frieden im Herzen ist ja das größte Gut, welcher so vielen fehlt – ohne welches doch kein Glück auf dieser Erde zu finden ist. Sei doch nur immer zufrieden, geduldig und freue dich der schönen Studentenzeit, sie kommt ja nie wieder.“36

Der lange Brief, den sie ihrem Sohn wenige Tage nach ihrem 43. Geburtstag schrieb und aus dem schon mehrfach zitiert wurde, dokumentiert ihre fromme Gottergebenheit und das herzliche Verhältnis zu dem ältesten Sohn: „Mein lieber guter Sohn! Den letzten und liebsten Geburtstagsbrief habe ich mir bis heute zur Beantwortung aufbewahrt […], ich habe mit solcher Sehnsucht darauf gewartet, schon all die Tage vorher mich darauf gefreut, nun brach der Morgen des 29. an, ich erwachte früher als sonst und überdachte mein Leben. 43 Jahre alt und 43 Jahre vom lieben Gott so gnädig an lieber Vaterhand geführt, des Guten und Schönen ist’s doch weit mehr gewesen, weit mehr Sonnenschein als Sturm und Regen, weit mehr Freude als Leiden, wofür ich meinem lieben Gott nicht genug zu danken habe. Du glaubst nicht, wie mir diese 43 Jahre kurz geworden sind – wenn ich so zurückdenke an meine Kindheit, das liebe Elternhaus und die guten Eltern darin, alles suchte und fand darin eine Zufluchtsstätte und eine Heimath, es war in seiner Einfachheit allen eine liebliche Stätte mit seinen freundlichen Menschen. Dann mein Brautstand mit seinen Herzens Freuden und Leiden, eine Herz bewegende Zeit für mich, es hätte dabei manches anders sein können und müssen. Doch Gott hat ja alles zum Besten gewendet, ich kann ihn dafür nur preisen. In meinem Ehestande, Du weißt es ja, da habe ich oft durch dick und dünn gehen müssen – Karkeln mit seinen Mühseligkeiten, Werden mit seinen Anforderungen, Kinten, das schöne Ruheplätzchen auf Gottes schönem Erdboden […] Wir waren nur 3 Sommer da, dann ging es nach Kaukehmen, […] Die Schätze, die wir gesammelt, sind unsere gute Kinder, und all die Erfahrungen, die für mich so sehr reich gewesen sind, und bei mir die Gewißheit gebracht 35 August 36 Ida

Heinrici an Georg Heinrici – 1862/63 (zitiert nach einer Abschrift von 1980). Heinrici an Georg Heinrici – 30. Dezember 1863.

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haben: ‚wo Jesus Christus ist der Herr, da wird’s alle Tage herrlicher‘ – man ergiebt sich in Gottes Leiten und Willen, bekommt ein ruhiges, stilles Herz, lernt beten und zufrieden sein und auf den schönen Himmel hoffen. Dann kam Gumbinnen […] an die Reihe. Dein Student-werden und Linas Verlobung als Glanzpunkt. […] Bis hierher hatte ich vor dem Essen geschrieben, die Kinder um mich, eben fiel klein Elischen vom Stuhle. Es ist schwer zu schreiben so mitten drinnen in der lieben Kinderschar“.37

Keine drei Jahre später, im November 1867, starb Ida Heinrici im Alter von nur 45 Jahren. Der Konster war am Boden zerstört. Neben Georg und der seit einem Jahr verheirateten Karoline hinterließ sie acht Kinder zwischen fünf und achtzehn Jahren, die versorgt werden mussten. Als 1869 auch noch Marie heiratete und das Elternhaus und die kleinen Geschwister verließ, schloss August Heinrici eine zweite Ehe mit Mathilde, einer von Idas älteren Schwestern. Nach kaum zwei Jahren war er erneut Witwer. Von seiner dritten Ehefrau, der Witwe Amalie Böhmer geb. Schirrwagen, ist nur der Name bekannt, was dafür spricht, dass Georg kein näheres Verhältnis zu ihr entwickelte. Sie sollte ihren Mann um mehrere Jahre überleben. Georg war beim Tod seiner Mutter bereits Doktor der Philosophie – er hatte 1866 promoviert  – und setzte nun in Berlin sein theologisches Studium fort. Der Professor, der ihn am tiefsten prägte, war der Schleiermacherschüler August Twesten, aber dazu später. 1868 erlangte Heinrici das Licentiat. 1869 wurde er Domhilfsprediger und 1870 Inspektor am Domkandidatenstift. Nach einer in der Familie überlieferten Sage soll während dieser Zeit ein Verrückter auf ihn geschossen haben, während er gerade einen Gottesdienst hielt. Die Kugel flog an seiner Schläfe vorbei, aber Georg Heinrici sprach die Liturgie ruhig weiter und verhinderte so eine Panik. 1871 habilitierte er sich und war als Dozent für neutestamentliche Exegese tätig. 1873 wurde er Professor in Marburg. 1875 wurde er auch in Theologie promoviert. Über seine Berufswahl schrieb er seinem Sohn später: „Ich bin nie ein Spiegel-Zeiger gewesen, sondern war stets gewillt, die Dinge wie sie sind zu nehmen und ihnen den Silberblick abzugewinnen. Desfals bin ich mit freudigem Herzen und gutem Gewissen ein Theologe gewesen und geblieben.“38

4. Die eigene Familie 4.1. Ellen Heinrici und ihr Großvater August Twesten Entgegen seiner jugendlichen Pläne, ein „alter Junggeselle“ zu werden, fand Georg Heinrici die Liebe seines Lebens bereits kurz nach dem Tod seiner Mutter. Ellen Wilkinson (*13. April 1855) muss etwa zwölf oder dreizehn gewesen sein, 37 Ida

Heinrici an Georg Heinrici – 12. Februar 1865. Heinrici an Karl Heinrici – 20. Mai 1914.

38 Georg

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als Georg sie im Haus ihres Großvaters, des Berliner Theologieprofessors August Twesten (1789–1876), kennenlernte. August Twesten wuchs als jüngerer Sohn des Unteroffiziers Johann Twesten und der Sophie geb. Stollen in Glückstadt im damals unter dänischer Regierung stehenden Herzogtum Holstein auf. Trotz der bescheidenen Verhältnisse ermöglichten die Eltern beiden Söhnen das Studium an der Universität Kiel. Die Beschäftigung mit der griechischen Philosophie weckte August Twestens Interesse an der Antike, aber der Rationalismus der dortigen Theologen stieß ihn ab.39 1810 wechselte er daher für das dritte Studienjahr auf die neugegründete Universität Berlin und gehörte dort zu Friedrich Schleiermachers ersten Schülern und bald auch zu dessen Freunden. Nach nur drei Jahren als Hauslehrer, 1811/12 in Hamburg, 1813 wieder in Berlin, erhielt er zum Wintersemester 1814 eine außerordentliche Professur in Kiel. Seine Bemühung um die Überwindung des Rationalismus und die Wiederentdeckung der Bekenntnisschriften verband ihn mit Klaus Harms, der auf Empfehlung von Twestens Schwiegervaters, des Meldorfer Landrats Siegfried Behrens, 1816 als Archidiakon an die Kieler Nikolaikirche gelangt war. Es hieß: „Twesten bekehrt seine Zuhörer und Harms tauft sie.“40 1816 hatte Twesten in Husum Katharina Behrens (1795–1878), genannt Tine, geheiratet, mit der er eine über 60-jährige glückliche Ehe führte. Tine nahm regen Anteil an seiner wissenschaftlichen Arbeit und hielt in Kiel wie auch ab 1835 in Berlin ein offenes Haus für Freunde, Kollegen und Studenten. In Kiel gehörte auch Matthias Claudius zu den Gästen.41 Von den fünf Kindern überlebte nur Lucie (1828–1876) den Vater. Nach dem Tod ihres 15 Jahre älteren Ehemanns, des englischen Offiziers und Korrespondenten der Times in Berlin George B. Wilkinson, 1859 kehrte sie mit der einzigen Tochter Ellen in ihr Elternhaus zurück. In dem 1889 veröffentlichten Werk D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen beschreibt Georg Heinrici „die liebliche Enkelin mit ihren blonden Locken und strahlenden blauen Augen“, die „für alle neuen Sonnenschein ins Haus“ brachte42 – offensichtlich besonders für Georg Heinrici. Bei Twesten und seiner Frau scheint Georg Heinrici eine Nähe und Akzeptanz gefunden zu haben, die ihm nach dem Tod seiner Mutter fehlten. In August Twesten fand er eine neue Vaterfigur, die er in dem in der Kindheit so oft abwesenden und nun weit entfernten strengen Konster vermisste. Deutlich mehr Verehrung und Zuneigung als aus dem Nachruf für den Vater spricht aus der August Twesten gewidmeten Schrift. Theologisch unterschieden sich Vater und Schwiegergroßvater nicht so sehr. Beide waren sie entschiedene Lu39 Heinrici,

Twesten nach Tagebüchern, 21. a. a. O., 304. 41 Heinrici, August Twesten, 17. 42 Heinrici, Twesten nach Tagebüchern, 472. 40 Heinrici,

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theraner und lehnten Rationalismus und liberale Theologie ab. Aus der Nähe zu den Großeltern erwuchs die Liebe zur Enkelin. Rührend und zugleich etwas befremdlich wirkt es, wenn er seine junge Frau „die echte, glücklich in ihrer Eigenart entfaltende Erbin der Twesten, als einen Schatz betrachtet, den zu behüten und an dem mich zu erfreuen meinem Leben Licht und Wärme gab.“43 Ellen und Georg verlobten sich an Ellens 16. Geburtstag und heirateten zwei Jahre später am 6. Juni 1873 im Berliner Dom. Georg war damals 29 Jahre alt und eben auf eine außerordentliche Professur nach Marburg berufen worden. Die Ehe muss sehr glücklich gewesen sein. Eine kleine Schrift, die Georg Heinrici nach ihrem frühen Tod ihrem Andenken widmete, legt Zeugnis davon ab. Er beschreibt, wie seine junge Frau, eben noch die von allen verwöhnte einzige Tochter, Nichte und Enkelin, in die Rolle der Professorengattin hineinwuchs und „ihrem Gatten die zuverläßigste Mitarbeiterin“44 wurde, seine Interessen teilte und ihn ermutigte, während sie gleichzeitig dem wachsenden Haushalt vorstand. Wie ihre Großmutter Tine Twesten hielt auch sie ein offenes Haus. Bei den Studenten war sie sehr beliebt. Das Verhältnis zu den Großeltern in Berlin blieb eng. In dem obenerwähnten Buch über ihren Großvater schildert Georg Heinrici die Freude von August und Tine Twesten über die Hochzeit der Enkelin und die Geburt des „Urenkelchens“, der ältesten Tochter Dorothea am 3. April 1874, verschweigt aber, dass er selbst der glückliche Bräutigam und Vater war.45 Das zweite Kind, mein Urgroßvater August Carl, genannt Karl, wurde am 21. Mai 1876, ein Vierteljahr nach August Twestens Tod, geboren. Die zweite Tochter Marie kam am 4. Juni 1879 zur Welt. Großmutter Lucie und Urgroßmutter Tine erlebten ihre Geburt nicht mehr. Am 23. April 1881, zehn Tage nach ihren 26. Geburtstag und acht Tage nach der leichten Entbindung von ihrem vierten Kind, dem Sohn Ernst, starb Ellen am Kindbettfieber. Der kleine Sohn wurde am Sarg der Mutter getauft, „ein theures Vermächtniß der frühverklärten Mutter“.46 4.2. Der Tod des Vaters Am 26. Dezember 1881 starb auch der Konster. Er war 69 Jahre alt geworden. Sein letztes Lebensjahr war von schnellem Verfall und Demenz gekennzeichnet, trotzdem versuchte er bis zuletzt seinen Amtspflichten nachzukommen. Der zweite Sohn Johannes, inzwischen Pastor in Königsberg, hielt die Beerdigung und veröffentlichte wie Georg einen Nachruf auf den Vater. Die drei älteren Schwestern Karoline, Marie und Meta waren mit Pastoren verheiratet und August 1876 18-jährig verstorben. Die jüngeren Geschwister benötigten die Unter43 Heinrici,

Dem Andenken meiner lieben Frau, 12. a. a. O., 10. 45 Heinrici, Twesten nach Tagebüchern, 482 f. 46 Heinrici, Dem Andenken meiner lieben Frau, 17. 44 Heinrici,

Georg Heinrici und sein familiärer Hintergrund

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stützung der älteren Brüder. Paul hatte sein Theologiestudium fast abgeschlossen. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters und widmete sich der inneren Mission. Vier Jahre später wurde Gumbinnen seine erste Gemeindepfarrstelle. Ihm blieb Georg zeitlebens am engsten verbunden. Anna blieb unverheiratet. Ferdinand studierte als einziger der Brüder nicht Theologie, sondern wurde Zollbeamter. Die Jüngste Elisabeth wurde Krankenschwester und heiratete spät. Da alle Geschwister in Ostpreußen lebten, beschränkten sich Georg Heinricis familiäre Kontakte auf Briefe und seltene Besuche und lockerten sich so teilweise. Die Unnahbarkeit, die man dem „Kirchenlicht“ in der Familie nachsagt, hat gewiss auch mit diesem Verlust seiner wichtigsten Bezugspersonen innerhalb weniger Jahre zu tun. 4.3. Die zweite Ehe und die Kinder Nach Ellens Tod übernahm Georgs unverheiratete Schwester Anna die Rolle der Hausfrau und Mutter. Georg war sie auch bei der wissenschaftlichen Arbeit unverzichtbar, denn sie schrieb seine Manuskripte ab und korrigierte sie. 1890 starb sie mit nur 33 Jahren. Wohl erst nach Annas Tod heiratete Georg erneut.47 Seine zweite Frau Paula Eck (1857–1943) war die Tochter von Paul Eck (1822– 1889), seit 1876 als Unterstaatssekretär ein wichtiger Mitarbeiter von Otto von Bismarck. 1891 wurde eine Tochter geboren, die Georg nach seiner ersten Frau Ellen nannte. 1900 folgte der Nachzügler Paul. Da war Georg bereits Großvater. Das Verhältnis der Eheleute gestaltete sich bald schwierig. „Mutter Paula“, wie Georg Heinrici sie in seinen Briefen an Karl nannte, entwickelte eine Geisteskrankheit, vermutlich eine Psychose. Die Freude, die er einmal über Paulas Teilnahme an einem Gespräch mit Freunden und das „wohlthuende Gefühl der Interessengemeinschaft“ mit ihr äußerte,48 spricht dafür, dass es sich dabei um ein seltenes Ereignis handelte. Zu Ellens Kindern fand sie keinen Zugang. Besonders „wenn sie schwere Momente hat“, neidete sie ihnen die Nutznießung des Erbes der leiblichen Mutter, während sie selbst mit knappen „Geldverhältnissen“ und der Sorge um die Zukunft ihrer eigenen Kinder zu kämpfen hatte.49 Georg fand sich zwischen der zweiten Ehefrau und den Kindern erster Ehe hin‑ und hergerissen. Er schrieb den Kindern meist mehrmals in der Woche liebevolle Briefe und ließ ihnen nach wie vor finanzielle Unterstützung zukommen, teilweise hinter Paulas Rücken. Zahlreiche Briefe an Karl sind erhalten. Georg erzog seine Kinder zu Leistung und preußischer Disziplin. An meinem Urgroßvater Karl lobte er „Haltung und Pflichtfreude, die dich mir von Jugend an zur Freude gemacht hat“.50 Anlässlich Karls 40. Geburtstags erinnerte sich sein 47 Das

Datum der zweiten Eheschließung ist nirgends überliefert. Heinrici an Karl Heinrici – 23. April 1915. 49 Georg Heinrici an Karl Heinrici – 9. August 1907. 50 Georg Heinrici an Karl Heinrici – 19. Mai 1913. 48 Georg

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Vater an „eine sonnige Jugend“,51 aus den Briefen, die Karls Braut Helene von Tettau 1904 ihrem Bräutigam sandte, lässt sich aber herauslesen, wie sehr Karl unter dem Verlust der Mutter und der Krankheit der Stiefmutter gelitten hatte. Auch für seine Geschwister waren die Familienverhältnisse nicht leicht. Ihre Lebenswege sollen nur kurz skizziert werden: Der Jüngste Paul fiel noch 1918 und auch der „brave Kriegsmann“52 Ernst erlag seiner Verwundung. Beide waren unverheiratet. Ellens Töchter flüchteten sich jung in die Ehe. Dorothea heiratete 1896 den Leipziger Physikprofessor Otto Wiedeburg,53 was ihrer standesbewussten Stiefmutter gewiss gefallen hat. 1901 wurde er auf eine Professur an die Technische Hochschule Hannover berufen, starb dort jedoch im Juni desselben Jahres. Ihr Vater unterstützte die junge Witwe zeitlebens. Über ihren weiteren Lebensweg und den ihres Sohnes Friedrich (* 1898) ist mir nichts bekannt. Marie weigerte sich, den Antrag eines von ihrer Stiefmutter vorgeschlagenen Honoratioren anzunehmen, sondern heiratete einen jungen Arzt. Ihre Stiefmutter brach daraufhin den Kontakt ab. Georg Heinrici konnte seine Tochter und seine drei Enkelinnen nur heimlich besuchen. Ellen, die Tochter aus zweiter Ehe, wurde Psychiaterin und starb 1958 in Berlin. Sie blieb unverheiratet und kinderlos, da sie befürchtete, das psychische Leiden ihrer Mutter geerbt zu haben. Mein Urgroßvater Karl wurde Jurist und machte schnell Karriere im Staatsdienst, was seinen Vater mit Stolz erfüllte. Er wurde 1923 außer Dienst gestellt. 24 Jahre lang bis zu seinem Lebensende war er Leiter der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung. Seine Frau Helene von Tettau war eine Cousine von Ulrich von Hassell, mit dem Karl auch befreundet war. Karl selbst wird als gänzlich unpolitischer Mensch geschildert, „als ein Mann von ungewöhnlicher Klarheit des Geistes, von großer Bestimmtheit des Willens, gewaltiger Arbeitskraft und hohem Pflichtgefühl“.54 Von Hassell beklagte sich über Karls Naivität, brisante Themen am Telefon anzusprechen. Wieweit er an den Plänen, Hitler zu stürzen, aktiv beteiligt war, ist mir nicht bekannt. Von meiner Großmutter Ursula Heinrici weiß ich, dass er für ein Ministeramt in einer provisorischen Übergangsregierung nach dem Putsch vorgesehen war. Zum Glück für ihn und die Familie starb er bereits im Mai 1944, bevor die Widerstandsgruppe um von Hassell nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 entdeckt wurde. 51 Georg

Heinrici an Karl Heinrici – 19. Mai 1915. Heinrici an Karl Heinrici – 7. August 1915. Ernst schlug wie sein Cousin Gotthard Heinrici die militärische Laufbahn ein. Anfang 1915 verwundet, genas er nie vollständig und starb Ende 1919 im Lazarett. Dass er das Eiserne Kreuz erster Klasse erhielt, hielt sein Vater für sehr verdient. 53 Otto Wiedeburg (* 1866) war 1893 an der Universität Leipzig Über die Gesetze der galvanischen Polarisation und der Electrolyse habilitiert worden und lehrte dort erst als Privatdozent und ab 1896 als außerordentlicher Professor. 54 Nachruf in den Berichten der Deutschen wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung, N. F. Bd. XI. H. 4, 1949. 52 Georg

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Mit Helene von Tettau hatte Karl zwei Kinder. Der Sohn, mein Großvater Detlev, war Patensohn von Ulrich von Hassell. Er wurde Arzt. Im Krieg war er in einem Krankenhaus in Taormina auf Sizilien stationiert, das 1943 durch eine alliierte Bombe zerstört wurde. Mit ihm starb der letzte Nachfahre von Georg Heinrici, der den Nachnamen Heinrici führte. 4.4. Alter und Tod Aus Georg Heinricis beiden letzten Lebensjahren ist ein Stapel Karten an den Sohn Karl erhalten. 1913 kreisten Georgs Gedanken um die „Königsgeburtstagsrede“, die er zu halten hatte, und eine Audienz beim König. „Er hatte theilnehmende warme Worte für mich, die einen persönlichen Charakter trugen“,55 freute er sich. „Daß mir die Mittel für eine hellenistische Abtheilung des neutestamentlichen Seminars gereichet sind war mir eine Freude.“ Ansonsten kreisen die Themen neben Nachrichten über die Familie und Berufstätigkeit vor allem um die Gesundheit. Georg musste sich mehrerer teurer Behandlungen und Kuraufenthalte unterziehen, doch die Ärzte konnten sich den starken Gewichtsverlust nur mit einer „beschleunigten Herzthätigkeit“56 erklären. Im Wintersemester 1914/15 konnte er noch „ohne auszusetzen meine Pflicht gegen die Studenten […] erfüllen“.57 Wegen des Krieges halbierte sich während dieses Semesters aber auch die Zahl der Hörer seines Privatcollegs, das er neben den offiziellen Vorlesungen und Seminaren hielt. „Die verringerten Einnahmen spüre ich empfindlich.“ Georgs letzte Karte an Karl datiert vom 22. September 1915, zwei Tage nach der Rückkehr von der Sommerreise in den Harz. Er erinnerte Karl an die Geburtstage von Stiefmutter und Halbschwester in den nächsten Tagen. Georg hatte die Wanderungen genossen und war etwas erkältet, machte sich aber vor allem Sorgen um Ernst, dessen „Leistungsfähigkeit“ nach einer Monate zuvor eingetretenen Kriegsverletzung noch immer nicht wiederhergestellt war, und seinen seit Jahren kranken Bruder Paul (der ihn um 20 Jahre überleben sollte). Eine Woche später, am 29. September 1915, starb Georg Heinrici im Alter von 71 Jahren. Er wurde neben Ellen in Marburg begraben. Das Grab ist nicht erhalten.

Literaturverzeichnis Benrath, G. A., Die Erweckung innerhalb der deutschen Landeskirchen, in: U. Gäbler u. a. (Hgg.), Geschichte des Pietismus. Neunzehntes und zwanzigstes Jahrhundert, Göttingen 2010, 150–271. 55 Georg

Heinrici an Karl Heinrici – 12. April 1913 (auch das folgende Zitat). Heinrici an Karl Heinrici – 16. April 1915. 57 Georg Heinrici an Karl Heinrici – 27. Februar 1915 (auch das folgende Zitat). 56 Georg

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Bense, G., Vorbilder und Impulse für das preußisch-litauische Schrifttum im 18. Jahrhundert, Pietismus und Neuzeit 26 (2000), 183–197. Berichte der Deutschen wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung, N. F. Bd. XI. H. 4, 1949. Carus, Rede am Sarge des verstorbenen Herrn Konsistorial-Raths, Superintendenten u. Pfarrers Heinrici in der Altstädtischen Kirche in Gumbinnen, in: Johannes Heinrici: Dem Andenken unsers verklärten Vaters des Konsistorial-Rats u. Ritter Carl Friedrich August Heinrici. Geb. zu Adl. Wicken am 18. August 1812, gest. zu Gumbinnen am 26. Dezember 1881, Königsberg 1882, 10–18. Ellendt, G., Lehrer und Abiturienten des Königlichen Friedrichs-Kollegiums zu Königsberg Pr. 1698–1898, Königsberg 1898. Frank, G., Art. Tholuck, August, ADB 38 (Leipzig 1894), 55–59. Hassenstein, W., Hassenstein einst und jetzt. Denkwürdigkeiten, Schicksal und Stammeskunde aus fünf Jahrhunderten, Erw. Neuauflage Stade 1967. Heinrici, G. F. C., Dem Andenken meiner lieben Frau Ellen Mary Auguste Heinrici geb. Wilkinson, geboren zu Berlin 13. April 1855, gestorben zu Marburg 23. April 1881, An die Freunde, Marburg 1881. –, August Twesten. Eine biographische Skizze, Separatabzug aus der Real-Enzyclopädie für protestantische Theologie und Kirche, Erlangen 1885. –, D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen, Berlin 1889. –, Erinnerungen an meinen Vater, in: Fliegende Blätter des Rauhen Hauses 1882, 109–124. Hubatsch, W., Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens I, Göttingen 1968. Kämmel, H. J., Art. Gotthold, Friedrich August, in: Allgemeine Deutsche Biographie 9, Leipzig 1879, 485 f. Karl Wilhelm Nitzsch an seine Mutter – 5. Juni 1871, in: G. v. Below/M. Schulz (Hgg.), Briefe von K. W. Nitzsch, ZGSHG 41 (1911), 1–103. Preussische Provinzial-Blätter, Band 7, Königsberg 1832, S. 523–525. Schiller, Chr., Die litauischen Seminare in Königsberg und Halle. Eine Bilanz. in: Nordost-Archiv Neue Folge III (1994), 375–392. Schulz, A., Rede am Sarge des Konsistorial-Rats Heinrici, in: J. Heinrici, Dem Andenken unsers verklärten Vaters des Konsistorial-Rats u. Ritter Carl Friedrich August Heinrici. Geb. zu Adl. Wicken am 18. August 1812, gest. zu Gumbinnen am 26. Dezember 1881, Königsberg 1882. Verhandlungen der Zweiten Kammer: 1849,1,[2]. … der durch die Allerhöchste Verordnung vom 30. Mai 1849 einberufenen 2. Kammer, Berlin 1849. Zippel, G., Geschichte des Königlichen Friedrichs-Kollegiums zu Königsberg Pr. 1698– 1898, Königsberg 1898.

„Seelengymnastik“ und Gemeinde Carl Friedrich Georg Heinricis Essay „Paulus als Seelsorger“ (1910) Karl Friedrich Ulrichs 1. Thema mit Verlegenheiten Paulus als Seelsorger darzustellen ist ein methodisch heikles Unterfangen. Wird das Thema „Paulus als Seelsorger“ so gefasst, dass seelsorgliche Intentionen oder Funktionen seiner Briefe dargestellt werden, muss bedacht werden, dass die seelsorgliche Haltung und Praxis des Apostels nur in dieser schriftlichen Form vorliegt. In der Geschichte der Seelsorge – Alte Kirche, Reformationszeit (Luther und Calvin), Pietismus, 20. Jahrhundert – und auch in heutiger Seelsorgepraxis gibt es seelsorgliche und beratende Briefe.1 Die kurze Form der E-Mail – eigene pastorale Erfahrung – und sogar der PN (Persönlichen Nachricht) bei facebook – wie mir ein Pfarrer im Zusammenhang mit Kasualseelsorge berichtete – stellt eine neuere, interessante Form dar. Die biblische Quellenlage bedingt aber, dass wir von der Wirkung der seelsorglichen Interventionen des Paulus (mit Ausnahme der Korinther-Korrespondenz) kaum etwas wissen: Es liegen keine Reaktionen und Repliken vor, auch keine Berichte. Gut dagegen zu erheben ist die Sprache, mit der Paulus seelsorglich wirken möchte. An Inhalten und Sprache wird man auch seine Haltung ablesen können. Grenzen des Unterfangens „Paulus als Seelsorger“ sind rasch benannt: Die erhobenen Haltungen und Techniken sind im besten Fall im Vollzug zu rekonstruieren, sie sind nicht präskriptiv, schon weil Paulus kaum in heutigem Verständnis seelsorglich zu agieren intendiert hat. Gleichwohl mag man als möglichen Ertrag einen Beitrag zum Verständnis paulinischer Texte erwarten, insbesondere was sein Selbstverständnis als Apostel betrifft. Möglicherweise ergeben sich auch Perspektiven für die Verwendung paulinischer Texte in der Seelsorge. Wir bewegen uns mit der Frage nach „Paulus als Seelsorger“ gewiss in einer verheißungsvollen Schnittmenge: Ist Paulus bibelwissenschaftlich und theologiegeschichtlich zentral, benennt Seelsorge ein zentrales praktisch-theologisches Handlungsfeld. Damit ergibt sich die Frage, wo anzusetzen ist. Kann ein Seel­sorge­verständnis gegenwärtiger Praxis und Diskussion zugrunde gelegt oder 1 Zur

Briefseelsorge s. Klessmann, Seelsorge, 433–435.

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Karl Friedrich Ulrichs

muss ein solches biblisch-theologisch erhoben werden? Ein biblisch-begrifflicher Ansatz sieht sich vor einem methodischen Problem, das ein moderner Seelsorge-Klassiker so benennt: „Was wir heute unter S.[eelsorge] verstehen, wird im NT u. a. mit Begriffen wie Trösten (2 Kor 13,11; 1 Thess 4,18; 5,14), Ermahnen (1 Thess 2,11; 5,11; 1 Tim 4,13 u. a.), Zurechthelfen (Gal 6,1), Beistehen (Phil 4,3), Füreinander-Sorge-Tragen (1 Kor 12,25; 2 Kor 11,28), Einander-Dienen (1 Petr 4,10) bezeichnet. Diese bibl.[ischen] Begriffe beschreiben allgemein menschliche Sozialfunktionen, sind theol.[ogisch] unspezifisch und entsprechen nicht den Wurzeln unseres Begriffs Seel-Sorge. S.[eelsorge] ist in der ersten Christenheit … ein selbstverständlicher Aspekt des Gemeindelebens. Wir haben es mit funktionaler S.[eelsorge] zu tun.“2 Der Gefahr der Äquivokation des Seelsorgebegriffs, des Eintrags zeitgenössischen Seelsorgeverständnisses in die paulinischen Texte,3 werden wir uns bewusst sein müssen, ebenso der Frage, ob Paulus Seelsorge treiben wollte (intentionale Seelsorge). Er hat es aber de facto getan (funktionale Seelsorge) und tut es mit seinen kanonisierten Texten bis heute. Mit diesem Beitrag soll zudem das bisherige vor allem religionsgeschichtlich interessierte forschungsgeschichtliche Heinrici-Bild ergänzt werden. Nicht ausgeschlossen, dass uns in seinen Seelsorge-Darlegungen ein uns fremderer (oder vertrauterer) Heinrici als erwartet entgegentritt.

2. Heinricis Paulus-Darstellung Heinricis Essay „Paulus als Seelsorger“ eröffnet 1910 die sechste Reihe der vom in Breslau lehrenden jungen Neutestamentler Friedrich Kropatscheck herausgegebenen „Biblischen Zeit‑ und Streitfragen“.4 Mit methodologischen Präliminarien hält sich Heinrici nicht auf. Mit der zeitgenössischen Fachdiskussion setzt er sich nicht explizit auseinander. Allerdings scheint Heinrici, ohne dass er es angibt, seinen Ansatz beim Praktischen Theologen Ernst Christian Achelis zu entlehnen; so wie Achelis es in der „Geschichte der speziellen kirchlichen Seelsorge“ in seinem epochalen praktisch-theologischen Standardwerk tut, bestimmt auch Heinrici seinen Seelsorgebegriff biblisch-theologisch, nämlich mit Verweis auf Jesus und mit dem Motiv des Hirten.5 Bezüge zum Alten Testament fehlen fast ganz..6

2 Stollberg,

Seelsorge, 175 f. der Vorwurf gegen Heinrici bei Gebauer, Paulus, 6 f. mit Anm. 20. 4 Heinrici, Paulus als Seelsorger. Heinrici kommt später noch einmal, allerdings nur en passant auf das Thema zurück: Heinrici, Probleme, 13–38. 5 Achelis, Lehrbuch, 184 f. 6 Zu den alttestamentlichen Wurzeln christlicher Seelsorge s. etwa Winkler, Seelsorge, 79 f. mit Anm. 5. 3 So

„Seelengymnastik“ und Gemeinde

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Im vorwortlosen Text nennt Heinrici seine Motivation für sein Thema nicht. Möglicherweise wurde er angeregt durch einen im Jahr zuvor in der NKZ erschienenen umfangreichen Aufsatz desselben Titels.7 Finden sich biografische Hinweise?8 Im Jahr 1910 ist Heinrici 66 Jahre alt. Annähernd drei Jahrzehnte zuvor hat ihn der Tod seiner ersten Ehefrau Ellen nach der Geburt des vierten Kindes im Jahr 1881 schwer getroffen, was daran zu erahnen ist, dass er zehn Jahre später das erste Kind aus der zweiten Ehe nach seiner ersten Frau benannte.9 Beruflich zeigen sich gewisse Interessen: Seit dem Sommersemester 1903 führte Heinrici regelmäßig ein zunächst „Neutestamentliches Exegetikum der Lausitzer Predigergesellschaft“, dann „Biblico-theologicum“ genanntes Seminar durch.10 Hier mag er auf praktisch-theologische Fragen etwa auch der Seelsorge gestoßen sein. Über einen Zusammenhang mit anderen Arbeiten kann man nur spekulieren. Jedenfalls hat er zeitgleich an der ebenfalls 1910 erschienenen Arbeit „Hellenismus und Christentum“ gearbeitet. Heinricis Essay über „Paulus als Seelsorger“ hat binnen des Erscheinungsjahres eine Gesamtauflage von respektablen dreitausend Exemplaren erreicht. Auch dieses Heft der populären Reihe der „Biblischen Zeit‑ und Streitfragen“ wurde also von evangelischen Pfarrern als dem Abonnenten‑ und Käuferkreis gerne gelesen. Beim folgenden Referat beschränke ich mich auf wenige vergleichende Hinweise und kritische Reflexionen. Später (unter 3.) werden wenige Punkte aufgegriffen, um das titelgebende Thema „Paulus als Seelsorger“ weiterzuführen. Der Ansatz scheint zeitgenössisch konventionell zu sein, ist aber methodologisch reflektiert: Heinrici umreißt Jesu Botschaft, sein Selbstverständnis, seinen Umgang mit Menschen (3–7), versteht dies als Inbegriff christlicher „Seelsorge“. Jesus verstehe sich nach dem Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15,4– 6; Sondergut) als guter Hirte – dieser Begriff findet sich bekanntlich erst in Joh 10,1 f. –, „der seine Kraft, seine Weisheit, sein Leben einsetzt für die Seinen, sie suchend, befreiend, behütend“ (3). Seelsorge von hellenistischen Bildungsvorstellungen (paideia zur „Vermittelung der geistigen Reife“ [3]) absetzend benennt Heinrici als Intention von Seelsorge „die Eröffnung des Weges zu Gott“ (3), der in Weltüberwindung zu gehen ist. „Das Gottvertrauen, die Gewissheit der Gotteskindschaft ist ihre Frucht.“ (3) Jesus lebt und offenbart Menschenliebe als Weg zu Gott. Diesen vermittelt er im Unterschied zu alttestamentlichen Propheten dem einzelnen Menschen, den er in die Nachfolge ruft: „Dem einzelnen weist er den Weg, zu verstehen und zu bewähren, dass sein wertvollstes Gut die Seele ist.“ (4) Diese durch das „Trachten nach dem Zeitlichen“ verlorene Seele kann  7 Scholz,

Paulus als Seelsorger, 593–625.

 8 Zur Biographie Heinricis s. Veronika Janssen, Georg Heinrici und sein familiärer Hinter-

grund (s. o. im vorliegenden Band).  9 S. https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Heinrici (abgerufen am 4. 5. ​2016). 10 S. http://histvv.uni-leipzig.de/dozenten/heinrici_g.html (abgerufen am 4. 5. ​2016).

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der Glaubende „durch Jesus und um Jesu willen … bewahren“ (4), und zwar paradoxerweise, indem er sie „verliert“, zur Dahingabe, zum Opfer bereit ist wie Jesus. Heinrici konstatiert, dass antike Anthropologie und Soteriologie ohne qualifizierten Sündenbegriff auskommen (Sokrates), kognitive Selbsterlösungsmodelle vertreten (Plato) oder mit den Affekten eben auch die Liebe schwächen (Stoa). Oder in der Summe und mit Hinweis auf die im gleichen Jahr erschienene Schrift „Hellenismus und Christentum“11 gesagt: „Darin liegt die Schranke der antiken Weisheit, dass sie nicht versteht, was der Mensch vermag und was er nicht vermag. Sie empfindet die Fehler nicht als Schuld.“ (5) Letztlich laufen antike Erlösungsvorstellungen auf „Selbstsucht und Selbsttäuschung“ hinaus. (5) Jesus dagegen weiß um den „Wert seiner Seele“, spricht und handelt so, dass Selbstliebe und Bruderliebe harmonieren (6). Novum und Proprium jesuanischer Anthropologie liegen in ihrer Psychologie, wonach „die Verantwortlichkeit vor Gott, das Pflichtbewusstsein des von Gott ausgerüsteten Dieners“ den glaubenden Menschen ermächtigt, stärkt, trägt (6). Das hat nun in der Tat lebensrelevante, seelsorgliche Konsequenzen: „Mit der Erkenntnis des Wertes der Seele eint sich der Glaube an Gottes Vatertreue, die das Leid tragen hilft und die Freude mit der Dankbarkeit vereint.“ (6) Wir würden heute von Kontingenzbewältigung und ethischer Motivation sprechen. In expressiver Sprache (wie man sie etwa auch bei wilhelminischen Salonphilosophen wie Rudolf Eucken liest) befindet Heinrici, dass Jesus in „lichter Gottesgewissheit“ spricht (6). Wirkungsgeschichtlich sei notiert, dass Heinricis Ansatz beim Seelsorger Jesus bald aufgegriffen wurde durch entsprechende Jesus-Studien wie jene von Gerhard Kittel.12 Dieser jesuanischen Seelsorgenorm sei Paulus verpflichtet. Mit der paulinischen Selbstdeutung (Heinrici spricht vom „Selbstgefühl“ [8]) als „Nachahmer Christi“ (mimetes; 1 Kor 11,1) kann der paulinische Apostolat verstanden werden als „Auftrag, Jesu Werk aufzunehmen und fortzuführen“ (7). Heinrici folgt auch dem lukanischen Modell vom Heiland aus Israel und der in die Welt gesandten Kirche, zieht er doch für seine Paulus-Darstellung unkritisch die Apostelgeschichte heran,13 ja er formuliert sogar anhand von Apg 20,18–21 ein summary (30).14 Aus den paulinischen Briefen – zu denen Heinrici nach damaligem Forschungsstand auch Deuteropaulinen rechnet – versucht er Botschaften und Haltungen des apostolischen Seelsorgers zu erheben. Zunächst führt er aus, wie Paulus seinen Apostolat versteht (7–10) und macht dabei als „entscheidende Triebkraft“ – psychologisch gesprochen: Motivation und Ethik – die hypakoe 11 Heinrici,

Hellenismus und Christentum. Jesus als Seelsorger (dazu s. Gebauer, Paulus, 8). 13 Heinrici befindet, dass die Apostelgeschichte „eine verlässliche Quelle für die Missionsarbeit des Paulus“ sei (Heinrici, Probleme, 14–17, Zitat 16). 14 Die Abschiedsrede in Milet legt Jahrzehnte später auch Jacques Dupont seiner Darstellung paulinischer Seelsorge zugrunde: Le discours de Milet. 12 Kittel,

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(Röm 1,5; 2 Kor 12,10) namhaft (7), die die mutige und entschiedene, ja rücksichtslose „Betätigung des selbstgewissen Pflichtbewusstseins eines von Gott begnadigten Menschen“ (7) sei. Sein ethnisch, religiös, kulturell, sozial entgrenzter Auftrag ist ein „Dienst […] der Versöhnung“ (2 Kor 3,8 f; 5,18). „Der hellenistische Jude aus Tarsus, der Pharisäerschüler, der Mann, der sich seiner Schwachheit und seiner Schranken bewusst ist (2 Kor 10,10. 11,6), der in Schwachheit, in Furcht und Zittern arbeitet (1 Kor 2,3; Phil 2,12), hält sich gebunden, der antiken Welt, deren Glanz und Macht er als Stadtkind und Wanderer genugsam kannte, zum Eigentum Jesu durch seine Arbeit zu machen.“ (8) Darin setzt Paulus Jesu Wirken fort: „Wie sein Herr, so will auch er das Verlorene retten.“ (9) Den Kontrast zur hellenistischen Umwelt („vermorscht“ und „unfruchtbar“ [9]) zeichnet Heinrici sehr stark aus (8 f.). Mit dem Ansatz beim paulinischen Apostolatsverständnis wird Seelsorge als Implikat des Apostolats (nicht als Sonderzuständigkeit usw.) verstanden, insofern diese die Verkündigung, die Mission, fortsetzt und ergänzt: Um es mit Ed Parish Sanders zu sagen: Zielt die apostolische Verkündigung auf das getting in, sichert die Seelsorge das staying in. Und darum ist der Missionar auch Seelsorger (10). Das lässt sich an der Metaphorik des Paulus zeigen: Paulus ist der „Baumeister“ (1 Kor 3,10) und der zeugende und „mit Liebe und sanftmütigem Geist“ erziehende Vater (1 Thess 2,11 [parakalein]; 1 Kor 4,14.15.21 [im Unterschied zum schlagenden paidagogos]), er gebiert seine Glaubenskinder wie eine Mutter (Gal 4,19; eigenartiges palin), pflegt wie eine Mutter (1 Thess 2,7). Als bemerkenswert (nicht erst in genderbewussten Zeiten) kann man die weiblichen Metaphern empfinden, zumal aus der Feder eines unverheirateten Mannes. Dieses Apostolatsverständnis findet sich nach Heinrici in den „Briefen des Paulus nach ihrer Eigenart“ – so die Überschrift des dritten Kapitels (S. 10–13) – wieder. Hier umreißt er zum wiederholten Male die bemitleidenswerte mentale Situation hellenistischer Paulus-Zeitgenossen: Von „Aberglauben“ und Todesfurcht gedrückt, sozial und rechtlich bedrängt, intellektuell unbefriedigt, religiös durch mystische Kulte getäuscht – ach: „Nirgends ein fester Halt, nirgends ein sicherer Trost im Leben und im Sterben“, ruft Heinrici, doch wohl den Heidelberger Katechismus zitierend (11).15 Hinzu kommt die gewisse moralische Verlotterung, die aufgrund der vielfältigen Ermahnungen und bunten Lasterkataloge anzunehmen sei (11 f.). Dagegen böte das paulinische Evangelium „eine gesunde und kräftige Seelennahrung … mit der Verkündigung der Buße und der Vergebung der Sünden, mit der Eröffnung des Weges zum Leben in Gott, mit den Bürgschaften der Hoffnung auf die Seligkeit“ (11). Doch sind die aus derlei Elend befreiten, bekehrten Seelen alsbald gefährdet, in die alten Laster 15 Nach der zeitgenössischen Standardausgabe: „Was ist dein ein[z]iger Trost im Leben und im Sterben? – Daß ich mit Leib und Seele, im Leben und im Sterben nicht mein, sondern meines getreuen Heilands Jesu Christi Eigen bin“ (Müller, Bekenntnisschriften, 682). Schon das auf S. 8 genannte „Eigentum Jesu“ könnte auf den Katechismus anspielen.

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zurückzufallen, „stürmten [doch] mannigfache verführerische Eindrücke auf die wenig widerstandsfähigen … Gläubigen ein“ (12). Feinde von außen und innen tun dazu ihr zerstörerisches Werk (12). Gegen all dies hat der Apostel zu kämpfen  – „ein Kampf mit den wieder erwachenden Sünden, mit den Überlebseln [sic] aus dem Heidentum, und ein Kampf wider die judaistische Verfälschung des Evangeliums von der Freiheit des Gotteskindes, wider die Verleumdungen seines Charakters und wider die Erschütterung seiner Autorität als Vater seiner Gemeinden“ (13).16 Das Selbstverständnis des Paulus und die Eigenart seiner Briefe zeichnet Heinrici nun in die apostolisch-seelsorgliche Kommunikation des Paulus ein; er stellt die Paulinen als „Urkunden der Seelsorge“ dar (13–17).17 Diese verdanken sich der missionarischen Aufgabe des Verfassers (13), bieten darum ihre Inhalte dialektisch dar, konkret, spontan, atmen die Frische christlicher Theologie in statu nascendi (13). Ihres theologischen Gehaltes wegen werden sie als Quellen theologischer Lehre verwendet; dabei werde ihre seelsorgliche Dignität übersehen. Heinrici liest die Briefe des Paulus als „Zeugnisse der seelsorgerischen Weisheit und Treue des Apostels“ (13 f.), ersetzen diese doch die Gegenwart des Apostels, das Gespräch mit ihm (14). Paulus möchte als missionarischer Seelsorger nicht diktieren und dekretieren, sondern „überzeugen gleich einem hellenistischen Philosophen nach der Weise Epiktets“ (14), in eigenen Worten (2 Kor 5,11): „Menschen gewinnen“. Dem widerspricht keineswegs, dass er Dinge klar und ungeschönt benennt (14). Oder im expressionistischen O-Ton Heinricis: „Praktische weitherzige Weisheit, nüchterne Menschenkenntnis, innige Herzenswärme, leidenschaftlicher Abscheu gegen Heuchelei und gemeine Gesinnung beseelen und durchleuchten alle seine Briefe.“ (14 f.) Dem Briefseelsorger steht dabei eine weites Spektrum an angemessener Sprache zu Gebote: Er kann zurückhaltend sein (Röm), humorvoll (Phlm [!]), gibt seiner Freude und Dankbarkeit Ausdruck (Phil), schlägt auch einmal derber darein – Heinrici umschreibt das höflich mit „liebreiche Herbheit“ (15) –, zeigt sich verständnisvoll und umsichtig (1 Kor), schließlich auch „ernster, nachdrücklicher“ ums Seelenheil besorgt (2 Kor). Paulus, so Heinrici, „enthüllt … offen seine Stimmungen und Sorgen“ (15) – ein Studienleiter eines Predigerseminars würde heute befinden, dass der biblische Kollege angemessen viel von sich zeigt, von seinen Emotionen, von seinem Glauben, und dies als Ressource für seine seelsorgliche Kommunikation nutzt. In Gal 4,20 benennt Paulus selbst sein sprachliches Repertoire, das er je nach Gesprächslage und eigener Emotionalität einsetzt. Im Unterschied zu Jesus, der sich ganz dem Einzelnen zuwendet, richtet sich Paulus (außer im Phlm) an Gemeinden. Allerdings würdigt er in seiner 16 Gebauer, Paulus, 247 f. führt unter drei Grundintentionen paulinischer Seelsorge nach „Stärkung und Beistand“ und „Korrektur“ „Erhalt im Heil des Evangeliums“ an (ausführlich 273–283). 17 Vgl. Heinrici, Probleme, 17–25.

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Charismenlehre dezidiert die Begabung der einzelnen Gemeindeglieder, sodass gilt: „Indem er den Christenstand seiner Gemeinden sichert, vertieft, verteidigt, erweist er sich als der Mann, der in Jesu Sinn daran arbeitet, das Verlorene zu retten.“ (16) Seine Seelsorge ist sozusagen eine „Gemeindesorge“. Das ist eine Einsicht, die auch aktuellem poimenischem Diskurs die sonst übergangene Frage nach seelsorglichen Aspekten von Lehre und Gemeindeaufbau stellt. Materialiter führt Heinrici die paulinische Seelsorge an zwei Aspekten aus, an der Person des apostolischen Seelsorgers und an dessen Intention(en) und den dazu gewählten kommunikativen Mitteln: „Die Gesinnung des Paulus als Seelsorger“ (17–23) ist der nächste Abschnitt überschrieben – wir würden heute von „Haltung“ sprechen und insbesondere nach Empathie fragen und danach, ob Paulus direktiv agiert.18 Das „fröhliche[…] und mutige[…] Wirken“ setzt „das gute Gewissen“ voraus, genauer „das Bewusstsein […] von der ehrlichen Begeisterung für die als Pflicht erfasste Aufgabe, also die innere Sicherheit“ (17) – also apostolisches Selbstbewusstsein. Gerade auch angefochten macht Paulus seinen Glauben zum Thema, bringt ihn ins briefliche Gespräch mit seinen Gemeinden ein. „Wenn er von sich redet, wenn er Einblick gewährt in sein Gebetsleben, in seine intimsten Erwägungen, so tut er es um Gottes willen zur Ehre Gottes und zur Förderung des ihm auferlegten ‚Dienstes der Versöhnung‘“ (18). Dabei benennt er seine Stärken und Erfolge wie auch seine Schwächen, Grenzen und Niederlagen (18), traumatische Grenzerfahrungen wie etwa in 2 Kor 1,8 f: „Wir wollen euch, liebe Brüder, nicht verschweigen die Bedrängnis, die uns in der Provinz Asia widerfahren ist, wo wir über die Maßen beschwert waren und über unsere Kraft, so dass wir auch am Leben verzagten und es bei uns selbst für beschlossen hielten, wir müssten sterben. Das geschah aber, damit wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt, der uns aus solcher Todesnot errettet hat und erretten wird. Auf ihn hoffen wir, er werde uns auch hinfort erretten.“ Paulus reflektiert sein Ergehen, sein Wirken, sein Verhalten, seine Emotionen (s. etwa 1 Thess 2,1–12). Die Selbstwahrnehmung hat ihr Pendant in der genauen, wahrhaftigen Wahrnehmung anderer; diese ist allerdings nicht distanziert-unparteiisch, sondern verdankt sich der Nähe derer, die miteinander „im Glauben stehen“ (2 Kor 1,24c). Paulus kann hier sich (und seinen Mitarbeiter Timotheus) in seiner (bzw. ihrer) herrschaftsfreien (2 Kor 1,24a) Beziehung zu seinen (ihren) Adressat/innen als „Mithelfer eurer Freude“ (synergoi tes charas hymoon, 2 Kor 1,24b) bezeichnen (19). Er diktiert und dekretiert nicht, sondern fördert Autonomie, Entscheidungsfreiheit und Verantwortlichkeit: „Prüfet [selbst]!“ (1 Thess 5,21; Röm 12,2) Trotz aller Entschiedenheit wird man ihm kaum Intransigenz 18 Zur asymmetrischen Kommunikation der paulinischen Korrespondenz und der darauf aufsetzenden direktiven Methodik Gebauer, Paulus, 311 ff. und die kurzen, aber wichtigen Bemerkungen bei Ziemer, Seelsorgelehre, 47.

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vorwerfen können (s. etwa 1 Kor 7,40; 11,16) (19), in Auseinandersetzungen ist er um Unparteilichkeit bemüht (nicht um Allparteilichkeit, um die wichtigste Haltung eines nach heutigem Verständnis und Standard arbeitenden Mediators zu nennen). Für diese seelsorgliche Haltung des Paulus macht Heinrici (anhand des 1 Kor) geltend, dass Paulus in Fragen der Doktrin und der Ethik seine Positionen so distinkt wie diskursiv einbringt (20–23). Gebauers schroffe Kritik, Heinrici sei dem autoritären Ideal eines „Seelenführers“ verpflichtet, das seinerzeit en vogue war,19 kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich benennt Heinrici „Mittel und Ziele“ paulinischer Seelsorge (23– 30): Diesem sei es darum gegangen, „die Christusherrschaft in den Herzen der Gläubigen und der Gemeinden durch[zu]setzen“ (23). Das führt zu tiefer (und stetig zu bewährender und zu sichernder) Gemeinschaft im Glauben (24), wofür Paulus die Metaphern von Leib (soma) und Erbauung (oikodome) verwendet (24). Hier wiederholt sich die Emphase der Sozialität des Glaubens. Konkret wird dies im verantwortlichen Zusammenleben und in der Lebensführung  – oder wieder in Heinricis Worten: „in reiner Gesinnung und sittlicher Betätigung, in Selbstverleugnung und Befreiung des inneren Menschen aus der Knechtschaft der niederen Triebe“ (25). Nach Heinrici – er verweist dazu auf seine beiden Kor-Kommentare (25) – liegt dem Apostel jede magische oder mystische Vorstellung (etwa in Zusammenhang mit Taufe und Abendmahl) fern (25). Auch vertritt er keine asketische Spezialethik für Christen (25 f ). Als Motivation nenne Paulus die dezidiert nicht-enthusiastisch verstandene Hoffnung (elpis) (26). Ihm geht es darum, „das Selbstgefühl und die Tatkraft des Gläubigen zu wecken und zu leiten“ (26). Zentral dafür ist das Theologoumenon der „Freiheit“ (eleutheria), das den Menschen als frei von Gesetzesgehorsam, Todes‑ und Gerichtsfurcht, von Aberglauben sieht (26). Eine fragile Freiheit, die gesichert werden muss durch die „Liebe“ (s. dazu 1 Kor 6,12; 10,23 f ). „Die christliche Freiheit bewährt sich in der Selbstbescheidung, in der Pflichttreue, in dem vom freigewollten Glauben geleiteten Gehorsam gegen Gottes Willen.“ (27) Dazu dient dem Apostel als wichtigstes kommunikatives Mittel die „Ermahnung“ (paraklesis), die er wertschätzend mit den einleitenden Dankgebeten vorbereitet – eine feine, keineswegs triviale Beobachtung; hier benennt Paulus alles Gute auf Seiten der Adressaten als eben gut und bringt es vor Gott (27). Kritisiert er, fokussiert er seine Monita auf konkrete Anlässe (z. B. Phlm) (27). Am Philipperbrief kann man sich die poimenische Strategie des Apostels klar machen: Er riskiert große Nähe, indem er seine Emotionen vorträgt, um seine Adressat/innen emotional zu bestärken (s. o. 2 Kor 1,8 f.), indem er „durch die Dankbarkeit, welche die opferwillige Liebe seiner Philipper in ihm geweckt hat, das christliche Selbstgefühl belebt und sich mit der Gemeinde in der Freudigkeit 19 Gebauer,

Paulus, 7.

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stärkt, in der das Gotteskind die Not und den Neid des Lebens überwindet“ (27). Beim Umgang mit Leid, zur Kontingenzbewältigung, ist es Kognitiv-Konfessorisches, auf dessen Trostpotenzial der Apostel setzt: Leid ist als „eine Aufgabe, die […] von dem himmlischen Vater gestellt“ wird, umzudeuten (28) – wir würden im Jargon aktueller Seelsorgeliteratur von reframing sprechen. Leiderfahrungen führen nach der eine „Seelengymnastik“ (28) umschreibenden Reihung Röm 5,4 f zu lebensdienlicher hypomone, zu dokime (Erprobtheit, Erfahrung) – beides in Psychologie und Pädagogik heute als Aspekte von Resilienz verstanden  –, schließlich zu Hoffnung. Durch Leid hindurch stellt sich „Zufriedenheit“ ein, die sich in „Berufsfreudigkeit“ und „Berufstreue“ zeigt. Die sich darin ausdrückende Dankbarkeit und Freude drängt zum Gebet (vgl. 1 Thess 5,17) (28). Und wieder ist die Sozialität des Glaubens zu nennen, die Verbundenheit mit und die Verantwortung für die Glaubensgeschwister (29). „So erstarkt durch jedes Glied, das sich bewährt, das Ganze, und das Wohl des Ganzen wirkt auf jedes Glied zurück in ständig sich vertiefender und bereichernder Wechselwirkung.“ (29) Die Gemeinde ist so nicht nur Objekt der Seelsorge oder stellt Rahmenbedingungen dafür dar – in der Themenzentrierten Interaktion heißen solche wirksamen Umstände globe –, sondern eine Ressource, die Gemeinde ist das seelsorgende Subjekt – das ist nun allerdings ein bemerkenswerter Gedanke, nicht erst in Zeiten spezialisierter, besonders auch fortgebildeten Experten zugewiesener Seelsorge. Der Seelsorger Paulus bedient sich zweier Mittel: Er ist selbst ein Meister des Gebets, näherhin der Fürbitte. Die Liebe preist er bekanntlich in den höchsten Tönen (1 Kor 13; Röm 5,6–8) und will durch „Ermahnen, Trösten, Zeugnis ablegen“ (1 Thess 2,12) zur Liebe bewegen (29). Der Anhang mit Testimonien aus Chrysostomos (31–33) und Augustin (33 f.) ist für den Gedankengang des Essays entbehrlich. Dagegen könnte man von einem Mann mit solcher Quellenkenntnis antiker Texte wie Heinrici erwarten, dass er die Paulinen mit zeitgenössischen Briefen und Briefkorpora vergleicht. Zu antiken Lebensberatungsbriefen hat Stanley Stowers eine Klassifikation vorgeschlagen,20 in der für den Brieftyp des letter of exhortation and advice eine besondere Nähe zu den Briefen des Neuen Testaments reklamiert werden kann. „An den Ausführungen Stowers᾽ wird deutlich, dass die Briefe des Neuen Testaments in einer breiten antiken Tradition brieflich vermittelter Lebenshilfe stehen, die für das Anliegen seelsorglicher Kommunikation zwischen dem jeweiligen Autor und seinen Adressaten dienstbar gemacht werden konnte.“21 Offensichtlich aber meidet es Heinrici klug, epistolographisch Äpfel mit Birnen zu vergleichen, denn dabei dürften keine dezidiert privaten seelsorglichen und philosophischen Briefe herangezogen werden (z. B. Seneca), sondern nur wirk-

20 Stowers,

21 Gebauer,

Letter Writing (dazu Gebauer, Paulus, 75–78). Paulus, 77.

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lich vergleichbare, d. h. ähnlich veranlasste und intendierte Briefe wie etwa die beiden Klemensbriefe, die Ignatianen usw.

3. Heinricis Thema „Paulus als Seelsorger“ in gegenwärtiger exegetischer und poimenischer Literatur In Standardwerken wie dem von Friedrich Wilhelm Horn herausgegebenen Paulus-Handbuch22 oder in James D. G. Dunns opus magnum23, auch in Kommentaren zu den Protopaulinen, in Lehrbüchern wie dem von Oda Wischmeyer24 oder in allgemeinverständlichen Paulus-Darstellungen etwa von Ed Parish Sanders25 oder Eckart Reinmuth26 muss zum Thema „Paulus als Seelsorger“ rundum Fehlanzeige festgestellt werden. Das dürfte gleichwohl nicht ein Hinweis darauf sein, dass Paulus-Forscher unserer Tage darin eine unangemessene oder unergiebige Fragestellung sehen. Vielmehr werden hier berechtigte methodologische Skrupel wirken. Immerhin finden sich einige monographische Beiträge. Dabei ist vor allem die Erlanger Habilitationsschrift von Roland Gebauer27 einschlägig; daneben wären noch die Arbeiten von Ulrich Heckel28 zur apostolischen Leiderfahrung und ‑bewältigung zu erwähnen. Jüngst erschien die Dissertation von Hajnalka Ravasz zur Seelsorge im 1.Thessalonicherbrief, die neben dem Trost, den der Apostel als „Vorbild“ zu bieten hat, die seelsorgliche Gemeinde stellt.29 Nicht besser ist der Befund in der Seelsorgeliteratur. Hier sind die Fragestellungen in den vergangenen fünfzig Jahren so, dass die in den paulinischen Texten zu beobachtenden funktional-seelsorglichen Aspekte kaum von Bedeutung sind. In einem Standardwerk zur historischen Poimenik, der von Christian Möller herausgegebenen dreibändigen „Geschichte der Seelsorge in Einzelporträts“, finden sich immerhin vierzehn Seiten aus der Feder Kristlieb Adloffs zum Seelsorger Paulus.30 Diese sind allerdings methodologisch – exegetisch nicht weniger als poimenisch – einigermaßen unterbestimmt.31 Als exemplarische Texte paulinischer Seelsorge führt Adloff auf: Die Toten zuerst (1 Thess 4,13–18), Apostolische Lebensberatung (1 Kor 7), Das Mahl des Herrn als Therapeuticum (1 Kor 22 Horn,

Paulus Handbuch. Theology of Paul. 24 Wischmeyer, Paulus. 25 Sanders, Paulus. 26 Reinmuth, Paulus. 27 Gebauer, Paulus (bibliographische Angaben s. o. Anm. 3). 28 Heckel, Kraft; Ders., Schwachheit. Ferner s. Baumert, Paulus, 105–111. 29 R avasz, Aspekte der Seelsorge. Im forschungsgeschichtlichen Überblick wird Heinrici kurz erwähnt und als „einseitig“ kritisiert, da dem „zeitgenössische[n] Bild vom Seelenführer“ verpflichtet (4); dazu die ausführliche und kritische Besprechung durch Ulrich Mell in der ThLZ 9/2018, 897–899. 30 Adloff, Paulus, 55–68. 31 So mit Recht Gebauer, Paulus, 19. 23 Dunn,

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11,17–34), Dem Bösen in der eigenen Mitte begegnen (2 Kor 2,5–11), Glaube contra Aberglaube (Gal 4,8–11), Tauflogik: Nicht mehr! (Röm 6,1–14), Einander aufnehmen! (Röm 15,1–13)  – immerhin eine brauchbare Auswahl, auch wenn man beispielsweise Röm 7 vermissen mag. Impulse paulinischer Seelsorge für heutige Seelsorgepraxis können ausgeführt werden.32 Will man als Seelsorger „die Bibel ins Gespräch bringen“ – um den Titel eines wichtigen Buches des Wuppertaler Homiletikers und Poimenikers Peter Bukowski33 aufzugreifen  –, ist Georg Heinricis Thema „Paulus als Seelsorger“ fort‑ und umzuschreiben, nämlich „Paulus“ als Metonymie für seine Briefe zu verstehen und also nach den paulinischen Texten als seelsorgliche Ressource zu fragen.34 Das kann empirisch durchgeführt werden, etwa durch eine Statistik paulinischer Texte, die für Kasualien gewählt werden, wobei die Bestattungshomiletik besondere Beachtung verdient, allerdings auch zu einer Engführung seelsorglicher Fragen führen kann. Möglicherweise lassen auch Analysen von Verbatims, von Gedächtnisprotokollen über Seelsorgegespräche, Beobachtungen zu über die intentionale und funktionale Wirkung paulinischer Texte und Gedanken oder Motive in der seelsorglichen Begegnung. Das alles kann im Rahmen dieses Referats allerdings nicht geleistet werden.

4. Exemplarische Erträge Stattdessen soll abschließend exemplarisch eine prinzipielle Frage hervorgehoben werden, nämlich die nach der Zuordnung von Seelsorge und Apostolat oder Charisma bzw. die nach seelsorglicher Gemeinde. Heinrici leitet die paulinische Seelsorge mit 1 Thess 5,12 von seinem Apostolat ab. Seelsorgekompetenz fehlt in der Liste der Funktionen und Charismen und Kräfte 1 Kor 12, in Röm 12,8 wird die paraklesis unter den Begabungen in der Gemeinde genannt – aber eben gerade nicht dem Apostolat zu-, sondern in die Gemeinde eingeordnet. Nach der Belehrung über den Auferstehungsglauben bittet der Apostel seine Adressat/innen, einander zu trösten (1 Thess 4,18). Auf diesen Aspekt paulinischer Seelsorge als wechselseitige Tröstung, Ermahnung, Erbauung hatte kurz vor Heinrici schon Ernst von Dobschütz hingewiesen.35 Paraklesis als ein Begriff für Seelsorge,36 als eine Gestalt der Seelsorge ist hier also als 32 Gebauer,

a. a. O., 286–321. Bibel. 34 Zu einer (nicht-evangelikalen) bibelorientierten Seelsorge s. Tacke, Glaubenshilfe; Ders., Müden. (dazu positiv Gebauer, Paulus, 348–350); vgl. auch die Beiträge von Manfred Seitz (dazu Gebauer, Paulus, 16 f.). 35 Von Dobschütz, Die urchristlichen Gemeinden. 36 Dazu s. Schneider-Harpprecht, Trost (zur Paraklese bei Paulus 127–130); s. auch Ziemer, Seelsorgelehre, 57–62, der Luthers Seelsorgeverständnis mit „Trost“ auf den Begriff bringt. 33 Bukowski,

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wechselseitige Kommunikation zwischen Gemeindegliedern verstanden  – ein Aspekt, der auch in aktueller poimenischer Literatur thematisiert wird.37 Seelsorge ist in den paulinischen Gemeinden ein Grundzug gemeindlichen Zusammenlebens, nicht Aufgabe von Spezialisten. (Aus meiner Erfahrung als Pfarrer darf ich sagen, dass es derlei seelsorgliches Miteinander von Gemeindegliedern auch bei uns gibt  – es sind oft ältere Frauen, die einander oder ihre jüngeren Geschlechtsgenossinnen „trösten“.) Ich schließe mit einer (im lutherischen Leipzig gewiss nicht verwunderlichen) Verwunderung: Warum erwägt Heinrici nicht, „Paulus als Seelsorger“ vom Theologen Paulus her zu entwerfen – und damit von wichtigen theologischen Gedanken her? Da bietet sich doch als anthropologisch triftiges theologisches, soteriologisches Motiv die Rechtfertigung des Sünders an. Vor einer Generation hat Helmut Tacke substanziell versucht, aus biblischer Rechtfertigungslehre einen poimenischen Funken zu schlagen.38 Nachdem auch Roland Gebauer – zugunsten seines Ansatzes bei einem Verständnis von „Seelsorge als Kommunikationsgeschehen“39  – darauf verzichtet hat, wird man gespannt warten auf eine künftige, womöglich die Einsichten der new perspective on Paul aufgreifende, dezidiert theologische Arbeit über „Paulus als Seelsorger“.

Literaturverzeichnis Achelis, E. C., Lehrbuch der Praktischen Theologie 2, Leipzig 21898. Adloff, K., Paulus, in: Chr. Möller (Hg.), Geschichte der Seelsorge in Einzelporträts 1: Von Hiob bis Thomas von Kempen, Göttingen 1994, 55–68. Baumert, N., Paulus als Seelsorger – Paulus für Seelsorger. Wort und Antwort 49, 2008. Bukowski, P., Die Bibel ins Gespräch bringen, Neukirchen-Vluyn 41999. Dobschütz, E. von, Die urchristlichen Gemeinden. Sittengeschichtliche Bilder, Leipzig 1902. Dunn, J. D. G., The Theology of Paul the Apostle, Edinburgh 1998. Dupont, J., Le discours de Milet. Testament pastoral de Saint Paul. Actes 20,18–36, Paris 1962, dt. u.d.T. Paulus an die Seelsorger. Das Vermächtnis von Milet (Apg 20,18–36), Düsseldorf 1966. Gebauer, R., Paulus als Seelsorger. Ein exegetischer Beitrag zur praktischen Theologie, Calwer Theologische Monographien A 18, Stuttgart 1997. Heckel, U., Kraft in Schwachheit. Untersuchungen zu 2. Kor 10–13, WUNT II/56, Tübingen 1993. –, Schwachheit und Gnade. Trost im Leiden bei Paulus und in der Seelsorgepraxis heute, Stuttgart 1997. 37 Zum Thema Seelsorge und Gemeinde s. z. B. Ziemer, Seelsorgelehre, 121–123, Klessmann, Seelsorge, 151–153 und Michael Herbst, beziehungsweise, 215–247 sowie monographisch Rückle, Seelsorge, insbesondere 60 f. und 67 f. 38 Tacke, Müden, 41–44. 39 Gebauer, Paulus, 52–83.

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Comparative Philology and History of Religion Analogies and/or Genealogies? Cilliers Breytenbach 1. If we want to tell the story of early Christian religion, we must first know what the ‘religion’ was about. It is fundamental to remember that the New Testament comes after earliest Christianity. One could even say that the New Testament is an outcome of the religion of the first Christians. Let us take Paul for example. It is always good to take Paul, especially when giving a paper in honour of C. F. Georg Heinrici.1 In a lecture on research on Paul’s letters published 1887, when he was still professor in Marburg, Heinrici rightly said that within the collection of writings the church elected from the mass of early Christian literature to be part of the canon, Paul’s letters are the largest group. “Dazu kommt,” and I cite Heinrici – “daß diese Briefe uns das umfassendste Stück einer urkundlichen Geschichte des Christentums der Heidenkirche geben, wenn sie eben zuverlässige und authentische Quellen sind.”2 These letters should be the point of departure if one, as he put it, sets out to get a comprehensive picture of circumstances within early Christianity (ibid.). If we look at Paul’s letters and ask the question what were the major actions that Paul did, then of course like a herald Paul announced (κηρύσσω),3 proclaimed (καταγγέλλω),4 the Gospel, he spread the good news (εὐαγγελίζω),5 and he sent Timothy to the Corinthians to remind them of his ways in Christ Jesus, as he taught (διδάσκω) them everywhere in every church.6 There is even evidence that Paul partook in and organised systematic instruction (κατηχέω),7

1 Cf.

also Breytenbach, Briefe Paulus, 3–28. Paulinische Briefe, 4. 3 Cf. Rom 2:21; 10:8, 14 f; 1 Cor 1:23; 9:27; 15:11 f; 2 Cor 1:19; 4:5; 11:4; Gal 2:2; 5:11; Phil 1:15; 1 Thess 2:9. 4 Cf. Rom 1:8; 1 Cor 2:1; 9:14; 11:26; Phil 1:17 f. 5 Cf. Rom 1:15; 10:15; 15:20; 1 Cor 1:17; 9:16, 18; 15:1 f; 2 Cor 10:16; 2 Co. 11:7; Gal 1:8 f,11,16,23; 4:13; 1 Thess 3:6. 6 Cf. 1 Cor 4:17. 7 Cf. Rom 2:18; 1 Cor 14:19; Gal 6:6. 2 Heinrici,

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including ethical instruction (νουθετέω).8 Preaching, teaching and instruction were the major modalities of the transfer of early Christian religion from one person to others. The later narratives of the Acts of the Apostles about Paul teaching in the synagogue in the Pisidian Antioch, on the Areopagus in Athens, in the hall of Tyrannus in Corinth, Eutychus falling asleep whilst listening to Paul’s long speech in Troas or in the Acts of Paul about Thecla sitting at his feet in Iconium, all these stories underline the importance of the spoken word as the major way of the spread of Christianity. If we look at the role proclamation (κηρύσσω) and teaching (διδάσκω) plays from the earliest gospel according to Mark, up to the bulk of sermons that came to us from the church fathers of the 3rd and the 4th centuries, it is clear that communicating religion through teaching and preaching remained the hallmark of emerging Christianity. This obvious observation also distinguishes early Christianity in Corinth from local Greek mystery cults contemporary to it, e. g. a little south of Achaia in the Arcadian Lycorsa or in Adania in Messenia in southwestern Peloponnese. These cults were more eventful, if we follow the recent reconstructions of Jan Bremmer, circling around an annual procession accompanied by dancers and musicians culminating in the initiation of new members.9

2. Therefore, if we proceed in constructing a history of early Christianity focusing on the word it spread, we are on firm ground. But are we on firm ground in offering a ‘history of religion’? Are we not rather on thin ice? Both notions, ‘history’ and ‘religion’, are very controversial. Referring to what I have written elsewhere,10 I very briefly state my take on ‘history’. History is contained in a narrative a historian produces. This historical narrative, in our case on the religion of early Christianity, is about events and persons who experienced and interpreted them. They all have passed long ago, they are no more. What remain of that past are literary documents like Paul’s letters to the Corinthians. The historical narrative the historian makes has to be made from such remains. On the other hand remains from the past can be used to check the historian’s claim that his or her narrative can stand instead of the bygone past they are taken to refer to. Nevertheless, are we on the right track to reclassify the proclamation of the first Christians like Paul as “religion”? Here the ice is even thinner. How can we write a history of the religion of a group of people from the first two centuries if the concept of ‘religion’ itself is, to quote Brent Nongbri “not a native category  8 Cf.

1 Thess 5:11; 1 Cor 10:11. J. Bremmer, Initiation, 82–96. 10 Cf. Breytenbach, Mark’s Son of God, 19–56.  9 Cf.

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to ancient cultures.”11 Following Edwin Judge, he compellingly argued “the idea that religion is a sphere of life separate from politics, economics, and science is a recent development in European history, one that has been projected outward in space and backward in time with the result that religion appears now to be a natural and necessary part of our world.”12 In Latin the word religio is often used in the plural and religiones designate protective rites, or other rituals or even superstitions or veneration of gods.13 The Greek equivalents θεοσέβεια (worship of God), θρησκεία (devotion), εὐσέβεια (piety) are not used by Paul, who wrote to the Romans and the Philippians that God is worshipped (λατρεύω) in the spirit and that to present the body as a living sacrifice, holy, acceptable to God is “thoughtful worship” (λογικὴ λατρεία).14

For the lack of a better word, I continue to use ‘religion’ as a descriptive term to refer to the message of God’s compassion to save humans and the reciprocal communicative acts of worshipping God spiritually and devoting the whole body to him that Paul communicated among the nations of the eastern Mediterranean.15 Therefore, after testing the ice, we proceed in our effort to clarify some methodological issues in order to tell the story of how an important part of early Christian religion developed. Unlike other religious movements like the Dionysian cult that left its traces on epitaphs on stones, pictures on vases, colourful wall paintings and in literary texts,16 pre-Constantine Christianity left us no other material culture but late 2nd century codices on papyrus and in central Asia Minor some very terse funerary inscriptions.17 The story the historian of religion tells about religion of the Christians from the first two centuries – and we might regret this, but only extraordinary new discoveries would change it – can be made only on the basis of literary remains, the most of them part of what the church later called the New Testament. And because the historical narrative that should stand in for the absent past and the construction of religion embedded within it, are made on the basis of these literary documents, it is primarily the soundness of the philological work of the historian of religions which decides if his or her story on early Christian religion can stand in for the past. However, these are things that are commonplace in Leipzig, where Kurt Rudolph rightly maintained that when one studies religions of the past, one engages in the discipline of “historische Religionsphilologie”. 11 Cf.

Nongbri, Before Religion, 7. ibid. 13 Cf. Nongbri, op. cit., 28–30. 14 Cf. Röm 12:1 (λατρεία), 1:9 and Phil 3:3 (λατρεύω). In the other instances in Romans he refers to the worship in Israel (9:4) or under the nations (1:25 – λατρεύω). 15 For a brief discussion on religion, cf. Breytenbach, Erwägungen, 12–14. 16 Cf. Bremmer, Initiation, 100–109; Bowden, Mystery Cults, 105–136. 17 Cf. Breytenbach/Zimmermann, Early Christianity. 12 Cf.

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In the case of the construction of the history of early Christian religion, sound philological work is the foundation and a glance in Heinrici’s commentary on Paul’s second letter to the Corinthians shows what this means.18 A central aspect of Paul’s proclamation to the Corinthians can serve as an example to illustrate that “Religionsgeschichte” of earliest Christianity is based on “Religionsphilologie” and the importance of the difference between ‘analogy’ and ‘genealogy’ for those striving to tell the story of early Christian religion. However, what would be a central aspect of Paul’s message?

3. I briefly illustrate this with reference to Paul and the Corinthians, for as we all know, Georg Heinrici started his career with important research on the role of Greek associations to understand the Corinthian congregation.19 After a thriving but rather turbulent mission in Macedonia, Paul, if we follow Acts (17:15–34), had a quite unsuccessful encounter with Greek philosophers in Athens. Paul arrived in Corinth in fear and trembling.20 If we again follow Acts, Paul’s preaching caused another stir this time. On Sabbath Paul went to the synagogue and tried to convince the Jews that Jesus was the Messiah (Acts 18:5). Paul himself had stated in his first letter to the Corinthians that this was his central message: When I came to you, brothers and sisters, I did not come proclaiming the mystery of God to you in lofty words or wisdom. For I decided to know nothing among you except Jesus Christ, and him crucified. (1 Cor 2:1–2).

1 Cor 1:23 provides confirmation that this was the central aspect of Paul’s proclamation: Paul proclaimed Χριστὸν ἐσταυρωμένον, Christ as being the crucified.21 From the outset, the message of the crucified Messiah was thus central to Paul’s teaching in Corinth. As Paul puts it, “it pleased God through the foolishness of the message preached to save those who believe” (σῶσαι τοὺς πιστεύοντας – 1 Cor 1:21).22 Heinrici’s insistence that early Christianity was a “Erlösungsreligion”, a religion with a message proclaimed and proclaiming to save persons, was not only in reverence of Friedrich Schleiermacher, the teacher of Heinrici’s father in law, 18 Cf. 19 Cf.

Heinrici, Zweite Sendschreiben. Heinrici, Christengemeinde Korinths, 465–526 und Idem, Paulinische Gemeinden,

89–130. 20 Cf. 1 Cor 2:3. 21 The perf. partic. in 1:23 and 2:2 underlines that Christ stays the crucified in post Easter proclamation of the gospel; cf. Lindemann, Der Erste Korintherbrief, 46–47; Wolff, An die Korinther, 48. 22 He followed the line he had adopted in Asia Minor when he portrayed Jesus Christ as “the crucified” before the eyes of the Galatians (Gal 3:1).

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August Twesten; it is an important Pauline notion. In contrast to the mystery religions practised on the Peloponnese, Christianity had its focus on salvation. As far as Paul is concerned, Heinrici was of the opinion that the proclamation of Jesus’ saving death stands at the centre of Paul’s perception of Jesus’ mission.23

4. A year before his death Heinrici wrote in the introduction to Paulinische Probleme that Paul cannot be understood as product of perceptions contemporary to him, “Er läßt sich nicht ‘ableiten’ oder berechnen, wie die unbekannte Größe einer Gleichung. Aber das, was er ist, seine Eigenart, wird erst ganz verstanden, wenn er in Zusammenhange mit seiner Umwelt erfasst wird.”24 It is important to note that Heinrici rejects the principle of genealogy. Paul cannot be derived just from context. On the other hand, he can only be understood, when he is placed within his context. Paul can be understood by way of comparison, looking at compliance and difference of analogies. This means the comparison of the philological evidence. How did Heinrici apply this twofold principle when explaining the way in which the centre of Paul’s proclamation should be understood? The question remains however, how did Paul express the message on Jesus’ death in his proclamation? From the fact that Paul communicated the salvific function of the death of Christ in different unconnected illustrations (Veranschaulichungen) like e. g. reconciliation, ransom, redemption and liberation, Heinrici concluded that there is no unified theory behind these different images. Unlike many modern scholars Heinrici would never introduce an overarching idea like justification, reconciliation or even a modern notion such as “Sühne” or atonement as an umbrella concept to unify what Paul had kept separate. For Heinrici, the unity lies in the incomparable event that Paul treasured by giving the richest and most impressive expression to his own experience of the resurrection of Christ in various images. “Als solcher wird der Tod Jesu ihm verständlich durch Jesu Auferweckung.”25 As events, the death of Jesus and the belief in his resurrection are the enzymes of the Christological images, stimulating the growth of the confession “Jesus is the Lord.”26 It is very important for Heinrici that Paul made images (Vorstellungen). Religion is a result of human action; it belongs in the realm of human imagination. Let us look more closely at the images. The death and resurrection of Christ is the gift of God. The effect of this grace is that those who trust the gospel, experi23 Cf.

Heinrici, Paulinische Probleme, 59. op. cit., 12. 25 Cf. ibid. 26 Heinrici, op. cit., 60. 24 Heinrici,

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ence justification, reconciliation, and redemption, are adopted as God’s children. These are images too, transferred from human relations unto the relation between God and humans. Heinrici correctly noted that justification comes from, as he puts it, the “Old Testament”, reconciliation as the termination of enmity from private life and the adoption from a legal context.27 I shall briefly explain his treatment of reconciliation, an image which, as he noted, comes from the realm of private life and which he correctly understood as the change from enmity to friendship or hostility to peace. He commented on the use of καταλλάσσω in 2 Cor 5:18–19 that it is God who mended the broken relationship caused by humans,28 and the notion of reconciliation in Romans 5:10–11 expresses separation replaced by unity and peace took the place of hostility.29 He then placed Paul in the wide context and on the basis of careful philological comparison explicitly stressed that difference between Paul’s use where God changed hostile humanity to put them in a relation of peace to himself and the use of καταλλαγή and καταλλάσσω in 2 Maccabees where God gives up his anger and changes himself not to be angry anymore.30 Because Heinrici knew the spread of the words in Greek and compared the philological data, he could recognise Paul’s analogous use, but he did not fall into the trap of later researchers to derive the use of Paul from a postulated use in Hellenistic Judaism, which is in fact fundamentally different from Paul’s use of the Greek terminology. The various analogies of the use of the terminology, their compliance with and difference to the Pauline utterances helped Heinrici to grasp the meaning and the intention of Paul’s text precisely. Unlike later expositors of Paul’s second Letter to the Corinthians, Heinrici knew the difference between ἱλάσκομαι (“to appease”) and καταλλάσσω (“to change from enmity to friendship”). He neither confused the meanings of ἱλάσκομαι and καταλλάσσω, nor did he merge them under the modern dogmatic term of “Sühne” or for that matter “atonement” – both words which have no equivalent in Greek and thus cannot play any role in a philologically based history of early Christian religion. Nevertheless, he respected Paul as an independent user of the Greek language. He did not disqualify Paul’s original use of reconciliation as a metaphor to express how God altered humanity’s relation to God by rooting it in a quite different thought pattern discernible in the works of Philo, Josephus and in 2nd and 4th Maccabees where men appease God not be angry any longer.31

27 He

places redemption within the Hellenistic mystery religions. Heinrici, Zweites Sendschreiben, 295–297. 29 Cf. Heinrici, Paulinische Probleme, 64. 30 Cf. Heinrici, Zweite Sendschreiben, 295–297; Heinrici, Paulinische Probleme, 94, Anm. 51. 31 For the differences between Paul and the use of Josephus and 2nd and 4th Maccabees, cf. Breytenbach, Salvation, 176–179. 28 Cf.

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What Heinrici fails to do is to explain the way in which Paul expresses the cause of the fermentation of Christian confession, the death of Christ because of sin (1 Cor 15:3).32 To keep to Heinrici’s imagery: How did Paul speak about the “enzymes”? One best turns to 1 Cor 15:1–11 for the reconstruction of Paul’s initial preaching in Corinth: Writing from Ephesus, Paul instructed the Corinthians on the gospel that he proclaimed to them when he first came to Corinth. They accepted this gospel. It’s the good news in which they are now firmly rooted. They would be saved through this very gospel, provided they kept to it. The first, foremost and accepted aspect of the gospel tradition Paul transmitted to the Corinthians is that Χριστὸς ἀπέθανεν ὑπὲρ τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν, “Christ died for our sins”. Within the first weeks of his stay in Corinth, Paul wrote his first letter to the Thessalonians.33 Therefore, it is reasonable to assume that he wrote the letter to the Thessalonians during the same period he was proclaiming Christ as “the crucified” to the Corinthians. Hence, we are allowed to use the letter to the Thessalonians to get a clearer picture of how Paul proclaimed Christ as “the crucified”. In First Thessalonians he used the same traditional phrase as he did towards the Corinthians, he refers to Lord Jesus the Christ as the one “who died for us” (διὰ τοῦ κυρίου ἡμῶν  Ἰησοῦ Χριστοῦ ἀποθανόντος ὑπὲρ ἡμῶν).34 Later he picked up this phrase in the Corinthian correspondence (1 Cor 8:11; 15:3 and 2 Cor 5:14). During his last visit to the Corinthians, he used it in the letter to the Romans (Rom 5:6–8; 14:15). That means that he used the phrase “Christ died for us” in the letters to the Corinthians as well as in those written from Corinth.35 In his exposition of 2 Cor 5:14–15 Heinrici explicitly refrains from drawing on Isaiah 53 and from cultic language, recognising the closest analogy to Christ’s dying for many in Euripides’ Alcestis. But it was the differences which stroke him: “Wenn nach der greichischen Sage Alkestis zu Gunsten des dem Tod verfallenen Gatten selbst dem Tode sich weiht, so gewinnt dieser dadurch das Leben.”36 The analogy nevertheless enabled him to underline Paul’s point that creative power of the death and resurrection of Christ for all resulted in a new life for those who accept this in faith. Following Sam K. Williams and Henk Versnel, I have argued that the closest analogy to the notion the Christ died for us indeed lies in the Euripidean Tradition, which enjoyed great popularity even in imperial times. Christina Eschner’s Berlin dissertation convincingly illustrates that the (παρα)διδόναι ὑπέρ τινος and the ἀποθνῄσκειν ὑπέρ τινος phrases are used as stylistic variants by 32 Cf.

Heinrici, Erste Sendschreiben, 475 f. Thessalonicher; Malherbe, Thessalonians. 34 1 Thess 5:9–10. 35 Paul did not very often refer to the death of Christ in terms of crucifixion. Once (1 Cor 1:13) he ironically asked whether he himself was crucified on behalf of the Corinthians, but he never formulated that Christ was crucified for us/our sins. He seemed to avoid the notion of crucifixion when explaining the saving effect of the death of Christ. 36 Heinrici, Zweite Sendschreiben, 281. 33 Holtz,

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the same authors to refer to the same events.37 The formulaic “dying for” and “giving one’s life for” phrases do belong together. They are different ways of expressing the same event. In explaining the meaning of the crucifixion, Paul and his predecessors took up common early Greek language and tried to formulate their message in such a way that the death of a crucified person could be understood to have a positive effect on all humans. The metaphoric mapping of the Greek tradition of the evil-averting voluntary death of a royal, who avoided the destruction of his/her kinsmen or nation, unto the crucifixion of Christ enabled early Christianity to portray the crucifixion of an individual, which was normally not regarded as having a positive effect, in a positive way. It helped the Greeks to overcome the foolishness of the cross. But this is not to say that the early Christian expression of the meaning of the death of Christ in analogy to the Euripidian tradition implies that one should claim, as Henk Versnel expressed it, that “Salvation came from the Greeks”. This is to confuse analogy with genealogy. This also does not imply that those early Jewish writings, which understood the role of Jewish martyrs in the light of the tradition initiated by Euripides gave birth to the Early Christian notions of “dying for” or “giving one’s life for”. Apart from the fact that 4th Maccabees and the writings of Josephus and Philo are too late to have influenced Paul, this is not how genealogies in the process of cultural transfer work. For B to share in the cultural information of A, the belief or idea must be socially transmitted to B. This happens through teaching and other forms of social learning.38 To claim that Paul was influenced by Hellenistic Judaism is to claim a person who really lived during the first century and really dictated letters was influenced by a construct of modern scholarship. Cultural transmission occurs through communication (e. g. teaching, learning, listening, watching and imitation) in shared space, time and through shared language. Analogies to Paul’s phrases “Christ died for the godless, for us as we were still sinners, for all etc.” and the “Son was delivered, delivered himself etc.” in the phrases which express the death of the martyrs for the laws of the fathers in 2nd and 4th Maccabees, Josephus and Philo,39 do show however, that via reading, theatre, proverbs and frescos the influence of the Euripideain notion was not uncommon among Jewish writers roughly contemporary to Paul. It is an analogy and if ones understands the tradition of the Jewish martyrs on the basis of the similarities and differences as context illuminating the early Christian notion of “Christ dying for” or “the Son of God being deliverance or surrendering himself for”, then I think, Heinrici would have approved. However, the moment one constructs a genealogical connection between the two entities various other conditions have to be met than 37 Cf.

Eschner, Gestorben. this cf. Boyd/Richerson, Cultures, 3. 39 On this, cf. Eschner, Gestorben, 2.319–342. Contra Williams, Jesus’ Death. 38 On

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mere analogy. Genealogies do presuppose the similarities marking analogies, but more conditions apply. With all this, I do not claim that there are not instances where the notion of genealogy could be at work – even in Paul’s letters. However, that would be a topic for another lecture. I just very briefly refer to Acts 14 as an example from Lycaonia and Phrygia. The author of Acts tells the story that Paul had to counter an effort by the inhabitants of the territory of Lystra to revere Barnabas as Zeus. The Paul of Acts argued that rain and seasons of growth comes from the Creator not from Zeus. In these regions Zeus was understood not only as weather god, but also as the god of growth. The argumentative strategy of Act’s Paul is clad in Septuagintal language, but it was evoked by the local cults, where Zeus had chthonic traits, reaching back into pre-Hellenistic times. Early Christianity did not fully escape the influence of the veneration of Zeus in this area. By the 3rd and 4th centuries even Christians still used theophoric names referring to Zeus. From Laodicea we have Διογένεια, Διογενής, Διοκλῆς, Διομήδης, Δίος and Διόφαντος, from Gdanmaa Διοτρέφης. Here we have an example of a genealogical development that goes beyond mere analogous comparison.40

5. Heinrici took a clear stance against the new “Religionsgeschichtliche Schule” from Göttingen. Too easily, they postulate dependency in the subject matter on the basis of analogy in terminology. “Der Inhalt der Briefe ist dem Apostel zugewachsen aus der eigenen Überzeugung und aus den Bedürfnissen seiner Missionsarbeit. Was er durch Christus erlebt hat, theilt er seinen Gemeinden als Heilslehre mit. Es sind neue Stoffe, neue Probleme, die er geistesmächtig ergreift und für die er sprachmächtig einen angemessenen Ausdruck sucht”41. This warning of Heinrici not to identify mode of expression with origin of the expressed unless other conditions are met, is to be taken seriously. It is imperative to note that in comparing images from early Christianity to those of other contemporary religions or in placing the terminology and rhetorical strategies in which Paul expressed his message within the context of Hellenistic popular philosophy, Heinrici always stressed the importance of looking for compliance and difference. In 1908 he wrote: “Hätte Epiktet die neutestamentlichen Schriften gelesen, vieles hätte er nicht verstanden und vieles vermißt. Die üblichen Leitbegriffe für Aussagen über Frömmigkeit und Sittlichkeit fehlen fast sämtlich, auch die Wertung der Lebenslehre als Philosophie. … Leitbegriffe der hellenistischen Mystik fehlen entweder, … oder werden über40 On

this, cf. Breytenbach/Zimmermann, Early Christianity, 420. Zweite Brief, 451.

41 Heinrici,

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tragen verwendet”42. If we do not base our construction of a history of early Christian religion on careful philological examination of the literary texts left to us by the first Christians, if we do not place these texts within the cultural context in which Christianity emerged, comparing proposed analogies in philological scrutiny, and if we do not distinguish valuable analogies which help to illuminate images of early Christians from the far reaching genealogical question of the evolution of the conceptions the first generations of Christians transmitted, our effort is doomed to failure. Albeit that much of it is dated, the work of Heinrici and that of his two most prolific students Adolf Deissmann and Hans Windisch are still example of methodological rigour, of how one can study the religion of early Christianity. Whether similarities between the work of contemporary scholars and that of Heinrici and his students are to be grasped in terms of analogy or could even be described in terms of the genealogy of our discipline or even the development of the research methodology of a specific group of scholars are in itself interesting questions on the relation between analogy and genealogy.

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Der litterarische Charakter, 110.

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Heinrici, Bousset, Harnack Bewertungsdiskurse religionsgeschichtlicher Beziehungen Anfang des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts, mit einem Blick auf die Geschichte der Theologischen Fakultät Leipzig Marco Frenschkowski Δεῖξαι ἐκ ξυγκρίσεως τὸ διάφορον […].  Ἐκ παραλλήλου θεώμενος τὸ διάφορον. Theodoret Cyrrh. de Graecorum affectionum curatione prol. 12; 2, 94 (ed. C. Scholten 136. 242)1

1. Zur Begrenzung der Fragestellung Ende des 19. Jhs., Anfang des 20.  Jhs. brach die Frage nach dem Verhältnis zwischen Theologie und Religionswissenschaft in der deutschen akademischen Welt zum ersten Mal wirklich auf. Die Universität Leipzig  – Ort des ersten religionswissenschaftlichen Lehrstuhls in Deutschland im engeren Sinn2, und ein weltweit führendes Zentrum orientalistischer Studien  – wurde zu einer wichtigen Stätte der sich dabei einstellenden Debatten. Diese berührten auch die Bibelwissenschaften und die Kunde der älteren Kirche, und wir werden sehen, wie sich ein von Hause aus eher konservativer, wenn auch vielseitig interessierter Gelehrter wie der Neutestamentler C. F. Georg Heinrici in diesem Bild verortet.3 Die folgenden Zeilen blicken kurz auf die allgemeinen und vor 1 G. Heinrici zitiert diese programmatischen Worte, die seinen Ansatz auf den Punkt bringen, ohne Stellenangabe in: Heinrici, Hermes-Mystik, 166. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 167, erkennt die Bedeutung des Hinweises, konnte aber die Herkunft des Zitates nicht eruieren, vielleicht, weil er nicht erkannte, dass dies zwei Sätze aus verschiedenen Passagen des altkirchlichen Textes sind. 2 Zu diesem und der geringfügig älteren Berliner „Professur für Allgemeine Religionsgeschichte und Religionsphilosophie“, die völlig anders ausgerichtet war, s. u. 3 Über die Biographie Heinricis v. a. in seinen jüngeren Jahren informiert in diesem Band der Beitrag von Janssen. Das dort Gesagte wird hier nicht wiederholt. Vgl. für die spätere Zeit grundlegend Rudolph, Heinrici und die Religionsgeschichte, sowie sehr kurz Kümmel, Art. Heinrici. Kurt Rudolphs Doktorvater war noch Johannes Leipoldt gewesen, der direkte Nach-

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allem die speziell Leipziger Hintergründe des beginnenden Gesprächs zwischen Theologie und Religionswissenschaft, und benennen dann einige Aspekte der Positionen Heinricis sowie (in einem sehr kurzen Vergleich) Adolf von Harnacks und Wilhelm Boussets, die sich in je eigener Weise markant unterscheiden. Das Thema bedürfte einer monographischen Aufarbeitung, und an dieser Stelle können nur einige Facetten zur Sprache gebracht werden, vor allem solche, die etwa in den Darstellungen der (gut erforschten) Religionsgeschichtlichen Schule weniger Beachtung gefunden haben. Dabei wird sich zeigen, um ein Ergebnis vorwegzunehmen, dass es neben der Göttinger kleinen Fakultät und ihrem Umfeld (der Religionsgeschichtlichen Schule) in Ansätzen eine Leipziger Richtung (Schule wäre ein übertriebener Begriff ) gab, die bei ganz ähnlicher Fragestellung zwischen Theologie und Religionswissenschaft doch eine völlig andere Hermeneutik und Blickrichtung vertrat. Die folgenden Ausführungen, die einige Aspekte der Forschungen Heinricis etwas weiträumiger kontextualisieren wollen, unternehmen dies in einem dreifachen Gedankengang. Wir beginnen mit dem Leipziger Kontext Heinricis und den größeren Leipziger Projekten, an denen er gegen Ende seines Lebens mitgewirkt hat bzw. die er inauguriert hat, besprechen einige allgemeinere Rahmenbedingungen des Themas und kommen schließlich noch auf die spezielleren Arbeiten und theologischen Leitgedanken Heinricis zurück. Damit soll v. a. Heinricis vorsichtig-zurückhaltender Beitrag zu Theologie und Religionswissenschaft kontextualisiert werden. Eine monographische oder systematische Darstellung der Positionen Heinricis, die durchaus lohnend wäre, ist nicht beabsichtigt: im Blick ist nahezu ausschließlich das Thema der Fragen, die sich zwischen evangelischer Theologie und entstehender Religionswissenschaft ergeben haben. Dabei werden auch Beobachtungen zur Geschichte der Bewertungsdiskurse zu diskutieren sein, in denen wir religiöse Bezüge sehen. Wir stellen ein Zitat William Wredes an den Anfang, das sehr schön die veränderte Stimmung gegenüber der Welt des Religiösen in der akademischen Welt Anfang des 20. Jhs. beschreibt (Wrede spricht im Neuen Theologischen Verein zu Breslau, 2. Nov. 1903): „Seit etwa 10 Jahren ist eine merkwürdige Veränderung auf dem Gebiete der Theologie vor sich gegangen, vielleicht ist es die bedeutsamste, die sich überhaupt zu dieser Zeit vollzogen hat. Auch vor 10 Jahren und längst zuvor gab es folger Heinricis in Leipzig. Sein Beitrag benutzt das gesamte in den Universitätsarchiven erhaltene Material, und auch einige persönliche Erinnerungen aus dem Leipziger Professorium. Für die wissenschaftstheoretische Position Heinricis ist hilfreich die Studie von Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 122–191, die jedoch einige deutliche Schwächen und auch Sachfehler aufweist (vgl. Deines, Rezension). A. a. O. 148 behauptet Seelig sogar, die Religionsgeschichte des 19. Jhs. habe sich auf die philologischen Fakultäten beschränkt: während z. B. die entstehende britische Religionswissenschaft in Wahrheit weitgehend außerhalb der Universitäten in gelehrten Gesellschaften stattfand. Der leider früh verstorbene Seelig (1957–2012) war ein prägender Mitarbeiter am Hallenser Projekt des Neuen Wettstein gewesen, das an Heinricis Programmatik anknüpft.

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Religionsgeschichte und religionsgeschichtliche Forschung, allein man sprach nicht davon. Heute wandert das Wort von Mund zu Mund, es ist ein Schlagwort, eine Devise, ein Streitruf geworden, es stellt sich auf Titeln von Schriften ein, die vor 10 Jahren ganz ebenso ohne diesen Titel geschrieben worden wären, aber mehr: es ist bereits eine kleine Literatur entstanden, die unter diesem Zeichen steht. (…) Mag auch eine gewisse Gemeinsamkeit der Stimmung dabei überall vorhanden sein, so denkt der eine doch leicht an etwas anderes als der andere, darin drückt sich aus, daß die Sache einstweilen noch in einem Gärungsprozeß steht“4. Noch drastischer konnte es der klassische Philologe Albrecht Dieterich 1904 auf dem „Zweiten Internationalen Kongress für Religionsgeschichte“ in Basel ausdrücken: „Es ist wissenschaftlich das Zeitalter der Religionsgeschichte, in dem wir leben“5. Und Carl Clemen, der ab 1910 außerordentlicher und ab 1920 ordentlicher Professor für Neues Testament und Religionsgeschichte in Bonn war, konnte ebenfalls 1904 schreiben, wer gegenwärtig als Theologe nach einen zeitgemäßen Thema für einen Vortrag suche, käme an der religionsgeschichtlichen Methode gar nicht vorbei.6 Wir werden sehen, wie sich dieser allgemeine Zustand in der Leipziger akademischen Theologie präsentiert hat.

2. Leipziger Theologie und theologische Gelehrsamkeit in der Zeit Georg Heinricis Leipzig war vor dem Ersten Weltkrieg, woran man sich zu Beginn vielleicht erinnern sollte, nicht nur ein, sondern das deutsche Zentrum der wissenschaftlichen Buchproduktion.7 Unter den zahlreichen Verlagen der Stadt spielte für die akademische Theologie besonders die J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung eine ausschlaggebende Rolle, die, 1796 unter anderem Namen gegründet (seit 1819 unter diesem Namen), weltweit bekannt wurde v. a. als Verlag der „Allgemeinen Bibliographie für Deutschland“, der Vorläuferin der deutschen Nationalbibliographie, die seit 1867 täglich erschien und das gesamte in Deutschland erscheinende Schrifttum verzeichnete. Der zusammenfassende Hinrichs’ 4 Wrede,

Das theologische Studium, 64. nach Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 48. 6 Clemen, Die religionsgeschichtliche Methode, Vorwort. 7 Plassmann, Art. Leipzig, bietet eine Geschichte der Leipziger Verlage, Buchhandlungen und Bibliotheken. Die Geschichte der einzelnen Verlage ist umfassend in den entsprechenden Artikeln des Lexikons des gesamten Buchwesens (2. Aufl. Stuttgart 1987–2016) zur Darstellung gebracht. Zentrum des Verlagswesens war zur Zeit Heinricis das 1888 eingeweihte Deutsche Buchhändlerhaus in der Hospitalstrasse (damals Prager Strasse), das im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. Es beherbergte neben dem Sitz des Börsenvereins auch z. B. Deutschlands erste Blindenbücherei und im Festsaal ein prachtvolles Glasgemälde, das Leipzigs Rolle für den Buchhandel thematisierte. Heute befindet sich an der gleichen Stelle das Leipziger Haus des Buches. 5 Zit.

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Katalog erschien 1851–1912. 1916 übernahm dann der „Börsenverein der deutschen Buchhändler“ (der unter diesem Namen 1825–1990 existierte) das Großprojekt. Die J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung publizierte seit 1876 auch die Theologische Literaturzeitung, deren erster Schriftführer der Neutestamentler Emil Schürer (1844–1910) war, übrigens ein Nicht-Lutheraner.8 Andere grundlegende Publikationen des Verlages waren Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur (ab 1883), Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte (ab 1891), die Assyriologische Bibliothek (ab 1881) u. a., vor allem natürlich die Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche in ihrer dritten, „Leipziger“ Ausgabe (1896–1913), auf die wir noch zu sprechen kommen werden, das größte Projekt der Leipziger Theologie am Beginn des 20. Jahrhunderts, und das umfassendste Lexikon des deutschen Protestantismus vor dem Ersten Weltkrieg. Auch die Festschrift für Heinrici 1914 erschien in diesem Verlag, für den Heinrici manches schrieb, wie auch für den Verlag der Dürr’schen Buchhandlung, Leipzig. Wir beginnen mit dieser Beobachtung zum Verlagswesen, weil es die Stellung der Leipziger Theologie mehr als nur flankiert. Die Universität Leipzig (gegründet 1409 und damit die zweitälteste in Deutschland) entwickelte vor allem in der Mitte und zweiten Hälfte des 19. Jhs. einen durchaus eigenen Charakter, der nicht zuletzt der historischen, sprachwissenschaftlich-philologischen (Junggrammatische Schule9), orientalistischen und auch theologischen Forschung zu Gute kam. Natürlich reichen die Anfänge dieser gelehrten Traditionen weiter zurück, etwa in den klassischen oder auch den arabischen Studien, und schon 1678 war von dem Juristen Christian Thomasius die erste reguläre akademische Vorlesung nicht in lateinischer, sondern in deutscher Sprache gehalten worden.10 Aber das 19. Jahrhundert brachte doch weitreichende Veränderungen in Forschung und akademischem Leben mit sich, von denen wir einige kurz benennen werden. Zu allen Zeiten besaß Leipzig dabei eine bedeutende Theologische Fakultät. Wir blicken in einem ersten Gang auf einige Entwicklungen und Namen der Fakultät Ende des 19. und Anfang des 20. Jhs., und dann sehr kurz auf das weitere universitäre Umfeld, um auch insofern den Rahmen der Diskussionen im Blick zu haben, die wir danach kurz referieren wollen. Insbesondere war die Leipziger neutestamentliche Wissenschaft für alle an der Bibel Interessierten mit dem Namen Konstantin von Tischendorf (1815–1874) verbunden, der hier bis zu seinem Tod gewirkt hatte, und die philologische und textorientierte Grundausrichtung Leipzigs verkörperte, welche aber die Theologische Fakultät nur  8 Er wurde 1868 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert und war ab 1873 ao. Professor. 1879 wechselte Schürer gemeinsam mit Harnack an die Universität Gießen (Ludoviciana), ein großer Verlust für Leipzig.  9 Vgl. Einhauser, Die Junggrammatiker, bes. 596–601. 10 Kern, Rechtswissenschaft, 115.

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partiell einbezog. Offenbar war es Tischendorf, der bereits vor Heinrici die Idee eines neuen Wettstein, wenn auch sehr vage, angedacht hatte.11 Kurz vor Tischendorfs Tod reiste ein junger amerikanischer Student nach Leipzig, der bei diesem weltbekanntesten aller Textkritiker lernen wollte, aber leider nur noch posthum seine Schriften herausgeben konnte (Tischendorf hatte gerade einen Schlaganfall erlitten): der Presbyterianer Caspar René Gregory (1846–1917), der als volkstümlicher und politisch liberaler Gelehrter in der Leipziger Theologischen Fakultät bis zum Ersten Weltkrieg wirkte und Gegenstand zahlreicher Anekdoten wurde (vor allem über seine allen zugewandte Großzügigkeit).12 Mit diesen beiden Namen ist die Geltung Leipzigs für die Arbeit am Text des Neuen Testamentes festgeschrieben. (Gregory war auch Mitarbeiter an der ThLZ). Zum Beginn des Ersten Weltkrieges August 1914 trat der Deutsch-Amerikaner Gregory, seit 1881 sächsischer Staatsbürger und zu dieser Zeit bereits 68-jährig, in das deutsche Heer ein, dessen ältester Freiwilliger er war. Diese Aktion brachte ihn damals in alle deutschen Zeitungen. Er starb an der Westfront am 9. April 1917. Es sollen nun nicht alle Mitglieder der Theologischen Fakultät oder deren interne theologische Diskussionen vorgestellt werden: der Leipziger Kirchengeschichtler Klaus Fitschen hat eine knappe, aber materialreiche Geschichte der Fakultät publiziert, die das erfüllt.13 Wir nennen nur einige weitere ausgewählte Aspekte, um deutlich zu machen, in welchem wissenschaftlichen Umfeld sich der Neutestamentler Heinrici bewegte, als er 1892 von Marburg nach Leipzig wechselte. Christoph Ernst Luthardt (1823–1902), ab 1856 Professor in Leipzig, galt als eine Säule des Neuluthertums14 und war nicht zuletzt der akademische Lehrer von Ernst von Dobschütz (1870–1934), den wir noch mehrfach zu erwähnen haben werden. Wie Heinrici war er vor seiner Leipziger Zeit in Marburg tätig gewesen. 1868 bis 1880 war Luthardt Herausgeber der Allgemeinen lutherischen Kirchenzeitung und 1880 bis 1900 des Theologischen Literaturblatts. Natürlich interessierten sich auch Leipziger systematische und sonstige Theologen in begrenztem Umfang für Religionsgeschichte: so las der 1905 in Leipzig habilitierte August Reinhold Emil Wilhelm Hunzinger (1871–1920) im Sommersemester 1907 Über die sogenannte religionsgeschichtliche Methode, ohne je selbst

11 Die

sehr vagen Indizien dazu s. bei Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 23 Anm. 1. Böttrich, Caspar René Gregory. 13 Fitschen, Theologie. Für die ältere Geschichte ist grundlegend Kirn, Die Leipziger Theologische Fakultät. 14 Aus Luthardts Schriften nennen wir nur: Über die Darstellung des Schmerzes in der bildenden Kunst, Leipzig 1864; Apologie des Christentums, 4 Bde., Leipzig 1864–1880; Kompendium der Dogmatik, Leipzig 1865, 101900; Apologetische Vorträge, Leipzig 1880; Geschichte der christlichen Ethik, 2 Bde., Leipzig 1888–1893; Erinnerungen aus vergangenen Tagen, Leipzig 1889, ²1891; Die christliche Glaubenslehre gemeinverständlich dargestellt, Leipzig 1898. Missglückt waren seine ins Neue Testament reichenden Bemühungen, die apostolische Verfasserschaft des vierten Evangeliums nachzuweisen. 12 Vgl.

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etwas Religionswissenschaftliches publiziert zu haben (er wurde bekannt vor allem als plattdeutscher Prediger in Hamburg). Der international beachtete Alttestamentler Franz Delitzsch (1813–1890), der aber schon 1890 vor Heinricis Berufung (1892) gestorben war, vertrat eine vorsichtig fortschrittliche Sicht auf das Alte Testament und öffnete damit auch für weitere Kreise einen Zugang zur neueren Bibelwissenschaft. Luthardt und Delitzsch sind in vieler Hinsicht charakteristisch für das Leipziger theologische Milieu, das hochgelehrt, in den Interessen durchaus weltoffen, aber nicht liberal, sondern tendenziell in vieler Hinsicht eher konservativ und vor allem lutherisch eingestellt war. Delitzsch gehört, was wir noch erwähnen wollen, in gewissem Sinn in das Vorfeld der Erforscher des „palästinischen Erdgeruchs“15 (eine Formulierung Hugo Gressmanns von 1909), deren Grundidee die beharrliche Konstanz des bäuerlichen Lebens war und die vor allem Ende des 19., Anfang des 20. Jhs. die Realien des Heiligen Landes, seine Kultur‑ und Mentalitätsgeschichte (um einen etwas anachronistischen, aber treffenden Begriff zu verwenden) zum Forschungsgegenstand machten (im englischen Sprachraum gehörte in das Umfeld etwa Samuel Ives Curtiss, 1844–1904). Gegenüber der entstehenden biblischen Archäologie zogen sie in großem Umfang neben der rabbinischen Literatur auch Beobachtungen aus dem gegenwärtigen Volksleben Palästinas einschließlich der islamischen bäuerlichen und beduinischen Bevölkerung heran und waren überhaupt stärker als vergangene Generationen an Palästina interessiert. Zu dieser Forschungsrichtung gehörte in Deutschland v. a. Gustaf Dalman (geb. Marx, 1855–1941), den Franz Delitzsch an das Institutum Judaicum in Leipzig geholt hatte, und der auch zeitgenössische Folklore aus Palästina veröffentlichte.16 1891 wurde er Privatdozent und ab 1895 außerordentlicher Professor für Altes Testament und Judaistik in Leipzig und zu einem der weltweit führenden Erforscher des antiken v. a. rabbinischen Judentums und seiner Sprachen. Schon 1901, also noch in seiner Leipziger Zeit, erschien seine 1899/1900 in Palästina zusammengetragene Sammlung volkstümlicher Lieder, Rätsel, Sprüche und Spottverse (Text und Übersetzung, z. T. mit den Melodien), die zu einem Grundbuch der palästinischen Volkskunde geworden ist: Palästinischer Diwan (Leipzig 1901). Ab 1902 wurde er dann (bis 1917) der erste Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem, und zum bekanntesten Palästinakundler seiner Zeit und Verfasser grundlegender Werke zur aramäischen und hebräischen Sprache und 15 Gressmann,

Palästinas Erdgeruch. Dalmans Leipziger Zeit vgl. Männchen, Gustaf Dalmans Leben. Julia Männchen (1939–2018) hat in einer Reihe grundlegender Studien das Wirken Dalmans und seine palästinakundlichen und judaistischen Studien umfassend erforscht und dokumentiert. Zu den etwas jüngeren Vertretern dieser Forschungsrichtung gehört der bemerkenswerte palästinensische Arzt, Tropenmediziner und engagierte Volkskundler Taufic Canaan (1882–1964), dem wir neben vielen Publikationen in deutscher, englischer und arabischer Sprache u. a. eine bedeutende Sammlung palästinensischer Amulette und Talismane verdanken. 16 Über

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der Realien des Lebens in Palästina. 1908 war bei ihm Albrecht Alt (1883–1956) im Kontext seiner erster Palästina-Reise Stipendiat, womit sich die nächste Generation der alttestamentlichen Wissenschaft abzeichnete. (1923 wurde Alt dann Professor für Altes Testament in Leipzig, und blieb es bis weit in DDRZeiten hinein). Rudolf Kittel (1853–1929, in Leipzig ab 1898) gab hier ab 1905 (vollständig 1909) die Standardausgabe des Alten Testaments heraus, das Vorgängerwerk der heutigen Biblia Hebraica Stuttgartensia. In den schwierigen Jahren 1917/18 und 1918/1919 war Kittel auch Rektor der Universität. Sein Sohn, der Neutestamentler Gerhard Kittel (1888–1948), war in Leipzig 1917–1921 Privatdozent und außerordentlicher Professor, ehe ihn eine Berufung nach Greifswald führte: er wurde bekanntlich der Begründer des Kittelschen Wörterbuches (ThW), eines der wichtigsten Großprojekte neutestamentlicher Wissenschaft im 20. Jh., war aber in späteren Jahren durch seine Verbindung zu den Deutschen Christen und als Antisemit eine tief problematische Figur17. Der Däne Frants Buhl (1850–1932), der Nachfolger Delitzschs und Hauptautor des neuen Gesenius von 1915 (17. Aufl.), arbeitete an der Leipziger Fakultät einige Jahre, ehe er 1898 nach Kopenhagen zurückging. Emil Schürer und Adolf von Harnack haben in Leipzig gelehrt, wenn auch beide nur kurz: liberal war Leipzig nicht. In den 1870er Jahren lehrte auch der in Leipzig promovierte und habilitierte DelitzschSchüler Wolf Wilhelm Graf von Baudissin (1847–1926)18, ehe er 1876 nach Straßburg und später nach Marburg und Berlin wechselte. Heinrici kannte Baudissin, der trotz starker religionsgeschichtlicher Interessen zum Wellhausen-Gegner wurde, sehr gut: Baudissin schrieb dann auch für Heinricis Festschrift. In der Kirchengeschichte wirkte seit 1889 Albert Hauck (1845–1918), ein Schüler Leopold von Rankes, berühmt durch seine mehrbändige Kirchengeschichte Deutschlands (1887–1920) und Rektor der Universität im akademischen Jahr 1898–1899. Heute ist er vor allem in Erinnerung als alleiniger Herausgeber der dritten Auflage der Realencyclopädie für Protestantische Theologie und Kirche (24 Bände, 1896–1913), eine kaum vorstellbare Arbeitsleistung für einen einzelnen Mann, im Ergebnis ein „Thesaurus protestantischer Identitätsstiftung“19. Martin Teubner hat die Programmatik und die redaktionellen Entscheidungen dieser Enzyklopädie in einer kurzen, aber sehr gehaltreichen Studie herausgearbeitet.20 Diese wird dabei als ein dezidiert theologisches Werk sichtbar, das zugleich 17 Vgl.

Junginger, Gerhard Kittel (mit der älteren Literatur). war auch Schüler des Leipziger Orientalisten Heinrich Leberecht Fleischer (1801–1888), der Leipzig zum Mekka der Arabistik gemacht hatte und bei dem fast alle deutschen Arabisten dieser Jahre studiert haben. Auch er war von Hause aus promovierter Theologe. Fleischer ist auch der Hauptbegründer der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (gegr. 1845 in Darmstadt), deren Vorstufen sich in Fleischers Haus in der Leipziger Nikolaistrasse trafen. Vgl. insgesamt Fück, Die Arabischen Studien in Europa bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts. 19 Teubner, Albert Hauck, 346. 20 Teubner, a. a. O., passim. 18 Baudissin

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Heimstätte sehr divergierender Theologien sein sollte. Heinrici wirkte an dem Werk, dem unmittelbaren Vorläufer der TRE, mit vielen Beiträge vor allem patristischen Inhaltes mit. Es ist aber bezeichnend, dass ihm auch der zusammenfassende Artikel Encyclopädie, theologische anvertraut wurde (Bd. 5, 1898, 351– 364)21, in dem die wissenschaftlich-theologische Arbeit pointiert gerade nicht von Glauben und Weltanschauung des Forschers gelöst wird. Der kämpferische Lutheraner Luthardt kam in dem gesamten Werk dagegen nur in einem eher unbedeutenden historischen Beitrag zu Wort. Viele grundlegende Beiträge zu systematischen Themen wie Bibel, Christologie, Schriftlehre, Eschatologie, Offenbarung, Ewiges Leben, Göttliches Gericht waren Martin Kähler anvertraut worden (der von 1867 bis zu seinem Tod 1912 im benachbarten Halle wirkte), und auch der Begründer eines akademischen Biblizismus August Hermann Cremer (Greifswald) schrieb zahlreiche Beiträge (Adolf Schlatter dagegen wurde aus unbekannten Gründen völlig übergangen). Dennoch war das Werk nicht einfach „konservativ“, denn von den Vertretern der Religionsgeschichtlichen Schule kamen zwar nicht Gunkel und Eichhorn, wohl aber Wilhelm Bousset, Johannes Weiß und vor allem ausführlich und mit langen Artikeln Ernst Troeltsch zu Wort.22 Harnack wurden nur sozusagen ungefährliche Artikel übergeben, also z. B. nicht ein Beitrag zur Dogmengeschichte. Heinricis Platz in diesem Panorama deutscher Theologie um die Jahrhundertwende wird recht deutlich. Auf seinen Leipziger Kollegen Heinrici hielt Albert Hauck dann am 14. November 1915 auch eine Gedächtnisrede, in der er u. a. sagte: „Denn er gehörte zu den abgerundeten, völlig durchgebildeten Persönlichkeiten. Sucht man seine Eigenart zu erfassen, so drängt sich vor allem die Bemerkung auf, daß der Sinn für das Maß und das wie unwillkürliche Maßhalten bei ihm ungewöhnlich entwickelt war. Er hatte eine ausgesprochene Abneigung gegen alles Extreme und Übertriebene“23.

Der Charakter der Leipziger Theologie erhellt gerade aus diesem großangelegten enzyklopädischen Projekt, das über die Theologie in ihrem ganzen Spektrum der Kirche dienen wollte, gegenüber der Religionswissenschaft aber zurückhaltend blieb. Die früheren Auflagen waren noch ein Erlanger Produkt gewesen (auch die in Amerika verbreitete Schaff-Herzog Encyclopedia of Religious Knowledge war einfach eine Übersetzung der 2. Auflage gewesen, zu der noch 1908–1914 ein Update unter Benutzung der dritten deutschen Auflage publiziert wurde). Es ist diese RE³ ohne Frage das auch international bedeutendste theologische Lexikon an der Wende vom 19. zum 20. Jh. Freilich war die Realencyclopädie ein im engeren Sinn binnentheologisches Werk: wie eine wirkliche Ausweitung den Fragen der Religionswissenschaft gegenüber ausgesehen hätte, demonstriert im Kontrast die sehr viel innovativere schottische Encyclopedia of Religions and 21 Vgl.

dazu Teubner, a. a. O., 339. die Einzelnachweise bei Teubner, a. a. O., 341 f. 23 Hauck, Worte zum Gedächtnis an Georg Heinrici, 122. 22 Vgl.

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Ethics, herausgegeben von dem Theologen James Hastings (1852–1922) und in 13 Bänden zwischen 1908 und 1927 in Edinburgh erschienen (während die RGG in ihrer ersten Auflage eine Art Mittelstellung zwischen diesen beiden deutlich umfangreicheren Werken einnahm). Die RE³ steht jedenfalls für eine enger kirchenbezogene Definition eines Großlexikons zum Thema Religion.24 Heinrici kann sehr genau in diesem theologischen Ambiente verortet werden: an der allmählich bekannt werdenden außereuropäischen religiösen Welt zeigt er kein besonderes Interesse, und selbst in Bezug auf die Antike beschäftigen ihn eher hellenistische als orientalische Bezüge (s. u.), so sehr ihn, wie wir sehen werden, das Verhältnis zur neuen Religionswissenschaft auch hermeneutisch bewegte.

3. Das Leipziger Institut für vergleichende Religionsgeschichte 1914 wurden auf Betreiben des Kultur‑ und Wirtschaftshistorikers Karl Lamprecht (der 1910–1911 Rektor der Universität gewesen war) zwölf Forschungsinstitute in Leipzig errichtet, deren Arbeit inhaltlich den Fakultäten zugeordnet wurde, die aber ausschließlich der Forschung dienen sollten.25 Das ganze Unternehmen war ohne Frage auch als Konkurrenz zu den Berliner Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gedacht, die ab 1911 in rascher Folge entstanden (und deren erster Präsident Harnack wurde). Das erste dieser Leipziger Institute war der vergleichenden Religionsgeschichte gewidmet: ein deutliches Indiz für die Stellung, welche die noch im Rahmen der Theologie betriebene Religionsgeschichte in der universitären Community auch aus gesamtuniversitärer Sicht innehaben sollte. Lamprecht und Heinrici waren eng befreundet26: wir wissen aber nicht genau, welche Gespräche im Hintergrund stattgefunden haben mochten. Das neue Institut organisierte sich in drei Abteilungen, die allgemein religionsgeschichtlicher, alttestamentlicher und neutestamentlicher Art waren. Die (anfänglich beträchtlichen) finanziellen Mittel, die das Ministerium zur Verfügung stellte, sollten zwischen den drei Abteilungen gedrittelt werden.27 24 Im Rückblick fällt v. a. das hohe Niveau der historischen Beiträge auf, das nicht selten über dem neuerer Enzyklopädien wie RGG und TRE liegt. Nebenbei ist die Behauptung von Gerald Seelig falsch, Albert Hauck sei 1938 (!) Vorsitzender der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft gewesen (Seelig, a. a. O., 212); Seelig verwechselt ihn hier mit dem Neutestamentler Friedrich Hauck (1882–1954). 25 Vgl. zum Folgenden ausführlich Haas, Das Leipziger Forschungsinstitut; Rudolph, Heinrici und die Religionsgeschichte; Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 122–259. Lamprecht hatte in Leipzig bereits 1909 das königlich-sächsische Institut für Kultur‑ und Universalgeschichte gegründet, das erste geisteswissenschaftliche Institut in Deutschland, das nicht einer Universität, sondern unmittelbar dem Ministerium unterstand. 26 Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 152 mit einigen Belegen. 27 Was über die finanzielle Seite der Sache bekannt ist, hat Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 110 f. zusammengestellt. A. a. O., 114 Anm. 4 wird die Geschichte der räumlichen Unterbringung des Religionswissenschaftlichen Instituts dargestellt.

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Die ersten Leiter der neuen Einrichtung waren Nathan Söderblom, Rudolf Kittel und Georg Heinrici; Nachfolger des ersteren wurde nach Söderbloms Weggang aus Leipzig der Theologe und Japanologe Hans Haas (1868–1934; Pfarrer in Japan 1898–1909), Nachfolger des letzteren Heinricis Nachfolger auf dem Leipziger Lehrstuhl Johannes Leipoldt (beide bereits 1915). Die Gesamtleitung sollte mit jedem Kalenderjahr turnusmäßig zwischen den drei Teilinstituten wechseln; es war also an eine enge Zusammenarbeit (in Anbindung an die Theologische Fakultät) gedacht (Haas war später mehrfach zugleich Dekan der Theologischen Fakultät, hat sich jedoch auch intensiv um eine religionswissenschaftliche Sensibilisierung der Missionswerke und der Theologie bemüht). Eines der wegweisenden, innovativen Projekte des neuen Institutes war eine detailliert geplante Religionskunde in Bildern und Karten, für die ein umfassendes Foto-Archiv aufgebaut werden sollte. (Das 1934 nach 20 Lieferungen unvollendet gebliebene Werk Bilderatlas zur Religionsgeschichte wurde zum Vorbild der ab 1970 unter Federführung der Universität Groningen begründeten Iconography of Religions). Für die neutestamentliche Abteilung plante Heinrici den Neuen Wettstein, das Corpus Hellenisticum Novi Testamenti, das als eine Gesamtsammlung des hellenistisch-römischen Parallelenmaterials dienen sollte.28 Heinrici hatte dabei insofern gegenüber seiner Vorlage eine Kürzung im Blick, als er die rabbinische Literatur (aus der bei Wettstein einiges in lateinischer Übersetzung zitiert war) ausschließen wollte, aber nach Heinricis Tod hob Leipoldt diese Einschränkung sofort auf und plante sogar, zahlreiche noch nicht auf Deutsch vorliegende rabbinische Texte zu übersetzen.29 Von Paul Billerbecks großem Unternehmen haben beide vielleicht noch gar nicht gewusst, zumal es erst ab 1922 erschien. Der Schwerpunkt des Neuen Wettstein lag natürlich auf der griechisch-hellenistischen Literatur, während eine Einbeziehung der Inschriften und Papyri nicht angedacht war, die völlig andere Arten von Expertise erfordert hätte30. Heinrici nahm an der entstehenden Papyrusforschung durchaus Anteil, nicht zuletzt durch die schwierige Edition des Leipziger Septuaginta-Psalters aus dem 4. Jh. (der kurioserweise auf der Rückseite von Steuerlisten geschrieben ist).31 Daher wird ihm bewusst gewesen sein, dass dies nicht gleichzeitig zu leisten war. Noch unklar war, ob der Schwerpunkt eher auf der sprachlichen oder eher auf der sachbezogenen Erklärung liegen sollte, und wie Gerald Seelig 28 Vgl. Heinrici, Vertraulich, sowie die ausführliche Darstellung bei Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, zusammenfassend 125. 29 Vgl. dazu Seelig, a. a. O., 126–129. 30 Vgl. zu dieser bewussten Einschränkung Seelig, a. a. O., 128, mit den Belegen. Ab 1898 erschienen die „Oxyrhynchus Papyri“, ab 1901 das durch Ulrich Wilcken begründete Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete (im Leipziger B. G. Teubner-Verlag). 31 Vgl. zur Bedeutung dieser Edition und überhaupt zur älteren Papyrusforschung und den ersten Papyruserwerbungen in Leipzig Preisendanz, Papyrusfunde, 186–188. Adolf Deißmann betrachtete seine papyrologischen Forschungen als direkte Fortsetzung des von seinem Lehrer Heinrici übernommenen Ansatzes: Deiẞmann, Licht vom Osten, 225 Anm. 5.

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richtig bemerkt hat, behinderte der Plan, etwas „Ultimatives“ zu schaffen, das Projekt auf Jahrzehnte.32 Als Mitarbeiter wurden noch zu Lebzeiten Heinricis E. v. Dobschütz, H. Lietzmann, H. Windisch, W. Bauer, W. Heitmüller, M. Dibelius, C. Clemen und G. Kittel angesprochen. Heitmüller war der einzige dieser Forscher, der in näherem Kontakt zur Religionsgeschichtlichen Schule stand.33 Johannes Leipoldt wollte auch missionswissenschaftliche Arbeiten im Rahmen des Institutes publizieren, allerdings unter der Richtlinie, dass nur religionsvergleichende Arbeiten erscheinen sollten.34 Kriegsbedingt befanden sich viele deutsche Missionare zurück in der Heimat, von denen manche bedeutendes religionswissenschaftliches Material gesammelt hatten.35 Die als Reihe des Institutes geplanten Arbeiten zur Religionsgeschichte des Urchristentums wurden mit Heinricis posthumer und nicht völlig abgeschlossener Studie Die HermesMystik und das Neue Testament 1918 eröffnet, die wohl eine Vorstudie zum Neuen Wettstein gewesen wäre.36 Das entsprach Heinricis Zweistufenplan, erst in einer Reihe von Monographien Einzelstudien und Sammlungen zum Thema vorzulegen, ehe das eigentliche Kommentarwerk angegangen werden konnte.37 Der Alttestamentler Rudolf Kittel visierte für sein Teilinstitut eine Ausgabe der Targume, der Biblia Hebraica sowie Arbeit an der Septuaginta an, um ihren textkritischen Beitrag zum Alten Testament besser einbeziehen zu können. Ihm zur 32 Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 131. A. a. O., 153 Anm. 120 spricht Seelig gar von den „gigantomanischen Zügen“, die Lamprechts und Heinricis Projekte verbänden. 33 Vg. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 195 f. 34  So explizit Haas, Das Leipziger Forschungsinstitut, 440. 35  Ein Beispiel aus dem Leipziger Missionswerk ist Bruno Gutmann (1876–1966), der nach seinem Studium in Leipzig ab 1902 zum wichtigsten Erforscher des Chagga-Volkes in Tanganjika (heute Tansania) wurde und seine Kultur umfassend dokumentierte. Er wurde 1920 nach den Bedingungen des Versailler Vertrages aus Tanganjika ausgewiesen, konnte aber später zurückkehren. Erlangen und Würzburg verliehen ihm für seine immense ethnologische Arbeit zur Bewahrung der afrikanischen Traditionen 1924 bzw. 1926 Ehrendoktorwürden. Sein Hauptwerk ist die monumentale kommentierte Sammlung mündlicher Überlieferungen in Originalsprache und Übersetzung Die Stammeslehren der Dschagga (3 Bde., München 1932–1938), eines der großen Werke der deutschen Afrikanistik. 36 Die von Hans Haas herausgegebenen Veröffentlichungen des Forschungsinstituts für vergleichende Religionsgeschichte an der Universität Leipzig (in denen 1924 Joachim Wachs wegweisende „Religionswissenschaft“ erschien, die die methodische Trennung zwischen Theologie und Religionswissenschaft programmatisch definierte) begannen ihr Erscheinen mit der im Text erwähnten vielbändigen Religionsgeschichtlichen Bibliographie (1917–1925), die in Ergänzung des Archivs für Religionswissenschaft von Carl Clemen herausgegeben wurde. Die Reihe bestand bis 1927 und publizierte auch bedeutende jüdische Arbeiten wie solche von Lazar Gulkowitsch (1898–1941), der 1927 erstmals in Leipzig über Rationale und mystische Elemente in der jüdischen Religion las und zu einem Begründer talmudischer Begriffsgeschichte wurde. Die sächsische Regierung berief ihn 1932 zum außerordentlichen Professor für Wissenschaft des späten Judentums an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig (mit Unterstützung der Theologischen Fakultät), doch wurde ihm der Lehrauftrag 1933 wieder entzogen, worauf er nach Tartu (Dorpat) floh. Dort lehrte er in deutscher Sprache an der Universität, ehe er und seine Familie 1941 von den einrückenden deutschen Verbänden ermordet wurden. 37 Vgl. dazu Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 125 f.

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Seite trat bereits Albrecht Alt. Die neue Biblia Hebraica (für die der erst 1914 bei Kittel promovierte Friedrich Baumgärtel die Verantwortung übernahm) sollte in Fortführung von Kittels zuerst 1906 in Leipzig erschienener Biblia Hebraica herausgegeben werden, der ersten modernen wissenschaftlichen AT-Ausgabe, die ab 1921 von der Württembergischen Bibelanstalt fortgeführt wurde. Man plante in großem Stil! Zu den ersten Produkten des Institutes gehörte eine 1917 erschienene Religionsgeschichtliche Bibliographie, welche Literatur der Jahre 1914 und 1915 besprach. Auch sie konnte wie so viele akademische Reihen in der Nachkriegszeit nur wenige Jahre (in diesem Fall bis zum Erfassungsjahrgang 1923) fortgesetzt werden. Nahezu alle diese Projekte wurden dennoch zu Keimzellen großer Wissenschaftsunternehmungen im 20. und 21. Jahrhundert. Es ist nichts Geringes, dass Heinrici an ihrer Geburt mitgewirkt hat.

4. Zum akademischen Kontext der Leipziger Theologie in der Gesamtuniversität Die Bedeutung der Theologie insgesamt im Kontext der Universität und ihrer raschen Fächerausweitung ging zu dieser Zeit freilich bereits zurück: 1838 waren 30 % der Leipziger Studenten Theologen, 1908 waren es nur noch 7 %. Dennoch blieb Leipzig eine der vier größten evangelisch-theologischen Fakultäten in Deutschland, neben Berlin, Tübingen und Halle. Über die systematischen Theologen, Lutherforscher und Liturgiewissenschaftler in Leipzig kann an dieser Stelle nicht ausführlicher gesprochen werden. Heinrici war seit 1892 in Leipzig (als Nachfolger Theodor Zahns, der hier 1888–1892 gelehrt hatte, ehe er nach Erlangen zurückkehrte, und der wie Heinrici eigentlich als Neutestamentler habilitiert war, aber vielfach auch auf patristischem Gebiet arbeitete).38 Heinrici war, wie wir vielleicht an dieser Stelle erwähnen können, als schon renommierter Forscher berufen worden: nach seiner Habilitation 1872 in Berlin war er 1873 nach Marburg gewechselt, wo er 1881 Konsistorialrat und in Kassel Mitglied des Gesamtkonsistoriums wurde. 1884/85 war er Rektor der Marburger Universität (1877, 1881 und 1887 auch Dekan der Theologischen Fakultät). 1880–1887 waren seine beiden großen Kommentare zu den Korintherbriefen erschienen, die bis heute wertvoll sind.39 Besonderes Interesse verdient für unsere weiteren Fragen die Entstehung einer eigenen Religionswissenschaft in Leipzig und ihre allmähliche Lösung aus der Theologie. (Dieser letztere Prozess liegt aber weithin jenseits unseres Zeit38 Zahn war von Luthardt angeworben worden: es ist jedoch interessant, dass er das kollegiale Miteinander in Leipzig als ausgesprochen defizitär erlebt, ohne Einzelheiten mitzuteilen, und froh war, als er in das beschaulichere Erlangen zurückkehren konnte: Theodor Zahn, in: Stange (Hg.), Die Religionswissenschaft der Gegenwart, 242 f. 39 Kümmel, Art. Heinrici.

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rahmens, und kann daher in diesem Beitrag nur kurz zur Sprache kommen; s. u.). 1912 bis 1914 hatte Nathan Söderblom (1866–1931), späterer Friedensnobelpreisträger (1930), den ersten deutschen Lehrstuhl für Religionswissenschaft (im engeren Sinn) in Leipzig inne; wir kommen darauf noch einmal zurück.40 An dieser Stelle geht es nur darum, einen Gesamteindruck des akademischen Umfeldes Heinricis und seines Platzes in diesem zu gewinnen, und dabei sind andere Entwicklungen näherliegend. Leipzig streckte sich auch bereits lange vor der genannten Institutsgründung in Richtung Religionsgeschichte, Orient und Ethnologie aus, meist von einer philologischen Basis ausgehend. Einige Beispiele müssen an dieser Stelle genügen, ehe wir uns wieder den Theologen zuwenden. Heinrich Leberecht Fleischer (1801–1888), der Begründer der wissenschaftlichen Arabistik in Deutschland, den wir oben bereits en passant erwähnten, hatte in Leipzig 1836 den „Lehrstuhl für morgenländische Sprachen“ übernommen.41 1878 wurde hier auf Anregung von Hans Georg Conon von der Gabelentz (1840– 1893), Spross der sächsischen Adelsfamilie Gabelentz mit Sitz auf Schloss Poschwitz, eine außerordentliche Professur für ostasiatische Sprachen eingerichtet, der erste akademische Posten im deutschen Sprachraum, der spezifisch dem Chinesischen und Japanischen gewidmet war, und deren Inhaber von Gabelentz wurde (1889 wurde er auf eine ordentlicher Professor für ostasiatische Sprachen und allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin berufen). In Leipzig schrieb von Gabelentz sein Hauptwerk, die Chinesische Grammatik (1881), die mit ihrer synchronen Betrachtung für viele neuere Grammatiken wegweisend wurde. In der Orientalistik wäre an Heinrich Zimmern (1862–1931) zu denken, der erst bei Franz Delitzsch, dann bei seinem Sohn Friedrich Delitzsch studiert hatte, 1894 als außerordentlicher Professor für Assyriologie am Altorientalischen Institut der Universität Leipzig zu dessen Nachfolger wurde, bis er nach einer kurzen Zeit in Breslau im Jahr 1900 ordentlicher Professor für Orientalische Sprachen an der Universität Leipzig wurde (Begründung des Leipziger Semitistischen Institutes). Seine Arbeit steht für eine Erforschung der altmesopotamischen Kulturen mit stetem Blick auch auf das Alte Testament.42 Karl Sudhoff (1853–1938) begründet in Leipzig 1906 das Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, das seit 1938 seinen Namen trägt, das erste medizinhistorisches Institut der Welt, und das auch noch heute besteht. Mit Sudhoffs Schwerpunkt auf der Paracelsus-Forschung und ‑Edi40 Zu

dem etwas früheren, aber ganz anders gelagerten Lehrstuhl in Berlin, s. u. hob die Arabistik auf eine neue methodische Höhe und verschaffte ihr internationales Ansehen, doch gab es eine Tradition arabischer Studien in Leipzig schon seit Johann Christian Clodius (1676–1745) und Johann Jacob Reiske (1716–1774). 42 Als krönender Höhepunkt dieses Ansatzes darf die von Heinrich Zimmern und Hugo Winckler verantwortete völlige Neugestaltung von Eberhard Schrader, Die Keilinschriften und das Alte Testament, Dritte Auflage, mit Ausdehnung auf die Apokryphen, Pseudepigraphen und das Neue Testament, Berlin 1903 gelten, ein trotz Wincklers Panbabylonismus mäßigendes, behutsames und überaus gründliches Werk. 41 Fleischer

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tion43 berührte auch diese Arbeit religions‑ und kirchengeschichtliche Fragen auf vielfache Weise. Abschließend nenne ich noch einen etwas früheren Namen, den Heinrici selbst mit Bewunderung erwähnt. Wilhelm Wundt (1832–1920) hatte 1879 in Leipzig das erste Institut für experimentelle Psychologie eröffnet, und gilt als Begründer der Psychologie als eigenständiger Wissenschaft. Zugleich wurde er einer der Väter dessen, was wir heute Kulturpsychologie nennen könnten, auch wenn seine Methodik zu diesen Fragen heute überholt ist. Am 31. August 1920 starb er in Großbothen (heute zu Grimma); eine Gesamtedition seiner erhaltenen Briefe wird zur Zeit in Leipzig erarbeitet. In seiner Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythos und Sitte (10 Bände, Leipzig 1900–1920) hatte er nicht zuletzt auch eine Analyse der Religionsgeschichte vorgelegt. (Den Begriff „Völkerpsychologie“ hatte natürlich bereits Wilhelm von Humboldt geprägt, in einem freilich deutlich anderen Sinn: Wundt visierte eher eine Art Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes zusammen mit einer Erfassung der Motive menschlicher kultureller Entwicklung an). Das Werk wurde einst als eine höchste Errungenschaft deutscher Wissenschaft gefeiert: heute ist es vergessen, vielleicht zu Unrecht (s. dazu weiter unten). Es sind dies Beispiele aus dem akademischen Umfeld Heinricis, in dem er seine Positionen entwickelte, immer stärker das Gespräch mit antiker hellenistischer Religion suchte und damit ebenfalls zu einer grenzüberschreitenden Weiterentwicklung der neutestamentlichen Wissenschaft beitrug. Was dies konkret bedeutete, wird sofort in den Blick zu nehmen sein; erwähnen wir noch rasch, wie sich dieser weitere Blick auf die Phänomene von „Religion“ in Leipzig unmittelbar nach Heinricis Tod fortsetzte, in dem Heinrici – obwohl ohne Frage ein positiver (konservativer), kein liberaler Theologe44  – doch langsam über den Horizont der älteren Exegese hinaus zu fragen lernte, wenn auch nie mit der Radikalität der Religionsgeschichtlichen Schule oder auch dem Liberalismus Harnackscher Prägung.45

43 Sudhoffs Paracelsus-Bibliographie, mit der die moderne Paracelsus-Forschung beginnt, erschien 1894, seine (leider nicht abgeschlossene) Ausgabe der Schriften 1922–1933. 44 Immerhin rechnet ihn der sehr theologiekritische Kurt Rudolph zu den „fortschrittlichen Geistern“ in Leipzig: Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 101 Anm. 3. Vgl. aber die etwas kritischere Würdigung bei Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 149 u. ö. 45 Der erste Leipziger Neutestamentler, der stärkere Interessen an der Vielfalt weltweiter (nicht nur antiker) Religionen gezeigt hat, war Albrecht Oepke (1881–1955), der ab 1914 am Evangelisch-Lutherischen Missionsseminar zu Leipzig arbeitete und von 1920 bis 1922 das Evangelisch-Lutherische Missionsblatt herausgab. 1919 promovierte er an der theologischen Fakultät und wurde 1922 außerordentlicher Professor (einen regulären Lehrstuhl erhielt er erst nach dem Zweiten Weltkrieg). Oepke war ein großer Verehrer Rudolf Ottos. Sein erstes größeres Werk war: Die Missionspredigt des Apostels Paulus. Eine biblisch-theologische und religionsgeschichtliche Untersuchung, Leipzig 1920.

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5. Einige Bemerkungen zu den Jahren nach Heinricis Tod Nachfolger Heinricis wurde sein Schüler Johannes Leipoldt (1880–1965), der seine Antrittsvorlesung (Die ersten heidenchristlichen Gemeinden) jedoch erst kurz nach Heinricis Tod am 27. Mai 1916 in der Aula der Universität Leipzig halten konnte.46 Leipoldt hatte aber zuvor bereits jahrelang mit Heinrici zusammengearbeitet, z. B. an dessen Ausgabe des Matthäuskommentars von Petrus von Laodizea. 1903 und 1905 hatte er sowohl eine philologische wie eine theologische Dissertation vorgelegt und sich v. a. als Koptologe einen Namen gemacht. Vor seiner Berufung nach Leipzig, wo er bis zu seinem Tode blieb, hatte er bereits Professuren in Kiel und Münster inne und war Privatdozent erst in Leipzig, dann in Halle gewesen. Trotz solider, bis heute wertvoller religionsgeschichtlicher Arbeiten, die sich bis in seine spätesten Jahre fortsetzten, war er unter den beiden deutschen Diktaturen leider auch ideologieanfällig, wenn auch nach allem was wir wissen nicht in so massiven Formen wie Gerhard Kittel oder Walter Grundmann. Leipoldt wurde einflussreich vor allem als Lehrer von Joachim Jeremias (1900–1979), der sich nach Erwerb des Dr. theol. und des Dr. phil. 1925 in Leipzig habilitieren konnte und zu einem der besten deutschen Kenner des Judentums werden sollte (Paul Billerbeck, der in Greifswald und Leipzig studiert hatte, vertraute ihm 1932 vor seinem Tod die Vollendung seines Kommentars zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch an). Jeremias bewahrte Leipoldt trotz ihrer stark divergierenden Haltung im Dritten Reich seinen Respekt47 (Jeremias war Mitglied der Bekennenden Kirche und gehörte nie einer NSDAP-Organisation an, Leipoldt dagegen war „Deutscher Christ“). Das gilt ähnlich auch für Kurt Rudolph, der meinte, Leipoldts religionsgeschichtliche Vorlesungen hätten zum Besten gehört, was „auf diesem Gebiet im akademischen Unterricht geboten werden konnte“48. Direktor des Corpus Hellenisticum-Projektes war ab 1921 nicht mehr Leipoldt, sondern Ernst von Dobschütz.49 Die spätere Geschichte der Leipziger neutestamentlichen Wissenschaft kann hier nicht in den Blick genommen werden. Auch Franz M. L. Rendtorff (1860–1937), der ab 1910 neben Heinrici eine Professur für Praktische Theologie und Neutestamentliche Wissenschaft innehatte (und mit einer Schwester Adolf Schlatters verheiratet war), ist für unsere Fragestellung nicht weiter zu thematisieren: er erwarb sich in verschiedenen Ämtern große Verdienste um die Organisation von Universität und Fakultät, war auch politisch aktiv, wissenschaftlich aber eher im pädagogischen und praktisch-theologischen Bereich tätig.50 Nur 46 Vgl.

Fitschen, Johannes Leipoldt. seine Worte im Vorwort zur 3. Aufl. von „Jerusalem zur Zeit Jesu“, die 1969 erschien. 48 Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 133. 49 Seinen Beitrag würdigt Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 201–204. 50 Über Rendtorff s. etwa mit Literaturangaben: Hein/Junghans, Die Professoren und Dozenten, 256. Aus seinen Publikationen käme für unsere Frage fast nur in Betracht: Die Taufe 47 Vgl.

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eine weniger bekannte, etwas spätere Episode mag hier noch Erwähnung finden, weil sie einen problematischen Aspekt der Fakultätsgeschichte sichtbar macht. 1930 wurde Rudolf Bultmann nach Leipzig berufen, nahm den Ruf aber nicht an, nachdem der sächsische Landesbischof Ludwig Ihmels ihm bei einem Gespräch im Dresdener Landeskonsistorium erklärt hatte, dass er keine Prüfungsberechtigung von der sächsischen Kirche erhalten würde, und diese überhaupt versuchen werde, sein Kommen nach Leipzig zu verhindern. Leipoldt hatte sich zwar auch gegen eine Berufung Bultmanns ausgesprochen, wegen dessen „hyperkritischer Theologie“, die keine „gedeihliche Zusammenarbeit“ erwarten lasse, einigte sich aber doch mit ihm im Zuge durchaus vielversprechender Berufungsverhandlungen auf einen Modus der kollegialen Arbeit. (Bultmann hätte Marburg gerne wegen seiner sich zuspitzenden Konflikte mit Rudolf Otto, Martin Rade und Heinrich Hermelink verlassen). Bultmanns letztliche Ablehnung der bereits ausgesprochenen Berufung führte als Grund vor allem die feindselige Haltung der sächsischen Kirche (in Gestalt ihres Landesbischofs) ins Feld.51

6. Die Entstehung einer eigenständigen akademischen Religionswissenschaft in Leipzig Ein von der Theologie unterschiedener religionswissenschaftlicher Diskurs war im Grunde erst in den Jahren 1870–1900 sukzessive entstanden (obwohl er natürlich eine lange Vorgeschichte hat), vor allem in Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich, während Deutschland nur mit Verzögerung, aber auch mit ganz eigenen Ansätzen folgte.52 Dabei waren es sehr unterschiedliche Leitfragen und kulturelle Bereiche, an denen sich die neue Wissenschaft entzündete: in Großbritannien und den Niederlanden war es eher die koloniale Situation mit ihren Beobachtungen lebender außereuropäischer Religionen, die zur Religionswissenschaft beitrugen, daneben das erwachende Interesse klassischer Philologen an ethnologischen Parallelen. In Deutschland hatte sich zwar auch eine vielfältige Ethnologie (Völkerkunde) im Stile eines Adolf Bastian, Theodor Waitz, Heinrich Barth oder in anderer Weise bei dem Leipziger Wilhelm Wundt gebildet. Die sich daran anschließende Religionswissenschaft war aber bei weitem nicht so hypothesenfreudig wie die britische Forschung und nahm nur langsam einen intensiveren Kontakt zur gegenwärtigem Lebenswelt außereuropäischer Ethnien auf. Systematisierende und methodenkritische im Urchristentum im Lichte der neueren Forschungen. Ein kritischer Bericht, Leipzig 1905. Wir können das hier nicht vertiefen. 51 Vgl. dazu mit allen Belegen Hammann, Rudolf Bultmann, 163 f. 52 Vgl. Sharpe, Comparative Religion; Tworuschka, Einführung. Einige weniger bekannte Aspekte dieser frühen Geschichte der v. a. britischen Religionswissenschaft habe ich beschrieben in: Frenschkowski, The Science of Religion.

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Reflexionen stellten sich rasch ein, oft von religionsphilosophischen Erwägungen noch nicht getrennt. Die deutsche Religionswissenschaft war zudem noch längere Zeit stärker als jene im Raum der älteren Kolonialmächte den Philologien indogermanischer und semitischer Prägung verpflichtet, wenn es auch in Leipzig, C. F. Georg Heinricis Wirkungsstätte, Ansätze zu beiden Spielarten gab. Hier wurde ein Ethnographisches Seminar zwar erst 1914 eingerichtet, doch es hatte schon seit langem immer wieder Vorlesungen gegeben, die man einem sich ausdehnenden Interessen an der Vielfalt historischer und gelebter Religionen zuordnen konnte (freilich primär weitab der Theologischen Fakultät). So las der Philosoph, Schopenhauer‑ und Buddhismusforscher Rudolf Seydel (1835–1892, seit 1867 a. o. Professor für Philosophie in Leipzig) bereits 1867 eine „Vergleichende Darstellung der Religionen aller Völker der Erde“53. Wie klassische Philologie und Archäologie auch in Leipzig immer einmal in die Nähe einer vergleichenden Religionswissenschaft rücken konnten, ohne sie zum Programm zu erheben, hat Kurt Rudolph in einer Studie beschrieben, und dabei u. a. das Werk des Ägyptologen Gustav Seyfarth (1796–1885) nachgezeichnet, der (ohne eigenen Lehrstuhl) als erster regelmäßig über allgemeine Religionsgeschichte Vorlesungen hielt.54 Einige Jahre später bewegte sich ein Schüler des jüngeren Delitzsch, Alfred Jeremias (1864–1935), Sohn eines Lehrers aus Löbau in Sachsen, von der Assyriologie aus auf Fragen der Religionswissenschaft zu. 1891 legte er die erste vollständige deutsche Übersetzung des Gilgamesch-Epos vor, promovierte und habilitierte sich (1905), jedoch ohne je einen Lehrstuhl zu erlangen (1922 wurde an der Leipziger Universität nichtplanmäßiger außerordentlicher Professor für Religionsgeschichte). Seine Lehrveranstaltungen seit 1905 deckten weite Bereich antiker Religionsgeschichte ab, wenn sie auch zum Panbabylonismus neigten. Im Hauptberuf war er seit 1890 Pfarrer an der Leipziger Lutherkirche und blieb es bis zu seinem Lebensende.55 Auch andere Fächer sind in dieser Nachbarschaft zur Religionswissenschaft zu bedenken, aus denen wir nur einige wichtige Facetten exemplarisch zur Sprache bringen können.56 Die ethnographisch interessierte Geographie erlebte im Leipzig des späten 19. Jhs. eine Blütezeit: 1883 hatte Ferdinand von Richthofen den einschlägigen Lehrstuhl übernommen. Das eben erwähnte Ethnographische Seminar, das der Ethnologe und Afrikaforscher Karl Weule (1864–1926) 1914 eröffnen konnte, war immerhin das erste akademische Institut für Völkerkunde in Deutschland, obwohl es im Kontext der Leipziger Universitätsgeschichte 53 Geisenhainer,

Ethnologie, 368 Anm. 11. Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 67–101. 55 Vgl. zu seinen Publikationen und seinem Ansatz Rudolph, a. a. O., 103–109; Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 150. Alfred Jeremias war der literarische Haupteinfluss auf die Josephsromane Thomas Manns. 56 Die beste Übersicht ist nach wie vor Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität. 54 Rudolph,

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einen langen Vorlauf hatte. In Leipzig war auch bereits 1873 ein Verein Museum für Völkerkunde und 1908 ein breiter aufgestellter Verein für Völkerkunde zu Leipzig begründet worden, welche das auch in der bürgerlichen Gesellschaft neu erwachende Interesse an fremden Religionen und Kulturen flankierten und sammelten.57 Vielleicht ist es für diesen sich entwickelnden internationalen Geist bezeichnend, dass in den uns betreffenden Jahren zweimal Indologen zum Rector magnificus der Universität gewählt wurden (1872 Hermann Brockhaus und 1895 Ernst Windisch). Der in Indien bis heute berühmteste aller deutschen Indologen und einer der Väter der entstehenden Religionswissenschaft, Friedrich Max Müller (1823–1900), hatte in Leipzig 1841–1844 bei Hermann Brockhaus studiert und einen ersten altindischen Text publiziert, ehe ihn sein Weg nach Berlin, Paris und später nach Oxford führte. Wie sehr sich die universitäre Welt seit diesen Tagen verändert hat, mag man daran ersehen, dass sich der eher ruhige Gelehrte in seiner Leipziger Zeit dreimal duellieren musste (offenbar ohne ernste Konsequenzen).58 Daneben war es natürlich der 1875 nach Leipzig berufene Wilhelm Wundt (1832–1920), der mit seiner Gründung des Institutes für experimentelle Psychologie 1879 zur primären Referenzfigur einer wissenschaftlichen Psychologie geworden war, der den Blick auch auf die Vielfalt der Religionen lenkte. Wir erwähnen ihn hier noch einmal, weil er wohl der bekannteste Leipziger Forscher dieser Jahre gewesen ist. Seine oben schon kurz erwähnte monumentale Völkerpsychologie erschien zwar in zehn Bänden erst 1900–1920 (dem Thema Mythus und Religion sind der vierte bis sechste Band gewidmet), wurde aber durch zahlreichen andere Arbeiten Wundts vorbereitet, und stellt die Kulmination jahrzehntelanger Studien und auch Vorlesungen zur Sache dar. Wundt behandelte im Rahmen seiner umfassenden Kulturpsychologie (wie wir seine Fragestellungen heute nennen würden) zahlreiche Aspekte der allgemeinen Religionsgeschichte, wenn auch oft weitab der jüngeren ethnologischen Forschung, und vielfach noch in den Fußstapfen animistischer Theorien, die zu dieser Zeit bereits als überholt galten. Diese Forschungen fanden immerhin wegen Wundts Bekanntheit weltweit eine Art irritierter Reverenz, wenn ihre Nachwirkung auch spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg vollständig verhallte.59 Der erste Lehrstuhl für Religionswissenschaft im deutschen Sprachraum wurde bekanntlich 1912 in Leipzig eingerichtet. Die nur auf den ersten Blick vergleichbare Berliner Professur für Allgemeine Religionsgeschichte und Religionsphilosophie, die 1910 installiert und mit dem Dänen Edvard Lehmann (1862–1930) besetzt wurde, war völlig anders ausgerichtet: es war dies ja eigentlich der Lehrstuhl Schleiermachers, der mit dieser Umbenennung modernisiert werden sollte und durchaus weiterhin einen religionsphilosophischen 57 Gaisenhainer,

Ethnologie, 371. The Life and Letters 1, 19. Über das allmähliche Zurückgehen des studentischen Duellwesens vgl. Weiẞ, Leipziger Studentenduelle. 59 Vgl. Schneider, Wilhelm Wundts Völkerpsychologie. 58 Müller,

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Schwerpunkt hatte; er wurde 1914 nach dem Wechsel Lehmanns nach Lund (1913) von der Theologischen in die Philosophische Fakultät übernommen60. In Leipzig war es der schon erwähnte Nathan Söderblom, der für den neuen nun im engeren Sinn religionswissenschaftlichen Lehrstuhl durch Albert Hauck angeworben wurde. Dabei hatte es zuvor einige Versuche der Philosophischen Fakultät gegeben, der Theologie das Recht auf den Lehrstuhl streitig zu machen: diese wurden vom Ministerium aber abschlägig beschieden, da es doch vor allem Theologiestudenten wären, die das neue Fach hören würden.61 Es war gerade Heinricis universitäres Rektorat (1. 11. ​1911 bis 30. 10. ​1912), in das die Berufung fiel: sein genauer Anteil an der Sache wäre wohl noch zu erforschen.62 Söderblom war schon 1901, dem Jahr seiner Promotion an der Sorbonne auf eine Professur für Religionsgeschichte an der Universität Uppsala berufen worden (die er auch neben seiner Leipziger Professur behielt; Uppsala hatte ihn dafür beurlaubt). Hauck, über den wir schon sprachen, war in Schweden auf den jungen Forscher aufmerksam geworden, und betrieb seine Berufung nach Deutschland. Die Leipziger Jahre, so kurz sie waren, wurden für Söderblom wichtig, weil er v. a. hier sein Hauptwerk Das Werden des Gottesglaubens schrieb (zuerst schwedisch: Gudstrons uppkommst, Stockholm 1914)63, daneben auch das Buch Natürliche Religion und allgemeine Religionsgeschichte (Stockholm, Leipzig 1913). In einer Fußnote beschreibt Söderblom, wie ihm eine Grundidee seiner Analyse der Geschichte Jahwes bei der Vorbereitung eines Vortrages in der Aula der 60  Lehmann allerdings hatte Bedeutendes im Sinne der neuen Religionswissenschaft publiziert; u. a. gab er mit dem Schweizer Duhm-Schüler Alfred Bertholet 1925 die deutsche Neuausgabe des von Pierre Daniel Chantepie de la Saussaye (1848–1920, Professor für Religionsgeschichte in Amsterdam ab 1878, in Leiden ab 1899) begründeten Lehrbuchs der Religionsgeschichte neu heraus. Sie wurde die zu ihrer Zeit wichtigste deutschsprachige Gesamtdarstellung. Vgl. zur Geschichte des Berliner Lehrstuhls im Vergleich zum Leipziger auch Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 63. 61 Alles, was aus diesem Konflikt aktenkundig wurde, hat Rudolph, a. a. O., 116 f., gesammelt. A. a. O., 119 auch eine Liste von Söderbloms Lehrveranstaltungen. Zeitgeschichtlich durch seine Situation in der DDR bedingt und heute kurios zu lesen sind Rudolphs Bemerkungen zur Söderbloms Einsicht in die „Notwendigkeit des Klassenkampfes“ und seinen Widerstand gegen die „Klassenbindungen der Kirche“ (a. a. O., 119 Anm. 2). 62 Einige Vermutungen bei Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 150. 63 Wilhelm Bousset rezensierte die deutsche Ausgabe, die er für eine der wichtigsten und interessantesten Arbeiten der Religionswissenschaft überhaupt hielt, in der Theologische Rundschau 19, No. 7 (1916), 179–196. Söderblom, der ihn seinen „verehrten Freund“ nennt, übernahm Anregungen Boussets in die deutsche Ausgabe des Buches (Söderblom, Das Werden des Gottesglaubens, VII). Der deutsche Übersetzer Rudolf Stübe (1870–1930) hatte das Werk in Absprache mit Söderblom um weitere Materialien ergänzt, und der Leipziger Sinologe August Conrady (1864–1925) hatte das 6. Kapitel über den Hochgott in den chinesischen Religionen umfassend überarbeitet. Das Werk ist insofern eine v. a. Leipziger Gemeinschaftsarbeit. Stübe selbst war ein Schüler des Hallenser Alttestamentlers Emil Kautzsch (1841–1910) und hatte u. a. über jüdisch-aramäische Zaubertexte, „Himmelsbriefe“, aber auch über chinesische Religionsgeschichte und anderes gearbeitet. Söderblom schrieb bzw. überarbeitete auch mehrere kurze Gesamtdarstellungen der Religionsgeschichte.

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Leipziger Universität 1912 ins Bewusstsein trat: Jahwe sei als ungestümer, willensstarker Gott aus einer animistischen und naturhaften Vorform entstanden, die keinerlei Ähnlichkeit mit den Deus otiosus-haften Hochgöttern der primitiven Religionen aufgewiesen habe.64 Insofern sei der Jahwe-Glaube unabhängig von einem eventuellen „Urmonotheismus“ zu verstehen (wie ihn v. a. der Schotte Andrew Lang und ab 1912 Pater Wilhelm Schmidt als eine urtümliche Gestalt von tribalen Religionen vertraten). Söderblom steht mit seinen Arbeiten für eine einvernehmliche Verbindung zwischen Theologie und Religionswissenschaft, die von apologetischen Absichten nicht frei war, und deren deutschsprachiger Höhepunkt das Werk Rudolf Ottos darstellt. Die jüngere Religionswissenschaft hat sich von diesem Ansatz bekanntlich radikal getrennt, wofür in Leipzig v. a. die Namen von Joachim Wach (s. u.) und in späterer Zeit Kurt Rudolph (1929–2020) stehen. Auch mit dem systematischen Theologen Ludwig Ihmels (1858–1933, Professor in Leipzig 1902–1922), dem späteren ersten sächsischen Landesbischof, wurde Söderblom näher bekannt. Wittenberg macht ihn 1928 zum Ehrenbürger der Stadt. Die Leipziger Professur endete, als Söderblom 1914 unerwartet zum Erzbischof von Uppsala gewählt wurde (wie diejenige von Ihmels durch seine Wahl zum ersten sächsischen Bischof ). Im Kontext des Kriegsbeginnes musste Söderblom unter dramatischen Umständen mit seiner Frau (die eine der ersten Studentinnen in Leipzig gewesen war) und seinen elf Kindern umziehen.65 Sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl wurde der erwähnte Theologe und Japanologe Hans Haas. Einziger Promovend Söderbloms, wie vielleicht erwähnt werden darf, war der Ethnologe Rudolf Lehmann (1887–1969), dessen bis heute wichtige Studie Mana. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung auf ethnologischer Grundlage zuerst Dresden 1915 erschien (stark erweitert Leipzig 1922). Lehmann arbeitete lange Jahre als Lehrer am Leipziger Nikolaigymnasium, ehe er erst 1937 zum ao. Professor für Völkerkunde und Religionswissenschaft in Leipzig wurde.66 Der Kriegsausbruch traf ihn in Südafrika, so dass er lange Jahre nicht nach Deutschland zurückkehren konnte, die er zu intensiver Feldforschung nutzte. 64 Söderblom,

Das Werden des Gottesglaubens, 343 f. Anm. 6; vgl. 278 f. zu allen Details Sharpe, Nathan Söderblom, sowie v. a. Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Universität Leipzig, 123–133. Insgesamt zur Leipziger Religionswissenschaft s. außer K. Rudolph auch zusammenfassend Espig, Religionswissenschaft. 66  Es ist immer gut daran zu erinnern, in wie hohem Maße Kulturwissenschaft auch außerhalb der Universität entwickelt wurde: An der gleichen Nikolaischule war 1910 bis zu seinem Tod 1915 Oskar Dähnhardt Lehrer (zuvor 1896–1910 an der Leipziger Thomasschule), dem wir einige der großen Sammelwerke kommentierter Folklore verdanken. Insbesondere die vier Bände Natursagen. Eine Sammlung naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legenden (Leipzig, Berlin 1907–1912) wurden zur bis heute wichtigsten international angelegten Sammlung naturdeutender Ätiologien (Bd. 1 ist Erzählungen im Anschluss an biblische Texte gewidmet). Der Abschluss weiterer geplanter Bände wurde durch den Tod des erst 44-jährigen als Soldat in Flandern verhindert. 1929 wurde in Leipzig eine Straße nach dem bedeutenden Forscher benannt, der nie eine universitäre Stelle innehatte. 65 Vgl.

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Joachim Wach (1898–1955), ein Enkel des Leipziger Zivilprozessrechtlers und sächsischen Politikers Adolf Wach (1843–1926) und zugleich ein Urenkel Felix Mendelssohn Bartholdys, erhielt an der Leipziger Universität 1927 seinen ersten Lehrauftrag für Religionssoziologie (gefördert vor allem von Haas), zwei Jahre später seine erste Professur, ehe ihn die Umstände der Zeit zur Emigration in die USA zwangen. Sein Werk Religionswissenschaft. Prolegomena zu ihrer wissenschaftstheoretischen Grundlegung (Leipzig 1924) markiert auch in Deutschland die allmähliche Hinwendung der Religionswissenschaft zu dem, was später empirische Kulturwissenschaft genannt werden würde.67 Energisch fordert er gegen Harnack eine institutionelle Lösung der Religionswissenschaft aus der Theologie und eine Eingliederung in die philosophischen Fakultäten.68 Wach wurde v. a. nach seiner erzwungenen Emigration aus Leipzig in die USA zu einem der wichtigsten Hermeneutiker der Religionswissenschaft (noch in seiner Leipziger Zeit entstand auch Das Verstehen. Grundzüge einer Geschichte der hermeneutischen Theorie im 19. Jahrhundert, 3 Bde., Tübingen 1926–1933, ein Werk, das auch die theologische Hermeneutik einbezieht). Es sind dies aber Entwicklungen, an denen Heinrici keinen Anteil mehr nehmen konnte (das gilt natürlich auch für Paul Tillichs Leipziger Jahre). Im europäischen Ausland erregte es erhebliches Befremden, dass sich Deutschland so schwer mit einer Errichtung religionswissenschaftlicher Lehrstühle tat, die es zu dieser Zeit bereits in vielen Ländern und selbst in Japan gab.69 Insgesamt ist es wichtig, Heinrici und die Leipziger Theologie in ihren gesamtuniversitären Bezügen und wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklungen zu verstehen, nicht nur in dem, was sie waren, sondern auch in dem, was sie noch nicht waren. Das wird noch deutlicher auszuführen sein. Das wilhelminische akademische Umfeld war (bei aller Kritik am Christentum in der bürgerlichen Gesellschaft) in vielfacher Hinsicht an der Welt des Religiösen interessiert, und spannte insgesamt ein Spektrum an Fragestellungen aus, das über die Horizonte der traditionellen Theologie und damit auch der Exegese hinausführten. In der Leipziger Theologie (vor Wach) ge67 Wach hat die strikte Trennung zwischen Theologie und Religionswissenschaft bekanntlich in seinen späteren Arbeiten nicht stringent durchhalten können, wurde aber doch wegweisend für das Selbstverständnis des Faches, auch in der scharfen Abgrenzung gegenüber der Religionsphilosophie (die er ebenfalls später nicht durchhalten konnte). Die Trennung der verschiedenen Wissenschaften sollte für ihn freilich ihren Dialog gerade ermöglichen und präzisieren, und nicht verhindern. Vgl. auch seinen entschiedenen Widerspruch gegen Troeltsch und die Religionsgeschichtliche Schule, welche diese Trennung zwischen Theologie und Religionswissenschaft gerade nicht vollzogen: a. a. O., 7–9. 183 f. 201; zu Troeltsch fast passim. 68 Wach, Religionswissenschaft, 12 f. Anm. 4. Es ist interessant, dass Wach diese Forderung – ein, in gewisser Hinsicht das Zentrum seiner ganzen Arbeit – in ihrer ersten und deutlichsten Formulierung doch nur in einer Anmerkung marginalisiert hat. Zuerst von Paul de Lagarde erhoben, hatte sie auch in der Religionsgeschichtlichen Schule Sympathisanten. Harnack und Heinrici widersprachen ihr heftig. 69 Belege für diese Irritation s. bei Rudolph, Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 60 f.

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schah dies im Allgemeinen, ohne sich der Kirche zu entfremden, aber eben auch in einer durchaus ungeklärten Diskurskorrelation zwischen Theologie und Religionswissenschaft.

7. Heinrici als Forscherpersönlichkeit Wenn wir uns nun wieder Heinrici selbst zuwenden, so mag an dieser Stelle zuerst eine Charakterisierung zu Wort kommen, die ihm Ernst von Dobschütz posthum zukommen ließ: „Heinrici war im Grunde eine humanistisch-aristokratisch geartete Natur. Von der Schule her begeistert für die Antike, lebte er gelehrten und künstlerischen Interessen. Er verfolgte mit Teilnahme die Studien über die Anfänge der christlichen Kunst (…). Unendlichen Fleiß hat er an die Herausgabe eines bis dahin vernachlässigten spätgriechischen Kommentars zum Matthäus-Evangelium gewendet (…). Er war sich dabei völlig klar über das äußerlich Undankbare einer solchen, nur von ganz wenigen Mitforschern gewürdigten Arbeit. (…) Er studierte gern die alten fleißigen Sammler und hatte sich selbst eine wertvolle Sammlung von Schriften des 17. und 18. Jahrhunderts aus dem Gebiet der Observationen-Literatur angelegt. (…) Heinrici schwebt uns vorwiegend als der feinsinnige Gelehrte vor, dem das Popularisieren nicht lag: auch sein Stil, wohlbedacht, zuweilen überreich, ja überfein, hat etwas Aristokratisches; man erkennt die klassischen Vorbilder; er arbeitete als Künstler für Kunstverständige. Es ärgerte ihn, daß die neuere Theologie es unternahm, ihre Resultate, ihre, wie Heinrici meinte, sehr fragwürdigen Resultate, vorzeitig vor die breite Masse zu bringen“70.

Von Dobschütz beschreibt dann eingehend, wie die „Not der Kirche“ Heinrici dann doch zum Popularisieren zwang. Von Dobschütz hebt, wie wir sehen, Heinricis weniger bekannte, da sehr entlegenen Texten zugewandte, aber schwierigen und fleißigen editorischen Arbeiten hervor, nicht nur zu Petrus von Laodicea, sondern auch zur Erotapokrisis-Literatur und zum Leipziger Papyrus-Psalter. Als seine eigentliche Hauptwerke aber sieht er, neben der Theologischen Encyklopädie, seine Studien zur literarischen Formenwelt des Neuen Testaments in ihrem griechisch-hellenistischen Kontext, Der literarische Charakter der neutestamentlichen Schriften (1908) und Paulinische Probleme (1914). In ihnen kündigen sich nicht nur formgeschichtliche Fragestellungen an, sondern der innere Zusammenhang zwischen religiöser Lebenserfahrung und literarischer Gestaltung werde sichtbar gemacht. Es ist angesichts seiner vielen patristischen Publikationen auffallend, dass Heinrici in seinen akademischen Lehrveranstaltungen in Leipzig fast ausschließlich Exegetica las, und zwar zu allen Büchern des Neuen Testaments, selten „Leben Jesu“ und „Neutestamentliche Theologie“ (einmal spezifiziert als Begriffsgeschichte), gelegentlich „Ein70 Von

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leitung“ und „Geschichte des apostolischen Zeitalters“, nur einmal „Geschichte und Theorie der Schriftauslegung“ (WS 1898), letzteres ein Themenfeld, zu dem er ja viele RE-Artikel geschrieben hat. Auch für die Lausitzer Predigergesellschaft las er regelmäßig Exegetica. Das war in Marburg noch anders gewesen, wo er öfter patristische und kunstgeschichtliche Veranstaltungen gehalten hatte.71 Diese Verschiebung mag an internen Absprachen in der Fakultät gelegen haben, von denen wir nichts wissen. Heinrici hielt Vorlesungen bis Sommersemester 1914.72 Über seine theologische Prägung schreibt von Dobschütz zusammenfassend: “Den Blick auf das Wesen der Dinge, ihren inneren Zusammenhang und die treibenden Lebenskräfte gerichtet, war Heinrici der gegebene Bearbeiter der Theologischen Enzyklopädie (…), mit seiner hohen Auffassung von der Aufgabe der theologischen Wissenschaft auch der berufene Anwalt der theologischen Fakultäten. Sein Denken wurzelte in den Anschauungen des durch Schleiermacher angeregten Berliner Kreises, in den er als junger Mann durch Twesten eingeführt worden war, dem er mit Twestens Lebensbild ein schönes Denkmal setzte (…). In Leipzig verbanden ihn gemeinsame Arbeitsinteressen vor allem mit dem Historiker des Logos, Max Heinze (…)73. In kraftvoll deutschem Empfinden fühlte er sich zu Fichtes Idealismus hingezogen; geschichtlicher Sinn für ewige Wahrheit verband ihn mit seinem Landsmann J. G. Hamann”74.

Heinrici war also, wie von Dobschütz unterstreichen will, immer in das Ganze der Theologie eingebunden, wie es ja auch in der schon erwähnten Festschrift zu seinem siebzigsten Geburtstag zum Ausdruck kommt. Herausgegeben von Adolf Deißmann (1866–1937) und Hans Windisch (1881–1935) war sie Heinrici als „dem ehrwürdigen Senior der Neutestamentlichen Wissenschaft“ gewidmet. Von den genannten Herausgebern dieser Festschrift verband Adolf Deißmann mit Heinrici vor allem das Interesse am Charakter der Gräzität des Neuen Testaments, aber auch am Weg der globalen Kirche, eine Leidenschaft, die ihn zum Vordenker der Ökumene machte (Heinrici beachtete in seiner Theologischen Enzyklopädie auch katholische Literatur in großem Umfang). In seiner Autobiographie beschreibt Deißmann, wie ihn Heinrici (noch in Marburg) für die Literatur des Hellenismus zu begeistern wusste und diese in Hinsicht auf das Neue Testament „mit einer von pfäffischem Apologetenzelos freien Sachlichkeit 71 Besprochen

bei Rudolph, Heinrici und die Religionsgeschichte, 507 f. seiner Leipziger Vorlesungen und sonstigen Veranstaltungen: https://histvv. uni-leipzig.de/dozenten/heinrici_g.html (10. 04. ​2019). 73 Max Heinze (1835–1909), dem Philosophen und (an der Landesschule Pforta) Lehrer von Friedrich Nietzsche, Franz Emil Jungmann und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, widmete Heinrici 1909 einen Nachruf. Heinze war Professor in Leipzig seit 1875 und Direktor des philosophischen Seminars, hatte 1905 aber auch die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät erhalten. Einer seiner Söhne war der klassische Philologe Richard Heinze (1867–1929, Studium in Leipzig 1885–1887, Professor in Leipzig ab 1906), der unermüdliche Verfechter „kultureller Eigenleistungen“ Roms gegenüber der in Deutschland weit verbreiteten ausschließlichen Betonung der kulturellen Überlegenheit Griechenlands. 74 Von Dobschütz, Einführung, XI. 72 Verzeichnis

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und nicht selten mit sichtlicher Sympathie verwertete“75. Es war Heinrici, bei dem Deißmann schließlich seine erste größere wissenschaftliche Arbeit über die Wendung „in Christus Jesus“ schrieb, die seinen weiteren Werdegang vorzeichnen sollte (mit Humor ertrug er, dass er darauf gerne als „der Experte für das Wort ,in‘“ vorgestellt wurde). Deißmann war auch mit Söderblom in tiefer Freundschaft verbunden.76 Hans Windisch (1881–1935) dagegen war in einem unmittelbareren Sinn ein Leipziger: er war ein Sohn des weltbekannten Leipziger Indologen, Keltologen und Nietzsche-Freundes Ernst Windisch (1844–1918)77, der in seiner Jugend noch Lehrer an der Thomasschule zu Leipzig gewesen war (Professor für Sanskrit in Leipzig ab 1877). Der Sohn, Hans Windisch, war 1906 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert worden, erwarb 1908 das Lizentiat und habilitierte sich im gleichen Jahr für Neutestamentliche Theologie, während er in Leipzig als Religionslehrer arbeitete (sein erster Ruf führte ihn 1914 nach Leiden; später lehrte er in Kiel und Halle, wo er Nachfolger von Ernst von Dobschütz78 war, aber bald darauf im Alter von nur 54 Jahren verstarb). Noch in Leipzig begründete er die Wissenschaftlichen Untersuchungen zum Neuen Testament, heute die größte Reihe neutestamentlicher Studien, die in Deutschland erscheint. Windisch schrieb auch in der Reihe KEK (Meyers Kommentar) das Nachfolgewerk zu Heinricis Kommentar zum 2. Korintherbrief. Ernst von Dobschütz, ebenfalls Neutestamentler wie Patristiker, hat Heinrici ein respektvolles Porträt gewidmet, das Heinricis posthum erschienener Schrift Die Hermes-Mystik und das Neue Testament vorangestellt ist, und das wir schon zitiert haben. Über Heinricis Leben soll hier nicht ausführlich gehandelt werden (vgl. Veronika Janssen im vorliegenden Band); wir erinnern nur rasch an einige Etappen, die das eben gezeichnete Bild in den Äußerlichkeiten etwas abrunden, ehe wir das theologische Profil zu zeichnen versuchen. Carl Friedrich Georg Heinrici (1844–1915) war das älteste der elf Kinder des späteren Konsistorialrates und Superintendenten in Gumbinnen (heute in der Oblast Kaliningrad) August Heinrici (1812–1881) und dessen erster Frau Ida geb. Kempfer (1822–1867). Nach 75 Adolf Deissmann, in: Stange (Hg.), Die Religionswissenschaft der Gegenwart, 50. Es ist nebenbei bemerkt interessant, dass Erich Stanges vielbeachtete, auch heute ungemein lesenswerte fünfbändige Sammlung von Theologen-Autobiographien (1925–1929) diese unter dem Obertitel „Religionswissenschaft der Gegenwart“ versammelt. 76 Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 210 f. Deißmann sollte 1922 zum Landesbischof von Hessen-Nassau berufen werden, lehnte dieses Ansinnen jedoch ab (vgl. a. a. O., 211). 77 Vgl. Horn, Hans Windisch. 78 Ernst von Dobschütz (1870–1934) hatte ab Herbst 1888 Theologie an der Universität Leipzig studiert, u. a. bei Christoph Ernst Luthardt. Er wechselte Sommer 1890 an die Universität Halle, wo er u. a. Martin Kähler hörte; seine Lizentiatendissertation (1892) schließlich war aus einer Seminararbeit erwachsen, die er bei Adolf Harnack in Berlin schrieb. (Harnack hatte ihm freilich in dreistündigem Gespräch vergeblich auszureden versucht, Neutestamentler zu werden). Vgl. seine autobiographische Skizze in Stange (Hg.), Die Religionswissenschaft der Gegenwart 4, 1–32 (die letztgenannte Anekdote hier 3).

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Schulbesuch in Tilsit und Gumbinnen hatte er ab 1862 an der Friedrichs-Universität Halle Philosophie studiert und wurde 1866 zum Dr. phil. promoviert. Zur Vertiefung seiner theologischen Studien ging er an die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, wo er vor allem den Scheiermacher-Schüler August Twesten (1789–1876) hörte, dessen Enkelin Ellen Wilkinson (1855–1881) Heinricis erste Ehefrau wurde.79 1868 erhielt er den akademischen Grad eines Lizentiaten der Theologie, wurde im Folgejahr Hilfsprediger am Berliner Dom und 1870 Inspektor des Domkandidatenstifts. 1871 folgte schließlich die Habilitation wiederum in Berlin und die Privatdozentenzeit. 1873 berief in die Universität Marburg erst auf ein Extraordinariat, im folgenden Jahr dann auf ein Ordinariat. Sozusagen zwischendurch erhielt Heinrici 1875 in Marburg auch den D. theol. h.c. (die Ernennung fand just am 24. Dez. des Jahres statt).80 1892 schließlich folgte der Ruf an die Theologische Fakultät der Universität Leipzig. Ein Detail aus Heinricis persönlichem Leben (das hier wie gesagt nicht weiter dargestellt werden kann) mag immerhin noch Erwähnung finden: er war ein leidenschaftlicher Sammler, sowohl von Büchern wie von Medaillen, Münze und Plaketten, v. a. solchen der Renaissance. Seine persönliche Bibliothek (in seiner Wohnung Seeburgstr. 44 in Leipzig; später Stephanstr. 12) ist in einer zeitgenössischen Liste der bedeutenderen europäischen Privatbibliotheken aufgelistet und charakterisiert; ihre Schwerpunkte liegen erwartungsgemäß auf dem frühen Christentum, patristischen und klassisch-antiken Texten, aber auch Dogmatiken, Enzyklopädien und Literatur. Sie sei „reich an Originalwerken und seltenen Drucken“81; von Dobschütz hebt später ihren Reichtum an Schriften des 17. und 18. Jhs. hervor, besonders aus der Observationen-Literatur, deren Höhepunkt Johann Jacob Wettsteins Novum Testamentum Graecum von 1751/52 war. Es waren natürlich diese Sammlungen, aus denen die Idee eines neuen „Wettstein“ erwuchs, obwohl Heinrici sich der mangelhaften Hermeneutik dieser früheren (oft sehr umfangreichen) Parallelstellensammlungen sehr bewusst war. Heinricis Medaillen‑ und Münzen-Sammlung musste nach seinem Tod 1920 in Frankfurt versteigert werden. Ihr Katalog ist noch erhalten.82

79 Nach zehn Jahren Witwerschaft heiratet Heinrici Paula Eck, die Tochter eines preußischen Staatssekretärs. Aus dieser zweiten Ehe entstammten zwei Kinder (aus erster Ehe hatte er bereits vier Kinder). 80 Dieses Detail verdanke ich dem Universitätsarchiv der Universität Marburg: https://www. uni-marburg.de/uniarchiv/pkat/details?id=9266 (08. 06. ​2019). 81 Hedeler, List of Private Libraries 3, 37. Vgl. übrigens a. a. O., 19 zur Bibliothek Gustaf Dalmans, der zu dieser Zeit (1898) ebenfalls in Leipzig wohnte, und 33 zu derjenigen Caspar René Gregorys, des Leipziger Textkritikers. 82 Cahn, Medaillen u. Plaketten der Renaissance. Versteigert wurden 221 z. T. sehr wertvolle Objekte.

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8. Heinrici und die Frage nach Hellenismus und Christentum Bekanntlich hat es in der Hellenismus-Forschung im Wesentlichen drei Leitmodelle gegeben: Hellenismus als Ausbreitung griechischer Kultur und Sprache unter allmählicher Verdrängung indigener Elemente (Julius Kaerst u. a. ältere Forscher), Hellenismus als Mischung griechischer Kultur mit orientalischen Elementen, als „Orientalisierung des Griechentums“ (Eduard Norden und andere), oder schließlich als Mischung beider Kulturbereiche mit starker gegenseitiger Beeinflussung ohne durchgehende Dominanz einer Seite (das heute mehrheitlich herrschende Mischmodell). Der Unterschied zwischen diesen Modellen ist natürlich nur gradueller Art, und kann auch für verschiedenen Kulturbereiche und Regionen differenziert werden. Heinrici war entschieden ein Anhänger des ersten Modells (für das er auch bereits auf Kaerst verweist)83. In diesem Referenzrahmen sind auch seine Corpus Hermeticum-Forschungen zu verstehen, welche diese Sammlung von spätantiken Traktaten ganz aus griechischer Populärphilosophie heraus interpretieren wollten, und dabei nicht z. B. mit einem größeren Anteil ägyptischer Elemente rechneten (wie es Richard Reitzenstein seit 1904 getan hatte)84. Die Frage nach dem allgemeinen Verhältnis zwischen Hellenismus und Christentum ist dabei in gewisser Hinsicht das Lebensthema Heinricis als einer Wissenschaftspersönlichkeit gewesen. Dabei war er der Überzeugung, dass das frühe Christentum sich nur „wahlverwandte Stoffe“ angeeignet habe: dem Synkretismus-Modell Gunkels85 widersprach er, welches 1903 das Christentum als Ganzes als synkretistische Religion primär orientalischer (zu denen die jüdischen Traditionen gehören), sekundär hellenistischer Stoffe sah, und auch bereits das antike Judentum „gewisser Richtungen“86 als synkretistisch bezeichnet. Heinrici lehnte es ebenfalls ab, das Christentum synkretistisch zu nennen, sah in Synkretismus und Streben nach Universalität aber Grundkennzeichen der hellenistischen Kultur an sich.87 Der Synkretismus-Begriff war dabei immer umstritten: Bultmann nahm ihn auf, Bousset und Reitzenstein haben ihn dagegen als teilweise irreführend abgelehnt.88 Die Frage nach dem syn83 Vgl.

Belege und Diskussion bei Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 172–177. als Forschungsgeschichte zur älteren Corpus Hermeticum-Forschung z. B. Tröger, Mysterienglaube, 4–6 u. ö. Die neueste umfassende Studie zur Sache (Bull, The Tradition of Hermes Trismegistus) diskutiert Heinrici nicht, wie generell die jüngere Forschung wieder stärker das ägyptische Element in der Hermetik betont, und das Genre geradezu auf eine literarische Tätigkeit griechischsprachiger ägyptischer Priester zurückführt. 85 Zusammenfassend: Gunkel, Zum religionsgeschichtlichen Verständnis, 95 vgl. 88. Jesus selbst will Gunkel mit diesem Begriff nicht charakterisieren, den er vielmehr ganz als neuerliche Manifestation des atl. Prophetismus deutet. 86 Gunkel, a. a. O., 35. 87 Heinrici, Hellenismus und Christentum, 6. 88 Vgl. Ittel, Urchristentum und Fremdreligionen, 31 f. und ausführlicher zur Rezeption der These Gunkels Hammann, Hermann Gunkel, 129–139. 84 Vgl.

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kretistischen und dem Mysteriencharakter des frühen Christentums war damit immerhin ein für alle Mal gestellt. Heinrici war weniger an dieser „orientalischen Frage“ interessiert89, sondern an der Präsenz des eigentlichen Hellenismus im frühen Christentum. Zwar habe z. B. Paulus nur wenige Begriffe direkt aus der Popularphilosophie übernommen, wie v. a. συνείδησις, φύσις, ὁ ἔσωθεν-ἔξωθεν ἄνθρωπος, σάρξ u. ä.90 Deutlicher seien die formalen, stilistischen und argumentativen Bezüge: Heinrici nimmt hier vielfach Fragestellungen der Formgeschichte, aber auch des neueren rhetorical criticism vorweg. Allerdings betont er auch im Formalen die innovative Stellung des Christentums.91 Eine populäre Gesamtdarstellung des Christentums (die einen Kurs zu Papier brachte, den Heinrici um 1900 an einer Volkshochschule gehalten hatte) lässt er mit einem Mottovers von Matthias Claudius beginnen: „In dir ein edler Sklave ist, Dem du die Freiheit schuldig bist“92. Christentum wird damit als Freiheitserfahrung sichtbar gemacht. Es ist jedoch ein anderer Bereich, in dem Heinricis Hellenismus-Forschungen die neutestamentliche Wissenschaft bleibend beeinflusst haben: in seiner Entdeckung, dass die frühchristlichen Gemeinden nicht allein am Modell der Synagogengemeinden, sondern und vielleicht noch stärker an demjenigen antiker Vereine orientiert sind. Vor allem in einer antiken Außensicht mochten christliche Gemeinden einen Sonderfall antiker Vereine darstellen. Diese existierten als Kultvereine, Berufsgenossenschaften, lokale und ethnische Vereine, Begräbnisvereine (die ein Minimum sozialer Absicherung im Todesfall garantierten) und in zahlreichen geselligen Formen ohne weiteren höheren Zweck. Es ist ein wesentlicher Fortschritt der jüngeren Forschung, diese Zusammenhänge als eigenes Forschungsthema neu etabliert zu haben, ohne dass die sozialen Strukturen der frühen christlichen Gemeinden nicht gut verstanden werden können. Zwar ist das antike Vereinswesen schon im späten 19. und frühen 20. Jh. vielfach und auch eingehend untersucht worden, aber diese (bis heute wertvollen) Arbeiten wurden von der Exegese seinerzeit nur wenig beachtet.93 Eine Ausnahme ist hier nun eben Heinrici.94 Dieser sprach lieber von Genossen89 Die These vom Mysteriencharakter des frühen Christentums lehnte er 1911 ab in: Heinrici, Ist das Urchristentum eine Mysterienreligion? Doch begann er sich in seinen spätesten Jahren stärker mit diesen Fragen zu beschäftigen, etwa mit Apuleius und der Hermetik. 90 Heinrici, Der zweite Brief an die Korinther, 451; eine längere Liste in ders., Hellenismus und Christentum, 30. Vor allem Epiktet wird für Heinrici zur wichtigen Quelle. 91 Zusammenfassend etwa in: Heinrici, Der litterarische Charakter, 35. 92 Heinrici, Das Urchristentum, Titelseite. 93 1896 erschien Ziebarth, Das griechische Vereinswesen, 1909 Poland, Geschichte des griechischen Vereinswesens. Heinricis Arbeiten liegen vor diesen zusammenfassenden Studien und greifen auf die ursprünglichen Inschriftspublikationen und die älteren Beiträge zur Sache zurück. 94 Dazu Schmeller, Zum exegetischen Interesse an antiken Vereinen, 1–19 sowie zum weiteren Kontext Koch/Schinkel, Die Frage nach den Vereinen. Heinricis wichtigste einschlägige Arbeiten sind: Die Christengemeinde Korinths und die religiösen Genossenschaften

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schaften als von Vereinen, und nutze die Fragestellung vor allem für seine Auslegung der Korintherkorrespondenz. Aus heutiger Sicht bemerkenswert ist die Sicherheit, Solidität und Selbstverständlichkeit, in der Heinrici die paulinischen Gemeinden im Kontext antiker religiöser Vereine zur Sprache bringen konnte: hier wie so oft hat die neutestamentliche Wissenschaft im unglücklichem Pathos einer Überholung vergangener Generationen solides Wissen später geradezu vergessen, das dann (in diesem Fall etwa ab den 1980ern) mühsam wiedergewonnen werden musste. Man wird die Schuld vor allem in der Unterscheidungsrhetorik nicht erst, aber besonders der dialektischen Theologie zu sehen haben, neben dem allgemeinen Zurücktreten der Kenntnis der griechischen und römischen Antike, verglichen mit derjenigen der Generation Heinricis. Heinrici rechnete auch mit der Möglichkeit, dass „unklare“ Christen noch gleichzeitig Mitglied in anderen Vereinen sein konnten (Mitgliedschaften in antiken Vereinen waren im Regelfall nicht exklusiv)95. Das von Paulus diskutierte Problem des Götzenopferfleischs gehört in den weiteren Zusammenhang dieser Frage. Heinricis Interesse galt nicht zuletzt dem strukturbezogenen Vokabular der Gemeinden, dessen Nähe zum Vereinswesen er ganz zutreffend herausstellte. „Die Formen der Genossenschaften waren weit und schmiegsam genug, um die Freiheit der Geister, der Mannigfaltigkeit der Interessen, all’ den Gegensätzen und Irrungen, welche die Gemeinde in sich barg, Raum zu gewähren, sie waren aber auch fest genug, die einmal geeinten Mitglieder zusammen zu halten, und wohl geeignet, zu gestatten, dass jederzeit die Verbindung des Stifters mit der Gemeinde wieder aufgenommen und befestigt wurde“96.

In solchen Aussagen wird deutlich, wie Heinrici grundsätzlich das Verhältnis des frühen Christentums zum „Hellenismus“ bestimmt sehen wollte. Es geht nicht um „Einflüsse“ (die etwa „externer“ Natur wären), sondern um selbstverständliche soziale Strukturen und Organisationsmodelle, die durch die Zeit und Kultur gegeben sind. Wir würden ja auch nicht sagen, dass antike Literatur durch das Alphabet „beeinflusst“ ist, dessen sie sich selbstverständlich bedient. Wie verbreitet das Phänomen der antiken Vereine im Kontext der hellenistischrömischen Stadtkultur ist, erhellt etwa aus Pompeji, wo zur Zeit des Untergangs mindestens 45 Vereine bezeugt sind, obwohl dies nur eine kleine Stadt war. Vereine sind dabei in mancher Hinsicht Quasi-Familien: jedenfalls ist die der Griechen (1876); Das erste Sendschreiben des Apostel Paulus an die Korinthier (1880); Zum genossenschaftlichen Charakter der paulinischen Christengemeinden (1881); Der erste Brief an die Korinther (1896), 5–9.121.176.322.382.422.510 (nach wie vor bemerkenswert sind Heinricis These über die strukturellen Unterschiede Hausgemeinde – Gesamtgemeinde, a. a. O., 7); Der zweite Brief an die Korinther (1900), Vf. 95.266.288f.438.465 (vgl. dort auch 436–458 Heinricis Verteidigung seines Ansatzes gegen Eduard Norden, der den Theologen sehr herablassend bespricht, offenbar ohne Heinricis Arbeiten überhaupt genauer gelesen zu haben). 95 Heinrici, Der erste Brief an die Korinther, 8 Anm. **). Vgl. zum Problem aus heutiger Sicht z. B. Borgen, ʿYesʾ, ʿNoʾ, ʿHow Far?ʾ. 96 Heinrici, Zum genossenschaftlichen Charakter, 521.

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gegenseitige Anrede „Brüder“ nicht selten.97 Sie ersetzen damit auch in gewisser Hinsicht die ländliche Großfamilie und ihre sozialen Funktionen, die in der urbanen Stadtkultur an Bedeutung verloren hatte. Das Material zum antiken Vereinswesen ist in den letzten Jahren neu gesammelt und gesichtet worden, und weitere Fortschritte der Forschung sind zu erwarten.98 Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Frage der Nähe oder Distanz christlicher Gemeinden gegenüber diesen Vereinen schon bei patristischen Autoren diskutiert wird (z. B. Tertullian, apol. 39, 6, der gegen das „nutzlosen Fressen“ der Vereinsmeierei polemisiert). Es waren jedoch v. a. Heinricis Korintherkommentare im Meyerschen Kommentarwerk, die diese Bezüge in der Forschung erstmals breiter bekannt machten, und in denen überhaupt die Welt der hellenistisch-römischen Kultur in neuer Intensität als ständige Referenzgröße präsent wurde. Die Probleme sah er durchaus: „Der 2. Korintherbrief ist eine harte Nuß, für Paulus bietet er vielleicht die am meisten charakteristischen Züge“.99 Für den Respekt, den Heinricis Korintherkommentare damit in der Forschung genossen, spricht, dass Johannes Weiß, der die Neubearbeitung des ersten Korintherbriefes für das Meyersche Kommentarwerk übernommen hatte, sich nicht recht getraute, Heinrici mitzuteilen, dass eine solche Neubearbeitung in Arbeit war. Dem älteren Gelehrten damit „unter die Augen zu treten“ wollte er erst unternehmen, wenn der Band fertiggestellt sein sollte (das war 1910 der Fall).100  97 Harland, Familial Dimensions of Group Identity. Der Sachverhalt war schon von Nock beobachtet worden: The Historical Importance of Cult-Associations. Weitere und neuere Belege bietet Dickey, Literary and Extended Use of Kinship Terms.  98  Vgl. Ascough/Harland/Kloppenborg, Associations in the Greco-Roman World; Ascough, Paul’s Macedonian Associations; Ausbüttel, Untersuchungen zu den Vereinen; Kloppenborg/Wilson, Voluntary Associations; Gutsfeld/Koch, Vereine, Synagogen und Gemeinden; Schmeller, Hierarchie und Egalität; Ders., Gegenwelten; Kloppenborg, Christ’s Associations (Gesamtdarstellung). Grundlegend für die gesamte Forschung ist nun die noch nicht abgeschlossene, ab 2011 erscheinende kommentierte Quellensammlung: Kloppenborg, Greco-Roman Associations. I; Harland, Greco-Roman Associations II. Kloppenborgs zusammenfassende Darstellung von 2019 (Christ’s Associations) erwähnt Heinrici nicht, und verweist nur in einem vagen Nebensatz ohne Namensnennung (IX) auf die älteren Entdeckungen, auf denen seine Arbeit letztlich beruht. Wichtige neuere Einsichten finden sich in einer demnächst erscheinenden Studie von Jan Quenstedt, die vor allem diakonische Aspekte untersucht.  99 Brief Heinricis an Hans Lietzmann vom 17. Nov. 1908: Aland, Glanz und Niedergang der deutschen Universität, 271. 100  Brief von Johannes Weiß an Hans Lietzmann vom 26. Okt. 1908. In: Aland, a. a. O., 270. Weiß (der leider sehr jung noch kurz vor Heinrici starb) würdigt im Vorwort seines Kommentars Heinricis Ansatz, den er explizit fortführt, mit der freundlichen Bemerkung, dass er es in Sachen souveräner Kenntnis der antiken Literaturen nicht mit des älteren Gelehrten Belesenheit aufnehmen könne. Methodisch gelte: „Niemals wird vergessen werden können, daß er zum ersten Mal die Exegese der Korintherbriefe in den großen literatur‑ und religionsgeschichtlichen Zusammenhang mit dem Hellenismus gerückt hat, und kein Nachfolger wird seine Methode ungestraft verlassen“ (Weiẞ, Der erste Korintherbrief, III). Was er im Folgenden anführt, ist eben gerade das, worin sich die Religionsgeschichtliche Schule von Heinrici unterschied.

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Auch Heinrich Julius Holtzmann (1832–1910), der Nestor der neutestamentlichen Wissenschaft Anfang des 20. Jhs., der in seinen Lehrbüchern das gesamte Wissen des vergangenen 19. Jh. zusammengefasst hatte, bekundet allerhöchsten Respekt vor Heinricis Kommentaren, doch habe Lietzmann (dessen Korintherkommentare gerade in der Handbuch-Reihe erschienen waren) ein „freieres Urteil“ (Brief Holtzmanns an Hans Lietzmann vom 11. Nov. 1907).101 Heinrici seinerseits schätzte Holtzmann sehr, und wünscht einmal in einem Brief, er könnte ihn bei Gelegenheit besuchen, um „ein wenig zu lästern“, zu fachsimpeln und im übrigen „Mensch zu sein“.102 Heinricis Projekt eines „Neuen Wettstein“ stand Hans Lietzmann skeptisch-abwartend gegenüber: er selbst hielt dergleichen weitausholende Sammlungen für nur begrenzt nützlich.103 Heinricis Beiträge zu anderen exegetischen Themen auf ihre Gegenwartsrelevanz zu sichten, wäre eine lohnende Aufgabe. Ich nenne nur noch zwei Beispiele. Die Gliederung der Feldrede (in ihrer Q-Fassung als Grundlage auch der Bergpredigt) und damit ihre rhetorische Struktur hat Heinrici ehemals wie folgt vorgenommen: Auf einen prophetischen (Lk 6,20–26) folge ein paränetischer bzw. gnomischer Teil (Lk 6,27–38) und abschließend ein parabolischer Teil (Lk 6,39–49). Das aber habe sie mit der Makro-Gliederung des Hirten des Hermas gemeinsam (fünf ὁράσεις, zwölf ἐντολαί, und zehn παραβολαί; visiones, mandata und similitudines in der Formulierung der lateinischen Vulgata).104 Der bild‑ bzw. gleichnishafte Ausklang (den auch die Rede Mk 13 aufweist) erinnert zudem an das Logos-Mythos Schema der platonischen Dialoge (in seinem Kontrast zum sophistischen Mythos-Logos-Schema), ohne dass an einen Einfluss zu denken ist. Das ist bis heute eine herausfordernde Analyse. Aus den vielfachen Paulusforschungen mag hier noch das selten so deutlich ausgesprochene Detail Erwähnung finden, dass Paulus kein Schriftausleger war und „Schrift“ nur insofern heranzieht, als sie seinem aktuellen soteriologischen und ekklesiologischen Anliegen dient, niemals darüber hinaus. Es gibt bei Paulus Bewegungen von der Sache zum Text, niemals vom Text zur Sache. „Von sicherem Standpunkte aus suchen sie die Schriftbelege für die Wahrheiten, die sie verkündigen“, fasst Heinrici diesen Vorrang treffend zusammen.105 Auch das ist eine immer wieder beharrlich übersehene Einsicht.

101 Aland,

Glanz und Niedergang, 249 f. a. a. O., 274, nicht ganz wörtlich zitiert. Bei Lietzmanns endgültiger Benennung zum Ordinarius in Jena 1908 waren die externen Gutachten von Heinrici und Holtzmann mitausschlaggebend (Aland, a. a. O., 38). 103 Brief vom 20. Mai 1938, in: Aland, a. a. O., 921. 104 Heinrici, Die Bergpredigt, quellenkritisch untersucht. 105 Heinrici, Der litterarische Charakter, 119. 102 Aland,

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9. Eine radikale Alternative: die Position der Religionsgeschichtlichen Schule Heinrici hatte ein klares Methodenbewusstsein, und verachtete es nicht, von anderen theologischen Richtungen zu lernen. „Daß in der Wissenschaft es nur dann gut steht, wenn nicht a priori alles verachtet wird, was nicht die Parteiparole bekennt, das scheinen manche brave Köpfe vergessen zu haben, nicht bloß solche auf der rechten, sondern auch solche auf der linken Seite“106,

schreibt er am 7. Aug. 1910 an Hans Lietzmann. Der ihm in manchem geistesverwandte Paul Wendland (1864–1915, Professor für Klassische Philologie in Kiel ab 1902, übrigens ohne Habilitation, später in Breslau und Göttingen), konnte in einem Brief allerdings nicht ganz unkritisch über Heinrici schreiben: „Seine Schrift ist recht leichte Ware; es ist als wolle er die tiefsten Probleme nicht kennen. Sympathisch und versöhnlich ist mir doch immer wieder, daß der Mann ein Verhältnis zur profanen Literatur hat“107. Heinrici hatte zur orientalistisch orientierten vergleichenden Forschung dagegen nur wenig Kontakt: seine Theologische Encyclopädie (Freiburg i. Br. und Leipzig 1893), eine weitausholende, gelehrte und ökumenisch durchaus bereits sensibilisierte Gesamtschau der Theologie als einer akademischen Wissenschaft (verbunden mit einer umfassenden Bücherkunde des Fachs)108 behandelte zwar auch Missionsgeschichte und (separat) Missionskunde (Theorie der Mission), reflektiert dabei aber nicht auf die einzelnen kulturellen und religiösen Religionen, denen diese Mission begegnete.109 (Heftig kritisiert er dabei übrigens alle nicht-religiösen, also kolonialen und wirtschaftlichen „Nebenzwecke“ der Mission)110. In einem sehr kurzen Abschnitt zum Thema „allgemeine Religions106 Aland,

Glanz und Niedergang, 287. a. a. O., 257. 108 Als ich 2004 meinen von Intention und Anlage her vergleichbaren Literaturführer Theologie und Religionswissenschaft. Bücher und Internetanschriften (UTB 2405, Paderborn 2004) publizierte, wusste ich noch nicht, dass ich später in gewisser Weise in Heinricis Nachfolge in Leipzig würde arbeiten können. 109 Heinrici, Theologische Encyclopädie, 260 erwähnt Wundt und versteht die Psychologie der Gegenwart als Experimentalwissenschaft, sieht ihren eigentlichen Begründer aber in Aristoteles. Im Rahmen seines Gesamtsystems gehört sie zu den „philosophischen Hilfswissenschaften“ der systematischen Theologie, wie ähnlich die Logik. 110 Heinrici, a. a. O., 330. Ganz ein Kind einer älteren Überlegenheitsattitüde gegenüber ethnischen und tribalen Religionen ist Heinrici noch, wenn er vom „blinden und knechtischen Aberglauben des Fetischdienstes“ spricht (a. a. O., 331); hier bewegte sich die Hermeneutik des „Primitiven“ bei gleichzeitigen Forschern wie E. B. Tylor, J. G. Frazer, E. S. Hartland und Andrew Lang oder in Deutschland bei Leo Frobenius bereits auf einem weitaus differenzierteren und weniger abwertenden Niveau, obwohl der koloniale Standpunkt auch dort noch längst nicht überwunden ist. Heinrici wendet sich auch gegen die unglückliche Verbindung der Judenmission mit antisemitischen Motiven. In Leipzig kämpfte der Alttestamentler Franz Delitzsch (1813–1890), durchaus ein Befürworter eines missionarischen Zeugnisses auch gegenüber dem 107 Aland,

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geschichte“ nennt er keine Spezialliteratur, und lenkt sofort zur klassischen Philologie hinüber.111 Wilhelm Wundt erwähnt er nur ganz beiläufig112, der zu dieser Zeit (1893) freilich auch noch nicht mit Publikationen, welche die Religionsgeschichte stärker berühren, hervorgetreten war. Es ist überhaupt die philologisch-historische, nur wenig spekulativ ausgerichtete Variante der Religionswissenschaft, mit der Heinrici in ein Gespräch eintrat. Sein Thema dabei war Hellenismus und Christentum, nicht Orient und Christentum. In der Exegese war es dabei vor allem die Göttinger Religionsgeschichtliche Schule, die seit etwa den 1890er Jahren in Sachen Exegese und Religionsgeschichte zukunftsweisend wurde und die neu entstandenen Fragen wirklich in ihrer Radikalität ergriff und zu beantworten versuchte, aber eben auf einer anderen Linie als Heinrici. Ihre allgemeine Geschichte und Ausrichtung ist zu bekannt, als dass sie hier dargestellt werden müsste; wir erinnern nur an einige elementare Fakten, um den Unterschied zum „Leipziger Ansatz“ Heinricis zu kontextualisieren.113 Der Name steht in einem engeren Sinn für eine Gruppe deutscher evangelischer Theologen, die ab etwa den 1890er Jahren mit einer gemeinsamen Programmatik auftraten, aber nie einen organisatorischen Zusammenhang bildeten. Äußerlich waren sie immerhin darin verbunden, dass sich viele von ihnen in Göttingen habilitiert hatten. In einem weiten Sinn können dem Kreis zugerechnet werden (genannt ist jeweils das Jahr der Habilitation) Bernhard Duhm (1873), Albert Eichhorn (1886), Hermann Gunkel (1888), Johannes Weiß (1888), Wilhelm Bousset (1890), Alfred Rahlfs (1891), Ernst Troeltsch (1891), William Wrede (1891), Heinrich Hackmann (1893) sowie aus einem noch einmal weiteren Umfeld die etwas später habilitierten Gelehrten Rudolf Otto (1898), Hugo Greßmann (1902) und Wilhelm Heitmüller (1902). Gedanklich verwandt zählten zu diesem Kreis auch Carl Mirbt (1888), Carl Clemen (1892), Heinrich Weinel (1899) und  – zumindest in jungen Jahren  – der Schweizer Paul Wernle (1897). Letzter hatte mit Anfänge unserer Religion (Tübingen 1901) Wredes Forderung einer Religionsgeschichte des frühen ChrisJudentum, energisch gegen antisemitische Vorurteile, und war auch an gerichtlichen Vorgängen zur Verteidigung von Juden beteiligt. Vgl. Wagner, Franz Delitzsch; Delitzsch, Franz Delitzsch als Freund Israels (die Autorin dieses Buches war eine Enkelin Delitzschs). Delitzsch galt zu Lebzeiten als bester christlicher Kenner der jüdisch-rabbinischen Literatur im dt. Sprachraum. Auch ein anderer prominenter Gegner des wachsenden Antisemitismus hat LeipzigBezüge, der Alttestamentler Hermann Leberecht Strack (1848–1922), der 1884 in Leipzig zum Dr. theol. promoviert wurde (Dr. phil war er bereits seit 1872). Er wurde zu einem der gelehrtesten Gegner antisemitischer Ritualmordbeschuldigungen und ähnlicher Stoffe der antijüdischen Polemik. 111 Heinrici, Theologische Encyclopädie, 156. 112 Heinrici, a. a. O., 260. 113 Zum Folgenden s. aus der reichen Literatur etwa Lüdemann/Schröder, Die Religionsgeschichtliche Schule in Göttingen; Lüdemann, Die „Religionsgeschichtliche Schule“; Sänger, Phänomenologie oder Geschichte? Nützlich für unsere Fragestellung bleibt die ältere (maschinenschriftliche) Dissertation von G. W. Ittel.

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tentums aufgenommen und exemplifizierte sie vor allem an einer Analyse paulinischer und johanneischer Entwicklungen. Ernst Troeltsch (1865–1923) war in gewisser Hinsicht der Systematiker der Richtung, der bereits 1892 Professor für Systematische Theologie in Bonn und 1894 in Heidelberg geworden war (ab 1915 Professor für Philosophie in Berlin).114 Politisch war man meist liberal (Bousset, Troeltsch und Otto wurden nach dem Krieg Mitglieder der Deutschen Demokratischen Partei). Eine wesentliche Denkvoraussetzung der Religionsgeschichtlichen Schule war dabei ein radikaler Historismus, der Geschichte grundlegend als kausales und kausal erklärbares Geschehen zur Sprache brachte. Dennoch war sie nicht blind für Innovationen: aber diese wurde immer im geschichtlichen Prozess und als sein Resultat wahrgenommen. Troeltsch hat diesen Historismus und seine Probleme später systematisch reflektiert. Mit einer Offenbarungstheologie, wie sie auch Heinrici vertrat, vertrug sich das kaum. Über den Historismus hinaus wirkte auf die Religionsgeschichtliche Schule vor allem der komparative Ansatz, der aus der Orientalistik, aber auch aus der Erzählforschung, der Volkskunde, der Ethnologie in die historischen Wissenschaften hineinreichte. Höhepunkte dieser ganzen neuen Fragestellung waren vor allem die Bücher Wilhelm Boussets, allen voran Kyrios Christos (1913, 2. veränderte Aufl. 1921), Hauptprobleme der Gnosis (1907) und Die Religion des Judentums im späthellenistischen Zeitalter (zuerst 1903 unter dem Titel Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter, später mehrfach verändert und von Hugo Gressmann fortgeführt).115 Obwohl heute im theologischen Rückblick vor allem Rudolf Bultmann und seine Schule, aber auch überhaupt die dialektische Theologie als (etwas spätere) epochemachende Neuerungen erscheinen, waren es in Hinsicht auf die religionswissenschaftliche Forschung zum frühen Christentum doch eher Bousset, Gunkel und ihr Kreis, welche die wesentlichen neuen Einsichten in die Exegese einbrachten. Bultmann selbst hat die Rolle Boussets als Wegbereiter der gesamten neueren neutestamentlichen Forschung in sehr massiven Worten immer anerkannt.116 Boussets akademische Karriere war freilich nur schleppend und voller Frustrationen vorangegangen, und mit verschiedentlichen Verkennungen und Zurücksetzungen verlaufen. Erst 1915 erhielt er nach langen unsicheren Jahren einen Ruf an die Universität Gießen (Antritt der Vorlesungstätigkeit 1916) und schon am 8. März 1920 ist er im Alter von nur 54 Jahren 1920 in Gießen an einem Herzversagen gestorben, das offenbar durch die jahrelange Unter114 Vgl. zu den systematisch-theologischen Positionen der Religionsgeschichtlichen Schule v. a. Lehmkühler, Kultus und Theologie. 115 Vgl. zur Würdigung aus heutiger Sicht: Doering, Wilhelm Bousset’s Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter. 116 Vgl. Bultmanns Geleitwort von 1964 zur fünften Auflage von „Kyrios Christos“: „(…) dieses Werk führt in unvergleichlicher Weise in die Fragen ein, die heute die Neutestamentliche Wissenschaft bewegen, und zwar deshalb, weil es selbst die heutige Situation mit den sie bewegenden Fragen und Diskussionen mit heraufgeführt hat“ (V ).

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ernährung in den Kriegsjahren mitverursacht war (im Oktober 1917 hatte er seine Vorlesungen wegen Entkräftung einstellen müssen). 1919 hat er immerhin noch einen Ehrendoktor der Universität Rostock erhalten. Christentum, jüdische und pagane Religionsgeschichte las er in Gießen zusammenfassend unter dem Titel Religionsgeschichte der Kaiserzeit. „Das Christentum ist zunächst ein Kultverein, der sich um den Gott-Heros Christus sammelt“117, schrieb Bousset 1909 an seinen Freund Paul Wernle, seine bekannteste These auf eine knappe Formel verkürzend. In Briefen und Vorträgen drückte Bousset die kritischen Aspekte seines Standpunktes deutlicher aus als in seinen Publikationen: „Wir sind einig – ich betone das –, daß wir für uns den Christuskult und die Christusmythologie ablehnen als antike und Jesu eigener Intention nicht einmal entsprechende Produkte“ (Brief an Paul Wernle vom 5. 9. ​1909)118. Die Briefe an Wernle, der völlig andere Positionen vertrat, aber ein alter Freund Boussets war, sind bewegend, weil sie die Vereinsamung zeigen, in die auch Bousset zeitweise geraten war, und die Heftigkeit, mit der diese Fragen auch unter Freunden ausgetragen wurden.119 Die Frage nach „Einflüssen“, der in der Religionsgeschichtlichen Schule eine prägende Rolle spielte, darf dabei nicht missverstanden oder karikiert werden. Es geht nicht um Abhängigkeiten, die den Wert eines geschichtlichen Phänomens relativieren, sondern um die kulturelle Einbettung der neuen Religion. Engführungen und Kurzschlüssigkeiten – die oft auf mangelnder Kenntnis der außerchristlichen und außerjüdischen Literaturen beruhen – sollten vermieden werden. Daher wurde ein breiteres Spektrum antiker Texte in den Blick genommen als jemals in der neutestamentlichen Forschung zuvor, und auch heute ist die Religionsgeschichtliche Schule in dieser quellenorientierten Weite des Blicks wegweisend (und zu manchen Details unerreicht). „Die allgemeine Religionsgeschichte (…) zeigt uns die Geschichte des Alten und Neuen Testaments in so enger Verflochtenheit mit der Religionsgeschichte der umgebenden Völker und Kulturen, daß jene Unterscheidung einer geoffenbarten von der natürlichen Religion eine Unmöglichkeit wird“120,

schreibt Bousset 1903. Christliche Theologie wird nicht mehr zum Referenzrahmen, sondern zu einer Teilmenge der Religionswissenschaft, doch bleibt eine einzigartige Stellung des Christentums für Bousset (wie für Troeltsch) erhalten: „das Christentum rückt als moralische Erlösungsreligion an die Spitze aller Religionen“121. Für die methodische Trennung zwischen Theologie und Religionswissenschaft und die Stellung der religionswissenschaftlichen innerhalb der akademischen Landschaft brachte ein solcher Standpunkt natürlich eher einen 117 Özen,

Wilhelm Bousset und Paul Wernle, 177. a. a. O., 178. 119 Vgl. Özen, a. a. O. 187 und besonders die „Schlußworte“ Boussets, a. a. O., 191, welche die Zusammenarbeit mit dem Andersdenkenden aufkündigen. 120 Bousset, Das Wesen der Religion, 6. 121 Bousset, a. a. O. 173. 118 Özen,

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Rückschritt, wie Kurt Rudolph klar gesehen hat.122 Die Religionsgeschichtliche Schule hat trotz ihrer bedeutenden Quellenarbeit daher weit mehr Bedeutung für die Theologie als für die entstehende Religionswissenschaft gehabt. Julius Wellhausen (1844–1918) fasst seine Kritik an der Bewegung in einem Brief an den Orientalisten Enno Littmann 1915 zusammen: „Der Ahnherr ist Duhm; Eichhorn, Bousset, Gunkel, Heitmüller gehören zu demselben Göttinger Klüngel. Duhm hat sich aber zurückgezogen, und Eichhorn ist zum mythischen Heros der Gesellschaft geworden, der Alte vom Berge, von dem ich nicht weiß, wo er sich aufhält. Der derbe Greßmann nimmt sich possierlich unter den Rittern vom Geist aus, macht aber die Bocksprünge unter lautem Gemecker mit. Heitmüller geht verständigere Wege. Der mir gleichfalls sympathischere Otto123 verblüfft dadurch, dass er auf einer verhältnismäßig kurzen Reise ohne Kenntnis der Literaturen und Sprachen, zum umfassenden Religionsforscher geworden ist. Die Herren gehen mit Vorliebe aufs Ganze. Man muß sie austoben lassen, die Blase wird wohl mal platzen!“124.

Das ist natürlich in der Wellhausenschen Weise direkt und kokett gesagt. „Sie gehen aufs Ganze“ ist die Summe seines Urteils, und damit benennt er in der Tat Stärke und Schwäche der Bewegung. Harnack (der seinerseits Wellhausen für den bedeutendsten Religionshistoriker der Gegenwart hielt)125, hätte es höflicher, aber inhaltlich ganz ähnlich ausgedrückt. Wir können nun die Religionsgeschichtliche Schule hier nicht weiter würdigen, und zitieren als neueres Gesamturteil nur noch den klassischen Philologen Walter Burkert, der 1996 im Rückblick schreibt: bei der Religionsgeschichtlichen Schule „handelt es sich doch wohl um die bedeutendste Symbiose von Altertumswissenschaft und Theologie in unserem Jahrhundert im Zeichen einer übergreifenden Religionswissenschaft, die zentrale Botschaften des Christentums aus Früherem abzuleiten unternahm“126.

Die Stärke der Religionsgeschichtlichen Schule sieht Burkert vor allem darin, dass sie Kultur nicht in einem Abgrenzungsparadigma sah, sondern Kulturmischungen, Synkretismus, Kulturbegegnung ins Zentrum gerückt habe. Für manche Zeitgenossen Heinricis war die damit gegebene Fragestellung jedenfalls geradezu ein Paradigmenwechsel; wir haben zu Beginn dieses Aufsatzes dazu William Wrede zitiert.127 Georg Heinrici stand, wie wir sehen werden, dieser Bewegung eher skeptisch gegenüber, obwohl er zu ihren Fragestellungen durch sein Interesse an hellenistischer Kultur und Sprache durchaus Affinitäten hatte, und seine Position als profilierte Alternative zur Religionsgeschichtlichen Schule bei ähnlich gelagerten Interessen gelten kann. Zwar wurde in den Jahren vor 122 Rudolph,

Die Religionsgeschichte an der Leipziger Universität, 53. ist Rudolf Otto. 124 Wellhausen, Briefe, 630. 125 von Harnack, Das Wesen des Christentums, 106. 126 Burkert, Klassisches Altertum, 27. 127 Vgl. speziell Strecker, William Wrede. 123 Gemeint

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dem Ersten Weltkrieg in Sachen Neues Testament nicht so heftig und unter so breiter Beteiligung der Öffentlichkeit gestritten wie bei den Alttestamentlern im berüchtigten Babel-Bibel-Streit, den Friedrich Delitzsch (1850–1922), Sohn des Leipziger Alttestamentlers Franz Delitzsch, durch einen öffentlicher Vortrag am 13. Januar 1902 in Gegenwart von Kaiser Wilhelm II. vor der Deutschen Orientgesellschaft zu Berlin in Bewegung gesetzt hatte. Delitzsch hatte dabei nicht nur die weitgehende Abhängigkeit des Alten Testaments von babylonischen Vorbildern, sondern  – wenn auch erst in einem späteren Vortrag  – die kulturelle Überlegenheit der babylonischen Kultur über die israelitisch-jüdische behauptet.128 Das löste Stürme der Entrüstung aus. Der Bibel-Babel-Streit wurde zu einer zentralen Kontroverse der Spannungen, die sich zwischen der theologischen Bibelwissenschaft und der entstehenden Altorientalistik ergaben, darf aber nicht vergessen machen, dass der gleiche Friedrich Delitzsch die „bis heute weiterwirkenden philologischen Grundlagen“129 der Altorientalistik schuf, und mit seiner Leipziger Habilitation 1874 die Assyriologie zum ersten Mal als eigenständige Wissenschaft anerkannt wurde. Ganz so grell waren die Streitpunkte in Sachen Neues Testament mit einer Ausnahme (Arthur Drews Die Christusmythe von 1909, nebst diversen Folgeschriften) nicht. Dennoch trat das Themenfeld Neues Testament und antike Religionen etwa ab den 1890ern auch für dieses Fach kontrovers in die Öffentlichkeit. Hermann Gunkel (1862–1932) veröffentlichte 1895 Schöpfung und Chaos in Urzeit u. Endzeit (2. Aufl. 1921), und 1903 war seine kurze programmatische Schrift Zum religionsgeschichtlichen Verständnis des Neuen Testaments erschienen; William Wrede, der bereits 1906 in Breslau starb, veröffentlichte 1897 Über Aufgabe und Methode der sogenannten Neutestamentlichen Theologie (Göttingen 1897) und Das theologische Studium und die Religionsgeschichte (1903). Darin war die Forderung erhoben, die neutestamentliche Theologie zu ersetzen durch eine nicht theologisch, sondern historisch verantwortete Religionsgeschichte des Urchristentums. Damit war noch deutlich mehr anvisiert als das, was der an innovativer Energie mit Bousset vergleichbare Alttestamentler Hugo Gressmann (1877–1927) das Axiom der Religionsgeschichtlichen Schule genannt hatte, nämlich dass es keinen Stoff in der Welt gäbe, der nicht seine Vorgeschichte, und keinen Begriff, der nicht seinen Anknüpfungspunkt hätte.130 Vorausgesetzt ist als Referenzrahmen wie angesprochen der Historismus, für den eine Sache verstehen ihre Geschichte verstehen heißt, ihren Ursprung und ihre Anfänge, um Eduard Meyers großes Werk zu zitieren (man beachte den Singular Ursprung

128 Lehmann, Der Babel-Bibel-Streit; ders., Friedrich Delitzsch und der Babel-Bibel-Streit; ders., Delitzsch, Friedrich; Liwak, Bibel und Babel; Shavit, Babel-Bibel. 129 Streck, Altorientalistik, 345 f. 130 Vgl. dazu Ittel, Urchristentum und Fremdreligionen, 23.

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und den Plural Anfänge).131 Meyer selbst, der bedeutendste deutsche Universalhistoriker, hielt zur Religionsgeschichtlichen Schule wie zur ganzen Theologie eher Abstand, und versuchte ihre Themen dezidiert als Profanhistoriker anzugehen. Der Systematiker Ernst Troeltsch hatte die neuen Fragen im Kontext der systematischen Theologie reflektiert (Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, 1902). Vor allem war es jedoch wieder Wilhelm Bousset, der das Material, sofern es das frühe Christentum in irgendeiner Form berührt, in einer auch seitdem kaum je erreichten Gelehrsamkeit durcharbeitete und in mehreren großen Synthesen zur Darstellung brachte, unter zum Teil schwierigsten äußeren Arbeitsbedingungen. Auch Bousset suchte die Synthese, und noch Larry Hurtado, der ähnlich umfassend in unseren Tagen die Anfänge der Jesusverehrung ergründet und beschrieben hat, nannte ihn seinen wichtigsten „sparring partner“: „since my first encounter with Kyrios Christos as a graduate student (…) it has been the single stimulating work on early Jesus-devotion that I have read, and my own work has been shaped in dialogue (and often in disagreement) with it as with no other work“132.

Kyrios Christos sei „a thrilling book“. Hurtados eigene Studie Lord Jesus Christ: Devotion to Jesus in Earliest Christianity (2003) versteht sich dezidiert als komplementärer Gegenentwurf zu Boussets Darstellung in Kyrios Christos. 131 Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums. Eduard Meyer war ab 1872/73 (nach einem für ihn enttäuschenden ersten Semester in Bonn) an die Universität Leipzig gewechselt und hatte dort v. a. umfassende Sprachkenntnisse erworben. Bei dem Indogermanisten und Indologen Ernst Wilhelm Adalbert Kuhn lernte er Sanskrit, Persisch und Türkisch, bei Otto Loth Arabisch, Syrisch bei Heinrich Leberecht Fleischer und Ägyptisch bei dem 1870 nach Leipzig berufenen Georg Ebers. Bei Ebers promovierte er 1875 mit einer religionsgeschichtlichen Studie über den altägyptischen Gott Set-Typhon. Nach einem Jahr in Konstantinopel habilitierte er sich wieder in Leipzig 1879 für das Fach Alte Geschichte mit einer Studie über das Königreich Pontos. In der folgenden Leipziger Privatdozentenzeit konzipierte er seine Geschichte des Altertums, deren erster Band 1884 erschien und die seinen Weltruf begründete. Es sind dies zwar Entwicklungen abseits der Leipziger Theologie; sie zeigen aber doch, wie sich in Leipzig religionsgeschichtliche Fragen auch innerhalb der Orientalistik und Alten Geschichte entwickelten und welchen Stellenwert sie rasch einnahmen. Sowohl zur Geschichte des antiken Judentums wie des Christentums leistete Meyer Grundlegendes (dann freilich an anderen Universitäten), und wandte sich bewusst als Profanhistoriker den christlichen Anfängen zu, ja sah geradezu darin ein Versäumnis, dass diese bisher nur den Theologen überlassen worden seien. „Ursprung und Anfänge des Christentums geschichtlich zu begreifen und in den Zusammenhang der historischen Entwicklung einzureihen ist eine der größten Aufgaben, die dem Geschichtsforscher gestellt ist. Aber mit ängstlicher Scheu sind bisher alle Historiker ihr aus dem Wege gegangen: sie nehmen das Christentum als eine gegebene Größe, sie verfolgen seine weitere Entwicklung, die Einwirkungen der allgemeinen Kulturströmung, die Konflikte, in die es mit den Weltmächten gerät; aber seine Anfänge betrachten sie, wie es scheint, als nicht zu ihrem Bereich gehörend.“ (Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums 1, IX, Beginn des Vorwortes). 132 Hurtado, Introduction, XIX.

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Diese neue Richtung in der neutestamentlichen Wissenschaft wurde flankiert von einem Umdenken in Teilen der klassischen Philologie. Hermann Usener, Erwin Rohde, Albrecht Dieterich und vor allem Richard Reitzenstein sind einige der dabei im deutschen Sprachraum relevanten Namen (im weiteren Sinn auch Eduard Norden). Diese hatten ganz neue Bereiche antiker Quellen erschlossen. Untersuchungsgegenstand waren nun nicht mehr allein das Epos, das Theater, die Historiographie, die Philosophie, sondern die Magie, die Hermetik und sonstige antike Offenbarungsliteratur, der Roman, das gnostische Schrifttum, das allmählich sukzessive durch mandäische und manichäische Texte vermehrt wurde, der Ritus, das Volkstümliche. Daneben wurde weiteres volkskundliches und ethnologisches Vergleichsmaterial zum ersten Mal in größerem Umfang herangezogen, wie das im Vereinigten Königreich z. B. schon James George Frazer in seinen monumentalen Kommentaren zu Ovid, Pausanias und Ps.-Apollodor und seinen weiteren Werken leistete.133 Was diese ganze Richtung auszeichnet, ist ihr Aufmerken auch auf die marginalen, superstitiösen, volkstümlichen oder nicht-theologischen Aspekte von Religion. Das frühe Christentum ist nicht Theologie: es ist gelebte Religion in einem Umfeld antiker Religion, ohne deren solide Kenntnis man das Christentum nur verzeichnen und karikieren kann. Zeitschrift dieser ganzen Forschungsrichtung war im deutschen Sprachraum das Archiv für Religionswissenschaft, das Thomas Achelis (1805–1909), ein Bremer Gymnasiallehrer, begründet hatte, und das ab 1904 der Philologe Albrecht Dieterich und nach dessen Tod ab 1908 der klassischen Philologe Richard Wünsch (1869–1015) herausgab, ein Schüler Georg Wissowas, des großen Historikers der römische Religion. Die Zeitschrift bestand von 1898 bis 1942, und ist bis heute eine der profiliertesten und innovativsten religionswissenschaftlichen (und altertumswissenschaftlichen) Zeitschriften geblieben, welche die Geschichte beider Fächer hervorgebracht hat.134 Auch über Heinricis Institut und sein Projekt eines Neuen Wettstein sowie die weitere Leipziger Religionswissenschaft wurde darin ausführlich durch Hans Haas berichtet, wie oben schon erwähnt.

10. Harnacks Kritik gegenüber den Annäherungen der Theologie an die Religionswissenschaft Adolf von Harnack („von“ seit 1914) äußerte seine bekannte Kritik weniger an der Religionsgeschichtlichen Schule als an dem Plan, die Theologischen Fakultäten 133 Vgl.

etwa Ackerman, J. G. Frazer; ders., The Myth and Ritual School. spätere Geschichte der Zeitschrift wurde monographisch bearbeitet: Dürkop, Das Archiv für Religionswissenschaft. 134 Die

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in solche für Religionswissenschaft zu verwandeln. Dagegen wendet er sich scharf. Seine Rektoratsrede Die Aufgabe der theologischen Facultäten und die allgemeine Religionsgeschichte, gehalten am 3. August 1901 (gedruckt zuerst als Separatum Gießen 1901 und danach hier zitiert) fand sofort breite Beachtung. Religionen studieren zu wollen, ohne gründlich mit den sie tragenden Kulturen und Sprachen vertraut zu sein, sei heillosester Dilettantismus.135 Kein Gelehrter können mehrere oder gar alle Religionen quellenmäßig beherrschen: daher sei schon der Versuch verfehlt. In der Bibel und im Christentum habe man aber die Summe der Religionsgeschichte, aus denen das Wesen der Religion vollkommen zu erkennen sei. Daher müsse die Erforschung der einzelnen Religionen in den Philologien verbleiben.136 (Dagegen wurde später natürlich mit Recht eingewandt, dass unter diesen Bedingungen vergleichende Geistes‑ oder Kulturwissenschaften überhaupt unmöglich seien). Flankiert wird dies von einem Methodenpurismus: „nur nach einer und derselben Methode können die Religionen studiert werden, nämlich der geschichtlichen“137. Das wird noch zugespitzt: „Eine besondere Methode aber, nach welcher die christliche Religion zu studieren ist im Unterschied von den anderen, kennen wir nicht. Einst kannte man eine solche, eine Art von biblischer und philosophischer Alchemie, und rechtfertigte sie mit nicht geringem Scharfsinn. Aber die Folge war, dass man sich immer weiter von der reinen Erkenntnis des Objekts entfernte und den eigenen Geist an die Stelle der Sache setzte. Die historische Methode allein ist konservativ; denn sie sichert die Ehrfurcht – nicht vor der Überlieferung, sondern vor den Tatsachen und macht der Willkür ein Ende, Blei in Gold und Gold in Blei verwandeln zu wollen.“138 Vielzitiert ist Harnacks noch weitergehende und sicher in dieser Form nicht haltbare These, in der Bibel habe man sozusagen einen Querschnitt der ganzen Religionsgeschichte: „Wer diese Entwicklung forschend, entziffernd, nachdenkend, nacherlebend durchmisst, der braucht kein Vielerlei von Religionen zu studieren, um zu wissen, wie es in der Religion und der Religionsgeschichte der Menschheit zugeht. Er hat an diesem Stoffe einen Ausschnitt, der ihm die Kenntnis der Religionsgeschichte in ihrer ganzen Breite nahezu ersetzt. Ja noch mehr: nicht er bedarf der anderen Religionshistoriker, sondern sie bedürfen ihn. Die alttestamentliche Religionsgeschichte bietet den Schlüssel zum Verständnis vieler allgemeiner religionsgeschichtlicher Probleme, die ohne sie ungelöst bleiben müssten.“139

135 Von Harnack, Die Aufgabe der theologischen Facultäten, 10. (Ich zitiere Harnack, wie weithin gebräuchlich, mit seinem Adelstitel, obwohl er diesen eigentlich natürlich erst seit 1914 trug). 136 Bemerkenswert ist Harnacks These, in der Sprachgeschichte spiegele sich die Religionsgeschichte, so dass man diese nicht ohne jene erforschen könne (Von Harnack a. a. O., 10). 137 Von Harnack, a. a. O., 8 (hier und andernorts orthographisch leicht modernisiert). 138 Ebd. 139 Von Harnack, a. a. O. 12 f.

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Schon William Wrede hat in höflicher Form das völlig Unhaltbare, ja Unbegreifliche dieser Aussage erkannt140, die und sei es als eine Selbstimmunisierung christlicher Theologie gegen die neuen Fragen heute kaum noch verständlich ist. Wir sind an einen anderen, zumindest eher nachvollziehbaren Satz Harnacks erinnert: das Evangelium sei nicht Partikularistisches, sondern „die Religion selbst“141. Es ist dies in gewisser Hinsicht der Kern‑ und Zielsatz der deutschen liberalen Theologie Harnackscher Prägung gewesen. Das Ergebnis der Ausführungen liegt auf der Hand: „Wir wünschen, dass die theologischen Fakultäten für die Erforschung der christlichen Religion bleiben, weil das Christentum in seiner reinen Gestalt nicht eine Religion neben anderen ist, sondern die Religion. Es ist aber die Religion, weil Jesus Christus nicht ein Meister neben anderen ist, sondern der Meister, und weil sein Evangelium der eingeborenen, in der Geschichte enthüllten Anlage der Menschheit entspricht.“142

Damit war eigenen religionswissenschaftlichen Lehrstühlen eine Absage erteilt. Dieser skeptisch-relativierende Blick auf die Religionsgeschichte aus einer liberal-theologischen Überlegenheitsattitüde heraus, für den Harnack steht, bewegt sich in einem eigentümlichen Kontrast zur explosiven Steigerung des Wissens über die außereuropäischen Religionen, welche nicht zuletzt durch Deutschlands (wenn auch späten) Einstieg in das koloniale Geschäft, aber auch durch die sich emanzipierende Ethnologie bedingt ist. Für den interreligiösen Dialog war dieser theologische Widerstand gegen die eigenständige Religionswissenschaft verhängnisvoll, und hat darüber hinaus der Entwicklung der kulturempirischen Religionswissenschaft in Deutschland schweren Schaden zugefügt, von dem diese sich erst nach dem zweiten Weltkrieg sehr langsam erholen konnte, so wertvolle Arbeit auch bereits vorher geleistet wurde.143

11. Heinricis Schrift „Theologie und Religionswissenschaft“ als Kritik an der Religionsgeschichtlichen Schule Heinricis Position in dieser komplexen Diskussionssituation und seine behutsame Kritik an der Religionsgeschichtlichen Schule wird am deutlichsten in seiner kleinen Schrift Theologie und Religionswissenschaft (Leipzig 1902), die später in diesem Band auch abgedruckt ist (daher verzichten wir im Folgenden auf Seitenangaben aus der ohnehin sehr kurzen Schrift). Es ist dies eine programmatische Stellungnahme, die ihre Gedanken von zehn „Leitsätze“ aus entfaltet, und die wir

140 Wrede,

Das theologische Studium, 78 f. Harnack, Das Wesen des Christentums, 38. 142 Von Harnack, Die Aufgabe der theologischen Facultäten, 16. 143 Vgl. gegen Harnack auch wieder bereits Wrede, Das theologische Studium, 83. 141 Von

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im Folgenden kurz analysieren wollen.144 Dabei werden Religion und Theologie als antike Kategorien charakterisiert145, die auch heute nur in einer Orientierung an konkreten geschichtlichen Gestaltungen verstanden werden können. Dabei ist das Christentum „eine Erlösungsreligion, die auf das Evangelium Jesu sich gründet und in dem Bekenntnis zu Jesu als dem Herrn als Weltreligion sich durchgesetzt hat. Grundsätzlich verbindet es Glauben und Sittlichkeit.“146 Im Bekenntnis findet die so entstandene Kirche ihre Stabilität und Kontinuität und beansprucht, eine „abschließende Gottesoffenbarung“ zur Sprache zu bringen. Die Theologie entstehe aus dem Legitimationsbedürfnis der Kirche: „Das Bedürfnis der Kirche, sich Rechenschaft über den Wahrheitsgehalt der christlichen Offenbarung zu geben und denselben in seiner Reinheit zu bewahren und zu erhalten, hat die christliche Theologie erzeugt. Sie ist die Wissenschaft vom Christentum, entsprungen aus der Überzeugung, daß das Christentum ein ,vernünftiger Gottesdienst‘ ist, daß es ferner seine innere Wahrheit und sein Recht, der rechten Frömmigkeit Form und Gehalt zu verleihen, nicht nur zu behaupten, sondern auch zu erweisen vermag“.

Daher habe es Theologie mit den „Thatsachen des Urchristentums, wie sie aus den im Neuen Testamente gesammelten Schriften zu ermitteln sind“. Aber daraus folgt sofort: „Der geschichtliche Charakter dieser Tatsachen schließt es aus, sie anders als in dem Medium ihrer Ursprungszeit zu verstehen; ihre religiöse Kraft schließt es ein, daß sie allezeit als Heilstatsachen sich bewähren. Daher fordert die Theologie zugleich die historische Kritik und den normativen Charakter der neutestamentlichen Schriften.“

In diesen beiden Forderungen aber liege natürlich eine Spannung, die „zum Bruche führen würde, wenn entweder die äußere Autorität die geschichtliche Kritik bindet, – dadurch wird die Wahrhaftigkeit gehemmt – oder die geschichtliche Kritik die Unableitbarkeit und Allgenugsamkeit der christlichen Heilstatsachen verneinen muß, – damit ist der christliche Glaube von seinen Lebenswurzeln abgeschnitten.“ Es sind dies also die beiden Fallen, in die eine christliche Bibelwissenschaft nicht hineingeraten dürfe, obwohl Heinrici sie nicht näher ausführt. Es ist aber deutlich, dass im einen Fall ein Fundamentalismus die freie Forschung unmöglich macht, im anderen Fall die religiöse Dignität der Urkunden als Zeugnisse von „Heilstatsachen“ aus dem Blick gerate. Damit ist nun 144 Vgl. zum Folgenden auch das zusammenfassende Urteil bei Seelig, a. a. O., 156. In den folgenden Zitaten stehen die kursivierten Stellen im Original in Fettdruck. 145 Zu Heinricis Religionsbegriff vgl. auch Heinrici, Theologische Encyklopädie, 233 f. 146 Hierin sah Heinrici den eigentlichen Fortschritt gegenüber dem Hellenismus als solchem, der Religion und Sittlichkeit nicht stabil zu verbinden vermocht hätte: Heinrici, Hellenismus und Christentum, 44. „Erlösungsreligion“ ist ein wichtiges, durchaus wertendes religionstypologisches Label der Zeit, das auch Otto Pfleiderer (der den Begriff 1878 einführte), Max Weber, Joachim Wach und Rudolf Otto in sehr unterschiedlichem Sinn benutzt haben. Eine Geschichte des Begriffs wäre trotz mancher Vorarbeiten noch zu schreiben.

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für Heinrici die Rahmenbedingung benannt, wie das Verhältnis Theologie-Religionswissenschaft zu bestimmen sein könnte. „Die in der Gegenwart erhobene Forderung, die Theologie durch Religionswissenschaft zu ersetzen, führt zu diesem Bruch, wenn sie nicht nur das Christentum als Religion unter den Religionen und Christus als einen Religionsstifter unter den andern betrachtet, sondern auch grundsätzlich behauptet, daß alles, was in der Geschichte erscheint, relativ und individuell ist und bleibt. Auf diesem Wege kommt die Wissenschaft zu einem Christentum ohne Christus und zu einem Glauben ohne Offenbarung, indem sie sich den Voraussetzungen des monistischen Evolutionismus unterwirft. (…) Aber auch abgesehen davon ist die Religionswissenschaft nicht geeignet, die Theologie zu ersetzen, weil sie den Schwerpunkt in die Religionsvergleichung verlegen muß und die Fragen, welche für den Bestand der Theologie als kirchlicher Wissenschaft entscheidend sind, zur Seite schiebt. Insoweit die Religionswissenschaft für die Theologie Bedeutung hat, gehört sie in die Apologetik.“

Das ist von Harnacks Sichtweise nicht gar so weit entfernt. Der philosophische und evolutionäre Monismus ist deutlich als Gegenposition gezeichnet (wie ihn am radikalsten wohl Ernst Haeckel vertreten hat, der im benachbarten Jena lehrte, und 1910 unter mancherlei Pressebeteiligung aus der evangelischen Kirche austrat). Religionswissenschaft kann sich auch Heinrici (wie so viele seiner Zeitgenossen) nicht anders als komparativ denken. Es folgt immerhin ein interessantes Zugeständnis: „Die Forderung einer kirchlich indifferenten Religionswissenschaft erwächst aus dem weitverbreiteten Eindruck der Rückständigkeit und Unsicherheit der Theologie. Dieser Eindruck wird hervorgerufen durch unklare Vorstellungen über die theologischen Probleme und durch falsche Ansprüche an die Kritik der geschichtlichen Religionsquellen, die darin ihre Eigenart haben, daß die geschichtlichen Tatsachen als Kundgebungen Gottes erlebt werden.“

Das Umfeld einer akademischen und bürgerlichen Theologiekritik, die aber eigentlich Kirchenkritik ist, wird benannt, aber als externes Missverständnis dessen qualifiziert, worum es in der Theologie geht. Mit anderen Worten: die Kritik ziele an der Sache vorbei, und treffe sie daher nur in begrenztem Umfang. Dieses Letztere wird aber zugestanden: „Daß die Theologie in ihrem wissenschaftlichen Betrieb zur Zeit durch eine tiefgehende Krisis hindurchgeht, das liegt vor aller Augen. Ein Symptom dafür sind die einander drängenden Erörterungen, die um neue Abgrenzungen und neue Grundlegung sich bemühen, und dies unter sehr entgegengesetzten Gesichtspunkten. Den Antrieb dazu geben nicht allein die kirchlichen Bedürfnisse, sondern vielleicht in noch höherem Grade die Fortschritte in der wissenschaftlichen Erkenntnis.“

Der Legitimationsdruck, in den die Theologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts geraten war, wird hier sehr spürbar, und Heinrici will ihm ganz sicher nicht durch ein Rückzugsgefecht entgehen.

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Naturwissenschaft und Geschichte seien die „geistigen Großmächte“ der Gegenwart, was faktisch aus heutiger Sicht Historismus, Evolutionsparadigma und im philosophischen Bereich Monismus bedeutet, der „für weite Kreise zum Dogma erhoben“ sei (und den Heinrici natürlich nicht teilt). Die ehemals von David Fredrich Strauß aufgeworfene und verneinte Frage „Sind wir noch Christen?“ wird von Heinrici dagegen bejaht, da die historische Forschung das „Fundament unseres Glaubens“ nicht verletzen könne. Heinrici hatte dem Thema 1901 auch eine eigene kleine Gelegenheitsschrift zugewandt (Dürfen wir noch Christen bleiben? Kritische Betrachtungen zur Theologie der Gegenwart), die sofort den heftigen Widerspruch von Ernst Troeltsch herausgefordert hat. Mit der hier diskutierten längeren Schrift reagiert Heinrici wiederum auf Troeltschs Kritik, wobei sich dieser nun sehr viel besser verstanden fühlte, obwohl die Positionen unversöhnlich bleiben: „der Verfasser strebt hier im Unterschied von seinen früheren Schriften nach voller Gerechtgkeit“147. Es wird sofort deutlich, dass Heinrici mit einer solchen, an Kähler erinnernden Position auch kirchlichen Widerspruch ausgelöst hatte: diese Frage „war dem wissenschaftlichen Theologen, der eben als Christ wissenschaftlich arbeiten will, eine Gewissensfrage. Ich habe sie nicht „bösartig“ gestellt, wie man mir vorgeworfen hat, auch habe ich dabei keine kirchenpolitischen Hintergedanken gehabt, auch nicht sensationell wirken wollen, wie man mir untergeschoben hat, sondern ich habe damit den ganzen Ernst der wissenschaftlichen Lage der Theologie scharf beleuchten wollen. Ich kam zu folgender Antwort: Die Behauptung, daß durch die geschichtliche Erkenntnis alle unbedingten und unableitbaren Werte ausgeschlossen werden, ist unerweislich. Sie beruht auf einer nicht sachgemäßen Vereinerleiung der naturwissenschaftlichen und der geschichtlichen Methode und aus einer unklaren Vermischung von Methode und von Weltanschauung.“

Damit ist im Kern Heinricis Position ausgesprochen (die Verteidigungsattitüde wendet sich gegen Troeltsch), und die Eigenständigkeit der verschiedenen Wissenschaftsdiskurse ist verteidigt. Was dies jedoch für die Eigenständigkeit der Religionswissenschaft gegenüber der Theologie bedeuten könnte, hat Heinrici noch nicht klar gesehen: es sind dies ja Entwicklungen, die in Deutschland weit später greifen als etwa in Großbritannien und den Niederlanden. Wir heben nur noch einige spezielle Punkte hervor. Das innerste Persongeheimnis einer Person ist der Forschung nicht zugänglich: „Der Mensch, wie er ist, bleibt eben im Naturzusammenhange eine Hieroglyphe.“ Daraus folgt:

147 Troeltsch, Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, 84 (Vorwort zur zweiten Auflage 1912). Seine heftigen Vorwürfe gegen Heinrics früheren Text, dem er u. a. (ebd. 104–108) Oberflächlichkeit und Unklarheit unterstellt, v. a. aber ein falsches Referat seiner eigenen Positionen, müssen hier nicht weiter dargestellt werden, da sie auch nach Troeltsch den neueren Aufsatz Heinricis nicht treffen.

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„Wo nun der Gegenstand der Untersuchung derart ist, daß er durch eine geschichtliche Analyse nicht zur vollständigen Erkenntnis gebracht werden kann, sind die Ergebnisse der Forschung durch die Weltanschauung bestimmt, die der Forscher mitbringt.“

Es ist aufschlussreich, dass Heinrici hier den Begriff Religion gerade vermeidet, und durch den allgemeineren der Weltanschauung ersetzt, der auch die Verstehensbedingungen nicht-religiöser Forscher miteinbezieht. Heinrici sieht sich hierbei nun etwas überraschend in Nähe zu Troeltsch, den er ausführlich referiert. Doch gegen Troeltsch will er die Rede von „Heilstatsachen“ gelten lassen, und letztere als Glaubensfrage (was bei ihm nicht so sehr eine Sache der religiösen Erfahrung ist, sondern im Prinzip das meint, was die Bultmannschule später Kerygma nennen sollte) von den geschichtlichen Fragen strikt trennt. „Meine Formel sagt nichts anderes, als daß der Forscher, der nicht unter dem Zwang einer „voraussetzungslosen Methode“ meint arbeiten zu können, bei der geschichtlichen Analyse der Anfänge des Christentums auf Tatsachen stößt, die ihrem Kerne und Wesen nach unableitbare Geheimnisse sind, die aber in sich eine Überzeugungskraft bergen, aus der sich nicht nur der Glaube, der Bekennermut, das Heldentum der Jünger Jesu erklärt, sondern aus der auch die Gewißheit von der Kraft und dem Wert des Christentums als unserer Religion sich ergibt.“

In den folgenden Bemerkungen gesteht Henrici das die Erfahrung Transzendierende eines solchen Ansatzes zu, betont aber auch, dass es auch in anderen Wissenschaften geschichtlich unableitbare Tatsachen gibt. „Bei ihrer Wertung muß die historische Kritik ihre Arbeit der Weltanschauung überliefern.“148 In energischer Diskussion von Troeltschs Studie Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte (1902), die wir eben bereits erwähnte, betont Heinrici nun einige Gemeinsamkeiten ihrer Sicht, insbesondere weise auch Troeltsch auf ein „Jenseits der Geschichte, das nur der Ahnung und dem Glauben zugänglich sei“. Die Theologie der Gegenwart aber beurteile dennoch „durchweg das Christentum als Geschichtsreligion“, und eben dies sei das Problem, das ihn mit Troeltsch verbinde. Der aus der Hegelschen Geschichtskonstruktion stammende Begriff der Absolutheit sei besonders schlecht geeignet, das Besondere und Gültige des Christentums auszudrücken, wenn es dieses aus seinem geschichtlichen Zusammenhang reiße. Was dies für die historische Bibelforschung besagt, wird im Folgenden diskutiert. „Es sind geradezu verwirrende Eindrücke, die durch die Behauptungen der sich bekämpfenden wissenschaftlichen Heerlager geweckt werden. Die Not unserer jungen Theologen, die mit unangekränkeltem Wahrheitssinn sich eine Überzeugung von der christlichen Wahrheit erarbeiten wollen, ist ein oft erschütternder Beleg dafür. Wem sollen sie folgen? Hat der Theologe Recht, der ihnen beweist, daß Jesus sich niemals für den Messias gehalten hat, oder der andere, der das einzige Selbstbewußtsein des Gottgesandten als ge148 Eine epistemologische und theologische Kritik dieser Sichtweise ist nicht Gegenstand dieses Aufsatzes.

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schichtlich unwiderlegliche Tatsache hinstellt? Ist die Auferstehung eine subjektive oder eine objektive Vision oder gar ein ,weltgeschichtlicher Humbug‘, oder ist sie ein Ereignis, das trotz seiner naturwissenschaftlichen Unbegreiflichkeit Tatsache ist und Tatsache bleibt?“

Heinrici benennt hier Probleme, welche die Theologie bis heute begleitet haben: wie verhält sich die Relativität geschichtlicher Erkenntnis zum Anspruch einer stabilen Glaubenserkenntnis? Die Alternativen, die er zeichnet, sind sicher aus heutiger Sicht in manchem fragwürdig (die Formulierung zur Auferstehung stammt wiederum von Strauß). Heinrici lehnt eine Lösung ab, die „das Kind mit dem Bade ausschüttet“ und die Theologie auf Religionswissenschaft reduziert (eine solche etwas peiorative Formulierung benutzt Heinrici selbst nicht, sie trifft aber den Tenor seiner Gedanken zur Sache). „Aber der Stand der Forschung, eben die historischen Ergebnisse, scheinen eine neue Basis notwendig zu machen, die da gestattet, sich ganz frei und ohne alle Rücksicht auf traditionelle Ansprüche zu bewegen. Diese Basis soll die Religionswissenschaft liefern. Der Beweis für die Wahrheit des Christentums bleibt Aufgabe; aber er sei nicht mehr von der Schrift aus zu führen, sondern durch geschichtliche und philosophische Religionsvergleichung.“

Dies ist sozusagen die gemilderte Form des ersten, rein religionswissenschaftlichen Modells. Ein an Schleiermacher und an den tatsächlichen Religionen, v. a. an religiöser Erfahrung, aber auch „bewußtem Wollen in Ehrfurcht und Andacht“ orientierter Religionsbegriff erlaubt eine vergleichende Perspektive. Diese wird von Heinrici – das ist ein zentraler Aspekt seines Ansatzes – nicht als Relativierung oder Verkürzung charakterisiert, sondern erlaube eine neue Wertschätzung des Christentums. Eine zu starke Abstraktion des Religiösen in einem Hegelschen Sinn führe zu unheilvollen Folgen, wie an D. F. Strauß gesehen werden könne (den Heinrici durchaus respektvoll behandelt, dessen Ideen er aber als gescheitert betrachtet). „Die Religionsgeschichte hat die Tatsache festgestellt, daß die Religion in unübersehbarer Mannigfaltigkeit der Abstufungen und Erscheinungen und doch in kundbarer Gleichmäßigkeit überall auf die Befreiung des Menschen aus der Enge und den Hemmungen seines Erdendaseins abzielt und auf die Sicherung seiner höchsten Güter geht. Sie hat weiter durch Vergleichen der Religionen die einzigartige Reinheit und Tiefe der christlichen Religion immer deutlicher erkannt. Eine sachgemäße Beschreibung des Wesens der reinen Religion ist daher nichts anderes als der Reflex der Lebensäußerungen des Christentums.“

Damit sind wir bei der erstaunlichen Kernaussage der Religionstheorie Heinricis angelangt: gerade der religionsgeschichtliche Vergleich stütze das Christentum. Um es zuzuspitzen: je mehr wir über die tatsächlichen Religionen wissen, desto plausibler werde das Christentum. Das ist im Prinzip auch die Position Söderbloms gewesen, während Harnack nicht ganz so weit gegangen ist.

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Heinrici charakterisiert Wesen und Geschichte des Konzeptes Theologie von seinen Anfängen bei Platon über die Alte Kirche bis in die Gegenwart. Sie partizipiert an der Ambivalenz der Religion: „sie kann Rechenschaft sein vom Glauben und Rechenschaft vom Aberglauben, sie kann Zauberformeln als geheimnisvolle Weisheit ausgeben und sie kann Beweise für das Dasein Gottes schmieden. Auch dies zeigt die Religionsgeschichte, daß überall, wo eine lebendige Religion sich betätigt, irgendwie eine Theologie entsteht. So ist denn für die Beurteilung unserer Frage noch nichts gesagt, wenn wir von Religion und Theologie reden. Erst da wird der Boden fest und sicher, wo das Christentum und seine Theologie uns vor Augen steht.“ Die Bedeutung des Christentums liegt also nicht darin, dass es eine Theologie erzeugt hat: dies leisten alle Religionen auf einem gewissen Stand ihrer Entwicklung. (Wie Heinrici noch nicht wissen konnte, bewahrheitet sich diese Einsicht heute in den ethnischen und tribalen Religionen, sofern sie sich im Schatten von Christentum, Islam und Buddhismus modernisieren und globalisieren, und neben einer Professionalisierung ihres „Klerus“ und seiner Ausbildung in der Tat auch völlig neue pagane Theologien auf akademischem Reflexionsniveau ausbilden). Wie viele Theologen dieser Jahre ist Heinrici überzeugt, dass Religion eine neue Höhe der Entwicklung erreicht, wenn sich der Monotheismus mit sittlichen Forderungen verbinde, wie es zuerst im Alten Testament geschehen sei. Eine weitere Stufe sei mit den Erlösungsreligionen erreicht, wie sie im Buddhismus und Christentum in radikal divergierender Gestalt verwirklicht sind (die bekanntlich auch von Friedrich Nietzsche wenige Jahre früher als zwei idealtypische Formen von Religion kontrastiert werden). Der Buddhismus aber „lähmt (…) den Willen und mündet aus in müdes Traumleben, in ekstatische Selbstvergessenheit, an der das Erdendasein vorüberzieht, wie eine Fata morgana. Der Buddhismus ist die Erlösungsreligion der müden Weltverachtung, der Willenslähmung, der asketischen Abtötung.“

In einer solchen klischeehaften Wahrnehmung muss freilich das Christentum als höhere Religionsform erscheinen, in der gerade eine besondere sittliche Energie geweckt werde. Von Forschern wie Paul Deussen oder v. a. dem im gleichen Jahr 1915 verstorbenen Karl Eugen Neumann, dem bedeutendsten deutschen Übersetzer buddhistischer Literatur149, hätte er freilich ganz anderes lernen 149 Auch Karl Eugen Neumann (1865–1915), der erste Österreicher, der förmlich zum Buddhismus konvertierte, hatte starke Leipzig-Bezüge: er war in seiner Jugend Thomaner gewesen, sein Vater war lange Jahre Direktor der Leipziger Oper (später der Prager Oper). 1891 promovierte er in Leipzig zum Dr. phil. mit einer Arbeit zum Buddhismus, lebte dann jedoch in seiner Geburtsstadt Wien. Seine eigenwilligen und sprachgewaltigen Übersetzungen buddhistischer Literatur (ab 1892) wurden seinerzeit mit denen Martin Luthers verglichen, und fanden sofort immense Aufmerksamkeit im deutschen Bildungsbürgertum (auch bei religionsgeschichtlich interessierten Schriftstellern wie Gustav Meyrink). Neumann war auch ein exzellenter Kenner der christlichen Mystik.

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können: der Theologe ist hier noch den älteren Klischees aus einer Zeit verhaftet, als noch keine indischen Originaltexte verfügbar waren. Aus dem „Gehalt“ des Christentums folge, dass es „zu einer Wissenschaft für seine Pflege und Erhaltung die zwingenden Anstöße gab. Eben weil es seinem Wesen nach weder hieratisch noch repräsentativ ist, sondern aus die Erneuerung des ganzen Menschen nach Geist, Herz und Willen abzielt, bleibt ihm nichts Menschliches fremd, es beansprucht vielmehr dem Höchsten und Reinsten, was der Mensch besitzt, Halt, Ausdruck und Verklärung zu geben.“ Die wissenschaftliche Dignität der Theologie folgt also nicht etwa allein aus ihrer Begründung in Offenbarung, sondern aus ihrem Realismus in der Wahrnehmung des Menschen, dem „nichts Menschliches fremd“ sei. Das ist auch in Heinricis apologetischem Ansatz eine ungewöhnliche Theorie, die vielleicht deshalb eingespielt wird, um damit der Position der Liberalen, die jeglichen Inspirationsgedanken ad acta legen wollten, behutsam zu widersprechen.150 Die Theologie ist für Heinrici „die Hüterin des Wahrheitsbesitzes der Kirche“, womit er sich nun wiederum katholischen Positionen annähert. Die Kirche stelle der Theologie ihre Aufgaben: auch in diesem Sinn sei Paulus der erste Theologe (wie es ähnlich H. J. Holtzmann gesehen hatte). Daraus aber ergäbe sich ihre Verpflichtung Welt und Gesellschaft gegenüber, in der freilich – wie Heinrici deutlich sieht – auch eine spezifische Gefahr zu großer Nähe zu den „weltlichen Dingen“ liegt. Es bleibt unklar, inwiefern Heinrici hier auch an den wilhelminischen deutschen Staat denkt. Als Wissenschaft ist die Theologie aber gerade nicht nur der Kirche verpflichtet. Sie „arbeitet mit eben den Mitteln, welche die wissenschaftliche Arbeit legitimieren. So hat sie zu zerstören und hat zu bauen. Das kann sie in der rechten Weise nur tun, wenn sie keine höhere Autorität kennt, als die Wahrheit. Was sich als Irrtum erweist, und sei es auch mit dem Heiligenschein umkleidet, muß sie als Irrtum bezeichnen. An sich ist sie ebenso ,voraussetzungslos‘ und voraussetzungsvoll, wie jede andere Wissenschaft, die positive Aufgaben hat und grundsätzliche Fragen behandeln muß.“

Das ist nach dem zuvor Gesagten erstaunlich, und Heinrici löst die sich dabei ergebende Spannung nicht wirklich auf. Die Voraussetzungslosigkeit der Theologie wird indes durchaus als Problem erkannt. Stets der neuesten Hypothese zuzufallen, kann damit kein gangbarer Weg für diese sein. Aber mit Scheingründen „ausgelebte Autoritäten zu verteidigen“, kann auch nicht angehen. Dennoch kann die Wissenschaftlichkeit der Theologie nicht ernsthaft angezweifelt werden: ihre Geschichte sei geradezu „nicht zum kleinen Teile eine Geschichte der Wissenschaft überhaupt“. Sie habe nicht nur die anti150 Vgl. etwa Wrede, Über Aufgabe und Methode, 8 f., der strikt auch jeder „halben, Einviertel‑ und Dreiviertel-Inspirationslehre“ widerspricht und sie für inkompatibel mit historischer Forschung erklärt. Andernorts sagt Wrede: „Aber die Inspirationslehre ist nahezu von der ganzen Theologie preisgegeben; damit sind die Zäune gefallen, die die Urkunden der christlichen Religion von ihrer Umgebung absperren“ (Ders., Das theologische Studium, 75).

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ke Kultur integriert, sondern (um es etwas moderner auszudrücken) das Abendland wesentlich mit aufgebaut. Hier bewegt sich Heinrici im einmütigen Chor des Kulturprotestantismus. „Dann kam die Reformation, der Protest des christlichen Gewissens gegen die traditionell festgelegte und ausgewucherte Autorität. Sie entdeckte von neuem die echten Grundlagen des Christentums in der heiligen Schrift und gab aller wissenschaftlichen Bewegung ihre Freiheit zurück. Durch die Reformation gewinnt die Theologie ihren eigentlichen Schwerpunkt wieder; sie wird die Wissenschaft vom Christentum, die nun im Kreise der übrigen Wissenschaften ihren Platz sich sichert.“

Damit wird die Theologie als Wissenschaft der protestantischen Kirche behauptet, die Grenzüberschreitungen verschmähe, aber auch eine Anerkennung ihrer eigenen Arbeit im Kreis der Wissenschaften verlange. Die Theologie nimmt damit an den Irrwegen und Umwegen der Wissenschaft überhaupt teil. In besonderer Weise sei sie aber durch zwei illegitime Gleichsetzungen belastet worden. Die erste sei die Gleichsetzung „der Theologie mit dem Welterkennen, durch welche auch ein bestimmtes Weltbild mit religiöser Autorität umkleidet wurde“: hierin zeichnen sich die Einsichten ab, die schließlich zu Bultmanns Entmythologisierungsprogramm führen sollten. Die Kirche dürfe nicht einfach das antike Weltbild sanktionieren (was Heinricis mit einem kleinen Exkurs zu Keplers Ringen mit der theologischen Bedeutung seiner astronomischen Einsichten verdeutlicht). Die zweite desaströse Gleichsetzung sei diejenige „von heiliger Schrift und Wort Gottes, durch welche der geschichtliche Charakter der Bibel verschleiert wurde“. Die altprotestantische Gestalt des Schriftdogmas habe die Bibel ihrem geschichtlichen Zusammenhang herausgerissen. Die Reformatoren hätten aber gerade den Weg frei gemacht zu einer vergleichenden, auch innerhalb der Schrift wertenden Lesart. Der rein religionswissenschaftliche Vergleich kann das Christentum und damit die Theologie aber nicht allein legitimieren. Die historische Arbeit müsse das Wissen um den besonderen Wert und das scharfe Profil der biblischen Schriften nicht schmälern, was Heinrici mit seiner eigenen Arbeit illustriert: „Wenn ich mich aber bemüht habe, hierfür mitzuarbeiten, indem ich den Beziehungen des Urchristentums mit der antiken Kultur nachging, habe ich mich nicht wissenschaftlich beengt gefühlt durch die Überzeugung, daß die neutestamentlichen Schriften eine Sonderstellung und Sonderbearbeitung beanspruchen, auch wenn man nicht behauptet, daß sie vom Himmel gefallene Bücher seien. Gewiß, die Zeit, in der sie entstanden, ist auch ihr Kommentar. Die Literatur des Spätjudentums der nachapostolischen Zeit und all’ die Denkmäler, die sonst etwas dazu beitragen, die geschichtlichen Beziehungen dieser Schriften aufzuklären, sind daher heranzuziehen, um sie in ihrem geschichtlichen Zusammenhange zu verstehen. Aber deshalb sind sie jener Literatur noch nicht gleichwertig. Im Gegenteil, gerade durch den Vergleich mit den verwandten Erscheinungen tritt der spezifische Wert der neutestamentlichen Schriften in helleres Licht.“

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In der rein geschichtlichen Betrachtung gleiche das Christentum eben auch einem in „stetem Flusse befindlichen Geschiebe, in dem ich einen festen Punkt vergeblich suche. Der Religionsstifter mag noch so sehr gepriesen werden. Als individuell und zeitlich beschränkte Erscheinung hört er auf, der Erlöser zu sein. Er ist der erste in der langen Reihe derer, denen er den Weg gewiesen hat, des Paulus, Johannes, Irenäus, Origenes, Augustin, Thomas von Aquino, Luther, Schleiermacher. An die Stelle der Erlösung durch Jesu Wert und Person tritt dann für den religiösen Menschen, der sich aus der Religionsgeschichte die Einsicht in die Bedeutung des Christentums holt, die Selbsterlösung. Damit ist die Tür von neuem geöffnet für die idealistische Illusion der antiken Kultur von der sittlichen Leistungsfähigkeit des Menschen.“

Hier verbindet sich der Blick mit einer im Grunde lutherischen Religionstheorie, in der Judentum, Katholizismus, Heidentum alle unter einem Theologumenon einer falschen Theologie der Selbsterlösung zusammenfallen.151 Die historische Betrachtung allein gebe auch keine Kriterien an die Hand, die geschichtlichen Entwicklungen der Kirche, ihre Höhen und Tiefen zu beurteilen. Auch Troeltsch werde diesen Fragen nicht gerecht. „So eröffnet die neue Fundamentierung der Theologie auf die Religionsvergleichung den Ausblick auf die alte ethnisch-aristokratische Unterscheidung des Gnostizismus: hüben die Psychiker, drüben die Pneumatiker, die allein im Lichte wandeln.“

Das ist wieder ein erstaunlicher Vergleich. Dass Heinrici (der als eines seiner ersten Bücher ja eine Studie über den valentinianischen Schriftgebrauch geschrieben hatte) Entwicklungen der neueren Theologie mit antiker Gnosis in Affinität stellen kann, ist bemerkenswert. „Die Schrift enthält für den Christen den Selbstbeweis ihres unüberbietbaren Wahrheitsgehalts. Was von Jesus geschrieben ist, das ist auch heute noch Leben. Und wo eine Religion, wie das Christentum, durchbricht, da bildet sie den normgebenden Höhepunkt und die unversiegbare Quelle für alles, was sie bewirkt. Auch diese Erkenntnis ist geschichtlich begründet. Das ursprüngliche Christentum ist in seiner Entwickelung in die verschiedenartigsten Verbindungen eingegangen und doch schließlich immerdar sich selbst gleich geblieben. Der Kern bleibt keimkräftig; die Schalen werden abgestoßen, wenn die Zeit dazu reif ist.“

Damit folgt Heinrici nun freilich doch einer Bildlichkeit (Kern und Schale), die vor allem im Liberalismus bedeutsam wurde, die aber auch noch Bultmann benutzen kann.152 Er füllt sie dezidiert offenbarungstheologisch:

151 Diesen m. E. problematischen Vorgang einer Zusammenschau ganz verschiedener Religionen unter einem einzigen Theologumenon der Gesetzesgerechtigkeit habe ich im Blick auf das Islambild der Reformatoren knapp beschrieben in: Frenschkowsiki, Die Reformatoren und der Islam. 152 Zu ihrer Geschichte im Werk Bultmanns vgl. Dreher, Rudolf Bultmann, 24.

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„Nicht die vergleichende Religionsgeschichte ist das gewiesene Fundament für den Aufbau der Theologie, sondern die Erkenntnis, daß im Neuen Testament nicht nur der geschichtliche Jesus und seine Schüler, sondern Gott durch seinen Sohn zu den Menschen redet, die da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Vom Christentum aus, wie es in seinen klassischen Urkunden vorliegt, gelangen wir zur sachgemäßen Wertung der anderen Religionen, nicht umgekehrt von der Religionsvergleichung zur sachgemäßen Wertung des Christentums, so gewiß das Christentum auch für den wissenschaftlichen Theologen die Religion ist, in der er lebt.“

Damit verbindet sich für Heinrici Theologie mit Religionskritik. Er hat das freilich nicht entfaltet, sondern wendet sich einer kritische Umschau unter den ihm zeitgenössischen Ansätzen religionswissenschaftlicher Arbeit zur Bibel zu, in der vor allem Friedrich Delitzsch angegriffen wird. „Andrerseits aber hat auch der Theologe das Recht und die Pflicht, von den Religionsforschern, die sich nur Aufhellung des geschichtlichen Tatbestandes der biblischen Überlieferungen bemühen, zu fordern, daß sie nicht Hypothesen für gesicherte Ergebnisse ausgeben und nicht einseitige Ableitungen geschichtlicher Erscheinungen als wissenschaftliche Entdeckungen anpreisen. Neuerdings haben derartige Leistungen die Sachlage grell beleuchtet.“

Er spricht dann vom Babel-Bibel-Streit, der die Gemüter erhitzte (vgl. oben). Aber wirklich (und nachvollziehbarer) polemisch wird Heinrici, wenn er sich H. St. Chamberlain und seinem kulturphilosophisch-rassistischem Werk Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts (1899) zuwendet. „Und was soll man dazu sagen, wenn geistreiche Dilettanten unter dem Beifall der Gebildeten mit unentwegter Sicherheit im Handumdrehen die schwierigsten Probleme lösen, indem sie die aus zweiter Hand übernommenen Kenntnisse möglichst ins Pikante und Sensationelle steigern, wie dies eben Dilettantenart ist. Ich habe das Aufsehen erregende Buch H. St. Chamberlains im Auge. Der Begriff Rasse ist, wie zuständige Forscher daraus kein Hehl machen, wissenschaftlich unbrauchbar. Von diesem Begriffe aus, aus den Eigentümlichkeiten und Gegensätzen der Rassen, soll nach Anleitung Gobineaus unsere Kultur nun abgeleitet werden, auch insoweit sie religiösen Charakter hat. Der Ausgangspunkt, wäre er auch wissenschaftlich gesichert, ist fast ebenso unzureichend, um die Eigenart des Geisteslebens zu verstehen, wie der Satz des alten Materialismus: ,was der Mensch ißt, das ist er‘, das Wesen des Menschen erklärt. Und welche Kühnheiten gestattet sich der rücksichtlich der Ansprüche an seine Orientiertheit so bescheidene und doch so selbstgewisse Ableiter? Jesus kein ,Rassenjude‘, eher ein Arier, Paulus der widerspruchsvolle Verjuder des Evangeliums, Augustin ein afrikanischer Mestize u.s.w. Das sind Zerrbilder der Wirklichkeit, die als lichtspendende Weisheit dargeboten werden.“

Es ist ihm deutlich, dass die wissenschaftliche Theologie hier nur massiven Widerstand leisten kann, auch viele gebildete Menschen auf solche Thesen hereinfallen: Die Theologie „hat mit rücksichtsloser Wahrheitsliebe die Grenzüberschreitungen und die Einseitigkeiten solcher hypothetischen Leistungen zurückzuweisen.“ Bedenkt man, wie angetan selbst ein Denker wie Albert

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Schweitzer noch in späteren Jahren von Chamberlain war153, ist Heinricis Entlarvung des in der bürgerlichen Welt hochangesehenen Schaumschlägers und Rassisten überaus bemerkenswert. Wir müssen unseren Durchgang durch Heinricis Gedanken zu einem Abschluss bringen; eine monographische Darstellung seiner Theologie ist hier natürlich nicht möglich.

12. Zum Schluss Roland Deines hat in einer Rezension zu Seeligs hier öfter zitierter Monographie darauf hingewiesen, dass beide Richtungen neutestamentlicher Beziehung zu hellenistischen und orientalischen Religionen (der „Göttinger“ und der „Leipziger“ Ansatz) bei allen Unterschieden doch etwas gemeinsam haben: „An die Stelle der Ableitung tritt die Analogie (…), doch bleibt bei beiden Richtungen als Grundproblem bestehen, dass nur das Originale und Unabgeleitete (bzw. das Ursprüngliche) als wirklich wertvoll gilt (…), was S(eelig) zu wenig deutlich macht (…)“154. Es ist nicht unwichtig zu sehen, dass es in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg neben der Religionsgeschichtlichen Schule einen konkurrierenden Ansatz einer dezidiert religionsgeschichtlich interessierten Forschung zum frühen Christentum gegeben hat, die weniger Abhängigkeiten bzw. Synkretismen in den Blick nahm, sondern eher das Besondere und Eigene des Christentums, und v. a. die Bezüge zur hellenistischen Kultur energisch zum Forschungsgegenstand machte. Während die eine Richtung eine Abhängigkeit des Christentums von anderen Religionen mehr in marginalen, formalen und äußeren Dingen annahm, verstand die andere Richtung zentrale soteriologische und christologische Theologumena als Rezeptionsprodukte. Beide „Schulen“ stellen sich aus heutiger Sicht als einseitig dar, und beide waren dezidiert theologische Richtungen, nicht einfach Rezeptionsformen einer neuen Altertums‑ oder Religionswissenschaft in der evangelischen Theologie. Gemeinsames Erbe beider Forschungsrichtungen (die man sehr vereinfachend die Göttinger und die Leipziger nennen kann) aber ist die Einsicht, dass eine isolierende, nur auf den Kanon, nur auf das Christentum selbst, nur auf die Kirche blickende Betrachtung keine seriöse Möglichkeit theologischer Wissenschaft und schon gar keine der Exegese ist. Aus heutiger theologischer Diskussionslage ließe sich vielleicht sagen, dass es weder primär um Abhängigkeiten noch um Originalität, sondern um eine Gesamtverortung des frühen Christentums innerhalb der komplexen kulturellen Welt der Spätantike gehen muss, in der griechisch-hellenistische, römische, orientalische, jüdische Elemente untrennbar koexistieren. Ein grundlegendes 153 Schweitzer /Buri, 154 Deines,

Rezension.

Existenzphilosophie und Christentum, 138.

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Problem älterer Forschung war es dabei, dass sich in den Wahrnehmungsmodus antiker Religion ein Bewertungsdiskurs einmengte, in dem nur das Neue, Innovative, Besondere oder Einzigartige das Wertvolle war, in dem sich Offenbarung ereignen könne. Auch die Frage, wie bleibende Offenbarung nicht gegen und schon gar nicht außerhalb antiker Kultur geschieht, sondern sozusagen in ihrer Mitte, wird vielleicht einmal neu zu diskutieren sein, und zwar in einer entspannteren Nachbarschaft zur Religionswissenschaft und anderen Wissenschaftsdiskursen. Heinrici war in diesem Spannungsfeld von der Rationalität des Christentums überzeugt: „Die Tendenz auf Herausbildung einer Wissenschaft von der Frömmigkeit, einer Theologie, liegt demnach im Wesen des Christentums, das nicht eine hieratische oder eine mystisch-magische Religion ist, sondern eine Überzeugungsreligion.“155

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The Influence of Heinrici on English-Language Scholarship An Assessment and Appreciation John T. Fitzgerald Carl Friedrich Georg Heinrici (1844–1915) was extraordinary in many ways.1 Academically, he was no narrow specialist focusing on a limited number of texts and topics. His breadth of knowledge regarding early Christianity in its Greco-Roman context was staggering. According to the list of his works that appears in his posthumously published volume Die Hermes-Mystik und das Neue Testament, his books, articles, published lectures, major book reviews, and other works totaled 82 publications.2 When Die Hermes-Mystik is added, his major publications were thus 83 in all, with numerous book reviews and other minor publications not included in this list.3 He clearly was a man of impressive erudition, and the range of interest displayed here is remarkable and includes such diverse topics as theology and religious studies (52), the essence and origin of sin (3), the soul (33), mystery religions (76), the Leipzig papyrus fragments of Psalms (54), Philo of Alexandria (36, 55, 72), pagan perspectives on early Christianity (6), the sayings of Jesus in the Oxyrhynchus papyri (37–38, 58, 61), Jesus’s 1 For treatments of Heinrici, see esp. Hauck, Worte zum Gedächtnis; Rudolph, Heinrici; Walter, Heinrici, 491. For Heinrici’s influence on J. Weiss as a forerunner of form criticism, see Schmithals, Johannes Weiß, esp. 404–408. 2 Heinrici, Hermes-Mystik, xix–xxii. Some of the bibliographical information given here is incorrect; for example, Heinrici did not write the RE3 article on Andreas of Crete (number 30 in the list). This is an error for his article on Andrew of Caesarea. Heinrici’s life is briefly summarized on page xviii. In addition to supplying various addenda to Heinrici’s monograph (214–227), von Dobschütz provides an introduction (vii–xvii) to Heinrici as a person and a scholar. The volume also contains a preface (iii–iv) by Heinrici’s student J. Leipoldt on the New Wettstein project. Leipoldt refers to this endeavor “to renew the work of the old Wettstein” as “a kind of Corpus Hellenisticum for the explanation of the New Testament,” and he affirms that this project was a “plan that [Heinrici] promoted with special love” (iii). On Heinrici’s role in launching this project, see esp. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 122–192. 3 The list of publications given in Die Hermes-Mystik is not complete. It omits numerous book reviews, especially those he did for the Deutsche Literaturzeitung für Kritik der internationalen Wissenschaft (DLZ). See, for example, heinrici, Review Kühl; Idem, Review Schürer (1886); Idem, Review Bleek; Idem, Review Usener; Idem, Review Haupt; Idem, Review Hasenclever; Idem, Review Funk; Idem, Review Chiappelli; Idem, Review Wohlenberg; Idem, Review Loening; Idem, Review Schürer (1897).

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parables (46) and teachings (56), the Synoptic tradition of Jesus’s works (80), the Sermon on the Mount (48, 60), martyrdom (57), Valentinian Gnosticism (2), Eusebius (25), Peter of Laodicea’s exposition of the Gospel of Matthew (66), patristic aporiai literature (67), early Christian art (10), and, of course, the Apostle Paul (5, 9, 17, 71, 82), especially in regard to his dealings with the Corinthian church (4, 7–8, 11, 16, 18, 21, 28, 49).4 1. The Pioneering Nature of Heinrici’s Scholarship Furthermore, in these various studies he was not content with simply gleaning insights from the scholarly contributions that others had made, but he was often breaking new ground in areas far removed from the New Testament. Two examples will demonstrate the pioneering nature of his work, with the first of these examples illustrating how his groundbreaking research has been recognized in the English-speaking world. The first example is his 1911 book on the didactic device of erotapokriseis,5 along with an article the following year that functioned as an addendum to his book.6 Erotapokriseis refers to “questions and answers” as an instructional process and form.7 In contrast to an early Socratic dialogue, in which two or more individuals engage in a conversation about a particular topic or issue and endeavor to reach the truth through this process, erotapokriseis seek to achieve the same instructional goal through the posing of questions, with correct answers given by someone who is well informed, already knows the truth, and thus is able to answer such questions. For example, in the Tabula of Cebes, which probably derives from the first century of the Common Era, young men visiting a temple of Kronos pose questions to an old man, who provides philosophically correct answers to their questions.8 This literary form of giving instruction by means of questions and answers became enormously popular during Late Antiquity and the Byzantine period, and it remains a significantly underresearched topic, though it has begun to receive increased attention in the past few decades.9 Indeed, Heinrici’s monograph was the only secondary source cited by Alexander Kazhdan in 1991 in his brief discussion of the form in The Oxford 4 The numbers given in the text refer to the itemized list of Heinrici’s publications given in Heinrici, Hermes-Mystik. 5 heinrici, Griechisch-byzantische Gesprächsbücher. 6 heinrici, Nachträgliches. 7 As a didactic format, erotapokriseseis were extremely versatile and thus assumed a wide variety of specific forms. As a consequence, this procedure is also known by a number of different terms, including quaestiones, problemata, aporiai, zetemata, and responsa. For a useful introduction, overview, and bibliography, see Papadogiannakis, Erotapokriseis. 8 The Tabula of Cebes uses a type of “question and answer” format in chapters 2–35 and a more Socratic dialogical format in chapters 36–41. On the use of erotapokriseis in this work, see Fitzgerald/White, The Tabula of Cebes, 12–14. 9 For its use in early Christianity, see esp. Volgers/Zamagni, Erotapokriseis.

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Dictionary of Byzantium.10 In 2006, one of the few studies of this ancient literary device was published by Yannis Papadoyannakis. In that study he quotes Heinrici’s book and says of him that he was “one of the first scholars to attempt to map out the dense hinterland of this rich literature.”11 The second example is a short study that was included in his 1894 book on Eusebius’s depiction of early Christianity in his Ecclesiastical History.12 It dealt with characteristics of literary relationships in the second century,13 but it was of such quality that it was republished in 1977 in a collection of essays on pseudepigraphy in pagan and Jewish-Christian antiquity that was edited by Norbert Brox and appeared in the series Wege der Forschung.14 What is interesting about the way that Heinrici treats this topic is that he focuses on the physicianphilosopher Galen, with approximately three-fourths of the article devoted to him. For Heinrici to discuss second-century literary conditions and practices using the evidence of Galen to illumine early Christianity by comparison and contrast was, to my knowledge, completely unprecedented for biblical scholars. Indeed, we have, for the most part, either completely ignored Galen or seldom made use of him, which is very strange given the potential yield of this significant corpus. After all, as Vivian Nutton points out in his book on ancient medicine, Galen’s “writings in Greek amount to approximately 10 per cent of all surviving Greek literature before AD 350.”15 Galen is currently enjoying a resurgence of interest among classicists, historians of ancient medicine, and specialists in ancient philosophy. This resurgence began in the 1960s and is ongoing, but it is also, as Nutton notes, “without parallel since the early seventeenth century.”16 Significantly, some experts on ancient philosophy are now beginning to use Galen to elucidate early Christian authors and texts.17 In making use of Galen to throw light on literary phenomena in early Christianity, Heinrici was a century ahead of his time. 2. Heinrici and European Nineteenth-Century Protestant Theology There is another way in which Heinrici’s broad interests as an academic set him apart, namely, that they were not professionally restricted to the NT or early Christian literature in general. Like many NT scholars, he took note of con10 Kazhdan,

Art. Erotapokriseis. Instruction, esp. 92 n. 7. 12 Heinrici, Das Urchristentum in der Kirchengeschichte des Eusebius. 13 Heinrici, Characteristik. 14 Heinrici, Zur Characteristik der literarischen Verhältnisse. 15 Nutton, Ancient Medicine, 391 n. 21. 16 Nutton, Galen’s Early Career, esp. 158. 17 See esp. Grant, Paul, Galen, and Origen; Wilken, The Christians as the Romans, 68–93; Alexander, Paul and the Hellenistic Schools, 60–83; Mansfeld, Galen, Papias, and Others, 317–329; White, The Pathology and Cure of Grief; Wright, Possessions; Thompson, Galen; Fitzgerald, Galen and His Treatise on Grief. 11 Papadoyannakis,

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temporary theological developments in his church and country, and he had definite personal religious convictions. Unlike most NT scholars, however, he devoted a portion of his professional time to the academic study of modern theology and theologians. One of his shorter works reflects this interest, namely, his May We Still Remain Christians? Critical Reflections on Contemporary Theology.18 This aspect of his scholarship is reflected in two studies in particular. The first is his dissertation, completed at Halle, written in Latin, and published in 1866, when he was only 22 years old. The subject of his dissertation was not anything directly dealing with the New Testament or early Christian literature, but rather Alexander Vinet. This is the unlikeliest of beginnings for a man whose later fame was as a NT scholar. His selection of Vinet as a dissertation topic reflects his interest in the theology of his day and age.19 Vinet was born in 1797 near Lausanne, thus in the French-speaking part of Switzerland. Although virtually unknown today by theologians in the Englishspeaking world, Vinet was quite famous in the 19th century as both a leading literary critic of French literature and as a Protestant theologian.20 Indeed, he was “the leading figure of French Protestantism in the nineteenth century,”21 a man who was “among the authors who are most read, most quoted, and … most plagiarised.”22 Twelve of his works were translated into English,23 and one of his fans was Lord Acton (John Dalberg-Acton [1834–1902]), the English historian and politician who is most famous for his often quoted observation, “Power tends to corrupt, and absolute power corrupts absolutely. Great men are almost always bad men.”24 That Lord Acton, a prominent Roman Catholic who was denied admission to Cambridge because of his Catholic faith, regarded Vinet as an important thinker is a significant indicator of Vinet’s widespread popularity. Another of Vinet’s admirers was Søren Kierkegaard (1813–1855), who was one of the authors whom Vinet himself read and quoted with approval. In turn, Kierkegaard read Vinet and said of Vinet’s articulation of his thought, “Vinet says it in masterly fashion.”25 Vinet published little during his lifetime, so that most of his literary oeuvre was not available until after his death in 1847.26 18 Heinrici,

Kritische Betrachtungen. Alexandri. 20 On Vinet, see Rambert, Alexandre Vinet; Molines, Étude sur Alexandre Vinet; Lane, Life and Writings; Rivet, Pensée religieuse de Vinet; Rossel, Histoire, 110–115; Schumann, Alexander Vinet; Beichel, Alexandre Vinet. 21 Monod, Alexander Vinet, esp. 808. 22 Ibid. 23 See the list in Fuhrmann, Extraordinary Christianity, 125. 24 Lord Acton penned those words in a letter to Archbishop Mandell Creighton written on 5 April 1887. An excerpt of the letter is available at http://history.hanover.edu/courses/excerpts/ 165acton.html. 25 Quoted by J. T.  Mcneill, preface to Fuhrmann, Extraordinary Christianity, xi. 26 Monod, Alexander Vinet, 809. 19 Heinrici,

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This was just 19 years before the completion and publication of Heinrici’s dissertation on him. In short, Vinet was an enormously popular figure in the 1850s and 1860s, and in choosing him as the subject of his dissertation, Heinrici was selecting a “hot topic.” What attracted Heinrici to Vinet as a religious thinker was doubtless the emphasis that Vinet placed on the conscience and its consequences for the moral life. Vinet wrote, “What is conscience, if there be no God? What is conscience, if it be not the Agent and Resident of God within us?”27 In placing emphasis on the conscience Vinet was following in the footsteps of Pascal, the seventeenthcentury philosopher about whom Vinet wrote one of his books.28 Both Vinet and the conscience remained lifelong interests for Heinrici. In 1897 he reviewed a German translation of some of Vinet’s works for the Deutsche Literaturzeitung29 and in his final, posthumously published book on the Corpus Hermeticum, he wrote that the conscience’s norm is “moral self-consciousness” and that the conscience was a concept that Paul “had taken over from popular philosophy.”30 The second study, or, to be more precise, set of studies that reflects Heinrici’s interests in contemporary theology is his work on August Twesten (1789–1876), who is usually regarded as the theologian who made the distinction between the “formal” and the “material” principles in Lutheran dogmatics in the form in which it became commonplace.31 Twesten was both the student and the friend of Friedrich Schleiermacher (1768–1834), and as Karl Barth says in a preface to one of his Church Dogmatics volumes, “When Schleiermacher was struggling to finish the first draft of his Christian Faith, on September 7, 1822 he wrote to his friend Twesten: ‘Every time I see this book, I sigh at its bulk.’”32 Twesten replied, “You complain about the size of your book, but do not worry; for most of us the size is indispensable to understanding, and the few who would perhaps have understood you from a lesser work will certainly accept with gratitude all the elucidations you want to give.”33 As is generally well known, Schleiermacher was not only a philosopher and theologian but also an important biblical scholar, and one of his principal concerns was to find a way for Protestant Christianity to come to effective terms with criticisms stemming from the Enlightenment.

27 Monod,

op. cit., 814. Studies on Pascal. See also Fuhrmann, Theology of Conscience. 29 heinrici, Review of: Alexander Vinet. 30 heinrici, Hermes-Mystik, 189. 31 According to Twesten, the “formal” principle of Protestantism is sola Scriptura, whereas justification by faith is the “material” principle. McCormack, Orthodox and Modern, 43, credits A. Ritschl with demonstrating that Twesten was the one who coined “the formula in the form in which it became commonplace from the mid-nineteenth century on.” 32 Barth, The Doctrine of God, ix. 33 Ibid. For knowledge of this correspondence, Barth is dependent here on Heinrici, Dr. August Twesten, 377.379–380. 28 Vinet,

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Twesten, for his part, as Schleiermacher’s successor at Berlin, sought to reconcile Schleiermacher’s views with that of traditional Lutheran theology.34 That same mediating attitude and modus operandi was also evident in other controversies in which he was involved in both academic and church life, and for this reason he is typically treated as belonging to German mediating theology (Vermittlungstheologie), which was a widespread theological movement in the middle third of the nineteenth century.35 Twesten himself was not very prolific as a writer; indeed, “he was the least prolific of all the more eminent German divines” of the nineteenth century.36 Consequently, although some of his work has been translated into English, not many people today in the English-speaking world know his name, except, of course, systematic theologians and other scholars who focus on nineteenth-century German theology. Yet Heinrici’s interest in Twesten was not only theological but also personal. His first wife, Ellen Wilkinson (1852–1881), was the granddaughter of Twesten on the maternal side, and that gave him access to Twesten’s diaries and letters. Unfortunately, she died in 1881 at the young age of 29, and Heinrici’s first discussion of Twesten appeared four years later, in 1885. It was an article on him that was written for the second edition of the Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche,37 and he also contributed the article on Twesten for the third edition of that same encyclopedia in 1908.38 That Realenzyklopädie article was written in preparation for his 490-page book on Twesten that was published in 1889, which was the first biography of Twesten ever written.39 It was from Heinrici’s book on Twesten that Barth learned of the correspondence between Schleiermacher and Twesten that he quotes in the Church Dogmatics.40 In 1913, Heinrici added an additional article on Twesten, this one dealing with 16 letters sent to Twesten by Henriette Herz (1764–1847).41 Herz is interesting in her own right. The daughter of Jewish parents, she grew up in Berlin and had the same tutors as Mendelsohn’s daughters. Together with other emancipated and religiously progressive Jews who embraced Haskalah, that is, the values of the Enlightenment, she founded a literary salon that proved to be immensely popular, with Friedrich Schiller, Alexander von Humboldt, and Schleiermacher among the many visitors to that salon.42 Herz gave Hebrew lessons to von Humboldt, and 34 See

now Purvis, Theology and the University, 143.157–160. for example, Aubert, Nineteenth-Century Mediating Theology, in: idem, German Roots, 69– 95, esp. 73. 36 Pick, Art. Twesten, August Detlev Christian, 603. 37 Heinrici, Twesten. 38 See n. 71 below. 39 Heinrici, Dr. August Twesten. 40 See nn. 32–33 above. 41 Heinrici, Briefe von Henriette Herz. 42 On Henriette Herz and the Berlin salons, see esp. Hertz, Jewish High Society. 35 See,

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under Schleiermacher’s influence, she converted to Christianity.43 So, Heinrici’s article on her correspondence with Twesten is of interest for a variety of reasons. 3. The Question of Heinrici’s Influence on English-Language Scholarship The excellent quality of Heinrici’s research and publications earned him high honors in Germany and prompted some future academic luminaries to study with him, such as Adolf Deissmann, who wrote his Habilitationsschrift on the “in Christo Jesu” formula under his guidance at Marburg in 1892.44 That same year Heinrici accepted an appointment at Leipzig,45 which has a long and prestigious history of scholarship dealing with Religionswissenschaft, a history that Kurt Rudolph narrated in an article in the journal Numen in 1962.46 Yet Heinrici never received the full recognition that he deserved, either in Germany or elsewhere, and that is true not only for his lifetime but also after his death. That lack of recognition is seen in Rudolph’s just mentioned article. Heinrici is mentioned, to be sure, but only once, and even then his name appears merely in a list of names. His scholarship is not treated at all in this article, though Rudolph was later to correct this neglect in a 1996 study devoted especially to Heinrici.47 By way of contrast, Rudolph in his Numen article devotes eight lines to Wilhelm Wundt (1832–1920), one of the founding figures of modern psychology, and who, like his contemporary William James (1842–1910), was interested in the psychology of religion. Rudolph credits him with having decisively furthered, through his social-psychological method of observation, the recognition of the historical-social character of religion.48 This lack of recognition prompts the question as to why Heinrici never was accorded a higher degree of recognition. It was certainly not because he focused on Hellenistic materials to illumine early Christianity. Otto Pfleiderer (1839–1908) did the same, but whereas William Baird in his history of NT research devotes half of one page to Heinrici,49 he devotes more than six pages 43 Hertz, How Jews Became Germans, 147–148. Despite Schleiermacher’s great stature and influence, Herz declined “to let him preside over the ritual at his church in Berlin” (148). 44 Deissmann, Die neutestamentliche Formel. Deissmann’s appreciation for Heinrici is seen in the fact that he dedicated to him and Carl von Weizsäcker his Bibelstudien, iii. He continued to follow Heinrici’s research and refers to Heinrici, Die Leipziger Papyrusfragmente, in his New Biblical Papyri, esp. 254. 45 At Marburg he was the older colleague of A. Jülicher (1857–1938), and one of the last courses that Heinrici taught there was on Romans. See Goodspeed, Biblical Studies at the German Universities, esp. 29. 46 Rudolph, Leipzig. 47 Rudolph, Heinrici. 48 Rudolph, Leipzig, 57–58. 49 Baird, History, II, 210. Similarly, Kümmel, New Testament, 210–211, devotes slightly more than one page to Heinrici, and that consists mostly of quotations from Heinrici, Das zweite Sendschreiben. Given his focus on recent Pauline interpretation, Wright, Paul, does

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to Pfleiderer.50 My own conjecture for this general lack of recognition is that histories of NT research, apart from their concern with the Gospels in general and with the Synoptic problem in particular, tend to have two foci for the period that goes from the mid-nineteenth century to the early twentieth century. These two foci are Ferdinand Christian Baur (1792–1860) and his students, of which Pfleiderer was the most important later student, and the chief representatives of the Religionsgeschichtliche Schule. Heinrici falls within this time period but is not part of either focus, and his approach to the Greco-Roman context of early Christianity distinguished him from both Pfleiderer and the main advocates of the Religionsgeschichtliche Schule. Whereas the latter tended to prioritize and emphasize early Christianity’s closeness to its religious-historical environment, Heinrici correctly gave attention not only to the striking similarities and close analogies between the first Christians and their pagan neighbors but also to the important differences. Indeed, Heinrici had the Latin hortatory subjunctive verb “Distinguamus” (“Let us distinguish”) placed on the title page of his Hellenismus und Christentum in order to call attention to its methodological importance.51 This was the motto under which he carried out his research,52 and Heinrici’s realization of the need to account for both similarities and differences has continued to be a point that has been stressed in subsequent methodological discussions of “Hellenism and Christianity.”53 But I wish to go beyond this basic conjecture and ask why his work received only limited recognition in the English-speaking world during his lifetime and thereafter. The answer, I think, is two-fold. First, Heinrici’s professional and personal world was Protestant Germany, with few if any contacts in Englishspeaking lands. This lack of international connections is seen in the Festschrift co-edited for him by Deissmann and Hans Windisch,54 a native of Leipzig who was Privatdozent at the Universität Leipzig from 1908 until 1914, when he moved to Leiden. All of the contributors to this Festschrift are either from Germany or from other German-speaking countries. Similarly, the seven-page register of people congratulating him on this recognition are overwhelmingly, if not exclusively, German or speakers of German. Some of this might be explained by not mention Heinrici at all. Similarly, there is no article on Heinrici in McKim, Dictionary. Schweitzer, Paul and His Interpreters, mentions him with some frequency, but he does so in a polemical fashion because Heinrici did not interpret Paul within the context of early Jewish apocalyptic thought (see, for example, 45–46.63.67–68.80 n. 1.87.93.162 n. 2). 50 Baird, History, II, 213–220. Pfleiderer is one of three individuals whom Baird (II, 209– 220) highlights for their “Research in Hellenistic Backgrounds,” with the other two scholars being P. Wendland (1864–1915) and E. Hatch (1835–1889). 51 Heinrici, Hellenismus. 52 Walter, Heinrici, 491, correctly notes the importance of this motto for Heinrici and how it distinguishes his approach from that of Pfleiderer and the Religionsgeschichtliche Schule. 53 See White/Fitzgerald, Quod est comparandum. 54 Deissmann/Windisch, Neutestamentliche Studien.

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the date of the Festschrift’s publication, 1914, which marked the beginning of the First World War, but the underlying reality remains. Heinrici’s world was a lively one, but viewed from a global perspective, quite insular. Second, in connection with this lack of personal and professional contacts from outside Germany, is the fact that none of his books or journal articles was ever translated into English, and I think that is the decisive factor. In general, widespread international recognition depends on translation of works into other languages, and recognition is a corollary of translation. Without it, specialists will know the name and work of those writing in other languages, but not others. This is especially true today for recognition in the United States, where our geographical location means that knowledge of European languages remains quite limited, and where it is present, the languages known will typically be either French (owing to the French-speaking parts of Canada to our north) or Spanish (due to Latin and South America to the south). To my knowledge, the only articles by Heinrici that have been translated into English are the ones that he wrote for the Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. The third edition of this massive encyclopedia was adapted and translated, usually in a highly condensed form, into English as The New Schaff-Herzog Encyclopedia of Religious Knowledge.55 Heinrici’s eighteen articles, all condensed from their original version,56 in this English-language encyclopedia are as follows:57 anathema,58 Andrew of Caesarea,59 Arethas of Caesarea,60 Biblical Criticism,61 Catenae,62 Cornelius a Lapide,63 Ludovicius de Dieu,64 Theological 55 Jackson, The New Schaff-Herzog. The second edition of the Realenzyklopädie formed the basis of Schaff, Religious Encyclopedia, which is commonly known as “Schaff-Herzog.” 56 One of the unfortunate consequences of the condensation of Heinrici’s articles is that readers of the English versions usually have no inkling as to the more comprehensive and detailed nature of his original German-language articles in RE3. The irony is thus that while the New Schaff-Herzog articles did make Heinrici’s name and work better known in the Englishspeaking world, they did not adequately convey the depth of his erudition. 57 His article on Twesten for RE2 (see n. 37 above) appears in a highly abbreviated form as heinrici, Art. Twesten, August Detlev Christian, in Religious Encyclopedia 3. 58 Heinrici, Art. Anathema, New Schaff-Herzog 1, condensed from Heinrici, Art. Anathema, RE3 1. 59 Heinrici, Art. Andrew of Caesarea, New Schaff-Herzog 1, condensed from Heinrici, Art. Andreas von Cäsarea, RE3 1. 60 Heinrici, Art. Arethas, New Schaff-Herzog 1, condensed from Heinrici, Art. Arethas, RE3 2. 61 Heinrici, Art. Biblical Criticism [I–IV ], New Schaff-Herzog 2, condensed from Heinrici, Art. Kritik, biblische, RE3 11. See also note 67 below. 62 Heinrici, Art. Catenae, New Schaff-Herzog 2, condensed from Heinrici, Art. Catenen, RE3 3. 63 Heinrici, Art. Cornelius a Lapide, New Schaff-Herzog 3, condensed from Heinrici, Art. Cornelius a Lapide, RE3 4. 64 Heinrici, Art. Dieu, Ludovicus (Lodewijk) de, New Schaff-Herzog 3, condensed from Heinrici, Art. de Dieu, Ludovicus, RE3 4.

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Encyclopedia,65 Johann August Ernesti,66 Exegesis or Hermeneutics,67 Parables of Jesus Christ,68 Ernst Konstantin Ranke,69 Scholia,70 and Twesten.71 In addition, he or his publications are mentioned in a number of other articles,72 and there is also an anonymous article on Heinrici himself,73 which was fully appropriate and an acknowledgement that he was a contributor to the encyclopedia. Of the 18 articles that he himself wrote, the most important one is that on “Exegesis or Hermeneutics,” which has five major sections: The Conception and Problem of Biblical Exegesis (I), The Method (II), Historical Review of Exegetical Principles and Methods (III), The Forms of Interpretation of Scripture (IV ), and History of Exegesis (V ).74 Encyclopedia articles rarely become famous,75 so more than a significant article or multiple entries in a dictionary or encyclopedia is needed for international recognition. To have one’s work truly recognized internationally, one must either write in other languages or find one or more capable individuals to translate your work, as well as a good publisher to disseminate it.76 It is telling 65 Heinrici, Art. Encyclopedia, Theological, New Schaff-Herzog 4, condensed from Heinrici, Art. Enzyklopädie, theologische, RE3 5. See also Heinrici, Theologische Enzyklopädie, a publication noted by Votaw, Current Literature, esp. 399. 66 Heinrici, Art. Ernesti, Johann August, New Schaff-Herzog 4, condensed from Heinrici, Art. Ernesti, Johann August, RE3 5. 67 Heinrici, Art. Exegesis or Hermeneutics I–V, § 4, New Schaff-Herzog 4, condensed from Heinrici, Art. Hermeneutik, biblische, RE3 7. After this article and the one on biblical criticism (see n. 61 above) had appeared in the New Schaff-Herzog, he wrote a short article on both topics as an addendum. See Heinrici, Art. Hermeneutik, biblische, und Kritik, biblische. 68 Heinrici, Art. Parables of Jesus Christ, New Schaff-Herzog 8, condensed from Heinrici, Art. Gleichnisse Jesu, RE3 6. 69 Heinrici, Art. Ranke, Ernst Konstantin, New Schaff-Herzog 9, condensed from Heinrici, Art. Ranke, Ernst Konstantin, RE3 16. 70 Heinrici, Art. Scholia, New Schaff-Herzog 10, condensed from Heinrici, Art. Scholien, patristische, zur Bibel, RE3 17. 71 Heinrici, Art. Twesten, August Detlev Christian, New Schaff-Herzog 12, condensed from Heinrici, Art. Twesten, August Detlev Christian, RE3 20. 72 See, for example, F. Loofs, Art. Doctrine, esp. 462; Nash, Art. Paul, esp. 414; Achelis, Art. Presbyter; Kirn, Art. Sin, esp. 439; and Preuschen, Art. Valentinus, esp. 134. 73 “Heinrici, Karl Friedrich Georg,” New Schaff-Herzog 5, 206. See also the earlier anonymous article on “Heinrici, Karl Friedrich Georg,” in: Schaff/Jackson, Encyclopedia of Living Divines, 96. 74 It is, for example, singled out for praise by Tasker, The New Herzog, and cited by Palmer, Hermeneutics, 34 n. 3, and especially Robinson, Language, 70 n. 6.78 n. 24.79 nn. 26 and 31.80 n. 36.81 nn. 38 and 40.83.85 n. 56, who cites both the original 1899 article and the 1913 addendum. 75 There are, of course, important exceptions. For example, the article on “Jesus Christus” in each of the first three editions of Religion in Geschichte und Gegenwart was a landmark treatment of Jesus that influenced subsequent research. See Heitmüller, Art. Jesus Christus I–III; Schmidt, Art. Jesus Christus; and Conzelmann, Art. Jesus Christus. On the history of RGG through its first three editions, see Fitzgerald, Religion in Geschichte und Gegenwart. 76 Of the three articles on Jesus that appeared in the first three editions of RGG (see the previous note), those by Schmidt and Conzelmann were translated into English and thus had a

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that both Edwin Hatch (1835–1889) and Georg Heinrici had similar interests in Hellenistic precedents for early Christianity, but whereas Heinrici had no one to translate and thus disseminate his work, Adolf von Harnack translated Hort’s The Organization of the Early Christian Churches into German.77 Consequently, Hort’s work was well known to German readers, whereas Heinrici’s similar work was not generally known in nineteenth-century English-language scholarship.78 Therefore, if anyone one wishes to make Heinrici’s work better known and more frequently cited in the English-speaking world, she or he should arrange to have one or more of his major contributions translated into English and published in a series such as the Society of Biblical Literature’s History of Biblical Studies series.79 A desire for a translation of Heinrici’s Urchristentum80 was expressed in a book review more than a century ago,81 but a better choice would likely be his short monograph on the literary character of the NT writings.82 The lack of widespread recognition by biblical scholars outside Germanspeaking domains is reflected in references to him in articles appearing in the Journal of Biblical Literature, the most widely read American-based journal devoted to biblical studies.83 The Society of Biblical Literature, which was founded greater impact on English-language scholarship than that of Heitmüller. See Schmidt, Jesus Christ, and Conzelmann, Jesus. 77 Hatch, Organization, was published as Die Gesellschaftsverfassung der christlichen Kirchen im Alterthum, Giessen, 1883. Harnack also reviewed Hatch’s monograph in TLZ 6 (1881), 519–522. 78 For a rare reference to Heinrici by his British counterpart, see Hatch, Art. Paul, esp. 421. 79 This series “makes available in English translation seminal biblical-studies resources from the nineteenth and early twentieth centuries that have never before appeared in English in spite of their past and ongoing significance for biblical scholarship” (quoted from the description of the series at https://www.sbl-site.org/publications/Books_HistoryBiblicalStudies. aspx. Eichhorn, Abendmahl, was published, along with an introductory essay on Eichhorn by H. Gressmann, as The Lord’s Supper in the New Testament, Atlanta 2007, and Mowinckel, Psalmenstudien, was published as Psalm Studies, 2 vols., Atlanta 2014). 80 Heinrici, Das Urchristentum. 81 Banks, Primitive Christianity, esp. 504. See also the review of Bartlett, Primitive Christianity. Votaw, Books for New Testament Study II, describes it as a “valuable monograph on important aspects of the Apostolic Age” (301). A similarly positive assessment was offered by Anthony, Review, who calls it “sane and informing” (150). 82 Heinrici, Der litterarische Charakter. Banks, New Testament as Literature, calls it “a marvel of condensed learning and information,” and Schmithals, Johannes Weiß, 405, refers to it as a “significant book” and points out that Weiẞ, Literaturgeschichte, placed it at the pinnacle of his list of secondary literature. 83 In what follows, I shall focus on the JBL as one indicator of Heinrici’s reception in North American biblical scholarship. He is also cited in other American-based journals, such as The American Journal of Theology, The Biblical World (BibW), and The New World: A Quarterly Review of Religion, Ethics and Theology (NewW), as well as in various British-based publications, such as The Expository Times. Full consideration of Heinrici’s impact on English-language scholarship would necessarily involve a much broader survey of journals and books. Miscellaneous references to Heinrici during his lifetime include the following: Gilbert, Women in Public Worship, esp. 46; Findlay, Maran Atha, esp. 104 n. 1; Tasker, German Philosophy,

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in 1880, began to publish the JBL in 1881. In the first 134 years of the journal’s history (1881–2015), there have been a grand total of just 16 articles and 4 reviews in which his name appears.84 The first reference to him was in 1897, and the most recent in an article published in 2014. Of the 20 articles and reviews in which his name appears, only three appeared during his lifetime. The first to refer to him was E. Y. Hincks in 1897, who noted that Heinrici did not believe that the controversy about Paul’s authorship of the Pastoral Epistles was a settled question.85 The second reference appears in 1905 in an article by Clyde W. Votaw on the sayings of Jesus found at Oxyrhynchus. The first of these papyri had been found in 1897, the second in 1903, and the third later in 1903. As of 1905, there had been only a limited number of discussions of the 1903 papyri, but Heinrici was one who had done so earlier in 1905, and that article is cited, but no comment on it is given.86 The third and final reference to Heinrici in the JBL prior to Heinrici’s death came in 1912, when William Romaine Newbold published an article on the descent of Christ in the Odes of Solomon. In that article, he discusses the Odes in light of Valentinian Gnosticism, and in that connection cites Heinrici’s Habilitationsschrift on Valentinian hermeneutics.87 What is perhaps the most surprising aspect of these early JBL references to Heinrici is that none of them concern his work on Paul’s Corinthian correspondence, to which he had devoted four commentaries and several significant who mentions Heinrici (328) in connection with the debate that prompted Heinrici, Theologie und Religionswissenschaft; Nestle, 1 Corinthians 10.9. 84  Excluded here are references to the Festschrift in his honor (see n. 54 above) by Von Dobschütz, Zwei‑ und Dreigliedrige Formeln, esp. 133 n. 77; Nock, Review of: Reallexikon, esp. 255 n. 13; Betz, Logion of the Easy Yoke, esp. 13 n. 26; and Reumann, Review of: W. Bauer, esp. 486. 85 Hincks, The Authority, esp. 95. He cites Heinrici, Forschungen über die Paulinischen Briefe, 101–102. Quotations of this work (originally an address at a theological conference in Gießen) are given by Holtzmann, Baur’s New Testament Criticism, esp. 214–215. 86 Votaw, Oxyrhynchus Sayings, esp. 81 n. 7. For a brief presentation of Heinrici’s views about the Oxyrhynchus sayings, see Selbie, Logia. Votaw is in fact the person in America who refers most often to Heinrici. He reviewed the first part of Heinrici’s treatment of the Sermon on the Mount (Heinrici, Die Bergpredigt [Mt. 5–7; Lk. 6:20–49] quellenkritisch und begriffsgeschichtlich untersucht, Part I: Die quellenkritische Untersuchung der Bergpredigt, Leipzig 1900) in AmJT 6 (1902), 338–341, finding it “highly satisfactory and valuable” (340) overall, even though he forcefully rejected Heinrici’s conclusion that the Sermon on the Mount is a literary composition rather than a historical discourse. See also Votaw, Jesus’ Ideal, esp. 49. Votaw was also interested in Heinrici’s work on the Corinthian correspondence and early church, referring to Heinrici, Der zweite Brief, as one of the two best commentaries in German on that biblical book; see Votaw, Books for New Testament Study I, esp. 302. See also Votaw, Books for New Testament Study II, 326, who refers again to that commentary, as well as to Heinrici’s two earlier commentaries on 1–2 Corinthians (Heinrici, Das erste Sendschreiben, and Heinrici, Das zweite Sendschreiben), as still belonging “to the primary literature on the Corinthian epistles.” 87 Newbold, Descent of Christ, esp. 170 n. 2. Heinrici, Die valentinianische Gnosis, has continued to be cited in studies dealing with Valentinian gnosticism and interpretation of Scripture. See, for example, Kennedy, Valentinianism, esp. 270; Quispel, Doctrine of Valentine, esp. 44 n. 3, and Pagels, Gnostic Paul, 3–4.7.

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articles. The first reference to this part of his work came only in 1924, when Clayton R. Bowen referred to him in connection with Paul’s reference in 1 Cor 15:32 to fighting with beasts at Ephesus.88 This conspicuous absence of references to Heinrici’s work on 1 and 2 Corinthians in the JBL does not imply that the English-speaking world remained oblivious to that work. There are two nineteenth-century commentaries on 1 Corinthians in which frequent reference is made to Heinrici, one written in English and the other written originally in French and subsequently translated into English. The first commentary is that of Thomas Charles Edwards in 1885, who refers to Heinrici some 41 times, sometimes agreeing with him and at other times registering his dissent.89 The second commentary is that of Frédéric Louis Godet, the Swiss Protestant theologian, whose 2-volume French commentary was published in 1886–1887 and translated into English in 1889–1890. Godet refers to Heinrici more than 100 times.90 Furthermore, when Orello Cone in 1897 reviewed Heinrici’s commentary on 1 Corinthians in the Meyer commentary series, he said that Heinrici was “well and favorably known by his commentary in the two volumes on the Corinthian epistles (1880, 1887) in which the relation of primitive Christianity to Hellenism was especially considered.”91 Marvin R. Vincent, author of the 1897 ICC commentary on Philippians and Philemon, that same year did an extensive review of the same Meyer commentary and concluded with the statement that “this commentary must henceforth form a part of the apparatus of every critical student of the New Testament.”92 Furthermore, Vernon Bartlett notes in a review of Urchristentum that Heinrici’s commentary on 1 Corinthians “has the reputation of real scientific method.”93 Again, his commentary on 2 Corinthians in the Meyer series was highlighted in a review published in The Expository Times.94 Heinrici’s influence is also evident in various introductions to the NT, especially that of James Moffatt, who cites him 17 times.95 As these citations and book reviews indicate, specialists outside Germany were reading Heinrici in the nineteenth century and making use of his work, and those who read these specialists might gain some idea of Heinrici’s ideas through this means. But unless they knew German well, they were not likely to read Heinrici himself.96 88 Bowen,

I Fought, esp. 60. A Commentary. 90 Godet, First Epistle. Denney, Second Epistle, mentions Heinrici 11 times. 91 Cone, Review, esp. 1045. Cone’s review, however, is often critical of Heinrici’s exegetical decisions; see also Idem, Pauline Supernaturalism, esp. 486. 92 Vincent, Review, esp. 800. See also Idem, Composition. 93 Bartlett, Primitive Christianity, 324.  94 Eaton, Professor Heinrici.  95 Moffatt, Introduction. See also Idem, Revelation, esp. 327.390.482. Idem, Robertson and Plummer; Heinrici is mentioned twice by Zahn, Introduction, 265.271.  96 Others who refer to Heinrici during his lifetime include Bernhard, Second Epistle, esp. 78; Kennedy, Philippians, esp. 464, and Kennedy, Scope and Function, esp. 164; and Knopf, Paul and Hellenism, esp. 504–505. 89 Edwards,

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Following Bowen’s reference to Heinrici in 1923, there was only one article that mentions him until the 1960s, when the situation begins to change.97 During this decade there are two JBL articles that refer to Heinrici, both written by first-rate scholars.98 This trend of occasional reference to his work continues into the 1970s and beyond,99 with the most extensive use of Heinrici made by James C. Hanges.100 In keeping with this trend, a significant number of the more recent commentators on the Corinthian corresponddence cite him at least occasionally, such as Raymond Collins on 1 Corinthians,101 and Victor Paul Furnish and Murray Harris on 2 Corinthians.102 Other commentators, such as Anthony Thiselton and Margaret Thrall, refer to him repeatedly.103 What has prompted in certain segments of NT scholarship in the Englishspeaking world a renewed interest in Heinrici and his scholarly work? The explanation is likely the convergence of at least four separate stimuli. The first is the translation of Werner Georg Kümmel’s history of NT research into English, which made German biblical research much better known to English-speaking scholars, and that included the work of Heinrici.104 The second stimulus is the revitalization of Heinrici’s “New Wettstein” project that began in the late 1950s and early 1960s under the name of “Corpus Hellenisticum,” which led to the establishment of the Brill series “Studia ad Corpus Hellenisticum Novi Testamenti.”105 Work on this project led naturally to an interest in its initial organizer and his own research. The third stimulus towards a rediscovery of Heinrici’s writings and a heightened appreciation for his work has come from Hans Dieter Betz, not only through his involvement in the Corpus Hellenisticum project but also through  97 Jourdan, ΚΟΙΝΩΝΙΑ, who refers to his Meyer commentary on 1 Corinthians (117 n. 24).  98 Furnish,

Fellow Workers, esp. 364; Van Unnik, Corpus Hellenisticum, esp. 22. Betz, 2 Cor 6:14–7:1, esp. 97 n. 65; Welborn, Discord in Corinth, esp. 87 n. 12.102 n. 81; Engberg-Pedersen, 1 Corinthians 11:16, esp. 684 n. 19; Furnish, On Putting Paul, esp. 11 n. 20; Demaris, Corinthian Religion, esp. 676; Holloway, Enthymeme, esp. 330.337 n. 50; R amelli, Spiritual Weakness, esp. 146 n. 3; and Ferda, Matthew’s Titulus, esp. 564 n. 8. Reviews: Aune, W. C. Grese, esp. 642; Welborn, V. P. Furnish, esp. 348; Hafemann, J. Schröter, esp. 371; and Welborn, D. A. DeSilva, esp. 561. 100 Hanges, 1 Corinthians 4:6. 101 Collins, First Corinthians, 679. On the other hand, Fee, First Epistle, ignores him. 102 Furnish, II Corinthians, 593; Harris, Second, 975. Conversely, Martin, 2 Corinthians, and Barnett, Second Epistle, do not mention him. 103 Thiselton, First Epistle, 1324, and Thrall, Critical and Exegetical Commentary, passim. 104 Kümmel, Das Neue Testament, which was published as The New Testament: The History of the Investigation of Its Problems, Nashville 1972. Important for the impact of this historical survey is the fact that Kümmel was already well known in English-language biblical scholarship. As Bultmann’s successor at Marburg, he was a recognized German authority. Many of his books were translated into English, so that it was not possible to do research on the NT in North America or Britain without reading Kümmel’s various works. 105 The first volume was published in 1970. For a list of the all volumes in the series, see White/Fitzgerald, Quod est comparandum, 24–25 n. 49.  99 Articles:

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his frequent references to Heinrici. Indeed, Betz has repeatedly cited Heinrici’s work, doing so with great appreciation even though he often reaches different conclusions. Two examples of this highlighting of Heinrici will suffice. First, in his Hermeneia commentary on 2 Cor 8–9, Betz praises Heinrici despite the fact that Heinrici upheld the literary integrity of 2 Corinthians and Betz divides it into five letter fragments. The following is a portion of what he says about him: The sharpest critique and the most unqualified rejection of partition theories came from Carl Friedrich Georg Heinrici, in the introduction to his commentary for the KEK series. Previous publications had demonstrated Heinrici’s penetrating intellect and his familiarity with ancient literature, so that his doubts represented more than a show of conservatism. His analysis of the arguments, counterarguments, revisions, etc., connected with partition theories remains the best available …. Heinrici’s introductory remarks to chapters 8 and 9 contain valuable observations. Heinrici underscored the peculiar tone and language of these chapters …. [His] careful analysis will have to be taken into account in any attempt at a further investigation of these chapters.106

Second, similar praise is given in Betz’s magnum opus, his Hermeneia commentary on the Sermon on the Mount.107 This was another portion of the NT to which Heinrici had given attention, publishing two studies of it, one in 1900108 and another in 1905.109 In the first study, he argued that the Sermon on the Mount and the Sermon on the Plain consist of gnomes and thus represent gnomic collections of Jesus’ sayings. In the second study he related these two dominical collections to ancient gnomological literature. He concluded that Jesus’ disciples had begun the process of collecting and orally transmitting Jesus’ gnomes, but that both the Sermon on the Mount and the Sermon on the Plain had been written down before they were later incorporated into the Gospels of Matthew and Luke, respectively. Both sermons are “not simply reproductions but rather reconstructions of a speech.”110 Similarly, Matthew and Luke do not make use of a common source, such as Q, but independently make use of presynoptic didactic material to create two separate works. “Both versions of the speech in Matthew and Luke, each by itself, are products of collecting activity and stand on their own independently of each other. In some sense, they form two, partly overlapping, but independently arranged, ‘summaries of healthy doctrines’ (2 Tim 1:13).”111 Betz provides an extensive summary of Heinrici’s research on the Sermons, introducing his discussion by saying that his “studies did not receive the response they deserve,”112 and 106 Betz,

2 Corinthians 8 and 9, 29–31. Sermon. 108 See n. 86 above. 109 Heinrici, Bergpredigt. For a discussion of Heinrici’s research on this topic, see Berner, Bergpredigt, 73–74. 110 Heinrici, op. cit., 10 (trans. Betz). 111 Heinrici, op. cit., 1 (trans. Betz). 112 Betz, Sermon, 27. 107 Betz,

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concluding by arguing, “The consequences of ignoring Heinrici were serious, in particular for the subsequent investigations concerning Q.”113 A fourth stimulus came from Abraham J. Malherbe, who had spent a year during his graduate school years at Utrecht with W. C. van Unnik, who had been a student of Windisch and through him had become fascinated with Heinrici’s vision for a “New Wettstein.”114 It was within this context that Malherbe’s interest in the Hellenistic moralists was sharpened and he acquired an enhanced knowledge of the work of Heinrici and his circle, especially Deissmann and Ernst von Dobschütz, the third director of the Corpus Hellenisticum project.115 It is from here that Malherbe “takes up the tradition of Heinrici and his students Deissmann and Windisch, and of [Martin] Dibelius and he transfers this into the modern North American context.”116 Malherbe’s modus operandi as a researcher differed from that of Betz, but the published results from both approaches contributed to the goals of the endeavor. Finally, particular aspects of Heinrici’s legacy are informing current scholarship in the English-speaking world. Two examples will illustrate this. The first is Heinrici’s attention to the rhetorical aspects of Paul’s style.117 His rhetorical analysis, for example, has been emphasized in a study of 2 Cor 8–9 by Kieran J. O’Mahony, who provides a history of rhetorical readings of these chapters and says, “The outstanding figures in this historical review are Heinrici and Betz, whose discussions of rhetoric and Paul constitute high points in the modern use of rhetoric.”118 The second example of Heinrici’s current influence is in his work on voluntary associations. Heinrici had published three important articles on the relevance of these associations for Paul and his churches,119 and he later incorporated his findings into his commentaries on the Corinthian correspondence. His basic claim was that these associations had served as the model that Paul used in forming his own churches. He was not the first to seek to relate the associations to the Christians, but he was without question the first one to ground that claim textually in Paul’s letters to the Corinthians. This part of his legacy is being

113 Betz,

op. cit., 28.

114 As breytenbach, Crossing Boundaries, 133, rightly notes, “Via van Unnik Malherbe par-

ticipated in the influence the Corpus Hellenisticum project exerted.” 115 On von Dobschütz and the Corpus Hellenisticum, see Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 201–204. 116 Breytenbach, Crossing Boundaries, 135. 117 For a brief discussion of Heinrici’s dispute with Eduard Norden regarding Paul’s style, see Fitzgerald, Cracks in an Earthen Vessel, 9 n. 14. 118 O’Mahony, Pauline Persuasion, 76; for his discussion of Heinrici’s use of rhetoric, see pp. 58–64. 119 heinrici, Christengemeinde Korinths; Idem, Anfänge paulinischer Gemeinden; Idem, Zum genossenschaftlichen Character.

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carried on today by those scholars whose research on Paul gives great emphasis to these associations.120 In conclusion, Heinrici’s publications clearly influenced biblical scholarship during his lifetime, and even now, a little more than a century after his death, NT scholars are continuing to follow up on many of his insights and suggestions. His ability to relate early Christian documents to the Greco-Roman world was grounded in his thorough familiarity with that world, and in his awareness that the first Christians were both similar to and different from their pagan contemporaries. His research did not simply build on the work of other scholars but was groundbreaking in many respects. By illuminating both early Christianity and its cultural context, he has placed all NT scholars in his debt.

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„Von der Glückseligkeit, alles zu wissen“ Das Wettstein-Projekt zur Apostelgeschichte angesichts dreier englischer Kommentare: Standort – Kritik – Perspektive Manfred Lang 1. Der kulturhistorische Rahmen I Die Jahre des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jhs. sind geprägt von einer naturwissenschaftlichen wie kunstgeschichtlich-altertumswissenschaftlichen Neugier1: Namen wie Johann Rist (1607–1667) – geistlicher Liederdichter, aber auch Alchemist2; Friedrich Christian Lesser (1694–1754)  – lutherischer Theologe, dann mit Schwerpunkt der Physikotheologie3; Maria Sybilla Merian (1647– 1717)4 – Künstlerin, aber auch Naturkundlerin5, aufgewachsen in pietistischem Umfeld; Friederike Brun (1765–1835)  – dänische Schriftstellerin deutscher Herkunft mit pietistischer Prägung, deren Gedichte u. a. von Friedrich Schiller publiziert wurden; sie war kunstgeschichtlich versiert6; Elisa von der Recke (1754–1833)  – die Schriftstellerin mit philosophischen und altertumswissenschaftlichen Interessen. 1 Trepp,

Glückseligkeit; Müller, Sehnsucht. als „aller edelste Klugheit der gantzen Welt“, Märtzens-Unterredung 1664. Daneben noch Beschäftigung mit Mathematik und Heilkunde. 3 „Wie ein Mensch durch aufmercksame Betrachtung derer sonst wenig geachteten Insecten Zu lebendiger Erkänntniß und Bewunderung der Allmacht, Weißheit, der Güte und Gerechtigkeit des grossen Gottes gelangen könne“, Franckfurt 21740, darin: „Wie aus dem Schaden, welcher durch Insecta geschiehet, Gottes Allmacht, Gerechtigkeit, Weisheit und Güte zu erkennen“. 4 Sie zierte die 500 DM-Banknote mit dem Löwenzahn auf der Rückseite; eigentlich sollte sie die 100-DM-Banknote schmücken, jedoch stand keine geeignete Vorlage bereit, um diese erste und dringende Lieferung zu garantieren. Eine 40 Pf-Briefmarke von 1987 aus der Serie „Frauen der deutschen Geschichte“ existiert noch. 5 Hauptwerk zur Metamorphose der Schmetterlinge: „Metamorphosis insectorum surinamensium“ (Sammlung von Kupferstichen und dazugehörige Texte) aus dem Jahr 1705. Sie gilt als Wegbereiterin der modernen Insektenkunde (Entomologie). Zunächst hatte sie die mittelalterliche These übernommen (so begründet von Aristoteles), wonach die Insekten in einer Art Urzeugung aus faulendem Schlamm entstanden seien. Der Wandel in dieser Einstellung war durch Francesco Redi (1668) eingeleitet worden. 6 Sie unternahm zahlreiche ‚Bildungsreisen‘ nach Deutschland, in die Schweiz und nach Italien. 2 Alchemie

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Manfred Lang

Sie alle treibt die Frage um, wie die Wahrnehmung der Natur einerseits und das philologische Wissen andererseits in Beziehung zu einem Größeren gesetzt werden können7. In naturwissenschaftlicher Sicht wird die Natur zu einem wesentlichen Medium individueller wie kollektiver Sinngebung und Heilsbestrebung. Sie ist gespeist aus der akribischen Beobachtung in Verbindung mit einer Schöpfungstheologie. Derartige Beobachtungen (observationes) sind nun nicht fremd, sondern Teil einer schon im vorangehenden 16. Jh. erkennbaren Traditionslinie, die sich in der Physik, der Medizin, aber auch im Rahmen der Philologie erkennen lässt: Diese bereits gesichteten Arbeiten sind einschlägig8 und Teil einer interdisziplinären Fragestellung, insoweit sie auch die Juristerei betrifft9. Die philologisch-altertumswissenschaftliche Seite zeigt, wie Frauen ihre thematischen Spezialisierungen zum römischen Altertum oder vom Kirchenlied systematisieren und einem größeren Publikum zugänglich machen. Sie partizipieren damit an dem genannten Trend, Einsichten und Problemstellungen auszudifferenzieren und sie nicht als privates Wissen gleichsam unter Verschluss zu halten, sondern es in den öffentlichen Diskurs zu stellen. Gemein könnte diesen durchaus disparaten Zugangsweisen sein, dass sie Wissensbestände ordnend durch Beobachtungen sichten und kommentieren. Dabei sind besagte observationes nicht explizit im Titel als solche genannt, wie dies beispielsweise in den philologischen Arbeiten erkennbar ist, sondern können sich implizit aus der interessegeleiteten Anlage der Analyse ergeben. Freilich, in welcher interessegeleiteten Weise diese ordnende Sichtung des Wissens erfolgt, wäre wissenschaftsgeschichtlich noch detaillierter und differenzierter zu prüfen; gleichwohl haben diese doch auch zeitlich disparaten Ansätze diesen Gedanken gemeinsam. In diese nur grob skizzierte geistesgeschichtliche Großwetterlage10 muss auch Johann Jakob Wettsteins Projekt der kulturhistorischen Kommentierung des ntl. Textes gezeichnet werden11: in Hinsicht auf die breite kulturhistorische Ana 7  Diese zeitdiagnostische Perspektive ist natürlich nicht zu verwechseln mit einer ‚diachronen‘, traditionsgeschichtlichen Analyse der Herkunft des Ansatzes von Johann Jakob Wettstein.  8 Das hat Delling, Corpus, 1 f. mit Anm. 1, bereits gesehen. Die Liste lässt sich deutlich verlängern.  9 Das kann hier von mir nur angedeutet werden, weil Analysen im Hintergrund stehen, die Teil einer kurz vor dem Abschluss stehenden Studie von Herrn Bastian Lemitz sind, denen ich nicht vorgreifen möchte. 10 Es ist zu differenzieren, dass eine theologiegeschichtliche Einordnung etwa in den Deismus hier nicht angestrebt ist und mithin auch auf derart wenigen Zeilen nicht erreicht werden kann. Es geht vielmehr um Aspekte, die durchaus verschiedene Strömungen miteinander verbinden, wohl wissend, dass das intendierte Ziel nicht identisch ist: Physikotheologie und Hermetismus dürften schwerlich miteinander zu verbinden sein. 11 Die textkritische Arbeit dürfte wohl nicht an dieser Frage partizipieren, weil sie keine Erläuterungen der ntl. Mitwelt bietet, sondern innerneutestamentliche Überlieferungsprobleme

„Von der Glückseligkeit, alles zu wissen“

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lyse ntl. Lemmata mittels hellenistischer, jüdischer wie rabbinischer Belege. Sie sind von ihm seinerzeit ausgewählt worden, um die vim verborum der ntl. Aussagen sachgemäß erfassen zu können. Zu diesem Zweck griff er auf die in der klassischen Philologie bis dahin vielfach geübte Praxis der Observationsliteratur zurück, um deren Ergebnisse zusammenzufassen und in diesen zweiten Apparat seines Novum Testamentum Graecum mit weiteren Texten einzufügen. Das hat Wettstein und der ihm folgenden Forschung die negativ konnotierte Charakterisierung der Polymathie eingetragen12, deren Wurzel wenigstens in der Antike selbst13 liegt, für die Observationsliteratur aber wohl im Barock auszumachen ist14. Wie immer man infolge dessen Wettsteins Arbeit einschätzen mag („Summe und Krönung“15), ihr Wert wird quantitativ wie qualitativ sicherlich darin bestehen, die vim verborum durch diese kulturhistorischen Belege zur Geltung bringen zu können.16 Diesen zweiten Apparat neu herauszugeben war dann im ausgehenden 19. Jh. entweder die Initialzündung Georg Heinricis17, der an einer solchen Frage Interesse hatte, oder aber die Idee seines aufmerksamen Schülers Adolf Deissmann18. Zusammen mit dem Hallenser Neutestamentler Ernst von Dobschütz

behandelt. Das Interesse an der Person Wettstein, von dem m.W. kein Bild existiert, ist neu erwacht, seit unlängst Briefe entdeckt worden sind; dazu: Krans, Cousin. 12 Zeller, Philosophie, 945: „Dieses Buch (das zweite Buch der aristotelischen Ökonomik, die als pseudepigraph gilt; M. L.), wenn auch ohne Zweifel aus der peripatetischen Schule hervorgegangen, gehört doch nur unter die vielen Belege der kleinlichen Polymathie, welche nach wenigen Menschenaltern in dieser Schule so stark überhandnahm.“ 13 Das wird bereits im Zusammenhang mit Heraklit überliefert (DK 22 B 40); „Er war stolz und hochmütig wie kaum ein anderer, wie es sich auch aus seiner Schrift ergibt, dort, wo er sagt: Vielwisserei lehrt Verstand nicht (πολυμαθίη νόον οὐ διδάσκει); sonst hätte sie ihn Hesiod und Pythagoras gelehrt, ebenso Xenophanes und Hekataios“; Übers. Gemelli Marciano, Vorsokratiker, 291, und zum Phänomen dort 410–416. Im Zusammenhang der ἱστορία auch B 129 und dazu Corcella, Genre, 41 f. Von Anaxarchos wird erzählt, er habe vor unangebrachter Gelehrsamkeit gewarnt (DK 72 B 1); vgl. auch Demokrit DK 68 B 65). 14 Die bei Delling, Corpus, 1 f. Anm. 1, genannte Observationsliteratur entstammt in den ersten dort erwähnten Belegen dem Barock. Der Vorwurf einer ‚barocken Polymathie‘ (auch: „barocke[n] Polyhistorie“; Delling, Corpus, 2) ist demnach leicht verständlich, wenn man sich diese Arbeiten vor Augen hält. 15 Seelig, Einführung, X. 16 Es dürfte evident sein, dass die Quantität durchaus auch einen Aspekt der Qualität darstellt: Da es aus texttheoretischer Sicht nicht den einzigen, in sich abgeschlossenen Sinn gibt, der nur durch ganz wenige solcher kulturhistorischen Texte illustriert werden kann, wird ein Plural solcher Sammlungen daher verschiedene Facetten des ntl. Kommunikats erläutern und somit zur Erschließung beitragen. 17 Breytenbach, Briefe, 4.25–28 (insgesamt: 4–10.16–18.25–28). 18 Deissmann, Licht, 2: „Gewiß, es wäre eine Aufgabe, wohl wert die Lebensarbeit eines Forschers, das großartige jetzt anderthalb Jahrhunderte alte Neue Testament von Johann Jakob Wettstein mit seinen massenhaften Parallelstellen aus der jüdischen und griechisch-römischen Literatur neu herauszugeben, mit den Mitteln unserer Altertumswissenschaft; als Student habe ich davon geträumt.“

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sollte dieses Projekt umgesetzt werden19. Bekanntermaßen hat das Wettsteinprojekt dann einige Irrungen und Wirrungen genommen, ehe 1987 begonnen werden konnte, die Texte für den Römerbrief bis zur Offenbarung auszuarbeiten. Seit 1997 ist das Projekt in Halle am Corpus Hellenisticum angesiedelt20; die Bände zum JohEv (2001), zum MkEv (2008) und der erste Teilband zum MtEv (2013; Mt 1–10) sind publiziert – dessen zweiter Teilband steht kurz vor der Fertigstellung. Es folgt das luk. Doppelwerk, das noch einen erheblichen Aufwand erfordert. Im Rahmen kollegialer Arbeitsteilung wird das LkEv von Michael Labahn und die Apostelgeschichte von mir fertiggestellt. Welche Ressourcen sind nutzbar, wenn ein solches Großprojekt zur Apostelgeschichte in Angriff genommen werden soll? Da es um deutsche Kommentare gerade etwas still geworden ist, möchte ich diese Frage anhand dreier ausgewählter englischsprachiger Kommentare versuchen zu beantworten: dem Kommentar von Richard I. Pervo (Hermeneia), Eckhard Schnabel (Zonderval) und Craig S. Keener. Dabei möchte ich zwei Perikopen näherhin auswählen, um sie hinsichtlich der genannten kulturhistorischen Parallelen zu vergleichen, Apg 1,9–11; 2,42–47. Das Ergebnis will ich dann auf den Gesamtumfang und somit auf die kulturhistorische Verwendbarkeit für einen NW Apg extrapolieren. – Im dritten Abschnitt folgt dann eine Selbstbesinnung, die mögliche Schlussfolgerungen aus der Analyse dieser Kommentare aufnimmt. Im vierten Abschnitt werden dann konkretere Beispiele genannt, die Leistungsfähigkeit und Grenzen aufzeigen, ehe ein kurzes Fazit meine Ausführungen beschließt.

2. Der kulturhistorische Rahmen II: Drei englischsprachige Kommentare zur Apostelgeschichte 2.1. Richard I. Pervo21 Sein Kommentar in der etwas extravagant gelayouteten Hermeneia-Reihe umfasst stattliche 810 Seiten – seine Analyse ohne Indizes immerhin noch 696.22 Zunächst zwei statistische Angaben: Auf drei Seiten nennt Pervo 10 Texte bei der Analyse zu 1,9–11 und auf 7,5 Seiten 32 Texte für 2,42–47. Das bedeutet extrapoliert für seinen gesamten Kommentar etwa 2.780 Vergleichstexte. Seine Analyse mittels des hellenistischen Horizonts der genannten Perikope aus 1,9–11 führt ihn zunächst dazu, dass unter Rückgriff auf 2 Kön 2,1–14 der 19 Zu von Dobschütz Lang, Art. Dobschütz, 1016; zum Corpus Hellenisticum: Lang, Art. Corpus, 815–819. 20 Nach dem Ausscheiden von Heinz Berthold war die Stelle im Corpus Hellenisticum bis 30. 11. ​1997 unbesetzt. 21 Pervo, Profit; Pervo, Unity (zusammen mit Mikael C. Parsons); Pervo, Dating. 22 Pervo, Acts.

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Gedanke der Sukzession und der Geistverleihung konstitutiv sei. Ferner ist für Pervo der Gedanke wichtig, dass genannte Texte für die „first readers of Acts“23 lesbar seien. Die Parusie sei in Sichtweite (Wolke-Motiv), ausschließlich präsentisch zu verstehen und im Zusammenhang der Heldengeschichten angesiedelt. Damit werden die kulturhistorischen Belege zur Bestätigung der präsentischen Parusie. Der zweite Abschnitt aus 2,42–47 wird im weit verbreiteten Gedanken antiker Utopien verortet, die die jeweiligen gegenwärtigen Verhältnisse kritisieren sollen und das Ziel haben, Verbesserungen herbeizuführen. Als Parallelen nennt Pervo etwa das Problem des privaten Reichtums, das Platon anspreche24. Ferner sei die Darstellung der Essener bei Philo von Alexandrien sowie bei Josephus zu nennen. Ein weiterer Gedanke (Goldenes Zeitalter) kommt hinzu, wie er sich bei Jamblichus wiederfindet. 2.2. Eckhard Schnabel25 Sein Kommentar zur Apostelgeschichte aus dem Jahr 2011 umfasst 1080 Seiten26. Zu Apg 1,9–11 nennt er auf fünf Seiten Exegese fünf kulturhistorische Texte; für Apg 2,42–47 nennt er auf 10,5 Seiten insgesamt zehn. Die Exegese hinsichtlich 1,9–11 verläuft so, dass er die Ereignisse als Postludium zum irdischen Jesus versteht, wobei die Himmelfahrt eine parallele ‚SehGeschichte‘ zur Ostergeschichte sei. Das Ereignis der Himmelfahrt selbst wird als betont historisches verstanden, wobei ausschließlich atl./jüdisch-hellenistische Texte aufgegriffen werden. Dabei dient die Parallele zur Elia-Elisa-Perikope theologisch dazu, das Zeugenmotiv mit Dtn 18 für die historische Triftigkeit von Apg 1,9–14 in Anschlag zu bringen. In seiner Auslegung von 2,42–47 verweist Schnabel auf die summarische Funktion für die Charakterisierung der Urgemeinde und stellt diese in historischer, literarischer, theologischer, ekklesiologischer und missionstheologischer Dimension dar. Die kulturhistorischen Texte zu ‚das Goldene Zeitalter‘ aus Hesiod und Vergil werden zitiert und auf das Motiv der Einheit zugespitzt. Dabei gehe es Lukas nicht darum, eine Utopie zu beschreiben, sondern die verändernde Kraft des Geistes (vgl. Apg 3,19 f.) in der Erzählung von 2,42 ff. am Werk zu sehen.

23 Pervo,

a. a. O., 45. Resp 424a; 449c. 25 Schnabel, Römer, Kapitel 1–5; an weiteren Bänden aus dieser Kommentarreihe ist er als Mitautor beteiligt. Ferner: Schnabel, Mission. 26 Schnabel, Acts. 24 Plat

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2.3. Craig S. Keener27 Das opus magnum ist sein unlängst vollendeter Kommentar zur Apostelgeschichte mit stattlichen 4.459 Seiten28. Es sind mehr als 45.000 Texte (!)29 aus dem kompletten kulturhistorischen Umfeld des NT verwendet worden: atl.frühjüdische, jüdisch-hellenistische, hellenistische, rabbinische, epigraphische u. a. m. Allein die Einleitungsfragen im ersten Band nehmen bei Keener 645 (!) Seiten ein; die beiliegende CD hat Indizes u. a. m. mit 426 Seiten im eng gedruckten Drei-Spalten-Satz. Für die beiden ausgewählten Referenz-Texte heißt das: 39 Seiten für 1,9–11 mit 103 kulturhistorischen Texten; 39 Seiten für 2,42–47 mit 906 (!) Parallel-Texten30. Für die Exegese bedeutet dies, dass zunächst die vielfältige Funktion der ‚Wolke‘ hervorgehoben wird, ehe die realhistorischen Details analysiert werden. Die theologische Erläuterung legt darauf wert, dass die Jünger Jesu über dem antiken Gedanken der Auferstehung mit der Himmelfahrt der Seelen stehen sollen. Apg 2,42–47 wird in den kompositorischen Zusammenhang mit 1,3–8; 2,1–4 und 1,8 gestellt, ehe eine kleinteilige Analyse von 2,41 ff erfolgt. Für 2,44 f. wird die hellenistische Utopienlehre genauso hervorgehoben wie der Gedanke der gemeinschaftlichen Armut, das hellenistische Freundschaftsideal. Das Fazit besteht darin, Lukas habe nicht eine Situation wie bei den Pythagoreern oder den Qumran-Essenern geschildert. Das hätte besser nach dem Konflikt in 6,1 ff. geschehen können. Es muss angesichts der Analysen und Belegtexte nicht mehr eigens betont werden, welchen ungeheuren Schatz dieser Kommentar für die Abfassung des NW-Apg bietet31: Zu beinahe allen im Text erkennbaren Details finden sich zahlreiche Hinweise auf kulturhistorische Zusammenhänge32. Es ist demnach fast ein enzyklopädischer Anspruch erkennbar, der die Lektüre durchaus nicht immer 27 Keener, John; Keener, Matthew; Keener, Revelation; Romans; 1/2 Corinthians Die beiden zuletzt genannten Kommentare sind für ein eher breiteres Lesepublikum konzipiert worden. Ferner dazu noch ein Jesus-Buch. 28  Keener, Acts vol 1–4 (2012–2015). 29 Es handelt sich hierbei um Verlagsangaben, die sich auf den Bänden 3 und 4 finden. Auf Band 2 ist für die ersten beiden Bände von mehr als 30.000 Texten die Rede. 30 Entsprechend sehen Haupttext und Fußnoten aus, die eine derartige Materialfülle beherbergen: 164 Texte zu ‚Besitz‘ auf S. 1024. 31 In gewisser Weise ist der Kommentar von Pervo noch zu ergänzen, weil sich manche Hinweise finden, die wenigstens zur Suche alternativer kulturhistorischer Kontexte Anlass bieten. Das ist bei Schnabel hingegen nicht zu erwarten, weil seine Einseitigkeit, weithin ausschließlich atl.(‑frühjüdische) Texte zu zitieren, eine größere kulturhistorische Breite nicht bietet. 32 Nicht immer leicht ist es jedoch für den deutschsprachigen Raum, an die von C. Keener verwendeten Quellenbände zu gelangen. Das bedeutet beispielsweise, dass Musonius nur über eine englischsprachige Ausgabe von Cora E. Lutz (New Haven 1947) erreichbar ist, die mit der hierzulande verwendeten Ausgabe aus der Teubneriana (O. Hense, BSGRT, Leipzig 1905)

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leicht macht. Vor allem ist die Exegese des theologischen Sinns nicht immer erkennbar, so dass der Vorwurf der ‚Parallelomanie‘33 leicht erhoben werden kann. Das führt mich zum nächsten Abschnitt: 2.4. Quo vadis NW-Apg? Um den konkreten Ort von NW-Apg näherhin bestimmen zu können, ist ein kurzer Blick zurück auf die bisher publizierten Bände vonnöten, um die Herkunft hinsichtlich Kontinuität und Diskontinuität zu bestimmen34. Dabei ist zunächst erinnernd daran festzuhalten, dass eine ‚Zweigleisigkeit‘ in Gestalt einer Trennung in CJH und CPH35 in den Anfängen des CH resp. NW nicht zu finden und in konzeptioneller Hinsicht auch gar nicht zu erwarten ist36: Geht es um die kulturhistorischen Rahmenbedingungen des ‚Hellenismus‘, hinsichtlich der Zitation nicht deckungsgleich ist. Das verzögert nicht unerheblich die Verifikation und mögliche Ausarbeitung einer entsprechend interessanten Stelle (s. u.!). 33 Dazu schon beinahe sprichwörtlich Sandmel, Parallelomania. Der Ausdruck wird scheinbar allgemein für jede Form der kulturhistorischen Forschung verwendet, sei sie nun hellenistisch oder aber frühjüdisch motiviert; z. B. Feldman, Jew, 36; Charlesworth, Taxonomy (bes. 42 f.); Bennema, Power, 217 (joh. Konzeption des Parakleten); Hezser, Form-Criticism, 104; vgl. auch den Exkurs zu „Parallelomania“ bei Ciampa, Presence, 31–33; Beetham, Scripture, 11 f. (im Zusammenhang der Fragestellungen nach Anspielungen und ‚Echos‘ der Textrezeption im Kol); Kim, Christ, 68 f. (breiter zuvor 28–33); Lee, Paul, 12 f. (dazu insgesamt: 7–18). Markant auch die Kritik bei Schaller, Adam, 147 f. Bei Lichte besehen ist jedoch ein solcher Vorwurf keineswegs ein Privileg der kulturhistorischen Fragestellung, auch wenn er dort zumeist vorgetragen wird: Solange nicht die hermeneutische Frage eines ‚Warum‘ geklärt ist, wird beispielsweise auch eine extensiv vorgetragene Literarkritik denselben Verdacht nutzloser Erbsenzählerei einbringen. 34 Es ist nicht beabsichtigt, die ganze Chronologie des Projektes aufzurollen; dazu Lang, Art. Corpus. 35 Diese Trennung geschah unter dem Eindruck der Kriegswirren ab Juli 1943. Eine hermeneutische Absicht hinter einer solchen Trennung in die beiden Bereiche des CJH und ‚CPH‘ ist nicht zu erkennen. Dass sie beibehalten worden ist, dürfte vermutlich an zwei Faktoren hängen: einmal der politischen (und damit kirchlich-theologischen) Situation der (sich konstituierenden) DDR und sodann der exegetischen Übermachtstellung R. Bultmanns. 36  Das Corpus Hellenisticum wie der Neue Wettstein hatten sich immer als materiale Basis hellenistische und hellenistisch-jüdische Texte gegeben. Im CH war beispielsweise Hans Windisch lange vor der konzeptionellen Aufteilung des Gesamtprojektes der für Philo von Alexandrien gewonnene Mitarbeiter gewesen (s. seine Antrittsvorlesung in Leipzig über Philos Frömmigkeit, die 1909 publiziert wurde), während von Dobschütz sich für Maximus von Tyrus entschieden hatte. Für den Neuen Wettstein stand deshalb nie zur Debatte, auf diese Schriftengruppe verzichten zu wollen. Das lässt sich bei von Dobschütz, Neutestamentlertagung, 173, bereits erkennen: „Das Sammelwerk … denke ich mir in der Art von StrackBillerbeck.“ Es ist daher sehr eigenartig, was Frey, Wettstein, 897 f., hinsichtlich dieses zahlenmäßigen Übergewichts sagt: „Sachlich ist eine solche Verschiebung (zur vermehrten Verwendung der Philo-Texte; M. L.) schwerlich begründet, denn der hellenistisch-jüdische Kontext ist bei den paulinischen und den übrigen Briefen des Neuen Testaments und in gewisser Weise auch bei der Apk von ähnlich hoher Bedeutung. Im Hintergrund scheint vielmehr der Eindruck zu stehen, trotz der ‚Aufteilung‘ der Textbereiche zwischen dem pagan-hellenistischen und

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wie er sich in seinen unterschiedlichen Brechungen römischer, griechischer sowie frühjüdischer Provenienz zu erkennen gibt, dann ist das antike Judentum diesen Einflüssen rezipierend wie auch eigenständig re-formulierend ausgesetzt und genauso ein Bestandteil des entstehenden, frühen Christentums, wie es der Hellenismus im Gepräge lateinischer oder griechischer Provenienz darstellt37. Diese hermeneutische wie forschungsgeschichtlich begründete Grundsatzentscheidung steht auch für NW-Apg nicht zur Debatte. Die Gesamtseitenzahl der bisher vorliegenden Bände beläuft sich auf 4.724 Seiten. Es ist unschwer zu erkennen, dass die ersten beiden Bände eine wesentliche Hinführung zur Erschließung des Stoffs, des Inhalts und der Durchführung gewesen sind. Für 272  Seiten Nestle-Aland-Text werden 1668  Seiten Texte und Verweise auf Texte geboten. Damit werden 6,13  NW-Seiten pro Nestle-Aland-Seite vorgestellt. Für den Band des JohEv sind neben einem geographischen Wechsel38 auch typographische39 Entwicklungen zu verzeichnen. Inhaltliche Verschiebungen sind derart zu benennen, dass Lexikon-Artikel und Wortverbindungen weniger berücksichtigt werden. Für 73 Seiten Nestle-Aland werden 859 Seiten Texte und Verweise geboten. Das entspricht 11,77 NW-Seiten pro Nestle-Aland-Seite. Gleichzeitig ist der Mitarbeiterstab ganz erheblich gesunken. dem jüdisch-hellenistischen Bereich aus sachlichen Gründen z. B. auf Philo nicht verzichten zu können. So richtig dies ist, so sehr stellt es dann die Grundentscheidung, sich auf einen Textbereich zu fokussieren (den des Corpus Pagano Hellenisticum; M. L.), in Frage.“ Eine solche ‚Grundentscheidung‘ hat weder in den Anfängen des CH noch in der Konzeption des Neuen Wettstein jemals bestanden. Delling, Corpus, 11 ff. (konkrete Projektbeschreibung), greift hier freilich auf die Zeit nach (1963!) der Trennung zurück. Eine solche posthum von Frey unterstellte ‚Grundentscheidung‘ dürfte eher aus sekundären Gründen motiviert sein, um ein anderes Projekt profilieren zu können, nämlich eine ‚neue religionsgeschichtliche Perspektive‘ voranzutreiben; so: Frey, Perspektive. 37 Dazu Strecker, Projekt, 247: Der Neue Wettstein steht in der Tradition des Corpus Hellenisticums und bearbeitet die Literatur für den Bereich „‚Griechentum und Hellenismus‘“. 38 Das Projekt ist nach dem Tod Georg Streckers 1994 nach Halle gekommen. Ab 1997 wurde dort am Corpus Hellenisticum mit der Ausarbeitung zum JohEv begonnen. 39 Dazu zählen: Die Verwendung typographisch korrekter Anführungszeichen und des Halbgevierts. Der Absatznach‑ und Absatzvorabstand wurde verringert bei gleichzeitiger geringfügiger Erhöhung des Durchschusses. Dadurch wurde das Layout kompakter und homogener. Ferner wurden buchsatzgeeignetere Fonts sowohl im Brotfont (Zapf Calligraphic 801) wie in der griech. Schrift (Hellenica; Linguist’s Software) neu eingeführt. Es wurde zudem eine andere Software gewählt, die für derartige große Projekte bestens geeignet ist, Tempus-Word NG: Waren zuvor mehr als 40 (!) Einzeldateien nötig, um das Projekt computertechnisch druckfertig herzustellen, so genügt nun eine einzige Datei. Sie erlaubt zudem, ab NW-MkEv einen „Index III“ (eine Art Inhaltsverzeichnis) zur schnelleren Orientierung auszugeben. Schließlich wurde auf die neue Rechtschreibung in den Vorbemerkungen und Fußnoten umgestellt. Letzteres verursacht natürlich unterschiedliche Worttrennung, weil die Silbentrennung im Haupttext selbstverständlich nach alter Rechtschreibung erfolgt, sofern die zitierte Übersetzung dies erfordert. Tut sie das nicht – wie etwa bei der Übersetzung Strabons durch Stefan Radt, wo die neue Rechtschreibung und daher auch die entsprechende Silbentrennung vonnöten ist –, wird entsprechend umgestellt.

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Für das MkEv konnte dieses Verhältnis leicht gesteigert werden: 62 Seiten Nestle-Aland für 762 Seiten Texte. Das bedeutet 12,29 NW-Seiten pro NestleAland-Seite. Dabei ist zu beachten, dass konzeptionell entschieden worden ist, für die weitere Publikation nicht die Anordnung Wettsteins (Mt-Priorität), sondern die 2-Quellen-Theorie zu Grunde zu legen. Bereits begonnene Arbeiten zum MtEv mussten zurückgestellt werden, um dieser Neuorientierung nachzukommen. Insgesamt heißt das, dass bereits der Mk-Band eine Verdopplung des gebotenen Umfangs zu den ersten beiden Bänden darstellt! Eine ganz erhebliche Steigerung hat der erste Teilband zum MtEv erfahren: 27 Nestle-Aland-Seiten für 889 Seiten Texte. Das bedeutet 32,93 NW-Seiten pro Nestle-Aland-Seite, deren Herstellung aber wesentlich länger dauerte als die in Halle hergestellten Bände40. Somit stellt der Mt-Band ebenfalls eine Verdopplung der gebotenen Texte zum Mk-Band dar! Der zweite Teilband wird dieses Verhältnis schon aus Gründen mangelnder Ressourcen in Hinsicht auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht aufrechterhalten können. Trotzdem sind für 59 Nestle-Aland-Seiten ca. 1.000 NW-Seiten veranschlagt. Das bedeutet 16,94 NW-Seiten pro Nestle-Aland-Seite. Legt man die bisher publizierten Bände zugrunde, dann ergibt sich eine ganz erhebliche Steigerung der ausgearbeiteten Texte. Wurden anfangs 6,13 NW-Seiten für die Kommentierung einer Nestle-Aland-Seite aufgewendet, dann sind es zuletzt im Mt-Band mehr als 32 NW-Seiten pro Nestle-Aland-Seite. Das bedeutet eine Steigerung um mehr als das Fünffache! Selbst wenn man beide Bände zum MtEv mittelt, so ergibt sich eine ganz erhebliche Steigerung der gebotenen Texte von 6,13 aus den beiden ersten Bänden zu 24,09 aus den Mt-Bänden, die immer noch fast das Vierfache ergibt. Die Gründe für eine solche Steigerung41 liegen im Wesentlichen darin, dass ab dem Band zum JohEv thematische Querschnitte neu eingeführt worden sind. 40 Das hängt damit zusammen, dass die Arbeit am Mt-Band einige Jahre in Göttingen zeitgleich mit denjenigen in Halle zum JohEv parallel laufen konnte und insgesamt weiter zurückreicht. 41 Hier hat Frey, Wettstein, 898, die Entwicklung durchaus angemessen eingeschätzt. Die von ihm gezogene, klagende Konsequenz, damit teile der NW das Schicksal der immer größer werdenden Wörterbücher, weil sich im Wissenschaftsbetrieb die „Tendenz zu einem höheren Grad an Vollständigkeit als der zu sachgerechter Reduktion“ einstelle, teile ich aus verschiedenen Gründen nicht: Der geäußerten Kritik von Klauck, Wettstein, 92, Seneca sei zu wenig für Paulus berücksichtigt, stimme ich sofort zu; genauso wird zu beklagen sein, dass das antike Gesetzesverständnis in Röm-Offb nirgends breiter entfaltet worden ist; dasselbe gilt etwa für die Frage, ob nicht das antike Zeitverständnis für die ntl. Erfahrungswelt näherhin zu entfalten wäre. Die Liste ließe sich beliebig ergänzen und ist von mir selbst zum Anlass genommen worden, in Mt 5,17 zu νόμος 90 Texte in thematischen Querschnitten auszuarbeiten; man kann zu Recht monieren, dass die Translationsprozesse in die lat. Literatur auch in dieser Passage noch viel zu kurz kommen – eine Beobachtung, die etwa für die Römerbriefexegese ja durchaus in Anschlag gebracht werden kann (s. dazu Haacker, „Antinomismus“). Für das zweite Beispiel sei auf die Texte zu Joh 13,1 zu verwiesen, wo sich die grundlegenden aristotelischen Bestimmungen finden, erneut aber die lat. Literatur weitestgehend fehlt, etwa zur Frage

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Die sich bereits abzeichnende Vertiefung einiger Lemmata42 ist in NW-Joh deutlich erweitert worden: Es bietet sich zunächst an, das große ‚Eingangsportal‘ für das Verstehen des JohEv, den Prolog, eigens und mit Schwerpunkten besonders zu kommentieren (1,1–18: 77 Seiten): insbesondere zu 1,1 (30 Texte), 1,3 (38 Texte), 1,14 (47 Texte) sowie zum Lemma ‚Licht‘ (1,4). Dasselbe gilt etwa auch für 2,11 (σημείων; 16 Texte); 4,9 (Samaritaner); 4,24 (Anbetung Gottes); 4,42 (σωτὴρ τοῦ κόσμου; 48 Texte43); 6,35 (ἐγώ εἰμι; 36 Texte); 8,32 (freimachende Wahrheit); 10,34 (ihr seid Götter; 26 Texte); 11,50; 15,13 (Stellvertretung); 12,13 (Palmzweige); 13,1 (Zeitverständnis); 13,31–16,33 (Abschiedsreden); 14,16 (Paraklet); 18,30.31 (Causa crucis); 18,38 (antiker Skeptizismus); 19,1 (Geißelung und Kreuzigung); 19,12 (φίλος τοῦ Καίσαρος). Grundsätzlich gilt diese Tendenz auch für den Band zum MkEv. So werden gleich zu Beginn erneut (vgl. Röm 1,16) Texte zu eujaggevlion geboten. Es folgen weitere Tiefenbohrungen etwa zu Mk 1,16–20 (Jüngerschaft); 1,34 (δαιμόνια); 1,40 (λεπρός); 4,35–41 (Seefahrt); 5,33 (πᾶσαν τὴν ἀλήθειαν); 6,45–52 (Seewandel); 7,22 (Katalog); 8,32 (παρρηασία); 9,2–8 (Epiphanie); 9,14–29 (‚Glaube‘; ‚Epilepsie/Dämonen/Heilungen‘); 10,18 (ἀγαθός); 10,42–44 (Herrschen und Dienen); 12,18 (Auferstehung); 13,8 (σεισμοί); 15,39 (υἱὸς τοῦ θεοῦ). Vor allem ist auf die durchgeführte Vernetzung der verschiedenen NW-Bände zu ‚ἁμαρτία‘ unter Mk 2,7 (19 Referenzen) zu verweisen44, die deutlich macht, welche wesentliche Funktion ein das Gesamtwerk NW erschließender Register-Band hätte. Der Band zu Mt 1–10 verdient in vielerlei Hinsicht eine besondere Beachtung: Er wurde anfangs zeitgleich mit dem Mk-Band produziert, weil die Entscheidung nicht leicht war, ob wir der Wettstein-Reihenfolge folgen, oder aber die 2-Quellen-Theorie zugrundelegen. Anfangs konnte zudem noch auf Personal zurückgegriffen werden, das in Göttingen angestellt war. Der wesentliche Block, eines ‚Lebens in der Zeit‘. Angesichts dessen stellt sich die Frage, auf welche der Sachaussagen von den Beispielen denn nun verzichtet werden soll?! Die einst bei der Gründung des Projektes formulierte Absicht, nur eine Neubearbeitung des Alten Wettstein bieten zu wollen (Strecker, Projekt, 252), erwies sich schon beim Abschluss der ersten beiden Bände als insuffizient. Gerade die Paulus-Passagen mussten erheblich mit aktuellen Texten ergänzt werden, um den Ansprüchen der modernen Paulus-Exegese überhaupt entgegen kommen zu können. 42 Angelegt war dies bereits in den ersten beiden Bänden: einige Texte zu εὐαγγέλιον (Röm 1,16) oder aber mehrere Texte zu Röm 1,27 (18); oder: 1 Kor 15,32; Phil 1,21; 2,6; Kol 3,11; 1 Tim 1,11; 2 Tim 2,22; Tit 1,12; 3,3; Hb 13,2; 2 Pt 2,16; Offb 17,8.18. 43 Das ist einer der sehr seltenen Orte, wo epigraphische Texte geboten werden. 44 Im Prinzip hat dies Thom, Difference, 85.98 f., getan, wenn er notiert, der KleanthesHymnus sei überraschenderweise nicht zu Joh 1,7 (κόσμος) bzw. 12,21 (λόγος) zitiert worden: Er vernetzt selbständig den zu 1,1 Nr. 4 genannten Text mit anderen Stellen des JohEv. Gleichzeitig (99) beklagt er, dass dieser Hymnus nicht schon zur Offb oder aber zum Vaterunser genannt ist/ hoffentlich zu nennen ist. Dass der Hymnus weder in Offb noch im Mt-Band zitiert ist, ist nun kein Ausdruck eines Mangels, sondern bereits einer Interpretation mit beiden Texten und somit Ausdruck jener wissenschaftlichen Debatte, die die begründete Exegese lebendig hält. Man könnte auch anders argumentieren und hinter der Beschreibung dieses Mangels wiederum den Gedanken der vollständigen Präsentation aller denkbaren Stellen zu einem ntl. Text vermuten.

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die Bergpredigt, konnte daher von Beginn an eine gebührende Würdigung erfahren. Darüber hinaus haben aber auch die Geburtsgeschichte mit verschiedenen Rhemata (u. a. Stammbaum, Traum) sowie einzelne Theologumena (z. B. ‚Fasten‘) breitere Beachtung gefunden. Daneben ist auf folgende Passagen besonders hinzuweisen: 3,6 (Wasser und Reinheit); 5,3–12 (Glück); 5,22 (Zorn); 5,28 (Begierde); 5,44 (Feindesliebe); 6,7–13.9–13 (Gebet); 7,12; 10,9 f (Besitz); 10,10 (Aussehen des Philosophen); 10,28. – In besonderer Weise sind jedoch die in 5,17 breit gebotenen Texte zu νόμος zu nennen: Mehr als 120 Texte sind weitestgehend in thematische Querschnitte aufgeteilt. Es wird leicht erkennbar, wie sehr für die jeweilige Arbeit alle NW-Bände bereitliegen müssen, denn besagtes Lemma ist zweifellos nicht nur für die mt. Theologie, sondern auch beispielsweise für die pln. Theologie heranzuziehen. Was in den ersten beiden Bänden u. a. schmerzlich vermisst werden konnte, wird nun geboten! Erneut wird darüber hinaus leicht erkennbar, wie wichtig ein Gesamtindex zum Projekt sein wird45. Kann der Band NW-Apg in seinen Teilbänden nun gleichsam ‚Keener2‘ sein? In gewisser Weise ‚ja!‘  – aber auch ‚nein!‘: ‚Ja!‘, weil sich die rhematischen Schwerpunkte auch in der Apostelgeschichte leicht fortsetzen lassen. Dass hier zu 2,45; 4,34 wesentliche Texte zur sog. urchristlichen Besitzlosigkeit geboten werden (müssen) ist ganz unstrittig; Himmelfahrtsgeschichten zu Apg 1,9 zu bieten, dürfte genauso naheliegen, wie einen Überblick über antike Philosophenschulen anhand von 17,18, oder aber sozialgeschichtliche Quellen für 17,34 auszuarbeiten. Die bei Keener (u. a.) genannten Texte werden diesbezüglich genutzt werden.  ‚Nein!‘, denn es erheben sich zwei gewichtige Einwände gegen eine solche Vorstellung: (1) der Band kann natürlich zunächst schon deshalb kein ‚Keener2‘ sein, weil es das hier vermutete Ideal der vollständigen Präsentation alles relevanten Materials für die Apostelgeschichte – und wer wollte dieses opus magnum noch toppen wollen? – nicht gibt. Schon einmal schien an diesem Ideal das Gesamtprojekt des Corpus Hellenisticums zu scheitern. Ein solches Vorhaben ist deshalb gänzlich untauglich, weil es keine verbindliche und abgeschlossene Interpretation eines Textes gibt, die ein solches feststehendes Reservoir kulturhistorischer Texte zur Sprache bringen und erläutern würde. (2) Ein weiteres Argument kann (vorerst) gegen ein solches Vorhaben oder einen solchen Gedanken vorgebracht werden: ein Rechenexempel. Ein eingearbeiteter Mitarbeiter/Mitarbeiterin, der/die alle Texte griffbereit in der Bibliothek des Corpus Hellenisticum hat, benötigt für eine vollständig ausgearbeitete NWStelle ca. 45 min.46 Rechnen wir ca. 45.000 Texte für das gesamte opus magnum 45 Es ist schon von hier aus wenig sinnvoll, einen Supplement-Band etwa als Ergänzung zu den Paulus-Passagen zu erarbeiten. Eine strukturelle und exegetisch innovative Vernetzung der gebotenen Texte würde mit einem solchen Band nicht geboten, sondern vermutlich noch eher verhindert, weil dem Eindruck Vorschub geleistet werden würde, zu einer Textpassage eine wie auch immer geartete vollständige Liste kulturhistorisch relevanter Texte bieten zu können. 46 Vorausgesetzt ist hierbei, dass die Einarbeitungszeit von geschätzt einem dreiviertel Jahr als erfolgreich abgeschlossen gelten kann. Viele Verträge lassen sich aufgrund persönlicher Lebens-

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von Craig Keener, so können von diesen Texten ca. ein Drittel durch Verweise auf bereits ausgearbeitete Texte ausgespart werden. Es bleiben 30.000 Stellen übrig, die in 22.600 Stunden (= 2.826 Arbeitstage zu 8 Stunden) ausgearbeitet werden würden.47 Vielleicht wäre ein solches Volumen noch zu schaffen, die Präsentation in einem Buch hingegen würde die verlegerische Risikobereitschaft selbst eines großen und etablierten Wissenschaftsverlages doch über die Maßen strapazieren: der erste Teilband des NW-MtEv hat mit 1.500 neu gebotenen Texten 1.000 Seiten benötigt. 30.000 Texte würden demnach eine Publikation mit 18.700 Seiten ergeben, die zudem etwa einen Index-Band von ca. 1.900 Seiten hervorbrächte. Damit hätte dieses Projekt einen Umfang von etwa 26,5 TRE-Bänden! Das wirft die ernst gemeinte Frage auf, welchen Sinn ein solches Projekt hat. Ich thematisiere deshalb die Stärken und Schwächen.

3. Von der Glückseligkeit, alles zu wissen Die im folgenden zu benennenden Stärken und Schwächen ergeben sich erinnernd aus dem, was konzeptionell in den ersten beiden Bänden grundgelegt und dann entsprechend in den weiteren Bänden fortgeführt worden ist. Es sind dies allesamt selbstkritische Analysen aus dem täglichen Umgang und der Arbeit mit und am Wettstein selbst. Zunächst wird auch für NW-Apg gelten, dass Philo von Alexandrien in diesem Band der am stärksten vertretene Autor sein wird. Darin wird sich der Band von keinem der bisher publizierten NW-Bände unterscheiden. Die Platz-Ordnung wird demnach unterschiedlich ausfallen können: Plutarch, Epiktet, Seneca u. a. m. werden sicherlich wieder im Vordergrund stehen – das 1. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. wird gewiss der Schwerpunkt werden48. Der geplante Umfang des opus dürfte in der Tat auf drei Bände angelegt sein. Die zeitliche Dimension für ein solches Projekt ist allerdings nur sehr schwer abzuschätzen49. gestaltung kaum länger als 1–2 Jahre veranschlagen, so dass bereits an dieser Stelle eine enorme Fluktuation entsteht. Zudem muss darauf verwiesen werden, dass etwa die Ausarbeitung von Inschriften besondere Fähigkeiten und Kenntnisse verlangt und die Zeit dafür eigens in Rechnung gestellt werden muss. Hier eröffnen sich freilich Möglichkeiten der interdisziplinären Nachwuchsförderung. 47 Bei dieser Zeitangabe ist ferner (s. oben Anm. 46) zu beachten, dass die Zeit für das Aufspüren etwa epigraphischer Texte nicht eingerechnet ist, sofern gilt, dass es NW-Apg nicht darum gehen kann, Keeners Kommentar ausschließlich als Messlatte nehmen zu wollen. 48 Das lässt sich leicht anhand einiger statistischer Beobachtungen erhärten: Röm-Offb (Philo: 284; Plutarch: 203; Platon: 137; Cicero: 123; Josephus: 119; Seneca: 117); JohEv (Philo: 266; Jos 196; Platon: 73; Epiktet: 62; Plutarch: 58; Epiktet: 62; Cicero: 44); MkEv (Philo: 166; Plutarch: 67; Josephus: 50; Polybios: 49; Lukian: 44; Xenophon: 39; Epiktet: 36); MtEv (Philo: 398; Plutarch: 90; Epiktet: 61; Seneca: 61; Josephus: 39). 49 Es ist sicherlich wohlmeinend, wenn Frey, Wettstein, 892, von der „Zielgerade(n)“ spricht,

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Die zunächst zu nennenden Stärken, die am Gesamtprojekt deutlich werden, sind im Wesentlichen folgende: 1. Der zuletzt erschienene Band zu Mt 1–10 macht exemplarisch deutlich, was für alle Bände des NW gilt: quantitativ ist in allen publizierten Bänden Philo von Alexandrien der am stärksten rezipierte Autor. Forderungen, man solle doch ein einheitliches Pagano-Hellenisticum bieten, gehen also an der ursprünglichen Konzeption des NW – wie überhaupt des ursprünglich von Heinrici initiierten Projektes – vorbei50! Die dann folgenden Autoren sind Plutarch, Epiktet und Seneca. Für die einzelnen Bände zuvor kann das variieren51. Damit ist auch qualitativ ein recht einheitliches Raster erkennbar, das materialiter vorgestellt wird: der Hellenismus in seinen vielfältigen Ausprägungen  – der jüdischen, der römischen und griechischen. Die Stärke liegt also in der kulturhistorischen Präsentation von Texten hinsichtlich einer Geisteshaltung. 2. Kurze Texte mit (möglichst) präziser Einleitung zu einem bestimmten ntl. Text/Lexem/Syntagma kennzeichnen die Rahmenbedingungen. 3. Die Verwendung dieser Texte ist auch ohne spezielle lat. oder griech. Vorkenntnisse möglich. Damit ist als Adressatenschaft sowohl die Theologische Fakultät wie auch der Fachbereich mit seiner Spezialisierung auf Lehramt im Blick. 4. Die Auswahl der gebotenen Texte hilft, Anregungen für die eigene Weiterarbeit auszuprägen: So kann die Frage nach dem antiken Zeit-Verständnis bei Aristoteles genauso in den Blick geraten wie etwa die Frage nach einer antiken Sozialgeschichte anhand epigraphischer Zeugnissen u. a. m. 5. Der Nachweis der gebotenen Übersetzungen und Hilfsmittel ist exakt und genügt wissenschaftlichen wie bibliographischen Ansprüchen. Übersetzungen werden durchgängig als ganz erhebliche Leistung fremder Übersetzer wahrgenommen, die exakt widergegeben werden (müssen)52. 6. Die starke Referenzierung der einzelnen NT-Passagen untereinander erzwingt es letztlich, alle Bände des NW in der Benutzung zu haben. Der Blick für auf der der Neue Wettstein angekommen sei. Das mag für die zu bearbeitenden Schriften gelten. Es steht jedoch das komplette luk. Doppelwerk aus, das für die Apostelgeschichte die bekannten Probleme des Lokalkolorits besitzt, deren (epigraphische) Erschließung erhebliche Zeit beanspruchen wird. Ich rechne mit reichlich 15 Jahren im optimalen Fall. 50 S. oben Anm. 36. 51 S. oben Anm. 48. 52 Das ist ein Kritikpunkt an Schröter /Zangenberg, Texte. Ein Beispiel: Die Geschichte von der Himmelfahrt des Romulus in Liv 1,16,1–8 (dort S. 361) ist in der Übersetzung von Hillen mit den Seiten 46–49 zitiert. Es handelt sich hierbei um die zweisprachige Tusculum-Ausgabe, die auf den geraden Seitenzahlen den lat. Text und auf den ungeraden die deutsche Übersetzung bietet. Schröter/Zangenberg zitieren aber keinen lat. Text, sondern nur den deutschen; es müsste also „47.49“ heißen. Dasselbe gilt für die dort S. 362 f. zitierte Stelle aus Philostr Vit Ap 8,30–31. Auch hier handelt es sich um eine zweisprachige Ausgabe, die im Zitationsnachweis die Ungenauigkeit aufweist, den griech. Text zu zitieren.

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die Kontextualisierung des gesamten NT wächst auf diese Weise ganz erheblich und kann sich nicht auf einzelne Passagen reduzieren lassen53. Überwiegen die Stärken? Es gibt vermutlich keinen schärferen Kritiker als mich  – und es wäre nicht angemessen, die ganz offensichtlichen Schwächen dieses Projektes zu verheimlichen: 1. Es herrscht ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Bänden Römerbrief bis Offenbarung einerseits und den ersten Teil-Bänden. Es ist ja nicht weniger als eine Verdopplung gewesen, die im JohEv vorgestellt worden ist. Der Band zu Mt 1–10 hat in der Tat den Rahmen bislang völlig gesprengt! 2. Die kurzen Einführungen sind oftmals alles andere als hilfreich, weil sie entweder zu kurz sind, oder aber den vorzustellenden Text paraphrasieren, also gerade keine Hinführung darstellen.54 3. Schwerer wiegt die mangelnde Transparenz für die Auswahl der gebotenen Texte55. Sie ist nirgends dokumentiert bzw. begründet und bleibt für die Leserinnen und Leser völlig im Dunkeln.56 53 Das lässt sich ebenfalls kritisch wenden: Wer meint, mit dem Band zum JohEv habe er alle wesentlichen Texte zur Analyse des JohEv, erliegt der Vorstellung, wonach die Interpretation – nicht zuletzt durch derartige kulturhistorische Kontexte – abschließend in einem solchen Band zu erreichen sei. Dass sich etwa das Verständnis von ἁρματία für das JohEv als ein wesentlicher Zug zu erkennen gibt (hierzu beispielsweise Joh 16,8), ist evident, verlangt für die kulturhistorische Kontextualisierung nichts anderes als die Texte zu Mk 2,7 Nr. 2–24 sowie diejenigen zu Mt 3,6 Nr. 22–24 zu lesen, mithin also zwei Synoptikerbände des NW daneben zu legen. 54 Möglich ist freilich auch, dass trefflich über eine solche Hinführung zur gewählten Stelle aus sachlichen Gründen gestritten werden kann. Dazu z. B. Thom, Difference, 85, der hinsichtlich des Kleanthes-Hymnus die Vorbemerkung für problematisch hält. Dass er selbst sich zu diesem literarischen Text geäußert hat, macht ihn zum Fachmann und somit zum kundigen und versierten kulturhistorisch arbeitenden Wissenschaftler. Ich meine, dass solche Fachleute nicht die ersten Adressaten des ‚Neuen Wettstein‘ sind, weil jene ihren eigenen ‚Wettstein‘ längst parat haben. 55  Gemeint ist dabei nicht das Corpus, aus dem die Texte entnommen werden, denn das ist mittels ‚Hellenismus‘ deutlich, sondern die Frage nach der ausgewählten Stelle. Die bei Seelig genannten Kriterien (NW II/1 XII–XVI) sind freilich zu ergänzen bzw. zu korrigieren, denn pragmatische Dimensionen bei der Textauswahl spielen bei ihm keine Rolle; dasselbe gilt für die Verwendung der Vulgata-Übersetzung, die ja sehr früh zeigt, wie griech. Texte im röm. Umfeld verständlich waren. Unbestritten bleibt freilich die Anfechtbarkeit dieser Überlegungen, weil sie – etwa in der pragmatischen Dimension – von der zugrunde liegenden Vorentscheidung geprägt ist, ob ntl. Aussagen von Heiden überhaupt sinnvoll verstanden werden konnten oder nicht. Wenn das der Fall ist, wird die für produktionsästhetisch sinnvoll erachtete Frage nach der Begriffs‑ und Motivgeschichte im Rahmen eines Kontextes nicht anders zu entscheiden sein als für die rezeptionsästhetische Seite, solange ein konstitutiver Zusammenhang dafür besteht, dass ein Text von einem Autor für einen Leser geschrieben ist; zur Begründung Lang, Kunst, 47–95; dazu zuvor Wettsteins Hinweis, sich der verwendeten Sprache der ntl. Autoren sowie deren Zeitgenossen zuzuwenden, in: Kümmel, Testament, 54: „Und da die heiligen Schriftsteller keine neue Sprache erfunden haben, sondern sich deren bedienten, die sie von den Zeitgenossen gelernt hatten, so gilt dasselbe auch von deren Schriften.“

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4. Die Vernetzung der einzelnen Texte quer durch die NW-Bände stößt auf Widerstände: es fehlen durchgängige Indizes, die beispielsweise griech. Lemmata bieten, mit denen Stichworte in ausgearbeiteten Texte wiederfinden lassen. Ein Beispiel mag sein, was zu ἁρματία in Mk 2,7 aufgelistet worden ist und was zur Zeit nur den Herausgebern der Bände möglich ist.57 5. Die wiss. Innovation seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach Texten kann nicht markiert werden. Auch sie bleibt ausschließlich den Bearbeitern zugänglich. 6. Es ist eine starke Vorentscheidung, das Phänomen ‚Hellenismus‘ nicht auch auf die Papyri (nur höchst selten in NW-MkEv), Inschriften, Numismatik (vollständige Fehlanzeige) und die darstellende Kunst (Töpfe, Gemälde, Mosaike, Architektur …) anzuwenden58! Überwiegen die Schwächen? Eine Antwort auf beide zuletzt genannten Fragen wird am ehesten möglich sein, wenn zuvor die eigene kulturhistorische Verortung vorgenommen worden ist. Wer generell den Sinn einer solchen Arbeitsweise bezweifelt, weil ihm moderne, hermeneutische oder andere Zugänge angemessener erscheinen, dem wird das Wettstein-Projekt gleichgültig sein59. Es ist freilich auch denkbar, dass einzelne, im Projekt nicht verfolgte literarische Genres aussichtsreicher erscheinen, in ihrem kontextuellen Potential verfolgt zu werden, so etwa die beiden Projekte von Peter Arzt-Grabner, Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament60, und George van Kooten, Brill’s Ancient Philosophical Commentary on the Pauline Writings61.

56 Das wird etwa dort erkennbar, wo beispielsweise im Band zum JohEv zwar drei Johannesforscher tätig waren, deren jeweils eigene Zugänge und unterschiedliche Plausibilitätskriterien nicht deckungsgleich sind, sondern sich individuell begründet überlappen. 57 In gewisser Weise darf man das als ‚Herrschaftswissen‘ kennzeichnen. Um einen solchen markanten Vorwurf in seiner wissenschaftskritischen Dimension entkräften zu können, erscheint es um so dringlicher, am Ende wenigstens einen abschließenden Registerband vorzulegen, wenn nicht gar über ‚Wettstein 2.0‘ nachzudenken (s. unten). 58 Verwiesen werden kann auch auf Lang, Via. 59 Man kann solche Ablehnung dort erkennen, wo Anträge auf weiterführende Drittmittelprojekte abgelehnt werden mit der Bemerkung, das Projekt sei ‚old fashioned‘. 60 Publiziert sind die Kommentare: Arzt-Grabner, Philemon (2003); Ders., 1. Korinther (2006); Kreinecker, 2. Thessaloniker (2010); Arzt-Grabner u. a., 2. Korinther (2014). 61 Das Projekt ist ein Subprojekt der Ancient Philosophy and Religion Serie (Brill). Siehe dazu: https://brill.com/view/serial/APHR.

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4. Ausblick: Anforderungen und Leistungsfähigkeit Zunächst wird sich weder strukturell im Aufbau noch am Charakter der Präsentation etwas ändern. Diese Entscheidungen sind gefallen und sollten nicht ohne Not geändert werden. Es sollte auch nicht geändert werden, dass die Bände zunächst für die Studierenden geeignet sein sollen und solche, die sich über die kulturhistorischen Rahmenbedingungen informieren wollen. „Lukas malt Christus“. Dieser schöne Titel stammt von Klaas Huizing, der damit zum Ausdruck bringen will, was vielleicht schon eine Binsenweisheit genannt werden kann: Wie kaum ein anderer Autor hat es Lukas vermocht, Geschichten und Eindrücke in Szene zu setzen.62 Die Anforderungen an die Wettstein-Bände ergeben sich nicht zuletzt aus genau diesen Beschreibungen: Schon hier werden also nicht nur solche Texte zu bieten sein, die in den bisherigen Bänden geboten worden sind und auf die natürlich auch nicht verzichtet werden soll. Vielmehr wird man darauf zu achten haben, auch solche kulturhistorische Passagen zu nennen, die eine vergleichbare Atmosphäre evozieren. Neben diesen Anforderungen sind solche zu nennen, die sich im Großraum dessen bewegen, was als ‚Realienkunde im kulturhistorischen Horizont‘ verstanden werden kann. Gemeint ist damit etwa die Präsentation von Texten zu dem, was Lukas unter ὁδός versteht (vgl. z. B. 2,28; 9,2 [19,9.23; 22,4; 24,14.22]; 16,17 u. ö.) und sich in unterschiedlicher Weise denotieren lässt63: einmal in der Weise, dass architektonische Beispiele aus dem röm. Straßenwesen in den Blick treten, wie etwa: 1. Die Straße im Aostatal, deren notwendiger Meilenstein direkt aus dem Fels geschlagen ist. Die Fahrrillen für den Transport werden gleich mitgeliefert. 2. Oder aber der Straßentunnel bei Zeugma in der Türkei nahe dem Fluss Euphrat. Das Gebiet ist heute jedoch aufgrund eines Stausees nicht mehr zugänglich. 3. Oder aber die Brücke von Alcantara an der spanisch-portugiesischen Grenze, die eine Gesamtlänge von 190 m bzw. eine lichte Weite von mehr als 28,5 m bei einer Bauhöhe von mehr als 70 m hatte. 4. Oder aber der 50 m hohe Aquädukt Pont du Gard, der Teil der Wasserversorgung von Nîmes war und auf 1 km Länge einen Höhenunterschied von lediglich 25 cm hatte!64 62 Wenn Thom, Difference, 100, die „complexity and multidimensionality“ als stärker zu berücksichtigend herausstreicht, dann darf das nicht auf die Semantik (allein) reduziert werden etwa in der Weise, dass mehr originalsprachliche Passagen eingefügt werden (ebd.). Eine solche Reduktion kann leicht den Blick auf ‚Lukas als Erzähler‘ verstellen! 63 Dazu zuletzt Lang, Via. 64 Vgl. dazu ähnliche Bauwerke in der Nähe von Ephesus und Side oder bei Selimiye zwischen Antalya und Alanya; dazu Lang, Via.

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Für die Wettstein-Bände wird aus diesen imposanten Bildern kein einziges verwendet werden können; die Wettstein-Bände dokumentieren ja keine Bauwerke65. Was jedoch geschehen wird: etwa der unter Domitian literarisch tätige Sextus Iulius Frontinus wird zu nennen sein, der süffisant bemerkte (1,16): „Mit einer solchen Vielzahl von unentbehrlichen und gewaltigen Wasserleitungsbauten vergleicht man die ganz offensichtlich nutzlosen Pyramiden oder andere unnütze, von den Griechen errichtete Bauwerke, und mögen die Leute noch so viel davon reden!“66 Ferner: Liest man den luk. Ansatz in diesem Zusammenhang eines ‚Zwangs zur Häresie‘, dann treten sofort die diskurssemiotischen Fragestellungen einer begründeten antiken Lebensführung in den Blick. Besonders hilfreich ist das höchst amüsante Gespräch zwischen Hermotimos und Lykinos, das Lukian in seiner Schrift „Hermotimos oder Lohnt es sich, Philosophie zu studieren?“ formuliert hat. Der junge, dynamische Hermotimos gibt sich als frisch bekehrter Stoiker zu erkennen und ist fest davon überzeugt, den richtigen ‚Weg zum Leben‘ gefunden zu haben. Wie ‚sicher‘ seine ‚Wahl‘ letztlich ist, zeigen die entlarvenden Rückfragen des Kritikers und Spötters Lykinos (d.i. Lukian) (17): „Ich soll also glauben, daß Hermotimos, ein kluger Mann, damals im vierzigsten Lebensjahr, als es um die Philosophie und die Philosophen ging, sich auf Laien verließ und ihren Ansichten bei seiner Entscheidung folgte, der Entscheidung darüber, was die bessere Wahl (ἐποιεῖτο τὴν αἵρεσιν τῶν κρειττόνων ἀξιῶν) sei!“67 Die Ironie der lebensentscheidenden Frage liegt bekanntlich darin, dass sich Hermotimos in der Bewertung der Sache als ἡ ἀξία (aestimatio) nicht an die Maßstäbe gehalten hat, sondern der Meinung von Laien folgte. Die Wahl für die stoische Philosophie war also geprägt von einer höchst unstoischen Analyse und Entscheidung! Neben diesen Anforderungen sind solche zu nennen, die etwa den historischen Wert der Apostelgeschichte veranschaulichen und sich einfügen lassen in eine urchristliche Sozialgeschichte. So ist eine Inschrift zu nennen, die in dem im Norden Zyperns gelegenen Ort namens Chytri gefunden worden ist. Bislang hat man die Passage auf den Statthalter Sergius Paullus bezogen, der in Apg 13 namentlich genannt wird. Die Datierung der Inschrift in die Zeit des Claudius (41–54) in Zeile 9 ist nur durch eine nicht näher begründete Ergänzung erfolgt68. Sehr gründlich hat nun zuletzt Campbell69 diese Inschrift analysiert und die alte Lesart vom Statthalter Sergius Paullus gestützt, jedoch die Chronologie dahingehend geändert, dass nun nicht mehr von Claudius, sondern von Tiberius (14–37) die Rede sei. Damit wird die Chronologie der Apostelgeschichte voll65 Zu

röm. Bauwerken als Ausdruck der Herrschaft zuletzt Pfeiffer, Ruinen. Hainzmann, Frontinus, 20. 67 Übers. von Möllendorff, Lukian, 43. 68 Zur folgenden Inschrift Weiẞ, Elite, 58 f. 69 Campbell, Attestation. 66 Übers.

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ends in Frage gestellt. Ob allerdings die wenigen Buchstaben nun zu Τιβ]ε[ρ]ίου oder nicht doch eher zu Κλαυδ]ίου zu ergänzen sind, ist strittig, nicht zuletzt deswegen, weil die chronologischen Neuorientierungen der Apostelgeschichte wenig überzeugend sind und eine umfangreiche Neugestaltung der synoptischen Frage verlangen. Es bleibt zudem höchst unsicher, ob denn das Cognomen ‚Paullus‘ zu ergänzen ist.70 Die Grenze der Leistungsfähigkeit wird man hier sehr schön demonstrieren können: Gewiss wird die epigraphische Stelle im Wettstein-Band enthalten sein. Die verwickelte und nicht einheitliche Diskussion wird sich bestenfalls nur in einer knappen Fußnote widerspiegeln lassen, etwa dergestalt, dass die Rekonstruktion strittig ist und andere Möglichkeiten in der Forschung bereitliegen. Schon die Wertung, wonach sich unterschiedliche Konsequenzen für die Datierung der Apostelgeschichte ergeben, wird außen vor bleiben – so, wie es auch bislang geübte Praxis gewesen ist. Die Leistungsfähigkeit gerade dieser genannten Beispiele besteht zudem darin, den schon längst geübten Austausch und Kontakt mit Vertreterinnen und Vertretern der ‚Alten Geschichte‘ zu intensivieren71. Es sind nicht nur die epigraphischen Aspekte, die die Grenzen durchlässig werden lassen, es sind darüber hinaus auch die philologischen Fragestellungen der Latinistik und Gräzistik, die etwa bei Fragen der Textausgaben von Galen wertvolle Zuarbeiten und eigene Beiträge zeitigen. Sind diese ‚bi-lateralen‘ Gespräche mit der Alten Geschichte seit geraumer Zeit auch von dort aus aufgegriffen worden, dann ist für den philologischen Bereich zunächst (noch) der eigene bislang stets hervorragende, freundschaftliche Kontakt für die Einspeisung fachfremder Kompetenzen charakteristisch.72

5. Fazit In wenigen Strichen möchte ich am Schluss die Ergebnisse bündeln: 1. Einerseits ist die Ausgangslage für die Zusammenarbeit mit der Alten Geschichte sehr gut, weil sich die ‚Gespräche über den Gartenzaun‘ mehren und von beiderlei Seite erfolgen. Andererseits ist die Präsentation von solchen kulturhistorischen Texten immer mit dem Verdikt der ‚Parallelomania‘ verknüpft, das zur methodologischen Präzisierung mahnt und zur hermeneutischen Besinnung aufruft. 70 Dazu

zuletzt Weiẞ, Elite, 58–62. nennen sind hier beispielsweise die Arbeiten: Ameling, Corpus; Baltrusch, Herodes; Eck, Rom; Ders., Wassermanagement; Schuol, Juden; Wilker, Rom; Weiss, Elite. 72 Für die letzten Wettstein-Bände (MkEv und MtEv) ist hier die philologische Kompetenz von Vinko Hinz (Göttingen) zu nennen, der sich philologisch kniffliger Fragestellungen angenommen hat. 71 Zu

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2. Das Wettstein-Projekt steht im Kontext weiterer kulturhistorischer Projekte zum Neuen Testament – etwa demjenigen von George van Kooten („Paulus und die antiken Philosophen“), dem u. a. in Leipzig beheimateten CJH u. a. m. Damit wird ein breiter Austausch von Erfahrungen möglich. 3. Ein überreich aufwartender Kommentar wie etwa der von Craig Keener nötigt zur Konzentration auf wichtige Passagen. Er führt dringlich vor Augen, dass jede Frage ‚Warum haben Sie diese Stelle nicht?‘ letztlich im Hintergrund den Gedanken trägt, eine Glückseligkeit nach vollständigem Wissen zu intendieren. 4. Schließlich wird die materiale Ausgestaltung des NW-Apg auf die Vulgata als der ersten Rezeption in einem benachbarten kulturhistorischen Rahmen verstärkt in den Blick zu rücken sein. 5. Eine noch völlig offene Frage dürfte diejenige sein, welches ‚neue Design‘ NW-Apg73 etwa im Rahmen der sog. ‚Digital Humanities‘ haben kann. Chancen und Risiken auszuloten, dies bleibt die Aufgabe der unmittelbaren Zukunft.74

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dürfte das auch generell für alle vorliegenden Bände gelten.

74 Die Chancen sind sicherlich dort groß, wo die Indizierung des Textes bei gleichzeitiger In-

ternet-Tauglichkeit der Software den Weg zu zitierbaren, wissenschaftlichen Werken stark verkürzt und gleichzeitig die Möglichkeiten der umfangreichen Recherchen stark anwachsen. Das Risiko dürfte u. a. dort liegen, wo die Datensicherheit für die Zukunft gewährleistet sein muss; auf die Buchversion des NW sollte unter keinen Umständen verzichtet werden. Zum ‚Ausblick‘ des ‚Neuen Wettstein‘ s. auch: Labahn, M., Zum „Neuen Wettstein“. Vorstellung und Hinweise zur religionsgeschichtlichen Methodik, in: G. Benyik (Hg.), The Hellenistic and Judaic Background of the New Testament, Szeged 2019, 255–279.

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Theologie und Religionswissenschaft1 D. C. F.  Georg Heinrici Theologie und Religionswissenschaft Leitsätze 1. Religion und Theologie sind zwei aus der antiken Kultur übernommene Kategorien. Geschichtlich betrachtet ist die Religion der Inbegriff all’ der sehr verschiedenartigen Lebensäußerungen, die durch den Glauben an das Dasein und das Eingreifen einer übernatürlichen Macht hervorgerufen werden; die Theologie aber ist die Mitteilung und Ausdeutung des Übernatürlichen. Die Versuche, Religion und Theologie begrifflich zu bestimmen, bleiben Abstraktionen, wenn sie nicht an ihre geschichtlichen Erscheinungen sich halten. 2. Das Christentum ist eine Erlösungsreligion, die auf das Evangelium Jesu sich gründet und in dem Bekenntnis zu Jesu als dem Herrn als Weltreligion sich durchgesetzt hat. Grundsätzlich verbindet es Glauben und Sittlichkeit. 3. Durch die Verkündigung des Heils in Christus ist die christliche Kirche entstanden, deren Band das Bekenntnis wurde, durch welches ihr Heilsbesitz und Glaubensleben sich bezeugt. Das Bekenntnis zur christlichen Heilslehre hat zur Voraussetzung die Anerkennung des Christentums als der abschließenden Gottesoffenbarung, die Erfahrung von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und von der erlösenden Kraft Jesu Christi des Herrn. 4. Das Bedürfnis der Kirche, sich Rechenschaft über den Wahrheitsgehalt der christlichen Offenbarung zu geben und denselben in seiner Reinheit zu bewahren und zu erhalten, hat die christliche Theologie erzeugt. Sie ist die Wissenschaft vom Christentum, entsprungen aus der Überzeugung, daß das Christentum ein ,,vernünftiger Gottesdienst“ ist, daß es ferner seine innere Wahrheit und sein Recht, der rechten Frömmigkeit Form und Gehalt zu verleihen, nicht nur zu behaupten, sondern auch zu erweisen vermag. Daher ist die Theologie keine „künstliche Apologetik“, sie hat vielmehr ihren Schwerpunkt in der positiven Darlegung der christlichen Heilslehre, wobei sie ihre Form und Richtung an den besonderen Bedürfnissen der Zeit orientiert.

1 Erstmalig

erschienen beim Verlag der Dürr’schen Buchhandlung, Leipzig 1902.

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5. Der theologische Wahrheitsbeweis des Christentums hat zum objektiven Grunde die geschichtlichen Thatsachen des Urchristentums, wie sie aus den im Neuen Testamente gesammelten Schriften zu ermitteln sind. Der geschichtliche Charakter dieser Tatsachen schließt es aus, sie anders als in dem Medium ihrer Ursprungszeit zu verstehen; ihre religiöse Kraft schließt es ein, daß sie allezeit als Heilstatsachen sich bewähren. Daher fordert die Theologie zugleich die historische Kritik und den normativen Charakter der neutestamentlichen Schriften. 6. In diesen beiden Forderungen liegt eine Spannung, die zum Bruche führen würde, wenn entweder die äußere Autorität die geschichtliche Kritik binden, – dadurch wird die Wahrhaftigkeit gehemmt – oder die geschichtliche Kritik die Unableitbarkeit und Allgenugsamkeit der christlichen Heilstatsachen verneinen muß, – damit ist der christliche Glaube von seinen Lebenswurzeln abgeschnitten. 7. Die in der Gegenwart erhobene Forderung, die Theologie durch Religionswissenschaft zu ersehen, führt zu diesem Bruch, wenn sie nicht nur das Christentum als Religion unter den Religionen und Christus als einen Religionsstifter unter den andern betrachtet, sondern auch grundsätzlich behauptet, daß alles, was in der Geschichte erscheint, relativ und individuell ist und bleibt. Auf diesem Wege kommt die Wissenschaft zu einem Christentum ohne Christus und zu einem Glauben ohne Offenbarung, indem sie sich den Voraussetzungen des monistischen Evolutionismus unterwirft. 8. Aber auch abgesehen davon ist die Religionswissenschaft nicht geeignet, die Theologie zu ersetzen, weil sie den Schwerpunkt in die Religionsvergleichung verlegen muß und die Fragen, welche für den Bestand der Theologie als kirchlicher Wissenschaft entscheidend sind, zur Seite schiebt. Insoweit die Religionswissenschaft für die Theologie Bedeutung hat, gehört sie in die Apologetik. 9. Die Forderung einer kirchlich indifferenten Religionswissenschaft erwächst aus dem weitverbreiteten Eindruck der Rückständigkeit und Unsicherheit der Theologie. Dieser Eindruck wird hervorgerufen durch unklare Vorstellungen über die theologischen Probleme und durch falsche Ansprüche an die Kritik der geschichtlichen Religionsquellen, die darin ihre Eigenart haben, daß die geschichtlichen Tatsachen als Kundgebungen Gottes erlebt werden. 10. Die Theologie behauptet sich als Wissenschaft, wenn sie die Bedingtheit aller dogmatischen und bekenntnismäßigen Formulierungen anerkennt und die Autorität der Schrift als der einzigen Quelle und Norm aller christlichen Erkenntnis durch sachgemäße Schriftauslegung, nicht aber durch dogmatische Postulate begründet. Das Verhältnis von Theologie und Religionswissenschaft oder vielmehr die Frage, ob es an der Zeit sei, die Theologie durch die Religionswissenschaft zu ersetzen, soll ich in Erwägung ziehen. Das ist eine grundsätzliche und methodologische Untersuchung schwierigster Art; aber allerdings, sie dürfte zeitgemäß sein. Ich beginne mit einem Wort in eigener Sache, das aber zur Sache gehört, um dann in Begründung der Leitsätze den Nachweis zu führen, wie so-

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wohl die Geschichte als auch das Wesen der Theologie es dartun, daß dieselbe sich selbst aufgäbe, wenn sie ihre Gemeinschaft mit der Kirche und ihre Begründung auf die heilige Schrift aufgibt.

I. Daß die Theologie in ihrem wissenschaftlichen Betrieb zur Zeit durch eine tiefgehende Krisis hindurchgeht, das liegt vor aller Augen. Ein Symptom dafür sind die einander drängenden Erörterungen, die um neue Abgrenzungen und neue Grundlegung sich bemühen, und dies unter sehr entgegengesetzten Gesichtspunkten. Den Antrieb dazu geben nicht allein die kirchlichen Bedürfnisse, sondern vielleicht in noch höherem Grade die Fortschritte in der wissenschaftlichen Erkenntnis. Wie vor fünfzig Jahren die Philosophie, so sind gegenwärtig die beiden geistigen Großmächte die Naturwissenschaft und die Geschichte. Tiefer und kraftvoller als die Vergangenheit haben wir „historisch denken“ gelernt. Und das Bestreben, von der Natur aus auch die Geisteswelt zu begreifen und abzuleiten, hat die monistische Weltanschauung, die Gott in die Welt einschließt oder aus ihr ausschließt, für weite Kreise zum Dogma erhoben. Unter dem Eindruck der aufklärenden und bereichernden Fortschritte der Geschichtsforschung und der Naturwissenschaft ist auch die Theologie vor die Frage gestellt, was sie von ihnen zu lernen habe. Diese Frage ist berechtigt, so gewiß alle wissenschaftliche Arbeit auf die geistige Atmosphäre einwirkt, in der wir leben, zumal jetzt, wo sich so viele bemühen, die „Bildung“ zum Gemeingut zu machen. Wenn die Theologie nicht im Winkel sitzen bleiben will, muß sie sich darüber Klarheit erhalten, wie sie sich im Geistesleben der Gegenwart als Wissenschaft behauptet und bewährt. Ihr ist damit unter veränderten Bedingungen eine Aufgabe gestellt, die sie von Generation zu Generation in erneuten Ansätzen zu lösen hat. Dieselbe geht auf die ewigen Probleme, die immer von neuem beantwortet werden und die trotzdem nimmer zur Ruhe kommen. Sie erwachsen zunächst, wo das Verhältnis der unsichtbaren Realitäten, der Kraft, des Lebens, der Seele zu den Erscheinungen der Dinge in Betracht gezogen wird. Darüber hinaus liegen dann die Fragen nach den sittlichen und religiösen Werten, die, wenn sie erörtert werden, sofort auch die Leidenschaften werten. Mea res agitur. Sie lauten: Ist der Mensch frei oder unfrei? Ist der Glaube eine selbständige Macht neben dem Wissen? Ist die Sittlichkeit ein Naturprodukt oder die Frucht eines von Naturbedingungen unabhängigen Willensaktes? Sitzt Gott im Regimente oder ist es die Notwendigkeit der Verknüpfung von natürlichen Ursachen und Wirkungen, in der alles abläuft, was da Ereignis wird? Wie ist da Stellung zu nehmen? Die Sachlage, wie sie vorliegt, wird eigentümlich gekennzeichnet durch die Zu-

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sammenstellung der Rezensionen zweier Schriften auf derselben Spalte des Literarischen Centralblattes (1902, Nr. 13). Die eine: Kuyper, Evolutionismus, das Dogma moderner Wissenschaft; die andere Rippold, Kollegiales Sendschreiben an E. Haeckel. Während Kuyper den Nachweis führt, daß der Evolutionismus nicht die Weltenrätsel zu lösen vermag und von ihm aus religiöse Erscheinungen nicht begriffen werden können, will Rippold die „naturwissenschaftliche Methode“ auf die Religionsgeschichte anwenden. Der Rezensent bemerkt dazu: „Seine Vorurteilslosigkeit und Voraussetzungslosigkeit geht hier so weit, daß auch der vorurteilsvollste Naturforscher daran nichts auszusetzen fände.“ Unter dem Eindruck dieser Gegensätze und der Unklarheit über die entscheidenden Prinzipienfragen drängte sich mir – ich darf sagen, mit zwingender Gewalt – die alte Frage auf, die vor einem Menschenalter D. F.  Strauß mit „Nein“ beantwortete: Sind wir noch Christen? Denn allerdings hören wir tatsächlich auf, Christen zu sein, wenn wir das Christentum nach „naturwissenschaftlicher Methode“ ausschließlich begreifen müssen als das Ergebnis einer vergangenen Entwickelung, das an seine geschichtlichen Ursprungsverhältnisse gebunden ist und aus ihnen als historische Erscheinung abgeleitet werden kann. Es kann uns in diesem Falle geschichtlich und historisch interessieren, wie irgend eine andere Religion oder wie eine philosophische Bewegung oder wie eine ausgelebte Kultur, aber es kann nicht mehr das Fundament unseres Glaubens sein, unser einiger Trost im Leben und im Sterben. Wenn das der Fall ist, nun dann, so hat die Wissenschaft, deren Aufgabe es ist, in unbestechlicher Wahrheitsliebe unsere Kulturwerte zu ermitteln und sicher zu stellen, die Pflicht, dies laut auszusprechen. Um das religiöse Leben zu pflegen, muß sie das Christentum seines Anspruchs, die Religion zu sein, entkleiden. So verwandelte sich mir im Hinblick auf den Tatbestand der Bibelforschung und auf die prinzipiellen Gegensätze, die in ihren Ergebnissen zu Tage treten, die alte Frage: Sind wir noch Christen? in die andere: Dürfen wir noch Christen bleiben? Sie war dem wissenschaftlichen Theologen, der eben als Christ wissenschaftlich arbeiten will, eine Gewissensfrage. Ich habe sie nicht „bösartig“ gestellt, wie man mir vorgeworfen hat, auch habe ich dabei keine kirchenpolitischen Hintergedanken gehabt, auch nicht sensationell wirken wollen, wie man mir untergeschoben hat, sondern ich habe damit den ganzen Ernst der wissenschaftlichen Lage der Theologie scharf beleuchten wollen. Ich kam zu folgender Antwort: Die Behauptung, daß durch die geschichtliche Erkenntnis alle unbedingten und unableitbaren Werte ausgeschlossen werden, ist unerweislich. Sie beruht auf einer nicht sachgemäßen Vereinerleiung der naturwissenschaftlichen und der geschichtlichen Methode und aus einer unklaren Vermischung von Methode und von Weltanschauung. In Bezug auf jene Vereinerleiung wies ich darauf hin, daß Naturvorgänge und geschichtliche Ereignisse sich in unterschiedlicher Weise vollziehen. In der Natur herrscht die Regelmäßigkeit und die Gebundenheit, in der Geschichte

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herrscht die Freiheit, das Unerwartete, die Überraschung; die Natur ist unpersönlich, in der Geschichte ist es die Persönlichkeit, der Held der Tat und der Held des Geistes, der neue Epochen durchsetzt und neue Lebensquellen erschließt. Wenn daher behauptet wird, daß in der Geschichte nur relative Größen zur Wirkung kommen, die mit derselben sich wiederholenden Gesetzmäßigkeit wirken wie die Naturkräfte, so verkennt man die Tatsache, daß in der Geschichte das geistige Leben der Persönlichkeit, ihr Fühlen, Denken und Wollen sich enthüllt, daß aber jede Persönlichkeit ihr Geheimnis hat, das sich der psychologischen und der geschichtlichen Analyse entzieht Der Mensch, wie er ist, bleibt eben im Naturzusammenhange eine Hieroglyphe. Dies führt auf das zweite: Methode und Begriff sind zu unterscheiden Die Methoden der Forschung gleichen sich alle. An sich sind sie angewandte Logik. Sie arbeiten in Analyse und Synthese nach dem Satze der Identität und des Widerspruchs und nach dem Satze vom zureichenden Grunde. Nicht die Methode, sondern die Beschaffenheit des Stoffes, den sie bearbeitet, bestimmt die Ergebnisse. Jedes neue Problem, jedes neue Untersuchungsgebiet verändert die Anwendung der Methode. Wo nun der Gegenstand der Untersuchung derart ist, daß er durch eine geschichtliche Analyse nicht zur vollständigen Erkenntnis gebracht werden kann, sind die Ergebnisse der Forschung durch die Weltanschauung bestimmt, die der Forscher mitbringt. Weltanschauung – ich übernehme diese moderne Bezeichnung, die den Inbegriff der Einsichten und Überzeugungen kennzeichnen will, welche, zugleich in verschiedenem Umfange Gemeingut, das innere Leben der Persönlichkeit beherrschen, ihre Ideale und ihre Entschlüsse bestimmen. Auf Grund und Antrieb seiner Weltanschauung erklärt und wertet der Forscher die Persönlichkeiten und die Tatsachen, die der geschichtlichen Ableitung sich entziehen, und rekonstruiert die Zusammenhänge. Alle Weltanschauung aber, sowohl die des Theisten wie die des Atheisten, die des Supranaturalisten und des Monisten oder Evolutionisten ruht im letzten Grunde auf dem Glauben. Weltanschauungen, die der reine Extrakt objektiver Tatsachen sind, gibt es ebensowenig, wie objektive Hypothesen Keine Weltanschauung ist voraussetzungslos Sie birgt in sich Gewißheiten, für deren Formulierung Geist und Herz zusammenwirken. Zu diesen methodologischen Erwägungen wurde ich letztlich durch eine Abhandlung von Tröltsch bestimmt „Über historische und dogmatische Methode in der Theologie“. Tröltsch sucht zu erweisen, „daß die historische Methode mit Notwendigkeit alle absoluten Werte eliminiere“. Im geschichtlichen Verlauf sei alles relativ. Alles Relative aber muß aus dem historischen Zusammenhange begriffen werden. Es sei daher Halbherzigkeit, nur von einer geschichtlichen Bedingtheit zu reden, auch wenn es sich um die Beurteilung von geschichtlichen Tatsachen des religiösen Lebens handele. Der Begriff „Heilstatsache“ enthalte einen Widerspruch mit sich selbst. Dem gegenüber stellte ich den Satz:

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„Wo die kritische Forschung in dem geschichtlichen Verlauf Tatsachen feststellt, die dem Glauben Nahrung bieten und sich nicht auf geschichtliche Analogien zurückführen lassen, also unableitbar sind, da hat sie das Recht, von Heilstatsachen zu reden.“ Mit diesem Satze will ich festlegen, daß geschichtliche Fragen und Glaubensfragen grundsätzlich geschieden werden müssen, so gewiß die religiöse Persönlichkeit, die mitten im Naturzusammenhange lebt und in geschichtlicher Bedingtheit handelt, einen freien Zugang zu Gott hat. Daß dem so ist, das schien Tröltsch zu verkennen, indem er die uneingeschränkte Herrschaft der historischen Methode verkündet, die „mit Notwendigkeit“ alle absoluten Werte ausschließe. Rücksichtlich der Überschätzung der Methode, nicht etwa, um den Christen Tröltsch mit dem Unchristen Strauß zu „vereinerleien“, verglich ich solche einseitige Bestimmung und Wertung mit der „objektiven Kritik“ von D. Fr. Strauß, der nachgerühmt wurde, mit der unwiderstehlichen Gewalt eines alles fortreißenden Stromes die historischen Werte des Christentums als relative zu erfassen und als fundamentale aus der Welt zu schaffen. Ich habe die Überzeugung, daß die von mir vertretenen Gesichtspunkte aus der Beschaffenheit der Stoffe selbst erwachsen, nicht aber ein „Gemisch schillernder Schiefheiten“ enthalten und der Forschung „Probleme stellen wie Mausefallen.“ Durch die „reinliche“ Scheidung von Fragen des Glaubens und Fragen der geschichtlichen Forschung geben sie die Richtlinie zur Klärung über Aufgaben und Ziele; denn sie folgen sowohl aus der Reflexion auf die eigene Erfahrung, als auch aus der Vergegenwärtigung des Glaubens der Jünger an Jesu göttliche Sendung. Meine Formel sagt nichts anderes, als daß der Forscher, der nicht unter dem Zwang einer „voraussetzungslosen Methode“ meint arbeiten zu können, bei der geschichtlichen Analyse der Anfänge des Christentums auf Tatsachen stößt, die ihrem Kerne und Wesen nach unableitbare Geheimnisse sind, die aber in sich eine Überzeugungskraft bergen, aus der sich nicht nur der Glaube, der Bekennermut, das Heldentum der Jünger Jesu erklärt, sondern aus der auch die Gewißheit von der Kraft und dem Wert des Christentums als unserer Religion sich ergibt. Wie das? Die Jünger bekannten sich zu Jesus unter dem Eindruck seiner Person und seines Wirkens als zu dem Gottgesandten. Jesus bewährte sich ihnen als der Erfüller der alttestamentlichen Verheißungen. „Was der alten Väter Schar Höchster Wunsch und Sehnen war Und was sie geprophezeit, Ist erfüllt in Herrlichkeit.“ Jesus verkündigte ihnen Gott den Vater. Er beanspruchte in einziger Weise in Gott und durch Gott zu leben und zu wirken. Er verbürgte ihnen die Liebe und die Gnade Gottes. Er verbürgte ihnen die Vergebung ihrer Sünden. Niemand konnte ihn einer Sünde zeihen. Und Gott sprach sein Ja und Amen zu Jesu Ansprüchen und Wirken, indem er den Gekreuzigten auferweckte. Als Auferstandener stand er mitten unter den Jüngern; als der Erhöhte verlieh er ihnen die Kraft aus der Höhe. All dies sind Tatsachen, die unseren Erfahrungen, wie wir sie täglich machen, widersprechen. Sie können durch historische und durch psychologische Ana-

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lyse nicht begriffen und nicht abgeleitet werden; trotzdem haben sie alle in dem geschichtlichen Zusammenhange der Anfänge des Christentums sich wirksam erwiesen. Auf den Eindruck der Person und der Erlebnisse Jesu gründet sich der Glaube der Jünger an Jesus. Sie sind das Fundament des Bekenntnisses der Christenheit. Und wie auf die Zeugen des Werkes Jesu, so wirken sie heute auf die suchenden Seelen. Sie ziehen den Glauben an, wie der Magnet das Eisen. Deshalb sind und bleiben sie den Christen Heilstatsachen, mit denen das Christentum steht und fällt. Die historische Kritik muß anerkennen, daß in diesen Tatsachen die Grenze gesteckt ist, an der jeder Versuch, das Christentum aus dem geschichtlichen Zusammenhange abzuleiten, Halt machen muß. Aber allerdings, nicht deshalb sind sie Heilstatsachen, weil sie geschichtlich unableitbar sind. Das gilt von vielen Tatsachen, auf die niemand sich stützt, wenn er nach dem Heile seiner Seele fragt. Heilstatsachen sind sie, weil der Glaube durch sie Inhalt, Kraft und Ziel gewinnt. Es ist die Art und Macht der Glaubenserfahrung, die ihnen diesen Charakter gibt. Bei ihrer Wertung muß die historische Kritik ihre Arbeit der Weltanschauung überliefern. Tröltsch hat sich gegen die Angriffe auf seine methodologischen Untersuchungen jüngst in der Schrift verteidigt: „Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte“ (1902). Ich freue mich, daß er sich darin meinem Standpunkte in einer Weise nähert, welchey den prinzipiellen Gegensatz, in dem seine früheren Äußerungen über die historische Methode dazu zu stehen schienen, wo nicht aufhebt, so doch erweicht. Ich folge ihm nicht in die verschlungenen Wege seiner wissenschaftlichen Zergliederungen. Die Unterscheidungen von „naiver Verabsolutierung“ und wissenschaftlich begründeter Absolutheit, von „spekulativem Evolutionismus“ und geschichtlicher Entwickelung, von „unbegrenztem Relativismus“, der alles ableiten will, und von bedingtem Relativismus führen zu keinem sicheren und festen Ergebnisse; sie bringen Modifikationen, welche den üblichen Sinn der genannten Schlagworte umprägen und nicht der Klarheit dienen. Verschiedene Begriffe nenne man doch lieber auch mit verschiedenen Namen, sonst heben die Nebenbestimmungen den Grundbegriff eben auf. Aber gern nehme ich Akt davon, daß Tröltsch sich bestimmt dagegen verwahrt, wie das Junghegeltum die christliche Religion rein aus der immanenten Entwickelung zu begreifen, daß er scharf unterscheiden will zwischen Naturvorgängen und zwischen geschichtlichen Tatsachen. In der Geschichte offenbar sich das Individuelle. Dies sei eine „aus den transscendenten Tiefen der Geschichte auftauchende Neuschöpfung“. Er spricht „von dem transscendenten Hintergrunde der Geschichte“, von den „in den Tiefen der Seele sich bildenden Lebensinhalten und Lebensidealen, die keine bloßen Produkte, sondern Regulatoren sind“. Er weist auf ein „Jenseits der Geschichte, das nur der Ahnung und dem Glauben zugänglich sei“. Daraus folgt denn doch, daß wir in der Vergegenwärtigung des geschichtlichen Verlaufs nach dem Ewigen, dem Unvergäng-

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lichen fragen dürfen, daß wir durch den Eindruck bestimmter Tatsachen Halt für unser inneres Leben und Nahrung für unseren Heilsglauben gewinnen. Diese Folgerung dürfte Tröltsch nach solchen Äußerungen nicht unbedingt ablehnen, wohl aber weist er es entschieden zurück, daß die Theologie, wie sie heute besteht, in der Lage sei, der wirklichen Beschaffenheit der Überlieferung des Christentums gerecht zu werden. Er konstruiert zwischen derselben und den Anforderungen der historischen Methode einen konträren Gegensatz. Diese kennt in der Geschichte nichts Absolutes, jene proklamiert das Christentum als absolute Religion. „Alle anderen Lichter müssen ausgelöscht werden, damit das Licht Jesu allein leuchte.“ Durch dogmatischen Machtspruch isoliert sie das Christentum und täuscht durch künstliche Apologetik über diese Isolierung hinweg. Sie sondert es aus als „Überhistorie des heiligen Wunders und Offenbarungsbezirks“. Wo findet sich die Theologie, die das Christentum in dieser Weise beurteilt? Als unsere orthodoxen Väter in der Not des Kampfes gegen die katholische Kritik des evangelischen Schriftprinzips das Inspirationsdogma als Wall aufrichteten, da ließ sich vielleicht darüber reden, ob sie die christliche Wahrheit isoliert hätten in dem geschichtlichen Zusammenhange Damit taten sie dann nichts anderes, als alle ihre Zeitgenossen, die ebensowenig wie sie ein Bild hatten von dem Wesen des geschichtlichen Verlaufs. Auch das klassische Altertum wurde in jener Zeit „isoliert“, und die Voraussetzung für die Beurteilung der Beziehungen des Übernatürlichen zum Natürlichen gab für alle das antike Weltbild. Die Theologie der Gegenwart aber beurteilt doch durchweg das Christentum als Geschichtsreligion, und eben das Problem, das in dieser Verbindung liegt, beschäftigt Tröltsch ebenso wie mich. Nur durch Mißbrauch des Wortes „Absolutheit“, das, wie Tröltsch ganz richtig darauf aufmerksam macht, der Terminologie der Hegelschen Geschichtskonstruktion angehört, entsteht der Schein eines Gegensatzes zwischen Geschichte und Religion, aus dem der einseitige Konsequenzenzieher eine „Überhistorie des heiligen Wunder‑ und Offenbarungsbezirks“ als Ausdruck für den Offenbarungscharakter des Christentums erschließen kann. Was heißt aber Absolutheit? Soll es bedeuten: losgerissen aus dem geschichtlichen Zusammenhange, so behauptet niemand solche Absolutheit. Soll damit ausgedrückt werden, daß wir in Christus die Heilsgewißheit besitzen, so steht dies nicht im Gegensatz dazu, daß Jesus Christus der Heiland auch eine historische Person ist. Aber freilich, bestünde der Gegensatz zwischen Theologie und Geschichte zu Recht, wie ihn Tröltsch auffaßt, so wäre die notwendige Folge: die Theologie muß entweder aus dem Kreise der Wissenschaften ausgestoßen werden, oder sie muß sich von der Wurzel aus reformieren. Die Meinung, daß dies in der einen oder in der anderen Form eintreten müsse, ist weitverbreitet, und zwar weil die traditionelle Wertung der Bibel und der Dogmatik mit den Ergebnissen der modernen Bibelforschung in unversöhnlichem Widerspruche zu stehen scheint. Der historische Jesus und der Christus

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der Kirche, die erweiterte Erkenntnis des Wesens und der Erscheinungen der Religion und die Ansprüche der Bibel, als Gottes Wort und Offenbarung anerkannt zu werden, verhalten sich im Lichte der modernen Durchschnittsaufklärung wie divergierende Linien. Es sind geradezu verwirrende Eindrücke, die durch die Behauptungen der sich bekämpfenden wissenschaftlichen Heerlager geweckt werden. Die Not unserer jungen Theologen, die mit unangekränkeltem Wahrheitssinn sich eine Überzeugung von der christlichen Wahrheit erarbeiten wollen, ist ein oft erschütternder Beleg dafür. Wem sollen sie folgen? Hat der Theologe Recht, der ihnen beweist, daß Jesus sich niemals für den Messias gehalten hat, oder der andere, der das einzige Selbstbewußtsein des Gottgesandten als geschichtlich unwiderlegliche Tatsache hinstellt? Ist die Auferstehung eine subjektive oder eine objektive Vision oder gar ein „weltgeschichtlicher Humbug“, oder ist sie ein Ereignis, das trotz seiner naturwissenschaftlichen Unbegreiflichkeit Tatsache ist und Tatsache bleibt? Wird mit Recht behauptet, daß Paulus der erste Gnostiker sei, der das Evangelium Jesu mit jüdischer Theologie versetzte und die Erlösung als magische Verwandlung auffaßte und die Rechtfertigung des Sünders vor Gott als einen Rechtshandel darstellte, oder ist eben dieser Paulus der Bürge für den sittlichen Charakter der christlichen Religion, der wie kein anderer die Grundanschauungen des Evangeliums in prinzipieller Schärfe erfaßt hat? Hat der alttestamentliche Forscher Recht, der den Abraham für einen semitischen Stammgott oder eine astrologische Erscheinung der den David für einen Räuberhauptmann und Tyrannen, den 119. Psalm für das „geistloseste“ Machwerk erklärt, oder darf auch der Mann der Wissenschaft Gehör verlangen, wenn er in Abraham den Träger der Verheißung, in David den begnadigten Sünder, in jenem Psalm ein erbauliches Bekenntnis zur Kraft und Herrlichkeit des Wortes Gottes erblickt? Ja, hier liegen verwirrte Verhältnisse vor, die gleicherweise die Wissenschaft und das kirchliche Leben belasten und beunruhigen. Unter diesen Umständen ist das Ringen um grundsätzliche Klärung, das die Theologie der Gegenwart beherrscht, nicht nur verständlich, sondern geboten. Wie ist sie zu gewinnen? Der radikalste Vorschlag schüttet entschlossen das Kind mit dem Bade aus: die Theologie soll Religionswissenschaft werden. Aber die Verteidiger dieser Meinung, die eine „prinzipiell unkirchliche Wissenschaft“ auf ihr Panier schreiben, haben mit ihrer Forderung bei den Theologen, die bisher das Wort ergriffen, wohl allseitig scharfe Zurückweisung erfahren. Man muß ihnen ja entgegenhalten, daß sie, die den Tatsachen Rechnung tragen wollen, die nächstliegende und wichtigste Tatsache übersehen, den Bestand der christlichen Kirche nämlich. Auch Tröltsch sagt mit Rücksicht auf diese „prinzipiell unkirchliche Wissenschaft“, welche die kirchliche Theologie den rückständigen Untermenschen überläßt: „Die Theologie muss sich wie verhöhnt vorkommen und verliert jede Basis“. Also Theologie bleibe Theologie. Aber der Stand der Forschung, eben die historischen Ergebnisse, scheinen eine neue Basis notwendig zu machen, die da

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gestattet, sich ganz frei und ohne alle Rücksicht auf traditionelle Ansprüche zu bewegen. Diese Basis soll die Religionswissenschaft liefern. Der Beweis für die Wahrheit des Christentums bleibt Aufgabe; aber er sei nicht mehr von der Schrift aus zu führen, sondern durch geschichtliche und philosophische Religionsvergleichung. Zu diesem Streit der Meinungen nehme ich Stellung, und zwar durch eine Betrachtung, die sich an der Geschichte der Theologie orientiert und die in derselben hervortretenden Probleme ins Auge faßt. Von der Betrachtung der Religion und des Christentums ausgehend, will ich zu zeigen versuchen, daß das Christentum seinem Wesen entsprechend die Kirche und die Theologie begründet und lebendig erhalten hat, und daß die Theologie als Wissenschaft vom Christentum, so lange dasselbe eine Lebensmacht bleibt, in gesunder und sachgemäßer Isolierung das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem einigen Grunde des Christentums auch als wissenschaftlich berechtigt zu behaupten vermag.

II. Religion und Theologie sind Lehnbegriffe aus der antiken Kultur. Seit Luther wird Religion wie ein deutsches Wort gebraucht, um damit den Glauben und die verschiedenartigen kirchlichen Bekenntnisse zu bezeichnen: „Unsere Religion“, „die alte Religion“, „die neue Religion“. Aber was ist Religion? Religion haben alle, sie zu definieren ist jedoch schwer. Überall, wo eine Bindung durch eine überweltliche Macht, ein geheimnisvolles Walten, der Widerspruch mit der Natur und mit dem eigenen Selbst in Kampf, Furcht und Hoffnung empfunden wird, regt sich die Religion. Sie gibt die Motive zum Handeln, sie leitet das Gewissen, sie ist Kraft und Tat. Aber sie äußert sich in der verschiedensten Weise, in Götzendienst und grausamen, abergläubischen Praktiken und in reiner Gottesverehrung. Wie also ist ihr Wesen zu bestimmen? Schleiermacher setzte dasselbe in das Gefühl der unbedingten Abhängigkeit von Gott. Hegel fand ihr Wesen im Mythischen, das auf die Stufe der Idee gehoben werden müsse. Er sah in ihr also einen zu überwindenden Durchgangspunkt auf dem Wege zur reinen intellektuellen Anschauung, ohne die Konsequenzen seiner Schüler zur Linken daraus zu ziehen. Jedenfalls nimmt die Religion ebenso das Gefühl in Anspruch, wie die Intelligenz und den Willen. Aber sie geht in keine der Funktionen auf, sondern sie leitet und erfüllt sie alle. Sie ist nicht bloß das Gefühl der Abhängigkeit, sondern auch das bewußte Wollen derselben in Ehrfurcht und Andacht. Sie ist Ergebung in Gottes Willen, sie ist das begeisterte Einsehen der ganzen Kraft für Gottes Ehre und Herrlichkeit; und dies alles ist sie durch unbedingtes Vertrauen auf den übernatürlichen Gott und seine Offenbarungen. Sie erhebt den Menschen über die Natur zu Gott.

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Wie kommen wir zu solcher Beschreibung der Religion? Aus abstrakten Erwägungen gewiß nicht. Diese führen zu Einseitigkeiten, deren Folgen verhängnisvoll werden können. Das zeigt z. B. D. F. Strauß, der als Schüler der Hegelschen Philosophie sein Leben Jesu schrieb. Er war überzeugt, ein guter Christ zu sein, wie er die evangelische Geschichte als Mythendichtung auffaßte. Er wollte dadurch eben die ideelle Wahrheit des Christentums loslösen aus den Schlingpflanzen sinnlichen Vorstellens. Daher hoffte er, daß von seinem Leben Jesu eine neue Ära des Christentums ausgehen werde, und hat die bittere Enttäuschung, die der tatsächliche Erfolg seines Wertes ihm bereitete, nie verwunden. Nein, das danken wir den Fortschritten der geschichtlichen Erkenntnis, daß wir nicht von abstrakten Erwägungen aus das Wesen der Religion zu entdecken suchen, um dann die Religionen in fertige Fächer begrifflicher Unterscheidungen einzuordnen, sondern daß wir aus der Erforschung der Religionen zu einer lebendigen Anschauung von dem Wesen der vollkommensten Religion gelangen wollen. Die Religionsgeschichte hat die Tatsache festgestellt, daß die Religion in unübersehbarer Mannigfaltigkeit der Abstufungen und Erscheinungen und doch in kundbarer Gleichmäßigkeit überall auf die Befreiung des Menschen aus der Enge und den Hemmungen seines Erdendaseins abzielt und auf die Sicherung seiner höchsten Güter geht. Sie hat weiter durch Vergleichen der Religionen die einzigartige Reinheit und Tiefe der christlichen Religion immer deutlicher erkannt. Eine sachgemäße Beschreibung des Wesens der reinen Religion ist daher nichts anderes als der Reflex der Lebensäußerungen des Christentums. Da die Religion als innere Macht das ganze Leben beherrscht, wird sie die Mutter einer Theorie über ihr Wesen, ihre Wirkungen, ihre Ausübung, also einer Theologie. Es ist ein stolzes Wort, Theologie, das Wissen von Gott und von den göttlichen Dingen. Plato (Staat II, S. 379 A) braucht es zuerst, aber nicht in jenem hohen Sinne, sondern in Bezug aus Mythendeutungen, die durch Allegorie gerade das Anstößige als Hüllen der Geheimnisse des göttlichen Wirkens auffassen. Dann werden in der hellenistischen Zeit Dichter und Philosophen, auch Orakelspender und Wahrsager Theologen genannt, insofern sie von übernatürlichen Dingen reden oder Zeugen sein wollen von übernatürlichen Wirkungen. Es sammeln sich also auch unter diese Kategorie sehr verschiedenartige Vorstellungen. Einen reinen Sinn und eine sichere Beziehung hat der Ausdruck erst durch das Christentum erhalten. Aber nicht sofort, erst seit dem vierten Jahrhundert wird es üblich, von einer christlichen Theologie zu reden, um die tiefen Geheimnisse der Religion zu bezeichnen, die Lehre von der Trinität von der Gottheit Christi. Dann wird auch die heilige Schrift einfach Theologie genannt, weil sie alle Wahrheit umfaßt; und Johannes der Evangelist erscheint als der Theologe, weil er die Gottheit Christi donnergewaltig darstelle, während die anderen Evangelien sich begnügten, das irdische Werk Jesu zu schildern. Daher gilt von der Theologie, was von der Religion gilt. Nicht an sich kann ihr Wesen bestimmt werden. Wie ihre Religion, so ist die Theologie; – sie kann Rechenschaft sein vom Glauben

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und Rechenschaft vom Aberglauben, sie kann Zauberformeln als geheimnisvolle Weisheit ausgeben und sie kann Beweise für das Dasein Gottes schmieden. Auch dies zeigt die Religionsgeschichte, daß überall, wo eine lebendige Religion sich betätigt, irgendwie eine Theologie entsteht. So ist denn für die Beurteilung unserer Frage noch nichts gesagt, wenn wir von Religion und Theologie reden. Erst da wird der Boden fest und sicher, wo das Christentum und seine Theologie uns vor Augen steht. Um das Christentum in seiner Eigenart zu würdigen, müssen wir die Religionen ins Auge fassen, die diesseits der Prähistorik liegen und die auf eine Überzeugung abzielen. Jene dumpfen Regungen des religiösen Triebe, denen man bei den sogenannten Naturvölkern nachspürt, Seelenkult, Naturbeseelung, Idolanbetung, Zauberwesen, sind zum größten Teil wissenschaftlich unfaßbar und stehen beziehungslos da. Es ist nicht mehr zu übersehen, inwieweit sie Erzeugnisse der Angst und der Selbstsucht sind, oder inwieweit in ihnen edlere Regungen, die Ehrfurcht, die Hoffnung, sich betätigen Aber auch die Kulturreligionen stufen sich ab. Es sind Religionen der Abfindungen, des Verdienens, der Hingabe an den erlösenden Gott. So bieten die polytheistischen Religionen der Antike legalisierte, mit Staatsautorität aufrecht erhaltene Abfindungen für den Selbsterhaltungstrieb durch Opfer und Leistungen, in sich selbst aber haben sie keinen Überzeugungsgehalt; auch in ihren vollendetsten Erscheinungen bleiben sie Religionen der sinnlichen Anschauung und des Kultus. Erst in der Religion des Alten Testaments offenbart sich der sittliche Monotheismus in greifbarer Gestalt. Wir dürfen überhaupt sagen, daß der Monotheismus und die Sittlichkeit sich suchen. Der Mensch, der einen Gott anbetet, hat das Bewußtsein auch von seiner Erhabenheit über die Natur und seiner Verantwortlichkeit vor Gott erlangt Es eröffnet sich ihm eine neue Welt übernatürlicher Wahrheiten, die ihm den Unterschied von gut und böse erhellen, seinem Willen sittliche Ziele stecken und seiner Hoffnung einen sittlichen Grund geben. Aber die Grundbestandteile der alttestamentlichen Frömmigkeit, der Glaube und die Gerechtigkeit, geraten in „reibenden Gegensatz“ miteinander. Die Gerechtigkeit verbildet sich zur Gesetzlichkeit, die mit Gott über Lohn und Strafe rechnet. Und im Spätjudentum überkleidet sich die Gesetzlichkeit und das nationale Selbstgefühl mit mythologischen Flittern. Der Gedanke der Erlösung kommt nicht zum reinen Ausdruck. Erlösung ist Befreiung aus Gebundenheit und Knechtschaft. Die Erlösungsreligion setzt mit der Befreiung eine neue Tatsache, sie schafft einen neuen Lebensgrund. Sie verkündet nicht Selbstbefreiung durch eigene Leistungen, sondern Befreiung durch göttliche Tat. Der Buddhismus und das Christentum sind die beiden wichtigsten Erlösungsreligionen. An ihrem Gegensatz zeigt das Christentum seine einzige Kraft und Herrlichkeit. Der Buddhismus will von dem Dasein erlösen, in dem das Leid, die Krankheit, der Tod herrschen. Daher preist er als das höchste Ziel des Menschen die Auflösung und Verflüchtigung

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ins Nichtsein, in das Nirvana. Durch asketische Selbstvernichtung lähmt er den Willen und mündet aus in müdes Traumleben, in ekstatische Selbstvergessenheit, an der das Erdendasein vorüberzieht, wie eine Fata morgana. Der Buddhismus ist die Erlösungsreligion der müden Weltverachtung, der Willenslähmung, der asketischen Abtötung. Das Christentum dagegen will die arme Seele von der Sünde erlösen. „Siehe dieser mein Sohn war tot und ist lebendig geworden, er war verloren und ist gefunden worden“ (Luk. 15, 24.32). Es bringt den Menschen zur Einsicht in seine Schuld, in seine Verantwortlichkeit für alles Schlechte und Unreine, das in ihm lebt, und es bietet ihm in der Gemeinschaft mit Christus die göttliche Gnade und die Kraft zur Erneuerung dar. So entbindet es in dem Sünder, der Buße tut, den Willen zum Glauben mit der sittlichen Energie. Der Glaube ergreift die Botschaft vom Heil. Die Gewißheit, daß Gott uns gnädig ist, daß er als der Vater uns, seine Kinder, liebt, daß er uns das Leben geschenkt hat, welches den Tod überwindet, erfüllt das Herz mit Dankbarkeit. Die Dankbarkeit wird die Triebkraft zu einer neuen, auf den Glauben gegründeten Sittlichkeit. Der Christ weiß sich von seinem niederen Selbst befreit, so gewiß er an Christus festhält. Darum erfährt er Christus als den Heiland. Die Sünde hatte ihn von Gott getrennt, er fürchtete sich vor Gott. Christus offenbart ihm die Liebe, welche die Furcht aufhebt und eignet ihm diese Liebe zu. So ist die durch die Schuld des Menschen herbeigeführte Trennung von Gott durch Christus aufgehoben. Der Sünder versöhnt sich mit Gott, indem er der entgegenkommenden Liebe Gottes sich öffnet. Darum ist er erlöst, d. h. durch Gott frei geworden für Gott, damit er als neue Kreatur Früchte des Geistes zeitige. Das Christentum ist die Erlösungsreligion des Versöhnten, des Dankbaren, die Religion der Charakterbildung und der sittlichen Persönlichkeit. Es schafft den neuen Menschen. Alles ist neu geworden in Christo Jesu. Es entspricht dem Gehalt des Christentums, daß es zur Bildung einer Glaubensgemeinschaft von Bekennern und zu einer Wissenschaft für seine Pflege und Erhaltung die zwingenden Anstöße gab. Eben weil es seinem Wesen nach weder hieratisch noch repräsentativ ist, sondern auf die Erneuerung des ganzen Menschen nach Geist, Herz und Willen abzielt, bleibt ihm nichts Menschliches fremd, es beansprucht vielmehr dem Höchsten und Reinsten, was der Mensch besitzt, Halt, Ausdruck und Verklärung zu geben. Die Kirche ist ihrem Wesen nach die Gemeinschaft des Bekenntnisses und der Liebe, in der die Gläubigen ihren Herrn wiederfinden und verehren. Die Triebkraft für ihre Bildung ist die Liebe Jesu zu den Verlorenen, durch welche in den begnadigten Sündern die Freudigkeit der Gotteskindschaft und die Bruderliebe erweckt wird. Die Theologie ist die Hüterin des Wahrheitsbesitzes der Kirche. So gewiß der Gläubige bekennt: „Ich weiß, an wen ich glaube“, wird das Bedürfnis geweckt, Rechenschaft zu geben von der Wahrheit und Kraft dieses Glaubens und ihn nach seiner Allgenugsamkeit und seiner Überlegenheit über alle geistigen und irdischen Ansprüche zu behaupten.

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Die Kirche und die Theologie sind miteinander entstanden. Der Apostel Paulus, der erfolgreichste unter den Gemeindegründern der apostolischen Zeit, war auch der erste Theologe. Und so sind sie immerdar miteinander verbunden geblieben. Die Kirche hat der Theologie die Aufgaben gestellt, die Theologie hat der Kirche ihr religiöses Leben gesichert und sie über die neuen Aufgaben ins Klare gesetzt, welche neue Zeiten und neue Verhältnisse ihr stellten. Die Kirche erhält der Theologie das Bewußtsein von ihrer positiven Abzweckung, die Theologie verbürgt der Kirche ihren Platz in der Kultur und dem Geistesleben der Welt, in der sie sich organisiert hat. Denn allerdings, die Kirche hat sich in dieser Welt zu behaupten, im Staat, in der Gesellschaft. Ihr Wesen geht nicht in soziale Pflichten aus, aber sie sammelt und läutert die Kräfte für die soziale Gesundung. Sie ist nicht ein geistlicher Staat im weltlichen Staate, der um die Macht kämpft, sondern sie pflegt die Gesinnung, welche den Kampf um die Macht sittlich erträglich machen soll. Wenn sie sich treu bleibt, ist sie eine Glaubensgemeinschaft, von der aus Licht und Lauterkeit in alle irdischen Verhältnisse eingeht. Deshalb trachtet sie danach, sich als die feste, ständige, zuverlässige, sachlich in Gottes Wort sich gründende Trägerin der Offenbarung zu erweisen. Sie bedarf der Autorität. In diesem Bestreben liegen jedoch Gefahren. Wie dem Herrn in der Wüste der Versucher nahe war und ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Herrlichkeit zeigte, so steht auch bei der Kirche der Versucher überall da, wo sie mit weltlichen Dingen in Berührung kommt. Sie soll sich als geheiligte Autorität bewähren. Wird sie das immer dem Wesen des Christentums entsprechend tun? Und die Theologie? Wie hütet sie den Wahrheitsbesitz in rechter Weise, auf den die Kirche ihre Autorität gründet? Sie ist Wissenschaft und arbeitet mit eben den Mitteln, welche die wissenschaftliche Arbeit legitimieren. So hat sie zu zerstören und hat zu bauen. Das kann sie in der rechten Weise nur tun, wenn sie keine höhere Autorität kennt, als die Wahrheit. Was sich als Irrtum erweist, und sei es auch mit dem Heiligenschein umkleidet, muß sie als Irrtum bezeichnen. An sich ist sie ebenso „voraussetzungslos“ und voraussetzungsvoll, wie jede andere Wissenschaft, die positive Aufgaben hat und grundsätzliche Fragen behandeln muß. In diesen Arbeitsbedingungen liegen für sie die Versuchungen und die Keime zu Konflikten. Wird sie unter dem Eindruck entgegengesetzter Weltanschauungen an ihrer positiven Aufgabe irre, die von ihr fordert, mit Rücksicht auf die kirchlichen Bedürfnisse alles zu prüfen, um das Probehaltige zu erhalten, will sie ohne Rücksicht auf die Kirche Wissenschaft sein mit dem Leitwort: de omnibus dubitandum, stets der neuesten Hypothese zufallend, so büßt sie das Verständnis ein für die Lebensbedingungen der Religion, wie sie eben in der Kirche sich geltend machen. Andererseits aber verlangt das Altgeheiligte Rücksicht, die fromme Gewöhnung verlangt Schonung. Wie versuchlich ist es da, halbherzige Kompromisse zu schließen, mit Scheingründen ausgelebte Autoritäten zu verteidigen, der Sophist, der Advokat, der Diplomat der Kirche zu

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werden, nicht aber als der ehrliche Warner und der sachliche Helfer in Unruhe zu setzen, was doch so still und ruhig zu hausen schien oder so gewinnbringend war. Gewiß, die Theologie und die Kirche stehen und wirken in dieser Welt, und die Sünden und Versuchungen dieser Welt dringen auch auf sie ein. Wie oft ward das Weltliche für das Geistliche ausgegeben und sind falsche oder hohle Autoritäten aufgerichtet worden. Und die Folge? Ich möchte mit einer Parabel antworten, die ich einem germanistischen Freunde verdanke. Ein König hatte einen unvergleichlich schönen Diamanten zum Geschenke erhalten, dessen Behütung er zwei Riesen anvertraute. Sie bargen den Edelstein in einem festen Gelaß und verriegelten die Türe und stellten sich vor den Eingang mit mächtigen Keulen, und wenn jemand herankam, um an dem Glanze des Steines sich zu freuen, oder einer, der an seinem Werte zweifelte, dann schlugen sie ihn zu Boden. Da kam nach langer Frist der König, um seinen einzigen Schatz zu besehen. Mit Selbstgefühl, im Bewußtsein ihrer kräftigen Hut, gingen die Wächter ihm entgegen. Die Riegel klirrten, die Pforte sprang auf – und siehe da, der leuchtende Edelstein war verschwunden. Wo war er geblieben? Die einen meinten, es sei kein Diamant, sondern ein Eisklumpen gewesen, der im Laufe der Zeit in die Erde versickerte, die andern waren des gewiß, daß der Herr aller Könige den Schatz anderen anvertraut hätte; denn nicht um verborgen zu bleiben war diesem die einzige Leuchtkraft verliehen. Doch wenden wir uns zu den Tatsachen Die Entwickelung der Theologie, die sie als kirchliche Wissenschaft durchlebt hat, entrollt eine Geschichte von mächtigen Geistestaten; sie ist nicht zum kleinen Teile eine Geschichte der Wissenschaft überhaupt. Als die alte Kirche in Wettbewerb trat mit der antiken Kultur, hat ihre Theologie mit magnetischer Kraft alles Wahlverwandte an sich gezogen, ohne sich selbst zu verlieren. Auf gesunderer Erkenntnis des Menschenwesens sich gründend, stellte sie der antiken Philosophie, der köstlichsten Blüte des griechischen Geistes, eine neue Wissenschaft von göttlichen und menschlichen Dingen gegenüber. Vergleichen wir die blutreiche, lebensfrische christliche Literatur mit der gleichzeitigen außerchristlichen, so zeigt sie sich ihr durchaus überlegen. Nicht durch willkürliche „Isolierung“ bringt sie die Anerkennung des Christentums als Weisheit von Gott zur Geltung. Nicht durch „künstliche Apologetik“ wehrt sie die Angriffe ab. Sie ist nicht mit den Ergebnissen fertig, ehe sie den Beweis antritt, sondern sie erhärtet, daß das Christentum selbst die Bürgschaften seine Zuverlässigkeit liefere durch seinen Wahrheitsgehalt und durch seine Lebenslehre. Sie bezeugt ihre Kraft nicht nur in Abwehr und Angriff, sondern vor allem im Aufbau. So ward sie im Altertum die Erbin der griechischen Philosophie, insoweit dieselbe Gott suchte. Sie entfaltete sich im Mittelalter zu einem Universalwissen, das Göttliches und Menschliches durcheinander mengte in sicherem Herrscherbewußtsein. Dann kam die Reformation,

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der Protest des christlichen Gewissens gegen die traditionell festgelegte und ausgewucherte Autorität. Sie entdeckte von neuem die echten Grundlagen des Christentums in der heiligen Schrift und gab aller wissenschaftlichen Bewegung ihre Freiheit zurück. Durch die Reformation gewinnt die Theologie ihren eigentlichen Schwerpunkt wieder; sie wird die Wissenschaft vom Christentum, die nun im Kreise der übrigen Wissenschaften ihren Platz sich sichert. Und als dann durch fortschreitende Erkenntnis der Natur das antike Weltbild zerbrach, hat sich die Theologie behauptet durch den Aufweis der Tatsache, daß die Religion im Geistesleben des Menschen ihr eigenes und selbständiges Gebiet besitzt, in welchem die unableitbaren Quellen der geistigen Wachskraft und Selbstbehauptung entspringen Daher ist die Theologie nicht Philosophie, aber sie kann auch nicht durch philosophische Spekulationen ersetzt werden. Sie diktiert nicht den Naturwissenschaften ihre Ergebnisse, sondern sie beweist, daß der Mensch nicht begriffen werden kann, wenn man ihn allein als das vollkommenste Naturerzeugnis, als das derzeitig am höchsten entwickelte Säugetier auffaßt. Sie betrachtet nicht mehr die Fortschritte der mit ihr arbeitenden Wissenschaften in der Erkenntnis der Natur und des Geistes als Einbuße am eigenen Besitz, sondern sie freut sich derselben; denn sie verschmäht Grenzüberschreitungen, aber sie verlangt für ihre Arbeit die gleiche Anerkennung. Es ist ein langer Weg mit vielen Stationen, mit manchen Irrwegen und Umwegen, mit schweren Hemmungen, den wir in andeutenden Strichen vergegenwärtigt haben. Heiße Geisteskämpfe sind seine Signatur. Alte Formen zerbrechen, immer neue Probleme erwuchsen, neue Aufgaben erstanden. Aber in unversiegbarer Lebenskraft behauptete sich bei allen Wandelungen das Christentum, gewiß in erster Linie durch die Kraft, der armen Seele Freiheit und Frieden zu geben, aber zugleich durch die Wahrheitsliebe der Theologie. Dieselbe hat sich überall da bewährt, wo die Not am größesten war, das will sagen, wo die Versuchung an sie trat, mit der Religion entwertete Autoritäten zu decken oder im Namen der Religion die Hände nach fremdem Besitze auszustrecken. Kraft dieser Wahrheitsliebe stellte die Reformation die Schrift wider die Tradition, in dieser Wahrheitsliebe ward das antike Weltbild preisgegeben, als der Wahn zerstört wurde, daß die Theologie nicht auch Naturwissenschaft sei. Zwei Gleichungen waren es, welche die härtesten Kämpfe in der Entwickelung der Theologie seit der Reformation herbeigeführt haben, beide einst berechtigt, so lange nämlich dem Stande der allgemeinen Einsicht gemäß ihre Voraussetzungen allgemein anerkannt wurden, beide hemmend, quälend, verhängnisvoll, als diese Voraussetzungen sich als unzutreffend erwiesen hatten. Die erste war die Gleichsetzung der Theologie mit dem Welterkennen, durch welche auch ein bestimmtes Weltbild mit religiöser Autorität umkleidet wurde, die zweite die Gleichsetzung von heiliger Schrift und Wort Gottes, durch welche der geschichtliche Charakter der Bibel verschleiert wurde.

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Was bedeutete das antike Weltbild? Die Erde galt als der Mittelpunkt der Schöpfung. Um sie bewegte sich die Sonne und die Welt der Sterne, über der sich der Himmel wölbte; und der Himmel öffnete sich, damit die überirdischen Kräfte sich herabsenkten zu den Geschöpfen der Erde. Überall offenbarte sich so die überirdische Welt in harmloser Durchmischung mit der irdischen, durch Zeichen und Wunder in der Natur, durch Mantik und sonstigen Zauber. Dachte man sich’s mehr geistig oder mehr materiell, wie der Himmel mit der Erde verkehrte, im Hintergrunde stand die gleiche Anschauung und bestimmte die religiöse Vorstellungswelt. Nur einer hat sich mit reiner Sicherheit darüber erhoben. Jesus hat niemals das Übernatürliche in der Natur und ihren Erscheinungen gesucht, so mächtig auch sein Geist auf die Natur zu wirken vermochte. Das Reich Gottes wird nicht geschaut mit dem Auge, das sich auf die Welt der Erscheinungen richtet (Luk. 17, 20 f.). Das antike Weltbild ward durch die Kirche sanktioniert und durch die Theologie vertheidigt Die Theologie war also nicht so enthaltsam geblieben, wie Sokrates, der von den Geheimnissen der Sternenwelt sagte, die Götter hätten sie den Menschen verborgen. Da kam die Zeit, wo der Schleier von diesen Geheimnissen sich lüftete. Der altgeheiligte Vorstellungskreis erwies sich als irrtümlich. Was das dem Frommen bedeutete, hat niemand so einschneidend durchlebt, als der Mann, der am meisten durch seine geniale und durchschlagende Arbeit dazu beitrug, eine bessere Einsicht durchzusehen, Johannes Kepler. Er erlebte in sich die große Revolution, in der die neue Wissenschaft von dem alten Glauben sich trennte, und zeigt zugleich, wie der alte und doch ewig neue Glaube der neuen Wissenschaft die Hand bietet. „Mein höchster Wunsch ist hier auf Erden, den Gott, den in der Welt ich fand, auch in mir selbst gewahr zu werden“, das ist sein Bekenntnis. Und er hat es verwirklicht, wie er denn auch zu seinem Leichentext den Spruch bestimmte: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren!“ In seinem Hauptwerk, den fünf Büchern von der Weltharmonie, gibt er Zeugnis von seinen inneren Kämpfen und Siegen, die zu einer klaren Scheidung und zu einer erneuten Einheit des frommen Glaubens mit dem besseren Wissen führte. Er vergleicht seine Entdeckungen mit dem Raube der goldenen Gefäße der Ägypter, welche die Israeliten sich aneigneten; er schmückt damit den Tempel Gottes, dessen Herrlichkeit er in den von ihm entschleierten Geheimnissen der Sternenbewegung mit gesteigerter Inbrunst verehrte. Gott gab ihm die Klarheit; um den Beifall der Menschen kümmert er sich nicht. „Ich werfe den Würfel und schreibe das Buch. Ob die Zeitgenossen es lesen oder die Epigonen, was liegt daran. Es erwartet seinen Leser hundert Jahre hindurch, da Gott selber durch sechs Jahrtausende aus den Betrachten, der seine Himmelswelt erkundete, geharrt hat.“ In diesem frommen Selbstgefühl beschließt er sein Wert mit dem Gebet: „Lobe auch du meine Seele den Herrn, deinen Schöpfer, so lange ich leben werde; denn von ihm und durch ihn ist alles, sowohl das Sinnliche wie auch das Vernünftige, sowohl das, was wir durchaus nicht wissen, wie das was

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wir wissen, den kleinsten Teil von jenem, weil es noch Unerreichbares gibt. Ihm sei Lob, Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“ Auch die zweite Gleichung erwies sich als unrichtig, die Gleichsetzung von Schrift und Wort Gottes. In der Not der Selbstbehauptung gegen die Angriffe des Katholizismus auf das evangelische Schriftprinzip hatte, wie gesagt, die protestantische Theologie den Wall des Inspirationsdogmas in neuer Weise um die Schrift gelegt. Das Buch der Bücher wurde dadurch grundsätzlich aus seinem geschichtlichen Zusammenhange ausgesondert. Widerspruchsfrei, klar, allzureichend seinem Gesamtinhalte nach sollte es auch nach seinem ganzen Umfange Autorität sein und bleiben. Und doch trat in immer zwingenderen Tatsachen die geschichtliche Bedingtheit auch der biblischen Schriften ans Licht. Mit der Reformation war die historische Kritik erwacht. Sie gewann immer festere Formen und immer einwandsfreiere Ergebnisse. Schon Luther und Calvin mit den anderen Reformatoren hatten gleich der alten Kirche Unterschiede in der Wertung der einzelnen Bestandteile der Bibel gemacht. Der Pietismus in seinem Kampfe mit der entleerten Orthodoxie, der Deismus in oft dünkelhafter Abneigung gegen das Christentum, der Nationalismus in seinem Bemühen um einen Vernunftglauben hatten der geschichtlichen Kritik die Wege gebahnt. Sie erhielt klare Zielpunkte und sichere Methoden durch die Einsicht in das Wesen der Geschichte, wie sie seit dem Ausgange des achtzehnten Jahrhunderts allmählich erarbeitet worden ist. Damit erstand auf neuer Basis die Frage nach der Autorität der Bibel auch in der Theologie. In immer neuen Ansätzen bemüht man sich um Grundsätze der Schriftauslegung, welche der geschichtlichen Bedingtheit der Bibel gerecht werden und doch ihren Charakter als Urkunde der vollendeten Gottesoffenbarung behaupten. Denn dies blieb die selbstverständliche Voraussetzung, daß die Schrift die einzige Quelle und Norm ist für alle christliche Erkenntnis. Dies galt einspruchsfrei als der Grundsatz, mit dem die Kirche steht und fällt, und ohne den die Theologie aufhört, christliche Theologie zu sein. Auch hier liefert die Geschichte der Theologie die Belege. Ist nicht die Schriftauslegung allezeit die Rüstkammer gewesen, aus der die Waffen geholt wurden zum Wahrheitsbeweis des Christentums? Die wissenschaftliche Arbeit der Kirchenväter wurzelt in ihrer Schriftauslegung und beglaubigt sich durch dieselbe. Die Dogmengeschichte, wenn sie dem Prozeß der Dogmenbildung nicht einseitig nachgeht, muß mit der Geschichte der Schriftauslegung sich verbinden, sonst faßt sie die Probleme nicht an der Stelle, von der aus sie ihre Richtung erhalten, und erweckt den falschen Schein, als wäre die Geschichte der Dogmenbildung eine Art von unterwertiger Geschichte der Philosophie. Auch in der Theologie des Mittelalters bleibt trotz aller Überschattung durch die hieratische Tradition die Schrift das Buch für die Entscheidungen, das die kirchliche Autorität wenigstens grundsätzlich respektieren will. Und die Theologie der Reformation, sie

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ist biblische Theologie. Darum wird in der Theologie die Bibelwissenschaft in selbständigen Disziplinen gepflegt. Sie trägt der Tatsache Rechnung, daß das Christentum nur dann Christentum bleibt, wenn es im Einklange mit der Schriftwahrheit sich erhält und aus der Schrift die Wahrheit schöpft zur Seligkeit. Denn die Schrift enthält das letzte Wort Gottes von dem Heil und der Erlösung. Aber besteht diese Wertung der Schrift wirklich mit der Anerkennung ihrer geschichtlichen Bedingtheit? Fordert nicht vielmehr die Anerkennung derselben in ihren Konsequenzen, auch für die Theologie einen neuen Grund zu legen? Diese Fragen sind in der Gegenwart unter dem Eindrucke der Fortschritte der Religionswissenschaft ausgeworfen und bejaht worden. Es wird der Vorschlag gemacht, an die Stelle der Schrift als der maßgebenden Erkenntnisquelle für das Wesen des Christentums ein neues zu setzen, nämlich die Darstellung der Gesamterscheinung des Christentums mit Rücksicht auf seine Stellung zu den anderen Religionen. Von da aus soll sich eine bessere Einsicht in das Wesen der Religion, eine reichere Erkenntnis von der Eigenart des Christentums und eine sichere Ausscheidung alles Veralteten ergeben. Das sind große Verheißungen. Die vorausgehenden Erwägungen haben gezeigt, warum dieselben den Ansprüchen, welche vom Christentum aus an die Theologie gerichtet werden müssen, nicht gerecht werden können. Daß sie aber in der Tat nicht auf festen Boden, sondern auf Treibsand führen, beweisen am besten die Versuche, dem Postulat jener grundsätzlichen Umformung der Theologie die Wege zur praktischen Verwirklichung zu bahnen. Es gilt dies sowohl von den methodologischen, wie von den grundsätzlichen Erörterungen in dieser Richtung. Der jetzige Bestand der theologischen Wissenschaft scheidet die einzelnen Disziplinen, die den Gesamtgehalt des Christentums geschichtlich und normativ herausarbeiten, mit Rücksicht auf das Wesen dieser Religion und auf die Bedürfnisse des christlichen Lebens. Die geschichtliche und sachliche Grundlegung für das Ganze liefern die biblischen Disziplinen, welche mit der Ursprungsliteratur sich beschäftigen. Die geschichtliche Grundlegung für die normativen Disziplinen liefert die Dogmengeschichte. Diese Aussonderung, so wird nun behauptet, sei wissenschaftlich nicht aufrecht zu erhalten. Die biblischen Schriften seien in Gemeinschaft mit der übrigen Literatur des Urchristentums zu bearbeiten. Die biblische Theologie habe Religionsgeschichte zu werden. Die Schriftauslegung in dem üblichen Umfange sei zu beseitigen. Die Dogmengeschichte sei umzuformen und mitzuarbeiten in eine Kulturgeschichte des Christentums. Was würde durch solche nivellierende Auflösung und Rückbildung der jetzt für sich behandelten Disziplinen in allgemeine, alle Unterschiede der Wertungen grundsätzlich ablehnende Entwickelungsbilder erreicht? Soviel ich sehe, nichts anderes als eine Verwischung der scharfen und markanten Züge der Eigenart und auch der Entwickelung des Christentums. Die verschiedenen Richtungen,

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in denen dasselbe sich entfaltet, kämen zu keiner klaren Scheidung und Erfassung, ihre Beziehung auf die Bedürfnisse des christlichen Lebens der Gegenwart würde ihnen genommen. Dazu kommt ein weiteres Bedenken. Gewiß ist es richtig, daß auch die alttestamentliche Religion und das Christentum nur im Zusammenhange ihrer Ursprungszeit richtig und voll verstanden werden kann. Wir danken, wie ich immer wieder betonen möchte, eben der historisch-kritischen Arbeit die wertvollsten Erweiterungen und die kräftigsten Belebungen der Erkenntnis. Wenn ich mich aber bemüht habe, hierfür mitzuarbeiten, indem ich den Beziehungen des Urchristentums mit der antiken Kultur nachging, habe ich mich nicht wissenschaftlich beengt gefühlt durch die Überzeugung, daß die neutestamentlichen Schriften eine Sonderstellung und Sonderbearbeitung beanspruchen, auch wenn man nicht behauptet, daß sie vom Himmel gefallene Bücher seien. Gewiß, die Zeit, in der sie entstanden, ist auch ihr Kommentar. Die Literatur des Spätjudentums der nachapostolischen Zeit und all’ die Denkmäler, die sonst etwas dazu beitragen, die geschichtlichen Beziehungen dieser Schriften aufzuklären, sind daher heranzuziehen, um sie in ihrem geschichtlichen Zusammenhange zu verstehen. Aber deshalb sind sie jener Literatur noch nicht gleichwertig. Im Gegenteil, gerade durch den Vergleich mit den verwandten Erscheinungen tritt der spezifische Wert der neutestamentlichen Schriften in helleres Licht. Man wird ihnen nicht gerecht, wenn man sie hineinwirft in den trüben, seichten Strom der spätjüdischen und der apokryphischen Literatur verwandten Charakters. Von sich aus können sie erst sowohl nach ihrem inneren Wert, wie nach ihren geschichtlichen Verknüpfungen sachgemäß verstanden werden. Diesen nivellierenden methodologischen Ratschlägen gibt die Forderung die entsprechende Ergänzung, nicht mehr die christliche Ursprungsliteratur zum Zweck und Ausgangspunkt des theologischen Wissenschaftsbetriebs zu machen, sondern ein Bild von der „Gesamterscheinung des Christentums mit Rücksicht auf seine Stellung zu den andern Religionen.“ Was ist damit gewonnen? Tröltsch antwortet: Auf diese Weise wird erkannt, daß das Christentum eine „Sonderart“ der Religion ist, die zu den andern Religionen im Verhältnisse der Abstufung stehe. Gewiß ist dies nicht zu bezweifeln. Aber folgt daraus, daß in dieser Religion nicht eine in sich abgeschlossene Erscheinung vorliege, die als Grundlage des Bekenntnisses auch von der Wissenschaft anerkannt werden könnte? Und wenn dies folgte, wie komme ich denn auf jene festen Normen, die mir Lebenswahrheiten darbieten? Denn das erwartet jeder Fromme von seiner Religion. Tröltsch antwortet: „Durch den Vergleich mit anderen Religionen und durch innere Durcharbeitung der hypothetisch nachempfundenen Werte“ ist der wissenschaftliche Beweis zu erbringen, daß das Christentum den ersten Platz unter den Erlösungsreligionen behaupte. Wie das? Ein hypothetisches Nachempfinden fremder Werte ist eine schwierige Sache. Was bedeutet es, die lebendigen Wahrheiten, durch welche eine Religion wirksam ist, ihrem Wesen

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entsprechend zu erfassen? Ein Handbuch der Religionsgeschichte genügt hier doch wohl nicht. Das Studieren nur einer der großen Kulturreligionen ist Aufgabe eines Menschenlebens. Aber gelingt es mir wirklich, sachgemäß heute die Frömmigkeit des Muhammedaners, morgen die des Schülers von Buddha oder von Zoroaster nachzuempfinden, so wird der Erfolg solcher mühevollen Seelenwanderung schwerlich ein anderer sein, als die Weisheit jenes Schillerschen Epigrammes: „Welche Religion ich bekenne? Keine von allen, die du mir nennst. Und warum keine? Aus Religion.“ Denn die Voraussetzung solchen „hypothetischen Nachempfindens“ ist die Erkenntnis des „Relativismus“ aller geschichtlichen Erscheinungen. „Nämlich es ist mit keiner strengen Sicherheit zu beweisen, daß das Christentum der letzte Höhepunkt bleiben müsse, und daß jede Überbietung ausgeschlossen ist.“ Überhaupt, „die erste individuell historische Form des Christentums“ – also das Christentum, wie wir es aus dem Neuen Testamente ermitteln – ist nicht die endgültige, sondern als Ausgangspunkt immer neuer historisch-individueller Formen zu betrachten.“ Also, wenn dies das letzte Ergebnis der religionsgeschichtlichen Betrachtung ist, die uns von der „ausgelebten, künstlich galvanisierten“ Theologie befreien will, so stehe ich dem Christentum gegenüber als einem in stetem Flusse befindlichen Geschiebe, in dem ich einen festen Punkt vergeblich suche. Der Religionsstifter mag noch so sehr gepriesen werden. Als individuell und zeitlich beschränkte Erscheinung hört er auf, der Erlöser zu sein. Er ist der erste in der langen Reihe derer, denen er den Weg gewiesen hat, des Paulus, Johannes, Irenäus, Origenes, Augustin, Thomas von Aquino, Luther, Schleiermacher. An die Stelle der Erlösung durch Jesu Wert und Person tritt dann für den religiösen Menschen, der sich aus der Religionsgeschichte die Einsicht in die Bedeutung des Christentums holt, die Selbsterlösung. Damit ist die Tür von neuem geöffnet für die idealistische Illusion der antiken Kultur von der sittlichen Leistungsfähigkeit des Menschen. Und die Kirche? Was soll sie predigen unter Anleitung der religionsgeschichtlichen Betrachtung? Wie ist die Sünde, die Gnade, die Offenbarung Gottes in Christo zu beurteilen? Und wie steht es endlich mit dem angestrebten religionsgeschichtlichen Erweise der „Höchstgeltung des Christentums?“ Gewiß, es ist ganz richtig, durch die geschichtliche Forschung allein ist er nicht zu erbringen. Von sich aus kommt dieselbe nicht auf unbedingte Werte. Sie erkennt Höhepunkte. Es gibt Entdeckungen, die für alle Zeit maßgebend bleiben, wie die des Copernikus oder des Newton. Es gibt Helden, die nicht aufhören vorbildlich zu sein, wie Sokrates. Aber die historische Betrachtung entscheidet darüber nicht. Hier setzt ein neuer Faktor ein, auf dem Gebiete der Wissenschaft die zwingende Evidenz der entdeckten Tatsache für die Einsicht, auf dem Gebiete der Religion das innere Erleben von der Wahrheit, die in dem geschichtlichen Verlauf hervortritt. Diesem Sachverhalt wird Tröltsch nicht gerecht. Er biegt hier aus mit der Bemerkung, daß ein solches naives Verabsolutieren geschichtlicher Größen und

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Eindrücke nun einmal menschlich sei. Aber es bleibt dann doch eine Unterstufe. Was von dem schlichten Empfinden ins Absolute gehoben wird, das erkenne die Wissenschaft als individuell beschränkte historische Erscheinung. So eröffnet die neue Fundamentierung der Theologie auf die Religionsvergleichung den Ausblick auf die alte ethnisch-aristokratische Unterscheidung des Gnostizismus: hüben die Psychiker, drüben die Pneumatiker, die allein im Lichte wandeln. Und doch will auch Tröltsch daran festhalten, daß „einen anderen Grund niemand legen kann, als der da gelegt ist, nämlich Jesus Christus“. Sollte er da nicht doch den Schritt von der naiven Verabsolutierung zum bewußten Bekenntnis wagen? Die Schrift enthält für den Christen den Selbstbeweis ihres unüberbietbaren Wahrheitsgehalts. Was von Jesus geschrieben ist, das ist auch heute noch Leben. Und wo eine Religion, wie das Christentum, durchbricht, da bildet sie den normgebenden Höhepunkt und die unversiegbare Quelle für alles, was sie bewirkt. Auch diese Erkenntnis ist geschichtlich begründet. Das ursprüngliche Christentum ist in seiner Entwickelung in die verschiedenartigsten Verbindungen eingegangen und doch schließlich immerdar sich selbst gleich geblieben. Der Kern bleibt keimkräftig; die Schalen werden abgestoßen, wenn die Zeit dazu reif ist. Der Weg, den der Stifter des Christentums gewiesen hat, führt allewege und allezeit eben zu ihm selbst zurück: „So jemand will Gottes Willen tun, der wird des inne werden, ob meine Lehre von Gott sei, oder ob ich von mir selbst rede“ (Joh. 7, 17). Nicht die vergleichende Religionsgeschichte ist das gewiesene Fundament für den Aufbau der Theologie, sondern die Erkenntnis, daß im Neuen Testament nicht nur der geschichtliche Jesus und seine Schüler, sondern Gott durch seinen Sohn zu den Menschen redet, die da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Vom Christentum aus, wie es in seinen klassischen Urkunden vorliegt, gelangen wir zur sachgemäßen Wertung der anderen Religionen, nicht umgekehrt von der Religionsvergleichung zur sachgemäßen Wertung des Christentums, so gewiß das Christentum auch für den wissenschaftlichen Theologen die Religion ist, in der er lebt. Ich könnte schließen. Jedoch der Ernst der Zeit fordert noch ein Wort. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß zwischen der „Bildung der Zeit“ und zwischen dem kirchlichen Christentum eine Kluft sich geöffnet hat, die durch offizielle Beachtung der kirchlichen Bräuche nicht überbrückt wird. Aber die „Bildung der Zeit“ ist allmählich auch zu der Einsicht gekommen, daß die Religion eine Macht ist. Sie hat erkannt, daß es ein großer Irrtum war, wenn die Religion nach ihrem Verhältnisse zur Wissenschaft beurteilt wurde nach Maßgabe des Verhältnisses von Mistel und Fruchtbaum. Die Religion erscheint nicht mehr als illusionäre Schmarotzerpflanze, sondern als Grundkraft. Aber zugleich mit dem Erwachen dieser Einsicht, die mächtig gefördert ward durch die geschichtliche Forschung, wächst das Mißtrauen gegen die Theologie. Sie sei eben traditionell gebunden. Es ist symptomatisch, wie eine verbreitete und beachtete Zeitschrift,

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der Kunstwart den Theologen das Recht zu gleichwertiger wissenschaftlicher Mitarbeit aberkennt, um die Religionsforscher zu erheben. Der Wahrheitssinn der Theologen sei wurmstichig. Sie bewegten sich gewohnheitsmäßig in einer Diplomatensprache, die zugleich andeutet und verhüllt, aalglatt sich durch die Schwierigkeiten hindurchwindend, ohne sie scharf anzupacken. Ist dem so? In jeder Wissenschaft führen Berufene und Unberufene das Wort, und die letzteren pflegen sich am bemerklichsten zu machen. Es mag auch theologische Diplomaten geben, ebenso wie es theologische Geschäftsmänner gibt. Aber solche allgemeine Verdächtigung der theologischen Forscherehrlichkeit darf mit Fug und Recht zurückgewiesen werden. Sie ist durch eine recht oberflächliche Abschätzung der Schwierigkeiten veranlaßt, die in den Problemen der theologischen Wissenschaft liegen. Zwei Momente kommen hier vor allem in Betracht. Das erste. Die Theologie hat es nicht allein mit der Geschichte, sondern auch mit dem Leben der Religion zu tun. Der Gebildete, der religiöses Interesse besitzt und in der erfreulichen Lage ist, des Daseins Mühen und Sorgen sanft an sich vorüberziehen zu sehen, macht sich unschwer eine salonfähige Religion zurecht auf Grund einer meist sehr eklektischen Kritik und meint dann, die wahre Religion entdeckt zu haben. Der schlichte Fromme wiederum steht auf seiner Erfahrung und kümmert sich nicht um die Geschichte seiner Religion. Auch er ist tatsächlich ein Eklektiker. Der Theologe aber hat die Aufgabe, der Tatsache gerecht zu werden, daß das Christentum zugleich Geschichte und Bekenntnis ist. Das ist das Problem, das nimmer zur Ruhe kommt und die innere Bewegung in der Theologie erhält. Zinzendorf hat einmal von der Heilswahrheit gesagt: „Es ist ein wunderbares Ding. Erst scheint’s dem Kinde zu gering, und dann zerglaubt der Mann sich dran und stirbt wohl, eh’ er’s glauben kann.“ Von jenem Grundproblem dürfen wir sagen: wir Theologen zerdenken uns daran; denn dieses Problem ist unausweichlich. Die Geschichte fordert ihr Recht, ebenso wie das Heilsbedürfnis das seine. Und das andere. Alle Geschichte religiösen Charakters enthält zwei Elemente, Tatsachen und Deutung der Tatsachen als Kundgebungen Gottes. Durch diese Deutung wird die Geschichte nicht gefälscht, sondern nach ihrer Eigenart erkannt. Nicht der historische Verlauf an sich, sondern die Art, wie Gottes Walten in ihm wahrgenommen wird, kennzeichnet diese Geschichtsbetrachtung. Als Kaiser Wilhelm von dem erschütternden Erfolge von Sedan seiner Gemahlin Nachricht gab, schrieb er: „Welch’ eine Wendung durch Gottes Fügung.“ Das ist Geschichtsdeutung, die der ungeheuren Tatsache gerecht wird, nicht Geschichtsfälschung. So haben die Psalmen die Geschichte Israels gedeutet, so hat Jesus die alttestamentliche Prophetie gedeutet, und so haben die Apostel die Erscheinung und das Werk Jesu gedeutet: Gottestaten in der Geschichte. Die Tatsachen und die Wahrheiten, die in der Geschichte hervortreten, sind der zureichende Grund für solche Deutungen. Der eigentümliche Charakter der Ge-

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schichte Israels und des Urchristentums wird daher nicht richtig gewürdigt, wenn man sich dabei beruhigt, eine hypothetische Gesamtanschauung von den natürlichen Bedingungen ihrer Entwickelung zu geben, sondern es gilt, in denselben die eigentümlichen religiösen Kräfte zu erfassen, vermöge deren Gott zu den Menschen redet. Die „natürliche Geschichte des großen Propheten von Nazareth“ ist nicht die Geschichte von der Gottesoffenbarung in Jesus Christus. Wer die Schwierigkeit des Problems, wie Glaube und Geschichte sich zu einander verhalten, versteht und wer das innere Recht der biblischen Geschichtsbetrachtung einsieht, der wird die Arbeit der Theologen nicht als schillerndes Diplomatisieren, als Chamäleonsleistungen abschätzen. Andrerseits aber hat auch der Theologe das Recht und die Pflicht, von den Religionsforschern, die sich nur Aufhellung des geschichtlichen Tatbestandes der biblischen Überlieferungen bemühen, zu fordern, daß sie nicht Hypothesen für gesicherte Ergebnisse ausgeben und nicht einseitige Ableitungen geschichtlicher Erscheinungen als wissenschaftliche Entdeckungen anpreisen. Neuerdings haben derartige Leistungen die Sachlage grell beleuchtet. Ein Vortrag von F. Delitzsch über „Babel und Bibel“ zog unter dem wirksamen Eindruck der Tatsache, daß S. Majestät der Kaiser ihn zweimal gehört hat, die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf sich. In der evangelisch-lutherischen Kirchenzeitung bespricht D. Kittel denselben (Nr. 17, 1902). Sehr richtig sagt er: Der Monarch steht über den Parteien. So soll er auch nicht in die wissenschaftliche Debatte gezogen werden. Er hat das Recht, zu erwarten, daß, was ihm als wissenschaftliche Tatsache mitgeteilt wird, „nun auch wirklich urbi at orbi gegenüber als gesicherte, zweifellos feststehende Tatsache vertreten werden kann.“ Dem wird der Vortrag nicht gerecht. Problematische Ansätze, die Behauptung, daß der israelitische Gottesname Jahve babylonischen Ursprungs sei, ebenso der monotheistische Gottesbegriff, daß die Sintflutsage, genau wie sie in der Bibel niedergeschrieben ist, aus Babylonien nach Kanaan importiert sei, gewissermaßen wohlverpackt und verfrachtet, – all dies und mehreres sind viel umstrittene Hypothesen. Aber der Vortrag stellt sie als Tatsachen hin. Und was soll man dazu sagen, wenn geistreiche Dilettanten unter dem Beifall der Gebildeten mit unentwegter Sicherheit im Handumdrehen die schwierigsten Probleme lösen, indem sie die aus zweiter Hand übernommenen Kenntnisse möglichst ins Pikante und Sensationelle steigern, wie dies eben Dilettantenart ist. Ich habe das Aufsehen erregende Buch H. St. Chamberlains „Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“ im Auge. Der Begriff Rasse ist, wie zuständige Forscher daraus kein Hehl machen, wissenschaftlich unbrauchbar. Von diesem Begriffe aus, aus den Eigentümlichkeiten und Gegensätzen der Rassen, soll nach Anleitung Gobineaus unsere Kultur nun abgeleitet werden, auch insoweit sie religiösen Charakter hat. Der Ausgangspunkt, wäre er auch wissenschaftlich gesichert, ist fast ebenso unzureichend, um die Eigenart des Geisteslebens zu verstehen, wie der Satz des alten Materialismus: „was der Mensch ißt, das ist

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er“, das Wesen des Menschen erklärt. Und welche Kühnheiten gestattet sich der rücksichtlich der Ansprüche an seine Orientiertheit so bescheidene und doch so selbstgewisse Ableiter? Jesus kein „Rassenjude“, eher ein Arier, Paulus der widerspruchsvolle Verjuder des Evangeliums, Augustin ein afrikanischer Mestize u. s. w. Das sind Zerrbilder der Wirklichkeit, die als lichtspendende Weisheit dargeboten werden. Auch hier hat die Theologie ihre Aufgaben. Sie hat mit rücksichtsloser Wahrheitsliebe die Grenzüberschreitungen und die Einseitigkeiten solcher hypothetischen Leistungen zurückzuweisen. So behauptet sie sich selbst zugleich als Wissenschaft. Sie hat zu kämpfen mit Verteidigungswaffen und mit Angriffswaffen, indem sie für die Kirche arbeitet und mitarbeitend teilnimmt an dem geistigen Leben der Gegenwart. Als ich jüngst mit einem alten Freunde unsere Sorgen durchsprach, trafen sich unsere Gedanken in der Überzeugung, es handelt sich hier auch um ein ewiges Problem, das durch alle Einseitigkeiten und Vergewaltigungen schärfer hervortritt, aber nur durch Zusammenschau der beiden Faktoren, die in ihm einander suchen, des Glaubens und der geschichtlichen Einsicht, der Lösung näher gebracht werden kann. Und von allen Lösungsversuchen gilt es: „Nicht, daß ich es ergriffen hätte; aber ich jage nach.“ Als wir schieden, rief der Freund mir zu: ὑπερνικῶμεν. Das war ein gutes Wort. Ja, wir überwinden weit in dem, der uns geliebt hat, ehe wir ihn lieben konnten.

Teil II

Fallbeispiele und Textinterpretationen

Christologie oder Christusmythos? Neue Zugänge zu einer alten Frage* Peter Gemeinhardt 1. Die Religionsgeschichtliche Schule und ihr Erlösermythos Der Mythos ist ein religionsgeschichtlicher Dauerbrenner. Mythen sind dokumentiert, seit es überhaupt komplexe schriftsprachliche Kommunikation gibt, und sie leben fort, obwohl seit mindestens zweieinhalb Jahrtausenden eine elaborierte Kritik von Mythen besteht. Dabei kann Mythos ganz unterschiedliche – freilich miteinander in Verbindung stehende – Dinge bezeichnen: eine einzelne Erzählung von Gott, Göttern oder Göttlichem, möglicherweise ausgebaut und systematisiert zu einer ganzen Mythologie; eine Denkform, die vom Logos in spezifischer Weise unterschieden ist, zu ihm aber auch – wie schon der Begriff Mytho-Logie zeigt  – durchaus in konstruktiver Beziehung stehen kann; oder eine narrative Struktur, mit der über Gott, Götter oder Göttliches zum Ausdruck gebracht werden kann, was sich nicht logoshaft, logisch, d. h. abstrakt argumentierend aussagen lässt. Der Bezug auf Göttliches ist in der Moderne dabei anscheinend entbehrlich: Für den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär kann ebenso der Begriff Mythos verwendet werden wie für unerklärliche Phänomene (z. B. das Bermudadreieck), für nicht existierende, gleichwohl faszinierende Personen oder Gruppen wie die Illuminaten oder für verbreitete, aber nicht verifizierbare Meinungen wie in der „Spiegel online“-Serie Mythos oder Medizin. Die Frage, ob und inwiefern hierfür der Begriff Mythos sinnvollerweise gebraucht werden sollte1, ist für unseren Zusammenhang nachrangig: Auch solche säkularisierten Anverwandlungen antiker und neuzeitlicher Mythosbegriffe ohne ausdrücklichen philosophischen oder theologischen Bezug beanspruchen, vermittels der Rede von einem Mythos eine (konstruktive oder kritische) Beziehung zu logisch nachvollziehbaren Sachverhalten zu etablieren. Und sie beabsichtigen, in dieser Weise etwas für Individuen und Kollektive in sozialer, epistemischer * Der vorliegende Beitrag ist im Kontext der von der DFG geförderten Forschungsgruppe 2064 „STRATA  – Stratifikationsanalysen mythischer Stoffe und Texte in der Antike“ (Teilprojekt „Antikes Christentum“) entstanden. 1 Vgl. Mohn, Mythostheorien, 58 f.

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oder existentieller Hinsicht Bedeutsames auszusagen und insofern Wirklichkeit narrativ zu konstituieren. Für die Antike – und nur um diese soll es hier gehen – war solche Bedeutsamkeit religiös konnotiert.2 Dabei verstehe ich religiös in weit gefasstem Sinne als handelnde und deutende Bezugnahme von Menschen auf ein Gegenüber jenseits der alltäglichen Erfahrungswirklichkeit; das schließt kultische Praktiken und theologische Reflexion ebenso ein wie erzählerische Vergegenwärtigung konkreter und prinzipieller Inbeziehungsetzungen von Individuen und Gruppen zu Gott, Göttern oder Göttlichem – letzteres wäre dann ein Mythos: „Ein antiker Mythos ist ein traditioneller Erzählstoff von kollektiver Bedeutsamkeit, in dem sich auf dem Hintergrund bereits vorhandener Stoffe eine transformierende und transzendierende Auseinandersetzung mit angenommenen Wirklichkeiten verdichtet.“3

Nun ist die Beschäftigung mit dem Mythos im beschriebenen Sinne für einen Patristiker keineswegs selbstverständlich. Das liegt in erster Linie daran, dass die christlichen Autoren der Antike allenfalls ausnahmsweise für konstruktive Arbeit am Mythos zu haben sind  – in aller Regel wird hier eine positive Bezugnahme auf nichtchristliche Mythologie entschieden abgelehnt und stattdessen die Einzigartigkeit der Offenbarung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus herausgestellt. Pointiert ausgedrückt: Mythologisch denken nur die anderen, seien es griechische oder römische ‚Heiden‘ oder – schlimmer noch – deviante Christen wie z. B. die Gnostiker; wir kommen darauf zurück. In der evangelischen Theologie haben sich vor allem Neutestamentler mit dem Mythos befasst, sowohl bezüglich der religionsgeschichtlichen Einordnung der Gestalt Jesu Christi als auch mit dem Ziel einer Entmythologisierung der Botschaft des Neuen Testaments, um dessen mythisch geprägte Sprache zu entschlüsseln. In der neueren Forschung ist aber auch dafür plädiert worden, die narrative Spezifik und die pragmatische Funktion, nämlich die „identitätsstiftende, kulturelle Einheit fundierende und Werte (Ethos) begründende Aufgabe“ des Mythos zu würdigen4 – auch hierauf wird noch einzugehen sein. Der Christusmythos, der sich im Titel des vorliegenden Beitrags findet, ist hingegen bisher kein Thema patristischer Forschung gewesen. Warum sollte es aber zu einem patristischen Thema werden? Dafür sehe ich sowohl einen fachorganisatorischen als auch einen wissenschaftsgeschichtlichen Anlass. Die angesprochene Abgrenzung und Aufgabenteilung zwischen den theologischen Teildisziplinen Neues Testament und Älterer Kirchengeschichte 2 Zur antiken Begriffsverwendung vgl. den Überblick bei Schmitz/Zanella/HeydaschLehmann, Mythos, 472–474. 3 Zgoll, Wahrheitskörner 184. Vgl. die in eine ähnliche Richtung weisende Definition bei Leppin, Einleitung, 5: „Mythen waren kollektiv bedeutsame, durch Tradition bekannte Erzählungen von Göttern und Heroen oft in ihrer Interaktion mit Menschen; auf jeden Fall haben es die Mythen der Antike, wie sie hier behandelt werden, mit personal gedachten Gestalten zu tun.“ 4 Sellin, Mythos/Mythologie II, 1699.

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respektive Patristik ist vertraut und eingespielt, macht aber Naheliegendes zu Unselbstverständlichem: die Zusammenarbeit von Neuem Testament und Patristik bei der gemeinsamen Erforschung der antiken Religionsgeschichte. Gewiss wird eine solche Grenzüberschreitung vielfach praktiziert und findet neuerdings sogar in eigenen Zeitschriften wie Early Christianity und Religion in the Roman Empire ihren Niederschlag. Der Mythos ist aber ein Thema, an dem paradigmatisch deutlich wird, wo das Naheliegende nicht realisiert wird: Die neutestamentlichen Überlegungen zur Inanspruchnahme mythischer Erzählformen im frühen Christentum zur Darlegung und Plausibilisierung des Christusgeschehens wurden, soweit ich sehe, bisher nicht auf patristische Texte angewendet, obwohl die Entwicklung der Christologie zweifellos eine der Traditionslinien ist, die von den ersten Paulusbriefen bis zu den sieben ökumenischen Konzilen (und darüber hinaus) reichen. Haben also nur die ersten Christen in mythischer Weise von Christus erzählt, und ist demnach der Christusmythos, wie man ihn beispielsweise in Phil 2,5–11 findet, schon bald vom Logos, d. h. vom christologischen Dogma in statu nascendi, verdrängt worden? Diese Frage muss zumindest gestellt werden, woraufhin als Antwort erprobt werden könnte, den Mythos als genuin christliche Denkfigur über fachorganisatorische Grenzen hinweg in ein religionsgeschichtliches Untersuchungsraster zu überführen. Das soll hier skizzenhaft geschehen. Das ist nun freilich wissenschaftsgeschichtlich gesehen nicht völlig neu, sondern wurde bereits vor hundert Jahren unternommen, insbesondere in dem Kreis, den wir als Religionsgeschichtliche Schule bezeichnen und der um 1890 mit einer Gruppe von Göttinger Privatdozenten seinen Anfang nahm, freilich nicht darauf beschränkt blieb. Im Namen der ‚Religion‘ und in Abgrenzung zu einem dogmatischen Blick auf die ‚Geschichte‘ wurden hier religionsvergleichende Untersuchungen angestrengt, und auch wo das Aufbrechen kanonischer Grenzen nicht so programmatisch-polemisch gefordert wurde wie in Gustav Krügers Buch Das Dogma vom Neuen Testament5, erfolgte im Namen konsequent geschichtlicher Betrachtung des Christentums eine Erweiterung des Gegenstandsbereichs: So spürte etwa Wilhelm Bousset den Apophthegmata als herausragender Gattung für mündliche religiöse Tradierungsprozesse von der Jesustradition bis ins eremitische Mönchtum des 4. Jahrhunderts nach.6 Hinzu kam die Einbeziehung nichtchristlicher antiker Religiosität, nicht zuletzt in Georg Heinricis postum erschienener Untersuchung Die Hermes-Mystik und das Neue Testament.7 Wiewohl religionsvergleichend arbeitend, war Heinrici freilich kein ‚echter‘ Religionsgeschichtler im Göttinger Sinne und wollte es auch nicht 5 Krüger,

Dogma. Apophthegmata. 7 Heinrici, Hermes-Mystik. Zu Heinrici als Bibelwissenschaftler vgl. jetzt Merk, Heinrici, 725 f. 6 Bousset,

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sein.8 In seinem Vortrag Theologie und Religionswissenschaft  – primär gegen Ernst Troeltsch argumentierend – fasste er sein Bestreben, die Einzigartigkeit des Christentums gegen eine religionsgeschichtliche Relativierung in Schutz zu nehmen, prägnant zusammen: Die Theologie fordere „die historische Kritik und den normativen Charakter der neutestamentlichen Schriften“, was aber weder dazu führen dürfe, dass „die äußere Autorität die geschichtliche Kritik bindet“, noch dass „die geschichtliche Kritik die Unableitbarkeit und Allgenugsamkeit der christlichen Heilstatsachen verneinen muß“9. Heinrici ging davon aus, „daß wir aus der Erforschung der Religionen zu einer lebendigen Anschauung von dem Wesen der vollkommensten Religion gelangen“, die er ähnlich wie Harnack im Christentum vollgültig realisiert sah10, während er Harnacks kritische Diagnose einer fatalen Hellenisierung in patristischer Zeit nicht teilte.11 Mit der Kritik an Troeltsch richtete sich Heinrici auch an andere Religionsgeschichtler wie Bousset.12 Dennoch ist eine Verwandtschaft der unterschiedlichen Herangehensweise an die Religionen der Antike als Kontexte des frühen Christentums zu erkennen.13 Wie Bousset und Heinrici eine religionsgeschichtliche Perspektive anzulegen, ist auch in der Patristik heute durchaus verbreitet – und war es vor hundert Jahren schon einmal.14 Hierfür ist gerade die Frage nach Wesen und Bedeutung des Mythos ein hervorragendes, bisher wenig beachtetes Beispiel. Heinrici hat erst spät und auch dann – mit seinem bereits erwähnten Buch über die Hermes-Mystik – nur indirekt in die Debatte über den „gnostischen Erlösermythos“ eingegriffen, den unabhängig voneinander 1903 der Neutestamentler Wilhelm Bousset15 und 1904 der Klassische Philologe Richard Reitzenstein16 postuliert hatten. Diese Konstruktion ist sowohl für die Arbeitsweise der  8 Vgl.

hierzu Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 231; vgl. auch den gesamten Abschnitt a. a. O. 193–234 zur kritischen Stellung zur Religionsgeschichtlichen Schule bei Heinrici und seinen Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Konzeption des Corpus Hellenisticum. Ob zurecht von „der von der Religionsgeschichtlichen Schule betriebenen Ablösung der ntl. Wissenschaft von kirchlichen Bezügen“ die Rede ist (a. a. O. 250), kann hier nicht erörtert werden, müsste aber jedenfalls im Blick auf konkrete Personen differenziert untersucht werden.  9 Heinrici, Theologie, 4. 10 Heinrici, a. a. O., 16. 11 Vgl. Heinrici, a. a. O., 22: „Als die alte Kirche in Wettbewerb trat mit der antiken Kultur, hat ihre Theologie mit magnetischer Kraft alles Wahlverwandte an sich gezogen, ohne sich selbst zu verlieren.“ Zu Harnacks Hellenisierungsthese und ihren Vorläufern vgl. Markschies, Hellenisierung. 12 Vgl. Heinrici, Theologie, 32: „Vom Christentum aus, wie es in seinen klassischen Urkunden vorliegt, gelangen wir zur sachgemäßen Wertung der anderen Religionen, nicht umgekehrt von der Religionsvergleichung zur sachgemäßen Wertung des Christentums, so gewiß das Christentum auch für den wissenschaftlichen Theologen die Religion ist, in der er lebt.“ 13 Vgl. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 235–250 zum Vergleich der jeweiligen Verfahren des Religionsvergleichs. 14 Exemplarische Diskurse habe ich analysiert in: Gemeinhardt, Patristik, 30–49. 15 Bousset, Religion des Judentums; Ders., Hauptprobleme der Gnosis. 16 Reitzenstein, Poimandres.

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Religionsgeschichtlichen Schule als auch für ihr Verständnis des Mythos höchst aufschlussreich. Ich werfe einige Streiflichter auf Bousset, um deutlich zu machen, wie die Beschäftigung mit dem Mythos seinerzeit ein religionsgeschichtlich informiertes Miteinander von Neuem Testament und Patristik beförderte, und konzentriere mich zu diesem Zweck auf Boussets Hauptwerk Kyrios Christos (1913). Hier wollte Bousset ‚zwei Schranken‘ niederreißen: einerseits die „Abtrennung der Religionsgeschichte des Urchristentums von der allgemeinen Entwickelung des religiösen Lebens, welches das Christentum im Zeitalter seiner ersten Jugend umgibt“ (mit dem Leben klingt schon die nach Bousset für den Mythos wichtige Kultpraxis an); andererseits die „Scheidewand zwischen neutestamentlicher Theologie und altkirchlicher Dogmengeschichte“17, die Adolf Harnack mit seiner Hellenisierungsthese nachhaltig stabilisiert hatte. Bousset attackierte diese Schranken sowohl historisch als auch systematisch, indem er einerseits die Entwicklung der Christusvorstellung von den Anfängen in der palästinischen Urgemeinde bis zu Irenaeus von Lyon, also bis ins späte 2. Jahrhundert, verfolgte und dabei andererseits nach religionsgeschichtlichen Entwicklungslinien fragte, die die spätere Wahrnehmung und Deutung der evangelischen Botschaft Jesu beeinflusst hatten – negativ, wie der liberale Theologe (und engagierte hannoversche Synodale) Bousset zu konstatieren nicht umhin kam. Das betraf vor allem Paulus᾽ Rolle, dem Bousset zwar attestierte, ein „Genius“ zu sein, dessen „Erlösungsfrömmigkeit“ aber – wie bei einem gebildeten Juden aus Tarsus nicht anders zu erwarten – „auf dem Boden hellenistischer Frömmigkeit gewachsen“ sei. Daher habe Paulus den bereits existierenden „Mythus vom leidenden, sterbenden und auferstehenden Gott“ auf das Christusgeschehen appliziert.18 Bousset meinte damit über die je „einzelne Gottesgestalt mit ihrem bestimmten Mythos“ hinaus eine „Idee“ identifiziert zu haben, „die mit mystischer Gewalt die hellenistische mysteriöse Frömmigkeit ergreift“19 – und mit eben diesem „Erlösungsmythos“ habe Paulus „die geschichtliche Figur Jesu von Nazareth … umwoben“.20 Allerdings macht Bousset eine differentia specifica kenntlich: So werde von Paulus „der Mythos aus der Urzeit in die Gegenwart versetzt und mit der Geschichte verbunden“; im Zentrum stehe „eben doch der Tod eines wirklichen Menschen“.21 Hier liege der entscheidende Unterschied zur orientalischen Mysterienspekulation und zur „gnostischen Erlösungstheorie“, wo „der Mythos ganz und gar an die Stelle des Historischen“ trete.22 Das Besondere am Christentum sieht Bousset also in der Zuordnung von Glaube und Geschichte, worin – knapp ausgedrückt – das Jüdische im Hellenistischen zum Vorschein kommt. Paulus 17 Bousset,

Kyrios Christos, IV f. a. a. O., 134. Vgl. Höffker, Christentumsverständnis, 227–232. 19 Bousset, a. a. O., 135. 20 Bousset, a. a. O., 203. 21 Bousset, a. a. O., 144 (Hervorhebung im Original). 22 Bousset, a. a. O., 203. 18 Bousset,

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halte dies Geschichtliche insbesondere durch die Adam-Christus-Typologie fest – „der erste Mensch Adam wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem Geist, der Leben schafft“ (1 Kor 15,45).23 Diesen Geistmenschen habe er aber nicht „aus Gen. 2 so einfach herausgesponnen“, sondern einen „orientalischen Mythos von dem einst in die Materie versunkenen Erlösergott Anthropos und eine sich daran anschließende Erlösungs-Mystik“ rezipiert24, sich also ein Denkmuster zunutze gemacht, das ihm als Texttradition und als darauf bezogene kultische und mystische Praxis vertraut gewesen sei. Insofern ist der Mythos für Bousset mehr als eine Erzählform, sondern ein konkreter Text. Dessen Aufweis stellt freilich die Crux der Beweisführung dar, da dieser Mythos textlich auch für Bousset nicht greifbar war, sondern von ihm aus der skizzierten Rezeption im Neuen Testament erschlossen und anhand späterer Texte konkretisiert werden musste. Bousset verwies hierfür auf den delphischen Priester und Philosophen Plutarch aus der frühen Kaiserzeit25 und auf den spätantiken Kaiser und Philosophen Julian (gest. 363 n. Chr.).26 So konnte Bousset den Mythos als Indiz für den „fortschreitenden Orientalisierungsprozeß der synkretistischen hellenistischen Literatur“ wahrscheinlich machen27, musste sich aber hinsichtlich einer früheren textlichen Existenz auf „Vermutungen“ beschränken28, und zwar sowohl in Bezug auf den Inhalt des Mythos als auch auf die damit verbundene Kultpraxis.29 Der Mythos hat nichtsdestoweniger auch weiterhin Karriere gemacht, wo religionsgeschichtliche Ansätze  – teils unter Erschließung neu entdeckter Quellencorpora30 – verfolgt wurden: Einen „gnostischen Erlösermythos“ fand 23  1 Kor 15,45: οὕτως καὶ γέγραπται· ἐγένετο ὁ πρῶτος ἄνθρωπος Ἀδὰμ εἰς ψυχὴν ζῶσαν, ὁ ἔσχατος Ἀδὰμ εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν. Die kursiven Worte sind Zitate aus Gen 2,7 LXX. 24 Bousset, Kyrios Christos, 141. 25 Bousset, a. a. O., 136 verweist für den Mythos von Isis und Osiris auf eine bei Plutarch, De Iside et Osiride 53 f., verarbeitete „Quelle“; für eine mythische Deutung der „stoischen Weltperiodentheorie“ auf Apollon und Dionysos zieht er Plutarch, De E apud Delphos 9, heran. 26 Die hier erwähnte Rede auf die Göttermutter ist jetzt ediert in: Iulianus Augustus, Opera, hg. von Heinz-Günther Nesselrath, Berlin/Boston 2015, 55–79; der Attis-Mythos wird referiert in Kap. 5–8 (a. a. O. 61–66). 27 Bousset, Kyrios Christos, 137. 28 Bousset, a. a. O., 140 f. 29 Bousset, a. a. O., 138 verweist für den Kult auf den christlichen Apologeten Firmicus Maternus (De errore profanarum religionum, um 350 n. Chr.) sowie auf die Saturnalia des stadtrömischen Autors Macrobius (um 430 n. Chr.). Gewiss ist es grundsätzlich möglich, dass beide Texte – in kritischer bzw. archivalischer Absicht – ältere Traditionen überliefern. Nicht nachweisbar ist aber eben die von Bousset postulierte Parallele zwischen dem hellenistischen Heros und Christus in Bezug auf Sterben und Auferstehen (a. a. O., 139): „Der Hauptgedanke ist derselbe. In mystischer Gemeinschaft erlebt der Fromme dasselbe, was der göttliche Heros in vorbildlicher Kraft vorher und prinzipiell erlebt hat. Das Erlebnis der Gläubigen ist nur die sieghaft sich auswirkende Konsequenz des einmal gegebenen Anfangs. Man schließt den Kontakt, und der elektrische Strom flutet.“ 30 Die manichäischen Turfan-Texte und die mandäischen Quellen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckt wurden, verarbeitete vor allem Reitzenstein, Erlösungsmysterium.

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Rudolf Bultmann bei Paulus und im Johannesevangelium; der Mythos werde jedoch als dunkle Folie und damit (anders als Bousset meinte) antithetisch verwendet.31 Der Mythos sei für das moderne Wirklichkeitsverständnis obsolet und müsse daher existential interpretiert werden32  – eine Forderung, die bekanntlich nicht nur innerhalb der neutestamentlichen Zunft, sondern auch in den verschiedenen Ausprägungen landes‑ und freikirchlichen evangelischen Christentums in Deutschland für lang anhaltende Diskussionen gesorgt hat. Das mag hier auf sich beruhen. Denn sowohl der Erlösermythos bei Bousset und Reitzenstein als auch seine hier nur angedeutete Wiederaufnahme bei Bultmann sind längst historisiert worden; Größe und Grenze dieser Konzeption hat Carsten Colpe 1961 in seiner Göttinger Habilitationsschrift klar herausgestellt.33 Colpe hat gezeigt, dass es den Mythos der Religionsgeschichtlichen Schule allenfalls in der Vorstellungskraft seiner Erforscher gegeben hat. Boussets akribische Suche nach Quellen für einen vorchristlichen Erlösermythos kann allenfalls dessen parallele Existenz mit dem sich ausbreitenden Christentum illustrieren. Und auch das Gnostische an diesem Mythos wird heute vorsichtiger beurteilt: Seit der Zeit der Religionsgeschichtlichen Schule ist insbesondere durch die Auswertung der Textfunde von Nag Hammadi deutlich geworden, dass über die Gnosis, ihren Rückgriff auf neutestamentliche Texte und zumal auf ihre Inanspruchnahme mythischer Erzählstrukturen mehr und anderes zu sagen ist.34 Forschungsgeschichtlich führt die Frage nach dem Mythos – so scheint es – in eine aporetische Situation.

2. Funktionale und semiotische Mythosrezeption Man könnte also in Anlehnung an einen berühmten Aufsatztitel Bultmanns fragen: Welchen Sinn hat es, (heute noch) vom Mythos zu reden  – und dies nicht nur im Blick auf das Neue Testament, sondern gerade auch auf patristische Quellen? Nun, vom Mythos zu reden hat nach wie vor auch unter den Auspizien wissenschaftlicher Theologie seinen Sinn, und dafür gibt es Gründe. Nach dem Mythos zu fragen legt sich zunächst unter (selbst)kritischer Per31 Hierzu Colpe, Religionsgeschichtliche Schule, 57–59.171–175. Bultmanns Verarbeitung der These von einem gnostischen Erlösermythos muss hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden; wie sie auf seine Konzeption einer „Theologie des Neuen Testaments“ einwirkte, wird deutlich in Bultmann, Theologie, 166–186, bes. 169f.179 f. 32 Bultmann, Mythologie. 33 Colpe, Religionsgeschichtliche Schule, bes. 10–26. 34 Vgl. zur Wahrnehmung gnostischer Texte als Zeugnisse für differenzierte Diskurse im frühen Christentum Thomassen, Gnosis, Gnosticism, 341–344.361–363; Markschies/van Oort, Zugänge zur Gnosis. Zum Mythos in der Gnosis vgl. zuletzt Markschies, Mythos in gnostischen Systemen?, 513–534; allgemein auch Schmitz/Zanella/Heydasch-Lehmann, Mythos, 510.

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spektive nahe. Es wurde schon erwähnt und ist unten in Abschnitt III näher auszuführen, dass spätantike christliche Theologie überwiegend kritisch auf Mythen und Mythisches und überhaupt auf fiktionale Literaturformen Bezug nahm, zumindest auf der Textoberfläche35: Mythisch denken immer nur die anderen, man selbst steht auf der Seite des Logos – im Sinne der logoshaften göttlichen Vernunft, die in Jesus Christus, dem Logos par excellence, anschaulich geworden ist.36 Gegen eine auch in der patristischen Forschung verbreitete Neigung, diese Optik der Quellen zu übernehmen und sich auf christliche Kritik an vor‑ oder außerchristlicher Mythologie als Opposition zur Christologie zu konzentrieren, forderte der amerikanische Religionswissenschaftler Jonathan Z. Smith: „The acceptance of the category ‚myth‘, however defined, as applicable to the Christ stories, thereby establishing parity with non-Christian materials, is a prerequisite for comparative research. Any attempt to escape this requirement, and its consequences, will render the enterprise necessarily vain.“37

Man muss nicht wie Smith erklärter Atheist sein, um zu akzeptieren, dass der christlicherseits in der Spätantike etablierte Mythosdiskurs tatsächlich kritisch zu befragen ist, und es ist leicht festzustellen, dass sich christliche Intellektuelle insbesondere in apologetischer Absicht ausgiebig aus dem mythologischen Fundus bedienten, der ihnen aufgrund ihrer Schulbildung zur Verfügung stand.38 Die Apologeten zogen antike Mythen als moralische exempla heran und leiteten für die Hörer daraus Nützliches ab, wie es auch ihre nichtchristlichen Zeitgenossen taten – Dion Chrysostomus verwies auf Platon für das Kriterium, zu rezipieren, „was den Menschen zuträglich ist“.39 Und es ist ebenso keine Neuigkeit, dass die allegorische Exegese, die zur Auslegung und Ehrenrettung Homers entwickelt worden war, durch das Christentum adaptiert wurde. So wie die mythologischen Götterkämpfe in der Ilias und Odyssee auf ihren tieferen 35 Zum Diskurs spätantiker christlicher Autoren über fiktionale Literatur vgl. jetzt Cullhed, Shadow of Creusa. 36 Diese Denkfigur wurde insbesondere von Justin, II apol. 6,1–3; 13,2–6 (PTS 38, 145,1– 12; 157,4–19 Marcovich) und dial. 61,1 f. (PTS 47, 174,1–175,14 Marcovich) als Grundbaustein apologetischer Theologie (auf der Basis von Joh 1,1–18) rezipiert. – Die für die patristischen Quellenschriften verwendeten Abkürzungen folgen S. Döpp/W. Geerlings (Hgg.), Lexikon der antiken christlichen Literatur, Freiburg u. a. 32002. 37 Smith, Drudgery Divine, 87. Zur Diskussion vgl. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 296–300. 38 Dazu zählt  – um nur ein Beispiel zu nennen  – Justins Vergleich der übernatürlichen Weisheit, Herkunft und Wirksamkeit Jesu mit Hermes, Perseus und Asklepios (I apol. 22,2.5 f.; PTS 38, 65,3–7.15–19 Marcovich). Vgl. Zincone, Mythology, 857. 39 Nach Dion Chrysostomus, or. 53,2, kritisierte Platon Homer, in den von ihm überlieferten Mythen gerade nicht auf τὰ συμφέροντα τοῖς ἀνθρώποις geachtet zu haben. Vgl. aus christlicher Perspektive z. B. Basilius von Caesarea, adolesc. 2 (Basile de Césarée, Aux jeunes gens sur la manière de tirer profit des lettres helléniques, éd. par Fernand Boulenger, Paris 1965, 42,10–13; 43,34–39) und Gregor von Nyssa, Hom. in Cant. prol. (GNO VI, 5,16–18 Langerbeck); dazu Meiser, Neuzeitliche Mythosdiskussion, 149.160.

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Sinn hin befragt und damit für unanstößig erklärt werden konnten, so könne auch bei anthropomorphen oder moralisch zweifelhaften Stellen der Bibel – so Origenes – „der Belehrbare, indem er ‚forscht‘ und sich in ‚die Tiefen‘ des Sinnes der Wörter versenkt, der gesamten Lehren (δόγματα) seines Ratschlusses teilhaftig“ werden40, während weniger Gebildete aus dem Literalsinn der „Erzählungen“ (διηγήσεις) Nutzen ziehen sollten.41 Die Strukturparallele von hellenistischer und christlicher Entmythologisierung ist mit Händen zu greifen: Die biblischen Schriften gaben vergleichbare Probleme wie mythische Texte auf, und die Interpretationsstrategien für letztere wurden christlicherseits bereitwillig übernommen. Beides – die Verwendung von Mythologumena in theologischen Texten und die Rezeption hellenistischer Mythenhermeneutik  – ist wichtig, aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Der kritischen Mahnung Jonathan Smiths steht von theologischer Seite die bereits zitierte Erkenntnis zur Seite, dass der Mythos als solcher eine „identitätsstiftende, kulturelle Einheit fundierende und Werte (Ethos) begründende Aufgabe“42 wahrnehme – im Christentum ebenso wie in seiner Umwelt. Vor allem Gerhard Sellin, von dem dieses Zitat stammt, und Gerd Theißen haben die Möglichkeit und Notwendigkeit einer neuerlichen Rezeption des Mythosbegriffs in der neutestamentlichen Forschung postuliert. Theißen beschreibt dies in seinem Buch Die Religion der ersten Christen aus dem Jahr 2000 so: „Im Zentrum des religiösen Zeichensystems im Urchristentum steht eine eigentümliche Verbindung von Mythos und Geschichte. Sie wird verkannt, wenn man sie in einseitiger Weise auflöst, sei es in Richtung auf die ‚Geschichte‘ oder in Richtung auf den ‚Mythos‘.“43

Theißen definiert Mythen als „Erzählungen aus einer für die Welt entscheidenden Zeit mit übernatürlichen Handlungsträgern, die einen instabilen Zustand in einen stabilen überführen.“44 Dabei unterscheidet er drei Dimensionen: Der Mythos sei a) ein Text, erfülle b) eine Funktion, und zwar c) vermittels einer spezifischen Denkstruktur, die „kein Gegensatz zum Logos, sondern eine erste Form des Logos“ sei.45 Eine Auflösung des Mythos in Geschichte (im Sinne liberaler und religionsgeschichtlicher Jesusforschung)46 oder in reine Religiosität (durch 40 Origenes, princ. IV 2,7 (TzF 24, 722,1–3 Görgemanns/Karpp): ἱν᾿ ὁ δυνάμενος διδαχθῆναι ‚ἐρευνήσας‘ καὶ ‚τοῖς βάθεσι‘ τοῦ νοῦ τῶν λέξεων ἑαυτὸν ἐπιδούς, κοινωνὸς τῶν ὅλων τῆς βουλῆς αὐτοῦ γένηται δογμάτων (unter Aufnahme von Wendungen aus 1 Kor 2,10). Übers. a. a. O. 723. 41 Origenes, princ. IV 2,8 (724,1–726,2 G./K.). 42 Sellin, Mythos/Mythologie II, 1699. 43 Theiẞen, Religion der ersten Christen, 47. 44 Theiẞen, a. a. O., 49. 45 Theiẞen, a. a. O., 21 f. Anm. 5. 46 Als Beispiele einer solchen Befreiung des Lebens Jesu „vom mythischen Kleid der kirchlichen Dogmatik“ nennt Theiẞen, a. a. O., 47 Anm. 1 Heinrich Julius Holtzmann für die

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existentiale Interpretation) sei gleichermaßen unangemessen, vielmehr bestehe zwischen Mythos und Historie eine unlösbare wechselseitige Verschränkung: „Alles spricht dafür, dass im Zentrum des Urchristentums weder ein sekundär historisierter Mythos noch eine sekundär historisierte Geschichte stand. Am Anfang stand eine spannungsvolle Einheit von Geschichte und Mythos.“47

Wenn Mythen nach Theißen „das zum Ausdruck [bringen], was in einer Gruppe und Gesellschaft unbefragte ‚Dogmatik‘ ist“48, dann führt die Frage nach dem Mythos sowohl zur Rezeption und Transformation vorgegebener (jüdischer) Argumentationsweisen durch Jesus selbst (Theißen spricht von einem „Endzeitmythos“, den schon Jesus selbst einer „Historisierung“ unterzogen habe)49 als auch zur Weiterverarbeitung des Christusgeschehens in Hymnen, Briefen und Evangelien des Urchristentums. Theißen setzt also aus semiotischer Perspektive an, indem er nicht von der Rezeption eines bestehenden Textes, sondern von zeichenhaften Verweisungsprozessen innerhalb der antiken Literatur spricht, die auf analoge Denkstrukturen schließen lassen. Zugleich nimmt er eine funktionale Mythosanalyse vor und fragt, welche Leistung der Rekurs auf mythisches Denken für das frühe Christentum erbringen konnte. Er widerspricht damit dem Dogma der traditionellen Mythosforschung von einem strikten Gegensatz des Mythos zur Geschichte. Vielmehr vollzog sich das geschichtliche Auftreten und Wirken Jesu in einer Welt, für die mythisches Denken konstitutiv war, und eben in diese Welt lassen sich Auftreten und Wirken einzeichnen, ohne dass man dafür den Erlösermythos der Religionsgeschichtlichen Schule repristinieren müsste. Im Unterschied zu Theißen hebt Sellin am Mythos nicht dessen Verhältnis zur Geschichte, sondern den durch ihn konstituierten „Referenzrahmen für die gegenwärtige Wirklichkeit“ hervor: „Alles, was ist, erhält im Mythos den Grund dafür, ‚dass‘ es ist, wie es ist.“50 Das geschieht in syntaktischer Hinsicht durch Erzählung – aber es wird nicht nur Geschehenes als (endgültig) Vergangenes memoriert, vielmehr wiederholt sich das „in ihm [sc. dem Mythos] erzählte Vergangene … in der Gegenwart“.51 Die Erzählung verweist also nicht nur auf etwas, sondern vergegenwärtigt es im Hier und Jetzt. Auf der textpragmatischen Ebene erfüllt der Mythos damit die schon angesprochene Funktion der Stiftung von Identität und Einheit der jeweiligen Gemeinschaft und der Plausibilisierung der in ihr geltenden Werte; ihm eignet somit schöpferische und stabilisierende Kraft. Das liegt wiederum an der semantischen Struktur des Mythos, der einerseits – so Sellin – die Handlung auf typische Akteure aufteilt, die in ihrem Zusammenspiel liberale Leben-Jesu-Forschung und den oben behandelten Wilhelm Bousset für die Religionsgeschichtliche Schule. 47 Theiẞen, Religion der ersten Christen, 48. 48 Theiẞen, a. a. O., 50. 49 Theiẞen, a. a. O., 67. 50 Sellin, Mythos und Evangelium, 279. 51 Sellin, Mythos als Gattung, 261.

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zur narrativen Inszenierung der erzählten Wirklichkeit beitragen, und andererseits mit einer spezifischen Logik der Wirklichkeit arbeitet, die durch Überblendung der Zeitdimensionen das Wirksamwerden des Erzählten in der Gegenwart der Erzählgemeinschaft ermöglicht.52 Das gilt nun nach Sellin auch für die Erzählung des Christusgeschehens. So rekurriere Paulus mit der Vorstellung, die Sünde Adams habe Auswirkungen auf das ganze Menschengeschlecht gehabt (1 Kor 15,21f.45–50; Röm 5,1–12), auf einen „Urmensch-Mythos“, wonach „die Einzeldinge real partizipieren am Sein ihrer Gattung“ – und damit eben auch an Kreuz und Auferstehung Jesu.53 Postuliert wird aber kein Text, der (mindestens theoretisch) literarisch fassbar den neutestamentlichen Schriften vorausläge, sondern eine narrative Struktur, die in unterschiedlichen antiken Kontexten darstellerisch fruchtbar gemacht werden kann  – so auch in der frühchristlichen Literatur. Das uranfängliche mythische Schöpfungsgeschehen wiederholt sich in den gegenwärtigen Erscheinungen des Auferstandenen (1 Kor 15,3–10), in der Auferweckung Jesu „wird die Welt eine neue Welt“. Aber nicht nur in dieser: „Der Kreuzestod Jesu ist im mythischen Sinne immer wiederholbares Ereignis, repräsentiert im Leben der Glieder des kollektiven Christusleibes, der ‚Nachkommen‘ Christi, die mythische Begründung der Liebe.“54

Die Macht des Mythos besteht darin, die Funktion der neuen Stiftung von Identität, Einheit und Werten in immer neuen ‚Nachbildungen‘ auszuüben. Allerdings hat der Mythos nach Sellin eine Grenze, bei deren Überschreiten sich eine μετάβασις εἰς ἄλλο γένος ereigne: „Das Modell des mythischen Denkens ist erst dort verlassen, wo die Abbildung Christi als ‚imitatio‘, als strebendes Nachahmen verstanden wird (so – von Paulus als ‚Vorbild‘ – 2 Thess 3,7)55. Hier ist die Gattung ‚Mythos‘ verlassen, und an ihre Stelle tritt die Gattung ‚Legende‘: der Heilige als ethisches Vorbild, nicht mehr als Urbild, das sich in seinen Abbildern selbst verwirklicht.“56

Wir kommen auf den Unterschied von Mythos und Legende, von wiederholter Realisierung des Urbildes im neutestamentlichen Gründungsgeschehen des Christentums und dessen ‚nur‘ ethischer Nachahmung in der späteren hagiographischen Literatur zurück. Zunächst sei festgehalten, dass die Anwendung des Mythosbegriffs auf das Christusgeschehen in der neutestamentlichen Forschung  – jedenfalls in der Sicht einiger Vertreter dieses Fachs  – zu vertiefter Einsicht in die Logik des Erzählens von Christus verhilft, sei es mit dem Ziel der 52 Sellin, a. a. O., 255 f. Zu den drei Dimensionen der Mythosanalyse vgl. auch Ders., Metapher – Symbol – Mythos, 225–231. 53 Sellin, Metapher – Symbol – Mythos, 228. 54 Sellin, Mythos und Evangelium, 281. 55 Αὐτοὶ γὰρ οἴδατε πῶς δεῖ μιμεῖσθαι ἡμᾶς. 56 Sellin, Metapher – Symbol – Mythos, 228 f.

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Stabilisierung des instabilen, da prekären Zustands der Welt (Theißen) oder der Konstitution von Wirklichkeit im Zuge eines neuen Schöpfungsaktes (Sellin). Es bedarf dafür, wie hinzuzufügen ist, nicht eines (re)konstruierten gnostischen Erlösermythos in Textform, weil sich beide Zugangsweisen dem Mythos von der formalen Seite her nähern und mythisches Erzählen als narratologisches Instrument verstehen. Dabei liegt der Fokus nicht, wie in älteren religionsgeschichtlichen Zugängen, auf der unidirektionalen Anverwandlung von Außerchristlichem, und sei es von Universal-Menschlichem. So gewinnt der Mythos (sit venia verbo) seine ‚Unschuld‘ zurück und muss nicht einer ‚Ent-Mythologisierung‘ unterzogen werden, um in christlicher Perspektive fruchtbar gemacht werden zu können.

3. Der Christusmythos in der Patristik – dogmatisch und katechetisch Die Einsicht in eine grundlegend mythische Grundstruktur des Redens von Christus in den neutestamentlichen Schriften wirft auch für das spätantike Christentum die Frage auf, ob Mythenkritik im Namen des Logos und Mythenrettung via Uminterpretation das letzte und einzige Wort sind, das hier zum Mythos zu sagen ist  – wird doch auch in theologischen, katechetischen und hagiographischen Texten von Christus (und seinen ‚Nachahmern‘) erzählt. So möchte ich im Folgenden fragen, ob und mit welchem Nutzen auch für die Patristik von einem Christusmythos zu sprechen ist. Dafür gilt es, die Quellen gegen den Strich zu lesen. Denn ausdrücklich positive Bezugnahmen auf mythisches Denken und Argumentieren sind in spätantiken christlichen Quellen so gut wie gar nicht zu finden. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel: Der Kirchenhistoriker Socrates bemerkte im 5. Jahrhundert zu Kaiser Julians Verknüpfung der traditionellen Kulte mit einer ‚paganen‘ Theologie, hätte dieser sich eingehender um die Glaubensinhalte  – die λόγοι μυστικοί – des Christentums bemüht, hätte er diese als sakrale Mythen (ἱεροὶ μῦθοι) und damit als etwas der paganen Form religiösen Erzählens Wesensverwandtes anerkannt.57 Zwei Jahrhunderte zuvor referierte Origenes den Vorwurf des Philosophen Celsus gegen die Juden, sie bildeten sich fälschlich etwas auf ihre biblische Weisheit ein, seien sie doch „durch die Zauberkunst des Moses verführt und getäuscht worden und bei ihr zu keinem guten Ziel in die Schule gegangen.“58 Origenes erwiderte, bei den Juden erfolge die Belehrung der Kinder „eher in mythischer Form“ (μυθικώτερον); zu gegebener Zeit würden dann die 57 Socrates, h.e. III 23,34–36 (GCS N. F. 1, 222,13–21 Hansen). Dazu vgl. Nesselrath, Zur Verwendung des Begriffes μῦθος, 294. 58 Zitiert in Origenes, Cels. V 41 (FC 50/4, 954,18–21 Barthold/Fiedrowicz): Οὗτος μὲν οὖν ὁ χορὸς ἀπίτω δίκην ἀλαζονείας ὑποσχών, οὐκ εἰδὼς τὸν μέγαν θεὸν ἀλλ’ ὑπὸ τῆς Μωϋσέως

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„vorläufigen Mythen (οἱ τέως μῦθοι)… in die Wahrheit umgewandelt, die in ihnen verborgen enthalten war“.59 Die Inanspruchnahme mythischen Erzählens wird also pädagogisch gerechtfertigt, aber zugleich auch eingeschränkt, denn natürlich soll der Lernende nach Möglichkeit zur Wahrheit selbst durchstoßen. Das stimmt mit dem origeneischen Konzept einer propädeutischen Funktion klassischer Bildung für christliches Denken und Handeln überein.60 Eine besonders interessante Verwendung des Begriffs Mythos  – lateinisch fabula – wird bei Tertullian erkennbar. Dieser vergleicht in seinem Apologeticum das Verhältnis von Vater und Sohn mit Sonne und Sonnenstrahl, die unterschieden sind, aber das gleiche Wesen teilen61, und folgert, dass das, „was von Gott entsprungen ist, Gott und Gottes Sohn [ist], und beide sind eins“.62 Was folgt, ist eine komprimierte christologische regula fidei: „Dieser Strahl Gottes also ist, wie es früher immer angekündigt wurde, in eine Jungfrau herabgekommen; und nachdem er in ihrem Leib Fleisch geworden ist, wird er geboren als ein Mensch, der mit Gott vermischt63 ist. Das vom Geist geformte Fleisch nährt sich, wächst heran, spricht, lehrt, wirkt und ist Christus. – Nehmt vorläufig diese Fabel (sie ist den euren ähnlich) hin, bis wir zeigen, wie Christus als wahr erwiesen wird, und wer auf eurer Seite im Voraus derartige konkurrierende Fabeln geliefert hat, um diese Wahrheit zu zerstören.“64

Auch hier wird also das mythische Reden als „vorläufig“ (interim) gekennzeichnet. Bis auf Weiteres ist aber diese von Tertullian ad hoc formulierte christologische Glaubensregel ein (und zwar der einzig wahre) Mythos – in struktureller Analogie, aber in inhaltlichem Widerspruch zu den in den folgenden Kapiteln thematisierten Einflüsterungen der Dämonen, die, wenn man sie nur richtig γοητείας ὑπαχθείς τε καὶ ψευσθεὶς κἀκείνης οὐκ ἐπ’ ἀγαθῷ τέλει γεγονὼς μαθητής. Übers. a. a. O. 955. 59 Origenes, Cels. V 42 (FC 50/4, 956,22–25 Barthold/Fiedrowicz): Ἅπερ ἔτι μυθικώτερον μὲν παισὶ καὶ τὰ παίδων φρονοῦσιν αὐτοῖς ἐκηρύσσετο, ἤδη δὲ ζητοῦσι τὸν λόγον καὶ βουλομένοις ἐν αὐτῷ προκόπτειν οἱ τέως μῦθοι, ἵν’ οὕτως ὀνομάσω, μετεμορφοῦντο εἰς τὴν ἐναποκεκρυμμένην αὐτοῖς ἀλήθειαν. Übers. a. a. O. 957. 60  Vgl. hierzu Gemeinhardt, Glaube, Bildung, Theologie, 457–460. 61 Tertullian, Apol. 21,12 (FC 62, 162,14–18 Georges). 62 Tertullian, Apol. 21,13 (FC 62, 162,19 f. Georges): Ita et quod de deo profectum est, deus est et dei filius et unus ambo. Übers. a. a. O. 163. 63 Georges übersetzt mixtus mit „vereinigt“, was philologisch möglich ist, womit aber Tertullian in einer Weise in bonam partem interpretiert wird, die m. E. dem experimentellen – späteren Maßstäben orthodoxer Terminologie in mancher Hinsicht nicht entsprechenden  – Charakter seiner Argumentation nicht gerecht wird. 64 Tertullian, Apol. 21,12 f. (FC 62, 162,23–164,4 Georges): Iste igitur dei radius, ut retro semper praedicabatur, delapsus in uirginem quandam et in utero eius caro figuratus nascitur homo deo mixtus. Caro spiritu structa nutritur, adolescit, affatur, docet, operatur, et Christus est. Recipite interim hanc „fabulam“ (similis est uestris), dum ostendimus, quomodo Christus probetur et qui penes uos eiusmodi fabulas ad destructionem ueritatis istius aemulas praeministrauerint. Übers. a. a. O., 163–165.

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befragt, Zeugnis über „Christus cum sua fabula“ ablegen müssen!65 Man hört einen ironischen Unterton anklingen, der aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass Tertullian hier ausdrücklich von einem Christusmythos spricht  – dessen inhaltliche Ausgestaltung präzise dem entspricht, was wir in den regulae fidei der vorkonstantinischen Zeit und ab dem 4. Jahrhundert in deklaratorischen Glaubensbekenntnissen finden. Gerade in solchen knappen Formulierungen des Glaubens kommen wir dem Christusmythos auf die Spur. Es sind ja im Neuen Testament Stellen wie Phil 2,5– 11 oder 1 Kor 15,3–10, in denen das Bedeutsame, Grundstürzende und Horizonterschließende des Christusgeschehens in konziser Form zusammengefasst wird und die darum als Kristallisationspunkte mythischer Rede von Christus betrachtet werden können. Solche Summarien waren zur inhaltlichen Füllung des Taufritus ebenso notwendig wie zur knappen Orientierung über die christliche Botschaft in einer Zeit, in der eine Vielzahl konkurrierender Glaubens‑ und Deutungsweisen zu beobachten sind. Und es ist daher kein Zufall, dass in der Folgezeit komplexe Diskussionen über Christus als Gott und Mensch immer wieder in knapper Form auf den Punkt gebracht und damit sowohl dogmatisch als auch liturgisch verbindlich gemacht wurden. Wenn nun die erwähnten Paulusstellen den urchristlichen Christusmythos – dessen narrativ entfaltete Gestalt in den Evangelien überliefert wurde – transportierten, dann legt es sich nahe, den regulae fidei des 2. und 3. Jahrhunderts eine analoge Funktion zuzuschreiben. Denn auch diese Texte fassten, wie bei Tertullian zu sehen, die Grunddaten des Christusgeschehens knapp zusammen, setzten sie dabei sachlich voraus und fügten sie zugleich in einer memorierbaren Anordnung zusammen. Um die oben (S. 206) zitierte Definition des Mythos von Christian Zgoll zu konkretisieren, wäre zu sagen, dass der vorgegebene mythische Stoff (die Erzählung von Christi Leiden, Sterben und Auferstehen) in solchen Kurztexten des Glaubens als ein Geschehen „von kollektiver Bedeutsamkeit“ zusammengefasst wurde, „in dem sich eine transformierende und transzendierende Auseinandersetzung mit angenommenen Wirklichkeiten verdichtet“ – nämlich in der Begegnung mit dem Auferstandenen, dies aber (und hier wird eine mythische Lesart christlicher Glaubensregeln relevant) „auf dem Hintergrund bereits vorhandener Stoffe“. Was bedeutet das? Die particula veri der skizzierten religionsgeschichtlichen Ableitungen bei Bousset liegt darin, dass sich, wenn schon nicht vorausliegende Texte, so doch analoge Erzählformen in der antiken Literatur dingfest machen lassen, die zur Plausibilisierung des urchristlichen Kergymas beigetragen haben. Von einem leidenden, sterbenden und auferstehenden Gott zu sprechen ist einerseits ein christliches Spezifikum, hat andererseits aber Parallelen in anderen 65 Tertullian, Apol. 23,12 (FC 62, 182,26 Georges); vgl. ebd. Anm. 335 zur tertullianischen Ironie, die in dieser Wendung liegt, und zum biblischen Hintergrund, wonach die Dämonen Christus bekennen müssen, wenn sie ihn treffen (Mk 1,24; 3,11; 5,7 par.; Lk 4,41).

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Mythen der Antike. Während deren Rezeption in der spätantiken christlichen Literatur oft behandelt worden ist66, steht eine Würdigung der Verwendung mythischer Argumentationsformen zur Etablierung christlicher Glaubensgrundlagen noch aus – genau das ist zu beobachten, wenn Tertullian von „Christus und seiner Fabel“ spricht und eine regula fidei vorausschickt. Um noch einen Schritt weiter zu gehen: Wenn man die Debatten des 4. Jahrhunderts über die Dreieinigkeit Gottes betrachtet, insbesondere den Ertrag, der sich um 381 herauskristallisierte, nämlich von einem Wesen (οὐσία) Gottes und drei individuierten Seinsweisen (ὑποστάσεις), die alle einander „wesensgleich“ (ὁμοούσιος) sind, zu sprechen67 – dann fällt umso mehr auf, dass das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis auf solche begrifflichen Feinheiten weitgehend verzichtet, sich wo immer möglich einer biblisch abgestützten Begrifflichkeit bedient und trotz aller Subtilität der innertrinitarischen Verhältnisbestimmung den Schwerpunkt auf die Heilsgeschichte, insbesondere auf das Christusgeschehen, legt.68 Es ist genau diese Struktur, die wir schon in den Glaubensregeln bei Irenaeus69 und Tertullian70, aber auch in frühen Tauffragen71 finden, wobei das NizänoKonstantinopolitanum einer Definition der ewigen Abkunft Christi und seiner Wesensgleichheit mit dem Vater voranstellt und damit einen wesentlichen Ertrag des trinitarischen Streits aufgreift. Der heilsgeschichtliche Abriss, den ich als Christusmythos bezeichnen möchte, wird aber genau wie im Apostolicum und in dessen Frühformen geboten, die seit dem 4. Jahrhundert greifbar sind.72 Folgt man dieser Spur, wird deutlich: Die Grundstruktur des christlichen Glaubens, wie sie in neutestamentlichen Homologien, frühchristlichen Glaubensregeln und spätantiken deklaratorischen Bekenntnissen expliziert wird, ist von vertikalen Bewegungen, von Abstieg und Aufstieg geprägt. Sie ist – wenn man es schematisch ausdrücken will – eher paulinisch und johanneisch, weniger evan66 R ahner, Griechische Mythen; jüngere Forschungen dokumentieren zwei Sammelbände: von Haehling, Griechische Mythologie und frühes Christentum; Leppin, Antike Mythologie in christlichen Kontexten. 67  So der Brief der konstantinopolitanischen Synode des Folgejahres an Damasus von Rom und die Bischöfe des Westens (COGD I, 61,181–62,206). Eine andere Frage ist es, ob mit dieser Formel als solcher schon die Pointe des trinitarischen und pneumatologischen Dogmas getroffen ist; vgl. hierzu Markschies, „Kappadozische Trinitätstheologie“, 196–237. 68 Text: COGD I, 57,1–34. 69 Irenaeus, Epid. 6; haer. I 10,1 (FC 8/1, 36¸198,1–200,4 Brox); vgl. auch Haer. III 4,2; 16,6 (FC 8/3, 40,2–11; 200,7–202,6 Brox). Vgl. zu vergleichbaren Fassungen der Glaubensregel um 200 n. Chr. Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse, 80–86. 70 Neben Apol. 21,14 (s. o.) vgl. noch praescr. 13,1–5; 36,5 (FC 42, 256,1–16; 306,2–8 Schleyer); Adv. Prax. 2,1 (FC 34, 102,6–104,6 Sieben). Dazu Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse, 88–90. 71 Vgl. Wolfram Kinzig, „… natum et passum etc.“, 127–141 (Edition der Texte der erhaltenen spätantiken Tauffragen). 72 Zu diesem Glaubensbekenntnis und seiner Genese vgl. jetzt Kinzig, Apostolisches Glaubensbekenntnis und Gemeinhardt, Vom Werden des Apostolikums.

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gelisch, d. h. synoptisch inspiriert: Die Zeit zwischen Geburt und Tod Jesu spielt für diese konzisen Christusbekenntnisse keine Rolle. Das verdient genaueres Hinsehen.73 Es ist für das christliche Wirklichkeitsverständnis – nicht nur in der Spätantike – konstitutiv, dass Gott in Christus zeigt, dass er Herr über Leben und Tod ist, und zwar konkret an der Herabkunft seines Sohnes aus der göttlichen Sphäre auf die Welt, ja bis ins Totenreich, und an seiner Auferstehung von den Toten und Auffahrt in den Himmel. Die Selbstentäußerung Christi, die letztlich wieder in seine Erhöhung mündet (Phil 2,5–11), der Abstieg in die Hölle (1 Petr 3,19 f.), die in den kanonischen Evangelien übereinstimmend berichtete Auferstehung von den Toten, die Himmelfahrt und das „Sitzen zur Rechten Gottes“ (Ps 110,1 LXX) werden je für sich und als Ensemble zu narrativen Interpretamenten des Weges Christi, und d. h. eben: zum Christusmythos. Die These der alten Religionsgeschichtler von dem ab‑ und aufsteigenden Gott ist also nicht falsch – nur ist dies tatsächlich ein innerbiblischer Mythos, dessen Vorläufer und Parallelen außerhalb der frühchristlichen Theologie nicht primär in literarischen oder kultischen Texten, sondern in religiösen Denk‑ und Erzählformen zu suchen sind. Was bringt es nun, solche Bekenntnisformulierungen und Argumentationsstrukturen mythisch zu nennen? Wenn Mythen, nach Sellin den „Referenzrahmen für die gegenwärtige Wirklichkeit“ konstituieren, dann tun sie das, indem sie Vergangenes in Erinnerung rufen und es zugleich als gegenwärtig wirksam inszenieren. Sie sind demnach als performative Sprechakte zu verstehen. Das heißt auf der Ebene der Textpragmatik, dass beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses – sei es im Gottesdienst, was erst im späten 5. Jahrhundert üblich wurde, oder bei der Taufe, was seit der Mitte des 4. Jahrhunderts bezeugt ist – das Christusgeschehen nicht nur memoriert, sondern auch aktualisiert wird, indem der Täufling symbolisch mit Christus stirbt und aufersteht und sich dadurch in einen neuen Raum geistlicher Wirklichkeit versetzt vorfindet. Zugleich wird er in die Gemeinschaft der Heiligen inkorporiert, deren Bestand und Identität jedes Mal bekräftigt wird, wenn der Mythos, der diese Identität stiftet und stabilisiert, dargeboten wird. Stiftung und Stabilisierung geschehen in besonderer Weise bei der Initiation in die christliche Existenz, also bei der Taufe, für die das individuelle und kollektive Bekenntnis zu Christus (bis heute) grundlegend ist – und die schon bei Paulus als Bewegung nach unten und oben, von Tod und Auferstehen, beschrieben wird (Röm 6,3–5). Um diese christoforme Grundbewegung sollten die Taufanwärter wissen – und ebenso die schon Getauften; galt doch für die Taufe Christi Anweisung, „alle Menschen“ in den Stand zu versetzen, Jünger zu sein (μαθητεύειν), sie zu taufen (βαπτίζειν) und sie dann fortlaufend in den christlichen Lebensstil einzuweisen (διδάσκειν; Mt 28,19 f.). Für 73 Das Folgende wird jetzt mit zahlreichen Quellenbelegen ausgeführt in Gemeinhardt, Sphärenwechsel im Christusmythos.

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diesen pädagogischen Zusammenhang war der Christusmythos grundlegend, und ihn nach Menschenmöglichkeit nachzuvollziehen war das Ziel spätantiker christlicher Katechese.74 Ich möchte an einem Beispiel erläutern, wie der Christusmythos als Leitfaden dafür dienen konnte, was ein Christ von Christus wissen musste. Es handelt sich um die Katechesen Kyrills von Jerusalem, die um 350 n. Chr. gehalten wurden und damit die älteste erhaltene Reihe von christlichen Taufkatechesen überhaupt sind. Kyrill entfaltet das Christusgeschehen an verschiedenen Stellen seiner insgesamt achtzehn Katechesen. Dabei merkt er an, man solle „bei der Verlesung der Evangelien nicht meinen, was die heiligen Evangelien erzählen, sei nur Mythos und Dichtung“  – was im Blick auf unsere Fragestellung die charakteristische Abgrenzung christlicher Theologen gegenüber Mythischem und Mythologischem bezeugt.75 Entscheidend aber ist, wie Kyrill das Glaubensbekenntnis seiner Unterweisung zugrunde legt und unter extensiver Zitation von Bibelstellen die Heilsgeschichte zur Sprache bringt, die im Bekenntnis in größter Abbreviatur enthalten ist. Dabei lässt sich beobachten, dass der Mythos vom Abstieg und Aufstieg Christi nicht einfach biblische Christusbekenntnisse repetiert, sondern eine gesamtbiblische Perspektive anlegt, aber auch signifikante Akzente setzt, etwa hinsichtlich des biblisch eher randständigen descensus ad inferos (1 Petr 3,19 f.): „Ich glaube, daß Christus von den Toten auferstanden ist. Vielfach bezeugt mir dies die göttliche Schrift und die bis heute wunderbar wirkende Tätigkeit des Auferstandenen. Allein stieg er in die Unterwelt, in reichem Gefolge verließ er sie. Er stieg in den Tod hinab, und viele Körper der entschlafenen Heiligen wurden durch ihn erweckt.“76

Dieser Abstieg wird allerdings mit dramatischen Folgen geschildert: „Der Tod erschrak, als er sah, wie ein Fremder in die Unterwelt kam, ohne von den Ketten des Todes gefesselt zu sein. Warum, ihr Torhüter der Unterwelt, seid ihr bei seinem Anblick erschrocken? Vor wem habt ihr wider eure Gewohnheit euch gefürchtet? Der Tod floh und hat durch seine Flucht seine Furchtsamkeit verraten.“77 74 Zum christlichen Katechumenat vgl. summarisch Pasquato/Brakmann, Katechese (Katechismus), 422–496; Metzger, Katechumenat, 497–574. 75 Kyrill von Jerusalem, Catech. 14,2 (Sancti Patris Nostri Cyrilli Hierosolymarum archiepiscopi opera quae supersunt omnia, ed. W. K. Reischl/J. Rupp, Bd. I, München 1848 [ND Hildesheim 1967], 108): ἵνα τῶν εὐαγγελίων ἀναγινωσκομένων μὴ μῦθοι μηδὲ ῥαψῳδίαι νομίζωνται τῶν ἁγίων εὐαγγελίων αἱ διηγήσεις. Übers.: Philipp Haeuser, Des heiligen Cyrillus, Bischofs von Jerusalem, Katechesen, BKV 41, Kempten/München 1922, 236. 76 Kyrill von Jerusalem, Catech. 14,18 (132 Reischl/Rupp): πιστεύω ὅτι καὶ Χριστὸς ἐκ νεκρῶν ἐγήγερται. πολλὰς γὰρ ἔχω τὰς περὶ τούτου μαρτυρίας, ἔκ τε τῶν θείων γραφῶν καὶ ἐκ τῆς μέχρι σήμερον τοῦ ἀναστάντος ἐνεργείας, τοῦ μόνου μὲν καταβάντος εἰς ᾅδην, πολλοστοῦ δὲ ἀναβάντος. κατῆλθε γὰρ εἰς τὸν θάνατον, καὶ πολλὰ σώματα τῶν κεκοιμημένων ἁγίων ἠγέρθη δι’ αὐτοῦ. Übers. Haeuser, Katechesen (Anm. 75), 249. 77 Kyrill von Jerusalem, Catech. 14,19 (132 Reischl/Rupp):  Ἐξεπλάγη ὁ θάνατος θεωρήσας καινόν τινα κατελθόντα εἰς ᾅδην δεσμοῖς τοῖς αὐτόθι μὴ κατεχόμενον. τίνος ἕνεκεν, ὦ πυλωροὶ

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Hier wird also der Widersacher Gottes personalisiert und als von Christus besiegt beschrieben – eine narrative Fiktion, die, so Sellin, für den Mythos charakteristisch ist und die eine narratologische Analyse von Erzählstrukturen auf dem Weg von Personifikationen ermöglicht.78 Wichtig ist aber auch, dass Christus, der in die größte Tiefe geht, wesenhaft aus der höchsten Höhe kommt – und dorthin, woher er ursprünglich gekommen ist, am Ende auch zurückkehrt: „Wir dulden nicht, daß man böswillig behauptet, der Sohn habe erst nach der Kreuzigung, der Auferstehung und Himmelfahrt angefangen, zur Rechten des Vaters zu sitzen. Denn nicht erst im Laufe der Zeit erhielt er den Thron; sondern seitdem er ist – und er ist von Ewigkeit her gezeugt –, sitzt er zugleich mit dem Vater. Diesen Thron hat der Prophet Jesaja vor der Menschwerdung des Erlösers geschaut, da er sagt: ‚Ich sah den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Throne‘ (Jes 6,1). Denn da ‚den Vater noch nie jemand gesehen hat‘ (Joh 1,18), so war der, welcher dem Propheten seinerzeit erschienen war, der Sohn.“79

Hier wird deutlich, dass die zeitgleichen Debatten über die Göttlichkeit und ewige Sohnschaft Christi auch den Katecheten nicht kalt ließen; und so ist bezeichnend, dass mit Ps 110,1 LXX nicht nur das Ziel, sondern auch der Beginn des Weges Christi markiert wird, wofür wiederum das Zeugnis des Propheten Jesaja in Anspruch genommen wird. Dieses exegetische Verfahren, das seinerzeit weit verbreitet war, wird dadurch plausibel, dass – mit Theißen – der Mythos thematisiert, „was in einer Gruppe und Gesellschaft unbefragte ‚Dogmatik‘ ist“. Der Katechet beruft sich auf einen bestehenden, in seiner Gemeinschaft nicht bezweifelten Zusammenhang von Glaubensinhalten und hermeneutischen Operationen, also auf ein biblisch und traditionell abgestütztes Fundament, auf dem sich christliche Existenz entfalten soll. Genau das passiert in Glaubensregeln und Bekenntnissen, in Liturgie und Katechetik, und Kyrills Katechesen bieten uns eine hervorragende Möglichkeit, nachzuvollziehen, wie diese ‚implizite‘ Dogmatik von Abstiegs‑ und Aufstiegsbewegungen expliziert wird. Und das ist dann auch religionsgeschichtlich interessant: Gerade an der Strukturierung des Mythos durch Abwärts‑ und Aufwärtsbewegungen wird deutlich, dass sich das Christentum hier einer Plausibilitätsstruktur bedient, die nicht einen gnostischen Erlösermythos voraussetzt, sondern analoge Erzählungen im griechisch-römischen und hellenistisch-jüdischen Traditionsbestand. Charles ᾅδου, τοῦτον ἰδόντες ἐπτήξασθε; τίς ὁ κατέχων ὑμᾶς ἀσυνήθης φόβος; ἔφυγεν ὁ θάνατος καὶ φυγῇ τὴν δειλίαν ἠλέγχετο. Übers. Haeuser, Katechesen (Anm. 75), 249. 78 Sellin, Mythos als Gattung, 255. 79 Kyrill von Jerusalem, Catech. 14,27 (144–146 Reischl/Rupp): μήτε δὲ ἀνεχώμεθα τῶν λεγόντων κακῶς, ὅτι μετὰ τὸν σταυρὸν καὶ τὴν ἀνάστασιν καὶ τὴν εἰς οὐρανοὺς ἄνοδον τότε ἤρξατο τοῦ ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρὸς καθέζεσθαι ὁ υἱός. οὐ γὰρ ἐκ προκοπῆς ἔσχε τὸν θρόνον, ἀλλὰ ἀφ’ οὗπερ ἔστιν, (ἔστι δὲ ἀεὶ γεννηθείς,) καὶ συγκαθέζεται τῷ πατρί. καὶ τοῦτον τὸν θρόνον πρὸ τῆς ἐνσάρκου παρουσίας τοῦ σωτῆρος ἑωρακὼς ὁ προφήτης φησὶν  Ἡσαΐας· εἶδον τὸν κύριον καθήμενον ἐπὶ θρόνου ὑψηλοῦ καὶ ἐπηρμένου, καὶ τὰ ἑξῆς. τὸν πατέρα μὲν γὰρ οὐδεὶς ἑώρακε πώποτε, ὁ δὲ τῷ προφήτῃ τότε φανεὶς ὁ υἱὸς ἦν. Übers. Haeuser, Katechesen (Anm. 75), 256.

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Talbert hat schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen, dass die Frage religionsgeschichtlicher Ableitungen einfacher zu beantworten ist als bei Bousset und anderen, wenn man beispielsweise die bei römischen Klassikern überlieferten Mythen, aber auch die jüdische Weisheitsliteratur als Strukturparallelen einbezieht, denn hier begegnen vielfach Sphärenwechsel zum und vom Göttlichen: So werden in Ovids Metamorphosen Jupiter und Merkur bei Philemon und Baucis vorstellig  – entsprechend meinte man in Lystra (nach Apg 14,12) in Barnabas Zeus und in Paulus Hermes zu erkennen; weiterhin wäre nach Talbert auf die Identifikation von Augustus mit dem Sphärenwanderer Merkur bei Horaz hinzuweisen.80 Aus dem hellenistisch-jüdischen Traditionsbereich verweist Talbert u. a. auf weisheitliche, angelologische und mit dem Logosbegriff verbundene Vorstellungen personaler Sphärenwanderer, die zeigen, dass ein mit Abstieg und Aufstieg operierender Mythos in der hellenistischen Welt weit verbreitet war.81 Diese Erzählform könnte ebenso wie der pagane Mythos für das frühe Christentum stilbildend geworden sein, so dass sich neue Möglichkeiten religionsgeschichtlicher Genealogien ergeben82, wofür Talbert auf christliche Autoren und Texte des 2. Jahrhunderts wie Justin und Tertullian (s. o.), den Pastor Hermae und die Sibyllinischen Orakel verweist.83 Die Inanspruchnahme mythischen Denkens und Erzählens in diesem hellenistisch-jüdischen religionsgeschichtlichen Umfeld zu lozieren und dann in der beschriebenen Weise die Etablierung und Plausibilisierung christlicher Glaubens‑ und Lebensweisen als Explikation des Christusmythos zu untersuchen scheint eine äußerst vielversprechende Perspektivenerweiterung auf die Logik christlicher Existenz in der Spätantike zu eröffnen – eine ‚Mytho-Logik‘ im beschriebenen Sinne. Das impliziert keineswegs eine Relativierung oder gar Depotenzierung des Christusgeschehens: Dass Gott in Christus Mensch wird, stirbt und aufersteht, bleibt das christliche Proprium. Doch damit stellt sich neu die Frage nach dem Verhältnis von Mythos und Geschichte, d. h. nach deren – in antiker und weithin auch moderner Sicht  – prinzipiellen Unverträglichkeit: Die in den Mythen überlieferten Dinge „geschahen niemals, sind aber immer“, so der spät80 Talbert, Descending-Ascending Redeemer, 85 f.; vgl. Ovid, Met. VIII 626–721; Horaz, Carmen 1,2. Talberts Fazit (a. a. O. 86) lautet: „A Greco-Roman mythology of descending-ascending gods who appear on earth for redemptive purposes both existed early enough to be available for Christian appropriation and had, by the beginning of our era, already been used to interpret the lives of historical figures.“ 81 Talbert, Descending-Ascending Redeemer, 87–98; vgl. zum breiten Spektrum an jüdischhellenistischen Texten, insbesondere Flavius Josephus, und dem darin beobachtbaren Umgang mit Mythen vgl. Bloch, Moses und der Mythos; zu diesem Thema im rabbinischen Judentum vgl. Schmitz/Zanella/Heydasch-Lehmann, Mythos, 484–487. 82 Vgl. Talbert, Descending-Ascending Redeemer, 98: „Since Jewish and pagan mythology employed, from pre-Christian times, a pattern (descent-ascent) and a function (soteriological) analogous to that of the Christian myth of the redeemer, either could conceivably have been the source of the Christian usage.“ 83 Talbert, a. a. O., 99–104.

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antike Neuplatoniker Salustios.84 Das bedeutet aus meiner Sicht aber keineswegs, dass sich die christliche Theologie nicht mythischem Denken und Erzählen konstruktiv zuwenden sollte; es scheint vielmehr, dass die mythische Erzählstruktur einen geschichtlichen Haftpunkt nicht nur nicht ausschließt, sondern von ihm in besonderer Weise profitieren kann  – zumal bei einem Gottesbild, dessen Verankerung in der Geschichte des Volkes Israel auch für die christliche Theologie unaufgebbar war. Dies hat dann auch, wie in einem letzten und kurzen Schritt zu zeigen ist, Auswirkungen für eine auf den Mythos rekurrierende religiöse Praxis.

4. Wiederkehr des immer Gleichen? Mythos und Martyrologie Die eingangs beschriebene disziplinäre Schranke zwischen Neuem Testament und Patristik wird in überraschender Weise erneut befestigt, wo zwischen dem urchristlichen Christusmythos und späteren Imitationen von dessen Leidensweg kategorisch unterschieden wird. Alles, was auf die einmal erfolgte Konstitution von Wirklichkeit im Mythos folgt, kann nach Sellin  – wie oben erwähnt  –, nur Nachahmung eines ethischen Vorbildes sein, keine Setzung einer neuen Wirklichkeit, und damit nicht Mythos, sondern – man muss wohl sagen: nur – Legende. Die Schwierigkeit, eine Gattung ‚Legende‘ literaturwissenschaftlich und hagiographisch zu identifizieren, sei hier nur erwähnt.85 Wichtiger ist folgende Frage: Ist der Christusmythos der einzige Mythos im Christentum? Die Pointe der altkirchlichen Christologie ist zweifellos die Einzigartigkeit Christi als Erlöser. Doch galt weiterhin die Forderung der Nachfolge Christi, und die Zeitgenossen wussten sehr genau, wer diese im Vollsinne geübt hatte: die ‚Blutzeugen‘ (Märtyrer) und in späterer Zeit Jungfrauen, Asketen oder Bischöfe, die als Heilige galten. Die Quellen nennen dies explizit ‚Nachahmung‘ (μίμησις). Aber ist es ‚nur‘ imitatio? Nach Theißen ist es – wie oben (S. 213) zitiert – für Mythen charakteristisch, dass sie „einen instabilen Zustand in einen stabilen überführen“. Genau das war 84 Salustios,

De diis et mundo 4,9: Ταῦτα δὲ ἐγένετο μὲν οὐδέποτε, ἔστι δὲ ἀεί. mittelalterliche, auf die liturgische Lesung Bezug nehmende Wortgebrauch (hierzu Köpf, Legende, 176 f.; Gemeinhardt, Legend) ist bei Sellin offensichtlich nicht im Blick, eher die Entgegensetzung von Geschichte und (ungeschichtlicher) Legende bei Bultmann, Geschichte der synoptischen Tradition, 260–346, was freilich dem Anspruch christlicher Märtyrer‑ und Heiligenerzählungen auf historische Authentizität nicht gerecht wird (wie auch immer dieser Anspruch im konkreten Fall eingelöst wird). Fruchtbarer könnte die Definition von „Legende“ sein, wie sie z. B. einer neueren literaturwissenschaftlichen Untersuchung mittelalterlicher hagiographischer Texte zugrundeliegt (Hammer, Erzählen vom Heiligen. 2): „Legenden berichten von Personen, die, allgemein gefasst, zwischen Immanenz und Transzendenz vermitteln, deren Distanz sie zwar nicht aufheben, aber zumindest überbrücken können.“ 85 Der

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aber die Hoffnung, mit der die Forderung einer μίμησις Χριστοῦ motiviert wurde. Die Lebensumstände der Christen in der Frühzeit waren zwar nicht immer und überall gleichermaßen prekär, aber grundsätzlich weder in rechtlichem noch in politischem Sinne stabil: Es gab zunächst individuelle, seit der Mitte des 3. Jahrhunderts dann auch kollektive Bedrohungssituationen, in denen Christen ihres Christseins beschuldigt und, wenn sie die Teilnahme an den öffentlichen Kulten und Opfern fortwährend verweigerten, bestraft, ja sogar hingerichtet wurden. Vordergründig agierten in solchen Szenarien die römischen Behörden, tatsächlich aber – so die in der Märtyrerliteratur vorgetragene Deutung – der Teufel, der die Christen zum Abfall von Christus zu bewegen suchte. Stabilisiert wurde die Situation (erneut) mit dem Tod des Märtyrers oder der Märtyrerin, der oder die sich geweigert hatte, zugunsten des Erhalts des eigenen Lebens auf Leiden und Tod zu verzichten und damit Christus zu verleugnen – und die Hoffnung auf unmittelbare Auferstehung dahinzugeben. Belohnt wurde solche Standhaftigkeit, so erstmals ausdrücklich Tertullian, mit der Gewissheit, sofort in den Himmel zu gelangen.86 Die Märtyrerliteratur basiert also auf der Aufstiegsperspektive – die explizit an das Geschick Christi geknüpft wird. Der Christusmythos steht nicht nur im Hintergrund, sondern wird gewissermaßen anhand anderer Protagonisten neu erzählt und damit für die (noch) Lebenden vergegenwärtigt. Wie aber Christus nicht nur eine mythische, sondern auch eine geschichtliche Gestalt war und die Realität seines Leidens und Sterbens von christlichen Theologen nachdrücklich verteidigt wurde, so berichten auch die Märtyrermythen von realen Schmerzen und vom physischen Tod, zeichnen also das Christusgeschehen in seinen zentralen Details  – die auch in den Glaubensregeln derselben Zeit zum Ausdruck kamen  – nach.87 Insofern scheint es mir nicht sachgerecht, solche Texte „nur“ als Legenden zu betrachten. Interessant ist vielmehr, dass und wie Christusnachfolge hier gerade nicht (nur) ethisch, sondern vor allem eschatologisch inszeniert wird.88 Der Christusmythos wird dabei allerdings in einer Hinsicht verkürzt, nämlich um den Abstieg ins Totenreich: Wie die Märtyrer keine Inkarnation erleben, folgen sie Christus sofort in der Auferstehung nach, früher als andere, aber sogleich auch für andere. Leiden und Tod Christi für uns wiederholen sich bei 86 Tertullian, Anim. 55,3–5 (CChr.SL 2, 862,23–863,40 Waszink); der Gedanke ist bereits präsent in M. Scill. 15 (TU 172, 94,12 f. Seeliger/Wischmeyer) und M. Just. (rec. A) 5,1–3 (a. a. O. 110,1–5) sowie M. Polyc. 14,2 (Herbert Musurillo [Hg.], The Acts of the Christian Martyrs, Oxford 1972, 12,25–31), aber (noch) nicht als eindeutige Differenz zu allen anderen Menschen; vgl. auch Clemens von Alexandrien, Str. IV 14,2 (GCS Clem. II, 254,27–255,1 Stählin/Früchtel/ Treu); vgl. insgesamt Gemeinhardt, „Tota paradisi clauis tuus sanguis est“, 97–122; wieder in: Ders., Die Kirche und ihre Heiligen, 193–218. 87 Zu vergleichbaren Einsichten gelangt anhand eines prominenten Textbeispiels Habermehl, Perpetua und der Ägypter, bes. 259–266. 88 Hierzu knapp Gemeinhardt, „Nicht Mutige, sondern Flüchtlinge bedürfen des Mythos“, 265–269 und demnächst ausführlicher ders., Eschatological Motives and Patterns.

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den Märtyrern in spezifischer Brechung: Sie sind und werden nicht weitere ‚Christusse‘, aber christoforme Menschen.89 Sie fungieren daher nicht nur und auch nicht in erster Linie als ethische Vorbilder, sondern realisieren den Mythos je für sich – und überführen damit jeder und jede für sich eine instabile in eine stabile Situation.90 Obwohl am Sieg Christi über den Teufel nicht zu zweifeln ist, heißt Nachfolge, diesen Sieg ein weiteres Mal zu erringen, und an dieser Herausforderung kann man durchaus scheitern (mit dramatischen Folgen für die individuellen Heilsaussichten). Vergegenwärtigung ist also auch hier nicht lediglich Erinnern von Geschehenem, sondern Aktualisierung von Vergangenem, das in die Gegenwart hineinwirkt. Nicht das Heil der Welt steht im individuellen Martyrium auf dem Spiel, sondern das Heil des einzelnen Märtyrers, damit aber auch das Heil der Gemeinschaft, der er entstammt, für die er ein weiteres Mal die Hoffnung auf Erlösung bezeugt, die der Christusmythos begründet. In diesem Sinne handelt es sich bei den getöteten Christen und Christinnen um „Zeugen“ (μάρτυρες). Die Gemeinde gedenkt ihrer und verehrt sie an ihren Gräbern – in denen sie freilich im Vollsinn gar nicht mehr sind. Ob der Mythos irgendwann doch quasi zur Legende „herabsinkt“ – indem z. B. der Reliquienkult die imitatio in den Hintergrund drängt –, wäre andernorts zu diskutieren.

5. Schluss: Christologie als Christusmythos Die Hinweise zum Märtyrermythos im vorigen Abschnitt sollten noch einmal untermauern, was zuvor zum Christusmythos gesagt worden war: Die Anwendung eines modernen Mythosverständnisses auf frühchristliche Texte kann dazu verhelfen, deren narrative Logik zu erhellen und ihre Bedeutsamkeit als grundlegende, ja Wirklichkeit konstituierende und damit performative Texte zu plausibilisieren. Die Frage nach dem Mythos als Medium der Christologie hat dabei eine funktionale und eine inhaltliche Seite: Der narrativen Inszenierung des Christusgeschehens durch mythische Argumentationsmuster tritt die Beobachtung zur Seite, dass sich der Stoff der Christusgeschichte – gerade in Bezug auf vertikale Sphärenwechsel  – auch in anderen antiken Texten paganer und jüdischer Provenienz finden lässt – und natürlich auch in „gnostischen“ Erlösermythen, die jedoch in die Wirkungs-, nicht in die Vorgeschichte des Neuen Testaments gehören. Es ist – so verstanden – nicht nur der Dichter und nicht nur der Philosoph, der die Menschen „durch Mythen und Geschichten“ erzieht, 89 Zu dieser Angleichung der Märtyrer an Christus, die in manchen Fällen auch zur Identifizierung tendieren konnte, vgl. Moss, Other Christs. 90 Zur Anwendung des auch von Sellin, Mythos als Gattung, 255 herangezogenen Aktantenmodells von Jean Greimas auf christlich-mythische Texte wie Märtyrerakten oder Heiligenviten vgl. Gemeinhardt, Christian Hagiography and Narratology, 32–35 (wieder in: ders., Die Kirche und ihre Heiligen, 321–323).

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wie es Dion von Prusa formulierte91, es ist auch der christliche Theologe und Katechet. Es bleibt die Frage, warum christliche Theologen die Form des Mythos wählten: Ich würde antworten: weil sie in Apologetik und Katechetik an vertraute narrative Muster und Stoffe anknüpfen konnten. Eine Darbietung von Christologie als Christusmythos, wie sie in Kyrills Katechesen zu beobachten ist, war in spezifischer Weise geeignet, Nichtchristen den Glauben an den inkarnierten, gestorbenen und auferstandenen Erlöser zu vermitteln. Es konnte mit narrativen Elementen gearbeitet und an Stoffe angeknüpft werden, die in der Schule gelernt und nachhaltig, ja unauslöschlich eingeschärft worden waren, zumindest den Gebildeten unter den am Christentum Interessierten.92 So gesehen ließe sich der Mythos als ein Teil des christlichen Erfolgsrezeptes in der Spätantike verstehen. Dann wäre die Titelfrage nach Christologie oder Christusmythos so zu formulieren, dass die Christologie gerade als Christusmythos ihre besondere Überzeugungskraft entfaltete. Denn damit wurden Erzählfiguren aufgegriffen, die den Gebildeten unter den Verächtern des Christentums, aber auch den literarisch Beschlagenen in seinen eigenen Reihen vertraut waren. Mythische Stoffe prägten durch literarische Texte, aber auch – und für die meisten Menschen in erster Linie – durch bildhafte Darstellungen und kultische Praktiken das religiöse (Er‑) Leben. Das Neue und Besondere der Christusbotschaft fand hier Denk‑ und Erzählformen, die Chancen zur Anknüpfung und zugleich zur Transformierung bestehender Vorstellungen von Gott, Göttern und Göttlichem eröffneten. Und das gilt nicht nur in apologetischer Abzielung, sondern – wie in Abschnitt III. dargestellt – gerade auch für die interne Kommunikation über den christlichen Glauben. Zugespitzt formuliert, könnte gerade die Besinnung auf den Mythos neue Perspektiven auf das christliche Sprechen über den Logos eröffnen. Wenn das zutrifft, wäre der Mythos gemäß dem hier vertretenen Konzept aber auch über das antike Christentum hinaus ein Thema par excellence für interdisziplinäre und komparatistische Untersuchungen zur Religionsgeschichte der Antike.

91 Dion Chrysostomus, Or. 55,11: διά τε μύθων καὶ ἱστορίας. Vgl. Meiser, Neuzeitliche Mythosdiskussion, 148. 92 Dass sich die pagane Schullektüre ins Gedächtnis einbrenne und auch dem Christ Gewordenen  – ob er es wolle oder nicht  – zu Gebote stehe, ist ein Lieblingsthema bei Hieronymus, sei es zur Rechtfertigung seiner Klassikerkenntnis (Ep. 10,3,3 [CSEL 54, 38,5–10 Hilberg]; Adv. Rufin. I 30 [CChr.SL 79, 30,41–53 Lardet]) oder zur Begründung, warum man ein junges Mädchen anhand von christlicher Literatur statt der üblichen Schullektüre im Lesen und Schreiben unterweisen möge (Ep. 107,4,6 [CSEL 55, 295,9–13 Hilberg]), um von vorneherein eine „Kontamination“ mit Mythen zu verhindern; ähnlich Johannes Cassian, Coll. XIV 13,2 (CSEL 13, 414,25–28 Petschenig/Kreuz); dazu Gemeinhardt, Das lateinische Christentum, 396.432 f.

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Christologie oder Christusmythos?

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Talbert, Ch. H., The Myth of a Descending-Ascending Redeemer in Mediterranean Antiquity, in: ders., The Development of Christology during the First Hundred Years. And other Essays on Early Christian Christology, NT.S 140, Leiden/Boston 2011, 83–111. Theiẞen, G., Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000 (42008). Thomassen, E., Gnosis, Gnosticism, EBR 10 (2015), 341–344.361–363. Zgoll, Chr., „… und doch sind auch Wahrheitskörner darin.“ Zum Verhältnis von „Mythos“ und „Wahrheit“ am Beispiel des Erechtheus-Mythos, Glaube und Denken. Jahrbuch der Karl-Heim-Gesellschaft 27, 2014, 181–205. Zincone, S., Mythology, Encyclopedia of Ancient Christianity 2, 2014, 856 f.

Die Vater-Anrede des Lukasevangeliums, Vetus Latina Eine Problemanzeige Annette Weissenrieder In seinem Aufsatz „Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen“ von 1916 beschäftigt sich Walter Benjamin mit dem Immer-schonÜbersetzt-Sein von Sprachen und schreibt: „Seine volle Bedeutung gewinnt er (der Begriff der Übersetzung) in der Einsicht, daß jede höhere Sprache (mit Ausnahme des Wortes Gottes) als Übersetzung aller anderen betrachtet werden kann.“1 Wenn Benjamin weiter ausführt, dass die Übersetzung „Kontinua der Verwandlung, nicht abstrakte Gleichheits‑ und Ähnlichkeitsbezirke durchmisst“2, meint er damit, dass der performative Charakter des Übersetzens in den Vordergrund tritt. Es ist wohl dieser Gedanke, der Benjamin zum Referenzpunkt zahlreicher Übersetzungstheorien werden lässt, besonders aber für diejenigen, die von einer kulturellen Übersetzung sprechen.3 Grundlegend für den Ansatzpunkt der kulturellen Übersetzung ist, dass Übersetzungen nicht (nur) Traditionen bewahren, sondern (auch) Neues erzeugen.4 Der kulturellen und damit auch religiösen Differenz einen Raum zu geben, bedeutet, sie in ihrer Fremdheit sichtbar zu machen und sie durch diese Sichtbarkeit der Intelligibilität und Übersetzbarkeit anzunähern.5 Die Frage nach den Facetten der Übersetzbarkeit religiöser und kultureller Phänomene hellenistischer Texte im Blick auf das Neue Testament war eines der zentralen Anliegen von Georg Heinrici und er widmete dieser Idee ein Forschungsprojekt: das Corpus Hellenisticum. Berücksichtigt werden sollten griechische und lateinische Texte des Hellenismus, wobei er hier keine zeitliche (also die Zeit von der Eroberung durch Alexander des Großen 331 v. Chr. bis zu der Niederwerfung des Ptolemäerreiches 31 v. Chr.), sondern eine kulturgeschichtliche Grenzlinie zog, deren Hauptmerkmale er im Synkretismus

1 Benjamin, 2 Ebd.

3 Bhabha,

Medienästhetische Schriften, 76.

How Newness Enters the World. a. a. O., 227. 5 Bhabha, ebd. schreibt: „With the concept of ‚foreignness‘ Benjamin comes closest to describing the performativity of translation as the staging of cultural difference.“ 4 Bhabha,

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und im Universalismus zu finden glaubte.6 Neben der Fremdheit der Überlieferung war er freilich besonders an dem Verdikt der „Analogie“ interessiert, worunter Heinrici „entsprechende Thatsachen (sic) und Wahrheiten“7 fassen kann: „Der Kenner des Urchristentums trifft bei seiner Wanderung durch diese Litteratur (sic) überall auf Verwandtes. Da entsteht die Frage: lässt sich die NTliche Litteratur (sic), überhaupt die christliche Religion, als der Baum begreifen, welcher diesen Wurzeln entstammt? […] Inwieweit endlich erklären sich die Anfänge der christlichen Gemeindeverfassung aus sozialen und religiösen Organisationen des römisch-griechischen Weltreiches?“8 Die Frage nach den Facetten der Übersetzungen des griechischen Alten und Neuen Testaments ins Lateinische, der Vetus Latina oder  – inzwischen eher unüblich: der Itala9 –, steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des Wirkens des Vetus Latina-Instituts in Beuron und Birmingham und wird zudem im Rahmen der Forschungen zum Corpus Hellenisticum an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg vertieft. Und es ist das Verdienst von Bonifatius Fischer, in seinen zahlreichen Arbeiten, auf dieses Desiderat hingewiesen zu haben.10 Freilich ist diese Übersetzung ins Lateinische erst ansatzweise verfolgt worden, beispielsweise anhand der Frage, wie bestimmte grammatikalische Formen der griechischen Bibel ins Lateinische übersetzt werden, oder welche rhetorischen Besonderheiten in den unterschiedlichen Handschriften auftreten. Im Folgenden sollen zunächst ein zusammenfassender Überblick über den bisher erreichten Stand der Forschung gegeben und noch offene Fragenkomplexe aufgezeigt werden, um dann die Varianten der Vateranrede in Lk 11,2 zu analysieren und in einem dritten Schritt Analogien zu erwägen. Mit dieser exegetischen Zuspitzung nimmt der Aufsatz die Frage von Heinrici nach den Wurzeln der Vater-Anrede in Lk 11,2 VL auf.

 6 Heinrici, Hellenismus und Christentum, 6, wo er schreibt: „Es ist eine synkretistische Kultur, in der allerdings trotz aller Gegensätze das Streben nach einer universellen Weltanschauung liegt.“  7 Heinrici, Die urchristliche Überlieferung, 332.  8 Heinrici, Theologische Encyklopädie, 85.  9 Der Name Itala leitet sich von einem Zitat in De doctrina Christiana Augustins ab (2.11– 2.15), wo es heißt: Qui enim scripturas ex hebraea lingua in graecam verterunt numerari possunt, latini autem interpretes nullo modo. Ut enim cuique primis fidei temporibus in manus venit codex graecus et aliquantulum facultatis sibi urtuisque linguae habere videbatur, ausus est interpretari […] In ipsis autem interpretationibus Itala ceteris praeferatur, nam est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae. Der Begriff Itala ist jedoch umstritten und lässt sich nicht auf eine Bedeutung reduzieren, so dass man Bonifatius Fischer zustimmen sollte, der schreibt: „Heute wird er [Itala] besser vermieden, weil er unklar ist […].“ (Das Neue Testament in lateinischer Sprache, 1–92, hier 5). 10 Fischer, Überlieferung; Ders., Die lateinischen Evangelien; siehe zudem Fisher, Greek Translations of the Latin.

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1. Die Ursprünge der lateinischen Traditionen Ein erster Fragekomplex bezieht sich auf die Forschungsmethode: Darüber, wann und wo die Übersetzung der griechischen biblischen Schriften ins Lateinische begann, wer sich dafür verantwortlich zeichnete und wie man dabei vorging, gibt es keine verlässlichen Zeugnisse.11 Häufig wird auf die Gemeinden Roms verwiesen, doch galt Griechisch noch bis ins 3. Jh. als lingua franca. Clemens, Ignatius und Justin schreiben noch immer auf Griechisch. Indes wendet man sich außerhalb von Rom, besonders in Nordafrika, der lateinischen Übersetzung des Bibeltextes zu. So wissen wir von den Märtyrern von Scili in Afrika, die eine lateinische Version der Paulusbriefe mit sich führen. Einen ersten sicheren Hinweis auf die Existenz lateinischer Übersetzungen bieten möglicherweise die Schriften Cyprians von Karthago (gest. 258). Die vergleichsweise zahlreichen Zitate belegen ein Bemühen um eine Ähnlichkeit zu den griechischen Vorlagen und zeichnen sich etwa durch Wort-für-Wort-Übertragungen aus. Weil weder der griechische noch der lateinische Text einen normativen Charakter hatte, erfuhren die Texte viele Veränderungen. Gleichwohl ist es strittig, ob die verschiedenen Handschriften von nur einem Texttyp abzuleiten sind oder von mehreren Typen.12 Einige Einzeluntersuchungen weisen jedenfalls für die zwischentestamentarischen Bücher wie Weisheit, Sirach oder Makkabäerbücher eine Einheitlichkeit der Tradition aus, indes kann diese nicht für die Evangelien nachgewiesen werden.13 Bonifatius Fischer spricht hier vielmehr von einer „Kerngruppe des europäischen Textes“, doch scheint mir diese metaphorische Umschreibung nicht wirklich weiterführend, denn unklar ist doch, ob es sich hierbei um die Gruppe handelt, von der alle anderen abgeleitet werden können, oder aber die einflussreichste Gruppe unter einer Anzahl weiterer Gruppen.14 Der lateinische Bibeltext ist auf zweifache Weise überliefert. Für die direkte Überlieferung des altlateinischen Bibeltextes Altes und Neues Testament sind im aktuellen Beuroner Verzeichnis 495 Handschriften ausgewiesen,15 darunter fallen die 49 Evangelienhandschriften ebenso wie zahlreiche Fragmente und Vulgata-Handschriften mit Einschlag des altlateinischen Textes. Indes bleibt die zeitliche und geographische Einordnung der Texte oft schwierig. Und selbst wenn man weiß, wann und wo eine Handschrift entstanden ist, bleibt offen, woher die Vorlage stammt. Dass für die Handschriften Vorlagen unterschiedlicher 11 In der Forschung wird erwogen, ob man aus den Schriften Tertullians auf die Existenz eines lateinischen Bibeltextes schließen kann, wie Stummer, Einführung, 11 ff., meint. 12 So in jüngster Zeit Thomas Bauer; Houghton, The Latin New Testament; Burton, The Old Latin Gospels und schon früher Metzger, Early Versions, 330 f. Anders: Sparks, Latin Bible, 105–106. 13 Siehe hier v. a. Schäfer, Die altlateinische Bibel. 14 Fischer, Das Neue Testament in lateinischer Sprache, 13. 15 Gryson, Altlateinische Handschriften 1.1/1.2.

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Herkunft benutzt wurden, lassen jene Textzeugen erahnen, in denen Bücher mit Vulgata‑ und Vetus Latina-Text vereint sind. Die indirekte Überlieferung des altlateinischen Bibeltexts umfasst Zitate und Anspielungen bei den lateinischen Bibelschriftstellern. Die indirekte Überlieferung ist immer dann interessant, wenn sich eine Übereinstimmung zwischen den Bibelzitaten bei einem Kirchenschriftsteller und dem Text der altlateinischen Bibelhandschrift feststellen lässt. Hilfreich sind hier Florilegien biblischer Texte wie die Testimoniensammlungen Cyprians und der ps.-augustinische Liber Speculum. Mit einem direkten Vergleich zwischen Handschriften und Bibelzitaten der Kirchenschriftsteller kann man im Idealfall Zeit und Ort der Übersetzung annähernd sicher bestimmen. Bei den Untersuchungen, die im 19. Jh. von Hans von Soden und William Sanday vorgenommen worden waren,16 wurde gezeigt, dass sich hinsichtlich des Wortgebrauchs und der Art der Übersetzung klar zwei Gruppen des altlateinischen Bibeltextes erkennen lassen, ein Afra-Texttyp und ein Europäischer Texttyp. Eine Europäisierung beginnt schon bei Cyprian und schreitet bei Hilarius und Ambrosius weit voran. Indes ist m. E. die Frage ungeklärt, wie Varianten eines Textes afra und europäischer Provenienz zuzuordnen sind, die nicht bei den Kirchenvätern belegt sind. Einem solchen Fall begegnen wir im Vaterunser. Ein zweiter Fragekomplex bezieht sich auf die Bewertung des Lateins: Schon im 19. Jh. haben einige Forscher zu zeigen versucht, dass die Übersetzungen vom Griechischen ins Lateinische eher dem Vulgärlatein entsprachen, wie etwa Thielmanns Studien zur Weisheit Salomos oder Lundströms Studie zum Latein des Irenäus ausgeführt haben.17 Folgt man den Studien Johannes Schrijnens und Christine Mohrmanns,18 dann habe die christliche Gemeinde von Anfang an eine eigene „Sondersprache“ entwickelt, die sich nicht nur in den Abhandlungen der Kirchenschriftsteller nachweisen lässt, sondern ebenso in den Bibelübersetzungen und in jedem Aspekt des Lebens.19 Besonders die These des gemeinschaftlichen Lebens als Basis für eine neue christliche Sondersprache war Gegenstand scharfer Kritik. Auch wenn diese Lebensform für kleinere Gruppen üblich gewesen sein mag, lässt sie sich doch nicht verallgemeinern. Zudem konnte gezeigt werden, dass sich diejenigen, die sich der christlichen Sondersprache verschrieben hatten, auf eine relativ kleine Zahl von gebildeten Autoren kapriziert haben, die jedoch nicht die Breite der lateinischen Literatur zu repräsentieren vermag. Neuere Studien von Coleman und Langslow  – um nur einige zu nennen – haben deutlich gemacht, dass der Ausgangspunkt der Forschung zunächst im Verständnis der lateinischen Bibeltexte im Sinne eines 16 Von

Soden, Das lateinische Neue Testament; William, Studia Biblica, 234–239. Übersetzung des Buches Sirach, 233–272; Ders., Übersetzung des Buches der Weisheit, 501–561; Lundström, Studien; Ders., Neue Studien; Ders., Überlieferung. 18 Schrijnen, Charakteristik; Mohrmann, Études sur latin. 19 Schrijnen, Collectanea Schrijnen, 335–336. 17 Thielmann,

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Bibellateins zu suchen ist und nicht als christliches Latein.20 Indes bleiben auch innerhalb dieses Fragekomplexes zentrale Fragen offen: So bleibt m. E. fraglich, wann genau man von einem Bibellatein sprechen kann. Bezüglich der Besprechung des Vaterunsers stellt sich beispielsweise die Frage, ob man die Pluralform caelis im Vaterunser als Bibellatein bezeichnen kann oder aber Formen von sanctus, wie Langslow meint. In jüngerer Zeit ist man deshalb dazu übergegangen, von späterem Latein/ later Latin oder spätem Latein/late Latin zu sprechen. Es kreiert keine neuen Wörter, sondern nutzt den vorhandenen Wortschatz verschiedentlich neu. Deswegen würde ich auch nicht von einer Sondersprache sprechen. Im Folgenden möchte ich mich der Gebetsanrede des Vaterunsers in der lukanischen Version der altlateinischen Handschriften zu 11,2 widmen. Der Abschnitt beginnt in Vers 1 mit der Jüngerbitte, sie ein Gebet zu lehren, das in der Mehrzahl der europäischen Texte mit „Et ait illis: Cum oratis“ eingeleitet wird, in Codex e „Ille autem dixit“. Das autem [die adversative Kraft von autem ist zu schwach und müsste noch ein nunc anführen] drückt keinen Gegensatz zum Gebet des Johannes aus, sondern meint „folglich“. In Codex Bezae d 5 finden wir die Einleitung „ad ille dixit sed orantes“ – sed kennzeichnet hier den Übergang, nämlich zur Gattung Gebet. Diese Textpassage und ihre Rezeption waren und sind Mittelpunkt intensiver Diskussionen. Die Debatte ist hier außerordentlich komplex, weil freilich nicht nur textkritische Gesichtspunkte einfließen, sondern auch die Verhältnisbestimmung zum Paralleltext Mt 6,9–13 eine zentrale Rolle spielt, speziell auch in der Überlieferung des Codex Bezae Cantabrigiensis (D, d5), der zahlreiche Lesarten der matthäischen Vaterunser-Fassung für Lk 11,2b belegt sowie redaktionelle Veränderungen.21 Konkret stellt sich in diesem kurzen Beitrag die inhaltliche Frage nach der Gebetsanrede des lukanischen Vaterunsers in der altlateinischen Tradition, die uns in drei unterschiedlichen Bezeugungen begegnet: Vater, Vater unser oder heiliger Vater. Diese enge, inhaltliche Fragestellung nach der Herleitung des pater sancte ist mit einer weiten Fragestellung verbunden, nämlich der nach der Bedeutung der altlateinischen Bezeugungen des Lukasevangeliums.

20 Siehe die Forschungen von Coleman, Vulgar Latin; Ders., Formation of Specialized; Langslow, Latin Medical Terminology; Houghton, The Latin New Testament; Burton, The Old Latin Gospels. 21 In jüngster Zeit hat sich die Forschung besonders der Frage nach der Markion-Version des Vater-Unsers gewidmet, siehe dazu: Amphoux, Le revision Marcionite du „Notre Père“; Magne, La reception; Delobel, The Lord’s Prayer; Schmid, How Can We Access Second Century Texts?; Roth, The Text of the Lord’s Prayer.

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2. Der Text und seine Varianten Das lukanische Vaterunser ist einer derjenigen Texte des Neuen Testaments, dessen Handschriftenbezeugung uneinheitlich und umstritten ist. Schon lange sind die Varianten des Codex Cantabrigiensis (D, d5) der lukanischen Version des Vaterunsers gesehen worden, die ich deshalb nicht diskutieren möchte. Die griechische Anrede des Gebets lautet nach dem Novum Testamentum Graece28 schlicht: Πάτερ, Vater, erweitert durch den Anschluss ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου, „geheiligt werde (Aorist Passiv) dein Name.“22 Die Anrede πάτερ tritt nach NTG28 wiederum in zwei Varianten auf: in der durch die Parallelüberlieferung von Mt 6,9 gestützten Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς „[Vater] unser in den Himmeln“23, das etwa im Codex Alexandrinus A (02), dem Codex Ephraemi Rescriptus C (04), dem Codex Cantabrigiensis D (05), sowie dem Cureton Syrer, der Peschitta und in der Bearbeitung des syrischen Textes durch Thomas von Harkel sowie der koptischen Überlieferung belegt ist. Der Gebrauch des Plural caelum von ἐν τοῖς οὐρανοῖς ist für das klassische Latein ungewöhnlich, denn hier findet sich der Begriff immer im Singular. Man hat – wie einleitend bereits gesagt wurde – diesen Plural deshalb vielfach als eine Eigenart des christlichen Lateins gedeutet. Man wird jedenfalls nicht fehlgehen, die Pluralform in den Bibeltexten des Neuen Testaments, wie beispielsweise in Mt 5,45; 6,1–6; 14,7 oder auch Lk 10,20 als Besonderheit zu begreifen. Indes muss die Pluralform im Maskulinum nicht gleich als Besonderheit eines christlichen Textes angesehen werden, wie der Grammatiker Diomedes darlegt. Dieser schreibt, dass einige Nomina der zweiten Deklination, deren Nominativ Singular auf „-us“ enden, im Plural die neutrale Endung zulassen.24 Der Gebrauch des Plurals mag von daher ungewöhnlich sein, spezifisch christlich muss man diesen jedoch nicht unbedingt nennen. Werfen wir also einen Blick auf die altlateinischen Varianten im Text von NTG 28: zum einen qui in caelis es in der Vulgata, Colbertinus c (6), Vindobonensis i (17) und Codex Monacensis q (13), zum anderen, orientiert an der Matthäusversion als qui es in caelis in Palatinus e (2), Vercellensis a (3), Veronensis b (4), Usserianus r1 (14), Rehdigeranus l (11) und Corbeiensis f (10) und schließlich qui in caelis est in Corbeiensis ff2 (8). Lediglich ἡμῶν bietet Codex Regius L (019). Die Matthäusvariante bietet demgegenüber durchgehend pater noster und fast durchgehend qui in caelis es. Soweit, so gut. Diese Aussage ist nämlich nur solange richtig, als man dem textkritischen Apparat folgt, der vornehmlich Lesarten auflistet, die sich aus 22 Zimmermann,

Die Namen des Vaters, 92–95. ὁ ist nicht betont und daher nicht Relativpronomen. Es handelt sich um die stärker betonte attributive Stellung, bei der man normalerweise einen bereits vorhandenen Artikel wiederholt. Den Relativsatz haben wir dann erst im Lateinischen. 24 Neue/Wagener, Formenlehre, 808. 23 Das

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der Parallelstelle Mt 6,19 ableiten lassen. Einige altlateinische Zeugen bieten jedoch eine Variante, die der textkritische Apparat des Novum Testamentum Graece nicht auflistet: die Gebetsanrede pater sancte. Sanctus ist das Partizip Perfekt Passiv von sancire „weihen, unverletzlich machen“ und ist sacer sehr ähnlich. Beide Begriffe werden jedoch nicht synonym verwendet. Sanctus hat die Konnotation „geheiligt, zu Gott gehörig“25, und konnotiert einen gesteigerten Rechtsschutz der geheiligten Gegenstände oder Personen. Nach E. Dickey findet das Lexem sanctus lediglich bei Kaisern Verwendung, während der Komparativ/ Superlativ sanctissime wiederum auf „normale“ Bürger angewandt werden konnte. Für eine Verwendung im antiken Christentum wird oft auf Plinius’ Panegyrikus verwiesen:26 Quod enim praestabilius est aut pulchrius munus deorum, quam castus et sanctus et diis simillimus princeps? (Plin., paneg.1,3)

Denn was gibt es für ein vorzüglicheres oder schöneres Geschenk der Götter, als einen tadellosen, den Göttern so ähnlichen Fürsten?

Demgegenüber bedeutet sacer das durch göttliche Stiftung erhobene Heilige, „göttlich“/„heilig“. Schon allein die Grundbedeutung von sanctus entzieht sich demnach einer Gleichsetzung mit dem pater noster. Die Lesart mit sancte pater bieten vier altlateinische Handschriften: der Codex Colbertinus c (6), den schon Burkitt 1920 in seiner Grundlage als Afra-Text eingestuft hat,27 und der wohl manchmal einem Vulgata-Einfluss unterliegt, den man hier jedenfalls ausschließen kann, denn die Vulgata bietet an dieser Stelle, wenn man dem textkritischen Apparat Glauben schenken kann, lediglich den Vokativ pater. Man ordnet den Codex Colbertinus dem Languedoc in Frankreich zu, wo der Afra-Text über eine lange Zeit hinweg eine hohe Beachtung neben der Vulgata erfahren hat.28 Die zweite Handschrift, Codex Vercellensis a (3), die man Vercelli und dem dortigen Bischof Eusebius von Vercelli aus dem 4. Jh. n. Chr. zuweist, bildet einen eigenständigen Texttyp aus29, doch in jüngster Zeit versucht Gregory Heyworth nachzuweisen, dass es sich hierbei um die zentrale Handschrift der Vetus Latina Lk handelt.30 Für Lukas lässt sich eine große Nähe zum (wichtigsten) Afra-Text für das Lukasevangelium, dem Codex Palatinus e (2) nachweisen.

25 Siehe

beispielsweise die Ausführungen von Dickey, Latin Forms of address, 137. Dickey, Art. Sanctus, 31 f. 27 Siehe ebenso Fischer, Überlieferung, 54. 28 Aland, The Text of the New Testament, 56. 29 So Fischer, Überlieferung, 54. 30 Diese Aussage bezieht sich auf mehrere Vorträge, die G. Heyworth 2016 gehalten hat; ; siehe auch Houghton, The Latin New Testament; Burton, The Old Latin Gospels; sie wird durch neueste Forschungen zum Codex Vercellenis a (3) und den Fragmenta Curiensia a2 (3) von André Luiz Visinoni und Annette Weissenrieder bestätigt. 26 Siehe

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Codex Corbeiensis ff2 (8), dessen Grundschicht man ebenso als Afra-Text einstuft, freilich mit einer europäischen Deckschicht, weist man nach Fischer dem 5. Jh. und Italien zu; er sei nach Fischer „italienisch gefärbt“31. Die Voraussetzung für eine „italienische Färbung“ sei, dass die Handschrift sowohl eine dialektale als auch eine diastratische (soziolinguistische) Zuordnung zulassen würde. Dieser Einschätzung einer dialektalen Zuordnung ist in den letzten Jahrzehnten freilich in der Linguistik der altlateinischen und mittellateinischen Handschriften stark widersprochen worden. Dialektale Zuordnungen lassen sich nicht durchgängig in einer Region aufweisen und sollten daher vermieden werden. Und schließlich ist der Codex Vindobonensis i (17) zu nennen, der ebenso den europäischen Text belegt und aus Italien stammt. Indes sind hier nur wenige Fragmente für Lukas überliefert. Beide Handschriften, Corbeiensis und Vindobonensis bilden die Gruppe des europäischen Textes. Dieser Texttyp ist verwandt mit Ambrosius, Ambrosiaster und Lucifer von Cagliari. Die vier Handschriften bezeugen demnach drei unterschiedliche Texttypen, den Afra-Text, dem man nachsagt, sehr textgetreu zu übersetzen, den Afra-Europäischen und den europäischen Text. Eine Abhängigkeit zwischen diesen Texttypen ist möglich. Doch ist zu bedenken, dass die genannten Handschriften bei der Phrase qui es in caelis oder qui in caelis es bzw. est gerade nicht einheitlich eine Variante bieten, sondern alle drei! Während das NTG28 die Variante mit pater sancte nicht im textkritischen Apparat auflistet, findet diese Variante nun Eingang in die Itala-Zeile der JülicherAusgabe. Die Itala-Ausgabe von Jülicher hat es sich zur Aufgabe gemacht, den „charakteristischen europäischen Text“32 (Fischer, 36) darzustellen. Demnach bietet Jülicher den europäischen Text in der Kopfzeile. Die unterste Zeile bietet jeweils den Text des Codex Palatinus (e, 2), der den Zitaten des Cyprian nahesteht und somit einen afrikanischen Text belegt. An dieser Stelle ist die JülicherAusgabe freilich problematisch, denn mit dem pater sancte belegt Jülicher gerade nicht den europäischen Text, sondern eine Textvariante, die regional und von der Textbezeugung verschieden ist. Das Problem an dieser Stelle ist: b (2) bildet pater noster und gerade nicht pater sancte ab. Warum also belegt die Itala-Ausgabe pater sancte in der Itala-Zeile, aber pater noster in der Afra-Zeile? Oder noch anders gefragt: Was hat man sich unter der (Gebets‑)Anrede pater sancte vorzustellen? Für die Beurteilung dieser im textkritischen Apparat nicht aufgelisteten Variante muss man unterschiedliche Kontexte heranziehen.

31 Fischer, 32 Fischer,

Überlieferung, 52. Die lateinischen Evangelien III, 36.

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3. Neutestamentliche Stellen zur Anrede pater sancte Eine Anrede, geschweige denn eine Gebetsanrede als pater sancte, findet sich im Lk-Ev nicht. Im lateinischen Neuen Testament beschränkt sich „heilig“, sanctus, als Prädikat Gottes fast ausschließlich auf das Johanneische Corpus,33 und hier besonders auf die Johannesapokalypse (Apk 4,8; 6,10; 14,10, wenngleich hier die Szene in den Himmel verlegt ist). Ein naheliegender Hinweis auf die Gebetsanrede pater sancte findet sich in Joh 17,11b, wo es heißt: pater sancte, serva eos in nomine tuo, quos dedisti mihi („Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast“). Der Vokativ pater bietet die grundlegende Struktur von Joh 17, in dem sich Jesus an Gott den Vater wendet:34 In den Versen 1 (pater), 5 (pater), 11b (pater sancte), 21 (pater), 24 (pater) und 25 (pater iuste) steht jeweils der Vokativ, an den sich häufiger ein Imperativ anschließt. Bemerkenswert ist Codex d 5, der statt pater iuste pater sancte bietet. Das Gebet beginnt in Vers 1 mit der Gebetsanrede pater und dem Imperativ clarifica. Vers 5 schließt nahtlos daran an, freilich in chiastischer Stellung (clarifica me tu, pater). Mit dem Vokativ pater sancte spricht Jesus Gott in Vers 11b erneut an. Zwei Imperative sind mit der Anrede verbunden, serva in Vers 11b und sanctifica in Vers 17. Durch die Personalpronomina eos wird deutlich, dass es sich hier um eine Bitte an Gott zugunsten derjenigen Jünger handelt, die ihm vom Vater gegeben sind (dedisti mihi), und demnach an alle, die auf die Offenbarung Jesu mit der Nachfolge reagieren.35 In Vers 20 folgt dann ein weiterer Imperativ rogo, der sich erneut auf die Anrede pater bezieht (V. 21) und durch tantum, sed et Konstruktion als exklusives Gebet Jesu gedeutet wird. Und es ist sicherlich bemerkenswert, dass durch die Konjunktion sicut in den Versen 11, 14 (sicut ego), 16 (sicut ego) und 18 (sicut me) Jesus als Vorbild vorangestellt wird. Freilich ist es noch Jesus, der die Jünger beschützt (serva eos in nomine tuo quos; custodivi), sie mit dem Wort des Vaters vertraut macht (ego dedi eis sermonem 33 Als Ausnahme ist 1 Petr 1,15 f. zu werten, wo es heißt: κατὰ τὸν καλέσαντα ὑμᾶς ἅγιον καὶ αὐτοὶ ἅγιοι ἐν πάσῃ ἀναστροφῇ γενήθητε. 34 In der Literatur ist immer wieder eine Nähe zwischen dem Vaterunser des Mt und Joh 17 vermutet worden, mit besonderer Vehemenz von Dodd, Interpretation, 414, Anm. 4, und ausführlicher ders., Historical Tradition, 333–334, wo er schreibt, dass „the Fourth Gospel appears to echo the language of the Lord’s Prayer“ und „such passages seem to presuppose a homiletical treatment of several petitions of the prayer“ (333–334). Gleichwohl sieht Dodd die Abhängigkeit zwischen den beiden Quellen eher durch eine liturgische Tradition der Kirche gegeben (S. 334). Etwas vorsichtiger formuliert Brown, Gospel According to John, 745–747. Auf die Schwierigkeiten einer textkomparatistischen Auslegung weist Thüsing, Die Bitten des johanneischen Jesus, hin. Für einen eindeutigen traditionsgeschichtlichen Bezug soll hier der Hinweis auf Walker, The Lord’s Prayer, genügen. 35 Siehe dazu zahlreiche Kommentare, bes. Thyen, Das Johannesevangelium, 692–703; siehe auch Hera, Christology and Discipleship, Kapitel 3: The Literary Context, Text, and Structure of John 17.

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tuum), sie aussendet in die Welt (ego misi eos in mundum) und heiligt (et pro eis ego sanctifico me ipsum ut sint et ipsi sanctificati in veritate). Zahlreiche Exegeten deuten den Text im Kontext einer (exklusiven) Tischgemeinschaft. In 13,1–3 findet sich Jesus mit seinen Jüngern für ein Mahl zusammen, bis er die Tafel mit dem Gebet in Joh 17 abschließt. Ist es in den alttestamentlichen Schriften der Gegensatz zwischen heilig und unrein, so ist es in Joh 17, 11b–19 der zwischen heilig und böse (V. 15). Und während in Joh 17,6 gesagt wird, dass die in der Welt bleibenden Jünger sein Wort bewahrt haben, servaverunt, werden sie nun angehalten, es aktiv, serva, in seinem Namen zu bewahren. Joh 6,69 wird Jesus als ὁ ἅγιος τοῦ θεοῦ bezeichnet,36 wobei im Griechischen fraglich ist, ob der Ausdruck eine Anrede oder ein Titel ist. Die altlateinische Bibel bietet lediglich in d (5) quia tu es sanctus dei, wobei es sich hier deutlicher als im griechischen Text um eine Gottesprädikation handelt.37 In jüngster Zeit ist immer wieder die Frage nach dem Bezug zu dem Abendmahl diskutiert worden, der nicht zuletzt durch die Doctrina apostolorum 10,2 nahezuliegen scheint, wo es heißt: Gratia tibi agimus, pater sancte, pro sancto homine tuo, quod fecisti ut habitet in cordibus nostris, et pro scientia et fide et immortalitate, quam indicasti nobis per Iesum puerum tuum („wir danken dir, geheiliger Vater, für deinen heiligen Namen, dessen Wohnung du in unseren Herzen bereitet hast“).38 Freilich ist zu bedenken, dass in Joh 17 kein direkter Abendmahlskontext vorliegt und sich auch der Charakter der Danksagung nicht erschließt.

36 Gleichwohl finden sich für diese Stelle zahlreiche Varianten, die als Angleichung an Mk 8,29 oder Mt 16,16 gedeutet werden können. Es muss freilich offenbleiben, ob dieses als Indiz für eine ältere Tradition gedeutet werden kann. 37 Die Mehrzahl der altlateinischen Zeugen bietet an dieser Stelle quia tu es christus filius dei; siehe Burton u. a., Evangelium Secundum Iohannem, 478. 38 So beispielsweise Cullmann, Urchristentum und Gottesdienst, der Joh 17 als „typisch eucharistisches Gebet“ einordnet (S. 108); siehe Barrett, The Gospel According to St. John, 485, der zwar davon ausgeht, dass das Gebet nicht von Jesus gesprochen worden sei, jedoch freilich im Kontext der Abendmahlsliturgie entwickelt wurde, wofür er mündliche Traditionen annehmen muss. Diese Sichtweisen sind jedoch aus zwei Gründen problematisch: Zum einen werden weder das Vaterunser noch Joh 17 als Eucharistiegebet eingeführt, noch werden die beiden Gebete mit dem Wiederholungsbefehl verbunden, der jedenfalls für die lukanische Fassung zentral ist. Bei Matthäus ist das Vaterunser genau das Gegenteil, nämlich das Muster des privaten Betens, dessen Bedeutung freilich offenbleiben muss. Jannasch, Art. Vaterunser, 1237 f., hat darauf verwiesen, dass das Vaterunser erst um 350 als „fester Bestandteil der orthodoxen Gottesdienstordnung“ erscheint. Zum anderen ist die Didache wohl nicht eine von Mt unabhängige Tradition, denn in Did 8,2 finden sich wörtliche Übereinstimmungen mit Mt. Zahlreiche Studien haben zudem eine Nähe zu der jüdischen Tischliturgie Birkat Ha-Mazon sehen wollen, das man als „frührabbinisches“ Gebet einordnet.

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4. Alttestamentliche Stellen zur Heiligkeit Gottes Auf die Vater-Anrede trifft man im Ersten Testament sehr häufig.39 Für die Prädikation Gottes als des Heiligen ist die Begriffsgeschichte von ‫ ְקדֹוׁש‬in der Hebräischen Bibel zentral, das in der altlateinischen Bibel mit sanctus übersetzt wird. Grundlegend ist die Verbindung des Adjektivs mit dem Gottesnamen im Buch Leviticus, das der Frage nach der Heiligkeit Gottes, des Tempels und Israels gewidmet ist: nomen sanctum meum (Lev 20,3; 22,2). Die Heiligkeit Gottes ist als imitatio dei angelegt, wie es in besonderer Weise in Lev 11,44 ausgedrückt wird: ego enim sum Dominus Deus vester sancti estote quoniam et ego sanctus sum („denn ich bin der Herr, euer Gott; zeigt euch als geheiligt und seid geheiligt, weil ich geheiligt bin“). Während das Lateinische keinen Unterschied in der Begrifflichkeit für Gott und für Menschen macht, beide können sanctus genannt werden, markiert das Hebräische hier eine feine Unterscheidung: während ‫ַקדֹושׁ‬ für den Gottesnamen in der scriptio plena angewandt wird, wird die Prädikation menschlicher Heiligkeit im Hebräischen als defektive ‫( ְקדֹוׁש‬das Vokalzeichen steht ohne Vokalbuchstaben) geführt (siehe 11,44–45; 19,2; 20,7.26; 21,6–8). Zum festen Gottesnamen wird die Wendung der Heilige Israels allerdings erst in Jes 6,3 durch das sog. Trishagion sanctus sanctus sanctus Dominus exercituum plena est omnis terra gloria eius  – „Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen, die Fülle der ganzen Erde ist seine Herrlichkeit“ (Vulg.), welches in dem Berufungsbericht des Propheten Jesaja geboten wird. In der Forschung wird Jes 6 als Teil der sog. Jesajadenkschrift gedeutet, die unterschiedliche kriegerische Auseinandersetzungen reflektiert. Möglicherweise (und hier mit Otto Kaiser) handelt es sich um einen Versuch, den Untergang von Jerusalem zu verarbeiten. Grundlegend ist für Jes 6 eine Verbindung von Gott als dem König Israels, der für Recht und Gerechtigkeit Sorge trägt, und Gott als dem Heiligen Israels, der sich um die Reinheit seines Volkes Israel sorgt. Die Berufungsvision trifft Jesaja im Moment des Überschreitens der Tempelschwelle. Was Jesaja sieht, ist ein kosmische Dimensionen annehmender Königsthron, auf dem er Gott wähnt. Das „Unterste des Königsthrons“ ragt in den Tempel.40 Anders als Ezechiel, der seine Thronvision anthropomorph einkleidet, findet sich in Jes 6 eine stärkere Verankerung in tempeltheologischen Bezügen, denn neben der Prädikation Gottes als heilig, sanctus, die sich hier ebenso findet wie die „Herrlichkeit Gottes“, werden sein Thron und Begleitphänomene einer Tempelepiphanie wie das Beben und der Rauch genannt.41 39 Siehe Dtn 32,6; 2 Sam 7,14; 1 Chr 29,10; Jer 3,4–19, u. ö., aber auch 4Q372 Frg I 16 „mein Vater und mein Gott“. 40 Somit werden „kultische Durchschnittsvorstellungen vom Thronen Gottes […] entgrenzt“, wie Irsigler, Gott als König, 142, einleuchtend beschreibt. 41 Die engste Parallele mit epiphanem Kontext ist wohl Habakuk 3,3–4, wo es heißt: „Gott kommt von Theman und der Heilige vom Berge Pharan. Seine Hoheit bedeckt den Himmel

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Göttliche Herrlichkeit und Königtum Jahwes werden im Ersten Testament besonders in den vorexilischen Königspsalmen miteinander verbunden (bspw. Ps 72,1.18–19), und sie konkretisieren sich anhand der Vorstellung eines universalen Friedensreiches, das Recht und Gerechtigkeit abbildet. Jesaja, durch die Vision physisch erschüttert, beschreibt mehrfach menschliches Unrein-Sein pollutus, das im Gegensatz zu der göttlichen Heiligkeit steht. Indes wird deutlich, dass der Gegensatz hier nicht physischer Natur ist, sondern die Ungerechtigkeit iniquitas und die Sünde peccatum betrifft. Der direkte Kontext ist freilich der Gerichtsgedanke und die Demonstration militärischer Stärke, denn es ist gerade der Gegensatz zwischen Jahwe und Israel, der hier thematisiert wird. In der apokryphen Literatur des Hellenismus, besonders aber den Makkabäerbüchern, ist die Prädikation Gottes als des Heiligen in dem priesterlichen Gebet zur Bewahrung des Tempels vor dem Frevler Nikanor zu finden, der den Tempel zu zerstören und ein Heiligtum des Dionysos aufzubauen droht, worauf die Priester flehen: et nunc sancte sanctorum omnium Domine conserva in aeternum inpollutam domum istam quae nuper mandata est / καὶ νῦν, ἅγιε παντὸς ἁγιασμοῦ κύριε, διατήρησον εἰς αἰῶνα ἀμίαντον τόνδε τὸν προσφάτως κεκαθαρισμένον οἶκον (2 Makk 14,36). Hier wie auch im 3. Makkabäerbuch, wo Ptolemaios IV. Philopator (245/4–204 v. Chr.) den Tempel in Jerusalem zu entweihen droht, indem er in das Allerheiligste eintreten will, greift Gott nach einem Gebet ein, das an ihn als den Heiligen appelliert: Κύριε κύριε, βασιλεῦ τῶν οὐρανῶν καὶ δέσποτα πάσης κτίσεως, ἅγιε ἐν ἁγίοις, μόναρχε, παντοκράτωρ (3 Makk 2,2: „Herr Herr, König der Himmel und Gebieter der ganzen Schöpfung, Heiliger unter Heiligen, Alleinherrscher, Allmächtiger […]“).

5. Die Gebetsanrede pater sancte in der lateinischen Literatur der Kaiserzeit Die zahlenmäßig häufigsten Belege von pater sancte finden sich in der lateinischen Literatur des 1. bis 3.  Jhs. n. Chr., freilich mit einer Zuspitzung: der Kaiserpanegyrik. Einer der zentralen Text ist sicherlich die Vorrede zu den Argonautica des Valerius Flaccus (Arg. 1,11), wo Valerius die Eroberung neuer Gebiete durch Vespasian – die Bezwingung Britanniens und des Ozeans – auf einer „mythischen“ Ebene spiegelt. Der Text ist korrupt und ist uns deshalb in unterschiedlichen Varianten überliefert; hier wird nun die Variante nach P. Dräger42 vorgestellt: und sein Ruhm füllt die Erde. Glanz ist wie Licht, Strahlen, ausgehend von seiner Seite gehören ihm und dort ist die Hülle seiner Kraft“. 42 Dräger, C. Valerius Flaccus, 14; die Erläuterungen finden sich ab S. 316 ff. Siehe zuvor schon Strand, Notes on Valerius Flaccus’ Argonautica, 12 ff. Ein Grund für diese Variante ist, dass potes erstens auch sonst in der Regel mit einem Imperativ zusammengeht (siehe Verg. Aen.

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[…]eripe me populis et habenti nubila terrae, sancte pater, veterumque fave veneranda canenti facta virum. versam proles tua pandit Idumen (namque potest): Solymo nigrantem pulvere fratrem inruit et patrias coeptis ferus advocat ­umbras: spargentemque faces et in omni turre furenstem.43

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Entreiße mich der Masse der Menschen und der von Wolken bedeckten Erde, heiliger Vater, und erzeige deine Gunst dem, der bewunderungswürdige Taten alter Helden besingt. Die Zerstörung Palästinas besingt dein Sohn – er kann es wahrhaftig –, wie sein Bruder von Staub Jerusalems geschwärzt ist, wie er Kriegsbrände schleudert und auf jedem Belagerungsturm kämpft.

Ganz im Sinne der Jupiterprophezeiung hat Vespasian durch den Kampf auf See zur Sicherung der römischen Macht beigetragen. Der Fokus liegt auf der Machtsicherung und Vorherrschaft an den Grenzen des Reiches. Valerius verleiht dem Gedanken der römischen Vorherrschaft noch eine umfassendere, über die Einzelperson hinausreichende Gültigkeit, indem er durch die Apostrophe sancte pater den eigentlich den Göttern vorbehaltenen Begriff auf eine noch lebende Person überträgt und gleichzeitig in einem zweiten Schritt auf die kriegerischen Erfolge des Vespasiansohns Titus in Jerusalem ausdehnt, das dieser die Stadt im Jahre 70 n. Chr. zerstört (durch Vespasian siehe Suet, Vesp 4; durch Titus siehe Silius 3,605; Suet, Tit 5). Das Gebet verbindet sancte pater (Vespasian), proles tua (Domitian) und fratrem (Titus). Damit bezieht sich der Dichter auf die „harmonious links“ zwischen Vespasian, Titus und Domitian und „appears to be celebrating right family relations after the chaos of Nero.“44 Zugleich wird damit auch die Rangfolge deutlich: Vespasian stellt Titus, der älter als Domitian war, voran. Von Domitian wissen wir zudem, dass er sich selbst als Poet hervorgetan hat (Quint. 10.1.91–92; Ach. 1.14–16). Es ist jedenfalls auffallend, dass Valerius in drei Versen die Zerstörung Jerusalems beschreibt. Idume ist eine poetische Umschreibung für Idumäa oder Judäa, eine Region südlich von Palästina. Valerius benutzt Idume oftmals, 6,117; Ovid. fast. 4,577 ff. etc.) und demnach in potest nicht verändert werden muss. Ob es sich hier um eine apologetische Erläuterung handelt, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden 43 Dräger, C. Valerius Flaccus, 14; der Text schließt folgendermaßen: ille tibi cultusque ileum delubraque genti instituet, cum tu, genitor, lucebis ab omni Parte poli; neque enim Tyriis Cynosura carinis certior auf Grais Helice servanda magistris, situ signa dabis, seu te duce Graecia mittet seu Sidon Nilusque rates. nunc nostra serenus orsa iuves, haec ut Latias vox impleat urbes. 44 Siehe Feeney, Literature and Religion, 335. Siehe zudem: Stover,  Epic and Empire; Manuwald, Divine messages and human actions.

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um Jerusalem zu kennzeichnen.45 Solymus ist eine sekundäre Form, die sich von  Ἱεροσόλυμα ableitet, dem paganen griechischen Namen für Jerusalem, der wohl als erstes bei Plinius, Nat 5.94 und Tacitus, Hist 5.2.2 belegt ist (Solymos … conditae urbi Hierosolyma nomen e suo fecisse). Das Lexem Solymo nigrantum pulvere verweist auf ein Bild eines Kriegsgebiets („warrior grimy“46), wo Rauch aufzieht (siehe hierzu OLD pulvis). Hinzu kommen noch weitere Hinweise auf die Zerstörung Jerusalems: omni turre (jeder Belagerungsturm), das sich möglicherweise auf die Befestigungstürme Jerusalems bezieht, wie sie auch bei Flavius Josephus (Bell Iud 5.156–172) und Tacitus (Hist 5.11) belegt sind. Zudem verweist der Ausdruck spargentem … faces auf das Abbrennen der Eingangstore des Jerusalemer Tempels wie auch des Tempels selbst (siehe dazu Ios, Bell Iud 6.226; 250–253). Grundlegend gilt: Herrschaft lässt sich demnach nur durch militärische Überlegenheit erreichen. Dass diese Leistungen der Machthaber mit den Siegen Jupiters in Beziehung gesetzt werden, könnte die Apostrophe sancte pater plausibel machen. Diese Gebetsanrede vertieft sich noch, wenn man sie im Kontext liest, der darauf weist, dass Titus seinen Vater zu den Göttern erhoben habe (Plin, Minor Paneg 11.1) und einen Tempel divi Vespasiani als Bauvorhaben umgesetzt habe (anders der allegorische Tempel bei Vergil, Georg 3.13–16). Vermutlich ist diese jedoch noch auf einer anderen Ebene bemerkenswert, wenn man sie nämlich als Anrufung des Dichters an Vespasian liest. Während sich Valerius Flaccus Vespasian zuwendet, ist die zweite beachtenswerte Stelle in den Fasti des Ovid Augustus gewidmet, wo wir dem Ausdruck sancte pater patriae begegnen. Damit ist Augustus mit dem Titel sancte pater patriae benannt (wobei pater patriae der eigentliche Titel ist), der aus Res Gestae 35 entnommen ist: sena[tus et e]quester ordo populusq[ue] Romanus uniuersus [appell]au[it me p]atr[em p]atriae […].47 Damit wird einerseits auf den pater Romulus verwiesen, den parens urbi (Cic, Div 1.3 urbis parens; Liv 1.16.3: parentemque urbis), Begriffe die schon Cicero bemüht hat (Rep 1.64).48 In der Literatur wird des Öfteren darauf verwiesen, dass mit dieser Gebetsanrede eine neue Religionspolitik des Kaisers eingeläutet wird: Augustus als der Friedefürst.49 45 Siehe

Smallwood, The Jews under Roman Rule, 353. Flaccus’ Argonautica. 47 Siehe schon die Münzprägung SPQR parenti conservatori suo, die man zeitlich zwischen 19 und 16 v. Chr. ansetzt. 48 Zahlreiche Quellen nennen Cicero als denjenigen, der parens patriae als erstes einführt, wie etwa Plin, Nat 7.117; App, Bell Civ 2.1.7; Plut, Cic 23,6. 49 Siehe als weiteren Text zudem Mart, Epig 10.28.4, wo der neue Tempel des Janus, der als Schöpfergott der Jahre und des Weltalls gilt, beschrieben wird. Annorum nitidique sator pulcherrime mundi, publica quem primum vota precesque vocant, pervius exiguos habitabas ante penates, 46 Zissos, Valerius

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[…] heroi res erat ista pedis. sancte pater patriae, tibi plebs, tibi curia nomen hoc dedit, hoc dedimus nos tibi nomen, eques.

Eine weitere elegische Stelle findet sich bei Sextus Propertius, dessen vierte Elegie wohl in das Jahr 16 v. Chr. einzuordnen ist. In den letzten beiden Distichen nimmt der Dichter Abschied von Hercules und wiederholt in den Versen 71–74 dreimal Sancte, Sancte und Sanctum:50 hunc, quoniam manibus purgatum sanxerat orbem, sic Sanc[t]um Tatiae composuere Cures. sancte pater salue, cui iam fauet aspera Iuno: Sanc[t]e, uelis libro dexter inesse meo.

Hercules hat die Welt von Bösem gereinigt und heil gemacht (sanxerat). Fraglich ist, ob er deshalb als Gott Sanctus verehrt wird. Der Gott Sanctus führt uns wiederum zu Ovid (Fasti 6.213–218), wo ein Gott Sanctus erwähnt wird, dessen Heiligtum auf dem Quirinal errichtet wurde. Aber sicher ist dieser Hinweis nicht. Zum Abschied grüßt der Dichter Hercules mit salve, ein Gebet oder Wunsch, das am Abschluss eines Abschnitts steht, wie wir es auch bei Ovid in den Fasti nochmals finden (1.85; 1.287 f.; 4.859–61; 5.377 f.).51 Ähnliche Belege finden sich bereits bei Vergil im fünften Buch der Aeneis (5.80).52 Dieses beginnt mit dem Bericht über die Abfahrt aus Karthago, mit der Ungewissheit über Didos Verbleiben. Dementsprechend ist die Ankunft am Grab von Anchises zeichenhaft. Das fünfte Buch ist, ähnlich wie die Schilderung der Bestattung des Patroklos im 23. Buch der homerischen Ilias, athletischen Spielen gewidmet, ein Aspekt, der sicherlich auch der Glorifizierung der Herrschaft des Augustus geschuldet ist (Suet., Aug 43), aber viel mehr zeigt es Aeneas als religiösen Menschen, der seiner göttlichen Mission gerecht wird und iustitia und fides beweist.53 Und es ist dieser Kontext, in dem der Beginn der AeneasRede in Kap. 5 am Grab anzusetzen ist. Mit der Anrede „salve, sancta parens“ beschwört Vergil die Gegenwart der Toten (Salve, sancte parens, iterum salvete, recepti nequiquam cineres animaeque umbraeque paternae).54 plurima qua medium Roma terebat iter: nunc tua Caesareis cinguntur limina donis et fora tot numeras, Iane, quot ora geris. at tu, sancte pater, tanto pro munere gratus, ferrea perpetua claustra tuere sera. 50 Siehe dazu Coutelle, Properce, 904. 51 Siehe zudem einige Inschriften: CIL XIV 3565; ThLL X 1,679,13; siehe ähnlich auch Call, Hymn 1.94; Tac, Amm 4.64. 52 Hingegen scheint der Beleg bei Plinius, Epist 2,9,4 für unseren Zusammenhang wenig aussagekräftig, wo es heißt: nam pater ei erucitus Clarus, vir sanctus, antiquus, disertus atque in agendis causis exercitatus, quas summa fide, pari constantia nec verecundia minori defendit. 53 Siehe Vergil, Aen 5.57–58. 54 Siehe Vergil, Aen 5.3.

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Das Ergebnis ist besonders bemerkenswert, weil pater sancte an dieser Stelle mit dem Neologismus sanctificare zusammengeht. Das Verb ist lediglich für christliche Literatur belegt und findet sich im klassischen Latein nicht, zahlreich hingegen bei den Kirchenschriftstellern. Ungewöhnlich ist aber freilich nicht nur der Begriff als solcher, sondern auch die Form in einem Konjunktiv Präsens Passiv „er werde geheiligt“, wie er auch in alttestamentlichen Texten zu finden ist, insbesondere aber in Levitikus und Exodus.55 Als Beispiel einer abgeleiteten Form erweist sich die Übersetzung von προσευχή in oratio und προσεύχομαι in orare.56 Die Wahl des Begriffs ist überraschend, denn oratio und orare haben die Grundbedeutung „Rede“, „Sprache“, „Ausdruck“ und in der Kaiserzeit besonders die „kaiserliche Rede“, der „Kaiserliche Erlass“ bzw. „öffentlich reden bzw. sprechen“. Das Verbum orare hat immerhin die Konnotation (den Kaiser) „bittend ansprechen“. Lediglich in Vergils Aenaeis findet sich der Ausdruck talibus orabat dictis (6,124), bei Plautus (Plaut, Mil 1269; Epid 728g) und bei Seneca „Deinde oro atque obsecro ne te difficilem amicis et intractabilem praestes“ finden sich Hinweise auf ein Gebet. Sehr viel naheliegender wäre praecatio, „Gebet“ und „Bitten“ gewesen und precor „jemanden bittend anflehen“, „anreden“, „betend sagen“.

6. Schlussaspekte zum pater sancte Die Übersetzung der Gottesprädikation pater mit pater sancte durch einige altlateinische Handschriften, die voneinander unabhängig sind und den sehr guten Afra-Text bieten, eröffnet zunächst die Fremdheit des Textes, besonders freilich durch die Verwendung des Lexems sanctus. So schrieb schon Ernst von Dobschütz als Reaktion auf Heinricis Anliegen, eine christliche Begriffsbildung zu erforschen: „Für diese Begriffsvergleichung bedeutsam ist die Erkenntnis, daß einmal aufgetauchte Begriffe weiter wirken und sich neben den neu hinzutretenden halten … aber es genügt nicht, nachzuweisen, daß ein Begriff da sei; man muß zugleich feststellen, wie oft er vorkommt, welches Gewicht er hat und ob sich seine Bedeutung verschoben hat.“57 Die Abschiedsrede Jesu im JohEv ist der einzige neutestamentliche Beleg, der die Gottesprädikation von pater sancte bietet, und es ist von daher prinzipiell möglich, eine Abhängigkeit der altlateinischen Zeugen von Joh 17,11 zu sehen. Freilich ist zu bedenken, dass Jesus 55 Ex 19,22: sacerdotes quoque quo accedunt ad Dominum sanctificentur …; Lev 17,5: ideo offere deba debent sacerdoti filii Israhel hostias suas quas occident in agro ut sanctificentur Domino ante ostium tabernaculi testimonii et immolut eas hostias …; in Apk 22,11 findet sich zudem die interessante Stelle: qui nocet noceat adhuc et qui in sordibus est sordescat adhuc et iustus iustitam facit adhuc et sanctus sanctificetur. 56 Siehe Mt 17,21; 21,13, 22; Mk 9,29; 11,17; Lk 6,12;19,46; 22,45. 57 Von Dobschütz, Ernst von Dobschütz, 52.

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mit der Anrede pater und pater sancte Gott um diejenigen bittet, die dieser ihm anheimgestellt hat. Es ist ein exklusives Gebet für einen berufenen Kreis von Jüngern, und das Ziel ist gerade nicht, dass dieses Gebet von den Jüngern nach Jesu Tod gesprochen wird. Es markiert vielmehr eine Art Grenze zwischen den Jüngern und der Welt. Eine Verbindung zwischen Joh 17 und der pater sancteAnrede liegt nicht auf der Hand. Diese Argumentation verdichtet sich, wenn man bedenkt, dass sich bislang kein Beleg bei den Kirchenvätern gefunden hat, der das bei Johannes belegte pater sancte mit dem Vaterunser verbunden hätte. Vielmehr zeigen alle Belege lediglich die Kenntnis von Joh 17, nicht jedoch die Verbindung beider Gebete. Deshalb scheint es mir nicht sinnvoll, Joh 17 als Folie zum Verständnis des Vater-Gebets in Lukas 17 heranzuziehen. Die alttestamentlichen Belege sind interessant, besonders auch für das Lk-Ev, das Jerusalem und dem Tempel eine bedeutsame Rolle zuspricht. Auch hier gilt, dass das Trishagion wohl nicht in Form und Inhalt mit dem pater sancte der altlateinischen Überlieferung übereinstimmt. Bleiben noch die besprochenen Stellen, die einen Bezug zur Kaiserpanegyrik herstellen, besonders aber der Verweis bei Valerius Flaccus, der an dieser Stelle auf die Zerstörung Jerusalems und seines Tempels hinweist. Die Verwendung des Lexems sanctus verweist uns auf die Panegyrik, wie sie aus dem 1. Jh. n. Chr. belegt ist. Besonders im dritten Hauptteil des Evangeliums nimmt Jesus in seiner Lehre auf Jerusalem Bezug (hier bes. Lk 13,4.33.34; 18,31). Jesu Schicksal ist eng mit Jerusalem verbunden, indem – wie auch schon in der Vergangenheit – die Ermordung des Propheten das Schicksal des Volkes bestimmt (13,34). Die Zerstörung des Tempels wird als Folge des Nicht-Sehens der „Kinder Jerusalems“ gedeutet (13,34 f.: „nicht mehr sollt ihr mich erkennen“). Sie weigern sich, in Jesus den Messias zu erkennen. Können wir demnach annehmen, dass die altlateinischen Handschriften, die die Vateranrede von pater zu pater sancte verändern, auf die Kaiserpanegyrik verweisen? Ob diese Textänderung zu einer breiteren Diskussion der Vateranrede im Lichte der Vetus Latina führt, ist indes in dem frühen Stadium der Textedition noch unsicher. Wurde bislang der Schwerpunkt auf die Ähnlichkeit zwischen der griechischen Version und der altlateinischen Übersetzung des lukanischen Vaterunsers gelegt, zeigen die Handschriften die Fremdheit der Textversionen im Lichte der Kaiserpanegyrik.

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One God and Jesus-Devotion in Earliest Christianity Theological Implications Larry W. Hurtado(†) Of course, questions about the origins of devotion to Jesus (or “high christology,” as it is sometimes called) must be pursued as a historical project, with the rigor and discipline appropriate to any important historical question. Theological agendas, whether revisionist or conservative in nature, are best set aside (insofar as that is possible) in pursuing this historical project. Granted, however, no one can seriously claim a complete lack of concern about theological questions, such as the continuing meaning and validity of the earliest expressions of Jesus-devotion, one should treat with considerable suspicion anyone who claims such a complete lack of concern. Any such profession likely signals someone either charmingly naïve and self-deceptive, or someone hiding their full interests. The more appropriate stance is to be self-aware of one’s personal “stake” in the task, and then try to avoid that personal stake distorting one’s results. Naturally, if we present our work to scholars of various personal stances, some of them different from our own, they may well also help us to identify where our own personal concerns may be having an effect on the historical analysis. The ability of others to see any interpretative “speck in our eye” can be useful to us! But, as a separate endeavour, it is also appropriate to explore questions about what theological implications may be drawn from the historical investigation of the origins of Jesus-devotion. My own work on earliest Jesus-devotion over some thirty-five years now has largely been focused on historical questions, and I have sought to pursue these questions from premises and using approaches that do not require or presuppose any particular faith-stance. But, having been asked specifically to address the question of what theological implications may be drawn from this work, in this paper I make an elementary effort to do so. As a gesture of self-awareness and candor, I confess to being a Christian myself, and so interested in this matter as well as in the historical questions.

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1. Theological Concerns in Earlier Work Before that, however, it is worth noting that, in fact, theological concerns were formative in shaping the classic historical investigations of Christian origins. As is well known in scholarly circles, the thorough attempt to approach the origins of Christianity as a historical project began in earnest in the nineteenth century and reached a peak of activity and influence in the work of those scholars associated with the so-called Religionsgeschichtliche Schule in the early decades of the twentieth century. It is neither feasible nor necessary here to elaborate the history of that impressive body of scholarly work.1 Instead, I confine myself to one main point: For all the commitment to historical investigation professed and demonstrated in this work, there were explicit theological motives and commitments as well, and these rather clearly influenced the premises and results of that historical investigation.2 We see this, for example, in the work of Otto Pfleiderer, who has been called “the father of history-of-religions theology in Germany.”3 Indeed, Pfleiderer was completely bold and explicit in conducting his historical analysis of Christian origins with a constant theological evaluation at each and every step. So, although he declared that “Christianity as a historical phenomenon is to be investigated by the same methods as all other history,” we get a hint of his prior conviction guiding this inquiry in the immediately following statement that the origin of Christianity in particular “is to be understood by being studied as the normal outcome of the manifold factors in the religious and ethical life of the time” (emphasis mine).4 In the course of his ensuing study, Pfleiderer makes it clear that he presumes that early Christianity represents the successful incorporation and appropriation of tendencies (especially of a universalizing nature) supposedly already operative in the Roman era, making early Christianity itself virtually a fully predictable, almost inevitable, historical development. In this presumption, Pfleiderer reflected the 19th-century notion among the still-recent discipline of “History” that “scientific” historical analysis should demonstrate that historical developments were inevitable, predictable (“History” thus seeking to ape the aim of prediction integral to Sciences). Moreover, Pfleiderer advocated a “comparative” approach in which he sought and posed supposed parallels and precedents to features of early Christianity, devoting a whole book to this approach to the origins of christology in The Early 1 As described, e. g., by Kümmel, Das Neue Testament. I cite here the English translation, Kümmel, The New Testament. See pp. 120–205 (“The Consistently Historical Approach to the New Testament), and pp. 206–324 (“The History-of-Religions School of New Testament Interpretation”). 2  See, e. g., Lehmkühler, Kultus und Theologie; and Marchand, German Orientalism, esp. 252–291. 3 Kümmel, The New Testament, 207 (citing the phrasing of R. Seeberg). 4 Pfleiderer, Primitive Christianity, vii.

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Christian Conception of Christ.5 In this book, Pfleiderer posited various putative parallels and precedents for some features of earliest christology, drawing upon texts and traditions ranging from the Hellenistic world to Buddhist legends from ancient India. His point in all this was to show that all the christological themes, such as Jesus’ divine sonship, his role as conqueror of Satan, wonder-worker, conqueror of death and life-giver, king of kings and lord of lords, etc., are all to be seen as a striking early Christian synthesis of various myths applied to Jesus. Thereby, “Primitive Christianity transformed the Jesus of history into the Christ of faith … after the manner of ancient animism” (160). But he urged that we are to see this application of myths to Jesus in a positive sense as signifying for us “a moral ideal beheld in the life and death of Jesus [note the absence of any reference to a resurrection-faith!] the ideal of sacred love …” (162). The “animistic personification” comprised in early christological statements is to be understood as warning us “to free ourselves from the fatal ban of historicism, which seeks God’s revelation only in the records of a dead past …” (169–170). In the concluding peroration to the book, Pfleiderer raises overtly his theological colors more visibly: We are to behold the living Christ-Spirit, this ever indwelling divine principle of mankind, everywhere where the souls of men open themselves to the knowledge of every truth, where hearts glow with enthusiasm for all that is good, where love fulfils its daily offering of self-sacrifice for the good of the community, where there is conflict and suffering for the cause of justice and righteousness in society, where there is faith in the continual coming of God’s kingdom among us, where in this faith the world is overcome. (170)

In short, Pfleiderer studied the historical particulars of early Christianity for the purpose of reducing any sense of novelty or innovation, showing them instead to be only Christian versions of similar features of ancient religious traditions, and so dispensable in favour of the universalizing religious ideas that he presumed to be self-evidently correct. In light of developments in Germany only a few decades later, however, some of Pfleiderer’s statements take on for us today a more ominous tone, as in his celebration of “the deliverance of the Christian idea from the rigid fetters of Judaism,” involving a freedom from “that slavery to history which is the characteristic of Judaism and every legal religion” (168). The haughty disdain for all things Jewish in these statements, shared widely in cultured circles of his time and thereafter in Germany (and not only in Germany), surely was a factor in the subsequent failure to prevent the horrific Nazi policies against Jews. If we turn briefly to consider the subsequent flowering of the history-ofreligion emphasis in the Schule, comprised particularly of colleagues in the University of Göttingen in the late nineteenth and early years of the twentieth century, we see an equally clear theological agenda. Let us consider as a prime 5 Pfleiderer,

The Early Christian Conception.

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illustration the figure who today is probably regarded as the iconic representative, Wilhelm Bousset.6 In addition to his impressive scholarly investigations of the ancient context of earliest Christianity and his influential study of earliest Jesusdevotion, Kyrios Christos, Bousset also wrote a number of works directed toward a wider readership that were intended to promote his view of the sort of Christian faith that could be embraced by modern and cultured people of his class and time. Indeed, whereas Kyrios Christos (originally published in 1913) was translated into English only in 1970, these more popularizing works were translated almost immediately, making Bousset’s theological views more widely known, not only in Germany but elsewhere as well.7 In her award-winning book on German orientalism, Suzanne Marchand placed the approach of the history-of-religion Schule in the context of fin-desiècle concerns among cultured people such as Bousset to formulate a version of Christian faith suitable for modern times, with the aim of a moral rejuvenation of the German Volk.8 In this project, ascribing the “orientalising” of features of early Christianity, for example, the “high” christology in Paul and other texts, to various pagan influences, meant that these features could be set aside as incidental and time-bound, allowing the redefinition of Christian faith that these scholars preferred. (Moreover, the disdain for Judaism reflected in Pfleiderer continued in Bousset’s works, both his scholarly studies and his more popularizing books.)9 I confine myself here to reiterating my main point in citing these works, which is that the older history-of-religion scholars were not simply historians but also theologians, and their scholarly studies of Christian origins were not simply motivated by a desire to learn more about how earliest Christian faith emerged and developed. They had definite theological and ecclesiological concerns as well, and in my judgment these concerns sometimes worked mischief in the historical work of these scholars. In ascribing to the older Schule strong theological concerns, please note, we are only recognizing what they rather openly declared.

6 I have commented more fully on Bousset’s work in my foreword to the recent reprint of the English translation of his landmark book, Kyrios Christos, v–xx.  7 Bousset’s general-reader books early translated into English include: Bousset, Jesus; Idem, What is Religion?; and idem, Faith. His other expressions of his religious faith include Bousset, Unser Gottesglaube; and Idem, Bedeutung der Person Jesu.  8 Marchand, German Orientalism, esp. chap. 6, “Toward an Oriental Christianity” (252– 291), and also relevant chap. 5, “The Furor Orientalis” (212–251).  9  See, e. g., Bousset’s book, Jesu Predigt, and also at various points in the major (and longused) textbook on ancient Judaism published posthumously: Bousset/Gressmann, Religion des Judentums.

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2. The „New Religionsgeschichtliche Schule“? In his endorsement of the first edition of my book, One God, One Lord: Early Christian Devotion and Ancient Jewish Monotheism (1988), Martin Hengel described it as reflecting the work of various scholars who could be regarded as representing “a new Religionsgeschichtliche Schule.”10 From that quip, the label has occasionally been used thereafter in reference to a number of scholars regarded as contributing to a wide-ranging body of work that is focused particularly on the origins of Jesus-devotion. But, as I have noted in a previous publication, referring to these scholars (among whom I am pleased to be included) as a “Schule” is not entirely accurate.11 Unlike the famous Göttingen Schule, we come from various educational settings and various countries. Still more noteworthy, whereas the original Schule comprised German theologians of a basically similar stance on matters of Christian faith (their own modernizing orientation), those who make up the “new history-of-religion school” include individuals of varying stripes of Christian faith, as well as colleagues who cannot be identified as Christians of any kind. For example, an early member, Jarl Fossum, was to my knowledge influenced by Jung’s ideas, but did not particularly identify himself as a practicing Christian. As another example, the late Alan Segal was a prominent liberal Jewish scholar. It would be difficult, thus, to see any one collective theological stance or aim in the work of the new “Schule.” What links the scholars in question is not a theological stance or aim, but, instead, essentially the historical judgement that devotion to Jesus as in some significant way sharing in divine status with God originated in the earliest circles of the post-Easter Jesus-movement in Roman Judaea/Palestine. This is at odds with the view of Bousset, for example, who portrayed the emergence of the “Kyrioscult” as a secondary (though very early) development that he placed in diaspora locations such as Antioch or Damascus, where Jewish “monotheistic” concerns were not so strong and, so he claimed, the influence of pagan religious ideas and practices was supposedly able to generate this radically new view of Jesus.

3. Theological Implications But, although those scholars referred to as the “new Religionsgeschichtliche Schule” are in broad agreement that a “high christology” erupted early, quickly, and initially as an innovation within the diverse second-temple Jewish tradition, there are differences in emphasis and even disagreements among them on some 10 Hurtado, One God, One Lord. A second edition appeared in 1998 (Edinburgh), and a third edition in 2015 (London). 11 Hurtado, Lord Jesus Christ, 11–18.

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specific matters. I cannot attempt, thus, to speak for other colleagues in the new “Schule,” and so in what follows I will simply offer some thoughts of my own on some implications of this recent work for Christian theology. I hope that the following reflections will not be seen as either dubious or completely banal and obvious.

4. Early Jesus-Devotion Let us start from the fundamental point of agreement that remarkable claims about Jesus and accompanying devotional practices originated in the earliest circles of the post-Easter Jesus movement (a view that has recently been described as a “new perspective” and perhaps a “paradigm shift” in scholarly opinion).12 As we have noted, Bousset and his colleagues in the older history-ofreligion school posited that the cultic treatment of Jesus as “Kyrios” emerged at a secondary stage of earliest Christianity and under the influence of pagan cults in Diaspora settings; and this served the theological purpose of these scholars, relativizing this view of Jesus in favour of the revisionist theological stance that they preferred. So, does the more recent work serve to validate a “high” view of Jesus, and so to validate traditional Christian beliefs? Some might think so. But I think that would be a simplistic conclusion, just as it was simplistic to presume that the validity of “high” christological claims was called into question if they could be shown to have emerged in some historical process and were not part of the message of Jesus and “the primitive Palestinian community.” The apparent premise of the older history-of-religion scholars seems to have been something like the saying ascribed to D. F. Strauss: “The true criticism of a dogma is its history.”13 That is, the theological validity of a religious belief, claim or practice is called into question if one can show that it was a historical phenomenon. But, as I have urged in an earlier publication, there is no obvious reason why this should be accepted without question.14 On the contrary, in my view the theological validity of christologicial claims and associated devotional practices must be judged on theological bases, not on whether they arose through a historical process. This means, then, that the very early point of origin of the “Kyrios-cult” supported in recent scholarship does not thereby decide the question of its theological validity. But there are theological implications, nevertheless. For example, in so far as a relativizing attitude toward “high” christology may be based on the sort of historical claims espoused by Bousset, then the premise for this sort of 12 Frey,

Eine neue religionsgeschichtliche Perspektive, 125. saying is attributed to Strauss in Hengel, Son of God, 6. I have not yet been able to confirm from which of Strauss’s works it comes. 14 Hurtado, Lord Jesus Christ, 8–9. 13 The

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theological stance is now called into question. We cannot dismiss as secondary, and so readily dispensable in theological work, the treatment of Jesus as sharing in divine glory and in cultic devotion. In short, although the early eruption of the “Kyrios-cult” does not establish automatically its theological validity, the premise on which some have sought to relativize it for theological purposes is shown to be dubious. But, on a more positive note, in so far as Christian theology engages (or at least takes account of ) earliest Christian tradition, then there is a further relevant implication from the recent historical work. For, if devotion to Jesus as somehow bearing/sharing divine glory goes back to, and initially appeared among, earliest circles of the Jesus-movement, then reflecting on the centrality of Jesus, and specifically on his relationship to God in belief and devotional practice, will be a central theological focus. In a good deal of contemporary scholarship and in churches as well there is a (justifiable) interest in Jesus of Nazareth, the man and his ministry. The “historical Jesus” (meaning here simply the human figure) continues to draw interest.15 Sometimes, a “historical Jesus” is played off against the “Christ of faith,” the latter treated as a distortion or corruption of a more human and so, for some modern people, a more approachable or likeable figure. Without engaging here the over-simplifications involved in such views, I emphasize again that a devotion to Jesus as more than simply an inspiring teacher or heroic leader seems to go back to the earliest moments of the young Jesus-movement in the post-Easter period. I do not think that the necessary engagement with this can be ducked or side-stepped in Christian theological work. How theologians engage the issue is, of course, their concern. I simply want to stress that the matter lay central in Christian faith from the outset historically, and seems to me to remain so for Christian theology.

5. “God” To note another implication, there is what Dahl called “the neglected factor” in New Testament studies. As I have observed in a small book, God in New Testament Theology (2010), the place of Jesus in the faith and practice of earliest Christianity had profound implications for the understanding of “God” as well as Jesus.16 Indeed, the link with Jesus is the key distinguishing feature of the discourse about “God” in the New Testament (and many other early Christian texts). We can, in fact, say that the main force of this link of God with Jesus is that in early Christian texts “God” is presented as understood and addressed 15 As one indication, note the appearance of a journal devoted to the subject: Journal for the Study of the Historical Jesus, launched in 2003 (published by Brill). 16 Larry W. Hurtado, God in New Testament Theology.

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devotionally with reference to Jesus. That is, “God” is inseparably connected to Jesus, and so theological reflection that takes seriously the New Testament should reflect the prominence and centrality of Jesus. To be sure, there is also continuity with the Old Testament in the identification of “God” in the New Testament writings. “God” remains the God of Israel, the one true God to whom worship is rightly given, and the creator of all things. But, for example, the creative work of God is re-described with reference to Jesus, who is posited as the unique agent of God both in all creation and in the redemption all things (e. g., 1 Cor 8:4–6). Moreover, obedience to, and right worship of, the one God now requires that Jesus be reverenced as the one Lord, to whom all creatures are to give obeisance (e. g., Philip 2:9–11). The “God of Abraham, Isaac and Jacob” is now also “the God and Father of our Lord Jesus Christ” (e. g., Rom 15:6). Indeed, the reference to God as “Father” in prayer and worship in the New Testament is always either explicitly or implicitly presented with reference to Jesus’ own unique filial status (e. g., Gal 4:3–7). It is not the case that the New Testament simply adds some christological claims to an established view of “God” taken over intact from the Hebrew scriptures. I do not for a moment suggest that the New Testament emphasis justifies some kind of Marcionite view that the “God” of Christian faith is a new deity. But I do maintain that, just as Jesus’ significance is consistently portrayed with reference to “God” (as, for example, God sending Jesus, offering Jesus up for redemption, raising him from death, and installing him as “Kyrios”), so in the New Testament “God” is rather thoroughly portrayed with reference to Jesus. In short, the implications of the centrality of Jesus in earliest Christian faith extend beyond theologizing about Jesus and christology. These implications also take in questions about how to theologize about “God,” about how to understand creation, and redemption, and (I would suggest) virtually every traditional topic in systematic theology.

6. Diversity and Change The central place of Jesus in earliest Christian texts is expressed in various ways, however, and across even the earliest decades we can also see change and developments. At every point, Jesus-devotion was articulated in ways that reflected, and were responsive to, particular historical settings and circumstances. These observations also generate some implications for theology. To cite an example, consider the use of the term παῖς (“servant/child”) with reference to Jesus.17 Other than the use in the quotation from Isaiah 42:1–4 in 17 On the early christological use of the term, see, e. g., Bühner, Art. παῖς, παιδός; Cullmann, Christology,73–79; Jeremias, Art. παῖς θεοῦ; Longenecker, Christology, 104–109. But

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Matthew 12:18–20 (ἰδοὺ ὁ παῖς μου), the New Testament application of the term to Jesus is confined to a few passages in Acts. In the account of Peter addressing the Jerusalem crowd (3:11–26), Jesus is twice referred to as God’s παῖς (3:13.26), along with references to him as “the holy and just/righteous one” (3:13), “the prince of life” (3:15), and “Christ” (3:18.20). Also, in a prayer ascribed to Jerusalem believers (4:23–30), Jesus is twice referred to as God’s “holy child/servant” (4:27, τὸν ἃγιον παῖδα σου  Ἰησοῦν; 4:30, τοῦ ἁγίου παιδός σου  Ἰησοῦ). In all of these cases, the settings are posited as explicitly Jewish and early (Jerusalem church). Thereafter in Acts, as the narrative moves out into the wider Roman world, the term παῖς does not appear in christological discourse. It seems, thus, that Acts presents the christological use of παῖς as a distinctive feature of the early Jewish circles of the Jesus-movement.18 As reflected in the citation of Isaiah 42:1–4, the christological use of παῖς likely derives, at least in part, from the uses of the term in some scriptural („Old Testament“) texts, including those where it is an honorific applied to Israel as God’s chosen „servant“ (Isaiah 41:8–9; 42:1–4, 19; 43:10; 44:1–2, 23; 45:4; 49:6; 50:10; 52:13). These Isaiah texts and particularly the possible connection to the „servant of the Lord“ figure in Deutero-Isaiah have been a focus in previous scholarly studies of the NT use of παῖς, but that is not my focus here.19 For Luke 1:69 and Acts 4:25 also apply the term to David, again with a clear honorific connotation, and these uses likewise reflect Old Testament references, in these cases to David as God’s special „servant,“ sometimes rendered by παῖς (Psalm 18(LXX 17):1; 69(LXX 68):18; 86 (85):16; Isaiah 37:35), and in other cases by δούλος.20 Whichever Greek term is used in any of these Old Testament texts, it renders the Hecf. Henry J. Cadbury, Titles of Jesus in Acts, 364–370, who conceded only “that παῖς σου or αὐτοῦ was used of Jesus in early Christianity in a liturgical way, and that that usage was derived from the Old Testament” (367). 18 Cullmann, Christology, 73. Other expressions in Acts likewise seem to reflect a very Judaic and early stage of christological discourse, such as references to Jesus as “the holy and just/righteous one” (3:14), “the just/righteous one” (7:52; 22:14). In 1 Enoch the messianic figure is referred to as “the Righteous one” (38:2; but note manuscript variants; 53:6), which may confirm that the term derives from Jewish usage. Jeremias, Art. παῖς θεοῦ, 701, judged that the use of the term in Acts shows that the author “was aware of its archaic character.” In principle, that archaic character could have been authentic, or the author of Acts could have simply used the term to give his account of the Jerusalem church an archaic-sounding effect. See, e. g., Soards, Speeches in Acts, 40–41. Burkitt, Christian Beginnings, 35–41, contended that the christological use of παῖς originated at a secondary stage, among Gentile Greek-speaking Christians, not in Judean-Jewish circles, but, though I hesitate to disagree with that great figure, I find his reasoning flawed. He seems not to have considered that the Jerusalem church (like Jerusalem itself ) was bi-lingual, and so the Greek translations of Old Testament writings provided christological terms from the outset. 19 This designation of Israel as God’s παῖς is reflected in other second-temple Jewish texts: e. g., Ps.Sol. 12:6; 17:21; 1 Esd. 6:12. 20 E. g., 2 Kingdoms (2 Samuel) 3:18; 1 Maccabees 4:30; 3 Kingdoms (1 Kings) 11:13, 32, 34; 4 Kingdoms (2 Kings) 8:19; 19:34; 20:6.

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brew word, ‫ע ֶבד‬,ֶ which obviously carries an honorific sense in these instances, either Israel or David given the special dignity of being named God’s special servant.21 That is, in these cases παῖς was a term of dignity, not abasement. Moreover (and in my view more influentially) the association of the term with David in particular seems to have given παῖς a royal-messianic connotation that was important in its early Christian christological usage.22 The term was not used as frequently (or as long) as other christological appellatives, however, and it is interesting to note briefly the contexts where it appears in other early writings. The uses in Barnabas 6:1 and 9:2 are in statements shaped heavily by key Old Testament passages, the term simply deriving from them.23 The three uses in Diognetus 8:9, 11; 9:1 are in contrast to the author’s preference elsewhere to refer to Jesus as God’s “Son” (υἱός, 9:2–4; 10:1; 11:5) and God’s “Word” (11:2–8; 12:9). The majority of these early uses also suggest an obvious connection to worship and prayer. In the lengthy liturgical prayer comprising 1 Clement 59–61, the term appears in two references to Jesus as God’s “beloved servant” (τοῦ ἠγαπημένου παιδός, 59:2–3) and again in the petition that all nations may know “that you are the only God, that Jesus Christ is your servant [ὁ παῖς σου], and that we are your people” (59:4). In the eucharistic prayer set out in Didache 9, Jesus is twice designated “your servant” (Ἰησοῦ τοῦ παιδός σου, vv. 2–3). We should also note that in the same context David is also called “your servant,” using the same phrasing (9:1), once more suggesting a royal-messianic connotation. Then, again, in the prayer prescribed to follow eucharist, Jesus is referred to as God’s “servant” (τοῦ παιδός σου, 10:2–3). In Polycarp’s prayer in Martyrdom of Polycarp 14, Jesus is designated God’s “beloved and blessed servant” (14:1) and “beloved servant” (14:3), and in the concluding doxology (20:2) as God’s “only/unique servant” (τοῦ παιδὸς αὐτοῦ, τοῦ μονογενοῦς  Ἰησοῦ Χριστοῦ).24 That ten of these fifteen uses are in early Christian prayer and liturgical passages is significant. Across religious traditions generally, we know that the language of prayer and worship typically shows a tendency to conserve earlier, traditional expressions. There are occasional uses of παῖς subsequently in various patristic writings, indicating that the word retained a modest place in the chris21 On the LXX translations of ‫ע ֶבד‬, ֶ Walter Zimmerli, Art. παῖς θεοῦ, who calculated that the 807 uses of ‫ ֶע ֶבד‬were rendered mainly by παῖς (and cognate words) some 340 times, and δοῦλος (and cognate terms) 327 times. He also showed that the translation varies from one part of the LXX to another, e. g., παῖς favoured in Genesis and Joshua, Isaiah and Daniel, δοῦλος preferred in Psalms. 22 There are also references to Moses as God’s servant, e. g., Baruch 1:20; 2:28). See Jeremias, Art. Παῖς θεοῦ, 678–681. 23 Barnabas 6:1 seems to draw upon Isaiah 50:8–9, and Barnabas 9:2 seems to conflate Psalm 34:12 (LXX 33:13); Isaiah 50:10; and Exodus 15:26. 24 It is possible that by the second century παῖς became understood more as a designation of Jesus as God’s “child,” the servant-connotation less meaningful.

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tological vocabulary of Christian tradition for a while.25 But one gets the impression that already by the late first century παῖς had become somewhat archaic and infrequent in christological discourse, employed sometimes, but not really favored. Instead, references to Jesus as “Christ” (Χριστός), “Lord” (κύριος), God’s “Son” (υἱός) and the “Word” (λόγος) became the dominant ways to designate his high status in creedal confessions, preaching and liturgy. Indeed, the complete absence of παῖς as a christological appellative in Paul and other New Testament writings suggests that at a very early point other terms were preferred, perhaps specifically in cross-cultural proclamation of the Christian gospel. Perhaps Paul sensed that referring to Jesus as God’s “servant/child” did not readily connote to Gentiles the honorific quality and traditional associations that the expression had for Jews. For whatever reason, Paul and other early Christian writers clearly preferred other christological appellatives that could communicate more directly with non-Jewish converts. In particular, Paul may have preferred “Χριστός” as more readily expressing to his gentile converts Jesus’ messianic significance, and “Υἱός” more readily Jesus’ filial relationship to God.26 In any case, it is not my purpose here to explore further why παῖς (θεοῦ) enjoyed only a very limited usage as a christological appellative. I confine myself to noting this simply as an illustration that, apparently from the earliest decades, there was a certain variety in christological language, and even across the first several decades or so different preferences in the christological terms used. The driving purpose in the preferences seems to have been the communicate Jesus’ significance clearly in different settings and to different kinds of believers. That is the main observation that generates the theological implications that I propose here. The most obvious (and perhaps even banal) implication is that the theological task rightly includes (even requires) a continued readiness to explore appropriate diversity and adaptation in articulating Christian faith. The diversity in our earliest texts gives a scriptural precedent and warrant for taking account of the varied cultural settings in which the theological task is conducted. But the historical findings also suggest an early concern to maintain some genuine continuity of content in the process of diversification and adaptation. For example, if, for whatever reason, early Greek-speaking (Gentile?) Christians preferred υἱός over παῖς in expressing Jesus’ unique filial relationship to 25 See texts cited in Lampe, A Patristic Greek Lexicon, 997. Jeremias, Ἀμνὸς τοῦ Θεοῦ, 121 n. 32, observed, “Seit dem V. Jh. verschwindet die Bezeichnung Jesu als παῖς bzw. puer vollständig aus den Liturgien und Gebeten,” citing Harnack, Bezeichnung Jesu, 238. 26 See the recent and (to my mind) persuasive case that (in contrast with much previous scholarly opinion) Χριστός continued to have a messianic connotation in Paul’s usage: Novenson, Christ Among the Messiahs. Cadbury, Titles of Jesus in Acts, 369 n. 1, noted that the Peshitto used ‘ebed to translate παῖς in reference to David in Acts 4:25, but uses bar for the word applied to Jesus in 4:27, 30, indicative of the preference for terms, whether in Greek, Latin or Syriac, that more explicitly express Jesus’ filial status with God.

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God, there was, nevertheless, a continuity in the effort to express that unique filial status. So, I propose that the continuing development of appropriate ways of articulating the significance of Jesus in Christian faith should be done responsibly, respecting and learning from early efforts, and exhibiting what Kenneth Cragg called “a fiduciary responsibility” to the traditional faith articulated.

7. Devotional/Worship Practices I return now to comment further on the way that Jesus featured specifically in the devotional practices of earliest Christian circles. In my view, Bousset was correct to see the treatment of Jesus as a recipient of worship (the “Kyrios-cult”) as the crucial historical development in earliest Christianity. Similarly, Johannes Weiss judged this as “the most significant step of all in the history of the origins of Christianity.” But Weiss rightly insisted against Bousset that this step was first taken in the earliest Judean circles of believers, and not in diaspora settings under the influence of pagan religious forces.27 From my own 1988 book, One God, One Lord, onward, I have echoed similar views, emphasizing and specifying the constellation of actions that reflect the remarkable place of Jesus in the corporate devotional practice of earliest Christian circles.28 The noteworthy nature of this development is particularly clear in light of the ancient Jewish concern to protect the uniqueness of the one God, which was expressed most firmly by refusing to treat any other figure as rightful recipient of cultic devotion. As I read the evidence, the programmatic incorporation of the risen/exalted Jesus into earliest Christian devotional practice comprises a novel “mutation” in the devotional pattern otherwise characteristic of Roman-era Jewish circles. So, what further theological implications might this suggest? Perhaps the most obvious one is that early Christian worship practice should be understood as relevant for the theological task. Theologians tend, quite naturally, to focus on ideas, beliefs, creeds, theological treatises and statements.29 But perhaps they have not so readily recognized that theology and worship were inter-related in the early Christian setting, and that worship itself holds significant theological meaning, and so ought to be included in theological work today. Although the early christological appellatives and claims reflected in the New Testament are truly impressive, what I have referred to as the “dyadic” shape of early devotional practice is, in historical terms, more remarkable still. For we can find parallels for 27 Weiẞ, Earliest Christianity 1, 37–40, citing 37, and 2:741 n. 3 for an extended critique of Bousset’s view. 28 Hurtado, One God, One Lord, 99–128 (3rd edition, 103–128); and, e. g., idem, Origins of Christian Worship, 63–97; Idem, Lord Jesus Christ, 134–153. 29 Actually, biblical exegetes also share this focus, and this comparative neglect of devotional practices, often failing to perceive their historical significance.

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many of the christological terms and claims in the various “chief agent” figures described in various second-temple Jewish texts, but the place of Jesus in early Christian devotional practice is without real parallel or precedent in secondtemple Jewish tradition.30 And yet, to reiterate the point, all the more remarkably, this innovative devotional pattern erupted initially among Jewish circles of believers in Roman Judea, and so began as a novel development within secondtemple Jewish tradition. Of course, Christian theology can and should inform Christian worship, although it is not always clear that theologians see this as an aspect of their work!31 But the additional point I make here is that the theological task can benefit and learn from Christian worship, particularly the earliest stages of Christian worship. Earliest Christian worship seems to me an especially relevant matter for theological reflection, in part because in the ancient historical setting it was a novel and noteworthy development. To underscore an earlier observation, the inclusion of Jesus in the devotional practice of earliest Christianity did not involve him becoming an additional deity alongside the biblical God. The risen Jesus did not receive his own cultus or rites or shrines or occasions of worship. Instead, Jesus was incorporated uniquely into the worship given to God, producing a novel “dyadic” worship pattern. Even the “Lord’s Supper,” at which Paul seems to portray the “Kyrios Jesus” as presiding in 1 Corinthians 11:17–34, did not involve treating Jesus as a second deity. To be sure, the “Kyrios” (Jesus) is a figure distinguishable from the one God, and is the one whose anamnesis is expressed in the meal. The bread and cup refer to Jesus’ body and to “the new covenant” effected “in my blood” (11:24– 25), and the meal proclaims “the death of the Lord until he comes again” (v. 26). Moreover, “the Lord” (Jesus) will judge those who partake of his cup in an “unworthy” manner (i. e., without due self-examination and respect for the others who partake as “the body” of the Lord (11:27–31). But it is “the ekklēsia of God” that meets for the meal (11:22, and numerous other places in 1 Corinthians), and in the wider context of the passage it is clear that the status of the Kyrios Jesus is defined (and conferred) with reference to the one God. “The head of Christ is God” (11:3); the one Kyrios is the agent of the one God both in creation and in redemption (8:6); and God has raised Jesus and installed him as the “Son” to whom all is to be subjected (15:20–28). Nevertheless, quite obviously, the place of the risen/exalted Jesus in earliest Christian devotional practice is prominent. Indeed, Paul even refers to the ritual invocation of Jesus (which was likely a feature of earliest corporate worship) as a sufficient way to designate believers: “all those in every place who call upon the 30 In One God, One Lord, I analysed various “chief agent” figures in some detail, esp. 17–92. More recently, see my discussion of such figures in the Qumran texts: Hurtado, Monotheism. 31 One positive example: Torrance, Worship.

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name of our Lord Jesus Christ” (1 Cor. 1:2). The oft-noted Aramaic term, maran atha, which Paul cites in 1 Corinthians 16:22, is rightly taken as an allusion to the ritual practice of invoking the risen Jesus in Aramaic circles as well as in Greekspeaking ones. Moreover, the entrance rite in Jewish and Gentile churches involved invoking Jesus’ name, making him the one to whom the baptized thereafter belong.32 In these and other actions, the risen/exalted Jesus occupied a central place in early Christian circles. These phenomena show the interesting relationship of the Kyrios Jesus and God in early Christian devotional practice. There is a duality, a “dyadic” pattern involving two distinguishable and yet also uniquely related figures: God and the Kyrios Jesus. But it is what we may call a shaped duality/dyad, with Jesus proclaimed and reverenced as the unique agent of the one God. Indeed, the reverence to be given to Jesus is the correct and obedient response to God’s exaltation of Jesus as Kyrios, which was done with the intention that he be reverenced (e. g., Philip. 2:9–11; Heb. 1:1–14). We may go so far as to say that in the New Testament the inclusion of Jesus as recipient of cultic reverence and the programmatic place that Jesus in early Christian devotion comprise now the proper and necessary response to God’s action. Theologically speaking, the worship of the one God must now have this dyadic devotional shape, and refusal to give due reverence to Jesus is direct disobedience to the one God. I suggest that theologians would find it fruitful to engage this very early stage of Christian worship, for it might well suggest fresh resources for considering how to articulate the uniqueness of the one God and the unique relationship of Jesus to God. It seems to me that for the last fifteen hundred years, theological discussion of God and christology has been shaped heavily/mainly by the Arian controversy and other developments in the Byzantine period (e. g., the Cappadocian Fathers, Athanasius, Augustine). In that complex and fascinating period, however, and subsequently as well, the main issues were internal, the need to define correct/orthodox confession over against incorrect/heretical Christian confession. In principle, that is a valid enterprise, of course. But in the earliest period of confession and worship the context was much more complex, involving also the wider religious environment of the Roman era. Earliest Christian worship was shaped in relation to the worship of its Jewish matrix, and also in relation to (and reaction against) the worship of the many gods of the larger Roman setting. Earliest believers (and that means Jewish believers) had to consider for themselves how it was right to give the risen Jesus the major place in their devotional practice that he so quickly acquired, how this could be legitimate in light of their inherited concern to maintain the uniqueness of the one God. Moreover, they then immediately had to justify their devotional practice also to fellow Jews. In its narratives depicting controversies between Jesus and the Jewish crowds, the Gos32 Hartman,

Into the Name.

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pel of John likely reflects Jewish accusations that the reverence given to Jesus was improper, even blasphemy (e. g., 10:31–33). This issue continued on after Christianity became mainly gentile in composition, as reflected in Justin Martyr’s Dialogue with Trypho, where we have several passages that present the worship of Jesus as the ultimate outrage for the Jewish interlocutors (Dial. 38; 63; 65).33 Likewise, early believers had to frame their devotional pattern over against the larger “polytheism” of the Roman period. In particular, they had to answer to pagan critics as well as Jews how they could claim to honour the uniqueness of the one God while including Jesus as another rightful recipient of worship. Further, they had to justify including Jesus, while excluding all the various deities and deified heroes of the time.34 In the pluralized world of today, Christian theology again must operate as one tradition among many, and no longer has the coercive power it once had (at least in Western countries) to suppress other religious traditions or relegate them to the sidelines. In this situation, the early Christian worship practices and their rationale may again prove useful resources for theology. Indeed, I suggest that for purposes of serious inter-religious communication, perhaps especially with the other great “monotheistic” traditions, the early period of Christian faith and worship may be more valuable for theology than the somewhat later thinkers that typically have been the focus in Christian theological reflection. Theologians should certainly not overlook the first two centuries, which were a period of major theological developments.35 For, as noted, in that earliest period of Christian faith and practice, believers had to formulate a rationale for their distinctively dyadic devotional practice, indicating that it was legitimate and how it did not constitute a violation of the first commandment. Today, if our Jewish and Muslim friends feel secure enough to express their true views of matters, they might often candidly say that Christians are not true monotheists. They would likely say that the particular problem is the treatment of Jesus as recipient of devotion along with God. If Christian theology is to address the wider religious scene today (and not simply perpetuate “in-house” issues), then it will have to engage such criticism, and for this the resources of earliest Christian confession and worship may prove particularly valuable.

33 Hurtado, Early Jewish Opposition, republished in my book, How on Earth Did Jesus Become a God? Historical Questions about Earliest Devotion to Jesus, 152–178. 34 Celsus’ critique of Christianity, The True Word, reflects this question. Chadwick, Origen: Contra Celsum. 35 See, e. g., Osborn, Emergence.

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Conclusion Although the investigation of the origins of Jesus-devotion should not be shaped by theological concerns, it is possible to frame some implications of this investigation for Christian theology. This paper has been hardly more than a brief and limited effort to do so. But I hope that it has given sufficient reason for theologians to ponder the matter further, and to see earliest developments in Jesusdevotion as a fertile body of material for the theological task.36

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36 See Tilley, Remembering, is one theologian who has noted some of the developments that I cite here.

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Christ and Hermes A Religio-Historical Comparison of the Johannine Christ-Logos with the God Hermes in Greek Mythology and Philosophy George van Kooten 1. Introduction: Georg Heinrici’s and C. H. Dodd’s work on the Hermetic aspects of John’s Gospel It is a great honour to participate in the commemoration of the first centenary of Georg Heinrici’s death, and to be challenged to think through the abiding relevance of the relation between theology and Religionswissenschaft.1 To do so in the congenial atmosphere of so many researchers who are continuing the work of the Corpus Hellenisticum and the Neuer Wettstein initiated by Heinrici is a special pleasure. In my contribution I will propose a specific religio-historical (“religionsgeschichtliche”) contextualisation of John’s Gospel, which – I believe – also has theological relevance. I would even go so far as to suggest that it is only through such a religio-historical interpretation of John that we detect its theological potential. In this article I will focus on what I believe to be the Graeco-Roman context of John’s Gospel and pay attention to what I see as its juxtaposition between Greek mythology and philosophy. This is not dissimilar to the approach taken in Heinrici’s unvollendete, posthumous publication, published by Ernst von Dobschütz, entitled “Die Hermes-Mystik und das Neue Testament”, the first issue of the series “Arbeiten zur Religionsgeschichte des Urchristentums”, that appeared in 1918.2 In this book Heinrici draws some parallels between the Corpus Hermeticum and John’s Gospel, although we will never know how he conceived of the precise relation between the two; the concluding 1 At the same time, I dedicate this piece, in which I also make intermittent reference to Bach, to the great Bach interpreter Wim van Beek (1930–2017), who passed away on June 24th, 2017. For more than sixty years, Wim van Beek was the Chief Organist of the Arp Schnitger organ at the Martinikerk in Groningen, and professor of Organ Music at the Prince Claus Conservatoire in Groningen. My piece is, in a sense, a scholarly rendition of his marvellous interpretation of Bach’s “Nun komm, der Heiden Heiland” (BWV 659), with clear articulation, in the pedal, of the Heiland’s steadily approaching footsteps as performed at the recording at Roskilde Cathedral, Denmark. 2 Heinrici, Hermes-Mystik.

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comparison that Heinrici had planned on Hermetic mysticism and the New Testament was never written. Such a specific full-scale comparison between the Corpus Hermeticum and John’s Gospel was actually undertaken by the Manchester-Cambridge scholar C. H. Dodd who, in his The Interpretation of the Fourth Gospel, published in 1953, paid extensive attention to this relation.3 Although Dodd also considered the relevance of Rabbinic Judaism, Gnosticism, and Mandaism, it was Hellenism and Hellenistic Judaism which in Dodd’s view provided the proper contexts for John’s Gospel. Dodd explored these contexts by focusing on two set of texts: (1) the aforesaid Corpus Hermeticum, the pagan Hellenistic collection of writings attributed to the divine figure of Hermes Trismegistus (the manifestation of the thrice-lauded Greek god Hermes in the guise of the Egyptian god Thoth); and (2) the writings of Philo of Alexandria, whom Dodd regarded as representative of Hellenistic Judaism. Dodd’s interest in the Corpus Hermeticum was very timely: its writings had just been edited, translated, and commented upon in the 1920s and 1930s by Walter Scott,4 whose edition Dodd heavily criticized, and were still being edited, translated, and commented upon in the 1940s and 1950s by A. D. Nock and A.-J. Festugière,5 whose edition Dodd endorsed. These Greek, Latin, and Coptic writings, the contents of which are representative  – in David Potter’s description – of a “‘popular Platonism’ in the Roman world as spread through small groups of literate people who gathered around a teacher for instruction”,6 exerted a great appeal on Dodd as they were being made widely accessible at the time. Moreover, already in his The Bible and the Greeks (1935), Dodd had drawn attention to the Corpus Hermeticum and had argued that these writings probably revealed a Jewish influence. Although Dodd was aware of the late dating of these Hermetic writings in the 2nd and the 3rd century AD, and that they thus post-dated John’s Gospel,7 he regarded them as providing a better background than Rudolf Bultmann’s preferred Gnostic writings, and Reitzenstein’s Mandaean texts. It does not seem to be Dodd’s focus on the Corpus Hermeticum and the Philonic writings which accounts for the lack of influence on subsequent scholarship. His establishment of a Hellenistic paradigm, as opposed to Bultmann’s Gnostic, and Reitzenstein’s Mandaean models, is a challenge to scholarship that has essentially been left unanswered. What seems to have happened, however, is that Dodd’s Interpretation of the Fourth Gospel, appearing as it did in 1953, was simply eclipsed by the concomitant, powerful and spectacular emergence of the Dead Sea Scrolls as a (supposedly) ideal background for John’s Gospel; more3 Dodd,

Fourth Gospel. Hermetica. 5 Nock/Festugière, Corpus hermeticum. 6 David S. Potter, “Hermes Trismegistus”, OCD (4th edn) – online. 7 Dodd, Fourth Gospel, 11–12. 4 Scott,

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over, Dodd’s work was also obscured by the enormous international attention for Rudolf Bultmann’s commentary on the Gospel of John (1941), when it became very well known outside Germany in an English translation (1971). The current paper, part of a larger individual project, tries to continue a Graeco-Roman reading of John’s Gospel as endeavoured by both Heinrici and Dodd. However, it focuses on different, and partly also earlier GraecoRoman material that involves a religio-philosophical interpretation of the figure of Hermes rather than the material available in the Corpus Hermeticum that, naturally, so much occupied scholarship in the wake of Scott’s and Nock and Festugière’s editions, translations, and commentaries from the period between 1924 and 1954. It is perhaps particularly fitting for a paper delivered in Leipzig to connect Hermes and John’s Gospel, as it is was here that not only Heinrici bridged the (perceived) gap between Hermes and the New Testament, but the great Bach, too, composed both his Johannes-Passion (BWV 245) and his “secular” cantata on the musical contest that Hermes (Mercury) advised to Phoebus-Apollo and Pan to decide their conflicting views on the value of “learned” and “popular” music (BWV 201, “Geschwinde, ihr wirbelnden Winde”). Although in this case the relation between Christ and Hermes remains indirect, it shows that Bach’s interest was broad; moreover, his ability to connect the realms of Christianity and Antiquity is demonstrated in other cases in which, for instance, parts of his cantata on Heracles (Hercules) at the crossroads (BWV 213, “Laßt uns sorgen, laßt uns wachen”)8 are re-used in his Christmas Oratorium (BWV 248). Inspired by this “genius loci” (or rather, these “genii loci”), I will bring together the Johannine Christ and the Greek god Hermes in my non-musical piece, written in the key of Heinrici’s religio-historical interest, but with motifs more clearly drawn from other and partly also earlier material than the Corpus Hermeticum, whilst also exploring its potential religious and theological significance. I believe such a religio-historical approach to the Gospel of John, from a Greek direction, is fully justified. I will first give the main reasons in brief in the present section, before I address the issue of Christ and the gods in the second section, and focus on Christ and Hermes in particular in the third section. In the final section, I reflect on the relation between theology and Religionswissenschaft, through the lens of what we might style John’s “theology of religions”. The justification of a Greek religio-historical approach to John’s Gospel lies in John’s interest, both explicit and implicit, in “the Greeks”. As I have argued in other recent publications, the author of John’s Gospel seems to characterise the relation between Jesus and himself, “the beloved disciple” (21:20–24), in terms of the “erastic”, didactical love-relationship between Socrates and his beloved pupil, Alcibiades, and also to depict the last days of Jesus in a way that reflects Plato’s 8 Cf.

Xen, Memorabilia 2.1.21–34.

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description of the last days of Socrates.9 Moreover, within this biographical comparison or alignment between Jesus and Socrates, “the signs” that Jesus performs seem to mirror “the sign of Socrates”, which is in fact a sign of the god Apollo. This leads John to develop a hermeneutical programme that involves “signs (σημεῖα)” (passim), “figures of speech (παροιμίαι)” (10:6, 16:25, 29), and “difficult speech (λόγος σκληρός)” (6:60).10 From a narratological point of view too, however, “the Greeks” are allocated an explicit and important role, occurring in three passages at important stages of the unfolding narrative. This stands in sharp contrast with the Synoptic gospels, where the Greeks do not feature explicitly, with the sole exception of the reference in the Gospel of Mark to the Greek woman, of Syrophoenician origin, in the region of Tyre, whose possessed daughter is cured by Jesus (Mark 7:24–30). This is the only occurrence of a Greek in the Synoptic gospels, confined to the Gospel of Mark, as the woman becomes “a Canaanite woman” in Matthew 15:22 and is without parallel in Luke.11 In John’s Gospel, however, the Greeks, and their language, occur in the following three contexts. The most telling passage in which “the Greeks” are mentioned consists of the episode in John 12, where they are said to be present at the spring-time Pascha festival, the last festival attended by Jesus, coinciding with his arrest, trial, and death. Directly after Jesus’ entry into Jerusalem for the occasion of the Pascha festival (12:12–19), and what can be assumed to be his entrance into the Temple compounds, where he is to deliver his final public speech (12:27–50), “some Greeks” ( Ἕλληνές τινες), who had joined “those who went up to worship at the festival” (12:20), wish “to see Jesus” for themselves, and contact his pupil Philip to that end (12:21).12 John portrays these Greeks as Greek “theōroi”, “sacred observers” who visit Greek religious festivals in the Mediterranean world.13 Jesus, when informed of the Greeks’ desire to see him, gives an enigmatic answer, cast in the strongly Eleusinian language of dying and growing grain (12:24), which implies that they will only be able to follow him after his death and resurrection (12:20–26). Narratologically, it seems to be the Gospel of “the beloved pupil” (21:20–24) that fulfils their wish to see Jesus and communicates the longed-for encounter to a Greek readership. Ironically, this “Greek potential” of Jesus was already recognised by Jesus’ opponents, at an earlier festival in the Jerusalem temple (7:10–52): the autumn festival of Sukkot. During this festival, Jesus, in his teaching in the temple (7:28),  9 See

van Kooten, Bildung; van Kooten, Last Days. Kooten, Sign of Socrates. 11 Cf. Aland, Synopsis #151. 12 Unless otherwise stated, translations of biblical passages are taken from the New Revised Standard Version (NRSV ), translations of the Septuagint from the New English Translation of the Septuagint (NETS), translations of passages of Classical authors from the Loeb Classical Library (LCL), and translations of patristic writings from the Ante-Nicene Fathers (ANF) and Nicene and Post-Nicene Fathers (NPNF) series, all with small adaptations where necessary. 13 Cf. Elsner /Rutherford, Pilgrimage; Rutherford, State Pilgrims. 10 van

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cryptically alluded to his return to heaven through death (7:33–34), leaving the puzzled Jews to contemplate the possibility that he meant to leave Jerusalem to instruct the Greeks: “Where does this man intend to go that we will not find him? Does he intend to go to the Diaspora of the Greeks (εἰς τὴν διασπορὰν τῶν  Ἑλλήνων) and teach the Greeks (διδάσκειν τοὺς  Ἕλληνας)?” (7:35–36). They suppose that Jesus intends to go into the Greek Diaspora (probably as opposed to the Eastern non-Greek speaking Diaspora) in order to teach the Greeks. Subsequently, in John’s description of the next temple festival in John 10, the winter festival of Hannukah, the commemoration of the Maccabean reconsecration of the temple defiled by the Hellenistic ruler Antiochus IV Epiphanes, the whole issue of the relation between Judaism and Hellenism is brought to the fore (John 10:22–39). Whereas this festival serves to raise Jewish expectancy regarding a Jewish Messiah that will oppose the pagan, foreign authorities, surprisingly the Johannine Jesus seems to side with the figure of Antiochus IV Epiphanes: like Antiochus, he deifies himself and challenges the sacrosanctity of the Jerusalem temple. To some degree, Jesus thus identifies himself provocatively with this Hellenistic ruler, who had permitted the hellenization of Jerusalem (2 Macc 4:7–15) and the foundation of a Greek gymnasium, had converted the temple into a sanctuary of Zeus (2 Macc 6:1–5), and had introduced the festival of Dionysus (2 Macc 6:7). By portraying Jesus as a kind of Antiochus Redivivus, the author of John’s Gospel blurs the lines between Judaism and Hellenism and makes them porous. No wonder then that the next festival, the spring festival of Pascha, sees the arrival of Greek visitors who have become interested in Jesus and wish to see him. As mentioned above, in his Eleusinian-type answer Jesus refers to his death and resurrection in the veiled language of the dying and growing of a grain of wheat. It is at the cross that this death takes place, and it seems no coincidence that, only in the Gospel of John, this cross is said to have been marked by an inscription that was written not only in Hebrew and Latin, but also in Greek: “Pilate also had an inscription written and put on the cross. It read, ‘Jesus of Nazareth, the King of the Jews.’ Many of the Jews read this inscription, because the place where Jesus was crucified was near the city; and it was written in Hebrew, in Latin, and in Greek” (John 19:19–20). In this way, a straight narratological line runs from the Diaspora of the Greeks, which Jesus’ opponents deemed potentially receptive of Jesus’ teaching in John 7, through the dismantling of the Judaism-Hellenism divide in John 10, the arrival of the Greek visitors at the Jewish Pascha festival and Jesus’ Eleusinian statement to them in John 12, and, finally, the Greek signposting on Jesus’ cross in John 19.14 Within this Greek perspective, the Greek gods also play a role, as I shall now argue in the following section. 14 Dodd notes the importance of the Greeks wishing to see Jesus and regards them as standing for “primarily the Hellenistic world which is his [i. e., John’s] own mission field” (Dodd,

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2. Christ and the Gods 2.1. The Explicit Polemics Against the Gods in the Ending of 1 John The Greek perspective that we see implemented throughout the Gospel of John also seems to concern the gods of the Greeks, with whom the divine Son, the Christ-Logos, is compared. This comparison becomes particularly explicit at the very end of the First Letter of John, where the author suddenly and unexpectedly bursts into an invective against “the idols”, the pagan gods, who are contrasted with the divine Son, “the one who was begotten from God” and who, unlike the pagan gods, is “the true god”. To a lesser degree, more indirectly, these gods are also contrasted with the Christians, who are also said to be “begotten from God”. With this antithesis between “the one who was begotten from God” and “the idols”, the letter reaches a strange, abrupt climax, especially as this is the one and only occurrence of the term “idol” (εἴδωλον) in the entire Johannine corpus, where it is, literally, the letter’s final word: We know that all those who are begotten from God (πᾶς ὁ γεγεννημένος ἐκ τοῦ θεοῦ, i. e. all regenerated human beings, “the Christians”) do not sin, but the one who was begotten from God (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ, i. e. the only-begotten Son of God [cf. 4:9], the Christ-Logos [cf. 1:1]) protects them, and the evil one does not touch them. We know that we are from God (οἴδαμεν ὅτι ἐκ τοῦ θεοῦ ἐσμεν), and that the whole world lies under the power of the evil one. And we know that the Son of God (ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ) has come and has given us understanding so that we may know him who is true (ἵνα γινώσκομεν τὸν ἀληθινόν, i. e. God); and we are in him who is true, in his Son Jesus Christ. He is the true God (οὗτός ἐστιν ὁ ἀληθινὸς θεὸς) and eternal life. Little children, keep yourselves from the idols (Τεκνία, φυλάξατε ἑαυτὰ ἀπὸ τῶν εἰδώλων). (1 John 5:18–21)

This ending is indeed rather puzzling, unless the polemics that become explicit here already run implicitly through the entire Gospel of John. As I shall argue in Section 2.2, this is indeed the case: the Christ-Logos, the divine Son, is depicted in the same way as the mythological gods are portrayed in Greek literature: as a (true) god begotten from his divine Father. Just as many Greek mythological gods are said to be begotten from their father Zeus, so the Christ-Logos is begotten from his divine Father. Subsequently, in Section 2.3, I will give an overview of the Greek gods that seem involved in the implicit comparison between Christ and the gods in the Gospel of John, before focusing, in Section 3, on a specific comparison between Christ and the god Hermes. Before progressing further, I will dwell a moment on the relation between the Christ-Logos, the divine Son, and the Christians, who are depicted in the Fourth Gospel, 371), but misses the importance of the other passages about the Greeks and Greek language and hence fails to see the narratological line that could have supported his reading of John’s Gospel (the importance of 7:35 going unnoticed in Dodd, Fourth Gospel, 354, and even 19:20 going without comment).

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same terminology of divine generation. The author applies the notion of divine generation not only in a christological way, but also in an anthropological way. In the concluding passage of 1 John just quoted, “the one who was begotten from God” (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ) is clearly the Christ-Logos, or as Dodd puts it, “the son of God par excellence”,15 whereas “all those who are begotten from God (πᾶς ὁ γεγεννημένος ἐκ τοῦ θεοῦ)” and “do not sin”, and who are protected by the former, are human beings. There is no difference here in formulation between the divine Son and those protected by him; they are both depicted as “begotten from God”, although in different tenses: Christ, ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ, is described in the aorist tense (γεννηθείς), the Christians in the perfect tense (γεγεννημένος). There seems to be a small, subtle difference in emphasis here in the use of different verb tenses, which have distinct semantic values or aspects, containing different indications about the “state of affairs” described by the verb. The aorist tense indicates a state of affairs that is completed and functions, for instance, as a (historical) fact in an argumentation or account, whereas the perfect tense, which also indicates a state of affairs that is completed, emphasises the state that results from this. According to Sander Orriens, the perfect tense expresses the relevance that this completed state of affairs has “in the present communicative situation”, whereas the aorist refers to this completed state of affairs without such a link with the present. As Orriens describes the semantic value or aspect of the perfect tense in Classical Greek: (Its) aspect, when combined with primary tense, is concerned with marking a reciprocal (or: bilateral) relationship between a completed past SoA [i. e., State of Affairs] and the moment of speech. By this I mean that a speaker, when using a perfect in discourse, simultaneously both refers to a completed past SoA and explicitly links this SoA to the moment of speech. By doing this he directly involves the SoA in the present communicative situation. At this point the perfect differs from the closely related aorist, whose aspect is concerned with a mere unidirectional (or: unilateral) relationship between the moment of speech and the completed past SoA: it only refers to this SoA without explicitly linking it to the moment of speech.16

Applied to John’s writing, this means that the description of the Christians as having been generated, in the perfect tense, serves the communicative situation of the author, in which he indeed spells out the consequences of this state of affairs for his (Christian) readers, whereas the description of the divine Son as generated in the aorist tense functions as a fact within his argumentation.17 In this passage in 1 John the divine generation of the Christ-Logos is alluded to 15 Dodd,

Fourth Gospel, 138. Involving the Past, 225. 17 I am very grateful to Freerk-Jan Berghuis, my old Classics teacher, for the reference to Orriens. 16 Orriens,

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using the aorist tense, but this is not the only mode in which it can be expressed: as we have seen, this depends on the rhetorical communicative situation of the author. In the Gospel of John, the divine generation of the Christ-Logos is expressed in the perfect tense in the episode in which Jesus tells Pilate: “For this I have been begotten, and for this I have come into the world, to testify to the truth (ἐγὼ εἰς τοῦτο γεγέννημαι καὶ εἰς τοῦτο ἐλήλυθα εἰς τὸν κόσμον, ἵνα μαρτυρήσω τῇ ἀληθείᾳ)” (John 18:37). The emphasis in this passage is very much on the consequences of Jesus’ generation and arrival, namely that they enable him to bear witness to the truth. It remains ambiguous whether his “being begotten” here refers to his being begotten as the divine Son before his incarnation – so that a two-stage process would unfold of (1) a divine generation by the Father as the pre-incarnational divine Son and (2) a later incarnation – or whether what is alluded to here is his “being begotten” as a human being, through which he came into the world. But whatever the nuances of the different tenses, and assuming that the latter passage is also about divine generation, both passages (in 1 John 5:18 and John 18:37) give evidence of John’s christological application of the notion of divine generation. Further evidence for this is obviously provided by the frequently applied terminology of “only-begotten (μονογενής)” and “the son of God”, which, in Johannine literature, is clearly used as the abbreviated form of “the only-begotten Son of God (ὁ μονογενὴς υἱὸς τοῦ θεοῦ), or “the only-begotten Son (ὁ υἱὸς ὁ μονογενής)”.18 It is this divine Son, begotten from the divine Father, who is contrasted with the Greek pagan gods at the very end of 1 John. And as I already briefly suggested, even the Christians, by implication, are contrasted with these gods, as despite their status as human beings they are also said to have been begotten from God. Their status, however, as we shall see later, is derived from the (primary) status of the divine Son as the truly “only-begotten (μονογενής)”, so that the principal opposition is that between the divine Son, the Christ-Logos, and the Greek pagan gods. 2.2. The Mythological Notion of a God Being Begotten from Another God The way this divine Son is described as “the one who was begotten from God (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ)” (1 John 5:18) seems to parallel the Greek mythological designation of the gods as begotten by their divine fathers. This mode of expres18 For the designation of Christ as “only-begotten (μονογενής)”, see the occurrences of μονογενὴς θεός in John 1:18, ὁ μονογενὴς υἱὸς τοῦ θεοῦ in John 3:18 and ὁ υἱὸς ὁ μονογενής in John 3:16 and 1 John 4:9. For the designation “the son of God”, see John 1:34 (κἀγὼ ἑώρακα, καὶ μεμαρτύρηκα ὅτι οὗτός ἐστιν ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ, entailing the confirmation by John the Baptist that Jesus is “the son of God” after John the Evangelist has already introduced the readers to the notions of μονογενὴς παρὰ πατρός [1:14] and μονογενὴς θεός, ὁ ὢν εἰς τὸν κόλπον τοῦ πατρός [1:18]) and 1:49, 11:27, 20:31; and 1 John 4:15, 5:5, 5:10, 5:13, 5:20 – apparently used as an abbreviated form of ὁ μονογενὴς υἱὸς τοῦ θεοῦ or ὁ υἱὸς ὁ μονογενής.

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sion is of course profoundly anthropomorphic, as human beings, in countless Greek passages, are said to be generated from their human fathers. The Septuagint also uses this expression to depict human generation,19 as well as applying the terminology of begetting to God himself. First of all, there is the notion of God begetting Israel, or its Messiah. In the Second Ode of Moses in Deuteronomy 32:1–43, Moses, addressing the people of Israel, depicts God as the “God who begot you” (32:18), and accuses them of abandoning this god: 15And Jacob ate and was filled, and the beloved one kicked. He grew fat; he became heavy;

he became broad! And he abandoned God who made him (καὶ ἐγκατέλιπεν θεὸν τὸν ποιήσαντα αὐτὸν), and he departed from God his savior. 16They provoked me with foreign things; by their abominations they embittered me. 17They sacrificed to demons and not to God, to gods they did not know. New, recent ones have come, whom their fathers did not know. 18You abandoned God who begot you (θεὸν τὸν γεννήσαντά σε ἐγκατέλιπες), and you forgot God who nurtures you. (Deuteronomy 32:15–18)

We have the same antithesis here as at the end of 1 John, between on the one hand God who begot the believers, and on the other hand the foreign, pagan gods. This shows that John always remains engrained within a Jewish setting, however much he simultaneously links up with a pagan Greek discourse. I am convinced that we should not play off a Greek and Jewish understanding of John against one another. My intention is to explore whether there is a coherent Greek context in which John can be understood, with a full awareness that eventually we need to read his writings in a complete triangulation of the specific location of John. We need to form triangles to him from known points in the surrounding Jewish and Greek landscape, reckoning with John’s double coding, which brings out the polyvalence of his language.20 The present notion of divine begetting is a case in point, where this notion both occurs in the Jewish Scriptures and is omnipresent in John’s contemporary Greek cultural world. Deuteronomy is not alone among the Septuagint writings in using the notion of Israel’s begetting by God. Isaiah, too, applies this notion when he utters the following divine speech:

19 See 1 Paralipomena (=1 Chron MT) 2:3, “They were brought forth to him ‘from’ the daughter of Saua, the Canaanite (ἐγεννήθησαν αὐτῷ ἐκ τῆς θυγατρὸς Σαυας τῆς Χαναανίτιδος)”; 1 Paralipomena (=1 Chron MT) 8:9–11, “And he begot ‘from’ his wife Hada (καὶ ἐγέννησεν ἐκ τῆς Αδα γυναικὸς αὐτοῦ), Iobab and Sebia and Misa and Melcham and Iaos and Sabia and Marma: these were rulers of paternal families. And ‘from’ Hosim he begot (καὶ ἐκ τῆς Ωσιμ ἐγέννησεν) Abitob and Alphaal”; 2 Esdras 10:44, “All these had married foreign women, and they begot sons ‘from’ them (καὶ ἐγέννησαν ἐξ αὐτῶν υἱούς)”; Tobit 1:9, “And when I became a man, I took a wife, one of our own family, and ‘from’ her I begot Tobias (καὶ ἐγέννησα ἐξ αὐτῆς Τωβιαν).” For the translation of γεννάω, see LSJ γεννάω 1. mostly of the father, beget; of the mother, bring forth, bear. Cf. also 4 Kings (=2 Kings MT) 20:18 and 1 Esdras 4:15–16. 20 The term “triangulation” was suggested to me by Philip Alexander (Manchester), the term “double coding (Doppelkodierung)” by Reinhard Feldmeier (Göttingen).

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Hear, O heaven, and give ear, O earth, for the Lord has spoken: “I begot sons (υἱοὺς ἐγέννησα) and exalted them, but they rejected me. The ox knows its owner, and the donkey its master’s crib, but Israel has not known me, and the people have not understood me.” (Isaiah 1:2–3)

Similarly, in a divine speech in Ezekiel, God, addressing the mountains of Israel that are devastated by the enemies, tells them that he, God, will beget human beings, the people of Israel, who will populate them again: And I will multiply human beings upon you, every house of Israel totally, and the cities shall be inhabited, and the desolate one shall be built. And I will multiply human beings and cattle upon you and settle you as in your beginning, and I will treat you well just as was your former condition, and you shall know that I am the Lord. And I will beget human beings upon you, my people Israel (καὶ γεννήσω ἐφ’ ὑμᾶς ἀνθρώπους τὸν λαόν μου Ισραηλ), and they shall take possession of you, and you shall be for them as a possession, and no longer shall you continue to be childless by them. (Ezekiel 36:10–12)

Furthermore, not only Israel, but also Israel’s Messiah is the object of God’s begetting, as the well-known Messianic second psalm illustrates, which speaks about the divine begetting (2:7) of the Messiah (2:2), the (Davidic) King of Jerusalem (2:6): “The Lord said to me, ‘My son you are; today I have begotten you (Υἱός μου εἶ σύ, ἐγὼ σήμερον γεγέννηκά σε)’” (Psalm 2:7). Yet, despite the parallels between these Septuagint passagese and John’s talk of “the one who was begotten from God (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ)” (1 John 5:18), there is one important difference: the references in the Septuagint to the divine begetting of Israel and its Messiah are only metaphorical. Following the definition of Princeton’s WordNet lexical database, a metaphor is “a figure of speech in which an expression is used to refer to something that it does not literally denote in order to suggest a similarity”.21 Indeed, in the Septuagint passages above the expression of begetting is used to suggest a specific similarity with fatherhood and sonship, as an analogy, but does not literally denote fatherhood and sonship. Israel is not actually God’s son, nor is its Messiah, the Davidic king, strictly speaking his son: David is the son of Jesse (and Nitzevet, according to the Talmud), and only metaphorically, after his anointing as king, the son of God. In the Johannine corpus, however, the divine Son is really seen as the son begotten from the divine Father, in seemingly full, unrestricted anthropomorphic speech. There is, however, one highly interesting specific occurrence in the Septuagint where the terminology of begetting is applied to God in a non-metaphorical sense: in Wisdom’s second speech in the book of Proverbs. Here, in her hymn of self-praise, before speaking about her role in creation (8:27–31), personified Wisdom, the Woman Wisdom, reveals her divine origins that date back to before creation (8:22–26): 21 Princeton University “About WordNet.” WordNet. Princeton University. 2010. http://w​o​r​ d​n​e​t​.princeton.edu.

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The Lord created me as the beginning of his ways, for the sake of his works. Before the present age he founded me, in the beginning. Before he made the earth and before he made the depths, before he brought forth the springs of the waters, before the mountains were established and before all the hills (πρὸ τοῦ ὄρη ἑδρασθῆναι, πρὸ δὲ πάντων βουνῶν), he begets me (γεννᾷ με). (Proverbs 8:22–26)

The Woman Wisdom, thus, is begotten by God; she is God’s child, as she acknowledges: “he begets me (γεννᾷ με)”. This is a very close parallel between the personified figure of Wisdom in Proverbs 8 and the Johannine Christ-Logos, “the one who was begotten from God (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ)” (1 John 5:18). And scholarship has abundantly emphasised the link between Proverbs 8 and the Prologue of John’s Gospel, where John, too, writes of the origins of the divine Logos prior to creation (John 1:1–2) before subsequently explicating its role in creation (1:3). However, I am rather reserved about the usefulness of this parallel, for two reasons. First, the intertextual relationship that is often supposed between John’s Gospel and Proverbs is highly questionable: the entire terminology of wisdom that pervades the book of Proverbs (with more than one hundred occurrences of σοφία, σοφός and σοφίζω) is entirely absent from the Johannine corpus. Secondly, the Woman Wisdom is a personification, whereas John’s talk of the divine Son as “the one who was begotten from God (ὁ γεννηθεὶς ἐκ τοῦ θεοῦ)” (1 John 5:18) remains entirely within the range of the normal implications of begetting, as something that involves fathers and children. Nevertheless, in one aspect the passage from Proverbs about God’s begetting of the female figure of Wisdom is very insightful and useful for our understanding of divine begetting in the Johannine corpus: namely the fact that the relevant statement from Proverbs about the Woman Wisdom probably reflects the polytheistic context of the Ancient Near East, with its many articulations of the Wisdom goddess, who is now also incorporated within the Jewish monotheism of Proverbs.22 As I argue below, this provides a heuristic context that, transformed into the environment of pagan Greek polytheism that is contemporary with John’s Gospel, offers a very useful framework for understanding his use of the notion of divine begetting. Full parallels for John’s notion of divine begetting in the Septuagint are lacking, we may conclude.23 The talk of God as “begetter” in the Septuagint is only metaphorical, or involves personifications rather than “real” divine offspring. This lack of material becomes more understandable when one notes that even the more general parlance of God as “father” is rather sparse within the 22 For

Proverbs, see Aitken, Proverbs, with relevant literature. am very grateful to my colleagues Prof. William Horbury (Cambridge) and Dr David M. Moffitt (St Andrews), and Kai Akagi (PhD student, St Andrews), for challenging me on these points during New Testament research seminar meetings at Cambridge in February 2014 and at St Andrews in April 2016; this forced me to rethink, restructure, and clarify my argument. 23 I

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Jewish Scriptures, although the weight of the few instances is not insignificant.24 Moses tells Pharaoh that Israel is God’s first-born son (υἱὸς πρωτότοκός; Exodus 4:22), just as the prophet Nathan tells King David that God will be a father to his offspring (2 Kings LXX =2 Sam MT] 7:14; cf. Psalm 88:27 LXX [=89:27 MT]); these assertions and promises are the basis for the suffering people of Trito-Isaiah to turn and appeal to God as their Father (Isaiah 63:16, 64:7). As Reinhard Feldmeier and Hermann Spieckermann note in their discussion of the notion of the fatherhood of God in the Bible, this paucity of passages in the Jewish Scriptures that call God “Father” reveal the necessity that was felt “to exclude the misunderstanding of a genealogical or ontological connection between God and the world.”25 Yet such an ontological connection between God, the divine Christ-Logos, and those regenerated by this divine Logos (John 1:12–13; cf. 10:34–35) does seem present in John’s Gospel.26 The relatively small number of passages about God’s fatherhood in the Jewish Scriptures stands in sharp contrast with the ubiquity of this notion in pagan Greek literature, which is replete with the depiction of Zeus as “the father of men and gods”, the πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε (e. g., Homer, Iliad 1.544); in the Platonic philosophical tradition the Creator God, the demiurge, is also depicted as “the Maker and Father of this Universe (ὁ ποιητὴς καὶ πατὴρ τοῦδε τοῦ παντὸς)” (Plato, Timaeus 28c).27 I suggest that the Johannine notion of being begotten from God resonates first and foremost with the anthropomorphism of pagan Greek mythology, yet not in a crude way but, as we shall see below, in a modified, refined, philosophical way, just as in the allegorical interpretations of the gods in ancient philosophy. There is indeed a noteworthy full terminological similarity between the Johannine “being begotten from God (γεννηθῆναι ἐκ [τοῦ] θεοῦ)” and Greek mythology, with regard to both the verb γεννηθῆναι (“to be begotten”) and the remarkable preposition ἐκ (“from”) which offers an almost graphic description of the physical emission or extraction of new gods from the seeds or bodies of their parental gods. The notion of being begotten from a particular god is widely present in Greek anthropomorphic mythology, where it was used to describe the begetting of full gods from Zeus (such as the generation of Hermes and Athena) or from other gods, or the begetting of demigods from a god and a human being. Often the begetting from a god concerns Zeus. He himself was begotten by Cronus from Cronus’ sister Rhea, as narrated for instance in Diodorus Siculus’

24 See Feldmeier /Spieckermann, God of the Living, chap. 2: “From Lord God to Father God”, 51–91; Albrecht/Feldmeier, The Divine Father. 25 Feldmeier /Spieckermann, God of the Living, 89. Cf. 30, 85, 255, 390, and 526. 26 This perhaps even applies to the cosmos, nothing of which exists independently from the all-permeating Logos, as John emphasises (John 1:3). 27 See also van Kooten, The Divine Father.

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1st-century BC Library of History (3.61.1). More often, however, Zeus is the begetter of other gods, and they are described as having been begotten from him. This holds true of all twelve Olympian gods on the Parthenon frieze: apart from Zeus himself, his wife Hera, and his brother Poseidon, all the other gods – Aphrodite, Apollo, Ares, Artemis, Athena, Demeter, Dionysus, Hephaestus and Hermes – are begotten from Zeus. And also beyond the circle of these Olympian gods Zeus begets children, both other gods, such as Dike, and also demigods from his union with human females. Very often Zeus’ divine begetting is expressed in the terminology of γεννάω ἐκ, which is mostly used of the father (LSJ) and hence should be translated as “to beget from”; it is frequently used either in the aorist passive ἐκ Διὸς γεννηθῆναι, in analogy with the Johannine ἐκ (τοῦ) θεοῦ γεννηθῆναι, or in the perfect middle passive ἐκ Διὸς γεγεννῆσθαι, in analogy with the Johannine ἐκ τοῦ θεοῦ γεγεννῆσθαι. Moreover, as γεννάω is causal of γίγνομαι, Zeus’ divine begetting is also expressed in the terminology of γίγνομαι ἐκ, which in contrast to the verb εἶναι signifies coming into being and, in the case of persons, being born (LSJ), again often in the aorist middle ἐκ Διὸς γενέσθαι or the perfect middle passive ἐκ Διὸς γεγενῆσθαι. The synonymy of the γεννάω ἐκ expressions with the γίγνομαι ἐκ expressions is clearly shown in such authors as Diodorus Siculus, where both phrases occur in the same sense. In addition, the terminology of ἐκγίγνομαι is found in the Homeric expressions οἳ Διὸς ἐξεγένοντο: “those born from Zeus” (Iliad 5.637) and Διὸς ἐκγεγαυῖα, “born from Zeus”, used as epithet of the goddess Athena and the demigoddess Helen (Odyssey 4.184, 4.219, 6.229, 23.218). This comparison of the Johannine terminology of divine begetting with that of Greek mythology can be visualised in the following table (see Table 1). The similarities concern not only the term γεννάω (or γίγνομαι) itself, but also the distinctively Johannine preposition ἐκ, which denotes the physical origins of body, seed, or womb from which one is begotten, brought forth, and born. It seems that the Johannine notion of divine begetting, which John applies both in his christology and in his anthropology, has its closest parallels in the same notion that is applied in pagan Greek mythology. Table 1: Comparative overview of Johannine and Greek mythological terminology of divine begetting Johannine corpus Tenses

γεννάω + ἐκ

Greek mythology γίγνομαι + ἐκ

LSJ γεννάω: causal of γίγνομαι, mostly of LSJ γίγνομαι: abs., come the father, beget; of the mother, bring forth, into being opp. εἶναι; and so, of persons, to be born bear

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Johannine corpus Aorist passive / ἐκ (τοῦ) θεοῦ middle γεννηθῆναι John 1:13, 1 John 5:18

Perfect middle- ἐκ τοῦ θεοῦ passive γεγεννῆσθαι 1 John 3:9, 4:7, 5:1, 5:18

Greek mythology ἐκ Διὸς γεννηθῆναι

ἐκ Διὸς γενέσθαι

E. g., Diodorus Siculus, Library of History 5.72.3

E. g., Diodorus Siculus, Library of History 3.64.1, 3.64.3, 4.4.1, 5.48.2, 5.76.1, 5.76.3

ἐκ Διὸς γεγεννῆσθαι ἐκ Διὸς γεγενῆσθαι E. g., Diodorus Siculus, Library of History 5.78.1

E. g., Isocrates, Panegyricus (Orat. 4) 60 Cf. the Homeric expressions οἳ Διὸς ἐξεγένοντο, “those born from Zeus” (Iliad 5.637), and Διὸς ἐκγεγαυῖα, used as an epithet of Athena and Helen (Odyssey 4.184, 4.219, 6.229, 23.218)

As we shall see, particularly the begetting of Athena from Zeus is very similar to the begetting of the divine Son from the divine Father in the Johannine corpus, since both are begotten without the aid of a mother, but directly and exclusively from their divine Father. In passing I note that the begetting that results from a union between Zeus and a non-divine, human female (such as the generation of Dionysus, Heracles, and Perseus from Zeus and a human mother), or the generation of Asclepius from Apollo and a human mother, is very similar to Matthew’s portrayal of the begetting of Jesus from the Holy Spirit and Mary. As the angel tells Joseph, “do not be afraid to take Mary as your wife, for that which is begotten in her is from the Holy Spirit (τὸ γὰρ ἐν αὐτῇ γεννηθὲν ἐκ πνεύματός ἐστιν ἁγίου)” (Matthew 1:20). The negative version of this also occurs in the Septuagint, again in the context of Ancient Near Eastern mythology, in Genesis 6, in the episode of the begetting of giants by “the sons of God”: “When the sons of God (οἱ υἱοὶ τοῦ θεοῦ) used to go in to the daughters of humans, then they begot [offspring] for themselves (καὶ ἐγεννῶσαν ἑαυτοῖς). Those were the giants that were of old, the renowned humans” (Gen 6:4). Although I note this only incidentally, this brief comparison with Matthew also serves to emphasise a very important aspect of John’s application of the notion of the begetting of the divine Son. John’s use of this notion is not about the begetting of Jesus through the union of God (or his Holy Spirit) with Mary,

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as in Matthew, but concerns the pre-incarnational, and even pre-creational begetting, not of Jesus, but of the divine Son, the Christ-Logos, who, like Athena, is begotten from the divine Father without the assistance of a divine mother. This divine Son is begotten from God in the way the gods are begotten from a god in pagan Greek mythology. The Greek logic is also the same: gods, by definition, beget gods, and for that reason the divine Son, the Christ-Logos, as begotten from God, is indeed himself a god: he is the “only-begotten god (μονογενὴς θεός)” (John 1:18), and in comparison with “the idols” he is also “the true god (ὁ ἀληθινὸς θεός)” (1 John 5:20). It is this competition between “the true god” and the idols, between the divine Son and the pagan Greek mythological gods, that we will now study in more detail. This antithesis between “the true god” and “the idols” reflects a Jewish perspective that we also find in the Sibylline Oracles (Fragm. 3, lines 43–49), in the letters of Paul (1 Thess 1:9), and in Joseph and Aseneth (11:9–10). Only in the Johannine corpus, however, is this “true God” the divine Son, and not “God the king who oversees all” (Sibylline Oracles, Fragm. 3, line 42), the divine Father of Jesus (1 Thess 1:9–10), or “the God of the Hebrews” (Joseph and Aseneth 11:10). Although Paul certainly assumes that something in Jesus Christ was of pre-incarnational (Philipp 2:6) and even pre-creational (1 Cor 8:6) origins  – something which he abstractly defines as the one “being in the form of God (ἐν μορφῇ θεοῦ ὑπάρχων)” and to whom he attributes a status of being “equal to God” (Philipp 2:6) –, Paul’s notion of (divine) sonship was fully based on the Roman concept of “adoption as a son (υἱοθεσία)”. This concept is not only used to describe the new status of Christians (Rom 8:14–15, 23; Gal 4:5), but also underlies Paul’s view of the divine sonship that Jesus acquired at his resurrection (Rom 1:3–4). Unlike John, who uses the notion of an ontologically divine sonship that results from God’s begetting of another god, Paul, rather contradictorily, uses the Roman notion of adoptive sonship to retrogressively depict the preincarnational figure that is sent by God “into the similarity of sinful flesh” (Rom 8:3), and to be born from a woman (Gal 4:4), “under the elements of the cosmos” (Gal 4:3; cf. 6:14), as a son of God. Paul, thus, because of the strongly adoptive nature of his notion of sonship, improperly uses the term “son” to qualify the pre-incarnational figure who “was in the form of God”, just as he also inappropriately calls this pre-existent figure “Jesus Christ” (e. g., in Philipp 2:5–6), using the Jewish personal name of Jesus to depict a heavenly status that preceded this name-giving. Differently from Paul, John is able, and keen to designate the pre-incarnational and pre-creational “Jesus” is his proper ontological essence: that of divine Son, divine Logos, and true Light; John does so by drawing on the Greek mythological notion of divine sonship and the Greek philosophical notions of divine Logos and true light. In his Prologue the pre-creational and pre-incarnational figure of the divine Logos (1:1), the true Light (1:9) and the μονογενὴς παρὰ πατρός,

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“the Only-Begotten issuing from the (divine) Father” (1:14), the μονογενὴς θεός, the “only-begotten god” (1:18), is subsequently said to descend, to become flesh (1:14), and to take on the name of Jesus Christ (1:17). For these reasons, because of his ontologically divine status, the Johannine Son of God allows for a direct comparison with his pagan counterparts, the Greek gods that were begotten from Zeus. 2.3. The Gods in the Gospel of John – An Overview John seems to draw an analogy between the only-begotten divine Son and the Greek gods, many of whom are begotten from Zeus. This is indicated by the warning against the pagan gods at the end of the First Letter of John (1 John 5:21), as well as the depictions of the divine Son (i) as “begotten from” (the paternal) God (1 John 5:18); (ii) as his “only-begotten (Son)” (John 1:14; 3:16, 18; 1 John 4:9); (iii) and, in fact, in full Greek logic, even as the “only-begotten god” (John 1:18). It even seems the case that several of these pagan Greek gods are recognizable in the way the divine Son mirrors their characteristics. Various scholars have already suggested, for instance, that John’s depiction of Christ’s miraculous wine-making event at Cana (John 2:1–11) reflects the performance of similar actions by the wine-god Dionysus as described in Greek myth. Already in the seventh of the Homeric Hymns, which is devoted to Dionysus, the poet describes how the pirates that inadvertently took Dionysus captive suddenly … began to see miraculous works (θαυματὰ ἔργα). First of all, wine (οἶνος) gushed out over the dark swift ship, sweet-tasting and fragrant, and there rose a smell ambrosial, and the sailors were all seized with astonishment as they saw it. Then along the top of the sail there spread a grape-vine (ἄμπελος) in both directions, hung with many grape clusters. About the mast dark ivy was winding, all flowering, and pretty berries were out on it; and all the tholes were decorated with garlands. (The Homeric Hymns 7. To Dionysus, lines 34–42)

This is very similar to Jesus who, at the wedding of Cana, miraculously produces excellent wine from water (2:9; cf. 4:46), to the great astonishment of the president of the wedding banquet (2:8–10). Perhaps John chose this miracle as Jesus’ first, and even principal sign miracle because of the introduction of the Festival of Dionysus in Jerusalem in the age of Antiochus IV Epiphanes. This king’s sacrilege of the temple and subsequent establishment of the Dionysia in Jerusalem (2 Macc 6:1–7) were commemorated at the festival of Hanukkah, the Feast of Renovation at which Jesus manifested himself as a kind of Antiochus Redivivus, making similar divine claims about himself (John 10:22–39).28 It seems that with this in mind, Jesus’ similarity with Dionysus is stated right at the beginning of John’s Gospel, in such a blatant way that is difficult to miss for a Greek 28 See

van Kooten, Bildung.

Christ and Hermes

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reader.29 And as an echo of this, during the Last Symposium, Jesus refers to himself as “the true grape-vine (ἡ ἄμπελος ἡ ἀληθινή)” (John 15:1) and to his pupils as the vine-twigs that issue from him and bear fruit (John 15:2–5). It seems that Jesus, as “the true grape-vine” is polemically contrasted with Dionysus, just as when he is called “the true bread (ὁ ἄρτος ὁ ἀληθινός)” (6:32) he is compared with Demeter; as “the living water (τὸ ὕδωρ τὸ ζῶν)” (John 4:10–11) he is also possibly put on a par with Poseidon, who was also associated with fresh waters. The identifications of grape-vine, bread, and water with the gods are explicitly made in Greek mythology, as indicated, for instance, by Socrates’ contemporary Prodicus of Ceos: The ancients considered that the sun, the moon, rivers, fountains, and in general everything that is helpful for our life were gods because of the help they provided, like the Egyptians regarding the Nile, and [scil. he says that] for this reason they [i. e., the ancients] considered that bread was Demeter, wine Dionysus, water Poseidon (καὶ διὰ τοῦτο τὸν μὲν ἄρτον Δήμητραν νομισθῆναι, τὸν δὲ οἶνον Διόνυσον, τὸ δὲ ὕδωρ Ποσειδῶνα), fire Hephaestus, and in this way for each of the things that benefited them. (LCL, Early Greek Philosophy, vol. 8: Sophists, Part 1 [LCL 531], #34 Prodicus, Fragment 5, D16 [B5] apud Sextus Empiricus, Against the Natural Philosophers [Adv. Math.] 9.18)

In similarly mythological, and competitive fashion, John now identifies Jesus with the grape-vine of Dionysus, the bread of Demeter, and the fresh, living water of Poseidon. In addition to identifying Jesus with Dionysus, scholars have also detected, in John’s narration of Jesus’ healing of the paralysed invalid at the colonnaded pool of Beth-zatha (John 5:1–9), the divine figure of Asclepius in whose healing cult water plays an important role.30 This is the kind of place people retire to if they are ill, in the same way that people turn to the temples of Asclepius, as is narrated in the case of the philosopher Crantor of Soli, who lived in an Asclepeion for the duration of his illness: He happened to fall ill, and retired to the temple of Asclepius (τὸ Ἀσκληπιεῖον), where he proceeded to walk about. At once people flocked round him in the belief that he had retired thither, not on account of illness, but in order to open a school. … However, when he recovered, he continued to attend Polemo’s lectures. (Diogenes Laertius, Lives of Eminent Philosophers 4.5 Crantor 24–25)

29 The Dionysian overtones of the wine-miracle of Cana have been noted by New Testament scholars and classicists alike. See, among others, Bultmann, Gospel of John, 118–19; Cotter, Miracle, 164–66; P. Wick, Jesus gegen Dionysos?; Seaford, Dionysos, 122; Eisele, Jesus und Dionysos; Labahn, Jesus als Lebensspender, 123–67. 30 For a comparison of Jesus with Asclepius in John 5, see Fornberg, Jesus or Asclepius, and Klinger, Bethesda. For the importance of water in the cult of Asclepius, see F. Graf, art. “Asclepius”, Brill’s New Pauly on-line, accessed on March 23, 2017, with reference to Boudon, Le rôle de l’eau.

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George van Kooten

Besides the comparisons between Jesus and Dionysus and Asclepius, which already feature in scholarly literature, I believe that many more pagan gods are embedded in John’s narrative and are used as points of reference that enable John to lead his Greek audience on to Jesus. In the order of appearance in the Johannine corpus, the following gods seem to feature in the Johannine corpus. I will give a schematic overview first (see Table 2), to be followed by clarifications. Table 2: Overview of allusions to the Greek gods in the Johannine corpus Greek gods

Function in the Johannine corpus

Passages

(i) HERMES-LOGOS

Cosmological & hermeneutical (as in Greek sources) and, in addition, also re-generative and deifying

John 1:1–2 (cosmological) & passim in the gospel, with appearances of the ­hermeneutical logos (see, e. g., 6:60 about σκληρὸς λόγος, “difficult speech”), the regenerative logos (1:12–13; cf. 1 John 3:9) and the deifying logos (10:35)

(ii) APOLLO-HELIOS “The true light”

John 1:9 and passim

(iii) ATHENA MO(U)NOGENĒS

The Only-Begotten of the Father

John 1:14, 18; 3:16, 18; 1 John  4:9

(iv) DIONYSUS

Turning water into wine

John 2:1–11

(v) ASCLEPIUS

Healing in the colonnaded Pool of Beth-zatha

John 5:2–18

(vi) PERSEPHONE

Dying and fruit-bearing grain of wheat

John 12:20–26

(vii) ERŌS-AGAPĒ

Jesus’ divine love at the Last Symposium

Esp. John 13–17 and 1 John, esp. the statement ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν (4:8)

(viii) APHRODITEDESIRE (ἐπιθυμία)

“The desire of the flesh, the desire of the eyes”, “the desire” of the transient cosmos

1 John 2:16–17

(ix) “THE IDOLS”

Object of the abrupt and climactic warning at the end of 1 John: “Little c­ hildren, keep yourselves from the idols.”

1 John 5:21

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(i) HERMES-LOGOS – The first god that seems to make his appearance in the Gospel of John is Hermes, the figure around which the entire present contribution revolves. In Greek allegorical philosophical interpretation Hermes is identified with the Stoic Logos, which exerts two main functions: a cosmological function, and a hermeneutical one. We will explore both functions in detail in the next section, and note that similar cosmological and hermeneutical roles are taken up by the Johannine Christ-Logos: the cosmological function directly in the Gospel’s Prologue (1:1–3) and the hermeneutical one subsequently in the main body of the Gospel. In addition, the Christ-Logos also seems to perform a re-generative function. (ii) APOLLO-HELIOS – The second god that seems recognizable is the god Apollo-Helios, who is seen as the true, intelligible light, the source of the physical light (see Vettius Valens, Anthologiae 1.4). According to the Corpus Hermeticum the Sun is the connecting link between the intelligible and sensible cosmos: “The intelligible cosmos, then, depends from God and the sensible cosmos from the intelligible, but the sun, through the intelligible cosmos and the sensible as well, is supplied by God with the influx of good” (Corpus Hermeticum 16.17; transl. Brian P. Copenhaver). The same notion of the intelligible, “true light” we find in the Prologue of John’s Gospel where Christ is depicted as “the true light (τὸ φῶς τὸ ἀληθινόν)”, a term that can be traced back to Plato’s Phaedo, where the true light is the source, the archetype, the idea of the physical light (Phaedo 109e). This true light is identified in Greek allegorical philosophical interpretation with the sun god Apollo-Helios (see Vettius Valens), but also with other gods, such as, remarkably, the Jewish god Yahweh, under his Greek name Iao (see Herennius Philo of Byblos apud Lydus, De mensibus 4.53),31 the god Osiris (see Plutarch, Isis and Osiris 382C), or the healing god Asclepius (see Aelius Aristides, Orations 23.15). These examples may suffice to indicate that specific gods were identified with the true, intelligible light from Plato’s philosophy. In John’s Gospel, Christ, the “only-begotten god” (1:18) is now identified with “the true light” (1:9) in a similar way.32 (iii) ATHENA MO(U)NOGENĒS – The third god to appear in the Prologue to John’s Gospel is the goddess Athena. Because of her unique birth, directly from Zeus, without the intermediary of a mother, Athena is “the only-begotten daughter” among Zeus’ offspring (Orphic Hymns 32.1), and the special interpreter of Zeus (Aelius Aristides, Discourses 37 [Hymn to Athena] 7). In the same way, in John’s Gospel, the divine Son is “the only-begotten son” (John 1:14; 3:16, 18), and the one who “interprets” his divine Father (1:18).33 31 On Iao as the Greek depiction of the Jewish god Yahweh, see van Kooten, Moses, 126– 32, esp. 127. 32 For a full treatment of this issue, see van Kooten, True Light. 33 For a full comparison between the Johannine Christ and Athena, see van Kooten, Johannine Christ.

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(iv) DIONYSUS – The next god to make his appearance seems to be Dionysus, directly after the Prologue, in the narration of Jesus’ first miracle at the wedding of Cana, when he, in full Dionysian style, turns water into wine (John 2:1–11). As we have already seen above, this identification of Jesus with Dionysus is, at least for us, one of the most recognizable connections between Jesus and the pagan gods that John establishes in his Gospel and, for that reason, already figures frequently in scholarly literature. (v) ASCLEPIUS – To a lesser degree, this is also true of the god Asclepius, who seems to surface in John 5:2–18, in the narrative of the healing of a longterm invalid in the colonnaded Pool of Beth-zatha. As we have seen above, this institution seems to function like a temple of Asclepius. (vi) PERSEPHONE – Later in John 12, when pagan Greeks arrive at the Jewish Pascha festival in Jerusalem (12:20), the following identification between Jesus and Greek gods seems to be made. These Greeks, who exemplify the category of the Greek theōroi, Greek pilgrims who visit the (Greek) festivals of the Mediterranean, wish “to see Jesus” (12:21), and approach him through Jesus’ disciples Philip and Andrew. At this festival, at which Jesus will die, Jesus, through the intermediary of his aforementioned disciples, informs the Greeks of his approaching death in the veiled language of the Eleusinian mysteries: “unless a grain of wheat falls into the earth and dies, it remains just a single grain; but if it dies, it bears much fruit” (12:24). In the Eleusinian mysteries, such a dying and fruit-bearing grain of wheat points to the goddess Persephone (see the Homeric Hymn to Demeter), with whom Jesus seems equated.34 (vii) ERŌS-AGAPĒ – It is during Jesus’ last symposium, narrated at length in John 13–17, that his identification with the god Eros becomes apparent. The background to this is probably Plato’s Symposium, where the symposiasts all deliver a eulogy on the god of love until, at the end of the dialogue, Socrates’ beloved pupil, Alcibiades, celebrates Socrates as a manifestation of divine Love. At John’s last symposium, it is Jesus who, in the presence of his unnamed beloved pupil, reveals himself as the intermediary of divine love, which is no longer called Erōs but Agapē (passim in John 13–17). In 1 John, God himself is even clearly defined as being love: ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν (1 John 4:8). (viii) APHRODITE-DESIRE (ἐπιθυμία) – Whereas in the Gospel of John all appearances of the pagan gods are predominantly positive, even if Jesus outdoes these gods, this seem to change fundamentally in 1 John. Now the goddess of desire, Aphrodite, seems to be introduced and set up in full opposition to the values of John’s community, whose members he warns against “the desire” of the cosmos: Do not love the world or the things in the world. The love of the Father is not in those who love the world; for all that is in the world – the desire of the flesh (ἡ ἐπιθυμία τῆς 34 For

a more extensive argumentation to this effect, see van Kooten, Bildung.

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σαρκὸς), the desire of the eyes (καὶ ἡ ἐπιθυμία τῶν ὀφθαλμῶν), the pride in riches – comes not from the Father but from the world. And the world and its desire  (καὶ ἡ ἐπιθυμία αὐτοῦ) are passing away, but those who do the will of God live for ever. (1 John 2:15–17)

For a Greek public, desire (ἐπιθυμία) was closely associated with the goddess Aphrodite. Theagenes of Rhegium (fl. c.525 BC), for instance, in his allegorical interpretation of the Homeric gods, not only equates Hermes with Logos and Athena with wisdom (φρόνησις), but also Aphrodite with ἐπιθυμία, desire (Theagenes, Fragm. 2, lines 12–14 apud Porphyry, Quaestionum Homericarum ad Iliadem pertinentium reliquiae 20.67sqq lines 13–16). Aristotle too associates Aphrodite with desire (Nicomachean Ethics 1149b15–16), and Plutarch seems to include especially the Stoics, when he describes the following position that closely resembles Theagenes’ views: “Others in their turn will state that Aphrodite is desire (ἕτεροι δ’ αὖ φήσουσι τὴν Ἀφροδίτην ἐπιθυμίαν εἶναι) and Hermes Logos and the Muses the arts and Athena wisdom” (Plutarch, Amatorius 757B). Vettius Valens again identifies Aphrodite with desire and, interestingly, also with Erōs, providing an excellent background for the author of 1 John who contrasts God’s Agapē-love with the desire of the flesh, the desire of the eyes, the desire of the world. We see the same association between Aphrodite and Erōs in Apollodorus’s Library, where Aphrodite is coupled with ἐρωτικὴ ἐπιθυμία, erotic desire (Apollodorus, The Library 3.141). For Greek readers, John’s diatribe against the desire of the world would very much have read as a stinging denunciation of the goddess Aphrodite. Whereas the other gods in the Johannine corpus could, to some extent, still be incorporated into the depiction of the identity of the Johannine Jesus, Aphrodite does not fit in. (ix) THE IDOLS – The preceding, fully negative introduction of the goddess Aphrodite seems to be the upbeat to John’s climactic criticism of the pagan gods at the very end of his letter: “Little children, keep yourselves from the idols (Τεκνία, φυλάξατε ἑαυτὰ ἀπὸ τῶν εἰδώλων)” (1 John 5:21), thus equating the gods with their outward images (cf. Dionysius of Halicarnassus, Roman Antiquities 1.68.2 who talks of the εἴδωλα τῶν θεῶν, the “images of the gods”). Having identified God himself as absolutely identical with Agapē-love (1 John 4:8), and speaking of the divine Son as “the true god” (5:20), the author now reduces pagan gods to their mere outward appearance. In the concluding reflections I will return to this development, within the Johannine corpus, from the appreciative, if competitive comparison between the divine Son and the pagan gods (including such gods as Hermes-Logos, Apollo-Helios, Athena Mo[u]nogenēs, Dionysus, Asclepius, Persephone, and Erōs-Agapē) to the absolutely antithetical depiction of Aphrodite-Desire and the pagan idols. We will now turn, however, to a detailed analysis of Hermes-Logos in John’s Gospel. Hermes is one of the most important Greek gods the Johannine Christ is juxtaposed with. Along with the figures of Athena Mo(u)nogenēs and Erōs-Agapē, which help to articulate the Johannine

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divine Son as the Only-Begotten of the divine Father and the embodiment and intermediary of divine Love, the figure of Hermes lends this Son his characteristics of the cosmological and hermeneutical Logos.

3. The Christ-Logos and the Hermes-Logos 3.1. Hermes-Logos: The Hermeneutical Logos Hermes, too, is said to be born from Zeus (see Cyrillus Alexandrinus, Contra Julianum 1.41: Οἶμαι δὲ δεῖν ἀξιῶσαι λόγου καὶ μνήμης τὸν Αἰγύπτιον  Ἑρμῆν, ὃν δὴ καὶ ‘Τρισμέγιστον’ ὠνομάσθαι φασί, τετιμηκότων αὐτὸν τῶν κατ’ ἐκεῖνο καιροῦ καί, καθά τισι δοκεῖ, τῷ ἐκ Διὸς καὶ Μαίας μυθολογουμένῳ γενέσθαι παρεικαζόντων αὐτόν; and cf. the account of his birth in the 6th cent. BC Homeric Hymn to Hermes). Hermes is very relevant for our purposes, as he is equated with the Logos, just as in the Johannine literature the Logos is equated with the only-begotten Son. I shall now draw attention to a few relevant sources, principally a source contemporary with John’s Gospel, Heraclitus’ Homeric Problems (Allegoriae or Quaestiones Homericae), which shows how ancient philosophers interpreted the mythological figures from Homer in an allegorical way.35 We will see that the sources understand Hermes both as the so-called hermeneutical, explicatory, interpretative Logos, with which we will deal first, and as the cosmological Logos – a differentiation we also discern in John’s Gospel, as I will argue presently. In his Homeric Problems 72 Heraclitus comments on a particular passage in Homer where the god Hermes meets the hero Odysseus, and which Heraclitus interprets as follows, in an allegorical way: “Hermes – that is to say, wise speech (ὁ ἔμφρων λόγος) – meets him. Hermes, we take it, is appropriately so called as a kind of interpreter (ἑρμηνεύς) of everything conceived in the mind” (72.4–5). Subsequently Heraclitus closely connects Hermes with the Stoic Logos and differentiates between the two kinds of logoi which the Stoics distinguish: ὁ προφορικὸς λόγος, the uttered Logos, and ὁ ἐνδιάθετος λόγος, which resides in the mind (ἐν τῇ διαθέσει, as opposed to ἐν τῇ προφορᾷ).36 In Heraclitus’ wording, speech (λόγος) is of two kinds: the philosophers call one kind internal (ἐνδιάθετος) and the other overt (προφορικός). The overt is the reporter of our inner thoughts, the internal is held within our breast. The latter, they say, the gods also employ: for, lacking nothing, they are content with the use of voice within themselves. (Heraclitus, Homeric Problems 72.14–17) 35 For

an edition, translation, and commentary, see Russell/Konstan, Heraclitus. Russell/Konstan, Heraclitus, 117n5 with reference to SVF 3.135 = Sextus Empiricus, Math. 8.275 and SVF 2.11 = Galen, Protrepticus 1–2. 36 Cf.

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This close connection between Hermes and Stoic Logos even becomes a full identification elsewhere in the Homeric Problems, when Heraclitus seems to differentiate still further between two sorts of the spoken logos, because there is need in the Homeric narrative to do so. Commenting on a particular passage from Homer that figures not only Odysseus but also Athena, Iris, and Hermes, Heraclitus says: when the Greeks are for returning home and Odysseus is at a loss, there comes to his aid no other than Divine Wisdom, which Homer calls Athena (ἡ θεία φρόνησις, ἣν Ἀθηνᾶν ὀνομάζει). And by Iris, who is sent as a messenger of Zeus, he [i. e., Homer] represents the “speaking” word (ὁ εἴρων λόγος), just as by Hermes he represents the “explicatory” word (ὁ ἑρμηνεύων λόγος); these two messengers of the gods simply designate the verbal expression of thought (δύο γὰρ ἄγγελοι θεῶν, οὐδενὸς ἄλλου πλὴν ἐπώνυμοι τῆς κατὰ τὸν λόγον ἑρμηνείας). (Heraclitus, Homeric Problems 28.1–3)

Here, Hermes is taken not simply as the speaking word, but as the more advanced explicatory hermeneutical word. In another passage in Heraclitus’ Homeric Problems it becomes clear in what sense Hermes acts as the hermeneutical logos: “Hermes opposes Leto, because Hermes represents speech, which is the interpreter (ἑρμηνεύς) of inner experiences (Homeric Problems 55)”. Christian writings too attest to this identification of Hermes as ὁ ἑρμηνευτικὸς λόγος, as we also find this characterisation in Justin Martyr (The First Apology 21.2: “Hermes, the interpreting word and teacher of all:  Ἑρμῆν μέν, λόγον τὸν ἑρμηνευτικὸν καὶ πάντων διδάσκαλον”) and in the Pseudo-Clementine Homilies (6.15.2:  Ἑρμῆς ὁ ἑρμηνευτικὸς λόγος). 3.2. Hermes-Logos: The Cosmological Logos What is very important for our present purposes, however, is that Hermes, in his identification with the Stoic Logos, is not only the hermeneutical logos, but at the same time also the creative, generative, cosmological Logos. This is made particularly clear by Porphyry (AD 234–c.305), who emphasises that Hermes is both the hermeneutical logos and the cosmological Logos: Hermes is the representative of the Logos which creates the universe and which is also hermeneutical (Τοῦ δὲ λόγου τοῦ πάντων ποιητικοῦ τε καὶ ἑρμηνευτικοῦ ὁ  Ἑρμῆς παραστατικός). The phallic Hermes represents vigour, but also indicates the generative Logos (the Logos Spermatikos) which pervades all things (Ὁ δὲ ἐντεταμένος  Ἑρμῆς δηλοῖ τὴν εὐτονίαν· δείκνυσι δὲ καὶ τὸν σπερματικὸν λόγον τὸν διήκοντα διὰ πάντων). (Porphyry, Περὶ ἀγαλμάτων 8, transl. Edwin Hamilton Gifford, adapted; quoted apud Eusebius, Preparation for the Gospel 3.11.42–43)

This cosmological Logos is subsequently called ὁ ποιητικὸς καὶ σπερματικός [λόγος], “the creative, generative [Logos]” (ibid.). It is this continuity between both aspects of Hermes, his cosmological and his hermeneutical performance as the divine Logos, that is very revealing for our

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understanding of John. The characterisation of the cosmological Logos as τὸν σπερματικὸν λόγον τὸν διήκοντα διὰ πάντων (“the Logos Spermatikos which pervades all things”) is also an excellent description of the Logos in John’s Prologue. This Logos also generates and pervades the cosmos: “All things came into being through him, and without him not one thing came into being. What has come into being in him was life (πάντα δι’ αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ χωρὶς αὐτοῦ ἐγένετο οὐδὲ ἕν. ὃ γέγονεν ἐν αὐτῷ ζωὴ ἦν)” (John 1:3–4). Like Hermes, however, the Johannine Logos exerts not only a cosmological function but also a hermeneutical one: it is the Logos who has become flesh, which is characterised as the μονογενὴς θεός (the “only-begotten god”) who has interpreted (ἐξηγήσατο) the divine Father (John 1:18). It is this hermeneutical function of the Logos that is present after the Prologue, throughout the body of the Gospel in the words of Jesus. This Logos is not necessarily clear for those who do not accept its interpretative force, and can therefore be depicted as a λόγος σκληρός (6:60), a hard Logos which is difficult to understand. This ambiguity is only lifted for the disciples during Jesus’ farewell speech during the last symposium, when he gives a full statement about the Logos’s divine exitus and reditus, his departure from and return to God (16:25–28; cf. 1:14).37 It seems that the analogy between the cosmological and hermeneutical functions of the Johannine Logos and the Hermes-Logos solves the problem of the Johannine Prologue, which thus does not need to be understood as a later addition to the Gospel.38 The Logos is not retrospectively worked into the Gospel through the addition of a prologue; rather the Logos is there throughout the Gospel, only in different capacities: as the generative, cosmological Logos in the opening chapter of John, and as the hermeneutical Logos in the Gospel’s body. 3.3. The Re-generative Logos: An Extra Function of the Christ-Logos Apart from the generative-cosmological and hermeneutical functions that the Johannine Christ-Logos shares with the philosophically interpreted HermesLogos, an extra function of the Logos appears in the Johannine corpus, a function we may describe as “re-generative”: here the generative function of the Logos Spermatikos is applied to account for how human beings can be begotten anew from God. This view is already to some extent implied in the prologue of John’s Gospel. According to the Gospel of John, it is by receiving the Logos that human beings are begotten from God: “to all who received him, who believed in his name, he gave power to become children of God, who were begotten, not from blood or from the will of the flesh or from the will of man, but from God” (John 1:12–13). The pronoun “him” refers back to the figure of the Logos, through whom the entire cosmos came into being (John 1:3a, 10b), and in whom life and 37 On

the issue of ambiguity and clarity in John’s Gospel, see van Kooten, Sign of Socrates. Ehrman, New Testament, chap. 11.

38 Pace

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the true light reside (1:4–5, 9–10a). Although “All things came into being through him, and without him not one thing came into being” (1:3a–b), when the Logos came to “what was his own” (i. e., the cosmos), “those who were his own” (i. e., the human beings) did not receive him (1:11), with the exception, however, of those who did receive him (1:12a), those who were begotten from God (1:13). The implied logic here clearly seems to be that it is by receiving the Logos in oneself, that one becomes begotten from God, and hence this Logos can possibly be identified as the Stoic Logos Spermatikos. This is a regeneration of human beings, following their prior creation. As Jesus tells humankind, in words addressed to the figure of Nicodemus who visits him at night: “You must be begotten ἄνωθεν, anew and from above (Δεῖ ὑμᾶς γεννηθῆναι ἄνωθεν)” (John 3:7; cf. 3:3). By receiving this Logos (1:12–13) that realizes itself towards human beings, they not only become “children of God” (1:12–13) but are even rendered into gods: “those he said to be gods towards whom the Logos of God realized itself (ἐκείνους εἶπεν θεοὺς πρὸς οὓς ὁ λόγος τοῦ θεοῦ ἐγένετο)” (10:35). This is the beginning of a process of divinization and assimilation to God that is completed in the eschatological meeting face-to-face with God: “Beloved, we are God’s children now; what we will be has not yet been revealed. What we do know is this: when he is revealed, we will be like him (ὅμοιοι αὐτῷ ἐσόμεθα), for we will see him as he is” (1 John 3:2). This logic of the re-generative function of the Christ-Logos becomes explicit in the specific mention in 1 John of “the sperm of God” and the explicit connection between this concept of divine sperm and the notion of being begotten from God: “Those who have been begotten from God (Πᾶς ὁ γεγεννημένος ἐκ τοῦ θεοῦ) do not sin, because God’s seed abides in them (σπέρμα αὐτοῦ ἐν αὐτῷ μένει); they cannot sin, because they have been begotten from God (ἐκ τοῦ θεοῦ γεγέννηται)” (1 John 3:9). Apart from this passive description of being begotten from God, in the course of 1 John it is also explicitly said, in the active mode, that it is God who is ὁ γεννήσας, the one who begot, the begetter (1 John 5:1). This connection between divine sperm and begetting also perhaps explains why the only personified, or hypostasized principles said to “remain” in human beings in the Johannine literature are the divine sperm (1 John 3:9), the divine Logos (1 John 2:14, cf. John 5:38 and 15:7; and vice versa, see John 8:31, cf. 1 John 2:24), the divine love (1 John 3:17; and vice versa, see John 15:9–10, 20 and 1 John 4:16), and eternal life (1 John 3:15); together, the ideas of the Logos and the divine sperm abiding in human beings seem to point to the notion of the Logos Spermatikos, now applied to the re-generative Logos, with which the other similar statements about divine love and eternal life are also consistent: it is the Logos Spermatikos that is emitted in divine love and engenders (eternal) life. The Johannine view that it is the Logos Spermatikos through which human beings are begotten (anew) from God is by no way peculiar, as in Greek reflections on the Logos Spermatikos the terminology of λόγος σπερματικός belongs to the

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same vocabulary as “begetting” (γεννάω): begetting is an activity of the λόγος σπερματικός. The terms occur together as part of the same discourse in various Stoic authors. For instance, according to the Stoics, God is one and the same with Reason, Fate, and Zeus (ἕν τε εἶναι θεὸν καὶ νοῦν καὶ εἱμαρμένην καὶ Δία); he is also called by many other names. In the beginning he was by himself (κατ’ ἀρχὰς μὲν οὖν καθ’ αὑτὸν ὄντα); he transformed the whole substance through air into water, and just as in animal generation the seed has a moist vehicle, so in cosmic moisture God, who is the generative Logos (σπερματικὸς λόγος) of the universe, remains behind in the moisture as such an agent, adapting matter to himself with a view to the next stage of creation (καὶ ὥσπερ ἐν τῇ γονῇ τὸ σπέρμα περιέχεται, οὕτω καὶ τοῦτον σπερματικὸν λόγον ὄντα τοῦ κόσμου τοιόνδε ὑπολιπέσθαι ἐν τῷ ὑγρῷ, εὐεργὸν αὑτῷ ποιοῦντα τὴν ὕλην πρὸς τὴν τῶν ἑξῆς γένεσιν). Thereupon he generated first of all the four elements, fire, water, air, earth (εἶτα ἀπογεννᾶν πρῶτον τὰ τέσσαρα στοιχεῖα, πῦρ, ὕδωρ, ἀέρα, γῆν). … Fire has the uppermost place; it is also called aether, and in it the sphere of the fixed stars is first begotten (ἐν ᾧ πρώτην τὴν τῶν ἀπλανῶν σφαῖραν γεννᾶσθαι); then comes the sphere of the planets, next to that the air, then the water, and lowest of all the earth, which is at the centre of all things. (SVF 2.580 apud Diogenes Laertius, Lives of Eminent Philosophers 7.135–137)

This passage much resembles the opening of John’s Gospel (1:1–3), as God’s oneness and his identity with Reason (“God is one and the same with Reason”, ἕν τε εἶναι θεὸν καὶ νοῦν) are emphasised – together with his initial, pre-creational solitude (“In the beginning he was by himself ”, κατ’ ἀρχὰς μὲν οὖν καθ’ αὑτὸν ὄντα) – before his operation as the Logos Spermatikos is exhibited, which shows itself in generating (ἀπογεννᾶν) the four elements, in which subsequently other things are begotten (γεννᾶσθαι). At the level of human procreation, this Logos Spermatikos operates through a plurality of generative principles (logoi spermatikoi), which – similarly to what happens according to modern-day DNA theory – are inherited from the preceding lineages involved. All the seeds from these lineages “are shaken together until one of the generative principles (τις τῶν σπερματικῶν λόγων) prevails” and causes “what is begotten (τὸ γεννώμενον)” to resemble it (SVF 2.747 apud Origen, Commentarii in evangelium Joannis 20.5.35–36). If we focus on God’s activity at this human level, he is understood as Nature, which is defined as a hot spirit which is moved of itself (φύσις ἐστὶ πνεῦμα ἔνθερμον ἐξ ἑαυτοῦ κινούμενον) and in accordance with its generative powers begets, and also completes and maintains the human being (καὶ κατὰ τὰς σπερματικὰς δυνάμεις γεννῶν τε καὶ τελειοῦν καὶ διατηροῦν τὸν ἄνθρωπον) (SVF 2.1133 apud Pseudo-Galenus, Definitiones medicae, vol. 19, page 371 lines 7–9 [edn C. G. Kühn, Claudii Galeni opera omnia, vol. 19; Leipzig: Knobloch, 1830 (repr. Hildesheim: Olms, 1965), 346–462]). Interestingly, in this passage the subject of begetting is the Pneuma (the “hot spirit which is moved of itself ”), offering an excellent parallel to the variation in John’s Gospel that human beings are begotten (anew) “from the Spirit”: they are begotten, not only from the waters of birth and/or semen, from the maternal

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womb (ἡ κοιλία τῆς μητρὸς), from the flesh, a birth from water, but – in addition to their physical, first generation and birth – also from Pneuma (John 3:5–8; cf. 1:12–13).39 This indeed confirms the strongly Stoic character of John’s notions of Logos and Pneuma.40 And, finally, for our present purposes the combination of divine begetting and the Logos which is seen as instrumental in this is beautifully expressed in Marcus Aurelius’ address to humankind: You have subsisted as part of the Whole. You will vanish into that which begat you (ἐναφανισθήσῃ τῷ γεννήσαντι), or rather you will be taken again into its Logos Spermatikos (μᾶλλον δὲ ἀναληφθήσῃ εἰς τὸν λόγον αὐτοῦ τὸν σπερματικὸν) by a process of change. (Marcus Aurelius, Meditations 4.14)

These passages may suffice to show that the terminology of “Logos Spermatikos” and “begetting” naturally occur together. To a Greek eye, a similar connection would immediately be visible in John’s disconnected, implied and sketchy references to the divine Logos, the divine sperm, and divine begetting, but the parallels suggest that the same logic is there. This logic is now applied, however, not to the generation of the cosmos, but to the re-generation of human beings who are now – through this re-generative activity of the Logos – turned into children of God (1:12–13) and even into gods (10:35; cf. 1 John 3:2) as they are begotten (anew) from God (John 1:13; 1 John 2:29, 3:9, 4:7, 5:1, 5:4, 5:18), from the divine Pneuma (John 3:5–8). This logic now also helps us to understand in what sense the divine LogosSon is “the only-begotten Son” (John 1:14, 3:16–18; 1 John 4:9) and “only-begotten god” (John 1:18), in differentiation from the human beings that are turned into children of God (John 1:12, 11:52; 1 John 3:1–2, 10 and 5:2). The divine Logos39 I go against the more common interpretation of water as a reference to baptism. Indeed, when one combines John 1:12–13 with 3:4–8 it becomes clear that a physical human generation and birth takes place “from the streams of blood (ἐξ αἱμάτων, plural)”, from “the will of the flesh”, “from the will of a man” (1:13), from “the womb of the mother”, “from water (ἐξ ὕδατος)”, and “from the flesh (ἐκ τῆς σαρκός)” (3:4–6). Hence, to emphasise Jesus’ full humanity in 1 John, combining the expressions of John 1:12–13 and 3:4–8, Jesus is said to have come “through water and blood … Not by means of water alone but by means of water and blood (δι’ ὕδατος καὶ αἵματος … οὐκ ἐν τῷ ὕδατι μόνον ἀλλ’ ἐν τῷ ὕδατι καὶ ἐν τῷ αἵματι)” (1 John 5:6; cf. John 19:34). Not in dualistic antithesis, but in addition to this physical generation, comes the begetting “from God” (1:12–13), “from the Pneuma” (3:4–6). Someone who is to enter the kingdom of God is begotten both from water (through a physical birth) and, through a supplementary spiritual generation, from the Spirit (… ἐὰν μή τις γεννηθῇ ἐξ ὕδατος καὶ πνεύματος, οὐ δύναται εἰσελθεῖν εἰς τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ, 3:5). For birth from water as natural birth, see Lieu, Mother of the Son in the Fourth Gospel, and Lieu, Scripture and the Feminine. I am very grateful for discussion of this issue with Judith Lieu and Richard Bauckham. For further studies on the possible gynaecological background to John’s notion of reproduction, see also Seim, Motherhood, and Seim, Descent & Divine Paternity; and Rothschild, Embryology. 40 Cf. Engberg-Pedersen, John and Philosophy, and Engberg-Pedersen, Logos and Pneuma; and Buch-Hansen, It is the Spirit That Gives Life.

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Son is directly generated from God (John 1:1–3; cf. 1:18, 17:24), and is therefore in that sense the only-begotten Son of God, just as Athena is the only-begotten Daughter of Zeus despite all his other offspring, as Athena is the only one to have emerged directly and solely from him, without the intermediary of a mother. Human beings that are begotten anew from God, however, do not emerge directly from God, but through the intermediary function of the Logos; they are offspring in the second degree, whereas the divine Logos-Son is God’s offspring in the first degree. Because the divine Logos-Son is the only one to have experienced a direct, unmediated generation from God, he is the only-begotten Son, the only-begotten god. Despite this difference, however, those human beings who have first been created by the divine Logos, together with the rest of the (animate and inanimate) cosmos (John 1:1–3) and have now – in addition to their physical generation – also been begotten anew by this Logos Spermatikos share the same ontology as God, although at a secondary level. But the First Letter of John even hints that this difference will be further reduced in the eschatological assimilation to God (1 John 3:2). It seems to be John’s innovation to apply the Stoic notion of the Logos Spermatikos also to the re-generation of human beings,41 alongside the usual application of the Logos as the cosmological and hermeneutical Logos. By identifying this Logos with Christ, John does something similar to Stoic philosophers who, in their interpretation of the gods, identify the cosmological and hermeneutical Logos with the god Hermes. In this way both John and Stoic philosophers such as Heraclitus, the author of the Homeric Problems, develop a narrative philosophy, the main difference being that Heraclitus does so post scriptum, in his interpretation of what was already written by Homer, whereas John does so in the act of writing. But both authors personify the Stoic Logos, either as Zeus’ son Hermes 41 John is not the only early Christian to do this. See also the authors of 1 Peter about human beings being begotten anew, through the Logos, from incorruptible seed (1 Peter 1:22–23), and the Letter of James about the Logos that is implanted in the soul (1:21) in order to overcome its “double-souledness” (1:8, 4:8) and, in this way, to save the soul (1:21). I am unaware of Stoic evidence for the re-generative function of the Logos in human beings. They rather speak about the fertilisation or perfecting of the Logos in human beings; see Cornutus, Greek Theology 23: the Logos “is fertile and ready in those advanced in age, and might actually attain the goals it sets; but in the immature it is infertile and imperfect (ἐν τοῖς προβεβηκόσι ταῖς ἡλικίαις γόνιμος ὁ λόγος καὶ τέλειός ἐστιν, [ὃς δὴ καὶ τυχὸν τῷ ὄντι ἐστὶ τυγχάνων ὧν ἂν πρόθηται,] ἐν δὲ τοῖς ἀώροις ἄγονος καὶ ἀτελής; transl. George Boys-Stones). In Platonism, however, there is the view that human beings, despite their fundamental kinship with God, need to realise this through assimilation to God. It is through assimilation to God that they become what they are. See Plato, Republic, book 10. Even if a human being is “akin (συγγενής) to the divine and the immortal and to eternal being” (Republic 611e), he still needs to realise this potential through assimilation to God: “For by the gods assuredly that man will never be neglected who is willing and eager to be righteous, and by the practice of virtue to be assimilated to God so far as that is possible for man (οὐ γὰρ δὴ ὑπό γε θεῶν ποτε ἀμελεῖται ὃς ἂν προθυμεῖσθαι ἐθέλῃ δίκαιος γίγνεσθαι καὶ ἐπιτηδεύων ἀρετὴν εἰς ὅσον δυνατὸν ἀνθρώπῳ ὁμοιοῦσθαι θεῷ)” (Republic 613a).

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or as the only-begotten Son. By participating in this common discourse, John not only articulates his Christ in a Greek context, but also implicitly involves him in a competition with the Greek gods. 3.4. Other Possible Resonances of Hermes in John’s Gospel: Hermes the Gatekeeper, Prince of Thieves, and Shepherd God If it seems plausible that John, in his identification of the divine Son with the Hermes-Logos, compares Christ with Hermes, it is interesting to explore whether John perhaps also uses other depictions of Christ that are connected with Hermes. In my view this is indeed the case in John 10:1–21 where Jesus is depicted both as the gate and as the good shepherd and is contrasted with thieves who intend to steal the sheep. In an episode that has no parallel in the Synoptic gospels (Aland, Synopsis #249), Jesus tells his Jewish-Judean audience: Very truly, I tell you, anyone who does not enter the sheepfold by the gate but climbs in by another way is a thief and a bandit (ὁ μὴ εἰσερχόμενος διὰ τῆς θύραςεἰς τὴν αὐλὴν τῶν προβάτων ἀλλὰ ἀναβαίνων ἀλλαχόθεν ἐκεῖνος κλέπτης ἐστὶν καὶ λῃστής). 2The one who enters by the gate is the shepherd of the sheep (ὁ δὲ εἰσερχόμενος διὰ τῆς θύρας ποιμήν ἐστιν τῶν προβάτων). 3The gatekeeper (ὁ θυρωρός) opens the gate for him, and the sheep hear his voice. He calls his own sheep by name and leads them out … 7… Very truly, I tell you, I am the gate for the sheep (ἐγώ εἰμι ἡ θύρα τῶν προβάτων).  8All who came before me are thieves and bandits (πάντες ὅσοι ἦλθον [πρὸ ἐμοῦ] κλέπται εἰσὶν καὶ λῃσταί); but the sheep did not listen to them. 9I am the gate (ἐγώ εἰμι ἡ θύρα). Whoever enters by me will be saved, and will come in and go out and find pasture. 10The thief comes only to steal and kill and destroy (ὁ κλέπτης οὐκ ἔρχεται εἰ μὴ ἵνα κλέψῃ καὶ θύσῃ καὶ ἀπολέσῃ). I came that they may have life, and have it abundantly. 11I am the good shepherd (Ἐγώ εἰμι ὁ ποιμὴν ὁ καλός) … 16I have other sheep that do not belong to this fold (καὶ ἄλλα πρόβατα ἔχω ἃ οὐκ ἔστιν ἐκ τῆς αὐλῆς ταύτης). I must bring them also, and they will listen to my voice. So there will be one flock, one shepherd (καὶ γενήσονται μία ποίμνη, εἷς ποιμήν). (John 10:1–16)

Here again we are able to see John’s polyvalence in full force. Of course, on the one hand, there is the Jewish background, commonly pointed out in the commentaries, of the imagery of God as the true shepherd of Israel (Isaiah 40:10–11; Jeremiah 31:10; Ezekiel 34:11–16), and in the Synoptic gospels Jesus is understood against this backdrop (Mark 14:27; Aland, Synopsis #315; cf. Mark 6:34). Yet, on the other hand, John’s episode also makes much sense against the background of the Greek myth of Hermes. In the fourth Homeric Hymn to Hermes, the god Hermes is depicted as “resourceful and cunning, a robber (λῃστήρ, the Homeric equivalent of λῃστής, see LSJ λῃστήρ, ῆρος, ὁ, in Hom. ληϊστήρ, = λῃστής [q.v.], robber), a rustler of cattle, … a gate-lurker (πυληδόκος, LSJ πυληδόκος, ὁ, watching at the door, of Hermes), who was soon to display deeds of renown among the immortal gods” (Homeric Hymns 4.13–16). These depictions reflect the story that follows in the hymn, which tells how Hermes “stole the cattle of far-shooting Apollo (βοῦς κλέψεν ἑκηβόλου Ἀπόλλωνος)” (4.18). He does so

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because he fancies some meat, to which end he steals fifty cows from Apollo’s cattle, drives them away in a cunning way, and slaughters two of them (4.62–141); because of his success in this he contemplates a career as “the prince of thieves” (4.175). He is a very successful thief as, by using magic trickery, he is able to slip through the latch hole of doors without opening them: “Hermes twisted sideways and slipped in through the latch hole of the mansion like an autumn breeze, in the manner of a mist” (4.145–147). When Apollo confronts Hermes with his theft, Apollo recognizes Hermes’ extraordinary capacities and tells him, assuming that he will be able to steal cattle and sheep whenever he likes to the annoyance of the herdsmen: “you’ll be vexing many a herdsman who sleeps in the open in the mountain glens, any time you crave meat and come upon their cattle herds and their flocks of sheep” (4.286– 288) and indeed calls him “the prince of thieves” (line 292). After their reconciliation, Zeus subsequently “ and fierce lions and white-tusked boars, and dogs and sheep, all that the broad earth nourishes; and that glorious Hermes should be lord over all flocks (πᾶσι δ᾿ ἐπὶ προβάτοισιν ἀνάσσειν κύδιμον  Ἑρμῆν)” (4.569–570). Despite the happy ending, however, the hymn ends with a warning against Hermes’ unending trickery, which will bring humankind no good: “He consorts with all mortals and immortals: rarely he brings them profit, while indiscriminately through the dark night he cheats the races of mortal human beings” (4.575–577). It thus seems that the Homeric portrait of Hermes as a robber and a thief, as breaking in through a gate without opening it, and as the “lord over all flocks” who is also willing to slaughter them as he pleases to still his own appetite is taken up by John in order to contrast Jesus with Hermes. Jesus is also closely connected with the gate, he is the gate, just as the statues of Hermes are set up at the gate throughout the Greek world: Hermes is Hermes Pulaios ( Ἑρμῆς Πυλαῖος) and “Hermes Strofaios, the Hermes that is set up as a statue at the gate (Ἑρμῆς στροφαῖος· ὁ παρὰ ταῖς θύραις ἱδρυμένος)” (Pausanias, Ἀττικῶν ὀνομάτων συναγωγή – Alphabetic letter epsilon entry 70). And just as Hermes can slip through the latch holes of doors without opening them (Homeric Hymns 4.145– 147), it is only in John’s Gospel, differently from the Synoptic gospels, that Jesus after his resurrection is said to appear in rooms “while the doors were closed (τῶν θυρῶν κεκλεισμένων)” (John 20:19 and 20:26, cf. Aland, Synopsis nos. 356–358). Like Hermes, Jesus is the shepherd, but in contrast to him he does not “steal and kill and destroy” (John 10:10) the sheep as Hermes did with Apollo’s cows; rather he is the good shepherd who does not slaughter his sheep ad libitum, but instead sacrifices himself for his sheep (10:10–11, 15). Like Hermes, Jesus, too, is “lord over all flocks” in the sense that he combines all sheep into one flock, under one shepherd: “there will be one flock, one shepherd (γενήσονται μία ποίμνη, εἷς ποιμήν)” (John 10:16). John seems to have in mind a fusion between a Jew-

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ish and a pagan, Greek flock, and this very much symbolizes the polyvalence of his enterprise. For his Greek public, Jesus is portrayed as a Hermes-like figure. All the components of a real competition are there: there is emulation of particular characteristics of the god Hermes, as Jesus is a shepherd and can enter through closed doors; but there is also improvement, and outright correction, as Jesus is the good, trustworthy shepherd who compares favourably with the theft, deception, untrustworthiness, and lies of Hermes. We also see how John skilfully navigates the philosophical and mythological Hermes at the level of his entire gospel: he fully takes over the allegorical philosophical interpretation of Hermes as the cosmological and hermeneutical Logos, supplementing it with the re-generative Logos. He also adopts the mythological Hermes, but here he clearly decides between positive and negative aspects, integrating the former and criticizing the latter through the contrast that he forges between these two figures, Hermes and Jesus. I will come back to this play of agreement and disagreement, of similarity and dissimilarity, in the concluding reflections about John’s “theology of religions” that I offer in the next section.

4. Concluding Reflections: John’s „Theology of Religions“ and the Quest for the Relation Between Theology and Religionswissenschaft 4.1. The Purpose of the Johannine Competition Against the Gods What we have just seen in the entire previous section, in the analysis of John’s (ambiguous and varied) attitude to the Greek god Hermes, is the interplay between John’s agreement with the Greek gods and his disagreement, between congruence and difference. On the one hand John shows the congruence between the divine Son and Hermes, as they are both the cosmological Logos and the hermeneutical Logos. Furthermore, the divine Son is the “gate-keeper” and the “shepherd”. On the other hand, however, and at the same time, John indicates the differences between the divine Son and Hermes. He is both more than Hermes, as he is also the re-generative Logos, and different from Hermes: he is not an unreliable thief and cheat, but entirely trustworthy and self-sacrificing. He is also different in another respect, and that is that his loyalty to human beings also involves him, despite being the divine Logos, becoming a real human being: the incarnate Logos. And it seems that it is on this point, in the reflections on the full implications of the incarnation of the divine Logos, that the polemical attitude of John towards the Greek gods increases between his Gospel and his First Letter. Both the congruence with, and the corrections of the Greek views on the gods that characterise John’s Gospel seem to make place for a more outspoken contradiction of these views.

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When read in the context of Greek mythology, the polemical message of the ending of the First Letter of John, which we studied at the beginning of Section 2 above, indeed seems clear: We are not begotten from the pagan gods, but from ὁ ἀληθινὸς θεός, the true God (1 John 5:18–21). As is well-known, this antithesis between “the true God” and the idols belongs to the sustained anti-polytheistic polemics of Judaism (see Paralipomenon 2 [2 Chronicles] 15:3 LXX; 3 Macc 6:18; Isaiah 65:16 LXX; Sibylline Oracles, Fragm. 1 line 20, Fragm. 3 line 46; Philo, On the Special Laws 1.332 and On the Embassy to Gaius 366; Josephus, Jewish Antiquities 11.55; Joseph and Aseneth 11.10; cf. John 17:3 and 1 Thess 1:9). Admittedly, by way of exception, even the Greeks could apply the notion of “the true god”. The Greek Athenian historian, orator, and statesman Demochares (c.360–275 BC), for instance, sketches a historical context in which, much to Demochares’ own resentment, the Athenians flattered the Macedonian ruler Demetrius I Poliorcetes by praising him with the epithet of “the only true god” in contrast to all other gods: When Demetrius … returned to Athens, not only did the Athenians welcome him with incense, garlands, and libations, but processional and ithyphallic choruses met him, dancing and singing. They stood before the crowds and danced and sang, claiming that he was the only true god (ὡς εἴη μόνος θεὸς ἀληθινὸς), and the others were either asleep, or out of the country, or did not exist (οἱ δ’ ἄλλοι καθεύδουσιν, ἢ ἀποδημοῦσιν, ἢ οὐκ εἰσὶ); that he must be the son of Poseidon and Aphrodite (γεγονὼς δ’ εἴη ἐκ Ποσειδῶνος καὶ Ἀφροδίτης); and that he was exceptionally handsome and the common benefactor of all mankind. And they approached him like suppliants, he says, and made requests and addressed prayers to him. (Demochares, Fragm. 4: History, book 21 (FGrH 75 F2) apud Athenaeus, The Learned Banqueters, book 6.62 lines 23–34 [Kaibel], 253b–c [LCL])

This interesting occurrence of a contrast between “the true god” and the other gods seems to be an exception in the surviving Greek pagan sources. The distinction between “the true God” and the idols seems predominantly Jewish, and it is this polemic that the author of the First Letter of John continues in his writing. Yet compared with the general Jewish criticism of pagan gods, the criticism of 1 John seems to acquire a distinct form as it is articulated within his adaptation of the discourse of being begotten from God that runs through the entire Johannine corpus. Given that, as we have seen, this notion derives from Greek mythology, there was bound to come a moment when the congruence between Johannine christology and pagan mythology needed to be circumscribed. John’s borrowing from Greek mythology served the purpose of communicating his gospel to the Greek world, and also – as Dodd has hinted – of acknowledging and accommodating the Greek religious quest.42 It seems that this mythological terminology and imagery were very suitable to describe the relation between the only-begotten Son and his divine Father, as well as his epiphany and 42 Dodd,

Fourth Gospel, 332.

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operation in this world, and that this did indeed appeal to pagans. The only undesirable side effect of this was that in Greek mythology the epiphany of gods on earth did not necessarily imply their enduring incarnation; they took the form of human beings but did not become human beings. Such a pagan Greek view of divine epiphany is nicely expressed in the story of Paul and Barnabas in Acts 14, who are mistaken by the populace of Lystra for epiphanies of Zeus and Hermes. I allow myself a brief digression here, because this story can help us to understand the christological controversy which seems to have arisen in the Johannine community and is reflected in the First Letter of John. Moreover, this example also concerns Hermes and is therefore of particular value to the current paper as it confirms the awareness that early Christians had of particular Greek gods. As the book of Acts seems to reflect, the Greek view of epiphany of the gods is that “The gods have come down to us in human form (Οἱ θεοὶ ὁμοιωθέντες ἀνθρώποις κατέβησαν πρὸς ἡμᾶς)” (Acts 14:11), resembling human beings (ὁμοιωθέντες ἀνθρώποις), rather than permanently adopting human bodies. The continuous, unresolved ambiguity of the Greeks’ views of their gods (and their physical representations) is explored in detail in Verity Platt’s Facing the Gods: Epiphany and Representation in Graeco-Roman Art, Literature and Religion (CUP 2011). Although John seems to apply the Greek view of the epiphany of HermesLogos, he changes the notion considerably, as his Logos not only resembles a human being, but takes on a human body: “The Logos became flesh (ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο)” (John 1:14). Apart from the cosmological Logos and the hermeneutical Logos, in addition to these functinos, the only-begotten Son is not only the re-generative Logos, but also the incarnate Logos. However, if John was successful in his mission to the pagan Greeks and converted some, who now accepted the divine Son as the cosmological, hermeneutical, and re-generative Logos, it is conceivable that some of them overemphasised the mythological component of John’s christology and were satisfied with an epiphany of the Logos without a full human body. Indeed, as Peter Gemeinhardt argues in his contribution to this volume, a presentation of christology in a mythological form proved to be very suitable to communicate to a Graeco-Roman pagan public the belief in an incarnate, dying, and resurrected Redeemer. Yet Johannine theology seems also to have operated in the (still) uncharted territory between its christology and Graeco-Roman mythology. It seems that the First Letter of John is trying to correct pagan views of divine epiphany, rather than, as is still often believed, (proto‑)Gnostic-Docetic views that because of their dualism and negative view of the material world implied that the Logos’s body could only seem to be body. The Docetism that is combated in the First Letter of John is a result of the ambiguity of the Greek notion of divine epiphany.43 The emphasis 43 The

relation between Docetism and Greek divine epiphany has now been addressed at

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the Johannine Letters place on the confession that Jesus Christ has come “in the flesh (ἐν σαρκὶ)” (1 John 4:2–3) and “through water and blood (δι’ ὕδατος καὶ αἵματος)” (1 John 5:6), and their criticism of “the deceivers” (πλάνοι) who do not share this confession (2 John 7: πολλοὶ πλάνοι ἐξῆλθον εἰς τὸν κόσμον, οἱ μὴ ὁμολογοῦντες  Ἰησοῦν Χριστὸν ἐρχόμενον ἐν σαρκί) seem to allude to ex-pagan Christians who, partly because of the resemblance between Johannine christology and Greek mythology, were won over by John’s Gospel and embraced it, with the exception of the seemingly minor point that “the Logos became flesh” (John 1:14). Given that the “mythological styling” of John’s Gospel was conceivably part of its appeal to pagan Greeks, and that the Johannine “christological correction” which we find in the Letters must have been counterintuitive for these ex-pagans (despite its continuity with John 1:14), it is understandable that their numbers are estimated as high (2 John 7: πολλοὶ πλάνοι; 1 John 2:18: καὶ νῦν ἀντίχριστοι πολλοὶ γεγόνασιν) and that they are portrayed as initially belonging to the Johannine community, but as having now “gone out into the world”: πολλοὶ πλάνοι ἐξῆλθον εἰς τὸν κόσμον (2 John 7; cf. 1 John 2:18–19, 4:1). They must have resembled the pagan Peregrinus, who is described by Lucian: he first converted to Christianity from Cynic philosophy, and later re-converted, or “throughconverted” and became a devotee and imitator of the god Heracles (see Lucian, The Passing of Peregrinus). The difference may have been that the ex-Johannine Christians remained Christians, as a kind of ex-pagan Johannine “epiphanists” rather than fully Johannine “incarnationalists”. This polemic does not seem to be anti-Gnostic and anti-Docetic, but rather to correct the undesirable consequences of the enculturation of John’s Gospel in the world of Greek myth. I fully concur with Udo Schnelle’s view, in his contribution to this volume, that the incarnation in the sense of the “real” and “lasting, permanent, enduring” incarnation of a god is a new, distinctively Christian notion without analogies in early Jewish and Graeco-Roman views. It is hence no coincidence that the gospel that regards the divine Logos-Son as the “only-begotten god (μονογενὴς θεός)” (John 1:18) is the same gospel that, because of the incarnation of the divine Logos (1:14), also explicitly regards him as a human being: “See the man (Ἰδοὺ ὁ ἄνθρωπος)” (19:5). And as Ilinca Tanaseanu-Döbler has argued with regard to Neo-Platonic interpretations of the Johannine notion of incarnation, this notion did indeed remain a dividing issue.44

length in a Research Master thesis by my student Stefan Mulder entitled Early Christian Christology Contextualised: The Graeco-Roman Context of “Christian” Docetism (University of Groningen, 2016, unpublished), which won the Jan Brouwer Thesis Award in Philosophy & Religious Studies 2017, awarded by The Royal Holland Society of Sciences and Humanities (KHMW). 44 Tanaseanu-Döbler, Neo-Platonic Readings.

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The end of 1 John shows that the author felt a great need to criticise the pagan gods and their mode of epiphany more explicitly than was the case in John’s Gospel. What had remained only an implicit competition between Christ and the pagan gods, in the mode of a kind of implicit emulation, indirect correction, and quiet supersessionalism of the pagan gods in the Gospel of John, now becomes an explicit polemic which highlights the differences between Christ and the pagan gods by characterising the latter as idols, by contrasting them with the true God and those begotten from him, and by warning against them in the very last words of the letter: “Little children, keep yourselves from the idols (Τεκνία, φυλάξατε ἑαυτὰ ἀπὸ τῶν εἰδώλων)” (1 John 5:21). Whereas in the Gospel there is a competitive yet still predominantly appreciative comparison between the divine Son and the pagan gods, including the god Hermes, in the First Letter of John the contrast becomes absolutely antithetical through wholly negative allusions to Aphrodite-Desire (1 John 2:15–17; see Section 2.3 above) and through the explicit warning against the idols. The author’s address of the recipients of his letter in the vocative “little children (τεκνία)”, the diminutive of “children (τέκνα)”, is not meant to be belittling, but is consistent with the address of the disciples during Jesus’ farewell speech in the Gospel of John (John 13:33) and with the repeated address of the readers throughout the First Letter (1 John 2:1, 12, 28; 3:7, 18; 4:4; 5:21); they are all expressed in the vocative, and the diminutive form seems to be an expression of tenderness and concern. Above all, this address is a reminder of the readers’ status as having been begotten from God (1 John 5:18), as a result of which they are “children of God (τέκνα [τοῦ] θεοῦ)” (John 1:12, 11:51–52; 1 John 3:1–2, 3:10, 5:2). As the concluding section of the First Letter of John self-confidently states: “We know that we are from God (οἴδαμεν ὅτι ἐκ τοῦ θεοῦ ἐσμεν)” (1 John 5:19). It is noteworthy that, unlike Paul, John never calls the believers “sons of God”, but always “children of God”. The reason for this seems to be that, whereas Paul’s notion of sonship is essentially Roman, inasmuch as it is about adoption as sons (υἱοθεσία), John’s notion of “children of God” is fundamentally different, as it is a statement about their having been begotten from God. Whereas Paul’s notion of adoptive sonship is Roman and, by definition, male specific, John’s notion of childhood is Greek and almost naturally gender inclusive, as from a mythological perspective both gods such as Hermes and goddesses such as Athena are equally begotten from Zeus. So heavily charged with Greek mythological connotations is John’s christological usage of the notion of being begotten from God that given the crisis which has arisen about its proper application in the Johannine community, the warning against the pagan, mythological gods constitutes the climactic ending of the letter. The contrast between, (1) on the one hand, (a) God, who is identified as Agapē-love (1 John 4:8), and (b) the divine Son, who is depicted as “the true god” (5:20), and (2) on the other hand the pagan “idols” now becomes un-

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bridgeable, just as, according to Demochares’ polemics against his fellow-Athenians, the Athenians regard Demetrius I Poliorcetes as “the only true god” (ὡς εἴη μόνος θεὸς ἀληθινὸς), “the son of Poseidon and Aphrodite”, in contrast with all the other gods who “were either asleep, or out of the country, or did not exist” (see Demochares, above). 4.2. Heinrici’s View of Religionswissenschaft and Theology in a Broader, International Context, and the Possibilities for a „Confessional Religio-Historical Theology“ So what bearing does this comparison between Christ and Hermes in Johns’ Gospel have on the relation between Religionswissenschaft and theology on the occasion of the first centenary of Heinrici’s death? As part of my own “Standortbestimmung”, I will first briefly revisit Heinrici’s views on the issues as expressed in his Theologie und Religionswissenschaft (Leipzig: Dürr’sche Buchhandlung, 1902) and put Heinrici’s views in the broader relevant contemporary context which also consisted of James George Frazer’s The Golden Bough (published in four different editions between 1890 and 1936), one of the pioneering works of comparative religion in the English language, and C. S. Lewis’s response to it, and comment on all these authors from the perspective of this paper. I will then conclude my article by commenting on the possibilities for a “confessional religio-historical theology” after Heinrici by drawing attention to the congenial approach of Shafique Keshavjee’s interreligious dialogue. Heinrici’s „Theologie und Religionswissenschaft“ (1902) From the perspective of this paper, I agree with many of the observations and analyses that Heinrici made in his Theologie und Religionswissenschaft (1902).45 First of all, I am fully consonant with the cultural engagement and attunement that characterises his understanding of theology. It is in this vein that Heinrici defines theology as the “positive explanation of the Christian message of salvation that orients itself, both in its form and in its direction and movement, towards the specific needs of the time”, the “positive Darlegung der christlichen Heilslehre, wobei sie ihre Form und Richtung an den besonderen Bedürfnissen der Zeit orientiert.” 46 And it is in this way that theology helps the church to acquire its place in culture and in the intellectual life of society, in which the church has established itself: “… die Theologie verbürgt der Kirche ihren Platz in der Kultur und dem Geistesleben der Welt, in der sie sich organisiert hat.” 47 Heinrici very much emphasises the spiritual and intellectual competition in which the early 45 Heinrici,

Theologie und Religionswissenschaft. op. cit., 3. 47 Heinrici, op. cit., 20. 46 Heinrici,

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church is engaged with the surrounding society. The church expresses both continuity and common ground, and criticism and added value, the combination of which seems to have contributed to its attraction in the Graeco-Roman world: “Als die alte Kirche in Wettbewerb trat mit der antiken Kultur, hat ihre Theologie mit magnetischer Kraft alles Wahlverwandte an sich gezogen, ohne sich selbst zu verlieren.”48 Secondly, I also concur with Heinrici’s criticism of Ernst Troeltsch’s assumption, expressed in his Über historische und dogmatische Methode in der Theologie (1900), that the application of the historical method implies the renunciation of “absolute values”: “Die Behauptung, dass durch die geschichtliche Erkenntnis alle unbedingten und unableitbaren Werte ausgeschlossen werden, ist unerweislich. Sie beruht … auf einer unklaren Vermischung von Methode und von Weltanschauung. … Troeltsch sucht zu erweisen, ‘dass die historische Methode mit Notwendigkeit alle absoluten Werte eliminiere’.” 49 This criticism entirely makes sense to me. To paint an example in the couleur locale: from a musicological perspective, it is absolutely clear that J. S. Bach belongs to the baroque style and that he takes his place within the development of Western music. Yet that does not preclude the singular, and unique aesthetics that his music represents. It is through historical development that moments and instances of singular insights (whether aesthetic or otherwise) arise. Indeed, historical and comparative research are a method, and do not compel one to adopt a sceptical, reductionist, relativistic worldview of all-determining historicism. As in art, there is always historical embedding and inspiration, and the two are not mutually exclusive. Thirdly, at the same time, I am convinced that Heinrici’s positive use of the historical, comparative method must indeed comprise a criticism of a fundamentalist biblical understanding of theology. As Heinrici understands it, theology should remain preoccupied with the argument for the truth of Christianity, but this enterprise should not be undertaken solely on the basis of the Bible, “by Scripture alone (Sola scriptura)”, but through a historical and philosophical comparative religion: “Der Beweis für die Wahrheit des Christentums bleibt Aufgabe; aber er sei nicht mehr von der Schrift aus zu führen, sondern durch geschichtliche und philosophische Religionsvergleichung.”50 In my view Heinrici rightly says that this comparative approach also puts the New Testament into sharper relief: “gerade durch den Vergleich mit den verwandten Erscheinungen tritt der spezifische Wert der neutestamentlichen Schriften in helleres Licht.”51 I think that Heinrici’s appreciation of the comparative method is so convincing that I would not feel the need that Heinrici (subsequently) does 48 Heinrici,

op. cit., 22. op. cit., 7.9. 50 Heinrici, op. cit., 14 f. 51 Heinrici, op. cit., 29. 49 Heinrici,

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to restrict comparative religion to a methodological use, denying it as a basis for theology: “Nicht die vergleichende Religionsgeschichte ist das gewiesene Fundament für den Aufbau der Theologie, sondern die Erkenntnis, dass im Neuen Testament … Gott … redet … . Vom Christentum aus … gelangen wir zur sachgemäßen Wertung der anderen Religionen, nicht umgekehrt von der Religionsvergleichung zur sachgemäßen Wertung des Christentums”.52 I believe that Heinrici is unnecessarily ambivalent here, after his grand apology for the use of the historical comparative method. From the perspective of my own article, I find it entirely plausible that the author of the Fourth Gospel would indeed assume that the pagan Greek visitors to the Jerusalem temple festival really wished to see Jesus (John 12:20–21), implying their sense of Jesus’ added value amidst their existing religious experiences. Frazer’s „The Golden Bough“ (1890–1936) To broaden our appreciation of the relevance of Heinrici’s comparative religion as, if not the basis, then certainly the proper method of theology, I will now draw attention to the British literary critic and scholar C. S. Lewis, who displays a very similar attitude towards the value of comparative religion. Both Heinrici and Lewis witnessed the same emergence of comparative religion, though each in his individual context. In his contribution to this volume, Marco Frenschkowski shows how Heinrici responded to the Religionsgeschichtliche Schule with his own qualified adoption of comparative religion, and how the broader international context of the rise of comparative religion was also shaped by James George Frazer’s The Golden Bough, which is seen as one of the founding works of modern cultural anthropology. Frazer opens his book with a reference to Turner’s picture of the Golden Bough (now in the Tate Gallery, London), depicting the Cumaean Sibyl, on Aeneas’ behalf, presenting Proserpine (Persephone) with a golden bough (“aureus ramus”) cut from a sacred tree, in order to gain admission to Hades (cf. Virgil, Aeneid 6.124–155). The first edition of Frazer’s The Golden Bough from 1890 (still in two volumes) also includes the phrase “comparative religion” in its subtitle: The Golden Bough: A Study in Comparative Religion.53 The subtitle of all following editions – the second edition from 1900 in three volumes, the third edition from 1911–15 in twelve volumes, and the abridged, onevolume edition from 1922 – reads A Study in Magic and Religion.54 Whereas in the first edition Frazer draws some comparisons between mythology and Christianity, it is in the considerably enlarged second and third editions that he in52 Heinrici,

op. cit., 31 f. The Golden Bough: The First Edition. 54 For the third edition, see the recent reprint also issued by Cambridge University Press: Frazer, The Golden Bough: The Third Edition. The abridged 1922 edition in one volume (London: Macmillan, 1922) was translated into German: Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker, Leipzig: Hirschfeld, 1928. 53 Frazer,

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cludes detailed comparisons between Jesus and Graeco-Roman myth, although these are omitted in the subsequent abridged edition.55 Interestingly, as part of his passages on Jesus in the second and third editions, Frazer also depicts two possible responses to the comparisons he draws between Jesus and heroes from Graeco-Roman mythology, that of “the sceptic”, and that of “the devout Christian”: In the great army of martyrs who in many ages and in many lands, not in Asia only, have died a cruel death in the character of gods, the devout Christian will doubtless discern types and forerunners of the coming Saviour – stars that heralded in the morning sky the advent of the Sun of Righteousness – earthen vessels wherein it pleased the divine wisdom to set before hungering souls the bread of heaven. The sceptic, on the other hand, with equal confidence, will reduce Jesus of Nazareth to the level of a multitude of other victims of a barbarous superstition, and will see in him no more than a moral teacher, whom the fortunate accident of his execution invested with the crown, not merely of a martyr, but of a god. The divergence between these views is wide and deep. Which of them is the truer and will in the end prevail? Time will decide the question of prevalence, if not of truth. Yet we would fain believe that in this and in all things the old maxim will hold good – Magna est veritas et praevalebit [“Great is the truth and it shall prevail”].56

In the third edition, almost the entire section on Jesus, including the passage quoted above, which was part of the running text of the second edition, has now been moved to a separate appendix, because in this way Frazer – as he explains in a new footnote – wants to highlight its speculative character. While doing so, he also takes the opportunity to criticize those who have assumed that the intention of the previous edition was to deny the historicity of Jesus, thus dissolving “the founder of Christianity into a myth”: As my views on this subject appear to have been strangely misunderstood, I desire to point out explicitly that my theory assumes the historical reality of Jesus of Nazareth as a great religious and moral teacher, who founded Christianity and was crucified at Jerusalem under the governorship of Pontius Pilate. The testimony of the Gospels, confirmed by the hostile evidence of Tacitus (Annals, xv.44) and the younger Pliny (Epist. x.96), appears amply sufficient to establish these facts to the satisfaction of all unprejudiced enquirers. It is only the details of the life and death of Christ that remain, and will probably always remain, shrouded in the mists of uncertainty. The doubts which have been cast on the historical reality of Jesus are in my judgment unworthy of serious attention. Quite apart from the positive evidence of history and tradition, the origin of a great religious and moral reform is inexplicable without the personal existence of a great reformer. To dissolve the founder of Christianity into a myth, as some would do, is hardly less absurd than it would be to do the same for Mohammed, Luther, and Calvin. Such dissolving views are 55 Frazer, The Golden Bough. Second Edition, vol. 3, 186–200; Frazer, The Golden Bough: The Third Edition, 412–23: “The Crucifixion of Christ”. The passages on Jesus have been included in a newly abridged edition published by Oxford University Press. See Frazer, The Golden Bough: A Study in Magic and Religion – A New Abridgement, 666–76. 56 Frazer, The Golden Bough. Second Edition, vol. 3, 197–98; Frazer, The Golden Bough: The Third Edition, vol. 9 (1913), 422 f.

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for the most part the dreams of students who know the great world chiefly through its pale reflection in books. These extravagances of scepticism have been well exposed by Professor C. F. Lehmann-Haupt in his Israel, seine Entwicklung im Rahmen der Weltgeschichte (Tübingen, 1911), pp. 275–285.57

In this way Frazer maintains the comparability of the figure of Jesus with the protagonists of Graeco-Roman myth, but also his historicity, and calls views that dissolve Jesus into a myth “extravagances of scepticism”. Interestingly, Professor C. F. Lehmann-Haupt, whom Frazer refers to, is the orientalist Carl Ferdinand Friedrich Lehmann-Haupt (1861–1938) who was educated at Göttingen in the Religionsgeschichtliche Schule, received appointments in Liverpool and Oxford in the years 1911–1914, and defended the historicity of Jesus in his treatment of the Christ myth in the context of the mythology of the Ancient Near East. C. S. Lewis’s responses to Frazer’s „The Golden Bough“ The above is all immediately relevant for our understanding of C. S. Lewis, whose final attitude – as we shall see – provides a close parallel to Heinrici. Lewis is deeply influenced by Frazer’s The Golden Bough, first adopting the attitude of Frazer’s “sceptic”, but later that of his “devout Christian”, while reflecting, in both phases, on the mythology and the historicity of Jesus. Lewis proves to have been familiar with Frazer’s The Golden Bough since adolescence and in any case before he, as a 15-year old, entered the private tuition of a former headmaster, William T. Kirkpatrick, at Great Bookham in 1914.58 Lewis read The Golden Bough even before he read the gospels in full, as he indicates in a later essay: “When I first, after childhood, read the Gospels, I was full of that stuff about the dying God, The Golden Bough, and so on. It was to me then a very poetic, and mysterious, and quickening idea …” (C. S. Lewis, “The Grand Miracle” [1945]).59 His tutor Kirkpatrick had also been greatly influenced by Frazer’s book, which – according to Lewis –, through its anthropological relativism, had fueled Kirkpatrick’s atheism.60 Lewis’s own atheism was by then already “fully formed” and was only further confirmed by Kirkpatrick’s tutelage, Lewis says. It is in letters to his Christian friend Arthur Greeves from this period at Great Bookham that Lewis tries to provoke him by calling “all religions” by “their proper name” of “mythologies”, 57 Frazer,

The Golden Bough: The Third Edition, vol. 9 (1913), 412 n1. the extant collection from Lewis’s personal library, now at the Marion E. Wade Center, Wheaton College, USA, only a copy of the abridged, one-volume edition from 1922 survives, a copy that had belonged to his father (with due thanks to Laura Schmidt, archivist at the Marion E. Wade Center). In his diary for January 4, 1923 Lewis, while at his father’s home in Belfast during the Christmas break, notes that he read “Frazer’s Golden Bough in the new abridged edition” (Lewis, All My Road Before Me, 170). Lewis must, however, also have read one of the previous editions. 59 See C. S.  Lewis, “The Grand Miracle” (1945), in: idem, Essay Collection, chap. 1, 5. 60 Lewis, Surprised by Joy, chap. 9, 162; cf. Lewis, Miracles, 71 f. 58 In

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Christianity only coming into being as “one mythology among many, but the one that we happen to have been brought up in”; such – he writes – “is the recognised scientific account of the growth of religions” (Letter to Arthur Greeves, October 12, 1916).61 And just as Frazer defends himself in the third edition of his Golden Bough against the charge that he denies the historicity of Jesus, so Lewis, in his follow-up letter to Arthur Greeves from 18 Oct. 1916 complains that his friend has misunderstood him on this issue: … when I say “Christ” of course I mean the mythological being into whom he was afterwards converted by popular imagination, and I am thinking of the legends about his magic performances and resurrection etc. That the man Yeshua or Jesus did actually exist, is as certain as that the Buddha did actually exist: Tacitus mentions his execution in the Annals. But all the other tomfoolery about virgin birth, magic healings, apparitions and so forth is on exactly the same footing as any other mythology. (Letter to Arthur Greeves, October 18, 1916)62

Such is the enduring influence of Frazer’s Golden Bough that years later, in 1926, Lewis is still discussing it with fellow travellers on a train, and with fellows in his college in Oxford.63 The latter discussion, however, is already remarkable because during this meeting in early 1916, as Lewis recalls the event, it is an anonymous atheistic colleague of Lewis who tells him that he suspects that in the case of Jesus the myth seems to have historically “happened”: Early in 1926 the hardest boiled of all the atheists I ever knew sat in my room on the other side of the fire and remarked that the evidence for the historicity of the Gospels was really surprisingly good. “Rum thing,” he went on. “All that stuff of Frazer’s about the Dying God. Rum thing. It almost looks as if it had really happened once.” To understand the shattering impact of it, you would need to know the man (who has certainly never since shown any interest in Christianity). If he, the cynic of cynics, the toughest of toughs, were not – as I would still have put it – “safe”, where could I turn? Was there then no escape? (Surprised by Joy [1955])64

Apart from the “encouragement of a more respectful … attitude to pagan myth” that his colleague the philosopher Owen Barfield gave him, through (discussions of ) Barfield’s Poetic Diction: A Study in Meaning (1928), it is this unexpected openness of “that hard-boiled atheist” to the potential truth of Christian myth that, according to Lewis, provided him with “the real clue” of how to sort out “the perplexing multiplicity of ‘religions’”.65 What becomes clear from Lewis’s 61 Lewis,

Collected Letters, vol. 1, 230 f. op. cit., 234. 63 See Letter to his Father, January 5, 1926 (Lewis, op. cit., 657 f.) about a discussion about The Golden Bough on the train. 64 Lewis, Surprised by Joy, 260. 65 Lewis, Surprised by Joy, 272 f. As has been noted, the anonymous atheist may have been the British political philosopher Thomas Dewar Weldon (1896–1958), whose visit on April 27 1926 is described by Lewis in his All My Road Before Me, 379, as follows: “We somehow got on the historical truth of the Gospels, and agreed that there was a lot that could not be explained 62 Lewis,

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reference to his discussion of Frazer’s The Golden Bough with this anonymous atheistic colleague is that this book not only inspired Lewis to adopt the attitude of a “sceptic”, but subsequently also that of a “devout Christian” instead. This becomes fully visible in his letter to Arthur Greeves of 18 Oct. 1931, exactly 15 years, to the day, after his letter to the same friend in which he had emphasised the mythological nature of the being into which the historical Jesus was converted. In this letter of 18 Oct. 1931, Lewis tells Greeves that he has had a discussion with J. R. R. Tolkien and Hugo Dyson (on September 19, 1931) that has confirmed the undeniably and irrevocably “mythological” character of “the story of Christ”. This story fully corresponds with all other forms of mythology, with the decisive difference that here “the idea of the dying and reviving god” (with a reference to the mythological gods discussed in Frazer’s The Golden Bough) really happened: “the story of Christ is simply a true myth”. This discussion convinced him “(a) That this Christian story is to be approached, in a sense, as I approach the other myths. (b) That it is the most important and full of meaning. I am also nearly certain that it really happened” (Letter to Arthur Greeves, October 18, 1931).66 It was this debate with Lewis that motivated Tolkien to write his poem Mythopoeia, and to dedicate it to Lewis, repeating his view, now in poetry, that myths should be seen not as “lies”, but as reflecting a deeper truth that God had instilled in them: MYTHOPOEIA To one who said that myths were lies and therefore worthless, even though “breathed through silver”. Philomythus to Misomythus … The heart of man is not compound of lies, but draws some wisdom from the only Wise, and still recalls him. …67

In his letter to his brother of October 24, 1931, Lewis thinks further along these lines and states that “the ‘idea of God’”, “these vague ideas of something we want and haven’t got, which occur in the Pagan period of individuals and of races (hence mythology) are … the first and most rudimentary forms of the ‘idea of God’” (Letter to his brother, October 24, 1931).68 And again in a letter to his friend Arthur Greeves of January 10, 1932, once again with reference to the mythological gods treated in Frazer’s The Golden Bough, Lewis now seems to away.” Here, however, the colleague reveals himself, although indeed to Lewis’s utter surprise, as a believer “in the Hegelian doctrine of the Trinity” and “a Christian ‘of a sort’.” 66 Lewis, Collected Letters, vol. 1, 976 f. 67 Tolkien, Tree and Leaf, 85.87. For the dedication and dating of Tolkien’s Mythopoeia, see the Preface by Christopher Tolkien, vii–ix. 68 Lewis, Collected Letters, vol. 2, 7 f.

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adopt the attitude of Frazer’s “devout Christian”: “Can one believe that there was just nothing in that persistent motif of blood, death, and resurrection, which runs like a black and scarlet cord through all the greater myths … ? Surely the history of the human mind hangs together better if you suppose that all this was the first shadowy approach of something whose reality came with Christ” (Letter to Arthur Greeves, January 10, 1932).69 And indeed in his The Pilgrim’s Regress (1933), the autobiography of his conversion in allegorical form, Lewis has God say that mythology is “the veil under which I have chosen to appear even from the first until now”, in order to arouse the human “imagination”.70 More than a decade later, Lewis explicitly returns to the issue of mythology and offers his first full-scale reflection of Christian myth that, in its rudimentary form, was already visible in his private correspondence and could be briefly glimpsed in his autobiography.71 In his essay “Myth Became Fact” (1944) he now makes his views explicit and more widely accessible and repeats his view that the story of Christ is a historicisation of the “old myth of the Dying God”, with reference to the mythological gods that Frazer discusses in his The Golden Bough, namely the Greek-Egyptian god Osiris and the Norse god Balder: The heart of Christianity is a myth which is also a fact. The old myth of the Dying God, without ceasing to be myth, comes down from the heaven of legend and imagination to the earth of history. It happens – at a particular date, in a particular place, followed by definable historical consequences. We pass from a Balder or an Osiris, dying nobody knows when or where, to a historical Person crucified (it is all in order) under Pontius Pilate. (“Myth Became Fact” [1944])72

Lewis even asserts that these “Pagan Christs”, rather than undermining the validity of Christianity, actually confirm it: … Christians … need to be reminded … that what became fact was a myth, that it carries with it into the world of fact all the properties of a myth. God is more than a god, not less; Christ is more than Balder, not less. We must not be ashamed of the mythical radiance resting on our theology. We must not be nervous about “parallels” and “Pagan Christs”: they ought to be there – it would be a stumbling block if they weren’t. (“Myth Became Fact”, 142).

This point is made again in another essay from the following year, now with explicit mention of Frazer’s The Golden Bough. In his “The Grand Miracle” (1945), Lewis argues that Frazer, whom he regards as “the anthropological critic of Christianity”, is actually right in his comparison of Jesus as “the dying God” with Adonis, the pagan Greek mythological “corn king”, who also dies and re-ascends: 69 Lewis,

op. cit., 35. The Pilgrim’s Regress, 214. 71 For Lewis’s notion of myth, see also McGrath, The Intellectual World of C. S. Lewis, chap. 3: “A Gleam of Divine Truth: The Concept of Myth in Lewis’s Thought”, but without any mention of the continuous relevance of Lewis’s engagement with Frazer’s The Golden Bough. 72 See C. S. Lewis, “Myth Became Fact” (1944), in: idem, Essay Collection, chap. 17, 141. 70 Lewis,

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… does not the Christian story show this pattern of descent and re-ascent because that is part of all the nature religions of the world? We have read about it in The Golden Bough. We all know about Adonis, and the stories of the rest of those rather tedious people; is not this one more instance of the same thing, “the dying God”? Well, yes it is. That is what makes the question subtle. What the anthropological critic of Christianity is always saying is perfectly true. Christ is a figure of that sort. And here comes a very curious thing. When I first, after childhood, read the Gospels, I was full of that stuff about the dying God, The Golden Bough, and so on. It was to me then a very poetic, and mysterious, and quickening idea … He is here [i. e., in the New Testament] of whom the corn king was an image. (“The Grand Miracle” [1945])73

In his identification of Jesus with the mythological corn king, Lewis repeats a point that he had already made in an essay entitled “Miracles” from 1942: When He created the vegetable world He knew already what dreams the annual death and resurrection of the corn would cause to stir in pious Pagan minds, He knew already that He Himself must so die and live again and in what sense, including and far transcending the old religion of the Corn King. (“Miracles” [1942])74

Interestingly, it is precisely this interpretation of the Johannine Jesus in the Eleusinian terms of the dying and growing grain (John 12:24), which I discussed above, that seems to confirm the potential of such a reading of Jesus in Greek mythological terms. And in his essay “Is Theology Poetry?” from the same year, Lewis makes the explicit link with John’s Gospel in his justification of such an approach. In this essay, Lewis addresses the question of “What light is really thrown on the truth or falsehood of Christian Theology by the occurrence of similar ideas in Pagan religion?”, and answers it as follows: The truth is that the resemblances tell nothing either for or against the truth of Christian Theology. … Theology, while saying that a special illumination has been vouchsafed to Christians and (earlier) to Jews, also says that there is some divine illumination vouchsafed to all men. The Divine light, we are told, “lighteneth every man”. We should, therefore, expect to find in the imagination of great Pagan teachers and myth-makers some glimpse of that theme which we believe to be the very plot of the whole cosmic story–the theme of incarnation, death and rebirth. (“Is Theology Poetry?” [1945])75

In Lewis’s understanding, it is the author of John’s Gospel himself who, through his notion that “the true light … enlightens [in the present tense!] everyone (τὸ φῶς τὸ ἀληθινόν … φωτίζει πάντα ἄνθρωπον)” (John 1:9), offers a theological justification of a positive use of pagan Greek mythology, and therefore also a theological rationale for the value of a comparative religious approach to the story of Christ. I believe that this view, in which Lewis closely resembles Heinrici, 73 See C. S.  Lewis, “The Grand Miracle” (1945), in: idem, Essay Collection, chap. 1, 5–6. Cf. also the similar argumentation in Lewis, Miracles, chap. 14: “The Grand Miracle” and chap. 15: “Miracles of the Old Creation”. 74 See C. S.  Lewis, “Miracles” (1942), in: idem, Essay Collection, chap. 13, 116–17. 75 See C. S.  Lewis, “Is Theology Poetry?” (1945), in: idem, Essay Collection, chap. 2, 15–16.

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is sound and enhances the theological potential of the religio-historical comparison between Christ and Hermes that I have undertaken here. Such a comparison entails not only the similarities but also the differences, which in Lewis’s view concern the historicity of the event, the degree to which the Christ myth is (also) grounded in history: And the differences between the Pagan Christs (Balder, Osiris, etc.) and the Christ Himself is [sic!] much what we should expect to find. The Pagan stories are all about someone dying and rising, either every year, or else nobody knows where and nobody knows when. The Christian story is about a historical personage, whose execution can be dated pretty accurately, under a named Roman magistrate, and with whom the society that He founded is in a continuous relation down to the present day. It is not the difference between falsehood and truth. It is the difference between a real event on the one hand and dim dreams or premonitions of that same event on the other. (“Is Theology Poetry?”, 16)

In an essay from the following year, “Religion without Dogma” (1946), Lewis once again explicitly returns to Frazer and refers to his view of myths as “imitative agricultural ritual mistaken for propositions”. This is similar to what he said in his “The Grand Miracle” about Frazer’s view of Adonis as the dying and re-ascending corn king. Lewis rejects what he regards as naturalistic relativisations of myths that pop up again in the history of their interpretation, and of which he regards Frazer as an example: Myths have been accepted as literally true, then as allegorically true (by the Stoics), as confused history (by Euhemerus), as priestly lies (by the philosophers of the Enlightenment), as imitative agricultural ritual mistaken for propositions (in the days of Frazer). If you start from a naturalistic philosophy, then something like the view of Euhemerus or the view of Frazer is likely to result. (“Religion without Dogma” [1946])76

Lewis repeats that the “occurrences of similar motifs in pagan stories” (similar, that is, to the motif of the dying god in the New Testament) do not disturb him, and again portrays Frazer as the anthropological critic of Christianity who does no harm, but rather good. This brings Lewis to one of his most detailed definitions of the relation between Christian and pagan myth: But if my religion is true, then these stories may well be a preparatio evangelica [a “preparation for the gospel”], divine hinting in poetic and ritual form at the same central truth which was later focused and (so to speak) historicised in the Incarnation. To me, who first approached Christianity from a delighted interest in, and reverence for, the best pagan imagination, who loved Balder before Christ and Plato before St Augustine, the anthropological argument against Christianity has never been formidable. On the contrary, I could not believe Christianity if I were forced to say that there were a thousand religions in the world of which 999 were pure nonsense and the thousandth (fortunately) true. My conversion, very largely, depended on recognising Christianity as the completion, the 76 See

165.

C. S.  Lewis, “Religion without Dogma” (1946), in: idem, Essay Collection, chap. 21,

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actualisation, the entelechy, of something that had never been wholly absent from the mind of man. (“Religion without Dogma”, 165–66)

In this, as becomes clear in his Miracles, published in 1947, Lewis distances himself not only from the reductionist interpretations of myth in antiquity and modernity, but also from those early Christian interpretations that regard pagan myths as diabolical. He proposes instead that myth should be viewed as a divine stimulus of human imagination: Myth in general is not merely misunderstood history (as Euhemerus thought) nor diabolical illusion (as some of the Fathers thought) nor priestly lying (as the philosophers of the Enlightenment thought) but, at its best, a real though unfocused gleam of divine truth falling on human imagination. (Miracles [1947])77

Such is Lewis’s interest in myth, and so strong is his conviction about the continuity between pagan and Christian myth, that he creates it himself in his rewriting of Apuleius’ myth of Cupid and Psyche in his Till we Have Faces: A Myth Retold (1955), depicting the latter as a Christian soul before the term “Christian” was coined. As he explains in one of his letters: Psyche is an instance of the anima naturaliter Christiana [“naturally Christian soul”] making the best of the Pagan religion she is brought up in and thus being guided (but always “under the cloud”, always in terms of her own imagination or that of her people) towards the true God. She is in some ways like Christ not because she is a symbol of Him but because every good man or woman is like Christ. What else could they be like? (Letter to Clyde S. Kilby, February 10, 1957)78

It thus appears that Lewis’s thinking on mythology took shape in constant discussion with Frazer’s The Golden Bough. And it is in his engagement with, and response to this founding work of comparative religion and cultural anthropology in the English-speaking world that we can detect a common background with Heinrici, who also responded to the rise of comparative religion, and in a rather similar way. This similarity between Lewis and Heinrici helps us to understand the theological potential of their analogous response to the developments of their time, offering a fruitful stipulation of the relation between (confessional) theology and Religionswissenschaft. Like Heinrici, Lewis adopts and advocates the method of comparative religion, and is equally convinced that the value of Christianity only becomes visible if we note the continuity and difference between pagan and Christian myth. Like Heinrici, he criticizes the necessity of relativistic consequences of comparative religion. But also like Heinrici, he criticizes the attempts of scriptural orthodoxy to argue for the truth of Christianity on the basis of the Bible, and not through the method of comparative religion. According to Lewis, as he says in one of his letters, “It is Christ Himself, not the Bible, who is the true word of God” (Letter to 77 Lewis, 78 Lewis,

Miracles, 141. Collected Letters, vol. 3, 830.

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Mrs Johnson from November 8, 1952).79 He therefore emphatically indicates that the position he takes “is not Fundamentalist, if Fundamentalism means accepting as a point of faith at the outset the proposition ‘Every statement in the Bible is completely true in the literal, historical sense’” (Letter to Janet Wise, October 5, 1955).80 Lewis also distances himself sharply from the Barthians at Oxford, who have “all been reading a dreadful man called Karl Barth” and “don’t think human reason or human conscience of any value at all” (Letter to his brother of February 18, 1940).81 On the other hand, however, and understandably given his re-appreciation of the value and character of Christian myth, he also opposes the liberal demythologization programme of Rudolf Bultmann (1884–1976).82 Heinrici’s and Lewis’s consonance in their view on the comparability of pagan and Christian myth invites us to reflect on the theological potential of a comparative religious approach to John’s Gospel as undertaken in the present contribution, as we have noted so many similarities, and also some dissimilarities, between Johannine christology and pagan mythology. When we compare the Johannine Christ with the pagan Hermes, we see that John takes over the cosmological and hermeneutical functions of Hermes, adds a re-generative function, and criticizes the immoral character traits of Hermes in pagan myth. Beyond Hermes, we have briefly indicated how other mythological gods are also taken up in John’s picture of Christ: one of these is Persephone, who, as a dying and re-ascending god, greatly resembles the comparison that Lewis, following Frazer, drew between Christ and the corn-god Adonis. Just as, according to Lewis, the religion of the corn-god is “included” and “transcended” in Christ, so, in John’s view, Christ is the fulfilment and surpassing of the Eleusinian cult of Persephone. Interestingly, as a theological justification of his appreciation of the truth contained in pagan myth, Lewis refers to the Johannine notion that “the true light … enlightens everyone” (John 1:9), which indeed might well express John’s own rationalization of the comparability of Christ and the myths of pagan gods. Furthermore, Lewis’s view, inspired by his discussion with Tolkien, that the difference between the pagan mythological gods and Christ lies in the historicisation of myth in the figure of Christ as the “true myth” is an equivalent, to some extent, of John’s insistence that in Christ there is not only a mere epiphany of the divine Hermes-Logos, but a full incarnation. Finally, in John’s “theology of religions” Christ is the fulfilment not only of Jewish and Samaritan expectations (John 4:19–26), but also of the longing of the Greeks (John 12:20–26). John’s borrowing from Greek mythology served the purpose of communicating his gospel to the Greek world and also of acknowledging (and accommodating) the 79 Lewis,

op. cit., 246. op. cit., 652. 81 Lewis, Collected Letters, vol. 2, 351. 82 See his essay “Modern Theology and Biblical Criticism” (1959), later published under the title “Fern-seed and Elephants”, in: Lewis, Essay Collection, chap. 31. 80 Lewis,

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Greek religious quest. To borrow the wording of Ambrose’s “Veni redemptor gentium” – musically expressed in Bach’s cantata “Nun komm, der Heiden Heiland” (BWV 61–62) and several times in his organ chorale preludes (BWV 599, 659–661) –, Christ, in John’s view, is the “redemptor gentium”, “der Heiden Heiland”, “the Saviour of the heathens”, and the “joy of man’s desiring” (BWV 147). I believe that for John both the similarities and the differences between Christ and the mythological gods are theologically relevant. I very much doubt that the essence of John’s christology resides solely in his disagreement with, and correction of pagan mythology, and that the agreements are only part of his apologetic and communicative strategy. He seems to have believed that what Christ had to offer could fulfil sincere pagan longing, even though – in his First Letter  – he had reason to emphasise the differences because of the need he felt to correct what he regarded as a persistent pagan misunderstanding, the assumption that what was at play in Christ was merely the epiphany of the divine Hermes-Logos, and not a full incarnation. Keshavjee’s inter-religious „confession commune“ (1998) Such a comparative approach, with an interplay of similarities and differences, has now also found application in modern-day interreligious dialogue. In his “Une confession chrétienne du dieu vivant”, the Swiss theologian Shafique Keshavjee uses the same approach that characterises the theology of John, Heinrici, and Lewis.83 In this confession, which he calls a “common confession”, a “confession commune”, he expresses what the adherents of the world religions and humanistic philosophy confess in common, while at the same time also expressing their differences. He first expresses the similarities, through the similarly structured formulas “With all our Christian sisters and brothers, we confess …” / “With our Jewish / Muslim / Hindu / Buddhist sisters and brothers in humanity, we confess that …” / “With our sisters and brothers in humanity without religion and of good will, we confess that …”, followed, in the case of the non-Christian confessions, by the formula of differentiation “And differently we confess that …”, and finally concluding with the common statement: “And this common confession fills us with deep joy.” As this confession is difficult to access, I quote the text here in full (with its dialogical structure emphasised),84 as an impetus for a further contemporary reflection on the usefulness of Heinrici’s and Lewis’s conscious application of comparative religion in their confessional theology: 83 Keshavjee, Vers une symphonie des Églises, 40 f. Also collected, and provided with commentary, in Mottu/Cottin/Halter /Moser, Confessions de foi réformées contemporaines, 321 f. (text) and 323–27 (commentary). I am very grateful to the Reverend O. C. Kerssen (Sloten, Frisia) for drawing my attention to this confession and for further discussions on this issue. 84 I have derived the English translation from Shafique Keshavjee’s own website at www. skblog.ch, accessed on March 23, 2017.

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Christian Statement of Faith within an interreligious Context (by Shafique Keshavjee) With all our Christian sisters and brothers, we confess the unique God as Father, beyond all of us and all things, Son, near to all of us and all things, and Holy Spirit, in all of us and all things. We confess the thrice-holy God as Mystery of infinity and nearness, of communion and communication, of tenderness and justice. With our Jewish sisters and brothers in humanity, we confess that God is the Creator of the universe and the Holy One. And differently we confess that the Creator expressed himself in a creature and that the Holy One became a man. With our Muslim sisters and brothers in humanity, we confess that God is the Almighty, the Perfect and the Immortal. And differently we confess that the Almighty inhabited powerlessness, that the Perfect bore our imperfections and that the Immortal, through the death and the resurrection of Jesus, transfigured our mortality. With our Hindu sisters and brothers in humanity, we confess that God is the One beyond description. And differently we confess that his unity is diverse and that the world in its diversity does not dissolve in the One. With our Buddhist sisters and brothers in humanity, we confess that Ultimate Reality is inexpressible. And differently we confess that the inexpressible Ultimate has expressed itself not as impersonal emptiness (śūyatā) but as an emptied personality (kenōsis). Thus we confess with the religions of the East that God is Silence and Breath. With the religions of the Jews and of Muslims we confess that God is Word. And differently from all, we confess that God is all together Silence, Word and Breath (Father, Son and Spirit), that the Silent Source can be heard in the Word, that the Word has become flesh, and that through the Breath of the Word all flesh can become living Word to the praise of God who is beyond all. With our sisters and brothers in humanity without religion and of good will, we confess that human rights are inalienable. And differently we confess that human beings are made in the image of God. With the Apostle Paul, and all Christians at all times, we confess the divinity, the incarnation, the death, the resurrection and the exaltation of Jesus, the son of God recognized as Messiah, who came and will come (Philippians 2:5–11). And this common confession fills us with deep joy.

I think that John, in his circumstances in the first century AD, had something like this in mind, and that if he had expressed his view on the relation between Christ and Hermes, which found expression in the narrative form of his ancient biography of Christ, in the formal words of a common confession, it would have read like this: With our pagan Greek sisters and brothers in the inhabited world of “the Diaspora of the Greeks”, we confess that Christ is the Hermes-Logos, who is both the cosmological Logos “through whom all things came into being, and without whom not one thing came into being”, and the hermeneutical Logos, the guardian of the gate, and the shepherd god. And differently we confess that Christ is also the re-generative Logos and has proven himself the trustworthy, self-sacrificing, good shepherd, and is not merely an epiphany of the HermesLogos, but also its full incarnation, god but also human being.

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Inkarnation Theologische und religionsgeschichtliche Überlegungen Udo Schnelle 1. Einführung Die Inkarnation ist die zentrale christologische Vorstellung des frühen Christentums und bis heute das Zentrum des christlichen Glaubens: In Jesus Christus wurde Gott Fleisch/Mensch. Allerdings wird dieses Thema in der neueren Literatur erstaunlich wenig behandelt. Zwar gibt es die Monographie von James Dunn zu diesem Thema1, aber in den neueren Christologien z. B. von Martin Karrer und Larry W. Hurtado spielt dieses Motiv nur eine Nebenrolle2. Umstritten ist vor allem die religionsgeschichtliche Verortung: Speist sich Inkarnation aus jüdischen oder eher griechischen Denktraditionen oder liegt eine Kombination aus beiden Traditionssträngen vor?

2. Definition und Vorkommen bei Paulus und Johannes Zunächst ist deutlich: Die Inkarnation/Fleischwerdung im Sinne der realen und bleibenden Menschwerdung eines Gottes bzw. gottähnlichen Wesens muss als eine neue frühchristliche Vorstellung angesehen werden, die es zuvor in dieser Form in der Religionsgeschichte nicht gab, nicht geben konnte. Sie resultierte aus der notwendigen Zuordnung des leiblichen Lebens Jesu zu seiner Auferweckung von den Toten, durch die er (spätestens) dem Bereich Gottes angehörte. Beides galt es in Relation zu setzen und zusammenzudenken. Dabei ging es zuallererst um die Vergottung eines Menschen, denn Jesu Menschsein bildet die Basis und die Erscheinungen des Auferstandenen den Ausgangspunkt der Christologie. 1 Vgl.

Dunn, Christology in the Making. Karrer, Jesus, 315–321: „Überblicken wir die Texte, ergeben sie zusammen das eindrückliche Bild einer Erniedrigung Jesu, in der er unser Fleisch annimmt und uns als Logos in Gottes Herrlichkeit geleitet“ (a. a. O., 321); Hurtado, Lord Jesus Christ, 364–369, erörtert zwar ‚Preexistence‘, nicht aber ‚Incarnation‘; es heißt lediglich in Bezug auf die Weisheitsvorstellungen im Prolog: „But this is undeniably still a good deal short of the direct ‚incarnation‘ of the Logos as this particular man, Jesus, in John 1:14“ (a. a. O., 367). Auch bei Schreiber, Christologie, spielt das Thema ‚Inkarnation‘ keine Rolle. 2 Vgl.

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Darauf weisen sowohl die vorpaulinischen Traditionen (vgl. 1 Kor 15,3–5; Röm 1,3b–4a) als auch Paulus selbst (vgl. 1 Kor 9,1; 15,8; Gal 1,16) als älteste Zeugnisse hin. Der außergewöhnliche Mensch Jesus von Nazareth, der schon zu Lebzeiten in einer einzigartigen Nähe zu Gott stand, musste seit und mit der Auferweckung von den Toten in eine Relation zu Gott gesetzt werden. Man nahm vom Ende her den Anfang in den Blick. Für die christologische Reflexion galt es die Frage zu beantworten: Ab wann war Jesus von Nazareth der Sohn Gottes? Verschiedene Antworten waren möglich: 1) Bei Markus wird Jesus als Sohn Gottes in der Taufe proklamiert (Mk 1,9–11), so dass er seinen irdischen Weg im Evangelium von Anfang an als Gottessohn geht. 2) Die Stammbäume bei Matthäus (Mt 1,1–17) und Lukas (Lk 3,23–38) stellen eine zweite mögliche Antwort dar: Jesus Christus ist durch seine Abstammung Sohn Gottes. Bei Matthäus wird er zum Sohn Abrahams und Davids, Lukas betont seine unmittelbare Abstammung von Gott (vgl. Lk 1,35). Paulus und Johannes gingen einen ganz eigenen Weg; auch sie postulieren eine Verlängerung der Heilsgeschichte ‚nach hinten‘, überbieten aber alle anderen Modelle durch die Präexistenz und Inkarnation Jesu Christi. Für beide war klar: Wenn Jesus von Nazareth der Sohn Gottes ist, dann war und ist er es schon immer3. Bei Paulus findet sich die Präexistenzvorstellung in 1 Kor 8,6; 10,4; Gal 4,4; Röm 8,3; 2 Kor 8,9; Phil 2,64, die Inkarnation wird in Gal 4,4; Röm 8,3; 9,5; 2 Kor 8,9; Phil 2,7 f ausgesagt. Bereits hier zeigt sich, dass der Sohn-Gottes-Titel entscheidend zur Ausprägung der Präexistenz‑ und Inkarnationsvorstellung beitrug und deren maßgebliches Interpretament wurde. Mit dem Sohnes-Titel verband sich schon früh die Vorstellung der ‚Sendung‘ (vgl. Gal 4,4; Röm 8,3), aus der sich das Konzept des Abstieges und Aufstieges entwickeln konnte. Der SohnesTitel bringt sowohl die enge Verbindung Jesu Christi mit dem Vater als auch seine Funktion als Heilsmittler zwischen Gott und den Menschen zum Ausdruck (vgl. 2 Kor 1,19; Gal 1,16; 4,4.6; Röm 8,3). Im Johannesevangelium nehmen die Präexistenz‑ und Inkarnationsaussagen einen sehr breiten Raum ein und verbinden sich neben der Logos-Vorstellung vor allem mit dem Sohn-Gottes-Titel und der Sendungs-Christologie. Sie sprechen von der himmlischen Vorgeschichte Jesu Christi und bringen sein zeitunbegrenztes und vorschöpferisches Sein5 sowie seine Teilhabe an der Ewigkeit des Vaters zur Sprache (vgl. Joh 1,1–3.30; 6,62; 17,5.24). Niemand hat jemals Gott gesehen außer der Logos/der Sohn (vgl. Joh 1,18; 3,11.13.31–35; 5,37 f, 6,46; 3 Vgl. Pannenberg, Christologie, 152: „Vom Bestätigungscharakter der Auferweckung Jesu her gesehen liegt es nun in der inneren Logik der Sache, daß Jesus immer schon mit Gott eins war, nicht erst von einem bestimmten Datum seines Weges ab.“ 4 Zur Präexistenzvorstellung bei Paulus vgl. Habermann, Präexistenzaussagen, 91–223; Von Lips, Weisheitliche Traditionen, 290–317; Hengel, Präexistenz, 479–517; Söding, Gottes Sohn, 57–93. 5 Habermann, Präexistenzaussagen, 403, spricht treffend von einer ‚Präkreatorischen Präexistenz‘.

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8,19); es gilt: „Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen. Ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater zurück“ (16,28). Jesus kommt von ‚oben‘ (vgl. Joh 3,31; 8,14.23), vom Himmel (vgl. Joh 3,13; 6,33.38.41f.46.50.62) und geht wieder zum Vater zurück (vgl. 13,33; 14,2.28; 16,5). Auch Mose (Joh 5,45 f ) Abraham (Joh 8,58) und Jesaja (Joh 12,41) bezeugen, dass Jesus als präexistenter Gottessohn schon immer zu Gott gehört. Seine Existenz unterliegt keinen zeitlichen oder sachlichen Grenzen. Neben dem Prolog bringt vor allem die für Johannes zentrale Sendungsvorstellung Präexistenz und Inkarnation zum Ausdruck. Der ‚einzig geborene‘ Logos/Gott ist kein anderer als der gesandte Sohn (μονογενής nur in Joh 1,14.18; 3,16.18). Die Sendung des Sohnes hat ihren Grund in der Liebe Gottes und ihr Ziel in der Rettung der Welt: „Denn Gott sandte den Sohn nicht in die Welt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde“ (Joh 3,17; vgl. 1 Joh 4,9 f )6. Jesu Würde besteht gerade darin, dass der Vater/Gott ihn gesandt hat (vgl. Joh 3,16; 5,36; 11,42; 17,8.21.23.25 u. ö.).

3. Religionsgeschichtliche Verortungen Welche Vorstellungen wirkten auf die Ausprägung der frühchristlichen Inkarnationsvorstellung ein?7 Aus dem jüdischen Bereich ist vor allem die SchechinaVorstellung zu nennen, d. h. die ‚Einwohnung‘ (‫‚ = ָׁש ַכן‬wohnen‘) Gottes in der Welt. Diese altorientalisch-ägyptische Vorstellung findet sich in zahlreichen Varianten im Alten Testament8: Jahwe ‚wohnt‘ im Tempel (1 Kön 8,12 f ), im Himmel (1 Kön 8,39.43), auf dem Zion (Jes 8,18), auf einem Berg (Ps 68,16 f ). In deuteronomistischer Tradition erwählte Gott nur einen Ort, den Tempel, wo er seinen Namen ‚wohnen‘ lässt (Dtn 12,11). Nach der Zerstörung des Tempels musste die Vorstellung transformiert werden; nun ‚wohnt‘ Jahwe inmitten der Israeliten (Ez 43,7), er kehrt zurück zum Zion und nach Jerusalem, um dort zu ‚wohnen‘ (Sach 8,3). In hellenistischer Zeit erfolgt eine weitere Transformation; nun ergeht an die eigentlich in den Höhen bei Gott ‚wohnende‘ Weisheit der Befehl des Schöp6 Die Übereinstimmungen mit Gal 4,4; Röm 8,3.32 und 1 Joh 4,9.10.14 weisen auf die jüdischhellenistische Weisheitsliteratur als gemeinsamen traditions‑ und religionsgeschichtlichen Hintergrund hin (vgl. z. B. Weish 9,9f.17; Sir 24,4.12 ff; Philo, Agric 51; Her 205; Conf 63; Fug 12); weitere Texte in: Neuer Wettstein I/2, 156–163. Zu beachten ist ferner Epict, Diss III 22,23, wonach der wahre Kyniker „von Zeus als Bote zu den Menschen gesandt wurde, um sie über das Gute und das Böse aufzuklären“. Über Hermes wird beim Stoiker Cornutus (um 60 n. Chr.) berichtet: Hermes ist die Vernunft (ὁ  Ἑρμῆς ὁ λόγος ὤν), welche die Götter aus dem Himmel zu uns [Menschen] sandten (ὃν ἀπέστειλαν πρὸς ἡμᾶς ἐξ οὐρανοὶ οἱ θεοί), wobei sie von den Lebewesen der Erde allein den Menschen zur Vernunft begabt (λογικόν) machten, etwas, was sie selbst für das Herausragendste über alles andere hinaus hielten“ (Cornut 365–368). 7 Vgl. dazu auch Schnelle, Johannes, 56–60.65–71. 8 Vgl. dazu insgesamt die Auflistung des Materials bei Janowski, Einwohnung Gottes.

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fers: „In Jakob sollst du dein Zelt aufschlagen, und in Israel sollst du ein stetiges Erbe haben“ (Sir 24,8)9. Mit den Weisheitsspekulationen verbindet sich ein weiterer zentraler Gedanke: Nach jüdischer Vorstellung gibt es nur einen Gott, aber er ist nicht allein. Zahlreiche himmlische Mittlergestalten wie die Weisheit (vgl. Prov 2,1–6; 8,22–31; Sap 6,12–11,1), der Logos oder die Namen Gottes haben ihre Heimat in unmittelbarer Nähe zu Gott10. Von der Weisheit kann es heißen: „Sende sie aus vom heiligen Himmel“ (Weish 9,9) und: „Danach erschien sie auf Erden und wandelte unter den Menschen“ (Bar 3,38). Biblische Patriarchen wie Henoch (vgl. Gen 5,18–24)11 oder Mose und Erzengel wie Michael12 umgeben Gott und wirken nun in seinem Auftrag. Zudem konnten Engel zeitweise eine menschliche Gestalt annehmen (vgl. Gen 18; Tob 12; JosAs 14; Hebr 13,2). Sie alle bezeugen die Weltzugewandtheit Gottes13 und zeigen, dass Gottes Macht überall präsent ist und alles seiner Kontrolle unterliegt. Als Teilhaber an der himmlischen Welt sind sie Gott untergeordnet, sie gefährden in keiner Form den Glauben an den einen Gott. Als geschaffene und untergebene Kräfte traten sie in keine Konkurrenz zu Gott, als göttliche Attribute beschreiben sie in der Sprache menschlicher Hierarchie die Aktivitäten Gottes für die Welt und in der Welt. Zugleich sind aber gravierende Unterschiede offenkundig14: 1) Die personifizierten göttlichen Attribute waren keine gleichwertigen Personen mit eigenständigen Handlungsfeldern. 2) Sie wurden nicht kultisch verehrt. 3) Innerhalb der Vielfalt jüdischer Vorstellungen war es undenkbar, dass ein gerade schmachvoll Verstorbener in gottgleicher Art verehrt wurde. Zwar dürfte bei der Entstehung der SohnesChristologie der im Rahmen der altorientalischen Königsideologie (der König als Sohn der Gottheit) zu verstehende Ps 2,7 („Du bist mein Sohn, heute habe  9 Die Testamente der 12 Patriarchen (z. B. TestNaph 8,3: „Sie werden Gott sehen, wohnend unter Menschen auf der Erde“; TestDan 5,13: „Der Herr wird in ihrer Mitte sein …“) werden hier nicht berücksichtigt, weil vor allem das Auftreten Gottes ‚im Fleisch‘ (vgl. TestBen 10,8; TestSim 6,5) sowie das ‚Kommen des Sohnes und sein Leiden‘ (vgl. TestLev 8,15; TestLev 16,3 ff; TestJud 24,1; TestJos 19,3; TestBen 3,8; 9,2 f; 11,2) deutlich auf christlichen Einfluss verweisen. Vgl. dazu Nickelsburg, Jewish Literature, 302–315. 10  Vgl. exemplarisch Weish 9,9–11; Philo, Conf 146 f. 11 Als Texte vgl. z. B. äthHen 45 f (Henoch als Menschensohn; 45,4: „An jenem Tag werde ich meinen Erwählten unter ihnen wohnen lassen …“); 61 f (die Engel ‚messen die Gerechten‘ und der Herr erscheint zum Gericht über die Mächtigen und Ungläubigen; über die Gerechten hingegen heißt es: „Und der Herr der Geister wird über ihnen wohnen, und sie werden mit jenem Menschensohn speisen und sich [zur Ruhe] niederlegen und sich erheben von Ewigkeit zu Ewigkeit“). 12 Vgl. z. B. Dan 10,13–21; äthHen 20,5; 71,3; 90,21. Zur möglichen Bedeutung von Engelvorstellungen für die Entstehung der frühen Christologie vgl. Rowland, Open Heaven; Fossum, Name of God; Stuckenbruck, Angel Veneration; Vollenweider, Monotheismus und Engelchristologie. 13 Bei Philo, Som I 232, heißt es sogar über Gott, dass er „in der Gestalt von Engeln erscheint, ohne dabei sein Wesen zu verändern – denn er ist ja unveränderlich – …“. 14 Vgl. Hurtado, One God.

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ich dich gezeugt“) eine wichtige Rolle gespielt haben; zugleich bleibt aber die entscheidende Differenz, dass nach jüdischem Verständnis kein Gekreuzigter ‚Sohn Gottes‘ sein kann, „denn jeder, der am Holz hängt, ist von Gott verflucht“ (Dtn 21,23). Auf die Ausprägung der frühchristlichen Inkarnationsvorstellungen wirkten auch die griechischen Traditionen über die (zeitweilige) Menschwerdung der Götter und der Gottwerdung einzelner Menschen (Heroen) ein. Sie verweisen auf kulturgeschichtliche Vorgaben, die bei der Ausbildung15 und der Rezeption16 der frühen Christologie eine wichtige Rolle gespielt haben. Ein anthropomorpher Polytheismus ist geradezu das Kennzeichen der griechischen Religion17 (klassisch Eur, Alc 1159: „Viele Gestalten kennt das Göttliche“ = πολλαὶ μορφαὶ τῶν δαιμονίων). Göttliche Wesen in Menschengestalt stehen bereits im Zentrum des klassischen griechischen Denkens; Homer berichtet: „Durchwandern die Götter doch, Fremdlingen gleichend, die von weit her sind, in mancherlei Gestalt die Städte …“18. Mythische Gestalten des Anfangs wie Pythagoras oder berühmte Wundertäter wie Apollonius von Tyana19 erschienen als Götter in Menschengestalt, die ihre Macht zum Wohl der Menschen einsetzten. Empedokles reiste als unsterblicher Gott umher, beglückte und heilte die Menschen20. Die Götter verkehren mit den Menschen und nehmen dazu menschliche Gestalt an. So z. B. Hom, Il 3,396 f: Helena erkennt Aphrodite an „ihrem lieblichen Nacken“, ihrer Brust und ihren strahlenden Augen; Il 4,86 f: Athene mischt sich unter die Troer 15 Dies betont zu Recht Zeller, Menschwerdung, 61–77. Hengel, Sohn Gottes, 65, baut in seiner Auseinandersetzung mit der Religionsgeschichtlichen Schule und R. Bultmann falsche Alternativen auf, wenn er zu den griechischen Göttervorstellungen feststellt: „Dem Geheimnis der Entstehung der Christologie kommen wir mit alledem kaum näher.“ Es geht um die kulturellen Kontexte, in denen die frühen christologischen Aussagen entstehen und rezipiert werden konnten; dazu gehört auch der griechisch-hellenistische Bereich. 16 Die klassische traditionsgeschichtliche Fragestellung muss um rezeptionsgeschichtliche Aspekte erweitert werden; vgl. Zeller, New Testament Christology, 332 f. 17 Vgl. Burkert, Art. Griechische Religion, 238 ff. Die Gründungslegende der griechischen Religion überliefert Herod II 53,2: „Hesiod und Homer haben den Stammbaum der Götter in Griechenland geschaffen und ihnen ihre Beinamen gegeben, die Ämter und Ehren unter sie verteilt und ihre Gestalt geprägt.“ 18 Hom, Od 17,485 f (= Neuer Wettstein II/2, 1232); vgl. ferner Hom, Il 2,167–172; 5.121–132; 15.236–238; vgl. ferner Hom, Od 7,199–210 (= Neuer Wettstein I/2, 55); Eur, Ba 1–4.43–54 (= Neuer Wettstein II/1, 672 f ); Plat, Soph 216a–b (= Neuer Wettstein II/2, 1232); Diod, S I 12,9– 10 (= Neuer Wettstein II/2, 1232 f ); Sen, Phaedra 299 f, über Zeus: „Wie oft nahm geringere Gestalten an er selbst, der Himmel und Wolken lenkt“; Dio Chrys, Or 30,27: „Solange nun das Leben noch neu gegründet war, besuchten uns die Götter in eigener Person und sandten aus eigener Mitte Führer, eine Art Statthalter, die sich um uns kümmern sollten, zum Beispiel Herakles, Dionysos, Perseus und all die anderen, die, wie man erzählt, als Söhne oder Nachfahren von Göttern unter uns weilten.“ 19 Vgl. die Texte in: Neuer Wettstein I/2, 59. 20 Vgl. Diog Laert 8,62: „Als ein unsterblicher Gott reise ich umher, nicht mehr sterblich, bei allem, wie es sich in meinem Fall gehört, mit Ehren ausgezeichnet, mit Binden umflochten und blühenden Kränzen.“

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„und war einem Mann ähnlich, Laodokos, Sohn des Antenor, dem mächtigen Krieger“; Hom, Il 13,43–46: Poseidon entsteigt dem Meer und nimmt die Gestalt eines Kriegers an; Hom, Il 14,312 ff: Eine Auflistung der ‚Affären‘ des Zeus; er verkehrt wiederholt auch mit menschlichen Frauen und zeugt zahlreiche Kinder21; Ovid, Met 8,626 f, berichtet über einen Ort in Phrygien: „Dorthin kam Iuppiter in Menschengestalt (Iuppiter huc specie mortali); den Vater begleitend der Atlasenkel Mercur mit einem Stab, aber ohne die Flügelsohlen.“22 Von Dionysos heißt es wiederholt, dass er menschliche Gestalt annahm23. Viele Fresken (z. B. in Pompeii) zeigen, wie populär diese mythologischen Erzählungen waren, so dass man ihre Kenntnis bei vielen Gemeindegliedern voraussetzen kann. Die Entstehung der Kultur wird auf das Eingreifen der Götter zurückgeführt, so schickt Zeus den Hermes, um den Menschen Recht und Scham zu lehren24; Hermes, Herakles und Apollo nehmen als Boten der Götter Menschengestalt an bzw. wirken als Götter unter den Menschen25. Götter in Menschengestalt können sowohl einen irdischen als auch einen ewigen Ursprung haben; Plutarch weiß über die Herkunft des Apollo zu berichten: „ … denn die uralte Sage versetzt Apollo nicht unter diejenigen Götter, die einen irdischen Ursprung haben und erst durch Verwandlung zur Unsterblichkeit gelangt sind, wie Herakles und Dionysos, welche ihrer Verdienste wegen das Sterbliche und dem Leiden Unterworfene ablegten, sondern Apollo ist einer der ewigen, nicht geborenen Götter.“26 Neben den Göttern des Olymp spielten die Heroen in der griechischen Frömmigkeit eine große Rolle. Über sie berichtet Hesiod: „Als aber die Erde auch dieses Geschlecht in der Tiefe barg, schuf der Kronide Zeus noch ein weiteres, viertes auf der vielnährenden Erde, gerechter und besser, ein herrliches Geschlecht von Heroen (ἡρώων θεῖον γένος), die man Halbgötter (ἡμίθεοι) nennt, unsere Vorgänger auf der unendlichen Erde.“27 Der berühmteste unter den Heroen war Herakles, dessen Kult überall in Griechenland verbreitet war und der als Hercules auch zu einer Zentralgestalt römischer Helden‑ und Götterverehrung wurde28. Als Sohn des Zeus und der sterblichen Alkmene hatte Herakles eine vollständige Biographie und verkörperte das Ideal des siegreichen Helden, 21 Zu Europa vgl. vor allem Ovid, Met 2,834 ff: Zeus nimmt zunächst die Gestalt eines Stieres an, um sich Europa zu nähern; später legt er diese Gestalt ab und gibt sich zu erkennen. 22 Die Beispiele ließen sich spielend vermehren; vgl. dazu Krüger, Liebesverhältnisse. 23 Vgl. Eur, Bacc 4: „… ich vertauschte die Gottgestalt mit menschlicher …“; 53 f: „Deshalb nahm ich ein sterblich Aussehen an und schuf meine Gestalt in eines Menschen Wesen um.“ 24 Vgl. Plat, Prot 322c–d (= Neuer Wettstein I/2, 56). 25 Vgl. nur Apg 14,11b–12, wo nach der Wundertat des Paulus in Lystra die Menge ruft: „Die Götter sind in Menschengestalt zu uns herabgestiegen. Und sie nannten den Barnabas Zeus, den Paulus aber Hermes, weil er der Wortführer war.“ 26 Plut, Pelop 16 (= Neuer Wettstein I/2, 57 f.). 27 Hes, Werke und Tage 155–162. 28 Vgl. hierzu Malherbe, Art. Herakles.

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der mit seinem Mut und seiner Kraft die Welt von großen Übeln befreit. Seit hellenistischer Zeit gibt es eine breite philosophische Rezeption, die die Kämpfe und Leiden des Herakles ethisiert. So thematisiert ‚Herakles am Scheideweg‘ die Wahl zwischen Tugend und Laster, vor die jeder Mensch sich gestellt sieht. Die ‚Mühen‘ des Herakles führen ihn am Ende zur vollkommenen εὐδαιμονία/ Glückseligkeit (vgl. Xen, Mem II 1,21–34). Auch in den kaiserzeitlichen Erlöserdiskursen war Herakles zweifellos die bedeutendste Gestalt, was vor allem in einem kynisch-stoischen Kontext Seneca, Epiktet und Dio Chrysostomos zeigen. Seneca stellt in seiner Tragödie ‚Hercules furens‘ den leidenden Hercules als Musterbild der Tugend dar, der so den Tod überwand und als wahrer Sohn Jupiters in den Himmel aufgenommen wurde29. Nach Epiktet vernichtete Herakles als Sohn Gottes und Retter in Gehorsam gegenüber Zeus das Unrecht und die Gesetzlosigkeit auf der Erde30; wegen seiner Tugend (ἀρετή) verlieh ihm Zeus die Unsterblichkeit31. Über Herakles heißt es: „Aber er liebte Gott über alles, und darum hat man ihn für einen Sohn des Zeus gehalten (Διὸς υἱὸς εἶναι), und er war es auch“ (Diss II 16,44; vgl. III 13–16). Auch Dio Chrysostomus gilt Herakles wegen seiner Tugendhaftigkeit wiederholt als υἱὸς τοῦ Διός („Sohn des Zeus“; vgl. Or 2,78; 66,23), in Or 31,16; 69,1 erscheint er als ἡμίθεος („Halbgott“), in Or 33,1 als ἥρως („Heros“) und in Or 33,45 wird er unter die Götter gerechnet. Herakles ist nicht nur der Prototyp des Kynikers und des gerechten Herrschers32, das Vorbild für den der Tugend und Freiheit33 verpflichteten Weisen, sondern zu ihm beten die Menschen, um die Qualen ihres Lebens zu bewältigen34. Die zahlreichen Herakles-Traditionen (auch in der Ikonographie) zeigen, wie selbstverständlich und verbreitet die Verehrung dieser Gestalt im 1./2. Jh. n. Chr. war. Die angeführten jüdischen und griechisch-römischen Vorstellungen beschreiben die kulturell-religiösen Hintergründe und Kontexte, in denen frühchristliche Gemeinden die Inkarnationsvorstellung rezipieren konnten. Die 29 Vgl. ferner Sen, de Ben IV VIII 1, wo Hercules sogar zur göttlichen Vernunft wird, die das gesamte All durchdringt. 30 Vgl. Epikt, Diss III 26,32: „Herakles aber war ein Fürst und Heerführer in allen Ländern und auf allen Meeren; ein Zerstörer aller Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit; ein Stifter des Rechts und des unsträflichen Lebens; und dies alles vollbrachte er arm und bloß und allein.“ 31 Vgl. Epikt, Ench 15: Diogenes und Herakles sind wegen ihres vorbildhaften Charakters Mitregenten der Götter „und heißen darum mit Recht göttlich“. Vgl. bereits Cicero, wo es über Herakles heißt, „den der Volksglaube in Erinnerung an seine Wohltaten in den Kreis der Götter versetzt hat“ (Off 3,25). 32 Vgl. Dio Chrys, Or 1,84, wo über Herakles berichtet wird, dass er der Tyrannei ein Ende bereitet habe und jede gerechte Königsherrschaft schütze: „Und deshalb ist er der Retter der Welt und der Menschheit“ (καὶ διὰ τοῦτο τῆς γῆς καὶ τῶν ἀνθρώπων σωτῆρα εἶναι). 33 In Diog Laert VI 71 f, wird Herakles als Vorbild der Lebensführung bezeichnet, „der nichts höher hielt als die Freiheit“. 34 Vgl. Dio Chrys, Or 8,28, wo es über Herakles und seine qualvollen Kämpfe heißt: „Jetzt aber, nach seinem Tode, verehren sie ihn mehr als alle anderen, halten ihn für einen Gott und sagen, er wohne mit Hebe zusammen. Zu ihm beten sie alle, ihr Leben möge nicht so qualvoll sein – zu ihm, der die größten Qualen ertrug.“

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pagane Erzählkultur um Götter in Menschengestalt, um Helden wie Herakles oder andere Heroen gehörte zur Sozialisation vieler Heidenchristen, vor allem in den Städten Kleinasiens und Griechenlands. Ebenso waren Judenchristen die Vorstellungen vom ‚Wohnen‘ Gottes und vom weltzugewandten Wirken der Weisheit oder von Engeln gegenwärtig. Zugleich können daraus aber keine einlinigen Ableitungsversuche unternommen werden, weil es jeweils gravierende Unterschiede zur christlichen Inkarnationsvorstellung gibt35. Sowohl Gottes ‚Wohnen‘ als auch das Herabkommen der göttlichen Weisheit oder einzelner Engel betonen zwar die Welt‑ und Menschenzugewandtheit Jahwes, aber es gibt keine wirkliche frühjüdische Inkarnationsvorstellung, die das bleibende Kommen Gottes bzw. des Messias ‚im Fleisch‘ aussagt. Zudem war gerade für Juden der Gedanke unerträglich, dass Menschen wie der römische Kaiser Caligula sich anmaßten, als Götter zu gelten und verehrt zu werden36. Ebenso stellt die temporäre Menschwerdung der griechischen Götter keine wirkliche Inkarnation dar und die Heroen sind zwar ethische Vorbilder, aber ihnen kommt in keiner Weise eine soteriologische Funktion zu37. Schließlich ist es für beide kulturellen Systeme undenkbar, einen Gekreuzigten als Sohn Gottes zu verehren, was Paulus in 1 Kor 1,23 betont: „Wir aber verkündigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.“ Zudem weist insbesondere die johanneische Inkarnationsvorstellung ein semantisches und theologisches Eigenprofil auf, das sich vereinheitlichenden religionsgeschichtlichen Zuordnungen verweigert. Schon die Verbindung von λόγος und σάρξ an sich ist singulär; hinzu kommt die damit verbundene theologische Aussage: Es geht zuallererst um Fleischwerdung, die nicht vorschnell mit der Menschwerdung überdeckt werden darf ! Die Pointe des Prologs besteht gerade darin, dass der Abgrund zwischen Gott und dem Fleisch nicht einfach durch die Menschwerdung zugedeckt wird. Vielmehr kommen hier zwei 35 Es geht dabei nicht um Ursachen oder Abhängigkeiten, sondern um Rezeptions‑ und Verstehenshorizonte! Umso unverständlicher ist es, dass Hurtado, Lord Jesus Christ, auf den gesamten griechisch-hellenistischen Bereich faktisch nicht eingeht (im ausführlichen Stellenregister erscheinen Seneca und Epiktet nur je einmal!) und zur Inkarnationsvorstellung lediglich kurz die jüdische Weisheitsliteratur erwähnt (vgl. ders., a. a. O., 367). Ähnlich einseitig Von Heyden, Doketismus und Inkarnation, der auf den hellenistischen Kontext ganz kurz eingeht (vgl. a. a. O., 383 f ), um dann den Ursprung der Inkarnationsvorstellung in mystischen frühjüdischen-frühchristlichen Vorstellungen zu suchen, die ihren Anhaltspunkt bereits beim historischen Jesus haben und sich dann vor allem mit Hilfe von Engel-Christologien weiter entwickelten (vgl. a. a. O., 461 f.). Auch Dunn, Christology in the Making, 259 u. ö.; Janowski, Einwohnung Gottes; Frey, Joh 1,14, verbleiben (wie zuvor z. B. H. Gese) bei monokausalen jüdischen Erklärungsmustern. 36 Vgl. Philo, LegGai 118 (= Neuer Wettstein I/2, 54 f ). 37 Dies gilt auch für andere Mittlergestalten; vgl. z. B. Plut, Is et Os 361: „Darauf wurden denn beide, Isis sowohl als Osiris, um ihrer Tugend willen aus der Zahl der guten Dämonen unter die Götter versetzt, ebenso, wie nachmals Bacchus und Herkules; und nun werden sie mit Recht zugleich als Götter und Dämonen (ἅμα καὶ θεῶν καὶ δαιμόνων) verehrt, da sie überall, vorzüglich aber auf und unter der Erde, eine große Macht besitzen.“

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Größen zueinander und ineinander, die ansonsten strikt getrennt sind. Fleisch bedeutet Zeitlichkeit und Vergänglichkeit, Verletzlichkeit und Verweslichkeit, alles Kategorien, die an Gott nicht herangetragen werden können. Die damit ausgesagte Paradoxie erfährt noch eine weitere Steigerung: Es ist das kreatürliche Sein, in das der Logos nicht nur eingeht, sondern zu dem er auch bleibend wird. Die Verbform ἐγένετο wird mit einem Prädikatsnomen (σάρξ) gebraucht und bedeutet ‚werden‘, nicht aber nur ‚Fleisch annehmen‘ oder ‚im Fleisch erscheinen‘38. Theologisch bedeutet somit Inkarnation eine Humanisierung des Gottesgedankens und der Religion, denn im Logos Jesus Christus ging Gott in alle Bereiche menschlichen Lebens ein; Gott will in seinem Verhältnis zur Welt gedacht und erfahren werden. Aus Liebe sandte Gott seinen Sohn (Joh 3,16) und gerade vom Leidenden gilt: „Siehe, der Mensch“ (Joh 19,5b). Zugleich bleibt aber der fleischgewordene Logos göttlich, weil in der kreatürlichen Sarx seine Doxa aufleuchtet. Speziell diese Doppelstruktur des wirklich Menschlichen und bleibend Göttlichen ist religionsgeschichtlich nicht ableitbar und bildet das Fundament der in dieser Form theologisch und religionsgeschichtlich neuen Inkarnationsvorstellung.

4. Theologie und Religionsgeschichte: das Göttinger, Tübinger und Hallenser Modell Was bedeuten diese Ergebnisse für die religionsgeschichtliche Theoriebildung innerhalb der ntl. Exegese? Diese Frage möchte ich in zwei miteinander verbundenen Schritten beantworten: 1) Welches Kommunikations-, Kultur‑ und Geschichtsmodell und 2) welches theologische und religionsgeschichtliche Gesamtmodell entspricht am ehesten der fast durchgängig zu beobachtenden doppelten Traditionstiefe und dennoch spezifischen Eigenart der ntl. Texte? 4.1. Ein angemessenes Kommunikations-, Kultur‑ und Geschichtsmodell Nicht nur bei der Inkarnationsvorstellung, sondern auch bei anderen zentralen Themen (z. B. der Logos-Christologie oder der Pneuma-Vorstellung) ist deutlich: Bei der Entstehung des frühen Christentums haben wir es eindeutig 38 Gegen Von Heyden, Doketismus und Inkarnation, 475, der genau diesen Gedanken minimieren will: „Dieses Zusammentreffen vorgegebener, schon verknüpfter Vorstellungen (Messias, Menschensohn, entrückter Gerechter) mit der Erfahrung einer realen, menschlichen Person (Jesus von Nazareth), an der man epiphan Gottes Vollmacht sehen, hören und befreiend und heilend erleben kann, führt zur Rede vom ‚Fleisch‘ Christi. ‚Fleisch‘ ist dabei der Ort der Erscheinung, der Offenbarung. Das Fleisch Christi ist daher der ‚Tempel‘. Es ist das Kleid und die Gestalt des Herrn, mit der Er unter uns Menschen sichtbar werden konnte, so dass er erstens überhaupt sichtbar werden konnte und dies zweitens in einer Art und Weise, die für die Menschen nicht als vernichtende Herrlichkeit erschien.“

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mit sich überlagernden Kulturräumen zu tun, was in der Anfangszeit neuer religiöser Bewegungen der Normalfall sein dürfte39. Die griechisch-römische Universalkultur des 1. Jh. n. Chr. mit Griechisch als Weltsprache war als Kommunikationsraum eine entscheidende Voraussetzung für das Entstehen und die erfolgreiche Ausbreitung des frühen Christentums. Zugleich blieben innerhalb dieses Kontextes lokale Kulturen und Sprachen bestehen und führten zu gegenseitigem Austausch und Befruchtung. Für das frühe Christentum ist hier natürlich das antike Judentum von besonderer Bedeutung, das seinerseits bereits einer umfassenden Differenzierung unterlag (hellenistisches Diasporajudentum, Hellenisierung des palästinischen Judentums, Gruppenbildung und theologische bzw. politische Auseinandersetzungen innerhalb des Judentums)40. Zudem übten die lokalen Traditionen und sozialen Konventionen in den frühchristlichen Gemeinden Kleinasiens, Griechenlands und Italiens weiterhin einen beachtlichen Einfluss aus41, wie nicht nur der 1. Korintherbrief zeigt. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung kommt darüber hinaus den Systemen der griechisch-römischen Philosophie zu, die in allen Städten des Reiches präsent waren und als Praxisunternehmen vor allem eine ethische Ausrichtung aufwiesen42. In diesen philosophischen Entwürfen kam den Göttern/ Gott eine zentrale Rolle zu43; ihr Einfluss auf das Leben der Menschen wurde sehr unterschiedlich bestimmt. Schließlich übte der Kaiserkult als politisch-religiöses Einheitsband im gesamten römischen Reich einen immensen Einfluss aus. Im 1./2. Jh. n. Chr. findet sich beides: Eine dominierende griechisch-­römische Kultur und eine Vielzahl/Vielfalt lokaler Kulturen. Innerhalb dieses komplexen Gesamtbefundes war eine erfolgreiche Kommunikation nur durch bewusste Anschlussfähigkeit zu erlangen. Die großen Erfolge der frühchristlichen Mission lassen sich nur aus einer Kombination völlig neuer Gedanken (z. B. Kreuzestheologie) mit der bewussten Anknüpfung, gezielten Aufnahme und absichtsvollen Neuinterpretation geläufiger religiösethischer Vorstellungen erklären (z. B. der Geist als Kommunikationsmittel zwischen Gott und Mensch)44. Die frühchristlichen Theologen/Missionare waren in der Lage, verschiedene kulturelle Traditionen in sich aufzunehmen 39 Vgl.

hierzu Schnelle, Historische Anschlußfähigkeit.

40 Vgl. hier z. B. Schürer, Geschichte; Moore, Judaism; Maier, Zwischen den Testamenten;

Stemberger, Pharisäer; Stegemann, Essener; Schäfer, Geschichte; Horsley, Revolt. 41 Die lokale religionsgeschichtliche Forschung stellt ein noch unerledigtes Arbeitsfeld dar; vgl. exemparisch: Vom Brocke, Thessaloniki. 42 Vgl. dazu Hadot, Philosophie; Niehues-Pröbsting, Die antike Philosophie, 142–219. 43 Alle großen Denker im zeitlichen Umfeld des Neuen Testaments waren Theologen (z. B. Cicero, Philo, Seneca, Epiktet, Plutarch, Dio Chrysostomus). Dies ist nicht verwunderlich, denn jedes bedeutende System der griechisch-römischen Philosophie gipfelt in einer Theologie; vgl. hier Jaeger, Theologie; Weischedel, Der Gott der Philosophen I, 39–69; Verweyen, Philosophie und Theologie, 39–127. 44 Vgl. nur 2 Kor 3,17 und Joh 4,24 (dazu die Vergleichstexte in: Neuer Wettstein I/2, 226– 234).

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und schöpferisch weiterzuentwickeln, aber auch Grenzen zu setzen (z. B. beim Kaiserkult). Die Traditionsgebundenheit eines Autors erfährt in der Exegese zumeist nur eine einlinige Interpretation, wonach das Denken des Autors durch die Traditionen bestimmt wird. Traditionen werden aber nicht ungefiltert übernommen, sie verbinden sich mit neuen Elementen, werden angereichert, transformiert und teilweise okkupiert, um innerhalb eines neuen Koordinatensystems eine neue Bedeutung zu erhalten. Hinzu kommt, dass immer von einer doppelten Traditionsgebundenheit auszugehen ist: der Apostel/Missionare und ihrer Gemeinden! Die uns bekannten Gemeinden stammen alle aus dem griechisch-römischen Kulturbereich, so dass allein schon aus diesem Grund mit einem beachtlichen Einfluss griechisch-römischen Denkens gerechnet werden muss. Auch die Ausbildung neuer Rollenmodelle und Rituale unterliegt denselben Bedingungen, sie nehmen immer Bekanntes/Bewährtes auf und transformieren es durch neue Einsichten auf eine höhere Ebene45. Der Mensch ist ein erzählendes und darin deutendes Kulturwesen und wenn sich Kulturräume überlagern, kann sich eine neue Identität nur erfolgreich ausbilden, wenn sie verschiedenartige Einflüsse aufzunehmen und zu integrieren vermag. Es gab und gibt immer ein Über‑ und Nebeneinander von gemeinsamen und differenten Welten und Lebensformen. Dabei sind Eindeutigkeit und Durchlässigkeit gleichermaßen Voraussetzungen für gelungene kulturelle Neuformungen. All dies vollzog sich nicht als absoluter Bruch mit der Vergangenheit, sondern in der Regel als Prozess der Anknüpfung, der Abgrenzung, des Umdeutens, des Ablegens und der Neubestimmung, wobei all diese Begriffe keine strikten Gegensätze darstellen, sondern über längere Zeit nacheinander und/oder nebeneinander ablaufen konnten. Hier lässt sich allerdings eine Grundbewegung beobachten: Im frühen Christentum vollzog sich schon sehr früh eine Wertegeneralisierung als kulturelle Synthese, indem verschiedene Wertemuster auf einer höheren Stufe zusammengefasst wurden46. Sowohl Glaubende aus der jüdischen als auch der griechisch-römischen Welt konnten bei den Wertetraditionen der neuen frühchristlichen Welt Gemeinsamkeiten mit ihren eigenen religiösen Wurzeln entdecken, an die sie emotional teilweise immer noch gebunden waren. Bei der Wertegeneralisierung geht es um die Regulierung und den Ausgleich kultureller Traditionen, sie ist in der Regel das Resultat von Kommunikation, Integration und Neubestimmung. Beispiele: In der gesamten antiken Welt ist der Tempel der Ort der Präsenz Gottes und der Kommunikation mit ihm. Die frühen Christen nahmen dies auf und bestimmten nun die Gemeinde 45 Zu

Kulturbegriffen und Kulturtheorien vgl. Jaeger /Liebsch (Hgg.), Handbuch.

46 Vgl. Parsons, System, 41, wonach gesellschaftliche Wandlungsprozesse „durch eine Werte-

verallgemeinerung vervollständigt werden, wenn die verschiedenen Einheiten in der Gesellschaft angemessene Legitimation und Orientierungsweisen für ihre neuen Handlungsmuster erlangen sollen.“

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als Tempel Gottes (vgl. 1 Kor 3,16 f ) oder den Leib der Glaubenden als Tempel des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 6,19 f ). Am Gedanken der kultischen Reinheit wird festgehalten, aber zugleich wird er mit dem einmaligen Akt der Taufe verbunden und damit inhaltlich und rituell neu strukturiert. Auch die Vorstellung des Opfers bleibt erhalten, aber sie wird personalisiert (Jesus Christus) und von jeder menschlichen Aktivität getrennt (vgl. Röm 3,25). Hinzu muss ein angemessenes Geschichtsmodell kommen47. Der Mensch ist ein deutendes Wesen48 und Religion ist die erste und älteste Form von Weltdeutung49. Jeder Mensch ist auf Weltdeutung und Sinngewinnung angewiesen. Jede Religion, jede Philosophie, aber auch jede naturwissenschaftliche Theorie und jede politische Idee ist ein solcher Deutungs‑ und Erschließungsvorgang, der das Leben erklären und sinnvoll gestalten soll. In jeden Deutungsvorgang fließen deshalb unausweichlich die Sozialisation des Historikers/Exegeten ein; seine Traditionen, sein geographischer Lebensort, seine politischen und religiösen Werteinstellungen prägen notwendig das, was er in der Gegenwart über die Vergangenheit sagt50. Geschichtsschreibung ist deshalb nie ein pures Abbild des Gewesenen, weil sie selbst immer eine Geschichte hat, nämlich die Geschichte des Schreibenden. Das Subjekt steht nicht über der Geschichte, sondern ist ganz und gar in sie verwickelt. Deshalb ist ‚Objektivität‘ als Gegenbegriff zu ‚Subjektivität‘ völlig ungeeignet, um historisches Verstehen zu beschreiben51. Vielmehr sollte von ‚Angemessenheit‘ oder ‚Plausibilität‘ historischer Argumente gesprochen werden52. Nicht das wirklich vollzogene Geschehen ist uns zugänglich, sondern nur die je nach Standort der Interpreten verschiedenen Deutungen vergangener Ereignisse liegen uns vor. Erst durch unsere Zuschreibung werden die Dinge zu dem, was sie für uns sind. Geschichte wird nicht rekonstruiert, sie wird unausweichlich und notwendigerweise konstruiert. Es gilt: „es wird Geschichte, aber es ist nicht Geschichte“53. Deshalb kann es sowohl aus exegetischer als auch aus religionsgeschichtlicher Perspektive die von manchen Religionswissenschaftlern behauptete neutrale 47 Droysen, Historik; Rüsen, Vernunft; Ders., Rekonstruktion; Ders., Lebendige Geschichte; Conrad/Kessel (Hgg.), Geschichte; Goertz, Umgang; Lorenz, Konstruktion; Goertz, Unsichere Geschichte. 48 Vgl. Gehlen, Der Mensch; vgl. ferner Schnelle, Offenbarung, 119–137. 49 Deshalb gehört der Begriff der ‚Transzendenz‘ in die Erkenntnistheorie: „‚Transzendenz‘ ist keine Region im Jenseits aller Regionen; der Begriff zeigt vielmehr nur die Bemühung an, eine Vorstellung von dem Ganzen zu gewinnen, zu dem man selbst gehört und mit dem man, weil man als Person selbst ein nicht gänzlich fassbares – und dennoch selbstbewusst zum Ausdruck gebrachtes – Ganzes ist, auf einem ursprünglich vertrauten Fuße steht“ (Gerhardt, Sinn, 48). 50 Vgl. Straub, Bilden von Vergangenheit. 51 Vgl. dazu Goertz, Umgang, 130–146. 52 Vgl. Kocka, Angemessenheitskriterien. 53 Droysen, Historik, 69. Über geschichtliche Sachverhalte urteilt Droysen, ebd., zutreffend: „Sie sind nur historisch, weil wir sie historisch auffassen, nicht an sich und objektiv, sondern in unserer Betrachtung und durch sie. Wir müssen sie sozusagen transponieren.“

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Außenperspektive54, die unvoreingenommen und ohne ideologische Fesseln ihre Gegenstände analysiert, überhaupt nicht geben: 1) Geschichts‑ und identitätstheoretisch ist es gar nicht möglich, eine von der eigenen Lebensgeschichte abstrahierende, ‚neutrale‘ Position einzunehmen55. Jeder und jede bringt immer die eigene Lebensgeschichte und die eigenen Positionen mit ein. Das Wertfreiheits‑ und Neutralitätspostulat, das z. B. häufig von Religionswissenschaftlern gegen Theologen vorgebracht wird, ist ein ideologisches Instrument, um andere Positionen unter Verdacht zu stellen. Es gibt kein positionelles Niemandsland; weder methodisch noch lebensgeschichtlich ist es möglich, die eigene Geschichte mit all ihren Wertungen auszublenden56. 2) Alle historische Arbeit ist unausweichlich in einen übergeordneten Gesamtzusammenhang eingefügt, so dass die Frage nach Objektivität und Parteilichkeit gerade nicht als Gegensatz aufgefasst werden muss. „Parteilichkeit und Objektivität verschränken sich … im Spannungsfeld von Theoriebildung und Quellenexegese. Das eine ohne das andere ist für die Forschung umsonst.“57 Um Geschichte schreiben zu können, bedarf der Theologe/Religionswissenschaftler einer Theorie der Geschichte, die lebensgeschichtlich erworbene religiöse, kulturelle und politische Wertungen weder ausschließen soll noch kann. 3) Religiöse Bewegungen und ihre Texte lassen sich nur adäquat erfassen, wenn man in ein Verhältnis zu ihnen tritt. Jeder Interpret steht in einem solchen Verhältnis, das gerade nicht mit der ideologischen Unterstellung von Innen‑ und Außenperspektive erfasst werden kann. Vielmehr verdankt es sich sowohl der jeweiligen Lebensgeschichte des Interpreten als auch den methodischen Vorentscheidungen und Fragestellungen, mit denen er an die Texte herantritt. Es geht nicht um Neutralität, die der eine beansprucht und der andere angeblich nicht erbringen kann, sondern allein um eine den Texten angemessene Fragestellung und Methodik. Wenn religiöse Texte die Wahrheitsfrage thematisieren, dann ist ein Ausweichen als Zeichen angeblicher Neutralität überhaupt nicht möglich, weil jeder Interpret immer 54  So z. B. Rudolph, Art. Religionswissenschaft und Theologie, 195, wonach die Theologie eher konfessorisch, doktrinär und apologetisch ausgerichtet ist: „Der Religionswissenschaftler hat es dagegen nur mit der Wirklichkeit einer Religion und ihren vielfältigen Tatbeständen als Ausdruck menschlicher Erfahrung in Geschichte, Gesellschaft und Kultur zu tun. Er ist nicht an der Wahrheit als solcher interessiert, sondern an der Richtigkeit seiner Erfassung bzw. Darstellung nach den Regeln kultur‑ bzw. geisteswissenschaftlicher Methodologie“; ähnlich Kippenberg/Von Stuckrad, Religionswissenschaft, 14 f. Nach wie vor dominiert in der Religionswissenschaft das Dogma der ‚Außenperspektive‘, verbunden mit einer Distanzierungsforderung von der ‚eigenen‘ und der ‚fremden‘ Religion; vgl. dazu Hock, Religionswissenschaft, 162–170. 55 Zur ausführlichen Begründung vgl. Schnelle, Paulus, 1–17. 56 Gegen R äisänen, Neutestamentliche Theologie?; Theiẞen, Religion, 17–44, die ausdrücklich an das Programm von W. Wrede anknüpfen und keine Theologie im konfessorischen Sinn schreiben wollen, sondern eine Theorie der urchristlichen Religion, die auf allgemeinen religionswissenschaftlichen Kategorien beruht. Auch Räisänen und Theißen sind konfessorisch, allerdings nicht in einem streng kirchlichen Sinn! 57 Koselleck, Standortbindung, 46.

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schon in einem Verhältnis zu den Texten und den in ihnen ausgesprochenen Positionen steht. 4) Die Kanonbildung und die mit ihr verbundene Selektion gilt seit Wrede vielfach als Ausweis des ideologischen Charakters des frühen Christentums. Ein Kanon ist jedoch historisch und theologisch kein Willkürakt, sondern ein natürlicher Faktor innerhalb der Identitätsbildung und Selbstdefinition einer religiösen Bewegung und als kulturelles Phänomen keineswegs auf das frühe Christentum beschränkt58. Weil Schriftlichkeit die Voraussetzung für das Überdauern einer Bewegung ist, kann eine Kanonbildung nicht als repressiver Akt aufgefasst werden, sondern stellt einen völlig natürlichen Vorgang dar. Nicht äußere (kirchliche) Entscheidungen, sondern primär innere Impulse führten zur Kanonbildung59. 4.2. Das Göttinger, Tübinger und Hallenser Modell Aus den vorangegangenen Überlegungen ergibt sich, dass gänzlich (oder überwiegend) monokausale Erklärungsmodelle sowohl für die religionsgeschichtliche als auch die theologische Arbeit äußerst unwahrscheinlich sind. Vielmehr wird man mit komplexen und multikausalen Prozessen zu rechnen haben, mit Kulturaustausch und Kulturverschmelzung in verschiedene Richtungen, regionalen Unterschieden und differenten theologischen Entwürfen. Allerdings wurden und werden in der Geschichte der religionsgeschichtlichen Exegese diese Aspekte in unterschiedlicher Weise bedacht. Dabei sind aus meiner Sicht insbesondere drei Modelle von Bedeutung60. 4.2.1 Das Göttinger Modell Um die Jahrhundertwende (ca. 1890–1920) gewann in der neutestamentlichen Theologie eine Interpretationsrichtung an Einfluss, die wegen der persönlichen Beziehungen ihrer Mitglieder (William Wrede, Hermann Gunkel, Wilhelm Heitmüller, Wilhelm Bousset, Rudolf Otto, Ernst Troeltsch u. a. m.) und ihres universalen religionsgeschichtlichen Fragehorizontes Religionsgeschichtliche Schule genannt wurde61. In der Religionsgeschichtlichen Schule löste man sich 58 Vgl.

dazu die Überlegungen Assmann, Kanon, 81–100. dazu Schnelle, Einleitung, 426–442. 60 Dabei ist mir natürlich bewusst, dass Schematisierungen/Typisierungen immer auch Vereinfachungen sind und nicht der ganzen Vielfalt von Forschungsrichtungen gerecht werden. Dennoch helfen sie, die Intentionen und damit auch Unterschiede zu anderen Ansätzen besser zu erkennen. 61 Zur Religionsgeschichtlichen Schule vgl. Lüdemann/Schröder, Religionsgeschichtliche Schule in Göttingen; Lüdemann, Religionsgeschichtliche Schule; Sinn, Christologie; Murrmann-Kahl, Die entzauberte Heilsgeschichte; Özen, Göttinger Wurzeln. Zum Begriff ‚Religionsgeschichtliche Schule‘ vgl. Sinn, Christologie, 5–7. Sinn, a. a. O., 24, schlägt folgende analytische Definition des Begriffs vor: „Die Religionsgeschichtliche Schule ist eine innertheologische Bewegung, die um das Jahr 1890 aus einem Freundeskreis Göttinger Gelehrter erwuchs und vornehmlich deutschsprachige protestantische Neutestamentler umfaßte. Mit dem 59 Vgl.

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von idealistischen oder dogmatisch beeinflussten Fragestellungen und verpflichtete sich einem allein an der historischen Wahrheit orientierten Forschen62. Die Unerbittlichkeit historischen Fragens und auch die Unbestimmtheit des Erkennens gelten für jedes geschichtliche Phänomen, auch für das Christentum. „Ein reines, uninteressiertes Erkenntnisinteresse, das jedes sich wirklich aufdrängende Ergebnis annimmt, muß ihn leiten.“63 Der Exeget darf sich weder am Kanonbegriff noch einer anderen dogmatischen Konstruktion orientieren: „Wo man die Inspirationslehre streicht, kann auch der dogmatische Begriff des Kanons nicht aufrechterhalten werden.“64 Dogmatische Setzungen konnten eine Sondergeschichte des Christentums nicht mehr begründen, sondern es wurde in die allgemeine Religionsgeschichte integriert und als ein synkretistisches Phänomen gewertet. All dies ist in der Gegenwart eher selbstverständlich, um die Wende vom 19. zum 20. Jh. hingegen kam es einer Art Revolution gleich, denn gewohnte Gedanken und seit Jahrhunderten geltende Ansprüche wurden infragegestellt. Deshalb kann diese Aufgabe nur im Rahmen einer urchristlichen Religionsgeschichte bzw. einer Geschichte der urchristlichen Religion und Theologie in Angriff genommen werden. Der für die Sache passende Name sollte lauten: „urchristliche Religionsgeschichte bzw. Geschichte der urchristlichen Religion und Theologie.“65 Es geht also darum, auch die Lehren des Frühen Christentums in all ihrer zeit‑ und religionsgeschichtlichen Bedingtheit und ihrer historischen Entwicklung zu erfassen. Weil die Praxis die Theorie bestimmte, muss die neutestamentliche Theologie in die weite Welt religiöser Erfahrungen, in eine breitere Religionsgeschichte eingeordnet werden. Damit wurde auch das Christentum zu einem synkretistischen Phänomen und die Frage nach der Absolutheit des Christentums stand auf der Tagesordnung. Wenn eine neue Religion sowohl in ihrer Entstehung als auch in ihren Ausdrucksweisen aus anderen Vordringen der ‚Dialektischen Theologie‘ um das Jahr 1920 verlor sie entscheidend an Einfluß. In ihrer Blütezeit setzte sie sich zum Ziel, unter besonderer Beachtung des Volksglaubens, speziell im Vergleich mit der spätjüdischen und hellenistischen Religiosität, Eigenart, Entwicklung und bisweilen Absolutheit der christlichen Religion aufzuzeigen. Ihr Profil gewann sie durch die Abgrenzung gegenüber der einseitig literarkritisch verfahrenden Exegese, der Methode der Darstellung neutestamentlicher Theologie nach ‚Lehrbegriffen‘ und der von Ritschl beeinflußten Theologie.“ 62 Im Hintergrund steht das Programm des Historismus des 19. Jh.; vgl. v. R anke, Geschichten der romanischen und germanischen Völker von 1494–1514, Leipzig 21874, in: L. v. Ranke’s Sämtliche Werke. Zweite Gesamtausgabe Bd. 33/34, VII: „Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren, beigemessen; so hoher Aemter unterwindet sich gegenwärtiger Versuch nicht: er will blos zeigen, wie es eigentlich gewesen.“ Das theoretische Fundament des Historismus und zugleich eine präzise Beschreibung seiner Grenzen findet sich bei Droysen, Historik. 63 Wrede, Aufgabe u. Methode, 84. 64 Wrede, a. a. O., 85. 65 Wrede, a. a. O., 153 f.

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Religionen bzw. religiös-philosophischen Anschauungen erwächst, dann kann sie keine Einzigartigkeit mehr für sich in Anspruch nehmen! Die strengen Methoden der Geschichtswissenschaft vorurteilslos auf das Neue Testament und das gesamte Urchristentum anzuwenden, das war das Ziel der meisten Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule. Hier zeigen sich freilich auch zugleich die Grenzen eines solchen Ansatzes, denn die Religionsgeschichtliche Schule ist nicht unwesentlich von einer hermeneutischen Naivität geprägt66. Vor allem der ‚objektive‘ Geschichtsbegriff, aber auch Termini wie Synkretismus, Religionsgeschichte oder Traditionsgeschichte bleiben vielfach unbestimmt und nicht wirklich reflektiert. Ebenso methodisch kaum fassbar sind die postulierten mündlichen Überlieferungen und die hinter ihnen stehenden religiösen Erfahrungen der frühen Gemeinden. Nicht mehr der ntl. Text, sondern seine vermutete Vorgeschichte steht im Mittelpunkt. Hinzu kommt der Hang zu spekulativen Geschichtstheorien, wo im Kopf des Exegeten kurzerhand Jahrhunderte übersprungen werden und traditionsgeschichtliche Kontinuität behauptet wird. Als ein Beispiel sei W. Boussets spekulativer Gnosisbegriff genannt67, der die Gnosis aus einer vorchristlichen babylonisch-iranischen Mischreligion erklärte, dabei Jahrhunderte übersprang und durch die Aufnahme bei R. Bultmann einen großen Einfluss gewann68. Schließlich sind das aufklärerische Pathos69 und die Kritik am Christentum und den Kirchen aus damaliger Perspektive durchaus verständlich, heute – wo die Kirchen nur noch eine Randexistenz führen und Aufklärung längst zu einem Allerweltsbegriff geworden ist – wirkt all dies eher befremdlich.

66 Vgl.

Paulsen, Traditionsgeschichtliche Methode, 426–461. Bousset, Gnosis. 68 Vgl. Bultmann, Theologie, 166–186. 69 Vgl. Gunkel, Die Richtungen der alttestamentlichen Forschung, 66, der in einem Rückblick aus dem Jahr 1922 betont, dass die Religionsgeschichtliche Schule nicht entstand „durch den Einfluß der orientalischen Ausgrabungen (Tell-Amarna) und Entdeckungen, auch nicht durch den der ‚Allgemeinen Religionsgeschichte‘, mit der sie zunächst nichts zu tun hatte, sondern sie war eine durchaus innertheologische Bewegung, die bereits in der Mitte der achtziger Jahre, ganz ohne diese Einwirkungen, in einem Freundeskreis junger Theologen begonnen hatte. Sie bezog sich auch nicht zunächst auf das Alte, sondern das Neue Testament. Sie strebte aus der Engigkeit der Schranken des damaligen wissenschaftlichen Betriebes in die Weite und Freiheit; heraus aus den Schranken des Kanons und des kirchlichen Dogmas über die Bibel, aus der Einseitigkeit der dogmatisierenden ‚Biblischen Theologie‘ und allzu philologischen Literarkritik, aus einer allzu spitzfindigen oder modernisierenden Schrifterklärung, aus alledem, was uns von der Erfassung der biblischen Religion trennte, auch aus der Isolierung des Alten und Neuen Testaments von seinen durch die Geschichte gegebenen Verbindungen mit anderen Religionen, mitten hinein in den flutenden Strom der wirklichen Geschichte der biblischen Religion. Denn das war unser eigentlichstes und letztes Bestreben, die Religion selber in ihrer Tiefe und Breite zu erfassen, dies aber, so waren wir aufs innigste überzeugt, konnte nur geschehen, wenn wir versuchten, sie in ihrer Geschichte zu belauschen.“ 67 Vgl.

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4.2.2 Das Tübinger Modell Damit meine ich eine bestimmte Art der exegetischen und religionsgeschichtlichen Arbeit, die zuallererst mit dem Namen Adolf Schlatter (1852–1938) verbunden ist70. Die Methodik der Arbeit Schlatters kann als historisch-philologische Texterklärung und ‑auslegung verstanden werden, die hermeneutisch bewusst auf dem Boden des biblischen Wahrheitszeugnisses steht. Der Mensch bedarf des rettenden Wortes Gottes für sein Heil und seine Lebensführung und es ist die Aufgabe des Exegeten, den Menschen dieses Wort zu erklären und nahezubringen. Der biblischen Exegese kommt die Aufgabe zu, das auf Gott verweisende Wort der ersten Zeugen aufzudecken, um so Gottes Heilswerk in der Geschichte zu entdecken. Schlatter trennte nicht zwischen historischer und geistlicher Auslegung, sondern war davon überzeugt, dass exakte historische Arbeit zur Entdeckung jener Geschichte führt, in der Gott sich den Menschen offenbarte und die in Jesus Christus ihr Zentrum und Ziel hat. Konsequenterweise wendet sich Schlatter in umfangreichen Studien dem antiken Judentum und den neutestamentlichen Schriften vor ihrem jüdischen Hintergrund zu. Methodisch steht dabei das Erlernen und Beherrschen der Sprachen oben an. Umfassende philologische Kenntnisse sind für Schlatter notwendige Voraussetzung für alles historische und theologische Arbeiten. „Nach meiner Regel, daß das Auge das Denken erwecke und das Geschichtsbild aus dem Sichtbaren zu schöpfen sei, stand mir bei der neutestamentlichen Arbeit die Sprache oben an.“71 Besonders Philo und Josephus als den neutestamentlichen Autoren zeitlich nahestehende Personen wurden einer umfassenden historischen und philologischen Analyse unterzogen, um so die Evangelisten und Apostel des Neuen Testaments besser verstehen zu können. Mit der philologischen Kompetenz verbindet sich eine historische Gesamtschau, die der Apostelgeschichte folgend das entstehende frühe Christentum in großer Kontinuität zum Judentum sieht und zu einer ausschließlichen Betonung der biblischen Überlieferung gegenüber allen anderen historischen Phänomenen führt. Dies veranlasste Schlatter zu einer vehementen Ablehnung dessen, was er das ‚griechische Denken‘ nennt. Dem Griechentum rechnet er den eigenmächtigen Empirismus und Rationalismus zu, der sich im Licht des Evangeliums als Ohnmacht des Menschen erwiesen hat. „Die Not, mit der uns das griechische Denken belastet hat, ist die Entstellung unseres Denkens zum Rationalismus; somit war die Ausscheidung der rationalistischen Traditionen aus meinem Denken meine Pflicht.“72 Vertieft wurde die negative Wertung des Griechentums durch 70 Vgl.

hierzu Neuer, Adolf Schlatter, Leben. Selbstdarstellung, 20. 72 Schlatter, a. a. O., 8; vgl. ferner: „Wenn wir uns mit der Passivität des Sehens und Hörens begnügen wollten, hätten wir den griechischen Standort nicht wirklich verlassen …“ (a. a. O., 9). „Damit war ich auch von der griechischen Ethik befreit“ (a. a. O., 10). 71 Schlatter,

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die Auseinandersetzungen mit der Religionsgeschichtlichen Schule, der Schlatter vorwarf, die Geschichte Gottes in eine religiöse Idee aufzulösen und historisch den Einfluss des griechischen Denkens auf das frühe Christentum maßlos zu überschätzen. Deutlich in der Kontinuität zu Schlatter steht Martin Hengel (1926–2009). Auch Hengel ist ein exzellenter Kenner des antiken Judentums73 und verbindet dies mit einer einflussreichen religionsgeschichtlichen Hypothese: „Was an ‚paganen Einflüssen‘ im Urchristentum vermutet wurde, kann durchweg auf jüdische Vermittlung zurückgehen. Nirgendwo läßt sich eine direkte bleibende Beeinflussung durch heidnische Kulte oder nichtjüdisches Denken nachweisen. Was man im Neuen Testament gemeinhin als ‚hellenistisch‘ bezeichnet, stammt in der Regel aus jüdischen Quellen, die sich freilich der ‚religiösen Koine‘ der hellenistischen Zeit weder entziehen wollten noch konnten.“74 Der apologetische Akzent ist unübersehbar, ‚nirgendwo‘ lasse sich direkter Einfluss ‚heidnischen‘ Denkens nachweisen. ‚Heidnisches‘ Denken wird hier offenbar als grundsätzlich unsachgemäß empfunden, während ‚jüdisches‘ Denken in heilsgeschichtlicher Kontinuität steht und deshalb auch historisch und theologisch als sachgemäß gilt. Auf Hengel beruft sich u. a. Larry W. Hurtado, der im Hinblick auf den Logos-Begriff feststellt: „There is no evidence that the author of GJohn had direct acquaintance with Greek philosophy. In any case, whatever Greek philosophical origins or influences may have been behind the use of ‚Logos‘ in GJohn were mediated, and thoroughly adapted, by the Jewish tradition on which the author drew.“75 J. Frey geht sogar so weit, in diesem Kontext (in Anlehnung an M. Hengel) von einer neuen ‚religionsgeschichtlichen Schule‘ zu sprechen: „Im Anschluss an die Arbeiten Hengels und einige andere, interessanterweise v. a. britische Forscher hat sich inzwischen eine Bewegung in der Forschung formiert, die in ausdrücklicher Antithese gegen die Arbeiten der alten Religionsgeschichtlichen Schule die Herausbildung der urchristlichen Christologie nicht mehr aus hellenistisch-synkretistischem Einfluss, sondern dezidiert aus palästinisch‑ oder hellenistisch-jüdischen Sprachformen, … versteht“76. Hier werden falsche Alternativen aufgestellt, denn man kann nicht von einer ‚neuen religionsgeschichtlichen Schule‘ sprechen, wenn der griechisch-römische Bereich fast ganz ausgeblendet wird! Die historisch und hermeneutisch entscheidende Frage lautet: Ist es theologisch sinnvoll und historisch möglich, zur Erhellung 73 Von

bleibender Bedeutung: Hengel, Judentum und Hellenismus. Das früheste Christentum, 198; vgl. ferner ders., Sohn Gottes, 104 ff. 75 Hurtado, Lord Jesus Christ, 366. 76 Frey, Eine neue religionsgeschichtliche Perspektive, 122. Frey, a. a. O., 151–168, interpretiert Paulus ausschließlich auf jüdischem Hintergrund und bemerkt zu den Präexistenz‑ und Inkarnationstexten 1 Kor 8,6; Phil 2,6–11: „Da diese Aussagen bei Paulus bzw. in den paulinischen Gemeinden ebenfalls schon in geprägter Form vorliegen, ist ein unmittelbarer paganer Einfluss schon in Anbetracht der ethnischen Zusammensetzung der paulinischen Missionsgemeinden ‚höchst unwahrscheinlich‘ (Zitat: Hengel, Sohn Gottes, 105)“ (168). 74 Hengel,

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des Profils der neutestamentlichen Schriften einem Traditionsstrom, dem jüdischen, eine exklusive, ja alleinige Bedeutung zuzumessen? Im Einzelfall kann es natürlich möglich sein, dass griechische Termini durch Vermittlung des hellenistischen Judentums im Neuen Testament aufgenommen wurden. Unhistorisch und religionsgeschichtlich eher unwahrscheinlich ist jedoch die generelle Aussage, dies gelte für alle Überlieferungsprozesse und geradezu nichts sei aus dem griechischen oder römischen Bereich direkt übernommen worden. Der Hinweis auf die Pluralität des Judentums und die tiefgreifende Hellenisierung Jerusalems reicht keineswegs aus, um den Umgang mit Themen wie Freiheit, Leiden, Gewissen, Logos, Geist in den Metropolen Kleinasiens oder Griechenlands zu erklären. Hier lassen vielmehr die Schriften Senecas, Epiktets, Plutarchs und des Dion von Prusa erkennen, wie stark in der griechisch-römischen Religiosität und Philosophie ähnliche Fragestellungen behandelt wurden, die auch eine direkte Beeinflussung erwarten lassen. Zumal viele Gemeindeglieder in Griechenland, Kleinasien und Rom mit diesen Vorstellungen aufwuchsen, d. h. allein die Adressatenbezogenheit ntl. Schriften und die Rezeptionsprozesse auf Seiten der Gemeinde lassen sich nicht auf eine Filterfunktion durch das hellenistische Judentum beschränken. 4.2.3 Das Hallenser Modell Die aktuelle religionsgeschichtliche Arbeit in Halle um das Projekt des ‚Neuen Wettstein‘ herum77 knüpft an eine lange und wechselvolle Geschichte an. In ihrem Anfang ist sie auch mit Georg Heinrici (1844–1915) verbunden, der im Kontext einer religionsgeschichtlich sehr aktiven Leipziger Fakultät arbeitete, als erster über einen ‚neuen‘ Wettstein nachdachte und das Projekt des Corpus Hellenisticum anstieß78. Das Corpus Hellenisticum stellte im ersten Drittel des 20. Jhs. einen eigenständigen Typ religionsgeschichtlicher Forschung neben der

77 Vgl. bisher: Neuer Wettstein II/1.2 = Texte zur Briefliteratur und zur Johannesapokalypse; Neuer Wettstein I/2 = Texte zum Johannesevangelium; Neuer Wettstein I/1.1 = Texte zum Markusevangelium; Neuer Wettstein I/1.2 (1) = Texte zum Matthäusevangelium [Kap. 1–10]); Neuer Wettstein I/1.2 (2), = Texte zum Matthäusevangelium [Kap. 11–28]). Insgesamt bieten diese Bände auf ca. 6000 Seiten ca. 20 000 Vergleichstexte. 78  Hier ist eine begriffliche Schärfung vonnöten: Wenn Heinrici, Deissmann und von Dobschütz gelegentlich von der Notwendigkeit eines ‚neuen Wettstein‘ sprachen, meinten sie etwas anderes als das aktuelle Projekt Neuer Wettstein in Halle. Ihnen schwebte mit dem Corpus Hellenisticum ein Projekt vor, das weit darüber hinausging: „Es zielte auf die Erarbeitung eines Sammelwerks, in dem nicht weniger als ‚alle bekannten und erreichbaren Parallelen zum NT‘ (Zitat Von Dobschütz, Corpus hellenisticum, 44) aus der hellenistischen Welt erfasst und dargeboten werden sollten“ (Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 125). Der ‚alte‘ Wettstein war dabei immer eine Art Vorbild, das man aber im Hinblick auf die Breite und Vollständigkeit weit hinter sich lassen wollte. Zu Heinricis Werk und seinen zeitgeschichtlichen Umständen vgl. umfassend Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 122–192.

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religionsgeschichtlichen Schule dar79. Wie diese sah es das frühe Christentum tief in die hellenistische Welt eingebettet, ohne aber seine historische und inhaltliche Sonderstellung zu relativieren80. Die Aufdeckung und Beschreibung der Historizität/Kontextualität der Normative (speziell des Kanons) führte in der religionsgeschichtlichen Schule zu theologischen Werturteilen und Distanzierungen von Inhalten, die von fast allen Vertretern des Corpus Hellenisticum nicht geteilt wurden. Basis und Ausgangspunkt war hier allein der vorliegende ntl. Text, der vor allem philologisch in den Blick genommen wurde. Das Projekt ging 1921 nach Halle über, wo Ernst von Dobschütz (1870–1934) es in besonderer Weise förderte. Es blieb in Halle, durchlebte eine wechselvolle Geschichte81 und verband sich schließlich 1993 unter der Leitung von Udo Schnelle82 mit dem 1986 in Göttingen von Georg Strecker (1929–1994) initiierten Projekt ‚Neuer Wettstein‘83. Damit trafen sich zwei Linien religionsgeschichtlicher Forschung, denn G. Strecker stand der klassischen religionsgeschichtlichen Schule durchaus positiv gegenüber, ohne ihre ideologischen Implikationen zu teilen. Während sich der ‚Neue Wettstein‘ den griechischen, römischen und ausgewählten Quellen des hellenistischen Judentums (vor allem Philo und Josephus) zuwendet, konzentriert sich das in Jena angesiedelte Corpus Judaeo-Hellenisticum ausschließlich auf jüdische Quellen84. Die Ausrichtung des Hallenser Modells verbindet sich mit Impulsen der Anfangszeit des Corpus Hellenisticum: Religionsgeschichtliche Offenheit, d. h. keine Präferierung irgendeiner Großtheorie, sondern Prüfung und Entscheidung im Einzelfall. Dafür muss das religionsgeschichtlich relevante Material zugänglich sein; dies versucht der Neue Wettstein zu bieten. Die re79 Die in Anm. 61 genannten Arbeiten zur religionsgeschichtlichen Schule versuchen mitunter den Eindruck zu erwecken, als sei diese Richtung die einzig relevante Bewegung gewesen, die zu dieser Zeit religionsgeschichtlich gearbeitet habe; zur Kritik an dieser (bewussten oder unbewussten) historischen Fehleinschätzung vgl. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 223. 80 Hierin liegt der entscheidende Unterschied zwischen beiden Richtungen; vgl. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 156: „Gegenüber den Thesen, das Christentum sei eine synkretistische Religion (Gunkel) bzw. gehöre in seiner paulinischen Ausprägung in den Zusammenhang der spätantiken Mysterienreligionen (R. Reitzenstein), betonte Heinrici die religionsgeschichtliche Unableitbarkeit, Eigenständigkeit und Originalität des frühen Christentums.“ 81 Hervorzuheben sind nach 1945 insbesondere die Arbeiten von Gerhard Delling (1905– 1986), Traugott Holtz (1931–2007) und Nikolaus Walter (1932–2013). 82 Angesichts seiner Erkrankung übertrug G. Strecker 1993 mir die Leitung des Projektes. 1996 konnte mit Bd. II/1.2 des Neuen Wettstein der Hauptertrag der Göttinger Zeit des Projektes (Leitung: Gerald Seelig [1957–2012]) veröffentlichtet werden; zum methodischen Konzept vgl. Seelig, Einführung, Neuer Wettstein II/1, IX–XXIII. Die weiteren Bände wurden in Halle erarbeitet (Hauptmitarbeiter: Manfred Lang und Michael Labahn), wobei vier Jahre eine Förderung durch die DFG erfolgte; seit dem Jahr 2000 wird das Projekt ausschließlich aus Mitteln meines Lehrstuhls realisiert. 83 Vgl. dazu Strecker, Das Göttinger Projekt „Neuer Wettstein“, 245–252. 84 Vgl. hier Kraus/ Niebuhr, Frühjudentum und Neues Testament; Deines/Niebuhr, Philo; Böttrich/Herzer, Josephus; Deines/Herzer /Niebuhr, Hellenistisch-jüdische Alltagskultur.

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ligionsgeschichtliche Offenheit bleibt hier auf der Darstellungsebene gewahrt (zentrale Texte mit kurzen Einleitungen) und überlässt den Benutzern und Benutzerinnen die Entscheidung, sowohl hinsichtlich des religionsgeschichtlichen Primärhintergrundes als auch hinsichtlich möglicher Einflüsse auf den ntl. Text (sprachliche Parallele?/inhaltliche Parallele?/Analogie?/Genealogie?)85. Nicht Selektion, die häufig in religionsgeschichtlichen Vor-Urteilen begründet ist, sondern eigenständige Interpretationen und Entscheidungen will der Neue Wettstein ermöglichen. Dabei erhebt er nicht den Anspruch, die Lektüre der jeweiligen Schrift, noch die Begegnung mit dem Originaltext zu ersetzen, sondern will im Gegenteil Impulse dafür setzen. Noch ein zweiter Aspekt der Anfangszeit des Corpus Hellenisticum wird mit dem ‚Neuen Wettstein‘ aufgenommen: Das Modell der religionsgeschichtlichen Offenheit soll den Blick auf die eigenständige und vielfach kreative Verarbeitung antiker Vorstellungen im entstehenden Christentum lenken86. Sie zeigt sich vor allem in einer einzigartigen Literaturproduktion und der Ausprägung einer eigenständigen Sprach‑ und Denkwelt87. Weder die Synkretismus-Kategorie der Religionsgeschichtlichen Schule noch die einseitige Fixierung des Tübinger Modells auf den jüdischen Überlieferungsstrang werden dem gerecht.

5. Fazit Für die religionsgeschichtlich orientierte Exegese ergeben sich daraus auf der Ebene der Theorie und der Praxis drei Postulate: 1) Religionsgeschichtliche Offenheit; d. h. bei jedem Text muss gesondert gefragt werden, ohne präjudizierende Großtheorien: Welche Bezüge lässt ein ntl. Autor in seinen Text, seine Sinnbildung einfließen, wie versteht er sie innerhalb seines eigenständigen theologischen Ansatzes und wie konnten die angeschriebenen (überwiegend heidenchristlichen) Gemeinden dies rezipieren? Dabei sind im Idealfall immer sämtliche Bereiche geschichtlicher Lebensäußerungen zu berücksichtigen; rechtliche, wirtschaftliche, politische, alltags‑ und mentalitätsgeschichtliche, frömmigkeitsgeschichtliche, lokalgeschichtliche, psychologische, soziologische, religiöse und theologische. Alle Aspekte kultureller Welten müssen miteinbezogen werden, um so ein historisches Phänomen wie das frühe Christentum wirklich erfassen und verstehen zu können. 2) Das Postulat der doppelten Traditionstiefe. Bei fast allen zentralen 85 Vgl.

dazu Seelig, Religionsgeschichtliche Methode, 260–333. Von Dobschütz, Probleme, der gegen den synkretistischen Ansatz der Religionsgeschichtlichen Schule einwendet: „Wäre das Christentum von vornherein nichts weiter gewesen als ein derartiges synkretistisches Religionsgebilde ekstatisch-magisch-asketischer Art, es wäre nicht wert gewesen, jene Sekte der Ophiten etc. zu überdauern und nach den ehernen Gesetzen der Geschichte hätte es untergehen müssen …“ (zitiert nach Kümmel, Das Neue Testament, 400 f.). 87 Vgl. dazu Schnelle, Die ersten 100 Jahre, 457–495. 86 Vgl.

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Begriffen und Vorstellungen ntl. Schriften gibt es starke Hinweise auf eine (zumindest) doppelte Vorgeschichte, sowohl im jüdischen als auch im griechisch-römischen Bereich. Ich plädiere also dafür, die neutestamentlichen Schriften weder exklusiv auf einem alttestamentlich-jüdischen noch einem griechisch-römischen Hintergrund zu verstehen, sondern immer im Einzelfall zu fragen. Dabei wird sich in den meisten Fällen zeigen, dass eine doppelte Traditionstiefe vorliegt, die gerade die Voraussetzung für eine erfolgreiche Rezeption in gemischten Gemeinden war. 3) Trotz oder gerade wegen dieser doppelten Verankerung zeigen fast alle ntl. Texte gegenüber den von ihnen aufgenommenen Traditionen ein erkennbares Eigenprofil. Die kritische Brechung durch die Christologie und Soteriologie verhinderte eine direkte Aufnahme geläufiger religiöser Muster und ermöglichte neue und zumeist kreative eigenständige Interpretationsprozesse. Fast alle ntl. Autoren schmiedeten im Feuer der Christologie/Soteriologie eine neue Begriffswelt. Insofern ist die religionsgeschichtliche Fragestellung eine Voraussetzung der theologischen Interpretation und kann diese in keiner Weise miteinschließen oder gar an ihre Stelle treten. Vielmehr ist umgekehrt der Theologiebegriff als Sinnbildung so zu fassen88, dass er religionsgeschichtliche Fragestellungen aufnehmen und organisch integrieren kann.

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Perlen vor die Säue (Mt 7,6) Ein Sprichwort und seine Deutungen im Laufe der Zeit und in verschiedenen kulturellen Zusammenhängen Matthias Helmer In seiner Studie „Die Bergpredigt – begriffsgeschichtlich untersucht“1, die 1905 in Leipzig erschienen ist, befasst sich Georg Heinrici auch mit dem Ausspruch Jesu, der besagt, dass man Perlen nicht vor Schweine wirft. Heinrici bezeichnet Mt 7,6 als „die derbste und herbste Gnome, die von Jesus überliefert ist“2 und ordnet sie literarhistorisch den absurda genannten Sprichwörtern zu.3 Dass man Perlen nicht vor die Säue wirft, ist auch über einhundert Jahre nach Heinrici jeder und jedem noch bewusst. Denn dieses Sprichwort ist heute noch bekannt und wird sogar in der populären Kultur zitiert.4 Wahrscheinlich wissen die meisten Verwender des Sprichworts nicht, dass es sich dabei um ein biblisches Zitat aus der Bergpredigt handelt. So wie wir Heutigen auf dieses neutestamentliche Sprichwort gerne zurückgreifen, haben dies bereits die unterschiedlichen religiösen Strömungen und Kulturen der Spätantike getan. Das Wort von den Perlen und den Säuen hat eine vielfältige Rezeption erlebt. Dieser Beitrag möchte sich einem Teil der Rezeptionsgeschichte widmen. Zuvor wird aber schlaglichtartig ein Blick auf den jesuanischen Ausspruch in der Bergpredigt und seine Probleme sowie die sich anschließenden Lösungsvorschläge der Forschung geworfen, denn nur so wird deutlich, wie selektiv die Rezeptionsgeschichte sich des Sprichworts angenommen hat.

1 Heinrici,

Bergpredigt. a. a. O., 82. 3 Heinrici, a. a. O., 83. 4 Der Hamburger Rapper Samy Deluxe betitelte 2013 so sein neues Album und die Toten Hosen fügten ihrem 2002 erschienenen Best-of-Album „Reich und Sexy II“ eine Kompilation mit unveröffentlichtem Material bei, die sie „Perlen vor die Säue“ nannten. 2 Heinrici,

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1. Mt 7,6 in der Bergpredigt An Mt 7,6 ist ungewöhnlich, dass einer breiten Wirkungsgeschichte ein schwer verständlicher Inhalt gegenübersteht5. Hermann von Lips betont: „Obwohl für uns schwer verständlich, gehört doch das Logion gerade zu den Worten, die als Einzelworte eine deutliche Wirkungsgeschichte nach sich gezogen haben.“6 Und Lorin Cranford macht darauf aufmerksam, dass man bei Mt 7,6 vor dem Paradox stehe, dass zwar oberflächlich die Bedeutung klar sei, der tiefere Sinn aber keineswegs, gerade mit Blick auf den religiös-spirituellen Gehalt.7 Somit ist und bleibt das Sprichwort eine crux interpretum8. Ulrich Luz fasst in seinem Kommentar zum Matthäusevangelium sehr prägnant zusammen, was die Literatur zu Mt 7,6 widerspiegelt: „Das Logion ist ein Rätsel.“9 Weder der Ursprung, noch der ursprüngliche Sinn, noch die Bedeutung im Kontext des Matthäusevangeliums sind eindeutig10. Ferner sind die Satzbezüge innerhalb von Mt 7,6 unklar. Außerdem steht man bei der Interpretation11 des Verses vor der Frage, ob die Aussage auf Jesus selbst zurückgeht und wen oder was er mit Schweinen und den ebenfalls erwähnten Hunden meint. Und befindet sich eine solche Aussage nicht im Widerspruch zu „richtet nicht“ in Mt 7,1?12 Gleichzeitig bleibt auch der Hintergrund von Heiligem und Perlen unklar; wer oder was wird hiermit bezeichnet?13 Wenn man den Vers nicht auf Jesus zurückführt, sondern der matthäischen Redaktion zuschreibt14, wirft auch die Verwendung durch Matthäus  5 Oestrup, Zu Matth., 155, macht darauf aufmerksam: „Für unsereinen ist dieser Ausdruck ‚Perlen vor die Schweine werfen‘ durch die tausendmalige Wiederholung so geläufig geworden, daß die Worte jeden befremdlichen Klang verloren haben.“  6 Von Lips, Schweine, 165.  7 Cranford, Throwing your Margaritas, 351: „Its surface level meaning is clear, but its deeper spiritual significance has puzzled Bible students for centuries – and continues to do so even today.“  8 Von Lips, Schweine, 165.  9 Luz, Evangelium nach Matthäus, 381. 10 Vgl. ebd. Vgl. auch Llewelyn, Mt 7:6a, 97: „An interpretation of Mt 7,6a is difficult at all three levels of the tradition; its meaning at the level of the ipsissimum verbum, assuming that it was uttered by Jesus, at the level of the early church tradition and at the level of Matthew’s redaction is unclear. The difficulty is a direct result of the aporia faced when trying to provide the saying with a context, even a context in the gospel itself.“ 11 Vgl. dazu Bennett, Matthew 7:6, 371–378. 12 Vgl. dazu Bennett, a. a. O., 379; Cranford, Throwing your Margaritas, 351. 13 Vgl. dazu Betz, The Sermon on the Mount, 496. 14 Bei Mt 7,6 handelt es sich um matthäisches Sondergut, das Matthäus aus Q übernommen, während Lukas es gestrichen hat. Oder Matthäus überliefert hier eine isolierte Sondertradition bzw. fand es in seinem Exemplar der Quelle Q vor (vgl. Strecker, Bergpredigt, 151). Betz, The Sermon on the Mount, 494: „In my view, the position of the saying in the history of transmission speaks in favor of having been part of the pre-Matthean S[ermon on the]M[ount]. In this context, the sentence had a meaning, which Matthew himself may or may not have understood; he took it over together with the rest of the SM. Since he never refers to the saying again in his gospel, it may have been as mysterious to him as it is to us.“

Perlen vor die Säue (Mt 7,6)

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die Frage der geeigneten Interpretation auf. Auf wen beziehen sich die Aussagen? Zwei Interpretationslinien sind möglich: „a) Die Blickrichtung der Aussage geht über die Grenzen der Gemeinde hinaus, gilt also der Mission: Die Güter des Evangeliums sollen nicht Menschen aufgedrängt oder an solche preisgegeben werden, die sie nicht zu würdigen wissen. […] b) Die Blickrichtung ist innergemeindlich, gilt letztlich dem Bereich der Kirchenzucht“15. Selbst wenn man eine solche Interpretation des Verses in Erwägung zieht, ist immer noch die Einbindung des Verses in den unmittelbaren Kontext fraglich. Ordnet man Mt 7,6 den Worten vom Richten und dem Splitter bzw. Balken im Auge zu (Mt 7,1–5), wie es Hermann von Lips tut, scheint V. 6 „die Grenze des Nichtrichtens“16 aufzeigen zu wollen.17 Lorin Cranford weitet den Kontext von Mt 7,6 auf die Bitte im Vaterunser „und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen“ in Mt 6,13 aus. Da diese Bitte auf die Verbindungen des Menschen mit dem Bösen fokussiere, fordere Mt 7,6 zur Sensibilität gegenüber dem Heiligen auf als Voraussetzung für die göttliche Hilfe, dem Bösen gegenüber zu bestehen.18 Mt 7,7–11 führe dann den Gedanken der durch vertrauendes Gebet erlangten Hilfe Gottes weiter.19 Hubert Frankemölle bezieht Mt 7,6 nur auf die folgenden Verse in Mt 7,7–11 (besonders 7,9–11), da das „nicht geben“ aus V. 6 als Negativabdruck für das richtige Verhalten aufgezeigt werde.20 Donald 15 Von Lips, Schweine, 166. Vgl. auch Schmid, Evangelium, 146: „Dieser Spruch […] warnt vor falschem Bekehrungs‑ und Missionseifer.“ Betz, The Sermon on the Mount, 495, stellt Mt 7,6 in den Kontext von gemeindlicher Arkandisziplin. 16 Von Lips, Schweine, 166. Vgl. auch ebd., 184: „Richten und Urteilen über den Nächsten wird dadurch zum Beispielfall falschen Verhaltens, das in seinen Folgen auf den Handelnden zurückfällt und sich gegen ihn selbst kehrt. Die Tendenz des Zusammenhangs 7,1–6 spitzt sich auf die Warnung zu: Euer falsches Verhalten gegenüber dem anderen fällt als Gericht Gottes auf euch selbst zurück.“ 17 Bennett, Matthew 7:6, 383–385, versucht das „Nicht-Richten“ (Mt 7,1) und den Spruch von den Schweinen und den Hunden (Mt 7,6) zusammen zu sehen, indem er davon ausgeht, dass V. 6 bewusst als Kontrast zu V. 1 komponiert ist, und zwar als sarkastisch-ironischer Kommentar. Ebd., 384: „In v 6, irony gives way to sarcasm as a method of reiteration of the theme, ‚judge not, that you be judged.‘ And now, at last, we may identify the ‚holy‘ and ‚pearls‘ in a way which will explain the retaliation their giving and casting elicits: They are ‚your judgements,‘ precious in your sight, but better kept to yourself, lest they be returned.“ Auch Sand, Evangelium nach Matthäus, 147, bezieht Mt 7,1–5 und Mt 7,6 aufeinander: „Die V. 1–5 hatten die Gemeinde aufgefordert, beim Richten äußerst behutsam vorzugehen, am besten gar nicht zu richten. Einer daraus fälschlich gezogenen Konsequenz, jeglicher entscheidenden Verantwortung aus dem Weg zu gehen, will das vorliegende Logion entgegenwirken. […] Leichtsinniger Umgang mit dem Heiligen macht nicht nur, daß dies entheiligt wird, sondern führt auch dazu, daß die Fremden zu wütenden Angreifern werden.“ 18 Einen ähnlichen Weg ging schon Perry, Pearls before Swine, 381–382, der Mt 7,6 mit Mt 6,1–18 in Verbindung brachte, aber andere Konsequenzen zog. Almosen, Beten und Fasten sollen nicht zur Schau gestellt werden, weswegen Mt 7,6 „a warning against ostentation in religious practices“ (ebd., 382) sei. Hunde und Schweine seien die, die den Wert des religiösen Handelns nicht zu schätzen wüssten. 19 Vgl. Cranford, Throwing your Margaritas, 362–363. 20 Frankemölle, Matthäus, 265: „Primär geht es um das menschliche und göttliche Geben.

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Hagner wiederum betrachtet Mt 7,6 als unabhängiges Logion, das mit dem Kontext nicht in Verbindung stehe und aus keinem bestimmten Grund in Kap. 7 eingefügt worden sei.21 Ein anderer Weg, dem Rätsel von Mt 7,6 auf die Spur zu kommen, sind motiv‑ oder traditionsgeschichtliche Analysen. Da der Text nicht aussagt, was „das Heilige“ ist, verweist Joachim Jeremias darauf, dass τὸ ἅγιον an dieser Stelle „nur heilige Speise, insbesondere Opferfleisch meinen“22 könne. Diese Aussage stützt er mit Hinweisen auf die Septuaginta (z. B. Lev 22,12 [LXX]23). Zu dieser Interpretation passt auch eine rabbinische Regel des babylonischen Talmud (Ber 15a zu Dtn 12,15): „Man löst Heiliges nicht aus, um es die Hunde fressen zu lassen.“24 Da aber „‚Hund‘ bei den Rabbinen für die Gottlosen und Heiden stehen kann“25, ist es möglich, die Aussage des Matthäusevangeliums als eine Abgrenzung zu den Heiden zu interpretieren26. Stephen Llewelyn hat diese Sicht auf Mt 7,6 kritisiert, da der Singular τὸ ἅγιον sich in der Septuaginta in der Regel auf den Tempel oder das Stiftzelt beziehe; Opferfleisch oder heilige Speise übersetze die Septuaginta in den meisten Fällen mit dem Plural τὰ ἅγια.27 Allerdings wird in Joseph und Aseneth (JosAs 10,13) davon berichtet, wie Aseneth Opferfleisch aus dem Fenster den Hunden zum Fraß vorwirft.28 Teils wird Mt 7,6 auch in den Rahmen weisheitlicher Literatur gestellt, da Hund und Schwein sowohl als Bild als auch im Vergleich in weisheitlichen Texten in negativem Sinn vorkommen29. Zu nennen sind hier v. a. Spr 11,22 und 26,11.30 Wie Gott nur Gutes gibt, so sollte es auch der Mensch tun. Unsinnige Gaben (Stein statt Brot; Schlange statt Fisch) verbieten sich im menschlichen Bereich wie das unsinnige Füttern von ‚Heiligem‘ und Perlen an Hunde und Schweine. Dies ist die Logik, die der Leser in 7,6–11 entdecken dürfte.“ So auch McEleney, The Unity and Theme of Matthew 7:1–12, 498: „[…] the Matthean Jesus quoted this proverb only to oppose it with the sayings on generosity in Matt 7:7–12a.“; und Betz, The Sermon on the Mount, 495: „The present context suggets that vss 6–11 are connected by the terms for ‚giving‘ (δίδωμι).“ 21 Hagner, Matthew 1–13, 170. 22 Jeremias, Matthäus 7,6a, 83. Schwarz, Matthäus vii 6a, führt Jeremias᾽ Ansatz weiter, in dem er das Metrum von Mt 7,6a untersucht. 23 Lev 22,12: καὶ θυγάτηρ ἀνδρώπου ἱερέως ἐὰν γένηται ἀνδρὶ ἀλλογενεῖ αὐτὴ τῶν ἀπαρχῶν τῶν ἁγίων οὐ φάγεται. 24 Strack/Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament, 447. 25 Von Lips, Schweine, 167. 26 Vgl. dazu Sand, Evangelium nach Matthäus, 147: „Es gibt Fremde, Draußenstehende, denen das Gespür, das Verständnis für Wertvolles und vor Gott Heiliges abgeht.“ 27 Llewelyn, Mt 7:6a, 100. 28 Schnelle, Neuer Wettstein, 687: „Und es nahm Aseneth ihr Mahl das königliche und die gemästeten (Dinge) und die Fische und die Fleisch(stück)e der (jungen) Kuh und all die Opfer ihrer Götter und die Gefäße des Weines ihres Trankopfers und warf alle (diese Dinge) durch das Fenster, das (da) blickt gen Norden, und gab alle (Dinge) den Hunden den fremden.“ 29 Vgl. dazu Forti, Animal Imagery in the Book of Proverbs, 49–52.92–100; Heim, A Closer Look at the Pig. 30 Erwägungen zur formgeschichtlichen Einordnung siehe bei von Lips, Schweine, 169–170. Vgl. auch ebd., 177–180, wo von Lips Mt 7,6 vor dem Hintergrund antiker Tiersprichwörter liest.

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Auch neutestamentliches Traditionsgut wird zur Interpretation von Mt 7,6 herangezogen. Hermann von Lips macht hierbei auf Mt 15,26–27 und 2 Petr 2,2231 aufmerksam, da im ersten Fall, aufgrund der negativen Einstellung gegenüber der Heidenmission, Heiden mit Hunden verglichen würden (eine Sicht, die der Text m. E. aber aufbricht32), und im zweiten Fall an eine „Abgrenzung gegen abtrünnige Gemeindemitglieder oder Irrlehrer“33 gedacht sei. Allerdings gebe es sowohl auf der terminologischen als auch auf der Bildebene zu viele Unterschiede, als dass man diese Bibelstellen zur Interpretation von Mt 7,6 heranziehen dürfe. In Mt 15,26–27 und 2 Petr 2,22 sei eindeutig klargestellt, auf wen sich die Bilder beziehen. Diese Identifizierung fehle in Mt 7,6.34 Im Gegensatz zu den negativ gezeichneten Hunden und Schweinen spricht das Neue Testament von Perlen als überaus kostbar (vgl. Mt 13,4635). Auch auf sprachlicher Ebene wurde nach Lösungsvorschlägen gesucht. Man versuchte dabei auf eine aramäische Jesustradition zurückzugreifen. Im griechischen Text passe τὸ ἅγιον („das Heilige“) nicht zu den Perlen, die man den Schweinen gebe, da sie nicht zu essen seien. Aufgrund der Synonymität der beiden Aussagen müsse nach Joachim Jeremias „entweder auch die zweite Zeile (wie die erste) von Eßbarem oder die erste (wie die zweite) von Schmuck“36 reden. So sah man in „τὸ ἅγιον“ eine Fehlübersetzung von aram. ‫„( ְק ָד ָׁשא‬Ring, ָ ‫ק ִּד‬/‫א‬ ַ ‫„( ֻק ְד ָׁש‬das Heilige“) verwechselt Ohrring, Nasenring“37), das man mit ‫יׁשא‬ habe38.39 Somit müsse man den ersten Teilsatz von Mt 7,6 mit „legt den Hunden Vgl. dazu auch Orth, Art. Schwein, 815. Zu den alttestamentlich-weisheitlichen Gattungen vgl. Weigl, Art. Weisheitliche Gattungen. 31 Vgl. dazu Dunham, An exegetical study of 2 Peter 2:18–22; Callan, Comparison of Humans to Animals in 2 Peter. 32 Luz, Evangelium nach Matthäus, 382: „[…] eine Warnung vor der Heidenmission paßt nicht zu Mt.“ 33  Von Lips, Schweine, 168. 34 Vgl. ebd. 35 Vgl. zur Perle im Neuen Testament weiterhin: 1 Tim 2,9; Offb 17,4; 18,12.16; 21,21. Bei μαργαρίτης handelt es sich wahrscheinlich um eines der wenigen indo-iranischen Fremdwörter des Neuen Testaments; vgl. dazu die ausführlichen Darlegungen bei Brust, Die indischen und iranischen Lehnwörter im Griechischen, 434–443. Haacker, Dummheit, 322, bringt eine neue Interpretationsmöglichkeit ins Spiel. Er verweist auf eine Stelle bei Plinius d. Ä. (Hist Nat XIII, 42), wo der Terminus margarides eine beliebte Dattelsorte bezeichnet. Und in Hist Nat XIII, 49 vermerkt Plinius, dass weniger gute Dattelsorten für die Schweinemast verwendet würden. 36 Jeremias, Matthäus 7,6a, 83. 37 Levy, Neuhebräisches und chaldäisches Wörterbuch IV, 255. 38 Jeremias, Matthäus 7,6a, 83, und Luz, Evangelium nach Matthäus, 381, verweisen darauf, dass diese These auf Bolten (Der Bericht des Matthäus, 119 Anm. 2) zurückgehe. 39  Da sich aber sowohl Konsonantenstand als auch Punktation der beiden Worte unterscheiden, weist Jeremias, Matthäus 7,6a, 84, darauf hin, dass für das Wort „Ring“ „auch die Aussprache ‫יׁשא‬ ָ ‫ ַק ִּד‬überliefert“ sei. Als Belegstellen führt er dazu (ebd., 84 Anm. 7) TPsJ zu Num 31,50 und den Targum zu Jes 3,20 an. Möglicherweise lässt sich diese Theorie auch mit einem Text aus Qumran stützen. In 11Q10 (11QtgJob) 38,8 erscheint das Wort ‫קדׁש‬, das an dieser Stelle sowohl von Maier, Die Qumran-Essener, 356, als auch von García Martínez/

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keinen Ring an“40 übersetzen. Im zweiten Teilsatz sei dagegen hinter ἔμπροσθεν („vor“) eine aramäische Form Präp. ‫ ְּב‬+ ‫„( ַא ָפא‬Nase“41) zu vermuten, die „sowohl ‚vor‘ als auch ‚an der Nase‘“ bedeuten könne.42 Hinter βάλλω verberge sich aram. ‫רמא‬, das „werfen“43, aber auch „anlegen“ heiße, so dass man den zweiten Teilsatz mit „und hängt eure Perlen nicht an die Rüssel der Schweine“ übersetzen könne44.45 Entscheidend für die Interpretation des Textes von Mt 7,6 ist aber der griechische Text46, da eine aramäische Vorlage viel zu vage bleibt47. Hier sei wiederum auf Ulrich Luz verwiesen, der die aramäischen Rückübersetzungen48 treffend kommentiert, wenn er sagt: „Das Logion könnte ursprünglich […] davor gewarnt haben, Ringe den Hunden und Perlen den Schweinen zu geben. Aber zu welchem Zweck?“49 Denn auch wenn man durch Rückübersetzungen Fehler auszumerzen glaubt50, bleibt immer noch die Frage nach dem Inhalt des Sprichworts. Ferner muss man bedenken, warum die gefütterten Tiere derart aggressiv reagieren. Warum sollte ein Hund beißen, den man gerade mit Opferfleisch gefüttert hat51? Sieht man hinter τὸ ἅγιον Opferfleisch, ergibt der zweite Teil des Verses, zumindest was die Hunde angeht, keinen Sinn, während die Tigchelaar, The Dead Sea Scrolls, 1200–1201, mit „Ring“ übersetzt wird. Vgl. dazu auch McEleney, The Unity and Theme of Matthew 7:1–12, 494. 40 Jeremias, Matthäus 7,6a, 84. 41 Levy, Neuhebräisches und chaldäisches Wörterbuch I, 136. 42 Jeremias, Matthäus 7,6a, 85. 43 Levy Neuhebräisches und chaldäisches Wörterbuch I, 454. 44 Jeremias, Matthäus 7,6a, 85. 45 Einen etwas anderen Weg geht Maxwell-Stuart, Do not give what is holy to the dogs, 341: „Now, I suggest that τὸ ἅγιον may originally have been τὸ τίμιον in the sense of ‚what is precious, what is valuable‘, so that the verse provides a proverbial ‚doublet‘. ‚Something valuable‘ balances ‚pearls‘, and (shameless) ‚dogs‘ balances ‚pigs‘ (also an impure animal). A scribe, mis­ sing the non-literal sense of both κυσὶν and χοίρων, therefore also missed the balance between τίμιον, and μαργαρίτας, took τίμιον to mean ‚what is honourable‘, and altered it to ἅγιον on the strength of the supposition that, although dogs eat meat, they should not given that which is consecrated.“ 46 Betz, The Sermon on the Mount, 494–495: „Since only the Greek text is extant, the Greek text must be the basis of the Interpretation […].“ 47 Betz, a. a. O., 494, bezeichnet alle Rückübersetzungsvorschläge als „artificial“. 48 Vgl. auch Perles, Zur Erklärung von Mt 7,6. 49 Luz, Evangelium nach Matthäus, 381. 50 Vgl. dazu Lleweyln, Mt 7:6a, 98–102, der Jeremias᾽ Ansatz kritisiert. Ebd., 98–99, wendet sich Llewelyn beispielsweise dezidiert gegen den von Homonymen ausgehenden Rückübersetzungsvorschlag: „It is evident that the translation of a homonym will depend on its syntactic and/or semantic and/or pragmatic context. If this were not so, natural language would avoid the homonym. It is here that Jeremias’ resolution of the problem runs into difficulty; for it is strange that one could mistranslate a homonym, especially when this involves the transgression of the parallelism (i. e. the pragmatic context) and the creation of a semantically ‚illogical‘ second stichos (i. e. the idea of feeding pearls to swine). Philological possibility (i. e. the existence of the homonym ‫יׁשא‬ ָ ‫)ק ִּד‬ ַ is not itself sufficient to account for the assumed mistranslation.“ 51 Vgl. Cranford, Throwing your Margaritas, 356–357.

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Schweine aggressiv reagieren könnten, weil man ihnen mit den Perlen etwas nicht Essbares vorsetzt. Wiederum schwer zu erklären ist die Reaktion der Hunde, wenn man τὸ ἅγιον als eine Fehlübersetzung von ursprünglich aram. ‫„( ְק ָד ָׁשא‬Ring“) betrachtet, denn dann reagieren die Hunde aggressiv aufgrund eines modischen Problems52. An Mt 7,6 ist also nicht nur der erste Versteil schwer zu interpretieren, sondern auch der zweite, denn alle Entscheidungen, die man für Hund, Schwein, Perle und Heiliges trifft, müssen sich am zweiten Versteil, der von der Reaktion der Tiere handelt, messen lassen und damit in Einklang gebracht werden. Dieser Sachverhalt wirft die Frage nach den Satzbezügen innerhalb des Verses auf. Bezieht sich der zweite mit μήποτε eingeleitete Satzteil „nur auf die Schweine oder chiastisch teils auf die Schweine […], teils auf die Hunde […]“?53 Außerdem ist diskussionswürdig, ob es sich beim ersten Versteil um einen Parallelismus handelt. Kann man also davon ausgehen, dass „gebt das Heilige nicht den Hunden“ und „werft eure Perlen nicht den Schweinen vor“ „mit unterschiedlichen Worten und Bildern jeweils das gleiche“54 aussagt? Bei der Analyse von Mt 7,6 stechen vier Punkte ins Auge: A.) der Ausspruch wird allegorisch und nicht wörtlich verstanden. B.) Hund55 und Schwein56 52 Vgl.

dazu Bennett, Matthew 7:6, 381.  Von Lips, Schweine, 173. Cranford, Throwing your Margaritas, 360: „The issue of the chiasm also needs consideration. The issue revolves around whether the expression ‚they will trample them under foot‘ refers to either dogs or swine. If the chiastic structure ABB’A’ is correct, then the dogs do the trampling under foot and the swine turn and maul. If the chiasm is not present here, then the swine both trample under foot and then turn and maul the one feeding them.“ Betz, The Sermon on the Mount, 500: „Clearly, some sort of typical behaviour is being described, but whose behaviour? Do the verbs refer to both kinds of animals, or does the first verb connect with the swine, and the second and third with the dogs? Or is the real focus intended to be on the people?“ 54 Von Lips, Schweine, 174. Von Lips entscheidet sich nach eingehender Diskussion antiker Kontrastsprichwörter dafür, in Mt 7,6 einen synthetischen Parallelismus zu sehen (vgl. von Lips, a.a.O, 178). Vgl. auch Betz, The Sermon on the Mount, 496. 55 Vgl. dazu Von Lips, Schweine, 170; Menache, Dogs; Schwartz, Dogs in Jewish Society; Miller, Attitudes towards Dogs in Ancient Israel, 487–500; Hawkins/ Verheyden/ Schwartz/Ziolkowski, Art. Dog. Zum negativen Bild des Hundes im Alten Testament vgl. Hawkins/ Verheyden/Schwartz/Ziolkowski, Art. Dog, 1032: „Indeed, dogs roamed as scavengers both inside (e. g., 1 Kgs 14:11) and on the outskirts of cities (e. g., Ps 59:6), where they would eat garbage and unburied corpses (e. g., Ps 59:14–15). The dog often carries negative connotations in the Bible, used as a metaphor for people who are despised, for hostile enemies, the foolish and the unclean (e. g., 1 Sam 17:43; 2 Sam 3:8; 2 Kgs 8:13; Prov 26:11). Moreover dogs are sometimes associated with impurity, as in the command for the Israelites to take any food that would violate their status as god’s consecrated people and throw it to the dogs (Exod 22:31 [LXX]).“ Schwartz, Dogs in Jewish Society, 276, fasst das komplexe Bild des Hundes treffend zusammen, wenn er schreibt: „In Jewish society of the Second Temple, Mishnah and Talmud periods, the earlier, negative or ambivalent approaches were not totally absent, resulting in the ‚bad dog‘ traditions, as well as those that used the dog as a negative symbol. However, the many services rendered by the dog could not be ignored, leading to the development of a positive attitude to different types of canines, such as sheepdogs and herding dogs, or guard dogs. At times, these dogs also became companions or pets, with bonds of affection growing between the dog and the master. The level of canine popularity in Jewish society, however, never reached the 53

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werden negativ konnotiert, die Perlen bzw. das Heilige positiv. C.) Nicht berücksichtigt wird vielfach die Pointe des Satzes. Nur selten wird in der Forschung das gewalttätige Handeln der Tiere gegenüber den Fütternden thematisiert. D.) Es scheint ausgemacht zu sein, dass es sich beim Wort von den Hunden und Schweinen um einen Parallelismus handelt. Dieser Parforceritt durch die Interpretationsgeschichte von Mt 7,6 zeigt deutlich, wie schwer der Ausspruch der Bergpredigt zu deuten ist. Dieser komplizierten Deutung steht eine große Rezeptionsgeschichte gegenüber. Das könnte daran liegen, dass der Ausspruch auf der Oberfläche in seiner Botschaft leicht zu verstehen ist, gleichzeitig aber auch offen genug, um alle möglichen Personen oder Gruppen unter Hund und Schwein und das Wertvolle unter Perle oder Heiliges zu subsumieren. Im Folgenden werden Beispiele für die Rezeption von Mt 7,6 in unterschiedlichen Kulturräumen und Zeiten aufgelistet. Danach steht die Diskussion zweier Texte im Mittelpunkt, die in der exegetischen Literatur noch nicht intensiver mit Blick auf Mt 7,6 analysiert wurden.

2. Die Rezeption von Mt 7,657 In der Didache (Did 9,5) wird dazu aufgefordert, nur Getaufte zur Eucharistie zuzulassen, da man das Heilige nicht den Hunden geben solle. Hier werden die levels found in the Graeco-Roman or Persian worlds.“ Zu unterscheiden ist hier zwischen dem Straßenhund, der ein negatives Image hat, und den Wach‑ bzw. Hütehunden, die eine positive Rolle im Leben des Menschen spielen. Sollte der Hund in Mt 7,6 negativ konnotiert sein, steht dabei das Bild des Straßenhundes Pate. 56  Schweine gehören laut Lev 11,7 und Dtn 14,8 zu den unreinen Tieren. Der hier verwendete Terminus ‫ ֲחזִ יר‬steht laut Riede, Art. Schwein, sowohl für das Wild‑ als auch für das Hausschwein, da das eine die domestizierte Variante des anderen ist (vgl. Schroer, Tiere in der Bibel, 72). Mit diesen Texten, die aus exilisch-nachexilischer Zeit stammen (vgl. Riede, Art. Schwein; Hübner, Schweine, Schweineknochen und ein Speiseverbot, 229), setzte sich das Schweinefleischtabu durch. Funde von Schweineknochen, die aus der Bronze‑ und Eisenzeit stammen, sprechen dafür, dass Hausschweine auch in Palästina gehalten wurden (vgl. Hübner, Schweine, Schweineknochen und ein Speiseverbot, 226–229). Trotzdem betrachtete der gesamte alte Orient das Schwein zwiespältig. Man scheint ein ambivalentes Verhältnis gehabt zu haben. Obwohl das Schwein teilweise im Kult eine Rolle spielte oder als Begleitung (Lamaštu) oder Erscheinungsform (Seth) von Gottheiten erschien, wird es doch auch als schmutzig oder dumm betrachtet; es wurde gegessen, aber auch mit Speisetabus versehen. Vgl. dazu Newberry, The Pig and the Cult Animal of Seth; Brentjes, Das Schwein als Haustier; von Rohr Sauer, The Cultic Role of the Pig; Stendebach, Das Schweineopfer im Alten Orient; Botterweck, Art. ‫ ֲחזִ יר‬ḥazîr; Helck, Art. Schwein; Feliks, Art. Pig; Schroer, Tiere in der Bibel, 72–74. 57 Schwein und Hund als negativ konnotierte Tiere kommen in vorchristlicher Zeit schon bei Horaz (65–8 v. Chr.) in den Blick. In Hor, Ep. I 2,18–26, schreibt er: „Hat er (Homer) als nützliches Beispiel uns den Odysseus geboten, Trojas Bezwinger, der Städte und Sitten vielerlei Menschen sorgsam geschaut und im weiten Meer viel Unbill erduldet, immer bedacht, wie er sich und den Seinen verhülfe zur Heimkehr, und in den feindlichen Wogen des Schicksals

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Nichtgetauften mit den Hunden und die Eucharistie mit dem Heiligen identifiziert.58 Das Thomasevangelium (EvThom 93)59 lehnt sich in seiner Aussage eng an den neutestamentlichen Text an60. Uwe Karsten Plisch schreibt dazu: „Mt 7,6 bietet zunächst die beiden Tierregeln in Form eines Parallelismus, um sodann die Zweckbestimmung für beide Regeln in gespiegelter (chiastischer) Stellung anzufügen, also erst den Zweck der Schweineregel, dann den Zweck der Hunderegel. EvThom 93 ist demgegenüber einfacher strukturiert, indem nach jeder Regel unmittelbar ihr Zweck genannt wird. Durch das zweimalige Stichwort ‚werfen‘ ist zugleich eine Verknüpfung zwischen den beiden Regeln gegeben.“61 Wie im Matthäusevangelium findet keine konkrete Identifizierung von Hunden, Schweinen, Heiligem und Perlen statt. Am ehesten lässt sich EvThom 93 wohl als weisheitlicher Spruch verstehen. Tertullian fordert in de baptismo 18,1 diejenigen, die in der Amtspflicht stehen, dazu auf, nicht leichtfertig mit dem Sakrament der Taufe umzugehen. Sie ist das Heilige bzw. die Perle, die man den Nichtgetauften, die hier mit Hunden und Schweinen identifiziert werden, nicht vorwerfen soll.62 Hippolyt von Rom zitiert in seiner Refutatio omnium haeresium (Hipp., Haer V,8,33) eine Aussage der Naasener, in der das Heilige mit sexueller Enthaltsam-

niemals versinkend. Kennst ja den Sang der Sirenen, den Zauberbecher der Circe; hätt er in törichter Gier ihn wie die Gefährten getrunken, blieb er stets in der Macht der Buhlerin, häßlich und blöde, lebte als schmutziger Hund oder auch als Schwein nur im Kote (vixisset canis immundus vel amica luto sus).“ [Hervorhebung M. H.] (Übersetzung aus Q. Horatius Flaccus: Satiren und Briefe, eingeleitet und übersetzt von Rudolf Helm, Zürich u. a. 1962, 219.) Im Gegensatz dazu spielten Schweine und Hunde/Welpen im Rahmen der hethitischen Opfer eine wichtige Rolle, vgl. Collins, Pigs at the Gate; dies., Puppy. 58 „Doch niemand soll essen und trinken von eurer Eucharistie außer denen, die auf den Namen des Herrn getauft sind. Denn auch darüber hat der Herr gesagt: ‚Gebt das Heilige nicht den Hunden!‘“ (Übersetzung aus: Didache – Zwölf-Apostel-Lehre, übersetzt und eingeleitet von Georg Schöllgen [FChr 1], Freiburg i. Br. u. a. 1991, 123. Zu den Eucharistiekapiteln 9–10 vgl. ebd., 50–54.) 59 Zu den Datierungsproblemen des EvThom vgl. Plisch, Das Thomas-Evangelium, 16–18. 60 „Gebt das Heilige nicht den Hunden, damit sie es nicht auf den Misthaufen werfen. Werft nicht die Perle den Schweinen hin, damit sie nicht zu [Dreck] machen.“ (Übersetzung aus: Plisch, Das Thomas-Evangelium, 222). 61 Plisch, a.a.O, 223. Vgl. zu EvThom 93 weiterhin Plisch, „Perlen vor die Säue“, und Münch, Perlen vor die Säue. 62 „Daß man im übrigen die Taufe nicht leichtfertig gewähren darf, wissen diejenigen, deren Amtspflicht es ist. Das Wort ‚Jedem, der dich bittet, gib!‘ (Lk 6,30), begründet im eigentlichen Sinn einen Anspruch auf die Spendung der Almosen. Nein, man muß eher jenes Wort in Betracht ziehen: ‚Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft nicht eure Perle den Schweinen hin!‘ (Mt 7,6), und ‚Legt nicht unbedacht (jemandem) die Hände auf und habt nicht Anteil an fremden Sünden!‘ (1 Tim 5,22).“ (Übersetzung aus: Tertullian: De Baptismo / De Oratione – Von der Taufe / Vom Gebet, übersetzt und eingeleitet von Dietrich Schleyer [FChr 76], Turnhout 2006, 207.)

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keit gleichgesetzt wird, da „das Werk von Hunden und Schweinen der Verkehr der Frau mit dem Manne sei“.63 „Die Pseudo-Clementinen beziehen das Bild von den Schweinen auf den Umgang mit der Verkündigung gegenüber unwürdigen oder ablehnend eingestellten Hörern (PsClem R 2,3,4–5; 3,1,2–7).“64 Epiphanius berichtet im Panarion (Epiph., Haer 24.5.2.4–5) über Basilides, dass dieser sage, dass nur die Gnostiker Menschen seien, alle anderen aber Schweine und Hunde, wobei er sich auf Mt 7,6 berufe.65 „Eine kirchenpolitische Interpretation vertritt Hilarius von Poitiers, der die ‚Hunde‘ mit den Heiden, die ‚Schweine‘ mit den Häretikern identifiziert“66. 63  „Das ist das, was er sagt: ‚Werft euer Heiliges nicht den Hunden hin und nicht eure Perlen vor die Schweine‘, dabei sagen sie, dass das Werk von Hunden und Schweinen der Verkehr der Frau mit dem Manne sei.“ (Übersetzung aus: Foerster, Die Gnosis, 354). 64 Münch, Perlen vor die Säue, 403. In den Pseudo-Clementinen stand nach Strecker, Bergpredigt, 152: „Mt 7,6 im Zusammenhang der Theorie von den gefälschten Schriftperikopen.“ PsClem R 2,3,2–5: „Opportunum mihi nunc et necessarium videtur, de his quae inminent aliqua discutere, id est de Simone. Scire enim velim, quibus sit moribus et quibus actibus, quod mihi, si quis scit, indicare non cesset; refert enim ista praenoscere. Nam si in mandatis habemus, ut venientes as civitatem discamus prius, quis in ea dignus sit ut apud eum cibum sumamus, quanto magis convenit noscere, quis qualisve sit is cui immortalitatis verba credenda sunt! solliciti enim et valde solliciti esse debemus, ne margaritas nostras mittamus ante procos.“ PsClem R 3,1,2–7: „Nihil est difficilius, fratres mei, quam de veritate apud permixti populi multitudinem disputare. Quod enim est, omnibus ut est dici non licet propter eos qui maligne et insidiose audiunt; fallere vero non expedit propter eos qui sincere audire desiderant veritatem. Quid ergo faciet cui ad indiscretum populum sermo est? occulted quod verum est? et quomodo instruet eos qui digni sunt? Sed si meram proferat veritatem his qui salutem consequi non desiderant, illi a quo missus est iniuriam facit, a quo et mandatum accepit, ne mittat verborum eius margaritas ante porcos et canes, qui adversum eas argumentis ac sofismatibus reluctantes, ipsas quidem caeno intellegentiae carnalis involvant, latratibus autem suis et responsionibus sordidis rumpant et fatigent praedicatores verbi dei. Propter quod et ego in plurimis circuitu quodam verbi utens temperare nitebar, ne principalem de summa divinitate intellegentiam minus dignis auribus publicarem. Et post haec incipiens de patre et filio et spiritu sancto, breviter nobis et evidenter exposuit, ut omnes audientes miraremur quomodo homines, veritate derelicta, conversi sunt ad veritatem.“ (Text nach: Rehm, Die Pseudoklementinen II, 52–53.95–96). Vgl. zu den Pseudoklementinen auch Betz, The Sermon on the Mount, 497–498. 65 „Es sagt der Gaukler (Basilides): ‚Wir‘, sagt er, ‚sind die Menschen, die anderen alle sind Schweine und Hunde. Und darum hat er (Jesus) gesagt: ‚Werft eure Perlen nicht vor die Säue und gebt das Heilige nicht den Hunden‘‘ […] Er sagt aber, über den Vater und sein Geheimnis solle man nichts enthüllen, sondern es in Schweigen bei sich halten, es aber einem von tausend und zwei von zehntausend enthüllen.“ (Übersetzung aus: Foerster, Die Gnosis, 83). Vgl. auch Markschies, Das Evangelium des Basilides, 460–465, bes. 464 (Lit.!), und Köhler, Die Rezeption des Matthäusevangeliums, 373–374. 66 Strecker, Bergpredigt, 152. Text aus: Hilarius: In Evangelium Matthaei Commentarius (PL 9), Paris 1844, 951 (VI, 1): „Mysteria Christi caute gentibus et haereticis aperienda. – Nolite dare sanctum canibus, neque miseritiis margaritas vestras ante porcos, et reliqua (Matth. VII, 6). Praeceptis et promissis Dei nihil pretiosius sanctiusque est, quae sanctificatis nobis immortalitatis thesaurum largiuntur. Horum igitur sacramenta atque virtutes neque in gentis efferre, neque cum haeriticis conferre permittimur. Canes enim, de oblatrandi abversus Deum rabie, gentes sunt nuncupatae. Porcorum vero haereticis est nomen: quia quamvis ungulae bifidae sint, acceptam tamen Dei cognitionem non ruminando disponunt. Ergo et concorporationem Verbi

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Hieronymus setzt in seinem Kommentar zum Matthäusevangelium die Abtrünnigen mit den Hunden und die Unbekehrten mit den Schweinen gleich.67 Der persische Theologe Muḥammad al-Ġazzalī (1059–1111) zitiert in seinem Werk „Wiederbelebung der Religionswissenschaften“ (Iḥyāʾ ʿulūm ad-dīn I,43,4) einen Ausspruch Jesu, der keine Identifizierung von Hund, Schwein, Perle und Heiligem vornimmt und ähnlich wie EvThom 93 in weisheitlichen Kontext zu stellen ist.68 Blickt man auf die Rezeption69 von Mt 7,6 fällt auf, dass die Pointe des Satzes (die aggressive Reaktion der Tiere70) nicht weitertradiert wird. Stattdessen werden unterschiedliche Gruppen oder Personen als Schweine oder Hunde bezeichnet bzw. sind die christliche Botschaft, die Sakramente oder Jesus71 selbst die Perlen bzw. das Heilige. Wenn es innerhalb der Texte zu keiner ausdrücklichen Identifikation kommt (EvThom, al-Ġazzalī), hat man es mit weisheitlichen Sentenzen zu tun, die ihre Lebensweisheit an den Leser weitergeben möchten. Ob dabei die Tiere immer negativ konnotiert sind, ist fraglich, da diese Texte m. E. vorrangig eine sinnlose Tat beschreiben wollen. Dei, et passionis mysterium, et virtutem resurrectionis non promiscue tractare nos convenit, neque imperite incurioseque proferre: ne ignorantiam nostram, si perfectae scientiae desit instructio, proterant atque concuicent, et infirmitatem in Deo passionis irrideant; conversique in nos, contradictionum aculeis imperitiam nostram fidemque disrumpant.“ 67 „Nolite dare sactum canibus. Sactum panis est filiorum. Non debemus ergo tollere panem filiorum et dare eum canibus. Neque mittatis margaritas uestras ante porcos. Porcus non recipit ornatum qui uersatur in uolutabris luti et iuxta proverbia Salomonis: Si circulum habuerit aureum, foedior inuenitur. Quidam canes eos intellegi uolunt qui post fidem Christi reuertuntur ad uomitum peccatorum suorum, porcos autem eos qui necdum euangelio crediderunt et in luto incredidulantis uitiisque uersantur. Non conuenit igitur istiusmodi hominibus cito euangelii credere maragaritum, ne conculent illud, et conuersi incipiant uos dissipare.“ [Hervorhebung M. H.] (Text nach: S. Hieronymi Presbyteri Opera, Pars I,7: Opera Exegetica: Commentariorum in Matheum [Corpus Christianorum Series Latina 77], Turnhout 1969, 42.) 68 „Es sprach Jesus, Friede mit ihm: haftet nicht die Perlen (Edelsteine) an die Nacken der Schweine, denn die Weisheit ist besser als die Perle (Edelsteine), und wer sie verabscheut ist schlechter als die Schweine.“ (Übersetzung durch Carsten Schliwski bei Erlemann, Weisheit nur für Weisheitsfreunde, 969–971). Hier scheint daran gedacht zu sein, den Schweinen Schmuck anzuhängen. Dieser Gedanke findet sich ebenfalls in der alternativen Übersetzung von Jeremias, Matthäus 7,6a, 85. 69 Zum Motiv der Perlen als Tierfutter im orientalischen Märchen vgl. Oestrup, Zu Matth., 155–158. Kahane/Kahane, Pearls before Swine?, 421–424, führen Beispiele aus der byzantinischen Literatur auf, in denen „Perle“ mit einem Krümel des eucharistischen Brotes gleichgesetzt wird. 70 Vgl. hierzu u.U. Ignatius Brief an die Kirche von Ephesus: „Es haben nämlich gewisse Leute die Gewohnheit, in schlimmer Arglist den Namen umherzutragen, während sie irgendwelche andere, Gottes unwürdige Dinge tun. Denen müsst ihr ausweichen wie wilden Tieren. Sind sie doch wie tolle Hunde, die tückisch beißen. Vor denen müßt ihr euch in acht nehmen, schwer heilbar wie sie sind.“ (Übersetzung aus: Die Briefe des Heiligen Ignatius von Antiochien, aus dem Griechischen übertragen und eingeleitet von Ludwig A. Winterswyl, Freiburg i. Br. 41954, 15). 71 Vgl. dazu Rommel, Art. Margaritai, 1701.

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Nach diesem kurzen Überblick über die recht breite Rezeptionsgeschichte von Mt 7,6 in den unterschiedlichsten Kulturen und Zeiten werden nun zwei Beispiele im Mittelpunkt stehen, die in der Forschung zwar erwähnt72, aber nicht genauer untersucht wurden. Es handelt sich um einen Teil des Rechten Ginzā der Mandäer und einen kleinen iranischen Text mit dem Titel Draxt ī asūrīg („Der assyrische Baum“).

3. Das Sprichwort „Perlen vor die Säue“ bei den Mandäern Die Mandäer sind eine kleine, heute weltweit ca. 60.000 Mitglieder73 umfassende gnostische Religionsgemeinschaft, die hauptsächlich in Irak und Iran beheimatet sind74. Die umfangreiche Literatur der Mandäer75 umfasst theologischmythische Traktate, kultisch-rituelle Texte und magische Literatur (Zaubertexte, Beschwörungen)76. Das Hauptwerk der mandäischen Literatur ist der sog. Ginzā („Schatz“) oder sidra rba („großes Buch“). Der Ginzā ist in zwei Teile eingeteilt, die Rechter Ginzā (ginza jamina) und Linker Ginzā (ginza smala) genannt werden. Der Rechte Ginzā umfasst „theologische Lehrtraktate (I; II,1; IX), Sündenbekenntnisse (II,2), Mahnungen (II,4; VIII), Sprüche (von Johannes dem Täufer: VII), Hymnen bzw. Lieder (II,3; XIII,2–5); Gebete (XIII), mythologische Erzählungen (III; V; VI; XII,6.7), auch in gebundener (poetischer) Form (XV; XVI; XVII), schließlich eine Art Weltgeschichte, ‚Buch der Könige‘ (sfar malkia) genannt (XVIII)“77, während der Linke Ginzā „neben einigen Prosastücken, die vom Tode Adams handeln, zwei Bücher von Liedern für die Totenzeremonie (Masiqtā) [enthält]; sie beschreiben das Schicksal der Seele nach dem Tod.“78 Neben der inhaltlichen Vielgestaltigkeit stehen stilistische Unterschiede, da Prosatexte sich mit poetischen Stücken abwechseln. Somit ist der Ginzā, wie Kurt Rudolph vermerkt, „eine recht bunte Sammlung von Texten“79. Eine Ordnung der zusammengestellten Ginzāteile ist heute nicht mehr 72 Vgl.

Strecker, Bergpredigt, 151; Von Lips, Schweine, 165. Nafs, Die Mandäer Irans, 50. Nik Nafs nennt ebd. folgende demographische Aufteilung: von den 60.000 Mandäern leb[t]en 30.000 in Irak, 20.000 in der US-amerikanischen, australischen oder europäischen Diaspora und 10.000 in Iran. 74 Eine Beschreibung der mandäischen Religion findet sich bei Rudolph, Religion der Mandäer. 75 Vgl. dazu Drower, The Mandaeans of Iraq and Iran, 20–29; Rudolph, Das Mandäerproblem, 23–27; Ders., Religion der Mandäer, 411–416; Ders., Die mandäische Literatur; Ders., Die Mandäische Literatur. Bemerkungen zum Stand ihrer Textausgaben; Ryen, The Tree in the Lightworld, 41–48. 76 Rudolph, Literarische Formen, 226. 77 Rudolph, a.a.O, 228. 78 Rudolph, Die Mandäische Literatur. Bemerkungen zum Stand ihrer Textausgaben, 349. 79 Rudolph, Literarische Formen, 228. 73 Nik

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ersichtlich80, weshalb Geo Widengren von einer „ungeschickten Redaktion“81 spricht. Obwohl der Ginzā stets als Kodex überliefert wurde, besteht er wohl, wie die bunte Sammlung von Texten verdeutlicht, aus einzelnen Traktaten, die vor der Zusammenstellung des Buches in Rollenform kursierten82. Gesammelt und zu einem Kodex zusammengestellt wurden die einzelnen Traktate wohl „erst in muslimischer Zeit als Dokument einer ‚Buchreligion‘“83. Aus diesem Grund lässt sich das Alter der einzelnen Teile nur sehr schwer bestimmen. Anhand der Kolophone, die den mandäischen Handschriften beigegeben sind, und aufgrund der Vergleiche mandäischer Hymnen mit den manichäischen Thomaspsalmen, lässt sich das mandäische Schrifttum bis ins 3. Jh. n. Chr. verfolgen.84 In einem Ginzā-Traktat (GR VII, 218,3085) findet sich folgender Weisheitsspruch: minilia ḏ-hakima lsakla aiak marganiata lhizirtia86, den Mark Lidzbarski wie folgt übersetzt: „Die Worte des Weisen an den Toren sind wie Perlen für eine Sau.“87 Somit haben auch die Mandäer das Sprichwort von den Perlen, die vor Säue geworfen werden, in ihre Tradition aufgenommen. Buch VII des Rechten Ginza ist eine Sammlung von Weisheitssprüchen88, die Johannes dem Täufer in den Mund gelegt werden. Das Buch beginnt mit folgenden Worten: „Dies ist die Weisheit und die Belehrung, die Jahjā, der Sohn des Zakhriā, den 80 Rudolph,

Die mandäische Literatur, 157. Die Mandäer, 85. 82 Buckley, Colophons, 28: „Significantly, at this point in the colophons, the copied text is no longer called sidra, ‚book‘, but šapta, ‚scroll‘. This may point to an older format of the text.“ 83 Rudolph, Literarische Formen, 228. Vgl. auch Buckley, Colophons, 22: „Sometime in the mid-seventh century the Ginza seems to have been presented to Islamic authorities as proof that the Mandaeans had a ‚holy book‘, in the hope of exempting them from forced conversion to Islam.“ Zum Ginzā und seinem Inhalt siehe Buckley, The Great Stem of Souls, 17–24. 84 Nach Rudolph, Die mandäische Literatur. Bemerkungen zum Stand ihrer Textausgaben, 349, scheinen die ältesten Texte der mandäischen Tradition im Linken Ginzā vorzukommen (Seelenaufstiegshymnen), „da sie bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. von einigen manichäischen Texten (Thomaspsalmen) vorausgesetzt werden. Aber auch der rechte Ginzā enthält offensichtlich älteste Überlieferungen der Sekte, die von jüngeren Elementen durchsetzt sind und wohl mehrere Bearbeitungen erlitten haben“. Anhand der Kolophone, die den mandäischen Handschriften beigegeben sind und die Kopistenlisten enthalten, hat Buckley, Colophons, 28, nachweisen können, dass mandäische Texte bis ins 3. Jh. n. Chr. zurückverfolgbar sind. Vgl. auch Gündüz, Problems of the Nature and Date of Mandaean Sources, 94–96. 85 Ein Hinweis auf diese Stelle findet sich bereits bei Bultmann, Geschichte der synoptischen Tradition, 107 Anm. 3. Die Stellenangaben folgen der Zählung von Lidzbarski, Ginzā. 86 Zitiert nach: Drower /Macuch, Mandaic Dictionary, 252. 87 Lidzbarski, Ginzā, 218. 88 Vielleicht gilt für diese Spruchsammlung dasselbe, was Eisele, Sextus und seine Verwandten, 285, zu den Sextussprüchen formuliert hat: „Ein wesentliches Merkmal dieser Gattung [Spruchsammlung] besteht darin, dass sie ihr Material in einer relativ losen, für ständige Erweiterungen, Kürzungen und Neukompositionen offene Form darbietet. Dieser Zug verstärkt sich noch, wenn die einzelnen Aussprüche ohne jede situative Einbettung begegnen, also nicht die Pointe von Apophthegmata (Chrien) bilden, sondern als Gnomen (Sentenzen) jeweils ganz für sich stehen.“ 81 Widengren,

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wahrhaften und gläubigen Nāṣōräern kundtat, offenbarte und mitteilte.“89 Da Johannes’ Name in der arabischen Form Jahjā verwendet wird und dies im Ginzā nur in Buch VII geschieht, hat sich Mark Lidzbarski dafür ausgesprochen, dass „der Traktat erst in islamischer Zeit niedergeschrieben“90 worden sei, doch könne man nicht ausschließen, „daß die arabische nachher geläufig gewordene Form erst später für die ältere [Form] Jōhānā eingesetzt“91 wurde. Sollte diese Annahme Lidzbarskis richtig sein, ist das 7. Jahrhundert der terminus ante quem für GR VII.92 89 Lidzbarski,

Ginzā, 213.  Ebd. 91 Ebd. 92 Die Verwendung der arabischen Namensform Johannes des Täufers und ihre Ableitung ist v. a. in der älteren Literatur diskutiert worden. Fraenkel, Miscellen, 337–338, hält zuerst fest, dass der „spätbiblische Name ‫הֹוחנָ ן‬ ָ ְ‫ ]…[ י‬bei Juden und Christen, zum Theil unter dem Einfluss der griechischen Aussprache, allerlei Umbildungen erfahren“ (ebd., 337) habe. Die arabische Form des Namens, wie sie im Koran erscheine, passe zu keiner dieser Umbildungen. „Deshalb nun anzunehmen, der Name habe in genau dieser Form bei einer christlichen Secte für Johannes gegolten, wäre vielleicht zu kühn. Aber eine dem jüdischen ‫ יוחאי‬ähnliche Bildung kann sehr wohl neben Juḥnan in Gebrauch gewesen sein […]. Diese volksthümliche Form hat Muhammed gehört und für seine Predigt beibehalten“ (ebd., 337–338). Grimme, Mohammed, 96 Anm. 8, betrachtet Jaḥjā als einen aus Jochāi abgeleiteten aramäischen Diminutiv von Johannes. Sycz, Biblische Eigennamen im Koran, 63–64, führt (wie Fraenkel) Jaḥjā auf ‫ יוחאי‬zurück. Rhodokanakis, Rez. zu S. Sycz, 284, sieht in Jaḥjā eine abgekürzte Form, „die unter dem Einfluß der ebenfalls zweisilbigen, auf ʾelif maḳṣûra endenden zwei Prophetennamen ʿĪsā und Mūsā entstanden wäre.“ Fischer, R. Brünnows Arabische Chrestomathie, 155, leitet Jaḥjā direkt aus dem Aramäischen ab und verweist dabei auf mandäisches ‫יאחיא‬. Barth, Studien zur Kritik und Exegese des Qorāns, 126, hält Jaḥjā für „eine falsche Lesung aus ursprünglichem Juḥannā, das damals als Name bei den Arabern unbekannt war.“ Weiterhin wendet er sich a. a. O., 126 Anm. 3, explizit gegen die Ableitung Grimmes, da erst nachgewiesen werden müsse, „daß Jochāi wirklich zu Jochanan als Diminutiv gehörte […]“. Lidzbarski, Johannesbuch der Mandäer, 73, leitet Jaḥjā nicht aus dem Aramäischen ab, sondern betrachtet den Namen als rein arabischen Imperfektnamen, der bereits in nabatäischen und sinaitischen Inschriften vorkomme. Nöldeke, Mandäisches, 158–159, pflichtet Lidzbarski in der Ableitung von Jaḥjā bei. Auch er sieht darin einen echt arabischen Namen, „der nur mit ‫ יוחנן‬ausgeglichen wurde; vielleicht geschah das erst durch Muhammed selbst. Die mandäische Form ‫ יאחיא‬ist sicher den Muslimen entnommen; sie wurde dann der älteren ‫ יוחאנא‬gleichgestellt.“ Horovitz, Koranische Untersuchungen, 151–152, scheint Lidzbarski und Nöldeke im Wesentlichen zuzustimmen, diskutiert das mögliche Vorkommen von Jaḥjā in vorislamischer Zeit aber intensiver. Mingana, Syriac Influence, 84, möchte Jaḥjā von syrisch Joḥannan ableiten. Da man die unpunktierte arabische Form des Namens als Joḥanna, Joḥannan oder Jaḥjā lesen könne, habe man fälschlicherweise die Form Jaḥjā beibehalten, weshalb Mingana letztgenannte Form auch nicht für rein arabisch hält und so Lidzbarski und Nöldeke widerspricht. Jeffery, Foreign Vocabulary, 290–291, hält fest, „that the name came into Arabic from some Christian or Christianized source.“ Auch für ihn ist die Form Jaḥjā ein „misreading“. „That solution has much in its favour, and might be accepted were it not for the fact that we have epigraphical evidence from N. Arabia that in pre-Islamic times Christians in that area were using 90

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Das Buch hat folgenden Aufbau: Widmung Einleitung Einführende Rede des Johannes „Das Erste“-Sprüche93 Sprüche, die positive Eigenschaften benennen: der Wahrhaftige, der Sanfte, der Demütige etc.94 Rede des Täufers an die Gläubigen („Auserwählte und Vollkommene!“), die vor Lastern warnt, von denen man sich fernhalten soll Ein Teil der Laster wird in den folgenden Sprüchen zu negativen Eigenschaften wieder aufgenommen95

GR VII, 213,11–12 GR VII, 213,13–14 GR VII, 213,15–29 GR VII, 214,1 – 215,8 GR VII, 215,9 – 216,15 GR VII, 216,16–27 GR VII, 216,28 – 217,14

the form ‫יחיא‬, probably derived from the Syriac. […] It would thus seem that Muḥammad was using a form of the name already naturalized among the northern Arabs, though there appears to be no trace of the name in the early literature.“ Luxenberg, Relikte syro-aramäischer Buchstaben, 394, argumentiert mit der Orthographie früher Koranhandschriften, da dort „das arabische retroflexe End‑‫( )ى( ܢ‬ī/ā) vom syro-aramäischen End‑‫‑( ܢ‬n) (zumal handschriftlich) formal nicht zu unterscheiden ist […]. Das arabische retroflexe End-‫ )ى=( ܢ‬unserer Belegstelle als syro-aramäisches End-‫‑( ܢ‬n) gelesen […], ergibt nämlich eindeutig die syro-aramäische Lesung ‫ ܝܘܚܢܢ‬Yoḥannān. Dass der Koran dabei die mater lectionis ‫( ܘ‬o) der syrischen Graphie nicht wiedergibt, ist dadurch zu erklären, dass dieser Verbalname formal richtig als Imperfekt empfunden wurde. Daher ist der Vokal der ersten offenen Silbe, analog dem Präfix der dritten Person des arabischen Imperfekts der erweiterten Verbalstämme II–IV, arabisch kurz zu realisieren.“ Auch Luxenberg geht also von einer Falschlesung des Namens aus. Dye/Kropp, Le nom de Jésus, 182–183, verweisen ebenfalls darauf, dass die koranische Schreibweise des Namens Johannes zweideutig ist, da die unvokalisierte Form sowohl als Jaḥjā als auch als Juḥa(n)nā gelesen werden kann. Auch wenn diese beiden Lesarten möglich sind, spricht für die Autoren nichts dagegen, die traditionelle Lesart als gerechtfertigt zu betrachten. Aus der Diskussion in der Forschung lassen sich m. E. folgende Tendenzen aufzeigen: – wahrscheinlich wurde der Name Johannes im Arabischen aus dem Aramäischen entlehnt, – die unvokalisierte Form des Namens ist mehrdeutig, weshalb es zu einer Missdeutung von Juḥa(n)nā zu Jaḥjā kommen kann, – Jaḥjā wurde im Arabischen als Imperfektname aufgefasst, – möglicherweise hat Muḥammad eine Form des Namens übernommen, die sich bereits in Nordarabien eingebürgert hatte. Da die in der Literatur genannten nabatäischen und sinaitischen Inschriften, die den Namen Jaḥjā überliefern, in die vorislamische Zeit zu datieren sind (Dye/Kropp, Le nom de Jésus, 182, nennen z. B. eine Inschrift, die aus dem Jahr 316 n. Chr. stammt), ist es möglich, Jaḥjā als einen Namen der präislamischen Epoche anzusehen. Damit könnte aber GR VII nicht erst in islamischer Zeit niedergeschrieben worden sein. 93 Spruchreihe, die stets mit „Das Erste“ eingeleitet ist, z. B.: „Das Erste an deiner Wahrhaftigkeit sei: verfälsche nicht dein Wort und liebe nicht Lug und Trug.“ (GR VII, 214,1–2) 94 „Der Wahrhaftige gleicht einem hohen Berge, den die Stürme nicht von der Stelle rücken können.“ (GR VII, 215,23–24) 95 „Der Ungerechte gleicht einem Granatapfel, der von außen ein prangendes Gesicht zeigt, doch im Innern voll Schimmel ist.“ (GR VII, 216,29–30)

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„Der Weise“-Sprüche96: Warnung des Weisen vor beGR VII, 217,15–28 stimmten Lastern Kontrastsprüche zu Weisheit und Torheit (GR VII, 217,29 – 219,6) GR VII, 217,29 – 218,17 Kontrastsprüche: der Weise – der Tor97 GR VII, 218,18–35 „Die Worte des Weisen an den Toren“-Sprüche98 99 GR VII, 218,36 – 219,6 Einzelsprüche zu Weisen und Toren mit angefügtem Resümee (?) „Wer ausruft und selbst nicht handelt“-Sprüche100 GR VII, 219,7–24 (Singular); 25–28 (Plural verbunden mit Wehe-Ruf ) Resümee (?) GR VII, 219,29–32 Schlussbemerkung GR VII, 219,33–36

Innerhalb der „Die Worte des Weisen an den Toren“-Sprüche (GR VII, 218,18– 35) kommt der Satz vor: „Die Worte des Weisen an den Toren sind wie Perlen für eine Sau“ (GR VII, 218,30). Beschrieben wird eine sinnlose Tat. Man gibt dem Schwein etwas, mit dem es nichts anzufangen weiß. Gleichzeitig wird der Tor mit der Sau verbunden, was ihm das Image eines dreckigen Tieres einbringt und pejorativen Charakter hat. Schwein und Tor werden negativ konnotiert, weshalb man vielleicht einen jüdischen Hintergrund des Sprichwortes nicht ausschließen kann. Die Perle steht für die Lehre, die der Weise weitergeben möchte, die aber beim Toren nicht fruchtet.101 Der Spruch selbst ist auf das Wesentliche reduziert. 96 „Der

Weise, der unordentlich ist, ist wie ein Haus ohne Dach.“ (GR VII, 217,15)  „Der Weise kommt nicht zur Freude, weil er an Eigenes und Fremdes denkt. Der Tor hat die Schlinge um den Hals und tanzt dabei.“ (GR VII, 218,13–14) 98 „Die Worte des Weisen an den Toren sind wie Feuerkohlen in Wasser.“ (GR VII, 218,33) 99 „Der Weise, der sagt: ich brauche mich von den Toren nicht fernzuhalten, ist der Erste unter allen Toren und ganz unweise. Der Tor, der schweigt, wird zu den Weisen gezählt.“ (GR VII, 219,1–3) 100 „Wer ausruft und selbst nicht handelt, gleicht dem Schläfer, der schläft und im Traume seinen Feind tötet. Wenn er vom Schlafe aufwacht, hat er nichts getan.“ (GR VII, 219,18–20) 101  Im Ginzā kann das Wort „Perle“ für die unterschiedlichsten Dinge verwendet werden. Es kann die Seele bezeichnen, aber auch materiell für die Perle als Edelstein stehen. Bspe.: – GR I, 68,25: Der Glanz der Perle wird hier in einem Vergleich von Lichtreich und Welt verwendet. Die Welt ist zwar ein Abglanz des Reiches des Lichtkönigs, aber im Vergleich dazu nur wie Steinchen und Muscheln im Vergleich zu einer Perle. Die Perle steht hier also für das Lichtreich. – GR III, 123,35: Ruha und die Planeten wollen ein Fest veranstalten, um die Welt zu verführen. Zu diesem Zweck verschenken sie Gold, Silber und Perlen. – GR V, 159,7: Perle als Bezeichnung für Sumqaq. – GR V, 160,29: Bei der Hochzeit von Jawar/Hibil Zīwā und Zahrēl werden Perlen als Geschenke der Hochzeitsgäste erwähnt. – GR V, 172,8–19: Hibil Zīwā soll bei seinem Gang in die Unterwelt das Wesen bekämpfen, das dort geboren wird, um die Lichtwelt anzugreifen. Die Stärke der Unterweltwesen ist in dieser Erzählung an verschiedene Gegenstände gebunden, u. a. an eine Perle, die Hibil Zīwā stehlen soll. – GR VII, 218,30: „Die Worte des Weisen an den Toren sind wie Perlen für eine Sau.“ 97

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Die Hunde kommen nicht mehr vor; vom Heiligen ist ebenfalls nicht mehr die Rede. Auch die aggressive Reaktion der Schweine, die in Mt 7,6b berichtet wird, spielt für die mandäische Überlieferung keine Rolle. Das Wort von den Perlen und der Sau wird vielmehr in eine Reihung gleichgebauter weisheitlicher Sprüche eingefügt, die an alttestamentliche Spruchtraditionen erinnern102 und ebenfalls den Weisen und den Toren bzw. positive menschliche Eigenschaften den negativen gegenüberstellen. Als Beispiele seien genannt: – Spr 12,15–16: Der Tor hält sein eigenes Urteil für richtig, der Weise aber hört auf Rat. Der Tor zeigt sogleich seinen Ärger, klug ist, wer Schimpfworte einsteckt. – Spr 14,16: Der Weise hat Scheu und meidet das Böse, der Tor lässt sich gehen und ist vermessen. – Spr 17,28: Auch ein Tor kann als weise gelten, wenn er schweigt, als einsichtig, wenn er seine Lippen verschließt (vgl. GR VII, 219,2–3). – Spr 26,11: Wie ein Hund, der zurückkehrt zu dem, was er erbrochen hat, so ist ein Tor, der seine Dummheit wiederholt. Dass in der mandäischen Tradition das Sprichwort so verknappt ist, scheint an der literarischen Form zu liegen, die der Autor von GR VII verwendet. Der litaneiartig-einförmige Aufbau der Sprüche über den Weisen und den Toren widerspricht einer komplizierteren syntaktischen Bauweise. Da das mandäische Schrifttum jünger als die neutestamentliche Überlieferung zu sein scheint, läge es nahe, eine Übernahme des Sprichwortes durch die Mandäer zu vermuten. Es sei denn, man betrachtet den Ausspruch als eine allgemeinmenschliche Weisheit, die im vorderen Orient kursierte. Der Aufbau bzw. die Form von GR VII lassen auf einen jüdisch-weisheitlichen Hintergrund schließen. GR VII wird darüber hinaus explizit in Jerusalem verortet; es heißt dort: „Dies ist die Rede über die Weisen, die Jahjā, der Sohn des Zakhriā, in Jerusalem, der Stadt der Juden, lehrte und offenbarte“ (GR VII, 219,33–34). Dass es Kontakt zwischen Mandäern, Juden und Christen gab, ist nicht zu bestreiten. Liegen doch aufseiten der Mandäer Polemiken gegen Judentum und Christentum vor103. Auf die Frage, wo dieser Kontakt stattgefunden haben könnte, kann in – GR XII, 274,12: hier wird „reine Perle“ metaphorisch verwendet; es ist aber nicht ganz klar, was mit der Perle gemeint ist. Vielleicht steht sie für den Erlöser Manda d-Haije oder für die erlösende Botschaft der Mandäer. – GR XV, 300,18: Die Perlen bezeichnen an dieser Stelle die reinen Seelen. – Ebenso bei GR XV, 362,19 und GR XV, 363,4: vgl. GR XII, 274,12 oder GR XV, 300,18. – GL III, 514,16; 515,24; 517,6; 590,21: Perle als Bezeichnung für die Seele. – GL III, 588,9: Perle als materieller Besitz, der den Menschen an der Welt hält. Ein Teil der Belegstellen zum Wort marg(a)nita „Perle“ findet sich bei Drower /Macuch, Mandaic Dictionary, 252. 102 Vgl. auch Spr 1,5–6; 3,7; 6,6; 9,12; 10,23; 12,15–16; 13,16; 14,16; 17,28; 18,2; 19,1; 26,11. 103 Vgl. dazu Drower, Mandaean Polemic; Buckley, Polemics and Exorcism; Rudolph, Christentum in der Sicht der mandäischen Religion; Ders., Die Dämonisierung des „Anderen“.

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diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden, da Herkunft und Ursprung der Mandäer immer noch Gegenstand der Diskussion sind104. Aber ganz gleich, ob man den Ursprung der Mandäer in Palästina oder im Zweistromland verortet, eine Begegnung mit Juden und Christen war in beiden Regionen gegeben.

4. Das Sprichwort „Perlen vor die Säue“ in Draxt ī asūrīg In einem letzten Abschnitt wird der iranische Text Draxt ī asūrīg („Der assyrische Baum“) in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, denn auch er überliefert das Wort von den Perlen, die vor die Säue geworfen werden. Es ist das Verdienst Geo Widengrens, auf diesen Text im Rahmen der Exegese von Mt 7,6 aufmerksam gemacht zu haben. Er schreibt: „Diese Redewendung muß ein Wanderwort gewesen sein, und vielleicht hat es eben in parthischer Zeit Palästina erreicht, um schließlich auch in der Verkündigung Jesu Verwendung zu finden.“105 Gleichzeitig bemängelt er, dass „dieses parthische Sprichwort in dem von den neutestamentlichen Exegeten zu Matth. 7,6 herangezogenen Material bisher nicht aufgenommen“106 wurde. Aus Widengrens Aussage lassen sich für Mt 7,6 mehrere Konsequenzen ablesen: 1) Das Matthäusevangelium hat das Wort aus Iran übernommen; 2) wenn das Sprichwort aus parthischer Zeit stammt, könnte es älter sein bzw. zeitgleich zu Mt 7,6 entstanden sein; 3.) als „Wanderwort“ muss für den Ausspruch eine weite Verbreitung angenommen werden. Zuerst aber ein paar Worte zum Text selbst. Die kleine ca. 800 Worte107 bzw. 120 Verse108 umfassende Erzählung „Draxt ī asūrīg“ berichtet109 von einem StreitDrower, Mandaean Polemic, 439, betont, dass sich eine „violent abhorrence“ gegen das Judentum durch die gesamte mandäische Literatur zieht. Vgl. auch Rudolph, Christentum in der Sicht der mandäischen Religion, 463: „Sämtliche Schriften der Mandäer sind von einem ausgesprochenen Antichristentum durchzogen.“ 104 Für die ältere Literatur zum „Mandäerproblem“ vgl. Rudolph, Das Mandäerproblem; Macuch, Anfänge der Mandäer; Rudolph, Quellenprobleme; Widengren, Der Mandäismus, 319–471. Für die Diskussion bis 2006 vgl. die Darstellung bei Ryen, The Tree in the Lightworld, 19–41. Die neueste Forschung, gerade von linguistischer Seite, tendiert zu einer Herkunft der Mandäer aus Mesopotamien: vgl. dazu Müller-Kessler, The Mandaeans, 47–60, bes. 59– 60; Hultgård, The Mandean water ritual, 69–99, bes. 92–94; Bukovec, „Endmeer“ und „Schilfmeer“, 395–442, bes. 421–437; Lipiński, Semitic linguistics, 254–267; Gzella, A Cultural History of Aramaic, 365–366. Ryen, The Tree in the Lightworld, 41, hält an der Herkunft der Mandäer aus Palästina fest. Buckley, Eine andere Sicht der Dinge, 129, sieht in ihnen eine Gruppe, „die Johannes Gefolgschaft leistete“. Vgl. auch Buckley, Once More, 29–46, bes. 42–44. 105 Widengren, Iranisch-semitische Kulturbegegnung in parthischer Zeit, 36. 106 Widengren, a. a. O., 36 Anm. 123. Vgl. auch Widengren, Iran and Israel, 148–149. Von Lips, Schweine, 168 mit Anm. 18, bezieht sich auf Widengren ohne den iranischen Text näher für seine Erwägungen heranzuziehen. 107 So die Angabe bei West, Pahlavi Literature, 119 (§ 102). 108 Vgl. Tafażżolī, Art. Draxt Ī Āsūrīg, 547. 109 Eine umfassende Inhaltsangabe findet sich bei Anklesaria, Description and Summary.

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gespräch zwischen einem Baum (vermutliche eine Dattelpalme110) und einem Ziegenbock, die dem jeweils anderen gegenüber die eigene Nützlichkeit für die Menschheit verdeutlichen, um so Überlegenheit zu demonstrieren. „Der Diskussion müde und des Sieges sicher wird der Bock schliesslich bissiger und sagt: ‚Dies sind meine goldenen Worte, die ich dir gesagt habe, wie einer, der vor die Säue (Eber) Perlen wirft […] oder vor dem betrunkenen Kamel Harfe spielt.‘“111 Nach diesem Ausspruch wird die Ziege auf der Textebene zum Sieger des Streites erklärt und lässt den Baum besiegt zurück.112 Erstedition und Erstübersetzung des Textes fallen in das Jahr 1895 und wurden von Edgard Blochet erarbeitet113. Weitere Editionen und Übersetzungen durch Jamaspji Minocheherji Jamasp-Asana, Jamshedji Maneckji Unvala und Farhad S. Ābādāni folgten114. Die im Text verwendete Sprache ist das Parthische.115 Er stellt außerdem „ein äußerst seltenes Beispiel parthischer Kunstdichtung“116 dar und wird meist117 der sog. Rangstreitliteratur zugeordnet, die Moritz Steinschneider in seiner umfassenden Studie zur Rangstreitdichtung wie folgt definiert: es sind meistens metrische Gedichte, „worin zwei Gegenstände gewissermaßen um ihren eigenen Wert streiten, gewöhnlich um in gegenseitiger Anerkennung sich zu versöhnen oder durch einen gewählten Schiedsrichter auf den bestimmten

110 Modi, Pahlavi Treatise of Drakht-I Asurīk, 25–34 (Wiederabdruck von JCOI 3 [1923], 79–90). 111 Asmussen, Ein iranisches Wort, 11. Text, Transkription und Übersetzung bei Unvala, Draxt i Asurīk, 665: „These [are] my golden words, which are laid before thee by me, like [one] who strews pearls before a pig or a boar, or play the Čang before a mad camel.“; Ābādāni, Draxt-i Āsūrīk, 7.14.21: „These are my golden words which I spok [sic] to thee just as they spread pearls before a pig or a boar or they play a bell (čang) before a mad camel.“; Brunner, Babylonian Tree, Part II, 294: „This is my golden speech which I have addressed to you like one who scatters pearls before sows and boars, or who plays a harp before a camel in rut.“ 112 Linguistische Erwägungen zum Text bei Shaki, Observations; Maciuszak, New lexical Observations. 113 Blochet, Pehlvis, 18–23.233–241. 114 Jamasp-Asana, Pahlavi Texts, 109–114; Unvala, Draxt i Asurīk, 641–666; Ābādāni, Draxt-i Āsūrīk, 1–22. 115 Christian Bartholomae identifizierte als erster die im Text verwendete Sprache als Parthisch, vgl. Bartholomae, Mittelpersische Mundarten, 23–28. 116 König, Didaktisches Erzählen, 119. Dass es sich bei „Der assyrische Baum“ um ein Gedicht handelt, wurde zuerst von Benveniste, Le texte du Draxt Asūrīk, in den Forschungsdiskurs eingebracht und von Henning, A Pahlavi Poem, weiter bedacht. Vgl. auch Macuch, Pahlavi Literature, 170–171: „The text is also a rare example of secular verse, not isosyllabic, but with a tendency toward eleven-syllable lines which has parallels in Iranian Manichaean hymns.“ Maciuszak, Drzewo Asyryjskie, 189, hält in der englischen Zusmmenfassung ihrer Arbeit zu Draxt ī asūrīg fest: „In the textual remains of ancient Iranian culture is a notable absence of the plant and animal fables so abundant in Western classical tradition.“ 117 Tafażżolī, Art. Draxt ī Āsūrīg, 548, benennt noch eine andere Möglichkeit: „Draxt (ī) āsūrīg is also a catalogue poem, that is, a poem containing lists of related words, the purpose of which was instruction and reinforcement of memory“.

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Kreis des relativen Wertes hingewiesen zu werden.“118 Dass es sich bei der Rangstreitliteratur um ein weitverbreitetes Genre innerhalb der Literaturgeschichte handelt, zeigt sich an den vielfältigen Belegen aus der arabischen, persischen, hebräischen, französisch-provenzalischen, englischen und deutschen Literatur, die Steinschneider in seiner Studie119 aufzählt und die durch andere Autoren noch ergänzt wurden120. Seinen Ursprung hat das Rangstreitgedicht aber wohl im sumerischen Kulturraum121. Im Folgenden wird lediglich auf zwei Beispiele verwiesen werden, die in ihrem Aufbau und Personal ähnlich strukturiert sind wie „Draxt ī asūrīg“. Das erste Beispiel ist der Streit zwischen einer Tamariske und einer Palme, die im Garten eines Königs darüber diskutieren, welche von ihnen der anderen überlegen ist122. Wilfred Lambert verweist in seinem Buch zur Babylonischen Weisheitsliteratur explizit bei der Behandlung des Streites zwischen Tamariske und Palme auf „Draxt ī asūrīg“. Er hält sogar eine Abhängigkeit des iranischen vom babylonischen Text für möglich, auch wenn der persische Autor seine Erzählung zu einem anderen Zweck und mit zusätzlichem Material gestaltet habe123. Für Erich Ebeling liegt eine Verarbeitung mesopotamischen Materials schon deshalb vor, weil der parthische Text als „Der assyrische Baum“ bezeichnet wird124. Und Jes Peter Asmussen sieht in „Draxt ī asūrīg“ eine alte 118  Steinschneider, Rangstreitliteratur, 5. Hier ist wohl auch die sog. Synkrisis einzuordnen, die durch Vergleiche und Gegenüberstellungen zweier Größen Charakterisierungen vornimmt. Müller, Mehr als ein Prophet, 50: „Nebeneinandergehalten und damit verglichen werden in der griechischen und lateinischen Literatur der Antike vielfältige Größen: Städte, Länder, Zeiten, Staatengebilde, Jahreszeiten, Pflanzen, berufliche Tätigkeiten, Personen und vieles mehr. Das παραβάλλειν ermöglicht ein Abwägen der verglichenen Größen und damit eine ὑπεροχή, ein ‚Überragen‘, somit eine Vorordnung bzw. Höherwertung der einen Größe.“ Vgl. zur Synkrisis insgesamt ebd., 49–58. 119 Vgl. Steinschneider, Rangstreitliteratur, 21–85. 120 Rescher, Zu Moritz Steinschneiders „Rangstreitliteratur“; Bacher, Zur Rangstreit-Literatur; Asmussen, A Judeo-Persian Precedence-Dispute, 41–59; Reinink/Vanstiphout, Dispute Poems; Murray, Aramaic and Syriac dispute poems; Brock, The Dispute poem. 121 Vgl. dazu van Dijk, La sagesse Suméro-Accadienne, 31–85. Lambert, Babylonian Wisdom Literature, 150: „There is a type of fable which became traditional Babylonian literature, but quite distinct from the Aesopic type. The texts consist of verbal contests between creatures, substances, or other personifications. This contest literature also had a wide circulation in the Near East, and in Mesopotamia a tradition was established by the Sumerians. […] The surviving Sumerian texts were written in several cases expressly for kings of the Third Dynasty of Ur, and probably served as court entertainment on festive occasions.“ 122 Eine deutsche Übersetzung des Textes findet sich bei Ebeling, Die babylonische Fabel, 6–13. 123 Lambert, Babylonian Wisdom Literature, 154. 124 Ebeling, Die babylonische Fabel, 14: „Weiter möchte ich auf einen mittelpersischen Text hinweisen, den man gewöhnlich mit dem Titel darakht i asûrîk ‚der babylonische Baum‘ bezeichnet. Besser wäre ‚Streitgespräch zwischen dem babylonischen Baum (der Dattelpalme) und der Ziege‘. Der Name des einen Partners lässt schon von vornherein vermuten, dass der Verfasser babylonisches Gut benutzt.“ Er zählt dann a. a. O., 14–15, die Parallelen der beiden Texte auf. Vgl. dazu auch Brunner, Babylonian Tree, Part I, 194, der neben den Gemeinsamkeiten auch gewichtige Unterschiede aufzeigt.

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iranisch-literarische Tradition gegeben, die nach mesopotamischem Vorbild gestaltet wurde125. Eine zweite Parallele zu „Draxt ī asūrīg“ liegt in einem Judeo-Persisch überlieferten Gedicht vor, auf das Wilhelm Bacher im Jahr 1911 aufmerksam gemacht hat126. Hier streiten ein Weinstock und ein Schaf über ihre jeweiligen Vorzüge, wobei das Schaf sich am Ende geschlagen gibt und die Überlegenheit des Weinstocks anerkennt. Erneut ist dabei auf Jes Peter Asmussen zu verweisen, der in dem Streitgespräch zwischen dem Schaf und dem Weinstock eine Weiterführung von „Draxt ī asūrīg“ sieht.127 Eine literarische Abhängigkeit der Form nach ginge also vom „Streit der Tamariske mit der Palme“ über „Draxt ī asūrīg“ zum „Streit zwischen dem Schaf und dem Weinstock“.128 Aufgrund des Zusammenhangs von „Draxt ī asūrīg“ mit der babylonischen Weisheitsliteratur wird dieses kleine Streitgespräch auch in der iranistischen Forschung dem weisheitlichen Denken zugeordnet129. Fraglich bleibt, ob es sich bei dem Rangstreitgedicht zwischen der Ziege und dem Baum um einen religiösen Text handelt. Sidney Smith130 identifiziert in seiner Analyse des Textes den assyrischen Baum mit der assyrischen Religion, da dort Bäume eine nicht unbedeutende Rolle spielten131, und die Ziege mit dem Zoroastrismus, da sie dort als heilig gelte132. Das sei auch der Grund, warum der Autor von „Draxt ī asūrīg“ die Ziege den Streit gewinnen lasse.133 Smiths Vorschlag wurde nicht rezipiert134; vielmehr wird in der Literatur betont, dass es sich bei den Rangstreitgedichten in der Regel um säkulare Texte handle135, die aber nichtsdestotrotz an der Seite von 125 Vgl. Asmussen, A Jewish-Persian Munāzare, 25: „The Draxt asūrīk however clearly demonstrates that we have to do with an old literary traditions of the Iranians, which they on their part have moulded according to ancient Mesopotamian prototypes.“ Ähnlich Asmussen, A Judeo-Persian Precedence-Dispute Poem, 48. 126 Bacher, Zur jüdisch-persischen Literatur, 532–533. Dort findet sich auch eine kurze Inhaltsangabe. 127 Asmussen, A Jewish-Persian Munāzare, 25. Transkription und Übersetzung des „Streites zwischen dem Schaf und dem Weinstock“ finden sich bei Asmussen, A Judeo-Persian Precedence-Dispute Poem, 33–41. 128 Tafażżolī, Art. Draxt ī Āsūrīg, 548, erwähnt noch ein aus 49 Distichen bestehendes persisches Gedicht als Parallele zu Draxt ī asūrīg und verweist auf Qayṣarī, Manẓūma. 129 Vgl. Boyce, Middle Persian Literature, 55; Macuch, Pahlavi Literature, 170–171. 130 Smith, „The Assyrian Tree“. 131 Zum Baum in den altorientalischen und spätantiken Religionen vgl. den Exkurs bei Ryen, The Tree in the Lightworld, 204–225 (mit weiterführender Literatur). 132 Smith, „The Assyrian Tree“, 75. Vgl. aber Maciuszak, Drzewo Asyryjskie, 189: „The importance of goats in the Iranian world is not to be overestimated.“ 133 Smith, „The Assyrian Tree“, 76: „The essential point would be that the dialogue in ‚The Assyrian Tree‘ should represent a triumph of the Zoroastrian faith over pagan beliefs.“ 134 Brunner, Babylonian Tree, Part I, 195, bezeichnet Smiths Theorie als unhaltbar. 135 Vgl. West, Pahlavi Literature, 11, der Draxt ī asūrīg unter „Pahlavi Texts on non-religious Subjects“ einordnet; auch Asmussen, A Judeo-Persian Precedence-Dispute Poem, 41, spricht davon, dass die Rangstreitgedichte „almost completely secular“ seien; vgl. auch Macuch, Pahlavi Literature, 170–171.

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Texten religiösen Inhalts stehen können136. Damit wäre die religiöse Deutung der Rangstreitgedichte etwas, dass ihnen sekundär zugewachsen ist. Die neueste Lesart des Textes findet sich bei Kinga Maciuszak, die das Rangstreitgedicht zwischen der Ziege und dem Baum als eine politische Parabel versteht, in der die Ziege für das Parthische Reich und der assyrische Baum für all die Königreiche steht, die gegen die Parther mit ihrer Überlegenheit prahlen. Sicher sagen lässt sich wohl nur, dass die Ziege im Text als Sieger den Streit verlässt137. Fraglich bleibt aber, ob sie wirklich der Sieger ist oder ob sie sich als Sieger fühlt, denn der Text bricht die Diskussion ab und erklärt die Ziege, die ihre „goldenen Worte“ nicht mehr verschwenden möchte, zum Sieger. Eine gewisse Parteilichkeit lässt sich also nicht absprechen. Schaut man sich die Verwendung des Sprichwortes von den Perlen und den Säuen in diesem Text an, fallen einige Änderungen auf. Wieder fehlen die Hunde und der Verweis auf die aggressive Reaktion der Tiere. Statt der Hunde wird ein betrunkenes Kamel, vor dem man Harfe spielt, hinzugefügt, so dass der beschriebene Sachverhalt durch zwei Vergleiche verdeutlicht wird. Die Perle scheint auch hier für etwas Wertvolles zu stehen138. Dass die Hunde nicht erwähnt werden, könnte daran liegen, dass sie im Gegensatz zum alttestamentlichen Befund, wo sie weitgehend einen schlechten bzw. ambivalenten Ruf genießen, in der zoroastrischen Religion als heilig139 gelten und eine wichtige Rolle in den Totenritualen einnehmen140. Auch das Schwein wird im zoroastrischen Schrifttum nicht negativ gesehen. Es gehört der ahurischen, also der positiven Schöpfung Ahura Mazdas an und durfte geopfert141 und gegessen werden142, da das Fleisch als Heilmittel angesehen wurde. Ferner wurden ihm, als einem 136 Bacher, Zur Rangstreit-Literatur, 146: „Diese gleichsam konfessionslosen Gedichte sind

aber in Gedichtsammlungen aufgenommen, die zumeist Gedichte religiösen Charakters enthalten.“ 137 Maciuszak, The Horned Goat. 138 Vgl. Musche, Art. Pearl, die betont, dass Perlen in der Literatur „as symbols and syno­ nyms for beauty, purity, and perfection“ verwendet werden. 139 Vgl. Schlerath, Der Hund, 28: „Im Awesta ist der Hund neben dem Hahn das heilige Tier. Aber – anders als der Hahn – ist der Hund in vielem mit dem Menschen gleichgesetzt. So heißt es z. B. oft: ‚Wenn ein Mensch oder ein Hund verstorben ist …‘. Die böse Seite des Hundes ist im Awesta auf den Wolf, den Repräsentanten der bösen Tiere, übergegangen.“; Moazami, Wrestling with the Demons, 491–492: „The dog is one of the most valuable and complex animals in Zoroastrian culture.“; De Jong, Animal Sacrifice in Ancient Zoroastrianism, 134: „Likewise, sacrificing a dog seems to have been unimaginable: the animal was considered particularly holy and indispensable in the battle against pollution.“ 140 Zur Hundebeschauung (sagdid) vgl. Modi, Religious Ceremonies and Customs, 48–49; Schlerath, Der Hund, 33–35; Kammenhuber, „Hunde-Magie“; Boyce, Mysteries of the Dog; Stausberg, Die Religion Zarathushtras, 454–457. Darüber hinaus ist das 13. Kapitel des Vidēvdāt dem Hund gewidmet; vgl. dazu Moazami, Wrestling with the Demons, 318–345. 141 Vgl. De Jong, Animal Sacrifice in Ancient Zoroastrianism, 136. 142 Gignoux, Dietary Laws, 20: „Pigs, which eat xrafstars [= evil animals], were prohibited unless they were tied up and forced to eat grass for a year. In that case, pork was allowed.“

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Familientier wie dem Hund, positive Eigenschaften für den Menschen beigeordnet, denn es kann Leiden eliminieren und mit seinem Blick Unreinheit auslöschen143. Auch das Kamel, das dem Schwein an die Seite gestellt wird, hat ein positives Image, da es ebenfalls zur guten Schöpfung gehört144. Hervorzuheben ist dabei, dass es im Gegensatz zum Schwein ein Attribut beigelegt bekommt: es ist verrückt oder betrunken, je nachdem wie man das zugrundeliegende Wort „mast“ übersetzt145. Eine solche negative Attribuierung findet sich beim Schwein nicht. Kann man deshalb annehmen, dass es von vornherein doch in irgendeiner Weise negativ konnotiert ist (dagegen spricht die positive Zeichnung des Schweins im Zoroastrismus) oder steht das Sprichwort, ohne den Tieren ein negatives Image beilegen zu wollen, für eine sinnlose Tat, die dann, wenn man Widengrens Annahme zustimmt, bei der Übernahme in das Christentum das negative jüdisch-christliche Bild vom Schwein annimmt und den Kontext durch die Hunde und die aggressive Reaktion erweitert? Die Möglichkeit einer Übernahme des Sprichworts in das Matthäusevangelium in arsakidischer Zeit ist theoretisch gegeben, denn einerseits war das Christentum schon früh mit Iran in Verbindung gekommen146 und andererseits werden in der Erzählung des Pfingstwunders (Apg 2,9) Menschen iranischer Abstammung in Jerusalem verortet147. Für eine Übernahme auf christlicher Seite spricht nach Jes Peter Asmussen außerdem, „dass die naheliegendste Quelle des Evangelientextes, das rabbinische Schrifttum, keine genaue Parallele darbietet.“148 Es kämen nur Sprüche vor, „die den Sinn des neutestamentlichen und iranischen Textes enthalten“149, aber keine wörtliche Übereinstimmung. Ferner erwähnt Strabon in seiner Geographica (16,1,14) ein persisches Gedicht, in dem 360 Verwendungsarten der Palme aufgezählt werden150. Sollte es sich bei diesem Gedicht um „Draxt ī asūrīg“ handeln, wäre das iranische Sprichwort älter als das neutestamentliche. Allerdings fehlen im iranischen Text andere Indizien, die ihn mit Sicherheit in parthisch-arsakidischer Zeit verorten151. Andererseits können die frühen Kontakte des Christentums mit der iranischen Welt auch für eine Rezeption des Sprich143 Gignoux, a.a.O, 29: „Associated with the dog, the pig seems to have certain attributes, like relieving human suffering and killing the druz. But the interdiction on killing pigs is only relative, for the Bundahišn indicates, its meat also serves as a remedy. It is a familiar animal, like the dog.“ 144 Vgl. Schmidt, Animal Classification, 221: „[…] the Bundahišn says that Ohrmazd created first the goat and the sheep, than the camel and the pig, than the horse and the ass.“ 145 Nach MacKenzie, A Concise Pahlavi Dictionary, 54, kann „mast“ mit ‚bemused‘ („irritiert, verwirrt“) oder ‚intoxicated‘ („berauscht, betäubt, betrunken“) übersetzt werden. 146 Vgl. Frenschkowski, Frühe Christen; Ders., Christianity. 147 Asmussen, Ein iranisches Wort, 10. 148 Asmussen, a. a. O., 12. 149 Ebd. 150 Vgl. dazu Asmussen, A Jewish-Persian Munāzare, 24; Brunner, Babylonian Tree, Part I, 196. 151 Vgl. Tavadia, Mittelpersiche Sprache, 133.

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wortes in der zoroastrischen Literatur verantwortlich sein. Deswegen ist die Prioritätsfrage nur sehr schwer oder nicht zu entscheiden.152 Ein „Wanderwort“ scheint das Sprichwort aber gewesen zu sein, wie die vielen unterschiedlichen Verwendungen beweisen.

5. Fazit Das Sprichwort aus Mt 7,6 hat im Laufe der Zeit eine breite Rezeption erfahren, die sich über den gesamten Orient (von Ägypten [EvThom] bis nach Persien [Draxt ī asūrīg]) erstreckt und vom 1. und 2. nachchristlichen Jahrhundert bis ins 11. Jahrhundert (al-Ġazzalī) und letztlich bis heute reicht. Dieser vielfachen Verwendung des Wortes steht ein schwer zu verstehender tieferer Inhalt gegenüber, der sich gleichzeitig auch durch eine gewisse Offenheit an der Oberflächenstruktur auszeichnet. Diese Offenheit von Mt 7,6 ist der Anknüpfungspunkt für die Rezeption, denn zu jeder Zeit und an allen Orten konnte man den Inhalt des Sprichwortes neu bestimmen. Das Heilige und die Perlen stehen dann für etwas Wertvolles oder eine besondere Botschaft; Schweine und Hunde für Gegner oder Apostaten. Es wird somit ein Leichtes, die Gegner mit den als unrein verstandenen Tieren zu vergleichen. Durch die Mehrgliedrigkeit des matthäischen Wortes ist es für die Rezeptionsgeschichte ebenfalls möglich, nur einzelne Teile zu entlehnen, wobei gerade in den hier näher beschriebenen Texten nur das Wort von den Schweinen und den Perlen tradiert wird. Bei den Mandäern wird der Spruch zu einer eingliedrigen Formel, die den Weisen vor dem Toren warnt. Es ist m. E. der litaneiartigen Form von GR VII geschuldet, dass sich dort nur der Teil mit den Perlen, die vor Schweine geworfen werden, findet. Draxt ī asūrīg behält die Doppelstruktur des Wortes bei, ändert aber die Hunde in ein betrunkenes Kamel um, was an der besonderen Stellung des Hundes in der zoroastrischen Religion liegen könnte. Hier sieht man sehr deutlich, wie ein neues kulturelles Umfeld zur Änderung eines Sprichwortes beitragen kann. In vielen Fällen bleibt das Sprichwort der jüdischchristlich negativen Sicht auf Schwein und Hund treu. In „Draxt ī asūrīg“ allerdings wird diese Deutung fraglich, da das Schwein im Zoroastrismus zur guten Schöpfung gehört. Bezeichnete das Sprichwort hier also lediglich eine sinnlose Tat, da Schweine mit Perlen nichts anzufangen wissen oder betrunkene Kamele 152 Asmussen, Ein iranisches Wort, 12, geht von einer gemeinsamen Quelle aus, die sowohl den iranischen als auch den neutestamentlichen Text beeinflusst habe. Für einen solchen Text existiert aber kein Beweis. Trotzdem sind in der babylonischen Tradition kleine Sentenzen über das Schwein belegt, wie z. B. „Das Schwein hat keinen Verstand/Liegend im [Sumpf ]e, frisst es das Futter./Es s[pricht] nicht das Schwein: Was ist meine Ehre?/Es spricht [in] seinem [Herz]en: Misten ist mein Trost.“ oder: „Das Schwein ist keine Zierde für den Tempel, ist nicht verständig, tritt nicht auf Ziegelsteine./Ein Greuel für die Götter ist es durchaus, [seine] Üppigkeit ein Fluch des Šamaš.“; vgl. dazu Ebeling, Die babylonische Fabel, 41.

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dem Harfenspiel nicht aufmerksam zu lauschen vermögen? Wird das Bild vom Schwein erst im Zusammenhang mit dem jüdisch-christlichen Kulturraum ein negatives, so dass Matthäus zwei eingliedrige Sprichwörter von zwei negativ betrachteten Tierrassen (Schwein und Hund) in seinem Evangelium kombinieren kann? Oder hat der Zoroastrismus das feststehende Wort mit dem negativen Bild vom Schwein entlehnt und gibt deshalb dem Kamel ein erläuterndes Attribut bei? Hier steht man automatisch wieder vor der Frage der Rezeptionsrichtung, die nicht eindeutig zu lösen ist, denn die Entlehnung ist sowohl vom christlichen in den iranischen Raum als auch umgekehrt möglich. Durch die gesamte Rezeptionsgeschichte hindurch lässt sich aber feststellen, dass die Pointe des Wortes der Bergpredigt, nämlich die feindliche Reaktion der Tiere, nicht aufgenommen wird. So entwickelt sich der Spruch von den Perlen und den Säuen immer mehr zu einem weisheitlichen Lehrsatz, wie es bei den Mandäern der Fall ist. Im zoroastrischen Traktat „Draxt ī asūrīg“ wird er ebenfalls in ein weisheitliches Rangstreitgedicht eingebaut. Letztlich wird der Ausspruch zu einer universalen Lebensweisheit.

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Der Spiegel als Erkenntnissymbol bei Jakobus und Paulus Martin Hüneburg Die Entstehung der frühchristlichen Schriften und der in ihnen aufscheinenden Theologien vollzog sich vor dem Hintergrund des alttestamentlich-jüdischen Erbes in eine Welt hinein, in der griechische Kultur und regionale Einflüsse in unterschiedlicher Weise miteinander verschmolzen.1 Die griechische Koine schuf dabei die Voraussetzung für eine schnelle Verbreitung und zugleich für den Transfer von religiösen und philosophischen Ideen sowie kulturellen Deutungsmustern. Neutestamentliche Texte sind deshalb im Kontext hellenistischer Kultur und Geistesgeschichte auszulegen.2 Dass es dabei nicht um monokausale Ableitungen gehen kann, ist inzwischen wohl unbestritten. An die Stelle eines solchen genealogischen Modells ist längst die Vorstellung von Anknüpfung und Widerspruch/Abgrenzung oder sogar von wechselnden Interaktionen3 getreten. Allerdings stellt sich damit auch die Frage, wie derartige Rezeptionsprozesse angesichts der Komplexität dieser Beziehungen methodisch nachvollzogen werden können. Die Frage, wie die Rezeption von sprachlichen Ausdrucksformen und religiösen Deutungsmustern in ihrer Dynamik von konstruktiver Aufnahme und kritischer Abgrenzung zu erfassen sei, wird bereits von Heinrici gestellt4 und in kritischer Auseinandersetzung mit der Forschung seiner Zeit auch methodisch reflektiert.5 Zwar hatte er, wie Kümmel in seinem zu Heinrici für die NDB verfaßten Artikel anmerkt, „zum ersten Male die Korintherbriefe wirklich in die Welt des Griechentums“ hineingestellt und damit wesentlich die „Erforschung des Zusammenhangs des Urchristentums mit seiner helle1 Auf die Problematik einer Unterscheidung von Judentum und Hellenismus hatte bereits Hengel, Judentum hingewiesen. Aber auch der Begriff hellenistisches Judentum erscheint angesichts der Diversität der Erscheinungsformen nur von sehr bedingtem heuristischem Wert. 2 Wieder verstärkt eingefordert von Downing, Reflecting. 3 Vgl. dazu den, die bisherige Fragestellung umkehrenden Aufsatz von Klauck, Religionsgeschichte. 4 Vgl. dazu seine differenzierte Sicht auf religionsgeschichtliche Analogien. 5 Gegen E. Norden begründet Heinrici seine Position im Anhang zu seinem Kommentar zum 2 Kor. unter der Überschrift: „Zum Hellenismus des Paulus“. Die Auseinandersetzung mit der Religionsgeschichtlichen Schule findet sich insbesondere in folgenden Werken Heinricis: Dürfen wir noch Christen bleiben? Kritische Betrachtungen zur Theologie der Gegenwart, Leipzig 1901; Theologie und Religionswissenschaft, Leipzig 1902; Hellenismus und Christentum, Berlin 1909. (BZSF V/8); Ist das Christentum eine Mysterienreligion? IWW 5 (1911), 417–430.

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nistischen Umwelt“6 befördert. Was ihn aber hinderte, den Weg der späteren Religionsgeschichtlichen Schule mitzugehen, war seine Unterscheidung von Inhalt und Form des Christentums. Während die Form der christlichen Überlieferung, die Art, wie sie ausgebildet und tradiert wurde, durchaus der hellenistischen Umwelt angehört und deshalb auch von daher erforscht werden kann und muss, bleibe der Kern des Christentums, das christliche Prinzip davon völlig unberührt. Trotz dessen äußerer Verwurzelung in der hellenistischen Kultur besteht für ihn also keine innere Abhängigkeit. Die unableitbare Originalität des Christentums sieht er in der Verbindung von Religion und Sittlichkeit. Damit stellte er zwar eine dogmatische Begründung der Eigenständigkeit des Christentums aller religionsgeschichtlichen Arbeit voran und gelangte so letztlich zu einem – wie Kurt Rudolph zu recht bemerkt – „religionshistorischen Doketismus“.7 Aber auch wenn sein der Apologie eines autochthonen Christentums verpflichtetes Anliegen durch die Einsicht in die komplexen Wechselwirkungen von Christentum und hellenistischer Kultur überholt ist, bleibt die damit aufgeworfene Frage bestehen.

In diesem Beitrag soll der Versuch unternommen werden, das Verhältnis von religionsgeschichtlicher Vergleichsarbeit und literarischer Textanalyse an einem kleinen Beispiel näher zu beleuchten. In unterschiedlichen Kontexten setzen Jakobus einmal und Paulus an zwei Stellen das Bild des Spiegels ein. An allen drei Stellen wird der Spiegel hier als Erkenntnismedium angesprochen. Damit greifen beide Autoren ein Motiv auf, das hochgradig aufgeladen, mit verschiedensten Konnotationen und Assoziationen besetzt, in religions‑ und geistesgeschichtlichen Zusammenhängen weit verbreitet war. Das weite semantische Feld der Spiegelmetapher8 hat sich auf die Auslegung der Texte ausgewirkt. Im Versuch, die Texte über das Verständnis des Spiegelmotivs zu entschlüsseln, wird jeweils auf eine Fülle möglicher Parallelen verwiesen und so eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Interpretationen angeboten. Die nachfolgenden Überlegungen wollen diese Interpretationen anhand von Text‑ bzw. Argumentationsanalysen überprüfen, um das Verhältnis beider methodischer Ansätze besser fassen zu können. 1. Jak 1,23 f. Der Rückgriff auf das Spiegelmotiv erfolgt bei Jak im Rahmen einer von 1,19– 27 reichenden argumentativen Paränese, die auf eine Unterscheidung von nichtigem und reinem Gottesdienst (θρησκεία καθαρὰ καὶ ἀμίαντος) zuläuft. 6 Kümmel,

Heinrici. Vgl. dazu auch Kümmel, Das Neue Testament, 267 f. Heinrici und die Religionsgeschichte, 516. 8 Diese metaphorische Qualität und das weitgesteckte semantische Feld ergibt sich aus dem Wesen des Spiegels selbst, Dinge wiederzugeben. Die Wiedergabe eines Objektes erscheint jedoch nach Art des Spiegels unterschiedlich. Sie kann ebenso als objektiv und getreu verstanden werden wie als Trugbild und Täuschung oder auch als Sichtbarwerden verborgener Dinge. Der Spiegel ermöglicht es, sich selbst ins Gesicht zu sehen. Der Akt des Betrachtens macht den Betrachter gleichzeitig zum Subjekt und Objekt. So stellt der Spiegel nicht nur vor physikalische, sondern v. a. auch vor ontologische und epistemologische Fragen. Vgl. dazu Michel/Rizek-Pfister, Symbolik des Spiegels. 7 Rudolph,

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Anknüpfungspunkt an den Prolog und Ausgangspunkt der Argumentation ist die Feststellung, dass Christen durch das Wort der Wahrheit (λόγῳ ἀληθείας) (neu‑)geboren sind (1,18) mit der Bestimmung, die ἀπαρχή der Geschöpfe Gottes zu sein. Damit ist ein Status beschrieben, der sich in der Konsequenz in einem bestimmten Verhalten ausdrücken muss. Konkret geht es Jakobus an dieser Stelle um die Kontrolle von Affekten, speziell des Zorns in der Form seiner sprachlichen Erscheinung – langsam zum Reden, langsam zum Zorn, dagegen schnell zum Hören. Hier taucht bereits das Stichwort Hören auf, freilich ohne ein Objekt des Hörens zu benennen. Es handelt sich offensichtlich um einen allgemeinen weisheitlichen Grundsatz. Dazu aber muss das eingepflanzte Wort (τὸ ἔμφυτος λόγος) aufgenommen werden. Diese Aufnahme geschieht, so der nächste, weiterführende Schritt, in der Weise des Tuns. In diesem Tun erlangt der Mensch das Heil (1,21). Wie verhält sich dies zu der Forderung von V. 19, schnell zum Hören zu sein? An dieser Stelle, nämlich bei dem Verständnis von Hören, scheint für Jak das eigentliche Problem zu liegen.9 In ähnlicher Weise behandelt er dann auch das Thema Glauben in 2,14 ff. Er begnügt sich nicht mit der Aufforderung, Täter des Wortes zu sein. Vielmehr stellt er hier in der Gestalt des Nur-Hörers und des Täters des Wortes antithetisch zwei Weisen des Aufnehmens gegenüber. Während dem Tun die Rettung verheißen ist, wird das NurHören als Selbstbetrug qualifiziert. Der Selbstbetrug betrifft zum einen die Täuschung über den eigenen Heilsstand, zum anderen aber auch das Hören selbst.10 Eben dieser Vorwurf soll durch den Vergleich mit dem Blick in den Spiegel verdeutlicht werden. Zum Täter des Wortes wird man dagegen durch das beharrliche Bemühen um das vollkommene Gesetz der Freiheit. Das Wort wird demnach als eine zum Handeln drängende Kraft verstanden. Zurückgreifend auf den Anfang wird mangelnde Affektenkontrolle als Selbstbetrug und nichtiger Gottesdienst verurteilt und als Gegenbeispiel wahren Gottesdienstes neben der Zuwendung zu Witwen und Waisen die Abkehr von der Welt gefordert. Ist dieser Zusammenhang auch im Wesentlichen klar, so stellen sich doch gerade im Blick auf den Vergleich selbst Fragen: Inwiefern kann er überhaupt das leisten, was er soll? Was verbindet das Sehen und Vergessen mit dem Thema Hören und Tun? Wie weit reicht er? Beschränkt er sich auf die Verse 23 f. oder reicht er von 22–25?11 Der paränetische Kontext, in dem hier das Spiegelmotiv begegnet, lädt dazu ein, die Lösung bei der häufig belegten Verwendung der Spiegelmetapher12 in  9 Wie auch das μὴ πλανᾶσθε in 1,16 zeigt, setzt sich Jak mit Fehlentwicklungen in seiner Gemeinde auseinander. 10 Konradt, Existenz, 173. 11 So schon Dibelius, Jakobus, 147. 12 Reitzenstein, Historia, 247–249 verweist auf einen bei Zosimos Parapolitanus, περὶ ἀρητῆς πρὸς θεοσέβειαν XII erwähnten Zauberspiegel. Auf dessen Funktion als Repräsentant des Geistes findet sich Jak 1,23 aber kein Hinweis. Vgl. dazu Huegdé, Miroir, 57f.71–75. Auch

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religiös-ethischen bzw. moralphilosophischen Texten zu suchen.13 Besonders L. T. Johnson hat dies in einem einflußreichen Aufsatz begründet.14 In moralischen Instruktionen steht der Spiegel für Selbsterkenntnis, die Veränderung auslösen soll. Diese Funktion kann vom Objekt Spiegel abgelöst und auf Lehrer, Väter oder auch die moralische Unterweisung übertragen werden, die nun als Spiegel fungieren. Das stete Betrachten des Gesetzes wird so als Teil des Vergleiches verstanden. Der Vergleich ist dann bereits vom Verglichenen her gestaltet. Zwischen Bild‑ und Sachhälfte besteht somit eine genaue, zum Teil antithetisch gefaßte Parallelität (Spiegel  – Gesetz; weggehen und vergessen  – sehen, bleiben).15 Damit stehen sich gegenüber: der Blick in den Spiegel, der das natürliche Wesen zeigt, und der Blick in den Spiegel des Gesetzes, der – so wäre dann zu erschließen – das Bild zeigt, zu dem wir werden sollen.16 Das Gesetz nimmt die Rolle des Lehrers, Vaters oder der Unterweisung ein. Es spiegelt ein Idealbild, das zum Vorbild für die Leser werden soll. Konkret denkt Johnson hier an die in Jak explizit als Vorbilder genannten Abraham, Rahab, Hiob und Elia. S. Luther führt in ihrer 2015 erschienenen Dissertation17 den Gedanken der durch Selbsterkenntnis hervorgerufenen Veränderung weiter, indem sie hinter V. 23–25 die Vorstellung einer Transformation der inneren Disposition durch den Blick in den Spiegel des Wortes annimmt. „Die Transformation, die in Jak 1,23–25 impliziert ist, ist die Wandlung des Menschen in den Status der neuen Schöpfung (1,18) durch die Annahme und tätige Akzeptanz des logos … Die für das rechte Handeln und Sprechen notwendige innere Disposition wird durch die Selbsterkenntnis und die innere Transformation durch das Wort erlangt und führt zu entsprechendem ethischen Verhalten. … Die Spiegelmetapher der bildhaften Darstellung ist daher mit der Weisheit und dem Gesetz Gottes gleichzusetzen, das Sich-Spiegeln bezeichnet den Aspekt der Teilhabe …“.18

die immer wieder zum Vergleich herangezogenen Stellen Sap 7,26 und Sir 12,11 haben kaum Berührungspunkte zum Text. 13 Plut, Mor 14A; 84BC; 85AB; 139F; 967D; Seneca, Nat Quaest I 7,4; 17,2–4; Clem, I,1.7; 7,1; Ira II 36,1–3; Epiktet, Dis II 14,17–23. Philo, Vit Cont 78. 14 Johnson, Mirror. 15 Johnson, a. a. O., 634 f. 16 Plut, Mor 42B = De recta ratione audiendi: εἰ θάρσος εἰ φρόνημα βέβαιον, εἰ πρὸς ἀρητὴν καὶ τὸ καλὸν ἐνθουσιασμός. οὐ γὰρ ἐκ κουρείου μὲν ἀναστάντα δεῖ τῷ κατόπτρῳ παραστῆναι καὶ τῆς κεφαλῆς ἅψασθαι, τὴν περικοπὴν τῶν τριχῶν ἐκισκοποῦντα καὶ τῆς κουρᾶς τὴν διαφοράν, ἐκ δὲ ἀκροάσεως ἀπιόντα καὶ σχολῆς οὐκ εὐτὺς ἀφορᾶν χρὴ πρὸς ἑαυτόν, καταμανθάνοντα τὴν ψυχὴν εἴ τι τῶν ὀχληρῶν ἀποτεθειμένη καὶ περιττῶν ἐλαφοτέρα γέγονε καὶ ἡδίων οὔτε γὰρ βαλανείου φησὶν ὁ Ἀρίστων οὔτε λόγου μὴ καθαίροντος ὄφελός ἐστιν. Ein Beleg aus jüdisch-hellenistischer Tradition für diese Verbindung von Gesetz und Spiegel findet sich bei Philo, Vit Cont 78. 17 Luther, Sprachethik. 18 Luther, a. a. O., 125.

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Gegen diese Lösung erheben sich jedoch vom Textbefund aus Bedenken. Johnson sieht zwar, dass hier, insofern das Gesetz selbst nicht als Spiegel bezeichnet wird, eine elliptische Verwendung der Metapher vorliegt, geht aber davon aus, dass die Leser aufgrund ihrer Kenntnis der antiken Darstellungskonventionen die Fäden verknüpfen konnten.19 Jedoch ist der Gedanke der Selbsterkenntnis und des Wandels durch Selbsterkenntnis hier nicht einmal auch nur angedeutet. V. 23 soll, wie die Anbindung mit ὅτι zeigt, die Bezeichnung der Nur-Hörer als Selbstbetrüger (V. 22) begründen. V. 24 soll ausweislich des γάρ begründen, warum der Nur-Hörer dem gleicht, der in einen Spiegel schaut. Der Vergleich liegt also, wie schon Dibelius gesehen hatte, in V. 23 f. vor20 und zielt lediglich auf die Vergeßlichkeit des Betrachters. Wer sich im Spiegel betrachtet, und damit ist nicht nur ein besonders flüchtiger Blick gemeint,21 vergißt beim Weitergehen, was er gesehen hat. Das Bild ist der Alltagserfahrung entnommen.22 Deshalb kann auch der Vorschlag Denyers23 nicht überzeugen, nach dem Jak 1,23 von Ps.-Plato Alc. Maj. 1132c–1133c her zu verstehen sei. Danach gehe es um die platonische Unterscheidung von äußerlicher Erscheinung und innerer Wahrheit. Der Blick in den Spiegel vermittle nur ein „simulacrum of self-knowledge … without the stability of the genuine self-knowledge that it simulates.“24 Es geht hier aber nicht um den Gegensatz von flüchtig und bleibend oder unvollkommen und vollkommen. Der Blick in das vollkommene Gesetz der Freiheit liegt vielmehr auf einer anderen Ebene, da er zum Tun führt.25 Die Übertragung auf den Leser in V. 25b, die die Aufforderung von V. 22 chiastisch aufgreift, kontrastiert also zwei unterschiedliche Bereiche. Eine weitergehende Verbindung von Gesetz als Spiegel ist nicht intendiert. Ein solcher eingipfeliger Vergleich entspricht auch sonst der Art, wie Jak Vergleiche vornimmt.26 Der Spiegel ist hier reiner Alltagsgegenstand, nicht Metapher. Das gewöhnliche Betrachten des eigenen Gesichtes im Spiegel27 nach einem Friseurbesuch (Plutarchs Beispiel) beschränkt sich auf den Augenblick und bleibt ohne Folgen.

19 Johnson,

Mirror, 636.640. Jakobus, 147. 21 κατανοεῖν: betrachten, beschauen, mit Überlegung beschauen, bemerken, das Augenmerk richten auf (Bauer/Aland 843). 22 Vgl. die gnomischen Aoriste κατενόησεν und ἐπελάθετο. 23 Denyer, Mirrors. 24 Denyer, a. a. O., 240. 25 Popkes, Jakobus, 131. 26 Vgl. Jak 1,6; 1,10 f.; 3,3.4; 3,11 f. 27 Der προσώπον näherbestimmende Genitiv τῆς γενέσεως darf nicht überfrachtet werden. Ähnlich wie in Jak 3,6 wird er mit Leben zu übersetzen sein. 20 Dibelius,

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2. 1 Kor 13,12 Anders als in Jak 1,23 f. wird in 1 Kor 13,12 tatsächlich die Spiegelmetapher mit der Erkenntnisfrage verbunden, indem gegenwärtig mögliches und eschatologisches Erkennen28 gegenübergestellt werden. Obwohl der Zusammenhang und die Aussage weitgehend klar sind, bleiben dennoch Fragen, die unter anderem den traditionsgeschichtlichen Hintergrund betreffen. Innerhalb des Enkomions auf die Agape29 in 1 Kor 13 stellen die Verse 8–12(13) eine herausgehobene Einheit dar.30 Wurde in 13,1–3 die Agape als die notwendige Erfüllung der Charismen beschrieben,31 so wird sie ihnen jetzt entgegengestellt. Die Rahmung durch die Verse 8 und 13 formuliert den Gegensatz: 13,8 ἡ ἀγάπη οὐδέποτε πίπτει 13,13: νυνὶ δὲ μένει πίστις, ἐλπίς, ἀγάπη, τὰ τρία ταῦτα· μείζων δὲ τούτων ἡ ἀγάπη. Das, was die Agape (zusammen mit πίστις und ἐλπίς) vor den Charismen auszeichnet, ist ihre bleibende Bedeutung. Die Charismen selbst sind Stückwerk (ἐκ μέρους). Es ist auffällig, dass die Anzahl der genannten Charismen im Fortgang des Textes reduziert wird. Wurden in 13,1–3 noch Zungenrede, Prophetie und Erkenntnis, Glauben, Hingabe von Besitz und Leben genannt, so erwähnt 13,8 lediglich noch prophetisches Reden, Zungenreden und Erkenntnis. Der folgende Vers beschränkt sich, die Reihenfolge von V. 8 umkehrend, auf die Nennung von Erkenntnis und prophetischem Reden. V. 12 konzentriert sich dann schließlich allein auf die Erkenntnis.32 Erst in 14,6 werden wieder Offenbarung, Erkenntnis, Prophetie oder Lehre der Glossolalie entgegengesetzt. Die zeitliche Befristung von Wissen und Prophetie wird damit begründet, dass sie jetzt, d. h. in der gegenwärtigen Welt nur fragmentarisch (ἐκ μέρους) möglich sind, das Fragmentarische aber dem Vollkommenen (τέλειος) weichen wird. Erkenntnis und Prophetie werden hier getrennt genannt. In 13,2 scheint beides dagegen stärker zusammengebunden zu sein. Dieser Konzentrationsvorgang verweist auf den kontextuellen Bezug, die Auseinandersetzung des Paulus mit verschiedenen korinthischen Gruppen. Paulus integriert die anderen Charismen in das Erkennen, um so eine Antwort auf alle Konfliktfragen – möglicherweise einschließlich der Weisheitsdiskussion in den Kap. 1–4 – zu geben. Die in 8–12 folgende Kontrastierung unterstreicht so die Bedeutung der Agape und polemisiert gegen „gnostisierende Enthusiasten“.33 28 Die Verwendung von sehen im Sinne von erkennen findet sich im biblischen Sprachgebrauch häufig. Vgl. Eccl 3,16; 4,1.7 pas.; Jer 5,21; Jes 6,10; Mk 4,12 par; Joh 9,39–41. In 1 Kor 13,12 sind βλέπειν und γινώσκειν parallel verwendet. 29 Vgl. die ausführliche Diskussion bei Sigountos, Genre. 30 13,1–3: Prolog; 13,4–7: die preiswürdigen Taten/Verhaltensweisen; 13,8–12 Synkrisis; 13,13– 14,1a: Epilog. 31 Vgl. die praktische Anwendung in 1 Kor 8,1–3. 32 Vgl. bereits den Gegensatz von Erkenntnis und Liebe in 1 Kor 8,1–3. 33 Niederwimmer, Im Spiegel, 8 f.

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Das ἐκ μέρους wird verdeutlicht durch zwei Beispiele. Das erste Beispiel entstammt der Paidaia und nimmt den Gegensatz von Kindlichem/Kindischem und Erwachsen-Sein auf. Wie bereits in 2,6a und 3,1 wird τέλειος mit Erwachsen-Sein verbunden. Dies entspricht genau der Intention des Jetzt-DannSchemas. Das zweite Beispiel beschränkt sich nun allein auf die Thematisierung der Erkenntnis.34 Es soll ausweislich des Anschlusses mit γάρ das erste Beispiel weiter ausführen, indem es den Gegensatz von νήπιος und ἀνήρ als Unterschied in der Erkenntnis charakterisiert. Die Inferiorität der gegenwärtigen (ἄρτι) Erkenntnis wird dabei mit dem Bild des Spiegels als Sehen δι᾿ ἐσόπτρου ἔν αἰνίγματι zum Ausdruck gebracht. Da die Verbindung βλέπειν+ἐν für das Objekt des Sehens sonst nicht belegt ist,35 muss die Wendung adverbial im Sinne von αἰνιγματῶς36 übersetzt werden.37 Αἴνιγμα meint dabei nicht etwas Undurchdringliches, sondern ein „begrenztes Sinnverständnis“, das zugleich  „Hinweise auf die unendliche Sinngebung, die sich uns noch verschließt“, enthält.38 Dies und die Gegenüberstellung mit dem künftigen (τότε) Sehen, das πρόσωπον πρὸς πρόσωπον erfolgen soll, lassen vermuten, dass Paulus hier an die geläufige hellenistische Vorstellung anschließt, dass Spiegel eben nicht das Objekt selbst, sondern dieses nur indirekt als ein Abbild39 wiedergeben, das auch trügerisch oder flüchtig sein kann.40 Den traditionsgeschichtlichen Hintergrund dieser Vorstellung bildet Platos Höhlengleichnis (Plat, Resp 514A), auf das gelegentlich zurückgegriffen wird.41 Seaford dagegen sieht in dem von Paulus gebrauchten Bild „a mysterymetaphor“, die ihren Sitz in der Mysterienpraxis hat. Nach seiner Interpretation des sog. Mysterienfrieses in der Villa dei Misteri hat der Spiegel „the function 34 Dautzenberg,

Prophetie, 159–225 erwägt, dass Erkenntnis hier für Prophetie im Sinne von rätselhafter Vision steht. Im 1 Kor wird Prophetie aber v. a. als inspirierte Rede thematisiert. Vgl. Zeller, Erster Korinther, 416. 35 Preuschen, Rätselwort, 181. 36 Vgl. 1 Kor 15,42.43. 37 Achelis, Katoptromantie 62 f., Mit Verweis auf Lk 24,35; Joh 13,35; 1 Joh 3,19; Phil 1,30; 1 Kor 4,6 „Bezeichnung des Objektes, an dem etwas erkannt wird.“ Schrage, Erster Korinther, 314 mit A 201, der Dautzenberg (siehe A 34) folgt, versteht den Ausdruck instrumental und sieht in ἐν αἰνίγματι eine eigene Aussage. Die Übersetzung von ‫ חידה‬mit αἴνιγμα in LXX und die Verbindung mit Orakel‑ und Prophetensprüchen könne „neben dem Visionären die prophetische Audition … andeuten.“ Dann wäre aber wohl doch ein καί zu erwarten gewesen. 38 Niederwimmer, Im Spiegel, 15. 39 Plat, Tim 71b (τύπος καὶ εἴγολα); Sen, Nat Quest I 15,7.; VII 5,30. Besonders auch Sen, Nat Quest I 5,1; Philo, Decal 105; Leg All III 99–101. Weitere Belege bei Hugedé, Miroir, 127–137. Vgl. auch Downing, Reflecting, 176 f. 40 Insofern der Spiegel als Erkenntnismedium hier auf der Seite des Rätselhaften steht, kann es sich weder um Katoptromantie (Achelis, Katoptromantie, 89–94) noch um Zauberspiegel (Reitzenstein, Historia, 252–254) handeln. 41 Perry, 1 Kor 13,12a. Nach Seeberg, Rätsel, 139 ist eine paulinische Kenntnis des platonischen Gleichnisses zwar denkbar, allerdings sprächen die Unterschiede eher für eine ähnlich ausgerichtete eigenständige Prägung des Apostels nach alttestamentlichen Vorbildern.

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of confusing and stimulating the initiand as a prelude of the final revelation“.42 Abgesehen von der Problematik dieser Interpretation, geht es Paulus aber gerade nicht um „confusing and stimulating“. Näherliegend erscheint allerdings ein Bezug auf die v. a. in der Stoa populäre Vorstellung, dass sich das Göttliche in der Welt in verschiedener Deutlichkeit spiegele.43 So verweist etwa Plutarch44 darauf, dass die Philosophen in der unbelebten Natur das αἴνιγμα τοῦ θειοῦ sehen, während die belebte Natur als ἐναργέστερον ἔσοπτρον ein klareres Bild liefert. Demnach würde Paulus hier, wie Röm 1,20, die Welt als Spiegel Gottes verstehen. Aus dem Fehlen eines Objektes des Sehens und Erkennens könnte geschlossen werden, dass es um den Vorgang bzw. das Vermögen an sich geht.45 Im Kontext der Frage nach den Charismen muss aber auch die Erkenntnis an dieser Stelle als geistgewirkte verstanden werden. Eine Ausweitung auf die Möglichkeiten einer natürlichen Gotteserkenntnis scheint angesichts dieses Kontextes nicht intendiert zu sein. Dafür spricht auch die sprachliche Form. Da es sich aber bei dem zukünftigen ἐπεγνώσθην in V. 12b um ein passivum divinum handelt, ist sowohl für das vollendete Erkennen als auch das jetzt mögliche Sehen an Gott als Objekt des Erkennens zu denken.46 Auch dieses spricht noch einmal dafür, die Prophetie und die anderen Charismen hier mit eingeschlossen zu sehen. Paulus formuliert wahrscheinlich bewußt so offen, um eine Brücke zu den 13,2 genannten τὰ μυστήρια πάντα zu schlagen.47 Dem kindlichen Stadium entspricht also die Beschränkung auf eine nur fragmentarische Möglichkeit charismatischer Gotteserkenntnis. Wie die den Gegensatz ἐκ μέρους – τέλειον aufnehmende Aussage ἐπιγνώσομαι καθὼς καὶ ἐπεγνώσθην in V12bfin. dann schließlich deutlich macht, wird das zukünftige Erkennen von einer ganz anderen Art sein, die allein in dem erwählenden Handeln Gottes gegründet ist.48 Wenn Paulus hier auf den hellenistischen Vorstellungshintergrund zurückgreift, hat er diesen erheblich modifiziert. Die Verwendung von αἴνιγμα zur Kennzeichnung des gegenwärtigen Sehens und die Beschreibung der vollkommenen Erkenntnis als πρόσωπον πρὸς πρόσωπον verweist andererseits auf die Mosetradition.49 In Nu 12,6–8 wird Mose zugestanden, dass Gott ihm nicht wie allen anderen Propheten δι᾿ αἰνιγμάτων, sondern ἐν εἴδει begegnen wird, so dass er die Doxa des Herrn sehen und die 42 Seaford,

1 Corinthians XIII.12, 120. hierzu Hugedé, Miroir, 127–130. 44 Plut, Mor 382A = de Iside et Osiride. 45 Lindemann, Erste Korintherbrief, 201. 46 Zeller, Erste Korinther, 418. 47 Von Miguens, 1 Cor 13:8–13 Reconsidered, 81–87, betont, der zugleich jeden Bezug auf Gott als Objekt des Sehens für eingetragen hält. 48 Schrage, Erste Korinther, 315. 49 Kittel, Art. αἴνιγμα (ἔσοπτρον), 177 f. 43 Vgl.

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Kommunikation στόμα κατὰ στόμα erfolgen kann. In 1 Kor 13,12 steht aber die Formulierung πρόσωπον πρὸς πρόσωπον.50 Dieses Syntagma begegnet so oder mit der Präpostion κατά noch Gen 32,30 (Jakob); Dt 5,4 (Israel); Dt 34,10 (Mose) Ri 6,22 (Gideon); Ez 20,35 (Israel). Es liegt nahe, hier ebenfalls an Dt 34,10 mit Mose als Referenzgröße zu denken.51 Das erklärt aber noch nicht die Verbindung mit der Spiegelmetapher. Denn diese Kombination ergibt sich aus den Referenztexten so nicht. Häufig wird deshalb auf die Auslegungstradition von Nu 12,6–8 verwiesen, wie sie etwa in LevR 14,1 vorliegt.52 Anknüpfend an die verschiedenen Vokalisierungsmöglichkeiten von ‫ = ַמ ְר ֶאה‬Vision oder ‫ = ַמ ְר ָאה‬Spiegel wird eine rabbinische Diskussion eröffnet, in der es darum geht, die in Nu 11 hervorgehobene besondere Vertrautheit Moses mit Gott mit der Vorstellung zu vermitteln, dass das Angesicht Gottes nicht gesehen werden kann (Ex 33,21–23). Während die anderen Propheten Gott in mehreren Spiegeln (also gebrochen) bzw. in einem trüben Spiegel gesehen haben, schaute Mose ihn in nur einem, bzw. in einem klareren Spiegel. Unabhängig von der Frage, ob es sich nicht um einen späteren Diskurs handelt, übersetzt LXX ἐν ἔδει, d. h. liest also ‫מ ְר ֶאה‬. ַ Außerdem stünden sich dann Spiegel und Rätsel trotzdem gegenüber, statt wie bei Paulus zusammen die eingeschränkte Möglichkeit zu belegen. Deshalb liegt der Gedanke nahe, dass es Paulus selbst ist, der bewußt diese Verbindung herstellt. In diese Richtung weist auch die Verschmelzung von Nu 12,6–8 mit Dt 34,10. Das Ersetzen von στόμα κατὰ στόμα durch πρόσωπον πρὸς πρόσωπον weist bereits auf ein Sehen. Dazu greift er zurück auf die geläufige griechische Vorstellung von der Indirektheit des Sehens. Allein um diesen Punkt geht es ihm. Was hier als Spiegel fungieren könnte, wird nicht bedacht. Paulus greift also hier auf den Traditionskomplex vom Sehen des Mose zurück wie er es auch in 2 Kor 3,18 tun wird, interpretiert diesen aber anders und v. a. verbindet er ihn mit einer hellenistischen Vorstellung. Auch wenn er an beiden Stellen von einem geistgewirkten Sehen nicht nur einzelner Propheten, sondern der ganzen Gemeinde ausgeht, bleibt  – wie sich noch zeigen wird  – eine Spannung zwischen den beiden Stellen, die sich aus dem situativen Kontext, seiner Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis der korinthischen Enthusiasten, erklärt. Paulus verwendet also beide Traditionen in freier und eigenständiger Weise.

50 Vgl.

Philo, Heres 262. οὐκ ἀνέστη ἔτι προφήτης ἐν Ισραηλ ὡς Μωυσῆς, ὃν ἔγνω κύριος αὐτὸν πρόσωπον κατὰ πρόσωπον. 52 Vgl. Fishbane, Looking Glass, der 1 Kor 13,12 aus einer Entwicklungslinie von den Visionen Ezechiels über den Siraciden, LXX und frühe Midraschim erklärt. 51 καὶ

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3. 2 Kor 3,18 Als abschließende Zusammenfassung der in 3,4 einsetzenden Kontrastierung seiner Diakonia mit der des Mose verweist Paulus darauf, dass als Ergebnis seiner Diakonia nun alle Christen53 mit unverhülltem Gesicht die δόξα τοῦ κυρίου wie im Spiegel sehen (κατοπτρίζεσθαι) und in das gleiche Bild verwandelt (μεταμορφοῦσθαι) werden. Zwar wird ein Spiegel als Gegenstand nicht ausdrücklich erwähnt, dass aber hier an einen solchen gedacht ist, ergibt sich aus dem Verb κατοπτρίζεσθαι. Da es sich bei diesem Verb um ein ntl. hapax legomenon handelt, dass auch sonst vor‑ und außerchristlich nur selten belegt ist, kann angenommen werden, dass Paulus es an dieser Stelle bewußt eingesetzt hat. Die mediale Form läßt mehrere Übersetzungsmöglichkeiten zu. Neben „schauen“ bzw. „im Spiegel schauen“54 wäre auch eine Übersetzung mit „widerspiegeln/reflektieren“ möglich.55 D. h. Christen reflektieren die Doxa des Herrn.56 Dies scheint hier jedoch nicht angezeigt zu sein, da Paulus gerade einen Kontrast zum Nicht-sehen-können sowohl der Israeliten als auch dann nachfolgend zu den Ungläubigen und deshalb Verlorenen57 aufbaut. Es ergibt sich also eine Verbindung von Spiegelblick und Verwandlung.58 Damit greift Paulus wiederum einen Motivzusammenhang auf, der in der hellenistischen Welt vielfach belegt ist.59 Er reicht vom Zauberspiegel des Zosimos60 53 Die Referenz von ἡμεῖς δὲ πάντες ist nicht eindeutig. Paulus thematisiert seinen Dienst. Jedoch spricht die Argumentation mit dem Status der Adressaten als Ergebnis der pln. Diakonia und ihr Gegenüber zu den Juden gegen eine Beschränkung auf den Kreis der Apostel und Missionare. Schmeller, Zweite Korinther, 225, verweist außerdem darauf, dass sich bei einem Bezug auf alle Christen chiastische Strukturen innerhalb von 3,1–18 ergeben. 54 Begründung ausführlich bei Lambrecht, Transformation. 55 Kittel, Art. ἔσοπτρον, κατοπτρίζομαι, ThWNT II, 693,18 ff. Kremer, Art. κατοπτρίζομαι, EWNT ΙΙ, 678. 56 Dupont, Miroir, 393–397; Thrall, Second Corinthians, 290–292; Tack, Face; Back, Verwandlung, 133 f. 57 2 Kor 3,7.13 vgl. 4,4. 58 Zur Auslegungsgeschichte des Verwandlungsmotivs vgl. Back, Verwandlung, 1–16. 59 Literarische Belege bei Back, a. a. O., 24–76. Zeugnisse der dokumentarischen Papyri liefert Arzt-Grabner, 2. Korinther, 292 f. 60 Der ägyptische Alchemist Zosimos von Panopolis (Ende 3./Anf. 4.Jh.) berichtet in dem nur syrisch überliefen Abschnitt über das Elektron im 12. Buch περὶ ἀρετῆς πρὸς Θεοσέβειαν von einem Zauberspiegel Alexanders des Großen und verbindet die Betrachtungen über das Material mit reigiösen Interpretationen. Immer noch grundlegend ist die franz. Übersetzung Rubens Duvals bei M. Bertholet: La chimie au moyen âge. Bd. II: L’ Alchimie Syriaque. Paris 1893,210–266.262 (Text nach https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k54521558, Zugriff am 12. 2. ​ 2019): „Ce miroir, lorsqu’un homme s’y regarde, lui suggère l’idée de s’examiner lui‑ même et de se purifier, depuis la tête jusqu’au bout des ongles. Le miroir représente l’esprit divin; lorsque l’âme s’y regarde, elle voit les hontes qui sont en elle, et elle les rejette; elle fait disparaître ses taches et demeure sans blâme. Lorsqu’elle est purifiée, elle imite et prend pour modèle l’EspritSaint; elle devient elle-même esprit; elle possède le calme et se reporte sans cesse à cet état supérieur, où l’on connaît (Dieu) et où l’on en est connu. Alors devenue sans tache (sas ombre), elle se débarrasse de ses liens propres et de ceux qui lui sont communs avec son corps, et elle

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über die hellenistische Mystik bis zu den Mysterienvorstellungen.61 Letzteren kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Bekanntermaßen erfährt der Myste bei seiner Inititation, zu der auch eine Schau von die Gottheit repräsentierenden Gegenständen gehört, eine Verwandlung. Für die Dionysosmysterien scheint in dem bekannten Wandfries der Villa dei Misteri sogar eine bildhafte Darstellung des mystagogischen Geschehens vorzuliegen.62 Dass sich die Spiegelmetaphorik nicht erst aus Mysterienvorstellungen, sondern bereits aus den Vorstellungen der antiken Optik ergibt, begründet A. Weissenrieder auf dem Hintergrund der Sehtheorien, die das Affiziert-werden des Sehenden durch das Objekt annehmen und so eine Verbindung von Verwandlung und Sehvorgang herstellen. Spiegel repräsentieren demnach nicht nur einfach das Gespiegelte, sondern setzen neue Wirklichkeit, indem sie es transformieren.63 Andererseits wird der Hintergrund der Verwandlungsvorstellung in alttestamentlich-jüdischen Traditionen gesucht. Dabei wird entweder auf jüdischapokalyptische Traditionen verwiesen, die von einer endzeitlichen Verwandlung der Gerechten ausgehen,64 oder auf weisheitliche Traditionen wie Sap 7,25 f,65 in der der Weisheit die Rolle eines Spiegels der Wirkmacht Gottes (ἔσοπτρον ἀκηλίδωτον τῆς τὸ θεοῦ ἐνεργείας) zukommt, die Menschen verwandelt.66 Der Rückgriff auf die unterschiedlichen Variationen, in denen diese Vorstellung begegnet, bestimmt dann die Auslegung von 2 Kor 3,18. Damit aber wird die Verwandlungsaussage aus dem Kontext der paulinischen Argumentation gelöst. Die eben genannten Erklärungen gehen alle davon aus, dass es der Blick in den Spiegel ist, der die Verwandlung herbeiführt. Eine solche einfache Rückbeziehung erscheint allerdings bereits deswegen als fraglich, weil ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass die Transformation ἀπὸ κυρίοῦ τοῦ πνεύματος erfolgt. Es ist demnach nicht der Blick in den Spiegel, der sie herbeiführt. Ob die Genitivverbindung κύριος τοῦ πνεύματος dabei als Herr des Geistes, Geist des Herrn oder Herr, der Geist ist, aufgelöst werden muss, ändert daran nichts. Die Verwandlung erfolgt durch das Wirken des Geistes. (s’élève) vers l’Omnipotent. Que dit en effet la parole Philosophique? Connais-toi toi-même. Elle indique par là le miroir spirituel et intellectuel. Qu’est donc ce miroir, sinon l’esprit divin et primordial (du Père?).“ 61 Reitzenstein, Historia Monachorum, 244 f. versucht, Spiegel als geradezu konstitutiven Bestandteil von Mysterienkulten zu erweisen. 62 So Wagner, Gotteserkenntnis. Vgl. aber die Interpretation von Veyne, Villa des Mystères, der den Fries erstmals mit dem röm. Fresko der sog. Aldobrandinischen Hochzeit vergleicht und in ihm ganz unmythologisch eine Hochzeitsvorbereitung dargestellt sieht. 63 Weissenrieder, Blick. 64 Dan 12,3; syrBar 49–51; äthHen 62,15; 4 Esra 7,97. Furnish, II Corinthians, 240 f. 65 Thrall, Second Corinthians, 293. 66 Die Weisheit ist fähig, bei sich bleibend alles zu erneuern (μένουσα ἐν αὑτῇ τὰ πάντα καινίζει) und Menschen zu Gottesfreunden und Propheten zu machen (φίλους θεοῦ καὶ προφήτας κατασκευάζει).

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Das, was im Spiegel gesehen wird, ist die δόξα τοῦ κυρίου und die Verwandlung erfolgt τὴν αὐτὴν εἰκόνα. Die von Paulus Angesprochenen werden also in das Bild des Kyrios verwandelt. In 3,17 ist mit κύριος sicher Gott gemeint. Da aber in 4,4 die δόξα τοῦ Χριστοῦ als der εἰκὼν τοῦ θεοῦ Gegenstand des Sehens67 und in 4,6 von der δόξα τοῦ θεοῦ ἐν προσώπῳ Χριστοῦ die Rede ist, wird man schließen können, dass auch in 3,18 δόξα τοῦ κυρίου sich auf Christus bezieht, der seinerseits die Doxa Gottes spiegelt. Es geht also um ein Sehen des Auferstandenen.68 Da nach 4,4 das helle Licht der Herrlichkeit Christi durch das Evangelium erscheint, ergibt sich weiterhin, dass mit dem Spiegel das Evangelium gemeint sein muss. Paulus denkt also bei κατοπτριζόμενοι nicht an ein einmaliges Erlebnis analog der Christusschau bei seiner eigenen Bekehrung,69 sondern an die Aufnahme des Evangeliums, durch die Christus in den Christen Gestalt gewinnt.70 Die Aufnahme des Evangeliums kann, wie Gal 3,1 und Röm 15,21 belegen, auch sonst bei Paulus mit der Vorstellung des Sehens in Verbindung gebracht werden. Dass damit der eschatologische Vorbehalt nicht aufgehoben wird, macht die ab 4,7 folgende Aussage über die Leidensgemeinschaft mit Christus deutlich, in der in 4,14.17 ausdrücklich auf die Herrlichkeit der Auferstehung verwiesen wird.71 Möglicherweise soll auch ἀπὸ δόξης εἰς δόξην einen prozeßhaften Charakter andeuten.72 Es ist auffällig, dass Paulus für das Sehen hier ausschließlich nicht alltägliche Verben verwendet. Αὐγάζειν und κατοπτρίζεσθαι begegnen im gesamten NT nur hier, ἀτενίζειν wird von Paulus zweimal und nur in diesem Zusammenhang verwendet (2 Kor 3,7.13). Jedesmal wird ein himmlischer Glanz als Objekt mit Sehen verbunden. Auch wo das Verb sonst im NT vorkommt, bezeichnet es nie ein einfaches Sehen. So wird es mit Visionen, oder dem Sichtbarwerden einer bestimmten Vollmacht verbunden. Ausgehend von dieser sprachlichen Beobachtung hat F. Back vorgeschlagen, das mit diesen drei Verben bezeichnete Sehen hier im Sinne eines Offenbarungsempfangs zu verstehen.73 Die Ver67 Vgl.

1 Kor 15,49 und Röm 8,29.  So bereits Heinrici, Zweite Korinther, 138 f.; Thrall, Second Corinthians, 285; Back, Verwandlung, 135. Der Gedanke eines nur indirekten Sehens wie in 1 Kor 13,12 ist deshalb hier nicht impliziert. 69 1 Kor 9,1; 15,8. 70 Gal 4,19. 71 Vgl. nochmals Gal 4,19. 72 Schmeller, Zweite Korinther, 228. Allerdings wird der Prozeß sehr unterschiedlich vorgestellt. Ist damit der Weg vom gegenwärtigen Sehen zur zukünftigen eschatischen Herrlichkeit (vgl. Röm 8,29) gemeint, oder der von der vergangenen Erwählung zum gegenwärtigen Sehen? Nach Thrall, Second Corinthians, 286, verläuft der Prozeß von Christus zu den Gläubigen. Dagegen interpretiert Back, Verwandlung, 24 f. den Prozeß als innerweltliche charismatische Verwandlung der Gläubigen. 73 Back, Verwandlung, 136 unter Hinweis auf Philo, Leg All III 101 zu Ex 33,13, die Bitte des Mose, Gott möge sich nicht offenbaren, indem er sich in etwas Geschaffenem spiegelt μηδὲ κατοπτρισαίμην ἐν ἄλλῳ τοὶ τὴν σὴν ἰδίαν ἢ ἐν σοι τῷ θεῷ. 68

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wandlung ist dann Konsequenz und Zeichen des geistgewirkten Offenbarungsempfanges durch das Evangelium. Wird dieser Unterschied beachtet, bietet sich das von Paulus selbst initiierte Gegenüber zur Erzählung vom Glanz des Mose am Sinai Ex 34,29–35 auch als Erklärung für das Verwandlungsmotiv an. Die jüdische Auslegungstradition dieser Stelle betont den Zusammenhang von Offenbarungsempfang und Glanz.74 Dabei löst sie die Bindung an das Sinaiereignis. So kann Mose mehrfach in dieser Weise verwandelt werden.75 Durch die Lösung des Verwandlungsmotivs vom Sinaiereignis kann es dann auch auf andere Offenbarungsträger übertragen werden.76 Dass die oben erwähnte Tradition der rabbinischen Auslegung von Nu 12,8, die hier auch das Stichwort Spiegel bringt, im Hintergrund steht, ist unwahrscheinlich.77 Das Spiel mit ‫ = ַמ ְר ֶאה‬Vision und ‫ = ַמ ְר ָאה‬Spiegel hat hier eine andere Ausrichtung. Sie soll einerseits das Sehen des Mose mit der Aussage von Ex 33,20 vermitteln, dass niemand Gott sehen kann, andererseits die Superiorität der Moseoffenbarung unterstreichen. Die Verwandlung in Glanz bestätigt jeweils den Offenbarungsempfänger. Paulus nimmt diesen Gedanken auf und überträgt ihn auf sich selbst, um seine Legitimität als Apostel zu untersteichen. Zugleich, und darin faßt er die zugrundeliegende Tradition neu, überträgt er das Verwandlungsmotiv auf die Gemeinschaft der Christen. Auch sie sind – durch die diakonia des Paulus – zu Offenbarungsempfängern geworden. Die Verwendung von κατοπτριζόμενοι scheint damit bewußt erfolgt zu sein, um an das bekannte Motiv von Verwandlung durch Sehen anknüpfen zu können. Dieses Motiv wird von Paulus jedoch durch die Offenbarungskonzeption völlig überformt. 4. Fazit Jakobus und Paulus sind – wie alle anderen neutestamentlichen Autoren auch – in ihrer Welt verwurzelt. Das ist sicher eine Banalität. Es kann nicht anders sein. Aber es ist eine Welt, in der sich verschiedene Kulturen und Traditionsstränge 74 LAB

12,1; Philo, Vit Mos II,66–70. 19,16; Philo, Vit Mos I,57–59; II,250ff.270.280. 76 Vgl. die Verwandlung Abrahams in Philo, Virt 212–219.217: Jedesmal jedenfalls, wenn er ergriffen wurde, verwandelte sich alles zum Besseren, die Augen, die Farbe die Größe, die Haltung, die Bewegungen, die Stimme, da der göttliche Geist, der von oben eingehaucht, in der Seele einwohnt, dem Körper ausgesuchte Schönheit verlieh, den Worten Überzeugungskraft und den Hörern Verständnis. 77 Anders Litwa, Transformation, 289–293, der die Verbindung über Philo zieht. Philo interpretiert in Leg All III 99–101 Ex 33,13. Dort verwendet Mose bei seiner Bitte um ein Schauen Gottes σὴν ἰδέαν. Dass Philo Mose in diesem Zusammenhang von einem Sehen im Spiegel (κατοπτρισαίμην) sprechen lasse, sei nicht zufällig, sondern weise auf Philos Kenntnis der in die rabbinische Diskussion eingeflossenen exegetischen Tradition. 75 LAB

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nebeneinander her bewegen, sich kreuzen und sich überlagern können. Deshalb läßt sich die Frage von Abhängigkeiten, Beeinflussungen und Rezeptionsprozessen nie in genereller Weise beantworten. Der Umgang mit dem Spiegelmotiv zeigte ein hohes Maß an Freiheit im Umgang mit Traditionen. An allen drei untersuchten Stellen wird es anders rezipiert. Auch dort, wo deutlich auf Traditionen zurückgegriffen wird, werden diese nicht einfach nur übernommen, sondern in kritischer Brechung aufgenommen und neu geformt. Bei der Analyse von Jak 1,23 f. hat sich gezeigt, dass auch Begriffe, die als Metaphern mit einem weitverzeigten semantischen Feld breit belegt sind, durchaus nicht immer als Metaphern, sondern ebenso in ihrem Realiensinn verwendet werden können. Die klassische Alternative von jüdischen und hellenistischen Vorstellungen ist nicht nur deswegen obsolet, weil auch jüdische Traditionen in hellenisierter Form zu den Voraussetzungen der neutestamentlichen Schriften gehören. Auch die neutestamentlichen Autoren selbst können auf Vorstellungen der verschiedenen Bereiche zurückgreifen, diese verschmelzen und in neuer Weise verwenden. Das spricht für einen methodischen Ansatz traditions‑ und religionsgeschichtlichen Arbeitens an Begriffen und Vorstellungen, bei dem die Analyse der Texte, in denen diese eingebettet sind, in Form von Diskurs‑ oder Argumentationsanalysen den Vorrang hat. Religionsgeschichtliches Arbeiten steht nicht wie bei Heinrici vor dem Problem, die Eigenständigkeit und Unableitbarkeit eines inneren Kerns des Christentums zu bewahren oder gar zu erweisen. Aber diese Arbeit muss bei jedem Vergleich mit der Prägekraft des Christentums rechnen, das sich in den Rezeptionsvorgängen niederschlägt.

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Der Spiegel als Erkenntnissymbol bei Jakobus und Paulus

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Liste der Autorinnen und Autoren Cilliers Breytenbach, Dr. theol. habil., Professor em. für Neues Testament mit Schwerpunkt Literatur, Religion und Zeitgeschichte des Urchristentums an der Humboldt-Universität zu Berlin und außerordentlicher Professor für New Testament and Ancient Studies an der Stellenbosch University. Forschungsschwerpunkte: Auslegung des Markusevangeliums, Urchristliche Soteriologie, das Urchristentum im Rahmen der antiken Gesellschaft, die Verbreitung des Christentums in Kleinasien und Attika. John T. Fitzgerald, Ph.D., Professor für Neues Testament und frühes Christentum an der University of Notre Dame (USA) und Extraordinary Researcher an der North-West University (Potchefstroom, South Africa). Forschungsschwerpunkte: Frühchristliche Literatur, Pastoralbriefe, Freundschaft und Testament im Johannesevangelium, antike religiöse und philosophische Schulen, religiöse Interaktion mit der griechisch-römischen Kultur. Marco Frenschkowski, Dr. theol. habil., Professor für Neues Testament unter besondere Berücksichtigung der Religionsgeschichte der hellenistisch-römischen Welt an der Universität Leipzig. Forschungsschwerpunkte: Frühes Christentum, antike Religionsgeschichte, Magie, Alteritäten, imaginative Literaturen, Bibliotheksgeschichte, neue religiöse Bewegungen, Kontakte zwischen Religionen. Peter Gemeinhardt, Dr. theol. habil., Professor für Kirchengeschichte an der Universität Göttingen. Forschungsschwerpunkte: Christentum und Bildung, Hagiographie, Dogmengeschichte der Spätantike und des Mittelalters (insbesondere Trinitätslehre). Matthias Helmer, Dr. theol., Wissenschaftlicher Assistent (AOR) für alt‑ und neutestamentliche Exegese an der Theologischen Fakultät Fulda. Forschungsschwerpunkte: Religionen in der Umwelt der Bibel, hebräische und aramäische Grammatik, Etymologie und Semantik hebräischer, aramäischer und griechischer Lexeme, Biblische Motive in der Popularkultur. Martin Hüneburg, Dr. theol., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neutestamentliche Wissenschaft an der Universität Leipzig. Forschungsschwerpunkte: Deu­te­ro­ paulinismus, Logienquelle, antike Religionsgeschichte. Larry W. Hurtado (†), Ph.D., Professor em. für Sprache, Literatur und Theologie des Neuen Testaments an der School of Divinity der University of Edinburgh. Forschungsschwerpunkte: Neutestamentliche Christologie, Theologie des frühen Christentums, Mission und Verbreitung des frühen Christentums, Religionsgeschichtliche Schule. Veronika Janssen, Dr., Kirchenhistorikerin. Sie arbeitet freiberuflich im Bereich der Lokalgeschichte Schleswig-Holsteins und Hamburgs.

400

Liste der Autorinnen und Autoren

George van Kooten, Dr. theol., Lady Margaret’s Professor of Divinity an der Faculty of Divinity der University of Cambridge. Forschungsschwerpunkt: griechisch-römischer Kontext des Neuen Testaments. Manfred Lang, Dr. theol. habil., apl. Professor für Neues Testament an der Martin-­ Luther-Universität Halle-Wittenberg. Forschungsschwerpunkte: „Neuer Wettstein“, antike Kulturgeschichte, antike Geschichtsschreibung, antike Rezeptionsästhetik, Johannesevangelium, Apostelgeschichte. Heikki R äisänen (†), Dr. theol., Professor em. für Neues Testament an der Universität Helsinki. Forschungsschwerpunkte: Religionsgeschichte und neutestamentliche Theologie, Evangelien und Paulusforschung, neue religiöse Bewegungen und Exegese. Udo Schnelle, Dr. theol. habil., Professor em. für Neues Testament an der Martin-­ Luther Universität Halle-Wittenberg, Forschungsschwerpunkte: Paulus, Johannes, Einleitungswissenschaft, Geschichte des frühen Christentums. Lena Seehausen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Neutestamentliche Wissenschaft an der Universität Leipzig. Forschungsschwerpunkte: Rezeptionsgeschichte des Neuen Testaments, christliche Apokryphen, irisches Christentum, Inkulturation des Evangeliums. Karl Friedrich Ulrichs, Dr. theol., Pfarrer der Französischen Kirche zu Berlin (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz). Forschungsschwerpunkte: Theologie des Paulus, narrative Strategien im Lukasevangelium, Didaktik und Homiletik biblischer Texte. Annette Weissenrieder, Dr. theol. habil., Professorin für Neues Testament und Exegese an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg und Leiterin des Corpus Hellenisticum Paganum. Forschungsschwerpunkte: Antike Medizin, Philosophie und Architektur, Vetus Latina.

Stellenregister Erstellt von Rudolf Heiligenthal

Altes Testament Genesis 2,7 210 5,18–24 328 6,4 286 32,30 391 Exodus 4,22 284 15,26 264 19,22 248 22,31 357 33,13 394 33,20 395 33,21–23 391 34,29–35 395 Leviticus 11,7 358 11,44 243 11, 44–45 243 17,5 248 19,2 243 20,3 243 20,7 243 20,16 243 21, 6–8 243 22,2 243 22,12 354 Numeri 12,6–8 390 f. 12,8 395 31,50 355 Deuteronomium 5,4 391 12,11 327 12,15 354 14,8 358 21,23 329

32,1–43 281 32,6 243 34,10 391 Richter 6,22 391 1. Samuel 17,43 357 2. Samuel 3,8 357 7,14 243, 284 1. Könige 8,12 f. 327 8,39 327 8,43 327 14,11 357 2. Könige 2,1–14 158 8,13 357 20,18 281 1. Chronik 2,3 281 8,9–11 281 29,10 243 2. Chronik 15,3 304 Psalmen 2,7 282, 328 18,1 263 34,12 264 59,6 357 59,14 f. 357 68,16 f. 327

402

Stellenregister

69,18 263 72,1 244 72,18–19 244 86,16 263 89,27 284 110,1 220, 222 Sprüche 1,5–6 367 2,1–6 328 3,7 367 6,6 367 8,22–31 282 f., 328 9,12 367 10,23 367 11,22 354 12,15–16 367 13,16 367 14,16 367 17,28 367 18,2 367 19,1 367 26,11 354, 357, 367 Kohelet 3,16 388 4,1 388 4,7 388 Jesaja 1,2 f. 282 3,12 355 6,1 222 6,3 243 6,10 388 8,18 327 37,35 263

40,10–11 301 41,8–9 263 42,1–4 262 f. 42,19 263 43,10 263 44,1–2 263 44,23 263 45,4 263 49,6 263 50,8–9 264 50,10 263 f. 52,13 263 63,16 284 64,7 284 65,16 304 Jeremia 3,4–19 243 5,21 388 31,10 301 Ezechiel 20,35 391 34,11–16 301 36,10–12 282 43,7 327 Daniel 10,13–21 328 12,3 393 Habakuk 3,3–4 243 Sacharja 8,3 327

Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen, Qumran, Rabbinica äthHen 20,5 328 38,2 263 45 f. 328 53,6 263 62, 15 393 71,3 328 90,21 328

1 Esdras 4,15 f. 281 6,12 263 2 Esdras 10,44 281 4 Esra 7,97 393

403

Stellenregister syrBar 49–51 393

11Q10 38,8 355

Tobit 1,9 281

TestNaph 8,3 328

2 Makk 4,7–15 277 6,1–5 277 6,1–7 288 6,7 277 14,36 244

TestDan 5,13 328

3 Makk 2,2 244 6,18 304 Sir 24,4 327 24,8 328 24,12 ff. 327

TestBen 3,8 328 9,2 f. 328 11,2 328 10 328 TestSim 6,5 328 TestLev 8,15 328 16,3 f. 328

Weish 6,12–11,1 328 7,25 f. 393 9,9 328 9,9 f. 327 9,17 327

TestJud 24,1 328

Bar 1,20 264 2,28 264 3,38 328

391

TestJos 19,3 328 LevR 14, 1

Neues Testament Matthäus 1,1–17 326 1,20 286 3,6 165, 168 5–7 142 5,3–12 165 5,17 163, 165 5,22 165 5,28 165 5,44 165 6,7–13 165 6,9 238 6,9–13 165, 237 6,13 353 6,19 239

7,1 352 7,1–5 353 7,1–12 354, 356 7,6 351 ff., 367 f., 374 7,7–11 353 7,12 165 10,9 f. 165 10,10 165 10,28 165 12,18–20 263 13,46 355 15,22 276 15,26 f. 355 16,16 242 17,21 248

404 21,13 248 22 248 28,19 f. 220 Markus 1,9–11 326 1,24 218 2,7 168 f. 3,11 218 4,12 388 5,7 par. 218 6,34 301 7,24–30 276 8,29 242 9,29 248 11,17 248 14,27 301 Lukas 1,1–4 14 1,35 326 1,69 263 2,28 170 3,23–38 326 4,41 218 6,12 248 6,20–26 100 6,20–49 142 6,27–38 100 6,30 359 6,39–49 100 9,2 170 10,20 238 11,2 237 13,4 249 13,33 f. 249 15,4–6 47 15,24.32 189 16,17 170 17,20 f. 193 18,31 249 19,9 170 19,23 170 19,46 248 22,4 170 22,45 248 24,14 170 24,22 170 24,35 389 Johannes 1,1 278 1,1–2 283, 290

Stellenregister 1,1–3 291, 298, 300, 326 1,1–18 212 1,3 283, 296 1,3–4 296 1,4–5 297 1,9 f. 290 f., 297 1,10 296 1,12 299, 307 1,12–13 284, 290, 296, 299 1,13 286, 299 1,14 280, 288, 290 f., 296, 299, 305 f., 325, 327 1,17 288 1,18 222, 280, 287 f., 290 f., 296, 300, 306, 326 f. 1,30 326 1,34 280 1,49 280 2,1–11 288, 290, 292 2,8–10 288 2,9 288 3,4–6 299 3,4–8 299 3,5 299 3,5–8 299 3,11 326 3,13 326 f. 3,16 280, 288, 290 f., 327, 333 3,16–18 299 3,17 327 3,18 280, 288, 290, 327 3,31 326 3,31–35 326 4,9 278 4,10–11 289 4,24 334 4,46 288 5,1–9 289 5,2–18 290, 292 5,36 327 5,37 f. 326 5,38 297 5,45 f. 327 6,32 289 6,33 327 6,38 327 6,41 f. 327 6,46 326 f. 6,50 327 6,60 290, 296 6,62 326 f. 6,69 242 7,10–52 276

Stellenregister 7,17 198 7,28 276 7,33–34 277 7,35 277 7,35–36 277 8,14 327 8,19 326 8,23 327 8,31 297 8,58 327 9,39–41 388 10,1 f. 47 10,1–16 301 10,1–21 301 10,6 276 10,10 302 10,10–11,15 302 10,16 302 10,22–39 277, 288 10,31–33 269 10,34–35 284 10,35 290, 299 11,27 280 11,42 327 11,51 f. 307 11,52 299 12,12–19 276 12,20 276 12,20 f. 292, 310 12,20–26 276, 290 12,21 276 12,24 276, 292 12,27–50 276 12,41 327 13,1 163 13,1–3 242 13,33 307, 327 13,35 389 14,2 327 14,28 327 15,1 289 15,2–5 289 15,9 f. 297 15,20 297 16,5 327 16,8 168 16,25 276 16,25–28 296 16,28 326 16,29 276 17,3 304 17,5 326 17,6 242

17,8 327 17,11 248 17,11b 241 17,11b–19 242 17,21 327 17,23 327 17,24 300, 326 17,25 327 18,37 280 19,5 306 19,5b 333 19,19–20 277 19,20 278 19,34 299 20,19 302 20,26 302 20,31 280 21,20–24 275 f. Apostelgeschichte 1,3–8 160 1,9 165 1,9–11 158–160 1,9–14 159 2,1–4 160 2,9 373 2,41 ff. 160 2,42–47 158–160 2,44 f. 160 2,45 165 3,19 f. 159 3,11–26 263 4,23–30 263 4,25 263 4,34 165 6,1 ff. 160 14,11 305 14,11b–12 330 17,15–34 62 17,18 165 17,34 165 18,5 62 20,18–21 48 Römerbriefe 1–5 159 1,3–4 287 1,3b–4a 326 1,5 49 1,8 59 1,9 61 1,15 59 1,16 164

405

406 1,20 390 1,25 61 1,27 164 2,18 59 2,21 59 3,25 336 5,1–12 215 5,6–8 53, 65 5,10–11 64 6,3–5 220 8,3 287, 326 f. 8,14 f. 287 8,23 287 8,29 394 8,32 327 9,4 61 9,5 326 10,8 20, 59 10,14 f. 59 12,1 61 12,2 51 10,15 59 14,15 65 15,6 262 15,20 59 15,21 394 1. Korinther 1,2 268 1,13 65 1,17 59 1,21 62 1,23 59, 62, 332 2,1 59 2,1–2 62 2,2 62 2,3 49, 62 3,10 49 3,16 f. 336 4,6 389, 144 4,14 49 4,17 59 5,11 f. 59 6,12 52 6,19 f. 336 7 54 7,10 52 8,1–3 388 8,4–6 262 8,6 287, 326, 342 8,11 65 9,1 326, 394 9,14 59

Stellenregister 9,16 59 9,18 59 9,27 59 10,4 326 10,11 60 10,23 f. 52 11,1 48 11,16 52, 144 11,17–34 54, 267 11,26 59 12,25 46 13,1–3 388 13,2 390 13,8–13 388, 390 13,12 388 f., 391, 394 14,6 388 14,19 59 15,1 f. 59 15,1–11 65 15,3 65 15,3–5 326 15,3–10 215, 218 15,8 326, 394 15,21 49 15,21 f. 215 15,32 164, 143 15,42 f. 390 15,45 210 15,45–50 215 15,49 394 16,22 268 2. Korinther 1,8 f. 51 f. 1,19 59, 326 1,24a 51 1,24b 51 1,24c 51 3,4 392 3,7 392, 394 3,8 f. 49 3,13 392, 394 3,17 334, 394 3,18 391, 393 f. 4,4 392, 394 4,5 59 4,6 394 4,7 394 4,14 394 4,17 394 5,11 50 5,14 65 5,14–15 65

Stellenregister 5,18 49 5,18–19 64 8–9 145 f. 8,9 326 9,29–31 145 10,10 49 10,16 59 11,4 59 11,6 49 11,17 59 11,28 46 12,10 49 13,11 46

1,9–10 287 2,1–12 51 2,7 49 2,9 59 2,11 46, 49 2,12 53 3,6 59 4,13–18 54 4,18 46 5,9–10 65 5,11 46, 60 5,14 46 5,17 53

Galater 1,8 f. 59 1,11 59 1,16 59, 326 1,23 59 2,2 59 3,1 62, 394 4,3–7 262 4,4 326 f. 4,4 f. 287 4,6 326 4,13 59 4,19 49, 394 4,20 50 5,11 59 6,1 46 6,6 59 6,14 287

2. Thessalonicher 3,7 215

Philipper 1,15 59 1,17 f. 59 1,21 164 1,30 389 2,5–6 287 2,5–11 220, 321 2,6 287, 326 2,6–11 342 2,7 f. 326 2,9–11 262, 268 2,12 49 2,6 164 4,3 46

Hebräer 1,1–14 268 13,2 164, 328 1. Timotheus 1,11 164 2,9 355 4,13 46 5,22 357 2. Timotheus 1,13 145 2,22 164 Titus 1,12 164 3,3 164

Kolosser 3,11 164

Jakobusbriefe 1,6 387 1,10 f. 387 1,18 385 f. 1,19–27 384 1,21 385 1,23 387, 396 1,23 f. 388 1,23–25 386 2,14 ff. 385 2,22–25 385 2,23 f. 385 3,3 f. 387 3,11 f. 387 3,6 387

1. Thessalonicher 1,9 287, 304

1. Petrus 1,8 300

407

408

Stellenregister

1,15 f. 241 1,21 300 1,22–23 300 3,19 f. 220 f. 4,8 300 2. Petrus 2,16 164 2,18–22 355 1. Johannes 2,1 307 2,12 307 2,14 297 2,15–17 293, 307 2,16–17 290 2,18 307 2,18 f. 306 2,24 297 2,29 299 3,1–2 299, 307 3,2 297, 299 f. 3,9 286, 290, 297, 299 3,10 299, 307 3,15 297 3,17 297 3,19 389 4,1 306 4,2–3 306 4,4 307 4,7 286, 299

4,8 292 f., 307 4,9 f. 288, 290, 299, 327 4,9 f. 327 4,14 327 4,15 280 4,16 297 5,1 286, 297, 299 5,2 299, 307 5,4 299 5,5 280 5,6 299, 306 5,10 280 5,13 280 5,18 280, 282 f., 286, 288, 299, 307 5,18–21 278, 304 5,19 307 5,20 280, 287, 293, 307 5,21 288, 290, 293, 307 2. Johannes 7 306 Offenbarung 17,4 355 17,8 164 17,18 164 18,12 355 18,16 355 21,21 355 22,11 248

Apostolische Väter u. a. altkirchliche Texte Barnabas 6,1 264 9,2 264 An Diognet 8,9 264 8,11 264 9,1 264 9,2–4 264 10,1 264 11,2–8 264 11,5 264 12,9 264 1 Clemens 1,7 386 7,1 386

49,4 264 59,2–3 264 Didache 9,1 264 9,2–3 264 9,5 358 10,2–3 264 PsClem. Recogn. 2,3,2–5 359 2,3,4–5 359 3,1,2–7 359 f. Martyrium Polycarpi 14,1 264

Stellenregister 14,3 264 20,2 264

Justin, Dialogus 38 269 63 269 65 269

409

Namensregister Erstellt von Rudolf Heiligenthal

Ābādāni, Farhad S. ​368 Achelis, Ernst Christian ​46 Achelis, Hans ​140, 389 Achelis, Thomas ​108 Ackerman, Robert ​108 Adloffs, Kristlieb ​54 Aitken, Kenneth T. ​283 Aland, Kurt ​99–101, 239, 276, 301 al-Ġazzālī, Muḥammad ​361 Alexander, L. ​133 Alexander der Große ​233 Alkibiades ​275, 292 Alt, Albrecht ​77, 82 Ambrosiaster ​240 Ambrosius ​236, 240 Ameling, Walter ​172 Amphoux, Christian ​237 Andreas von Caesarea ​131, 139 Anklesaria, B.  T. ​368 Antes, Peter ​5 Antiochus IV. Epiphanes ​277, 288 Apollodorus ​293 Apollonius von Tyana ​329 Apuleius ​318 Arethas von Caesarea ​139 Aristides, Aelius ​291 Aristoteles ​155, 293 Arndt, Johann ​30 Arzt-Grabner, Peter ​169, 392 Ascough, Richard S. ​99, 147 Asmussen, Jes Peter ​369–374 Assmann, Jan ​338 Athanasius ​268 Augustin ​53, 197, 234, 268, 317 Augustus ​246  f. Aune, David E. ​144 Ausbüttel, F.  M. ​99 Bach, Johann Sebastian ​273, 275, 309 Bacher, Wilhelm ​370–372 Back, Frances ​392, 394 Baetke, Walter ​4 Baird, William ​137  f.

Balla, Peter ​14 Baltrusch, Ernst ​172 Banks, J.  S. ​141 Barfield, Owen ​313 Barrett, Charles Kingsley ​242 Barth, Heinrich ​86 Barth, Jakob ​364 Barth, Karl ​4, 135 f. Barthold, Claudia ​216  f. Bartholdy, Felix Mendelssohn ​91 Bartholomae, Christian ​369 Bartlett, Vernon ​143 Basilides ​360 Bastian, Adolf ​86 Bauckham, Richard ​299 Bauer, Walter ​IX, 81 Baumgärtel, Friedrich ​82 Beetham, Christopher A. ​161 Behrens, Siegfried ​39 Benjamin, Walter ​233 Bennema, Cornelis ​161 Bennett, T. J. ​352 f., 357 Benrath, Gustav Adolf ​34 Bense, Gertrud ​30 Benveniste, Émile ​369 Benyik, György ​173 Berger, Klaus ​8 Berghuis, Freerk-Jan ​279 Bernhard, J.  H. ​143 Bernhardy, Gottfried ​36 Berthold, Heinz ​158 Bertholet, Alfred ​89, 392 Betz, Hans Dieter ​142, 144 f., 146, 352–360 Beyschlag, Willibald ​36 Bhabha, Homi K. ​233 Billerbeck, Paul ​80, 85, 161, 354 Bismarck, Otto von ​41 Bloch, René ​223 Blochet, Edgard ​369 Böhlig, Hans ​IX Böhmer (geb. Schirrwagen), Amalie ​38 Böttrich, Christoph ​75, 344 Borgen, Peder ​98

Namensregister Botterweck, G. Johannes ​358 Boudon, Véronique ​289 Bousset, Wilhelm ​VII f., IX, XI, 10, 71 f., 78, 89, 96, 102–108, 207–211, 214, 218, 258–261, 266, 338, 340 Bowen, Clayton R. ​143 f. Boyce, Mary ​371  f. Boyd, Robert ​66 Boys-Stones, George ​300 Brakmann, Heinzgerd ​221 Bremmer, Jan ​60  f. Brentjes, Burchard ​358 Breytenbach, Cilliers ​XI, 4, 9 f., 12 f., 17, 59–67, 146, 157 Brock, Sebastian P. ​370 Brockhaus, Hermann ​87 Brouwer, Jan ​306 Brown, Raymond E. ​241 Brox, Norbert ​133 Brun, Friederike ​155 Brunner, Christopher J. ​369–373 Buch-Hansen, Gitte ​299 Buckley, Jorunn Jacobsen ​363, 367 f. Buddha ​197 Bühner, Jan-A. ​262 Buhl, Frants ​77 Bukowski, Peter ​55 Bultmann, Rudolf ​VII, 8, 15, 18, 20, 86, 96, 104, 119, 144, 161, 211, ​224, 274, 289, 329, 340 Buri, Franz ​121 Burkert, Walter ​105, 329 Burton, Philip ​237, 239, 242 Burkitt, Francis Crawford ​239, 263 Cadbury, Henry J. ​263, 265 Cagliari, Lucifer von ​240 Cahn, Adolphe E. ​95 Caligula ​332 Callan, T. ​355 Calvin, Jean ​45, 194, 311 Campbell, Dougla A. ​171 Canaan, Taufic ​76 Carus ​34 Celsus (Kelsos) ​216 Chadwick, Henry ​269 Chamberlain, Houston Stewart ​120, 200 Charlesworth, James H. ​161 Christian, August Detlev ​139 Chrysostomos, Dion ​53, 212, 331 Ciampa, Roy E. ​161 Cicero ​166 Claudius, Matthias ​39, 171

411

Clemen, Carl ​IX, 73, 81, 102 Clemens von Alexandrien ​225, 235 Coleman, Robert G. G. ​236 f. Collins, B.  J. ​359 Collins, Raymond ​144 Colpe, Carsten ​211 Cone, Orello ​143 Conrad, Chr. ​336 Conzelmann, Hans ​140  f. Conrady, August ​89 Copenhaver, Brian P. ​291 Corcella, Aldo ​157 Cornutus ​327 Cotter, Wendy ​289 Coutelle, Éric ​247 Cragg, Kenneth ​266 Cranford, Lorin ​352 f., 356 f. Cremer, August Herrmann ​78 Cullhed, Anders ​212 Cullmann, Oskar ​242, 262 f. Curtiss, Samuel Ives ​76 Cyprian von Karthago ​235 f., 240 Czachesz, Istvan ​21 Daehne, Ferdinand ​36 Dähnhardt, Oscar ​90 Dahl, Nils Alstrup ​261 Dalberg-Acton, John ​134 Dalman, Gustaf ​76, 95 Damasus von Rom ​219 Dautzenberg, Gerhard ​389 De Jong, Albert ​372 Deines, Roland ​72, 121, 344 Deißmann, Adolf ​IX, 68, 80, 93 f., 137 f., 146, 157, 343 Delitzsch, Franz ​76 f., 83, 101, 106 Delitzsch, Friedrich ​83, 87, 102, 106, 120, 200 Delling, Gerhard ​156, 162, 344​ Delobel, Joël ​237 Demetrius I. Poliorketes ​304, 308 Demochares ​304, 308 Denyer, Nicholas ​387 Deussen, Paul ​116 Dibelius, Martin ​IX, 81, 146, 387 Dickey, E. ​99, 239 Dieterich, Albrecht ​73, 108 Dijk, Jan J. A. van ​370 Diodorus Siculus ​284 Diomedes ​238 Dion von Prusa ​227, 343 Dionysius on Halikarnassus ​293 Dobschütz, Ernst von ​IX, 55, 75, 81, 85, 92 ff., 131, 142, 146, 157 f., 161, 248, 273, 343–345

412

Namensregister

Dodd, Charles Harold ​XII, 241, 273–277, 279, 304 Döpp, Siegmar ​212 Doering, L. ​103 Domitian ​171, 245 Downing, Francis Gerald ​383, 389 Dräger, Paul ​244 Dreher, Matthias ​119 Drews, Arthur ​106 Drower, Ethel Stefana ​362 f., 367 f. Droysen, Johann Gustav ​336, 339 Dürkop, Martina ​108 Duhm, Bernhard ​89, 102, 105 Dunderberg, Ismo ​11, 15 Dunham, D. ​355 Dunn, James D. G. ​10, 17 f., 20 f., 54, 325, 332 Dupont, Jacques ​48, 392 Dye, Guillaume ​365 Dyson, Hugo ​314 Eaton, D. ​143 Ebeling, Erich ​370, 374 Ebers, Georg ​107 Eck, Paul ​41 Eck, Paula ​95 Eck, Werner ​172 Edwards, Thomas Charles ​143 Ehrman, Bart D. ​296 Eichhorn, Albert ​102, 105, 141 Eichhorn, Herrmann ​VIII, 78 Einhauser, Eveline ​74 Eisele, Wilfried ​289, 363 Ellendt, G. ​28 Eliade, Mircea ​4 Elsner, Jas ​276 Empedokles ​329 Empiricus, Sextus ​289 Engberg-Pedersen, Troels ​144, 299 Epiktet ​167, 331, 343 Epiphanes ​360 Erdmann, Ferdinand ​36 Erlemann, Kurt ​361 Ernesti, Johann August ​140 Eschner, Christina ​65  f. Eskola, Timo ​8–21 Eucken, Rudolf ​48 Eusebius ​295 Eusebius von Vercelli ​239 Feeney, Dennis C. ​245 Feine, Paul ​IX Feldman, Louis H. ​161

Feldmeier, Reinhard ​281, 284 Feliks, Jehuda ​358 Ferda, T. ​144 Festugière, André-Jean ​274  f. Fichte, Johann Gottlieb ​93 Fiebig, Paul ​IX Fiedrowicz, Michael ​216  f. Findlay, G.  G. ​141 Firmicus Maternus ​210 Fischer, August ​364 Fischer, Bonifatius ​234 f., 239, 240 Fishbane, Michael ​391 Fitschen, Klaus ​75, 85 Fitzgerald, John ​XI, 131–140, 144, 146 Flaccus, Valerius ​246, 249 Flaccus, Quintus Horatius ​359 Fleischer, Heinrich Leberecht ​77, 83, 107 Foerster, Werner ​360 Fornberg, Tord ​289 Fossum, Jarl E. ​259, 328 Fraenkel, Siegmund ​364 Frank, Gustav ​36 Frankemölle, Hubert ​353 Frazer, James George ​XII, 101, 108, 308, 310–318 Frenschkowski, Marco ​XI, 71, 86, 119, 310, 373 Frey, Jörg ​161–166, 260, 332, 342 Friedrich Wilhelm III. ​28 f. Frobenius, Leo ​101 Frontinus, Sextus Iulius ​171 Fück, Johann ​77 Funck, Luise ​27 Furnish, Victor Paul ​144 Gabelentz, Hans Georg Conon von der ​83 Galen ​133 García Martínez, F. ​355 Gebauer, Roland ​46, 50–56 Geerlings, Wilhelm ​212 Gehlen, Arnold ​336 Geisenhainer, Katja ​87  f. Gemeinhardt, Peter ​XI, 205, 208, 217, 219 f., 224–227, 305 Georges, Tobias ​217 Gerhardt, Volker ​336 Gese, Hartmut ​332 Getty, M.  A. ​21 Gilbert, George H. ​141 Gignoux, Philippe ​372  f. Gobineau, Arthur de ​200 Godet, Frédéric Louis ​143 Goodspeed, Geo S. ​137

Namensregister Görtz, Hans-Jürgen ​12, 336 Gotthold, Friedrich August ​27 Greeves, Arthur ​312–315 Grimme, Hubert ​364 Guericke, Ferdinand ​36 Gulkowitsch, Lazar ​81 Gündüz, Şinasi ​363 Gunkel, Hermann ​VIII, 78, 96, 102 f., 105 f., 338, 340 Guthe, Herrmann ​3 Gutmann, Bruno ​81 Gutsfeld, Andreas ​99 Graf von Baudissin, Wolf Wilhelm ​IX, 77 Graf, Fritz ​289 Grant, Robert McQueen ​133 Gregory, Caspar René ​75, 95 Greimas, Jean ​226 Gressmann, Hugo ​VIII, 76, 102 f., 105 f., 141, 258 Grosche, Richard ​36 Grundmann, Walter ​85 Gzella, Holger ​368 Haacker, Klaus ​163, 355 Haas, Hans ​79–91, 108 Habermann, Jürgen ​326 Habermehl, Peter ​225 Hackmann, Heinrich ​102 Hafemann, S.  J. ​144 Hagner, Donald ​353  f. Haeckel, Ernst ​112, 180 Haehling, Raban von ​219 Haeuser, Philipp ​221  f. Hainzmann, Manfred ​171 Hahn, Ferdinand ​7, 15, 18 f. Hammann, Konrad ​VII, 86, 93 Hammer, Andreas ​224 Hanges, James C. ​144 Harkel, Thomas von ​238 Harms, Claus ​34, 39 Harnack, Adolf von ​VII, IX, XI, 71 f., 74, 77–84, 91, 93, 105, 108 ff. 112, 115, 141, 208 f., 265 Harris, Murray ​144 Hartland, Edwin Sidney ​99, 101 Hartman, Lars ​268 Hassell, Ulrich von ​42 f. Hassenstein, Daniel Christoph ​28 Hassenstein, Walter ​28 Hastings, James ​79 Hatch, Edwin ​138, 141 Hauck, Albert ​77–79, 89, 131 Hauck, Friedrich ​79

413

Hawkins, R.  K. ​357 Heckel, Ulrich ​14, 54 Hedeler, Georg ​95 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich ​114, 186 Heim, Knut M. ​354 Hein, Markus ​85 Heinrici, Anna ​32, 41 Heinrici, August ​25, 27, 30–38 Heinrici, August Jr. ​32, 40 Heinrici, Auguste ​32 Heinrici, Carl Friedrich Georg ​VII f., IX f., XI f., 25, 27–33, 35–59, 62–87, 89, 91–122, 131–137, 157, 179, 207–209, 233 f., 248, 273, 275, 308–312, 316, 318, 343 f., 351, 383 f., 394, 396 Heinrici, Detlev ​42 Heinrici, Elisabeth ​35, 38, 41 Heinrici (geb. Wilkinson), Ellen ​25, 38, 47, 95 Heinrici, Ellen (Tochter) ​41 Heinrici, Ferdinand ​35, 41 Heinrici, Gotthard ​42 Heinrici (geb. Kempfer), Ida ​25, 28 f., 31–38, 94 Heinrici, Johann Samuel ​27 Heinrici, Johannes ​32, 40 Heinrici, Karl ​38, 41–43 Heinrici, Karoline ​30, 32, 38, 40 Heinrici, Marie ​31–38, 40 Heinrici (geb. Kempfer), Mathilde ​38 Heinrici, Meta ​32, 40 Heinrici, Paul ​35, 41 f. Heinrici (geb. Eck), Paula ​41 Heinrici, Ursula ​42 Heinze, Max ​93 Heinze, Richard ​93 Heitmüller, Wilhelm ​VIII f., 80, 102, 105, 140, 338 Helck, Wofgang ​358 Helm, Rudolf ​359 Helmer, Matthias ​XII, 351 Hengel, Martin ​259 f., 326, 329, 342, 383 Hense, Otto ​160 Hera, Marianus Pale ​241 Heraklit ​157, 295, 300 Herbst, Michael ​56 Herder, Johann Gottfried ​27 Herennius Philon ​291 Hermelink, Heinrich ​86 Hertzberg, Gustav ​36 Herz, Henriette ​136 Herzer, Jens ​344 Hertz, Deborah ​137

414

Namensregister

Hesiod ​159, 330 Heydasch-Lehmann, Susanne ​206, 211, 223 Heyden, Wichard von ​332 Heyworth, Gregory ​239 Hezser, Catherine ​161 Hilarius von Poitiers ​236, 360 Hincks, E.  Y. ​142 Hinnels, John R. ​4 Hinz, Vinko ​172 Hippolyt von Rom ​359 Hitler, Adolf ​42 Hock, Klaus ​5, 337 Höffker, Jan ​209 Hoennicke, Gustav ​IX Hoffmann, Richard Adolf ​IX Holloway, Paul A. ​144 Holtz, Traugott ​65, 344 Holtzmann, Heinrich Julius ​100, 117, 142 Homer ​212, 300, 329 Horaz, Q. ​223, 358 Horbury, William ​283 Horn, Friedrich Wilhelm ​54, 94 Horovitz, Josef ​364 Houghton, H. A. G. ​237, 239 Houlden, J.  L. ​10 Hubatsch, Walther ​26, 29, 34 Hugedé, Norbert ​389  f. Hübner, Ulrich ​358 Hüneburg, Martin ​XII, 383 Huizing, Klaas ​170 Hultgård, Anders ​368 Humboldt, Alexander von ​136 Humboldt, Wilhelm von ​84 Hunzinger, August Reinhold Emil Wilhelm ​ 75 Hurtado, Larry W. ​XI, 107, 255, 259 ff., 267, 269, 325, 328, 332, 342 Ignatius ​235, 361 Ihmels, Ludwig ​IX, 86, 90 Ittel, G. W. ​96, 102, 106 Irenäus ​197, 219, 236 Irsigler, Hubert ​243 Jackson, Samuel Macauley ​139 f. Jacobi, Justus Ludwig ​36 Jaeger, Friedrich ​334  f. Jamasp-Asana, Jamaspji Minocheherji ​369 James, William ​137 Jamblichus ​159 Jannasch, Wilhelm ​242 Janowski, Bernd ​327, 332 Janssen, Veronika ​X, 25, 47, 94

Jeffery, Arthur ​364 Jeremias, Alfred ​87 Jeremias, Joachim ​85, 262, 264 f., 354–361 Johannes der Täufer ​362, 364 John, Sabine ​25 Johnson, Luke Timothy ​386, 387 Josephus, Flavius ​159, 166, 246, 341, 344 Jourdan, G.  V. ​144 Judge, Edwin ​61 Jülicher, Adolf ​VIII, 137, 240 Julian (Kaiser) ​210, 216 Jung, Carl Gustav ​259 Junghans, Helmar ​85 Jungmann, Franz Emil ​93 Justin ​235, 295 Kaerst, Julius ​96 Kähler, Martin ​78, 94, 113 Kämmel, Heinrich Julius ​27 Kahane, Henry ​361 Kahane, Renée ​361 Kaiser, Otto ​243 Kammenhuber, Annelies ​372 Karrer, Martin ​325 Kautzsch, Emil ​89 Kazhdan, Alexander ​132  f. Keener, Craig S. ​158, 160, 166, 173 Kelly, J. N. D. ​219 Kempfer, Ernst ​28  f. Kempfer (geb. Hassenstein), Justine ​28 Kennedy, Henry Angus Alexander ​142 f. Kepler, Johannes ​193 Kern, Bernd-Rüdiger ​74 Keshavjee, Shafique ​308, 321 Kessel, Martina ​336 Kierkegaard, Søren ​134 Kilby, Clyde S. ​318 Kim, Seyoon ​161 Kinzig, Wolfram ​219 Kippenberg, Hans G. ​337 Kirkpatrick, William T. ​312 Kirn, Otto ​140 Kittel, D. ​200 Kittel, Gerhard ​48, 77, 81, 85, 390, 392 Kittel, Rudolf ​3, 77, 80–82 Klauck, Hand-Josef ​163, 383 Klessmann, Michael ​56 Klinger, Jerzy ​289 Kloppenborg, John ​99 Klopstock, Friedrich Gottlieb ​27 Klostermann, Erich ​IX Knopf, Rudolf ​IX, 143 Knox, John ​20

Namensregister Koch, Dietrich-Alex ​97, 99 Kocka, Jürgen ​336 Köhler, Wolf-Dietrich ​360 König, Götz ​369 Köpf, Ulrich ​224 Kooten, George van ​XII, 169, 173, 273, 276, 291 f., 296 Kopernikus, Nikolaus ​197 Koselleck, Reinhart ​337 Krans, Jan ​157 Krantor von Soloi ​289 Kraus, Wolfgang ​344 Kreinecker, Christina M. ​169 Kropatscheck, Friedrich ​46 Kropp, Manfred ​365 Krüger, Paul ​IX, 207 Krüger, Thorsten ​330 Kühn, Carl Gottlob ​298 Kümmel, Werner Georg ​VIII f., 71, 82, 137, 144, 168, 175, 256, 345, 384 Küng, Hans ​9, 21 Kuhn, Ernst Wilhelm Adalbert ​107 Kuyper, A. ​180 Kyrill von Alexandria ​294 Kyrill von Jerusalem ​221 f., 227 Labahn, Michael ​158, 173, 289, 344 Laertius, Diogenes ​289, 298 Lagarde, Paul de ​91 Lambert, Wilfred ​370 Lambrecht, Jan ​392 Lampe, Geoffrey William Hugo ​265 Lamprecht, Karl ​79 Lang, Andrew ​90, 101 Lang, Manfred ​XI, 155, 158, 168–172, 344 Langslow, D. R. ​236 f. Laodizea, Petrus von ​VIII, 132 Lauha, Aarre ​3 Lee, Michelle V. ​161 Lehmann, Edvard ​88  f. Lehmann, Rudolf ​90, 106 Lehmann-Haupt, Carl F. ​312 Lehmkühler, Karsten ​103, 256 Leipoldt, Johannes ​IX, 71, 80 f., 85 f., 131 Lemitz, Bastian ​156 Leppin, Hartmut ​206 Lesser, Friedrich Christian ​155 Lessing, Gotthold Ephraim ​27 Levy, Jacob ​356 Lewis, Clive Staples ​XII, 308, 310–314 Lidzbarski, Mark ​363  f. Liebsch, Burkhard ​335 Lietzmann, Hans ​IX, 81, 99 ff.

Lieu, Judith ​299 Lindemann, Andreas ​62, 390 Lipiński, Edward ​368 Lips, Hermann von ​326, 352 ff., 357, 362 Litwa, M. David ​395 Llewelyn, Stephen ​352, 354, 356 Löhr, Gebhard ​4 Longenecker, Richard ​262 Loofs, Friedrich ​140 Loth, Otto ​107 Lüdemann, Gerd ​102, 338 Lütgert, Wilhelm ​IX Ludovicius de Dieu ​139 Lukian ​166, 171 Lundström, Sven ​236 Luthardt. Christoph Ernst ​75 f., 78, 93 Luther, Martin ​45, 186, 194, 197, 311 Luther, Susanne ​386 Lutz, Cora E. ​160 Luxenberg, Christoph (Pseudonym) ​365 Luz, Ulrich ​352, 355 f. Lyon, Irenaeus von ​209 MacKenzie, David Neil ​373 Maciuszak, Kinga ​369, 371 f. Macrobius ​210 Macuch, Maria ​369, 371 Macuch, Rudolf ​363, 367 f. Männchen, Julia ​76 Magne, Jean ​237 Maier, Johann ​355 Malherbe, Abraham ​VIII, 65, 146, 330 Mann, Thomas ​87 Mansfeld, Jaap ​133 Manuwald, Gesine ​245 Marchand, Suzanne L. ​256, 258 Marciano, Gemelli ​157 Marjanen, Antii ​15 Markschies, Christoph ​208, 211, 219, 360 Marshall, Ian H. ​15 Matera, Frank J. ​7 Maximus von Tyrus ​161 Maxwell-Stuart, P.  G. ​356 McEleney, Neil J. ​354, 356 McGrath, Alister Edgar ​316 McKim, Donald K. ​138 Meiser, Martin ​212, 227 Menache, Sophia ​357 Mendelsohn Bartholdy, Felix ​136 Merian, Maria Sybilla ​155 Merk, Otto ​207 Metzger, Bruce M. ​221 Meyer, Eduard ​106  f.

415

416 Meyrink, Gustav ​116 Michel, Paul ​384 Miguens, Emanuel ​390 Miller, Geoffrey D. ​357 Mingana, Alphonse ​364 Mirbt, Carl ​102 Moazami, Mahnaz ​372 Modi, Jivanji Jamshedji ​369, 372 Moffatt, James ​143 Moffitt, David M. ​283 Mohammed ​311 Mohn, Jürgen ​205 Mohrmann, Christine ​236 Mowinckel, Sigmund ​141 Möllendorff, Peter von ​171 Möller, Christian ​54 Monod, Gabriel ​135 Morgan, Robert ​5 f., 13 Moss, Candida R. ​226 Müller, Adelheid ​155 Müller, Christoph Gregor ​370 Müller, E. F. Karl ​49 Müller, Friedrich Max ​88 Müller-Kessler, Christa ​368 Münch, Christian ​360 Mulder, Stefan ​306 Murray, Robert ​370 Murrmann-Kahl, Michael ​338 Musche, Brigitte ​372 Napoléon ​28 Nash, H.  S. ​140 Nesselrath, Heinz-Günther ​210, 216 Nestle, Eberhard ​142 Neue, Christian Friedrich ​238 Neuer, Werner ​341 Neumann, Karl Eugen ​116 Newberry, Percy E. ​358 Newbold, William Romaine ​142 Newton, Issac ​197 Nickelsburg, George W. E. ​328 Nik Nafs, Caroline ​362 Nineham, Dennis ​20 Nitzsch, Karl Wilhelm ​34 Niebuhr, Karl-Wilhelm ​344 Niederwimmer, Kurt ​388  f. Nietzsche, Friedrich ​93 f., 116 Nock, Arthur Darby ​99, 142, 274 f. Nöldeke, Theodor ​364 Nongbri, Brent ​60  f. Norden, Eduard ​96, 98, 108, 146, 383 Novenson, Matthew V. ​265 Nutton, Vivian ​133

Namensregister Oepke, Albrecht ​84 Oestrup, Johannes ​352, 361 O’Mahony, Kieran J. ​146 Oort, Johannes van ​211 Origines ​197, 213, 216, 298 Orriens, Sander ​279 Orth, Ferdinand ​355 Osborn, Eric Francis ​269 Otto, Rudolf ​4, 84, 86, 90, 102 f., 105, 111, 338 Ovid ​223, 246 f., 330 Özen, Alf ​104 Pagels, Elaine ​142 Palmer, R.  E. ​140 Pannenberg, Wolfhart ​326 Papadoyannakis, Yannis ​132  f. Parsons, Talcott ​335 Parssons, Mikael C. ​158 Pascal, Blaise ​135 Pasquato, Ottorino ​221 Paullus, Sergius ​171 Paulsen, Henning ​340 Perles, Felix ​356 Perry, Alfred M. ​353, 389 Pervo, Richard I. ​158–160 Pfleiderer, Otto ​111, 137 f., 256–258 Pfeiffer, Stefan ​171 Philon von Alexandria ​131, 159, 161 f., 166 f., 341, 344, 395 Plassmann, Engelbert ​73 Platon ​166, 187, 212, 275, 291 f., 317, 389 Plinius der Ältere ​239, 311, 355 Plisch, Uwe Karsten ​359 Plutarch ​166 f., 210, 293, 330, 343, 387, 390 Poland, Franz ​97 Pontius Pilatus ​280, 311, 315 Potter, David ​274 Porphyrios ​295 Popkes, Wiard ​387 Preisendanz, Karl ​80 Preuschen, Erwin ​140, 389 Ptolemaios IV. Philopator ​244 Puukko, Antti Filemon ​3 Pythagoras ​329 Quispel, Gilles ​142 Qayṣarī, E. ​371 Rade, Martin ​86 Radt, Stefan ​162 Räisänen, Heikki ​X, 5, 7, 9, 11, 15 f., 19 ff., 337 Rahlfs, Alfred ​102 Rahner, Hugo ​219

Namensregister Ramelli, Ilaria ​144 Ranke, Ernst Konstantin ​140 Rankes, Leopold von ​77. 339 Ravasz, Hajnalka ​54 Recke, Elisa von der ​155 Redi, Francesco ​155 Rehm, Bernhard ​360 Reinink, Gerrit J. ​370 Reinmuth,Eckart ​54 Reitzenstein, Richard ​VIII, 96, 108, 208, 210 f., 274, 344, 389, 393 Rendtorff, Franz M. L. ​85 Rhodokanakis, Nikolaus ​364 Richerson, Peter J. ​66 Richthofen, Ferdinand von ​87 Riede, Peter ​358 Rippold ​180 Rist, Johann ​155 Ritschl, Albrecht ​339 Rizek-Pfister, Cornelia ​384 Robbins, V.  K. ​9 Rohde, Erwin ​108 Rohr Sauer, Alfred von ​358 Robinson, James M. ​140 Rommel, Hans ​361 Roth, Dieter T. ​237 Rothschild, Claire K. ​299 Roux, R. ​10, 16, 21 Rowland, Christopher ​328 Rudolph, Kurt ​3–5, 13, 61, 71, 73, 79, 84 f., 87, 89–93, 105, 131, 137, 337, 362 f., 367 f., 384 Rückle, Joachim ​56 Rüsen, Jörn ​336 Rumberger, Monika ​25 Runesson, A. ​8, 17, 19 Rutherford, Ian C. ​276 Ryen, Jon Olav ​362, 368, 371 Sänger, Dieter ​102 Salustios ​224 Sand, Alexander ​353 Sanders, Ed Parish ​49, 54 Sandmel, Samuel ​161 Saussaye, Pierre Daniel Chantepie de la ​89 Schaff, Philip ​139  f. Schaller, Bernd ​161 Schiller, Christiane ​28 Schiller, Friedrich ​136, 155 Schimmelpfennig, Adam Friedrich ​29 Schinkel, Dirk ​97 Schlatter, Adolf ​78, 85, 341 f. Schleiermacher, Friedrich ​39, 62, 88, 93, 95, 115, 135–137, 197

417

Schlerath, Bernfried ​372 Schleyer, Dietrich ​359 Schlieter, Jens U. ​6, 8 Schliwski, Carsten ​361 Schlosser, Heinrich ​IX Schmeller, Thomas ​97, 99, 392, 394 Schmid, Ulrich ​237, 353 Schmidt, Carl ​IX Schmidt, Hanns-Peter ​373 Schmidt, Karl Ludwig ​141 Schmidt, Wilhelm ​90 Schmidt-Leukel, Perry ​7, 11 Schmithals, Walter ​131, 141 Schmitz, Christine ​206, 211, 223 Schmitz, Otto ​IX Schnabel, Eckhard ​158–160 Schnedermann, Georg ​IX Schneider-Harprecht, Chr. ​55 Schneider, Christa M. ​88 Schnelle, Udo ​XII, 7, 19 ff., 325, 327, 336–345, 354 Schnitger, Arp ​273 Schöllgen, Georg ​359 Scholz, Paul ​47 Schrage, Wolfgang ​389  f. Schreiber, Stefan ​325 Schrijnen, Johannes ​236 Schröder, Martin ​102, 338 Schroer, Silvia ​358 Schröter, Jens ​167 Schürer, Emil ​74, 77 Schulz, A. ​33 Schuol, Monika ​172 Schwartz, Joshua ​357 Schwarz, Günther ​354 Schweitzer, Albert ​120, 138 Scott, Sir Walter ​274 f. Seaford, Richard ​289, 389 Seeberg, Alfred ​IX Seeberg, Reinhold ​256, 389 Seehausen, Lena ​XII Seelig, Gerald ​71, 79–87, 89, 94, 96, 111, 121, 131, 157, 168, 208, 212, 343–345 Segal, Alan ​259 Seim, Turid Karlsen ​299 Seitz, Manfred ​55 Selbie, J.  A. ​142 Sellin, Gerhard ​206, 213 ff., 222, 224, 226 Seneca ​53, 163, 166 f., 248, 331, 343 Settegast, Karl Friedrich ​27 Settegast, Karoline ​27 Sextus Propertius ​247 Seydel, Rudolf ​87

418

Namensregister

Seyfarth, Gustav ​87 Shaki, Mansour ​369 Sharpe, Eric J. ​4, 86, 90 Sigountos, J.  G. ​388 Sinn, Gunnar ​338 Smallwood, Edith Mary ​246 Smart, Ninian ​8  f. Smith, Jonathan Z. ​212 f. Smith, Sidney ​371 Smith, Wilfred Cantwell ​4 Soden, Hans von ​236 Söderblom, Nathan ​80, 83, 89 f., 94, 115 Söding, Thomas ​326 Sokrates ​197, 216, 275 f., 292 Spieckermann, Hermann ​284 Stange, Erich ​82, 94 Stausberg, Michael ​372 Stegemann, Wolfgang ​5, 11, 13 Steinschneider, Moritz ​369  f. Stendahl, Krister ​5 Stendebach, Franz Josef ​358 Stenström, Hanna ​11 Stollberg, Dieter ​46 Stover, Tim ​245 Stowers, Stanley ​53 Strabon ​373 Strack, Hermann Leberecht ​102, 354 Strand, Johnny ​244 Straub, Jürgen ​336 Strauß, David Friedrich ​113, 115, 180, 182, 187, 260 Streck, Michael ​106 Strecker, Georg ​19, 105, 162, 164, 352, 360, 362 Stuckenbruck, Loren T. ​328 Stuckrad, Kocku von ​337 Stübe, Rudolf ​89 Sudhoff, Karl ​83  ff. Sycz, S. ​364 Szczesny, Gerhard ​4 Tacke, Helmut ​56 Tacitus ​311 Tafażżolī, A. ​368 f., 371 Talbert, Charles ​222 Tanaseanu-Döbler, Ilinca ​306 Tasker, J. G. ​140 f. Tavadia, Jehangir C. ​373 Tertullian ​217 ff., 223, 225, 359 Tettau, Helene von ​42 f. Teubner, Martin ​77  f. Theagenes von Rhegion ​293 Theißen, Gerd ​8 f., 11, 213, 222, 224, 337

Thielmann, Philipp ​236 Thiselton, Anthony ​144 Tholuck, August ​36 Thom, Johan C. ​168, 170 Thomas von Aquin ​197 Thomasius, Christian ​74 Thomassen, Einar ​211 Thompson, T.  W. ​133 Thrall, Margaret ​144, 392–394 Thyen, Hartwig ​241 Tiberius ​171 Tigchelaar, Eibert J. C. ​356 Tilley, Terrence W. ​270 Tillich, Paul ​91 Tischendorf, Konstantin von ​74 f. Titus ​245  f. Tolkien, John R. R. ​314 Torrance, James ​267 Trepp, Ann-Charlott ​155 Tröger, Karl-Wolfgang ​96 Troeltsch, Ernst ​VIII, 13, 78, 91, 102–119, 181–208, 309, 338 Tuckett, Christopher M. ​4 Turner, William ​310 Twesten, August ​38–40, 63, 95, 135–139 Twesten, August Carl ​40 Twesten, Ellen ​40 Twesten, Ernst ​40, 42 f. Twesten, Georg ​40 Twesten, Johann ​39 Twesten (geb. Behrens), Katharina ​39 f. Twesten, Lucie ​39  f. Twesten, Marie ​40 Twesten, Paul ​42 Twesten (geb. Stollen), Sophie ​39 Tworuschka, Udo ​86 Tylor, Edward B. ​101 Ulrichs, Karl Friedrich ​X, 45 Unvala, Jamshedji Maneckji ​369 Uro, Risto ​15 Usener, Hermann ​108 Valerius ​245 Vanstiphout, Herman L. J. ​370 Van Unnik, Willem Cornelis ​144, 146 Veijola, Puukko ​3 Vergil ​159, 248 Verheyden, Joseph ​357 Versnel, Henk ​66 Vespasian ​245  f. Veyne, Paul ​393 Vincent, Marvin R. ​143

Namensregister Vinet, Alexander ​134  f. Visinoni, André Luiz ​239 Volgers, Annelie ​132 Vollenweider, Samuel ​4, 12, 328 Vos, Johan ​7, 15 f., 18, 20 Votaw, Clyde W. ​142 Wach, Adolf ​91 Wach, Joachim ​81, 90 f., 111 Wade, Marion E. ​312 Wagener, Carl ​238 Wagner, Christian ​102, 393 Waitz, Theodor ​86 Walker, W.  O. ​241 Walter, Nikolaus ​138, 344 Weber, Max ​111 Weigl, Michael ​355 Weinel, Heinrich ​102 Weiß, A. ​171  f. Weiß, Bernhard ​IX, 171f Weiß, Johannes ​IX, 78, 88, 99, 102, 141, 266 Weissenrieder, Annette ​XI, 233, 239, 393 Weizsäcker, Carl von ​137 Welborn, Larry L. ​144 Weldon, Thomas Dewar ​313 Wellhausen, Julius ​77, 105 Wendland, Paul ​101, 138 Werblowsky, R.  J.Zwi ​4 Wernle, Paul ​20, 102, 104 West, Edward William ​368, 371 Wettstein, Johann Jakob ​95, 156 Weule, Karl ​87 White, L. Michael ​132 f., 138, 144 Wickham, L. ​10 Widengren, Geo ​363, 368, 373 Wiebe, Donald ​4, 8 Wiedeburg, Otto ​42 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von ​93 Wilcken, Ulrich ​7, 11, 80 Wiles, Maurice ​20  f. Wilhelm II. (Kaiser) ​106 Wilken, Robert L. ​133 Wilker, Julia ​172

419

Wilkinson, Ellen ​136 Wilkinson, George B. ​39 William, S. ​236 Williams, Sam K. ​65 f. Wilson, Stephen G. ​99 Windisch, Ernst ​88, 94 Windisch, Hans ​IX, 68, 81, 93 f., 138, 161 Winkler, Klaus ​46, 83 Winterswyl, Ludwig A. ​361 Wischmeyer, Oda ​54 Wissowas, Georg ​108 Wolff, Christian ​62 Wrede, William ​VIII, 5, 8, 10, 13, 16, 72 f., 102, 105 f., 110, 117, ​337 f., 339 Wright, Nicholas Thomas ​137 Wright, R.  A. ​133 Wünsch, Richard ​108 Wundt, Wilhelm ​84, 86, 88, 101 f., 137 Xenophon ​166 Young, Frances ​21 Zahn, Theodor ​82, 143 Zamagni, Claudio ​132 Zanella, Francesco ​206, 211, 223 Zangenberg, Jürgen ​167 Zeller, Dieter ​8, 21, 157, 329, 389 f. Zgoll, Christia ​206 Ziebarth, Erich ​97 Ziemer, Jürgen ​51, 56 Zimmerli, Walter ​264 Zimmermann, Christiane ​61, 68 Zimmermann, Ruben ​238 Zimmern, Heinrich ​83 Zincone, Sergio ​212 Zinser, Hartmut ​7 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von ​199 Ziolkowski, Eric ​357 Zippel, Gustav ​27 Zissos, Andrew ​246 Zosimos von Panopolis ​392 Zoroaster (Zarathustra) ​197 Zwi Werblowsky, R. J. ​13