Himmlers Lehrer. Die Weltanschauliche Schulung in der SS 1933-1945 [1. ed.]
 9783657766444, 9783506766441

Table of contents :
Himmlers Lehrer
INHALTSVERZEICHNIS
DANKSAGUNG
EINLEITUNG
1. EINE EXEMPLARISCHE BIOGRAPHIE
2. URSPRÜNGE DER SS-SCHULUNG: DARRÉ UND DIE BAUERNSCHULBEWEGUNG
I. DAS SCHULUNGSWESEN DER SS – CHRONOLOGIE UND STRUKTUR
I.1 DER AUFBAU DES SCHULUNGSAMTES UND DIE ENTWICKLUNG DES SCHULUNGSWESENS BIS 1936
Grundschulungsplan und Führerschulung 1935/36
I.2. KRISE UND REORGANISATION: DIE JAHRE 1937/38
Das Personal des Schulungsamtes 1937/38
I.3 DIE UMSETZUNG DER RICHTLINIEN – BEISPIELE AUS DER SCHULUNGSPRAXIS
Fortbildungsveranstaltungen für Schulungsleiter und Einheitsführer
Exkurs: Darrés Bauernreferenten
I.4 AUSDIFFERENZIERUNG UND EXPANSION: SCHULUNGSAMT UND SCHULUNGSVERWALTUNG WÄHREND DER KRIEGSJAHRE
Schulungsamt und »Abt. VI« während des Krieges
Geschäftsverteilungsplan des Schulungsamtes 15.3.1942
Das Amt C I »Weltanschauliche Erziehung« im SS-Hauptamt
Das Personal des Schulungsamtes 1942-1944
Anhang
I.5 DIE »SS-SCHULE HAUS WEWELSBURG«, DER »LEBENSBORN«, DIE »DIENSTSTELLE HEISSMEYER« UND DIE AUSBILDUNGDER EIGNUNGSPRÜFER
Die »SS-Schule Haus Wewelsburg« und der »Lebensborn e.V.«
Die Mannschaftshäuser und die »Dienststelle Heißmeyer«
Das Eignungsprüferwesen und die Ausbildung der SS-Rasseprüfer während des Krieges
II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN VERBÄNDEN UND SCHULEN DER WAFFEN-SS
II.1 BEISPIELE EINZELNER VERBÄNDE
Die Leibstandarte Adolf Hitler (LSSAH) – eine rassenpolitische Bildungsgemeinschaft der Verfügungstruppe
Ein Reformpädagoge in der Waffen-SS
Die Divisionen »Frundsberg«, »Götz von Berlichingen«, »Das Reich« und das Generalkommando des SS-Panzerkorps
Der Standort Prag
Das Genesenden-Bataillon der Waffen-SS
Das SS-Nachrichten-Ausbildungs- und Ersatzregiment
Theorie und Praxis: Die SS-Totenkopf-Kavallerie, Teil I
Schulungsleiter
Die SS-Totenkopf-Kavallerie (II) und der »Kommandostab Reichsführer-SS«
II.2 TOTENKOPFVERBÄNDE UND KONZENTRATIONSLAGER-SS
Schulungspersonal und Schulungspraxis in den einzelnen Lagern
Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung am Beispiel der Konzentrationslager Stutthof und Auschwitz
II.3. SCHULEN DER WAFFEN-SS
Die Junkerschule Tölz
Die Junkerschule Braunschweig
Die Junkerschule Klagenfurt
Unterführerschulen
Die SS-Helferinnen-Schule Oberehnheim
Die Schulen der Waffen-SS beim Truppenübungsplatz Böhmen-Mähren und der Ausbildungsstandort Großraum Prag
Der Ausbildungsstandort Dachau und die Führerschule des WuVHA
Berufsschulen der Waffen-SS
III. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IM»GROSSGERMANISCHEN REICH«
III.1 DIE »GERMANISCHE WAFFEN-SS«
III.2 DIE »GERMANISCHE LEITSTELLE«
III.3 SCHULEN UND AUSBILDUNGSLAGER DER GERMANISCHEN LEITSTELLE
SS-Schule und Ausbildungslager Sennheim
Hoeveltegaard, Kongsvinger und das Panoramaheim
»Germanische Führerschulung« in Hildesheim und Tölz
III.4 DIE BEISPIELE NIEDERLANDE UND BELGIEN
Die »Germanische SS« in den Niederlanden
SS-Schule und Ausbildungslager Avegoor
Die belgische SS und die »Deutsch-Flämische Arbeitsgemeinschaft«
III.5 DIVISIONEN DER WAFFEN-SS AUS OST- UND SÜDOSTEUROPÄISCHEN FREIWILLIGEN
IV. DAS SCHULUNGSMATERIAL
IV.1 DIE SS-LEITHEFTE
IV.2 SCHULUNGSTEXTE
Themenübergreifende Schriften
»Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung«
Deutsche Geschichte
Nationalsozialistische Institutionenkunde
»Gegnerkunde«
»Europa« als Aufgabe und Vision
Krieg und Soldatentum
IV.3 SCHULUNGS-AUTOREN
IV.4 ANHANG
V. HIMMLERS LEHRER – SOZIALISATIONSGESCHICHTLICHE ANALYSEN
V.1 EMPIRISCH-STATISTISCHE AUSWERTUNG
Die Hauptfunktionsgruppen des Schulungswesens
V.2 MUSTER POLITISCHER SOZIALISATION
Studentischer Radikalismus
Militanter Idealismus – Kampferfahrungen und Opferbereitschaft
V.3 »FAKTOR HOCHSCHULSOZIALISATION« – DIE UNIVERSITÄT JENAUND DIE JENAER LEHRAMTSSTUDENTEN ALS BEISPIEL
V.4 »MODERNE PÄDAGOGIK«
ANMERKUNGEN
Einleitung
I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur
II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS
III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«
IV. Das Schulungsmaterial
V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen
ANHANG: ARCHIVQUELLEN UND SEKUNDÄRLITERATUR
BENUTZTE ARCHIVE
FORSCHUNGS- UND SEKUNDÄRLITERATUR (NACH 1945)
ABKÜRZUNGEN
NAMENSREGISTER

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HANS-CHRISTIAN HARTEN

Himmlers Lehrer Die Weltanschauliche Schulung in der SS 1933–1945

FERDINAND SCHÖNINGH

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© 2014 Ferdinand Schöningh, Paderborn (Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn) Internet: www.schoeningh.de Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München Printed in Germany. Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn E-Book ISBN 978-3-657-76644-4 ISBN der Printausgabe 978-3-506-76644-1

INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

1. 2.

Eine exemplarische Biographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ursprünge der SS-Schulung: Darré und die Bauernschulbewegung . . .

10 17

I.

DAS SCHULUNGSWESEN DER SS – CHRONOLOGIE UND STRUKTUR . . . . . . . . .

41

I.1

Der Aufbau des Schulungsamtes und die Entwicklung des Schulungswesens bis 1936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundschulungsplan und Führerschulung 1935/36 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44 58

I.2

Krise und Reorganisation: die Jahre 1937/38 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Personal des Schulungsamtes 1937/38 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67 81

I.3

Die Umsetzung der Richtlinien – Beispiele aus der Schulungspraxis . . . . 86 Fortbildungsveranstaltungen für Schulungsleiter und Einheitsführer . . . . 104 Exkurs: Darrés Bauernreferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

I.4

Ausdifferenzierung und Expansion: Schulungsamt und Schulungsverwaltung während der Kriegsjahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulungsamt und »Abt. VI« während des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Amt C I »Weltanschauliche Erziehung« im SS-Hauptamt . . . . . . . . . Das Personal des Schulungsamtes 1942-1944 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Gliederungs- und Geschäftsverteilungspläne . . . . . . . . . . . . . . . .

I.5

Die »SS-Schule Haus Wewelsburg«, der »Lebensborn«, die »Dienststelle Heißmeyer« und die Ausbildung der Eignungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . Die »SS-Schule Haus Wewelsburg« und der »Lebensborn e.V.« . . . . . . . . Die Mannschaftshäuser und die »Dienststelle Heißmeyer« . . . . . . . . . . . . Das Eignungsprüferwesen und die Ausbildung der SS-Rasseprüfer während des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 122 135 146 162 166 167 171 178

II.

WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN VERBÄNDEN UND SCHULEN DER WAFFEN-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

II.1

Beispiele einzelner Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Leibstandarte Adolf Hitler (LSSAH) – eine rassenpolitische Bildungsgemeinschaft der Verfügungstruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Reformpädagoge in der Waffen-SS: Karl Schwarz und die SS-Panzer-Grenadier-Division »Hohenstaufen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Divisionen »Frundsberg«, »Götz von Berlichingen«, »Das Reich« und das Generalkommando des SS-Panzerkorps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Standort Prag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 192 202 207 213

6

Inhaltsverzeichnis

Das Genesenden-Bataillon der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das SS-Nachrichten-Ausbildungs- und Ersatzregiment . . . . . . . . . . . . . . . Theorie und Praxis: Die SS-Totenkopf-Kavallerie, Teil I . . . . . . . . . . . . . . Die SS-Totenkopf-Kavallerie (II) und der »Kommandostab Reichsführer-SS« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Lehrplan für 12-wöchige Schulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

218 224 233 255 265

II.2 Totenkopfverbände und Konzentrationslager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Schulungspersonal und Schulungspraxis in den einzelnen Lagern . . . . . . . 279 Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung am Beispiel der Konzentrationslager Stutthof und Auschwitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 II.3 Schulen der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Junkerschule Tölz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Junkerschule und Musikschule Braunschweig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Junkerschule Klagenfurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterführerschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die SS-Helferinnen-Schule Oberehnheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Schulen der Waffen-SS beim Truppenübungsplatz Böhmen-Mähren und der Ausbildungstandort Großraum Prag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Ausbildungsstandort Dachau und die Führerschule des Wirtschaftsund Verwaltungshauptamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Berufsschulen der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

303 307 315 321 324 329 336 342 346

III. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IM »GROSSGERMANISCHEN REICH« . . . . . . 351 III.1 Die »Germanische Waffen-SS« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 III.2 Die »Germanische Leitstelle« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 III.3 Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle . . . . . . . . . . . SS-Schule und Ausbildungslager Sennheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hoeveltegaard, Kongsvinger und das Panoramaheim . . . . . . . . . . . . . . . . »Germanische Führerschulung« in Hildesheim und Tölz . . . . . . . . . . . . . .

368 369 377 380

III.4 Die Beispiele Niederlande und Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die »Germanische SS« in den Niederlanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SS-Schule und Ausbildungslager Avegoor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die belgische SS und die »Deutsch-Flämische Arbeitsgemeinschaft« . . . . .

388 388 391 402

III.5 Divisionen der Waffen-SS aus ost- und südosteuropäischen Freiwilligen . 409

IV.

DAS SCHULUNGSMATERIAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

IV.1 Die SS-Leithefte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 IV.2 Schulungstexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Themenübergreifende Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

Inhaltsverzeichnis

»Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« . . . . . . . . . . . . Deutsche Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nationalsozialistische Institutionenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Gegnerkunde« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Europa« als Aufgabe und Vision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krieg und Soldatentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.3 Schulungs-Autoren

7 445 452 458 459 471 474

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478

IV.4 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alphabetische Zusammenstellung der Schulungstexte . . . . . . . . . . . . . . . . . Rekonstruktion der wichtigsten Textreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturdaten der Schulungstexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

482 482 491 495

V.

HIMMLERS LEHRER – SOZIALISATIONSGESCHICHTLICHE ANALYSEN . . . . . . . . . 499

V.1

Empirisch-statistische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 Die Hauptfunktionsgruppen des Schulungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

V.2

Muster politischer Sozialisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Studentischer Radikalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 Militanter Idealismus – Kampferfahrungen und Opferbereitschaft . . . . . . 542

V.3

»Faktor Hochschulsozialisation« – Die Universität Jena und die Jenaer Lehramtsstudenten als Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549

V.4. »Moderne Pädagogik« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570

ANMERKUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 ANHANG: ARCHIVQUELLEN UND SEKUNDÄRLITERATUR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 Benutzte Archive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungs- und Sekundärliteratur (nach 1945) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

681 684 694 696

DANKSAGUNG Die vorliegende Arbeit wurde über viele Jahre hinweg von der Deutschen Forschungsgemeinschaft großzügig gefördert, der ich an dieser Stelle danken möchte. Mein besonderer Dank gilt meinem Kollegen Christoph Wulf von der Freien Universität Berlin für seine Unterstützung und generell allen Mitarbeitern der Archive, die mir bei den Recherchen und der Materialbeschaffung halfen.

EINLEITUNG Die SS verstand sich als ein »nordischer Orden«, als Elite und Avantgarde der nationalsozialistischen Bewegung. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, unterwarf sie ihre Mitglieder aufwändigen Ausleseprozeduren und Ausbildungsmaßnahmen. Im Zentrum der SS-eigenen Aus- und Fortbildung stand neben militärischen und wehrsportlichen Übungen die »weltanschauliche Schulung«. Sie durfte im Dienst keiner Einheit fehlen und bildete während des Krieges eine Klammer, die die verschiedenen, auseinanderdriftenden Teile in einer immer unübersichtlicher und heterogener werdenden Gesamt-SS zusammenhielt. Trotz dieser herausgehobenen Bedeutung war die weltanschauliche Schulung in der SS bislang noch weitgehend unerforscht geblieben1 Dies dürfte damit zusammenhängen, dass das Thema im Schnittfeld zwischen Geschichts- und Erziehungswissenschaft liegt und interdisziplinäre Forschungsvorhaben stets schwerer umzusetzen sind, hat aber auch mit einer besonders schwierigen Quellenlage zu tun. Von der Arbeit des Schulungsamtes im SS-Hauptamt, bei dem die Zuständigkeit für die Gesamt-SS lag, ist außer umfangreichen, aber nicht sehr ergiebigen Beständen zur Redaktion von Schulungsschriften aus dem letzten Kriegsjahr nur wenig an Aktenmaterial erhalten; dies gilt ähnlich für die nachgeordnete Schulungsabteilung im SS-Führungshauptamt, die die weltanschauliche Schulung in der Waffen-SS zu organisieren hatte. Etwas besser sieht es für die Vorkriegszeit aus. Das Schulungsamt unterstand bis Mitte 1938 dem Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) unter Leitung Richard Walther Darrés, bevor es ins SS-Hauptamt verlagert wurde. Aus dem RuSHA ist vergleichsweise viel an Dokumenten erhalten, so dass sich die Arbeit des Schulungsamtes wenigstens annäherungsweise rekonstruieren lässt; dies gilt hauptsächlich für den Zeitraum von 1935 bis 1938, also für einen insgesamt nur kurzen Abschnitt der NS-Zeit. Für die Waffen-SS findet sich umfangreiches Material vor allem in den Militärgeschichtlichen Archiven Freiburg und Prag; die Arbeit ist hier allerdings dadurch erschwert, dass ein Teil dieses Materials archivarisch noch nicht oder erst provisorisch erschlossen ist. Viele Materialien finden sich verstreut in regionalen und ausländischen Archiven. Besonders günstig ist die Materiallage für die SSOberabschnitte Fulda-Werra und Südwest, für die ich deshalb exemplarische regionale Recherchen angestellt habe. Noch weitgehend unbekannt ist auch die Schulungsarbeit der SS in den besetzten Ländern. Anhand der Aktenbestände, die im NIOD/Amsterdam und im CEGES/Brüssel lagern, konnten auch hier exemplarische Studien erstellt werden. Als die wichtigste Quellengrundlage erwiesen sich jedoch die im ehemaligen German Document Center zusammengetragenen personenbezogenen Akten, zumal diese Akten oft nicht nur personen- sondern auch institutionenbezogene Dokumente enthalten. Da meine Arbeit sich stark auf diesen Quellenbestand stützt, beginne ich auch die Einleitung mit einer exemplarischen biographischen Skizze. Nach der Ernennung zum Chef der deutschen Polizei 1936 strebte Himmler die Verschmelzung von SS und Polizei an. Dies führte zu komplexen und zum Teil unübersichtlichen Zuständigkeiten. Die weltanschauliche Schulung der Polizei sollte unter Federführung der SS erfolgen. Das Schulungswesen der SS unterlag weder staatlicher noch parteiamtlicher Kontrolle und konnte weitgehend »autonom« gestaltet

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Einleitung

werden. Bei der Polizei handelte es sich jedoch um eine staatliche Institution mit beamtenrechtlichen Regelungen, Laufbahnrichtlinien, Ausbildungsgängen und damit verbundenen Lehrplänen, die mit der SS-Schulung nur begrenzt in Einklang gebracht werden konnten. Darüber hinaus wurde die zunächst sehr enge Zusammenarbeit mit der SS während des Krieges wieder gelockert. Aus dieser Konstellation resultierte ein trotz weitgehend identischer Inhalte doch anders organisiertes Schulungssystem, das in einem anderen Kontext betrachtet werden muß und daher auch eine andere Zugangsweise erfordert. Deshalb, aber auch, weil der vorliegende Text schon recht umfangreich ausgefallen ist, soll die Polizeischulung in einem gesonderten Band behandelt werden. Die Trennung von SS- und Polizeischulung wirft zwar Probleme für die Darstellung der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes auf, die bereits organisatorisch im Reichssicherheitshauptamt zusammengefasst waren, aus praktischen Gründen habe ich die weltanschauliche Schulung der Sicherheitspolizei und des SD aber ebenfalls ausgeklammert, um sie später im Gesamtzusammenhang der Polizeischulung zu thematisieren. Im Hintergrund der Arbeit steht die Frage nach dem Zusammenhang von »Theorie und Praxis« – zwar gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen weltanschaulicher Schulung und genozidalem Handeln der SS, wohl aber einen indirekten; in den Schulungsstunden wurde darauf nicht unmittelbar vorbereitet, sie lieferte aber einen legitimatorischen Rahmen, der das Überschreiten zivilisatorischer Grenzen erleichterte. Dieser Zusammenhang wird im Folgenden mehrfach sichtbar werden, soll aber in einer systematischen Perspektive ebenfalls erst nach der Darstellung der Polizeischulung diskutiert werden.

1. EINE EXEMPLARISCHE BIOGRAPHIE 1937 wurde der Studienrat und SS-Oberscharführer Dr. Lothar Glattes zum Sturmbannschulungsleiter der Freiburger SS ernannt. 1938 übernahm er darüber hinaus die Aufgaben eines Schulungsleiters bei der Ordnungspolizei im Großraum Freiburg; während des Krieges wurde er zum geschäftsführenden Kreisleiter der Freiburger NSDAP, 1944 zum Abschnittsleiter ernannt, stieg also während dieser Jahre zu einem führenden Aktivisten der nationalsozialistischen Bewegung in Freiburg auf. Glattes wurde 1908 in Schopfheim als Sohn eines Drogisten geboren und wuchs in einer »nationalsozialistischen Umgebung« auf: zwei Schwestern traten bereits in den frühen 20er Jahren der NSDAP bei (Mitgliedsnummern 9950 und 9951, also etwa 1922, als Glattes 14 Jahre alt war). Glattes selbst beteiligte sich noch als Schüler an der »nationalen Opposition« gegen die »demokratische Schulleitung« und war zu Pfingsten 1925 mit 17 Jahren als »Fahnenbegleiter« beim »ersten Schlageteraufmarsch« der NSDAP mit der Ortsgruppe Schopfheim in Schönau dabei. Im September 1930, inzwischen war er 22 geworden, wurde er zum Propagandaleiter der Ortsgruppe Schopfheim ernannt und mit der Organisation der Wahlpropaganda für die NSDAP beauftragt. Nachdem sich die Ortsgruppe wieder aufgelöst hatte, trat er im Oktober 1931 erneut in die Partei ein, wiederum in der Funktion des Ortspropagandaleiters. Ein Jahr darauf

Eine exemplarische Biographie

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schloss er sich dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) an, dem er später als »Kreisschulungswalter« diente. Gleichzeitig, im November 1932 wurde er in die SS aufgenommen und dort 1938 zum Untersturmführer ernannt. Glattes war Mitglied im Verein Lebensborn, Träger des SA- und des Reichssportabzeichens. Den Beitritt zur SS vollzog er im gleichen Monat, in dem er das Staatsexamen für das Höhere Lehramt ablegte. Nach Bestehen der Reifeprüfung an der Oberrealschule hatte er von 1927 bis 1932 in München, Heidelberg und hauptsächlich Freiburg studiert; seine Fächer waren Deutsch, Englisch und Geschichte, 1934 legte er wie viele seiner Kollegen von der SS noch eine Zusatzprüfung als Sportlehrer an der Landesturnanstalt Karlsruhe ab. Etwa gleichzeitig mit dem Staatsexamen promovierte er in Freiburg mit der sprachwissenschaftlichen Arbeit »Wortbildung (durch Ableitung) im oberen Markgräflerischen«. Die Tätigkeit als Ortsgruppenpropagandaleiter kann er eigentlich nur während der Semesterferien in Schopfheim wahrgenommen haben. Auch 1932 war er noch mit Versammlungs- und Werbetätigkeit »in der Kommunisten- und Sozzenhochburg des badischen Wiesentals« engagiert.2 Glattes war zielstrebig und umtriebig, gleichzeitig heimatverbunden und schon früh nationalsozialistisch sozialisiert. Die erhaltenen Schriftstücke zeigen ihn als jovialen und humorvollen Mann, zwar mit festen Überzeugungen, aber eigentlich nicht so wie man sich den typischen »Parteisoldaten« vorstellen würde. Finanzielle Not und berufliche Sorgen scheint er nicht erlebt zu haben. Unmittelbar nach dem ersten Staatsexamen leistete er das Referendariat an der Goetheschule in Karlsruhe ab, danach erhielt er eine Stelle als Studienassessor am Realgymnasium Schwarzwaldschule Triberg. Hier nahm er mit der »Führung und Schulung« der Triberger SS auch nach einem Jahr Unterbrechung die politische Arbeit wieder auf. Aber bereits nach einem Jahr, zu Ostern 1935 wurde er von seinem Doktorvater Prof. Friedrich Wilhelm für zwei Jahre zur Mitarbeit am »Badischen Wörterbuch« an die Universität Freiburg berufen. Es scheint allerdings nur eine nebenamtliche Tätigkeit gewesen zu sein, denn 1936 wechselte Glattes auf eine Stelle als Studienassessor am Bertholdsgymnasium in Freiburg. Glattes sollte den badischen Teil der Mundartaufnahmen bearbeiten und betreuen, die hauptsächlich von Studenten gesammelt wurden. Die Arbeiten am Badischen Wörterbuch gingen bis ins 19. Jahrhundert zurück, aber die »Mundartforschung« hatte im Dritten Reich besonderen Auftrieb erhalten, und Glattes’ Arbeit stand im Zusammenhang mit einem Vorhaben des Reichsbundes deutscher Beamten, der Hitler zu seinem 49. Geburtstag ein »Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten« zum Geschenk darbrachte, das 300 Schallplatten mit Mundarten aus allen Regionen Deutschlands umfasste.3 Glattes’ Berufslaufbahn bewegte sich in den vorgezeichneten Bahnen. Auch wenn er noch einige Zeit auf die Ernennung zum Studienrat warten musste – sieben bis acht Jahre Wartezeit waren üblich, und darauf konnte sich jeder angehende Studienrat einstellen – waren seine Verhältnisse doch weitgehend konsolidiert, so dass er 1936 die Ehe mit einer Landärztin einging und eine Familie gründete; seine Frau gab ihre Stelle als Ärztin Ende 1935 auf, um sich ganz »der Erlernung des Haushalts zu widmen«. Die Arbeit an der Schule füllte Lothar Glattes offensichtlich nicht aus. Nach dem Ende seiner Mitarbeit am Badischen Wörterbuch wandte er sich verstärkt der politischen Arbeit zu. Im April 1937 meldete ihn der SS-Führer im Rasse- und Siedlungswesen Südwest als Volkskundler und setzte ihn als Oberscharführer und Schulungsleiter für

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Einleitung

den »Reservesturmbann der 65. Standarte« ein (die 65. Standarte umfasste das Freiburger Gebiet). Daraufhin wurde er im Mai zu einer zweitägigen Arbeitstagung der Schulungsleiter des Oberabschnitts Südwest im »SS-Hilfswerklager St. Georgen im Schwarzwald« einberufen. Mitzubringen waren außer Papier und Schreibzeug Turnhose und Turnschuhe – für den Morgen des zweiten Tages war Frühsport angesagt. Der für die Organisation und Beaufsichtigung des Schulungswesens zuständige Führer im Rasse- und Siedlungswesen Südwest hielt einleitend einen Vortrag über die Aufgaben der Schulungsleiter, es folgten Vorträge über grundlegende Themen der nationalsozialistischen Weltanschauung, wobei neben Rassen- und Vererbungslehre Fragen des Umgangs mit dem Katholizismus im Vordergrund standen.4 Aus Freiburg nahmen die beiden Standarten-Schulungsleiter Schmitz und Kasper und neben Glattes die beiden anderen Sturmbannschulungsleiter Phleps und Preusch teil (eine Standarte umfasste zumeist drei Sturmbanne, denen jeweils drei bis vier Stürme zugeordnet waren). Heinz Schmitz war seit 1935 Professor für Forstbotanik an der Universität Freiburg, er hatte die Leitung der Schulungsarbeit in der 65. Standarte bis zu seiner Einberufung zu den Totenkopf-Standarten im September 1939 inne. Für ihn rückte für kurze Zeit der Diplomvolkswirt Dr. Felix Seitz nach; Seitz wurde ebenso wie Schmitz 1940 zur »Einwandererzentrale« nach Posen und Litzmannstadt (Lodz) bestellt, um dort an der rassischen Musterung und Auslese von Polen und Volksdeutschen mitzuwirken. Schmitz’ Stellvertreter als 2. Standarten-Schulungsleiter in Freiburg war Herbert Kasper, Dr. ing. habil. und leitender Architekt beim Städtischen Hochbauamt Freiburg. Kasper gehörte Anfang der Zwanziger Jahre dem Studentenbataillon Stuttgart an. Er trat 1934 zusammen mit seinem Kollegen Hellmuth Phleps der SS bei, der ebenfalls als Diplomingenieur und Architekt beim Freiburger Hochbauamt beschäftigt war; beide hatten vorher als Assistenten an der TH Darmstadt gearbeitet. Hermann Preusch schließlich war alter Freikorps-Angehöriger und seit 1931 NSDAP-, seit Anfang 1932 SS-Mitglied; er hatte ein Studium an der Freiburger Universität aus finanziellen Gründen abbrechen müssen, machte eine kaufmännische Lehre und arbeitete danach beim Badischen Sparkassen-Giroverband, wurde aber 1931 aus politischen Gründen entlassen; nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit erhielt er 1933 eine Stelle bei der Verbrauchergenossenschaft Weil a. Rh. und avancierte dort 1936 zum Geschäftsführer. Preusch verließ Freiburg aber noch im Herbst 1937, um die Leitung des Referats »Judenmischlinge« im Sippenamt des RuSHA zu übernehmen.5 Im April 1938, folgte Glattes’ Beförderung zum Untersturmführer und Sturmbannschulungsleiter I für Freiburg. Etwa zur gleichen Zeit, im März 1938 wurde er zum Leiter der Hauptstelle Schulung im NSLB und des Hauptamtes für Erzieher im Kreis Freiburg ernannt; damit war Glattes auch für die politisch-weltanschauliche Fortbildung der Freiburger Lehrerschaft verantwortlich. Seit 1937 war er darüber hinaus in der weltanschaulichen Schulung der Polizei tätig, die die SS in diesem Jahr übernahm, so dass er zu einer beherrschenden Gestalt im nationalsozialistischen Schulungswesen im Raum Freiburg wurde. Vom Oktober und Dezember 1937 sind Quartalsberichte über seine Tätigkeit als Schulungsleiter in der 65. Standarte erhalten, die Aufschluss über seine Arbeit geben. Als Sturmbannschulungsleiter war Glattes für drei Stürme zuständig, in denen jeweils »Sturmschulungsmänner« eingesetzt waren; neu hinzu gestoßen war Georg Schönleber, Inspektor im badischen Finanzverwaltungsdienst, der sich, wie Glattes schreibt, gut eingearbeitet habe und eine wertvolle Stütze sei.

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Glattes’ Aufgabe war, nach der Themenvorgabe durch das Schulungsamt jeweils Monatsvorträge vor allen Stürmen zu halten; die »Sturmschulungsmänner« hatten dann wöchentlich einmal einen Schulungsabend in ihrem Sturm durchzuführen. Im September war der Schulungsdienst wegen eines Empfangs Mussolinis ausgefallen, weil die SS-Männer zu Absperrdiensten herangezogen wurden. Bei der Schulung, meldete Glattes weiter, sei ein besonderes Interesse an religiösen Fragen festzustellen. Für seine Arbeit informierte er sich zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich aus nationalsozialistischen Zeitschriften; zu seiner regelmäßigen Lektüre gehörten die Zeitschriften »Germanien«, »Germanenerbe«, »Mannus«, der Schulungsbrief der NSDAP, die »NSMonatshefte«, das »Schwarze Korps«, »Contra Komintern« und die Zeitschriften seines Fachgebietes Volkskunde. Viel Raum nahm die Bearbeitung der »Verlobungsgesuche« in seiner Arbeit ein, für die die Männer diverse Unterlagen beibringen mussten, darunter Abstammungsnachweise sowie die Ergebnisse erbgesundheitlicher und rassenanthropologischer Untersuchungen; viele waren mit der Beschaffung und Zusammenstellung der Unterlagen überfordert und brauchten Rat und Unterstützung. Als Volkskundler wusste Glattes vor allem bei der Ahnenforschung und der Aufstellung von Ahnentafeln zu helfen. Im Dezemberbericht meldete er eine reguläre Schulungsarbeit, die nur im 2. Sturm wegen Maul- und Klauenseuche beeinträchtigt war. Das Interesse an religiösen Fragen aufgreifend, hatte er während des Berichtszeitraums eigene Vorträge über die »Grundlagen des klösterlichen Sittenverfalls« und über das Weihnachtsfest gehalten. Nachdem Himmler 1936 zum Chef der deutschen Polizei ernannt worden war, übertrug er dem SS-Schulungsamt die Aufgabe, die Polizei weltanschaulich zu schulen. In den ersten Jahren bis zum Kriegsbeginn nahmen zumeist erfahrene Schulungsleiter der SS diese Arbeit als zusätzliche Aufgabe wahr. Glattes hielt im September 1937 einen ersten Vortrag vor Polizei- und Gendarmeriebeamten des Kreises Emmendingen, im vierten Quartal sprach er vor der Freiburger Polizei über »nationalsozialistische Geschichtsauffassung«. Bei der Gelegenheit informierte er den Abschnitts-Schulungsleiter, an den der Bericht ging, darüber, dass nach seiner Beobachtung »eine größere Anzahl von Kameraden und Angehörigen der Polizei stark zu der vom Ludendorff-Kreis vertretenen Glaubensform hinneigen«.6 Der für den Oberabschnitt Südwest zuständige Polizeischulungsleiter SS-Hauptsturmführer Ludwig Rösinger bestätigte Glattes 1938 als Schulungsredner für die Ordnungspolizei in Freiburg, Emmendingen, Donndorf und Neustadt im Schwarzwald. Zusammen mit Schmitz, Kasper und Phleps führte Glattes 1939 auch den Unterricht in nationalsozialistischer Weltanschauung und Geschichte an der Gendarmerieschule Freiburg durch. Der Lehrplan, den Rösinger im Januar 1939 genehmigte, umfasste 38 Themen, die in einem Zeitraum von knapp 5 Monaten (vom 10.1. bis 6.6.) durchzunehmen waren. Die erste Vorlesung hielt Schmitz zum Thema »Was verstehen wir unter Rasse?«, Phleps folgte mit einem Vortrag über »das Judentum«, Kasper trug über die »Geschichte der Bewegung« vor, Glattes sprach über das Thema »Der Führer«; die Vortragsfolge endete mit dem Thema »Der Kampf der Rassen«. Glattes bestritt insgesamt 11 Vorlesungen, überwiegend zur deutschen Geschichte von den Germanen bis zur Reformation, beginnend mit einer Einführung in das nationalsozialistische Geschichtsbild.7 An den letzten Vorträgen war er schon nicht mehr beteiligt, weil er im Mai 1939 zu Wehrübungen eingezogen wurde. Im Herbst 1939 nahm er am Polen-Feldzug teil. Wegen eines

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Magen- und Leberleidens, das er sich während des Feldzugs zuzog, wurde er als nicht mehr kriegsverwendungsfähig eingestuft und im Januar 1940 mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Kriegspersonalamtsleiters bei der Kreisleitung der NSDAP in Freiburg beauftragt, gleichzeitig nahm er die Aufgaben eines Stellvertreters des Freiburger Kreisleiters wahr. Im Oktober 1940 folgte seine Beförderung zum SS-Obersturmführer. Das RuSHA plante ihn als Eignungsprüfer für Lothringen einzusetzen, nahm davon aber, weil die Freiburger Kreisleitung seine Dienste für sich reklamierte, wieder Abstand. Nachdem Pläne, ihn nicht nur kommissarisch, sondern hauptamtlich bei der Kreisleitung zu beschäftigen am Einspruch des Gaupersonalamtes scheiterten und er im April 1941 ein Angebot erhielt, die Leitung der Schwarzenbergschule Waldkirch zu übernehmen, kehrte Glattes in den Schuldienst zurück. 1942 folgte die Ernennung zum Oberstudienrat. Erneut zeigte sich, dass Glattes mit dem Schuldienst nicht ausgelastet war; zwar gab es in der Allgemeinen SS nicht mehr so viel zu tun, weil die meisten Männer bei der Wehrmacht oder bei der Waffen-SS waren, umso mehr war Glattes aber jetzt nebenberuflich in die Polizeischulungsarbeit eingespannt. Parallel dazu bekleidete er ab September 1941 das Amt eines Kreisschulungsleiters der Freiburger NSDAP. Da das Personal aus der Allgemeinen SS knapp wurde, verfügte das Hauptamt Ordnungspolizei Anfang 1940, dass die Polizeischulung in Zukunft möglichst von eigenen Kräften bestritten werden sollte. Die Revierschulung in Freiburg wurde daraufhin eingestellt und auch die Gendarmerieschule in Freiburg beendete die Zusammenarbeit mit der SS; nur der Kurs für die Polizeireservisten wurde noch fortgeführt, und in den umliegenden Gemeinden ging der Betrieb offenbar wie vorher weiter. Hinsichtlich der Schulungskompetenzen der Polizeioffiziere äußerte Glattes sich Rösinger gegenüber äußerst skeptisch. Der folgende Brief vom 18. Juni 1940 zeigt gleichzeitig, welcher offene, freundschaftlich-lockere Ton und welches Vertrauensverhältnis zwischen den beiden bestand: »Lieber Kamerad Rösinger! In der Anlage reiche ich Dir die mir überlassene Dienstanweisung mit bestem Dank zurück, indem ich mir erlaube, ganz tiefschwarz zu sehen. Zwar nicht wegen der Gendarmerie in den Landkreisen, denn die werden nach wie vor an den zur Verfügung stehenden SSSchulungsschwätzern eisern festhalten … Aber wegen der Gendarmerieschule!! Denn nun machen die Herren Offiziere dann in Weltanschauung, und was da herauskommt, weiss ich vom Kommiss zu genau! Ich erlaube mir ultraschwarz zu sehen, wasche schon heute meine Hände in Unschuld und freue mich, bis dieser Berliner Erlass stillschweigend unter den Tisch fällt…. Über eine Wochenendschulung mit viel Freizeit würden wir uns sehr freuen, noch mehr aber, wenn Du Dich wieder mal im Kampfgebiet zeigen wolltest. Kasperle redet eben in der Gendarmerieschule bei den Pol.Reservisten, sonst ist er Strohwitwer – er fühlt sich soweit ganz wohl! Recht herzliche Grüsse und H e i l H i t l e r ! Dein Lothar Glattes.«8

Ludwig Rösinger war Volksschullehrer in Kaiserslautern, mit musikwissenschaftlichem und -pädagogischem Zusatzstudium – er hatte 1933 den Sängerkreis Schorlenberg gegründet. Seit 1922 beschäftigte er sich, wie er in seinem Lebenslauf für das RuSHA schrieb, schon mit der »Judenfrage«; 1929 war er dem »Kampfbund für deut-

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sche Kultur« beigetreten, seit 1931 war er Kreisschulungsleiter der NSDAP. 1935 trat er der SS bei, wirkte als Standartenschulungsleiter und wurde 1937 zum Polizeischulungsleiter der SS beim Inspekteur der Ordnungspolizei in Stuttgart ernannt; bis zum Ende des Krieges behielt er diese Position, zuletzt im Rang eines Sturmbannführers der Waffen-SS und Majors der Polizei. Am 2. Juli 1940 folgte ein weiterer Brief von Glattes an Rösinger: »Der Reservistenkurs in der Gendarmerieschule ist urplötzlich abgebrochen worden, vermutlich weil bei der Polizei der Friede ausbrach. Unsere Erfolge bei den Reservisten waren gewiss nicht schlecht, denn wir werden ÜBERALL mit strahlendem Angesicht und mit viel Schwung gegrüsst! Hast Du für die Zeit vor dem 27. schon ein Reisle nach der Bächlestadt in Deinem Terminkalender? Wenn es Dich interessiert, könnten wir nach dem Westen hinüberrutschen. Du hast ja Deinen Pol-Wagen und ich habe einen Sonderausweis, denn sonsten ist es verboten! Also überlege es Dir. Wir könnten bei der Gelegenheit Schmitzen heimsuchen, denn wie mir seine Frau gestern erzählt, ist er von Litzmannstadt nach Strosburi kommandiert – sie strahlt, er vermutlich nicht weniger, und wir sind gelb vor Neid, denn wir hier sind und bleiben die Sänger vom Bahnhof oder der Dubel vom Volksfest.«

Mit Schmitzen war Professor Heinz Schmitz gemeint, der inzwischen für ein Jahr als Abteilungsleiter und Eignungsprüfer der Außenstelle des RuSHA nach Straßburg entsandt worden war; Schmitz’ Vorgesetzter, der Chef des SS-Rasseamtes Bruno K. Schultz hatte für diesen Zeitraum Rassenmusterungen in der Elsässer Bevölkerung angesetzt, denen später Umsiedlungsmaßnahmen folgen sollten.9 Schmitz wurde anschließend nach Prag beordert, wo er als Dozent und Experte für Vererbungslehre und Rassenkunde dringend für die Lehrgänge an der Schule des Rassenamtes benötigt wurde, in denen die Eignungsprüfer des RuSHA ausgebildet wurden. Deren Arbeit hatte weit reichende Folgen: das Urteil der Eignungsprüfer entschied darüber, wer in die Deutsche Volksliste aufgenommen wurde, es konnte auch darüber entscheiden, ob jemand deportiert wurde oder in ein Konzentrationslager kam. Als Glattes im August 1940 von der Gendarmerieleitung in Neustadt erfuhr, dass man für die Zeit vom 2.9. bis zum 2.10. einen Kurs für Polizeireservisten in der Jugendherberge Titisee plante, war er sofort zur Stelle. Es traf sich, dass er sowohl für die SS arbeitete als auch als Kreishauptstellenleiter des NSLB der Kreisleitung Freiburg angehörte und im Juni 1940 zum Schulungsbeauftragten des Kreises beim Gau Baden ernannt worden war: »gerne« würde er »die Schulung über Rassefragen wieder übernehmen, zumal diese Dinge doch am besten von einem eingearbeiteten SS-Redner behandelt werden«. Nachdem die Kreisleitung Neustadt seinem Einsatz zugestimmt hatte, schrieb Glattes an Rösinger: »Ich werde also die Einleitung vom Stapel lassen, anschließend mich über Rasse verbreitern und zum Schluß in die von Dir gewünschte Kerbe hauen, indem ich ein flammendes Fanal in den Herzen der Reservisten entzünden werde.«

Rösinger antwortete am 11. September und kündigte dabei auch seinen von Glattes sehnlichst erwünschten Besuch an: »Ich werde Dich bald mal wieder aufsuchen, hoffentlich lacht dann die Sonne, damit wir am Titisee oder in Erlenbruck einen schönen Tag erleben können. In letzter Zeit gab es für mich eine elende Sauserei (fast immer mit ›s‹ nur hie und da mit einem ordentlichen ›f‹).

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Einleitung Mit Schmitz war ich öfter zusammen, ich beneide ihn nicht um seine Arbeit als ewig gleich bleibender Eignungsprüfer. Kasperle, der auch im Elsass tätig sein soll, verlor ich ganz aus den Augen. Also ran an die Pol.-Reservisten, von wegen ›flammendem Fanal in die Herzen‹, ich glaube, dass ich Dich auch benötige für die dankbare Aufgabe der weltanschaulichen Bearbeitung der elsässischen Hilfspolizei. Gib mit bitte bekannt, wenn Du in Titisee schulst, damit ich mich evt. mit meiner Reise darnach einrichten kann.«

Inzwischen häuften sich wieder die Aufgaben für Glattes, denn er wurde jetzt auch für die Schulung elsässischer Polizeireservisten in Mühlhausen und an der Gendarmerieschule Deggingen eingesetzt. In Deggingen war er mit der Korrektur schriftlicher Arbeiten der Polizeischüler befasst. In einer Zusammenfassung seiner Erfahrungen als Prüfer bemängelte er, nur ganz wenige »Bearbeiter« hätten erkannt, »dass der Wiederaufstieg Deutschlands von einer geistigen Wiedergeburt des Volkes (Weltanschauung) abhängig ist«; die meisten Bearbeiter hätten außerdem nur »auf die zersetzende Einflussnahme des Judentums und des Marxismus« abgehoben: »Nur wenige weisen auf die Bestrebungen des Zentrums bzw. Bayrischen Volkspartei hin«. Noch bis 1944 nahm Glattes die Korrektur von Prüfungsarbeiten des Fachs »nationalsozialistische Lehre« in Deggingen vor. Ab Februar 1941 arbeitete er auch wieder an der Gendarmerieschule in Freiburg. Auf dem ersten »Umschulungslehrgang« für Gendarme aus Elsass, Lothringen und Luxemburg, der von Februar bis Mai 1941 in Freiburg ablief, sprach er über »Rassebegriffe und Raumgeschichte des deutschen Volkes«, auf einem Bezirksoffizierslehrgang von Ende Juli bis Ende Oktober 1941 hielt er allein im September fünf Vorträge zu den Themen »Amerika«, »Grenzkampf Ost« und »Warum führt Deutschland gegen Russland Krieg?« Auch in Freiburg wurde er mit der Bewertung von Prüfungsarbeiten beauftragt. Im November 1942 übersandte Glattes ein »Ergebnis aus den mir vorgelegten Prüfungsarbeiten« an den Kommandeur der Schule. Darin monierte er Probleme mit der Zeichensetzung, aber auch Verständnisprobleme und unklare Begriffe, zum Beispiel werde von einer deutschen und einer slawischen Rasse gesprochen – »Die Begriffe Rasse und Volk bedürfen in der Schulung und im Unterricht immer wieder eingehender Behandlung«. Die »Ostfrage« sei »völlig unklar«: »Das Vorweltkriegsdeutschland Bismarcks und sein Verhältnis zum zaristischen Russland ist nicht verstanden. Daraus folgt die Ansicht, als hätten Verhandlungen mit Polen oder der Sowjet-Union uns im Osten den notwendigen Raum bringen können. Ein einziger Bearbeiter sah, dass der Osten (Ukraine!) für uns Kolonialland ist. Niemand hat erkannt, dass der Osten in der Zukunft eine gewaltige Bewährungsprobe für das deutsche Volk bedeuten wird.«10

Nachdem Glattes schon seit Januar 1940 »in treuer Pflichterfüllung« für die Kreisleitung der Freiburger NSDAP gearbeitet hatte, wurde er im November 1941 auch zum Kreisschulungsleiter ernannt. Nebenher gab er immer wieder einmal denunziatorische Mitteilungen weiter. So informierte er im Februar 1940 das Gauschulungsamt in Karlsruhe über »schwarze Flüsterpropaganda« des Erzbischofs Gröber, der das Gerücht verbreitet hätte, die SS habe ihren Männern »den Rat gegeben, auf die Strasse zu gehen und Kinder zu zeugen, ganz gleich ob mit Frauen oder Mädchen«. Schon im Mai 1939 hatte er über einen Religionsprofessor mitgeteilt, er würde vor seinen Schülern die

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Pflichten des Katholiken gegen Gott und seine Religion über die gegen Volk und Vaterland stellen. Im gleichen Monat meldete er, in Schopfheim habe eine Frau das Mutterkreuz bekommen, die in Wahrheit »erbunwürdig« sei: Von ihren Kindern seien zwei Söhne in der Fremdenlegion, »einer ist geschlechtskrank, einer ist arbeitsscheu und ein Betrüger, einer hat Blutsschande getrieben und mit seiner 14jährigen Schwester ein Kind in die Welt gesetzt!«11 Glattes galt als pflichtbewusst und verlässlich, seine nationalsozialistische Haltung war, wie der Kreisleiter 1940 schrieb, über jeden Zweifel erhaben, und dass er »weltanschaulich gefestigt« war, verstand sich von selbst. Als der Kreisleiter im Herbst 1943 abwesend war, gab es daher keine Bedenken, Glattes mit der Wahrnehmung seiner Geschäfte zu beauftragen; im September 1943 wurde er daraufhin für ein Jahr vom Schuldienst beurlaubt. Das Beispiel könnte für viele stehen. Glattes war kein Psychopath und auch kein fanatischer, aber ein überzeugter Nationalsozialist, der seine Überzeugungen schon vor 1933 gewonnen hatte. Er war arbeitsam und zielstrebig, umtriebig und engagiert bis zum Aktivismus, aber er war kein Opportunist, denn 1930 bedeutete es für einen Lehramtsstudenten noch keinen Karrierevorteil, bei der NSDAP mitzuarbeiten. Er hatte Humor, pflegte gute Umgangsformen, war umgänglich und jovial, konnte aber streng und unnachsichtig in der Schulungsarbeit sein, wenn er etwa Prüfungsarbeiten in nationalsozialistischer Weltanschauung zu beurteilen hatte, und er konnte eine überraschende Härte in der realen Durchsetzung dieser Weltanschauung zeigen, die bis zur Denunziation ging. Dies alles lag aber letztlich nur in der Konsequenz seiner Überzeugungen. Er wird gewusst haben, dass seine Meldungen an den Sicherheitsdienst weitergeleitet würden und im Fall der Schopfheimer Frau zur Zwangssterilisation führen konnten. Auf den ersten Blick könnte er als freundlicher, harmloser Mann erscheinen. Aber sein Wirkungsgrad war beträchtlich, wenn man nachzeichnet, wie er aus der »SS-Schulung« kommend zunehmend Einfluss auf die regionale Polizei-Ausbildung ausübte. Die Polizeiarbeit bot ihm einen Ersatz für den Kampf an der Front. In dieser Arbeit konnte er ähnliches an der »inneren Front« leisten wie seine Kameraden, die bei der Waffen-SS zum Einsatz kamen. Waffen-SS und Polizei waren die beiden Praxisfelder, auf denen sich das zuvor in der Allgemeinen SS geschaffene Schulungsparadigma bewähren sollte.

2. URSPRÜNGE DER SS-SCHULUNG: DARRÉ UND DIE BAUERNSCHULBEWEGUNG Das für die weltanschauliche Schulung der SS zuständige Schulungsamt ging ursprünglich aus einer Abteilung des »Rasse- und Siedlungsamtes« hervor, dessen erster Leiter Richard Walter Darré war. Darrés Einfluss in der SS war anfangs so groß, dass er als der eigentliche Schöpfer des Schulungswesens gelten kann. In seiner Person verbanden sich politische Führung und organisatorisches Geschick mit einem Führungsanspruch auf der Ebene der Theoriebildung, den er mit eigenen Publikationen untermauerte; sie zählten neben den Schriften des führenden Theoretikers der »Nordischen Bewegung« Hans F. K. Günther zur Grundlagenliteratur der Schulungsarbeit in der SS.12 Darré

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und Günther kannten sich aus der »Nordischen Bewegung«, und beide hatten wie auch Himmler dem »Bund der Artamanen« angehört, einer völkischen Jugendbewegung, die den freiwilligen Landdienst auf den Gütern im deutschen Osten propagierte, damit man dort nicht länger auf polnische Wanderarbeiter angewiesen wäre. Langfristig sollten dort deutsche Siedlungsgemeinschaften als »Bollwerk gegen die slawische Flut« entstehen. Der Gründer der Bewegung, Willibald Hentschel hatte dies als eine neugermanische Züchtungsutopie ausgemalt, mit Kollektivwirtschaft, gemeinsamer Erziehung und geregelten Fortpflanzungsverhältnissen, die dafür sorgten, das aus diesen Landkolonien eine neue völkische Oberschicht aus widerstandsfähigen, erbgesunden »deutsch-germanischen« Menschen hervorginge. Himmlers Idee der SS-Wehrbauerndörfer im Osten war davon inspiriert.13 Als eugenische Utopie war auch Günthers Konzept der »Wiedervernordung« angelegt. Günthers Werk verstand sich als Gegenentwurf zu Spenglers »Untergang des Abendlandes«. Ausgangspunkt war die These von einer allgemeinen Degeneration infolge des Aussterbens der nordischen Rasse, für Günther die Trägerin heroischer Werte und schöpferischer Kultur schlechthin. Hauptursache seien die Prozesse der Industrialisierung und Verstädterung, weil sie Lebensbedingungen schüfen, die für die nordische Rasse ungünstig und »artwidrig« seien, während sie gleichzeitig die Ausbreitung »weniger wertvoller rassischer Elemente« förderten, die für das »massentümliche« Leben in der Industriegesellschaft besser geeignet seien als für den »Norder« mit seinem angeborenen »Freiheitsdrang«. Um diese Prozesse der Degeneration aufzuhalten und umzukehren, forderte Günther ein Programm der »Auf- und Wiedervernordung«. Zum einen gelte es, das noch vorhandene wertvolle nordische Blut zu retten, zu sammeln, zu pflegen und zu fördern, um aus dem noch vorhandenen Potential eine neue Führungselite zu schaffen, einen neuen Adel aus »Artung und Leistung«. Zum anderen müsse die neue Elite ein neues Adelsbauerntum sein, denn die rassische Erneuerung müsse vom Land kommen, für ein Volk germanischer Prägung könne es keinen Adel geben, dessen Familien nicht im Landbesitz wurzeln: »Ein germanischer Staat bleibt solange gesund, wie er aus dem Erbgute eines gewissen Adelsbauerntums schöpfen kann«.14 Günther trat zwar auch für rassenhygienische Maßnahmen ein, ebenso wichtig waren für ihn aber grundlegende Veränderungen in den Bildungs- und Erziehungsverhältnissen: die Aufwertung des Landlebens und des Bauerntum, die Kultivierung nordisch-germanischer Bildungsinhalte und generell die »Erziehung zum auslesenden Blick«, der in Zukunft die Gattenwahl in die gewünschte Richtung lenken sollte – Günther erneuerte gewissermaßen Schillers Konzept der ästhetischen Erziehung auf der Grundlage einer »biologischen Ästhetik« und modifizierte Platons »kalokagathia« durch eine »deutsche Lehre vom Schön-Tüchtigen«, die das wahre »Zuchtvorbild« aufstellt und zum »auslesenden Blick« erzieht.15 Nicht zuletzt diese Verknüpfung von Rassenanthropologie und Rassenhygiene mit einer philologisch geschulten Bildungsphilosophie machte Günthers Werk für viele Lehrer der Zeit attraktiv. Günther trat 1932 der NSDAP bei, 1933 berief man ihn in den Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik im Innenministerium, 1935 ehrte die Partei ihn als ersten Preisträger mit dem »Preis der NSDAP für Wissenschaft«, im gleichen Jahr folgte seine Berufung auf einen Lehrstuhl für »Rassenkunde, Völkerbiologie und ländliche Soziologie« in Berlin. Günther lehrte zuvor in Jena, 1930 hatte er dort auf Betreiben des damaligen nationalsozialistischen Innenministers von Thüringen Frick einen Lehr-

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stuhl für Sozialanthropologie erhalten. Im gleichen Jahr war er in den »Führerrat« der »Nordischen Bewegung« berufen worden. 1930 erschien auch Darrés Hauptwerk »Neuadel aus Blut und Boden«, und gleichzeitig begann auch der politische Aufstieg Darrés, als Hitler ihn 1930 zum agrarpolitischen Berater der NSDAP ernannte. Darré wollte Günthers Ideen in die Tat umsetzen und einen neuen Bauernadel schaffen, einen Adel aus »Blut und Boden«, der auf »Hegehöfen« residiert, mit einer Hierarchie von Titeln und Rängen (»Edle«, »Ritter«, »Herzöge«), die aber nicht vererblich wären, sondern nur für besondere Verdienste verliehen würden. Das erste Auslesekriterium war die Qualität des Erbguts: Nur rassisch hochwertige und erbgesunde Deutsche sollten in diesen Adel aufsteigen können. Weitere Kriterien waren die Bewährung in der Gattenwahl und in der Leistung für die Volksgemeinschaft. Ein besonderes Anliegen Darrés war die Abschaffung aller Reste des »artfremden« römischen Rechtes in der Landwirtschaft zugunsten des germanischen »Odalsrecht«, nach dem in der Regel nur der älteste Sohn Hoferbe sein kann – dies gehörte zu den wichtigsten Maßnahmen, die er später als Landwirtschaftsminister traf. In diesem Zusammenhang übernahm Darré von Günther die völkische Variante der Paretoschen Theorie der Elitenzirkulation, nämlich die Erneuerung der städtischen Führungsschichten durch die Zufuhr frischen Blutes vom Land: Die »nichterbenden Edelmannssöhne« sollten das »Rückgrat der eigentlichen Führungsschicht des Volkes« in den Städten werden. Auf diese Weise würde sich ein »Blutskreislauf rassischer Aufartung« einstellen: »Während bewährtes Führertum des Deutschen Volkes fortdauernd in die Adelsgenossenschaft übernommen wird, und dort durch klare Zuchtgesetze im Laufe der Geschlechterfolge von möglicherweise vorhandenen erbwertlichen Schlacken bereinigt wird, fließt aus den Hegehöfen, als den Erneuerungsquellen, wertvolles Führerblut fortdauernd in alle Stände und Schichten des Volkskörpers zurück, hier entweder tatsächlich führend oder bei nur durchschnittlicher Begabung unbemerkt im Volksuntergrund versickernd.«16

Als Darré 1930/31 nacheinander zum Leiter der agrarpolitischen Arbeit der NSDAP und zum Leiter des Rasse- und Siedlungsamtes der SS ernannt wurde, ergab sich für ihn eine einzigartige Chance, seine Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Als Chef des Rassenamtes führte er 1932 jene Ausleseprinzipien ein, die aus der SS einen »Orden nordisch bestimmer Männer« machen sollten. In der Bauernbewegung hatte er schon ab 1930 Formen der weltanschaulichen Schulung organisiert, die das Vorbild für das SS-Schulungswesen lieferten. Schon früh steuerte Darré mit Unterstützung Himmlers eine Kooperation mit der SS an. Himmler ordnete im September 1931 die »engste Zusammenarbeit« zwischen SS-Standarten-Führern und den Landwirtschaftlichen Gaufachberatern an; die Gaufachberater sollten insbesondere unter der Bauernschaft für den Eintritt in die SS werben und am Aufbau »bäuerlicher Schutzstaffeln« mitwirken.17 Kurz darauf wurde Darré mit dem Aufbau des Rassenamtes der SS beauftragt, dessen Gründung Himmler am 31.12.1931 befahl. Aus ihm ging wenig später das Rasse- und Siedlungsamt und schließlich das Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) hervor, das Darré bis 1938 leiten sollte. Darré erlebte innerhalb weniger Jahre einen raschen politischen Aufstieg: 1932 löste Hitler die von Darré geleitete Agrarpolitische Abteilung aus der Reichsorganisationsleitung Leys, der sie bis dahin unterstand, heraus und wertete sie zum Agrarpolitischen Amt auf, das er sich unmittelbar unterstellte. Im Verlauf des Jahres 1933 verlieh er Darré nacheinander die Ämter des Reichsbauernführers und schließlich des Reichslandwirtschaftsminsters. Darré verkörperte

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damit in seiner eigenen Person die von ihm angestrebte Symbiose von SS und Bauernführertum und arbeitete als Chef des RuSHA zielstrebig darauf hin, mittels der SS einen neuen, im Bauerntum verankerten und der Blut-und-Boden-Ideologie verpflichteten Rassenadel zu schaffen. Damit zeichnete er zugleich die Entwicklungslinie des SS-Schulungsamtes vor. Hitler hatte Darré im Mai 1930 als Berater in agrarpolitischen Fragen in die Reichsleitung der NSDAP geholt und im August darauf mit der Leitung der Agrarpolitischen Abteilung der Reichsorganisationsleitung betraut. Darré erwies sich als geschickter Organisator, dem es in kurzer Zeit gelang, ein umfassendes Netz von nationalsozialistischen Funktionären in der Bauernschaft aufzubauen, auf das sich die politische Mobilisierung der Bauern für die NSDAP stützen konnte. Bis Mitte 1932 verfügte die Partei über einen Kader von ca. 10.000 landwirtschaftlichen Fachberatern; mit Hilfe dieses agrarischen Funktionärskorps gelang es Darré, die landwirtschaftlichen Interessenverbände von innen her zu erobern und große Teile der Landbevölkerung bei Wahlen vor allem in den protestantischen Gebieten für die NSDAP zu gewinnen. Das Erfolgsgeheimnis war die »milieugerechte Organsation des politischen Auftretens«; die Funktionäre waren überwiegend bäuerliche Honoratioren, die lokale und regionale Anerkennung genossen. Zum anderen fielen Darrés Version einer nationalsozialistischen Agrar- und Rassenpolitik und seine Blut-und-Boden-Ideologie auf dem Land auf fruchtbaren Boden.18 Das Bauerntum wurde ökonomisch und ideologisch zum 1. Stand aufgewertet, indem Darré als wirtschaftspolitisches Ziel die Ernährungsautarkie, als bevölkerungspolitisches Ziel die rassische Aufwertung durch die Zufuhr gesunden Blutes aus dem Bauerntum propagierte und das Bauerntum zum »Blutserneuerungsquell« des Volkes deklarierte. Mit dem Ziel der Ernährungsautarkie verband sich seine Ablehnung von Kolonien: »Ein Staat, der in seiner Ernährung vom Auslande abhängig ist, ist kein in sich ruhender und von seinem Willen abhängiger Volkskörper.«19 Daraus ergaben sich später Differenzen mit Himmler, als die kriegerische Eroberungspolitik des Dritten Reichs zur Bildung neuer Kolonien im Osten führte, Himmler mit der Aufgabe der volkstumspolitischen Neuordnung in den annektierten und besetzten Gebieten beauftragt wurde und dies alles einen Funktionswandel der SS mit sich brachte. Eine Differenz zu Himmler war bereits entstanden, als Himmler, nachdem ihn Hitler 1936 zum Chef der deutschen Polizei benannt hatte, begann, die Verschmelzung von SS und Polizei vorzubereiten. Dies führte dazu, dass Darré 1938 das Amt als Chef des Rasse- und Siedlungswesen niederlegte und damit auch die Einflussnahme auf die weltanschauliche Schulung verlor. Danach verlagerte sich in Himmlers »Imperium« der Schwerpunkt der weltanschaulichen Schulungsarbeit, der bis dahin in der Allgemeinen SS gelegen hatte, auf die Polizei – siehe das Beispiel Glattes – und mit Beginn des Krieges auf die bewaffneten Verbände der SS. Darrés Traum war nicht die Integration von SS und Polizei, sondern die Verschmelzung der SS mit einem neuen Bauernführertum. Den Anfang dazu bildete die Einführung von »Bauernreferenten« als Experten für Fragen des neuen Bauerntums im Schulungswesen der SS ab 1934/35; sie sollten gleichzeitig Bauern- und SS-Führer sein. Hinter dem Konzept des »Bauernreferenten« stand das Projekt einer Verschmelzung der SS mit einer neuen, nationalsozialistischen Bauernführerschaft zu jenem »Wehrbauerntum« und »Neuadel aus Blut und Boden«, von dem sowohl Darré als auch Himmler geträumt hatten: Im Bauernreferenten sollte sich diese Verbindung personi-

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fizieren. Darrés Konzept ging am Ende nicht auf, weil seine Utopie einer von »nordischer Aufrassung« begleiteten Reagrarisierung mit den weit ausgreifenden militärischen Eroberungsplänen Hitlers nicht vereinbar war. Sein Stern begann bereits Ende 1936 zu sinken, als Darré auf dem Reichsbauerntag in Goslar in Gegenwart Görings, der gerade mit der Aufstellung des zweiten Vierjahresplanes beauftragt worden war, der die forcierte Aufrüstung des Deutschen Reichs einleitete, in einem als »blamabel« empfundenen Auftritt nichts zu den ernährungswirtschaftlichen Aufgaben und Herausforderungen beizusteuern wusste, die sich im Rahmen dieser Planung ergaben.20 Die Aufrüstung erforderte eine verstärkte Industrialisierung und die Militarisierung der Gesellschaft; der bevorstehende Krieg machte darüber hinaus den Ausbau eines polizeistaatlichen Instrumentariums und eines »Staatspolizeischutzkorps« notwendig, um für Ruhe und Sicherheit im Innern und hinter der Front zu sorgen, und der Agrarpolitik kam jetzt die Aufgabe zu, die Ernährung auch im Kriegsfall sicherzustellen – für dieses Ziel war man schon bald wieder bereit, auch polnische und andere »fremdvölkische« Zwangsarbeiter in kauf zu nehmen. Der mit Darré befreundete Johann von Leers beklagte 1942 in einem Brief an Darré einen »dauernden Zustrom ukrainischer, polnischer, russischer Arbeiter« und malte die Gefahr der »Reslawisierung« an die Wand: Schon heute bekämen die deutschen jungen Bauern nur noch schwer eine Frau – die »stämmigen, hübschen ukrainischen Mädchen« würden in kurzer Zeit »Hausfrauen in den Kleinbauernhöfen« und bald auch bei den mittleren Bauern werden. Dem Deutschen Reich prophezeite er ein ähnliches Schicksal wie dem Römischen Reich, das unter anderem daran zugrunde gegangen sei, dass immer größere Wirtschaftseinheiten entstanden, die mit »fremdvölkischen Leuten« bewirtschaftet werden mussten. Darrés Versuch, »das alte gesicherte deutsche Bauerntum in vollem Umfang auf seiner Scholle wieder herzustellen und zu erhalten«, habe, so von Leers »dem Versuch der Gracchen« entsprochen – die Gracchen seien daran gescheitert, dass das Bauerntum in Rom schon zu schwach war und die städtischen Massen billige Lebensmittel dem Erhalt eines einheimischen Bauerntums vorzogen. »Nun beobachte ich«, fasste er seine Befürchtungen zusammen, »wie die Welle zurückflutet, wie unsere Heere nach Osten strömen und als Gefangene und Landarbeiter das Volk des Ostens bei uns einströmt. Bleiben wird, wer dem Boden besser dient. Ich fürchte, es werden diesmal nicht mehr die Deutschen sein …«.21 Von Leers war der mit Abstand wichtigste Autor der »SS-Leithefte«, die lange Zeit die wichtigste Materialgrundlage für die Schulungsarbeit in der SS bildeten, 32 Aufsätze steuerte er bei – bis zum Frühjahr 1939, danach verstummte seine Stimme für die SS jäh. In der SS war er ähnlich wie Darré, der inzwischen als Romantiker abgetan wurde, offensichtlich zum Außenseiter geworden.22 Darré hatte seine ostpolitische Konzeption in enger Zusammenarbeit mit Karl Motz entwickelt, den er später zum ersten Leiter des SS-Schulungsamtes ernannte. Er war seit 1931 Darrés Unterabteilungsleiter für den Bereich »Ostland« im »Agrarpolitischen Apparat«. Motz war der Meinung, dass die Ernährung Deutschlands »aus eigenem Grund und Boden ausschließlich mit Hilfe des vorwiegend agrarischen Ostens« nicht möglich sei, lehnte aber die Bildung von Kolonien nach englischem und französischem Vorbild ab. Das deutsche Volk könne nur in einem »bodenständigen Bauerntum den Lebensquell« wieder finden, der es »rassisch und seelisch« allein erhalten könne. Der deutsche Bauer, so Motz, muß »in erblicher Verwurzelung sein Land be-

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stellen«. Im Briefwechsel mit Motz schlug Darré vor, mit England über eine Entschädigung für Deutsch-Ostafrika zu verhandeln: »Eine solche Entschädigung läge für uns zum Beispiel in der Möglichkeit, den deutschen Raum nach Osten hin erweitern zu können, um dort zu siedeln.« Motz und Darré dachten schon zu diesem Zeitpunkt keineswegs nur in der Tradition der Artamanen an die Festigung des deutschen Ostens: »Angelpunkt des Ostproblems«, so Motz, »ist Polen«.23 Die Aufgabe der Unterabteilung Ostland sollte es sein, nach innen der Abwanderung aus dem deutschen Osten entgegenzuwirken, nach außen aber »mit den deutschen Volksgenossen in Osteuropa Fühlung zu nehmen«, denn auf sie würde sich die Besiedlung des Ostens einmal stützen müssen. Außenpolitisch erteilte Motz der Verständigungspolitik eine Absage: »Nicht das Interesse und das Wohlwollen fremder Machtstaaten dem wehrlosen Deutschland gegenüber wird uns empor führen, sondern rücksichtslose Ausnützung unserer eigenen Aktionsmöglichkeit. Sie muß zunächst den Weg offensiver wirtschaftlicher Machtausdehnung auf die von uns abhängigen Ost- und Südost-Staaten gehen… So wird es möglich sein, die Bildung eines starken mitteleuropäischen Blocks unter unserer Führung zu erreichen. … Das Deutsche Volk muss die alte geschichtliche Ostraumpolitik wieder aufnehmen …«

Zwischen Darré und Himmler dürfte Einverständnis darüber geherrscht haben, dass es sich bei der Ausdehnung des Deutschen Reichs nach Osten nur um die Rückgewinnung eines ursprünglich germanischen Bodens handeln würde, der nach der germanischen Odals-Verfassung als heilig galt, während der Völkerwanderungszeit aber verlorengegangen war.24 Nur musste diese Ausdehnung mit der gleichzeitigen Besiedlung des Bodens einhergehen. Darré lehnte die rasche militärische Eroberung wegen der von Johann von Leers genannten Folgen ab; eine neue Abhängigkeit von »fremdvölkischen Arbeitskräften« wollte er vermeiden. »Ohne Menschen«, schrieb Darré im Dezember 1937 an Motz, »kann das Deutsche Volk kein Raumproblem im Sinne von Blut und Boden meistern, sondern kann ein Raumproblem lediglich im kapitalistischen Sinne einer terminierten Oberherrschaft über auszubeutende Kolonialvölker zu meistern versuchen.«25 Darrés Tagebucheintrag vom 19.1.1938 wird in diesem Kontext verständlich: »Sorge um die Zukunft der SS. Soll ich das RuSHA doch lieber abgeben, da die SS sich zu einer kapitalistischen Prätorianergarde unter jesuitischem Oberbefehl entwickelt?«26 Denn eine Kolonialherrschaft im Osten mit Heeren von Zwangs- und Sklavenarbeitern ließ sich nur mit polizeistaatlichen Mitteln aufrechterhalten; die SS würde dies weit von der ihr von Darré zugedachten Aufgabe entfernen, die Avantgarde der rassischen Erneuerung zu sein, der Gesamtzusammenhang von Rasse und Siedlung, um den es ihm ging, drohte auseinander zu brechen. In einer Rede vom Januar 1936 konzedierte zwar auch Darré, dass das deutsche Volk neuen Lebensraum im Osten benötige – sein »natürlicher Lebensraum« reiche bis zum Ural, zum Kaukasus und zum Schwarzen Meer: »In diesem Raume werden wir siedeln, nach dem Gesetz, dass das fähigere Volk immer das Recht hat, die Scholle eines unfähigeren Volkes zu erobern und zu besitzen.« Aber diese Besiedlung und Inbesitznahme war für ihn offensichtlich nur als ein langfristiger Prozess denkbar, denn noch fehlten die Menschen, die diesen Raum besiedeln konnten. Doch das Schicksal werde das deutsche Volk »wenn auch nicht gerade in den nächsten Jahren, so doch in absehbarer Zeit vor diese Aufgabe stellen… Es werden keine 10 Jahre vergehen und die politische Landkarte Europas wird anders aussehen als heute. Dann müssen auch die deutschen Men-

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schen da sein, welche die dem Deutschen Volke dann gestellte Aufgabe auch zu meistern vermögen.«27 Das probate Mittel war die Förderung der Rückwanderung Volksdeutscher, vor allem aber musste der »Wille zum Kind« in der deutschen Landbevölkerung selbst geweckt werden. Die neuen Siedlungspioniere galt es auf den nationalsozialistischen Bauernschulen auszubilden – man dürfe dies allerdings nicht öffentlich propagieren. All dies brauchte aber doch eine längere Vorbereitungszeit. Darauf wies Darrés Stabsamtsleiter Hermann Reischle noch im Frühjahr 1939 in einer Auseinandersetzung mit den »Germanisierungsplänen« für das Protektorat Böhmen und Mähren hin: »Wenn wir an den Neuraum denken, mögen wir nie vergessen, dass er uns nicht gehört, solange er nicht vom deutschen Bauern gepflügt wird… Raumgedanke und Blutsgedanke gehören zusammen… Ohne Siedlung, ohne Neubildung deutschen Bauerntums stirbt ein Volk, und ohne Durchdringung mit dem Blute wird kein Raum auf die Dauer völkisch gefestigt… Kaum jemand hat sich bis heute über diese Dinge Gedanken gemacht. Hier erwächst gerade uns heute eine gewaltige Aufgabe. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, um eines Tages die notwendigen Siedlerheere aufstellen zu können… Und noch eines müssen wir wissen: Die Auffüllung des Ostens und damit die Verbreiterung der Lebensgrundlage des deutschen Volkes ist nicht eine einmalige Handlung, eine ›Aktion‹, sondern sie zieht sich viele Jahre, Jahrzehnte, ja Jahrhunderte hin.«

Zunächst sei mit einer Phase der »Zwischensiedlung« zu rechnen, die »die Aussiedlung fremden Volkstums zur Folge haben müsse«, denn dass man »im Neuraum fremdartiges, die Rassenreinheit gefährdendes Blut dulden« könne, sei unvorstellbar, die geschichtliche Erfahrung zeige, dass »fremdvölkische Reste« immer die »Vervollkommnung der Volksgemeinschaft« verhindert hätten und stets ein Quelle innerer Spannungen blieben. Zu allererst müsse ein »Siedlerführerkorps« nach dem Vorbild der alten Artamanenbewegung aufgestellt und ausgebildet werden, das, dem SS-Wehrbauernkonzept folgend, erste »Kristallisationskerne deutschen Bauerntums« in den neuen Siedlungsgebieten schaffen könne.28 Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass Darré seinen Rückzug aus dem RuSHA Anfang 1938 zunächst nur als vorübergehend betrachtete und im September 1938 versöhnliche Treffen mit Himmler in seinem Tagebuch festhielt.29 Offenbar dachte er, zuerst müssten die militärischen und sicherheitspolizeilichen Voraussetzungen für die auch von ihm avisierte Siedlungspolitik geschaffen werden, für die SS stünden daher für einige Zeit sicherheits- und staatspolizeiliche Aufgaben im Vordergrund – damit erhielt auch die Übernahme der Polizeischulung durch die SS ihre Plausibilität; die von Himmler geplante Verschmelzung von SS und Polizei bedeutete aber auch eine Ausweitung der Aufgaben und damit verbunden eine Verwässerung in der inhaltlichen Ausrichtung der Schulungsarbeit, die sich mit dem Ordensgedanken der SS, für den Darré zuständig war, nicht mehr vereinbaren ließen. Himmler hatte Darré im April 1938 als Amtschef zunächst nur beurlaubt. Im Juli darauf bat Darré ihn, die Ablösung vom Amt des RuSHA-Chef möglichst rasch zu vollziehen, damit für die Mitarbeiter Klarheit herrsche; dabei legte er auch den eigentlichen Grund für seinen Rücktritt offen: »Eine weitere Bitte: Übertrage mir kein weiteres Amt sondern stelle mich frei als persönlichen Berater neben dich, ohne irgendeine Aufgabe. Begründung: Bis nächstes Jahr wirst du

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Einleitung fast ausschließlich in der praktischen Ebene tätig sein – also: Polizei, SD, Grenzabwehr – und wirst den Ordensgedanken der SS mehr oder minder auf Stunden der ›Träumereien am Kamin‹ beschränken müssen. Verzeih, dass ich diese nüchterne Rechnung aufstelle und den Saldo ziehe. Aber ich muß dies tun, denn RWDé [Richard Walther Darré] ist nur im Ordensgedanken der SS ein Faktor, nicht im Bereich der materiellen Ebene des derzeitigen Staatsschutzes. Warum also jetzt krampfhaft eine Konstruktion versuchen, um mir eine Position zu verschaffen, während sich in 4 – 5 Jahren diese Dinge vielleicht von selbst ergeben, sofern ich inzwischen auch amtlich den Kontakt bei deiner Person halten kann, der freundschaftlich sowieso gegeben ist. – In Eile, allerherzlichst, Heil Hitler, Dein RWD.«30

Darré mag daran gedacht haben, als Reichsbauernführer und Reichsamtsleiter inzwischen an seinen siedlungspolitischen Plänen und der Heranbildung des Bauern- und Siedlerführerkorps weiterarbeiten zu können, während längst die Entscheidung für ganz andere Prioritäten gefallen waren. Gegenüber Darré erwies sich Himmler als der flexiblere, ideologisch weniger festgelegte Machtpolitiker. Der entscheidende Bruch kam im Oktober 1939, als Hitler Himmler zum Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums ernannte und ihm damit auch die zentrale Zuständigkeit für die Siedlungspolitik übertrug. Damit war die Entscheidung für das »schnelle Germanisierungsverfahren unter der Federführung Himmlers« und gegen die von Darré vertretene »allmählich und langfristig angesetzte Germanisierung der Ostgebiete« gefallen.31 Enttäuscht und verbittert notierte Darré am 2.10. in sein Tagebuch: »Das ist die entscheidende Niederlage meines Lebens! – Warum hatte Himmler zu mir geschwiegen? Na schön, nun bin ich mir wenigstens restlos klar über seinen Charakter …«.32 Der Bruch zwischen Darré und Himmler markiert einen grundlegenden Wandel der SS hin zu einem »Staatspolizeischutzkorps« und zu einem zweiten Waffenträger des Reichs. Die Blut-und-Boden-Ideologie und das rassische Ausleseprinzip, das Darré in der SS einführte, blieben der SS aber als feste Bestandteile bis zum Schluss erhalten, weil nur so der Sonderstatus zu legitimieren war, den die SS gegenüber der Wehrmacht beanspruchte. Wesentliche Grundlagen der weltanschaulichen Schulung der SS waren zuerst in der Bauernführerschulung gelegt worden, die unter der Ägide Darrés vor 1933 entstand; danach entwickelten sich SS- und Bauernführerschulung noch lange Zeit parallel. Nach seiner Berufung in die Reichsleitung der NSDAP hatte Darré eine Unterabteilung Werbung eingerichtet, die ab 1931 Bauernschulungskurse durchführte. Die Abteilung leitete anfangs Erwin Metzner, später Karl Motz. Metzner war Landwirt mit abgebrochenem Studium der Volkswirtschaft, Geschichte und neueren Sprachen, Landwirtschaftlicher Gaufachberater, Gauredner und Mitarbeiter der Rednerschule bei der Reichspropagandaleitung in Herrsching. Er dürfte es auch gewesen sein, der 1931 auf Albert Friehe aufmerksam wurde, der ebenfalls in der Rednerschulung der Partei arbeitete und Rednerkurse in Marburg organisierte. Friehe, auch er ein Landwirt mit abgebrochenem Studium – Friehe hatte nach eigenen Worten ein Dissertationsvorhaben bei Hans F. K. Günther in Jena aufgeben müssen, weil Günther damals die Prüfungsberechtigung entzogen worden sei – führte im Juli 1931 einen Bauernschulungskurs in Wabern/Hessen durch, der so erfolgreich war, dass Darré ihn daraufhin mit der Durchführung ähnlicher Kurse im ganzen Reich beauftragte und ihn im Januar 1932 zum Fachreferenten für das bäuerliche Bildungswesen in der Unterabteilung Werbung ernannte. Gleichzeitig beauftragte Darré ihn damit, die Jugendbeilage der

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von ihm selbst herausgegebenen »Nationalsozialistischen Landpost« zu redigieren.33 Nach seinen Erfahrungen in Wabern verfasste Friehe eine Denkschrift über Bauernschulungskurse im Allgemeinen und legte ein Programm für Lehrgänge von sechs bis zehn Tagen Dauer vor. Es bildete die Grundlage für insgesamt 20 Kurse, die in der Folgezeit veranstaltet wurden, mit einem regionalen Schwerpunkt in Schlesien. Auf dem Programm standen Themen wie: »Vererbungslehre; Die Bedeutung der Rasse im Leben der Völker; Die völkische und biologische Mission des Bauerntums; Liberalismus und Marxismus als Totengräber des Bauerntums; Die Bedeutung des Bauerntums für die sittliche Wiedergeburt des deutschen Volkstums; Geschichte und soziale Lage der Landarbeiterschaft in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; Zielsetzungen nationalsozialistischer Handelspolitik; Ostpolitik als Zielsetzung einer organischen Außenpolitik; Brechung des jüdischen Handelsmonopols durch ein deutsche Genossenschaftswesen« usw. Die Vortragsfolgen wurden durch Ausflüge und Besichtigungen aufgelockert – darunter die Besichtigung einer »Anstalt für geistig und körperlich Gebrechliche«, zur »notwendigen Ergänzung der Vorträge über Vererbungs- und Rassenfragen«. Den Abschluss sollte jeweils eine Kundgebung vor der regionalen Bauernschaft und, wie in Wabern, ein »Propagandamarsch« bilden. Neben Vorträgen wurden Debattenabende (»Ausspracheschulung«) organisiert: »Der Bauer soll reden lernen« – die Lehrgänge waren also ganz auf die Heranbildung agrarpolitischer Parteiredner ausgerichtet. Dabei hob Friehe hervor, dass es nicht um Agitation, sondern um Schulungsarbeit ging: »Durch die Agitation sind ja bereits die Mitglieder geformt, sie ist also für einen Schulungskurs restlos abwegig. Durch die Schulung sollen die Mitglieder zu Kämpfern erzogen werden und sollen die in ihnen schlummernden Führereigenschaften entfacht werden.« Erklärtes Ziel war die »Heranbildung eines ›Unteroffizierskorps‹ unserer Bewegung auf dem Lande, das in der Lage ist, tatkräftig und möglichst selbständig arbeitend unsere Machtergreifung vorzubereiten und nach derselben unsere Ideen erfolgreich in die Tat umzusetzen.«34 Die frühen Erfolge der Bauernschulung hingen eng mit der Errichtung des nationalsozialistischen Rednerwesens zusammen, das seinen Ursprung in den 1928 von Fritz Reinhardt begründeten Rhetorik-Kursen für Parteimitglieder hatte. Reinhardt war damals Gauleiter von Oberbayern-Schwaben und betrieb eine eigene Fernschule in Herrsching am Ammersee. Himmler, der bis zum Oktober 1930 noch Geschäftsführer der Propagandaabteilung in der Reichsleitung der NSDAP war und schon 1927 damit begonnen hatte, einen flächendeckenden Einsatz von Parteirednern zu organisieren, ordnete 1929 an, Reinhardts Fernkurse zur zentralen Rednerschule der NSDAP auszubauen; jeder Kreis sollte zwei Schüler entsenden, Reinhardt erhielt den Auftrag, Redner-Informationsmaterial zusammenzustellen, das 14täglich erscheinen sollte. 1930 war ein regulärer Betrieb entstanden: Im Mai 1930 waren bereits 2300 »Studenten« eingeschrieben, ergänzend zum Fernstudium fanden spezielle Kurse von Experten aus der Partei in Herrsching statt. Die Kurse dauerten insgesamt ein Jahr, die Studenten bekamen monatliche Instruktionen zugesandt, Muster-Reden, Korrekturen eigener Arbeiten, die laufend anzufertigen waren und Antworten auf offene Fragen; sie waren verpflichtet, Zeitungen und Literatur zu lesen und Notizbücher für eigene künftige Reden zu führen. Nach einer bestandenen Zwischenprüfung erhielten sie die Zulassung für 30 Reden, am Schluss wurde ein offizielles Redner-Zertifikat erteilt, das mit der Verpflichtung verbunden war, viermal im Monat eine Rede zu halten. Rein-

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hardts Konzept gab den Inhalten den Vorrang vor der Form: Der Redner, der die Inhalte versteht und von ihnen überzeugt ist, könne auch sein Publikum beeindrucken und überzeugen, die Redner-Fertigkeiten würden dann mit der Praxis kommen. Reinhardt versorgte deshalb seine Schüler mit Muster-Reden, die wiederholt zu lesen waren, abschnittsweise gelernt und dann in eigenen Worten wiedergegeben werden mussten; Auswendiglernen verbot er jedoch. Eine Fülle von Frage-Antwort-Lektionen zielte darauf ab, herauszufinden, ob der Schüler den Stoff verstanden hatte und das Verständnis des Textes zu verbessern. Weiter gehörte zum Konzept, dass die Studenten lernten, in Debatten stets anzugreifen und sich nie in eine Verteidiger-Position drängen zu lassen. Reinhardts Schule erwies sich als überaus erfolgreich. 1930 verfügte die Partei bereits über 1200 Redner, bis 1933 sollen bis zu 6000 Redner ausgebildet worden sein. In kurzer Zeit entstand so ein in Reichs-, Gau-, Kreis- und Spezialredner gegliedertes Rednerkorps, das es der Partei erlaubte, die Zahl der Versammlungen zu steigern, dem die anderen Parteien der Weimarer Republik kaum etwas gleichwertiges entgegenzusetzen hatten und das daher nicht unwesentlich zu den Wahlerfolgen der frühen 30er Jahre beitrug.35 Die Schule sollte gleichzeitig als Modell für weitere Einrichtungen in den Gauen dienen – in diesem Zusammenhang dürften auch Friehes Kurse in Marburg entstanden sein. Von April 1930 bis Februar 1931 war Erwin Metzner, der am Ammersee eine Landwirtschaft betrieb, als Mitarbeiter an Reinhardts Schule tätig. Danach holte ihn Darré als Mitarbeiter der Unterabteilung Werbung in seine Agrarpolitische Abteilung, damit er am Aufbau eines eigenen Bauernrednerkorps mitwirke; im Januar 1932 übertrug er ihm die Leitung der Unterabteilung. Im Herbst 1932 wechselte Metzner als Leiter zur Abteilung »Bauernkultur« des Agrarpolitischen Amtes; 1934 wurde er zum Hauptabteilungsleiter für Bauerntumskunde und bäuerliches Standeswesen im Stabsamt des Reichsbauernführers ernannt, ab April 1935 war er darüber hinaus Hauptabteilungsleiter im RuSHA.36 An seine Stelle als Leiter der Abteilung Werbung trat 1933 Karl Motz. Motz’ Berufung, der etwas später die Ernennung zum Chef des SSSchulungsamtes folgte, signalisierte, dass Darré der Schulungsarbeit in SS und Bauernschaft eine Schlüsselrolle in den von ihm avisierten Prozessen gesellschaftlicher und politischer Neuordnung zuwies. Die Bauernschulung sollte Menschen hervorbringen, die die Erneuerung des Volkes aus dem Bauerntum im Innern und die Besiedlung des nach außen erweiterten Raums bewerkstelligen konnten. Die enge Verbindung des Bauerntums mit der SS sollte die neue bäuerliche Führungselite fest in den rassischen Orden der SS einbinden und gleichzeitig die »Blutzufuhr« aus dem Bauerntum in der SS sicherstellen. Nach seiner Ernennung zum Reichsbauernführer richtete Darré ein Stabsamt mit sieben Hauptabteilungen ein, die hauptsächlich mit der Umsetzung der Blut-und-Boden-Ideologie befasst waren: A. »Wandlung der Volkswirtschaft« (Leitung Herbert Backe), B. »Führung der Ernährungswirtschaft« (Hermann Reischle), C. »Zwischenvölkische Bauern- und Landwirtschaftsfragen« (Erich Winter), D. Bauernkunde und bäuerliches Standeswesen (Metzner), E. Zeitungswesen (Roland Schulze), F. Werbung (Motz), G. »Blutsfragen des deutschen Bauerntums« (Horst Rechenbach).37

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Die Zuständigkeit für die Bauernschulung und das Redner- und Vortragswesen lag anfangs bei Metzner, ab Ende 1933 allein bei Motz’ Hauptabteilung »Werbung«, nachdem Metzners Hauptabteilung in »Bauerntumskunde und bäuerliches Ständewesen« umbenannt worden war. 1935 trat an die Stelle der Hauptabteilung »Werbung« eine Hauptabteilung »Aufklärung« unter Leitung von Wilhelm Staudinger, während Motz mit der Leitung der neu gebildeten Hauptabteilung »Reichsschulen« betraut wurde. Wie eng das Stabsamt mit dem Rasse- und Siedlungsamt bzw. -hauptamt verbunden war, wird daran deutlich, dass Darré gleichzeitig oder wenig später allen Hauptabteilungsleitern auch Leitungsfunktionen im RuSHA übertrug: Backe wurde Leiter des Siedlungsamtes, Reischle des Rassenamtes, Metzner der Hauptabteilung »Gesittung«, Motz des Schulungsamtes, Schulze des Amtes »Archiv- und Zeitungswesen«, Rechenbach leitete auch im RuSHA die Abteilung »Blutsfragen.« Sie brachten eine ganze Schar von Mitarbeitern mit. Zum Beispiel waren Konrad Ellersiek und Friedrich Runge, die zu den ersten Mitarbeitern des Schulungsamtes gehörten, zuvor schon Mitarbeiter von Motz im Stabsamt – Ellersiek in der Abteilung »Werbung«, Runge schon 1931 in der Abteilung »Ostland«; der Stabsangehörige Alfred Thoss, Geschäftsführer des »Bauernkontors« in Goslar, leitete gleichzeitig die Abteilung »Alte Geschichte« im Rassenamt, für »Bauerngeschichte« war 1935 Ernst Schaper vom Stabsamt zuständig, Ludwig Schlösser, Unterabteilungsleiter im Stabsamt, wurde 1935 kurzzeitig mit der Geschäftsführung des Sippenamtes betraut usw. Das RuS-Amt war in den Anfängen faktisch eine Dépendance des Agrarpolitischen Amtes bzw. des Stabsamtes des Reichsbauernführers. Darré sandte im Dezember 1933 einen Giederungsentwurf für das Stabsamt an den Geschäftsführer des Reichsbauernrates Richard Arauner, in dem das Rasseamt der SS sogar als Hauptabteilung G »Blutsfragen des deutschen Bauentums« unter Leitung Rechenbachs in das Stabsamt eingegliedert war.38 Lothar Stengel-Rutkowski, den Darré bereits 1932 als Referent für Rassenhygiene und Erbgesundheitspflege ins Rassenamt holte, sprach rückblickend vom »damals noch mit dem Stabsamt des Reichsbauernführers vereinigten Rasse- und Siedlungsamt der SS«.39 Parallel zu den für Schul- und Schulungsangelegenheiten zuständigen Hauptabteilungen des Stabsamtes bestand im Verwaltungsamt des Reichsnährstandes eine Abteilung I.E »Bauernschulung« bzw. »Berufsständische und weltanschauliche Schulung« mit den beiden Unterabteilungen »Jungbauernschulung« und »Bauernführerschulung«, bei der die »oberste Überwachung« und Verwaltung der Bauernschulen und der weltanschaulich-politischen Bauernschulung lag.40 Dem Reichsbauernführer als Führer des Reichsnährstandes unterstand neben dem Stabsamt, das die zentrale Beratungsinstanz in allen »ideologischen Fragen« bildete,41 das Verwaltungsamt und der Reichsbauernrat. Das Verwaltungsamt, die »behördenmäßige Spitze« des Reichsnährstandes, war in die innere Hauptabteilung und die Reichshauptabteilung gegliedert, die Reichshauptabteilung bestand aus drei Hauptabteilungen: »I. Der Mensch, II. Der Hof, III. Der Markt.«42 Die Hauptabteilung »Der Mensch«, ab 1935 geleitet von Matthias Haidn, war auch für die Verwaltung des Bauernschulungswesens zuständig (Abt. I.E). Haidn, Freikorps-Kämpfer und seit 1926 NSDAP-Mitglied, war 1935 gleichzeitig Leiter der Hauptabteilung »Blutsgemeinschaft« im RuSHA, 1936 wurde er stellvertretender Leiter des Sippenamtes. Er kam aus dem Agrarpolitischen Apparat und hatte einen steten Aufstieg hinter sich: 1930 war er Landwirtschaftlicher Gaufach-

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berater für Unterfranken, 1933 Hauptabteilungsleiter I bei der Landesbauernschaft Bayern, 1934 Hauptschulungsleiter im SS-Abschnitt I, dann Landesobmann der Landesbauernschaft Ostpreußen.43 Aufgabe der Bauernschulen war es, die »Jungbauern schulungsmäßig auf Pflichten vorzubereiten, die ihnen infolge des Reichserbhofgesetzes einst aus der Tatsache ihres Bauerntums erwachsen«. Der Lehrplan der Bauernschulen umfasste in der Hauptsache Geschichte, Erb- und Rassenkunde und Volkstumskunde. Die fachbezogene landwirtschaftlich-hauswirtschaftliche Ausbildung erfolgte dagegen weiter auf den traditionellen Landwirtschaftsschulen; ihre Verwaltung lag bei der für den »Hof« als wirtschaftlichen Betrieb zuständigen Hauptabteilung II.44 Parallel dazu wurden ähnliche Organisations- und Verwaltungsstrukturen in den Landesbauernschaften geschaffen – so waren die Abteilungen I.E der Landesbauernschaften für die Bauernschulung in den Regionen zuständig.45 Eduard Landgraf, der 1935 zum Vorstand der Abt. I.E in der Reichshauptabteilung berufen wurde, hatte zuvor die Abt. I.E bei der Landesbauernschaft Bayern geleitet. Die von Motz geleitete Stabshauptabteilung »Reichsbauernschulen« war für die überregionalen Führerschulen des Reichsnährstandes zuständig. Dies waren die Bauernhochschule und Bauernführerschule in Goslar, die Beamtenakademie des Reichsnährstandes, die ebenfalls in Goslar errichtet wurde, und die Reichsschule des Reichsnährstandes für Leibesübungen auf der Burg Neuhaus. Die Beamtenschule und -akademie wurde 1937 zur »Heranbildung eines nationalsozialistischen Beamtennachwuchses« des Reichsnährstandes gegründet.46 Leiter war der Diplomlandwirt Dr. Otto Finger, den Darré 1936 auch mit der Vorbereitung der Schule beauftragte. Finger war zuvor Abteilungsleiter beim Agrarpolitischen Apparat im Gau Hessen, dann Mitglied der Hessischen Regierung in der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft und Hauptstabsabteilungsleiter der Landesbauernschaft gewesen; er war altes FreikorpsMitglied, gehörte seit 1930 der NSDAP an und war ab 1934 auch als Schulungsleiter für die SS aktiv.47 Die Reichsschule Burg Neuhaus bei Wolfsburg wurde 1935 errichtet. An der Schule fand die sportliche Ausbildung der Lehrer für die bäuerlichen Werkschulen statt, und vermutlich diente sie generell der Heranbildung eigener Leibeserzieher des Reichsnährstandes, denn sowohl an den weltanschaulich ausgerichteten Bauernschulen als auch an den regulären Landwirtschaftsschulen war Leibeserziehung eine feste Größe, und nach Möglichkeit sollte jede Bauernschule einen eigenen Sportlehrer haben. Erster Leiter der Schule war 1935 der Diplomkaufmann Dr. Hans Trummler, der vorher schon das SA-Hochschulamt in Leipzig und die dazu gehörige Wehrsportschule Borna geleitet hatte. Trummler war ein »alter Kämpfer«, der schon der Organisation Escherich angehört hatte und seit 1928 NSDAP-Mitglied war. Er hatte immer wieder Probleme damit, seine eigene Impulsivität unter Kontrolle zu halten. In Borna fiel er bereits wegen Schlägereien und Ausschreitungen in alkoholisiertem Zustand gegen Polizeibeamte auf. Burg Neuhaus musste er nach einem halben Jahr wieder verlassen, nachdem sich die Beschwerden gehäuft hatten und schließlich Klagen von Schülerinnen wegen unsittlichen Verhaltens gekommen waren. Trummler hatte den Kommisston eines preußischen Unteroffiziers an sich, aber er feierte auch gerne, veranstaltete häufig Kameradschaftsabende, war dem Alkohol zugetan und stellte Schülerinnen nach. Der Bericht eines Vertreters der Landesbauernschaft Braunschweig beschreibt ihn als sadistischen Psychopathen. Himmler suspendierte ihn 1936 für kurze Zeit vom SS-Dienst, gab ihm danach aber eine Bewährungschance bei der

Himmlers Lehrer, 9783506766441, 2014

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Grenzpolizei und setzte ihn 1938 als Kommandeur der Grenzpolizeischule Pretzsch ein.48 Stellvertretender Leiter und Sportlehrer in Burg Neuhaus war Herbert Weißbach, Volksschullehrer und wissenschaftlicher Assistent am Pädagogischen Institut der Universität Leipzig. Auch Weißbach, der seit 1919 in der Deutschen Turnerschaft aktiv war, gehörte schon seit 1923 bzw. 1925 der NSDAP und der SA an; er war Propagandawart des Nationalsozialistischen Studentenbundes, Unterabteilungsleiter und Redner des Kreisschulungsamtes Leipzig, wurde 1936 in die SS aufgenommen und 1937 zum Untersturmführer und Schulungsleiter des RuSHA ernannt. Zu diesem Zeitpunkt dürfte er Burg Neuhaus schon wieder verlassen haben, denn 1938 wird er als Schulungsleiter, 1939 als Stuba-Schulungsleiter beim Oberabschnitt Elbe geführt; 1939 war er als Bezirksschulrat in Werdau tätig.49 Nach Trummlers Entlasssung wurde 1936 der Historiker und Erziehungswissenschaftler Onko Buss mit der Leitung der Schule betraut. Buss war Studienassessor und wie Weißbach Assistent am Pädagogischen Institut, dann der HfL Leipzig. Buss hatte in den 20er Jahren der KyffhäuserJugend und dem Deutschen Turnerbund angehört und nach 1933 in verschiedenen Lagern eine Wehrsportausbildung mitgemacht; dem Reichsnährstand empfahl er sich aber ganz besonders mit einer an den Ideen von »Blut und Boden« orientierten Pädagogik. Am Leipziger Institut leitete er eine AG für »Dorfgemeinschaftskultur« und widmete sich der Durchführung von »Dorfgemeinschaftslagern«. Buss war 1930 der NSDAP, 1934 der SS beigetreten und wurde 1937 zum Untersturmführer, 1938 zum Obersturmführer im SS-Hauptamt ernannt. Im Herbst 1938 wechselte er als Abteilungsleiter der Reichsleitung der NSDAP zum Reichslager für Beamte nach Bad Tölz.50 Als fachlicher Leiter arbeitete von 1935 bis zur Schließung der Schule 1939 der bekannte Gymnastik-Lehrer Rudolf Bode in Neuhaus. Er entwickelte hier die »Neuhaus-Gymnastik«, eine Ausgleichsgymnastik für Bauern.51 Nach der kriegsbedingten Schließung der Schule ernannte Darré ihn zum »Sonderbeauftragten für berufsständische Leibeserziehung«. In dieser Eigenschaft führte er noch 1941 einen Kurs für Leibesübungen an der Bauernschule Neudietendorf durch, bevor die Position des Sonderbeauftragten Ende 1941 aufgelöst wurde.52 Die wichtigste Reichsschule war die Bauernhochschule in Goslar. Hier sollten vor allem die Lehrer der Bauernschulen fortlaufend geschult werden. Nach Vorstellungen Darrés sollte jede Landesbauernschaft eine eigene Bauernschule für die Ausbildung des Führernachwuchses der regionalen Bauernschaft erhalten, während in Goslar eine Bauernhochschule als zentrale Reichsschule entstehen sollte. Die »Bauernschulen« sind als politisch-weltanschaulich ausgerichtete Führerschulen von den allgemeinbildenden und berufsfachlichen Landwirtschaftsschulen des Reichsnährstandes zu unterscheiden. Die Berufsbezeichnung »Bauer« war für selbständige Erbhofbauern reserviert, und zu den Aufgaben der »Bauernschulen« gehörte in diesem Zusammenhang auch auch die Vermittlung der ideologischen Grundlagen des »Reichserbhofgesetzes« mit seinen rassenpolitischen und -hygienischen Implikationen, einschließlich der Durchführung von Kursen für »Anerbenrichter«, die mit den erbrechtlichen Angelegenheiten befasst waren, die sich aus dem Reichserbhofgesetz ergaben. Schon vor 1933 waren mehrere Schulen entstanden, die sich »Bauernhochschulen« nannten und wichtige Vorläuferfunktionen für die SS-Schulung erfüllten. In der Bauernhochschule Gransee etwa begannen im November 1933 regelmäßige Schulungskurse zur Einführung in die agrarpolitische Gesetzgebung für Landes- und Kreisbauernführer, SS-

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Schulungsleiter und -redner.53 Nachdem Darré 1934 die Errichtung einer zentralen Bauernhochschule in Goslar angekündigt hatte, war diese Bezeichnung der Goslarer Schule vorbehalten, alle anderen wurden in »Bauernschulen« umbenannt. Die Leitung der Schule sollte Alexander von Wangenheim übertragen werden, als Stabsleiter war der Diplom-Kolonialwirt Dr. Richard Hintmann vorgesehen.54 Von Wangenheim hatte zuvor die im September 1933 eingeweihte »Märkische Bauernhochschule Gransee« bei Neuruppin geleitet, die jetzt in eine Bauernschule der Landesbauernschaft (»Bauernschule Kurmark«) umgewandelt wurde; auch Hintmann hatte hier unterrichtet. Im Dezember 1932 hatte von Wangenheim bereits in Tzschetschnow bei Frankfurt/Oder eine Bauernschule als »nationalsozialistische Bauernhochschule« ausgerufen; er unterrichtete hier schon seit 1927. 1923 war er unter den ersten Lehrern der völkischen Bauernhochschule in Neuruppin. Lange vor 1933 fand hier bereits ein Unterricht statt, in dem Rassenkunde nach Günther, antisemitisches Gedankengut und die Blut-und-Boden-Ideologie vermittelt wurden. Zahlreiche junge Bauernführer wurden hier geschult, die sich ab 1928 der NSDAP zuwandten, maßgeblichen Anteil an den Wahlerfolgen der NSDAP unter der Brandenburger Landbevölkerung hatten und später als nationalsozialistische Bauernfunktionäre wirkten.55 Auch Gransee war für die nationalsozialistische Bauernschulungsbewegung ab 1933 von besonderer Bedeutung. Viele Bauernschullehrer und -funktionäre erhielten hier eine weltanschauliche Schulung, die später Funktionen in der SS übernahmen – etwa Wilhelm Beyer, der nach dem Besuch eines Lehrgangs in Gransee bei der Schulungsabteilung der Landesbauernschaft Kurmark eingestellt, als Schulungsleiter für die SS benannt wurde und später als Lehrer an der Bauernschule Grunzig bei Meseritz unterrichtete; Dr. Claus Endres, der nach einem 6wöchigen Lehrgang in Gransee als Assessor an der Bäuerlichen Werkschule in Fürstenfeldbruck eine Anstellung erhielt und später zum Polizeischulungsleiter der SS in Wien avancierte; die späteren Bauernreferenten Otto Graf und Hermann Haas, Kreisbauernführer bei den Landesbauernschaften Baden und Württemberg; der Diplomlandwirt Werner Hoppe, auch er Kreisbauernführer und Bauernreferent, während des Krieges Sturmbannführer im Hauptamt Volksdeutsche Mittelstelle, um nur einige Beispiele zu nennen. Den ersten Führerlehrgang an der Märkischen Bauernhochschule im September 1933 besuchte auch Heinz Leonhard, der 1931 in Jena mit einer landwirtschaftswissenschaftlichen Arbeit promoviert und während des Studiums auch die Vorlesungen von Günther in Jena besucht hatte. Leonhard war bereits im Frühjahr 1933 zum Mitarbeiter im Rasseund Siedlungsamt (RuSA) ernannt worden und hatte 1933 auch schon einen Lehrgang des Amtes über Vererbungs- und Rassenfrage besucht; 1934 bis 1936 arbeitete er in der Abteilung »Bauernschulung« der Landesbauernschaft Kurmark und wirkte während dieser Zeit auch selber als Lehrer in Gransee, nebenher hielt er Vorträge an der Gauführerschule Hohenlychen. Danach wurde ihm die Leitung der Bauernschule Neudietendorf in Thüringen übertragen, 1938 wurde er als Lehrer und Wirtschaftsberater an die Bauernschule Ravensburg berufen und dort 1941 zum Landesökonomierat ernannt. In Ravensburg beteiligte sich Leonhard, seit 1934 SS-Schulungsleiter und inzwischen zum Hauptsturmführer ernannt, auch an der weltanschaulichen Schulung der Polizei. Aus seiner Feder stammt eine Abhandlung über die »Bauernhochschule im Dritten Reich«, in der er über den »Führerlehrgang für Bauernhochschulleiter und -lehrer« vom September 1933 in Gransee berichtete, in weiteren

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offensichtlich für die Schulungsarbeit verfassten Abhandlungen schrieb er über die »Aufrüstung des Dorfes« und setzte sich mit der Frage »Warum Verlobungsgenehmigung für die SS« auseinander. Seine Texte sind unfassbare Dokumente eines naturwissenschaftlich gebildeten Ignoranten und Paranoikers. Über die Französische Revolution von 1789 und die Russische von 1917 schrieb er zum Beispiel: »Erwecken des Verbrecherinstinkts, der den hochstehenden Menschen systematisch ausmerzte. Bekanntlich genügte es in der französischen Revolution schon, blond zu sein, um aufs Schaffott zu kommen und in Russland, ein höherstehender, gebildeter Bürger zu sein, um niedergemacht zu werden.« Zum Thema »Erziehung und Vererbung« notierte er, »der Jude« würde behaupten, dass sich erworbene Eigenschaften vererben: »Eigenschaften vererben sich überhaupt nicht! Höchstens die Anlagen zu ihnen. Und wenn der Jude eben ein Jude ist, dann vererben sich eben nur die jüdischen Anlagen und zwar für Gerissenheit, Sittenlosigkeit, Schamlosigkeit und Raffgier auf seine Kinder. Deutsches Wesen ist angeboren…«. Es sei auch Unsinn, wenn behauptet werde, das deutsche Blut würde schon nach und nach das jüdische in sich aufsaugen und die Judenfrage würde sich dann von allein erledigen: Jede Anlage bleibe bei der Vererbung selbständig. Wahrscheinlich hatte Leonhard dies bei Karl Astel in Jena gelernt, der nicht müde wurde, die »Absorptionstheorie« als Irrweg zu brandmarken: »Eine Vermischung der Deutschen mit den Juden würde im Gegenteil die deutsche Rasse verschlechtern, weil die Anlagen, die der Jude hat, über die Anlagen deutscher Menschen dominieren. Immer wird und wurde in der ganzen Welt bei der Kreuzung zweier verschiedener Rassen die höherwertige von der minderwertigen auf eine niedere Stufe herabgezerrt.« Man könne dies am Beispiel Mittel- und Südamerikas sehen: Hier lebe ein »zusamengemanschter Menschenbrei«, der jährlich mindestens eine Revolution mache und zu einer großen Leistung nicht mehr fähig sei. Die Feinde Deutschlands predigten deshalb die Gleichheit, weil sie an der Rassenvermischung und schließlich Degeneration des deutschen Volkes interessiert seien: »Nur deshalb, weil Hitler größter Kenner der Blutsfrage und schärfster Verfechter des Rassegedankens ist, tobt heute das Weltjudentum in gemeinster und dreckigster Weise gegen den Führer des erwachenden Deutschland.«56 Am Beispiel eines Schulungsprogramms für Jungbauernkurse an den Bauernschulen Mindelheim und Waldkirchen von 1935 läßt sich die Unterrichtspraxis der Bauernschulen veranschaulichen. Eingebettet in den üblichen Lageralltag – Flaggenhissen, Sport, Singen, Heimabend etc. – fanden täglich zwei Hauptvorträge statt, denen am späten Nachmittag von 17.15 bis 19 Uhr »Sprechabende und Vortragsübungen« folgten. Wie die Themenfolge zeigt, ging es nur ganz beiläufig um Fragen des Bauerntums oder der Agrarpolitik, sondern um die Vermittlung einer nationalsozialistischen Grundbildung für angehende Führer: 1. Tag: 1) Nationalsozialismus als Weltanschauung; 2) Die frühgeschichtlichen germanischen Rechtsgründungen 2. Tag: 1) Karl der Große, 2) Umweltlehre als Weltanschauung 3. Tag: 1) Der Kampf zwischen Papst und Kaiser, 2) Rasse und Religion 4. Tag: 1 Der große Bauernkrieg, 2) Rasse und Recht 5. Tag: 1) Die Territorialfürsten in Deutschland, 2) Gott hat drei Stände geschaffen: Bauern, Ritter und Pfaffen 6. Tag: Ostsiedlung

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Einleitung 7. Tag: 1) Bismarck und das Zweite Reich, 2) Die Vorgeschichte des Weltkrieges, rassisch betrachtet 8. Tag: 1) Liberalismus, Marxismus und Kommunismus, 2) Rasse und Wirtschaft 9. Tag: 1) Das Dritte Reich unter Adolf Hitler, 2) Rasse und Aussenpolitik 10. Tag: 1) Die Grundzüge der nationalsozialistischen Agrarpolitik, 2) Das Reichserbhofgesetz.57

Der 11. und 12. Tag war Vortragsübungen der Teilnehmer vorbehalten. Die Vorträge hielten die Lehrer der Schulen Miller, Köllerer und Schnegg. Der Leiter der Mindelheimer Schule Alfred Köllerer war Diplomlandwirt und »alter Kämpfer« – er war der NSDAP zum ersten Mal bereits 1923 und erneut 1931 beigetreten. 1940 trat er als Untersturmführer in die Dienste des SD. Walter Schnegg, 1904 als Sohn eines Hochschullehrers geboren, war promovierter Diplomlandwirt und leitete später die Bauernschule Worch in Württemberg; er trat erst 1933 der NSDAP und der SS bei, wurde 1934 zum Stuba-Schulungsleiter und 1940 zum Untersturmführer ernannt.58 Der SSOberabschnitt Süd nutzte die Mindelburg, in der die Schule untergebracht war, gleichzeitig für Schulungslager, auf denen auch Köllerer und Schnegg als Dozenten unterrichteten. Unter anderem fanden hier im August 1936 drei Kurse von vier Tagen Dauer für Sturmbann- und Sturm-Führer sowie deren Schulungsleiter zu den vier Schwerpunktthemen »SS und Bauerntum, Rassenhygiene und Volkstod, politische Kirche« und »Freimaurerei und Judentum« statt; ein vierter Kurs wurde nach Waldkirchen verlegt.59 Bis 1937 waren 18 Bauernschulen im nationalsozialistischen Deutschland entstanden, die sich teils parallel, teils in enger Wechselwirkung mit dem SS-Schulungswesen entwickelten und nach ähnlichen Grundsätzen arbeiteten.60 Die Lehrer und Leiter waren zumeist auch SS-Schulungsleiter, und die SS nutzte die Schulen vielfach zur Durchführung eigener Lehrgänge. Das Unterrichtsprogramm deckte sich weitgehend mit dem der SS. Der Leiter der kurhessischen Bauernschule Landau bei Waldeck, Henning von Lepel stellte in seiner Dissertation Idee und Methode der nationalsozialistischen Bauernschule ein umfangreiches Curriculum vor; Lepel war Bauernreferent der SS, Obersturmführer, Schulungsredner des RPA und Gauschulungsredner der NSDAP. Der Lehrplan der Landauer Schule beinhaltete vier Schwerpunkte, die im wesentlichen dem Grundcurriculum des SS-Schulungsamtes entsprachen: 1. Erb- und Rassenlehre, 2. Geschichte, 3. Brauchtum und Sitte sowie 4. Körperliche Ertüchtigung. Allerdings fehlte der in der SS-Grundschulung obligatorische Komplex »Judentum, Bolschewismus, Freimaurerei«, dafür wurde dem Thema »Bäuerliches Brauchtum« mehr Raum gegeben. Der Themenschwerpunkt »Erb- und Rassenlehre« behandelte unter anderem die Mendelschen Gesetze, die Zwillingsforschung, Erbkrankheiten, die Aufstellung von Ahnen- und Sippschaftstafeln, »Wege der Ausmerze« (Nürnberger Gesetze etc.) und »Aufartung«, die Rassenseelenkunde, den nordischen Gedanken usw.; der Unterricht war, wie schon bei Friehe gefordert, mit dem Besuch einer Heilanstalt verbunden. Der Geschichtsunterricht holte weit aus und begann im ersten Teil mit der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Erde, des Lebens und des Menschen und wandte sich dann sehr ausführlich in Teil 2 und 3 dem Indogermanentum und dem Germanentum zu. Die Gewichtung illustriert das Geschichtsverständnis: Teil 4 behandelte die Zeit Karls des Großen, Teil 5 das »Erste Reich der Deutschen«; die gesamte Zeit vom Spätmittelalter bis zum frühen 20. Jahrhundert passte in

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den 6. Teil »Der Weg zum Zweiten Reich. Seine Vollendung und sein Untergang«, der 7. und letzte Teil war dann dem »Beginn und Aufbau des Dritten Reichs« gewidmet. Zur »körperlichen Ertüchtigung« gehörten nicht nur Gymnastik, Bodenturnen, Leichtathletik und Spiele, sondern auch Boxen, Ringen, Wehrsport und Geländedienst. Auch hier legte man Wert auf die Rednerschulung: drei bis viermal die Woche fanden abendliche Vortragsstunden statt, in denen jeder Teilnehmer einen kurzen Vortrag über ein im Unterricht behandeltes Gebiet halten musste. Insgesamt durchliefen 449 Schüler(innen) zwischen 1934 und 1938 die Schule, etwa die Hälfte davon Jungen, von denen 90,5% in den Gliederungen der Partei organisiert waren – 80% gehörten der SA an. Die Lehrgänge für den »bäuerlichen Führernachwuchs« dauerten in der Regel acht Wochen. Daneben wurde die Schule auch von anderen Organisationen der NSDAP und des Reichsnährstandes für kurzfristige Schulungen und Tagungen genutzt.61 Die Bauernschulen hatten in der Regel drei Lehrkräfte, von denen einer Sportlehrer war. Schulleiter und Lehrkräfte für den politisch-weltanschaulichen Unterricht waren zumeist Landwirtschaftslehrer und promovierte Agrarwissenschaftler, die gleichzeitig als Schulungsleiter oder in anderer Funktion als Mitarbeiter für das RuSHA bzw. das SS-Hauptamt arbeiteten. In Landau zum Beispiel war neben Henning von Lepel, der 1935 ein Studium in Göttingen aufnahm, auch der Diplomlandwirt Dr. Ludwig Licht als Leiter der Schule tätig; Licht, seit 1930 Parteigenosse, stand gleichzeitig der Abteilung Bauernschulung der Landesbauernschaft vor und wurde 1935 als AbschnittsSchulungsleiter für Hessen eingesetzt, nebenamtlich beteiligte er sich noch am Berufsschulunterricht der SS-Verfügungstruppen in Arolsen, 1939 war er Schulungsreferent beim RuS-Führer Fulda-Werra. Als Lehrer war der Diplomlandwirt Karl-Hermann Bockhorn an der Landauer Schule beschäftigt, nachdem er zuvor einen Lehrgang in Goslar besucht hatte; Bockhorn war gleichzeitig Stuba-Schulungsleiter und wurde 1938 auch in der Polizeischulung eingesetzt. Während des Krieges wurde er als Weltanschauungslehrer an die Junkerschulen Braunschweig und Klagenfurt berufen.62 Zwischen Bauernschulung und SS-Schulung gab es enge personelle Verflechtungen, oft wurden die Tätigkeiten parallel oder im Wechsel ausgeübt, so dass sie fast als austauschbar erscheinen. Eine ganze Reihe von Bauernschullehrern nahm später Führungsfunktionen im Schulungswesen der SS ein – wie Walter Barnert, der die Bauernschule Huysberg bei Halberstadt leitete, bevor er als Schulungsleiter bei den Verfügungstruppen und schließlich zu Beginn des Krieges als WE-Führer der Verfügungstruppen eingesetzt wurde, oder Karl Heinz Bürger, später Cäsars Stellvertreter als Chef des Schulungsamtes: Bürger war 1933 bis 1935 Leiter der Mecklenburgischen Bauernhochschule Warin, Leiter der Abteilung Bauernschulung in der Landesbauernschaft und gleichzeitig Schulungsreferent beim SS-Rassereferenten Nord. In Warin führte er insgesamt 6 Lehrgänge durch, in denen er Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung mit den Schwerpunkten »deutsche Rassen- und Volksgeschichte, deutsche Volkskunde und Volkskunst« vermittelte, daneben führte er Kurzlehrgänge unter anderem für Landjugendführer und Landwirtschaftslehrer durch. Die enge Verflechtung zwischen Bauernschulung und SS-Schulung wird auch daran sichtbar, dass die Teilnahme an einem Bauernschullehrgang auch zum Programm der einjährigen Ausbildungsgänge für die Untersturmführer des RuSHA in den Jahren 1936-1938 gehörte (s. u.). An einem solchen Ausbildungsgang nahm zum Beispiel Harry Willer statt. Er hatte sich unmittelbar nach dem Abitur zu den Verfügungstrup-

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pen gemeldet. 1936 wurde er zur praktischen Ausbildung dem RuS-Führer Südwest zugeteilt und lernte dort die Schulungs- und Musterungsarbeit kennen. Nach Abschluss der Ausbildung wurde er als Adjudant dem persönlichen Stab des Reichsbauernführers zugewiesen. Im Rahmen des Ausbildungsplans nahm er vom 25.10. bis zum 15.12.1936 am 10. weltanschaulichen Lehrgang der Badischen Bauernschule Ittendorf teil, über den er anschließend einen Bericht erstellte. Den Unterricht erteilten die Diplomlandwirte und Landwirtschaftslehrer Dr. Rohrbacher und Dr. Römmele. Der Lehrplan befasste sich nach Willers Bericht »vorwiegend mit Geschichte, Rassenkunde, Vererbungslehre, Judentum, Freimaurerei. Daneben wurde grosser Wert auf Sport gelegt.« Der Leiter der Schule, Hans Rohrbacher, erteilte vor allem den Geschichtsunterricht: »Besonders ergiebig behandelt wurden das Odalsrecht, das Bauerntum im Laufe der Geschichte und schließlich das Erbhofgesetz.« Rohrbacher war gleichzeitig Stuba-Schulungsleiter der SS, 1939 wurde er auch in der weltanschaulichen Schulung der Polizei eingesetzt. Rohrbacher und Römmele versuchten den Unterricht lebendig und aktiv zu gestalten. Abends hielten sie »Abendrunden« ab, in denen die Lehrgangsteilnehmer abwechselnd aktuelle Zeitungsberichte und Kurzvorträge über ein Thema aus »Mein Kampf« halten mussten – auch hier wurde Wert auf die Rednerschulung gelegt. Zur Auflockerung unternahm man Besichtigungsfahrten rund um den Bodensee, etwa zu den Pfahlbauten in Unteruhldingen und zur »Irrenanstalt Reichenau«. Der Gewinn dieses Lehrgangs für ihn selbst, resümierte Willer, »bestand nicht so sehr im Erwerben neuer Erkenntnisse und Aneignen neuen Wissens als vielmehr in der Tatsache, einmal mehrere Wochen mit diesen jungen bäuerlichen Menschen zusammen zu leben, sie zu beobachten in ihrer Denkweise und Geisteshaltung.«63 Auf den Bauernschulen sollten hauptsächlich Jungbauern ausgewählt und geschult werden, die für lokale Führungsaufgaben, insbesondere als Ortsbauernführer in Frage kamen. Als zentrale Ausbildungsstätte des Reichs wurde 1935 die Bauernhochschule in Goslar eingerichtet. Sie hatte die Aufgabe, »den Lehrkörper der deutschen Bauernschulen fortlaufend in Sonderlehrgängen zu überholen und zu überprüfen sowie besonders befähigte Schüler der Bauernschulen einer Vertiefung ihres bäuerlichen Bewusstseins entgegenzuführen.« Wärend einer Übergangszeit sollten hier auch Lehrgänge für ehrenamtliche Führer oder Beamte stattfinden.64 Darré hatte zunächst vor, den Leiter der Bauernhochschule Gransee von Wangenheim mit der Leitung zu betrauen; die von ihm geleitete Schule hatte Vorbildcharakter, und von Wangenheim war deshalb bereits 1932 zum »Reichsreferenten für Bauernschulung« und kurz danach zum »Referenten für Bauernhochschulfragen im Reichsamt für Agrarpolitik« ernannt worden.65 Darré entschied sich aber schließlich für Richard Eichenauer, den er seit langem aus der »Nordischen Bewegung« kannte.66 Eichenauer, Studienrat und Musikwissenschaftler, hatte sich bereits einen Namen als Rassenkundler und Autor viel beachteter Schriften vor allem über »Musik und Rasse« gemacht. An seinem Hauptwerk »Musik und Rasse« hatte Hans F. K. Günther mitgewirkt, indem er für Eichenauer rassische Analysen von Komponisten-Bildnissen erstellte.67 Darré selbst hatte sich schon beim Redigieren seines Buchs »Neuadel aus Blut und Boden« von Eichenauer beraten lassen und plante ursprünglich auch, ihn mit der Leitung des Schulungsamtes zu beauftragen, doch Eichenauer wollte dafür seine sichere Studienratsstelle nicht aufgeben.68 Darré bat ihn im September 1934, sich dem Reichsbauernrat als musikalischer Berater für die Gestaltung des Reichsbauerntages in Goslar zur Verfü-

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gung zu stellen, der für den November 1934 geplant war; er möge dabei doch »das Rhythmische und Heroische« in den Vordergrund stellen: »Dem Bauern liegt der Rhythmus und die Melodie, im wesentlichen der Marsch, aber er ist nicht so sehr ein Mensch der abstrakten Musik«. Er schmeichelte Eichenauer mit den Worten »Ich glaube, dass Sie der einzige Mann in Deutschland sind, der wirklich imstande ist, einem Reichsbauerntag im Sinne von Blut und Boden – wie ich es verstanden haben will – die musikalische Leitmelodie und musikalische Tönung zu geben.«69 Ebenfalls im September 1934 beauftragte Darré seinen Adjudanten Erich Manns und den Referenten für Schulwesen im Reichsernährungsministerium Dr. Kurt Winter damit, ein geeignetes Gebäude für die Bauernhochschule in Goslar zu suchen. Dieses fand man schließlich im ehemaligen Clubgebäude der »Gartengesellschaft« in der Hindenburgstraße 9, das zugleich über ein ausreichend großes Grundstück mit Freiflächen für »körperliche Ertüchtigung« bot. Auf Goslar war die Wahl gefallen, nachdem Darré Goslar zur »Reichsbauernstadt« und »Stadt der Reichsbauerntage« erklärt hatte. Damit wollte man an die »Tradition geschichtlicher Größe und Tatkraft« anknüpfen, die in der Kaiserpfalz als eines Symbols des »Ersten Reiches« ihren Ausdruck gefunden hatte: »Die Kaiserpfalz, einst der Mittelpunkt größter Gestaltung deutschen Schicksals, wird dem bäuerlichen Führernachwuchs als lebendiges Denkmal tagtäglich vor Augen stehen.« Nach umfangreichen Baumaßnahmen wurde das Gebäude im Herbst 1935 übergeben.70 Ein großer Esssaal mit verschalter Decke aus »deutschen Hölzern« (Harztanne und Lärche) sollte den Eindruck einer germanischen Halle vermitteln, der Unterrichtsraum war lindgrün gehalten, »bequeme Bauernsessel« im Aufenthaltsraum sollten eine angenehme Atmosphäre vermitteln.71 Am 1.12.1935 begann ein achtwöchiger Lehrgang für Bauernschullehrer bzw. Bauernschullehrer-Anwärter, dem im Juli 1936 ein weiterer folgte; jedes Jahr sollten in Goslar ein bis zwei Lehrgänge von etwa 2 Monaten Dauer für Bauernschulehrer durchgeführt werden. 72 Neben Eichenauer als Direktor, der die Schule bis zum Ende des Krieges leitete, unterrichtete Dr. Walter Bohm hier mit Beginn des Lehrgangsbetriebes als Dozent für »Agrarrecht und -geschichte«. Bohm, 1933 zum Hauptschulungsleiter in Hamburg ernannt, gehörte dem Stabsamt des Reichsbauernführers an und war Anfang 1935 Hauptabteilungsleiter im RuSA geworden; er gehörte zu den ersten Mitarbeitern des Schulungsamtes.73 Weitere hauptamtliche Dozenten waren unter anderem Kurt Holler, Helmut Reinke und Fritz Wüllenweber. Kurt Holler, Professor für Gesteinskunde und Mineralogie an der TH Darmstadt, war ein prominenter Vertreter der »Nordischen Bewegung« – er gehörte schon in den 20er Jahren dem »Nordischen Ring« an und war Schriftleiter der »Nordischen Blätter«. Ab 1933 war er Standartenschulungsleiter des RuSHA, 1936 wurde er als Dozent für Rassenkunde und Erbbiologie an die Bauernhochschule Goslar berufen.74 Helmut Reinke, ab 1936 hauptamtlicher Dozent für Landwirtschaftliche Sozialpolitik in Goslar, war Mitbegründer der NSDAP-Ortsgruppe und erster Bürgerschaftsabgeordneter der NSDAP in Hamburg, hamburgischer Staatsrat, Amtsleiter im Amt für Agrarpolitik, Leiter der Abteilung »Fragen der Landarbeiterschaft« im Reichswirtschaftsministerium und »Reichskommissar für Landarbeiterfragen«. Während des Krieges war er Rasse- und Siedlungsreferent beim SSPF Radom, dann beim HSSPF Rhein-Westmark. Der Erziehungswissenschaftler Fritz Wüllenweber, ein Schüler von Erich Weniger und Herman Nohl, war Mitarbeiter des RPA, des RuSHA und Herausgeber der »Quellenreihe zur volkspolitischen

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Erziehung« im Auftrag Darrés.75 Auf den letzten Lehrgängen, die die Hochschule vor dem Krieg veranstaltete, hielt auch Dr. Eduard Landgraf Vorlesungen über Agrarpolitik in Goslar. Landgraf, Diplomlandwirt und Landwirtschaftslehrer, hatte 1933 gleichzeitig die Bauernschulung in Bayern und den Schulungsapparat der Standarte 34 aufgebaut und war danach zum Oberlandwirtschaftsrat und Abteilungsvorstand für das bäuerliche Bildungswesen (I.E) im Reichsernährungsministerium berufen worden. Seine Vorlesungen in Goslar fasste er zu der Denkschrift »Das Lehrgebiet der Agrarpolitik an der BHS Goslar« zusammen.76 Weitere hauptamtliche Lehrkräfte waren der Studienrat und Oberlandwirtschaftsrat Heinrich Mörtel und der Sportlehrer Herbert Illgen, dessen Arbeit von Herbert Weißbach von der Reichsschule Neuhaus mit unterstützt wurde.77 Neben der Bauernhochschule war eine weitere Reichsbauernführerschule geplant, für die Darré zuerst die Burg Eyba bei Saalfeld vorgesehen hatte, die er dann aber ebenfalls in Goslar errichten ließ.78 Die Schule war nicht für die weltanschauliche Ausrichtung des Führernachwuchses, sondern der schon im Amt befindlichen Bauernführer und -funktionäre bestimmt. Über die Schule gibt es kaum Dokumente, und es ist ungewiß, ob sie jemals in Betrieb ging. 1939 bestand in Goslar ein Baubüro für die Errichtung der Schule. Im Februar 1939 erließ Darré Richtlinien, in denen als Aufgabe der Schule die weltanschauliche Ausrichtung des »Bauernführerkorps« genannt wird; sie sollte ehrenamtliche Hauptabteilungs- und Abteilungsleiter der Landesbauernschaften, Kreisbauernführer »und andere vom Reichsbauernführer bestimmte bäuerliche Führer« erfassen. Der Lehrkörper sollte aus dem Leiter, einem zweiten Lehrer und Gastlehrern bestehen, die der Schulleiter von Fall zu Fall für besondere Themen aus der Bauernhochschule, der Beamtenakademie und dem Stabsund Verwaltungsamt heranziehen konnte. Die Kurse, verbunden mit einem »Heimleben nach Selbstverwaltungsgrundsätzen«, sollten 2 Wochen dauern, die Abende sollten der Aussprache und Geselligkeit gewidmet sein, die Vorträge auf die Dauer einer Stunde begrenzt bleiben: »Der Aussprache über das Gehörte ist weiter Raum zu gewähren.« Der Lehrplan sah folgende Inhalte vor: »A. Das Führerwissen um die Grundwahrheiten von Volk und Berufsstand 1. Geschichtliches: a) deutsche und undeutsche Kräfte und Gedanken im Kampfe um die Volkwerdung – in Geschichte und Gegenwart b) Weg der deutschen Bauern in Geschichte und Gegenwart c) Wirtschaftspolitik, insbesondere Agrarpolitik in den beiden letzten Jahrhunderten und im Dritten Reich 2. Erb- und Rassenbiologie: a) Grundlagen der Vererbung b) Rassenlehre c) Bevölkerungspflege d) Sippenpflege 3. Bäuerliches Brauchtum und bäuerliche Kultur B. Das Führerwissen in den Dingen der Führerarbeit 1. Aufgabengebiet des Reichsnährstandes und sein Zusammenhang und seine Abgrenzung mit dem Aufgabengebiet von Staat und Partei 2. Aufgabenaufteilung und Arbeitsverteilung im Reichsnährstand

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wichtige Sonderaufgaben des Reichsnährstandes und ihre Behandlung (Bodenordnung, Marktordnung, Kreditordnung, Erzeugungsschlacht usw.).«79

1939 fanden noch drei »Jungbauern- und Jungbäuerinnenkurse« von jeweils 8 bis 10 Wochen an der Bauernhochschule statt, doch Ende 1939 wurde der Lehrbetrieb in allen Reichsschulen des Reichsnährstandes ebenso wie die Bauarbeiten für die Errichtung der »Reichsbauernführerschule« für die Dauer des Krieges eingestellt.80 Für Eichenauer, der besorgt war, »in einer leeren Schule zu versauern«, wegen einer Kriegsverletzung aus dem 1. Weltkrieg aber als untauglich gemustert worden war, beschloss Darré, den Posten eines Standortkommandeurs für die Reichsschulen in Goslar zu schaffen. Im Dezember 1939 intervenierte Eichenauer bei Darré zugunsten seiner hauptamtlichen Mitarbeiter Holler und Wüllenweber, die befürchteten, zu den verstärkten Totenkopfstandarten eingezogen zu werden, »und zwar anscheinend zur Bewachung von Konzentrationslagern« und deshalb lieber zur Wehrmacht oder überhaupt lieber bei der »Abt. W«, der wissenschaftlichen Abteilung des Reichsbauernführers verbleiben wollten, der sie inzwischen zugewiesen worden waren: »Ich möchte auch keine Konzentrations- oder Gefangenenlager bewachen.«81 Ende 1940/Anfang 1941 wurde der Betrieb an der Bauernhochschule unter allerdings stark eingeschränkten Bedingungen wieder aufgenommen, zunächst offenbar mit »Kriegslehrgängen für die weibliche Landjugend«. Im Dezember 1944 klagte Eichenauer in einem Schreiben an das Personal-Hauptamt der SS, im Juli sei sein letzter Mitarbeiter zur Wehrmacht einberufen worden, so dass er seitdem »ununterbrochen laufende weltanschauliche Lehrgänge« alleine durchführen müsse – der Schulungsbetrieb lief also offensichtlich bis zum Ende des Krieges weiter.82 Während die Bauernführerschulung jedoch langsam abstarb, hatte sich das Schulungswesen der SS längst von der Bauernbewegung abgekoppelt. Die Position des »Bauernreferenten« blieb zwar als letztes Überbleibsel formell bestehen, führte aber während des Krieges nur noch ein Schattendasein. Die »Bauernreferenten« des Schulungsamtes kamen aus den Reihen der nationalsozialistischen Bauernführer, von denen viele auch die Bauern- und Bauernhochschulen besucht hatten. Ein großer Teil der SS-Schulungsleiter rekrutierte sich in den ersten Jahren nach der »Machtergreifung« dagegen aus der Berufsgruppe der nationalsozialistisch organisierten Diplomlandwirte und Landwirtschaftslehrer. Deshalb wollen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf das System der Landwirtschaftsschulen und -hochschulen werfen, die der berufsfachlichen Ausbildung dienten und von den »weltanschaulich aufgeladenen« Bauernschulen zu unterscheiden sind. Die Landwirtschaftsschulen bildeten für die SS zugleich wichtige Rekrutierungsorte für den Nachwuchs der bewaffneten Verbände. Noch 1943 sandte das Ergänzungsamt dem Reichsnährstand 1.100 Werbebroschüren zur Verteilung an die Landwirtschaftsschulen zu.83 Das landwirtschaftliche Bildungswesen wurde während des Dritten Reichs in seiner Grundstruktur von der Weimarer Republik übernommen, aber organisatorisch vereinheitlicht. Es beinhaltete im Wesentlichen vier Stufen: 1. die landwirtschaftliche Berufsschule als Pflichtberufsschule für die Landjugend, an der vier Stunden die Woche Unterricht durch Berufsschullehrer erteilt wurde; 2. die Landwirtschaftsschule als Fortbildungsschule, die an die Pflichtberufsschule anknüpfte; der Unterricht fand in zwei Winterhalbjahren statt und wurde in der Regel durch Diplomlandwirte mit Lehrberechtigung, also Landwirt-

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schaftslehrer erteilt;84 3. die Höhere Landwirtschaftsschule bzw. Landbauschule: sie setzte drei Jahre Praxis voraus und führte nach einem Jahr zum Zertifikat des staatlich geprüften Landwirts und zur Hochschulberechtigung; 4. die Landwirtschaftliche Hochschule als akademische Institution, an der das Diplom und das Lehrerexamen erworben werden konnten.85 Die wichtigsten Veränderungen während des Dritten Reichs betrafen zum einen die ideologischen Inhalte der landwirtschaftlichen Bildung ganz allgemein, zum anderen die Organisation des landwirtschaftlichen Hochschulwesens. So wurde an den Landwirtschaftlichen Berufsschulen nationalpolitischer Unterricht eingeführt; im 1. Schuljahr waren 40 Stunden im Fach »Bauerntum und Heimat« zu unterrichten, von denen sechs Stunden auf Rassenkunde, Vererbungslehre und Bevölkerungspolitik entfielen, im 2. Schuljahr waren 52 Stunden politisch-weltanschaulicher Unterricht angesetzt (»Kampf des Führers um das Großdeutsche Reich«). An den Landwirtschaftsschulen wurden in der Unterklasse 3 Wochenstunden Heimatkunde und -geschichte unterrichtet, in der Oberklasse war ein Geschichtskursus von vier Wochenstunden angesetzt: Geographische Einleitung; 1. Die vorgermanische und germanische Zeit, 2. Das Erste Deutsche Reich von 919-1806, 3. Das Zweite Deutsche Reich von 1871-1918, 4. Das Zwischenreich von 1918-1933 – hier waren unter anderem die »jüdische Zinsknechtschaft« und die »jüdische Kulturherrschaft« zu behandeln, 5. Das Großdeutsche Reich, 6. Die Aufgaben des Landvolks im Großdeutschen Reich. Ausgeprägter war das nationalsozialistische Curriculum in den Höheren Landbauschulen, denn: »Die Hörer der Höheren Landbauschule sind später in führenden Stellungen tätig, sie müssen also in ihrer Ausbildung dahin gebracht werden, dass sie fachlich Vorbildliches leisten und fest in der nationalsozialistischen Weltanschauung stehen.« Die Fächer »Völkische Wirtschaft« und »Deutsches Bauerntum« machten zusammen fast ein Drittel des ganzen Unterrichts aus. Unter »völkische Wirtschaft« fielen auch 20 Stunden »Volk und Raum« mit den Themen Familie, Sippe, Volk, Rassenkunde. Im Fach »Deutsches Bauerntum«, das 80 Stunden umfasste, waren vier Hauptthemen vorgesehen: 1. »Der Bauer in Heimat und Volk« – hier ging es auch um Sippen- und Ahnenforschung, 2. »Geschichte des Landvolks im Rahmen der gesamtdeutschen Geschichte« – der Unterricht holte weit aus und begann mit den Rassen Europas, der nordischen Rasse und dem germanischen Odalsrecht: »Geschichte muß betrachtet werden unter der vorherrschenden Stellung der Rassen- und Raumfrage.« In den Abschnitten 3. »Der Bauer im nationalsozialistischen Staat« und 4. »Das Bauernrecht« wurden die Blut-und-Boden-Ideologie und »die nationalsozialistischen Gesetze zur Erhaltung und Gesundung des deutschen Bauerntums« vermittelt. Der Teil »Der Bauer im nationalsozialistischen Staat« sollte durch Referate der Schüler erarbeitet werden, damit sie lernen, »sich im freien Sprechen zu üben und auch Rede und Antwort in der anschließenden Aussprache« zu stehen.86 Die Ausbildung zum Diplomlandwirt, Landwirtschaftslehrer und Wirtschaftsberater wurde 1936 reichseinheitlich geregelt. Das Diplomstudium umfasste 6 Semester, setzte das Reifezeugnis, »Bauernfähigkeit im Sinne des Erbhofgesetzes« und eine mindestens zweijährige Landwirtschaftslehre voraus. Zu den Pflichtstudienfächern gehörte neben den rein landwirtschaftlichen Fächern auch »Landwirtschafts- und Volkspolitik« sowie »Bauerngeschichte und Bauernrecht«. Landwirtschaftslehrer hatten nach dem Diplom ein zweijähriges Referendariat zu absolvieren; davon entfiel ein

Ursprünge der SS-Schulung

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halbes Jahr auf ein erziehungswissenschaftliches Studium an einer Hochschule für Lehrerbildung, ein halbes Jahr praktische pädagogische Ausbildung und ein Jahr Ausbildung als Wirtschaftsberater an jeweils dafür vorgesehenen Landwirtschaftsschulen. Das Studium wurde mit der Ernennung zum Landwirtschaftsassessor abgeschlossen. Zumindestens für ein Semester war die pädagogische Ausbildung damit in die allgemeine Lehrerbildung an den Hochschulen für Lehrerbildung integriert. Dies war im Prinzip ein fortschrittliches Konzept, aber mit einer deutlich ideologischen Ausrichtung.87 Die Berufsaussichten für Diplomlandwirte und Landwirtschaftslehrer müssen sich während des Dritten Reichs erheblich verbessert haben. 1933 lehnte das Preußische Volksbildungsministerium noch die Anerkennung der Studienabschlüsse angehender Landwirtschaftslehrer aus anderen Ländern des Reichs ab mit der Begründung, in Preußen gebe es bereits 600 arbeitslose Landwirtschaftslehrer, das Studium sei eine »Fehlinvestition schlimmer Art« und man sei demnächst genötigt, 6 Seminare zu schließen.88 Karl Maquis, Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung an der HfL Cottbus, stellte dagegen 5 Jahre später bereits einen wachsenden Mangel an Absolventen fest und beschrieb die Berufsaussichten auf der Grundlage von Berechnungen des Reichsbundes Deutscher Diplomlandwirte als ausgesprochen günstig. Der Autor gibt auch einen Überblick über die berufliche Zusammensetzung der Diplomlandwirte: gut ein Drittel aller Diplomlandwirte arbeiteten als Landwirtschaftslehrer und Wirtschaftsberater, 20% als praktische Landwirte, die anderen als landwirtschaftliche Verwaltungsbeamte, Tierzucht- und Saatzuchtleiter u. a., insgesamt knapp die Hälfte waren Beamte oder Angestellte des Reichsnährstandes. Insgesamt gab es 1938 etwa 8500 Diplomlandwirte, von denen knapp 2800 im Landwirtschaftlichen Schulwesen und in der Wirtschaftsberatung tätig waren.89 Vor diesem Hintergrund scheint es, dass das Engagement so vieler Diplomlandwirte für den Nationalsozialismus im Allgemeinen und für die SS im Besonderen nicht nur in einer Konvergenz politisch-weltanschaulicher Grundauffassungen und dem Versprechen der Teilhabe an einer neuen Elitenbildung begründet war, sondern auch in einer realen Verbesserung ihrer Berufsaussichten, die sich zu Beginn des Dritten Reichs noch als desolat dargestellt hatten.

I. DAS SCHULUNGSWESEN DER SS – CHRONOLOGIE UND STRUKTUR Die NSDAP betrieb zwar schon lange vor 1933 eine Kaderschulung für Parteiredner, und Darré hatte 1931 mit dem Aufbau einer Bauernführerschulung begonnen, eine systematische Mitgliederschulung setzte aber in der Partei erst nach 1933 ein. Otto Gohdes, der 1933 zum Leiter des neu gegründeten Reichsschulungsamtes der NSDAP ernannt wurde, verfasste im Mai 1933 eine Denkschrift, in der er darlegte, dass eine breite Schulungsarbeit nach der Machtergreifung zu einer »zwingenden Notwendigkeit« geworden sei; nur wenige der »in den letzten Monaten zu uns gestoßenen Volksgenossen« hätten den Nationalsozialismus und die nationalsozialistische Revolution in ihrem »wirklichen Kern und Wesen« begriffen: »Das Volk muss erst durch uns, durch die NSDAP restlos für den Nationalsozialismus erobert werden. Ist dieses Ziel erreicht, dann erst ist die deutsche Revolution beendet, dann erst ist die Zukunft unserer Nation auf Jahrhunderte gesichert.« Jeder »Hoheitsträger und Amtswalter« der Partei müsse deshalb zum Führer und Erzieher des Volkes werden; dies aber könne nur durch eine umfassende Schulung erreicht werden: »Der gutdurchgebildete, erzieherische, ›politische Offizier‹ unseres Führers Adolf Hitler muss durch seine unentwegte treue Pflichterfüllung genau so ein geschichtlicher Begriff werden, wie der im Geiste Friedrichs des Großen erzogene preussische Beamte…«.1 Die Aufgabe der nächsten Zukunft sei die Heranbildung eines Führerkorps, dem diese Erziehungsaufgabe anvertraut werden könne: »Erst wenn dieses Führerkorps als geschlossener, einheitlich ausgerichteter Körper im deutschen Volke vorhanden sein wird, der durch eine intensive Schulung gegangen ist, wird es möglich sein, darauf aufbauend das gesamte Volk schulisch auszurichten.« Für diese Aufgabe sollte der Begriff der »Schulung« reserviert sein: für die Heranbildung des Führernachwuchses in der Partei und ihren Gliederungen, begrifflich abzugrenzen von beruflicher und fachlicher Ausbildung, aber auch von »Propaganda« – Propaganda ziele auf das Volk, darauf, »in kürzester Zeit das gesamte Volk in eine bestimmte Marschrichtung zu setzen«, Schulungsarbeit war dagegen auf eine nachhaltige und tiefe Wirkung ausgerichtet. Die durch die Schulung hindurchgegangenen Menschen sollten »so tiefgründig mit den Problemen der Gegenwart und Zukunft vertraut« sein, »dass sie jederzeit dann als Propagandisten einsetzbar sind«. Für die Schulung des Führernachwuchses war die Erarbeitung und das Verstehen des Stoffs wesentlich; um den Stoff propagandistisch vermitteln zu können, mussten sie ihn sich selbst zuvor innerlich angeeignet haben: »Es hat psychisch gesehen keinen Sinn, wenn wir die Menschen nur mit Vorträgen füttern, ohne dass wir die innere Resonanz feststellen und die nun durch den Vortrag aufgeworfenen Fragen durch Arbeitsgemeinschaften erarbeiten.«2 Diese Grundsätze, die bereits der Rednerschulung zugrunde lagen, galten erst recht für die SS als »Speerspitze der Bewegung«. Vor 1933 spielte die weltanschauliche Schulung weder in der SA noch in der SS eine nennenswerte Rolle. Je mehr sich die SS jedoch als Avantgarde des Nationalsozialismus verstand und ein elitäres Selbstverständnis ausbildete, mit dem sie sich auch von der SA abzugrenzen suchte, desto größer wurde der Druck, den eigenen Anspruch auch durch eine besondere »weltan-

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schauliche Kompetenz« zu untermauern. In einer Dienstordnung vom Juni 1931 wurde es den SS-Mitgliedern zur Pflicht gemacht, zwei SS-Abende im Monat zu besuchen und an jedem ersten »Sprechabend« im Monat teilzunehmen. Im Vordergrund stand aber noch die Einübung von Disziplin: Die »SS-Abende« sollten mit »Ordnungsübungen« (»Stillstehen, Rühren, Wendungen, Antreten in jeder Form, Abzählen, Gruß, Meldungen usw.«), Freiübungen und Jiu-Jiutsu sowie anschließendem gemeinsamen Gesang ausgefüllt werden; auf den Sprechabenden sollten Vorträge angehört, aber keine Diskussionen geführt werden.3 Inhaltliche Vorgaben wurden noch nicht gemacht. Dies änderte sich mit der Einführung des »Heirats- und Verlobungsbefehls« am 31.12.1931: Er definierte die SS als einen »Verband deutscher Nordisch-bestimmter Männer« und als »Sippengemeinschaft«. Jede Eheschließung war seitdem genehmigungspflichtig. Wer heiraten wollte, hatte sich seine SS-Fähigkeit und -Würdigkeit durch rassenanthropologische und erbgesundheitliche Gutachten für sich und seine Braut bescheinigen zu lassen. Die Gutachten erstellten SS-Ärzte für das Rasse- und Siedlungsamt, das nach Aktenlage entschied: bei größeren Mängeln wurde die Heiratsgenehmigung verweigert und der Kandidat musste die SS verlassen, bei geringeren Mängeln – und dieser Fall war relativ häufig – wurde die Ehe »auf eigene Verantwortung freigegeben«; die Kandidaten wurden in diesem Fall zwar in die SS aufgenommen, nicht aber in die SS-Sippengemeinschaft – das bedeutete, dass ihre Kinder später nicht der SS beitreten oder einen SS-Angehörigen ehelichen konnten.4 Die Auslesekriterien galten bald auch als allgemeine Bedingung für die Aufnahme in die SS. Mit der Bearbeitung der Heiratsgesuche wurde das zum 1.1.1932 gebildete »Rassenamt«, 1933 in »Rasse- und Siedlungsamt« (RuS-Amt) umbenannt, betraut. Amtschef war Darré, stellvertretender Leiter der Landwirt und Anthropologe Horst Rechenbach; zum Amt gehörte ein Referat für Anthropologie, das Bruno K. Schultz übernahm, zu diesem Zeitpunkt noch Assistent am Anthropologischen Institut der Universität München, ein Referat für Gesundheitszeugnisse bzw. Erbgesundheitspflege unter Leitung von Lothar Stengel-Rutkowski und ein Referat für Familienforschung, das Darrés Bruder Erich leitete. Stabschef und Leiter des »Sippenbuchs« war Erich Suchsland.5 Himmler selbst übertrug den landwirtschaftlichen Züchtungsgedanken auf die Gesellschaft und hatte in Darré einen Experten für die Umsetzung seiner eigenen Züchtungsutopie gefunden. Für den Aufbau des Rassenamtes nutzte Darré seine Erfahrungen als Leiter des Agrarpolitischen Amtes der NSDAP. Er brachte nicht nur die meisten Mitarbeiter des neuen Amtes aus dem Agrarpolitischen Amt mit, sondern bemühte sich auch um eine enge organisatorische Verzahnung. Nach seiner Ernennung zum Reichsbauernführer im Juni 1933 ordnete Darré das Rassenamt der SS als Hauptabteilung »Blutsfragen des deutschen Bauerntums« seinem Stabsamt ein; die Abteilungen des Rasseamtes waren gleichzeitig Abteilungen seines Stabsamtes. Personell verkörperte sein Stellvertreter Rechenbach diese Verknüpfung idealtypisch: Wie Darré wies er die Dreifachqualifikation eines Nationalsozialisten (Parteieintritt vor 1933), eines Agrarwissenschaftlers (promovierter Tierzuchtexperte) und eines Rassebiologen (Schüler des Rassenanthropologen Otto Reche) auf. Beim Aufbau des SS-Schulungsapparates waren Darré und Rechenbach von Anfang an bestrebt, möglichst viele akademische Landwirte für die Mitarbeit zu gewinnen. In der Folgezeit mussten sich sowohl Beitrittskandidaten als auch die heiratswilligen SS-Angehörigen rassischen und erbgesundheitlichen Musterungen und Prüfungen

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durch SS-Ärzte und »Rassereferenten« unterziehen. Die Prozeduren waren nicht nur mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden, sondern verlangten den Antragstellern auch einiges ab. So waren nicht nur die rassischen Musterungen und SSärztlichen Untersuchungen zu absolvieren, sondern auch umfangreiche Ahnen- und Sippschaftstafeln anzulegen – all dies erforderte ein Mindestmaß an Verständnis und Kenntnissen hinsichtlich der rassenkundlichen und vererbungswissenschaftlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Ideologie und machte eine weltanschauliche Schulung der Mitglieder unumgänglich.6 In den folgenden Jahren gab es immer wieder Klagen darüber, dass der Heirats- und Verlobungsbefehl nicht zureichend begriffen werde, weil die Braut oder der Antragsteller nicht den Auslesekriterien der SS entspräche; allein hier gab es also einen erhöhten Aufklärungsbedarf.7 Um den eigenen elitären Ansprüchen gerecht zu werden, wurde die Schulungsarbeit in der SS zwar nach ähnlichen Prinzipien wie in der Partei, aber mit wesentlich größerer Intensität betrieben. Während die Parteischulung selbst unter den Politischen Leitern nur eine kleine Minderheit erfasste – im Gau Thüringen waren es 1938 etwa 9%, in Hessen-Nassau nur 2,4%8 – dürfte zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit der SS-Angehörigen an laufenden Schulungsabenden teilgenommen haben. Das »Curriculum« der nationalsozialistische Weltanschauuung unterschied sich zwar inhaltlich in der SS nicht nennenswert von dem, was in der Partei und anderen Gliederungen betrieben wurde. Die rassischen und erbbiologischen Ausleseprinzipien gaben der weltanschaulichen Schulung in der SS aber von Anfang an eine spezifische Akzentuierung, die ihre besondere Bedeutung im Kontext der rassenpolitischen Praxis erhielt. Zur Ausbildung der SS gehörte auch eine »Erziehung zur Härte« – damit war weniger der berüchtigte »preußische Drill« gemeint, den selbst der Führer der Totenkopfverbände Theodor Eicke als schädlich verwarf, sondern die Fähigkeit, das auszuhalten, was die rassenpolitische Praxis als »völkische Pflicht« verlangte. Sinn und Notwendigkeit dieser Pflicht und Härte sollte sich dem einzelnen durch die weltanschauliche Schulung erschließen. Ergänzt wurde diese Erziehung durch sportliche und wehrsportliche Übungen, die in der Allgemeinen SS etwa die Hälfte der Dienstzeit ausmachten. Sie hatten nicht nur den Zweck, einen gesunden und widerstandsfähigen Körper auszubilden, der auch die Strapazen und Härten des Krieges bestehen würde, sondern sie sollten auch den Anspruch einer rassischen Überlegenheit durch ein kraftvolles, auf Kampf und Selbstbehauptung trainiertes Körpergefühl bekräftigen und untermauern. Weltanschauliche Schulung und wehrsportliche Erziehung sollten in ihrem Zusammenwirken ein »starkes Selbst« schaffen, dem man die Durchführung der großen Aufgaben, die sich der SS stellten, zutrauen konnte.9 Insbesondere dem Kampfsport kam darüber hinaus die Funktion zu, nach 1933 die »natürliche Auslesesituation« zu ersetzen, die während der »Kampfzeit« bestanden hatte. Die Teilnahme am regulären Dienst war Himmler schon bald nicht mehr ausreichend: Ab 1937 war die Erteilung der Heiratsgenehmigung auch an den Nachweis des SA-Sportabzeichens gebunden.10

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I.1 DER AUFBAU DES SCHULUNGSAMTES UND DIE ENTWICKLUNG DES SCHULUNGSWESENS BIS 1936 Die ersten Vorbereitungen zum Aufbau eines SS-eigenen Schulungssystems wurden noch im Sommer 1932 getroffen. Im August wurden die Abschnitte aufgefordert, Angehörige zu benennen, die sich beruflich oder privat mit »Rassenkunde, Erbgesundheitslehre (Rassenhygiene, Eugenik), Familienforschung und der Judenfrage« beschäftigt und bereits Vorträge gehalten hatten. Bis zum September gingen die ersten Namen ein, denn am 21.9. folgte ein Rundschreiben des Rassenamtes, in dem um die genauen Anschriften der bis dahin gemeldeten Personen gebeten wurde, damit das Amt sich mit ihnen in Verbindung setzen könne. In diesem Schreiben war bereits von einem »Lehrpersonal für Rassefragen« die Rede, das einheitlich erfasst und organisiert werden sollte, damit es »der Truppe für alle Schulungsfragen dienstbar gemacht werden« könne.11 Im November erweiterte Himmler den Befehl vom 8. August: Alle Standarten wurden jetzt aufgefordert, für jeden Sturm einen SS-Angehörigen zu benennen, der als »Vertrauensmann« des RuS-Amtes den Sturmführer »bei der Erledigung der Heiratspapiere und sonstigen Rassefragen« unterstützen könne. »In erster Linie kommen in Frage vererbungsgesundheitlich geschulte Diplomlandwirte, Ärzte und naturwissenschaftlich vorgebildete Lehrer.«12 Im Dezember legte Darré erste Kriterien für die künftigen Mitarbeiter fest, die »die Truppe in rassischer Beziehung zu schulen und zu beraten« hätten: »Jeder Mitarbeiter hat sich zunächst einmal in kürzester Zeit mit folgenden Werken vertraut zu machen: F. K. Günther: Rassenkunde des deutschen Volkes, Siemens: Vererbungslehre, Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik, Harmsen: Praktische Bevölkerungspolitik, R.W. Darré: Neuadel aus Blut und Boden.« Bewerber sollten eine Abhandlung einreichen, »die zu einem allgemeinverständlichen Vortrag innerhalb der Truppe geeignet« wäre. Als Thema wurde offenbar »Blut und Boden als Grundlage rassischer Erneuerung« festgelegt; die Kandidaten sollten Antworten auf die Fragen geben: »Ist das deutsche Volk noch gesund oder ein sterbendes Volk? Wie kann diesem Sterben Einhalt geboten werden?«13 Mitte Januar 1933 wurden die ersten 25 Mitarbeiter des RuS-Amtes als Schulungsleiter für die Standarten ernannt, weitere 21 waren vorgesehen, von denen 10 in den folgenden Wochen bestätigt wurden; im Februar kamen 10, im März 29 weitere Bestätigungen hinzu, so dass in den ersten drei Monaten des Jahres 1933 insgesamt 74 Schulungsleiter eingesetzt wurden. Es handelte sich hauptsächlich um Lehrer, insbesondere Landwirtschaftslehrer, akademisch gebildete Landwirte, Ärzte und Kaufleute, die bereits vor 1933 der NSDAP beigetreten und zum Teil schon seit vielen Jahren in der Bewegung aktiv waren.14 Gleichzeitig mit den ersten Ernennungen gingen Anweisungen zur Organisation und Durchführung der Schulung heraus. Die »Vortragenden« wurden von Himmler als Mitarbeiter des RuS-Amtes ernannt, das Amt war für ihre Ausbildung und Versorgung mit Lehrstoff zuständig. Die Einheitsführer hatten für die Durchführung zu sorgen und, wenn sich in den eigenen Reihen nicht genügend Mitarbeiter meldeten, geeignete Parteigenossen für die Abhaltung von Vorträgen vorzuschlagen; ihnen oblag es auch, Zeit und Ort des Vortrags festzulegen. Das RuSA ordnete zunächst eine Stunde Unterricht im Monat an und empfahl, »Vertrauensmänner« zur Unterstützung der Mitarbeiter heranzuziehen: »Der Vortrag muss

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dadurch besonders fruchtbar gemacht werden, dass in jedem Sturm geeignete Vertrauensmänner herangebildet werden, die in der Lage sind, die Vorträge im Kameradenkreise weiter zu ergänzen und näher zu erläutern.« Für die Ausbildung der Vertrauensmänner wurde eine weitere Unterrichtsstunde im Monat angeordnet.15 Hier kündigt sich die Arbeitsteilung von Schulungsleitern und »Schulungsmännern« an, die sich in den folgenden Jahren etablierte. Ein weiterer Befehl Himmlers vom Juni 1933 schuf die Grundlagen für die Organisation und Struktur des »Schulungsleiter-Korps«. In jedem Sturmbann sollten ein oder mehrere Mitarbeiter des Rassenamtes mit der Schulungsleitung beauftragt werden; der Schulungsleiter war danach die tragende Gestalt des Schulungswesens: »Der Schulungsleiter hat die gesamte Schulung in rassischen, erbgesundheitlichen, familienkundlichen und Siedlungsfragen in seinem Bereich mit Unterstützung seiner Mitarbeiter durchzuführen. Er regelt den Einsatz der anderen Mitarbeiter zu Schulungsvorträgen und beantragt beim RAS die Genehmigung zur Unterrichtserteilung für Parteigenossen, die ihm als Vortragende geeignet erscheinen. Er stellt die vierteljährlichen Tätigkeitsberichte zusammen und erledigt den gesamten Schriftverkehr in Rasse-Angelegenheiten in seinem Dienstbereich.«

Als Vorgesetzter aller Schulungsleiter eines SS-Abschnitts war ein »Hauptschulungsleiter« einzusetzen; bei Bedarf konnten den Standarten »Oberschulungsleiter« zugeteilt werden. Für eine Übergangszeit wurden auch Nicht-SS-Mitglieder als Mitarbeiter akzeptiert; sobald der Schulungsapparat aufgebaut war, sollte sich der Kreis der Schulungsleiter aber aus den Vertrauensmännern der SS ergänzen. Ein Schulungsleiter sollte in der Regel drei Jahre in dieser Stellung tätig sein und anschließend in den Dienst als aktiver SS-Führer zurücktreten, sollte aber danach wieder als Schulungsleiter einberufen werden können. Für die ständigen Mitarbeiter wurde eine »Lebensrune« als Sonderabzeichen eingeführt. Nicht-ständige Mitarbeiter wurden nur zu gelegentlichen Vorträgen herangezogen.16 Inzwischen waren 160 Mitarbeiter und Schulungsleiter ernannt worden. Bis Ende des Jahres 1933 stieg die Zahl auf etwa 240 an; hinzu kamen über 400 Fälle, die noch in Bearbeitung waren.17 Eine Liste vom Dezember 1933 weist 112 Haupt- und Oberschulungsleiter aus, so dass die personellen Voraussetzungen für den Aufbau des »Schulungsapparates« in den Einheiten der SS gegeben waren.18 Nach Himmlers Anweisung vom 23.6.1933 wurden für alle SS-Abschnitte Hauptschulungsleiter eingesetzt, deren Aufgabe darin bestand, den regionalen »Schulungsapparat« aufzubauen und vor allem potentielle Schulungsleiter zu rekrutieren, ihre Personalunterlagen zusammenzustellen und ans RuS-Amt zu schicken, die von dort bestätigten und ernannten Mitarbeiter anschließend auf die verschiedenen Einheiten zu verteilen und in ihre Arbeit einzuweisen. Zwischen Juli 1933 und Anfang 1934 wurden insgesamt 43 Hauptschulungsleiter und Stellvertreter für 28 Abschnitte ernannt.19 Die Zusammensetzung zeigt, wie sehr die Aufbauphase des Schulungswesens von Darré, seiner nordischagrarpolitischen Utopie und der nationalsozialistischen Bauernbewegung bestimmt war, denn von 39 identifizierbaren Personen waren 29 Diplomlandwirte, darunter mehrere Landwirtschaftslehrer, die fast alle schon vor 1933 der nationalsozialistischen Bewegung angehört hatten. Dazu kamen einige Studienräte und Lehrer aus der »nordischen Bewegung« und dem Kreis der »alten Kämpfer« sowie einige Ärzte. Sie bildeten zusammen die tragende Schicht dieser Phase. Ihr eigener Erfahrungshintergrund

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bestimmte wesentlich auch die Rekrutierung und Auswahl der Kandidaten für die Schulungsarbeit und es überrascht daher nicht, dass die meisten Hauptschulungsleiter wiederum vor allem Diplomlandwirte und Lehrer für die Schulungsarbeit in der SS anzuwerben versuchten. So wählte beispielsweise der Hauptschulungsleiter in Stettin Friedrich Klumm, selber Diplomlandwirt und Direktor einer Landwirtschaftsschule, hauptsächlich Landwirtschaftsexperten aus – unter 44 Personen, die sich identifizieren ließen, waren 30 Diplomlandwirte, 19 promovierte Agrarwissenschaftler und 14 Bauern- und Landwirtschaftsschullehrer.20 Nahezu das gleiche Bild erhalten wir im Fall des »Rassefachberaters« für den Oberabschnitt Südwest Peter Carstens, der im Juli 1933 den Auftrag erhielt, den Schulungsapparat im Abschnitt X aufzubauen. Carstens war Diplomlandwirt und Professor für Tierzuchtlehre an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim. Das RuS-Amt trug ihm auf, möglichst viele Anschriften von Parteigenossen mitzuteilen, »die für die Schulungsarbeit geeignet erscheinen und dem Bauerntum nahe stehenden Berufsgruppen angehören«. Carstens erhielt ein Verzeichnis der nationalsozialistischen Diplomlandwirte, die in der AG akademisch gebildeter Landwirte Württembergs zusammengeschlossen waren, um aus ihnen für die Schulungsarbeit geeignete Mitarbeiter auszuwählen: »Bauernschulung und SS-Schulung sollen auf das engste Hand in Hand gehen.«21 Von 41 Personen mit identifizierbaren Berufsangaben, die Carstens bis Anfang 1934 anwarb, waren daher 30 Diplomlandwirte, darunter 10 Landwirtschaftslehrer, sowie 5 weitere Lehrer; 21 waren promoviert, unter ihnen auch einige Kollegen von Carstens aus Hohenheim. Dort, wo Studienräte als Hauptschulungsleiter eingesetzt waren, kamen etwas andere Präferenzen zur Wirkung. So meldete etwa der Studienrat Eichenauer vor allem Lehrer und Studienräte ans Schulungsamt: von 28 Personen, deren Berufe sich identifizieren ließen, waren 11 Lehrer, darunter zwar auch einige Landwirtschaftslehrer, vor allem aber solche mit geistes- und musikwissenschaftlicher Bildung, die ihm selber nahe standen.22 Eichenauer, der Germanistik, neuere Sprachen und Musikwissenschaften studiert und eine Ausbildung als Gesangslehrer absolviert hatte, warb eine Reihe von Kollegen für die Schulungsarbeit in der SS an, unter anderem den Musikpädagogen und -wissenschaftler Konrad Ameln, der 1932 Dozent an der Pädagogischen Akademie Dortmund war und 1935 die Leitung des Kammerorchesters und Chors in Lüdenscheid übernahm, oder den Schulrat Friedrich Wilhelm, der zwar Mathematik und Physik studiert hatte, aber die NS-Kulturgemeinde und den Männerchor in Siegen leitete.23 Auch Eichenauer, der bereits seit 1927 dem »Nordischen Ring« angehörte, war aber, wie wir sahen, Darré und seiner Bauerntumsideologie eng verbunden.24 Am Beispiel Friedrich Klumms lässt sich gut die Arbeitsweise in der Aufbauphase des Schulungswesens veranschaulichen. Klumm wurde im September 1933 als Hauptschulungsleiter für den Abschnitt XIII (Pommern) eingesetzt und nahm dieses Amt bis zum Frühjahr 1934 wahr; im Mai 1934 wurde er zum RuS-Amt nach Berlin versetzt und wenig später zum Adjudanten Darrés ernannt. Von Oktober bis Dezember 1933 unternahm er Rundreisen durch Pommern, in denen er Reden hielt, mit SS-Führern vor Ort sprach und sich vor allem an akademische Landwirte um Mitarbeit wandte. Bis Ende 1933 hatte er insgesamt 65 Männer angeworben, von denen etwa die Hälfte auch eingesetzt wurde. Er sammelte deren Personal- und Bewerbungsunterlagen ein und schickte sie ans RuS-Amt in Berlin, das die Unterlagen prüfte und die geeigneten Kandidaten bestätigte und ernannte. Einige Kandidaten strich das Amt wegen man-

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gelnder Eignung, andere nahm Klumm selbst aufgrund »politischer Unzuverlässigkeit« wieder von der Liste, nachdem er Erkundigungen bei der Gauleitung eingeholt hatte. Die bestätigten Kandidaten mussten, sofern sie noch nicht Mitglied waren, der SS beitreten, erst nach erfolgter Aufnahme wurden sie endgültig ernannt. Klumms Aufgabe war es dann, in Abstimmung mit den Standartenführern die bestätigten Schulungsleiter auf die verschiedenen Sturmbanne und Stürme zu verteilen und in ihre Arbeit einzuweisen. In den Personalbögen waren genaue Angaben über Kenntnisse, Vorwissen, besuchte Kurse, eventuelle eigene Schulungserfahrungen und den politischen Werdegang zu machen. Des weiteren mussten die Bewerber Aufsätze anfertigen, anhand derer das RuS-Amt ihre weltanschaulichen Kompetenzen überprüfen konnte. Zum Beispiel stellte Klumm dem landwirtschaftlichen Sachverständigen Dr. Ernst A. Schmidt die Aufgabe zur Bearbeitung: »Welche Bedeutung haben die europäischen Rassen innerhalb der deutschen Bevölkerung?« Noch im Dezember führte Klumm in der Bauernschule Henkenhagen und in Stettin die ersten eigenen Schulungstagungen für bereits ernannte Mitarbeiter durch; neben Instruktionen über den Aufbau des Schulungsapparates, die Aufgaben der Schulungsleiter und Ratschlägen zur Unterrichtsmethodik hielt er auch Vorträge über rassische Auslese, deren Grundsätze und Methoden er danach an Jugendlichen aus dem Arbeitsdienst demonstrierte – Klumm wollte wohl für eine striktere Einhaltung der rassischen Auslesekriterien in der SS sorgen, nachdem ihm während einer Rundreise durch die Grenzmark mit dem Führer der Kösliner Standarte aufgefallen war, dass in diesem »stark ostisch durchsetzten« Gebiet teilweise SS-Leute »ohne Rücksicht auf ihre rassische Eignung« aufgenommen worden waren. Anschließend ernannte er Referenten für die einzelnen Standarten, die die Mitarbeiter einmal im Monat zu Tagungen unter seiner Leitung zusammenrufen sollten.25 Zu den Mitarbeitern gehörte, um nur einige Beispiele zu nennen, Dr. Ernst Cartellieri, der an der von Klumm geleiteten Landwirtschaftschule Bütow zuvor schon rasse- und erbkundlichen Unterricht erteilt hatte; Dr. Hans Bavendamm, Direktor der Landwirtschaftsschule von Bergen auf Rügen, Ratsherr, Oberlandwirtschaftsrat und Stabsleiter der Landesbauernschaft, seit 1928 Parteimitglied und agrarpolitischer Fachredner; Albert Ernst, Lehrer an der Bauernhochschule Henkenhagen und schon 1932 Obmann des Arbeitskreises Rasse- und Erbfragen in der nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft akademisch gebildeter Landwirte; Friedrich Hayn, Rektor der Stadtschule Anklam, der sich als Autor familien- und rassenkundlicher Unterrichtstexte einen Namen gemacht hatte; der Assistenzarzt Helmut Lauterbach, zuvor Assistent am Thüringer Landesamt für Rassewesen, jetzt an der Stettiner Anstalt »mit über 1200 Geisteskranken« tätig und dort mit Sterilisationsgutachten über männliche Fürsorgezöglinge und »Erbgesundheitsfälle« befasst. Mit seinen Klagen über eine zu großzügige Handhabung der Aufnahmekriterien für SS-Männer rannte Klumm bei Darré offene Türen ein. Im April 1934 beschloss das RuSA die Einsetzung hauptamtlicher »Rassereferenten« in den Oberabschnitten, die als Experten für Rassefragen und als Vorgesetzte der Hauptschulungsleiter das Schulungs- und Musterungswesen überwachen und leiten sollten.26 Rassische Einstufungen von SS-Bewerbern waren zuerst mehr en passant durch die Musterungsärzte erfolgt; um die Ausleseziele der SS zu verwirklichen, sollte die rassische Musterung von SSBewerbern in Zukunft nur noch von den Rassereferenten und ihren Mitarbeitern durchgeführt werden, denn: »Die Musterung dient der Erfassung der wertvollsten

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deutsch-nordisch bestimmten Männer des Volkes.«27 Außerdem wurden die Rassereferenten auf die »Verbindungnahme mit dem Bauerntum« verpflichtet. Zwischen 1934 und 1936 wurden insgesamt 19 SS-Führer als Rassereferenten für die 12 Oberabschnitte ernannt, die als Außenstellenleiter des Rasse- und Siedlungsamtes fungierten.28 Auch hier dominierte die »Blut-und-Boden-Fraktion«: von 17 Personen, zu denen Berufsangaben vorliegen, kamen 9 aus der Landwirtschaft, darunter 7 Diplomlandwirte und 6 Landwirtschaftslehrer, hinzu kamen drei weitere Lehrer. Bis auf einen, der erst 1933 der NSDAP beitrat, gehörten alle bereits vor 1933, viele schon lange vor 1933 der NSDAP oder völkischen Verbänden an. Die meisten Rassereferenten nahmen auch in den folgenden Jahren und während des Krieges noch Führungsaufgaben im Schulungsoder Rasse- und Siedlungswesen wahr. Joachim Cäsar, der Rassereferent des Oberabschnitts Nord (1936 Nordwest) wurde 1937 Chef des Schulungsamtes, Rudolf Jacobsen, Rassereferent des Oberabschnitts Nordost, war während des Krieges Leiter des Ausbildungslagers Sennheim und Hauptabteilungsleiter der Germanischen Leitstelle; Otto Dietrich, Theodor Henschel, Walter Scholtz, Erich Spaarmann und Heinrich Thole arbeiteten in der Stabsleitung des Reichskommissars für die Festigung des Deutschen Volkstums, Fritz Schwalm wurde Leiter der Außenstelle Litzmannstadt des RuSHA, Lettow-Vorbeck setzte seine Karriere als Adjudant Darrés und später Kommandant des Freikorps Danmark fort, Karl Heinz Bürger wurde zu Beginn des Krieges mit der Leitung der weltanschaulichen Erziehung der Totenkopf-Standarten betraut; Werner Hahn wurde Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungshauptamt, Dyroff und Elling wurden Stabsführer und Abteilungsleiter beim SD bzw. RSHA. Nur in drei Fällen kam es zu einem Karriereabbruch: Albert Stahlmann wurde wegen Urkundenfälschung degradiert, kam während des Krieges aber wieder als Schulungsleiter in der Waffen-SS zum Einsatz; Georg Käthner wurde 1936 wegen Heiratsschwindel aus der SS ausgeschlossen, von der Lancken wurde Ende 1935 wegen Alkoholproblemen seines Amtes enthoben. Sieben Rassereferenten – Bürger, Dietrich, Henschel, Jacobsen, Scholtz, Schwalm und Thole – blieben im Amt, als die Stellen der Rassereferenten im April 1937 in solche für »Führer im Rasse- und Siedlungswesen« (»RuS-Führer«) umbenannt wurden.29 Die Rassereferenten waren vorerst die einzigen hauptamtlichen Schulungskräfte, alle anderen Schulungsleiter waren nur ehrenamtlich tätig. Zur Durchführung seiner Aufgaben konnte jeder Rassereferent eine Hilfskraft einstellen.30 Da ihnen immer mehr Aufgaben übertragen wurden, die zuvor von den Hauptschulungsleitern wahrgenommen worden waren, wuchs der Personalbedarf rasch an; bis 1936 waren aus den Stellen der Rassereferenten bereits kleine Leitungsstäbe mit jeweils vier bis fünf Mitarbeitern entstanden (s. u.). Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehörte die Einweisung der Schulungsleiter. Die Rassereferenten sollten neu geworbene Mitarbeiter in Schulungslagern zusammenziehen, dort auf ihre Eignung hin überprüfen und die ausgewählten Kandidaten anschließend mit eigenen Stellungnahmen dem Rassenamt zur Bestätigung vorschlagen. Nach einer Dienstanweisung des RuS-Amt vom 25.4.1934 hatten aber nicht nur »in Aussicht genommene Mitarbeiter«, sondern generell alle Haupt-, Ober- und anderen Schulungsleiter eines Oberabschnitts an einem achttägigen Lager unter Leitung des Rassereferenten als Lagerkommandant teilzunehmen. Da ein »wesentlicher Teil« des Tages in den Lagern mit Ordnungsübungen, Geländedienst, Leichtathletik und Sportspielen ausgefüllt werden sollte, wurde ihm ein Sportleiter

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beigeordnet. Die »geistige Schulung« sollte grundlegende Vorträge über die Aufgaben der SS, staatliche Maßnahmen der Bevölkerungspolitik und Rassenpflege, die nationalsozialistische Weltanschauung, die rassenpolitische Lage Deutschlands und allgemein über »Blut und Boden« beinhalten. Jeder Teilnehmer hatte ein Referat frei zu halten, dessen Thema und Dauer der Lagerkommandant bestimmte. In jedem Lager war zudem mindestens ein Vortrag durch einen Bauernführer zu halten.31 Von Mai bis November 1934 fanden daraufhin in allen Oberabschnitten einwöchige Schulungslager statt. Sie verliefen zumeist nach einem ähnlichen Muster. Der Rassereferent Süd Werner Hahn, um nur ein Beispiel zu nennen, führte im November 1934 auf der Wülzburg bei Weißenberg ein Lager nach folgendem Dienstplan durch: 7.00 Wecken 7.05-7.15 Frühsport 7.45 Flaggenhissung 8.00 Frühstück 8.45-9.45 Vorträge 10.00-11.45 Ausbildung 12.00 Mittagessen 13.00-14.15 Ruhe 14.30-16.15 Sport 16.30-18.15 Vorträge 18.30 Abendessen 19.30-20.45 Kameradschaftsabend 21.00 Zapfenstreich (Flaggeneinholung) 21.30 Nachtruhe

Für die Vorträge wurden Experten aus der Münchener SS und ihrem Umfeld geholt: Prof. Dr. Wolfgang Schultz, der 1934 in München zum Nachfolger des emigrierten Philosophen Richard Hönigswald berufen worden war, referierte über die Themen »Die völkischen und rassischen Grundgedanken im Nationalsozialismus« und »Der germanische Kulturkreis«; der Biologe Dr. Ludwig Arnold Schlösser, 1933 in München zum Schulungsleiter ernannt, sprach zum Thema »Weltanschauung«, der Diplomlandwirt Kurt Friese von der Landesbauernschaft trug über bäuerliches Brauchtum vor, der Arzt Dr. Gröschl über Ahnenforschung, Ulrich von Gienanth vom Nationalsozialistischen Studentenbund hielt einen Vortrag über den »Kampf gegen den Nationalsozialismus im Ausland«, E. Lützeler von der »Nationalen Volksbildungsstätte München« steuerte einen Beitrag über die »Frühgeschichte des deutschen Menschen« bei.32 Gleichzeitig – im April 1934 – präzisierte das RuS-Amt noch einmal die Bedingungen für die Ernennung zum Schulungsleiter: »klare weltanschauliche Haltung im Sinne von Rosenbergs Mythos«, rassenkundliche Kenntnisse (Hitler, Darré, Günther) und SS-Tauglichkeit, außerdem sollten die Bewerber mindestens 24, höchstens 45 Jahre alt sein. Die Ernennung zum Schulungsleiter setzte die erfolgreiche Teilnahme an einem regulären Schulungslager voraus. Viele der bereits 1933 ernannten oder vorgesehenen Mitarbeiter erfüllten die neu definierten Anforderungen nicht mehr und schieden daher wieder aus, darunter auch die meisten der Ärzte, die man 1933 noch berufen hatte und die nach einer Anordnung vom Juni 1934 im Allgemeinen nicht mehr zur Schulung herangezogen werden sollten, weil sie in anderen Aufgabenberei-

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chen der SS gebraucht wurden.33 Um den »Neuaufbau« des »Schulungsapparates« zu forcieren, sollte deshalb jeder bereits ernannte Schulungsleiter »sofort mindestens einen neuen Mitarbeiter, der als zukünftiger Schulungsleiter geeignet erscheint«, melden.34 Der weitere Aufbau des Schulungssystems kam jedoch nur schleppend voran, weil es an institutionellen Strukturen und infrastrukturellen Voraussetzungen fehlte. Ein funktionsfähiges Schulungsamt existierte noch nicht, und den Rassereferenten fehlte es zumeist noch an Hilfskräften, so dass sie vielfach mit ihren Aufgaben überfordert waren. Nach dem Willen des RuS-Amtes sollte der Aufbau des »Schulungsapparates« bis Ende Juni 1934 im wesentlichen abgeschlossen sein: bis dahin sollten die Meldungen der Schulungsleiter für alle Einheiten einschließlich der Stürme erfolgt sein und Stellenbesetzungspläne durch die Rassereferenten und Hauptschulungsleiter vorliegen; bis zum 15.6. sollten alle Schulungslager beendet sein, damit am 1.8. mit der praktischen Schulungsarbeit in den Einheiten begonnen werden konnte. Die Fristen waren aber nicht einzuhalten und wurden mehrmals verschoben. Zwar fanden von April bis Juni zahlreiche Schulungslager statt, sie reichten aber bei weitem nicht aus, um alle Mitarbeiter zu erfassen.35 Darüber hinaus gab es weder einen Lehrplan noch verbindliche Schulungsmaterialien. Das RuS-Amt gab 1934 lediglich zwei »Schulungsbriefe« heraus: einen Schulungsbrief I »Wegbereiter des Nationalsozialismus« und einen zweiten über »Geschichte und Aufgaben der SS«, zu denen mehrmals mit Bezug auf aktuelle Ereignisse Ergänzungen versandt wurden.36 Ende Juli 1934 kündigte das RuS-Amt die Ausarbeitung neuer Richtlinien für die Schulungsarbeit an und lud alle Rassereferenten ein, eigene Vorschläge dazu vorzulegen. Die Frist für die Anmeldung der Schulungsleiter wurde bis Mitte August verlängert. Außerdem wurde die Einrichtung einer Führerschule in Berlin angekündigt.37 Da Auswahl, Vorbereitung und Bestätigung der Schulungsleiter sich hinzogen, kam die Schulungsarbeit in den meisten Oberabschnitten erst im Herbst 1934 in Gang. Der Rassereferent Nordost Jacobsen etwa kündigte den Beginn der Schulung erst für den 1. Dezember an. Der Rassereferent Ost von LettowVorbeck ordnete im September an, in den folgenden Monaten jeweils zwei Schulungsabende pro Monat in jedem Sturm anzusetzen; auf dem ersten Abend im Oktober sei über die Aufgaben des Rassenamtes und der Schulungsleiter zu informieren, danach sollte der Schulungsleiter einen etwa halbstündigen Vortrag über »Wegbereiter des Nationalsozialismus« halten. Für den November gab er die Anweisung: »I. Diejenigen Schulungsleiter, die noch nicht geschult haben, haben zuerst nach dem Schulungsbrief I »Wegbereiter des Nationalsozialismus« zu schulen. II. Jeder Schulungsleiter hat im Anschluss an Vortrag 1 einen alten Kämpfer über besonders bedeutungsvolle Erlebnisse aus der Kampfzeit sprechen zu lassen. Dauer etwa 20 Minuten. III. Am 2. Schulungsabend bringt der Schulungsleiter dann einen Überblick über die Geschichte der SS und ihre Aufgaben.«

Bis Mitte Dezember waren die beiden genannten Schulungsbriefe durchzusprechen – offensichtlich gab es noch keine anderen verbindlichen Materialgrundlagen.38 Rassereferenten und Schulungsleiter hatten daher noch einen weiten Spielraum, die Inhalte ihrer Arbeit selbst festzulegen; die Schulungsbriefe, stellte Jacobsens Stellvertreter in Königsberg, der Assistenzarzt Dr. Moritz fest, sollten lediglich einen Orientierungsrahmen abstecken und als Hilfe dienen.39 Das bedeutete auch, dass die Rassereferenten

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die inhaltliche Ausrichtung der künftigen Schulungskräfte in den Lehrgängen weitgehend selber bestimmten. Unterdes begannen sich erste Strukturen des »Schulungsapparates« und eines künftigen Schulungsamtes herauszubilden. Im September 1934 legte der Chef des SSAmtes einen von Himmler unterzeichneten Aufgaben- und Gliederungsplan des RuSAmtes vor, der auch die Grundlagen des Schulungswesens für die folgenden Jahre festlegte.40 Als Aufgaben des Amtes wurden definiert: »1. Die weltanschauliche Schulung der SS. 2. Die Auslese der SS. a) Leitung und Prüfung der Neueinstellungen in die SS. b) Nachmusterungen der SS. 3. Sorge für einen gesunden und artgemäßen Familienaufbau der SS-Angehörigen. 4. Herbeiführung einer engen Bindung der SS mit dem Bauerntum. Verwirklichung des Begriffes ›Blut und Boden‹«.

Das Amt gliederte sich in sieben Abteilungen: neben einer Zentral- und einer Personalabteilung (I und II) Abteilungen für Rassefragen (III), Bauern- und Siedlungsfragen (IV), Schulung (V), SS-Auslese (VI) sowie eine Abteilung für »Familienaufbau, Sippenbuch und Nachwuchspflege« (VII). Dem Amt gehörten zur Durchführung seiner Aufgaben Rassereferenten und Schulungsleiter an, die den Gliederungen der SS jetzt folgendermaßen zugeordnet wurden: »den Oberabschnitten – Rassereferenten (RR) den Abschnitten – Abschnitts-Schulungsleiter (Ab.SL) den Standarten – Standarten-Schulungs-Leiter ( Sta.SL) den Sturmbannen – Sturmbann-Schulungsleiter (Stb.SL) den Stürmen – Sturm-Schulungsmänner (St.SM). Jeder Einheit wird außerdem ein Bauernreferent (BR) zugeteilt.«41

Während später der Sturmbannschulungsleiter stärker in den Mittelpunkt der praktischen Schulungsarbeit vor Ort rückte, kam 1934 noch dem Standartenschulungsleiter die zentrale Rolle zu, er stellte die »unterste Verwaltungsstelle« des Rasse- und Siedlungsamtes dar und war für die einheitliche Schulung in den Sturmbannen und Stürmen verantwortlich. Sturmbannschulungsleiter sollten nach Beschluss vom November 1934 überhaupt nur dann eingesetzt werden, wenn zuvor alle Stürme mit Schulungsleitern besetzt waren, und sie sollten dann zur Entlastung des Standartenschulungsleiters als dessen Gehilfe fungieren. Die Standartenschulungsleiter hatten alle 6 Wochen Schulungslager für die Schulungsleiter ihres Bereichs durchzuführen, die Abschnitts- oder Hauptschulungsleiter sollten vierteljährliche Lager mit den Standartenschulungsleitern organisieren, während die Rassereferenten von Fall zu Fall und nach »RuS-Tagungen« Lager mit den Abschnittsschulungsleitern veranstalten sollten.42 Für die Arbeit der Schulungsleiter wurde ein vielfältiger Aufgabenkatalog festgelegt: »a) Weltanschauliche Schulung der Einheit. b) Sonderschulung der Schulungsleiter-Anwärter. c) Dienstleistung bei Musterungen durch die Rassereferenten. d) Unterstützung der SS-Bewerber bei der technischen Durchführung der Aufnahmebedingungen (Erbgesundheitsblatt, Ahnentafel usw.).

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur e) Beratung der SS-Angehörigen über Familienaufbau und Pflege des Nachwuchses. Unterstützung bei der Einholung der Heiratsgenehmigung und bei Anträgen auf Eintragung in das SS-Sippenbuch. f) Sorge für enge Verbindung der SS mit dem Lande und dem Bauerntum. Anweisung der Bauernreferenten. g) Mitarbeit am Archiv für Deutsche Frühgeschichte. (Materialsammlung)« 43

Außerdem wurden die Schulungsleiter zur Organisation und Gestaltung der SS-Feiern, insbesondere der »Sonnwend- und Julfeiern« herangezogen.44 Jede Einheit war mehrmals im Monat zu schulen, die Schulung sollte aber nicht länger als jeweils eine Stunde dauern. Weiterhin waren außer den Rassereferenten und ihren unmittelbaren Mitarbeitern alle Schulungsleiter ehrenamtlich tätig. Neu hinzu kamen jetzt die »Bauernreferenten«, die als Experten für »Blut und Boden« aus dem Kreis der nationalsozialistischen organisierten Diplomlandwirte und Bauernfunktionäre rekrutiert wurden. Ihre Aufgaben bestanden darin, »die Verbundenheit des Bauerntums mit der SS zum Ausdruck zu bringen«, »den Siedlungswillen in den Reihen der SS zu stärken«, in der bäuerlichen Jugend für die SS zu werben und »den Schulungsleiter der Einheit im Schulungsdienst – insbesondere in bäuerlichen Fragen – zu unterstützen.« Rassereferenten und Schulungsleiter sollten als Sonderzeichen die »Lebensrune«, Bauernreferenten die »Odalsrune« tragen.45 Ergänzend brachte Darré eine »Dienstanweisung für die Schulungsleiter« heraus, die die Rolle des Schulungsleiters beschrieb und Anregungen für die Schulungspraxis enthielt. Zentrales Ziel war weniger die reine Wissensvermittlung als vielmehr die »Erziehung der SS-Männer zu einer gefestigten weltanschaulichen Haltung auf nordisch-rassischer Grundlage«. Darré entwarf hier das Konzept einer charismatischen Erziehung, die vor allem auf das »innere Erleben« abzielte: »Jede Schulmeisterei und dozentenhaftes Anbringen von trockener Wissenschaft hat zu unterbleiben. Der Schulungsmann muss seine SS-Männer am Herzen packen. Das kann er nur, wenn er unser Wollen aus eigenem, tiefstem, innerem Erlebnis predigt.« Für die Durchführung der Schulung kündigte Darré Schulungspläne und Material an, die die Schulungsleiter aber nicht »sklavisch« binden, sondern nur eine einheitliche Richtung vorgeben sollten. Die Kunst des Schulungsleiters sei es, Vorträge, so der didaktische Hinweis, »lebendig auszugestalten«: »Er muss viele Beispiele aus dem Leben, aus der Kriegszeit und aus der Kampfzeit der Bewegung bringen.« Nach den Vorträgen müsse der »Aussprache und der Beantwortung von Fragen« breiter Raum gegeben werden. Außer den mehrmals im Monat zu haltenden Vorträgen müsse »jede Gelegenheit für kurze Vorträge und Hinweise auf weltanschauliche Dinge« wahrgenommen werden; dazu zählten »Hinweise auf frühgeschichtliche Besonderheiten in Landschaft und Volkstum« sowie der »gelegentliche Besuch von Museen und einschlägigen Veranstaltungen.« Wichtig sei auch die »stille Arbeit im Kameradenkreis von Mann zu Mann«. Deshalb müsse der Schulungsleiter »einen Kreis charakterlich besonders wertvoller SS-Männer um sich sammeln, die er zu Mitarbeitern erzieht. Diese müssen durch dauernde Kleinarbeit unsere Ideen weitertragen.« Zu den Aufgaben des Schulungsleiters gehörte weiterhin die Zusammenstellung einer Bücherei für seine Einheit. Schließlich hatte er für eine angemessene Ausgestaltung der Diensträume und Verkehrslokale der Einheit zu sorgen: »Dem SS-Mann muss unbewusst das nordische Schönheitsideal eingeprägt werden (wichtig für die Gattenwahl).« Deshalb sollten »Bildnisse« aufge-

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hängt werden, »die den Typ des von uns gewollten nordischen Menschen (Mann und Frau) einzeln und in Gruppen darstellen«. Jeder Schulungsleiter hatte ein Diensttagebuch zu führen und regelmäßig Berichte an die jeweils höhere Instanz anzufertigen.46 Die Abteilung V (Schulung) im RuS-Amt dürfte zu diesem Zeitpunkt erst in embryonaler Form existiert haben.47 Abteilungsleiter war spätestens im Herbst 1934 Hermann Dethof, der bis August 1934 noch Rassereferent beim Oberabschnitt West war. Er hatte Deutsch, Geschichte, Geographie, Psychologie und Leibesübungen studiert, mußte das Studium aus finanziellen Gründen aber abbrechen und legte nur noch ein Turn- und Sportlehrerexamen an der Hochschule für Leibesübungen in Spandau ab. 1933 erhielt Dethof, der selber aktiver Leistungssportler war, eine Stelle als Assistent am Institut für Leibesübungen der Universität Marburg und war dort auch für die Leitung des obligatorisch gewordenen Wehrsports der Studenten zuständig. Dethof kam aus der völkischen Jugendbewegung und gehörte zur Gruppe der »alten Kämpfer«. Er war mit 17 Jahren Zugführer im »Bund Scharnhorst«, gehörte dem »Wehrwolf« an und trat 1929 der NSDAP und der SS bei; 1932 wurde er zum Sturmbannführer ernannt.48 Neben Dethof gehörte bereits seit Juni 1934 Alfred Thoss als Referent für Schulungsfragen dem RuSA an. Thoss war promovierter Historiker und Studienreferendar in Gera, wo er auch vor seiner Berufung nach Berlin als Sturmbann-Schulungsleiter und als Rassewart des Thüringer Landesamts für Rassewesen tätig war. Im September 1935 wurde er in den Stab Darrés berufen.49 In einem Stabsbefehl vom 17. Januar 1935 werden vier Referenten der Abteilung V genannt: Neben Thoss der Verwaltungsbeamte Hans Weibgen, der Wirtschaftswissenschaftler Karl Ferdinand Segler und der Diplomlandwirt Walter Bohm. Bohm, Jahrgang 1892, war Rittmeister der baltischen Landeswehr gewesen und hatte sich nach der Enteignung seines Besitzes in Estland als Kaufmann in Hamburg niedergelassen; nebenher studierte er und promovierte 1933 mit einer kirchenrechtlichen Arbeit in Hamburg. Er machte sich einen Namen als nationalsozialistisch orientierter Agrarjurist und -historiker, der auch als Vortragsredner gefragt war. Darré holte ihn 1934 ins Stabsamt des Reichsbauernführers und ernannte ihn kurz danach zum Hauptabteilungsleiter im RuSHA, Ende 1935 wurde er als Dozent an die neu eröffnete Reichsbauernhochschule in Goslar berufen. Bohm war 1928 der NSDAP, 1929 der SA und 1933 der SS beigetreten und im gleichen Jahr mit den Aufgaben eines Hauptschulungsleiters für den Abschnitt XV (Hamburg) betraut worden.50 Weibgen hatte 1930 mit einer rechts- und staatswissenschaftlichen Dissertation in Göttingen promoviert. Er war Freikorps-Mitglied gewesen und gehörte seit 1930 der SA und der NSDAP an. Segler, 1907 in Pommern geboren, hatte nach einer Schlosserlehre die Handelshochschule in Königsberg besucht und dort den Titel eines Diplomhandelslehrers erworben. Er absolvierte anschließend noch ein wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Studium an der Universität Köln, das er mit der Promotion zum Dr. rer. pol. 1937 mit einer versicherungswirtschaftlichen Arbeit abschloss. Wie Weibgen war Segler schon früh nationalsozialistisch organisiert. Er war seit der Jugend politisch aktiv, in den 20er Jahren gehörte er dem Deutschnationalen Jugendbund und dem Stahlhelm an, 1929 wurde er Mitglied des Nationalsozialistischen Studentenbunds, 1931 der NSDAP und der SA. 1932 wurde er Hochschulgruppenführer in Köln, 1934 war er hauptamtlich in der Reichsführung der Deutschen Studentenschaft angestellt, danach wechselte er zur SS und trat als Untersturmführer in die Dienste des Schulungsamtes, wo er 1935 als Referent für die Abteilung V eingestellt wurde.51

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Vom Dezember 1934 ist ein erster Strukturplan der Abteilung V (Schulung) erhalten, der aber keine personelle Zuordnung enthält. Die Abteilung war in die drei Hauptreferate »Stoff«, »Schulung« und »Verbindung zu anderen Schulungseinrichtungen der NSDAP« untergliedert. Unter »Stoff« fielen die Referate Bearbeitung, Vermittlung und Sammlung, die sich mit der Erstellung von Schulungsmaterial beschäftigen sollten. Das Hauptreferat »Schulung« umfasste die Referate »Führerschule«, »Schulungslager« und »SS-Schulung«.52 In Berlin-Grunewald war inzwischen eine eigene Führerschule des Rasse- und Siedlungsamtes errichtet worden. Im November 1934 hatte das Amt verfügt, dass alle Schulungsleiter nach dem erfolgreichen Besuch des Schulungslagers in ihrem Oberabschnitt an einem zentralen Lager von sechs bis acht Tagen Dauer in Berlin teilzunehmen hätten.53 Himmler inspizierte am 28.11. die »RuS-Schule« Grunewald. Zu diesem Zeitpunkt fand hier ein Lehrgang für 30 Schulungsleiter des Oberabschnitts Ost in Anwesenheit des zuständigen Rassereferenten und der Mitarbeiter der Abteilung V statt.54 Wann die Schule genau eröffnet wurde, ist nicht bekannt, aber spätestens ab Herbst 1934 fanden hier Kurz-Lehrgänge für Einheitsführer und Schulungsleiter statt.55 Ein typischer Tagesablauf eines zweitägigen Lehrgangs sah so aus: 7.00 Anziehen; Stubendienst 7.50 Antreten zum Hissen der Flagge 8.00-8.30 Frühstück 8.30-9.10 »Aus der Arbeit des Siedlungsamtes« (Vortrag von UStuf. Dr. Schmidt von der Stabsführung) 9.10-10.00 »Aus der Arbeit des Sippenamtes« (Vortrag von Hauptabteilungsleiter OStubaf. Dr. Kaethner) 10.00-10.15 Pause 10.15-11.30 »Germanisches Erbe im lebendigen Brauchtum« (Vortrag von UStuf. Dr. Strobel vom Rassenamt); anschließend Filmvorführung »Altgermanische Bauernkultur« 11.30-13.00 »Politischer Katholizismus« (Vortrag von HScha. Hartl vom SD-Hauptamt), mit Filmvorführung 13.15 Mittagessen 13.45-15.00 Pause, anschließend Kaffeetrinken 15.30-17.00 »Was ist Freimaurerei?« (Vortrag von UScha. Reg.rat Dr. Haselbacher von der Gestapo) 17.00 Schlußwort 17.10 Flaggeneinholung; Entlassung Der erste Tag war unter anderem mit einer Einleitung in die Grundschulung der SS durch den inzwischen zum Schulungsamtsleiter ernannten Karl Motz, einem Lichtbildervortrag über Rassefragen und einem Vortrag über »Sinnbilder der deutschen Heimat« durch Experten des Rassenamtes bestritten worden. Das Schulungsamt trat in diesem Fall als Organisator auf, während die Redner von den verschiedenen Ämtern des RuSHA sowie SD und Gestapa gestellt wurden.56

Anfangs teilte sich das Rasse- und Siedlungshauptamt die Schule noch mit dem SDHauptamt, bis der SD 1936 eine eigene Schule in Bernau eröffnete. Das SD-Hauptamt stellte auch häufig Redner für Lehrgänge an der RuS-Schule ab, wie das eben erwähnte Beispiel zeigt.57 In der Grunewalder Schule fanden nicht nur Lehrgänge und Arbeitstagungen statt, das RuSHA brachte hier auch einen Teil seines Personals und seiner Schulungslehrer unter. Die Leitung der weltanschaulichen Lehrgänge hatte 1935 Hermann Dethof inne, für den Sport und die Verwaltung des Hauses war Erwin

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Klinger zuständig. Klinger, der bis zu seinem 13. Lebensjahr in den USA aufgewachsen war, hatte eine kaufmännische Lehre absolviert, einige Jahre in der Gesundheitsfürsorge gearbeitet und eine Ausbildung zum Sportlehrer gemacht; 1934 erwarb er die staatliche Anerkennung als Leichtathletiklehrer. Er war 1933 als Sportlehrer und Leiter einer Jugendheilstätte der Deutschen Angestelltenschaft beschäftigt gewesen, ehe er 1934 als Sportreferent zum RuSHA kam. Klinger kam aus der völkischen Jugendbewegung, er hatte dem Völkischen Wandervogel, dem Bismarckorden und der Turnerbewegung angehört; 1930 trat er der NSDAP, 1932 der SS bei. Später leitete er den Sport des gesamten RuSHA, wurde Hauptabteilungsleiter im Rassenamt, war zeitweise auch stellvertretender Chef des Rassenamts und nahm 1944 als Obersturmbannführer die Aufgaben eines RuS-Führers im Oberabschnitt Spree wahr.58 Mit der Erhebung des Rasse- und Siedlungsamtes zum Hauptamt (RuSHA) im Januar 1935 wurde das Amt neu strukturiert und auch die Abteilung Schulung zum »Schulungsamt« aufgewertet, das die alleinige Zuständigkeit für die gesamte Schulung in der SS innehatte. Im März 1935 waren drei Hauptabteilungen für »Innere Arbeit«, »Archiv« und »Praktische Aufklärungsarbeit« vorgesehen; die Hauptabteilung »Archiv« wurde danach zu einem eigenen Amt »Archiv und Zeitungswesen« verselbständigt, so dass der Strukturplan, der am 10.4.1935 in Kraft trat, eine einfache Gliederung des Schulungsamtes in eine Stabsleitung und zwei Hauptabteilungen mit jeweils zwei Unterabteilungen beinhaltete: I.a Planung und I.b Kartei, II.a Organisation und II.b Materialaufbereitung.59 Im Frühjahr 1936 wies das Amt schon eine etwas differenziertere Struktur auf, einige neue Aufgaben waren hinzugekommen und die »Materialaufbereitung« war zu einer dritten Hauptabteilung (»Schulungsmittel«) ausgebaut worden; der Gliederungsplan enthält auch erstmals eine Zuordnung von Mitarbeitern: Schulungsamt (Amtschef Motz, Stabsführer Fick, Schriftgutverwaltung Schmidt) H.Abt. I Innere Arbeit (Leiter Ellersiek, Geschäftsführung Segler) A. Planung B. Kartothek (vorl. Referent Schnorrbusch) C. Reichsschulen D. Mannschaftshäuser (vorl. Referent Quadflieg) H.Abt. II Praktische Schulung (Leiter Wellershaus) A. Organisation (Lienau) A.1 Praktische Schulung A.2 Bewertung (Dücker) B. Feiergestaltung B.1 Planung (Luserke) H.Abt. III Schulungsmittel (Runge) A. Schrifttum (Dr. Weibgen) B. Allgemeine technische Schulungsmittel (Pietzner) B.1 Film (Junghanß) B.2 Lichtbild B.3 Technische Vorbereitung (Dietrich) Schule Grunewald, Hausverwaltung (Klinger, Mitarbeiter Pfeiffer).60

Als Amtschef holte Darré seinen langjährigen Mitarbeiter aus dem Agrarpolitischen Amt Karl Motz ins RuSHA. Motz, von Beruf Diplom-Bauingenieur, war dort schon seit 1933 als Leiter der Hauptabteilung »Werbung« für das Redner- und Vortragswesen in der Bauernschaft zuständig gewesen und hatte 1935 die Leitung der neu gebildeten

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Hauptabteilung »Reichsschulen des Reichsnährstandes« übernommen, die er danach beibehielt. In seiner Doppelfunktion als Leiter des Schulungsamtes und Hauptabteilungsleiter im Stabsamt des Reichsbauernführers verkörperte Motz in besonderer Weise Anspruch und Zielsetzung Darrés, SS und nationalsozialistische Bauernbewegung eng aneinander zu binden. Motz, der vorübergehend auch als Referent im Reichspropagandaministerium tätig war, übte seine Funktionen im Stabsamt des Reichsbauernführers und im RuSHA parallel aus, bis er Anfang 1937 als Chef des SS-Schulungsamtes von Joachim Cäsar abgelöst wurde.61 In den 20er Jahren gehörte er als Jugendlicher dem »Wehrwolf« und dem »Freikorps Hindenburg im Tannenbergbund« an, 1929 trat er der NSDAP und der SA bei und engagierte sich als Gauredner und Führer der nationalsozialistischen Studentenschaft an der TH München. Seit 1931 arbeitete er in der Reichsorganisationsleitung der NSDAP.62 Ebenfalls von der TH München und aus der Münchener nationalsozialistischen Studentenschaft kam Motz’ Stabsleiter Hans Henning von Lieben, seit 1929 Mitglied der NSDAP und der SA; 1930 wechselte er von der SA zur SS. In der Studentenschaft war er als Amtsleiter für Arbeitsdienste und politische Erziehung des Kreises Bayern tätig und für die Durchführung von Studentenlagern zuständig. 1935 legte er das Examen als Diplomingenieur ab und arbeitete danach als Planungsingenieur bei der Bewag; 1939 wurde er als Sonderbeauftragter nach Ostoberschlesien abgeordnet und als Generalreferent für Industrieplanung in Kattowitz eingesetzt.63 Von Lieben wurde im März 1935 zum Stabsleiter im Schulungsamt berufen, scheint sein Amt aber nur für kurze Zeit wahrgenommen zu haben, da er im April für längere Zeit beurlaubt und kommissarisch von Ernst Fick vertreten wurde. Ernst Fick war 1928/29 der NSDAP und Anfang 1930 der SS beigetreten. Er hatte sich noch als 17jähriger zum Heeresdienst im 1. Weltkrieg gemeldet und gehörte nach Ende des Krieges dem Freikorps Epp an. Von 1919 bis 1931 leitete er eine Filiale des Gemischwarengeschäfts seines Vaters und arbeitete daneben noch als landwirtschaftlicher Verwalter auf dem Anwesen seiner Eltern. Als der Betrieb des Vaters 1931 in Konkurs ging, trat Fick in die Dienste der SS ein, wurde Referent im Stab RFSS und Ausbilder bei den Verfügungstruppen. Von April 1935 bis 1937 war er als Führer in der Stabsleitung des RuSHA/Schulungsamts tätig, danach arbeitete er als Schulungsleiter und Lehrer für Weltanschauliche Erziehung an den Junkerschulen Braunschweig und Tölz. Während des 2. Weltkrieges wurde er zum Kommandeur des Ausbildungslagers Sennheim und schließlich zum Brigadeführer und Inspekteur für die gesamte weltanschauliche Erziehung der SS und der Polizei ernannt.64 Weitere Mitarbeiter in der Stabsleitung waren der promovierte Diplomlandwirt und Landwirtschaftslehrer Sturmbannführer August Hallermann, der Schriftsteller Untersturmführer Dr. Heinrich Bauer, Autor zahlreicher Werke über »Große Männer« der deutschen Geschichte, sowie der Sturmmann Seume. Die Leitung der Hauptabteilung I teilten sich Segler als Geschäftsführer und Ellersiek als Leiter. Konrad Ellersiek, der wie Segler eine Schlosserlehre absolviert hatte, war von Beruf Technischer Zeichner und Diplom-Wirtschaftsingenieur; er kam wie Dethof aus dem SA-Hochschulamt. Ellersiek wies eine ähnliche politische Sozialisation auf wie seine Amtskollegen: Mit 15 gehörte er dem Völkischen Wandervogel an, mit 19 dem Freikorps »Treubund für Rheinland und Westfalen«, 1929 trat er in die SA, 1930 in die NSDAP ein, wurde Kreisleiter der Deutschen Studentenschaft in Bayern und übernahm eine Reihe von Aufgaben und Funktionen in der Studentenschaft. 1934 war er

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Referent für weltanschauliche Erziehung im Reichs-Hochschulamt der Obersten SAFührung, danach holte ihn Darré als Stabsführer in den Reichsnährstand und schließlich ins RuSHA.65 Für die Abteilung »Kartei« war Johannes Schnorrbusch zuständig, zuvor Adjudant und stellvertretender Schulleiter beim SA-Hochschulamt Braunschweig, auch er seit 1930 Mitglied der NSDAP und der SA. Die Planungsabteilung war 1935 und im Frühjahr 1936 noch vakant, auch die neuen Abteilungen »Reichsschulen« und »Mannschaftshäuser« waren noch nicht besetzt, nur vorläufig war Franz Herbert Quadflieg als Referent für die »Mannschaftshäuser« bestellt worden. Quadflieg, der gerade sein Studium als Diplomvolkswirt beendet hatte, war bereits 1930 als 17jähriger am Aufbau des Nationalsozialistischen Schülerbundes beteiligt; 1935 erhielt er den Auftrag, das SS-Mannschaftshauses an der Kölner Universität aufzubauen. Bis 1938 war er Mitarbeiter im Schulungsamt, später arbeitete er als Attaché im Auswärtigen Amt. 1940 promovierte er in Köln mit der Dissertation »Der Weg des Arbeiters im Weltkrieg als Problem soldatischer Pflichtauffassung«.66 Hermann Dethof, der bis dahin die Leitung der Hauptabteilung II »Praktische Aufklärungsarbeit« bzw. »Praktische Schulung« innehatte, wurde im Februar 1936 als Stabsführer zum SS-Abschnitt V (Essen) versetzt. An seine Stelle trat der Sturmbannführer Hans Wellershaus, von Beruf Diplomkaufmann, auch er ein »alter Kämpfer«, der bereits Anfang 1930 der NSDAP beigetreten war. Wellershaus war ab November 1936 auch Verbindungsführer zwischen dem Schulungsamt und der Inspektion der Verfügungstruppen. Er musste das Schulungsamt 1937 wegen Unfähigkeit verlassen und wurde zunächst zur Leibstandarte Adolf Hitler, dann als Adjudant zum Konzentrationslager Buchenwald versetzt; dort beging er kurz darauf im März 1938 Selbstmord. Leiter der Abteilung »Organisation« war der Diplomlandwirt Walter Lienau, seit 1925 NSDAP-Mitglied, seit 1928 in der SS und ebenfalls in der nationalsozialistischen Studentenschaft aktiv.67 Weitere Mitarbeiter waren Walter Dücker und Klaus Luserke. Dücker, der sich 1929 als 15jähriger dem NS-Schülerbund anschloss, hatte das Humanistische Gymnasium mit Obersekundareife verlassen und anschließend eine kaufmännische Lehre gemacht, ging danach zu den Verfügungstruppen und tat für ein Jahr bei der SS-»Germania« Dienst, bis er 1936 zum Rasse- und Siedlungshauptamt kam. Während seiner Tätigkeit im Schulungsamt studierte er an der Hochschule für Politik in Berlin, um sich für seine Arbeit weiter zu qualifizieren.68 Luserke, der Sohn des bekannten Schriftstellers und Reformpädagogen Martin Luserke, war für die Feiergestaltung zuständig. Er studierte mehrmals die Sonnenwendspiele der SS ein.69 Luserke hatte an der Schule seines Vaters, der »Schule am Meer« auf Juist, das Abitur gemacht, danach ein Studium aufgenommen und im Verlagswesen gearbeitet. Luserke war Reichsredner in der Deutschen Glaubensbewegung, Mitarbeiter im VDA und im Nationalsozialistischen Studentenbund. Er wurde 1937 wegen »Verbindungen mit einem Käufer pornographischer Literatur« aus der SS ausgeschlossen, Himmler nahm jedoch sein »Gnaden- und Wiederaufnahmegesuch« an, weil es sich nur um eine »ausgeprägte Jugendtorheit« gehandelt habe und er »im Grunde anständig und ordentlich sei«, ließ ihn allerdings zu den Totenkopfverbänden einziehen und befahl ihm, »bis Weihnachten zu heiraten«.70 Die Abteilung »Materialaufbereitung« leitete 1935 noch der Diplomlandwirt und promovierte Pflanzenbauexperte Jürgen Stock, gleichzeitig Hauptabteilungsleiter im Stabsamt des Reichsbauernführers und 1933 bereits Mitarbeiter in Motz’ Hauptabtei-

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lung »Werbung«. Stock hatte schon als Jugendlicher völkischen Verbänden wie dem Wehrwolf und dem Wehrstahlhelm angehört, war aber erst 1933 zur nationalsozialistischen Bewegung gestoßen und 1934 in die SS eingetreten. Unter ihm arbeiteten Weibgen und Runge als Referenten. Die Abteilung »Materialaufbereitung« wurde 1936 zur Hauptabteilung »Schulungsmittel« ausgebaut, Stock wechselte ins Amt für Archiv und Zeitungswesen. Mit der Leitung der neu gebildeten Hauptabteilung wurde Friedrich W. Runge betraut. Runge war Diplomkolonialvolkswirt und Absolvent der Kolonialhochschule Witzenhausen. Er gehörte 1925 dem »Freikorps Olympia« an und war seit Januar 1931 Mitglied der NSDAP, seit Juli 1931 der SS. Im gleichen Jahr war er wie Stock Mitarbeiter von Motz im Agrarpolitischen Amt geworden; er folgte ihm auch als Referent ins Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda.71 Runge war 1935 für »Aufklärungsmittel« – Film, Funk, Lichtbild, Ausstellungen, Werbung – verantwortlich, während Weibgen für Schulungsschriften und -briefe zuständig war. Abteilungsleiter für »Technische Schulungsmittel« – damit war vor allem das Ausstellungswesen gemeint – war Hans-Jochem Pietzner, 1910 in Breslau geboren. Er hatte Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften an der TH München studiert, musste das Studium 1934 aber aus finanziellen Gründen abbrechen. Pietzner war bereits 1931 der NSDAP und dem NS-Studentenbund, 1932 der SA beigetreten und ging 1935 zur SS. Hier war er bis zum Kriegsbeginn für Bildtechnik und Ausstellungswesen zuständig. Das Referat »Lichtbild« war im April 1936 noch vakant, das Referat »Film« war mit Fritz Junghanss besetzt, ein selbständiger Kaufmann, der bereits Ende 1929 der SA und der NSDAP beigetreten war und seit Oktober 1930 der SS angehörte. Pietzner war gleichzeitig Referent und ab August 1936 Adjudant des Präsidenten der Reichsfilmkammer.72 Es fällt auf, dass sich das Personal des Schulungsamtes in den ersten Jahren zu einem großen Teil aus »alten Kämpfern« mit ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlichem Berufshintergrund zusammensetzte, von denen einige über »Management-, Verwaltungs- und Organisationserfahrungen« in der nationalsozialistischen Bewegung verfügten, die in der Aufbauphase sicher auch funktional waren. Erst mit der weiteren Expansion und Differenzierung des Amtes wurden zunehmend auch Geisteswissenschaftler und Pädagogen rekrutiert.

Grundschulungsplan und Führerschulung 1935/36 Im Juli 1935 kündigte Weibgen einen Schulungsplan an; bis dahin sei nach dem Leitheft zu schulen.73 Die ersten beiden Leithefte waren im Frühjahr 1935 erschienen. Ursprünglich sollten in den Leitheften vor allem »Erlebnisse aus der Kampfzeit und der SS-Gemeinschaft« veröffentlicht und für die Schulungsarbeit verwendet werden;74 in Zukunft sollten die Hefte eine systematische Struktur erhalten. Weibgen kündigte eine Dreiteilung an: Teil I der Hefte sollte Stoff für Schulungsvorträge und später Aufsätze über aktuelle weltanschauliche Fragen enthalten, Teil II (»Tagesdienst«) Stellungnahmen zu Tagesereignissen, Teil III Buchbesprechungen, Hinweise auf Filme, Ausstellungen und dgl. Das 3. Heft brachte daraufhin an Schulungsstoff zweiseitige Portraits der wichtigsten Führer der Bewegung – da die Kenntnis der maßgebenden Führer fehle, sei bis zur Bekanntgabe des neuen Schulungsplans über Leben und Arbeit der

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wichtigsten Führer der Bewegung zu sprechen. Teil II stellte eine Loseblattsammlung mit Ausschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften, vor allem des Völkischen Beobachters dar; der Schwerpunkt der Ausschnitte lag in den Heften 3 und 4 des 1. Jahrgangs (Juli und August 1935) auf dem Thema »politische Kirche«. Heft 5 enthielt unter anderem Beiträge zur deutschen Frühgeschichte, Heft 6 wurde nach Anweisung Himmlers wieder vernichtet. Erst dem 2. Jahrgang, der mit Heft 1 im Februar 1936 begann, lag ein systematischer Lehrplan zugrunde. Im Sommer 1935 war man noch nicht so weit. 1935 standen noch der Aufbau eines Netzes von Schulungsleitern und deren Ausbildung in Kurzlehrgängen sowie die Einweisung der Einheitsführer in die Aufgaben der weltanschaulichen Schulung im Mittelpunkt der Arbeit. Im Juli 1935 versandte Dethof Richtlinien zur Organisation und Durchführung der Lehrgänge für Einheitsführer und Schulungsleiter. Vorangegangen war eine Rede von Motz in der RuS-Schule, in der er eine einheitliche Grundschulung anhand einer »Schulungsfibel« ankündigte, die man erst einmal den SS-Führern erklären müsse.75 Das Schulungsamt ordnete daraufhin an, dass sämtliche Führer und Schulungsleiter der Abschnitte und Standarten einschließlich der Verfügungstruppen und Wachverbände an jeweils zweitägigen Kursen während der Monate August und September in Berlin teilzunehmen hätten; für die Führer und Schulungsleiter der Sturmbanne und Stürme sollten die Rassereferenten in den Oberabschnitten Lehrgänge organisieren, ihnen blieb auch die Auswahl des Schulungsstoffs und die Gestaltung der Lehrgänge überlassen. Wo es noch an Sturmbannschulungsleitern fehlte, sollten sie hauptsächlich aus dem Kreis der bereits aktiven Schulungsmänner auf den Lehrgängen ausgewählt werden; bei der Auswahl war zu berücksichtigen, »dass der Sturmbann-Schulungsleiter in Zukunft der wichtigste Träger der Schulungsarbeit an der Front ist und rednerisch befähigt sein soll.« Die Sturmschulungsmänner sollten in Zukunft von den Rassereferenten allein berufen und nicht mehr durch das RuSHA bestätigt werden. Als Eignungskriterien galten »eine gewisse Vorbildung in biologischer und geschichtlicher Hinsicht«, rhetorische Fähigkeiten, eine »weltanschaulich klare Linie« und »hochwertige charakterliche Eigenschaften«. Das Schulungsamt ging von durchschnittlich 400 Personen (Sturmbann- und Sturmführer, Sturmbannschulungsleiter und Sturmschulungsmänner) je Oberabschnitt aus; bei einer Teilnehmerzahl von maximal 45 waren etwa 10 Lehrgänge in jedem Oberabschnitt durchzuführen. Sie sollten im Juli beginnen und Ende September, spätestens Ende Oktober beendet sein. Für Sturmbannführer und -schulungsleiter war ein Tag, für Sturmführer und -schulungsmänner waren 2 Tage vorgesehen. Wegen der Kürze der Zeit sollten Sport- und Wehrsport-Übungen entfallen. Auf diesen Kurz-Lagern sollte es um die »Technik der Grundschulung« gehen. Geplant war, den Einheitsführern schon bald die Verantwortung für die Grundschulung zu übertragen und ihnen die Sturmschulungsmänner als Hilfskräfte direkt zu unterstellen. Daher wurden forciert Kurz-Lehrgänge für Einheitsführer organisiert, in denen vor allem die Aufgaben des Einheitsführers und das Wesen der SS »als Truppe politischer Soldaten« herausgestellt wurde, denn in der Person des Einheitsführers sollte sich das politische Soldatentum und das Ideal des »Weltanschauungskämpfers« vorbildlich verkörpern. Daneben sollten die Kursteilnehmer Instruktionen über den Gebrauch der »Schulungsfibel« erhalten. Die Fibel, die den Titel »100 Leitsätze des SS-Mannes« trug, sollte nach Abschluss der »Durchschulung aller Führer und Schulungsleiter« in Buchform verteilt werden.76 Offensichtlich gab es einen starken Bedarf

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an einer klaren weltanschaulichen Orientierung: »Mit wahrer Sehnsucht werden die in Aussicht gestellten grundlegenden Leitsätze dieser SS-mäßigen Ethik erwartet«, hieß es in einem Bericht des SS-Hauptamtes.77 Im Oktober 1935 kündigte Weibgen erneut einen Schulungsplan an und skizzierte das weitere Vorgehen. Künftig werde sich die Grundschulung der SS auf ein Lehrbuch, nämlich die »100 Leitsätze« aufbauen, in dem in Frage und Antwort die gesamte nationalsozialistische Weltanschauung behandelt würde: »Die Fragen sind allgemein verständlich gefaßt und werden von den Führern der Einheiten behandelt. Die SS-Männer müssen sinngemäß richtige Antwort auf jede Frage geben können.« Aus der Einteilung des Lehrbuchs sollte sich auch der Jahresplan der Schulung ergeben, er sollte am 9.11.1935 beginnen und am 8.11.1936 enden. Im folgenden Jahr sollten die gleichen Themen behandelt werden, nur »von anderen Gesichtspunkten aus beleuchtet«. Weiter kündigte Weibgen an, dass zu den einzelnen Abschnitten des Lehrbuchs Standardvorträge mit Lichtbildreihen für die Stuba-Schulungsleiter erscheinen würden, in denen sich Ausführungen zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung fänden. Um die Vorträge zu beleben und aktuell zu gestalten würde das Amt in unregelmäßigen Abständen in Form einer Loseblattsammlung »Leithefte« mit ergänzendem Material – Tagesdienst, Zeitungsmeldungen, Zeitschriftenaufsätze, Bücherverzeichnisse und Literaturhinweise, Anleitungen zur Festgestaltung u.ä. – herausbringen. »Will der Sturmbannschulungsleiter zum Beispiel einen Vortrag über Freimaurerei halten, so hat er im Lehrbuch die grundsätzlichen Fragen und Antworten und nimmt dazu den Standardvortrag über Freimaurerei mit Lichtbildern, sowie aus einem Ordner die in den vergangenen Monaten eingehefteten Meldungen aus den Leitheften über Freimaurerei.«78 Dem Plan lag ein Befehl Himmlers vom November 1935 zugrunde, der die weltanschauliche Grundschulung im Dienstunterricht anordnete und die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Personen festlegte: ab 9. November trugen die Einheitsführer – d.h. die Führer der Stürme – die Verantwortung für die weltanschauliche Schulung im Sturm; die Sturmschulungsmänner waren jetzt keine Mitarbeiter des RuSHA mehr, sondern wurden den Stürmen eingegliedert. Gleichzeitig wurde der Sturmbannschulungsleiter als Vertreter des RuSHA zur tragenden Gestalt der »qualifizierten« Schulungsarbeit aufgewertet. Seine Aufgabe war es, als »verantwortlicher Sachbearbeiter« die Schulungsarbeit im Sturmbann zu überwachen und durchzuführen; dazu gehörte zum einen die Beratung und Unterstützung der Einheitsführer, zum anderen sollten sie die von Weibgen angekündigten monatlichen Vorträge zu den Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung in den Stürmen halten. Als Schulungsmaterial waren die Leithefte und ab Januar 1936 besondere Lichtbildstreifen mit Textbeilagen vorgesehen, an denen das Schulungsamt inzwischen arbeitete und deren Themen und Gestaltung auf den folgenden Arbeitstagungen der Rassereferenten in der RuSSchule besprochen wurde.79 Im Grundsatz waren eine wöchentliche Schulung nach den Leitheften durch den Eineitsführer und ein Monatsvortrag durch den Sturmbannschulungsleiter reihum in den Stürmen geplant. Im Leitheft 6, das Ende 1935 herauskam, erschienen auch erstmals in katechetischer Form Fragen mit zugehörigen Antworten zu weltanschaulichen Themen für die Einheitsführer, die angehalten wurden, Sturmappelle mit Leitsätzen zu beginnen und mit Fragen zu beenden, die die Männer stehend anzuhören hatten, ohne selbst schon eine Antwort zu geben – sie sollten auf dem Nachhauseweg darüber nachdenken.80 Dennoch war Himmler mit dem Leitheft

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in seiner didaktischen Ausrichtung nicht zufrieden. Er befahl, Heft 6 zurückzuziehen und bestellte Motz zum 17. Januar mit allen bis dahin erschienen Leitheften zu sich, um ihm seine eigenen Vorstellungen über die künftige Form der Schulungsarbeit auseinanderzusetzen. Auch das Konzept der »Fibel« dürfte seine Mißbilligung erfahren haben, denn noch im Oktober 1935 wurde das Projekt der »100 Leitsätze« auf das Frühjahr 1936, im Februar 1936 auf unbestimmte Zeit verschoben und schließlich stillschweigend fallen gelassen.81 Im Gespräch mit Motz legte Himmler die äußere Form der Grundschulung in der SS fest: jeweils einmal die Woche sollte ein Abschnitt aus »Mein Kampf« verlesen, ein Beispiel zum Verlobungsbefehl (»Aus der Praxis des Sippenamtes«) besprochen und ein Aufsatz von 15 bis 30 Minuten Dauer vorgelesen werden, der in Form einer »geschichtlichen oder sonstigen Erzählung« das jeweilige Hauptthema der Grundschulung behandelte. Daraus ergab sich die künftige Gestalt der Leithefte, die für jeden Monat jeweils vier Abschnitte aus »Mein Kampf«, vier weltanschauliche Aufsätze und Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes zu enthalten hatten. Das Rassenamt erhielt den Auftrag, »Mein Kampf« in etwa 30 gleich lange Vorlesungsabschnitte aufzuteilen, die verschiedenen Themen zu bearbeiten und die entsprechenden Aufsätze zu erstellen. An der Erstellung von Schulungsmaterial über weltanschauliche Gegner und »Staatsfeinde« wurde das SD-Hauptamt beteiligt, mit dem eine Kooperationsvereinbarung getroffen wurde.82 Das Sippenamt sollte 20 kurze Beispiele auf jeweils einer Schreibmaschinenseite liefern, die die Handhabung – Ablehnung oder Genehmigung – des Verlobungsgesuchs illustrierten. Als erstes Hauptthema der weltanschaulichen Schulung wurde »Blut und Boden« festgelegt. Unter diesem Oberthema sollten innerhalb der ersten zehn Wochen Grundlagen der Vererbungslehre (einschließlich Erläuterungen zur »Verschiedenheit des Judentums vom Deutschen in biologischer, charakterlicher und seelischer Hinsicht«), die »biologische Bedeutung des Bauerntums«, die »Blutgesetzgebung« etc. behandelt werden. Im Februar 1936 gab das Schulungsamt den gesamten von Himmler festgelegten thematischen Ablauf der Grundschulung bekannt. Danach waren vier Hauptthemen vorgesehen, die in einem Zyklus von 28 Wochen in jeweils 2 Unterrichtsstunden behandelt werden sollten: 1. Blut und Boden 2. Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus 3. Geschichte des Deutschen Volkes 4. Jahreslauf und Brauchtum, Totenverehrung Für die Themen 1 bis 3 waren jeweils acht Wochen und zwei Lichtbildervorträge, für das Thema 4 waren vier Wochen und ein Lichtbildervortrag vorgesehen, so dass sich eine Gesamtdauer von 28 Wochen für die Grundschulung ergab, in denen sieben Lichtbildervorträge zu halten waren. Zu den Themen erschienen im Laufe des Jahres entsprechende Beiträge und Abhandlungen in den »SS-Leitheften«, ergänzt um Bildbände/Stoffsammlungen und Dia-Reihen mit ausführlicheren Ausarbeitungen für die Schulungsleiter, die auch vermeintlich wissenschaftlich fundiert und mit weiterführenden Literaturhinweisen versehen waren. In den Stürmen sollte zweimal die Woche je 40 Minuten weltanschauliche Schulung betrieben werden. Hinzu kam einmal im Monat der Lichtbildervortrag zum jeweiligen Hauptthema durch den Stuba-Schu-

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lungsleiter, unter dessen Leitung anschließend eine Aussprache folgen sollte.83 Damit bildete sich eine Struktur heraus, in der im Idealfall der Führer des Sturms für die laufende wöchentliche Schulung im Sturm zuständig war, der Stuba-Schulungsleiter den Einheitsführer beriet und die grundlegenden Monatsvorträge hielt, während der Standartenschulungsleiter die Schulungsarbeit im Bereich der Standarte organisierte und den Standarten-Führer instruierte; Standarten- und Sturmbann-Schulungsleiter hatten die Einheitsführer mit dem jeweils vorgeschriebenen Schulungsstoff »vertraut« zu machen.84 In der Anordnung des SS-Hauptamtes für die Verfügungstruppen hieß es: »Träger der Schulung sind die Verbandsführer. Die Schulungsleiter sind zur einheitlichen Ausrichtung des Führerkorps zu verwenden und für Vorträge, die ein bestimmtes Wissensgebiet mit oder ohne Lichtbilder einem größeren Kreise übermitteln wollen.«85 Als Materialgrundlage für die wöchentliche Schulung diente das Leitheft, das allen Stürmen in Zukunft durch das Schulungsamt zuging, während die Sturmbann-Schulungsleiter die Bildbandstreifen für die Monatsvorträge erhielten.86 Der Beginn der Grundschulung wurde auf den 25.2. festgelegt; am 9.11.1936 sollte der Zyklus der Grundschulung abgeschlossen sein.87 Daran sollte sich als zweiter Zyklus eine Themenfolge zur deutschen Geschichte anschließen. Die Hefte 1 bis 7 des 2. Jahrgangs der Leithefte enthielten jeweils die Aufsätze zu den Themen des ersten Zyklus, die Hefte 1 bis 11 des dritten Jahrgangs brachten eine Aufsatzfolge zum zweiten Zyklus. Die Monatsvorträge sollten mit der Lichtbildreihe »Blut und Boden I und II« beginnen; sie wurde erst Anfang März auf einer Tagung der Rassereferenten in der RuSSchule besprochen und kam daher mit etwas Verzögerung zum Versand.88 Da ein großer Teil der Schulungsleiter zu diesem Zweitpunkt als Redner und Propagandisten für den Wahlkampf der NSDAP eingesetzt wurden, mußte man gleich zu Beginn des Schulungszyklus Abstriche machen: Das Schulungsamt bestand zwar darauf, dass die Lichtbildervorträge »Blut und Boden« in den Monaten März/April gehalten werden, ließ aber bei der wöchentlichen Verlesung der Leitheft-Aufsätze Einschränkungen zu.89 Auch mit den folgenden Themen geriet man in Verzug. Erst Ende Juni berieten die Rassereferenten wieder in der RuS-Schule über Entwürfe zur Lichtbildreihe »Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus«.90 Bis Ende des Jahres 1936 waren außer »Blut und Boden I und II« aber nur die Lichtbildvorträge »Judentum« und »Freimaurerei« fertig geworden, alle anderen waren noch in Arbeit. Im Dezember musste Motz einräumen, dass nur ein kleiner Teil der Männer bisher zur vollständigen Grundschulung gekommen und eine einheitliche weltanschauliche Ausrichtung des Führerkorps noch nicht erreicht worden war. Das Hauptproblem war nach wie vor die mangelnde bis fehlende Qualifikation der Einheitsführer für die Durchführung der Wochenschulung. Ein zusätzliches Problem entstand daraus, dass die Zeitvorgaben des Schulungsamtes mit den Ausbildungsplänen des SS-Hauptamtes für die Allgemeine SS und die Verfügungstruppen kollidierten, die für das Sommerhalbjahr jeweils die praktische Ausbildung – vor allem Sport und Wehrsport – in den Vordergrund stellten, während erst im Winterhalbjahr der Schwerpunkt auf der »Theorie« liegen sollte. Eine andere Ursache sah Motz darin, dass es den nach wie vor ja weitgehend nur ehrenamtlich tätigen Schulungsleitern an der erforderlichen Zeit fehlte, auch sei das Schulungsmaterial für die vorgesehene Zeit zu umfangreich. Offenbar hielt er auch die zweitägigen Führer-Lehrgänge für unzureichend, denn zu diesem Zeitpunkt plante er eine Füh-

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rerschule in Goslar, in der die Führer ein- bis zweimal im Jahr in dem Lehrstoff geschult werden sollten, der im jeweiligen Halbjahr bei den Einheiten anstand, so dass eine Einheitlichkeit von Führer- und Truppenschulung gewährleistet wäre.91 Die Führerschule sollte vermutlich zuerst der Bauernhochschule in Goslar angeschlossen werden. Sie wurde im Herbst 1937 in Dachau errichtet. Unterdessen entstanden auf regionaler Ebene mehrere »Führerschulen«, die die Rassereferenten zur Durchführung ihrer Kurz-Lehrgänge nutzten.92 Der Rassereferent West Albert Stahlmann berichtete im Oktober 1936, das Ziel der Grundschulung werde nur in ein bis zwei Standarten bis zum November erreicht. Man war zum Teil noch weit zurückgeblieben, weil es an finanziellen Mitteln zur Durchführung von Schulungslagern fehlte; erst im September 1936 sei es gelungen, ein 6tägiges Lager für die 58. Standarte zu organisieren, an dem Schulungsleiter und Einheitsführer teilnahmen; ein zweites Lager war in Planung. Würde man laufend solche Lager für alle Standarten durchführen, so Stahlmann, könne das Ziel der Schulung innerhalb eines halben Jahres erreicht werden; um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, plane man deshalb die Einrichtung einer eigenen Schule. Der Bericht gab auch Einblick in die Didaktik der Schulungsarbeit, die in den Lagern des Oberabschnitts vermittelt wurde: Ohne aktive Mitarbeit der Zuhörer blieben die Vorträge erfolglos; bewährt habe sich folgende Methode: »Der Lichtbildvortrag wird vom Einheitsführer gehalten. 14 Tage später befiehlt der Einheitsführer seinen Männern, ein Oktavheft zum Schulungsabend mitzubringen. Der Schulungsleiter zeigt nun wieder die Bilder und läßt die Männer jedes einzelne Bild erklären und sich darüber aussprechen, was mit dem Bild gesagt werden soll. Nach je 6-8 zu einer Beweisführung gehörenden Bildern wird das Licht eingeschaltet und aus dem bisher Gesehenen vom Schulungsleiter eine Frage formuliert. Dann läßt der Schulungsleiter durch Aufruf verschiedene SS-Männer die Frage beantworten. Er bringt sie zum Schluß auf eine bereits feststehende Antwort. Frage und Antwort werden dann von den Männern in ihr Oktavheft eingetragen. So setzt sich dieses innerhalb des Bildbandes abschnittsweise fort, bis der ganze Vorgang auf diese Weise in ca. 10 Fragen und Antworten zusammengefaßt ist. Jeder Mann hat damit in klaren Fragen bezw. in selbst miterarbeiteten Antworten den Inhalt des Bildbandes in seinem Besitz. Die weiteren Bildbandstreifen werden folgen, so dass er die Grundschulung und alles weiterhin Erlernte in Extraktform in seinem Oktavheft niedergeschrieben hat. Die genaue Formulierung der Fragen und Antworten geht vom Rassereferenten-West aus an alle Schulungsleiter und Einheitsführer.«93

Auf die Rassereferenten waren mittlerweile vielfältige Aufgaben zugekommen, die nur durch zusätzliche Mitarbeiter zu bewältigen waren. Neben allgemeinen koordinierenden und organisatorischen Aufgaben waren sie für die Anwerbung und Ausbildung der Schulungsleiter zuständig. Sie hatten auf den Lehrgängen für SchulungsleiterBewerber eine Auswahl zu treffen und einen begründeten Verwendungsvorschlag an das RuSHA zu schicken; dazu gehörte auch die Zusammenstellung der diversen vom RuSHA geforderten Personalunterlagen. Sie hatten Lehrgänge zu organisieren, auf denen die Einheitsführer eine Einweisung in die Aufgaben der laufenden Schulungsarbeit erhielten. Für die Lehrgänge mussten Redner und Dozenten bestellt werden, mit denen Vorgespräche und Verhandlungen zu führen waren. Darüber hinaus waren laufend Besprechungen mit den Abschnitts- und Standarten-Schulungsleitern abzuhalten und Kontrollbesuche durchzuführen. Dazu kamen eigene Vorträge vor den

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Standarten, die Teilnahme an Arbeitstagungen in Berlin, die Gegenwart bei besonderen Feiern, so dass den Rassereferenten auch ein hohes Maß an Mobilität abverlangt wurde. Am Amtssitz des Rassereferenten sollte eine Bücherei und ein Archiv mit Zeitungsausschnitten und Stichworten für Vorträge angelegt werden. Da die Rassereferenten auch für die rassische Musterung sämtlicher Neuaufnahmen in die SS zuständig waren – dazu kam die Musterung der Bewerber für die Führerschulen der SS und die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten94 – und mit ihren vielfältigen Aufgaben überfordert waren, kündigte das RuSHA im Mai 1935 zu ihrer Entlastung die Einstellung hauptamtlich tätiger Oberabschnittsschulungsleiter an.95 Bis zum Frühjahr 1936 waren die Positionen der Rassereferenten so weit ausgebaut, dass jeder über einen bis zwei hauptamtliche Referenten (Schulungs- und Musterungsreferenten) und zwei bis drei weitere Mitarbeiter verfügte.96 1937 wurden die Rassereferenten in »Führer im Rasse- und Siedlungswesen« (RuS-Führer) umbenannt, ohne dass damit zunächst eine Veränderung ihrer Aufgaben verbunden war – erst mit Beginn und im Verlauf des Krieges traten siedlungsbezogene Aktivitäten, die sich im Zusammenhang mit den Aufgaben des »Reichskommissars für die Festigung des Deutschen Volkstums« in den besetzten Ländern ergaben, in den Vordergrund. Auch die Stellenpläne blieben vorerst im Wesentlichen die gleichen. Der Rassereferent West zum Beispiel hatte im April 1936 einen Referenten und drei Mitarbeiter; ein Jahr später verfügte der RuS-Führer West über einen Musterungsreferenten, zwei Sachbearbeiter und einen weiteren Mitarbeiter. Dienststellenleiter war 1936 Albert Stahlmann, 1937 der spätere Chef des RuSHA Otto Hofmann. Die Dienststelle hatte jetzt eine differenzierte Struktur mit 7 Referaten, von denen allerdings 5 nur Verwaltungsangelegenheiten betrafen: Geschäftsführung RuS-Führer West: Dienststelleninhaber Oberf. Hofmann, zugeteilter SS-Führer UStuf. Gerhardt Ref. I Schulung: wahrgenommen vom RuS-Führer, Sachbearbeiter: Rottf. Kempmann Ref. II Musterung: Ostuf. Brüning; Sachbearbeiter: HScha. Kästner Ref. III Personalsachb.: wahrg. v. Brüning Ref. IV Bearbeitung von Sippenangelegenheiten: wahrg. v. Kästner Ref. V Registratur, wahrg. v. Kästner Ref. VI Post Ein- u. Ausgang, wahrg. v. Kästner Ref. VII Verwaltungsangel. wahrg. v. Kempmann

Mitarbeiter waren die beiden Sturmführer Gerhard und Brüning, der Sachbearbeiter Kästner und die Brüder Kempmann. Brüning und die Kempmanns waren schon 1936 in der Dienststelle beschäftigt. Personell setzten sich die Dienststellen in der Regel aus dem RuS-Führer, zwei Referenten für Schulung und Musterung und weiteren Mitarbeitern für Verwaltungsangelegenheiten zusammen. In diesem Fall übernahm Hofmann selber, unterstützt von Kästner, die Aufgaben des Schulungsreferenten. Der Stellenplan listet folgende Schulungsaufgaben auf: a) Schulung in der allgemeinen SS, b) in Gliederungen der Partei, c) Kontrolle der Schulung in den Einheiten, d) Abhalten von Schulungslagern, e) allgemeine Veranstaltungen in der SS, f) Feiergestaltung, g) Auswertung der Schulungsmittel.97 Untersturmführer Gerhard war Hofmann »zugeteilt«, das heißt er gehörte zu jenen hauptamtlichen SS-Führern, die im Rahmen einer längeren praktischen Ausbildung im RuSHA jeweils für einige Wochen oder Monate in verschiedenen Abteilungen und

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Dienststellen mitarbeiteten und auf diese Weise eine Art Lehre absolvierten.98 Erstmals waren dem RuSHA im April 1936 zu einem etwa einjährigen Führerlehrgang 46 Untersturmführer der Junkerschulen zugeteilt worden, von denen nach einem Einführungslehrgang in der RuS-Schule die Hälfte die Ausbildung zunächst beim RuSHA in Berlin, die anderen bei den Rassereferenten in den Oberabschnitten antreten sollten. Für jeden Teilnehmer wurde ein »Laufbogen« angelegt, in dem alle Tätigkeiten für jede Dienststelle genau festgehalten wurden; nach jedem Ausbildungsabschnitt wurde eine Beurteilung ausgestellt und abschließend über eine geeignete Verwendung entschieden.99 Die abschließende Beurteilung erfolgte durch den Hauptabteilungsleiter des Schulungsamtes Otto Bayer, der als »Ausbildungsführer« auch für die Betreuung der Teilnehmer zuständig war.100 Den Lehrgangsteilnehmern wurde das Studium mehrerer Werke zur Aufgabe gemacht, darunter die einschlägigen Schriften von Darré, Günther, Burgdörfer und Siemens, über die schriftliche Arbeiten anzufertigen waren, eine weitere schriftliche Arbeit sollte den Nachweis erbringen, »dass Sinn und Zweck der Abteilungen des RuSHA erfaßt wurden«, außerdem war ein kurzer Vortrag aus dem Stegreif und ein größerer nach Vorbereitung zu halten. Zur Ausbildung gehörte im Juni 1936 ein Vortrag durch Prof. Unverzagt und eine Führung durch das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin, an die sich eine Besichtigungsfahrt zu frühgeschichtlichen Anlagen der Ostmark anschloss.101 Um die Verbindung zum Bauerntum zu festigen, wurden die Lehrgangsteilnehmer außerdem zu Lehrgängen von einem Monat Dauer an die Reichsschule des Reichsnährstandes für Leibesübungen auf der Burg Neuhaus abgeordnet.102 Zur Ausbildung gehörte stets auch die Übernahme selbständiger Schulungstätigkeiten. So legte der Rassereferent Südwest zum Beispiel für die beiden ihm zugeteilten Sturmführer Gabriel und Willer folgenden Ausbildungsplan für die Zeit vom 1.10.1936 bis 31.3.1937 vor: 1.-23.10.36 Praktische Schulungsarbeit in vom RR-Südwest durchgeführten Schulungslagern in St. Georgen und Iggelbach. (Beide Führer werden als Referenten verwendet). 25.10. bzw. 1.11.-31.11.36 Teilnahme beider Führer an Lehrgängen von Bauernschulen 1.1.-31.3.37 Einsatz beider Führer als Schulungsleiter im Gebiet der SS-Abschnitte XIX und XXIX.103

Dieses Konzept des »Führerlehrgangs« stand offensichtlich im Zusammenhang mit laufbahnpolitischen Idealvorstellungen, die Himmler in einer Rede vom 22.5.1936 skizzierte. Himmler dachte sich die Junkerschulausbildung als Eingangsstufe eines höheren Bildungsprozesses, der bereits militärische Praxis-Erfahrungen voraussetzte, mit einer vereinheitlichenden Grundausbildung begann und an dessen Ende ein vielseitig einsetzbarer SS-Führer stand, der weltanschauliche Kenntnisse, militärische Fähigkeiten und Expertenwissen miteinander verband. Nach der Beförderung zum Untersturmführer, mit der die Junkerschulausbildung abschloss, sollte der Bildungsgang so weiterlaufen: »Er kommt rund 10 Monate zur Verfügungstruppe als Zugführer, kommt dann 10 Monate ins Rasse- und Schulungsamt, um weltanschaulich seine erste große Schulung zu machen. Weiter kommt er 10 Monate in den Sicherheitsdienst, um den Gegner kennenzulernen, 10 Monate in die allgemeine SS, damit er lernt zu führen, damit er nämlich weiß, hier kannst du nicht einfach befehlen wie du willst.… Es bleiben nun jedes Jahr zwei Monate übrig. Diese Monate dienen der reinen Schulung, also der Ausbildung auf Reitschulen, er kommt

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur auf eine Fahrschule, Geländefahrschule, und, weil jeder SS-Führer einmal Reserveoffizier der Polizei zugleich sein soll, zur Polizei. Weiter kommt er auf eine Dolmetscherschule, da jeder SS-Führer schon im ersten Jahr sich mit einer Sprache befassen muß… Mit 26 Jahren wissen wir dann wie unsere Entscheidung zu fallen hat, ob er im Sicherheitsdienst oder woanders verwendet wird. Wir können sehen, auf welchen Platz wir ihn zu stellen haben, für welches Gebiet wir ihn zunächst spezialisieren sollen und wie er seine weitere Ausbildung vorzunehmen hat.«104

Dieser idealtypische Bildungsgang war freilich viel zu langatmig projektiert, um unter den gegebenen Umständen realistisch zu sein.105 1938 scheint der einjährige Führerlehrgang im RuSHA wieder aufgegeben worden zu sein. Im Frühjahr 1937 wurde noch ein zweiter Lehrgang angekündigt, der einen ersten Ausbildungsabschnitt im RuSHA, die Teilnahme an Schulungsgrabungen und vom 1.8. bis 30.11. Dienst bei einem RuSFührer vorsah – für diesen Zeitraum dürfte auch Gerhard dem RuS-Führer West zugeteilt worden sein. Der letzte Abschnitt beinhaltete 5 Monate »Erarbeitung der wissenschaftlichen Fundamente des Nationalsozialismus«.106 Ein Teil der Lehrgangsteilnehmer wurde anschließend als Schulungs- und Musterungsreferenten bei den RuS-Führern eingesetzt. Die Position der Schulungsreferenten wurde durch eine Anordnung des SS-Hauptamtes 1938 noch einmal gefestigt, die jedem RuS-Führer einen hauptamtlichen Referenten ausschließlich für Schulungszwecke und jedem Schulungsreferenten eine eigene Hilfskraft zusicherte.107 Im Kontext der Führerbildung muss auch die Einrichtung der Mannschaftshäuser gesehen werden. Die »Mannschaftshäuser« wurden 1935 an den Universitäten als eine Art »Studienstiftung der SS« (Heinemann) gegründet, die sich hier eine eigene akademische Elite heranziehen wollte. Die Häuser erhielten eine finanzielle Unterstützung durch das RuSHA und wurden mit Handbibliotheken ausgestattet, die die grundlegenden Werke der nationalsozialistischen Weltanschauung enthielten. Die Studenten mussten einen Unkostenbeitrag zahlen, der aber Minderbemittelten bei besonderer Begabung erlassen wurde.108 Die Mannschaftshäuser waren als studentische »Fortbildungsgemeinschaften« konzipiert. Das Schulungsamt entwarf 1935 ein Schulungsprogramm, das eine feste Reihenfolge von Themen vorsah, die von den Studenten zu bearbeiten waren: »a) Die Grundlage unserer Weltanschauung: Die Rasse b) Die Bindung des Bluts an den Boden c) Die Lebenshaltung des deutschen Sozialismus: Ehre, Freiheit, Persönlichkeit d) Die weltanschauliche Ausrichtung der einzelnen Wissenschaften e) Die Feinde unserer Weltanschauung: Judentum, Politische Kirche, Freimaurertum, Liberalismus und Kapitalismus und Bolschewismus.«109

Die »Jungmannschaft« sollte regelmäßig politische Wochenreferate, die »Altmannschaft« (Studenten, die bereits länger als ein Semester dem Haus angehörten) die Themen für die Schulungslager ausarbeiten; darüber hinaus wurden den »Gesamtmannschaften« der einzelnen Häuser jeweils bestimmte Aufgaben gestellt – so sollten beispielsweise in Hamburg die Judenfrage, in Köln das Thema »politische Kirche«, in Berlin außenpolitische Fragen, in Tübingen das Thema »die Grundlagen der Erziehung des deutschen Offizierskorps« bearbeitet werden. Dieses vergleichsweise ambitionierte Programm war mit strengen Leistungskontrollen durch das RuSHA verbun-

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den. Verstanden sich die Mannschaftshäuser schon als Einrichtungen der SS-Elitenbildung, so wurde das elitäre Bewußtsein noch einmal dadurch gefördert, dass eine Auslese von Studenten zu Lehrgängen an der »RuS-Schule« in Berlin entsandt wurde. Nachdem bereits im Februar 1936 ein Schulungslager in Bad Tölz durchgeführt worden war, auf dem vermutlich eine Auslese vorgenommen wurde, fand vom 28. bis 30.4.1936 der erste Lehrgang in Berlin-Grunewald statt. Darré und Motz hielten Ansprachen, Obersturmbannführer Kaethner vom RuSHA hielt einen Vortrag mit »Demonstrationen« über die Auslese in der SS, Ellersiek sprach über »Lebenshaltung und Lebensform in den Mannschaftshäusern«. Der Lehrgang war mit einem Besuch der Napola Spandau verbunden, Ellersiek erläuterte dazu die Auswahl- und Erziehungsgrundsätze der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten.110 Der Münchner Mannschaftshausführer und »Beauftragte des RuSHA für die Mannschafts-Erziehung und die Betreuung der Mannschaftshäuser im Stab des Reichsstudentenführers« Hans Rühle von Lilienstern organisierte 1937 eine wirtschaftspolitische Tagung der Mannschaftshausangehörigen. Im März 1938 folgte ein 10tägiger Schulungslehrgang des RuSHA für etwa 120 Studenten in der Tölzer Führerschule, die auch in den folgenden Jahren als Tagungsort für wissenschaftlich ausgerichtete Lehrgänge der Mannschaftshäuser diente.111 Das Konzept der Mannschaftshäuser erwies sich offenbar als sehr erfolgreich, denn nach anfangs sieben Häusern Ende 1935 waren 1937 an zehn, im Juni 1939 bereits an 21 Universitäten solche Einrichtungen in Betrieb, zwei weitere befanden sich im Aufbau.112 Die Aufsicht über die Mannschaftshäuser führten die Rassereferenten bzw. RuS-Führer des jeweiligen SS-Oberabschnitts, sie waren auch für die rassische Auslese zuständig. Die zentrale Leitung lag zunächst bei der Abteilung Mannschaftshäuser im Schulungsamt des RuSHA; hier war 1937 der Hauptsturmführer Dr. Segler zuständig, dann Konrad Ellersiek, der dieses Amt auch behielt, als die Dienststelle 1939 zum Persönlichen Stab Himmlers wechselte; zuvor war sie vorübergehend dem Rassenamt unterstellt worden.113

I.2. KRISE UND REORGANISATION: DIE JAHRE 1937/38 1937/38 geriet das RuSHA in eine Krise, die ihre Ursache zum einen in wachsenden finanziellen Problemen, zum anderen in Meinungsverschiedenheiten zwischen Darré und Himmler über die künftigen Aufgaben des Amtes hatte, und die 1938 mit dem Amtsverzicht Darrés und der Verlagerung des Schulungsamtes in das SS-Hauptamt beendet wurde. Während der Aufbau des Schulungswesens zügig voranging, meldete SS-Verwaltungschef Pohl im August 1936 erstmals finanzielle Bedenken an: Die Geldversorgung des RuSHA mache ihm seit Monaten schwere Sorgen; aufgrund des »ungeheuren Anwachsens der Aufgaben«, mit dem die Bereitstellung von Mitteln nicht Schritt halten konnte, stehe das RuSHA von den drei Hauptämtern finanziell am schlechtesten da. Pohl gab auch gleich einen Ratschlag zur Behebung des Problems: Darré möge es doch so wie Heydrich machen, der »die maßgebenden Herren« des Innenministeriums zu einer Besichtigung seines Amtes eingeladen und bei dieser Ge-

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legenheit einen Vortrag über die ungewöhnliche staatspolitische Aufgabe seines Hauptamtes gehalten habe; daraufhin seien ihm 12 Millionen Reichsmark bewilligt worden: »Wie glücklich würden wir alle sein, wenn uns das auch für das RuSHA gelänge!« Ein großer Teil der verfügbaren Mittel hatte allein zur Anschaffung der Lichtbildgeräte für die angeordneten Lichtbildervorträge verwendet werden müssen.114 Das »ungeheure Anwachsen der Aufgaben« ergab sich aus dem Mitgliederzuwachs der SS, der in Verbindung mit dem Verlobungs- und Heiratsbefehl einen immer größer werdenden bürokratischen Aufwand nach sich zog, mit dem das Sippenamt, das die Heiratsanträge prüfte und die Genehmigungen erteilte, schon bald überfordert war. Aber auch die Schulungsleiter waren betroffen, weil sie neben der Schulung auch die Aufgabe hatten, die SS-Männer bei der Antragstellung zu beraten und ihnen bei der Beschaffung der erforderlichen Unterlagen und Urkunden zu helfen. Der Zeitaufwand war zum Teil erheblich und beeinträchtigte zunehmend auch die Schulungsarbeit. Vielfach waren Schulungsleiter deswegen gezwungen, eigens Sprechstunden für solche Beratungsaufgaben einzuführen. In den Schulungsberichten der Jahre 1935-37 häuften sich die diesbezüglichen Klagen. Gleichzeitig machte sich der Mangel an finanziellen Mitteln im Sippenamt bemerkbar, dem es an Personal fehlte, um die wachsende Flut der Anträge zügig zu bearbeiten, und das mit der Bearbeitung der Heiratsanträge daher immer mehr in Rückstand geriet. Nachdem selbst Hitler davon erfahren und Himmler darauf angesprochen hatte, »ob nicht diese Einrichtung des RuSHA ein Hinderungsgrund fürs Heiraten wäre«, erkundigte sich Himmler im Mai 1937 beim Sippenamt. Zu seinem »Schrecken und Erstaunen«, schrieb er Darré, habe er erfahren müssen, dass dort über 20 000 Gesuche unerledigt lägen. Zur Behebung der »Mißstände im Sippenamt« schlug der Stabschef des RuSHA George Ebrecht daraufhin Darré vor, den Chef des Sippenamtes sofort abzuberufen und eine Kommission einzusetzen, um ein Konzept zur zweckvolleren Organisation des Amtes zu erstellen. Das von Arthur Gütt geleitete und finanziell gut ausgestattete Amt für Erbgesundheit und Bevölkerungspolitik im Stab RFSS wollte Ebrecht auflösen und ins Sippenamt integrieren, Gütt sollte Leiter des Amtes werden.115 Gütt und Darré stimmten zu, und bei einer Besprechung im Juli 1937 beschloss man die Einrichtung von so genannten »Pflegestellen« bei den Standarten, um das Sippenamt zu entlasten. Die Anträge wurden danach in den Standarten bearbeitet und geprüft, das Sippenamt brauchte nur noch die Entscheidungen zu treffen und hatte sich ansonsten nur noch mit den schwierigeren Fällen zu beschäftigen. Jede Standarte sollte einen hauptamtlichen Pflegereferent mit einer Schreibkraft erhalten. Der Haushaltsvoranschlag für 1938 sah daher zusätzlich zu den Dienststellen der RuS-Führer jeweils 84 Stellen für »Sippenpflegereferenten« und deren Mitarbeiter vor. Für die Schulungsleiter bedeutete dies eine beträchtliche Erleichterung ihrer Arbeit. Die von Pohl erhoffte finanzielle Entlastung brachte es aber nicht, im Gegenteil, es waren zusätzliche finanzielle Forderungen hinzugekommen. Gleichzeitig kamen weitere neue Aufgaben auf das RuSHA zu: Nachdem Himmler im Juni 1936 von Hitler zum Chef der deutschen Polizei ernannt worden war, beauftragte er wenig später das RuSHA damit, die weltanschauliche Schulung auch der Polizei zu organisieren. Im März 1937 erklärte Darré die Vorbereitung der Polizei-Schulung zur vordringlichen Aufgabe des Schulungsamtes, nachdem bereits im Februar sein Adjudant von LettowVorbeck beauftragt worden war, nach Vorschlag der RuS-Führer 12 bis 15 hauptamt-

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liche Schulungsleiter für die einzelnen Inspektionsbereiche der Ordnungspolizei zu benennen, die als Führer des RuSHA die Verantwortung für die gesamte weltanschauliche Schulung der Polizei in ihrem Inspektionsbereich tragen sollten.116 Als zweiten Aufgabenschwerpunkt nannte Darré eine Überarbeitung des Schulungsmaterials, das vor allem für die Einheitsführer vielfach zu anspruchsvoll war und einfacher und schlichter gestaltet werden sollte. Im Schulungsamt wurde dies vom neuen Amtsleiter Caesar so ausgelegt, dass man mehr professionelles Personal benötigte und insbesondere die Abteilung Schulungsmittel mit »besonders wertvollen Kräften« ausgestattet werden müsste.117 Während Pohl auf eine Reorganisation des RuSHA drängte, um Mittel einzusparen, ließ Darré neue Organisations- und Stellenpläne erarbeiten, die am Ende eine erhebliche Stellenvermehrung zum Ergebnis hatten. Inzwischen war es zu einem Wechsel in der Amtsleitung gekommen, die Anlaß zu einer größeren Reorganisation des Schulungsamtes gab. Karl Motz hatte im Februar 1937 um seine Entlassung gebeten.118 Kommissarisch führte der Chef des Rassenamtes Hermann Reischle das Amt weiter, ihm wurde aber noch im gleichen Monat der RuSFührer Nordwest Joachim Caesar zur Unterstützung beigeordnet; am 1.4. wurde Cäsar mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Amtschefs beauftragt und am 1.7.1937 schließlich zum Amtsleiter ernannt. Cäsar, ein ausgewiesener Landwirtschaftsexperte und promovierter Agrarwissenschaftler, gehörte seit 1931 der NSDAP an und hatte bereits eine gradlinige Karriere beim RuSHA hinter sich: Rassefachberater beim SSOberabschnitt Nord und Hauptschulungsleiter beim Abschnitt XV (1934), Hauptsturmführer und Rassereferent Nordwest (1936). 1939 wurde er zusätzlich zu seiner Stellung als Leiter des Schulungsamtes zum Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung im Hauptamt der Ordnungspolizei ernannt. 1942 schied er aus diesen Ämtern aus, wechselte zum Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt und übernahm die Leitung der landwirtschaftlichen Betriebe bei Auschwitz; dort errichtete er auf Weisung Himmlers eine Pflanzenzuchtstation, bei der es u. a. um die Gewinnung von Pflanzenkautschuk für die Rüstungsindustrie ging.119 Caesar brachte 1937 aus seiner Dienststelle als Rassereferent Nordwest den Mitarbeiter Adolf Kleffel mit, den er jetzt zu seinem Adjudanten im Schulungsamt machte. Kleffel war gelernter MaschinenbauIngenieur, hatte aber nach dem Examen 1932 zunächst keine Stellung finden können; nachdem er 1924 bis 1926 bereits beim Jungstahlhelm gewesen war, trat er Ende 1933 der SS bei und arbeitete eine Weile als Fernsprechstationsführer beim SS-Nachrichtenzug in Hamburg, bevor er 1936 als Mitarbeiter und Schulungsleiter beim Rassereferenten Nordwest eingestellt wurde. Im Mai 1937 wurde er Cäsars Adjudant, 1938 übernahm er die Leitung der Abteilung »Leitheft« und fungierte für einige Zeit als Herausgeber der Leithefte, 1940 wechselte er als Leiter zur Hauptabteilung »Truppenbetreuung«; im gleichen Jahr übernahm er darüber hinaus für zwei Jahre das Amt eines »Inspekteurs für die politisch-weltanschauliche Erziehungsarbeit in den Konzentrationslagern«, danach war er als Schulungsleiter bei der Waffen-SS tätig.120 Caesar legte bereits im März 1937 einen »Erfahrungsbericht und Gliederungsplan« für das Schulungsamt vor.121 Der Bericht liest sich wie eine Generalabrechnung mit der bisherigen Amtsleitung. Neben der erwähnten Kritik an der Gestaltung der Leithefte konstatierte Caesar, dass die Arbeit des Schulungsamtes »vollkommen ohne Auswirkung … auf die Erziehung von Führern und Männern während des übrigen Dienstes und insbesondere bei der Gestaltung von Lehrgängen« geblieben sei; »erstes

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Erfordernis« müsse deshalb sein, »planmäßig an eine lagermäßige Erziehung und Durchforstung zunächst des Führerbestandes heranzugehen.« Dafür fehle bisher jede einheitliche Ausrichtung. Mit anderen Worten, Caesar betrachtete das Konzept der Sturmschulung durch die Einheitsführer als mehr oder weniger gescheitert, weil es noch nicht gelungen war, die Voraussetzungen dafür durch eine entsprechende Ausbildung der Einheitsführer zu schaffen. Mit »Durchforstung« war eine Überprüfung der Führer auf ihre Fähigkeit, überhaupt Schulungsaufgaben übernehmen zu können, gemeint. Eine solche Überprüfung wurde auch 1938 durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass ein Drittel aller Führer von Standarten und Sturmbannen als ungeeignet angesehen wurde und Himmler ihre Auswechslung für das Jahr 1939 befahl.122 Gründe für das Scheitern der bisherigen Schulungsarbeit sah Caesar generell in »vollkommen unzureichenden Mitteln«, aber auch in einer falschen Organisationsstruktur des Schulungsamtes – insbesondere kritisierte er die Trennung von konzeptioneller Planung und praktischer Durchführung durch die Errichtung der beiden Hauptabteilungen »Innere Arbeit« (mit der Unterabteilung »Planung – Materialverarbeitung – Materialbeschaffung) und »Praktische Aufklärungsarbeit« (zuständig für die Schulungsschriften); beides müsse in eine Hand gelegt werden, damit sichergestellt sei, dass erarbeitete Konzeptionen auch tatsächlich umgesetzt würden. Die Gliederungsstruktur des Schulungsamtes, die Motz eingeführt hatte, war in der Tat ungeeignet, um die wachsende Aufgabendifferenzierung des Schulungsamtes in den Griff zu bekommen. Unter Caesar entstand ein gänzlich anderes Strukturmodell, das diese Differenzierung besser abbildete und vor allem die unterschiedlichen Aufgaben- und Einsatzfelder berücksichtigte:123 Amtschef: Caesar, Adjudant Kleffel Abt. Innere Verwaltung (Grillmayer) Ref. Schriftgut (Dücker) Ref. Schule Grunewald (Klinger und Pfeiffer) Abt. Mitarbeiterbeurteilung und -einsatz (Lienau) Ref. Kartei SS (Dücker) Ref. Kartei Polizei (König) Hauptabt. I Schulung (Wellershaus, ab 1.6.1937 Bayer) Abt. A Führerschulung (Wellershaus, dann Bayer) Ref. Allgemeine SS: Organisation und praktische Schulung (Dezember 1937 mit Werdenbach besetzt) Ref. VT, TV, Führerschulen: Organisation und praktische Schulung Abt. B Mannschaftsschulung (Rieke) Ref. Organisation (Ehlers) Abt. C Mannschaftshäuser (Segler) Abt. D Polizeischulung Ref. Ausbildung Hundertschaft (Mai 1937 Heyse) Ref. Schutzpolizei-Hundertschaft Ref. Einzeldienst Ref. Polizeischulen Hauptabt. II Schulungsmittel (Runge) Abt. A Schriftleitung, Leithefte, Lichtbilder-Vortrag, Presse (Weibgen, ab 1.5.1937 Runge) Ref. Schulungsmaterial (Beiersdorf) Ref. Lichtbildervorträge Ref. akt. Dienst, Presse (Engelke; Maydell)

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Abt. B Bildtechnik, Ausstellungswesen (Pietzner) Ref. Film und Bild (Junghanss) Ref. Ausstellungswesen (Schnorrbusch) Ref. Technische Vorbereitung (Seissl) Ref. Bildarchiv (Trapp) Abt. C Polizeischulungsmaterial (Schütt) Ref. Polizeihefte (Schütt) Ref. Polizeipresse Ref. Rednermaterial (Heyse) Hauptabt. III Kulturelle Gestaltung (Eggers) Abt. A Feiergestaltung (Eggers) Ref. Stoffsammlung (Luserke) Ref. Durchführung von Feiern in der SS (Schmidt, dann Rudolph) Abt. B Arbeitsgemeinschaft Dichter und Künstler (Eggers) Ref. Auswertung Ref. Musikerkreis (Luserke) Ref. Dichterkreis (Barthel) Ref. Maler, Plastiker (Waldtschmidt) Ref. Architekten, Raumgestalter (Reg.rat Schwarz)

Der Plan wurde im Laufe des Jahres 1937 noch einmal leicht modifiziert und vereinfacht. Unter anderem wurden die Referate »Schriftgut« und »Kartei« in die Hauptabteilung Schulung integriert, während das Referat »Schule Grunewald« Caesar direkt unterstellt wurde. Die Gliederung brachte jetzt vor allem die doppelte Aufgabenstellung von SS- und Polizeischulung zum Ausdruck. Der folgende Plan von Ende 1937 dürfte in dieser Grundstruktur im Wesentlichen für die nächsten Jahre Bestand gehabt haben, bis die Polizeischulung 1940 aus dem SS-Schulungsamt ausschied:124 Amtschef: OStubaf. Caesar, Stellvertreter: OStubaf. Otto Bayer Hauptabt. Schulungsamt: Leiter Otto Bayer Abt. SS-Schulung: Bayer; Ref. HStuf. Werdenbach Abt. Polizei-Schulung: OStuf. Schütt Hauptabt. Schulungsmittel: HStuf. Runge Abt. Schriftleitung: Runge Abt. Ausstellungswesen: UStuf. Pietzner Abt. Polizei-Schulungsmaterial: OStuf. Schütt Hauptabt. Kulturelle Gestaltung: Leiter UStuf. Eggers, dann OScha. Dr. Leistikow Abt. Feiergestaltung: UStuf. Eggers Abt. Kulturschaffende (–) Abt. Außendienstl. Polizeischulung: UStuf. Hartmann

Zu den wichtigsten personellen Maßnahmen Caesars gehörte, dass mit Otto Bayer ein Volksschullehrer zum wichtigsten Mann des Amtes aufrückte. Bayers Berufung signalisierte den Beginn einer Professionalisierung des Amtes und eine erste Abkehr von der Dominanz der Blut-und-Boden-Experten. Bevor wir die Mitarbeiter des Schulungsamtes im Einzelnen vorstellen, wollen wir uns aber zunächst der weiteren Entwicklung zuwenden. Im Mai 1937 schien es, als sei mit der Reorganisation des Schulungsamtes eine Phase des Suchens und Experimentierens zu Ende gegangen. Die Gründungs- und Aufbauzeit des RuSHA, erklärte Darré zuversichtlich, sei abgeschlossen; es sollte jetzt auch keine ehrenamtlichen Mitarbeiter im Schulungsamt mehr

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geben, sondern nur noch Referenten und Sachbearbeiter, die sich hundertprozentig ihrer Arbeit widmeten und als »zugeteilte Führer« dem Amt angehörten. Die Stellenvermehrung schien ihm kein besonderes Problem zu sein, zumal ein großer Teil den Aufgaben der Polizeischulung geschuldet war und er davon ausging, dass die damit verbundenen Mehrbelastungen von der Polizei übernommen würden. Darré betrachtete die Polizeischulung ohnehin nie als eine Domäne der SS, weil er mit der Verschmelzung von SS und Polizei den von ihm verwalteten Ordensgedanken gefährdet sah. Die finanziellen Probleme wurden im RuSHA unterschätzt. Tatsächlich finanzierte die Polizei zwar die Stellen der Polizeischulungsleiter bei den Inspekteuren, für das Schulungsamt ergaben sich jedoch umfangreiche Folgekosten aus der Übernahme der weltanschaulichen Schulung der Polizei durch die SS – so mussten unter anderem zusätzliche Schulungskurse für die Polizeischulungskräfte organisiert werden, die vorerst aus der SS kommen sollten; die ohnehin vielfach überlasteten Sturmbann-Schulungsleiter mussten in großem Umfang Vorträge für die Polizei übernehmen, mit denen zusätzliche Kosten für Reisen und andere Sachmittel verbunden waren und ohnehin knappe Mittel gebunden wurden. Ende August legte Ebrecht einen Haushaltsvoranschlag für das Jahr 1938 vor, der monatliche Ausgaben von 290 000 RM vorsah, darunter die Personalkosten für 38 inzwischen hauptamtlich eingestellte Mitarbeiter des Schulungsamtes, 13 RuS-Führer sowie 27 Referenten und 39 Hilfskräfte der RuS-Führer, sachliche Mittel für Schulungskurse, hinzu kamen die Personalmittel für die neuen 84 Sippenpflegereferenten und ihre Mitarbeiter; außerdem existierten zu diesem Zeitpunkt 10 Mannschaftshäuser der SS bei den Universitäten, die zu unterhalten waren. Pohl war schockiert: nachdem er mehrfach auf eine Reorganisation des RuSHA gedrängt hatte, um durch Vereinfachung des Aufbaus eine Senkung des Geldbedarfs zu erreichen, hatten sich die Etatforderungen inzwischen verdoppelt. Mehr als 175 000 RM seien nicht möglich. Was die Mehrkosten der Polizeischulung beträfe, müsse man Verhandlungen mit der Polizei aufnehmen, für die Finanzierung der Sippenpflegestellen lehnte er aber jede Verantwortung ab.125 Ebrecht lieferte daraufhin eine umfangreiche Begründung nach, in der er vor allem die zusätzlichen Belastungen durch die Polizeischulung hervorhob. Der bisherige Aufgabenbereich des RuSHA habe sich dadurch mehr als verdoppelt. Dabei müsse berücksichtigt werden, »dass die rd. 200 000 Mann der deutschen Polizei ja großen Teiles nicht wie unsere SS-Männer freiwillig und aus innerer Überzeugung zu uns gekommen sind, sondern erst zu Nationalsozialisten überhaupt erzogen werden müssen.« Ihre Eingliederung in die SS könne zu einer Gefahr für die SS werden, »wenn nicht auch die weltanschauliche Eingliederung der Polizei mit allem Nachdruck betrieben« werde. Deshalb laste eine ungeheure Verantwortung auf dem RuSHA. Ebrecht drehte den Spiess um: In den vergangenen Jahren sei im RuSHA zu wenig Nachdruck auf die Schaffung eines zuverlässig ausgebildeten Schulungsleiterbestandes gelegt worden, der aktuelle Schulungsapparat sei daher viel zu klein, das RuSHA überlastet. In Zukunft müssten weit mehr als bisher Schulungskurse durchgeführt werden, doch fehle es dafür an Mitteln. Da die RuS-Führer ohnehin schon überlastet seien, müsse man ihnen durch Zuteilung hauptamtlicher Referenten einen Ausgleich schaffen. Gleichzeitig wandte sich Ebrecht mit der Forderung an Himmler, die Polizei finanziell an der Durchführung von Lehrgängen zu beteiligen.126

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Während sich die finanzielle Situation des RuSHA mit der Eingliederung des Amtes für Bevölkerungspolitik und Erbpflege ins Sippenamt zum 1.11.1937 etwas entspannte, so dass die Pflegestellenreferenten ihre Arbeit Anfang 1938 beginnen konnten, braute sich neues Unheil, diesmal an einer ganz anderen Front, über dem RuSHA zusammen. Am 4. November erreichten das Amt Anmerkungen Himmlers zur Gestaltung der Schulungspraxis und des Schulungsmaterials, insbesondere der Leithefte, die für Aufregung sorgten und auch die bisherige »didaktische« Arbeit in kritischem Licht erscheinen ließen. Im Verlauf des Jahres 1937 hatten die Leithefte eine relativ feste Form gefunden: der erste Teil der Hefte war der weltanschaulichen Schulung gewidmet und enthielt jeweils einen »obligatorischen« und einen »fakultativen« Abschnitt. Der obligatorische Abschnitt, der im Laufe des Monats in der Schulung gemeinsam zu behandeln war, enthielt jeweils Auszüge aus »Mein Kampf« (mit kommentierenden Erläuterungen), Aufsätze zum laufenden Schwerpunktthema, »Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes« und einen Beitrag »Unterricht über den Gegner«. Dieser obligatorische Teil wurde ergänzt durch kleine Abhandlungen und Erzählungen zu verschiedenen Themen. Teil II enthielt Hintergrundmaterialien und -berichte, die für die Schulungsleiter bestimmt waren; dazu gehörten politische, weltanschauliche, historische und naturwissenschaftliche Abhandlungen, Buchbesprechungen und Konzepte für die Gestaltung von Morgenfeiern. Himmler war vor allem mit der »wissensorientierten« und regelhaften Systematik des weltanschaulichen Schulungsteils unzufrieden, aber auch mit der einseitigen Konzentration auf die Blut- und Boden-Thematik. Man müsse, ließ er die Schulungsamtsexperten wissen, unbedingt den Fehler des herkömmlichen Gymnasialunterrichts vermeiden, »nämlich schulmeisterlich immer aus demselben Stoff und aus derselben Kiste etwas vorgetragen zu bekommen«. Der Stoff sei nicht für trockene Akademiker, sondern für »soldatische Männer« bestimmt; er müsse deshalb »aus allen Teilen des Lebens gemischt sein, sei es, dass es sich um eine interessante Art erzählender Geographie handelt, oder um Geschichte, oder um Rassenkunde, um Rassenhygiene, um Kenntnis des Gegners, der Freimaurerei, des Katholizismus usw.«127 Nach dem bisherigen Konzept, das deutlich die Handschrift Darrés trug, war die Schulungsarbeit auf die Grundideen von »Blut und Boden« und rassischer Auslese zentriert, die vor allem den Ordenscharakter der SS begründeten, ergänzt um das Bestreben einer historischen Legitimation »aus den Gesetzen von Raum und Rasse«. Offensichtlich spürte Darré die Gefahr, dass die Grundprinzipien, für die er stand, verwässert werden könnten, denn im Dezember 1937 bestellte er den Referenten für Fragen der Weltanschauung aus seinem Stab als Reichsbauernführer Ernst zur Lippe zum Wächter über die Reinhaltung der Lehre im RuSHA: »Es hat sich als notwendig erwiesen, dass die Schulungschefs der mir unterstehenden Ämter in ihrer Arbeit innerhalb meines Stabes eine besondere Betreuung erfahren … Ich habe diese Einrichtung lediglich für den Inhalt der zu schulenden weltanschaulichen Fragen getroffen, nicht für die dienstliche Zuständigkeit der Schulung an sich.«128 Gleichzeitig ließ Darré dem Schulungsamt ein Zitat aus Gustav Pauls Buch »Rassen- und Raumgeschichte des deutschen Volkes« übermitteln, das als Grundlage aller Schulungsgedanken aufzufassen sei: »Zwei Pfeiler tragen das Gebäude des dritten Reiches: Den einen bildet der preussisch-deutsche Staatsgedanke, den anderen die Idee von Blut und Boden.«129 Unterdes hatte man im Schulungsamt gerade einen 6wöchigen Lehrgang für Schulungsleiter durchgeführt, der in den Zyklus der Grundschulung einführte und auf die

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Beratung der Kompanieführer vorbereitete. Wollte man den Wünschen Himmlers Rechnung tragen, hätte man mit allen Planungen und Vorbereitungen neu beginnen müssen. Auf Veranlassung Himmlers suchte Caesar zunächst Rat in Gesprächen mit SS-Hauptamtschef Heißmeyer, in denen er das bisher verfolgte Schulungskonzept seines Amtes für die Verfügungstruppen erläuterte und verteidigte: Es sei ein auf die Dienstzeit der Truppen berechneter 4jähriger Zyklus weltanschaulicher Schulung geplant gewesen, in dem aber jedes Jahr ein in sich geschlossenes Ganzes darstellen solle. Die Planung für das erste Jahr bildete ein solches geschlossenes Ganzes; dieser Plan sei von dem Gedanken getragen, dass die politische Grundhaltung und die Einstellung zum Gegner aus der Kenntnis der Geschichte, der in ihr wirkenden Gesetze – wie sie etwa in dem Werk von Gustav Paul niedergelegt waren – und der Erfahrungen des politischen Kampfes der Bewegung heraus erwachsen müsse, folge also einer systematischen Linie. Man könne zwar einige »erzählende« Beiträge allgemeinen Charakters wie Himmler sie sich wünschte, einarbeiten, doch könne ein nach dem Befehl des RFSS zusammengestellter Lehrplan von den Kompanieführern vorerst nicht durchgeführt werden. Caesar befürchtete auch, das Schulungsamt könne insgesamt in Misskredit geraten, wenn man einmal gefasste Beschlüsse und Pläne immer wieder umstürzen würde, zumal ein Befehlsentwurf für den Jahresplan bereits an die Inspektion der Verfügungstruppen gegangen war und die Einheitsführer eine Übersicht über die zu behandelnden Themen erhalten hatten. Heißmeyer empfahl daraufhin, den ersten Jahresplan wie vorgesehen laufen zu lassen.130 Im Januar 1938 beschwerte sich Himmler jedoch in einem Gespräch mit Ebrecht erneut darüber, dass Caesar die weltanschauliche Schulung nicht so durchführe wie von ihm gewünscht, seine Anregungen zur Gestaltung des Leitheftes seien nicht befolgt worden. Caesar käme offensichtlich »von einem gewissen Intellektualismus nicht los«. Himmler wünschte deshalb eine Neuordnung des Schulungsamtes, die Ablösung von Caesar – man solle ihm eine Standarte geben, damit er sich in der Praxis bewähre – und die Zusammenlegung von Rassen- und Schulungsamt zu einem Amt mit dem Rassenamt als planender, dem Schulungsamt als ausführender Hauptabteilung; Chef des neuen Amtes solle Ellersiek werden. Darré, der sich gerade im Urlaub befand und bereits mit eigenen Rücktrittsgedanken trug, versetzte Caesar daraufhin in einen Erholungsurlaub, bat aber darum, die Entscheidung über Caesars Versetzung bis zu seiner Rückkehr zu vertagen, von der Ernennung Ellersieks, den er anderweitig benötige, Abstand zu nehmen, vorübergehend Otto Bayer mit der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte zu beauftragen und die Herausgabe des nächsten Leitheftes zu verschieben.131 Himmler gab sein Einverständnis und war nach der Intervention Darrés auch bereit, Caesar weiter im Amt zu belassen, denn am 19. Februar bestellte er ihn zu einem Gespräch, in dem er ihm ausführlich seine Vorstellungen zur weltanschaulichen Schulung erläuterte. Die Beiträge zur deutschen Geschichte wünschte er sich in der Form von einfachen, leicht verständlichen Erzählungen, die der »unserem Volk eigenen Art« entspräche, ähnlich den »Sagas«; zum anderen sollten nicht immer die gleichen Themen behandelt, sondern »alle Lebensgebiete berührt« werden – »alle Naturwissenschaften, Astronomie, Physik, Biologie, Volkskunde, Rassenkunde, Mineralogie, Heerwesen«. Himmler schwebte eine Art trivialisierte Enzyklopädie vor, durchsetzt mit Heldengeschichten aus der deutschen Geschichte.132 Am 7.3.38 folgte eine von Himmler unterzeichnete Anweisung ans Schulungsamt, die noch einmal das Prinzip der »erzählenden Schulung« in den Vordergrund stellte

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und einen formalen Rahmen für die Konzeptualisierung der »Leithefte« absteckte. Danach sollten die Hefte jeweils enthalten: a) 10 Fragen der Politik über Ereignisse des vergangenen Monats mit entsprechenden Antworten b) einen Abschnitt aus »Mein Kampf«, c) eine »wöchentliche Schulung« aus Geschichte, Vorgeschichte oder Naturgeschichte, nach den Vorstellungen, die Himmler Cäsar schon mündlich mitgeteilt hatte, d) eine kurze Erzählung »aus dem Leben« (aus der Praxis des Sippenamtes, aus der Ahnenforschung, der Erblehre usw.).133 Auch wenn das Schlüsselthema »Blut und Boden«, die nationalsozialistische Rassenkunde und die rassisch begründete Geschichtsdarstellung für die Grundschulung bestimmend blieben, so verloren sie doch mit der »enzyklopädischen« Ausrichtung an Bedeutung. Auch der Anspruch einer wie auch immer fragwürdigen wissenschaftlichen Fundierung, der die Arbeit des Schulungsamtes bis dahin geleitet hatte, war in Frage gestellt. Im folgenden, vierten Jahrgang der Leithefte wurde das ursprüngliche didaktische Konzept denn auch aufgegeben. Nur die Zitatensammlung aus »Mein Kampf« behielt man bei, dazu kam eine Zusammenstellung der wichtigsten Ereignisse des vorangegangenen Monats in Fragen und Antworten, ansonsten bestand der für die Schulung vorgesehene Teil aber nur noch aus jenen »erzählenden« Beiträgen und Geschichten, wie Himmler sie sich vorgestellt hatte. Der für die Schulungsleiter bestimmte Teil II »Wissen und Weltanschauung« blieb zwar noch eine Weile bestehen, verschwand aber gleichfalls mit Beginn des Krieges. Die systematischen Beiträge der Jahrgänge 2 und 3 (1936/37) fanden in der Folgezeit weiterhin in der Grundausbildung Verwendung und wurden in Verbindung mit den Lichtbildervorträgen gewissermaßen zur offiziellen Lehre kanonisiert; eine Weiterentwicklung fand aber nicht mehr statt. Darré, der sich als Sachwalter des Ordensgedankens und der Ideen von »Blut und Boden« betrachtete und die Umwandlung der SS von einer rassischen Avantgarde der Partei in ein polizeiliches »Staatsschutzkorps« befürchtete, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Himmler über seine Bereitschaft zum Amtsverzicht informiert.134 Offiziell wurde er mit Wirkung vom 26.4.1938 von Himmler beurlaubt. Eine Neubesetzung stellte Himmler noch zurück; erst am 10.9.1938 wurde Darrés Rücktritt vollzogen und Günther Pancke, der seit dem 1.7. die Amtsgeschäfte kommissarisch führte, zu seinem Nachfolger ernannt.135 Für Pohl, der sich im März 1938 wieder einmal wegen der Finanzprobleme des RuSHA bei Himmler zu Wort gemeldet hatte, bot der Rückzug Darrés eine große Chance. Das Reichsfinanzministerium hatte die Erhöhung eines außerplanmäßigen Zuschusses, mit dem die Einrichtung der Sippenpflegestellen finanziert werden sollten, gerade abgelehnt, so dass nur die Hälfte der eingeplanten Mittel hierfür zur Verfügung standen: »In dieser prekären Lage habe ich mir überlegt, wie man die chronischen Finanzschwierigkeiten im Rasse- und Siedlungshauptamt ein für allemal beseitigen könnte« – nämlich durch eine Auflösung des RuSHA. Der Zeitpunkt sei günstig, weil »angeblich … Darré um seine Enthebung gebeten haben soll.« Das RuSHA habe bisher zwei Hauptaufgaben gehabt: die weltanschauliche Schulung und die Bearbeitung der Heirats- und Verlobungsgesuche; das Schulungsamt, so Pohl, könne ohne größere Probleme dem SS-Hauptamt, das Sippenamt dem Persönlichen Stab RFSS eingegliedert werden. »Damit wäre das RuSHA als solches aufgelöst, ohne dass seine bisherige wesentliche Tätigkeit aufgehoben werden braucht. – Klarer, orga-

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nisatorischer Aufbau, sehr erhebliche Ersparnis.«136 Nach einem Gespräch mit Himmler anlässlich seines Besuchs im RuSHA im Mai 1938 unterbreitete Ebrecht einen vermittelnden Plan. Ebrecht wollte das RuSHA als »Herolds- oder Ruferamt« erhalten, das die »geistige Führung« in der SS ausüben sollte – jede »unmittelbare Einflussnahme auf die Truppenführung« entfiele dann, und das Schulungsamt könne daher dem SS-HA eingegliedert werden. Das RuSHA solle die weltanschaulich-wissenschaftlichen Grundlagen erarbeiten, aber nicht mehr für die praktische Durchführung der Schulung zuständig sein. Auch das Sippenamt und die Pflegestellen wollte er zum SS-Hauptamt verlagern, beim RuSHA würden dann das »Rasse- und Siedlungswesen« der SS verbleiben, neu hinzu käme das »Ordenswesen«, von Ebrecht als ein »Adelsamt« entworfen, das für »Ordensgesetzgebung, Ordensbrauchtum, Sippengemeinschaft und Wappenkunde« zuständig wäre. Das Rassenamt wollte er dadurch aufwerten, dass ihm auch das »Ahnenerbe« und die Forschungsanstalten der SS angegliedert würden, darüber hinaus plante er unter Führung der Abteilung »Rassewesen« eine SS-Akademie, die sämtliche Fakultäten umfassen würde und der auch die SS-Mannschaftshäuser angeschlossen wären.137 Ebrecht konnte sich mit diesen weitgespannten Vorschlägen aber nur zum Teil durchsetzen, das Sippenamt verblieb beim RuSHA, stattdessen wurden die mit wissenschaftlichen und Forschungsaufgaben betrauten Abteilungen des Rassenamtes größtenteils vom Ahnenerbe übernommen und dem Persönlichen Stab RFSS unterstellt.138 Die Domäne des RuSHA wurde nicht die Grundlagenforschung, sondern die »angewandte Rassenwissenschaft«. Als das für die rassische Auslese und Musterung und die Kultivierung der »Sippengemeinschaft« zuständige »Heroldsamt« behielt es aber die Wächterfunktion über den Ordenscharakter der SS. Die Verlegung des Schulungsamt zum SS-Hauptamt war jedoch beschlossene Sache. Damit dürften vor allem die finanziellen Probleme gelöst worden sein, denn die weltanschauliche Schulung rückte jetzt neben das Erfassungs- und Ergänzungswesen der Truppe im SS-Hauptamt, das weitgehend vom Innenministerium finanziert wurde. Mit Wirkung vom 1.7.1938 schied das Schulungsamt nach einem Erlass Himmlers vom 1.8. aus dem RuSHA aus und trat »als sachbearbeitendes Amt für alle Fragen der Weltanschaulichen Schulung der Gesamt-SS zum SS-Hauptamt«.139 Zu diesem Zeitpunkt hatte das Schulungsamt 31 hauptamtliche Mitarbeiter und 430 ehrenamtliche Schulungsleiter; die hauptamtlichen Mitarbeiter, die RuS-Schule Grunewald und die Redaktion der Leithefte wurden zum SS-Hauptamt überstellt. Die Schulungsleiter wurden nach einer Anordnung vom 1.9. in ihre Einheiten versetzt und den Abschnitten, Standarten und Sturmbannen unterstellt. Gleichzeitig sollten hauptamtliche Oberabschnitts-Schulungsleiter bei den Oberabschnitten eingesetzt werden.140 Im Oktober 1938 wurde die Dienststellung der Schulungsleiter durch den Chef des SSHauptamtes August Heißmeyer neu geregelt, ohne dass sich faktisch viel änderte. Das Schulungsamt blieb für die Ernennung und Bestätigung der Schulungsleiter nach Vorschlag durch die Einheitsführer zuständig. Die Schulungsleiter wurden zu Referenten der Einheitsführer erklärt; ihre Aufgaben waren: »a) die Überwachung der Schulung in den dem zuständigen Einheitsführer unterstellten Einheiten, b) die Sorge für den Nachwuchs an Schulungsleitern,

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c) die Durchführung von Schulungssondermaßnahmen des Schulungsamtes im SS-Hauptamt. Als solche gelten grundsätzlich Vorträge anhand von Bildbändern und Filmen, d) die Ausgestaltung der Zusammenkünfte innerhalb der Einheiten und der Sippen, soweit sie kameradschaftlichen Charakter tragen, e) die Unterstützung der Einheitsführer bei allen Aufgaben des Ergänzungsamtes und bei der Erteilung der Heiratsgenehmigung, soweit hierfür noch keine besonderen Führer (Ergänzungsführer, Sippenpfleger) eingesetzt sind.«141

Cäsar, der entgegen Himmlers Wunsch im Amt blieb, resümierte die Entwicklung der Schulung rückblickend so: In einer ersten Phase sei es darum gegangen, den Verlobungsbefehl zu erläutern, daher hätten die Themen Bevölkerungspolitik, Erbgesundheit und Rassenlehre im Mittelpunkt gestanden; in einer zweiten Phase sei die Schulung auf die Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung, in der dritten schließlich auf geschichtliche Themen ausgedehnt worden, »um aus ihnen die Einstellung des Nationalsozialismus zu allen Dingen des politischen Lebens zu entnehmen«. Diese Entwicklung habe das Schulungsamt »praktisch über das RuSHA hinausgeführt«: »Allmählich brach sich die Erkenntnis Bahn, dass das Schulungsamt organisatorisch dorthin gehört, wo die Erziehung der SS-Männer auch auf anderen Gebieten gesteuert wird: in das SS-Hauptamt.«142 Mit der Verlegung ins SS-Hauptamt war insbesondere auch die Gefahr eines Auseinanderbrechens der weltanschaulichen Schulung von Allgemeiner SS, Verfügungstruppen und Totenkopfverbänden gebannt, weil deren Inspektionen und Befehlsstellen ebenfalls dem SS-Hauptamt unterstanden. Auf diese Gefahr hatte Caesar im Gespräch mit Himmler im Februar 1938 hingewiesen: »Die VT [Verfügungstruppe] war uns aus den Händen geglitten und arbeitete auf eigene Faust oder tat gar nichts. Die TV [Totenkopfverbände] war uns entgangen; sie hatten sich eine eigene Dienststelle eingerichtet und das war richtig so, da sie ja vom RuS nichts erhielten. Die Mannschaftshäuser hatten keine Linie, die Junkerschulen keine einheitliche Ausrichtung.«143 Mit dem Ausbau der bewaffneten Verbände waren die zentrifugalen Tendenzen in der Gesamt-SS inzwischen zu einer Bedrohung geworden, die den einheitlichen Charakter der SS als einer Ordensgemeinschaft in Frage stellte. Organisatorisch wurde dem im April 1938 mit der Errichtung eines neuen Ergänzungsamtes im SS-Hauptamt begegnet, das für den Nachwuchs der Allgemeinen SS, der Verfügungstruppen, Totenkopfverbände und Junkerschulen gleichermaßen zuständig war. Gleichzeitig wurde bei jeder Standarte der Allgemeinen SS eine Ergänzungs- und Annahmestelle geschaffen, die als regionale Vertretung des Ergänzungsamtes fungierte. Auf diese Weise sollte der Ordenscharakter der bewaffneten Verbände gewährleistet sein, die sich, so Himmler, immer wieder aus der Allgemeinen SS erneuern müsse, »sonst würden sie irgendwann zu einer schwarz angezogenen Division des Heeres verkommen.«144 Die Verlegung des Schulungsamtes ins SSHauptamt nur wenige Monate später stellt sich in diesem Kontext als eine komplementäre organisatorische Maßnahme dar, und die durch Himmler initiierte Neukonzeption der Schulungsarbeit erscheint daher aus der Rückschau auch als Ausdruck des Bestrebens, die militärische Ausrichtung und Expansion der SS voranzutreiben ohne ihren Ordenscharakter deshalb aufzugeben. Die Prinzipien rassischer Auslese und die ideologischen Grundlagen der SS-Ordensgemeinschaft blieben bestehen, das »Curiculum« wurde aber auf eine breitere Grundlage gestellt und stärker auf heroische und soldatische Tugenden ausgerichtet.

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Die Auslagerung des Schulungsamtes aus dem RuSHA war eine Maßnahme struktureller Differenzierung und stellte nur einen partiellen Bedeutungsverlust des RuSHA dar, dem ja mit der Errichtung der Sippenpflegestellen gleichzeitig erweiterte Aufgaben zugewachsen waren. Zudem waren die RuS-Führer mit ihren Dienststellen von der Überstellung zum SS-Hauptamt ausgenommen. Mit ihnen blieb ein substantielles Stück Darrésches Erbe im Schulungswesen erhalten, denn sie blieben wie bisher für die rassische Musterung und die Durchführung der weltanschaulichen Schulung in den Oberabschnitten verantwortlich; ihre Dienststellen verkörperten personell und ideologisch den Anspruch der SS als »nordisch bestimmte« Ordensgemeinschaft. Zur Wahrnehmung ihrer Schulungsaufgaben wurde ihnen mit Anordnung vom 20.9.1938 ein ausschließlich für diese Aufgaben zuständiger Referent zugeteilt, den das Schulungsamt im Einvernehmen mit dem RuS-Führer ernannte. Die Schulungsreferenten hatten Anspruch auf einen eigenen Mitarbeiter und unterstanden dem Schulungsamt.145 Sie sollten die RuS-Führer bei der Überwachung der Schulung vertreten können, ihre Hauptaufgabe bestand aber darin, Lehrgänge für Einheitsführer und Schulungsleiter durchzuführen.146 Im Frühjahr 1939 fand ein 14tägiger Einweisungslehrgang für die Referenten der RuS-Führer in der Grunewalder Schule des Schulungsamtes statt.147 Unter den Schulungsreferenten befanden sich zahlreiche Lehrer; professionelle Hilfe konnten die RuS-Führer sicher gut gebrauchen, hatte Himmler ihre Rolle doch wie die eines Seminarleiters formuliert. Nach einem Rundschreiben mit Anweisungen Himmlers vom November 1937 zu den Aufgaben des RuS-Führers sollte dieser laufend Visiten durchführen und reihum dem weltanschaulichen Unterricht nach dem Leitheft in den Einheiten beiwohnen; zunächst sollte er dem Unterricht des SturmFührers zuhören und nur bei groben Fehlern eingreifen, danach sollte er dann selbst Unterricht nach dem Leitheft erteilen und dabei den Unterricht des Einheitsführers aufbauen und ergänzen. Am Abend sollte er sich mit dem Einheitsführer zusammensetzen, ihn auf Fehler im Unterricht aufmerksam machen und ihm Literaturhinweise und Anweisungen für eine bessere und lebendigere Gestaltung des Unterrichts geben. Abschließend hatte er über jeden Sturm-Führer und seinen Unterricht eine Begutachtung zu erstellen. Nach Himmlers Vision kam auf den RuS-Führer eine Menge Arbeit zu, nämlich bei durchschnittlicher Zahl der Stürme in einem Oberabschnitt 100 bis 120 solcher seminaristischen Abende.148 Himmler hatte diese Anordnung im November 1937 getroffen. Bis zum 1.4.1938 sollten in einem ersten Durchgang alle Führer der Stürme auf ihre Eignung zum weltanschaulichen Unterricht hin überprüft und begutachtet worden sein. Im Mai 1938 lag erst ein Zwischenergebnis des Schulungsamtes vor, da nur ein Teil der Arbeit geleistet werden konnte; mit einem endgültigen Ergebnis rechnete man nicht vor Ablauf des Jahres. Von 587 bis dahin überprüften Führern waren lediglich 172 als geeignet befunden worden, weitere 158 seien nach weiterer weltanschaulicher Ausbildung »brauchbar«, 155 ungeeignet, 102 hätten überhaupt noch keine Schulungen durchgeführt. Der Bericht hielt daran fest, dass die weltanschauliche Schulung weiterhin vom Einheitsführer selbst durchgeführt werden müsse, um ein Auseinanderfallen von soldatischer und weltanschaulicher Führung zu vermeiden. Dazu müssten die Einheitsführer aber von Verwaltungsarbeit entlastet und laufend zu Wochenendkursen unter Leitung der RuS-Führer zusammengezogen werden, außerdem müsse der Schulungsstoff vereinfacht werden. Die Arbeit der StubaSchulungsleiter müsse noch mehr als bisher auf die Unterstützung und Beratung der

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Einheitsführer ausgerichtet werden. Schon 1937 hatte man es den Einheitsführern zur Pflicht machen müssen, allen Schulungsvorträgen in ihrer Einheit auch persönlich beizuwohnen.149 Ähnlich hatte Caesar schon im Februar 1938 gegenüber Himmler geäußert, nach den bisherigen Erfahrungen bei den Lehrgängen in Dachau und Berlin seien keine 50% der Kompanieführer der Verfügungstruppen geeignet, deshalb müssten sie erst einmal für ihre Aufgaben ausgebildet werden: »Die Führer beherrschen die Materie nicht und sind, ich möchte das einmal sagen, amusisch.«150 In einem Bericht über ein Führerlager im Oberabschnitt Nordwest waren mangelnde Kenntnisse in Allgemeinbildung und damit verbunden »Schwierigkeiten bei der Weiterbildung aus eigenem Antrieb« als Hauptproblem ausgemacht worden – ein Problem, das durch kurze Wochenendlehrgänge kaum zu beheben war. Ein Bericht des RuS-Führers Fulda-Werra machte auch das Desinteresse der Vorgesetzten für die mangelhafte Grundschulung durch die Sturm-Führer verantwortlich.151 Zur Behebung dieser Probleme hatte Himmler bereits im Sommer 1937 die Eröffnung einer Führerschule in Dachau verfügt, auf der in vierwöchigen Lehrgängen Führer von Sturmbannen und Standarten eine Einführung in die Grundlagen des weltanschaulichen Unterrichts erhalten sollten; für 1938 war auch die Einbeziehung von Sturm-Führern geplant. Kommandeur der Schule war in den ersten beiden Jahren Oberführer Julian Scherner, für den weltanschaulichen Unterricht war der Verwaltungsbeamte und Bauernschullehrer Walter Barnert vorgesehen.152 Der erste Kurs fand im Oktober 1937 statt, der zweite im November. Nach sechs Lehrgängen, an denen insgesamt 173 Führer teilgenommen hatten, lag ein Erfahrungsbericht vor. Nur 26% hatten die Benotung »gut« erhalten und wurden als »vollgeeignet« angesehen; 66% erhielten lediglich die Note »genügend«, von ihnen könnten, so das Resümee, höchstens ein Drittel die nächsten Jahre in ihren Stellungen bleiben.153 Ein großer Teil der Einheitsführer war offenkundig nicht für Schulungsaufgaben geeignet, so sehr man sich auch bemühte, Materialien zu vereinfachen und Ansprüche zu reduzieren. Der aktuelle Stand des Führerkorps, konstatierte Heißmeyer Ende 1937, sei nicht befriedigend, vor allem bei den Unterführern fänden sich viele Nichtskönner. Man müsse einen Erziehungs- und Ausbildungsweg festlegen, »der aus jungen Männern Führerpersönlichkeiten macht«. Das könne auch nicht durch einige Wochen auf der Führerschule in Dachau geschehen. Die Schulung müsse sich auf »die großen Gesetze der Menschenführung« erstrecken, dazu gehöre die Kenntnis vom »Werden unseres Volkes«, des »deutschen Menschen«, die Kenntnis anderer Völker, soldatische, sportliche und allgemeine weltanschauliche Kenntnisse«, für deren Erwerb zwei Jahre erforderlich seien; sofern eine gute Allgemeinbildung fehlt, müsse sie auf Sonderlehrgängen von 1 ½ Jahren Dauer nachgeholt werden; dies könne in Tölz geschehen, die nötigen Erzieher könne man aus den Napolas holen. Ein Bericht aus dem Amt Führerschulen des Personal-Hauptamtes vom August 1939 kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Mindestens 50% der Teilnehmer an den Führer-Lehrgängen in Dachau hätten nicht die Voraussetzungen erfüllt, um den Lehrgängen folgen zu können, es fehle an systematischer Grundausbildung und Weiterbildung, die meisten hätten lediglich Wochenendkurse und kurze Schulungslehrgänge in den Oberabschnitten besucht.154 Um die Eingangsqualifikation zu heben, schlug das Amt deshalb vor, zunächst Führer- und Unterführerlehrgänge von 4 Wochen Dauer in den Oberabschnitten zu organisieren; anschließend sollten die Absolventen erst noch ein Front-

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

kommando übernehmen, bevor sie dann zur Führerschule in Dachau zugelassen würden.155 Die Vision des Einheitsführers, der einmal in der Woche einen Vortrag zur deutschen Geschichte und anderem hält, war wenig realistisch. Himmlers Plan sah 40 »Wochenerzählungen« vor, die in den Leitheften erscheinen und die Grundlage der Vorträge bilden sollten: »Diese müssen nun zwanglos, heute aus dem Gebiet der Zoologie, morgen aus dem des 30jährigen Krieges, die 3. Woche aus der Vorgeschichte, die 4. aus der indogermanischen Geschichte, die fünfte Woche aus den Germanen- und RömerKämpfen zusammengestellt werden. Am Schluss jedes Jahres muss eine sinnvolle Aneinanderreihung in einem gesamten Vortrag stattfinden…«156 Die Umsetzung dieses Konzepts setzte ein hohes Maß an allgemeiner und historischer Bildung voraus, das in gelegentlichen Kurz-Schulungen kaum erworben werden konnte. Immerhin gab es nach den Führer-Überprüfungen eine Gruppe von Einheitsführern, die durch zusätzliche weltanschauliche Ausbildung »brauchbar« gemacht werden konnten. Im Dezember 1938 und Januar 1939 fanden mehrere 4tägige Lehrgänge für StandartenFührer in Berlin statt, die Himmlers Vision reflektierten, aber bestenfalls eine oberflächliche Allgemeinbildung vermitteln konnten: 1. Tag: Einführung, Plan und Aufgaben der Schulung – Das Weltall – Amt für Sicherungsaufgaben – Politische Geographie (Geopolitik) – Film »Das ist die Welt« – gemeinsamer Abend 2. Tag: Allgemeine Lebensgesetze – Rassen und Völker – Amt für Leibesübungen – Nordisch-germanische Geschichte – Schulungsbildbänder – Theater-Abend 3. Tag: Deutsche politische Geschichte – Deutsche Religionsgeschichte – RuSHA – Geschichte des Gegners – Film »Auf den Spuren der Hanse« – Feierstunde, Aussprache über Feiergestaltung 4. Tag: Organisation und Technik der Schulung/Schulungsplan Winter 38/39 – Musterschulungsstunde – Ergänzungsamt – Aufgaben des Führers der Standarte (Führungsamt) – Schlusswort.157

In der Praxis hing es jeweils von den »SS-mäßigen Bildungsvoraussetzungen« eines Einheitsführers ab, wieweit er selber die WE-Vorträge hielt und sich dabei nur auf die Zu-Arbeit des Schulungsleiters stützte oder aber diesem die Vortragstätigkeit überwiegend oder ganz überließ. Die Leithefte waren 1937 bis Ende 1939 entsprechend in zwei Teile gegliedert: in Teil I: »Weltanschauliche Schulung«, mit den von Himmler gewünschten »Erzählungen« für die Einheitsführer, und den anspruchsvolleren Teil II: »Wissen und Weltanschauung«, der auch »wissenschaftliches« Hintergrundsmaterial für die Schulungsleiter enthielt. Der von Himmler monierte »Intellektualismus« verschwand also nicht, sondern trat lediglich in den Hintergrund, und er sollte in dem Maß, wie der Legitimationsbedarf für das politische und militärische Handeln im Verlauf des Krieges wuchs, wieder an Bedeutung gewinnen. Da während des Krieges die Allgemeine SS gegenüber den bewaffneten Verbänden in den Hintergrund trat, das Führer- und Unterführerpersonal der Waffen-SS aber reguläre Lehrgänge durchlaufen musste, in denen auch der weltanschauliche Unterricht fest institutionalisiert war, verlor das Problem der weltanschaulichen Führer-Schulung aber an Dringlichkeit.

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Das Personal des Schulungsamtes 1937/38 1937 war mit der Amtsübernahme des Schulungsamtes durch Caesar eine differenzierte Organisation entstanden, die bis zur Ausgliederung der Polizeischulung im Jahre 1940 Bestand hatte. Die grundlegende organisatorische Maßnahme war die Gliederung des Amtes in die drei Hauptabteilungen Schulung, Schulungsmittel und Kulturelle Gestaltung sowie die Unterteilung nach SS- und Polizeischulung. Die Hauptabteilung Schulung befasste sich mit den verschiedenen Aufgaben- und Einsatzbereichen, während die Hauptabteilung Schulungsmittel ausschließlich für Materialien und Vermittlungsmedien der Schulung zuständig war. Die Abteilung für Feiergestaltung, die 1936 in der Hauptabteilung »Praktische Aufklärungsarbeit« eingerichtet worden war, wurde jetzt aus dem Rahmen der eigentlichen Schulungsarbeit herausgelöst und zur dritten Hauptabteilung verselbständigt. Ihre Aufgabe beschrieb Caesar als »Sammlung aller feiergestaltenden Kräfte auf dem Gebiete der Musik, der Dichtkunst und der darstellenden Kunst«. Die Besonderheit der »Feiergestaltung« lag, so Caesar, in der »seelischen Beeinflussung des Mannes … im Gegensatz zu der mehr wissensmäßigen Beeinflussung durch die übrige Schulungsarbeit.«158 Die Hauptabteilung I »Schulung« leitete nach der Versetzung von Wellershaus ab Juni 1937 der Hauptschullehrer Otto Bayer aus Wien, ein »alter Kämpfer« der Partei, der 1935 nach Deutschland hatte fliehen müssen, um einer erneuten Verhaftung wegen illegaler Betätigung für die NSDAP zuvorzukommen. 1935 wurde er zunächst auf einen Lehrgang für österreichische SS-Führer nach Arolsen und anschließend zur Ausbildung ins RuSHA geschickt. Nach kurzer Tätigkeit als Schulungsleiter bei den Verfügungstruppen in Hamburg wurde er 1937 zum Obersturmbannführer im RuSHA ernannt. In der Hauptabteilung I nahm er zugleich die Leitung der Abteilung »SS-Schulung« wahr. Bayer erwarb in Berlin noch das Diplom der Hochschule für Politik. Nach dem »Anschluss« Österreichs stellte man ihn 1938 wieder in den Schuldienst ein, er wurde aber für die Dauer seiner Tätigkeit beim RuSHA vom Dienst beurlaubt. Zu Beginn des Krieges übernahm er für ein Jahr die Aufgaben eines Führers für weltanschauliche Erziehung der SS-Polizei-Divisionen, leitete aber die Hauptabteilung Schulung noch bis Anfang 1942; danach wurde er als Schulungsführer bei der Waffen-SS eingesetzt.159 Die Hauptabteilung Schulung bestand zunächst aus den vier Abteilungen Führerschulung, Mannschaftsschulung, Mannschaftshäuser und Polizeischulung, wurde aber dann im Rahmen der allgemeinen strukturellen Differenzierung nach SS- und Polizeischulung in zwei entsprechende Abteilungen gegliedert: I.

Schulung (Bayer) Ia. SS-Schulung (Bayer) Ref. Allg. SS-Führer (Bayer, dann Werdenbach) Ref. VT, TV-Führer, Führerschulen Ref. Mannschaftsschulung (bis April 1937 Rieke) Ref. Mannschaftshäuser (Segler) Ref. Rednereinsatz und Beurteilung (Dücker) Ib. Polizeischulung (Schütt) Ref. Ausbildung Hundertschaft (Heyse) Ref. Schutzpolizei –

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur Ref. Einzeldienst – Ref. Polizeischulen – Rednereinsatz und Beurteilung (König)

Die Abteilungen »Mannschaftsschulung« und »Mannschaftshäuser« wurden der Abteilung I.a »SS-Schulung« als Referate eingegliedert. Gleichzeitig gab Caesar als Amtschef die Referate »Mitarbeitereinsatz« und »-beurteilung« an die Hauptabteilung I ab. Die Einsetzung Bayers war daher mit einer Erweiterung seiner Kompetenzen als Hauptabteilungsleiter verbunden. In der Abteilung SS-Schulung übernahm Bayer zunächst auch das Referat, das die Zuständigkeit für die Schulung der Führer der Allgemeinen SS hatte; es wurde danach von dem 1941 im Osten gefallenen Eckbrecht Werdenbach übernommen. Das Referat für die Führerschulung der Verfügungstruppen, der Totenkopfverbände und der Führerschulen war Mitte 1937 noch unbesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war Wilhelm Fuhrländer, ein promovierter Diplomvolkswirt, als Verbindungsführer des Schulungsamtes für die weltanschauliche Schulung der Totenkopfverbände zuständig. Verbindungsführer zu den Verfügungstruppen war 1936/1937 Hans Wellershaus.160 Referent für Mannschaftsschulung war der Kaufmann Wilhelm Rieke, seit 1927 NSDAP-Mitglied. Das Referat Mannschaftshäuser leitete der schon erwähnte Karl Segler, Referent für Rednereinsatz und -beurteilung war Walter Dücker (s.o.). Für die Abteilung Polizei-Schulung war der Obersturmführer Werner Schütt zuständig. Schütt, 1911 als Sohn eines Reichsbahnspektors in Berlin geboren, hatte einige Semester Jura und Volkswissenschaften studiert und danach im Bankgewerbe gearbeitet, bis er als Abteilungsleiter im Schulungsamt eingestellt wurde. Während des Krieges wechselte er vom SS-Schulungsamt zum OKW und übernahm dort die Schriftleitung der »Soldatenblätter für Feier und Freizeit«.161 Ihm unterstand Herbert König als Referent für Redner-Einsatz und -Beurteilung. König stammte wie Bayer aus Österreich, war bereits 1930 der NSDAP beigetreten und 1934 als 20jähriger über Umwege nach Deutschland geflohen; im gleichen Jahr war er der SS beigetreten. Dort kam er zuerst bei den Verfügungstruppen unter und wurde im Juli 1936 als Referent im Schulungsamt eingestellt, dem er wie Bayer noch Anfang 1942 angehörte, bis er ebenfalls als Schulungsleiter bei der Waffen-SS zum Einsatz kam. Daneben war 1937 noch das Referat Ausbildung der Hundertschaften mit Karl Heyse besetzt, einem Mittelschullehrer mit abgebrochenem naturwissenschaftlichen Studium, der bereits seit 1935 als Referent im RuSHA tätig war und 1938 als Polizeischulungsleiter zum Inspekteur der Ordnungspolizei in Dresden wechselte.162 Die anderen Referate der Abteilung Polizeischulung waren Mitte 1937 noch unbesetzt – die Leitung des Polizeischulungswesens befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Aufbau. Zur Abteilung SS-Schulung gehörte noch das Referat Mannschaftshäuser, das später aus dem RuSHA ausgegliedert, als »Dienststelle Heißmeyer« dem Persönlichen Stab Himmlers direkt unterstellt und schließlich zu einem eigenen Hauptamt erhoben wurde. Referatsleiter war Karl Ferdinand Segler, dann Konrad Ellersiek, der die Führung der Mannschaftshäuser auch während des Krieges behielt. II. Schulungsmittel (Runge) II.a Schriftleitung (Weibgen, dann Runge) Ref. Schulungsmaterial (Beiersdorf) Ref. Vortragsausarbeitung – Ref. Aktueller Dienst, Presse (Maydell)

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II.b. Bildtechnik, Ausstellungswesen (Pietzner, Mitarb. Hoppe d. J.) Ref. Film, Bild, Ausstellung (Schnorrbusch) Ref. Bildtechnik und Vorführung (Seissl) II.c. Polizeischulungsmaterial (Schütt) Ref. Polizeischulungshefte (Schütt) Ref. Polizeipresse Ref. Polizeirednermaterial (Heyse; Crost)163

Die Hauptabteilung Schulungsmittel leitete weiterhin Friedrich Runge, bis er 1938 zum Reichsamt für das Landvolk in der Reichsleitung der NSDAP wechselte und dort die Leitung der Abteilung Schulung und Propaganda übernahm. Während des Krieges war er im Auftrag des RKFDV bei den Ansiedlungsstäben in Litzmannstadt und Posen tätig. Runge war für die Herstellung von Schulungsmitteln und damit auch für die SS-Leithefte zuständig. Nach seinem Weggang 1938 übernahm Kleffel diese Aufgabe. Die Schriftleitung für die Texte, die im Schulungsamt erstellt wurden, hatte zunächst noch Hans Weibgen inne; seine Aufgaben nahm ab Mai 1937 Runge mit wahr, als Weibgen von Himmler seines Amtes enthoben und zum Führer eines Sturmbanns degradiert wurde, »weil er sich zu dem Typ Pfaffen entwickelte, den man dem deutschen Volk gerade ersparen wollte« – Weibgen hatte eigenmächtig Eheweihen und Sippenfeiern durchgeführt, die nach Himmlers Befehl nur die Einheitsführer abhalten durften; in der Schulungsarbeit sollte jede Vermischung von »Wissenschaft« und »Religion« vermieden werden. Das Schulungsamt war vergeblich bemüht, ihn nach einer Karenzzeit zurückzubekommen. Weibgen wurde 1940 Schulungsführer der SS-Standortkommandantur Prag und später als Standartenführer Stabsleiter und Amtschef im Hauptamt Volksdeutsche Mittelstelle; 1944 war er für die Evakuierung der Volksdeutschen im Südosten zuständig.164 In Runges Hauptabteilung arbeitete Heinz Beiersdorf als Referent für Schulungsmaterial. Beiersdorf, 1912 in Köslin geboren, hatte nach dem Abitur eine kaufmännische Lehre gemacht, arbeitete dann als Exportkaufmann und Korrespondent in der Wirtschaft und brachte es schließlich zum Regierungsinspektor beim Reichspatentamt, bevor er 1937 zum Schulungsamt kam. Für »Aktuellen Dienst und Presse« war Siegfried von Maydell zuständig, der zuvor als Propagandaleiter bei der DAF und als Schriftleiter gearbeitet hatte. Maydell, 1905 in Dorpat (Lettland) geboren, hatte 6 Semester an der Hochschule für Politik studiert. Er trat am 1.4.1933 in die NSDAP und die SA, ein Jahr später in die SS ein. Abteilungsleiter für Ausstellungswesen war weiterhin Hans-Jochem Pietzner, er wechselte 1941 wie sein Vorgesetzter Runge zum Reichsamt für das Landvolk. Mitarbeiter und Referenten Pietzners waren Hoppe, Schnorrbusch (s.o.) und Seissl. Der Grafiker Rudolf Hoppe war für zahlreiche Umschlaggestaltungen für Broschüren und Schulungsschriften des SSHauptamtes zuständig, von ihm stammt unter anderem der Umschlag des Heftes »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« von 1941.165 Adolf Seissl, Fotograf und Kameramann der Tobis Filmkunst, war für Bildtechnik und Vorführung zuständig. Als er 1940 an der Front war, schickte er Filmaufnahmen »Juden unter sich« im »Judenlager« Lublin ans Schulungsamt. Seissl gehörte seit Anfang 1932 der SA, seit Juli 1932 der NSDAP an. Für Polizeischulungsmaterial waren Heyse und Schütt zuständig (s.o.); Heyse wechselte im Mai 1938 alsPolizeischulungsleiter zum Inspekteur der Ordnungspolizei Dresden. An seine Stelle trat Heinrich Crost als Referent für Rednermaterial. Crost, seit 1929 HJ-Mitglied und Unterbannführer, war Erzieher an

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der Adolf-Hitler-Schule in der Ordensburg Crössinsee und Polizeilehrer beim Schutzpolizeikommando Berlin; im April 1938 wurde er zum Obersturmführer im Schulungsamt ernannt. Als weiterer Mitarbeiter wurde 1938 Karl Unseld mit der Zusammenstellung von Schulungsmaterial beauftragt. Unseld hatte zunächst eine Brauerei-, dann eine Buchhändlerlehre begonnen, meldete sich nach der Entlasssung zum Freiwilligen Arbeitsdienst und ging 1933 zur LSSAH. Er war 1930 als 17jähriger der SA, 1932 der SS beigetreten, wurde 1934 als Sturm-Schulungsleiter eingesetzt und kam nach kurzem Zwischenspiel bei der Totenkopfstandarte Brandenburg im September 1938 zum Schulungsamt.166 III: Kulturelle Gestaltung (Eggers, dann Leistikow) III.a Feiergestaltung (Eggers) Ref. Stoffsammlung (Luserke) Ref. Durchführung (Rudolph) III.b AG der Kulturschaffenden (zu bes.) Ref. Auswertung (zu bes.) Ref. Musiker (Luserke) Ref. Dichter (Barthel) Ref. Maler, Plastiker (Prof. Waldschmidt) Ref. Architekten, Raumgestalter (Schwarz)

Die Hauptabteilung »Kulturelle Gestaltung« schließlich leitete von September 1936 bis Oktober 1937 Kurt Eggers. Er gehörte zur militanten Schriftstellerprominenz des Nationalsozialismus, seine Werke werden noch heute in rechtsradikalen Kreisen gelesen. Kurt Eggers hatte nach einer abgebrochenen kaufmännischen und landwirtschaftlichen Lehre Theologie studiert und war evangelischer Hilfsprediger geworden, musste aber diese Tätigkeit aus politischen Gründen wieder aufgeben; seine ursprünglich als theologische Dissertation geplante Schrift »Rom gegen Reich« erlebte bis 1944 eine Auflage von 165 000 Exemplaren. Eggers nahm bereits als Jugendlicher an den Straßenkämpfen gegen die Spartakisten in Berlin und als Freikorps-Soldat an den Kämpfen in Oberschlesien teil. 1931 wurde er Herausgeber und Schriftleiter der »nationalrevolutionären« Sächsischen Landeszeitung, 1932 kandidierte Eggers für den Mecklenburgischen Landtag, 1933 wurde er Sendeleiter des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig, 1934 war er beim Reichssender Stuttgart beschäftigt. 1935 trat Eggers der SS bei, 1936 war er Schulungsleiter beim Rassereferenten Südwest, im September 1936 wurde er zum Leiter der Abteilung Feiergestaltung im Schulungsamt bestellt. Dort schied er wieder aus, als er ein Jahr später zum Kreiskulturleiter und Leiter des Dietrich-Eckhart-Vereins in Dortmund ernannt wurde; 1938 folgte die Ernennung zum Landesleiter der Reichsschrifttumskammer. Als Kurt Eggers 1943 als Obersturmführer der Waffen-SS im Krieg fiel, wurde ihm zu Ehren die Kriegsberichterstandarte der Waffen-SS nach ihm benannt.167 In den Leitheften erschienen zahlreiche Gedichte und Lieder von ihm sowie Auszüge aus seinen Schriften wie »Die Geburt des Jahrtausends« und »Ulrich von Huttens Weg in die Freiheit; Hutten, ein Kämpfer für Deutschlands Erwachen«. Nach Eggers’ Weggang aus Berlin wurde Georg Leistikow mit der Leitung der Hauptabteilung »Kulturelle Gestaltung« betraut. Leistikow hatte Germanistik, Nordistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Berlin, Zürich und Greifswald studiert und 1934/37 mit einer Dissertation über Albrecht Dürer promoviert. 1933 arbeitete er als wissenschaftlicher Sekretär des Germanischen Seminars,

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dann des Nordischen Auslandsinstituts an der Universität Greifswald. Er gehörte schon früh dem völkischen Jugendbund »Adler und Falken« an, war 1930 Mitbegründer des NS-Schülerbundes in Reinickendorf und wurde 1934 Lektor bei der Reichspropagandaleitung der NSDAP. Referent für »Stoffsammlung« und »Musiker« war bis zu seiner disziplinarischen Enthebung im September 1937 Klaus Luserke. Weiterer Mitarbeiter in der Abteilung »Feiergestaltung« war Georg Rudolph, 1913 in Lübeck als Sohn eines Kapellmeisters geboren. Er hatte einige Semester Naturwissenschaften und Musik studiert, musste das Studium aber aus finanziellen Gründen abbrechen. 1932 war er der NSDAP, 1933 der SS beigetreten. Im Schulungsamt war er für die Durchführung und Gestaltung der Feiern in der SS zuständig. Die Abteilung IIIb. »Kulturschaffende« blieb 1937 unbesetzt. Neben Luserke wurden einige Dichter und Künstler als ehrenamtliche Referenten gewonnen, unter ihnen der Historiker Dr. Ludwig Friedrich Barthel, Autor völkisch-nationalsozialistischer Soldatenliteratur, und der Maler und Bildhauer Arno Waldschmidt, Akademieprofessor und Mitbegründer der NSDAP in Stuttgart. Waldschmidt hatte sich einen Namen als Ausgestalter großer Schiffe, unter anderem des Segelschulschiffs »Gorch Fock« gemacht. Während des Dritten Reichs wirkte er an der Ausgestaltung des Olympischen Dorfs mit und wurde mit der Anfertigung eines Großreliefs für das Reichsluftfahrtministerium beauftragt.168 Im Verlauf des Jahres 1937 wurde der Hauptabteilung »Kulturelle Gestaltung« auch eine Abteilung für Polizeischulung angeschlossen, mit deren Leitung im Herbst 1937 Horst Hartmann betraut wurde, so dass jetzt in jeder Hauptabteilung eine eigene Abteilung für Polizeischulung bestand, deren Referate aber zum größten Teil noch nicht besetzt waren. Hartmann, 1905 in Berlin geboren und von Beruf kaufmännischer Angestellter, war gleichzeitig Leiter für weltanschauliche Schulung im Bundesamt des Kameradschaftsbundes der deutschen Polizeibeamte, er wurde 1938 Polizeischulungsleiter und 1939 Major der Schutzpolizei. Seit 1930 gehörte er der NSDAP an und war bereits Gauhauptstellenleiter, Mitarbeiter im Rassenpolitischen Amt und Reichsredner der NSDAP, bevor er zum SS-Schulungsamt kam.169 Das Schulungsamt war 1937 personell mit 58 überwiegend hauptamtlichen Mitarbeitern weitgehend konsolidiert. Die ersten Jahre von 1934/35 bis Anfang 1937 zeichnen sich durch ein relativ hohes Maß an Kontinuität aus. Nach dem Amtsantritt Caesars kam es im Verlauf des Jahres 1937 parallel zur organisatorischen Differenzierung zu einer starken Ausweitung des Stellenplans und des Personalbestandes. Caesar übernahm zwar die meisten Mitarbeiter von Motz, auch Bayer übernahm das bestehende Personal, zahlreiche neue Mitarbeiter kamen aber hinzu. Zu einem größeren Bruch in der personellen Kontinuität kam es erst mit der Verlagerung des Schulungsamtes ins SS-Hauptamt 1938: nur drei Mitarbeiter waren danach noch im Amt, die bereits 1935 dabei waren, weitere drei waren seit 1936 dabei, insgesamt wurden also sechs Mitarbeiter aus der Ära Motz ins SS-Hauptamt übergeleitet. Friedrich Runge, der noch zu den »Blut-und-Boden-Experten« zu rechnen ist, ging zum Agrarpolitischen Amt. Allerdings fällt der Bruch tatsächlich geringer aus als er auf den ersten Blick erscheint, denn zum einen wurden die meisten der 1937 neu eingestellten Mitarbeiter Caesars übernommen, zum anderen schieden einige Mitarbeiter aus, weil ihre Referate und Abteilungen in andere Organisationsbereiche der SS verlegt wurden: 1938 wurde die Abteilung Feiergestaltung im Persönlichen Stab RFSS errichtet, und die Mannschaftshäuser wurden Anfang 1938 dem Rassenamt des RuSHA, im Febru-

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

ar 1939 ebenfalls dem Persönlichen Stab RFSS unterstellt.170 Wichtige und langjährige Mitarbeiter des Schulungsamtes wie Ellersiek und Segler schieden damit aus. Für das Schulungsamt war die Verlagerung zum SS-Hauptamt zunächst nicht viel mehr als ein lediglich organisatorischer Akt: das Personal wurde zu einem großen Teil übernommen, ebenso die RuS-Schule; zudem verblieb das Schulungsamt in den Räumen des RuSHA in der Hedemannstraße 24. Die Arbeit wurde jetzt aber in einen anderen, breiteren Kontext gestellt. Aus den Jahren 1938 bis 1941 sind keine Geschäftsverteilungs- und Stellenpläne mehr erhalten, dennoch lässt sich das Personal des Schulungsamtes nach dem Wechsel zum SS-Hauptamt im Sommer 1938 weitgehend rekonstruieren. Nach einer Aufstellung vom Sommer 1938 wurden mit Caesar insgesamt 26 Angehörige des Schulungsamtes, zu denen noch sechs Sekretärinnen und Schreibkräfte hinzukamen, ins SS-Hauptamt übergeleitet, von denen lediglich als Hilfskräfte drei Verwaltungsangestellte und ein Referent erst 1938 eingestellt worden waren. Das Schulungsamt setzte seine Arbeit im SS-Hauptamt im Wesentlichen mit dem 1937 übernommenen und neu eingestellten Personal fort, allerdings mit einem gegenüber 1937 aufgrund der Abgabe mehrerer Abteilungen verkleinerten Personalbestand. 1939 trat eine weitere Aufgabenverkleinerung ein, als im Hauptamt Orpo eine eigene Polizeischulungsabteilung errichtet und die Dualität von SS- und Polizeischulung im SSHauptamt wieder aufgehoben wurde.

I.3 DIE UMSETZUNG DER RICHTLINIEN – BEISPIELE AUS DER SCHULUNGSPRAXIS Aus den Jahren 1935 und 1936 sind Berichte von Abschnitts- und Standartenschulungsleitern erhalten, die einen Eindruck davon vermitteln, in welchem Umfang und auf welche Weise die Anordnungen und Richtlinien umgesetzt wurden. Sie ergeben ein insgesamt sehr heterogenes Bild. In vielen Einheiten hielt man sich streng an die Vorgaben, in anderen wurde die Schulung sehr eigenwillig gestaltet, oft fand sie auch gar nicht statt; manchmal übernahmen die Einheitsführer die Schulung in den Stürmen, häufiger überließen sie die Vorträge aber den Schulungsmännern und -leitern. Auch die Stellenbesetzung war sehr unterschiedlich – während z. B. in München 1935 die meisten Stürme mit Sturmschulungsmännern besetzt waren, waren die meisten Positionen in Augsburg noch vakant. Im Abschnitt I (Großraum München) war das Soll 1935 zu etwa 70% erfüllt. Von 4 Standarten waren vier, von 12 Sturmbannen elf mit Schulungsleitern, von insgesamt 50 Stürmen 30 mit Schulungsmännern besetzt. Rechnet man die benachbarten Standarten 3 (Nürnberg) und 31 (Straubing) hinzu, vermindert sich die »Realisierungsquote nur geringfügig auf 64% – von insgesamt 106 Stürmen, Sturmbannen und Standarten waren 68 mit Schulungsleitern und -männern besetzt. In einigen Fällen nahm der Sturmbannschulungsleiter die Aufgaben der Sturmschulung mit wahr. Das Schulungswesen wurde in diesem Raum ganz eindeutig von »Blut- und Boden-Experten« bestimmt: etwa die Hälfte aller Schulungsmänner und -leiter waren Diplomlandwirte, darunter mehrere Landwirtschaftslehrer; die andere Hälfte verteilt sich auf andere Lehrer, Ärzte, Juristen und sonstige Berufe.171 1935

Beispiele aus der Schulungspraxis

87

war man noch bestrebt, in jedem Sturm einen Sturmschulungsmann einzusetzen. 1936 sollte die Schulung in den Stürmen auf die Sturm-Führer übergehen. Die meisten Berichte zeigen, dass die generelle Übertragung der Sturmschulungsarbeit allein auf die Einheitsführer zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend unrealistisch war. Gleichzeitig sollte 1936 die Leitheft-Schulung beginnen. Der Rassereferent des Oberabschnitts Süd berichtete im April 1936: »Die Schulung in den Einheiten wurde mit einem fast vollständigen, vorläufigen Schulungskörper nach den Leitheften 1 + 2 durchgeführt«.172 So weit sich das aus den verfügbaren Dokumenten schließen lässt, lief der Schulungsbetrieb weitgehend wie zuvor weiter, nur dass die Schulungsmänner jetzt den Einheitsführern unterstellt waren. Für den Zeitraum von April bis Juni 1936 sind zahlreiche Berichte aus Standarten des Oberabschnitts Nordwest erhalten, die eine ungefähre Rekonstruktion der Umsetzung erlauben. Generell läßt sich festhalten, dass in diesem Zeitraum wie vorgeschrieben nach dem Leitheft und über das Thema des 1. Lichtbildervortrags »Blut und Boden« geschult wurde. In den meisten Fällen hielten die Sturmbann-Schulungsleiter reihum in den Stürmen die vorgesehenen Monatsvorträge und bereisten dazu die Region, in selteneren Fällen, wo dies räumlich möglich war, kamen die Stürme eines Sturmbanns zusammen, um den Vortrag des Sturmbann-Schulungsleiter zu hören. Die Schulung nach dem Leitheft in den Stürmen erfolgte zumeist nach wie vor durch Sturmschulungsmänner, manchmal auch durch die Sturmbannschulungsleiter, aber nur in Einzelfällen oder gelegentlich durch die Einheitsführer.173 Aufschlussreich ist ein Bericht des Diplomlandwirts Paul Lammers, Standartenschulungsleiter von Oldenburg, über Probleme bei der Grundschulung: Daraus geht hervor, dass die Einheitsführer die Aufsätze des Leitheftes zumeist nur vorlasen. Da die Männer oft übermüdet seien, könne man aber ihre Aufmerksamkeit mit dem Vorlesen von Texten nicht erregen; einige Einheitsführer seien deshalb dazu übergegangen, das jeweilige Thema selber durchzuarbeiten und danach frei vorzutragen oder in Frage-Antwort-Form zu behandeln. Dann sei der Einheitsführer aber auf einen geeigneten Schulungsmann an seiner Seite angewiesen, der das Thema mit ihm durcharbeitet und die Schulung gemeinsam mit ihm durchführt. Man müsse auch erkennen, dass es Einheitsführer gebe, denen die Schulung weniger liege. Solle die Grundschulung in den Händen der Einheitsführer bleiben, dann müsse wesentlich mehr als bisher für ihre Ausbildung getan werden, noch besser sei es aber, ihnen einen Schulungsmann an die Seite zu stellen, »da die Schulung nur von besonders interessierten und durchgebildeten Männern durchzuführen« sei.174 Der Bericht war auf den 3. Oktober datiert. Bis dahin hatte die Standarte bereits einige Lichtbildstreifen erhalten und insbesondere »Blut und Boden I und II« mit Erfolg durchgenommen; allerdings meinte Lammers, der zuletzt eingetroffene Bildstreifen über das Judentum könne erst nach einer gründlichen Vorbereitung durch die Sturmbannschulungsleiter gezeigt werden, da er sonst von den Männern nur schwer verstanden werde. Die Berichte belegen eine dichte Folge von Schulungen. In den meisten Stürmen im Bereich des Oberabschnitts Nordwest fanden einmal die Woche Zusammenkünfte statt, in denen die vorgegebenen Abschnitte aus »Mein Kampf« und eine der für die Wochenschulung bestimmten Erzählungen vorgelesen oder durchgesprochen wurde, dazwischen wurde das Thema der Monatsschulung eingeschoben, manchmal wurde das Monatsthema auch mehrere Wochen nacheinander behandelt. Einige Schu-

88

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

lungsmänner und -leiter hielten auch eigene Vorträge zu selbst gewählten Themen und setzten dabei eigene Akzente, die sich aber im Rahmen der übergeordneten Fragestellungen bewegten. Es gab einen gewissen Gestaltungsspielraum, so dass die Schulung vor Ort trotz der Vorgaben des RuSHA recht unterschiedlich ausfiel. Zur Illustration möge die 88. Standarte (Großraum Bremen) des Oberabschnitts Nordwest dienen.175 Für die Stürme 1 bis 4 war der Stuba-Schulungsleiter Otto Schlitter zuständig. Schlitter, der zuerst eine Lehre als Heizungstechniker begonnen, dann aber ein Studium in Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Sport absolviert hatte, war Studienassessor, später Studienrat in Wesermünde und gehörte seit 1933 der NSDAP, dem NSLB und der SS an. Sturmschulungsmänner waren ebenfalls drei Lehrer, außerdem ein Diplomlandwirt. Offensichtlich war Schlitter bemüht, für alle Vorträge pädagogisch vorgebildete Schulungsmänner einzusetzen; denn nur einmal musste der Führer des Sturms einspringen, weil der Schulungsmann zu einem Bauernschullehrgang abgeordnet wurde. Sturmschulungsmann Dettmer, Volksschullehrer in Stade, konnte nur im Mai selber einen Vortrag über das Judentum halten (»mit Aussprache«).176 Schlitters Aufgabe bestand hauptsächlich darin, die Lichtbildervorträge zu halten, den Stürmen Visiten abzustatten und die Sturmschulungsmänner zu beraten sowie vierteljährliche Berichte über die Schulungsarbeit im Sturmbann für den Standarten-Schulungsleiter abzufassen.177 Die Schulungsmänner hielten sich eng an das Leitheft, setzten aber auch hier noch eigene Akzente. Während der Schulungsmann des 3. Sturms die »Erzählungen«, vor allem die Beiträge von Johann von Leers bevorzugt behandelte, stellte der Schulungsmann des 2. Sturms Hermann Bergstedt, Volks- und Hilfsschullehrer in Cuxhaven, die vorgegebenen Abschnitte aus »Mein Kampf« in den Mittelpunkt, indem er sie mit Titeln versah, die den Eindruck eines Lehrgangs vermittelten, der mit den thematischen Schwerpunkten der Leithefte nur noch wenig zu tun hatte: 6. u. 7.4. Das Ziel der Außenpolitik 27. u. 28.4. Der Staat als Mittel zum Zweck der Erhaltung und Mehrung des Volkes 4. u. 5.5. Der Werdegang des Judentums 11. u. 12.5. Der Werdegang des Judentums 18. u. 19.5. Die Herrschaft des Juden 8. u. 9.6. Deutsche Bündnispolitik 22. u. 23.6. Deutsche Bündnispolitik

Die Vorträge fanden jeweils von 21.10 bis 22 Uhr im »Sturmlokal« statt, anwesend waren im Durchschnitt etwa 75 Männer. Im 2. Sturmbann, für den Christian Grafstedt als Schulungsleiter eingesetzt war, ergab sich sowohl personell als auch von der thematischen Organisation her ein anderes Bild. Unter den Schulungsmännern waren zwei Angestellte des Finanzamtes, Grafstedt selber war Müllermeister. In den Stürmen war der Bezug auf die LeitheftThemen, wie der folgende Überblick zeigt, deutlich stärker ausgeprägt – die zugehörigen Themen waren »Bauerntum/Blut und Boden« (Leitheft 2), »Judentum« (3) und »Bolschewismus und Freimaurertum« (4), parallel dazu der Lichtbildervortrag »Blut und Boden«. Bemerkenswert ist hier wie schon im 1. Sturmbann die intensive Beschäftigung mit dem Judentum:

Beispiele aus der Schulungspraxis Sturm 5 1.4.

6.4.

7.4. 14.4. 17.4.

21.4.

28.4.

4.5 5.5

8.5.

12.5.

19.5. 22.5

Sturm 6 Lh.2: 10 Gebote für die Gattenwahl; Bedeutung der Wahl am 29.3. f. d. SS

Sturm 7

89

Sturm 8

Lh. 2: Heraus aus der erfolglosen Familienpolitik von einst für alle Stürme gemeinsam im Festsaal des Realgymnasiums: Vortrag Pg. Schricker »Sudetendeutschtum«; 2. Vortrag Stuba-SL Grafstedt: Lichtbildervortrag »Das Blut« Die polit. Kirche Osterfest – Lh. 2: 10 Gebote Osterbräuche der f. d. Gattenwahl; Vorfahren die Gefahren der Rassenmischung Lh. 2: Bauerntum; Lh.2: 10 Gebote Einleitung; für die Gattenwahl Verlesung »Der Untergang d. römischen Bauerntums« Forts. der Schulung Lh 2: Das BauernLh 2: Das Bauernüber das Bauerntum tum als Quell tum als Quell nordischer Rasse nordischer Rasse Lh 2: Familienpolitik von einst Mythos des 20. Jahrhunderts u. sein Eindruck auf die internationalpolitische Kirche Lh 3: Judentum, Die Weisen v. Zion Talmud u. Schulchan-aruch Die Freimaurerei. Lh 3: Judentum, Entstehung, Die Protokolle der Aufbau, Geschichte Weisen v. Zion und Treiben Lh 3: Talmud und Schulchan-aruch Lh 3: Das alte Lh 3: JudenherrTestament als schaft und ihre Selbstbildnis der Folgen Juden

90

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Sturm 5 26.5 Verlesung d. Rede d. RFSS vom Reichsbauerntag in Goslar

28.5.

Sturm 6

3.6.

Sturm 8

Brig.f. Dreher/Ulm: »Brot oder Gold«

29.5.

2.6.

Sturm 7 nord. Rassestolz und Rassebewußtsein und das Erkennen des Kulturbolschewismus

Über d. Schriftwechsel mit d. RuS und warum gibt es einen Heiratsbefehl Forts. der Verlesung Lh 4: Freimaurer u. der Rede des RFSS Bolschewismus Vorlesungen aus Lh 3

5.6. 9.6. Lh 3: Das Judentum 17.6. Vorlesungen aus Lh 3 18.6. Lh 3: Geschichte, Religion, Judentum u. Rasse. Der Jude als zersetzender Teil im Volkskörper. Anschl. Aussprache 23.6.

Lh 4: Weltfreimaurerei

Lh 4: Bolschewismus

Das Tableau verdeutlicht die Organisations- und Koordinierungsleistungen, die die Sturmbann- und Standartenschulungsleiter erbringen mussten. Der Stuba-Schulungsleiter Grafstedt selbst hielt außer den Lichtbildervorträgen gelegentlich auch eigene Vorträge außer der Reihe. In der Sturm-Reserve der 88. Standarte sprach er z. B. am 12.5. über »Die Wesenszüge des nordisch-bestimmten Menschen«. Drei Wochen zuvor hatte Untersturmführer Kläning, Führer der 88. Standarte, über »Das Bauerntum als Lebensquell nordischer Rasse« gesprochen, im Mai und Juni folgten drei Vorträge des Oberarztes Dr. Lang: zwei »Rassevorträge« und ein weiterer »Weltanschaulicher Vortrag«. Am 29.6. besuchten alle Stürme geschlossen die Ausstellung »Volkstum und Heimat« im Museum Domshof in Bremen. Zusätzliche Aktivitäten wie Museums- und Ausstellungsbesuche lockerten den Schulungsalltag auf. Im Februar 1936 hörte die Bremer Nachrichtenstandarte einen Lichtbildervortrag der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene über die »Zigeunerfrage« – der Sturmschulungsmann war selber Schriftführer der Gesellschaft, im März 1936 besuchte der Sturm die vom Bremer SS-Standort veranstaltete Theateraufführung »Der letzte Bauer«.178 In vielen Einheiten wurde Mitte 1936 auch der von Himmler selbst empfohlene Film »Friesennot« angesehen.

Beispiele aus der Schulungspraxis

91

Wie das Programm einer SS-Volkshochschule liest sich die Themenfolge, die der stellvertretende Sturmbannschulungsleiter Heinrich Meyer, Mittelschullehrer in Bassum, zwischen April und Juni 1936 im 11. Sturm der benachbarten 55. Standarte (Verden) festlegte, auch hier mit einer starken Akzentuierung der »Judenfrage«, die, wie in vielen Berichten erwähnt wird, stets auf großes Interesse stieß: Ziele der Außenpolitik Deutsche Kolonisationspolitik Einst und Jetzt Ostpolitik – Deutschland – Russland Der Staat als Mittel zum Zweck der Erhaltung und Mehrung des Volkes Florian Geyer Das schmarotzende Judentum nicht eine Religionsgemeinschaft, sondern eine Rassengemeinschaft Der Werdegang des Judentums Der Werdegang des Judentums: Jude – Arbeiter – Marxismus Die Herrschaft des Juden in den bastardierten Völkern Ahnenforschung Heldentum und nordischer Mensch

Die Vorträge fanden jede Woche an zwei aufeinander folgenden Tagen jeweils in Bassum und Sulingen im Kreis Diepholz statt. Meyer setzte eigene Schwerpunkte, indem er eine Auswahl aus den Leitheft-Beiträgen und den Abschnitten aus »Mein Kampf« traf. Gerade die vielen Lehrer unter den Schulungsleitern und -männern dürften ihre Arbeit als eine Volksbildungsmission verstanden haben und waren entsprechend engagiert dabei – so liest sich zum Beispiel der Bericht des Schulungsmannes des 11. Sturms der 88. Standarte, des Volksschullehrers Robert Bolling: »1.) Aufnahme der Vorträge äußerst dankbar. Reges Bedürfnis für Schulung liegt vor. 2.) Geschichtlicher Überblick oft nur mangelhaft vorhanden. Politische und wirtschaftliche Tagesereignisse vielfach unklar. 3.) Längs- und Querschnitte durch die deutsche Geschichte notwendig. Übersicht über die letzten Wochenereignisse erforderlich. Referate über Rechtswesen erwünscht. … 7.) Anschauungsmaterial, Zeitschriften, Bücher und Bilder wurden von dem Schulungsmann Bolling aus seiner Dienststelle (Schule) und aus seiner eigenen Literatur beschafft.«179

Während im Bremer Raum eine intensive Schulung organisiert wurde, scheint sie im Großraum Kiel (40. Standarte) im 2. Quartal 1936 nur unregelmäßig stattgefunden zu haben. Der Sturmbannschulungsleiter I meldete für die Stürme 3 und 4 in Bad Schwartau, Timmendorf und Neustadt lediglich jeweils einen Monatsvortrag »Blut und Boden I« und notierte eine schlechte Beteiligung unter anderem aufgrund von »Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft«. Der Sturmbannschulungsleiter II meldete für den Sturm 5 (Raum Neumünster) im April und Mai vier Termine, darunter zwei Lichtbildervorträge »Blut und Boden« sowie eine Vorlesung aus »Mein Kampf« und einen Vortrag »Warum wird über das Bauerntum geschult?«, gehalten von Einheitsführern. Im Sturm 7 (Bordesholm) wurde nur der Film »Blut und Boden I« vorgeführt, im Sturm 8 (Husum) dagegen war ein Lehrer – Heinrich Wulf – als Schulungsmann tätig und sprach über die Themen »1. Die deutsche Frau, 2. Kolonialfrage, 3. Ostraumpolitik, 4. Judentum«, während im Sturm 6 der Sturm-Führer Marquardt die Schulung offenbar alleine betrieb und nach eigenem Ermessen gestaltete; er hielt über diese Themen Vorträge:

92

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur 1. 2. 3. 4.

Aus Hitlers Leben Entstehung der Schutzstaffel Schrift des Reichsführers SS »Freimaurertum, Judentum, Bolschewismus«; Leithefte für April und Mai durchgenommen

Außerdem wurde der Film »Blut und Boden Teil I« durch Sturmbannführer Jungjohann vorgeführt. Joachim Caesar, der zu diesem Zeitpunkt noch Rassereferent des Oberabschnitts Nordwest war, unternahm im Juni eine Inspektionsreise durch Schleswig-Holstein zu den Standarten 40 (Kiel), 50 (Flensburg) und 53 (Heide). In den Einheiten der 40. Standarte war man zu diesem Zeitpunkt mit dem Leitheft 1 und 2 durch, in einem der drei Sturmbanne war auch der Lichtbildvortrag »Blut und Boden« vorgeführt worden, im 2. Sturmbann war man damit erst zur Hälfte durch, im 3. war der Film noch nicht gezeigt worden. Im Bereich der Standarte 50 hatten die meisten Stürme etwa die Hälfte des vorgeschriebenen Pensums erreicht; in drei der 12 Stürme, darunter der »Wachsturm auf Sylt«, hatte noch gar keine Schulung stattgefunden.180 Einen aufschlussreichen Bericht legte der für die 4. SS-Motorstandarte und den Nachrichtensturm in Hamburg zuständige Standartenschulungsleiter Niels Hansen für das 2. Quartal 1936 vor. Hansen, promovierter Germanist und Historiker, war Lektor bei der hanseatischen Verlagsanstalt in Hamburg, während des Krieges leitete er die Abteilung für Buchbeschaffung im SS-Schulungsamt. Er gehörte der SS seit 1933 an und wurde 1938 zum Untersturmführer ernannt. Hansen zeichnete ein insgesamt positives Bild der Schulung im Bereich der Standarte: Die Grundschulung anhand der Leithefte sei »im allgemeinen regelmäßig« durchgeführt worden, die Führer hätten »Verständnis für die Wichtigkeit der Schulung« und die SS-Männer zeigten reges Interesse: »Die Männer sind auch überall sehr dabei und machen gern den Schulungsdienst, der oft noch stundenlange außerdienstliche Debatten zur Folge hat, mit.« Zur Qualität der Schulung lieferte er folgende Erfahrungsanalyse, die ein Grundproblem, nämlich den verbreiteten Mangel an rhetorischen Fähigkeiten sehr gut beschrieb: »1) Der Idealfall: Der Sturmführer ist selbst ein guter Sprecher und Erzieher. Im Sturm 5/4, Hamburg und im Nachrichtenzug ist dies der Fall. 2) Der Sturmführer überläßt die Schulung einem guten Schulungsmann, wie er in der Stadt wohl in jedem Sturm zu finden ist. Sturm 4/4, Hamburg, sowie Bremen und Lübeck arbeiten gut in dieser Weise. 3) Der Sturmführer schult selbst, ist aber kein guter Sprecher. So sehr die Absicht zu loben ist: hier gibt es Schwierigkeiten, die manchmal nicht leicht zu beheben sind.«

Der Führer des Hamburger Nachrichtensturms Richard Günther, der zugleich als Schulungsleiter fungierte, löste die Vermittlungsprobleme, indem er Vorträge und Vorlesungen auf ein Mindestmaß beschränkte, weil die Männer sonst Ermüdungserscheinungen zeigten und den Dienst stattdessen als »Aussprache« gestaltete: »Aussprache geschieht von Mann zu Mann (Fragestellung: ›was sagen Sie dazu?‹ oder: ›wer antwortet?‹ usw.). Die Erfahrung zeigt zweierlei: 1) Die Aussprache ist recht lebhaft und fördernd. 2) der natürliche Glaube und das Empfinden unsrer Männer (Arbeiter, Angestellte) ist wundervoll und es überrascht, wie sehr sich gerade auch einfache, sog. »Ungebildete« mit den Problemen der Gegenwart auseinandersetzen.«181

Der Nachrichtensturm hatte, nebenbei bemerkt, im Februar einem Sondervortrag von Johann von Leers über »Kaisertum und Papsttum« beigewohnt und im März die

Beispiele aus der Schulungspraxis

93

Ausstellung »Rasse und Vererbung« in Hamburg besucht. Hansen listet in seinem Bericht für das 2. Quartal eine ganze Reihe von »besonderen Veranstaltungen« der Standarte auf, die hier unkommentiert wiedergegeben sei: »6.4.36: Schulungsabend für Führer und Unterführer des Standorts Hamburg und den Standartenstab. Anwesend ca. 30 Mann. Ustuf. Bürger sprach über rassische Geschichtsauffassung mit ausgezeichnetem Erfolg. 4.5.36: Schulungsabend für Führer und Unterführer des Standorts Hamburg und den Standartenstab. Anwesend ca. 30 Mann. Stubaf. Beyer sprach über Oesterreich unter größtem Interesse aller Beteiligten. 8.5.36: Besuch des Standartenschulungsleiters in Bremen zwecks Besprechung der dortigen Schulung…. 28.5.36: Schulungsabend für alle Hamburger Einheiten der Standarte und NachrichtenSturmbann 6. Anwesend ca. 250 Mann und ca. 40 Frauen. Nach einleitendem Niedersachsenlied wurde aus Sörensen, »Stimme der Ahnen«, vorgelesen und ein Gedicht »Frauen sind Heimat« von Herybert Menzel vorgetragen. Nach der Begrüßung durch den Standartenschulungsleiter sprach dann Stubaf. Ebrecht über Sippengedanken und deutschen Glauben. Sehr gutes Mitgehen aller Beteiligten, anschließend kameradschaftliches Beisammensein. 17.6.36: Führertagung der Standarte in Altona. Am Nachmittag Führerbesprechung mit allen Referenten im Sitzungssaal der Reemtsma-Fabrik. Anschließend Feierstunde am Kamin im Hause Alwin Reemtsma. Nach Liedern und Gedichten sprach Oberführer Hofmann über Führertum und anschließend Gruppenführer Lorenz. Alle Beteiligten waren stark gepackt. Es folgte gemeinsames Essen und kameradschaftliches Zusammensein. 21.6.36: Gelände- und Orientierungsfahrt zwischen Neumünster und Malente, ausgeschrieben von der Standarte. Beteiligung: Wehrmacht und SS. Im Anschluss an die Fahrt fand die Sonnwendfeier der Standarte statt…«182

Hansens Bericht illustriert zugleich die üblichen Aufgaben der Standartenschulungsleiter: Visiten und Besprechungen mit den Sturmbannschulungsleitern, eigene Schulungsabende für Führer und Unterführer der Standarte, Teilnahme an Tagungen. Der Terminplan des Standartenschulungsleiters Grafstedt erwähnt noch mehr Aufgaben, etwa die Vorbereitung und Durchführung von Sippenabenden und Trauungen, die zu den ohnehin anfallenden organisatorischen Aufgaben hinzu kamen; er veranschaulicht zugleich die dichte Terminfolge für die ja immer noch ehrenamtlich tätigen Schulungsleiter: »6.5. Besprechung wg. Schulung im Sturm mit St.f. 1/88 in Stade 15.5. mit Ab.-SL Hussmann nach Oldenburg, Sippenabend 17.5. Besprechung über Schulung mit Zugf. in Bremervörde 19.9. Vorbereitung 2. Sippenabend, 20.5. Sippenabend 22./23.5. Sippenabend in Rotenburg mit Ab-SL Hussmann 29.5. Besprechung mit Einheitsführer I/88 über Schulung und mit dem neuem Stuba-SL Schlitter über seine Aufgaben 5.6. Kulturabteilung des Abschnitts; Besprechung wg. Sippenabend 9.6. Vorbereitung Sippenabend in Lüneburg 11.6. Vortrag über 1. Schulungsfilm des RuSHA vor Standartenstab und Stab III/88 15./16.6. Vorbereitung und Durchführung einer SS-Trauung 17.6. Besprechung mit Stuba-SL I/88 in Bremerhaven 18./19.6. SS-Trauung 25.6. Vortrag über den 2. Schulungsfilm des RuSHA vor Standartenstab und Stab II/88 29.6. Ausstellung »Volkstum und Heimat« im Museumshof Domhof.«183

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Zu den Sippenabenden wurden die Angehörigen, d.h. Frauen und »Bräute« eingeladen. Grafstedt leitete die Abende zusammen mit dem Abschnittsschulungsleiter Dr. Hussmann, die Durchführung oblag dem »Kulturrat« des Abschnitts XIV, dem Hussmann vermutlich auch vorstand. Hussmann war Stationsarzt in Bremen, hatte aber auch einige Semester Vorgeschichte studiert und mit privaten Mitteln eine alt- und mittelsteinzeitliche Abteilung im Heimatmuseum Brinkum aufgebaut; beim 2. Sippenabend hielt er einen Filmvortrag »Unsere unbekannte Heimat«.184 Einige Einheiten bemühten sich besonders eifrig darum, die Angehörigen mit einzubeziehen. Die Hamburger Motorstandarte z. B. führte von Januar bis März 1936 allein vier »Feierstunden mit Damen (Frauen und Bräute)« jeweils sonntagabends im Sturmheim durch: »12.1.: SS-Dienst und Familie 9.2.: Aufgaben der SS in Bezug auf Familienleben, Gesittung usw. 10.3.: SS-Mann, Weib und Kind 30.3. dass.«185

Ähnlich vielfältig und heterogen wie im Nordwesten war die Schulungsrealität im Südwesten. Die von Hansen angesprochenen Probleme der Rhetorik werden auch in vielen Berichten aus dem Oberabschnitt Südwest erwähnt. Himmlers Befehl vom Januar 1936, nach dem jede Woche ein Abschnitt aus »Mein Kampf« und eine Erzählung aus dem Leitheft vorgelesen werden sollte,186 erleichterte zwar den Einheitsführern die Durchführung der Schulung, begünstigte aber Ritualisierungen, die nachlassende Aufmerksamkeit und Ermüdungserscheinungen zur Folge hatten. Ein Bericht des Schulungsleiters der 10. Standarte konstatiert: »Zu beanstanden ist nur, dass in einzelnen Fällen zu starr an den Leitheften festgehalten wird und die lebendige Beziehung zur Wirklichkeit und zum Leben selbst fehlt. Führer und Vertrauensmänner sind deshalb noch zum freien Vortrag zu erziehen, denn wo nur aus den Leitheften vorgelesen wird, muß der Erfolg ausbleiben.«187 Der Lehrer und Standartenschulungsleiter Ludwig Rösinger, der ein Jahr später Polizeischulungsleiter in Stuttgart wurde, berichtete: »Es erwies sich als wirksam, dass die richtungweisenden Vorträge sich nicht eng an die Leithefte hielten, sondern freie Gestaltungen darstellten. Das reichhaltige Material der Leithefte musste entsprechend beschnitten werden. Das Vorlesen ermüdete zum Teil sehr, besonders wenn nicht sehr geeignete Kräfte dafür zur Verfügung standen.«188 Der Rassereferent Süd konstatierte im ersten Quartalsbericht 1936: »In den Berichten der Schulungsleiter kommt verschiedentlich zum Ausdruck, dass gegen das Ablesen des Schulungsstoffes erhebliche Bedenken verschiedener Art bestehen.« Das Problem wurde vor allem rhetorisch unerfahrenen Einheitsführern und einer schlechten Zusammenarbeit zwischen Schulungsmännern und Einheitsführern angelastet. Der Standartenschulungsleiter 31, der Lehrer Josef Heigl, der gleichfalls später zum Polizeischulungsleiter berufen wurde, forderte deshalb, die Schulungsmänner wieder den Schulungsleitern zu unterstellen.189 In anderen Berichten wird ein verbreitetes Desinteresse der Einheitsführer an der weltanschaulichen Schulung beanstandet, die vielfach die Richtlinien zur Schulung in den Dienstplänen nicht berücksichtigten oder, wo dies geschah, sie nicht in die Tat umsetzten. »In der Truppe ist es meistens so«, beklagte der Abschnittsschulungsleiter von Karlsruhe Studienassessor Kunzmann, »dass kaum ein Einheitsführer in der Lage oder gewillt ist, die Schulung selbst durchzuführen. Er müsste dann nämlich etwas arbeiten.« Die Realität sähe dann oft

Beispiele aus der Schulungspraxis

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so aus: »So werden die Dienstabende mit dem Verlesen von Papierkrieg, Beitragseinzug, vielleicht etwas Kartenkunde ausgefüllt, und wenn es hoch kommt, hält dann ein Mann einen ›Schulungsvortrag‹, der selbst 1933 oder 1934 erst zur Bewegung gekommen ist.« Kunzmann schlug deshalb vor, Beförderungen an eine weltanschauliche Prüfung zu binden, »damit nur das zuverlässigste und wertvollste Material befördert wird. Bisher wurde nur auf das rein Exerziermässige Wert gelegt; der Erfolg ist der, dass heute weder das weltanschauliche noch das rein militärische Gebiet richtig durchgearbeitet ist, weil es einfach an der inneren sicheren Haltung vieler Führer fehlt, die selbst oft nicht wissen, warum sie SS-Dienst machen.«190 Kunzmann war für die 10., 62., 85. und 86. Standarte zuständig. Am besten werde in der 85. Standarte (Saarbrücken) geschult, am schlechtesten in der 62. (Karlsruhe). Schulungsleiter der 85. Standarte war der Lehrer August Kropp. Offenbar aufgrund seiner vorbildlichen Arbeit in der Standarte 85 wurde er später zum Polizeischulungsleiter beim IdO Koblenz bzw. Rhein-Westmark ernannt. Auch Kropp äußerte sich in seinen Berichten kritisch zur gängigen Praxis des Vorlesens aus »Mein Kampf«: »In den meisten Fällen fehlt hier bei den Männern das konzentrierte Interesse, das zum Verständnis des Verlesenen unbedingt notwendig ist.« Die Lichtbildervorträge kämen wegen ihrer Anschaulichkeit demgegenüber wesentlich besser an.191 In allen 12 Stürmen der Standarte war ein Schulungsmann eingesetzt, in der Regel fand einmal die Woche ein 2stündiger Schulungsabend statt, an dem nach dem Leitheft geschult wurde, zweimal im Quartal hielt der Sturmbannschulungsleiter den Lichtbildervortrag »Blut und Boden«. Die meisten Vorträge hielten Sturmschulungsmänner, aber auch Sturm- und Zugführer waren an der Schulungsarbeit beteiligt. Zur Veranschaulichung sei hier das Schulungstableau des 2. Quartals 1936 für den 7. und 8. Sturm wiedergegeben.192 Der 7. Sturm wurde wegen der Größe und der Entfernungen nach Zügen geschult. Der für beide Stürme zuständige Sturmbannschulungsleiter war der Volksschullehrer Kurt Stoll. Er gehörte der NSDAP seit 1933 an und war noch während der Verbotszeit Mitglied der saarländischen SS geworden. Stoll arbeitete später während des Krieges als Eignungsprüfer in Litzmannstadt und leitete 1944 die RuS-Außenstelle Linz.193 Sturmschulungsmänner waren der Diplomkaufmann Schössler, die SS-Männer Gräber, Willems und Volz, im 2. Zug des 7. Sturms nahm der Sturm-Führer Bierbaum, von Beruf Gewerbelehrer, die Schulung selber wahr.194 Aus Volz’ Bericht geht hervor, dass er sich die Arbeit mit dem Sturm-Führer teilte, indem er selbst die Abschnitte aus »Mein Kampf« und die geschichtlichen Erzählungen und Stoffgebiete übernahm, während der Sturm-Führer die Schulungsabende leitete und die allgemeine weltanschauliche Schulung wahrnahm.

1.4.

8.4.

Sturm 7, Zug 1 Folgen der Rassenmischung (SM Schössler)

Zug 2 Mein Kampf S. 441-451. – »Die Frauen von Tannö« (UScha. Bierbaum) Notwendigkeit der Teilnahme an der Gewinnung von Dietrich-EckartGrund u. Boden für Feier im Saalbau das Deutsche Volk (Schössler)

Zug 3 Gemäß Leitheft (SS-Mann Willems)

Sturm 8 Das Reichserbhofgesetz (SM Volz)

Gemäß Leitheft (SS-Mann Willems)

10 Gebote für die Gattenwahl (Volz)

96

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Sturm 7, Zug 1 15.4. Das Ostproblem. – »Bauer, Soldat, Jude« (Schössler)

Zug 2 Mein Kampf 748-757. Ostpolitik »Der Untergang des römischen Bauerntums« (SS-M. Gräber) Wie Zug 1

Zug 3 Gemäß Leitheft (SS-Mann Willems)

Ostpolitik. »Bauer, Soldat, Jude« (Bierbaum)

Gemäß Leitheft (SS-Mann Willems)

Wie Zug 1

Wie Zug 1

13.5. Ausgefallen; Besichtigung des Sturms durch HStuf. Stemmler

Wie Zug 1

Wie Zug 1

20.5. Judentum und Christentum (SL Stoll) 27.5. Das Judentum und seine verderblichen Einflüsse (Schössler)

Wie Zug 1

Wie Zug 1

Mein Kampf 329-337. – »Protokolle der Weisen von Zion« (Bierbaum) Mein Kampf 337-347. – »Die Geschichte des reichen Juden Mosse aus Regensburg« (Gräber) Mein Kampf 347-356. – »Jüdische Sandsäcke« (Gräber)

Mein Kampf 329-337. – »Protokolle der Weisen von Zion« (Willems)

23.4. Blut und Boden I (SL Stoll)

29.4. Ostpolitik und Ostorientierung; »Grenzerschicksal« (Schössler) 6.5. Ausgefallen; Exerzierdienst

3.6.

»Jüdische Sandsäcke« (Schössler)

10.6. Mein Kampf: 337-347. Das Zinsproblem (Schössler)

Sturm 8 »Grenzerschicksal«; »Geschichte des Deutschen Ritterordens«; Führerrede am Bückeberg (Volz) 22.4.: Die deutsche Judengesetzgebung. Der Fall Seefeld (Volz) Blut und Boden I (SL Stoll)

Bedeutung der Judenfrage für die SS; Das Selbstbildnis der Juden; Judentum – Christentum (Volz) »Der Mayer Amschel aus der Hinterpfann«. – Entwicklung des Judentums in Deutschland; Die Prokolle der Weisen von Zion (Volz) Vorbereitung für die SS-Sippenfeierstunde am 24.5. Geschichte der Bewegung 1923-33 (Volz)

Mein Kampf Wegen Fehlens des 337-347. – »Jüdische Leitheftes 4 Sandsäcke« Kompass-Lehre und Geländeschulung

Mein Kampf Besuch eines 347-356. -»Die Lichtbildervortrags Geschichte des »Erbkranke« reichen Juden Mosse aus Regensburg« (Willems)

Beispiele aus der Schulungspraxis Sturm 7, Zug 1 17.6. Blut und Boden II (Stoll)

Zug 2 Wie Zug 1

Zug 3 Wie Zug 1

24.6. Mein Kampf: 282-292. »Logenhände – Judenhände« (Schössler)

»Logenhände – Judenhände« (Gräber)

»Logenhände – Judenhände« (Willems)

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Sturm 8 Vorbereitung für die Sonnwendfeier. »Logenhände – Judenhände« (Volz) Blut und Boden II (Stoll)

Die Folge der Vorträge und ihre thematische Ausrichtung waren ähnlich wie im Fall der zuvor erwähnten 88. Standarte. Abweichungen von den durch das Leitheft vorgegebenen Themen kamen seltener vor und eigene Akzente der Schulungsmänner und -leiter sind kaum auszumachen. Auch hier gab es aber besondere Veranstaltungen und Aktivitäten, wie den Besuch der Ausstellung »Volk und Rasse« und die Vorführung des Films »Erbkrank«. Für die Führer und Schulungsleiter der Standarte organisierte Kropp am 20. Juni eine Besichtigung der Heil- und Pflegeanstalt Merzig: »Im Anschluss an einen sehr lehrreichen Vortrag des Direktors der Anstalt fand ein Gang durch die verschiedenen Abteilungen statt. Die Besichtigung dauerte 3 ½ Stunden.« Weiterhin vereinbarte Kropp Führungen durch die Museen der Region, die nach dem Sommerurlaub beginnen sollten. Kropp entwickelte eine beachtliche Aktivität und wird sich auch dadurch für ein höheres Amt empfohlen haben: Neben den üblichen Tätigkeiten eines Standartenschulungsleiters übernahm er selber die Lichtbildervorträge für den 1. Sturmbann, die Schulung des Higa-Sturms195 und des 2. Sturms – Kropp war der Ansicht, »dass zu einer erfolgreichen Schulungstätigkeit die engste Verbindung des SL mit einer Einheit die selbstverständlichste Voraussetzung ist.« Damit hatte er als ehrenamtlich tätiger Schulungsleiter dreimal die Woche einen Schulungstermin zu wahrzunehmen; hinzu kamen zwei 2stündige Sprechstunden, in denen er unter anderem Beratungsdienste für die Beschaffung von Dokumenten und das Ausfüllen von Formularen für das Sippenamt leistete. Kropp sah sich aber auch in einer »seelsorgerischen« Rolle: »Die Staffelmänner und deren Angehörige suchen die SL auf, um von ihnen Rat in allen möglichen Lebenslagen zu erhalten. So besuchte den Standartenschulungsleiter kürzlich die Mutter eines SS-Kameraden, um von ihm Aufklärung über die ihrer Auffassung nach eigenartige geistige Entwicklung ihres Sohnes zu erhalten. Gerade diese Form der Betreuung ist besonders erfolgreich, nimmt andrerseits aber sehr viel Zeit in Anspruch.«196

Wohl auch deshalb war Kropp bestrebt, die Angehörigen der SS-Männer möglichst häufig mit einzubeziehen. Er lud sie nicht nur zu Feierstunden und Sippenabenden ein, sondern auch zu den Lichtbildervorträgen oder zu besonderen »Lichtbilderabenden«: »Diese Form der Schulung hat neben der Wirkung auf die Angehörigen den Vorteil, dass sich der Staffelmann im Kreise seiner Angehörigen über den Schulungsstoff äußern muss, was wieder eine Aufmerksamkeitssteigerung für die übrigen Schulungsabende mit sich bringt.« Kropp beklagte aber auch den »mangelnden Wissens-

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

trieb« vieler SS-Männer und Einheitsführer und schlug wie Kunzmann vor, den »fehlenden Bildungswillen zwangsläufig herbeizuführen dadurch, dass bei Beförderungen eine Prüfung stattfindet, die in einfachster Form das weltanschauliche Besitztums des Prüflings feststellt.«197 Mehrere Standarten des Oberabschnitts Südwest waren bereits im Frühjahr 1936 dazu übergegangen, eigene Prüfungen durchzuführen, um den Kenntnisstand der Männer und Unterführer zu ermitteln.198 Generell war man in der SS zu diesem Zeitpunkt bestrebt, das Leistungsprinzip auch in weltanschaulichen Dingen verstärkt durchzusetzen. So kündigte Theodor Eicke im April 1936 für die Totenkopfverbände an, Aufstieg künftig an Leistungsprüfungen zu binden, die vor allem über die innere Einstellung und die weltanschauliche Haltung Aufschluss gaben. Der Oberabschnitt Elbe ordnete im Herbst 1936 an, Beförderungen nur noch nach Ablegung einer dienstlichen Leistungsprüfung vorzunehmen, die auch die weltanschauliche Schulung einschloss. Um einen Überblick über den Kenntnis- und Wissensstand der Führer und Unterführer zu erhalten, erging gleichzeitig der Befehl, dass sämtliche Führer von Stürmen, Zügen und Gruppen sich einer solchen Prüfung zu unterziehen hätten – hier nahm der Oberabschnitt Himmlers Überprüfungsbefehl vom Herbst 1937 vorweg. Für die weltanschauliche Überprüfung wurden 12 Fragen und Themen mit dazugehörigen Antworten zusammengestellt. Darunter Fragen wie »Wer ist Volksgenosse? Warum verlangt die SS den arischen Nachweis bis 1800? Welches sind die wichtigsten Daten im Leben des Führers? Was ist Bolschewismus, Demokratie, Liberalismus? Was ist Freimaurerei?« Verlangt wurde u. a. ein kurzer Vortrag über die Notwendigkeit des Verlobungs- und Heiratsbefehls, über »Gesundes Bauerntum, gesundes Volk« und ein »kurzer Vortrag wie der SS-Mann z. Zt. den Juden am wirksamsten bekämpft« – als Antwort war vorgegeben: »Anpöbeln oder Tätlichkeiten vermeiden. Rücksicht auf Ausland. Aufklären im Sippen- und Bekanntenkreis über Judentum. Nicht bei Juden kaufen, auch nicht indirekt, keine jüdischen Ärzte und Rechtsanwälte.« Über die Themen war ein kurzer Vortrag in Unterrichtsform zu halten: »Der Mann soll über diese Fragen selbst im Bilde sein, soll sich damit befassen und endlich Untergebenen darüber Unterricht geben können.« 199 Im Verlauf des Jahres 1936 hatte sich eine Schulungspraxis etabliert, die sich bis zum Beginn des Krieges nicht mehr nennenswert änderte: Wochenschulung nach dem Leitheft in den Stürmen, Monatsschulung durch die Sturmbannschulungsleiter. Die Aufgabenteilung sah so aus, dass Rassereferenten und Abschnittsschulungsleiter hauptsächlich mit der Organisation und Überwachung des Schulungswesens, der Auswahl und Einsetzung von Schulungsleitern und der Durchführung von Lehrgängen und Schulungsabenden für Schulungsleiter, Einheitsführer und Stabsangehörige beschäftigt waren; mit der Inspektion ihres Gebietes waren zumeist lange Reisen verbunden. Die Standartenschulungsleiter koordinierten die Arbeit im Bereich der Standarte, führten die Aufsicht über die Sturmbannschulungsleiter, wiesen sie in ihre Arbeit ein, besuchten ihren Unterricht und gaben Ratschläge zur Verbesserung ab, sie stellten die Verbindung zu den Führern der Standarte her und besprachen mit ihnen die laufende Schulung. Darüber hinaus berieten sie die Angehörigen der Standarte in allen Angelegenheiten, die die Durchführung des Verlobungs- und Heirats-

Beispiele aus der Schulungspraxis

99

befehl betrafen und übernahmen oft allgemeine Aufgaben der Lebensberatung bis hin zur Arbeitsvermittlung. Die Sturmbannschulungsleiter, die in der Regel für drei bis vier Stürme zuständig waren, hielten meistens reihum in den Stürmen die besonderen Lichtbildervorträge, übernahmen aber auch oft dort, wo ein Schulungsmann fehlte, die wöchentliche Sturmschulung oder berieten die Sturm-Führer bei der Organisation und Durchführung der Schulung. Die wöchentliche Schulung war im Grundsatz Aufgabe des Sturm-Führers, wurde aber noch längere Zeit vielfach von Schulungsmännern und -leitern wahrgenommen; manchmal teilten sich Einheitsführer und Schulungsmann die Arbeit, manchmal delegierte der Sturm-Führer die Vorträge und Vorlesungen von Fall zu Fall an einen geeigneten Unterführer des Sturms.200 All diese Funktionen, die bis auf die Tätigkeit der Rassereferenten ehrenamtlich waren, setzten ein hohes Maß an Mobilität und ein starkes Engagement voraus, denn sie waren oft mit einem beträchtlichen Arbeitsaufwand verbunden und erforderten einen hohen persönlichen Einsatz – dies galt vor allem für die Standarten- und Sturmbannschulungsleiter. Die Schulungspraxis der folgenden Jahre lässt sich an mehreren Beispielen veranschaulichen. Umfangreiches Material ist vor allem aus den Oberabschnitten Südwest und Fulda-Werra erhalten. Der RuS-Führer Südwest gab spätestens ab Herbst 1937 laufend sehr ins Detail gehende Ausbildungspläne heraus, die sogar exakte Zeitvorgaben enthielten:201

Dienstzweig

1.-3. Woche April 1938

SonntagsDienst

Wiederholung: a) Weltanschauliche Schulung: Germanische Vor- und Frühgeschichte vor Beginn der Geschichtsschreibung Der Weg zur heutigen blutsmäßigen Zerrissenheit des Deutschen Volkes Das Werden des Deutschen Reiches b) Formaldienst: Stellung und Haltung Schau-Exerzieren Zug-Exerzieren

Unterrichtswerk

Seite

Zeit

Leitheft 1

21-26

30 Min.

Leitheft 2 Leitheft 3 Leitheft 4

26-28 46-51 6-12

45 Min.

Leitheft 3 Leitheft 4

46-51 6-12

SS-DV. Nr. 5

12-36

20 Km-Marsch ohne Gepäck, Kühlwein verbunden mit Marschsiche- Felddienst-ABC rung u. Spähtruppaufgaben

81-88 und 96-98

45 Min.

8 Uhr bis 13 Uhr

100

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur Dienstzweig

HauptDienstTag 4. Woche April 38 25.-30.4. 1938

a) Weltanschauliche Schulung: Erziehung zum Rassesinn Kein geistiger Drill des Durchschnittsmenschen, sondern Auslese des wirklich Tüchtigen Die Schlacht am Kremmer Damm Georg von Frundsberg Pause Unterricht Gewehr 98 Meldungen b) Formaldienst

Unterrichtswerk

Seite

Zeit

Mein Kampf

475-476

Mein Kampf

477-480 Abs. 1

15 Min.

Leitheft 8

5-10

15 Min.

Leitheft 8

11-19

20 Min. 10 Min.

Kühlwein Schützen-ABC dto. SS-DV. Nr. 5

9-15 114 I 11-25

30 Min. 15 Min. 40 Min.

usw. Hier stand das vorgeschriebene Geschichtscurriculum auf dem Programm. Im März 1938 waren außer der Lektüre von »Mein Kampf« diese Themen angeordnet worden: – Wochendienst: Das späte Mittelalter. Das Werden der deutschen Einzelstaaten; Aus deutscher Geschichte (60 und 20 Min.) – Sonntagsdienst: Politische Lage. Unterricht über den Gegner (60 und 40 Min.) – Wochendienst: Graf von Habsburg; Die Glocken von Avignon (2mal 40 Min.) – Wochendienst: Die goldene Bulle; Das sudetendeutsche Problem (2mal 30 Min.) – Sonntagsdienst: Politische Lage. Die »Judenverfolgungen« im Mittelalter (60 und 50 Min.) – Wochendienst: Hussitenkriege; Deutschenhasser (2mal 60 Min.)202

Der RuS-Führer bzw. sein Schulungsreferent legte also einen Rahmenplan fest, den die Standartenführer für die Stürme in ihrem Bereich dann umsetzen mussten. Die Anordnungen wurden, wie zahlreich erhaltene Berichte aus den Jahren 1937/38 belegen, weitgehend befolgt und stiessen offenbar auch meistens auf Interesse, auch wenn es immer wieder Verständnisprobleme gab oder andere Fragen, etwa nach dem Umgang mit Kirche und Religion auftauchten, auf die die Schulungsleiter vor Ort eingehen mussten, so dass es zu Abweichungen oder Verzögerungen im Plan kam.203 Einen Einblick in den Dienstalltag und die Schulungspraxis vermitteln zwei aus den Jahren 1937 und 1938 erhaltene Diensttagebücher von SS-Stürmen aus dem Oberabschnitt Südwest. Für die Zeit von Januar bis Dezember 1938 ist das Tagebuch des Offenburger SS-Sturms (7/86.) erhalten.204 Die Mitglieder des Sturms trafen sich in der Regel jeden Donnerstag und Sonntag. Donnerstagabends fanden in Räumen der Handelsschule, später des Gymnasiums Vorträge durch einen Schulungsmann oder den Einheitsführer statt, allerdings nicht regelmäßig, da viele Termine aufgrund von Sonderaufgaben ausfielen. An den Dienstabenden wurden außerdem Befehle verlesen und aktuelle Ereignisse besprochen. Der Sonntagvormittag war vor allem dem Wehr-

Beispiele aus der Schulungspraxis

101

sport – Schießübungen, Waldlauf, Übungen für das Sportabzeichen etc. – gewidmet. Ein Themenplan für die weltanschauliche Schulung lässt sich anhand der Aufzeichnungen nicht rekonstruieren, da nur gelegentlich Vortragsthemen notiert werden: »Alles ist Kampf«, »Die Jugend des Führers« oder »Mein Kampf: Wiener Lehr- und Herrenjahre« – ein Schwerpunkt war im Sommer offensichtlich Hitlers Lebensgeschichte. Zum Thema »Alles ist Kampf« hielt der Sturmbannschulungsleiter Würfel einen Lichtbildervortrag. Würfel, von Beruf Landwirtschaftslehrer, hatte schon im Vorjahr die Lichtbildervorträge über »Blut und Boden« und »Judentum« in Offenburg gehalten. Im Anschluss an die Schulungsvorträge wurde auch über aktuelle Ereignisse gesprochen wie die Vorgänge in Österreich und den Sudeten. Im Juni sprach der Führer der Standarte, Stubaf. Greulich über »Dachau« und über die Entwicklung der 86. Standarte; im November lag ein Schwerpunkt auf »Geschichte, Aufgaben und Organisation der SS«. Der Sturm wurde im Verlauf des Jahres mehrfach zu Sonderaufgaben herangezogen: Absperrdienst bei Kundgebungen und Feiern und andere Ordnungsdienstleistungen für die NSDAP in Offenburg, die Vorbereitung und Durchführung der Sonnwendfeiern und des Julfestes »in eigener Sache«, Absperrdienste beim Reichsparteitag und beim Empfang des ungarischen Reichsverwesers Horthy in Nürnberg – von Mitte August bis Mitte September kam der Schulungsbetrieb aufgrund dieser Absperrdienste ganz zum Erliegen. Im September war man außerdem noch mit der Aufstellung von Karteikarten für den Mobilisierungsfall beschäftigt; am 22.9. setzte der reguläre Dienstbetrieb wieder ein, musste aber erneut unterbrochen werden, weil die meisten Männer zu Übungen der Wehrmacht eingezogen waren. Erst am 13.10. konnte der reguläre Dienstbetrieb wieder aufgenommen werden. Besonders dicht waren die Aktivitäten im November 1938; wie selbstverständlich fügt sich die Festnahme und Deportation der Offenburger Juden in den laufenden Dienstbetrieb: 9.11. Kranzniederlegung und Wache am Denkmal der Gefallenen von 1871; 19.00 Antreten zum Absperren des Platzes für die Feier der Toten vom 9.11.23; 20.00 Aufnahme von HJAngehörigen, 24.00 Vereidigung der SS-Bewerber. 10.11. »Sturm alarmiert zur Durchführung des Befehls betr. Vergeltungsmaßnahmen«; 70 Juden wurden festgenommen und ins Gefängnis gebracht, dort wurden Wachen aufgestellt, eine weitere Wache vor der Synagoge, jüdische Geschäfte wurden geschlossen; 2300 Juden wurden zum Bahnhof gebracht und nach Dachau transportiert. 17.11. Schulung (46 Mann): Geschichte der SS, Sport 19.11. Propagandamarsch des Standortes durch Offenburg, anschließend öffentliche Versammlung.

Am 24.11. folgte ein Schulungsabend über »Aufgaben und Organisation der SS«, in der Woche darauf gab es einen Vortrag über den Vierjahresplan, am 7.1. fand ein Kameradschaftsabend statt, zu dem auch Angehörige der HJ und des BdM geladen waren; der Stuba-Schulungsleiter UStuf. Bähr, von Beruf Volksschullehrer, sprach über »die Stellung der Frau bei den Germanen, im Christentum und heute«.205 Am nächsten Tag besuchte man die Parteiversammlung der NSDAP in Offenburg. Am 15.12. war wieder regulärer Sturmdienst mit einem weiteren Vortrag des Sturmbannschulungsleiters. Ausführlicher berichtet das aus dem Jahr 1937 erhaltene Diensttagebuch des Stuttgarter Nachrichtensturmbanns (2/2.) über den weltanschaulichen Unterricht im Rahmen des allgemeinen Dienstes:

102

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur 7.1.37 Vortrag über die Ereignisse in Spanien 10.1. Schießübungen 12.1., 20 Uhr: Belehrungen, 21-22 Uhr UScha. Schmidt über Stellung, Aufgaben und Pflichten des SS-Mannes im NS-Staat 14.1., 20-20.50 Uhr WS: Deutsche Lebensauffassung, danach Gerätekunde 19.1., 20-20.50 Einüben des Niedersachsenliedes; WS: »Der neue Sinn des Lebens« 21.1., 20-21.30 Lichtbildervortrag »Blut und Boden« (Kunzmann) 2.2. WS (unlesbar) 11.2. Blut und Boden II (Kunzmann) 16.2. Die Pflichten des SS-Mannes im Staat; Einüben des Liedes »Der Herbstwind fährt übers Stoppelfeld« 18.2. WS: Heldengedenktag 23.2. Aussprüche bekannter Führer der Vergangenheit 25.2. Der Rassengedanke in der Volksgemeinschaft 9.3. »Judentum«, Lichtbildervortrag (Kunzmann) 11.3. »Persönlichkeit und Individuum« usw.206

Die Schulungsabende bestritt bis Anfang April ein Unterscharführer Schmidt, die Lichtbildervorträge hielt der Sturmbannschulungsleiter Studienassessor Willi Kunzmann. Ab April 1937 wechselten sich Schmidt und der Einheitsführer UStuf. Roederer in der Durchführung der weltanschaulichen Schulung ab. Die Einträge nennen jetzt keine Themen mehr sondern lauten nur »Grundschulung«, etwa zweimal die Woche. Im Juni wurde der Schulungsbetrieb unterbrochen durch die Vorbereitungen für die »Sonnwendfeier«. Ab August werden wieder Themen genannt; offenbar hatte man die Grundschulung inzwischen abgeschlossen und mit dem Geschichtszyklus begonnen, der den Leitheften des 3. Jahrgangs zugrunde lag und der die SS-Männer jetzt anhand des gerade herausgekommenen Leitheftes 3/1937 in die altgermanische Zeit zurückführte: 3.8. Aus der Zeit der Völkerwanderung 5.8. Die germanischen Volksstämme und ursprüngliche Wohnsitze derselben 12.8. Die Wanderung der Bastarnen; Mein Kampf; Leith. 19.8. Der Zug der Kimbern und Teutonen; Mein Kampf; Leith. 26.8. Ariovist und Caesar; Mein Kampf; Leith. 2.9. Armin der Cherusker, der Befreier Germaniens; Aus der Praxis des Sippenamtes usw.

Umfangreiche Dienstpläne sind unter anderem auch für den Weimarer Sturmbann II/47 erhalten, für den sich eine durchgehende Schulung von 1936 bis zum August 1939 dokumentieren lässt. Die Dienstpläne aus dieser Zeit sahen regelmäßig 3 bis 4 Termine die Woche vor: Im Mai 1938 z. B. einmal Sport im Freien und jeweils ein Abend »Unterricht im Exerziermarsch«, ein Abend weltanschaulicher Unterricht nach dem Leitheft sowie ein Abend »Verleseappell mit Kameradschaftsabend«; zweimal im Monat war Sonntagsdienst (»Ausmarsch« und Schiessen), jeden Donnerstag fand in einem der vier Stürme ein Sturmbannschulungsabend statt – reihum in Eisenberg, Weimar, Jena und Apolda. Das gleiche Schema einschließlich des Donnerstagstermins für den Sturmbannschulungsabend war noch für den September 1939 angesetzt. Die Sturmschulung wurde in den Stürmen und ggf. Zügen durchgeführt und fand an verschiedenen Orten statt – in Weimar wurde die Schiller-Schule genutzt, in Jena die

Beispiele aus der Schulungspraxis

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Polizeikaserne, in Eisenberg traf man sich in einem Kaffeehaus.207 Sturmbannschulungsleiter war der Volksschullehrer Haugk, dann der Studienassessor Dr. Bürger – Bürger hatte Expertenwissen aus erster Hand bezogen, denn er war Assistent und Doktorand bei Hans F. K. Günther in Jena gewesen.208 Wie an allen Standorten des OA Fulda-Werra fand in Weimar im Frühjahr 1939 eine Sonderschulung statt, in der Himmlers Rede »Die SS als antibolschewistische Kampforganisation« behandelt wurde.209 Ansonsten wurden in den meisten Einheiten des Oberabschnitts die bekannten Themen der Sturmbannschulung durchgenommen, ergänzt um die Leitheft-Schulung in den Stürmen. Der Schulungsleiter des Pioniersturmbanns 3 (Arolsen) Hans Eichler zum Beispiel hielt im Februar und März 1939 in den drei Zügen des Sturmbanns außer den Sondervorträgen zur Himmler-Rede die Lichtbildervorträge »Judentum«, »Bolschewismus« und »Deutsche Geschichte«. Den Lichtbildervortrag über die Freimaurerei hatte er bereits im November und Dezember 1938 gehalten. Eichler, promovierter Diplomvolkswirt, war Personalchef der Fieseler Flugzeugbau in Kassel; er war 1933 der NSDAP beigetreten, hatte Lehrgänge an der Gauführerschule der Partei und der RuS-Schule Grunewald besucht und war seit 1934 als Schulungsleiter der SS tätig.210 Im gleichen Zeitraum hielt der Stuba-Schulungsleiter Huffmann, ein promovierter Jurist, vor allem Vorträge über die Themen »Judentum«, »Bolschewismus« und »Deutsche Geschichte« (Vorgeschichte). Im 1. Quartal 1939 absolvierte Huffmann insgesamt 16 Termine reihum in den Stürmen, zu denen fünf Schulungsveranstaltungen für die Ordnungspolizei hinzukamen; zu einigen Vorträgen wurden auch die Frauen der SS-Männer und Angehörige von HJ und BDM eingeladen: 9.1.: Aufgaben der SS (5. Sturm) 10.1. Schulungsvortrag nach Dienstplan der Orpo 12.1. Schulungsvortrag nach Dienstplan der Orpo 13.1. Rasse und Vererbung (6. Sturm) 20.1. Judentum, Bolschewismus (6. Sturm) 29.1. Judentum, Bolschewismus (7. und 8. Sturm) 2.2. Judentum, Bolschewismus (6. Sturm, mit Frauen) 4.2. Judentum, Bolschewismus (5. Sturm, mit Frauen, HJ-Führern und BDM-Führerinnen) 8.2. Judentum, Bolschewismus (8. Sturm) 9.2. Schulungsvortrag nach Dienstplan der Orpo 14.2. Judentum, Bolschewismus (7. Sturm) 16.2. Judentum, Bolschewismus (6. Sturm) 17.2. Kampf gegen übervölkische Mächte in Vergangenheit und Gegenwart (insbesondere Verjudung) (5. Sturm, mit Frauen etc.) 22.2. Judentum, Bolschewismus (8. Sturm) 24.2. Schulungsvortrag nach Dienstplan der Orpo 9.3. Schulungsvortrag nach Dienstplan der Orpo 11.3. Kampf gegen übervölkische Mächte in Vergangenheit und Gegenwart (insb. Verjudung) (5. Sturm, mit Frauen etc.) 15.3. Vorgeschichte (8. Sturm) 16.3. Vorgeschichte (7. Sturm) 22.3. Vorgeschichte (8. Sturm)211

An allen Standorten stand im ersten Quartal des Jahres 1939 das Thema »Judentum und Bolschewismus« im Vordergrund. Ein Bericht des Schulungsleiters der 83. Stan-

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

darte ging etwas mehr ins Detail und lässt vermuten, dass es sich keineswegs um oberflächliche Indoktrinierung handelte. Bis zum 19.3.1939 waren folgende Themen zur »Judenfrage« im 2. Sturmbann behandelt worden: »Die rassische Zusammensetzung des jüdischen Volkes; Geschichte des jüdischen Volkes; Bolschewistische Gesinnung im alten Testament; Talmud und Schulchran Arud; Die Protokolle der Weisen von Zion«.212 In den Monaten April und Mai wurde der Lichtbildervortrag »Osterbrauchtum« wieder hervorgeholt; vereinzelt wurde wieder über die Freimaurerei geschult, in den Vordergrund rückte aber in den folgenden Monaten die deutsche bzw. »germanische Geschichte«. Hier offenbarten sich rasch Kenntnislücken, so dass im August 1939 ein 5tägiges Schulungslager für Schulungsführer zu vor- und frühgeschichtlichen Themen angesetzt wurde. Das Lager fand in Dingsleben bei Hildburghausen statt; in der Nähe befand sich die paläontologische Sammlung, die der Arzt Hugo Rühle von Lilienstern, der Vater des Hildburghausener Schulungsleiters Hans Rühle von Lilienstern dort angelegt und 1934 eröffnet hatte und die die Lehrgangsteilnehmer besuchten. Neben Vor- und Frühgeschichte standen auch andere Themen auf dem Programm. RuSFührer Schwalm hielt den Einleitungsvortrag, Schwalms Schulungsreferent Götz von Rautenfeld sprach über »Ostdeutsche Kolonisation«, der Weimarer Studienrat und Hauptschulungsleiter Josef Riederer über das »Judentum in Osteuropa«. Der 2. Referent des RuS-Führers, Ferdinand Oehl hielt einen Vortrag über »Die Erde als Himmelskörper« und zeigte dazu den Film »Was ist die Welt«, der Hildburghausener Mittelschullehrer Hugo Wildfeuer, Rassewart beim Thüringischen Landesamt für Rassewesen und Mitarbeiter des RuS-Führers für Fragen der Früh- und Siedlungsgeschichte sprach über »Die Entstehung der Erde und des Lebens« – man wollte es möglichst breit und grundsätzlich angehen, denn Ziel des Schulungslagers war die »Ausrichtung der Schulungsführer in Fragen der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte sowie der Frühgeschichte«. Die Einführung in die Frühgeschichte übernahm schließlich Erwin Schirmer, »Fachmitarbeiter für Frühgeschichte« beim SS-Abschnitt XXVII. Schirmer, der unter anderem auch bei Hans F. K. Günther studiert und 1937 in Jena promoviert hatte, war Ausgrabungsleiter und Leiter des Museums für Vorgeschichte in Weimar.213 Die Tagung in Dingsleben wurde durch den Besuch der Sammlung Rühle und eine Wanderung auf den Großen Gleichberg, eine Morgenfeier und einen Dorfgemeinschaftsabend aufgelockert; die Unterbringung der Teilnehmer in Bauernquartieren der Umgebung, die der Bürgermeister und Bauernreferent Alfred Kirchner vorbereitet hatte, sorgte für die innige Verbindung zum Bauerntum. Vor der Schlußansprache Schwalms hielt Riederer noch einmal einen Vortrag über das Judentum – »Der Einfluß des Weltjudentums auf die Politisierung der Konfessionen« – der den großen Bogen zum Kampfauftrag der Gegenwart wiederherstellte.214

Fortbildungsveranstaltungen für Schulungsleiter und Einheitsführer Für den Oberabschnitt Fulda-Werra läßt sich über Jahre hinweg eine dichte Folge von Schulungslagern und Tagungen für Schulungsleiter und Einheitsführer nachweisen. Zum Beispiel fand im Februar 1936 ein dreitägiger Schulungskurs an der »Kurhessischen Bauernschule Landau« statt, der in die Grundschulung einführen sollte. Der

Beispiele aus der Schulungspraxis

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Kreisbauernführer, Bauernreferent und Standartenschulungsleiter Sinning hielt Vorträge über die Themen »Warum Schulung in der SS« und »Der Begriff ›Blut‹ als Grundlage nationalsozialistischer Weltandschauung«, Landrat Dr. Konrad Fischer, auch er Bauernreferent und Schulungsleiter, sprach über »Deutsche Frühgeschichte«. Für »gegnerkundliche« Themen hatte man Werner Best (»Der weltanschauliche Kampf der Gegenwart«) und Waldemar Klingelhöfer (»Freimaurertum«) vom SD gewinnen können, Henning von Lepel, Bauernreferent und Leiter der Bauernschule referierte über »Zweck und Ziele des Reichsnährstandes und die Bedeutung der Bauernschule innerhalb dieser Aufgabe«. Am zweiten Tag folgten Vorträge über »Die Gesittung des Indogermanentums«, »Nordische Frömmigkeit im Gegensatz zum Dogma«, »Die Vernichtung germanischen Freibauerntums und der Kampf Kaiser – Papst im Mittelalter«, »Der Nordische-politische Gestaltungswille in der Zeit der Überfremdung«, »Volkstumsarbeit als politische Aufgabe« und »Neubildung deutschen Bauerntums«, den Abschlussvortrag hielt der RuS-Führer Schwalm über »Sippengedanke und rassische Auslese der SS«.215 Im April 1936 folgte eine Schulungsleiter-Tagung im Jagdschloss Kranichstein bei Darmstadt, die der Auswahl von Schulungsleitern diente: Für Schulungsmänner, die als Sturmbannschulungsleiter vorgesehen waren, wurden Kurzreferate zur Rassenkunde angeordnet. Abends traf man sich zu einem Kameradschaftsabend mit Frauen. Im August 1936 veranstaltete man erneut ein Schulungslager in Darmstadt, das mit einem »Sippentag« und einem Kameradschaftsabend mit »Frauen und Bräuten« verbunden war. Im Dezember 1936 fand eine Tagung der Abschnitts- und Standartenschulungsleiter in Arolsen statt, auf der eine kritische Zwischenbilanz für das Jahr 1936 gezogen wurde: Vielfach wurde ein geringes Interesse der Einheitsführer an der Schulungsarbeit und eine schlechte Zusammenarbeit zwischen Einheitsführern und Schulungsleitern moniert, in vielen Gebieten werde deshalb nur eine 50%ige Teilnahme der SS-Männer an den Schulungsabenden erreicht. Um die Voraussetzungen der Arbeit zu verbessern, sollten gemeinsame Schulungslager für Einheitsführer und Schulungsleiter organisiert werden. Daraufhin wurden Anfang 1937 für jede Standarte Schulungslager von jeweils 5 Tagen Dauer angeordnet.216 1938 wurden erneut Schulungslager für alle Standarten durchgeführt. Im Frühjahr 1938 fanden vier Wochenendkurse zur »einheitlichen Ausrichtung des Führerkorps« statt, an der Einheitsführer, Referenten und Schulungsleiter teilnahmen. Zur besseren Vorbereitung wurde ein Fragebogen erstellt, der die Voraussetzungen der Lehrgangsteilnehmer erfassen sollte: »1) Haben Sie bereits in einer Einheit geschult? – In welcher? 2) Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Schulungsarbeit in der SS? 3) Können Sie frei im Zusammenhang reden? Über welche Gebiete? 4) Seit wann sind Sie mit der Führung der Einheit beauftragt? 5) An welchem Lehrgang haben Sie teilgenommen? a) weltanschaulich (Zeit, Ort), b) militärisch (Zeit, Ort) 6) Gehören Sie einer Konfession an? Welcher? 7) Weshalb sind Sie aus der Kirche ausgetreten?«217

Auf einem Wochenendlager der Standarte 83 wurden erneut Experten des SD zu den Vorträgen herangezogen; unter anderem referierte Untersturmführer Hoffmann vom SD Fulda-Werra über »Die Entwicklung des Judentums unter besonderer Berücksichtigung der Nürnberger Gesetze«. Die Teilnehmer mussten eine Klausur schreiben, bei der eine Liste von 27 Fragen mit kurzen Antworten abzuarbeiten war: »1. Welches ist

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

der Unterschied zwischen Volk und Rasse? 2. Benennen Sie die wichtigsten Rassen Europas« usw. Nach dem organisatorischen Umbruch im Sommer 1938 wurden für Ende Oktober/Anfang November 1938 weitere fünf Termine für alle Standarten zur »Klärung dringender Fragen der zukünftigen Schulung in den SS-Einheiten im Zusammenhang mit der erfolgten Überstellung der Schulungsleiter zum SS-Hauptamt« anberaumt usw. Die Maßnahmen, die in den Abschnitten und Oberabschnitten der SS zur Aus- und Fortbildung der Schulungsleiter und Einheitsführer getroffen wurden, lassen sich gut am Beispiel des Oberabschnitts Südwest nachzeichnen. Hier war in den Anfangsjahren der Hohenheimer Professor Carstens zunächst als Rassefachberater, dann als Hauptschulungsleiter des Abschnitts X (Württemberg) für den Aufbau des Schulungswesens zuständig, die ersten Schulungslager fanden daher 1934 in Hohenheim statt; nachweisen lässt sich ein dreitägiges Lager im März sowie ein 5tägiges Lager im Auftrag des Rasseamtes im August 1934 unter Leitung von Carstens. Die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim bei Stuttgart war zugleich ein bedeutsames Zentrum für die Rekrutierung von Schulungskräften der SS aus dem Kreis der Diplomlandwirte und Landwirtschaftslehrer – mindestens 30 Schulungsleiter hatten hier studiert, die meisten bereits vor 1933. Eine ganze Reihe von Professoren, Dozenten und Mitarbeiter der Hochschule arbeiteten selber im Schulungswesen der SS mit, neben Carstens unter anderem die Professoren Alfred Beck, Gustav Adolf Rösch und Ernst Klapp, der Dozent Josef Knoll und die Assistenten Wilhelm Leinigen, Johannes Prüfer und Otto Sommer.218 Nach seiner Ernennung zum Rassereferenten des Oberabschnitts Südwest führte Erich Spaarmann im August 1934 ein weiteres Schulungslager in Heidelberg durch. Im Februar und März 1935 folgten zwei Lehrgänge für Schulungsleitersanwärter in Scheibenhardt und Hohenheim.219 Von beiden Schulungslagern sind Vortragslisten erhalten. Den Einleitungsvortrag hielt in Scheibenhardt Spaarmann, in Hohenheim Carstens; Spaarmann sprach über das Wesen der Schulung, Carstens über »Auslese in der SS«. Carstens’ Kollege und Stellvertreter Alfred Beck trug danach über »Rassenmerkmale und Rassenkunde« vor, Carstens referierte gemeinsam mit dem Zoologen Rösch und dem Assistenten des Hohenheimer Tierzuchtinstituts Johannes Prüfer über »Vererbungslehre und Erbpflege beim Menschen«. Für den Lehrgang vom 24.2.-2.3. in Scheibenhardt standen folgende Themen auf dem Programm: Allgemeine Einführung in das Wesen der Schulung (OStuf. Spaarmann) SS – Sippengemeinschaft – Deutsches Volk (Ab.-SL Dietrich) Entwicklung der Gemeinschaft (OStuf. Höhn, Berlin) Germanische Frühgeschichte (Sturmschulungsmann Dr. Fischer, Pforzheim) Praktische Durchführung der Schulung unter besonderer Berücksichtigung der Rassenfrage (Ab-SL Dietrich) Erbkrankheiten (Dr. Hortlieb, Pforzheim) Praktische Erbgesundheitspflege (Ab.Arzt HStuf. Dr. Hölzer) Irrtümer der deutschen Geschichte (Pg Hartlieb, Karlsruhe) Der politische Katholizismus und die Zersplitterung im Protestantismus (Redner noch nicht festgelegt) Erb- und Rassenpflege in der Gesetzgebung des 3. Reiches (Obermed.rat Dr. Sprauer, Karlsruhe) Das Freimaurertum (Pg Weygandt, Karlsruhe) Rasse und Seele (Dr. L. F. Clauss)

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Das Judentum unter besonderer Berücksichtigung der Zeit nach 1800 (Pg Weygandt) Familienforschung im Dienste der SS (Kultusmin. OStuf. Dr. Wacker) Familienkunde, ihre Bedeutung für unser Volkstum (Min.Rat Dr. Federle) Religion und Sittlichkeit bei den Germanen (Dietrich) Nationalsozialismus eine Weltanschauung (Pg Baumann, Gauschulungsleiter Karlsruhe) Allgemeine Rassenfragen und Rassenmerkmale (Prof. Dr. Hirth, SL Heidelberg) Warum bildet die nationalsozialistische Agrarpolitik die Grundlage für eine freie Aussenpolitik (Dietrich) Das deutsche Bauerntum und die SS in unlöslicher Verbundenheit (Landesobmann Stubaf. Huber, M.d.R. Unsere Vorfahren ein Bauernvolk (Pg Seidler, Stabsleiter der HA 1) Bäuerliches Brauchtum ist deutsches Brauchtum (Pg Dr. Sachse, Berlin) Der freiwillige Arbeitsdienst (Oberfeldmeister Pg Reich, Gasunterrichtsleiter) Kämpfen und nicht müde werden (Pg Stänglik [?], Karlsruhe) Aus der Kampfzeit (Landeshauptabteilungsleiter 1 HStuf. Roth, M.d.R.)220

Für die Vorträge wurde einiges an überregionaler und regionaler Prominenz aufgeboten wie der nach Hans F. K. Günther führende Theoretiker des »nordischen Gedankens« Ludwig Ferdinand Clauss, Reinhard Höhn vom SD, der sich im gleichen Jahr in Heidelberg habilitierte oder der badische Kultusminister und stellvertretende Ministerpräsident Otto Wacker, selber Oberschulungsleiter der 65. Standarte (Freiburg). Unter den Dozenten war auch August Hirt, zu diesem Zeitpunkt noch Professor am Anatomischen Institut der Universität Heidelberg, ab 1936 in Greifswald und dort ebenfalls als Schulungsleiter in der 74. Standarte eingesetzt. Auf dem eine Woche später in Hohenheim folgenden Lehrgang dozierte unter anderem der Berliner Hauptschulungsleiter Otto Eysell, der gerade zur Schulung der Politischen Bereitschaft in Ellwangen abgordnet war, über »SS-Sippengemeinschaft« und »Unsere Ansicht über Religion und Christentum«; der Diplomlandwirt Ganghofer, Sturmschulungsmann und Leiter der Abteilung IE »Schulung« bei der Landesbauernschaft, hielt einen Lichtbildervortrag über »Altgermanische Bauernkultur«, sein Kollege Karl Gurrath, Leiter der Abteilung IF »Siedlung« bei der Landesbauernschaft, ein ehemaliger Artamanenführer, sprach über »Nationalsozialistische Siedlungspolitik« und »Das Sterilisationsgesetz und einige sonstige wichtige bevölkerungspolitische Gesetze des nationalsozialistischen Staates«. Gurrath, Gaufachredner und Parteimitglied seit 1922, leitete die Abt. IF »Neubildung deutschen Bauerntums« in der Landesbauernschaft; 1936 wurde er zum Bauernreferenten der 13. Standarte ernannt. Landesbauernführer Arnold, Mitglied des Reichstags und Reichsfachredner, Sturmbannführer im RuSHA und Bauernreferent des Abschnitts X, befasste sich mit der Frage »Warum bildet die nationalsozialistische Agrarpolitik die Grundlage der Gesundung des deutschen Volkes überhaupt?« Studienassessor Dr. Eugen Klett, Gauschulungsleiter und Landessportführer, erläuterte die nationalsozialistische Weltanschauung. Nach diesen und anderen grundlegenden Beiträgen folgten im Ablauf des Lehrgangs Kurzreferate der Schulungsleiter und -anwärter. Stets wurden, wenn auch nur am Rande, Themen zur »Judenfrage« behandelt: »Das Judentum unter besonderer Berücksichtigung der Zeit nach 1900«, »Die Juden als Schmarotzer im deutschen Volk«, »Das jüdische Schuldenkonto im letzten Jahrhundert deutschen Kulturlebens«. Unter den Teilnehmern befand sich auch Heinz Schmitz, zu diesem Zeitpunkt noch SS-Mann, aber schon Standartenschulungsleiter in Freiburg; er hatte gerade eine Lehrstuhlvertretung für Forstbotanik erhalten, 1936 wurde er in

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Freiburg zum Professor ernannt; Schmitz wurde später Außenstellenleiter und Fachdozent für Vererbungslehre an der RuS-Schule in Prag (s. u.). Im August 1935 ließ Spaarmann drei Führer-Schulungslager in Lachen-Speyerdorf, Ellwangen und St. Georgen im Schwarzwald abhalten, denen im Oktober ein vierter Lehrgang in St. Georgen folgte. Von Oktober bis Dezember 1935 fanden erneut Lager für Schulungsleiter und Schulungsleiteranwärter statt; im Dezember 1935 kündigte Spaarmann weitere Schulungslager an, mit dem Ziel, für die letzten bis dahin noch nicht besetzten Einheiten und Sturmbanne Schulungsleiter zu benennen.221 Weitere Schulungslager lassen sich für den Oktober 1936 in Iggelbach und St. Georgen belegen. Inzwischen war Spaarmann von Theodor Henschel als Rasserefent bzw. RuS-Führer abgelöst worden. Henschel kam aus der völkischen Jugend- und Bauernschulbewegung, war Artamanenführer und seit 1928 Mitglied der NSDAP und der SA. Von 1926 bis 1929 hatte er die Rheinhessische Bauernhochschule Wendelsheim geleitet, danach war er bei der Landwirtschaftskammer Hessen und zuletzt bei der Kreisbauernschaft Kaiserslautern beschäftigt und dort für die weltanschauliche Schulung in der Kreisackerbauschule zuständig gewesen. Seit 1935 war er hauptamtlich für das RuSHA tätig. Seine Kenntnisse in der Schulungsarbeit stützten sich vor allem auf das Studium der Schriften Günthers, Darrés und Chamberlains. Spaarmann hatte ihn während eines Schulungslagers im August 1934 in Heidelberg positiv beurteilt und als Oberschulungsleiter empfohlen. Danach wurde er zu einem weiteren Lehrgang an der RuSSchule in Berlin geschickt, zum Standarten-, nach 3 Monaten Probezeit beim Rassereferenten zum Abschnittsschulungsleiter und im April 1937 schließlich zum RuS-Führter Südwest ernannt. Während des Krieges war Henschel als Leiter des Ansiedlungsstabs Shitomir im Stabshauptamt des RKF tätig und für das Siedlungsprojekt »Hegewald« zuständig, für das etwa 15 000 Ukrainer vertrieben und deportiert wurden.222 Nach seiner Ernennung zum Abschnittsschulungsleiter und schließlich RuS-Führer Südwest 1937 entfaltete Henschel eine rege Schulungstätigkeit. Zwei Lehrgänge im Februar und März 1937 in St. Georgen bestritt er mit Unterstütztung des Schulungs- und Musterungsreferenten Herbert Hübner hauptsächlich mit eigenen Vorträgen. Auf einem Lehrgang für Männer der SS-Wachkommandos vom 11.2. bis 13.3.1937 hielt er allein 7 Vorträge, nachdem er auf dem vorangegangenen Lehrgang vom 25.1. bis 16.2. in St. Georgen bereits 9 Vorträge selber gehalten hatte. Die rassenbiologischen Ausführungen ergänzte er mit der Vorführung von Filmen des RPA »Abseits vom Wege« und »Erbkrank«. Im April rief er die Schulungsleiter des Oberabschnitts zu einer 2tägigen Arbeitstagung im SS-Hilfswerk St. Georgen zusammen. Nachdem in Schulungsleiterberichten vermehrt Probleme und Unsicherheiten im Umgang mit der Religion genannt worden waren, erfüllte die Tagung unter anderem auch den Zweck, hier für Klarheit zu sorgen: 1. Tag: Die künftige Gestaltung der Arbeit des SL in der Truppe (Henschel) SS und Siedlungsgedanke (Gurrath) Welche Beziehungen bestehen zwischen der exakten Vererbungswissenschaft und dem Gebiet der Erblehre (Carstens) Aussprache Christentum – eine sterbende Idee – Nationalsozialismus – der Glaube an die Ewigkeit eines Volkes (Hübner)

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Abendpause Die Arbeit der »katholischen Aktion« (Elling) 2. Tag: Die Arbeit der »katholischen Aktion« (Forts.) Die protestantische Kirche und der Nationalsozialismus (Henschel) Sittlichkeit, Ehe, Geburtenfrage (Henschel) Brauchtum und Sinnbilder im deutschen Volk, insbesondere in Südwestdeutschland (mit eigenen Lichtbildern, Schnitzer) Erscheinungs- und Bewegungsbild der deutschen Rassen (Henschel; mit Lichtbildern der Sammlung Schnitzer).223

Neben den bewährten Referenten Carstens und Gurrath zog Henschel Georg Elling als Experten für das Thema »politische Kirche« vom SD Südwest hinzu; Elling, der früher selber einmal katholischer Priester gewesen war, wurde später als Referent und Abteilungsleiter ins RSHA berufen. Weiterer Referent war der Zahnarzt und Sturmbannschulungsleiter von St. Georgen Otto Schnitzer. Schnitzer, seit Anfang 1932 NSDAP-, seit 1933 SS-Mitglied, hatte sich nebenher ausführlich mit der »Rassenseelenkunde« beschäftigt und eine eigene Lichtbildersammlung zusammengestellt, die er mit einem selbstverfassten Kommentar als Lichtbildervortrag »Das Bewegungsbild der deutschen Rassen« für Schulungsarbeiten zur Verfügung stellte. Bis 1937 war diese Sammlung auf 76 Bilder angewachsen. Bild Nr. 45 zeigte eine »Negerfürstin«, Nr. 44 eine »Negerin aus Südmarokko«: »Die letzten Bilder sollen zeigen, dass selbst die primitive Art nicht abstoßend oder lächerlich wirkt, solange die Art rein verkörpert wird…«. Ganz anders dagegen Bild Nr. 55 »Europäisierter Neger«: »Der Lacherfolg dieses Bildes ist ein Zeichen dafür, wie richtig der Bruch des Stiles durch den Beschauer empfunden wird.« Die heimische Welt präsentierte Schnitzer unter anderem mit unterschiedlichen Sichtweisen auf Hans Thoma und den Schwarzwald: »1. Hans Thoma, gesehen von einem Künstler nordischer Prägung (Hans Blüher); 2. Die wesentlich ostische Seele Hans Thomas prägt sich in seiner Kunst aus (Darstellung des Nahen, Heimeligen, Geborgenen), 3. das gleiche Thema (Schwarzwald) dargestellt durch einen wesentlich nordisch bestimmten Menschen, den nicht das Geborgene, Liebliche, sondern die herbe Weite, die Ferne in seiner eigenen Seele zu dieser Darstellung bewog.«224 An der Tagung nahmen die Abschnitts-, Standarten- und Sturmbannschulungsleiter des Oberabschnitts teil, darunter auch Heinz Schmitz und sein späterer Kollege in der RuSHA-Außenstelle Prag Walter Dongus; Dongus, zu diesem Zeitpunkt noch Volksschullehrer in Herrenberg bei Tübingen, wurde während des Krieges Leiter des Rassenamtes und Inspekteur des Eignungsprüferwesens in Prag. Im Mai 1937 kündigte Henschel außerdem einen Schulungskurs für Einheitsführer an, der sich über vier Wochenenden erstrecken und im Schwerpunkt Fragen der Vererbungslehre und Rassenkunde behandeln sollte. Die Vorträge über Vererbungslehre sollte weiterhin Prof. Carstens aus Hohenheim übernehmen, für die rassenkundlichen Vorträge konnte Prof. Gieseler, Direktor des Rassenbiologischen Instituts der Universität Tübingen gewonnen werden.225 Im November 1937 fanden im Schloss Solitude bei Stuttgart weitere Wochenendlehrgänge zur Rassenkunde und Vererbungslehre für Einheitsführer statt, die allein von Carstens, Gieseler und Rösch bestritten wurden. Ergänzend dazu wurden die Einheitsführer in Karlsruhe dazu angehalten, das Schauspiel »Schwiegersöhne« von Alexander Paul zu besuchen: Das Werk sei vom

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Standpunkt des Rassegedankens sehr wertvoll und würde in breiten Bevölkerungskreisen Verständnis für die Nürnberger Gesetze wecken.226 Beim Lehrgang des 6. und 7.11. hielt Carstens den Einleitungsvortrag, Rösch referierte über »Befruchtungslehre« und »Entwicklung des Lebens«, Gieseler über die Abstammungslehre und die »Entwicklungslehre des Menschen«; beim Wochendlehrgang vom 20. und 21.11. trug Rösch über Chromosomenlehre, Carstens über Züchtungslehre und Gieseler über Grundlagen der Rassenkunde und Ergebnisse der Zwillingsforschung vor.227 Gieseler, der neu zum Rednerteam des RuS-Führers hinzugestoßen war, hatte bereits Erfahrungen als Rassereferent der SA-Gruppe Südwest und Gauredner des Rassepolitischen Amtes. Nach seiner Überleitung in die SS wurde er 1937 zum Untersturmführer ernannt und seitdem als nebenamtlicher Referent für Rassefragen des RuS-Führers gelistet. Er hielt 1937 insgesamt acht rassekundliche Vorträge auf Führerlehrgängen des Oberabschnitts Südwest.228 Bis 1938 war die Dienststelle des RuS-Führers Südwest auf einen umfangreichen Stab aus hauptamtlichen und nebenamtlichen Mitarbeitern angewachsen; die Zusammensetzung des Stabes nach dem Geschäftsverteilungsplan vom Dezember 1938 zeigt die unterschiedlichen Aufgabenbereiche an, die inzwischen zu bewältigen waren. RuSFührer war jetzt Henschels Stellvertreter Herbert Hübner, nachdem Henschel ins RuSHA versetzt worden war: RuS-Führer: Stubaf. Hübner Rassereferent und Sachbearbeiter für Rassefragen: Ustuf. Gieseler; SS-Mann Fleischhacker Musterungsreferent: UScha. Wrege; HScha. Lieb Siedlungsreferent: UStuf. Gurrath; UScha. Hettinger; UStuf. Scheuerle Schulungsreferent: UStuf. Hornung; UScha. Pfeffinger, Rottf. Stahlecker Ref. für bäuerliche Fragen: HStuf. Carstens Ref. für Bevölkerungspolitik: UScha. Höll229

Hauptamtliche Mitarbeiter waren die Musterungsreferenten Wrege und Lieb sowie der Schulungsrefent Hornung und sein Mitarbeiter Pfeffinger. Alle anderen waren nebenamtlich für den RuS-Führer tätig; sie wurden, wie insbesondere Gieseler, Gurrath und Carstens vor allem als Dozenten zu den Lehrgängen und Schulungslagern herangezogen. Der Volksschullehrer Alois Hornung, der selber an einem Schulungslager in Scheibenhardt teilgenommen hatte, war als Schulungsreferent für die Organisation der Schulungslager im Oberabschnitt zuständig. Hornung hatte mit einem naturwissenschaftlichen Schwerpunkt an der Lehrerbildungsanstalt Freiburg studiert, zusätzlich einen zweisemestrigen Fachkurs für Vererbungslehre und einen Spezialkurs des NSLB über Rassenkunde besucht und eine eigene wissenschaftliche Arbeit über »Rassen als geschichtsbestimmende Kräfte« verfasst, galt daher als Experte für rassenbiologische Fragen. Er arbeitete zunächst als Sportlehrer am Pädagogium Baden-Baden und erhielt 1934 eine Anstellung als Volksschullehrer in Sinzheim. Hornung war Ortspresseamtsleiter der NSDAP und Mitarbeiter der badischen Gauzeitung »Der Führer«. Ende 1933 trat er der SS bei und wurde nacheinander zum Sturmschulungsmann, Sturmbann- und Standartenschulungsleiter und schließlich im September 1938 zum Untersturmführer und hauptamtlichen Schulungsreferenten ernannt.230 Als ehrenamtlicher Mitarbeiter stand ihm der Studienrat und Direktor der Aufbauschule Nürtingen Dr. Rudolf Stahlecker zur Seite, ein alter Freikorpskämpfer, der bereits

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1922/23 der NSDAP angehört hatte, Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes und Gauwart bei den Adler und Falken war und sich rühmte, schon 1921 mit rassenkundlichen Studien begonnen zu haben; Stahlecker leitete in Nürtingen die »AG für weltanschaulichen Unterricht«.231 Der Anthropologe Hans Fleischhacker, der im Geschäftsverteilungsplan als Mitarbeiter für Rassefragen aufgeführt wird, hatte in Jena noch bei Hans F. K. Günther studiert und 1935 in München promoviert; er erhielt 1937 eine Anstellung als Assistent am Rassenbiologischen Institut bei Gieseler in Tübingen und war im gleichen Jahr in die SS aufgenommen worden. Er wirkte später wie Gieseler als Dozent an den Lehrgängen des Rassenamtes für Eignungsprüfer in Prag mit.232 Im Dezember 1938 und Januar 1939 ordnete Hübner die Führer der Standarten des Oberabschnittes zu den Lehrgängen für Einheitsführer ab, die das Schulungsamt während dieser Zeit in Berlin-Grunewald veranstaltete. Gleichzeitig organisierte er im März erneut drei Schulungslager, an denen die amtierenden und neu vorgeschlagene Schulungsleiter aller Standarten teilnahmen, die hier einer erneuten Eignungsprüfung unterzogen und anschließend bestätigt oder neu ernannt und den Einheiten zugeteilt wurden. Ende März waren die beiden Abschnitte X (Stuttgart) und XIX (Karlsruhe) mit den zugehörigen 6 Standarten und jeweils 3 Sturmbannen nahezu vollständig mit einem Schulungsleiter und einem Stellvertreter besetzt. Lediglich drei Stellen waren vakant, so dass im Frühjahr 1939 insgesamt 49 Schulungsleiter im Südwesten amtierten.233

Exkurs: Darrés Bauernreferenten Die Etablierung eines Bauernreferentenkorps im RuSHA markierte den Höhepunkt in dem Bestreben Darrés, die SS eng mit dem Bauerntum zu verknüpfen und die Blutund-Boden-Ideologie fest in der SS-Schulung zu verankern. Pläne zur Einsetzung von Bauernreferenten bestanden schon Ende 1933, offiziell vorgesehen waren sie seit September/Oktober 1934 »in jeder Einheit«.234 Eine Liste vom Juni 1938 weist für diesen Zeitraum 353 Bauernreferenten aus – dies ist nicht weit von der Zahl von 430 Schulungsleitern entfernt, die im gleichen Jahr in den Abschnitten, Standarten und Sturmbannen registriert waren. Innerhalb des Schulungspersonals stellen die Bauernreferenten eine Sondergruppe dar. Sie bilden die mit Abstand älteste Gruppe, weisen den geringsten Akademisierungsgrad auf, gehören aber einer nationalsozialistischen Elite an, die schon vor 1933 politisch organisiert war und während des Dritten Reichs hohe Führerränge in der SS erreichten. Die meisten übten zugleich Funktionen als Politische Leiter in der Partei aus. Insgesamt handelte es sich um eine ältere Generation bäuerlicher Honoratioren, von denen viele schon vor 1933 als NS-Bauernfunktionäre aktiv waren, darunter viele »Alte Kämpfer«, die zur frühen Führungselite zuerst der Partei, dann der SS gehörten. Darré sprach 1936 von einem »Bauernführerkorps« aus »ausgezeichneten Frontsoldaten nationalsozialistischer Erziehung«. Nach dem Rücktritt Darrés als Chef des RuSHA wurde die Position des Bauernreferenten zwar nicht abgeschafft,235 sie bestand vielmehr bis Kriegsende fort, verlor aber an Bedeutung, weil sie letztlich weder in der Schulungsarbeit der Waffen-SS noch in der Polizeischulung benötigt wurde. Während des Krieges kamen viele Bauernfunktionäre in den neuen erweiterten Aufgabenfeldern des RuSHA zum Einsatz, insbesondere bei der Besied-

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lung und siedlungstechnischen Verwaltung der eroberten Länder, andere wurden mit Aufgaben der Ernährungssicherheit betraut. Es gab aber auch Bauernreferenten, die während des Krieges weiter in ihrem Amt aktiv waren und sich nach wie vor mit Vorträgen an der weltanschaulichen Schulung in der Allgemeinen SS und an der Nachwuchswerbung für die Waffen-SS unter der Landjugend beteiligten. Dass das Amt des »Bauernreferenten« nach dem Rückzug Darrés und auch während des Krieges nicht formell abgeschafft wurde, weist auf die fortbestehende Bedeutung der Blut-undBoden-Ideologie für die Integration und Legitimation der SS hin. Von Anfang an hatten Darré und seine Mitarbeiter im RuSHA angestrebt, vorwiegend Landes-, Bezirks- und Kreisbauernführer als Bauernreferenten für die SS zu gewinnen.236 Tatsächlich gelang es, viele Bauernfunktionäre, die schon lange vor 1933 für den Nationalsozialismus aktiv waren, für den Posten des Bauernreferenten zu gewinnen; so waren 12 der 21 Landesbauernführer, die 1930 schon im Amt waren, später als Bauernreferenten und Schulungsleiter der SS tätig, ein Drittel aller Landwirtschaftlichen Gaufachberater des Jahres 1930 waren später als Bauernreferenten oder Schulungsleiter im Einsatz. Für die Rekrutierungserfolge in den Landes- und Kreisbauernschaften können wir die Gaue Baden und Württemberg als Beispiel nehmen: Von den insgesamt 27 Kreisbauernführern und -obmännern des Gaus Baden waren bis August 1937 bereits 14 zu Bauernreferenten ernannt worden, und 1940 gehörten allein neun SS-Führer der Landesbauernschaft Baden-Württemberg als Abteilungs- oder Hauptabteilungsleiter an, die gleichzeitig als Bauernreferenten und Schulungsleiter für die SS im Einsatz waren.237 Um Bauernfunktionäre zu gewinnen, war man in der SS auch bereit, einige Zugeständnisse zu machen. So waren die Bauernreferenten vom »Frontdienst«– gemeint war wohl der militärische und wehrsportliche Teil des Dienstes – und vom Besuch der Schulungslager befreit; allerdings mussten sie der SS beitreten und die dafür üblichen Kriterien erfüllen, an denen viele scheiterten.238 Der RuS-Führer Südost lehnte z. B. 1937 eine Reihe der vorgeschlagenen Bauernreferenten als nicht geeignet ab: Sie würden teils von der Truppe abgelehnt, teils entsprächen sie nicht den SS-Bedingungen »hinsichtlich Figur, Größe, Alter« oder fielen durch »unsoldatisches Verhalten« auf.239 Zum Adel des neuen »Wehrbauerntums« war es offenbar noch ein weiter Weg. Während es für Darré gleichermaßen um eine Statusangelegenheit wie um die Festigung seiner weltanschaulichen Konzeption in der SS ging, war die Erlangung des Titels eines Bauernreferenten für die Funktionäre oft nur eine Prestigefrage. Der Reichsbauernrat warb bei den Landesbauernschaften damit, dass die dienstliche Inanspruchnahme für die Tätigkeit eines Bauernreferenten »nicht sehr umfangreich« sei.240 Nicht wenige Bauernführer und -funktionäre, die bereits als Schulungsleiter für das RuSHA tätig waren, wechselten auch deswegen auf den Posten des Bauernreferenten, weil sie unter chronischer Arbeitsüberlastung litten und als Bauernreferenten weniger in Anspruch genommen wurden. Sie sollten den Schulungsleiter lediglich in seiner Arbeit unterstützen, der eigene Arbeitsaufwand lag aber letztlich im Ermessen des Einzelnen, dienstlich geregelte Pflichten gab es nicht. Von den Einheitsführern kamen daher immer wieder Klagen über mangelndes Interesse der Bauernreferenten an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Vor allem anlässlich der prestigeträchtigen Beförderung im SS-Rang kamen solche Probleme zur Sprache. Der Bauernreferent Albert Schüle zum Beispiel, ehemals Landtags- und Reichstagsmitglied, wurde 1941 zum Sturmbannführer befördert, obwohl ihm, als Landesob-

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mann der Landesbauernschaft Württemberg ohnehein überlastet, nur wenig Zeit für die Tätigkeit als Bauernreferent blieb; eine Beförderung sei jedoch »allein aus Prestigegründen wünschenswert«, hieß es in der Begründung. Im Beförderungsantrag für den Kreisbauernführer von Groß-Berlin Hermann Wegener wurde geltend gemacht, als Abteilungsleiter des Haupternährungsamtes habe er viel mit den Verwaltungsstellen der Stadt und den Leitern der Polizeidienststellen zu tun und müsse deshalb einen SS-Führerrang haben.241 Nicht immer wurde solchen Anträgen wie in diesen Fällen umstandslos stattgegeben. Als beispielsweise im Frühjahr 1939 die Beförderung des Bauernreferenten Dr. Hans Schade anstand, lehnte die Standarte eine Befürwortung ab, weil Schade bisher aus beruflichen Gründen nicht zur Dienstleistung in der Lage gewesen sei; das RuSHA forderte Schade daraufhin auf, Rücksprache mit dem Führer der Standarte über einen zweckmäßigen Einsatz zu halten. Schade meldete daraufhin im Juni, er habe trotz Arbeitsüberlastung einen Schulungsvortrag gehalten, in der Standarte – es handelte sich um die Standarte 75 für Groß-Berlin – bestünde aber wenig Interesse an Bauerntumsfragen. Inzwischen war Schade zum Stabsleiter der Kreisbauernschaft Groß-Berlin berufen und mit Vorbereitungen zur Ernährungssicherheit der Hauptstadt für den Ernstfall beauftragt worden. Trotz hoher beruflicher Inanspruchnahme vereinbarte er aber mit der Standarte, sich nach den SS-Ferien im August an der Schulung im Sturmbann zu beteiligen.242 Der RuS-Führer Mitte sah sich Anfang 1938 außerstande, eine Beurteilung über den Kreisbauernführer und Bauernreferenten Carl Dormann abzugeben, da dieser bisher weder an einer Tagung der Schulungsleiter und Bauernreferenten teilgenommen noch sich sonst irgendwie betätigt habe; im Sommer 1939 hatte sich das Bild nicht verändert, so dass der RuS-Führer bat, Dormann wegen Desinteresse als Bauernreferent zu entheben. Dazu scheint es aber nicht gekommen zu sein. Drei Jahre später, im Juli 1942 erklärte Dormann seine Bereitschaft, über Siedlungsfragen in Schulungsveranstaltungen zu sprechen, einen erneuten Antrag auf Beförderung – nach wie vor hatte Dormann lediglich einen Scharführerrang – lehnte seine Standarte aber noch im Dezember 1942 ab, weil er sich nicht um die SS gekümmert habe.243 Der Führer des Oberabschnitts Südwest lehnte 1942 gleich in sechs Fällen die Beförderung von Bauernreferenten ab, weil sie »in dienstlicher Hinsicht zu wenig in Erscheinung getreten« seien. Dabei handelte es sich zum Teil um prominente Bauernführer aus Baden. Betroffen waren der Landesbauernführer SS-Standartenführer Engler-Füßlin, ein alter Kämpfer, der seit 1929 für den Nationalsozialismus im Einsatz war und für die Partei im Reichstag gesessen hatte; der Diplomlandwirt und Gauhauptstabsleiter der Landesbauernschaft Hauptsturmführer Paul Lammers, der Hauptstellenleiter der Landesbauernschaft Sturmbannführer Albert Roth, seit 1923 und erneut 1926 Parteimitglied, auch er Mitglied des Reichs- und Landtages; außerdem die Kreisbauernführer Johannes Schäufele und Konrad Blum sowie der Kreisjungbauernführer Immanuel Hoffmann.244 Albert Roth, der während der »Kampfzeit« über 2000 Versammlungen im ganzen Reich durchgeführt und zahlreiche Saalschlachten bestanden hatte, konnte diese Zurücksetzung nicht auf sich sitzen lassen: Er wurde für die SS im Elsass tätig und erhielt 1943 doch noch die Beförderung zum Standartenführer, nachdem er »in zahlreichen Vorträgen das Ideengut der SS besonders der Bevölkerung im Elsass zugänglich gemacht« und darüber hinaus »in Bauernschulen, bei der Landjugend, in Arbeitsdienstund Wehrertüchtigungslagern durch zahlreiche Vorträge für die SS geworben« hatte.245

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Auch Schäufele wurde von Baden aus mit der Aufbauarbeit für die Allgemeine SS und insbesondere mit der Werbung für die Waffen-SS im Elsass beauftragt; er war bereits 1940 als Leiter des Ernährungsamtes, Kreisamtsleiter und Kreisbauernführer in Molsheim im Elsass einsetzt worden, hatte aber noch keine Schulungsvorträge gehalten und bat daher erst im Juli 1942 um Zusendung von Richtlinien und Materialien für die Schulungsarbeit. Andere Bauernreferenten wurden schon früh von sich aus initiativ und beteiligten sich aktiv an der Schulungsarbeit. Karl Gurrath beispielsweise, Artamanenführer und Geschäftsführer des Württembergischen Jungbauernbundes, meldete dem RuSA schon im November 1933 seine Bereitschaft zur Mitarbeit an. Er konnte zu diesem Zeitpunkt bereits Erfahrungen als Redner über Rassen- und Volkskunde vor der Jungbauernschaft, der HJ und landwirtschaftlichen Hausfrauenvereinen vorweisen. Im November 1936 wurde er zum Bauernreferenten ernannt und wenig später erstmals als Redner für Bauern- und Siedlungsfragen im Sturmbann I/13 eingesetzt. Nachdem er sich dabei bewährt hatte, zog man ihn häufiger zu Schulungsaufgaben heran, und im März 1937 bescheinigte ihm der RuS-Führer Südwest die Eigenschaften eines »pflichteifrigen und zuverlässsigen Mitarbeiters« in allen Belangen, »die mit Siedlungsfragen zusammenhängen«; er verstehe es »durch ausgezeichnete Vorträge in den Reihen der SS immer tiefes Verständnis für bäuerliche Belange zu wecken.« Gurrath wurde daraufhin zum Untersturmführer befördert.246 Ein Beispiel, dass Bauernreferenten auch während des Krieges noch aktive Schulungsarbeit für die SS betrieben, liefert der Kreisbauernführer Hans Westerkamp, 1938 Bauernreferent der 45. Standarte. Er wurde später als Bauernreferent und Kreisbauernführer im Distrikt Radom im Generalgouvernement eingesetzt und im Januar 1944 zum Obersturmführer befördert, nachdem er in Radom »gute Aufbauarbeit für die SS« geleistet und sich um die Einstellung von Freiwilligen für die Waffen-SS verdient gemacht hatte. In der Beurteilung wird hervorgehoben: »Besonders setzt er sich heute bei Sprechabenden und Zusammenkünften in den einzelnen Zügen ein und hält hier gut durchdachte Vorträge über weltanschauliche Schulung.«247 Die Nachwuchswerbung gehörte von Anfang neben der Schulungsarbeit zu den wichtigsten Aufgaben der Bauernreferenten. In der Ära Darré ging es dabei noch darum, die Rekrutierungsbasis der SS in der Bauernschaft zu vergrößern und verstärkt für Nachwuchs an vermeintlich erbgesunden und rassisch hochwertigen Menschen zu sorgen, die man zuallererst in der Bauernschaft zu finden meinte. Zu diesem Zweck war bereits im November 1936 ein Abkommen des SS-Hauptamtes mit der Reichsbauernschaft getroffen worden, nach dem die Kreisbauernschaften in Zusammenarbeit mit den Standarten der Allgemeinen SS Werbemaßnahmen für die SS unter der Bauernschaft durchführen sollten. Als Grundlage der Werbearbeit, die gleichzeitig mit der Reichsjugendführung vereinbart wurde, sollte Himmlers Schrift »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation« Verwendung finden.248 Danach ordnete das SS-Hauptamt eine Werbungsoffensive an: In allen Oberabschnitten sollte die Werbung unter der Landjugend verstärkt werden, die gewonnenen Jugendlichen sollten in besonderen SS-Bauerneinheiten zusammengefasst werden, um einen weiteren Ausbau der SS in den Landgebieten zu erreichen; in Gebieten gemischter Stadt-Land-Bevölkerung sollten »Bauernscharen« und bei entsprechender Größe »Bauernzüge« aufgestellt werden. Von einigen Landesbauernführern, die der SS angehörten, ergingen

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daraufhin Richtlinien für die Bildung von »SS-Landscharen« als künftige »rassischweltanschauliche Kerntruppe des Bauerntums«, die zugleich geeignete Bewerber für die »Neubildung deutschen Bauerntums« stellen sollten.249 Die Resonanz blieb oft enttäuschend. Der 5. Sturm der 47. Standarte in Eisenberg organisierte zum Beispiel im August 1937 nach den Richtlinien des SS-Abschnitts Weimar zur Aufstellung von SS-Landscharen einen Bauernabend, dem am nächsten Tag eine Werbeveranstaltung folgte. Man gab sich redlich Mühe: SS-Männer studierten ein Sing- und Sprechspiel ein, das an dem Abend zur Aufführung gelangte; zuvor hielt der Schulungsleiter des Sturms einen Vortrag über das Bauerntum, anschließend sprach der Einheitsführer über die Bildung von SS-Landscharen, nach einer weiteren Rede des Kreisbauernführers wurde die Veranstaltung mit dem »SS-Treuelied« beendet. Vor Beginn des Dorfabends war der Sturm geschlossen mit Musik durch das Dorf marschiert. In den Tagen davor hatte man Flugzettel an die Ortsbauernführer zur Information für die Landbevölkerung verteilt, für die Anwerbung war ein Zeltlager errichtet worden, in dem die Jungbauern sich informieren konnten. Der Erfolg wollte sich dennoch nicht einstellen: Es erschienen der Kreisbauernführer, der Kreisjugendwart, sechs Ortsbauernführer, der Bürgermeister, vier Frauen der NS-Frauenschaft, einige »Zivilisten« und 25 Mann des Reichsarbeitsdienstes, aber kein Jungbauer. Hinterher stellte sich heraus, dass die in Frage kommenden Männer fast alle schon in der SA organisiert waren und außerdem den Dienst in der SS während der Erntezeit nicht hätten mitmachen können.250 In anderen Fällen war die Nachwuchswerbung erfolgreicher. Der Bauernreferent und Landwirtschaftslehrer Heinz Leonhard zum Beispiel wurde zum Sturmbannführer befördert, weil er unter seinen Schülern eine große Zahl für die SS anwerben konnte. Leonhard, der zuvor schon als Schulungsleiter dem RuSHA angehört hatte, war auch selber bei den Annahmeuntersuchungen der von ihm angeworbenen Männer zugegen. In einer Beurteilung wird er »als einer der wenigen Bauernreferenten« hervorgehoben, »die sich schon in Friedenszeiten tatkräftig für die Belange der SS eingesetzt« hätten – aus der Formulierung spricht freilich zugleich die Skepsis, die viele Einheitsführer offenbar gegen die Bauernreferenten hegten.251

I.4 AUSDIFFERENZIERUNG UND EXPANSION: SCHULUNGSAMT UND SCHULUNGSVERWALTUNG WÄHREND DER KRIEGSJAHRE 1939 lief der Schulungsbetrieb zunächst in den vorgezeichneten Bahnen weiter, allerdings ohne ein erkennbares curriculares Konzept. In der Praxis wurden zumeist die Themen der Grundschulung mit den »bewährten« Lichtbildervorträgen der Sturmbannschulungsleiter wiederholt – »Judentum, Freimaurerei, Bolschewismus«, »Deutsche Geschichte I und II«, ergänzt um den »Leitheft-Unterricht«. Etwas Struktur sollte eine Anordnung des Schulungsamtes vom 9.1.1939 in die Schulungsarbeit bringen, nach der ab 15. Januar Himmlers Schrift »Die SS als antibolschewistische Kampforganisation« als »Sonderschulungsmaßnahme« zu besprechen war.252 Die Anordnung unterstrich den Führungsanspruch Himmlers jetzt auch auf weltanschaulichem Gebiet nach dem Ausscheiden Darrés. Die Schrift enthielt aber nichts Neues, sondern

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stellte lediglich eine Kompilation bekannter Grundsätze der »nationalsozialistischen Weltanschauung« dar. Im Mittelpunkt stand die Gegenüberstellung von Judentum – der Bolschewismus erschien als eine Organisationsform des Judentums – und Germanentum, die in ihrer vermeintlich historischen Entwicklung dargestellt wurden; zwischen beiden bestand ein ewiger Kampf, den die »Germanen« nur gewinnen könnten, wenn sie ihr ureigenes, rassisch bedingtes Problem des »Ungehorsams« überwänden. Der »Weg des Gehorsams« war die eigentliche Erziehungsaufgabe des Nationalsozialismus unter der Führung der SS, die dabei vor allem an das »Preußentum« anknüpfen konnte. Aus diesem Konzept ergaben sich Grundelemente eines »Curriculums«, die durch die Gliederung der Schrift in die Abschnitte »Bolschewismus« (= Judentum), »Unser Volk« (Germanentum; Rasse und Vererbung), »Der Weg zum Gehorsam« (Deutsche/Germanische Geschichte) und »Die Schutzstaffel« vorgegeben waren. Dieses Curriculum ließ sich, wie wir am Beispiel des Oberabschnitts Fulda-Werra sahen, mühelos mit den Lichtbildervorträgen verbinden. Entsprechend dürften diese Themen die Schulung im Frühjahr 1939 bestimmt haben.253 Richtlinien für die Ausbildung der Allgemeinen SS im Sommerhalbjahr 1939 legten das Schwergewicht auf die wehrsportliche Ausbildung – Kleinkaliberschießen, Ordnungs- und Leibesübungen –, schrieben aber weiterhin einen Schulungsabend in der Woche vor. Die Richtlinien unterschieden zwischen Führerausbildung und Schulung in den Einheiten: Ziel der Führerausbildung müsse sein, alle Führer dahin zu bringen, dass sie selber weltanschaulichen Unterricht erteilen können. Über die Schulung in den Einheiten heißt es in einer Anlage: »Bei der Schulung ist ausschließlich das Leitheft zu verwenden und zwar im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit die als besonders notwendig gekennzeichneten Erzählungen. Die Schulungsstunde hat normalerweise folgenden Verlauf: a) ein Lied, b) Vorlesung und eingehende Besprechung aus: Adolf Hitler ›Mein Kampf‹ nach Anweisung im Leitheft, c) Vorlesung und Besprechung oder freie Nacherzählung und Darstellung aus dem Leitheft. Es ist den Männern gemeinsam der weltanschauliche Gehalt – gewissermaßen die Nutzanwendung der Erzählung herauszuarbeiten und an Beispielen aus dem Leben oder an Beispielen, die den Männern bekannt sind, zu erläutern, d) Besprechung der politischen Fragen des vergangenen Monats, e) Fragestellung zur Tagespolitik (höchstens 10 Minuten), f) Abschluss – ein Lied.«254

Im folgenden Winterhalbjahr 1939/40 sollte die weltanschauliche Schulung wieder stärker in den Vordergrund rücken. Erneut war der in den Leitheften vorgegebene Stoff zu behandeln; ein großer Teil der Zeit sollte aber der Wiederholung des »Grundschulungsstoffs« gewidmet sein, nicht zuletzt aus Rücksicht auf die jeweils neu aufgenommenen SS-Männer. Das bedeutete, dass zusätzlich zum laufenden Jahrgang auch die Hefte 1 bis 7 des 2. Jahrgangs (1936/37) der Leithefte immer wieder aufs Neue heranzuziehen waren. Außerdem sollten die Männer, so der Chef des Schulungsamtes, »nicht propagandistisch über Tagesfragen unterrichtet werden, sondern über weltanschauliches Wissen verfügen«, deshalb müssten sie auch mit der deutschen Geschichte vertraut sein und daher die Leithefte des Jahrgangs 3, die der deutschen Geschichte gewidmet waren, »in großen Linien« wiederholen.255

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Mit Beginn des Krieges kam die Schulungsarbeit in der SS jedoch zunächst weitgehend zum Erliegen, da die große Mehrheit der Männer zur Wehrmacht oder zur Waffen-SS eingezogen wurde. Waren bisher die Einheiten der Allgemeinen SS, die den weitaus größten Anteil der SS-Angehörigen stellten, der zentrale Bezugspunkt für die Organisation des Schulungsapparates, so änderte sich dies jetzt grundlegend. Von den Dienststellen der Allgemeinen SS blieben nur reduzierte Führungsstäbe zurück, deren wichtigste Aufgabe die Ersatzbeschaffung für die bewaffneten Verbände war. Daneben sollten sie als Träger der Sippengemeinschaft die Familien der eingezogenen Männer betreuen und die in der Heimat verbliebenen Männer zum Dienst zusammenfassen, soweit dies möglich war: »Kein Mann der Allgemeinen SS darf führerlos werden«.256 Einige Standorte gaben daher zu Beginn des Krieges improvisierte Zeitschriften heraus, die die Verbindung zwischen den »Kameraden« an der Front und in der Heimat aufrechterhielten und über den weiteren Dienst am Standort informierten – z. B. gab die Karlsruher Standarte im Januar 1940 einen »Feldbrief« heraus, aus dem hervorgeht, dass die in Karlsruhe verbliebenen SS-Männer zu einem »Alarmsturm« zusammengefasst wurden und jeden Montagabend zu einem zweistündigen Dienst zusammenkamen; während dieses Dienstes wurden laufend Vorträge gehalten, die im Wesentlichen auf den Krieg bezogen waren: die Ernährungslage und andere wirtschaftliche Fragen, die Kriegs-Winterhilfe, die »innere und äußere Front« u. ä.257 Ein geregelter Dienstbetrieb mit weltanschaulichen Schulungsstunden wie vor dem Krieg war in der Allgemeinen SS, wenn überhaupt, dann zumeist nur noch an größeren Standorten und in größeren Städten möglich, in denen es eine größere Zahl u.k.-gestellter SS-Männer gab.258 Dazu gehörten auch die SS-Ämter selber – so fand etwa für alle Angehörigen des RuSHA 1941 jeweils montags eine »Lesung weltanschaulichen Inhalts« statt.259 Etwas anders war es in den besetzten und annektierten Gebieten, in denen eine Allgemeine SS überhaupt erst aufgebaut werden musste, insbesondere in den »germanischen« Ländern (s. u.). Aber auch im Generalgouvernement war 1941 für Angehörige der SS, die in der zivilen Verwaltung tätig waren, ein Sturmbann der Allgemeinen SS mit vier Stürmen (Krakau, Radom, Warschau, Lublin) geplant; ein Abend in der Woche und ein Sonntag im Monat war für den Dienst vorgesehen – weltanschauliche Schulung, Schießübungen, Sport und Geländeausbildung260 Der Schwerpunkt der Schulungsarbeit verlagerte sich jedoch nach 1939 in die bewaffneten Verbände. Zu den Aufgaben der Totenkopfverbände und der Verfügungstruppen gehörte nach einer Anordnung Heißmeyers auch die Aufstellung, Ausbildung und Schulung der Ersatzeinheiten. Die zentrale Leitung, Organisation und Verwaltung der Ersatzbeschaffung, Ergänzung, Ausbildung und Schulung aller Einheiten und Verbände der SS lag jetzt in den Händen des SS-Hauptamtes, dessen Schulungsamt darüber hinaus auch noch die zentrale Zuständigkeit für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei hatte. Mit der Vervielfältigung seiner Aufgaben wäre das Amt bald überfordert gewesen, deshalb nahm Himmler im Verlauf des Jahres 1940 eine grundlegende institutionelle Differenzierung vor. Zunächst einmal musste jedoch improvisiert werden; denn von den Einberufungen zu Kriegsbeginn waren auch die Mitarbeiter des Schulungsamtes betroffen. Um für eine Übergangszeit wenigstens ein funktionierendes Gerippe einer zentralen Schulungsverwaltung auch für die bewaffneten Verbände aufrechtzuerhalten, setzte Heißmeyer im November 1939 für die Verfügungstruppen, die Totenkopfverbände und die Polizei jeweils zwei »WE-Führer« ein, die für die

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»weltanschauliche Erziehung und Festigung aller SS- und Polizeiangehörigen der Divisionen« sorgen sollten und darüber hinaus für die »fürsorgerische Betreuung der Männer« und die »vermittelnde Fürsorge für die Sippen« verantwortlich waren. Für die Verfügungstruppen waren Barnert und Stahlmann zuständig. Walter Barnert, von Beruf Verwaltungsbeamter und Bauernschullehrer, gehörte zur Gruppe der »alten Kämpfer«: Er war Freikorps-Angehöriger und hatte sich bereits 1923 als Siebzehnjähriger erstmals den Nationalsozialisten angeschlossen. Als er 1932 zur SS ging, hatte er schon Erfahrungen als Propaganda-, Schulungs- und Presseleiter in der Partei. In der SS bewährte er sich als WS-Lehrer in der Dachauer Führerschule und bei Verbänden der Verfügungstruppen und schien daher als WE-Führer geeignet.261 Ihm wurde der ehemalige Rassereferent und Schulungsführer der Totenkopfstandarte Albert Stahlmann zur Seite gestellt, der hier, nachdem er zuvor wegen Amtsmißbrauch degradiert worden war, als alter Kämpfer eine neue Bewährungschance erhielt. Als WE-Führer der SS- und Polizeidivision wurde Cäsars wichtigster Mann, Otto Bayer zusammen mit Hugo Stelzer eingesetzt – Stelzer, wie Bayer und Bürger von Beruf Volksschullehrer, war zuvor als Polizeischulungsleiter beim Inspekteur der Ordnungspolizei in Hamburg tätig gewesen. Cäsar berief ihn Anfang 1941 in die neu geschaffene »Gruppe WE« im Hauptamt Orpo. Die Zuständigkeit für die Totenkopfverbände behielt der Diplomvolkswirt Dr. Wilhelm Fuhrländer. Er war 1930 der NSDAP beigetreten, hatte 1935 eine Ausbildung beim RuSHA absolviert und war Anfang 1936 mit der Leitung der Schulungsabteilung beim Führer der Totenkopfverbände und Konzentrationslager Theodor Eicke betraut worden.262 Fuhrländer mußte sich die Aufgabe mit Karl Heinz Bürger teilen, einem der einflussreichsten Mitarbeiter des Schulungsamtes. Bürger war Volksschul- und wie Barnert Bauernschullehrer und gehörte ebenfalls zu den »alten Kämpfern«: Nachdem er eine Reihe von Führungsfunktionen in der Mecklenburger NSDAP wahrgenommen hatte, trat er 1935 als Schulungsreferent beim Oberabschnitt Nord in die Dienste des RuSHA. 1936 folgte seine Ernennung zum Rassereferenten Nord, 1938 wurde er, inzwischen zum Obersturmbannführer befördert, Oberabschnitts-Schulungsleiter, von 1938 bis 1940 unterrichtete er als WS-Lehrer an der Junkerschule Braunschweig. Nach dem Zwischenspiel als WE-Führer beim Stab der verstärkten SS-Totenkopf-Standarten holte ihn Caesar im Mai 1940 als seinen Stellvertreter ins SS-Hauptamt. Da Cäsar von Mai bis Oktober 1940 zur Waffen-SS eingezogen wurde, hatte Bürger während dieser Zeit die faktische Leitung des Schulungsamtes inne. Von November 1940 bis April 1941 war er Chef des Amtes Erziehung und Wissenschaft in der Dienststelle Heißmeyer, danach wurde er zum Leiter der Abteilung VI – Weltanschauliche Erziehung, wehrpolitische Schulung und Truppenbetreuung – im Kommandostab RFSS ernannt. Bürger wechselte später von der Waffen-SS zur Polizei und avancierte zum SSPF Nordkaukasien und schließlich, ausgezeichnet mit dem »Bandenkampfabzeichen« als SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei zum SSPF Mittelitalien.263 Während der ersten Monate des Krieges dürfte in den bewaffneten Verbänden allenfalls ein provisorischer Schulungsbetrieb stattgefunden haben. Aus dieser Zeit gibt es kaum Anweisungen und Rundschreiben des Schulungsamtes. Erst im Frühjahr und Sommer 1940 entstanden neue institutionelle Strukturen für den Aufbau einer geregelten Schulungsarbeit unter Bedingungen des Krieges. Das Schulungsamt blieb aber auch mit verminderter Personalbesetzung aktiv. Bereits im Januar 1940 ging eine Auf-

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forderung an alle Einheiten, sämtliche Schulungsleiter der Allgemeinen SS, der Partei und der Polizei sowie Lehrer und Erzieher in ihren Reihen zu melden. Für die zur bewaffneten SS eingezogenen Schulungsleiter der Allgemeinen SS fand Ende Januar im Polizeihaus Kurmark ein 14tägiger Sonderlehrgang statt, der die alten Themen mit den neuen kriegsbezogenen Aufgaben verband. Nach einer Einführung in die »Technik des Unterrichts« durch den Lehrer und Polizeischulungsleiter von Südbayern Hermann Schegg hielt Amtschef Cäsar den Hauptvortrag am 1. Tag über die »Aufgaben der WE-Führer im Kriege«, an den beiden nächsten Tagen hielt Moritz Edelmann Vorlesungen über deutsche Geschichte – Edelmann war Professor für Geschichte und Direktor der HfL Dortmund, Leiter des der Hochschule angegliederten Seminars des NSLB für nationalpolitische Pädagogik, »Reichssachbearbeiter« des NSLB für Geschichte und seit 1935 auch als Schulungsleiter und »Rasseberater« für das Schulungsamt der SS tätig. Unmittelbar im Anschluss an seine Vorlesungen im Polizeihaus Kurmark reiste Edelmann zu Vorträgen nach Buchenwald weiter.264 Der 1. und 2. Februar des Sonderlehrgangs war einer Vorlesungsreihe über Polen gewidmet, der 3.2. den Aufgaben des Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums, am 5.2. referierte Johann von Leers über »England und das Judentum«, am 6.2. sprach Oberführer Hofmann über den »biologischen Kampf« und die »Sippenfürsorge«, am 8.2. befasste man sich mit den »wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland und dem Südostraum« sowie »volkstumspolitischen Fragen der Gegenwart«, am 9.2. mit Fragen der Truppenbetreuung und am 10.2. noch einmal mit England. Die Abende wurden mit Theaterbesuchen (»Der kluge Mann« und »Prinz von Homburg« im Schillertheater), dem Besuch eines Symphoniekonzertes (Reger und Bruckner), einer Veranstaltung über »Humor der deutschen Landschaften« mit Siegfried Kadner und Feierstunden aufgelockert; am 4.2. unternahm man gemeinsam einen Ausflug nach Potsdam.265 Im März und April ergingen erneut Aufforderungen an die Verbände, Angehörige aus den Lehr- und Erzieherberufen zu melden – für sie wurden von April bis Juli 1940 achttägige Schulungs- und Überprüfungslehrgänge zur »einheitlichen Ausrichtung des Erzieherkorps in der Waffen-SS« an der Schule des SS-Hauptamtes in Berlin-Grunewald organisiert; bis zum Juli fanden mindestens 14 Lehrgänge dieser Art statt.266 Unter den Erfordernissen des Krieges plante man aus Zweckmäßigkeitserwägungen heraus eine Professionalisierung der Schulungsarbeit. Auch auf anderen Sektoren war die SS bestrebt, professionelle Kompetenzen in den eigenen Reihen zu nutzen: Im Februar wurden die Verbände aufgefordert, alle Volljuristen zu melden, danach folgten Aufforderungen, Architekten, Diplomingenieure, Physiker und Mathematiker zu nennen; im Dezember folgte noch einmal eine Rundfrage bezüglich der Lehrer höherer Schulen und Philologiestudenten in den Reihen der Waffen-SS.267 Die Truppen wurden aber auch vorher schon mit Schulungsmaterial versorgt. Insbesondere die Produktion und Herausgabe der Leithefte lief ohne Unterbrechung weiter. Eine Zäsur bedeutete der Krieg aber auch hier: Die Hefte erschienen jetzt in 14täglichem Rhythmus, die Inhalte wurden umgehend auf den Krieg ausgerichtet, der »enzyklopädische« Weg, den man auf Wunsch Himmlers eingeschlagen hatte, wurde erst einmal wieder verlassen. Die Reiterstandarte der Totenkopfverbände erhielt z. B. im Januar 1940 100 Exemplare des Leitheftes für die Kompanie- und Zugführer.268 Ab April 1940 wurden auf Anweisung Bürgers auch die ersten Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS versandt.269 In Ermangelung eines Lehrpla-

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nes brachte das Schulungsamt ab Anfang 1940 Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS heraus; die Themen der Hefte lassen sich zwar nur noch unvollständig rekonstruieren, sie dürften aber durchweg auf die aktuelle Kriegssituation bezogen gewesen sein: Heft 1: ? Heft 2: Juda in England Heft 3: Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit Heft 3a: Norwegen Heft 4: Deutschlands Schicksalskampf im Westen (?) Heft 5: Kampf ums Mittelmeer Heft 6: Deutschlands Recht auf Kolonien

Die Hefte erschienen parallel zu den Heften der Stoffsammlung und der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei, trugen z.T. die gleichen Titel und dürften alle im Schulungsamt hergestellt worden sein. Heft 3 bis 6 erschienen von Mai bis September/Oktober 1940. Zuvor waren im Februar und März Stoffsammlungen für die Ordnungspolizei über den Kriegsgegner England erschienen, die vermutlich auch den Inhalt der Hefte 1 und 2 der Stoffsammlung für die Waffen-SS bildeten. Diese Hefte und Broschüren wurden offensichtlich ad hoc erstellt; einen verbindlichen Lehrplan gab es 1940 nicht, er wurde erst Ende des Jahres für das Winterhalbjahr 1940/41 aufgestellt. Mit Beginn des Krieges trat die Schulungsarbeit nur vorübergehend in den Hintergrund. Noch im Verlauf des ersten Kriegsjahres begann ein Prozess struktureller und institutioneller Differenzierung, in dem die weltanschauliche Schulung und Erziehung an die Erfordernisse des Krieges angepasst wurde. Vor dem Hintergrund der Mobilisierung von Polizeireservisten, der Aufstellung neuer Polizeieinheiten und der allgemeinen Expansion bewaffneter Polizeiverbände wurde im April 1940 im Hauptamt Orpo eine eigene Arbeitsgruppe »WE« eingerichtet, die für die organisatorische Durchführung der Polizeischulung zuständig war. Dies war sicher auch ein Zugeständnis an die Zwänge der Realität, denn zum einen konnte die SS nicht mehr wie zuvor Schulungskräfte zur Verfügung stellen, weil sie entweder im Krieg waren oder in den eigenen Reihen benötigt wurden, zum anderen war die Verschmelzung von SS und Polizei nicht so schnell zu bewerkstelligen, wie man sich das vielleicht gedacht hatte, und unter den Bedingungen des Krieges war es zweckmäßiger, der Polizei mehr Eigenverantwortung zuzugestehen. Die »SS-mässige« Ausrichtung der Polizeischulung wurde aber dadurch sichergestellt, dass Joachim Cäsar als Chef des Schulungsamtes in Personalunion auch zum Inspekteur für das weltanschauliche Schulungswesen der Polizei bestellt wurde und das Schulungsamt das Hauptamt Orpo weiterhin mit Schulungsmaterial versorgte. Die Stoffsammlungen für die Schulung der Polizei erschienen zwar ab Frühjahr 1940 in einer eigenen Schriftenreihe des Hauptamtes Orpo, wurden aber weitgehend vom SS-Hauptamt übernommen und waren größtenteils mit den Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS identisch. Das SS-Hauptamt musste Zuständigkeiten abgeben, behielt aber vorerst die Richtlinienkompetenz. Nur wenige Wochen später verlor es erneut Zuständigkeiten. Nach den ersten Kriegserfahrungen wurde im Juni 1940 aus den Inspektionen der Totenkopfverbände und der Verfügungstruppen das Kommandoamt der Waffen-SS gebildet und damit auch eine gemeinsame Instanz für die Leitung der weltanschaulichen Erzie-

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hungsarbeit in der Waffen-SS geschaffen; am 15.8.1940 wurde es aus dem SS-HA ausgegliedert und dem neu gebildeten SS-Führungshauptamt (FHA) unterstellt.270 Ende 1940 ging auch das Kommandoamt der Allgemeinen SS zum SS-FHA. Dem SSFHA unterstanden die militärische Führung der Waffen-SS einschließlich der vor- und nachmilitärischen Erziehung der Allgemeinen SS sowie die gesamte Führerausbildung.271 Dazu gehörte insbesondere auch die Aufsicht über die Führer- bzw. Junkerund Unterführerschulen der Waffen-SS. Beim SS-Hauptamt verblieben das Erfassungs- und Ergänzungsamt, das Amt für Leibesübungen, das Schulungsamt sowie das Fürsorge- und Versorgungsamt.272 Neben dem Schulungsamt im SS-HA entstand im Sommer 1940 eine neue mit Aufgaben der Organisation und Durchführung befasste Abteilung für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung im Kommandoamt der Waffen-SS. Sie erhielt wenig später die Bezeichnung »Abt. VI« (im Folgenden auch »Abt. VI/FHA«).273 Zwischen dem Schulungsamt und der »Abt. VI« kam es immer wieder zu Kompetenz- und Abgrenzungsproblemen, die auch praktische Effizienzverluste zur Folge hatten. Die Aufgabenteilung sicherte dem Schulungsamt die Richtlinienkompetenz zu – dies betraf vor allem die Inhalte, d.h. die Aufstellung von Lehrplänen sowie die Auswahl und Erstellung der Schulungsmittel, also Texte und Materialien; außerdem hatte das Schulungsamt ein Inspektionsrecht und bestimmte die Auswahl und Entsendung von Rednern. Die Abt. VI war dagegen für die praktische Umsetzung und Durchführung der weltanschaulichen Erziehung in der Waffen-SS zuständig; dazu gehörte neben der Beschaffung und Verteilung der Schulungs- und Truppenbetreuungsmittel insbesondere auch die Einsetzung der jetzt »WE-Führer« oder »Führer VI« genannten Schulungsleiter und ihrer Mitarbeiter sowie die Kontrolle ihrer Arbeit. Hinzu kamen Aufgaben der Truppenbetreuung und Fürsorge.274 In den Worten Caesars war das Schulungsamt »für die Gesamtrichtung der Schulung« verantwortlich, »während die Aufgabe der Abteilung Weltanschauliche Erziehung im Kommandoamt der Waffen-SS die einer Durchgangs- und Verteilerstelle ist, die die besonderen Aufgaben der Waffen-SS zu wahren hat und in engster Zusammenarbeit mit dem Schulungsamt tätig sein soll.«275 Gottlob Berger bekräftigte in einem Rundschreiben, das an alle SS-Hauptämter, Oberabschnitte, HSSPF, Ergänzungsstellen und den Reichsarzt-SS ging, aber die führende Rolle des Schulungsamtes: »Es hat sich als notwendig erwiesen, darauf hinzuweisen, dass Schulungsmaßnahmen, sei es in der Allgemeinen SS oder in von der SS geführten oder betreuten Organisationen nur unter Beteiligung des Schulungamtes im SS-Hauptamt durchgeführt werden dürfen. Die Einheitlichkeit der Richtung erfordert eine straffe Disziplin auch auf diesem Gebiet.«276 In diesem Zusammenhang ist die Versetzung Karl Heinz Bürgers vom Schulungsamt zur Dienststelle Heißmeyer zu erwähnen. Caesar erteilte Bürger Anfang November 1940 eine Verwarnung, weil er, wie Berger später formulierte, versucht habe, während der Abwesenheit Caesars als dessen Stellvertreter das Schulungsamt unter den Einfluß des SS-Führungshauptamtes zu bringen. Bürger war ein Protégé Heißmeyers, der ihn im März 1940 als WE-Führer zur Inspektion der verstärkten Totenkopfstandarten und im Mai darauf mit erweiterten Funktionen zum Stab der Waffen-SS kommandiert hatte. Caesar »belehrte« ihn am 5.1. darüber, »dass der Reichsführer jegliche Bestrebung, eine Organisation der Schulung unter Zurücksetzung des Schulungsamtes aufzubauen, als gegen das Bestehen der SS gerichtet, schärfstens verurteilt, da das Schu-

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lungsamt für den Gesamtbereich des Reichsführers zuständig ist. Vor allem sieht der Reichsführer in der Förderung des Auseinanderstrebens von Waffen-SS und Allgemeiner-SS einen Versuch der Zerschlagung der SS.«277 Das Schulungsamt fungierte als übergeordnete Instanz ideologischer Integration bei wachsender institutioneller Differenzierung, um die einheitliche weltanschauliche Ausrichtung aller Formationen der SS sicherzustellen. Dies schloss zu diesem Zeitpunkt auch noch die Polizeischulung ein, der Cäsar als Inspekteur vorstand. Eine übergeordnete integrative Instanz erscheint auch vor dem Hintergrund weiterer institutioneller Differenzierungsprozesse funktional, die mit den Vorbereitungen zur Errichtung der Germanischen Leitstelle im Herbst 1940 begannen; in der Germanischen Leitstelle wurde 1941 eine eigene Abteilung für weltanschauliche Erziehung geschaffen, die ihre Richtlinien wie die Abt. VI/FHA vom Schulungsamt bezog. Ähnliches gilt im Hinblick auf die Errichtung einer eigenen Dienststelle für weltanschauliche Erziehung für die Stabsabteilungen und Wachverbände der Konzentrationslager im Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt 1942 (s. u.). Die Expansion und fortschreitende Aufgabenerweiterung von SS und Polizei im Verlauf des Krieges zog Prozesse institutioneller und organisatorischer Differenzierung nach sich, die stets aufs neue die von Anfang an latent vorhandene Gefahr eines Auseinanderfallens der SS in verschiedene Zweige aktualisierten und denen durch integrative Maßnahmen einer »mentalen Standardisierung« entgegengesteuert werden musste.278 Diese Integration erfolgte vor allem über die Stoffsammlungen und Richtlinien des Schulungsamtes, die sowohl die Inhalte als auch die curricularen Rahmenbedingungen der weltanschaulichen Schulung festlegten. Sie waren in allen Abteilungen für weltanschauliche Schulung und Erziehung präsent und sollten ein gemeinsames und einheitliches »geistiges« Selbstverständnis aller Angehörigen von SS und – soweit möglich – Polizei sicherstellen. Daher achtete Berger aufmerksam darauf, dass sich kein eigenständiges Schulungsamt außerhalb seiner Zuständigkeit etablierte. Dies erklärt auch, warum das Schulungsamt im Verlauf des Krieges immer weiter expandierte und schließlich hypertrophe Formen annahm, obwohl es mehrfach Kompetenzen hatte abgeben müssen. Dem Schulungsamt floss immer mehr symbolische Bedeutung zu. Als die SS ein Monopol für die Rekrutierung »germanischer Freiwilliger« in den besetzten Gebieten erhielt und das SS-Hauptamt für deren Erfassung, Ergänzung und auch weltanschauliche Schulung und Erziehung zuständig wurde, wuchs dem SSHauptamt eine neue reale Macht zu, die auch die Verhandlungsposition des SS-Hauptamtschefs Berger gegenüber dem SS-Führungshauptamtes stärkte. Schon ab 1942 gelang es Berger, neben der Zuständigkeit für die weltanschauliche Schulung der Verbände der Waffen-SS außerhalb des Reiches schrittweise auch die Zuständigkeit für die Schulung der reichsdeutschen Verbände zurückzuerlangen und im SS-Hauptamt zu konzentrieren. Im Oktober 1944 wurde die Abt.VI im FHA faktisch aufgelöst. Gleichzeitig erreichte das Schulungsamt bis zum Ende des Jahres seinen höchsten Personalstand.

Schulungsamt und »Abt. VI« während des Krieges Aus den ersten Kriegsjahren sind nur wenig Dokumente des Schulungsamtes erhalten. Die Nomenklatur änderte sich mehrfach: 1939 firmierte es als Amt XIII, 1940 als Amt D, Anfang 1941 als Amt III, ab April 1941 als Amt IV im SS-Hauptamt.279 Das Schu-

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lungsamt blieb in den Räumen in der Hedemannstrasse, in denen es schon während seiner Zugehörigkeit zum RuSHA untergebracht war. Hier wurde übrigens anfangs auch die Hauptabteilung Weltanschauliche Erziehung der »germanischen Freiwilligen« eingerichtet.280 Erst aus dem Jahr 1941 findet sich wieder ein Geschäftsverteilungsplan, allerdings ohne personelle Zuordnungen. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits eine weitere Abteilung für weltanschauliche Erziehung in der Germanischen Leitstelle (s. u.). Erziehungsaufgaben nahm auch das Amt für Leibesübungen wahr. Im April 1941 war das SS-Hauptamt mit dem Schulungsamt und den Ämtern für Leibesübungen und Germanische Freiwillige so gegliedert: Amt I Zentralkanzlei (Personal, Verwaltung etc.) Amt II Ergänzungsamt Amt III Erfassungsamt Amt IV Schulungsamt Adjudantur, Ref. f. d. Innendienst, Pers. Ref. Hauptabt. IV 1 Weltanschauliche Erziehung 1a Allg. SS 1b Waffen-SS 1c Führerlehrgänge – SS-Schule Grunewald 1d Sonderaufträge Hauptabt. IV 2 Schulungsmittel 2a Truppenbetreuung 2b Bildstelle und Ausstellungswesen 2c Filmstelle 2d Schrifttum 2e Graphik und Lehrmittel Amt V Leibesübungen Hauptabt. V 1 Leibeserziehung 1a Waffen-SS 1b Allg. SS 1c Sportabzeichen Hauptabt. V 2 Erziehungsmittel 2a Schrifttum und Lehrmittel 2b Sportschulen und Übungsstätten 2c Sportgeräte Amt VI Germanische Freiwillige Leitstelle (Mai 1941) Hauptabt. VI 1: Volksgermanische Führung Hauptabt. VI 2 Volksgermanische Ergänzung Hauptabt. VI 3 Volksgermanische Erziehung VI 3a Weltanschauliche Erziehung VI 3b Leibeserziehung und vormilitärische Ausbildung VI 3c Schulische Weiterbildung volksgermanische Ausbildungslager Amt VII Fürsorge- und Verwaltungsamt281

Das Schulungsamt gliederte sich jetzt vor allem in die Aufgabenbereiche weltanschauliche Schulung der Allgemeinen SS und der Waffen-SS, dazu kamen die Führerschulung in der SS-Schule Grunewald und »Sonderaufträge«. Die Polizeischulung ist in diesem Plan nicht mehr vertreten. Amtschef war weiterhin Cäsar, Adjudant Kleffel, die Hauptabteilung »Weltanschauliche Erziehung« leitete weiterhin Otto Bayer.282

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Inzwischen hatte sich auch die »Abt. VI« im Kommandoamt der Waffen-SS des SS-FHA etabliert. Sie war 1941 bereits eine umfangreiche Abteilung mit sieben Unterabteilungen und insgesamt 21 Planstellen:283 Abt. VI (Leiter: UStuf. Neumann) VIa Weltanschauliche Erziehung (UStuf. Christophersen) VIb Truppenbetreuung (UStuf. Klemann) VIc Freizeit und Feiergestaltung (OScharf. Fussek) VId Fürsorge, Verlobungs- und Heiratsgenehmigung (Czichocki) VIe Bücherei (OScharf. Fussek) VIf Film- und Bildstelle (Rottf. Bencke) VIg Versandabteilung (OScharf. Hummitzsch)

Der Leiter Walter Neumann, geboren 1904 in Buckow, war Diplom-Handelslehrer und staatlich geprüfter Schwimmlehrer. Er hatte an der Wirtschaftshochschule Berlin Sprachen studiert und leitete seit 1931 die Handelsfachschule in Züllichau; später wurde er als Gewerbelehrer an der Kaufmannsschule der IHK Krefeld beschäftigt. Nebenher arbeitete er für die Reichswehr; nachdem er 1931/32 einen Lehrgang zur Ausbildung von militärischen Hilfsdolmetschern durchgeführt hatte, wurde er im Herbst 1932 nebenamtlich als Lehrer für militärische Geographie und Sprachen an der Heeresfachschule eingestellt. Neumann hatte zeitweise der SPD angehört, verließ sie aber 1931 wieder und wurde 1933 in die SS, 1936 in die NSDAP aufgenommen. In der SS setzte man ihn als Sturmbann-Schulungsleiter und 1939 als Polizeischulungsleiter ein, bis er mit Kriegsbeginn zur Waffen-SS eingezogen und als Schulungsführer der 7. Totenkopf-Standarte eingesetzt wurde. Im Juni 1940 kam er als Leiter der Abt. VI zum Kommandoamt der Waffen-SS. Dort stieg er rasch zum Sturmbannführer (1941) auf und wurde Anfang 1943 zum Obersturmbannführer befördert.284 Die Unterabteilung »Weltanschauliche Erziehung« leitete Hans Christophersen. Er wurde 1915 als Sohn eines Lehrers in Kiel geboren, machte dort das Abitur und begann mit dem Studium der Biologie, Geographie und Leibeserziehung, brach es aber nach zwei Semestern wieder ab und meldete sich zum Arbeitsdienst. Christophersen war bereits als 15jähriger 1930 der HJ beigetreten; 1936 trat er in die NSDAP, 1938 in die SS ein. Er diente zuerst in der SS-Standarte »Germania«, absolvierte zu Beginn des Krieges einen Führeranwärterlehrgang in Tölz und kam im Sommer 1940 als Untersturmführer zum Führungshauptamt.285 Als Christophersen 1942 zum Aufstellungsstab der TotenkopfDivision versetzt wurde, trat Oskar Dorrer an seine Stelle. Er war Mittelschullehrer und Studienreferendar in Graz, gehörte seit 1937 der NSDAP und SA in Österreich an und war schon seit 1919 im Deutschen Turnerbund aktiv. Dorrer war 1940 Schulungsführer bei der Totenkopf-Infanterie und kam im Juli 1941 als Untersturmführer zum Kommandoamt der Waffen-SS.286 Bei dem Leiter der Abteilung »Truppenbetreuung« dürfte es sich um den Studienassessor Siegfried Klemann handeln. Klemann hatte zunächst Volkswirtschaft an der Handelshochschule in Berlin studiert, war aber dann zu einem Studium der Geschichte, Germanistik und Leibesübungen an die Universität gewechselt. Er trat 1933 der SS bei und wurde 1937 in die NSDAP aufgenommen.287 Zum Führungspersonal der Abt. VI gehörte noch Dr. Erich Fussek, zuständig für die beiden Abteilungen »Freizeit und Feiergestaltung« sowie »Bücherei«. Fussek, Jahrgang 1911, stammte aus Karwin, einem Ort an der tschechisch-polnischen Grenze, und hatte an der Deutschen Universität in Prag Philosophie, Geographie und

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Geschichte studiert; 1933 machte er das Staatsexamen, 1936 promovierte er. Von 1936 bis 1938 tat er Dienst in der tschechoslowakischen Armee, danach arbeitete er als Lehrer im Hultschiner Land, dann als Bibliothekar in Troppau. Nachdem er zuvor schon in nationalen Verbänden Schulungsarbeit geleistet hatte, trat er 1938 der SS bei. Zu Beginn des Krieges wurde er zur Waffen-SS eingezogen und nach einer Ausbildung an der Unterführerschule Breslau bei »Bandenkämpfen« in Polen eingesetzt. 1941 absolvierte Fussek einen Führerlehrgang in Radolfzell, danach kam er als Abteilungsleiter zur Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS. Im September 1943 wurde er als WE-Führer zur Waffen-SS versetzt und schließlich als Weltanschauungslehrer an der Junkerschule Klagenfurt beschäftigt.288 Das Personal der Abteilung VI im SS-Führungshauptamt war deutlich anders zusammengesetzt als das Vorkriegspersonal des Schulungsamtes: Von insgesamt 21 Personen, die der Abteilung zwischen 1940 und 1944 angehörten und zu denen sich biographische und berufliche Daten finden ließen, waren 11 Lehrer, die anderen gehörten überwiegend kaufmännischen Berufen an, die in Abteilungen wie Versand, Film und Bild oder Bücherei auch durchaus funktional waren – die Professionalisierungsbestrebungen hatten in der Zusammensetzung des Personals ihren Niederschlag gefunden, die »Blut-und-Boden-Fraktion« Darrés war praktisch nicht mehr vertreten. Im September 1940 hatte Himmler die regelmäßige weltanschauliche Erziehung der Truppen durch die Einheitsführer befohlen; danach sollten die Bataillonskommandeure einmal im Monat, die Kompanieführer einmal in der Woche eine weltanschauliche Schulung durchführen – die Bataillonsführer sollten also in den bewaffneten Verbänden die Aufgabe übernehmen, die in der Allgemeinen SS die Sturmbannschulungsleiter wahrgenommen hatten. Zur Durchführung ihrer Arbeit sollten ihnen »WE-Führer«, danach auch als »Führer der Abt. VI« bezeichnet, zur Seite gestellt werden. In allen Einheiten der Waffen-SS wurden daraufhin Abteilungen für weltanschauliche Erziehung errichtet, bestehend aus einem WE-Führer als Leiter und beigeordneten Sachbearbeitern, die dem Kommandoamt der Waffen-SS unterstanden. Nach Befehl vom 1.3.1941 waren bei den Stäben der Divisionen, Regimenter und Ersatzeinheiten »Abteilungen VI« zu schaffen, wenig später folgten Verordnungen zur personellen und sachlichen Ausstattung der Abteilungen, die für alle Einheiten Stellenpläne, den finanziellen Rahmen und die anzuschaffende Zahl von Büchern, Musikinstrumenten, Radios, Landkarten usw. festlegten.289 So wurden z. B. für die Ersatz-Einheiten der Waffen-SS im Mai 1942 jeweils vier Planstellen genehmigt: eine Führerstelle, zwei Unterführerstellen, davon eine für einen Filmvorführer, und eine Stelle für einen Schreiber. Für die Stäbe der Divisionen und Legionen wurden wenig später 11 Stellen beschlossen: vier Führer – ein Abteilungsleiter, ein Mitarbeiter, zwei für Fürsorgeangelegenheiten verantwortliche Führer und fünf Unterführer, von denen zwei für die Truppenbetreuung, einer für Filmvorführungen und einer für technische Wartung zuständig war, außerdem ein Schreiber und ein Fachmann für das Fotolabor.290 Zum Aufbau der Abteilungen VI in den Divisionen wurden zumeist erfahrene Mitarbeiter des Schulungsamtes entsandt. Bereits im September 1940 erließ das SS-FHA eine »Dienstanweisung für WEFührer«, die in Grundzügen Aufgaben und Formen der Schulungsarbeit festlegte. Die weltanschauliche Erziehung, hieß es einleitend, stehe nicht neben der militärischen Ausbildung, sondern beide Aufgaben hätten »zu einer geschlossenen Erziehung zu

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verschmelzen« – Ziel der Erziehung sei »der politische Soldat«. Grundsätzlich sei die weltanschauliche Erziehung Aufgabe des Kompanieführers, ihm sei aber »zur Entlastung« ein WE-Führer als Referent zur Seite zu stellen. Zu den Aufgaben des WEFührers gehörte die Bearbeitung und Zusammenstellung von Materialien, die Besprechung der Materialien mit dem Kompanieführer, die Beratung des Kompanieführers, seine Entlastung von Organisations- und Verwaltungsarbeit und die Erstellung von Monatsberichten über die laufende Schulungsarbeit. Die WE-Führer bzw. Leiter der Abt. VI waren darüber hinaus für die »Weiterbildung« des Führerkorps zuständig, vor dem sie von Zeit zu Zeit Vorträge halten sollten, und sie hatten speziell die weltanschauliche Erziehung in den Unterführerlehrgängen durchzuführen. Darüber hinaus waren sie auch für die Truppenbetreuung zuständig – dies beinhaltete u. a. die Versorgung der Truppe mit Literatur, Schallplatten, Musikinstrumenten, Radios und Spielen für die Freizeitgestaltung, die Organisation von »Bunten Abenden«, Sportwettkämpfen, Feiern, Theaterbesuchen, Filmvorführungen und anderen kulturellen Veranstaltungen, die »Pflege des Marschliedes und der Hausmusik« usw. Für die Durchführung all dieser Aufgaben, insbesondere die Verwaltung der Feldbüchereien, Sportgeräte und des Schulungsmaterials, die Ausgestaltung der Unterkunft und die Verwaltung und Verteilung von Theater- und Kinokarten waren in den Kompanien Unterführer als »Sachbearbeiter der Abt. VI« einzusetzen. Abschließend wird in der Dienstanweisung der erzieherische Aspekt hervorgehoben: »Die weltanschauliche Erziehung verlangt von den Führern stärksten persönlichen Einsatz. Sie darf niemals nur Schulung, d.h. Wissensvermittlung sein. Das Wesentliche ist das persönliche Erlebnis, überzeugend von einer ganzen Persönlichkeit dargestellt. Weltanschauliche Erziehung kann nicht nur durch einen Vortrag in der Woche erzielt werden. Sie muß immer und überall erfolgen. Wie ein Gewehrgriff, die Handhabung einer Waffe, unablässig, intensiv und unnachsichtig exerziert werden, müssen Denken und Haltung auf die Grundsätze unserer Weltanschauung ausgerichtet werden.«291

Schon wenige Tage nach Erlass der Dienstanweisung hatten die Abteilungen VI bei den bewaffneten Verbänden Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Himmlers Befehl vom 30.9. in die Tat umgesetzt wurde: »Ich ersuche Vorsorge zu treffen, dass die gesamte SS und Polizei im Laufe des Winters den Film ›Jud Süß‹ zu sehen bekommt.«292 Zu den ersten Beschlüssen der Abt.VI/FHA gehörte die Anweisung, Napola-Erzieher in der Waffen-SS zu melden und bis auf weiteres vom Schuldienst zu beurlauben. Ende Oktober erging ein »Zusatzbefehl« zum Winterausbildungsplan der Totenkopfstandarten. Im Mittelpunkt des Lehrplans stand »der Führer als Soldat und Staatsmann«, der mit dem Krieg das »neue Europa« und das »großgermanische Reich« schafft:293 I. Der Soldat der Waffen-SS als Soldat des Führers. a) Wehrdienst in der SS, b) Die Lebensführung des SS-Mannes. II. Das Leben des Führers als ein Leben des Kampfs für sein Volk. a) Das Leben des Führers bis 1919, b) die nationalsozialistische Bewegung, c) Der Führer baut den neuen Staat. III. Vorgeschichte des Krieges. IV. Der Führer als Feldherr. a) Feldzug in Polen,

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b) Die Aktion im Norden, c) Niederschlagung Frankreichs, d) Der letzte Feind: England. V. Der Führer ordnet Europa. a) Lebenswichtige Raumfragen für das deutsche Volk, b) Das grossgermanische Reich.

Im Dezember 1940 versandten Neumann und Christophersen einen neuen Winterschulungsplan für die Waffen-SS, der 5 Hauptthemen für die Zeit von Mitte Dezember 1940 bis Ende Februar 1941 vorsah.294 Jetzt waren die Themen nicht mehr unmittelbar auf den Krieg, sondern wieder allgemeiner auf die nationalsozialistische Weltanschauung und die ideologischen Grundlagen des Krieges ausgerichtet: 1. Das deutsche Volk (1. Dezemberhälfte): Was ist »Volk«, Bevölkerungspolitik, Volkskraft – Wehrkraft 2. Das deutsche Reich (1. Januarhälfte): Entwicklung des Reichsgedankens und der verschiedenen »Deutschen Reiche«; Aufbau des nationalsozialistischen Reichs, Partei – Staat – Wirtschaft; das Reich als Aufgabe 3. Der deutsche Lebensraum (2. Januarhälfte): Rasse und Raum, Lebensraum – Wirtschaftsraum, Autarkie, kleine Völker im Schutze der großen, großgermanischer Raum 4. Die Blutsgemeinschaft aller germanischen Völker (1. Februarhälfte): Wert und Bedeutung der Rasse, germanische Vorgeschichte, Entstehung der germanischen Staaten von heute, Aufgabe der germanischen Völker. 5. Das großgermanische Reich (2. Februarhälfte): Notwendigkeit der Sammlung aller germanischen Kräfte, deutsche Führung historische Notwendigkeit.

Die Ausbildungs- und Ersatzeinheiten waren gehalten, jedes Thema in zwei mal 45 Minuten zu behandeln. Zu den einzelnen Themen brachte das SS-Hauptamt/Schulungsamt »Stoffsammlungen« heraus, Hefte, die im Durchschnitt 15 bis 20 Seiten umfassten und weiterführende Literaturhinweise, z.T. auch Karten und statistische Materialien enthielten, die sich mit Hilfe eines Epidiaskops an die Wand projizieren ließen. Zu den Themen 1 bis 5 erschienen die Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS 7 bis 11.295 Der Winterschulungsplan für 1941/42 war auf die Zeit von November bis März ausgelegt und umfasste neun Themen, die jetzt wieder ganz auf den Krieg, vor allem den Krieg mit der Sowjetunion ausgerichtet waren, diese Ausrichtung aber wieder an die Ideologie einer natürlichen Lebensordnung zurückbanden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Der Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum Der Traum von der roten Weltrevolution Grenzkampf Ost Die Sowjetunion – Raum und Volk Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg Deutschland ordnet Europa neu Anglo-amerikanischer Imperialismus Bauerntum – Lebensquell unseres Volkes Die Schöpfung – Quelle aller Erkenntnis.296

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Zwei Themen – »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« und »Deutschland ordnet Europa neu« waren aufgrund einer Vereinbarung mit dem Amt Rosenberg aufgenommen worden, das 1941 in Abstimmung mit dem Hauptschulungsamt der NSDAP-Reichsorganisationsleitung die Durchführung von »Reichsschulungsabenden« bzw. »Politischen Gemeinschaftsstunden« in allen Gliederungen der Partei vorgeschlagen hatte, »um wie in der Kampfzeit bei einigen wenigen Veranstaltungen die gesamte Bewegung zusammenzuführen«. Zur Vorbereitung und Vertiefung sollten die Themen im kleinen Kreis durchgearbeitet werden. »Es ist nach der Praxis der Sprechabende der Kampfzeit zu verfahren und eine Aussprache über das Thema in Gang zu bringen.«297 Das Hauptschulungsamt der ROL wies die Parteischulungsämter an, weltanschauliche Schulungen nach den vom Amt Rosenberg herausgegebenen Themen und Richtlinien durchzuführen; dabei sollte nach der vom Hauptschulungsamt erstellten Broschüre »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« die »Judenfrage« besonders herausgestellt werden, »wie überhaupt diese Frage in der Schulung wieder eindringlich zu behandeln« sei; eine »Auffrischung« sei nötig: »Der Jude in der Sowjetunion, in England und in der Umgebung Roosevelts ist als der Treiber in diesem Krieg herauszuarbeiten. Er muß als der ausschließliche und entscheidende Gegner erkannt werden, auf den sich der Vernichtungswille unseres Volkes zu konzentrieren hat.« In der Partei- und SS-Schulung gleichermaßen sollte also der Vernichtungsfeldzug gegen die Juden als festes und zentrales Element der Kriegführung vermittelt werden.298 Das Amt Rosenberg ordnete auch in den folgenden Jahren jeweils drei, 1944/45 noch zwei weitere »Reichsschulungsthemen« an, von denen die SS aber nur noch das Thema »Kampf als Lebensgesetz« übernahm.299 Unter dem veränderten Titel »Deutschlands Kampf um die völkische Wiedergeburt – dem Sieg der Waffen muss der Sieg des Kindes folgen« brachte sie eine eigene Ausarbeitung heraus, die vermutlich von Gerhard Schinke stammte und bis Dezember 1942 in allen Einheiten im Rahmen einer Feierstunde vorgetragen werden sollte, zu der auch Bräute und Ehefrauen sowie die Angehörigen gefallener SS-Männer eingeladen wurden.300 1942 war erneut ein Jahr der Reorganisation des Schulungswesens. Im März 1942 wurde die Inspektion der Konzentrationslager ins WuVHA verlegt; dort entstand auch eine eigene Abteilung für weltanschauliche Erziehung. Nur wenige Monate später setzte mit der Neubestimmung der Aufgabenverteilung zwischen Schulungsamt und Abt. VI/FHA ein Prozess der Rückverlagerung von Kompetenzen ins Schulungsamt ein. Vorausgegangen waren umfangreiche personelle und strukturelle Veränderungen im Schulungsamt. Im Februar 1942 gab Cäsar sein Amt als Chef des Schulungsamtes auf und wechselte als »Beauftragter für landwirtschaftliche Sonderaufgaben« in die Dienste des WuVHA. Himmler beauftragte ihn mit der Leitung der landwirtschaftlichen Betriebe beim Konzentrationslager Auschwitz und dem Aufbau einer Pflanzenzuchtstation, in der Forschungsaufgaben für Zwecke der Rüstungsproduktion und der Ernährungssicherung durchgeführt wurden.301 Die Hintergründe dieses Wechsels – ob Cäsar von Berger aus dem Amt gedrängt wurde, amtsmüde war oder eine landwirtschaftliche Forschungsaufgabe präferierte – sind unklar. Für Berger bot sich aber offenbar ein willkommener Anlaß zu einem größeren Revirement des Führungspersonals. Berger, der im August 1940 Heißmeyer als Chef des SS-Hauptamtes faktisch abgelöst hatte,302 war ehrgeizig bestrebt, die Stellung des SS-HA innerhalb der SS durch die Erschließung neuer Aufgabenfelder auszubauen. Dazu gehörte vor allem der Aufbau

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einer »großgermanischen Waffen-SS«, die durch eine »germanische Erziehungsarbeit« zu einem einheitlichen Verband zusammengefügt werden sollte. Berger maß der weltanschaulichen Schulungsarbeit eine Schlüsselrolle in der Kriegführung zu. Nach Cäsars Weggang übernahm er vorübergehend selber die Leitung des Schulungsamtes. Als Stabschef und Stellvertreter setzte er Horst Webendörfer ein, der später auch die Amtsführung übernahm, als Adjudant trat an die Stelle Kleffels, der die Hauptabteilung 2 »Kulturelle Erziehung und Truppenbetreuung« übernahm, Erich Kother. Vor allem entledigte Berger sich Otto Bayers, der lange Jahre hindurch Cäsars rechte Hand gewesen war, den Berger aber offenbar nicht mochte – er warf ihm Intrigententum und ein »unterwürfiges, dienstbereites Wesen« (»ein Wiener von Beruf«) vor. Im April 1942 wurde Bayer als Leiter der Abt. VI zur Division Prinz Eugen versetzt. Stattdessen schuf Berger den Posten eines »Inspekteurs für das Schulungswesen«, den er mit dem Geisteswissenschaftler Gerhard Schinke besetzte. Unter Berger erlebte das Schulungsamt einen weiteren Professionalisierungsschub insofern als viele Stellen und insbesondere Führungsfunktionen jetzt mit Geistes- und Erziehungswissenschaftlern besetzt wurden. Gleichzeitig erfuhr das Amt eine starke strukturelle Differenzierung, die von einer beachtlichen personellen Expansion begleitet war. Der Geschäftsverteilungsplan vom März 1942 legt den Schluss nahe, dass hier eine hypertrophe Bürokratie im Entstehen begriffen war. Allein die »Wissenschaftliche Abteilung« in der Hauptabteilung »Weltanschauliche Erziehungsführung« umfasste jetzt 12 Referate. Insgesamt hatte das Schulungsamt 55 Referate, etwa doppelt so viel wie 1937. Wie viele davon im März tatsächlich besetzt waren, ist zwar unklar, der Plan nennt nur die Abteilungsleiter; die meisten Stellen wurden aber im Laufe des Jahres besetzt.303

Geschäftsverteilungsplan des Schulungsamtes 15.3.1942 Amt IV Schulungsamt (Berger) Stabschef + Stellv. Webendörfer Insp. Schulungswesen (Dr. Schinke) Adjudantur (Kother) 1 Weltanschauliche Erziehungsführung (Hartmann) 1a. SS-Leithefte (Janzowski: Schriftleitung und Redaktion) 1b. Wissenschaftliche Abteilung 1. Geschichte 2. Naturwissenschaft 3. Rassenpolitik 4. Bauerntum und Siedlung 5. Volkstum und Brauchtum 6. Geopolitik 7. Wehrerziehung 8. Kunst und Kultur 9. Politische Gegnerabwehr 10. Wirtschaftspolitik 11. Kolonialpolitik 12. Sonderaufträge 1c. Bücherei und Archiv 1. Lektorat

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2. Bibliothek 3. Archiv 4. Lehrmittelbeschaffung u. Beurteilung 1d. Führererziehung (Dr. Schinke) 1. Junkerschulen 2. Unterführerschulen 3. Unterführeranwärterlehrgänge 4. WE-Führernachwuchs 5. Sonderlehrgänge 1e. Weltanschaulicher Einsatz (Propaganda und Aufklärung) (Dr. Schinke) 1. Redner-Erfassung 2. Redner-Erziehung 3. Redner-Aussetzung und Information 4. Redner-Einsatz und Abrechnung 5. Großveranstaltungen 6. Rundfunk und Presse Kulturelle Erziehung und Truppenbetreuung (Kleffel, Vertr. Havemeister) 2a. eiergestaltung (Kleffel) 1. Lebenslauf-Feiern 2. Jahreslauf-Feiern 3. Feierstunden 2b. Kultureller Einsatz (Havemeister) 1. Filmwesen 2. Theaterwesen 3. Bildende Kunst 4. Kulturelle Großveranstaltungen 2c. Freizeitgestaltung und Truppenbetreuung (Schlotterbeck) 1. KdF-Einsatz 2. Spiel für Kameraden 3. Singeleiterlehrgänge 4. Laienschaffen 5. Soldatenheime 6. Deutsches Volksbildungswerk 7. Besondere Betreuungsmaßnahmen 2d. Filmstelle 1. Filmbeschaffung und Lager 2. Filmverleih 3. Filmvorführung 4. Gerätebeschaffung 2e. Betreuungsblätter (Heitz) 1. Filmschau für die Waffen-SS 2. Blätter für Feier- und Freizeit 3. Liederblätter 2f. Deutsches Volksbildungswerk und Laienschaffen Bild und Film (Vertr. Pröschold) 3a. Bildstelle (Pröschold) 3b. Filmwesen 3c. Ausstellungswesen 3d. Graphik und künstlerische Gestaltung (Prof. Anton)

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In den folgenden Monaten holte Berger mehrere Erziehungswissenschaftler und Pädagogen aus dem südwestdeutschen Raum, die er aus seiner Zeit als Stuttgarter Schulrat und SS-Führer kannte – vor allem Dambach, Gschwend und Eckstein – und besetzte mit ihnen Schlüsselpositionen des Schulungsamtes, so dass die Arbeit des Schulungsamtes stark von einem südwestdeutschen pädagogisch-erziehungswissenschaftlichen SS-Netzwerk bestimmt wurde. Gschwend wurde mit der Leitung der Hauptabteilung »Weltanschauliche Erziehungsführung« betraut, Karl Dambach machte Berger zu seinem persönlichen Referenten als SS-Hauptamtschef für weltanschauliche Fragen, Eckstein wurde zum wissenschaftlichen Referenten des Schulungsamtschefs ernannt.304 Das Schulungsamt entwickelte sich immer mehr zu einer Art Akademie – Himmlers Vision des »enzyklopädischen Lehrplans« mündete in einen neuen SS-Gelehrtenstand, der sich in den 12 Referaten der »Wissenschaftlichen Abteilung« manifestierte. Der neue Geschäftsverteilungsplan unterstrich eindrucksvoll das Ziel und den Anspruch, ein wissenschaftlich begründetes und pädagogisch anspruchsvolles Schulungsmaterial herzustellen, das auf alle Fragen eine Antwort gab, alle Zweifel zerstreute und eine wirksame Waffe im Weltanschauungskrieg lieferte. Gleichzeitig baute Berger gezielt Abteilungen für kulturelle Truppenbetreuung auf. Das Schulungsamt verfügte hier aus seiner Geschichte heraus bereits über einen breiten Erfahrungshintergrund und entsprechende Beziehungen zu Künstlern, Literaten und anderen Kulturschaffenden aus der Allgemeinen SS. 1942 hatte das Schulungsamt so viel organisatorische und personelle Kompetenzen akkumuliert, dass es die Richtlinienkompetenz für die weltanschauliche Erziehung auch auf dem Gebiet der kulturellen Truppenbetreuung geltend machen und die Abt. VI/FHA zum bloß ausführenden Organ degradieren konnte. Im August 1942 erhielt das Schulungsamt die Zuständigkeit nicht nur für die Rahmenrichtlinien und die Materialien der weltanschaulichen Schulung, sondern auch für die Truppenbetreuung.305 Vorangegangen war ein Vorstoß Bergers bei den Hauptamtschefs Daluege, Heydrich und Jüttner, weltanschauliche Erziehung und Truppenbetreuung in eine – »und zwar in meine« – Hand zu legen. Dalueges und Heydrichs Zustimmung hatte er bereits erhalten, bei Jüttner mußte Berger noch Überzeugungsarbeit leisten. Am 12.5. kam es zu einem Gespräch zwischen beiden, dessen Ergebnisse Berger schriftlich festhielt.306 Daraus geht hervor, dass vor allem Walter Neumann einem Machtverlust seiner Abteilung Widerstand entgegensetzte und offenbar selber den Ehrgeiz hatte, zum Chef des Schulungsamtes zu avancieren. Berger fand zwar lobende Worte für Neumanns geleistete Arbeit, die von ihm erlassenen Dienstvorschriften gingen aber auf die »eingehende Beratung durch das Schulungsamt« zurück, und ihm eine Amtsleitung zu übertragen, käme nicht in Frage, weil er erst 1936 Parteigenosse geworden sei und »die Kampfzeit und die Erringung der Macht nicht aktiv miterlebt« und zudem noch nicht einmal Fronterfahrung habe. Als Neumann von Bergers Plänen der Integration von Schulung und Truppenbetreuung erfuhr, schlug er stattdessen vor, die Aufgabe der Truppenbetreuung von der Schulung abzutrennen und als eigenständige Abteilung im SS-FHA zu erhalten und auszubauen. Berger war aus grundsätzlichen Erwägungen gegen eine solche Trennung und argumentierte unter anderem auch mit der besseren finanziellen Ausrüstung seines Amtes307 sowie der Dringlichkeit, die SS- und Polizeistützpunkte im Osten als »weltanschauliche Kulturmittelpunkte« für die gesamte SS auszubauen und entsprechend mit Mitteln der Schulung und Truppenbetreuung auszustatten: »Das

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Hauptkampfgebiet für die Waffen-SS wird voraussichtlich in Russland liegen. Durch die Errichtung der SS- und Polizeistützpunkte ist die Möglichkeit gegeben, auch Kulturpunkte für die ganze SS zu schaffen.« Dieser Aspekt spielte auch in einer Vorlage Bergers an Himmler eine zentrale Rolle: »Die Truppenbetreuung ist ein Teil der Schulung. Ein Trennen ist schon allein darum nicht möglich, weil die verschiedensten Mittel aus den verschiedensten Haushalten zusammengeworfen werden müssen, um eine klare Linie zu erhalten…. Im Osten, mit den Polizeistützpunkten, wird es sowieso unmöglich sein, zu trennen. Aufgabe des Schulungsamtes ist es – meiner Ansicht nach – dafür zu sorgen, diese SS- und Polizeistützpunkte mit Lichtbildgerät, Filmen, Bibliotheken möglichst bald auszurüsten, um für den Winter 1942/43 weltanschauliche Kulturmittelpunkte zu schaffen.«308

In der Folgezeit musste die Abteilung VI einen Teil ihrer Aufgaben wieder an das SSHauptamt abgeben. Gleichzeitig wurde die Hauptabteilung »Kulturelle Erziehung und Truppenbetreuung« im Schulungsamt weiter ausgebaut und schließlich in zwei Hauptabteilungen aufgegliedert. Aufgabe der Abt. VI/FHA blieb es, den Bedarf zu ermitteln, Bestellungen aus den Einheiten entgegenzunehmen und Truppenbetreuungsmittel beim SS-Hauptamt anzufordern. Das Arbeitsgebiet der Abteilung VI wurde neu bestimmt. In der Hauptsache wurden jetzt »Verbindungsstellen« zum SSHauptamt geschaffen, deren Aufgabe darin bestand, die Durchführung aller Richtlinien und Maßnahmen der weltanschaulichen Erziehung und Truppenbetreuung des Schulungsamtes in der Waffen-SS zu überwachen und zu gewährleisten. Weiterhin blieben der Abteilung die für den Einsatz in den Einheiten vorgesehenen Führer-VI und WS-Lehrer unterstellt. Als eigenständige Aufgabengebiete verblieben die Militärische Ausbildungsfilmstelle, die Verwaltung der Bücherei der Waffen-SS sowie der Einsatz von Dolmetschern, Übersetzern und »Sprachmittlern« im Kommandoamt der Waffen-SS.309 Die Ausbildungsaufgaben des FHA beschränkten sich, wie das SSPersonal-Hauptamt im November 1942 bestätigte, auf die militärische und nachmilitärische Ausbildung; alle übrigen »die SS betreffenden Angelegenheiten« waren Sache des SS-Hauptamtes. Der Geschäftsverteilungsplan der Abt. VI/FHA wurde entsprechend geändert: Abteilungsleiter war weiterhin Walter Neumann, inzwischen zum Sturmbannführer befördert, aber mit geringeren Befugnissen. Die Verbindungsstellen leiteten der Drogist Wilhelm Zellmann und der Bankangestellte Paul Sonke, für die Ausbildungsfilme war Dorrer, für die Bibliothek weiterhin Fussek zuständig; Christophersen wechselte zum Ausbildungslager Sennelager.310 Neumann bat nach Bergers Beschwerde um Versetzung in einen anderen Arbeitsbereich, wurde jedoch von Jüttner in seiner Stellung als Abteilungsleiter belassen.311 Berger versuchte auch danach, das Schulungsamt und die Schulungsarbeit weiter aufzuwerten. Im Februar 1943 erreichte Himmler eine aufgeregte Meldung von Berger, die eine plausible Erklärung für den unerwarteten Widerstand der Roten Armee und die Niederlage bei Stalingrad zu liefern schien: »der Russe macht acht Stunden wöchentlich politische Schulung in allen Ersatzeinheiten«.312 Gemessen daran lagen die Deutschen also noch weit zurück. Umgehend ordnete Himmler in einem Befehl vom 24.2.1943 daraufhin an, der weltanschaulichen Erziehung ein größeres Gewicht zu geben: »Der Kampf mit dem russischen Gegner hat unserer Überzeugung Recht gegeben, dass nur die Truppe in diesem Kriege auf die Dauer siegreich sein wird, deren Männer nicht nur

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soldatisch tüchtig, sondern die in noch höherem Maße überzeugte und gläubige Träger unserer Weltanschauung sind. Nur der Mann ist auch in der schwersten Situation fähig, zu kämpfen, zu fechten und wenn notwendig zu bluten und bereitwillig sein Leben hinzugeben, der im tiefsten Herzen weiss, warum und wofür er dieses Opfer bringt. Je länger der Krieg dauert, umso mehr müssen wir unsere gesamten Führer, Unterführer und Männer zu immer fanatischeren und überzeugteren Willensträgern der nationalsozialistischen Weltanschauung, zur Idee unseres Führers Adolf Hitler erziehen.«313

Konkrete Anweisungen enthielt der Appell freilich nicht. Wichtigstes und einprägsamstes Erziehungsmittel sei stets das Vorbild des Truppenführers; das zweite Mittel der Erziehung sei »Unterricht und Unterweisung in jeder Form, und zwar: a) der planmäßige Unterricht als ein ebenso wichtiger Teil des Ausbildungsplans wie die Ausbildung an der Waffe und im Gelände, b) die Unterweisung durch Führer und Unterführer bei jeder sich bietenden Gelegenheit.« Himmler bestätigte bei der Gelegenheit die Führungsrolle des SS-Hauptamtes in allen Belangen: »Der Chef des SS-Hauptamtes ist mir für die gesamte weltanschauliche Erziehung und kulturelle Betreuung der Schutzstaffel – Allgemeine SS, Waffen-SS, Sicherheitspolizei, Ordnungspolizei – verantwortlich. Planung, Durchführung und Überwachung der weltanschaulichen Erziehung und kulturellen Betreuung der Schutzstaffel, Heranbildung von geeigneten Führern und Männern für die weltanschauliche Schulung der einzelnen Schutzstaffelteile und Schaffung, sowie Einsatz der Schulungs- und Betreuungsmittel, obliegen dem Amt IV – Amt für weltanschauliche Erziehung – im SS-Hauptamt.«

Alle in den verschiedenen Bereichen der SS und Polizei eingerichteten Abteilungen für weltanschauliche Erziehung und Truppenbetreuung unterstanden danach in fachlicher und personeller Hinsicht dem SS-Hauptamt, die Führer der Abt. VI mussten in Zukunft vom Schulungsamt bestätigt werden. Berger erhielt den zusätzlichen Titel eines »Inspekteurs für die weltanschauliche Erziehung«, das heißt er erhielt ein Inspektionsrecht für die gesamte SS und Polizei.314 Im Mai 1943 folgte eine Anordnung zur Durchführung des Himmlerschen Befehls vom 24.2. für die Abt. VI. Darin wird noch einmal zwischen der Erziehung durch das Vorbild, den »gelegentlichen« weltanschaulichen Unterricht und der »planmäßigen Schulung« unterschieden. Für die Feldtruppen kam nur die »gelegentliche« Schulung in Betracht – überall dort, wo die äußeren Bedingungen es zuließen; in den Ersatzeinheiten sollte sie jedoch planmäßig erfolgen, und zwar 4 Stunden die Woche, möglichst am Morgen. Der planmäßigen Schulung wurde ein 12wöchiger Lehrplan zugrunde gelegt.315 Am Ende jeder Woche sollte eine Stunde politischen Tagesfragen gewidmet werden. Den vierstündigen Wochenunterricht sollten die Einheitsführer erteilen; einmal im Monat sollten die Kommandeure die Einheitsführer unterrichten, zweimal im Monat war eine Schulung der Unterführer durch den Leiter der Abt. VI vorgesehen, um diese in die Lage zu versetzen, auch anstelle des Einheitsführers Schulungsunterricht zu erteilen.316 Im Überblick zusammengefasst folgte aus der Anordnung: a) einmal im Monat Unterricht für die Einheitsführer durch den Kommandeur, b) zweimal im Monat Unterricht für die Unterführer durch den Leiter der Abt. VI, c) 4 Stunden die Woche Unterricht für die (Ersatz-) Einheiten durch den Einheitsführer (mit Unterstützung durch den WE-Führer) d) Politische Wochenübersicht und gelegentliche Vorträge je nach Lage.

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Die Kommandeure trugen weiter die Verantwortung für die weltanschauliche Erziehung, der Führer der zugeordneten Abt. VI war ihr erster Mitarbeiter. Zuvor war eine neue Anordnung des FHA erlassen worden, die die Dienststellung und Rangordnung der Mitarbeiter der Abt. VI in den Einheiten regelte: danach gehörte zu jedem Kommando einer SS-Division ein Führer der Abt. VI (»Bearbeiter für weltanschauliche Führung«), der dem Divisionskommandeur als Referent unmittelbar unterstellt war. Der Führer VI der Division bestimmte den Führer VI des Regiments, der die Aufgaben eines Referenten des Regimentskommandeurs wahrnahm, dieser wiederum bestimmte Sachbearbeiter für die Bataillone des Regiments. Für Zug- und Gruppenführer sollten Erziehungslehrgänge durch die Abt. VI beim Divisionskommando durchgeführt werden. Der Führer VI war nicht nur für die »weltanschauliche Führung« der Division zuständig, sondern auch für Fürsorge- und Sippenangelegenheiten, Truppenbetreuung, Gräberfürsorge, »Fotoarbeit – Kriegsmaler« und bei den Divisionen mit germanischen Freiwilligen für »Germanische Freiwilligen-Fragen«. Zur Truppenbetreuung hieß es lapidar: »Die Truppenbetreuung ist unter dem Gesichtspunkt eines weltanschaulichen Führungsmittels zu betrachten und einzusetzen.«317 Auf Divisionsebene wurden jeweils 11, auf Regimentsebene 6 Planstellen für die Abt. VI vorgesehen (s.o.) – dies trug dem erhöhten Umfang der Aufgaben Rechnung, die mit dem erweiterten Auftrag zur weltanschaulichen Schulung für die Abt. VI verbunden waren. Um den erweiterten Bedarf an qualifizierten Schulungskräften decken zu können, startete das FHA im Herbst 1943 eine neue Mobilisierungsinitiative: »Die auf Befehl des RFSS im 5. Kriegsjahr notwendige Verstärkung der Arbeit auf dem Gebiet der WE erfordert den Einsatz weiterer Kräfte.« Die Einheiten wurden angewiesen, aus den Stamm- und Genesendenkompanien Männer zu melden, die für die Aufgaben der weltanschaulichen Erziehung und Truppenbetreuung geeignet wären und die eine »Lehrbefähigung für wissenschaftliche oder praktische Fächer« besäßen; sie sollten zu Lehrgängen einberufen und danach als Fachpersonal in den Abteilungen VI eingesetzt werden.318 Neumann und Webendörfer verständigten sich einige Monate später darauf, eine »Spezialistenlaufbahn« für die Fachführer der Abt. VI zu schaffen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, auch ohne eine »militärisch betonte Laufbahn« durchlaufen zu haben, Führer-Dienstgrade zu erreichen.319 Lehrgänge zur Ausbildung von WE-Führern und Leitern der Abt. VI hatten bis dahin nur unregelmäßig stattgefunden. Anfang 1940 hatte das SS-Hauptamt einen Lehrgang für Schulungsleiter durchgeführt, dem ab März/April in Berlin eine ganze Reihe von Lehrgängen für »Angehörige der Erzieherberufe« und im August 1940 ein »Überprüfungslehrgang für WE-Führer« folgten.320 Dokumente und Hinweise auf weitere Lehrgänge finden sich nur vereinzelt. Nachdem die Zuständigkeiten der weltanschaulichen Schulung im August 1942 neu geregelt und die Truppenbetreuung dem SS-Hauptamt übertragen worden war, veranstaltete das Schulungsamt im Dezember 1942 eine Tagung für sämtliche Führer der Abt. VI in Babelsberg, um »die Linie der WE bei den Divisionen, Ersatzeinheiten und an den Schulen klarzustellen und zu vereinheitlichen«.321 Dem Geschäftsverteilungsplan des Schulungsamtes vom März 1942 zufolge war Gerhard Schinke im Rahmen der Abt. »Führererziehung« auch für den »WE-Führer-Nachwuchs« zuständig. Irgendwelche Aktivitäten dieser Abteilung, deren Leitung 1943 auf Hohmüller überging, sind nicht überliefert.322 Im Juni 1943 schlug Berger die Errichtung einer »Schule für Weltanschauliche Führung« vor, deren

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Hauptaufgabe darin bestehen sollte, die Leiter der Abteilungen VI auszubilden bzw. einer »gründlichen und einheitlichen weltanschaulichen Schulung und Ausrichtung« zu unterziehen. Himmler stimmte zu und befahl noch im gleichen Monat die Errichtung dieser Schule durch das SS-Hauptamt; in ihr sollten SS-Führer in mehrwöchigen Kursen »auf die besonderen Aufgaben weltanschaulicher Erziehungsarbeit bei der Truppe vorbereitet und geschult werden«. Die Schüler sollten an den Junkerschulen ausgewählt werden – aus Tölz und Braunschweig wollte Himmler jeweils 10% der Absolventen aus den Lehrgängen für versehrte Führerbewerber und 5% aus Reserveführeranwärterlehrgänge zur Weiterbildung an die Schule für Weltanschauliche Führung kommandieren lassen.323 Als Kommandeur der Schule war Wolfgang Roehder vorgesehen. Roehder, der 1937 bei Ernst Krieck mit einer Arbeit über die »Formung des preußischen Menschen« (»Das Staatserziehungswerk Friedrich Wilhelms I. von Preußen«) promoviert hatte, war Dozent für Erziehungswissenschaft und Musik an der Hochschule für Lehrerbildung Saarbrücken gewesen, bevor er als langjähriges SS-Mitglied mit Kriegsbeginn zu den Totenkopfverbänden einberufen wurde; seitdem war er bei der Waffen-SS im Einsatz.324 Da Roehder aber wegen des plötzlichen Ausfalls eines Abteilungskommandeurs der SS-Panzerdivision »Das Reich« einspringen und dessen Aufgabe übernehmen musste, lehnte das FHA es ab, ihn ans SS-HA abzugeben; möglicherweise versuchte Jüttner aber auch die Errichtung der Schule zu hintertreiben, um den Einfluß Bergers auf die Ausbildung der Waffen-SS zurückzudrängen.325 Da die Errichtung der Schule sich hinzog, begann man stattdessen im November 1943 mit einem Lehrgang für Mitarbeiter und Leiter der Abteilungen VI an der Junkerschule Braunschweig. Ob es jemals zur Errichtung der Führerschule kam, ist ungewiß, bislang fehlt jeder Hinweis auf ihre Existenz.326

Das Amt C I »Weltanschauliche Erziehung« im SS-Hauptamt Inzwischen war es 1943 erneut zu einer größeren Reorganisation im SS-Hauptamt gekommen: die Ämter für Weltanschauliche Erziehung, Leibeserziehung und Berufserziehung wurden in der neuen Amtsgruppe C zusammengefasst, die Germanische Leitstelle wurde als Amtsgruppe D neu aufgestellt: SS-HA ab 1943327 Amtsgruppe A Zentralamt, Leitender Arzt, Verwaltung Amtsgruppe B Ergänzungs- und Erfassungsamt der Waffen-SS Amtsgruppe C Erziehung Amt C I Weltanschauliche Erziehung (»Amt WE«, Leiter Webendörfer) Amt C II Leibeserziehung (v. Daniels) Amt C III Berufserziehung (Borst) Amtsgruppe D Germanische Leitstelle Amt D I Germanische Leitstelle Amt D II Germanische Ergänzung Amt D III Germanische Erziehung (Dr. Rudolf Jacobsen)

Das Amt für Leibeserziehung organisierte den Wehrsport in der SS. Es war auch für die Ausbildung der Ausbilder der Waffen-SS zuständig, die für die Wehrertüchtigungslager der HJ verantwortlich waren, aus denen die Waffen-SS einen Teil ihres Nach-

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wuchses rekrutierte.328 Amtsleiter war zunächst Edler von Daniels, von März 1941 bis Februar 1942 Max Kopischke, danach wieder von Daniels. Kopischke war ein erfolgreicher Sportler, der u. a. 1928 mit dem Berliner Handballclub die Deutsche Meisterschaft errungen und 1932/33 die norddeutschen Meisterschaften der Tennislehrer im Herren-Doppel gewonnen hatte. Kopischke, 1899 in Schlochau in Ostpommern geboren, hatte 1919 die Lehrerprüfung abgelegt und war zu Beginn der 20er Jahre als Hauslehrer tätig, bevor er 1924 noch ein Studium an der Hochschule für Leibesübungen aufnahm, das er 1927 als Diplom-Sportlehrer abschloss. Anschließend arbeitete er als Sportlehrer bei einem Leipziger Club, seit 1931 war er Assistent am Institut für Leibesübungen der Universität Berlin. 1933 trat er in die SA, 1934 in die SS ein und wurde zum Leiter der Abteilung Sport an der Junkerschule Tölz bestellt, eine Aufgabe, die er bis zu seiner Berufung als Leiter des Amtes für Leibeserziehung im SS-HA 1941 ausübte. Zum 1.3.1942 wurde er mit dem Aufbau der SS-Reichsschule für Leibeserziehung in Prag beauftragt.329 Die Schule hatte die Aufgabe, Übungswarte und Lehrkräfte für die Leibeserziehung in SS und Polizei heranzubilden, SS-Führer in das Gebiet der Leibeserziehung einzuführen und Fachlehrkräfte für den Versehrtensport und -transport auszubilden, die insbesondere im Genesenden-Bataillon der Waffen-SS zum Einsatz kamen. Nach Kopischkes Weggang ins Protektorat kehrte von Daniels als Leiter des Amtes für Leibeserziehung ins SS-HA zurück. Von Daniels war bereits Stabsführer beim Inspekteur für Leibeserziehung. Himmler hatte das Amt für Leibesübungen im Mai 1940 zunächst dem RSHA zugeordnet, einige Monate später aber dem SS-Hauptamt unterstellt und stattdessen Heydrich im Dezember 1940 zum Inspekteur für Leibesübungen ernannt; Heydrich erhielt damit ein Weisungsrecht gegenüber dem SS-Hauptamt, ihm unterstand außerdem die Reichsschule für Leibesübungen, mit deren Leitung Kopischke beauftragt wurde. Von Daniels wurde neben seiner Stellung als Stabsführer bei Heydrich gleichzeitig im Dezember 1940 die Leitung des Amtes für Leibesübungen im SS-Hauptamt übertragen. Nach Heydrichs Tod im Juni 1942 ernannte Himmler Gottlob Berger zum Inspekteur für Leibesübungen, so dass die Inspektion und die Sachbearbeitung unter Leitung von Daniels im SS-Hauptamt zusammengeführt werden konnten. Herbert Edler von Daniels stammte noch aus dem kaiserlichen Offizierskorps und war nach dem 1. Weltkrieg Freikorps-Angehöriger. Nach Auflösung der Freikorps machte er eine kaufmännische Lehre, trat 1927 als Teilhaber in ein Geschäft ein und machte sich 1930 selbständig. Er scheint damit aber wenig glücklich gewesen zu sein, denn Ende 1932 begann er eine Tätigkeit als Sportlehrer beim Reichskuratorium für Jugendertüchtigung, und im Oktober 1933 übernahm er die Leitung der Geländesportschule des Chefs des SA-Ausbildungswesens, 1936 wurde er zum Oberregierungsrat und Leiter der Führerschule des Berliner Hochschulinstituts für Leibesübungen in Neustrelitz ernannt. 1940 wurde er vom Reichserziehungsministerium beurlaubt, um die Leitung der Amtsgruppe Leibeserziehung im RSHA zu übernehmen.330 Die Hauptabteilung Berufserziehung war im März 1943 aus dem Amt C I herausgelöst und zu einem selbständigen Amt unter Leitung des Ministerialdirigenten Dr. Borst aufgewertet worden. Es hatte im Wesentlichen die Aufgabe der Berufsausbildung kriegsversehrter SS-Angehöriger und der beruflichen Schulung aktiver Angehöriger der Waffen-SS und betrieb u. a. eine Berufsoberschule für Führerbewerber der Waffen-SS. Am Ende des Krieges unterhielt die Waffen-SS zwei Berufsoberschulen in

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Heidenheim und Ulm, drei Berufsschulen in Mittweida, Hainspach und Schloss Duttenstein, eine Höhere Landbauschule in Bregenz und eine Landwirtschaftliche Versehrtenschule in Sontheim; dazu kam ein Kriegsversehrten-Lehrgang an der landwirtschaftlichen Schule Konin im Warthegau. 1944 bestand noch eine Berufsschule und eine Berufsoberschule im OberElsass.331 Otto Borst leitete die Abteilung für Fachschulen im Württembergischen Kultusministerium. In den 20er Jahren hatte er, nachdem er als Diplomingenieur keine Stellung fand, als Fachlehrer gearbeitet, war 1928 Gewerbeschulrat geworden und hatte 1930 an der TH Stuttgart im Gebiet Landesplanung promoviert. Er hatte 1931 die ingenieurstechnische Abteilung der NSDAP gegründet, war Mitgründer und Kreisleiter des NSLB in Ulm und wurde später Gaufachschaftsleiter des NSLB und Gaureferent für Verkehrsfragen und Landesplanung. 1938 wechselte er von der SA zur SS, Anfang 1943 holte ihn Berger als Leiter der Hauptabteilung für Berufserziehung ins SS-Hauptamt, um, wie er schrieb, »unseren Schwerbeschädigten die beste Ausbildung zuteil werden zu lassen«. Borst entwarf eine Reihe von Plänen für das Berufsbildungswesen der SS, u. a. einen Plan für die Errichtung nationalpolitischer Erziehungsanstalten für Facharbeiter und Pläne für die berufliche Schulung in der Waffen-SS, in denen er sich über »bildungsmäßige Voraussetzungen der Ostkolonisation« ausließ (»eiserne Härte und Strenge«).332 Die Trias von nationalsozialistischer Weltanschauung, berufspraktischer Ausbildung und Leibeserziehung bildete im Selbstverständnis Bergers offenbar die Grundlage aller Erziehung im SS-Staat. Die führende Rolle kam dabei der weltanschaulichen Erziehung zu. In den folgenden Monaten wurde das »Amt WE« zielstrebig weiter ausgebaut. In den nächsten Geschäftsverteilungsplänen, die vom 1.6. und 1.7.1944 erhalten sind, umfasste das Amt C I bereits 7 Hauptabteilungen: 1. Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit (Leitung Gschwend) 2. Kulturelle Arbeit (Dr. Heyd) 3. Truppenbetreuung (Dr. Wolff) 4. Nachwuchs und Einsatz (Hohmüller) 5. Schrifttum und Presse (Dr. Wezel) 6. Künstlerische Gestaltung (Velmede) 7. Herstellung von Druckschriften

Den Hauptabteilungen unterstanden insgesamt 33 Abteilungen mit rund 100 Referaten, so dass das gesamte Amt C I etwa 140 Positionen umfasste. Allein zur Hauptabteilung C I.1 unter Leitung Gschwends gehörten 1944 elf Abteilungen mit 33 Referaten, darunter Referate für Geschichte des Altertums, des Mittelalters, der Neuzeit und der neuesten Geschichte und 15 Referate für »europäische Erziehungsarbeit« (siehe Anhang). Die Planungseuphorie im Schulungsamt erreichte im Verlauf des Jahres 1944 ihren Höhepunkt. Ein weiterer Geschäftsverteilungsplan vom 1.12.1944 enthielt nur noch geringfügige Veränderungen. Inzwischen war es Berger gelungen, die Aufgaben der Abt. VI/FHA ganz an sich zu ziehen und die noch verbliebenen Arbeitsbereiche dem Schulungsamt zuzuschlagen. Bereits im Dezember 1943 hatte er im Zusammenhang mit der Ernennung Ernst Ficks zum Inspekteur für die gesamte weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei vorgeschlagen, die Abteilung ganz aufzulösen.333 Himmler mochte sich wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu einer so weitreichenden Entscheidung entschließen, gab Bergers Drängen aber im Spätsommer 1944 nach. Die weltanschauliche Erziehung in der Waffen-SS litt sowohl unter dem immer wieder

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beklagten Mangel an Fähigkeiten und Interesse der Einheitsführer als auch unter den unklaren Zuständigkeiten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen SS-HA und SSFHA. Auf einer Tagung des Schulungsamtes unter der Leitung von Fick auf der Plassenburg im Februar 1944 waren diese Probleme zur Sprache gekommen; sie wurden für schwerwiegende Mängel in der weltanschaulichen Erziehungsarbeit in der Waffen-SS verantwortlich gemacht: Die Schulungsmaterialien des SS-Hauptamtes fänden oft keine Verwendung, kämen zu spät oder gar nicht bei den WE-Abteilungen an, den Leitern der Abt. VI fehle es häufig an der erforderlichen Autorität, zumal es oft Sturmführer ohne Frontauszeichnungen wären, die sich gegenüber den Kommandeuren nicht durchsetzen könnten, aber auch nicht den nötigen Rückhalt durch das SS-HA hätten, während die Kompanieführer als Träger der weltanschaulichen Erziehung oft überfordert und auf ihre Aufgaben nicht vorbereitet wären. Viele Leiter der Abteilungen VI hätten deswegen kapituliert und sich auf Aufgaben der Fürsorge und Truppenbetreuung beschränkt. Als Resümee forderte der Berichterstatter, die weltanschauliche Erziehung müsse »in Theorie und Praxis, das heisst von der Erarbeitung des Schulungsstoffes bis zum Vortrag vor der Einheit eindeutig und ausschließlich in eine Hand gelegt werden.«334 Deshalb entschied Himmler schließlich, die Reibereien und Kompetenzstreitigkeiten zwischen SS-HA und SS-FHA zugunsten des SS-Hauptamtes zu beenden; ab Oktober 1944 übernahm das SS-Hauptamt die bis dahin dem SS-FHA Abt. VI noch verblieben Aufgaben. Mit Wirkung vom 1.10.1944 wurden alle Führer der Abteilungen VI, die bis dahin dem SS-FHA unterstanden, zum SS-HA Amt C I versetzt, bis zum Januar sollten auch sämtliche Sachbearbeiter dorthin versetzt werden.335 Eine Liste vom 21.11.44 weist zu diesem Zeitpunkt insgesamt 74 Führungskräfte aus (alle im Rang eines Sturmführers und einige Sturmbannführer): 46 Leiter der Abt. VIa bei den verschiedenen Einheiten der Waffen-SS, acht weitere Leiter der Abt. VIb und c (zuständig für Bibliothek und Truppenbetreuung) sowie 20 Lehrer für Weltanschauliche Schulung (»WS-Lehrer«), die an den Führer- und Unterführerschulen der Waffen-SS tätig waren – offenbar schloss die Überleitung auch die hauptamtlichen »WS-Lehrer« ein.336 Die bisherigen Führer und Sachbearbeiter wurden in einer neu aufgestellten »Stammkompanie/VI« im SS-Hauptamt zusammengefasst. Damit hatte sich Berger endgültig gegen Jüttner, den Chef des FHA durchgesetzt. Anfang Januar 1945 nahm Berger noch einmal eine Reorganisation der Amtsgruppe C vor. Die Aufgaben der Abteilungen »Kulturelle Arbeit« und »Truppenbetreuung« waren mittlerweile so stark angewachsen, dass sie zu eigenen Ämtern aufgewertet wurde. Nach dem letzten Plan, der vom März 1945 datiert, gliederte sich die Amtsgruppe in fünf Ämter: C I Weltanschauliche Führung und Erziehung (Webendörfer) C II Truppenbetreuung (Dr. Wolff) C III Kulturpolitische Führung (Dr. Heyd) C IV Leibeserziehung (?) C V Berufserziehung (Dr. Borst).337 Amtsgruppenchef war in den letzten Monaten des Krieges Ernst Fick. Himmler hatte Fick schon im Dezember 1943 auf Vorschlag Bergers zum Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung in der gesamten SS und Polizei ernannt, nachdem diese Position

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zuvor nur provisorisch von Berger selbst wahrgenommen worden, seit dem Weggang Joachim Caesars zum WuVHA aber faktisch vakant geblieben war.338 Damit wurde in den Worten Bergers die Einheit zwischen Inspektion und Führung der weltanschaulichen Erziehung, wie sie unter Caesar schon einmal bestanden hatte, wiederhergestellt. Als Amtsgruppenchef, so Berger, könne Fick die Ergebnisse seiner Inspektion auch am schnellsten umsetzen. Seine Ernennung trug auch dem Umstand Rechnung, dass die Aufgaben der Amtsgruppe inzwischen im Wesentlichen in der Betreuung und Schulung der bewaffneten Verbände bestand. Nach Berger erhielten mittlerweile »118 selbständige Einheiten« Weisungen durch das Amt für Weltanschauliche Führung und Erziehung, deshalb hielt er es für notwendig, einen General der Waffen-SS als Amtsgruppenchef einzusetzen.339 Fick wurde neben der Stabsführung für die gesamte Amtsgruppe C auch die Personalstelle für die Abt. VI unmittelbar unterstellt; mit der Leitung dieser Personalstelle wurde Hohmüller betraut. Zu den vielen Einheiten, von denen Berger sprach, gehörten insbesondere auch die neuen »Volksgrenadier-Divisionen«, die seit dem Juli 1944 aufgestellt wurden und für die Hitler Himmler die Zuständigkeit für die Erziehung und nationalsozialistische Führung übertragen hatte.340 In der von Berger vorgeschlagenen Neugliederung der Amtsgruppe C nahm diese Aufgabe eine bedeutende Stellung ein, denn das Amt C I sollte sich jetzt in die drei Hauptabteilungen C I.1 Weltanschauliche Schulung und Erziehung, C I.2 Volksgrenadier-Divisionen und C I.3 Schriften und Herstellung von Druckschriften gliedern. Umgehend folgten neue Anweisungen zur weltanschaulichen Erziehung. Am 12.2.1945 versandte das SS-Hauptamt »Ausbildungshinweise zur weltanschaulichen Erziehung in den Ausbildungs- und Ersatzeinheiten«, jeweils gestaffelt für zeitlich gekürzte Lehrgänge von vier, sechs, acht oder zwölf Wochen Dauer mit präzisen Themenvorgaben. Trotz der Kürzungen und der »derzeit besonders schwierigen Lage« müßten, so die Anordnung Bergers, »Mittel und Wege gefunden werden, um auch im Feldheer eine weitere Intensivierung der weltanschaulichen Erziehung herbeizuführen.«341 Gleichzeitig wurden die Leiter der Abteilungen VI angewiesen, in den Ausbildungsund aktuell nicht eingesetzten Truppeneinheiten zweitägige Stabsscharführerlehrgänge über weltanschauliche Führung und Erziehung durchzuführen.342 Für die vierwöchigen Kurz-Ausbildungsgänge wurde folgendes Curriculum vorgeschrieben, das in drei Wochenstunden zu absolvieren war: 1. Woche: Die Schutzstaffel a) Der Weg der SS, b) Die Ordensgesetze der SS, c) Der Fahneneid des SS-Rekruten. 2. Der Führer Adolf Hitler: a) Des Führers politische Grunderlebnisse, b) Der Führer als Mensch und Persönlichkeit, c) Des Führers soziale Leistung für das deutsche Volk, sein Kampf und das deutsche Volk. 3. Der Jude als Weltparasit:

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur a) Deutschlands Erfahrungen mit den Juden, b) Der Jude als unser Weltfeind und seine Kriegsziele, c) Englands Kriegsziele und die Juden. 4. Amerikanismus und Bolschewismus: a) Amerikanismus – eine Weltgefahr, b) Der Bolschewismus, c) Europa und der Bolschewismus.343

Entsprechend erweiterte Curricula wurden für die anderen Lehrgänge vorgelegt. Für die Grundausbildung der Rekruten der Waffen-SS waren 12 Wochen-Kurse vorgesehen; auf 8 Seiten wurden die Themen detailliert erläutert, mit genauen Angaben der zu verwendenden Schulungsmaterialien.344 Die Themen im einzelnen waren: 1. Woche: Die Schutzstaffel I - Der Weg der SS - Die Tugenden des SS-Mannes 2. Woche: Die Schutzstaffel II - Die Tugenden des SS-Mannes - Der Fahneneid des SS-Rekruten 3. Woche: Der Führer - Des Führers politische Grunderlebnisse - Der Führer als Mensch und Persönlichkeit 4. Woche: Des Führers Kampf um das deutsche Volk - Deutschlands Leidensjahre - Der Kampf um die Macht 5. Woche: Des Führers soziale Leistung für das deutsche Volk - Er sicherte das Recht auf Arbeit und gesundes Leben - Er schuf die Arbeitsehre - Freie Bahn dem Tüchtigen 6. Woche: Der Kampf für die Ewigkeit unseres Volkes - Die gegenwärtige bevölkerungspolitische Situation - Bedeutung der Kinderzahl - Bedeutung der Gattenwahl 7. Woche: Ein Volk, ein Reich, ein Führer - Deutschlands Zerrissenheit – Europas Schwäche - Die Sicherung der inneren Einheit des Reiches - Die Rückgewinnung der deutschen Grenzmarken und des Führers Kampf um den Frieden Europas 8. Woche: Nur ein starkes Reich rettet Europa - Das Reich und Europa zwischen Ost und West - Deutschland, das Herz Europas - Der Nationalsozialismus ordnet Europa neu 9. Woche: Die Plutokraten - Was trieb England und Amerika in den Krieg? - Was haben die Plutokraten für die Völker geleistet? - Was haben wir von ihnen zu erwarten? 10. Woche: Der Bolschewismus - Marxismus, Bolschewismus - Das bolschewistische Russland - Die bolschewistische »Befreiung« 11. Woche: Der Jude als Weltparasit

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- Deutschlands Erfahrungen mit den Juden - Die jüdische Rasse und ihre Weltanschauung - Der Jude als unser Weltfeind und seine Kriegsziele 12. Woche: Die Aufgaben der SS - Die europäische Aufgabe - Des Reiches eiserne Klammer - Garant für des deutschen Volkes Zukunft.345

Anfang 1945 rückt in diesem Unterrichtsplan das Judentum noch einmal zum übermächtigen Hauptgegner auf: »Durch die Besprechung unserer Gegner ist auf die Juden hingeführt worden. In anschaulichen Bildern ist in Erinnerung zu bringen, welche Rolle die Juden einst in Deutschland spielten und welche Folgen ihr Wirken hatte. Von diesen Erfahrungen aus ist auf die rassische Eigenart der Juden und ihre Weltanschauung, wie sie in ihren Lehren und Schriften zum Ausdruck kommt, hinzulenken. Dabei sind insbesondere diejenigen Gesichtspunkte hervorzuheben, die im Zusammenhang mit der heutigen Politik unserer Gegner und ihrer jüdischen Hintermänner stehen. Es muß klar zum Ausdruck kommen, dass wir an allen Fronten zwar gegen verschiedene Truppen, aber gegen den gleichen Feind, den Juden, kämpfen.«346

Der Topos vom »Juden als Weltparasit« war die Klammer, die eine eingängige Erklärung dafür lieferte, warum das nationalsozialistische Deutschland einen Zweifrontenkrieg gegen die »angelsächsischen Plutokraten« und das »bolschewistische Russland« führen musste. In der 9. und 10. Woche sollte erläutert werden, dass »Dollarimperialismus und Judentum« England und Amerika in den Krieg trieben und die soziale Krise in Russland zur Zeit der Oktoberrevolution und des Bürgerkriegs vom »jüdischen Geist« benutzt worden sei, um »sein Gift« ins russische Volk »hineinzuträufeln«. Die 11. Woche war daher dem eigentlichen »Gegner im Hintergrund« gewidmet. Das Thema »Der Jude als Weltparasit« sollte in drei Abschnitten behandelt werden, die stichwortartig kommentiert wurden: »Deutschlands Erfahrungen mit den Juden: Einzug der Ghettojuden – Börsengauner und Schieber – Deutscher Bauer, jüdischer Viehhändler – Theater- und Filmjuden – Rassenschänder – Der jüdische Verbrecher – Jüdische Volksverhetzer. Die jüdische Rasse und ihre Weltanschauung: Das auserwählte Volk – Der Stammesgott Jehova – Die Talmudjuden – Der Jude, Zerstörer jeder völkischen Lebensordnung. Der Jude als unser Weltfeind und seine Kriegsziele: Weltfeind Nr. 1 – Waterloo – Opiumkrieg – Zionisten – Der Jude als Kriegsbrandstifter – Jüdische Methoden der Kriegsführung – Vernichtung Deutschlands, Alljudas Weltherrschaft.«347

Je schlechter und aussichtsloser die militärische Lage wurde, desto entschlossener und intensiver wurde das Projekt der weltanschaulichen Erziehung vorangetrieben. Selbst an der Front, in den Pausen während des Kampfgeschehens, sollte Erziehungsarbeit geleistet werden: »Es gibt keine Lage, in der es nicht möglich ist, auf die Truppe weltanschaulich-erzieherisch und politisch-aktiv einzuwirken. Im Kampf ist das gesprochene Wort an die vorderste Truppe heranzubringen. Der VI-Offizier hat sich schwerpunktmäßig dort einzubringen«, heißt es in einem Entwurf zur Dienstanwei-

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sung für die weltanschauliche Erziehung aus dem Jahr 1944.348 In die Dienstanweisung selbst wurde nur der letzte Satz übernommen, der den Schulungsleiter als vorbildlichen Weltanschauungskämpfer vorstellt: »Der VIa (NSFO) gehört zur kleinen Führungsstaffel. Im Kampf setzt er sich schwerpunktmäßig bei den vordersten Truppenteilen ein, wobei die kleine Führungsstaffel nur sein rückwärtiger Stützpunkt ist.«349 In den »Ausbildungshinweisen« vom Februar 1945 wird die Schulung noch während der militärischen Ausbildung gefordert: »Pausen in der Gefechtsausbildung sind dahingehend auszunutzen, dass durch Zugführer und Gruppenführer oder durch Aktivisten Lehrgespräche geführt werden«. Denn: »Die weltanschauliche Erziehung und Führung in den Einheiten ist unter dem Gesichtspunkt anzusetzen, dass der taktischen Führung durch den weltanschaulich gefestigten Soldaten eine wesentliche Erhöhung der Kampfkraft und Kampfmoral gegeben ist. Der Mann muß wissen, warum er in den Krieg zieht und wofür er kämpft.« Das Ziel der weltanschaulichen Erziehung sei »der politische Soldat der SS, der um seinen Auftrag für sein Volk weiß, von seiner Sendung zutiefst überzeugt ist, gewillt und befähigt ist, sich mit seiner ganzen Person für seine Sendung einzusetzen.« 350 Ernst Fick, der noch zur Gruppe der »Alten Kämpfer« gehörte, enttäuschte die Erwartungen nicht, die Berger und Himmler in ihn setzten. Im März 1945, die militärische Niederlage und der Zusammenbruch des Dritten Reichs standen unmittelbar bevor, unterbreitete er Berger Vorschläge, wie die Truppen »in kurzer Zeit wieder in den Besitz ihrer moralischen Kräfte zu bringen« seien; sie stellen ein eindrucksvolles Dokument für den Realitätsverlust dar, den die »forcierte Ideologisierung« (Wegner) während des letzten Kriegsjahres mittlerweile bewirkt hatte: – um den inneren Zusammenhalt zu stärken, sollte jeder Kommandeur und das gesamte Führerkorps mit Unterführern und Mannschaften zu Mittag essen – in Sennheim habe sich dies bewährt; – einmal die Woche müsste jeder Kommandeur, unterstützt vom WE-Führer, zu seinen Unteroffizieren zur Lage sprechen, anschließend sollte es einen Kameradschaftsabend geben; – in jeder Einheit sollte zu Beginn des täglichen Morgenappells der »Rütli-Schwur« gesprochen werden; vormittags sollte ein »Haltungslied«, Mittags ein Tischspruch, nachmittags während der Gefechtspause ein Zitat aus »Mein Kampf« mit anschließender Ansprache des Kompanieführers folgen; am Schluss des Abendappells sollte unter »Stillgestanden« das »abgekürzte Bekenntnis von Clausewitz« gesprochen werden. »Begründung: Cromwells Reiterei betete täglich zweimal dasselbe Gebet und Cromwell selbst führt seine Erfolge auf die psychologische Wirkung der ständigen Wiederholung einer inneren Erhebung in derselben Form zurück.« – In allen Einheiten sollte aus den »besten Aktivisten« eine »Zelle« gebildet werden, die die Meinung der Männer aufnehmen und an die Kompanie- und WE-Führer weitergeben – auch dieses Konzept der Selbstbespitzelung hatte Fick bereits in

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Sennheim erprobt: »ohne sie wäre die germanische und französische Arbeit nie gelöst worden«. – Jede Division sollte täglich einen Merkzettel mit Tagesspruch und kurzen Informationen zur »Neutralisierung der Feindpropaganda« herausgeben; – jedes heldische und besonders vorbildliche Verhalten müsse sofort gewürdigt werden; – jede Division solle 12 bis 15 der besten Truppenführer auf die Schule für Führung und Erziehung schicken, damit sie dort eine praktische Einweisung in die WE-Arbeit und die psychologische Truppenführung erhalten. Anschließend sollten sie zur Truppe zurückkehren und dort wenigstens für ein Jahr weltanschauliche Erziehungsarbeit leisten – den Divisionen fehle »ein stabiles, den Männern vertrautes Führergerippe«, die meisten Kompanieführer führten ihre Truppe nie länger als drei Monate.351 Nur eine Woche später kam aus dem Führerhauptquartier ein Befehl zur »durchgreifenden Verstärkung« der am 22.12.1943 befohlenen »Nationalsozialistischen Führung« in der Wehrmacht, mit der die Ausbildung und Einsetzung der »Nationalsozialistischen Führungsoffiziere« (NSFO) begonnen hatte: »Die zunehmende Härte und das Ausmaß des Krieges zwingen zum Einsatz aller Kräfte für den Sieg. In diesem Ringen müssen die nationalsozialistische Weltanschauung und die politische Haltung als stärkste Kampfmittel eingesetzt werden.« Hitler befahl deshalb: »1. Die vordringliche Aufgabe des Truppenführers ist die politische Aktivierung und Fanatisierung seiner Truppe … 2. Der NS-Führungsoffizier als sein Gehilfe und Berater ist bei der Durchführung der dem Truppenführer gestellten politischen Führungsaufgabe mit verantwortlich. Nur kämpferische, fanatische Nationalsozialisten, gleich welchen Dienstgrades, können als NSFO erfolgreich wirken. Persönlichkeiten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, sind zu ersetzen. … 3. Der NSFO ist dem taktischen Gehilfen als Truppenführer gleichgestellt.«352

Der Befehl markiert den hilflosen Endpunkt in der Geschichte eines irrwitzigen Projektes, den Mangel an materiellen Mitteln und rationaler Strategie in der Kriegsführung durch die Erziehung eines fanatischen Weltanschauungskämpfers kompensieren zu können, der vom Glauben an seine rassische Überlegenheit angetrieben würde. Die weltanschauliche Erziehung in der SS lieferte das Vorbild für dieses Projekt.353 Die SS konnte sich in ihrem Anspruch als weltanschauliche Erziehungsavantgarde bestätigt fühlen, als Hitler Goebbels zufolge nach der Niederlage von Stalingrad äußerte: »Hätten wir rechtzeitig die ganze deutsche Wehrmacht so erzogen, wie die SS-Verbände erzogen worden sind, so wäre sicherlich der Kampf im Osten wesentlich anders verlaufen …«.354 Himmler war noch Ende Juli 1944 davon überzeugt, dass die »Krise an der Ostfront« im Wesentlichen auf einen »Mangel an Pflichtertfüllung und weltanschaulicher Ausrichtung« zurückging; der deutsche Sieg sei aber aufgrund des besseren Erbgutes gewiß.355 Vor allem Gottlob Berger strich immer wieder die Überlegenheit der SS als Weltanschauungstruppe gegenüber der Wehrmacht heraus und kritisierte deren Konzept der »wehrgeistigen Erziehung«. Ein Bericht seines Referenten Dambach über eine Tagung mit Vertretern der Wehrmacht zu Fragen der weltanschaulichen Erziehung im Sommer 1943 bestätigte ihn nur in dieser Kritik: Auf der Tagung sei das Wort »Weltanschauung« vermieden worden, stattdessen sei nur von »wehrgeistiger Erziehung« gesprochen worden; die Offiziere gingen »über die tiefsten Probleme dieses Krieges, über die Rasse- und Weltanschauung hinweg. Ein Beweis dafür, dass

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diesen höheren Offizieren noch gar nicht aufgegangen ist, wie sehr das deutsche Volk um sein Leben zu kämpfen hat«, ereiferte sich Dambach, der den Mangel an weltanschaulicher Führung durch die Wehrmachtsoffiziere für die Niederlage bei Stalingrad verantwortlich machte.356 Schon im Oktober 1942 hatte sich Berger abschätzig und ablehnend zum Konzept der »wehrgeistigen Führung« der Wehrmacht geäußert – es sei ein liberalistisches Konzept, weltanschaulich neutral und ohne innere Verpflichtung: »Alle bürgerlichen, liberalistischen, in der Weltanschauung neutralen Haltungen zerschellen angesichts eines Gegners wie dieses fanatisierten bolschewistischen Menschen«, der nur durch eine Weltanschauung besiegt werden könne, die besser, aber genauso totalitär sei. Berger lehnte deshalb auch jede Unterstellung der Abteilungen VI unter Dienststellen der Wehrmacht ab und bekräftigte den Beschluss, dass die Führer der Abt. VI in den Einheiten ihre Richtlinien ausschließlich vom SS-Hauptamt über das Kommandoamt der Waffen-SS erhalten.357 Ein pädagogisch bedeutsamer Aspekt dieser Kritik an der Wehrmachts-Erziehung war, dass man sich in der WaffenSS vielfach zumindestens programmatisch vom traditionellen Konzept militärischer Diszplinierung abzugrenzen versuchte. Der Aufstellungsstab der Totenkopf-Division erließ beispielsweise im August 1942 Richtlinien zur weltanschaulichen Erziehung, in denen er den Unterschied zur wehrgeistigen Erziehung der Wehrmacht an einer »charakterlichen Haltung« festmachte, »die nicht durch militärischen Drill, sondern nur durch eine Weltanschauung gebildet worden ist.«358 Als Hitler im Dezember 1943 und Januar 1944 die Befehle zur Errichtung eines Nationalsozialistischen Führungsstabes und zur Einführung »Nationalsozialistischer Führungsoffiziere« (NSFO) gab, leitete dies den Übergang von der »wehrgeistigen Führung« zur »weltanschaulichen Erziehung« in der Wehrmacht und den Beginn ihrer Umwandlung in eine Parteiarmee ein; die Wehrmacht sollte auf den Pfad der Waffen-SS einzuschwenken und eine forcierte Ideologisierung und Fanatisierung in Gang setzen: »Das Ziel war eine neue Armee mit fanatisierten Glaubenskämpfern.«359. Der Endsieg schien vor allem eine Erziehungsaufgabe zu sein. Es sei immer noch notwendig, so Goebbels im Januar 1944, »die deutsche Generalität zu erziehen«, man müsse jetzt dem Truppenführer einen politischen Erzieher an die Seite stellen.360 Der Führer-Befehl vom 8.1.1944 proklamierte nach dem Vorbild der Waffen-SS eine charismatische Erziehung zum Kampf durch das Vorbild des Einheitsführers als Weltanschauungskrieger vor Ort: »Dieser Krieg wird deswegen so erbittert und erbarmungslos geführt, weil er das entscheidende Ringen zweier völlig entgegengesetzter Weltanschauungen darstellt… Der Offizier muß auch auf weltanschaulichem Gebiet aktiver Vorkämpfer sein und seine Soldaten zu überzeugten und unüberwindbaren Kämpfern für unser großes germanisch-deutsches Reich im Sinne unserer nationalsozialistischen Weltanschauung erziehen können. Diese politische Schulung ist ebenso kriegsentscheidend wie die Ausbildung an der Waffe.«361

Der »D-Day« und der Umsturzversuch des 20. Juli 1944 brachten noch einmal einen zusätzlichen Schub in dieser Entwicklung. Als Himmler danach zum Oberbefehlshaber des Ersatzheeres ernannt wurde, eröffnete sich ihm die Chance, seine Obsession für die »weltanschauliche Führung und Erziehung« verstärkt auch in die Wehrmacht hineinzutragen und die »Nationalsozialistische Führung« nach dem Muster der SS zu gestalten. Anlässlich der Aufstellung der Divisionen der »29. Welle« Juli/August 1944, für die Hitler ihm die Erziehung und nationalsozialistische Führung übertragen hatte,

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erklärte Himmler, für die Vorbereitung und Durchführung der Weltanschaulichen Erziehung sei der NSFO zuständig, die Ausführungsbestimmungen aber würden vom SS-Hauptamt erlassen. »Die Grundlagen für die Vermittlung des nationalsozialistischen Gedankengutes«, hieß es in der Dienstanweisung für die NSFO, »bilden die vom Reichsführer-SS, Chef des SS-Hauptamtes, erteilten fachlichen Weisungen, die zugewiesenen Ausbildungsunterlagen und fachlichen Hilfsmittel.« Damit hatte die SS ein erstes Bein in der Tür, um am Ende als »Avantgarde der Partei« die ideologische Kontrolle über die Wehrmacht ausüben zu können. In dieser Anweisung hatte ursprünglich schon »Abt. VI« statt »NSFO« gestanden, für den endgültigen Text ließ Himmler die Bezeichnungen »Abt. VI« bzw. »VI-Offizier« aber wieder streichen.362 In der Folgezeit wurden »WE-Führer« der Abt. VI und »NSFO« jedoch zu austauschbaren Begriffen, die nur noch den formalen Unterschied zwischen den Verbänden der Waffen-SS und der Wehrmacht bezeichneten. Im September 1944 erging ein Befehl und eine Dienstanweisung des SS-Hauptamtes an die Abteilungen VI in der Waffen-SS und an die Nationalsozialistischen Führungsoffiziere (NSFO) – hier als »Abteilungen für Nationalsozialistische Führung« apostrophiert – in den Himmler unterstellten Heeresverbänden, die wiederum das Ziel des »weltanschaulichen Kämpfers und politischen Soldaten« propagierten. In jeder Führungsabteilung der Feldtruppe seien solche Abteilungen zu errichten, »von selbständigen Brigaden aufwärts, in Stäben von Befehlshabern, Kommandanturen, Schulen, Ausbildungs- und Ersatzeinheiten und Lazaretten«. Die Abteilungen seien in drei Unterabteilungen zu gliedern: a) Weltanschauliche Führung, b) Truppenbetreuung, c) Fürsorge, Sippenpflege, Gräberfürsorge. Der »WE-Führer« bzw. NSFO wird als »Führungsgehilfe des Truppenführers« tituliert, in dessen Hände die »unmittelbare weltanschauliche Erziehung der Unterführer und Mannschaften« gelegt wird, avanciert aber gleichzeitig zum eigentlichen Lehrer der Einheitsführer: »Der VIa (NSFO) bewirkt die Vorbereitung und laufende Ausbildung der Kommandeure, Kompanie-(Batterie-), Zug- und Gruppenführer«.363 Im Februar 1945 schließlich erließ Himmler als Oberkommandeur der Heeresgruppe Weichsel »Richtlinien für die Arbeit des NSFO«, die »unbeugsamen Kampfwillen« und »Fanatismus« zu den entscheidenden Faktoren im Kampf gegen die »bolschewistische Mordgier« erhoben: »Standhaftigkeit und Entschlossenheit, Wut und Haß, Trotz und Verbissenheit, das unbedinge Vertrauen zum Führer und der Glaube an die eigene Kraft sind immer wieder wachzurufen, zu stärken und zu fanatisieren.« Der Sieg schien nur eine Sache des Willens: »Die Wendung und damit der Sieg liegen einzig und allein im unbeugsamen Kampfwillen eines jeden von uns begründet«. Daraus resultierte die terroristische Schlußfolgerung: »Alles, was diesem unseren Kampfwillen schadet, ist rücksichtslos zu bekämpfen und auszurotten!« Angesichts der offenkundigen Aussichtslosigkeit des Krieges besonders wichtig war daher auch der »Hinweis auf den Kampf des Führers und die geschichtlichen Vorbilder früherer Generationen, die beweisen, dass auch in aussichtlosesten Lagen Minderheiten eine Entscheidung erzwangen, wenn sie entschlossen und gläubig nicht eher aufhörten zu kämpfen, bis ihre verfluchten Feinde nachgaben. (Befreiungskriege, Siebenjähriger Krieg, Türkeneinbruch nach Wien, Mongolensturm bis Liegnitz usw.).«364 Was mit »weltanschaulicher Erziehung und Führung« im letzten Kriegsjahr konkret gemeint war, legt der Befehlsentwurf des SS-Hauptamtes anläßlich der Aufstellung der Divisionen der 29. Welle vom Sommer 1944 offen:

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Darauf wusste das SS-Hauptamt die Antwort. Neben der »bewährten Schule« der »harten soldatischen Ausbildung« bedürfe es »einer ideenmäßigen und erzieherischen Durchdringung jedes einzelnen Mannes«, einer »intensiven weltanschaulichen Erziehung«, die ganz nach dem in der SS bewährten Muster entworfen wurde: drei Stunden weltanschauliche Erziehung die Woche, außerdem eine Stunde für die Behandlung politischer Tagesfragen. Der Entwurf enthielt bereits ein curriculares Programm; an Themen des weltanschaulichen Unterrichts waren durchzunehmen: »1. Die Persönlichkeit des Führers 2. Haltung und Moral des deutschen Soldaten stehen unzertrennlich zu den Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung 3. Friedrich der Große und der Siebenjährige Krieg (dazu Film: ›Der Große König‹) 4. Bismarck, der Schöpfer des zweiten Reiches (dazu Film: ›Bismarck‹) 5. Das Versagen der deutschen Politik nach Bismarck (dazu Film: ›Die Entlassung‹) 6. Der Weltkrieg 1914-1918 7. Die Hintergründe dieses Krieges 8. Der Vernichtungswille unserer Gegner 9. Judentum, Bolschewismus und anglo-amerikanischer Kapitalismus 10. Das Buch Adolf Hitler: ›Mein Kampf‹ als Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung.«365

Grundsätzlich galt: »Die weltanschauliche Erziehung und die politische Aktivierung der Truppe muß unermüdlich und lebendig betrieben werden. Die Methode richtet sich nach der jeweiligen Lage. Es gibt keine Lage, in der es nicht möglich ist, auf die Truppe weltanschaulich-erzieherisch und politisch-aktiv einzuwirken. Im Kampf ist das gesprochene Wort an die vorderste Truppe heranzubringen. Der VI Offizier hat sich schwerpunktmäßig dort einzusetzen.« Die Durchführung der weltanschaulichen Erziehung sei durch »Dienstaufsicht zu überwachen« und »notfalls zu erzwingen«. Der Erziehungszwang, der in der SS eher verpönt war, schien für die Wehrmacht unumgänglich zu sein – umso mehr als nach 5 Kriegsjahren »ein großer Teil der guten Werte des waffentragenden Teiles des Deutschen Volkes verbraucht« war und der Ersatz mittlerweile »auf vielen erzieherischen Gebieten große Mängel« aufwies.366

Das Personal des Schulungsamtes 1942-1944 Bis 1942 leitete Joachim Caesar das Schulungsamt. Sein Adjudant war weiterhin Adolf Kleffel, stellvertretender Amtschef war 1940 Karl Heinz Bürger, der auch den Aufbau der Abt. VI/FHA vom Schulungsamt aus begleitete. Nach dem Ausscheiden Caesars wurde die Führungsspitze des Schulungsamtes neu besetzt. Gottlob Berger übernahm vorübergehend selbst die Führung des Amtes, faktisch wurde es durch seinen Stell-

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vertreter und Stabschef Webendörfer geleitet, dem er später auch die Amtsleitung übertrug; Adjudant und Leiter des Geschäftszimmers war Erich Kother. Berger umgab sich mit einem Stab aus Experten. Ein Novum war die Errichtung der Stelle eines »Inspekteurs für das Schulungswesen« in der Stabsführung, die mit dem Studienrat Gerhard Schinke besetzt wurde, allerdings vermutlich nur ein Jahr existierte. Darüber hinaus berief Berger zwei wissenschaftliche Referenten zu seiner unmittelbaren Beratung: Karl Dambach als Persönlichen Referenten in seinem Stab als SS-Hauptamtsführer, der die Verbindung zwischen Schulungsamt und Stabsführung im SS-Hauptamt herstellen sollte, und Ludwig Eckstein als wissenschaftlichen Referenten im Stab des Schulungsamtes. Als die Führung des Schulungsamtes auf Webendörfer überging, übernahm dieser auch Eckstein als Referenten im Stab. Berger selbst war Referent für Leibeserziehung im Württembergischen Kultusministerium, Oberregierungsrat und Oberstudiendirektor der Württembergischen Landesturnanstalt gewesen, bevor er sich 1937 für den hauptamtlichen SS-Dienst beurlauben ließ. Zuvor hatte er als Lehrer im Raum Tübingen und bis 1935 als Rektor und Stadtschulrat in Esslingen gearbeitet. Berger hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen, gehörte der Einwohnerwehr Heilbronn an, war Mitglied im Freikorps Damm und seit 1922 auch in der NSDAP. 1933 war er an der Aufstellung der Hilfspolizei beteiligt, 1935 wurde er als langjähriger SA-Führer und -Trainingsleiter zum Landesführer beim Chef des SA-Ausbildungswesens in Stuttgart ernannt. 1936 wurde Berger als Oberführer von der SA in die SS übernommen, wurde als Sportreferent im Oberabschnitt Südwest, 1937 als Stabsleiter im Reichsnährstand eingesetzt und 1938 schließlich zum Chef des Ergänzungsamtes und Stabsführer im SS-Hauptamt ernannt. Im August 1940 löste er Heißmeyer als Chef des SS-Hauptamtes ab.367 Bergers Stellvertreter und später Chef des Schulungsamtes Horst Webendörfer wurde 1907 in Greiz als Sohn eines Unternehmers geboren. Er absolvierte ein rechtswissenschaftliches Studium und trat 1933 als Referent für Ständischen Aufbau in die Dienste der NSDAP, daneben war er Mitarbeiter im Organisationsamt der DAF. 1934 wurde er Stellenleiter im Reichsschulungsamt der NSDAP, 1935 übernahm er die Leitung der Abteilung Arbeitskammern in der DAF. Webendörfer trat 1922 dem Jungdeutschen Orden, 1929 der NSDAP und der SA, 1930 der SS bei. Er residierte in den letzten Kriegsjahren als Chef des Amtes C I auf der Plassenburg in Kulmbach und wurde noch Anfang 1945 zum Standartenführer ernannt.368 Erich Kother kam Anfang 1941 von der Waffen-SS zum Schulungsamt, zuerst als Referent für Innendienst, dann als Adjudant des Amtschefs. Er war von Beruf Buchhändler und Verlagsangestellter und hatte in verschiedenen Stellungen als Werbeleiter, Propagandist und Korrespondent gearbeitet; der NSDAP und der SS gehörte er seit dem 1.5.1933 an.369 Eine herausgehobene Stellung als Inspekteur des Schulungswesens hatte Gerhard Schinke inne. Er wurde 1910 in Dittersdorf bei Neustadt (Oberschlesien) als Sohn eines Hauptlehrers geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Klassische Philologie und promovierte 1936 mit einer Dissertation über »Nietzsches Willensbegriff« in Berlin bei Baeumler und Rieffert.370 Noch im gleichen Jahr wurde er als Lehrer und Lehrgangsleiter ins Hauptamt für Beamte berufen. Schinke gehörte zu den Gründern des Nationalsozialistischen Schülerbundes in Neustadt, war Führer der Neustädter Jungenschar und trat 1931 in die SA, 1933 in die SS ein. Während der Zeit seines Studiums engagierte er sich bereits in der politisch-weltanschaulichen Erziehungsarbeit

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und wurde Studentenringleiter, 1934/35 war er als Gauschulungsreferent im Nationalsozialistischen Studentenbund Mecklenburg tätig und führte während dieser Zeit nach eigenen Angaben 19 weltanschauliche Schulungslager durch. Anfang 1936 wurde er in die Reichsstudentenbundsführung berufen, Ende 1937 wurde er dem RuSHA als Unterscharführer zur Ausbildung »zugeteilt«. Nach Kriegseinsatz bei der WaffenSS 1939/40 kam er für ein Jahr als Lehrer für Weltanschauliche Erziehung zur Junkerschule Braunschweig – im Oktober 1940 hielt er dort unter anderem Vorträge über den »Einbruch des Universalismus und des römischen Staatsgedankens und der Kirche in den germanischen Raum«.371 Von September 1941 bis Februar 1943 stand er in Diensten des SS-Hauptamtes. Neben der Inspektion für das Schulungswesen leitete er auch die Abteilungen IV.1d (Führererziehung) und 1e (Weltanschaulicher Einsatz – Propaganda und Aufklärung). Die Abteilung 1d umfasste 1942 fünf Referate und war für die weltanschauliche Erziehung in den Führer- und Unterführerschulen, in den Unterführeranwärterlehrgängen und für den WE-Führernachwuchs zuständig. Die Abteilung 1e bestand aus den Referaten »Redner-Erfassung, Redner-Erziehung, Redner-Ansetzung und Information, Redner-Einsatz und Abrechnung, Großveranstaltungen sowie Rundfunk und Presse«. Schinke selber gehörte zu den am stärksten nachgefragten Rednern des Schulungsamtes und verfasste zahlreiche Beiträge für das SS-Leitheft. 1943 wurde die Inspektion zusammen mit der Abteilung Führer- und Unterführerschulung wieder aufgelöst.372 Schinke kehrte zur Waffen-SS zurück, arbeitete als Lehrer für Weltanschauliche Erziehung an der SS-Reichsschule Oberehnheim und wurde schließlich zur Inspektion für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei versetzt, die Ernst Ficks leitete. Ficks Dienststelle war, weil Fick zugleich Kommandeur des Lagers war, in Sennheim untergebracht.373 Ludwig Eckstein und Karl Dambach gehörten zur württembergischen Fraktion des Schulungsamtes. Als unmittelbare Referenten Bergers und Webendörfers avancierten sie rasch zu den eigentlichen Führungsgestalten des Amtes. Eckstein gehörte ebenso wie Schinke zu den weltanschaulichen Meinungsführern im Schulungsamt, trat aber anders als Schinke nicht als Redner hervor. Eckstein verfasste eigene Schulungsschriften und eine Reihe von Beiträgen für das Leitheft, unter anderem über die »biologische Seite des totalen Krieges« und den »biologischen Sinn der Auslese«, in denen er die »Fortpflanzung der rassisch Tüchtigen propagierte. Seine Abhandlung »Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte« sollte Anfang 1945 in den Handblättern für die Weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS erscheinen.374 Eckstein, 1904 auf einem Bauernhof bei Heilbronn geboren, hatte bereits eine lange Karriere als Lehrer, Polizeilehrer, Heerespsychologe und Universitätsdozent hinter sich. Er hatte Anfang der 20er Jahre das Lehrerseminar in Heilbronn besucht und war, nachdem er keine Anstellung im Schuldienst fand, 1925 als Polizeilehrer zur württembergischen Schutzpolizei gegangen. Später studierte er in Tübingen und Berlin Pädagogik, Psychologie, Philosophie und Staatswissenschaften, arbeitete anschließend als Seminarlehrer am Lehrerseminar Esslingen und schließlich von 1934 bis 1942 als Personalgutachter und Leitender Heerespsychologe im Rang eines Oberregierungsrates (1939) bei der Reichswehr. Nachdem er 1936 bei Oswald Kroh in Tübingen promoviert hatte, habilitierte er sich 1942 an der Universität Erlangen im Fach Psychologie. Eckstein trat 1933 der NSDAP, der SA und dem NSLB bei. Er gehörte zu den Heerespsychologen, die 1942 als Personalgutachter von der SS übernommen wurden. Am 1.9.1942 trat er als Ober-

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sturmbannführer in die Dienste des SS-Hauptamtes, Anfang 1945 wurde er zum Standartenführer ernannt. Karl Dambach, ebenfalls promovierter Lehrer aus Württemberg und wie Eckstein ein Schüler von Oswald Kroh, wurde 1990 in der Nähe von Crailsheim als Sohn eines Bahnwärters geboren; er studierte Neuere Sprachen, Pädagogik und Psychologie und promovierte 1928 mit einer erziehungswissenschaftlichen Dissertation (»Die Mehrfacharbeit und ihre typologische Bedeutung«) an der Universität Tübingen. Dambach unterrichtete an der Versuchsschule des Pädagogischen Seminars der Universität Tübingen, wurde Seminaroberlehrer und arbeitete als Studienrat an württembergischen Lehrerbildungsanstalten, 1937 übernahm er die Leitung der Volksbildungsstätte Esslingen; 1940 bis 1942 war er – wie Eckstein – als Psychologe und Oberregierungsrat bei der Wehrmacht eingesetzt. Dambach hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und schloss sich 1919 einem Freikorps an. 1933 trat er der NSDAP und der SA bei, 1939 war er Kreishauptstellenleiter der NSDAP in Öhringen. 1942 wurde er als ehemaliger Weltkriegsteilnehmer im Rang eines Obersturmbannführers in die SS aufgenommen und zum persönlichen Referenten Bergers für Weltanschauliche Fragen und Angelegenheiten des Schulungsamtes ernannt. Dambach redigierte u. a. die »Handblätter für die Weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS«.375 Die Leitung der »weltanschaulich-wissenschaftlichen« Abteilung – zuerst IV.1. »Weltanschauliche Erziehungsführung«, dann C 1.1 »Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit« – die zuvor Otto Bayer innegehabt hatte, war im März 1942 bereits vakant und wurde vertretungsweise von Horst Hartmann wahrgenommen. Danach besetzte Berger die Stelle mit Wilhelm Gschwend, der wie Eckstein und Dambach aus dem Württembergischen Schulwesen kam. Gschwend wurde 1901 in Heilbronn geboren, sein Vater war Oberrechnungsrat im württembergischen Kultusministerium. Gschwend studierte zunächst zwei Semester Jura, wechselte aber dann zu den Geisteswissenschaften, studierte Geschichte, Germanistik und englische Literatur und arbeitete danach als Lehrer an höheren Schulen in Württemberg. 1933 trat er der NSDAP und der SA bei, wurde Ortsgruppenpropagandaleiter, 1932 Bezirksleiter der NSDAP in Stuttgart. Sein frühes politisches Engagement dürfte seine berufliche Karriere befördert haben: 1933 trat er als Personalberichterstatter für das Höhere Schulwesen in die Dienste des Württembergischen Kultusministeriums, 1939 folgte die Ernennung zum Oberregierungsrat. Im gleichen Jahr trat er der SS bei. Nach Kriegseinsatz bei der Waffen-SS wurde er 1942 zum Obersturmbannführer ernannt und mit der Leitung der Abteilung C 1.1 betraut, die er bis zum Herbst 1944 innehatte.376 Damit war Gschwend für die größte Hauptabteilung des Schulungsamtes zuständig, zu der allein 11 Abteilungen mit zahlreichen Referaten gehörten. Gschwend selbst leitete zusammen mit Hans Klöcker die Abteilung »Leithefte«.377 Klöcker, geboren 1908 in Köln, war Werbeberater und selbständiger Verlagsbuchhändler in Stuttgart. 1931/32 hatte er als Werbeleiter in einem »jüdischen Konzern« in Frankfurt am Main gearbeitet und dort, wie er in seinem RuS-Lebenslauf schrieb, einen »Einblick in jüdische Geschäftsmethoden« gewonnen. Aufgrund seiner katholischen Erziehung habe er erst spät den Blick »für das, was Deutschland nottat« bekommen und sich daher erst Ende 1933 der SA angeschlossen. 1936 wechselte er zur SS und kam nach längerem Einsatz bei der Waffen-SS 1941 als Abteilungsleiter zum SS-Hauptamt.378 Gschwend wechselte im Herbst 1944 vom SS-Hauptamt zum RSHA. An seine Stelle trat der Studienrat Heinrich Gaese als Leiter der Abteilungen C I.1 und C I.1a (Leithefte).

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Gaese, 1907 in Bielefeld als Sohn eines Mittelschullehrers geboren, war 1939 noch als Referent beim Deutschen Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht in Berlin beschäftigt, ehe er eingezogen wurde. Er hatte sich bereits 1923 als 16jähriger den Nationalsozialisten angeschlossen, wurde nach Auflösung der NSDAP Mitglied des Bismarck-Bundes und trat 1931 erneut in die NSDAP und die SA ein. Gaese hatte als Hauptstellenleiter im Hauptschulungsamt der Reichsorganisationsleitung maßgeblichen Anteil an der Grundlegung der Ordensburgen und Adolf-Hitler-Schulen. Seit April 1942 gehörte er als Untersturmführer dem SS-Hauptamt an, zwischenzeitlich wurde er 1943 zur kroatischen SS-Division »Handschar« abgeordnet, um dort die Abt. VI aufzubauen.379 Die Hauptabteilung »Weltanschauliche Erziehungsführung« war 1942 in die Abteilungen Leithefte, Wissenschaften, Bücherei und Archiv, Führererziehung und »Weltanschaulicher Einsatz« gegliedert. Die Zuständigkeit für »Führererziehung« und »weltanschaulichen Einsatz« lag bei Schinke. Im Juni 1944 war die Hauptabteilung »Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit« unter Leitung von Gschwend grundlegend anders strukturiert. Die wissenschaftliche Abteilung, die 1942 noch ein Konglomerat aus verschiedensten thematischen Bereichen darstellte, war jetzt nach Geistesund Naturwissenschaften differenziert, ergänzend kamen Abteilungen für Kunstgeschichte und für »praktische Rassenpsychologie und Volkstumsforschung« hinzu. Die geisteswissenschaftliche Abteilung leitete Paul Vogel; er war gleichzeitig Leiter der Abteilung »Lehrplangestaltung« und des Referats »Bauerntum« in der Abteilung Naturwissenschaften. Vogel, Volksschullehrer und Rektor in Solingen, war 1892 in Langenfeld am Rhein geboren worden und gehörte somit einer etwas älteren Generation als die meisten anderen Mitarbeiter des Schulungsamtes an. Er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen. 1932 war er der NSDAP beigetreten, 1941 wurde er in die SS aufgenommen und im gleichen Jahr zum Obersturmführer im SS-Hauptamt ernannt; er war bis 1945 als Hauptsturmführer auf der Plassenburg tätig.380 Die geisteswissenschaftliche Abteilung bestand hauptsächlich aus Referaten für Geschichte (Altertum, Mittelalter, Neuzeit, neueste Geschichte), die zwischen 1942 und 1944 mit verschiedenen und wechselnden Referenten besetzt waren: Oberdorffer, Pietsch, Kruschinsky, Hess und Lüdemann. Dr. Kurt Oberdorffer, Experte für mittelalterliche Geschichte und deutsche Literaturgeschichte, hatte in Wien und Prag studiert und war Stadtarchivar und Museumsleiter in Brüx in Nordböhmen. Er gehörte schon früh deutschnationalen Vereinen an, war Mitglied der Deutschen Nationalpartei und ab 1933 der Sudetendeutschen Partei. Nach der Annektion des Sudetenlandes wurde Oberdorffer vom Reichsstatthalter Henlein in das neu geschaffene Amt für Forschung und Hochschulen berufen. Im Januar 1939 wurde er in die SS aufgenommen, zum Sturmbannführer ernannt und nach einem Einsatz bei der Waffen-SS 1942 ins Schulungsamt berufen. 1943 wechselte er zur Dienststelle des Reichskommissars im Sudetengau und wurde als Sachbearbeiter für Wissenschaft in der Gauselbstverwaltung eingesetzt.381 Erich Kruschinsky, Studienrat für neuere Sprachen und Sport aus Hamburg, war nach einer Verwundung im Einsatz bei der Waffen-SS im Januar 1944 zum Amt C I gekommen und leitete dort für kurze Zeit die Referate für neuere und neueste Geschichte, bis er im August 1944 mit der Leitung der Abteilung C I.1f Europäische Erziehungsarbeit betraut wurde.382 Für Geschichte des Mittelalters war 1944 Dr. Walter Pietsch zuständig, Studienrat und Leiter der Deutschen Oberschule Kleinmach-

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now. Pietsch, der noch am 1. Weltkrieg teilgenommen hatte, war Oberleutnant und Stahlhelmer; 1933 trat er der NSDAP und der SA bei und betätigte sich als Kreisfachredner für Rassenpolitik. Nach Kriegseinsatz bei der Waffen-SS kam er Anfang 1944 als Hauptsturmführer zur Abteilung 1b »Geisteswissenschaftliche Arbeit« im Amt C I, im November 1944 wurde er mit der Leitung der Abt. 1g betraut, die für die Herausgabe des »Politischen Dienstes für SS und Polizei« zuständig war.383 Im August 1944 kam Dr. Hans Lüdemann als 2. Referent für Geschichte zur Abt. 1b. Er hatte zuvor die Abt. 1f »Europäische Erziehungsarbeit« geleitet. Lüdemann, 1910 bei Hannover als Sohn eines Pfarrers geboren, hatte zunächst Theologie in Münster, dann Philologie und Geschichte in Göttingen und Jena studiert und 1932 in Jena mit der Dissertation »Untersuchungen zur Verfassungsgeschichte Karthagos bis auf Aristoteles« promoviert. Nach dem Referendariat und einer nebenberuflichen Tätigkeit als Hochschulassistent wurde er Mitte 1933 wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1935 Redaktionsleiter beim Teubner-Verlag. Lüdemann gehörte seit 1928/29 der NSDAP und der SA, seit 1931 der SS an, 1934 war er Mitarbeiter im Kulturreferat des SD-Oberabschnitts Mitte, wechselte aber 1937 zum RuSHA. 1941 wurde er als Referent, dann als Abteilungsleiter in der Regierung des Generalgouvernements beschäftigt (Abteilung Propaganda); 1943 holte man ihn als Obersturmführer der Fachgruppe Schulung ins SS-Hauptamt. Gegen Kriegsende wurde er noch als Sachbearbeiter der Abt. VI zum 14. SS-Grenadier-Ausbildungs- und Ersatzregiment kommandiert.384 In den Geschäftsverteilungsplänen von 1944 schloss sich an die geisteswissenschaftliche Abteilung, die sich im Wesentlichen mit historischen Themen beschäftigte, eine eigenständige Abteilung 1c »Kunstgeschichte« an, zuständig »für den Einsatz der kunstgeschichtlichen Unterlagen für die Erziehung der Einheiten der Waffen-SS und Polizei«, besetzt mit Haupsturmführer Grashoff als Leiter sowie Kudlich und Klein als Referenten. Grashoff hatte 1914 ein Turn- und Sportlehrerexamen abgelegt, danach aber Kunstgeschichte studiert und 1922 in Münster promoviert. Nachdem er einige Jahre als Assistent am Institut für Kunstgeschichte der Universität Köln gearbeitet hatte, habilitierte er sich dort, wurde zum Dozenten und 1941 zum außerplanmäßigen Professor für Kunstgeschichte ernannt. Er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war 2 ½ Jahre in russischer Gefangenschaft gewesen. 1933 trat er der NSDAP bei. Grashoff, der niederländisch sprach, war gleichzeitig in der flämischen Bewegung aktiv und gehörte zu den Mitbegründern der DEVLAG.385 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach mehreren Lazarett-Aufenthalten setzte man ihn 1943 als NS-Führungsoffizier ein. Im Mai 1944 wurde er als Hauptsturmführer zur Waffen-SS überstellt und mit der Leitung der Abteilung Kunstgeschichte sowie dem Referat »Kunstgeschiche und Archiv« in der Abt. C I.2e »Bildende Kunst« betraut.386 Dr. Werner Kudlich war Leiter des Landesmuseums Troppau und Mitarbeiter des »Ahnenerbe«; er kam im April 1944 als Unterscharführer von der Estnischen Freiwilligen Division zum SS-Hauptamt. Ihm oblag die Schriftleitung der Zeitschrift »Das Bild«, die die Abteilung Kunstgeschichte in Zusammenarbeit mit dem »Ahnenerbe« herausgab. Referent für Planung und Gestaltung der Zeitschrift war Dr. Adalbert Klein. Er hatte Kunstgeschichte studiert und war nach der Promotion an der Universität Kiel 1939 als Mitarbeiter bei den Städtischen Kunstsammlungen Düsseldorf angestellt worden. Klein gehörte seit 1933 der SS an. Nach Einsatz bei der Waffen-SS kam er 1942 zum Schulungsamt, dem er noch im März 1945 angehörte.387

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Für die naturwissenschaftliche Abteilung war Dr. Karl Weiss zuständig, Mittelschullehrer an einem Wiener Gymnasium. Weiss war 1932 in die österreichische NSDAP eingetreten, gehörte seit Anfang 1938 der SS an und wurde Anfang 1942 zum Untersturmführer im SS-Hauptamt/Amt IV (Schulungsamt) ernannt. Weiss leitete die Abteilung Naturwissenschaften und das Referat Rassenpolitik.388 Der Abteilung gehörte vermutlich auch der Diplomlandwirt und Oberlandwirtschaftsrat Dr. Gerhart Heß an, bevor er im August 1944 als WE-Führer und Nachfolger von Gerhard Schinke an die SS-Schule Oberehnheim versetzt wurde.389 Heß war Professor für Vererbungslehre und Rassenkunde an der HfL Frankfurt/Oder, gehörte seit 1933 der NSDAP und der SS an, war Standartenschulungsleiter und vermutlich seit Herbst 1942 Mitarbeiter des Schulungsamtes.390 Weitere Referenten der Abteilung waren der Studienrat Anderle für »Naturwissenschaft und Geopolitik« und der schon erwähnte Paul Vogel für »Bauerntum«.391 Als eigenständige Abt. 1e wird in den Geschäftsverteilungsplänen von 1944 noch die Abteilung »Praktische Rassenpolitik und Volkstumsforschung« geführt. Leiter war Hans-Willi Ziegler, Professor für Jugend- und Charakterkunde an der Hochschule für Lehrerbildung in Darmstadt. Ziegler gehörte zum »württembergischen Netzwerk«. Er hatte das Lehrerseminar in Heilbronn besucht und Pädagogik und Psychologie in Tübingen studiert. 1925 promovierte er mit der Dissertation »Friedrich Schlegel, eine typische Jugendentwicklung« bei Oswald Kroh. Nachdem er einige Jahre als Seminarlehrer gearbeitet hatte, ging er, ähnlich wie Eckstein, 1927 als Heerespsychologe zur Reichswehr. 1930 wurde er auf eine Professur für Psychologie am Pädagogischen Institut in Rostock berufen, 1934 wechselte er an die HfL Darmstadt. Ziegler trat erst 1933 der SA, 1937 der NSDAP bei. Im Mai 1944 wurde er als Sturmbannführer und Abteilungsleiter ins Amt C 1 aufgenommen. Nach dem Krieg konnte er seine Tätigkeit als Professor in der südwestdeutschen Lehrerbildung fortsetzen. Die Abteilung für »Rassenpsychologie und Volkstumsforschung« wurde im April 1944 als eine Abteilung des Amtes C I im Ausbildungslager Sennheim errichtet und erst im August nach Berlin verlegt; gleichzeitig wurde Ziegler die Herausgabe von Schulungsschriften für fremdvölkische Angehörige der Waffen-SS übertragen.392 Ziegler galt als Experte einer rassisch begründeten Völkerpsychologie; er arbeitete deshalb eng mit der Amtsgruppe D (Germanische Leitstelle) zusammen und wurde gegen Ende des Krieges mehrfach zu Arbeiten und Schulungsanweisungen herangezogen, in denen es um den Umgang mit fremden Völkern und speziell um die Erziehungsaufgaben deutschen Führungspersonals in nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS ging.393 Die Abteilung 1f »Europäische Erziehungsarbeit« existierte im März 1942 noch nicht. Sie entstand parallel zum Ausbau der Germanischen Leitstelle und der Amtsgruppe D und umfasste 1944 allein 15 Referate. Leiter der Abteilung war bis zu seiner Versetzung zur Abt. 1b Hans Lüdemann, danach wechselte Erich Kruschinsky von der Abt. 1b in diese Position. Ein Referat war für die Organisation der »europäischen Arbeit«, zwei Referate waren für »Allgemeine Europäische Arbeit« zuständig, alle anderen waren länderspezifische Referate. Das Referat »Organisation« leitete der Österreicher Dr. Egon Vorauer. Er hatte Geschichte, Geographie und Englisch studiert, dann ein Studium an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin aufgenommen und dort 1936 das Diplom erworben. Vorauer war 1933 der NSDAP in Österreich beigetreten, hatte aber 1934 nach Deutschland fliehen müssen. 1935 wurde er an die

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Reichsführerschule Bernau berufen. Im gleichen Jahr trat er in die SS ein und arbeitete zunächst hauptamtlich für das SD-Hauptamt, bevor er als Untersturmführer zum SS-Hauptamt kam.394 Die Länder-Referenten lassen sich nur begrenzt, am ehesten noch für die Niederlande und Belgien rekonstruieren. Referent für Flandern und Wallonien war Dr. Piet Fieullien, Sohn eines belgischen Kolonialbeamten. Er hatte Kunstgeschichte studiert, 1940 in Brüssel promoviert und danach als Dolmetscher bei der Luftwaffe in Berlin gearbeitet. 1942 wurde er Ortsgruppenleiter der DEVLAG und Sozialbetreuer für ausländische Arbeiter in Fürstenwalde, im April 1943 meldete er sich zur Waffen-SS, kam zur Ausbildung nach Sennheim, zur Bandenbekämpfung nach Shitomir in der Ukraine und wurde schließlich im September 1943 aus gesundheitlichen Gründen ins SS-Hauptamt versetzt. In der Abt. C I.1f war er als Hauptschriftleiter für das flämische SS-Leitheft und die flämische Zeitschrift »De Schabel« zuständig.395 1. Niederlande-Referent war Romert Hovius, Journalist und Schriftleiter der ersten nationalsozialistischen Tageszeitung in den Niederlanden und eines antisemitischen niederländischen Blatts. Nach der Besetzung der Niederlande war Hovius Leiter der niederländischen Redaktion des Reichsrundfunks, Gruppenleiter im Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung, außerdem war er Mitglied der germanischen SS in den Niederlanden. 1943 kam er als Untersturmführer zum Amt C I.396 Sowohl als Niederlande- wie als Wallonien-Referent arbeitete der belgische Journalist Fernand de Ponthière für das Amt C I. Er hatte nach einem abgebrochenen MedizinStudium eine nationalsozialistische Wochenzeitung herausgegeben, musste das Unternehmen aber aus politischen Gründen wieder aufgeben. Ponthière gehörte der nationalistischen REX-Bewegung und der rexistischen Miliz an, meldete sich aber 1941 zur Legion Wallonien und nahm als Soldat der Legion, die später in »SS-Sturmbrigade Wallonien« umbenannt wurde, am Russland-Feldzug teil. Im September 1943 holte man ihn als Hauptschriftleiter für das wallonische Leitheft ins SS-Hauptamt.397 Norwegen-Referent war der Förster Ola Furuseth. Er hatte 1943 an einem Lehrgang für germanische Offiziere in Tölz teilgenommen und war anschließend als Obersturmführer im Amt C I eingesetzt worden. Furuseth war der erste WS-Lehrer an der norwegischen SS-Schule Kongsvinger; im Amt C I redigierte er die norwegischen SSHefte.398 Für die baltischen Länder war Lorenz Palm zuständig, ein Chemie-Student aus Dorpat, der 1943 der Estnischen SS-Brigade angehörte und im gleichen Jahr wie Furuseth nach einem Lehrgang in Tölz als Obersturmführer zur Abteilung C I.1f abkommandiert wurde. Ungarn-Referent war der aus Ungarn stammende Anton Sieb, Lehrer an der Deutschen Heimschule Achern, Russland-Referent war Boris Tichmeneff, 1895 in Moskau geboren und 1919 nach Deutschland emigriert; Tichmeneff war von Beruf Buchdrucker, hatte als Reiseführer und Dolmetscher gearbeitet und sich schließlich zur Wehrmacht gemeldet; er kam im Juni 1944 als Hauptsturmführer zum Amt C I.399 Die Abteilung 1g brachte den »Politischen Dienst« heraus, ein Informations- und Nachrichtenblatt für SS und Polizei, das zur Information und Unterrichtung der Einheitsführer bestimmt war.400 Geleitet wurde die Abteilung von Walter Greite, einem Rassenbiologen, der die Forschungsstelle für Biologie im Ahnenerbe leitete und Schriftleiter der Zeitschrift »Der Biologe« war. Greite, 1907 in Hannover geboren, hatte 1932 in Göttingen promoviert und anschließend als Assistent an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin gearbeitet. Er war seit Anfang 1932 Mitglied der

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

NSDAP, war stellvertretender Leiter der Reichsfachschaft Hochschulen im NSLB und 1934 Referent im Reichserziehungsministerium. 1935 unterrichtete er für kurze Zeit als Dozent für Vererbungslehre und Rassenkunde an der Hochschule für Lehrerbildung Frankfurt/Oder, danach arbeitete er als Referent bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dann als Regierungsrat im Reichsgesundheitsamt. 1936 wurde er in die SS aufgenommen und war zunächst ehrenamtlicher Mitarbeiter für biologische Fragen im SD. Greites Versuch, sich 1940 mit einer anthropologischen Untersuchung über Juden zu habilitieren, scheiterte sowohl in München als auch in Jena, u. a., weil der Verdacht aufkam, dass die Arbeit in wesentlichen Teilen von einem Mitarbeiter verfaßt war. Greite verwendete übrigens für die Untersuchung »Material, das bei der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien anfiel«. 1941 sollte er an der »rassenmäßigen Erfassung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten Krains« mitwirken. Nachdem er Abteilungsleiter im SS-Hauptamt geworden war, wurde er im November 1944 noch als Mitarbeiter ans politische Seminar im »Haus Germanien« der Germanischen Leitstelle berufen; seine Nachfolge als Leiter der Abt. 1g trat der schon erwähnte Walter Pietsch an.401 Referent für Herausgabe und Schriftleitung des »Politischen Dienstes« war Paul Krellmann, den Greite offensichtlich aus dem »Ahnenerbe« mitbrachte. Krellmann hatte nach einem Studium der Anthropologie eine Stelle als Referent beim »Ahnenerbe« gefunden. Er war Anfang 1933 der SA beigetreten, wechselte aber noch im gleichen Jahr zur SS. Während des Krieges war er Schulungsleiter beim SS-Ausbildungsregiment in Prag, dann Lehrer für weltanschauliche Erziehung an der Junkerschule Tölz, bevor er zum Amt C 1 kam. Weiterer Mitarbeiter war Erwin Thomas als Referent für Lageberichte. Thomas war Studienassessor für Deutsch und alte Sprachen in Detmold. Er gehörte der SS seit 1933 an und war bereits vor dem Krieg in der weltanschaulichen Schulungsarbeit tätig. Zu Beginn des Krieges war er für das Zentralbodenamt des RKFDV in den eingegliederten Ostgebieten mit statistischen Arbeiten beschäftigt.402 1944 gehörten zur Hauptabteilung C I.1 »Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit« noch die Abteilungen für Feier- und Lehrplangestaltung, eine Bildstelle und eine Graphische Abteilung; neu hinzugekommen war außerdem eine Abteilung für Kunstgeschichte. Die Abteilung 1h Feiergestaltung gehörte 1942 noch zur Hauptabteilung »Kulturelle Erziehung und Truppenbetreuung« unter Leitung Kleffels, der auch selber für die Feiergestaltung verantwortlich war. Kleffel wurde Anfang 1942 zur SS-Division »Karl der Große« versetzt, um dort die Abt. VI aufzubauen. Danach war Josef Mayerhofer für die Feiergestaltung zuständig. Mayerhofer, 1912 in Niederbayern geboren und von Beruf Volksschullehrer, war 1933 der NSDAP beigetreten, hatte einen Rednerkurs der Partei besucht und war als Kreisredner, Schulungs- und Propagandaleiter aktiv. 1937 meldete er sich zur SS, 1940 wurde er zu den Totenkopfverbänden eingezogen, kam als Wachmann nach Mauthausen und 1941 als Mitarbeiter der Abt. VI zum Stab der Inspektion der Konzentrationslager nach Sachsenhausen. Vermutlich im Oktober 1942 wurde er zum Schulungsamt versetzt. Als Leiter der Abt. Feiergestaltung war er auch für die Herausgabe der Schrift »Die Feier« verantwortlich. Gleichzeitig war er 1944 als Referent für Volkskunde und Brauchtum in der Abt. 1b eingesetzt.403 Mayerhofers Abteilung gehörte der Volksschullehrer Wilhelm Balser als Referent für »beratende und planende Betreuung der SS betr. Feiergestaltung« an. Balser hatte an der Pädagogischen Akademie Frankfurt/M. studiert und der »Völki-

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schen Arbeitsgemeinschaft« der Akademie angehört. Er war SA- und Parteimitglied, Pressewart und KdF-Referent, bevor er sich 1939 zur Waffen-SS meldete. Zunächst bei der Totenkopf-Standarte Buchenwald eingesetzt, kam er zur Totenkopfdivision Dachau, zum Totenkopf-Infanterie-Regiment und schließlich zum SS-Hauptamt.404 Für die Abteilung »Lehrplangestaltung« war 1944 der Leiter der Abt. 1b (Geisteswissenschaftliche Arbeit) Paul Vogel mit zuständig. Ihm war als Referent Bertold Tessendorf beigegeben. Seine Aufgabe bestand darin, die Berichte der Leiter der Abteilungen VI für die Lehrplangestaltung auszuwerten. Tessendorf, von Beruf Grafiker und Designer, kam aus der völkischen Jugendbewegung und gehörte seit 1932 der NSDAP und der SS an. Er hatte sich im Schulungsbetrieb der Partei hochgearbeitet, leitete die Schulungsburg Hohenlychen und arbeitete dort hauptamtlich als Lehrer »für Fragen des Deutschen Ostens, des Grenz- und Auslandsdeutschtums«, er war Gauhauptstellenleiter in Danzig-Westpreußen und Sturmbannschulungsleiter der SS. Zu Beginn des Krieges wurde er zum Totenkopf-Regiment eingezogen und kam nach dem Besuch eines Führeranwärterlehrgangs als Untersturmführer zum SS-Hauptamt. Von ihm stammt die Schulungsschrift »Adolf Hitler kämpft um Deutschland«.405 Die »Bildstelle« und die »Graphische Abteilung« wurden 1944 von Hans Blankenburg und Rudolf Hoppe (s.o.) geleitet. Blankenburg war Lehrer in Greifenberg/Pommern. Als Kreisbildstellenleiter brachte er praktische Erfahrungen für seine Aufgaben im Schulungsamt mit. Er gehörte seit 1933 der SS und seit 1937 der NSDAP an. Im November 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, im Juli 1942 kam er als Untersturmführer zum Schulungsamt. Zuvor war die Bildstelle von Herbert König und Ludwig Pröschold als Stellvertreter geleitet worden. König, der schon 1936 im Schulungsamt eingestellt worden war, gehörte zu den wenigen langjährigen Mitarbeitern; er wurde im Mai 1942 zur Division »Das Reich« versetzt und leitete dort die Abt. VI (s.o.). Pröschold, der seit Anfang 1931 der NSDAP angehörte, war Berichterstatter, später stellvertretender Schriftleiter beim »Völkischen Beobachter«, 1938 war er Pressereferent beim Gauleiter für Magdeburg-Anhalt Rudolf Jordan und Schriftleiter für »Politik und Bewegung« im Trommler Verlag. Seit 1937 gehörte er als Untersturmführer dem RuSHA bzw. dem SS-Hauptamt an, im Februar 1941 wurde er zum Fachführer Schulung, wenig später zum Obersturmführer und zum stellvertretenden Leiter der Abt. IV.3 »Bild und Film« ernannt. Im August 1942 wurde auch Pröschold zur Waffen-SS kommandiert und in der Abt. VI der 1. SS-Panzer-Division »Leibstandarte Adolf Hitler« eingesetzt.406 König und Pröschold brachten zusammen die Schulungsschriften »SS im Kampf« und »Der Untermensch« heraus. Die Abteilung »Bild und Film« war 1942 noch eine eigenständige Hauptabteilung (IV.3), gegliedert in die Abteilungen »Bildstelle«, »Filmwesen«, »Ausstellungswesen« sowie »Graphik und künstlerische Gestaltung«. Für »Graphik und künstlerische Gestaltung« war Ottomar Anton zuständig, selbständiger Grafiker und Maler und seit 1934 Professor an der »Nordischen Kunsthochschule« Bremen; Anton, der seit 1933 der NSDAP und seit 1936 der SS angehörte, war außerdem Gruppenleiter der Fachgruppe Gebrauchsgraphik in der Reichskammer der bildenden Künste und Sachverständiger bei der Gewerbekammer in Hamburg. Er wurde 1939 zum Untersturmführer ernannt und gehörte von März 1941 bis November 1943 dem SS-Hauptamt an.407 Die Hauptabteilung IV.3 »Bild und Film« bestand 1944 nicht mehr; ihre Aufgaben waren inzwischen vielfältiger und deshalb auf verschiedene Abteilungen verteilt worden.

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Nachdem das SS-FHA die Zuständigkeit für die Truppenbetreuung ans SS-Hauptamt hatte wieder abgeben müssen, wurde die Hauptabteilung »Kulturelle Erziehung und Truppenbetreuung« stark ausgebaut und in zwei Hauptabteilungen gegliedert. 1942/43 waren die Aufgaben der kulturellen Erziehung und Truppenbetreuung noch in einer Hauptabteilung IV.2 zusammengefasst. Sie wurde bis Anfang 1943 von Adolf Kleffel und seinem Stellvertreter Bruno Heitz geleitet, einem Volksschullehrer aus Essen, der 1933 der NSDAP beigetreten war. Heitz war Abteilungsleiter im Gauamt für Erzieher gewesen, hatte sich 1940 zur Waffen-SS gemeldet und war nach einem Lehrgang in Tölz 1941 zum Schulungsamt versetzt und dort mit dem Aufbau der Bücherei des Amtes beauftragt worden. Die Abteilung »Feiergestaltung« (2a) leitete Kleffel selbst, für »kulturellen Einsatz« (2b) war zunächst Kurt Havemeister zuständig, danach Bruno Heitz; die Abteilung »Freizeitgestaltung und Truppenbetreuung« (2c) leitete der Hauptlehrer Fritz Schlotterbeck, die Abteilung »Betreuungsblätter« (2e) ab Sommer 1942 ebenfalls Bruno Heitz.408 Nach Kleffels Weggang zur Waffen-SS wurden die beiden Bereiche voneinander getrennt und zu eigenen Hauptabteilungen aufgewertet; die Hauptabteilung »Kulturelle Arbeit« (C I.2) übernahm jetzt Wilhelm Heyd, für den Bereich Truppenbetreuung (C I.3) wurde Obersturmbannführer Wolff zuständig.409 Heyd, 1901 in Pfullingen geboren, stammte aus einer Unternehmerfamilie, der Vater war Besitzer einer Möbelfabrik. Nach dem Abitur absolvierte er ein rechtswissenschaftliches und volkswirtschaftliches Studium und promovierte zum Dr. rer. pol. in Tübingen. Danach arbeitete er als Wirtschaftssachverständiger bei der Schwäbischen Treuhand AG in Stuttgart. Heyd war während des Studiums »Waffenstudent« und gehörte bereits 1922/23 der SA an, hatte sich danach aber aus beruflichen Gründen »politische Zurückhaltung« auferlegen müssen und trat deshalb erst 1933 der NSDAP und der SS bei. 1934 wurde er zum Fürsorgereferent im SS-Abschnitt X ernannt und mit der »Gestaltung und Durchführung großer Feierstunden« beauftragt. Zu Beginn des Krieges meldete er sich zur Waffen-SS und diente als Schulungsleiter beim SS-Totenkopf-Kavallerieregiment in Polen. Ab Juli 1942 war er beim SS-Hauptamt tätig, 1943 als Hauptsturmführer, Januar 1945 als Sturmbannführer.410 In der Hauptabteilung »Kulturelle Arbeiten« wurden Abteilungen für Film, Rundfunk, Theater, Musik und Bildende Kunst eingerichtet. Die Abt. Film leitete Adam Schneider von der »Bavaria Filmkunst«; 1942 war er Spielleiter, Autor und dramaturgischer Berater der »Deutschen Filmherstellungs- und -verwertungsgesellschaft: 1944 wurde er zuerst als Referent für »Kultur- und Lehrfilme«, dann als Leiter der Abteilung »Film« eingesetzt; Referent für »Spielfilm und Archiv« war der Diplomkaufmann und Filmunternehmer Dr. Peter Zimmer. Peter Zimmer gehörte seit 1932 der NSDAP an; er wurde im Juni 1944 als Untersturmführer von der Waffen-SS ins SSHauptamt übernommen.411 Für »Rundfunk« war der Rundfunkjournalist Hugo Landgraf zuständig. Landgraf hatte bis 1932 als Assistent und Dozent am Institut für Ausländer der Universität Berlin gearbeitet und sich dann mit dem Plan einer »Akademie für deutsche Sprache und Kultur« selbständig zu machen versucht; nachdem sich das Vorhaben zerschlagen hatte, war er freier Mitarbeiter beim Reichsrundfunk geworden. Unter anderem war er als Sportsprecher während der Olympiade beim Reichssender Berlin beschäftigt gewesen. Landgraf kam aus der völkischen Jugendbewegung, war Freikorpsangehöriger und hatte noch am »Kampf gegen Spartakus« teilgenommen. 1933 trat er der NSDAP, später der SS bei. 1942 war er als Untersturmführer und Kriegsberichter der Waffen-SS im Einsatz.412

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Leiter der Abteilung Theater und gleichzeitig Referent für Dramaturgie war der Bühnenbildner Benno von Arent, einer der prominenten Künstler des Dritten Reichs, der zahlreiche Titel auf sich vereinigte: Reichsbühnenbildner, Reichskultursenator, Präsidialrat der Reichstheaterkammer, Reichsbeauftragter für die Mode. Von Arent, den Hitler 1937 zum Professor ehrenhalber ernannte, wirkte bei der Ausgestaltung der künstlerischen Aufführungen während der Reichsparteitage, bei der Ausschmückung der Reichshauptstadt während des Mussolini-Besuchs und bei verschiedenen architektonischen Planungen mit. Er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und sich danach den Freikorps angeschlossen. 1931 trat er der SS, 1932 der NSDAP bei; er war Gauredner der NSDAP und Mitbegründer des »Bundes nationalsozialistischer Bühnen- und Filmkünstler«. 1944 war er als Sturmbannführer der Waffen-SS an der »Sicherstellung von Kunstgegenständen« in Warschau beteiligt. Benno von Arent war nicht nur Abteilungsleiter im Amt C I, sondern auch Persönlicher Referent für Kulturgestaltung bei Webendörfer und hatte in dieser Funktion die zentrale Kompetenz für alle künstlerisch-kulturellen Angelegenheiten des Amtes.413 Die Abt. Musik leitete Albert Kasprick, Organist, Musiklehrer, Kantor und Leiter des Kirchenchores der Marienkirche von Bernau. Kasprick nahm 1936 noch ein Zusatz-Studium an der Staatlichen Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik auf und gehörte während dieser Zeit dem NSDStB an. 1941 wurde er in die NSDAP aufgenommen und im gleichen Jahr als Mitarbeiter des SS-Hauptamtes eingestellt. Anfang 1944 folgte die Ernennung zum Untersturmführer.414 Für die Bildende Kunst war der Kunstmaler Waldemar Kellerkühne zuständig. Von ihm stammte u. a. das Werk »Mauricio«, das den Kopf eines berühmten SS-Springpferdes darstellte und im Bildband »Deutsche Künstler und die SS« abgebildet wurde. Kellerkühne, seit 1931 Mitglied der NSDAP, erhielt von Himmler 1939/40 eine Reihe von Sonderaufträgen; das SS-Hauptamt stellte ihm ein SS-eigenes Atelier in München zur Verfügung. Referent für Malerei, Graphik und Archiv in der Abteilung Bildende Kunst war Johannes Boehland, der als Kunstlehrer, Maler, Grafiker und Schriftsteller in Berlin lebte. Von ihm stammte das Logo für die Olympiade 1936 und die Umschlagzeichnung für den erwähnten Bildband »Deutsche Künstler und die SS«.415 Referent für Plastik und Architektur war der Bildhauer Richard Miller, der sich unter anderem mit Kriegerdenkmälern einen Namen gemacht hatte. Miller war technischer und künstlerischer Leiter eines Terrakottawerks, hatte bei Villeroy und Boch gearbeitet, war Kulturamtsleiter der NSDAP und Lehrer an NS-Volksbildungsstätten. Er gehörte seit 1932 der NSDAP und der SA an, war Mitglied im Kampfbund für deutsche Kultur und trat 1934 der SS bei. Miller arbeitete in der Bauabteilung des WuVHA und war für die Reichsführung-SS im Lager Dachau tätig. 1944 wurde er ins Amt C I geholt und mit der von Himmler gewünschten Portraitierung der Ritterkreuzträger der Waffen-SS beauftragt.416 Die Hauptabteilung »Truppenbetreuung« war 1944 ganz auf praktische Aufgaben ausgerichtet und umfasste Abteilungen für Einkauf und Auslieferung von Truppenbetreuungsmitteln sowie eine technische Abteilung für Rundfunk- und Filmgeräte, in denen vor allem Kaufleute und Techniker tätig waren. Hinzu kamen die Abteilungen 3e »Bildungswesen«, 3f »Bühne und Film« und 3g »Singeleiter und Laienspiel« sowie eine Sonderabteilung 3h »Truppenbetreuung Südostraum« mit Volksgruppenreferaten. Die Abt. »Bildungswesen« leitete der Lehrer Richard Ruppel, Sportlehrer im Stab des HJ-Gebietes Groß-Berlin, Gausportwart der DAF und 1938 Gausportleiter der

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ROL. Ruppel wurde 1940 zur Waffen-SS eingezogen und kam im Juli 1942 als Untersturmführer zum Schulungsamt. Aufgabe der Abt. »Bildungswesen«, die er bis zum März 1945 leitete, war die »Förderung der beruflichen Ausbildung durch Einsatz von Vortragsrednern, Mitteln der Berufsfortbildung und durch Werkschaffen«. Das Referat für Berufsfortbildung übernahm Ruppel selbst, Referent für »Vortragswesen« war Franz Rydlo, ein Hauptschullehrer aus Österreich, der bereits 1933 der österreichischen NSDAP beigetreten war und Anfang 1944 von der Waffen-SS zum Amt C I kam; Referent für »Werkschaffen« war der ebenfalls aus Österreich stammende Bautechniker Wolfgang Mayer. Mayer hatte vor dem »Anschluss« dem Deutschen Turnerbund und der SA angehört und war 1938 der NSDAP und der SS beigetreten. Nach einer Kriegsverletzung, die er sich beim Einsatz in der Waffen-SS zuzog, besuchte er einen Lehrgang für Werkschaffen in Berlin und wurde anschließend als Lehrgangsleiter für Werkschaffen im SS-Hauptamt eingesetzt.417 Die Abteilung »Bühne und Film« leitete der schon erwähnte Bruno Heitz, Referent für »Bühneneinsatz« war Paul Leonhardt, der auch die Abteilung »Singeleiter und Laienspiel« leitete. Zweiter Referent für »Bühneneinsatz« war Heinrich Dollhausen, Referent für die Ausbildung von Singeleitern war Wilhelm Schmitz. Paul Leonhardt war 1900 als Sohn eines Missionars in China geboren worden, hatte die Jugendzeit aber in der Schweiz verbracht und war nach dem Tod der Eltern zum Studium nach Deutschland gekommen; 1923 legte er die 2. Staatsprüfung für das Lehramt ab. Er engagierte sich seit 1933 in der Kulturarbeit der NSDAP und ließ sich 1937 vom Schuldienst beurlauben, um sich hauptamtlich der Parteiarbeit als Gaukulturwart in Württemberg, als Referent und schließlich Unterabteilungsleiter im KdF-Reichsamt »Feierabend« zu widmen. Während des Krieges wurde er zu »volkskulturellen Arbeiten« in die Ostgebieten abgeordnet. Leonhardt gehörte seit 1937 der SS an. Im Mai 1943 wurde er ins Referat für kulturelle Truppenbetreuung des Schulungsamtes berufen und nach der Ernennung zum Untersturmführer im Herbst 1943 mit dem Aufbau des Laienspiels in der Waffen-SS beauftragt.418 Die Ausbildung von Singeleitern der Waffen-SS oblag dem 1907 in Essen geborenen Musiklehrer und -direktor Wilhelm Schmitz. Schmitz gehörte in den 20er Jahren dem Stahlhelm an, trat im Januar 1933 der NSDAP bei und meldete sich 1940 zur WaffenSS. 1944 war er als Untersturmführer und Chorleiter im Genesenden-Bataillon der Waffen-SS tätig. Für den »KdF-Einsatz« im Rahmen des Bühneneinsatzes war Heinrich Dollhausen zuständig, Altphilologe und Studienrat am Realgymnasium Duisburg. Er war 1933 der NSDAP beigetreten, war Parteiredner und wurde im August 1943 zum Untersturmführer im Schulungsamt ernannt. Zu den Mitarbeitern der Hauptabteilung »Truppenbetreuung« gehörte auch Hans Ballmann, ein ausgebildeter Opernsänger und Schauspieler, der 1933 der NSDAP beigetreten war und 1941 in die SS aufgenommen wurde. Er war vor Dollhausen 1942 im Schulungsamt für »Freizeitgestaltung und KdF-Einsatz« zuständig.419 Weiterhin wäre noch Wilhelm Götz zu erwähnen, ein Volksschullehrer aus Rumänien und »hauptamtlicher Führer der Einsatzstaffel der Deutschen Volksgruppe Rumänien«. Er kam nach einem Einsatz bei der Waffen-SS 1943 als Untersturmführer ins Schulungsamt und war hier für die Betreuung der »Freiwilligen aus dem Südosten« zuständig. Zu seinen Aufgaben gehörte u. a. die Bearbeitung von Beschwerden wegen falscher Behandlung, die Bestellung von Referenten für die Abt. VI, Aufklärungsvorträge und Besuche bei der Truppe, die Vermittlung von Feldpost und die Klärung von Fürsorgeangelegenheiten.420

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An die Stelle der von Gerhard Schinke geleiteten Abteilungen »Führererziehung« und »Weltanschaulicher Einsatz, die auch für die Ausbildung von »WE-Führern« und Rednern zuständig war, trat nach dem Weggang Schinkes zur Waffen-SS 1943 eine Hauptabteilung »Nachwuchs und Einsatz« unter Leitung Walter Hohmüllers, deren Aufgabe vor allem die Auswahl und Ausbildung von Leitern der Abteilungen VI war. Hohmüller hatte nach dem Abitur eigentlich ein Lehramtsstudium aufnehmen wollen, musste dies jedoch aus finanziellen Gründen zurückstellen; stattdessen begann er als Angestellter in der pharmazeutischen Industrie bei Schering, hatte es dort aber nach eigenen Worten nicht ausgehalten und war deshalb 1935 zur Reichswehr gegangen. Dort schied er 1937 als Unteroffizier wieder aus. Danach arbeitete er bis 1939 in der Schulungsabteilung der SS-Totenkopfverbände. Während des Kriegseinsatzes bei der Waffen-SS wurde er 1941 schwer verwundet und kam nach einer Oberschenkelamputation zunächst zum SS-Hauptfürsorge- und Versorgungsamt, dann 1943 zum Amt C 1.421 Die Abteilung »Nachwuchs« leitete der Sudetendeutsche Heinrich Anderlik. Anderlik, von Beruf Buchhalter, hatte noch im tschechischen Heer gedient, war aber 1938 Mitglied des »Freikorps Sudeten« geworden und im gleichen Jahr der NSDAP beigetreten. Er gehörte der Gebietsführung der HJ Reichenberg an. Referenten der Abteilung waren Ludwig Dindorfer und der Jura-Student Hans Gerbig, zwei versehrte junge Untersturmführer aus der Abt. VI; Dindorfer war 1940 mit 18, Gerbig mit 20 Jahren zur Waffen-SS eingezogen worden, beide waren frühe Aktivisten der Hitler-Jugend: Gerbig war Bannführer, Dindorfer war Führer in der Abteilung »Bauerntum und Landdienst« im Gebiet Bayreuth gewesen. Gerbig war noch im Februar 1945 als WSLehrer an der Unterführerschule Beneschau im Einsatz.422 Zur Hauptabteilung »Nachwuchs und Einsatz« gehörte die Abteilung 4b »Berichts- und Informationswesen« unter Alfred Todt. Todt war nach wechselnden Tätigkeiten als kaufmännischer Angestellter und Buchhalter 1932 Schriftleiter eines nationalsozialistischen Wochenblatts geworden. Nachdem er 1931 der NSDAP beigetreten war, füllte er die Ämter eines Kulturwarts, Ortsgruppen-, Kreispropaganda- und Kreisschulleiters der Partei aus. Während des Krieges war er als Landrat und Kreisleiter im Warthegau tätig. 1943 wurde Todt, der seit 1937 der SS angehörte, auf einen Versehrten-Lehrgang nach Tölz geschickt und von dort zum Schulungsamt kommandiert. Als Leiter der Abt. 4b war er für die »für die WE interessanten Berichte und Informationen und Einsatz der Ergebnisse für die Heranbildung des Nachwuchses« zuständig. Todt verfasste das Handblatt für die weltanschauliche Erziehung »Wir sind Sozialisten«.423 Er nahm auch selber das Referat »Berichtswesen« wahr. Ihm unterstanden zwei weitere Referate für »Deutschgermanisches« und »Europäisches Informationswesen«. Für »Deutsch-germanisches Informationswesen« war Harry Owsianowski zuständig. Owsianowski hatte ursprünglich Theologie studiert. Er stellte sich 1931 in den Dienst der NSDAP, wurde Kreis- und Gauredner, Kreishauptstellenleiter, war Schulbeirat und arbeitete als Kreisorganisationswalter für die DAF. Im Frühjahr 1939 meldete er sich zur Waffen-SS. Nach einem Lehrgang in Tölz kam er als Untersturmführer zum RSHA und schließlich 1944 zum Schulungsamt. Referent für »Europäisches Informationswesen« war Gerhard Freese. Freese, 1923 in Hamburg geboren, leitete 1940 ein KLV-Lager, trat 1941 der NSDAP bei und meldete sich 1942 zur Waffen-SS; nach einer Verwundung und Teilnahme an einem Versehrtenlehrgang in Tölz kam er im Frühjahr 1944 zum Amt C I; im November 1944 wurde er noch zum Studium an die Universität Berlin kommandiert.424

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Die Hauptabteilung C I.5 »Schrifttum und Presse« umfasste 1944 die Abteilungen »Lektorat«, »Buchbeschaffung«, »Presse«, »Bücherei und Archiv« und »Druckschriftenversand«. Ihr war 1942 die Abteilung IV.1c »Bücherei und Archiv« unter Leitung von Bruno Heitz vorangegangen. Heitz leitete 1944 die Abteilung »Bühne und Film« (C I.3f), für »Schrifttum und Presse war jetzt Emil Wezel zuständig. Wezel, 1905 als Sohn eines Hauptlehrers geboren, war Lehrer in Ludwigslust und promovierte noch 1935 am Erziehungswissenschaftlichen Seminar bei Kroh in Tübingen. Er gehörte dem Schulungsamt bereits seit 1942 an und verfasste mehrere Beiträge für das Leitheft, unter anderem »Der junge Schiller« und »Hölderlins deutsche Sendung« (beide 1943).425 Referent für »schöngeistige Literatur« war Ernst Metelmann, Schriftleiter der von Will Vesper herausgegebenen Zeitschrift »Die schöne Literatur« bzw. »Die neue Literatur«. Er gehörte seit 1930 der NSDAP an und trat 1943 in die Dienste des Schulungsamtes. Metelmann hatte bereits im Völkischen Beobachter publiziert, verfasste ebenfalls Beiträge für das Leitheft und steuerte die Broschüre »Das ist der Weg der SS« für die Handblätter für die weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS bei.426 Als weiterer Experte aus dem Literatur- und Verlagswesen gehörte Dr. Niels Hansen der Hauptabteilung an. Hansen, der nach dem Besuch des Christianeums in Hamburg Germanistik und Geschichte studiert hatte, arbeitete als Verlagslektor bei der Hanseatischen Verlagsanstalt in Hamburg. Er trat 1933 der SS bei, war Standarten-Schulungsleiter in Hamburg (s.o.) und wurde 1938 zum Untersturmführer ernannt. 1942 war er bei der Waffen-SS, im gleichen Jahr arbeitete er bereits für das Schulungsamt – z. B. lieferte er dem Amt einen Bericht über ein »Deutsches Dichtertreffen« in Weimar« ab. 1944 leitete er die Abt. »Buchbeschaffung«. Er verfasste für den SS-Informationsdienst 1943 den Beitrag »Bücher für die Waffen-SS«.427 Zwei weitere Abteilungen waren 1944 für die künstlerische Gestaltung und die Herstellung von Druckschriften zuständig. Bis 1943 hatte Ottomar Anton die Abteilung »Graphik und künstlerische Gestaltung« geleitet. Anton war selbständiger Maler und Grafiker, seit 1934 Professor an der »Nordischen Kunsthochschule« Bremen, Sachverständiger bei der Gewerbekammer Hamburg und Fachgruppenleiter für Gebrauchsgraphik in der Reichskammer der bildenden Künste. Er trat 1933 der NSDAP, 1936 der SS bei und wurde im März 1941 als Untersturmführer ins Schulungsamt berufen. Die Hauptabteilung »Künstlerische Gestaltung« wurde später zu einem Hauptamt mit den Referaten »Druckgestaltung«, »Nachwuchsförderung«, Lektorat, »Arbeitsgemeinschaften« und »Bildwerke« ausgebaut. Leiter war 1944 der Buchhändler und Lektor August Friedrich Velmede, Referent im Reichsamt Deutsches Volksbildungswerk, Mitglied der »Gesellschaft der Bibliophilen« und der »Typographischen Gesellschaft«. Velmede war HJ-Bannführer und seit 1933 NSDAP-Mitglied.428 Zu den Referenten gehörten Herbert Keiser und Kurt Depenheuer. Herbert Keiser, zuständig für »Nachwuchsförderung«, war promovierter Kunsthistoriker; er hatte einen Lehrgang am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz besucht und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayrischen Armeemuseum und bei der Staatlichen Kunstsammlung Kassel gearbeitet. Nach seiner Promotion bei Wilhelm Pinder 1937 in Berlin mit einer Arbeit über die deutsche Hinterglasmalerei arbeitete er als Kustos in Halle. Keiser wurde 1937 in die NSDAP aufgenommen und meldete sich im folgenden Jahr zur Waffen-SS, im Januar 1944 folgte die Ernennung zum Untersturmführer.429 Kurt Depenheuer trat zwar erst 1933 der NSDAP bei, gehörte aber schon in

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den 20er Jahren zur Gruppe völkischer Journalisten und Schriftleiter. Nach dem Abitur nahm er zunächst eine kaufmännische Tätigkeit auf, wurde 1924 Schriftleiter beim Rheinischen Anzeiger, arbeitete bei der Westfälischen Landeszeitung und als Hauptschriftleiter bei der »Völkischen Wacht«. Nach einem Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaft promovierte er 1928 mit einer Arbeit über Nietzsche. Danach begann er sich mit rassen-, volks- und familienkundlichen Themen zu beschäftigen und machte sich einen Namen mit volks- und rassenkundlichen Aufsätzen, Vorträgen und Hörfunksendungen. Unter anderem hielt er einen Vortragszyklus über Richard Wagner (»Der Kampf um Bayreuth«) an der Volksbildungsstätte Köln. Seit 1933 war Depenheuer ständiger Mitarbeiter beim Reichssender Köln. 1937 trat er der SS bei und war seitdem ehrenamtlicher Mitarbeiter des Schulungsamtes und (1939) des RuS-Führers Ost. Während des Krieges arbeitete er zunächst im Erfassungswesen und beim Inspekteur für Statistik der SS, bis er im März 1944 als Referent für »Bildwerke« und schließlich »Lektorat« zum Amt C I kam.430 Die Hauptabteilung 1.7 »Herstellung von Druckschriften« mit den Referaten Papierbeschaffung und Druckbearbeitung leitete bis zum Sommer 1944 Hans Abt und danach Erich zur Nieden. Abt, promovierter Geophysiker und Diplomkaufmann, war von 1928 bis 1930 Generalvertreter des Ullsteinverlages für Berlin, dann Vertriebsleiter und Prokurist der Zeitungszentrale AG; 1933/34 leitete er den Zeitschriftenvertrieb bei Ullstein, danach wurde er Geschäftsführer und Prokurist des Bettenhausen Buch- und Zeitungsgroßvertriebes in Berlin und 1942 schließlich Direktor und Vorstandsmitglied der Bettenhausen-Betriebe. Abt hatte noch als Freiwilliger am 1. Weltkrieg teilgenommen, war nach dem Krieg Freikorps-Angehöriger und bereits 1922 Mitglied der SA. Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurde er als Hauptmann der Res. zur Wehrmacht eingezogen, 1942 zum Major ernannt und 1943 als Sturmbannführer zur Waffen-SS überstellt. Als er im August 1944 als »Ia« vom Schulungsamt zum Stadtkommandanten von Groß-Berlin abkommandiert wurde, übernahm der Kaufmann und Handelsvertreter Erich zur Nieden seine Aufgaben. Zur Nieden war zuvor schon Leiter des »Inneren Dienstes« im Amt C I.431 Die Geschäftsverteilungspläne von 1944 weisen noch als eigene Schule des Amtes C I die »Schule für weltanschauliche Erziehung« zur »Heranbildung und Förderung der Leiter der Abt. VI« (s.o.) und die »Inspektion für die Weltanschauliche Erziehung der SS und Polizei« aus. Über beide Einrichtungen ist so gut wie nichts bekannt. Leiter der beim Ausbildungslager Sennheim untergebrachten Inspektion war, wie erwähnt, Ernst Fick, der im März 1945 auch noch zum Chef der ganzen Amtsgruppe C ernannt wurde. Im Frühjahr 1944 kamen Gerhard Schinke und Peter Paulus hinzu. Schinke, der zuvor an der Reichsschule Oberehnheim weltanschaulichen Unterricht erteilt hatte, war innerhalb der Gruppe offenbar für die Waffen-SS zuständig.432 Paulus war 1931 als 15jähriger der Hitler-Jugend beigetreten und hatte als Sozialarbeiter, Erzieher und Heimleiter gearbeitet. 1941 wurde er als Sachbearbeiter im SS-Hauptamt eingestellt, 1943 war er als Obersturmführer und Leiter der Abt. VI in Sennheim tätig und wechselte dort im April 1944 zur Inspektion für die Weltanschauliche Erziehung.433 Betrachtet man das Personal des Schulungsamtes insgesamt (Abteilungsleiter und Referenten), so lässt sich ein struktureller Wandel zwischen Vor- und Nachkriegszeit konstatieren. In den ersten Jahren war das Personal noch sehr heterogen zusammengesetzt. Mit dem Ausbau im SS-Hauptamt setzte ein gewisser Homogenisierungs- und

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Professionalisierungsprozess ein: Der Anteil der Mitarbeiter mit einem Lehramtsexamen, insbesondere der Geisteswissenschaftler und Beamten steigt deutlich an, während die Gruppe der Landwirte und Landwirtschaftsexperten nahezu völlig verschwindet. Gleichzeitig fällt auf, dass die meisten der wichtigsten und maßgeblichen Führungskräfte der Jahre 1942 bis Anfang 1945 aus dem südwestdeutschen Raum stammten: dies gilt für Webendörfers Referenten Eckstein und Dambach, für die Hauptabteilungsleiter Gschwend, Heyd und Wezel und einige Abteilungsleiter wie Klöcker, Ziegler und Oesterle. Sie hatten ihren beruflichen Tätigkeitschwerpunkt hauptsächlich in Stuttgart. Bemerkenswert ist, dass sechs von ihnen in Tübingen promoviert hatten, fünf am Erziehungswissenschaftlichen Seminar bei Oswald Kroh: Eckstein, Dambach, Wezel, Ziegler, Oesterle. Vermutlich hat auch eine Rolle gespielt, dass Gottlob Berger, der die Reorganisation des Amtes 1942 vornahm, selber aus diesem Raum stammte und als Lehrer bei Tübingen, Stadtschulrat in Esslingen sowie Referent und Regierungsrat im württembergischen Kultusministerium gewirkt hatte, bevor er hauptamtlich für die SS tätig wurde. Offensichtlich handelt es sich hier um eine Gruppe professioneller Pädagogen, die sich aus der beruflichen und politischen Arbeit kannten und ein einflussreiches Netzwerk im Schulungswesen der SS bildeten.434 Bleibt nachzutragen, dass die Mitarbeiter des Amts C I gegen Kriegsende in großer Zahl an die Front kommandiert wurden. Einen »ersten Schub« gab es im Spätsommer 1944, als Gottlob Berger zum Oberbefehlshaber der Slowakei ernannt wurde und den Auftrag erhielt, den slowakischen Nationalaufstand gegen das faschistische Tiso-Regime niederzuschlagen. Mindestens 22 Mitarbeiter des Schulungsamtes wurden im September 1944 zum Befehlshaber der Slowakei abgeordnet, kehrten aber bald wieder zurück, da der Aufstand bis Ende Oktober niedergeschlagen werden konnte. Im Februar und März 1945 wurde ein großer Teil der Mitarbeiter zum Einsatzbataillon Niemegk bei Belzig kommandiert, um bei der Verteidigung Berlins mitzuhelfen, ein anderer Teil wurde nach Süddeutschland zum Einsatzbataillon Deggingen kommandiert, das der SS-Division »Götz von Berlichingen« unterstellt war. Von ihnen wird keiner mehr zum Amt C I zurückgekehrt sein.

Anhang Gliederung des RuSA und der Abteilung Schulung Dezember 1934435 I.

Zentralabt. 1. Innendienst 2. Verwaltung II. Personal-Abt. 1. Personalbearbeitung a) Stab RuS; b) RuS: Rasseref., SL, Bauernref., Fachmitarbeiter 2. Personalregister 3. Stellenbesetzung 4. Werbung

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III. Rassenfragen 1. Ausland: a) Fremdrassen, b) verwandte Rassen, c) Deutschtum 2. Inland: a) Rassenforschung, b) Rassenpolitik IV. Bauern- und Siedlungsfragen 1. Inland: a) Wirtschaft und Ernährung, b) Recht, c) Brauchtum und Sitte, d) Blutsfragen des deutschen Bauerntums 2. Ausland: a) Fremdes Bauerntum, b) Deutsches Bauerntum V. Schulung 1. Stoff a) Bearbeitung: Wissenschaft – Fachmitarbeiter – Literatur, Presse – Bildstelle b) Vermittlung: Wort – Schrift – Bild c) Sammlung: Bibliothek – Zeitschrift – Bild und Film 2. Schulung a) Führerschule; Schulungsleiter – SS-Führer – Referenten b) Schulungslager c) SS-Schulung 3. Verbindung zu anderen Schulungseinrichtungen der NSDAP VI. Auslese 1. Werbung 2. Prüfung: a) Musterung, b) Erbgesundheit, c) Abstammung 3. Auslese in anderen Organisationen VII. Familienaufbau – Sippenbuch – Nachwuchspflege 1. Ehe a) Beratung; b) Prüfung: Rasse – Erbgesundheit – Abstammung; c) Eheschließung; d) Eherecht 2. Familie a) Sippenbildung, Ahnenkartei, Sippenbuch, SS-Sippengemeinschaft; b) Familiensicherung: Bauernsiedlung – Heimstättensiedlung – Landheime – Mütterheime – Feriengestaltung VIII. Archiv 1 Vorgeschichte 2. Brauchtum u. Sitte …………

Geschäftsverteilungsplan Amtsgruppe C im SS-Hauptamt 1944436 CI

Weltanschauliche Erziehung (Webendörfer) Geschäftszimmer (Kother) Ref. Wissenschaft (Dr. Eckstein) Ref. Kulturgestaltung (v.Arent) Innerer Dienst (zur Nieden) Ref. I Berlin (Schmid; Blankenburg) Ref. II Kulmbach (Blochius) C 1.1. Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit (Gschwend) [in Kulmbach] 1a Leithefte (Gschwend, später Gaese und Klöcker) 1b Geisteswissenschaftliche Arbeiten (Paul Vogel) Referate für Geschichte (Dr. Oberdorffer; Kruschinsky, Dr. Pietsch, Dr. Lüdemann): des Altertums

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur des Mittelalters der Neuzeit der neuesten Geschichte Ref. Volkskunde und Brauchtum (Morgner; Mayerhofer) 1c Kunstgeschichte (Dr. Grashoff) Ref. Schriftleitung der Zeitschrift »Das Bild« (Kudlich) Ref. Planung und Gestaltung der Zeitschrift »Das Bild« (Dr. Klein) 1d Naturwissenschaftliche Abteilung (Dr. Karl Weiss) Ref. Rassenpolitik (Weiss) Ref. Naturwissenschaft und Geopolitik (Anderle) Ref. Bauerntum (Vogel) 1e Praktische Rassenpsychologie und Volkstumsforschung (Dr. Ziegler) 1f Europäische Erziehungsarbeit (Lüdemann; Kruschinsky) Ref. Organisation (Dr. Vorauer) Ref. I Niederlande (Hovius) Ref. II Niederlande (Ponthière) Ref. Flamen (Fieullien) Ref. Norwegen (Furuseth) Ref. Dänemark (Falk) Ref. Wallonien (Fieullien) Ref. Estland (L. Palm) Ref. Lettland (Palm) Ref. Litauen Ref. Ungarn (Sieb) Ref. Russland (Tichmeneff) Ref. Kroatien Ref. Allg. Europ. Arbeit (Weiss) Ref. Allg. Europ. Arbeit 1g Politischer Dienst für SS und Polizei (Dr. Greite; Dr. Pietsch) Ref. Herausgabe des Politischen Dienstes (Krellmann; Siegfried Schulz) Ref. Lageberichte (Thomas; Schauerte) 1h Feiergestaltung (Mayerhofer) Ref. planende und beratende Betreuung d. SS betr. Feiergestaltung (Balser) Ref. Herausgabe der Schrift »Die Feier« 1f Lehrplangestaltung (Vogel) Ref. Erarbeitung von Lehrplänen (Vogel) Ref. Auswertung der Berichte der Leiter der Abt. VI (Tessendorf) 1k Bildstelle (Blankenburg) Ref. Bildbeschaffung (Dr. Klein) Ref. Fotolabor (Berberich) 1l Graphische Abt. (R. Hoppe) C 1.2. Kulturelle Arbeiten (Dr. Heyd) 2a Film (Schneider) Ref. Kultur- und Lehrfilm (Dr. Peter Zimmer) Ref. Spielfilm und Archiv (Zimmermann) 2b Rundfunk (Landgraf) Ref. Politisch-weltanschaulicher Film (Bartels) Ref. Kulturfunk (Landgraf) 2c Theater (v. Arent) Ref. Dramaturgie (v. Arent)

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Musik (Kasprick) Ref. Liedpflege und Archiv Ref. Programmüberwachung Ref. Vortragswesen und Schrifttum 2e Bildende Kunst (Kellerkühne) Ref. Malerei, Graphik und Archiv (Böhland) Ref. Plastik und Architektur (Miller) Ref. Kunstgeschichte und Achiv (Grashoff) C 1.3. Truppenbetreuung (Dr. Wilh. Wolff) Mitarbeiter (Hugo Zimmermann) 3a Einkauf (Dölker) Referate Rohstoffbedarf, Bestellungen, Terminüberwachung und Kartei (Henne, Cansier, Feddersen, Kraus) 3b Auslieferung (Kraus) Ref. Auftragserledigung und Lagerüberwachung (Lehmann) Ref. Versand (Werner) 3c Technische Abteilung (Erwin Schmidt) Ref. Disposition und Verwaltung (Rauer) Ref. Rundfunkgeräte (Lienig) Ref. Filmgeräte (Rummer) 3d Außerordentliche Betreuung (Greger) Ref. Einkauf von Sondermitteln (Greger; Sauerborn ) 3.e Bildungswesen (Ruppel) Ref. Vortragswesen (Rydlo) Ref. Berufsfortbildung (Ruppel) Ref. Werkschaffen (Meier) 3f Bühne und Film (Heitz) Ref. I (Leonhardt) Ref. II (Dollhausen) 3g Singeleiter und Laienspiel (Leonhardt) Ref. Ausbildung von Singeleitern (Wilh. Schmitz) Ref. Laienspiel (Leonhardt) 3h Trupp.betr. Südostraum (Ungar; Zetto) Volksgruppenref. (Roth) C 1.4. Nachwuchs und Einsatz (Hohmüller) 4a Nachwuchs (Leiter der Abteilungen VI) (Anderlik) Ref. I Auswahl (Dindorfer) Ref. II Heranbildung (Gerbig) Ref. III Personaleinsatz (Anderlik) 4b Berichts- und Informationswesen (Todt) Ref. I und II Berichtswesen Deutsch-Germanisch (Thomas; Owsianowski) Ref. Berichtswesen Europäisch (Freese) C 1.5. Schrifttum und Presse (Dr. Wezel) 5a Lektorat (Langenbucher) Ref. I weltanschauliche Literatur (Langenbucher) Ref. II schöngeistige Literatur (Metelmann) 5b Buchbeschaffung (Dr. Hansen) Ref. I Auftragserteilung und Terminüberw. (Reimer) 5c Presse (Eisenhardt) Ref. I Auswertung deutscher Zeitungen und Zeitschriften (Eisenhardt)

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur 5d

Bücherei und Archiv (Metelmann) Ref. I Archiv (Frl. Michel) 5e Druckschriftenversand (Benthien) Ref. I Geschäftsführung (Andritzke) C 1.6. Künstlerische Gestaltung (Velmede) Ref. I Druckgestaltung (Poppe) Ref. II Nachwuchsförderung (Dr. Keiser) Ref. III Lektorat (Dr. Depenheuer) Ref. IV AG’s Ref. V Bildwerke C 1.7. Herstellung von Druckschriften (zur Nieden) 7a Papierbeschaffung (Wucherpfennig) 7b Druckbearbeitung Schule für Weltanschauliche Erziehung (Roehder) Schulleitung Schulverwaltung Inspektion für die WE der SS und Polizei (Fick) Adjudant (Eduard Schröder) Sachbearbeiter

I.5 DIE »SS-SCHULE HAUS WEWELSBURG«, DER »LEBENSBORN«, DIE »DIENSTSTELLE HEISSMEYER« UND DIE AUSBILDUNG DER EIGNUNGSPRÜFER Das RuSHA musste zwar 1938 das Schulungsamt abgeben, einige Schulungskompetenzen verblieben jedoch weiter beim RuSHA, andere kamen auch neu hinzu. So blieben die RuS-Führer vorerst weiterhin für die Schulung in den Oberabschnitten der Allgemeinen SS verantwortlich, auch wenn die Anweisungen und Materialien jetzt vom SS-HA kamen und die Schulungsreferenten der RuS-Führer vom Schulungsamt gestellt wurden. Damit blieben insbesondere Schulungskontrollen und die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und Lehrgängen für die Schulungsleiter in der Zuständigkeit der Dienststellen des RuS-Führers.437 Im Verlauf des Krieges verloren diese Funktionen für die Allgemeine SS jedoch an Bedeutung.438 Als neuer Aufgabenbereich des RuSHA kamen das Eignungsprüferwesen und die Ausbildung der Eignungsprüfer hinzu. Dieser Aufgabenbereich wurde im Zusammenhang mit der Expansion der Waffen-SS während des Krieges sowie den siedlungs-, bevölkerungs- und rassenpolitischen Vorhaben in den besetzten Gebieten bedeutsam. Die Ausgliederung des Schulungsamtes war Teil einer größeren Reorganisation des RuSHA, zu der auch die Verlagerung des »Lebensborns« und vorübergehend auch der SS-Mannschaftshäuser zum Persönlichen Stab des RFSS gehörten. Damit verbunden war ein personeller Wechsel an der Führungsspitze: Der Chef des RuSHA, Darré, der das Amt seit seiner Gründung 1932 geleitet hatte, schied im September 1938 aus, an seine Stelle trat Günther Pancke, 1940 Otto Hofmann. Mit Darré verließen auch der Stabschef George Ebrecht und der Leiter des Rassenamtes Hermann Reischle das RuSHA. Für Reisch-

Mannschaftshäuser und Eignungsprüfer

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le rückte Erich Karl nach, ein Rassenanthropologe, der – wie eine Reihe anderer Experten, die während des Krieges in höhere Positionen des RuSHA aufstiegen – bei Otto Reche in Leipzig promoviert hatte.439 Zur zentralen Gestalt des Rassenamtes avancierte der Reche-Schüler Bruno Kurt Schultz, der das Amt bereits in seiner Anfangszeit geleitet hatte und die Leitung später wieder übernahm; Schultz war als einer der führenden Rassenanthropologen des Dritten Reichs ausgewiesen und wurde Ende 1941 als Professor und Direktor des Instituts für Rassenbiologie an die Deutsche Karls-Universität nach Prag berufen.440 Die Leitung des Stabsamtes übernahm später Fritz Schwalm, der gleichfalls ein rassenanthropologisches Studium begonnen, aber nicht mehr abgeschlossen hatte. Diese organisatorischen und personellen Veränderungen signalisierten eine verstärkte Hinwendung von der »Ideologieproduktion und -vermittlung« zur »angewandten Rassenanthropologie und Sippenpflege«, die die Arbeit des RuSHA in den folgenden Jahren bestimmen sollte.441 Das Rasse- und Siedlungshauptamt musste 1938 nicht nur das Schulungsamt an das SS-Hauptamt abgeben, gleichzeitig wurden alle mit Wissenschaft und Forschung befassten Abteilungen des Rasseamtes zum »Ahnenerbe« im Persönlichen Stab RFSS transferiert. Himmler hatte offenbar die Absicht, eine Art »Brain Trust« aufzubauen, der ihm persönlich unterstand. Das »Ahnenerbe« war 1935 als SS-Forschungsgemeinschaft gegründet worden und unterstand zunächst dem RuSHA, bis es 1937 dem Persönlichen Stab angegliedert wurde. Auch die ebenfalls 1935 gegründete Abteilung »Mannschaftshäuser«, die für wissenschaftlichen Nachwuchs der SS sorgen sollte, wurde Anfang 1939 dem Persönlichen Stab unterstellt. Weitere Einrichtungen, die Himmler sich persönlich unterstellte, waren das »Haus SS-Schule Wewelsburg« und der »Lebensborn«. Außerdem richtete er eine eigene Abteilung für »Feiergestaltung« ein, die 1938 vom Schulungsamt übernommen wurde, vermutlich, um hier in einem besonders »sensiblen« Bereich die unmittelbare Kontrolle zu behalten und der Entwicklung eines neuen »Pfaffenstandes« entgegenzusteuern. Hinzu kam die »Dienststelle Diebitsch« bzw. später das »Amt München«, das für die SS-eigene Produktion der Porzellanmanufaktur Allach und andere künstlerische Angelegenheiten zuständig war.442 1942 unterstanden dem Hauptamt Persönlicher Stab RFSS die vier Ämter »Wewelsburg, Ahnenerbe, Lebensborn, München« sowie die beiden Ämter »Presse« und »Rohstoffe«; die Abteilung »Feiergestaltung« unterstand der Stabsführung.443 Die »Dienststelle Heißmeyer«, der die Mannschaftshäuser unterstanden, war 1941 aus dem Persönlichen Stab wieder ausgelagert und zu einem eigenen Hauptamt erhoben worden.

Die »SS-Schule Haus Wewelsburg« und der »Lebensborn e.V.« »SS-Schule Haus Wewelsburg« war eine etwas irreführende Bezeichnung für eine Einrichtung, die weder als Schule noch als Schulungsstätte jemals in Betrieb ging, sondern als zentrale mythische Kultstätte der SS geplant war; die formelle Bezeichnung als »Schule«, die Himmler 1935 anordnete, diente dazu, diese Funktion zu verschleiern. Nach dem Krieg sollte Wewelsburg denn auch in »Reichshaus der SS-Gruppenführer« umbenannt werden.444 Himmler plante hier eine alljährlich im Frühjahr wiederkehrende Zusammenkunft der höchsten SS-Führer nach dem Vorbild des alten Rittertums; die Gruppenführer sollten hier Besprechungen abhalten und vereidigt

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

werden. In einem Schrein sollten die Totenkopfringe verstorbener und gefallener SSFührer aufbewahrt werden. Bis 1938 waren Schulungs- und Aufenthaltsräume, Gästezimmer, eine Bibliothek und ein Museum – eine vorgeschichtliche Sammlung – sowie Forschungsabteilungen für germanische Vor- und Frühgeschichte, Sippenforschung und mittelalterliche Geschichte und Volkskunde errichtet worden, weitere Pläne sahen eine Sternwarte und andere kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen vor, schließlich weitete sich das Projekt zu einer ganzen SS-Stadt aus, mit Prachtgebäuden, Straßen und Parkanlagen; realisiert wurden neben den Umbauten im Schloss selbst eine Führervilla, eine SS-Waldsiedlung aus 7 Einfamilienhäusern und ein Verwaltungsgebäude. Für die Bauarbeiten ließ Himmler das KZ Niederhagen errichten, in dem etwa 3900 Häftlinge beschäftigt waren. 1943 kamen die Arbeiten fast zum Stillstand, am 31.3.1945 ließ Himmler die Anlage sprengen; heute ist noch das Schloss selbst mit den Umbauten und einer Weihehalle erhalten. Die Gründungs- und Aufbauphase der »SS-Schule Wewelsburg« war noch stark von Darré bestimmt, der dabei von seinen Ideen einer neuen »Adelsgenossenschaft« inspiriert war und ursprünglich wohl auch ein Schulungszentrum für höhere SSFührer im Sinn hatte. Schon 1935 begann man mit der Einstellung hauptamtlicher Mitarbeiter, von denen einige auch offiziell als »Schulungsleiter« deklariert wurden. Mit dem Aufbau und der Leitung beauftragte Darré, dessen RuSHA das Haus zu diesem Zeitunkt noch unterstand, seinen Schwager Manfred von Knobelsdorff. Von Knobelsdorff kam aus dem Kreis der »alten Kämpfer«, die noch im 1. Weltkrieg und an der Seite der Freikorps gekämpft hatten. 1933 wurde er als einer der ersten Abschnitts-Schulungsleiter zum Mitarbeiter des RuS-Amtes bestellt. Von der Gründung 1934 bis zu seiner Entlassung 1938 leitete er die Wewelsburg als »Burghauptmann« und »Hauptschulungsleiter«.445 Mit dem Aufbau der Bibliothek wurde der promovierte Jurist und Bibliothekar Hans Peter Des Coudres beauftragt. Des Coudres kam aus der völkischen Jugendbewegung und war 1930 der NSDAP beigetreten; er war vom Amt Rosenberg und der Gauleitung Sachsen mit der Schrifttumsüberwachung des Gaus beauftragt, ehe er im April 1934 zum Bibliotheks- und Schulungsleiter der Wewelsburg ernannt wurde. Des Coudres schied im Mai 1939 aus dem Dienst auf der Wewelsburg aus, um die Leitung der Staatsbibliothek Kassel zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt umfasste die Bibliothek in der Wewelsburg bereits mehr als 16 000 Bände.446 Für die vor- und frühgeschichtliche Abteilung und den Aufbau des Museums war der Prähistoriker Wilhelm Jordan zuständig. Er war zuvor mit Ausgrabungen am Landesmuseum Kassel beschäftigt und sollte auch in der Umgebung der Wewelsburg und bei den Externsteinen Ausgrabungen für die SS durchführen. Jordan war Freikorps-Kämpfer, gehörte in den 20er Jahren dem Jungnationalen Bund und seit 1930 der NSDAP an. Während des Krieges wurde er zum Wehrgeologen-Bataillon der SS einberufen, 1942/43 arbeitete er als Wehrgeologe beim HSSPF Ukraine.447 Abteilungsund Schulungsleiter für mittelalterliche Geschichte und Volkskunde war Karl Ernst Lasch, Studienassessor, später Studienrat für Geschichte und Erdkunde, unmittelbar vor seiner Berufung nach Wewelsburg 1934/35 auch als Schulungsleiter bei der Landespolizeiinspektion West tätig. Auch Lasch gehörte in den 20er Jahren dem Jungnationalen Bund an, 1930 trat er der NSDAP, 1935 der SS bei. Mitarbeiter der Abteilung waren Bernhard Frank und Hans Illich. Frank studierte Germanistik, Geschichte und Volkskunde, brach das Studium aber ab, um zu den Verfügungstruppen zu gehen; er

Mannschaftshäuser und Eignungsprüfer

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wurde nach einem Lehrgang an der Junkerschule Braunschweig 1935 zur Wewelsburg versetzt und sollte dort auf Befehl Himmlers eine Arbeit über die Flurnamen der Wewelsburger Region anfertigen; die Arbeit wurde später als Dissertation von der Universität Münster angenommen. Während des Krieges diente Frank beim Kommandostab RFSS, 1943 war er Kommandeur der Waffen-SS auf dem Obersalzberg.448 Hans Illich war promovierter Studienassessor für Deutsch, Geschiche und Erdkunde; er wurde als Spezialist für mittelalterliche Handschriften auf die Wewelsburg geholt, aufgrund eines staatsanwaltschaftlichen Verfahrens aber wenig später wieder entlassen.449 Einen Schulungsleiter-Titel trug noch Walter Franzius, selbständiger Architekt und stellvertretender Kreisbaumeister in Büren und damit auch für die im Kreis Büren gelegene Wewelsburg zuständig. Franzius, der aus der völkischen Bewegung kam und 1932 der NSDAP beigetreten war, wurde Anfang 1934 in die SS aufgenommen, zum Oberschulungsleiter ernannt und noch im gleichen Jahr als hauptamtlicher Schulungsleiter auf der Wewelsburg eingestellt.450 Der »Lebensborn« hätte von der »Logik« her eigentlich zum Aufgabenbereich des RuSHA und des Eignungsprüferwesens gehört, ging es hier doch um die Auslese »rassisch geeigneter« Frauen, um für einen »hochwertigen« Nachwuchs zu sorgen. Aber Himmler transferierte den Lebensborn Anfang 1938 aus dem RuSHA in seinen Persönlichen Stab. Die weltanschauliche Schulung in den Lebensborn-Heimen blieb jedoch bis 1942 in der Zuständigkeit des RuSHA, zunächst des Schulungsamtes, dann des RuSFührers des Oberabschnitts, in dem das Heim jeweils gelegen war; den Chef des RuSHA Otto Hofmann ernannte Himmler zum »Kurator für weltanschauliche Erziehung des Lebensborns«.451 Im April 1938 ordnete das Schulungsamt eine regelmäßige weltanschauliche Schulung an, um die Mütter in den Heimen »zu guten Nationalsozialistinnen zu erziehen«. Sie sollte »in würdiger, aber gefälliger Form« durch einen Wechsel von Vorträgen, Filmvorführungen, Vorlesungen, Singestunden etc. gestaltet werden. Bis zum September hatten die zuständigen RuS-Führer entsprechende Schulungspläne erstellt. Für das Heim »Pommern« in Bad Polzin war z. B. folgender Vortragsplan vorgesehen: 1. Rassenkunde, Rassenpflege, Bevölkerungspolitik, Sippenforschung, die SS als Sippengemeinschaft (vier bis fünf Lichtbildervorträge) 2. Sippenfeiern 3. Vor- und Frühgeschichte. Der Schulungsplan war auf vier Monate berechnet und sollte danach wiederholt werden. Zu den Vorträgen kamen Vorlesungen aus »Mein Kampf« und aus dem »Schwarzen Korps« hinzu, zumeist von einer der »braunen Schwestern« des Heims gehalten, außerdem Feiergestaltungen, musikalische Abende usw. Im November 1938 fanden im Heim »Pommern« bereits 16 Veranstaltungsabende statt. Detaillierter und umfangreicher war der Plan für die weltanschauliche Schulung im Heim »Friesland« bei Bremen, den der Landwirtschaftsschulleiter und RuS-Führer Nordwest Heinrich Thole zusammengestellt hatte: Einleitung (1 Std.) A. Das deutsche Volk (Geschichte, rassische Zusammensetzung, berufliche Zusammensetzung, Feinde des deutschen Volkes) (12 Std.)

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur B. Der Führer (3 Std.) C. Fragen der nationalsozialistischen Weltanschauung (Führerprinzip; Religion, Christentum, Kirche; Kunst als Ausdruck der Weltanschauung) (5 Std.) D. Nationalsozialistische Gesetzgebung (Ehegesundheitsgesetz, SS-Verlobungsbefehl, Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes etc., Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses) (5 Std.) E. Vererbungsgesetze und bevölkerungspolitische Fragen (4 Std.) F. Die Grundgesetze der SS (1 Std.)

Auch hier, im Heim »Friesland«, fanden im November bereits 10 Veranstaltungsabende statt.452 Zu den thematischen Vorträgen wurden Schulungsleiter und Experten aus dem RuSHA in die Heime entsandt. Im Heim »Hochland« in Oberbayern hielt z. B. der Kreisschulungsleiter Heppner Vorträge über die »weltanschauliche Einstellung eines Nationalsozialisten« und über die »Feinde des Nationalsozialismus (1. Das Judentum)«, vom Sicherheitsdienst München kam Dr. Sepp zu Vorträgen über den politischen Katholizismus. Im Heim »Kurland« bei Berlin hielt Gebauer vom RuSHA Vorträge über »Geschichte als Rassenschicksal« und »Das Judentum«, Ostuf. Schmidt aus Neuruppin sprach über den »Blutswert des deutschen Menschen«. Im Heim »Harz« hielten die Schulungsleiter von Ilten und Schill im November 1938 Vorträge über Rassenkunde, Runenkunde, Bauerntum und Freimaurer usw.453 Mit Beginn des Krieges kam die weltanschauliche Schulung in den Heimen weitgehend zum Erliegen.454 Im März 1940 konstatierte RuSHA-Chef Pancke eine nur noch gelegentliche und uneinheitliche »weltanschauliche Überwachung«. Sofort nach dem Krieg müsse ein Schulungsplan ausgearbeitet werden. Den Müttern müsse ein Gefühl des Stolzes auf ihr Kind vermittelt werden; Pancke legte besonderen Wert auf einen würdigen Rahmen der Schulung: Sie »darf nicht wie ein allgemeines Pensum dreimal wöchentlich in den Abendstunden durchgeführt werden, sondern hat jedes Mal eine besondere Feier, ein außerordentliches Ereignis zu sein.«455 Hofmann erließ Anfang Juli 1942 eine Anordnung, die die Feiergestaltung verstärkt in den Mittelpunkt der weltanschaulichen Arbeit in den Lebensborn-Heimen rückte und im Vorstand des Lebensborns Fragen nach der klaren Abgrenzung zwischen »Brauchtum« und »Kult« aufwarf. Offenbar hielt man deshalb Rückfrage mit dem Schulungsamt, denn 14 Tage später erreichte Hofmann ein in zurechtweisendem Ton abgefasster Brief Gottlob Bergers: Hofmanns Befehl zur Feiergestaltung habe größte Verwirrung ausgelöst; der Reichsführer-SS lehne einen klaren Entscheid in Fragen der Feiergestaltung ab, um ein neues Pfaffentum zu verhindern, »zu dem im alten RuSHA alle Anlagen vorhanden gewesen seien.« Zudem gehörten Fragen der Schulung, Erziehung und Feiergestaltung in den Zuständigkeitsbereich des SS-Hauptamtes: »Ich bitte in Zukunft dringend, Fragen meines Arbeitsbereiches von dort nicht anzufassen.«456 Wenige Tage später kam es zu einem Gespräch zwischen Berger und Hofmann, in dem Hofmann akzeptierte, dass Berger »im Rahmen der Schulung auch die Richtlinien über die Feiergestaltung bearbeitet«. In einem Schreiben vom 27.7. erstatte Sturmbannführer Walter Lang vom Lebensborn-Vorstand Hofmann Bericht über die weltanschauliche Erziehung. In den Heimen, so Lang, sei immer schon weltanschauliche Schulungsarbeit geleistet worden; man sei dabei, diese Arbeit auszubauen und bemühe sich, neue Redner zu gewinnen. Im Heim »Pommern« sei bereits der Ordensburg-Lehrer Dr. Torges im Einsatz, im Heim »Hochland« der Kreis-Schu-

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lungsleiter der Partei Untersturmführer Hoepfner, im Heim »Sonnenwiese« der Landrat Obersturmbannführer Gerischer. In der Berliner Zentrale halte man inzwischen alle 14 Tage einen halbstündigen »Morgenappell« ab, in dem »Grundlagen zum nationalsozialistischen Denken, Handeln und Leben« vermittelt würden. Die Entwicklung der Lebensfeiern aufgrund der neuen Richtlinien sei aber Neuland. Lang bat deshalb um nähere Anweisungen. Gleichzeitig informierte er Hofmann darüber, dass das Schulungsamt inzwischen einen Bericht über die Schulungsarbeit des Lebensborns angefordert habe, um Einfluss auf diese Arbeit zu nehmen. Hofmann, der bemüht war, das Gesicht zu wahren, wandte sich daraufhin erneut an Berger und versicherte ihm, er werde sich des vom Schulungsamt herausgegebenen Materials bedienen, ihm liege aber daran, »die weltanschauliche Schulung innerhalb des Lebensbornes weiter in der Hand zu behalten«. Dennoch entzog Himmler ihm im September die Zuständigkeit für die weltanschauliche Erziehung im Lebensborn und übertrug sie dem SS-Hauptamt.457

Die Mannschaftshäuser und die »Dienststelle Heißmeyer« Die SS-Mannschaftshäuser unterstanden bis zur Reorganisation 1938 dem Schulungsamt. Ebrecht hatte in seinem Plan zur Neuordnung des SS-Hauptamtes vom Juni 1938 vorgeschlagen, das Rasse- und Siedlungshauptamt mit den vier Ämtern Rasse-, Siedlungs-, Ordenswesen und Verwaltungsamt neu zu strukturieren. Dem Amt für Rassewesen, zu dem die wissenschaftlichen Abteilungen des bisherigen Rassenamtes gehörten, wollte er das Ahnenerbe mit seinen Forschungsabteilungen als 2. Hauptabteilung angliedern; als 3. Hauptabteilung dachte er an eine »SS-Akademie« unter Leitung Ellersieks, »die sämtliche Fakultäten umfasst, mit den SS-Mannschaftshäusern und der Unterabt. Bibliothek«.458 Himmler entschied sich jedoch dagegen, aus dem RuSHA eine Stätte der Wissenschaft und Forschung zu machen. Das »Ahnenerbe« blieb dem Persönlichen Stab RFSS zugeordnet, die meisten wissenschaftlichen Abteilungen des RuSHA wurden ins Ahnenerbe eingegliedert, und da die Mannschaftshäuser in enger Zusammenarbeit mit dem Ahnenerbe ausgebaut werden sollten, wurden auch sie dem Persönlichen Stab unterstellt. Außerdem ordnete Himmler die Zusammenarbeit mit Six’ Abteilung II.2 des SD-Hauptamtes (»Lebensgebietsmäßige Auswertung«) an, zu deren Aufgaben auch die Beobachtung der Bereiche Wissenschaft und Kultur gehörte. Während einer Besprechung im SD-Hauptamt, bei der Wüst, Sievers und Six zugegen waren, beschloss man, alle SS-Angehörigen unter den Hochschullehrern zu erfassen und »ins Ahnenerbe einzubauen«. Ellersiek, der sich mit der Leitung der Mannschaftshäuser nicht ausgefüllt sah, beschied man, er müsse sich wegen der immer dringender werdenden Hochschulnachwuchsfrage in der SS ausschließlich dem Auf- und Ausbau der Mannschaftshäuser widmen.459 Unterdessen fanden 1938 und 39 in der Tölzer Junkerschule 14tägige wissenschaftliche Lehrgänge der Mannschaftshäuser statt.460 Für den Lehrgang im März 1939 waren neben Professoren der Geistes- und Naturwissenschaften Rosenberg, Ribbentrop, Dr. Todt und Dr. ing. Porsche als prominente Redner angekündigt. Das anspruchsvolle Programm sah vor, die folgenden 16 Themen in Vorträgen und Seminaren zu behandeln:

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur 1. Die Bedeutung des Totalitätsanspruchs der Weltanschauung für das völkische Leben 2. Große Deutsche im Vorstoß auf die Weltanschauung unserer Zeit 3. Entwicklungsgeschichte: a) naturwissenschaftlich; b) politische Auswertung im Marxismus, Katholizismus und Nationalsozialismus 4. Welteislehre 5. Germanische Mythologie 6. Weltanschaulicher Kampf um die Sterilisation 7. Ehegesetzgebung und Stellung der deutschen Frau in der Sippe 8. Staatsform und ihre philosophischen und theologischen Grundlagen 9. Jesuitische Ordenserziehung 10. Die Rekatholisierung Österreichs als Werk des Jesuitenordens und die katholische Aktion 11. Siedlungsgeschichte Österreichs 12. Verlust völkischen Lebensraums in Osteuropas 13. Die Lebensbedingungen und Herrschaftsform des Mitteleuropäers im tropischen Raum 14. Weltanschauung und Heilkunde 15. Rasse und Technik 16. Die Gestaltung der SS-Mannschaftshäuser.461

Parallel zu diesen Hochschulaktivitäten wurden an den Universitäten SS-Studiengemeinschaften für Medizin- und Pharmaziestudenten gebildet, die Vortragsfolgen organisierten, um auf diese Weise Werbung für die akademische SS zu machen. Zwischen 1937 und 1939 fanden z. B. im Oberabschnitt Fulda-Werra Vortagszyklen für Studenten statt, die der Nachwuchsgewinnung von SS-Ärzten und Apothekern dienten. In Frankfurt am Main organisierte die Studiengemeinschaft im Wintersemester 38/39 folgende Veranstaltungen: 24.11.38 Vorträge, 26.11. Bericht über die Ausgrabungen auf dem Glauberg 14.12.38 Prof. Hirt, Direktor des Anatomischen Instituts: Ziele und Aufgaben der SS 16.1.39 Vietz, RuS-Führer Rhein: Der politische Zukunftsweg des deutschen Volkes 24. und 31.1.39 Prof. Holfelder: Naturerkenntnis und Weltanschauung 1.2.39 Oberführer Scherner: Weltanschauung und Haltung des SS-Mannes 10.2. Direktor Gerber, Gauschulungsredner: Die Bedeutung des Antikominternpaktes in der deutschen Außenpolitik 24.2.39 Vorführung von neuen Mikro-Zeitrafferfilmen aus dem Gebiet der Zellforschung durch Prof. Kuhl, Zoologisches Institut; anschließend geselliges Zusammensein im Hochzeitssaal des Palmengartens.

Im Rahmen der von der Studiengemeinschaft an der Universität Marburg organisierten Vorträge sprach unter anderem Prof. Pfannenstiel über »Aufgaben der rassenpolitischen Schulung«, während Erich Jaensch im November 1938 über sein Forschungsprojekt »Der Hühnerhof als Forschungs- und Aufklärungsmittel in menschlichen Rassefragen« referierte, in dem er das vermeintlich unterschiedliche Pickverhalten nord- und südrassischer Hühner nachgewiesen hatte; im folgenden Sommersemester hielt er einen Vortrag über »eidetische Phänomene«, in dem er darlegte, »eidetische Phänomene« seien für die kindliche Wahrnehmung typisch und mehr bei Südländern als bei nordischen Völkern verbreitet. Im Juni 1939 hielt Prof. Nelis an der Frankfurter Universität einen Vortrag über »Weltanschauung und Wissenschaft«. Nelis hatte schon im Wintersemester 37/38 einen Vortrag über Nationalsozialismus und kirchli-

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ches Brauchtum gehalten; vorangegangen war eine Vorlesung von Prof. von Verschuer über »Vererbung und Charakter«. Die Giessener Studiengemeinschaft lud Prof. Kranz zu Vorträgen über Nationalsozialistische Weltanschauung und die bevölkerungspolitische Lage ein usw.462 Am 8.2.1941 wurde die Abteilung Mannschaftshäuser aus dem Persönlichen Stab RFSS ins neu geschaffene Hauptamt »Dienststelle Obergruppenführer Heißmeyer« verlegt.463 Heißmeyer war mit der Ernennung Bergers zu seinem ständigen Vertreter als Chef des SS-Hauptamtes im August 1940 faktisch ausgebootet worden. Nachdem er bereits 1936 zum Inspekteur der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten ernannt worden war, sollte Heißmeyer sich jetzt verstärkt der Aufgabe zuwenden, ein SS-eigenes System der Elitenerziehung aufzubauen. Über die Dienststelle Heißmeyer sind kaum Dokumente erhalten, so dass wir hier auf wenige Anhaltspunkte angewiesen sind. Am 11.1.1941 ordnete Himmler die Errichtung eines »Hauptamtes Nationalpolitische Erziehung« an und beauftragte Heißmeyer mit einem Stellenbesetzungsplan, den dieser am 8.2. vorlegte. Das neue Hauptamt sollte die Inspektion der Napolas mit der Leitung der Mannschaftshäuser vereinen und vier Ämter umfassen: I: Organisation (Leiter Jacht), II: Personalamt (Dr. Adam), III: Erziehung und Wissenschaft (Bürger) und IV: Mannschaftshäuser (Ellersiek).464 Himmler genehmigte den Plan, das neue Hauptamt erhielt aber die Bezeichnung »Dienststelle Obergruppenführer Heißmeyer« – vermutlich sah man von der Bezeichnung »Hauptamt Nationalpolitische Erziehung« ab, weil die SS nur das Inspektionsrecht über die Napolas hatte und nicht als staatliche Behörde agieren konnte.465 Die »Dienststelle« bestand bereits seit 1939, und Heißmeyer sollte wohl durch ihre Aufwertung zu einem eigenen Hauptamt für den Macht- und Statusverlust im SS-Hauptamt entschädigt werden. Ellersiek wurde zunächst mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Amtes IV (Mannschaftshäuser) beauftragt und im Oktober 1941 endgültig zum Amtschef ernannt. Anfang 1942 erhielt er darüber hinaus den Titel eines »Vize-Inspekteurs« der Napolas; vermutlich wurde zu diesem Zeitpunkt auch die Inspektion der Deutschen Heimschulen in die Dienststelle Heißmeyer integriert.466 Aufgabe des Personalamtes war die »Beschaffung« und Betreuung von Erziehern der Napolas, ihre »Überführung in die SS«, die »Heranführung und Auslese von Jungmännern-Anwärtern« sowie die »Bearbeitung der Personalangelegenheiten der SS-Mannschaftshäuser«. Amtschef war Dr. med. dent. Gerhard Adam, der zu den »alten Kämpfern« gehörte, und seit 1933 hauptamtlich bei der Reichsführung der deutschen Studentenschaft und des Nationalsozialistischen Studentenbundes beschäftigt war. Vielleicht kannte ihn Ellersiek, der 1934 Mitarbeiter in der Geschäftsführung des Deutschen Studentenwerks war, aus dieser Zeit. Adam gehörte bereits 1926 der SA an und war 1929 Ortsgruppenleiter und Herausgeber der »Kampfhausblockzeitung ›Der Sturm‹« in der Sektion Karlshorst. 1936 wurde er als Sturmbannführer in die SS übernommen, ab April 1939 gehörte er der Dienststelle Heißmeyer an. Im Februar 1942 übertrug ihm Heißmeyer zusätzlich zur Leitung des Personalamtes auch die Leitung des Amtes I (Organisation) und die Stabsführung der Dienststelle.467 Das

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Amt III (Erziehung und Wissenschaft) gliederte sich in die Abteilungen: »1. Einrichtung und Leitung der Schulungsstätte für Erzieher, 2. Sonderlehrgänge für wissenschaftliche Spezialgebiete, in Sonderheit Geschichte und Biologie, 3. Entwicklung des Reichsbundes für Jugenderziehung«. Vielleicht sollte das Amt die Lehrgänge für Erzieher bzw. Lehrer in der Waffen-SS übernehmen, die das Schulungsamt 1940 begonnen hatte. Am 8.2.1941 wurde Karl Heinz Bürger mit der Leitung beauftragt, er wird in diesem Amt aber nicht mehr viel ausgerichtet haben, da er bereits am 25.4.41 zum Kommandostab RFSS versetzt wurde.468 Heißmeyer, der aus den Napolas auch Lehrkräfte für die Führerausbildung der SS rekrutieren wollte, war seit langem bestrebt, die Napola-Erzieher »SS-mäßig« auszurichten. Nachdem im Januar 1938 ein Schulungskurs für 30 Erzieher unter Leitung des Schulungsamtes in Neubabelsberg stattgefunden hatte, schlug er vor, jedes Jahr für alle Erzieher der Napola seinen solchen Lehrgang zu veranstalten. In Zusammenarbeit mit dem Schulungsamt führte Heißmeyers Inspektion im Januar 1938 einen 5tägigen Lehrgang für Napola-Leiter durch.469 Aus einer Aktennotiz von Karl Heinz Bürger geht hervor, dass man 1941 erneut Schulungslager plante, in denen die Lehrer der Napola einer »weltanschaulichen Ausrichtung« unterzogen werden sollten. Bürger suchte dafür geeignete Lehrkräfte und bat B. K. Schultz vom Rassenamt, in einem »1½ bis 2tägigen Zusammensein« über Rassenkunde zu sprechen, Helmut Poppendieck vom Sippenamt sollte »in gleicher Zeitdauer« über Erblehre sprechen: in einem längerem Zusammensein würde sich die Möglichkeit zu einer intensiven Aussprache ergeben. Den Lehrern sollte außerdem ein »Musterungsvorgang« vorgeführt werden, in dem Schüler einer Dorfschule durch den Beauftragten des RuSHA einer rassischen Untersuchung unterzogen würden. Seitens der Inspektion versprach man sich offenbar eine Arbeitsentlastung, denn die Lehrer könnten dann, entsprechend geschult, bereits mit einer Vorauslese der Schulbewerber beauftragt werden.470 Der generelle Zugriff auf die Napola-Erzieherschaft war jedoch nur bei den SS-Mitgliedern unter den Lehrern möglich. Sie wurden nach Anweisung Heißmeyers im Oktober 1938 ebenso wie die Schulungsleiter den Stäben der Oberabschnitte, 1940 einem eigens gebildeten Stabssturm des SS-Hauptamtes zugewiesen. Später wurde eine Stabskompanie bei der Dienststelle Heißmeyer gebildet, der außer den unmittelbaren Mitarbeitern der Dienststelle vermutlich auch alle SS-Mitglieder unter den Napola-Lehrern und Anstaltsleiter angehörten.471 Das Amt IV (SS-Mannschaftshäuser) des Hauptamtes hatte 1941 zwei Abteilungen: »1. Führung der SS-Mannschaftshäuser, 2. Erfassung und Betreuung der ehemaligen Jungmannen, Zusammenschluss, Berufslenkung, Studienförderung, Beratung«. Absolventen der Napolas, die der SS beitraten und ein Studium aufnahmen, sollten in den Mannschaftshäusern weiter betreut und begleitet werden. Für Aufgaben der Berufsberatung von Napola-Abgängern war der Studienrat Werner Lottmann in der Dienststelle Heißmeyer zuständig; er war ein Experte für Fragen der völkisch-rassischen Begabungsauslese, hatte Pädagogik, Psychologie und »Erbbiologie« studiert und 1934 mit einer Untersuchung über »Schulleistung und Lebensleistung ehemaliger Gymnasialabiturienten« bei Günther Just in Greifswald promoviert. Er gehörte seit 1932 der NSDAP und dem Nationalsozialistischen Studentenbundes an und hatte bereits eine Reihe unterschiedlicher Tätigkeiten bei der HJ, der Studentenschaft, der NSV, dem RPA und der DAF wahrgenommen, als er Anfang 1941 zum RuSHA und von dort

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zur Dienststelle Heißmeyer kam. Lottmann war später auch für das »germanische Begabtenwerk« der Germanischen Leitstelle zuständig.472 Ellersieks persönlicher Referent und wichtigster Mitarbeiter im Amt Mannschaftshäuser war Walter Faltz, ein Absolvent der Kadettenanstalt Köslin, die 1933 in eine Napola umgewandelt wurde. Faltz war 1932 als 18jähriger der NSDAP, 1934 der SS beigetreten; während des Geschichtsstudiums, das er mit einer Dissertation über Cromwell abschloss, wurde er 1936 zum Mannschaftshausführer in Jena ernannt. Seit März 1939 war er als Referent für die Mannschaftshäuser in der Dienststelle Heißmeyer tätig; er hatte seinen Posten als persönlicher Referent Ellersieks auch noch 1944 inne. 1941 gab er unter dem Titel »Politisches Soldatentum« eine Auswahl aus den Schriften von Clausewitz heraus, unter dem gleichen Titel steuerte er einen Beitrag für das von ihm zusammen mit Franz Riedweg herausgegebene Werk »Germanische Gemeinschaft« bei.473 Zu den weiteren Mitarbeitern in der Leitung und Verwaltung der Mannschaftshäuser gehörten Hans Rühle von Lilienstern, Gerhard Schmidt und Günther Gils. Günther Gils, Schriftleiter der Zeitschrift »Der Angriff«, studierte Geschichte, Zeitungswissenschaft und Anthropologie und war von 1935 bis 1937 Mannschaftshausführer in Berlin; nach seiner Promotion 1938 wurde er hauptamtlich als Referent bei Ellersiek eingestellt. Der Historiker Gerhard Schmidt legte 1938 in Jena das Staatsexamen ab und promovierte dort im gleichen Jahr mit der Arbeit »Die Stellung der deutschen Öffentlichkeit zum deutschen Ostkriegsziel in den Jahren 1914-1918« bei Maschke und Franz; anschließend wurde er im November 1938 als Referent im Schulungsamt und danach in der Dienststelle Heißmeyer eingestellt.474 Rühle von Lilienstern studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in München, leitete dort das Mannschaftshaus und hatte mit der erfolgreichen Organisation einer wirtschaftspolitischen Tagung für die Mannschaftshausangehörigen auf sich aufmerksam gemacht; im November 1937 wurde er als Beauftragter des RuSHA für die Mannschaftserziehung und Betreuung der Mannschaftshäuser in den Stab des Reichsstudentenführers berufen. Anfang 1938 folgte seine Ernennung zum Untersturmführer, im März 1939 wurde er in die Dienststelle Heißmeyer übernommen. 1942 wurde er als Sonderbeauftragter und Führer des Mannschaftshauses Leiden zum Reichskommissar Seyss-Inquart in die Niederlande kommandiert, danach diente er als Kompanieführer in der Brigade »Nederland« bei der Waffen-SS, 1944 wurde er zum Leiter der Abt. VI an die Junkerschule Tölz berufen.475 Rühle von Lilienstern, der 1942 zum Dr. rer.pol. promoviert hatte, sollte die wirtschaftspolitische Kompetenz des Amtes Mannschaftshäuser stärken. Ellersiek, selber Diplom-Wirtschaftsingenieur und lange Jahre in der Industrie tätig gewesen, war es ein besonderes Anliegen, im Rahmen der Mannschaftshäuser »Wirtschaftler heranzubilden«, die »in der Lage sind, sich in der sogenannten freien Wirtschaft durchzusetzen.« Ellersiek wollte »einen sowohl soldatisch wie weltanschaulich und fachlich zuverlässigen jungen Führertyp« formen476 und sah seine Aufgabe darin, für den Bedarf der SS an qualifiziertem akademischen Nachwuchs für die SS-eigenen Betriebe zu sorgen. »Ich möchte erreichen«, schrieb er 1941 an Verwaltungsamtschef Pohl, »dass für die Wirtschaftsbetriebe der Schutzstaffel, Männer zur Verfügung gestellt werden können, die 1. absolut einwandfreie SS-Führer sind und 2. auf dem Gebiet der Wirtschaft tatsächlich etwas leisten und den anderen Wirtschaftlern in der freien Wirtschaft gewachsen sind.« Ellersiek schlug vor, den Bedarf an qualifizierten Kräften aus der Gruppe der SS-Männer zu decken, die aus den Mannschaftshäusern hervorgingen.

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I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur

Bei der Gelegenheit regte er außerdem an, eine »Waffenhandelsgesellschaft« der SS aufzubauen, die sich in den internationalen Waffenhandel »einschalten« könnte und deren Organisation er gerne übernehmen würde. Ellersiek dachte weit voraus: »Da die Schutzstaffel später im Grossdeutschen Reich in der politischen Führung immer eine maßgebende Rolle spielen wird, wird es sich nicht vermeiden lassen, sie in dieser Beziehung so politisch auszubilden, dass sie den Ansprüchen einer Herrschaftsmethodik im europäischen Raum und darüber hinaus gewachsen sind.« Eines Tages werde die Frage akut werden, wer im internationalen Waffenhandel und im Waffengeschäft maßgebend seine Hände habe; die SS solle schon jetzt den Versuch machen, sich in diesen Handel einzuschalten »und sich in der Waffenproduktion so unabhängig zu machen, dass eine Kontrolle anderer Stellen in Fortfall kommt.«477

Als Mittel der »Herrschaftsmethodik im europäischen Raum« waren insbesondere die Mannschaftshäuser in den besetzten Gebieten gedacht. Beim Aufbau des germanischen Korps suchte Ellersiek gezielt nach Offizieren, die aus den Mannschaftshäusern hervorgegangen waren und bereits über Beziehungen zu den germanischen Ländern verfügten.478 Das Mannschaftshaus in den Niederlanden besetzte er mit Hans Rühle von Lilienstern als Führer. Die Einrichtung, die im September 1941 an der Universität Leiden eröffnet wurde, sollte vor allem ein wissenschaftlich-kulturelles Zentrum werden, über das man niederländische Studenten für die SS gewinnen wollte. Hier standen deshalb anspruchsvolle Vortragsaktivitäten auf dem Programm. Im Juli 1943 beispielsweise wurden hier folgende Vorträge gehalten: 3.7. Prof. Krekel/Uni Leiden: Panslawismus und Bolschewismus, 9.7. Dr. Steinmetz: Amerika – von Europa aus gesehen, 14.7. Dr. Hübner (Kunsthistoriker): Die romantische Malerei in den NL, 22.7. Prof. Dr. Goedewagen/Uni Utrecht: Niederländischer Humanismus in Vergangenheit und Gegenwart.479

Das Mannschaftshaus Leiden war auch für die Auslese der holländischen Siedlungsbewerber für die Ansiedlung im Stadt- und Landkreis Lublin zuständig.480 In Lublin baute Gustav Hanelt ein Mannschaftshaus auf, das raumpolitische Forschungs- und Planungsaufgaben im Rahmen des Generalplan Ost übernehmen sollte. Hanelt, der seit 1929 in der nationalsozialistischen Bewegung aktiv war, hatte bereits 1937 als Jura-Student das Mannschaftshaus an der Universität Jena geleitet. 1938 war er für kurze Zeit Polizeischulungsleiter in Königsberg, nahm dann am Polen-Feldzug teil und wurde 1941 als Obersturmführer zum HSSPF Ost Globocnik berufen. Globocnik ernannte ihn zum Referenten für Siedlungsfragen und übertrug ihm »Sonderaufgaben«. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte die Organisation des SS-Mannschaftshauses Lublin; es wurde Anfang 1941 zu einem Forschungsinstitut ausgebaut und im Frühjahr 1942 in »Forschungsstelle für Ostunterkünfte« umbenannt. Das Institut war vor allem für die Planung der SS- und Polizeistützpunkte im Generalgouvernement zuständig; es sollte insbesondere die »Germanisierung« der Region Zamosc vorbereiten und die dafür erforderlichen Forschungs- und Planungsarbeiten durchführen. Die Forschungsstelle umfasste 14 Abteilungen: Planung/Forschung/Statistik, Architektur, Recht, Russlanddeutschtum/Sammlung von volkskundlichem Material, »Germaneneinsatz«, Geschichte und Ostforschung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Medizin, Rasse- und Völkerforschung, Kunst, Literatur, Slawistische Philologie und Naturwis-

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senschaften. Für die Forschungsarbeiten sollten junge SS-Wissenschaftler aus den Mannschaftshäusern des Reichs als Doktoranden gewonnen werden.481 Wie Hanelt und Rühle hatten besonders viele – insgesamt die Hälfte – der Mannschaftshausführer Rechts- und Wirtschaftswissenschaften studiert. Von 46 identifizierbaren Mannschaftshausführern waren 14 Juristen und neun Volkswirtschaftler, 10 waren Geisteswissenschaftler, vorwiegend Historiker, 5 waren Medizinstudenten, 4 Naturwissenschaftler, einige hatten Landwirtschaft und technische Berufe studiert. Die bezogen auf das gesamte Schulungswesen der SS ungewöhnlich hohe Zahl an Wirtschaftswissenschaftlern dürfte auch damit zusammenhängen, dass mit Ellersiek und Segler schon in der Gründungszeit zwei Volkswirte für Organisation und Leitung der Mannschaftshäuser verantwortlich waren. Zu den Volkswirten gehörte Klaus-Andreas Bartling, der das Mannschaftshaus in München aufbaute und von Motz 1936 besonders lobend hervorgehoben wurde, weil er es verstanden hätte, »in kurzer Zeit eine rassisch und leistungsmäßig ausgelesene Mannschaft aufzustellen und nach den Richtlinien des R.u.S.Hauptamtes zu formen«. Bartling schuf in den Worten von Motz ein mustergültiges Mannschaftshaus, das mit seinen Auslesemethoden beispielgebend für alle SSMannschaftshäuser wurde.482 Nach Bartling leitete mit Rühle von Lilienstern ein weiterer Wirtschaftswissenschaftler das Münchner Mannschaftshaus. Das Mannschaftshaus in Heidelberg baute der Diplomkaufmann Heinz Franz auf. Franz, der seit 1930 der NSDAP angehörte, promovierte 1935 zum Dr. rer. oec. Er wurde 1937 als Untersturmführer und Schulungsleiter an der SS-Hauptreitschule in München eingesetzt; danach wechselte er vom RuSHA zum SD.483 Auch in Köln war es mit Franz Herbert Quadflieg ein Wirtschaftswissenschaftler, der dort 1935 das Mannschaftshaus aufbaute.484 Die andere große Gruppe der Mannschaftshausführer waren angehende Studienräte, insbesondere Historiker, von denen wir auch kurz einige vorstellen wollen. Nach Franz’ Wechsel zum SD übernahm Arnold Brügmann die Führung des Mannschaftshauses in Heidelberg. Brügmann hatte Geschichte und Staatsphilosophie in Freiburg, Dorpat und Heidelberg studiert und 1934 mit der Arbeit »Staat und Nation im Denken Carls von Clausewitz« promoviert; 1937 habilitierte er sich bei Franz und Maschke in Jena mit der Arbeit »Roms Kampf um den Menschen«, erhielt eine Dozentenstelle in München und 1939 in Würzburg, wo er das Institut für deutsche Studentengeschichte leitete. 1942 wurde er als Leiter des Hauptarchivs der NSDAP nach München berufen. Brügmann hatte sich 1929 mit 17 Jahren dem Nationalsozialistischen Schülerbund angeschlossen, war 1931 der NSDAP beigetreten, hatte sich im Amt für Politische Bildung des Nationalsozialistischen Studentenbundes in Freiburg engagiert und war Anfang 1935 von der SA zur SS gewechselt. Im Januar 1935 wurde er zum stellvertretenden Leiter der damals noch zum SD gehörigen Schule Grunewald berufen. 1936 war er Mannschaftshausführer in Heidelberg, 1938 trat er als hauptamtlicher Untersturmführer in die Dienste des SD-Hauptamtes und übernahm bis 1939 die Lehrgangsleitung an der inzwischen nach Bernau verlegten Schule des SD. Während des Krieges war er beim Inspekteur Sipo/SD München tätig.485 Ebenfalls Historiker war Kurt Hartmann, der 1935 das Mannschaftshaus in Hamburg aufbaute. Hartmann hatte nach Besuch der Pädagogischen Akademie zunächst als Volksschullehrer in Hildesheim gearbeitet, begann dann aber noch ein Studium der Geschichte, Rassenkunde in Göttingen und Hamburg, das er jedoch nicht mehr abschloss. 1934 wurde er als Wissenschaftlicher Sekretär der Politischen Fachgemeinschaft an der Univer-

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sität Hamburg angestellt. Hartmann war bereits 1927 dem Nationalsozialistischen Studentenbund, 1928 der NSDAP beigetreten und wurde als Propagandaleiter, als Gauredner, Schulungsleiter der NS-Frauenschaft Hannover-Süd-Braunschweig und Leiter des Hauptamtes Politische Erziehung der Studentenschaft Göttingen eingesetzt, bis er 1935 vom RuSHA zum stellvertretenden Rassereferenten und zum Abschnittsschulungsleiter im Oberabschnitt Nord bestellt wurde. 1937 ging er als Lehrer für nationalsozialistische Weltanschauung nach Tölz. Während des Krieges leitete er in der Waffen-SS die Ergänzungsstelle Halle.486 Mannschaftshausführer in Marburg war in der Aufbauphase Heinz Schultze. Er studierte Biologie und Chemie, Philosophie und Sport, legte eine Sportlehrerprüfung ab und promovierte bei Erich Jaensch. Schultze war 1930 dem Nationalsozialistischen Schülerbund, 1932 der NSDAP und der SS beigetreten. Während des Studiums wurde er 1935 zum Gaustudentenführer und kommissarischen Führer der Hochschulgruppe Marburg berufen, im Wintersemester 1937/38 war er Gaustudentenführer von Kurhessen. Im Frühjahr 1939 berief man ihn als WS-Lehrer an die Junkerschule Braunschweig; 1941 fiel er als Hauptsturmführer der Waffen-SS.487 In Braunschweig war der Volksschullehrer Ludwig Amberger Mannschaftshausführer. Amberger war ein Internatszögling der Franckeschen Stiftungen in Halle. Nach dem Abitur begann er zunächst ein Theologiestudium in Halle, wechselte dann aber »aus weltanschaulichen Gründen« zu einem Studium der Pädagogik und Psychologie zunächst in Tübingen, dann in Braunschweig. Hier promovierte er 1938 als Assistent bei Friedrich Berger, dem er offenbar von Tübingen nach Braunschweig gefolgt war, mit der Dissertation »Friedrich der Große als Erzieher«. Amberger war 1931 der NSDAP, 1933 der SS beigetreten; in der SS war er Referent für Schulung und Feiergestaltung beim RuS-Führer Mitte. 1937/38 leitete er den Nationalsozialistischen Studentenbund und das SS-Mannschaftshaus in Braunschweig. Zusammen mit Friedrich Berger war er gleichzeitig an der Polizeischulung der SS im Raum Braunschweig beteiligt. Zu Beginn des Krieges wurde er als Eignungsprüfer und RuS-Dienststellenleiter zur EWZ Litzmannstadt berufen, von dort kam er 1942 als Obersturmführer und Eignungsprüfer zu den Ergänzungsstellen Donau und Alpenland. Amberger war für besonders harte Urteile als Eignungsprüfer berüchtigt; nach einer internen Überprüfung seiner Arbeit mussten 30% seiner Urteile abgemildert werden.488 Generell bildeten die Mannschaftshäuser ein wichtiges Reservoir für die Rekrutierung künftiger Eignungsprüfer und studentischer Hilfskräfte für die Arbeit der Eignungsprüfer. Das Eignungsprüferwesen wurde nach 1939 zu einer wichtigen Domäne des RuSHA, vor allem im Zusammenhang mit den Völkerverschiebungen, Um- und Ansiedlungen und den damit verbundenen Ausleseprozessen in den besetzten Ländern. In den Mannschaftshäusern wurden während des Krieges auch »Fachführer der Waffen-SS im RuS-Wesen« und SS-Eignungsprüfer ausgebildet.489

Das Eignungsprüferwesen und die Ausbildung der SS-Rasseprüfer während des Krieges Nach der Besetzung Polens übertrug Himmler dem RuSHA die Aufgabe, Rasseexperten als Eignungsprüfer für die rassische Überprüfung und Selektion von Volksdeutschen und Polen bei der Einwanderer- und Umwandererzentrale (EWZ und UWZ)

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bereitzustellen, die im besetzten Polen eingerichtet wurden und für die geplanten Anund Umsiedlungsprozesse zuständig waren. Zur Aufgabe der rassischen Musterung bei den Ergänzungsstellen der Waffen-SS kam jetzt die rassische Musterung und »Bewertung« sämtlicher »Einwanderer« sowie der »evakuierten polnischen Bevölkerung« hinzu.490 Bei der EWZ, die im Januar 1941 ihren Hauptsitz in Lodz/Litzmannstadt erhielt, und bei der UWZ mit Hauptsitz in Posen und Außenstelle in Litzmannstadt wurden Dienststellen des RuSHA geschaffen. Bereits Ende Oktober 1939 wurde die Dienststelle Posen unter Leitung von Erwin Klinger errichtet; im Dezember 1939 waren 6 Experten des RuSHA in Posen und 9 in Litzmannstadt tätig. Die beiden Dienststellen wurden 1940 zu einer unabhängigen Außenstelle des RuSHA mit Hauptsitz in Litzmannstadt ausgebaut.491 Hier wurde die praktische Ausbildung der Eignungsprüfer organisiert; die »wissenschaftliche« Ausbildung fand in der Außenstelle des Rassenamtes in Prag statt. Bis zum Beginn des Krieges waren die RuS-Führer und ihre Musterungsreferenten hauptsächlich für die Musterung der SS-Bewerber bei den Ergänzungsstellen zuständig; daneben wirkten sie bei der Auslese der Napola-Schüler mit. Die Ausbildung der Referenten fand anfangs weitgehend informell im Rahmen von Kommandierungen zu RuS-Dienststellen statt (s.o.). Mit der Ausweitung der Aufgaben auf die rassische Überprüfung ganzer Bevölkerungsgruppen stieg der Bedarf an Eignungsprüfern drastisch an; im Rahmen der bisherigen Rekrutierungs- und Ausbildungswege ließ sich dieser Bedarf nicht mehr decken. Gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Qualifikation der Prüfer, die es jetzt mit wesentlich heterogener zusammengesetzten Gruppen zu tun hatten als die Musterungsreferenten der Vorkriegs-SS. Im Laufe des Krieges kamen noch weitere Aufgaben hinzu wie etwa die Musterung von Bewerbern für die lokalen Polizeikräfte (die »Schutzmannschaften«) oder die rassische Musterung der von deutschen Soldaten geschwängerten Frauen und gezeugten Kindern in den besetzten Gebieten, die für den Lebensborn ausgewählt wurden.492 Schon Anfang 1939 gab es Bestrebungen, die Ausbildung der Eignungsprüfer geregelten Standards zu unterwerfen. Im Februar 1939 legte Erich Karl auf einer RuSFührertagung im Rassenamt Pläne für die künftige Ausbildung der Nachwuchsführer im RuS-Wesen vor. Karl, der zu diesem Zeitpunkt das Rasseamt leitete und zugleich als »Rassereferent der drei Hauptämter« – d.h. vermutlich des SS-Hauptamtes, des SDHauptamtes und des RuSHA – fungierte, berichtete vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen mit rassischen Musterungen im Sudetenland. Er hatte 1934 mit der Dissertation »Systematische und erbbiologische Untersuchungen des Papillarmusters der menschlichen Fingerbeere« bei Otto Reche in Leipzig promoviert und war rasch zu einem führenden Experten der angewandten Rassenanthropologie im RuSHA aufgestiegen.493 Im Mai 1939 legte das Rassenamt daraufhin erstmals genaue Voraussetzungen für die Zulassung und Einstellung als Eignungsprüfer fest: in Frage kam jeder SSFührer oder -Unterführer mit »SS-mäßiger Eignung« und rassenkundlich-erbbiologischen Kenntnissen. Darüber hinaus musste in Zukunft jeder Eignungsprüfer einen Sonderlehrgang des RuSHA besucht und eine mindestens achtwöchige praktische Ausbildung bei einem RuS-Führer abgeleistet haben. Die Beauftragung als Eignungsprüfer galt jeweils nur für ein Jahr und musste jedes Jahr erneuert werden.494 Zu Beginn des Krieges wurde rasch deutlich, dass man auf den wachsenden Bedarf an qualifiziertem Personal reagieren musste. Im Februar 1940 ging ein Rundschreiben an die Oberab-

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schnitte: Das Rassenamt benötige zur Bewältigung der »auf dem Gebiet der Auslese« anfallenden Aufgaben zunächst 100 SS-Angehörige, die als Eignungsprüfer ausgebildet werden sollten. In Frage kämen »Anthropologen, Landwirte, Sportlehrer, Schulungsführer und andere geeignete SS-Angehörige«.495 Im September 1940 zog RuSHA-Chef Hofmann eine erste Zwischenbilanz. Zu diesem Zeitpunkt waren 39 Eignungsprüfer für die EWZ/UWZ tätig, weitere 21 Eignungsprüfer arbeiteten bei den Ergänzungsstellen der Waffen-SS. Außerdem hatte das Rassenamt dem HSSPF Warthegau 22 Führer und Referenten für die Leitung von Ansiedlungs- und Arbeitsstäben zur Verfügung gestellt.496 Im Oktober 1941 konstatierte Hofmann weiter steigende Anforderungen an das RuSHA, qualifizierte Eignungsprüfer bereitzustellen; insgesamt prognostizierte er einen Bedarf von 1500 Führern im Rasse- und Siedlungswesen für die kommenden fünf Jahre, vor allem im Zusammenhang mit der Errichtung von SS- und Polizeistützpunkten in den besetzten Ostgebieten. Hofmann wollte die Ausbildung dieses Führungspersonals formalisieren und strebte deshalb eine Laufbahnordnung für RuS-Führer an, die die Anforderungen für die einzelnen Stationen – vom Mitarbeiter über den Referenten zum Abteilungs- und Hauptabteilungsleiter und schließlich SSFührer im RuS-Wesen – festlegte; selbstverständlich sollte dazu auch eine Ausbildung im Truppendienst bei der Waffen-SS gehören. Für diese Zwecke wollte er eine spezielle Führerschule des RuSHA schaffen; an ihr sollten Ausbildungsgänge für die Fachgebiete der drei Ämter – Rassen-, Siedlungs- und Sippenamt – absolviert und ein Eignungsprüfer-Diplom abgelegt werden können.497 Im Dezember 1941 lag ein Plan für eine Neugliederung des Rassenamtes vor, der einen erheblichen Ausbau des Amtes beinhaltete.498 Das Amt war in Zukunft für die Ausbildung und den Einsatz der Eignungsprüfer zuständig. Es sollte sich aus den drei Hauptabteilungen Planung, Rassenlehre und »Angewandte Rassenkunde« zusammensetzen. Unter dem Titel »Planung« verbarg sich ein neues Institut für Rassenforschung und Vererbungslehre mit Referaten für »Rassenanatomie, Rassenphysiologie, Rassenpsychologie und Rassengeschichte« sowie Referaten für die »Vererbung körperlicher Rassenmerkmale und Eigenschaften« und »Vererbung geistig-seelischer Anlagen«. Ob diese Hauptabteilung in der geplanten Form realisiert wurde, ist zweifelhaft, hatte Himmler doch 1938 alle Aufgaben der wissenschaftlichen Forschung dem Ahnenerbe übertragen. Mit der Hauptabteilung II »Rassenlehre«, die die Aufgaben der Ausbildung übernehmen sollte, entstand ein internes Schulungsamt für den eigenen Bedarf des RuSHA: Hauptabteilung II Rassenlehre (Rübel; Stellv. Leo) Abt. 1 RuS-Führerschule (Rübel) Referate: a) Lehrplan b) Nachwuchs c) Prüfungswesen d) Dozenten und Mitarbeiter Abt. 2 Fortbildung (der E-Prüfer) (Leo) Referate: a) Eignung und Leitung der E-Prüfer b) Laufende Weiterbildung c) Vortragswesen Abt. 3 Zeitschrift (Josef Grohmann) Referate:

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a) Beiträge b) Nachrichten und Buchberichte c) Bildausstattung Abt. 4 Stoffsammlung (?) Referate: a) Bücherei b) Bildarchiv c) Lehrsammlung d) Lichtbildstelle

Die Hauptabteilung III »Angewandte Rassenforschung« umfasste die Abteilungen 1 »SS-Auslese«, zuständig für Verlobungs- und Heiratsgesuche, Eignungsuntersuchungen bei den Ergänzungsstellen, rassische Untersuchungen für das RSHA, die Napolas und den Lebensborn; die Abteilung 2 »Wiedereindeutschung« für die rassische Musterung der Volksdeutschen in den besetzten Ländern, und die Abteilung 3 »Auslese für Ostsiedlung«. Hauptabteilungsleiter war Erwin Klinger, dem bis 1938 schon die RuS-Schule Grunewald unterstanden hatte. Klinger übernahm anfangs auch die Leitung der Abteilung 2 »Wiedereindeutschung«.499 Zu einer formellen Laufbahnordnung und zur Institutionalisierung einer regulären Führerschule kam es zwar nicht, aber mit der Konzentration der EignungsprüferLehrgänge bei der Außenstelle des RuSHA in Prag entstand zumindestens ein Äquivalent für eine RuS-Führerschule.500 Anfang 1941 errichtete das RuSHA eine Dépendance in Prag, die zunächst vor allem die rassische Bestandsaufnahme der tschechischen Schuljugend vorbereiten sollte, aber schon bald zu einem Zentrum der Eignungsprüfer-Ausbildung heranwuchs; vermutlich wurde die Hauptabteilung II »Rassenlehre« deshalb auch größtenteils hier eingerichtet. Mit der Leitung der Hauptabteilung II und zugleich der Abteilung II.1 »RuS-Führerschule« wurde am 1.12.1941 Heinrich Rübel beauftragt. Er hatte sich gerade bei der »sehr verantwortungsreichen und schwierigen Aufgabe« der Überprüfung von Personen, die in der EWZ als »vermutlich fremdblütig« klassifiziert wurden, bewährt. Rübel, der schon früh völkischen Jugend- und Wehrverbänden angehört und 1930 bereits Vorträge über Rassenkunde und germanische Geschichte vor Jugendlichen der Deutschen Freischar gehalten hatte, war für kurze Zeit Studienassessor an der SA-Oberschule Feldafing gewesen,501 trat aber nach Röhms Sturz 1934 als Schulungsleiter und Referent für Geschichte und Vorgeschichte in den Dienst des Rasse- und Siedlungsamtes. 1936 erhielt er eine Stelle als Assistent an Wilhelm Boergers »Institut für Deutschen Sozialismus« an der Universität Köln und promovierte dort mit einer rassensoziologischen Arbeit, die Teil eines größeren Projektes zur rassen- und bevölkerungskundlichen Erforschung der Eiffel war. 1940 wurde er mit einer Reihe rassenkundlicher Sonderaufgaben in den besetzten Ostgebieten für das RuSHA betraut. Er konnte sein Amt als Lehrgangsleiter in Prag erst mit Verzögerung antreten, da er im Januar 1942 zunächst zu rassischen Untersuchungen der rumäniendeutschen Volksgruppe nach Kronstadt entsandt wurde und die dafür erforderlichen Eignungsprüfer an Ort und Stelle ausbilden musste. Im Oktober 1942 wurde er zur Kaukasus-Expedition abgeordnet, kehrte aber nach dem Fehlschlag des Unternehmens schon bald wieder zum RuSHA zurück.502 Als Rübel 1943 zur WaffenSS abkommandiert wurde, ging die Leitung der Hauptabteilung RuS-Führer-Ausbildung in Prag auf den Hauptlehrer Johann Tyarks über. Tyarks, seit Januar 1932 Par-

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teimitglied, war unter anderem Kreisbeauftragter des Rassenpolitischen Amtes und Schulungsleiter bei der Polizei in Wilhelmshaven gewesen und hatte als Lehrer an der Gauführerschule Bad Zwischenahn unterrichtet. Er nahm 1940 an einem Eignungsprüfer-Lehrgang in der Reichsschule Müggelheim teil und wurde danach als Eignungsprüfer in Litzmannstadt eingesetzt, ehe er 1943 als Abteilungs- und schließlich Hauptabteilungsleiter in Prag eingestellt wurde.503 Die Abteilung II.2 »Fortbildung der Eignungsprüfer« wurde im Herbst 1941 mit Friedrich Leo besetzt. Leo war von Beruf Forstwirtschaftler und Gemüsebauer und hatte sich ursprünglich als Artamane selbständig machen wollen; er hatte schon seit dem 10. Lebensjahr der Bündischen Jugend angehört, war Leiter eines Siedlungsamtes im Pfadfinderbund und schließlich Artamanenführer gewesen. Von 1929 bis 1932 leitete er das Grenz- und Auslandsamtes »Nordschleswig« im Deutschen Pfadfinderbund, seit 1934 war er als Sachbearbeiter für die weltanschauliche Schulung der Landjugend beim Reichsnährstand angestellt. Gleichzeitig arbeitete er, nachdem er 1934 auch der SS beigetreten war, als Schulungsleiter im SS-Oberabschnitt Mitte. Ende 1941 übernahm er die Leitung der Abteilung Fortbildung im Rassenamt des RuSHA und war damit für die Betreuung und Inspektion der Eignungsprüfer und insbesondere des Eignungsprüfer-Nachwuchses zuständig. 1943 wurde er zur Waffen-SS kommandiert, war eine zeitlang beim Ausbildungsund Ersatz-Bataillon in Buchenwald stationiert und wurde schließlich als Lehrer für weltanschauliche Schulung in der SS-Panzer-Grenadier-Schule Kienschlag eingesetzt.504 Über die anderen Abteilungen und die einzelnen Referate der für den Unterricht und die wissenschaftliche Ausbildung zuständigen Hauptabteilung »Rassenlehre« ist nur wenig bekannt. Die Abteilung 3 (Zeitschrift) wurde mit dem österreichischen Psychologen Josef Grohmann besetzt. Grohmann hatte am Institut für Psychologie in Wien gearbeitet und dort 1936 promoviert, hatte Österreich aber aus politischen Gründen verlassen müssen. Er gehörte seit 1934 der SS an und war 1938 Referent für Rassenkunde beim RuS-Führer Donau. 1940 kam er als Fachreferent zur Berufseinsatzstelle der EWZ nach Litzmannstadt. Anschließend wurde er als Eignungsprüfer bei »Sonderaufgaben« in der Slowakei und Jugoslawien eingesetzt, die »besonderes Fingerspitzengefühl« erforderten, wurde von dort zum HSSPF der Niederlande gesandt, um beim Aufbau der SS und rassischen Untersuchungen der Mussert-Bewegung mitzuwirken, und avancierte schließlich zum Abteilungsleiter im Rasseamt.505 Dort sollte er offenbar eine Zeitschrift des Amtes herausgeben. Ob und wieweit es dazu kam, ist unklar, eine eigene Zeitschrift des Rasseamtes ist nicht überliefert, aber möglicherweise ging aus dieser Abteilung die Dienststelle hervor, die später die Schulungsbriefe für die Eignungsprüfer herausbrachte. An die Lehrgänge der Hauptabteilung II des Rassenamtes in Prag schloss sich eine Phase praktischer Einweisung bei den RuS-Führern und bei der EWZ in Litzmannstadt an. Die praktische Einweisung fand »am lebenden Objekt« statt. Zum Beispiel führte Otto Dietrich, zu diesem Zeitpunkt noch als RuS-Führer bei der EWZ eingesetzt, gemeinsam mit dem Anthropologen Hans Preuss schon Anfang 1940 einen »mehrtätigen Lehrgang mit praktischen Musterungen an Polen, Polinnen, Juden und Jüdinnen« durch.506 Um die von Günther und Clauss aufgestellten rassentypischen Bewegungsprofile und Stilmerkmale zu berücksichtigen, mussten nach einer Anweisung Himmlers die Untersuchungsräume groß genug sein, damit »der zu Prüfende in

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einem freien und ungehinderten Gang beobachtet werden kann«.507 Die Musterungen wurden als Gesundheitsuntersuchungen getarnt, die Eignungsprüfer sollten deshalb in weißen Kitteln auftreten, der Ausdruck »rassische Überprüfung« durfte nach außen nicht verwendet werden.508 Für die praktische Ausbildung der Eignungsprüfer in Litzmannstadt waren Fritz Schwalm, Hans Preuss und Walter Dongus zuständig. Schwalm hatte Anthropologie und Rassenkunde studiert und im Auftrag des Anthropologischen Instituts der Universität München eine rassenanthropologische Untersuchung begonnen, die er zu einer Dissertation ausbauen wollte, brach das Studium aber 1934 ab, um sich ganz in den Dienst des RuSHA zu stellen, nachdem er bereits seit Januar 1933 ehrenamtlicher Mitarbeiter des Rasse- und Siedlungsamtes war. Kurz darauf wurde er zum Sturmbannführer und RuS-Führer Fulda-Werra ernannt. Im Oktober 1940 löste er Richard Kaaserer als Leiter der RuS-Außenstelle Litzmannstadt ab. Ein Jahr lang war er für die praktische Ausbildung der Eignungsprüfer in Litzmannstadt verantwortlich; im Herbst 1941 wurde er als RuS-Führer zum HSSPF Ostland berufen und kam als »Sonderführer« der Waffen-SS bei der »Kampfgruppe Jeckeln« zum Einsatz.509 Zu den Aufgaben der RuS-Führer in den besetzten Ostgebieten gehörte der Aufbau von SS-Landwirtschaftsbetrieben bei den SS- und Polizeistützpunkten und die Ansiedlung und Ausbildung volksdeutscher Landwirte zu »Wehrbauern«: »Die RuS-Experten nahmen das Land und die Staatsbetriebe in Besitz, bewirtschafteten sie gemeinsam mit Volksdeutschen und russischen Zwangsarbeitern und führten einen erbitterten Partisanenkampf gegen die lokale Bevölkerung.«510 Als Schwalm nach einem längeren Lazarettaufenthalt wieder als Fachführer der Waffen-SS zum RuSHA zurückkehrte, verfügte er über umfangreiche theoretische und praktische Erfahrungen. Von März 1943 bis zum Ende des Krieges war er Stabsführer des RuSHA und Stellvertreter des Rasseamtschefs B. K. Schultz.511 Hans Preuss, der als Stellvertreter des RuS-Führers Otto Dietrich bereits Ende 1939/Anfang 1940 mit der praktischen Ausbildung der Eignungsprüfer in Litzmannstadt betraut wurde, hatte einen ähnlichen akademischen und politischen Hintergrund wie Schwalm. Preuss gehörte während des Studiums in den 20er Jahren dem VölkischSozialen Block an und war ab 1933 in der politischen Schulung des Nationalsozialistischen Studentenbundes aktiv; vier Semester lang leitete er das Amt für Wissenschaft in der Berliner Studentenschaft; gleichzeitig war er Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes und Kreisfachredner für Rassenpolitik. 1934 trat er der SS bei, der er als Schulungsmann diente. Preuss war 1936/37 Assistent am Psychologischen Institut der Universität Berlin und Mitarbeiter bei Ludwig Ferdinand Clauss, bei dem er eine Dissertation über das Thema »Rassenseele als Gestalt« schreiben wollte; darüber hinaus arbeitete er an einer Untersuchung über die »Erkennbarkeit des Juden an seiner Stimme«. Aber Preuss hatte nur eine außerplanmäßige Assistentenstelle, und als sich die Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung zerschlug, bewarb er sich um eine hauptamtliche Beschäftigung bei der SS. Dort wurde er nach einer Ausbildung als Sippenpfleger als hauptamtlicher Pflegestellenreferent übernommen. 1940 holte man ihn als Eignungsprüferausbilder nach Litzmannstadt. Nachdem er 1941 Erfahrungen als RuSDienststellenleiter in Brünn machen konnte, wurde er 1942 zunächst geschäftsführend, dann offiziell als Leiter der Außenstelle des RuSHA in Prag eingesetzt; 1943 folgte die Ernennung zum RuS-Führer Böhmen und Mähren.512 Von Ende 1941 bis 1944 leitete der Volksschullehrer Walter Dongus die RuS-Außenstelle Litzmannstadt. Dongus, der

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schon in den 20er Jahren der NSDAP, dem Alldeutschen Verband und anderen völkischen Verbänden beigetreten war, gehörte zu den rassekundlichen Aktivisten der ersten Stunde: 1934 wurde er als Schulungsleiter des RuSHA in die SS aufgenommen, gleichzeitig war er Kreissachbearbeiter des NSLB Reutlingen für Sippen- und Rassenkunde und beteiligte sich an der Schulung der Jungbauern des Bezirks Herrrenberg. In der AG der Lehrer des Bezirks hielt er schon 1934 Vorträge über die Bedeutung der Vererbung für die Erziehung, über die nordische Seele und die dinarische Rasse. 1940 kam er als Eignungsprüfer nach Litzmannstadt; nach einem Zwischenspiel bei der Ergänzungsstelle Donau wurde ihm schließlich die Leitung der RuS-Dienststelle bei der EWZ Litzmannstadt übertragen.513 Dongus machte seine Arbeit offenbar gut, denn 1942 wurde er zum Sturmbannführer ernannt und im Oktober 1944 mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des Rasseamtes und der Inspektion für das gesamte Eignungsprüferwesen in Prag beauftragt.514 Dongus stand in Prag als Stellvertreter der Anthropologe Hans Fleischhacker zur Seite. Fleischhacker hatte nach dem Abitur zunächst ein Lehramtsstudium in Jena aufgenommen, entschloss sich aber, nachdem eine Vorlesung bei Hans F. K. Günther sein Interesse an der Rassenkunde geweckt hatte, zu einem Anthropologie-Studium. Er promovierte 1935 bei Mollison in München und wurde 1937 Assistent am Rassenbiologischen Institut bei Gieseler in Tübingen; dort arbeitete er an einer Untersuchung über den dominanten Erbgang der Augenfarbe. Fleischhacker trat 1933 der NSDAP bei und wurde im gleichen Jahr vom RuS-Amt als Schulungsleiter in München beauftragt, wurde aber erst 1937 in die SS aufgenommen. Nachdem er 1940 zur Waffen-SS einberufen worden war, setzte man ihn 1941 als Eignungsprüfer des RuSHA für »Feinschleusungen und Schlussuntersuchungen« bei der Außenstelle Litzmannstadt und danach als Dozent bei den Eignungsprüferlehrgängen in Prag ein. 1943 habilitierte sich Fleischhacker mit der Arbeit »Die rassische Stellung der Juden nach ihrem Hautleitsystem«. Im gleichen Jahr nahm er zusammen mit Bruno Beger vom Ahnenerbe an der anthropologischen Vermessung und Selektion von Juden in Auschwitz für Hirts Straßburger Skelettsammlung teil.515 Theoretische und praktische Ausbildung waren eng miteinander verknüpft, und das Leitungspersonal hatte in der Regel sowohl theoretische als auch eigene praktische Erfahrungen als Eignungsprüfer. Himmler forderte zwar, die Eignungsprüfer-Ausbildung solle »vorwiegend auf dem Wege praktischer Musterungen« erfolgen,516 doch im Rasseamt war man von Anfang an auch bestrebt, der rassischen Musterungspraxis ein wissenschaftliches Fundament und eine wissenschaftliche Legitimation zu verleihen. In diesem Zusammenhang war die Teilverlegung des Rassenamtes nach Prag 1941 und die im gleichen Jahr erfolgte Berufung von Bruno K. Schultz zum Chef des Rassenamtes und zum Professor und Direktor des Instituts für Rassenbiologie an der Deutschen Karls-Universität in Prag bedeutsam. Für das RuSHA hatte es, wie aus einem Gespräch mit der der Universitätsleitung hervorging, »einen enormen Wert, wenn der Chef des Rassenamtes gleichzeitig ordentlicher Professor und damit eine in Fachkreisen nicht anzugreifende, unbestrittene Autorität sei.«517 Schon der erste Eignungsprüfer-Lehrgang, der im April 1940 noch in der Reichsschule Mügelheim stattfand, stand unter wissenschaftlichen Auspizien. Den Hauptanteil der Vorträge bestritt B. K. Schultz selbst, aber auch Prof. Fritz Lenz vom Kaiser-Wilhelm-Institut und der Berliner Universität beteiligte sich mit Vorträgen über Erb- und Rassenpflege und Bevölkerungspolitik. Nach den Vorlesungen nahmen die Studenten abends jeweils an

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»schulmäßigen SS-Eignungsuntersuchungen« teil. Unter den Teilnehmern war auch Johann Tyarks, der später die Hauptabteilung »Rassenlehre« leiten sollte.518 Ein weiterer Lehrgang fand 1941 in der Schule Grunewald statt. Der reguläre Lehrgangsbetrieb in Prag begann im März 1942 mit dem ersten Eignungsprüfer-Lehrgang; bis zum Oktober 1942 wurden mindestens drei weitere Kurse durchgeführt. Die Lehrgänge dauerten zumeist zwei bis vier Wochen und entsprachen gehobenen akademischen Standards der Zeit. Die erhaltenen Lehrgangspläne enthalten jeweils dicht aufeinander folgende Vorträge, begleitet von Übungen in »Rassendiagnosen anhand von Lichtbildern«. Die Dozenten waren im Wesentlichen eigene Experten des Rassenamtes: die Professoren B. K. Schultz und Heinz Schmitz sowie Rübel, Oevermann, Hesch und Fleischhacker, für spezielle Themen wurden auch externe Fachleute hinzugezogen. Heinz Schmitz, Schulungsleiter der SS und Professor für Forstbotanik in Freiburg, war von Januar bis Juni 1940 als Eignungsprüfer in Litzmannstadt im Einsatz, leitete anschließend die RuS-Nebenstelle in Straßburg und wurde danach als Stellvertreter von Preuss zur Prager Dienststelle berufen. Gerhard Oevermann, ein promovierter Studienrat, der 1932 der NSDAP beigetreten war und als Abteilungsleiter im Rassenamt arbeitete, hatte Erdkunde, Physik und Mathematik studiert; er kam nach einer Kriegsverwundung im April 1942 zum RuSHA. Michael Hesch, 1893 in Siebenbürgen geboren, war zuerst Studienreferendar an der Deutschen Oberrealschule in Budapest, hatte anschließend ein Studium für Anthropologie und Völkerkunde in Wien absolviert und habilitierte sich später bei Otto Reche; danach lehrte er als Dozent für Erbund Rassenbiologie in Dresden und wurde 1941 zum Direktor der Staatlichen Museen für Tier- und Völkerkunde in Dresden berufen; 1943 trat er die Nachfolge des nach Prag gewechselten Karl Valentin Müller als Professor und Direktor des Instituts für Soziologie und Sozialanthropologie in Dresden an. Hesch, Standarten-Schulungsleiter der SS, war seit 1927 Mitglied im Nordischen Ring. 1942 wurde er zum Leiter der RuS-Nebenstelle Königgrätz, 1943 der RuS-Landesstelle Sudeten ernannt.519 Ein Lehrgangsplan vom 17.7.1942 sah drei Vorlesungen über Abstammungslehre, »Menschenrassen der Frühzeit« und Rassenkunde durch B. K. Schultz vor, Vorlesungen zur »Rassengeschichte des deutschen Volkes« und zur »Rassengeschichte des Balkans« durch Rübel, außerdem eine vierstündige Vorlesung zur Vererbungslehre durch Fleischhacker. Den Eignungsprüferlehrgang vom 20.7. bis 8.8.1942 bestritten Schultz, Rübel, Fleischhacker, Oevermann, Dongus und Preuß.520 Hofmann kritisierte gegenüber B. K. Schultz die starke »wissenschaftliche« Ausrichtung der Lehrgänge: Es gehe nicht darum, Wissenschaftler heranzubilden, »sondern in den Lehrgängen die Männer zu ermitteln, die eine gewisse züchterischer Begabung aufweisen.« Theorie und Praxis sollten in einem Verhältnis von 50 zu 50 stehen, ein Teil der Vorträge müsse durch »praktische Eignungsprüfungen im Wechsel mit Arbeitsgemeinschaften, in denen das Ergebnis der Prüfungen besprochen werde«, ersetzt werden.521 Bei Schultz kam diese Kritik nur bedingt an, war seine Berufung nach Prag doch gerade mit der Erwartung verbunden, den wissenschaftlichen Anspruch der Arbeit des Rassenamtes zu untermauern.522 Im Oktober 1942 setzte das Rassenamt erneut ein anspruchsvolles Programm in einem Eignungsprüferlehrgang für Wehrmachtspsychologen um. Nach der Auflösung der Wehrmachtspsychologie 1942 waren eine Reihe von Psychologen an das RuSHA überstellt worden, um dort nach einer kurzen Ausbildung als Eignungsprüfer eingesetzt zu werden.523 In einer dichten Folge von Vorlesungen trugen

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neben den eigenen RuS-Experten auch externe Professoren aus ihren Spezialgebieten vor: so sprach Prof. Gieseler, Direktor des rassenbiologischen Instituts der Universität Tübingen über Abstammungsfragen und »Rasse und Weltanschauung« und der Rechtswissenschaftler Ebel über »Rasse und Recht«; Hesch trug über »Entstehung der europäischen Rassen«, »Rassengeschichte des jüdischen Volkes« und »Rasse und Kultur« vor, Prof. Heinz Schmitz, inzwischen stellvertretender Leiter der RuS-Nebenstelle Prag, sprach über Erblehre, Bruno K. Schultz über »Rassenmerkmale des Menschen« usw. Dazu kamen praktische Übungen in Rassen-Musterungen und Rassenbestimmungen anhand von Lichtbildern; der praktische Teil machte jetzt immerhin schon etwa 30% aus. Der 2wöchige Kurs wurde mit schriftlichen und praktischen Prüfungen abgeschlossen, war aber damit noch nicht zu Ende, denn eine dritte Lehrgangswoche folgte in Berlin, wo die Teilnehmer eine Einführung in Aufgaben, Ziele und Arbeitsweise der verschiedenen Ämter des RuSHA erhielten.524 Die Überstellung der Heerespsychologen zum RuSHA erfolgte zwar aufgrund eigener Bewerbungen, dabei dürften aber auch opportunistische Motive im Spiel gewesen sein, denn von Seiten der RuS-Führer kamen mehrfach Klagen über Mitarbeiter, die die »SS-mäßige« Einstellung zu ihrer Arbeit vermissen liessen. Als Beispiel sei der Erziehungswissenschaftler und HfL-Professor Ulrich Kayser-Eichberg genannt, der im Oktober 1942 als Hauptsturmführer in die SS aufgenommen wurde und am Eignungsprüfer-Lehrgang in Prag teilnahm. Er kam anschließend zur praktischen Einarbeitung zum RuS-Führer Obersteiner, der sich sehr kritisch über seine politische Zuverlässigkeit äußerte: Kayser-Eichberg sei eher zufällig mit der Auflösung der Wehrmachtspsychologie zum RuSHA gekommen, er betrachte seine jetzige Tätigkeit bei der SS als nur kriegsbedingt und werde sich daher nie rückhaltlos für die Ziele der SS einsetzen. Da er aber fachlich versiert sei und es an vollwertigen Mitarbeitern fehlte, bat Obersteiner, ihn als Eignungsprüfer behalten zu dürfen. Der fehlende »rassenpsychologische Blick« schien ebenfalls kein Hindernis zu sein: »Da er einseitig an die Arbeitsmethode als Psychologe gebunden war, ging er an die für ihn neue Art der Eignungsuntersuchugen auf rassischer Grundlage nicht vorbehaltlos und vorurteilslos heran. Er verfügt aber über Lebenserfahrung und einen sicheren Blick und ist mir noch wertvoller als so mancher jugendliche und ›schnellausgebildete‹ EP, der neben lückenhaften fachlichen Kenntnissen noch sehr unausgeglichen ist und keinerlei Erfahrung besitzt.« Obersteiner, RuS-Führer Alpenland, setzte ihn 1943 bei der »Überprüfung slowenischer Absiedler« ein. Kayser-Eichberg scheint sich aber dann doch bewährt zu haben, denn er wurde im Februar 1944 als Leiter der RuS-Landesstelle Sudeten bei der Außenstelle Böhmen-Mähren eingesetzt und im Mai 1944 zum Sturmbannführer ernannt.525 Etwas anders gelagert war der Fall Kurt Rau, der ebenfalls im RuSHA auf Ablehnung stieß, obwohl er eigentlich die optimalen Voraussetzungen mitbrachte, hatte er doch 1935 bei Erich Jansch in Marburg mit der Arbeit »Untersuchungen zur Rassenpsychologie nach typologischer Methode« promoviert. Rau war zudem schon 1928 Parteigenosse geworden; sein Aufnahmeantrag in die SS wurde allerdings 1933 noch abgelehnt, weil er der »Schwarzen Front« Otto Strassers angehört hatte. Nach Auflösung der Luftwaffen-Psychologie bewarb er sich im Juli 1942 erneut um Aufnahme ins RuSHA und nannte dabei Hans F. K. Günther als Referenz; Rau bot an, eine »Prüfungsmethode« zu entwickeln, die »die Rasseneignungsprüfung mit einfachen psychologischen Methoden verbindet«. Er wurde aber erst ein Jahr später als

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Sturmbannführer aufgenommen, nachdem er mehrere Bewährungsproben bestanden hatte. Zunächst hatte er 1942 einen Eignungsprüferlehrgang in Prag zu absolvieren, von dort wurde er zur Außenstelle Litzmannstadt überstellt; hier äußerte sich Walter Dongus kritisch über seine Arbeit: Er habe »keinen sicheren Blick beim Stellen einer rassischen Diagnose gewonnen«, für die »biologischen Grundlagen der Arbeit« fehle ihm jede Einsicht, seine Übernahme in die Waffen-SS könne daher nicht uneingeschränkt befürwortet werden. Zur weiteren Bewährung wurde Rau für ein halbes Jahr als Eignungsprüfer zum RuS-Führer beim HSSPF Russland-Mitte Richard Schill geschickt. Schill stellte ihm ein gutes Zeugnis aus, so dass er im Juli 1943 schließlich als Sturmbannführer übernommen wurde.526 An diesen Beispielen wird auch deutlich, dass der wie auch immer zweifelhafte Anspruch der Wissenschaftlichkeit mit den Anforderungen der Musterungspraxis kaum zu vereinbaren war. Faktisch dürften die Musterungen eine Mischung aus anthropologischen Messungen, wie sie B. K. Schultz propagierte, einem anhand der bei Günther und Clauss wiedergegebenen Bilder »rassenpsychologisch geschulten Blick« und vorurteilsgeleiteten Annahmen über die soziale Anpassungs- und Leistungsbereitschaft der Probanden gewesen sein. Da eine ausgefeilte und konsistente rassenwissenschaftliche Diagnostik nicht wirklich existierte und auch nie zustande kam, der Anspruch der Wissenschaftlichkeit aber aufrechterhalten wurde, häuften sich bald Unsicherheiten und Fehlentscheidungen in der Urteilsbildung, die Nachuntersuchungen und Änderungsanträge nach sich zogen und die Verfahren insgesamt immer mehr verzögerten, so dass die Arbeit der RuS-Experten bei der EWZ bald unter Effizienzproblemen litt.527 Am rassenwissenschaftlichen Anspruch wurde gleichwohl festgehalten, bildete er doch die Legitimationsgrundlage für die Selektionspraxis des RuSHA. In der Wehrmachtspsychologie spielte er keine herausgehobene Rolle. Die Rassenpsychologie fand zwar Berücksichtigung in der Ausbildung der Wehrmachtspsychologen, bildete aber nur einen Aspekt unter vielen.528 Die Auflösung der Wehrmachtspsychologie bescherte dem RuSHA immerhin einen Zuwachs an Fachpersonal, an dem es chronisch mangelte. Zwar achtete man darauf, dass nur qualifizierte Kräfte mit Führungsaufgaben betraut und als selbständig arbeitende Eignungsprüfer eingesetzt wurden, ein großer Teil insbesondere der Hilfseignungsprüfer waren aber versehrte Angehörige der Waffen-SS aus den verschiedensten Berufen, die untergebracht werden mussten; speziell für diese Personengruppe wurde im März 1943 ein Eignungsprüfer-Lehrgang beim Genesenden-Bataillon in Feldbach bei Graz organisiert. Wie viele Personen insgesamt als Eignungsprüfer arbeiteten, lässt sich nicht ermitteln. Nach einer Personalliste aus dem Jahre 1942 waren zu dieser Zeit 158 Personen im Eignungsprüferwesen des RuSHA tätig; davon arbeiteten 34 in Litzmannstadt und 33 Prag, die anderen verteilten sich auf die verschiedenen RuS-Führerund Ergänzungsstellen der Waffen-SS. Gut die Hälfte waren »selbständig arbeitende« Eignungsprüfer, die anderen waren Hilfs-Eignungsprüfer, Eignungsprüfer-Helfer und sonstige Mitarbeiter. »Helfer« waren Nachwuchskräfte, die sich noch in der Ausbildung befanden; sie sollten nur zu Messungen und zum »schematischen Ausfüllen der R-Karten« herangezogen werden, durften aber keine eigenen Urteile und Entscheidungen treffen. Für die rassische Überprüfung von Frauen sollten nach Möglichkeit weibliche Prüferinnen zum Einsatz kommen, als Helferinnen hoffte man vor allem »Witwen von gefallenen SS-Kameraden« gewinnen zu können.529 Da es an qualifizier-

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tem Personal fehlte, wurden in Litzmannstadt auch in großer Zahl Studenten und HJ-Angehörige zu Hilfsarbeiten herangezogen.530 Eine kursorische Durchsicht der Personaldaten von 270 Eignungsprüfern ergab dass mehr als jeder dritte (35%) auch im Schulungswesen tätig war. Insbesondere unter den leitenden und »selbständig arbeitenden« Eignungsprüfern waren viele, die zuvor als Schulungsleiter und Schulungsreferenten tätig waren, die die rassenanthropologischen Grundlagen der SS kannten und mit Musterungsprozeduren vertraut waren. Im März 1943 ordnete Himmler die Amtsenthebung von Otto Hofmann als Chef des RuSHA an, unter anderem wegen »nicht geglückter Ausrichtung der Rasse-Prüfer«. Offenbar war Himmler mit der Eignungsprüfer-Ausbildung nicht zufrieden, ein Grund dürfte in den geschilderten Effizienzproblemen gelegen haben, die sich darauf zurückführen ließen, dass Hofmann die Anweisung zu einer »vorwiegend praktisch ausgerichteten Ausbildung« nicht durchzusetzen vermochte. Das bedeutete nicht, dass die Verfahren jetzt großzügiger gehandhabt werden sollten, im Gegenteil, denn mit Richard Hildebrandt erhielt das Hauptamt jetzt einen Chef, der für eine besonders restriktive rassenpolitische Praxis stand und z. B. die Aufweichung der Kriterien für die Aufnahme in die Deutsche Volksliste unter Gauleiter Forster in Danzig-Westpreußen heftig kritisierte und bekämpfte.531 Aber die wissenschaftsorientierten Lehrgänge in Prag dürften unter seiner Amtsleitung erst einmal zugunsten der praktischen Ausbildung zurückgefahren worden sein, denn es fällt auf, dass die meisten Mitarbeiter der Hauptabteilung »Rassenlehre« unmittelbar danach zum Fronteinsatz bei der Waffen-SS abkommandiert wurden: Rübel wurde im April 1943 zur Division Wiking, Heinz Schmitz zur Division Hohenstaufen kommandiert, Friedrich Leo kam im Mai zur Ausbildungs- und Ersatzabteilung bei Buchenwald, Grohmann zu einer PanzerGrenadier-Ausbildungsabteilung, B. K. Schultz bat im Juli um Freigabe zur Waffen-SS. Im März/April 1943 hatte noch ein dreiteiliger Lehrgang zur Ausbildung von Führern im RuS-Wesen in Berlin, Litzmannstadt und Prag stattgefunden; danach dürfte der Unterrichtsbetrieb in Prag erst einmal geruht haben. Ob er jemals wieder aufgenommen wurde, ist ungewiß. Das Rassenamt in Prag gab ab Frühjahr 1944 unter dem Titel »Der Eignungsprüfer« Schulungsblätter bzw. -briefe heraus, die an alle Eignungsprüfer, Hilfseignungsprüfer und RuS-Führer versandt wurden und eher auf ein Fernstudium hindeuten. Offensichtlich war die Eignungsprüfer-Ausbildung jetzt primär Aufgabe der RuS-Führer; für die Ernennung zum »Fach-Untersturmführer« – Eignungsprüfer im Führerrang – kündigte Tyarks besondere Prüfungen an. Die Schulungsblätter enthielten Materialien zur Erb- und Rassenlehre mit Aufgaben, die von den Eignungs- und Hilfseignungsprüfern durchzuarbeiten waren; im ersten Brief waren 21 Aufgaben zu lösen; die Lösungen waren nacheinander zu vier Terminen innerhalb eines Monats ans Rassenamt zu schicken.532 Der Schulungsbrief »Erblehre« etwa enthielt Ausführungen zur Vererbungslehre, zur Chromosomenlehre und zur »Erblehre des Menschen«, mit einem Schriftenverzeichnis, Glossar und Abbildungsanhang. 20 Aufgaben wurden gestellt. Die Aufgaben 17 bis 20 lauteten zum Beispiel: »Aufgabe 17: Nimm an, ein Jude hätte um 1820 eine deutschblütige Frau geheiratet und zeige hier den Erbgang bis zur Jetztzeit auf! (Die Mischlinge sollen stets Deutschblütige heiraten, Generationsdauer 30 Jahre, stelle den Juden durch einen schwarzen Kreis, die Deutschblütige durch einen weißen, die Mischlinge durch anteilig geschwärzte Kreise dar!). Aufgabe 18: Stelle den Erbgang auf die gleiche Weise dar, wenn zwei der vier Groß-

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eltern Juden waren!« Die Aufgaben 19 und 20 bezogen sich auf §5 des Reichsbürgergesetzes vom 14.11.35: »Aufgabe 19: Erkläre, warum das Reichsbürgergesetz nur bis zu den Großeltern zurückgreift! – 20. Wie begründest Du die Bestimmung in a) und b) des §5, Abs.2?«533

Weitere Briefe enthielten zum Beispiel Richtlinien für die phototechnische Arbeit in den RuS-Dienststellen oder Hinweise zur »Bewertung der rassischen Merkmale an Kindern und Jugendlichen« – die Beurteilung von Kindern, deren Physiognomie ja noch nicht fertig ausgebildet war, bereitete den Rasseprüfern immer besondere Schwierigkeiten. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen und noch mehr der allgemeinen Kriegslage erscheinen die Pläne zur Reorganisation des Rassenamtes und der Eignungsprüfer-Ausbildung, die Lothar Stengel-Rutkowsky im Herbst 1944 entwarf, als reine Phantasmagorie. Stengel-Rutkowsky, Dozent für »Rassenhygiene, Kulturbiologie und genetische Philosophie« in Jena, war Ende 1943 gerade von der »Bandenbekämpfung« auf dem Balkan und in Griechenland zurückgekehrt, als er im Januar 1944 zum Leiter der ärztlichen Hauptabteilung im Heiratsamt des RuSHA und im September darauf zum Abteilungsleiter im Rassenamt berufen wurde. Um welche Abteilung es sich handelte, ist nicht bekannt, aber es dürfte sich um die Abteilung »RuS-Führerschule« gehandelt haben, denn im Zentrum seiner Pläne stand die Errichtung einer »Lehranstalt (Akademie)« bzw. »Führerschule« des RuSHA, die in Zukunft für die Ausbildung der hauptamtlichen Mitarbeiter – Eignungsprüfer und Sippenpfleger sowie Fürsorgereferenten und Standesbeamte – zuständig wäre. In einem ersten Entwurf sah Stengel-Rutkowsky die Neugliederung des Rassenamtes in die drei Ämter »Angewandte Rassenkunde«, »Rassenforschung und -lehre« sowie »Rasse und Recht« vor. Die Gründung eines Amtes für Forschung und Lehre bezeichnete er selber als ein »Experiment«, das nur gelingen könne, wenn es zugleich mit einem Ordinariat an der Prager Universität verbunden sei, auf das Stengel-Rutkowsky selber zielte – er hatte sich im Frühjahr 1944 schon einmal vergeblich um die Einrichtung einer Professur an der Universität Posen bemüht, die auch schon nach seinen damaligen Vorschlägen die wissenschaftliche Ausbildung der Eignungsprüfer, Sippenpfleger und RuS-Führer sicherstellen sollte. Das Amt für Rassenforschung und -lehre sollte aus den beiden Hauptabteilungen »Forschung« und »Führerschule« bestehen; die Hauptabteilung »Forschung« wiederum sollte neben einer Abteilung für Vererbungs- und Rassenforschung eine Abteilung »Abwehr« beinhalten, die sich mit »a) wissenschaftlichen (und weltanschaulichen) Gegnern, b) Juden, Judenmischlingen und anderen Fremdblütigen, c) Rassenmischlingen« beschäftigen sollte. In einem zweiten Entwurf rückte die Führerschule, jetzt als »Akademie« ausgewiesen, stärker in den Vordergrund. StengelRutkowsky schlug einen viersemestrigen Studiengang vor, der in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Universtät in Prag organisiert werden sollte. Die ersten beiden Semester waren als gemeinsames Grundstudium für alle Studenten gedacht, danach sollte sich das Studium in einen Zweig für Eignungsprüfer und Sippenpfleger und einen für Fürsorgereferenten und Standesbeamte gliedern. Als Fächer sah er »Erbwissenschaft«, »Kulturwissenschaft« und »Ordnungswissenschaft« vor. Zur »Erbwissenschaft« rechnete er nicht nur Vererbungs- und Abstammungslehre, Rassenkunde und Rassenhygiene, sondern auch »Judenlehre«, »Volkslehre« sowie Psychologie und Psychiatrie. Einen breiten Raum nahm in diesem Konzept die »Kulturwissenschaft« ein

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– Vorgeschichte, Germanenkunde, Literatur- und Kunstgeschichte, Weltanschauungskunde, Brauchtum usw., denn ein besonderes Anliegen Stengel-Rutkowskys war die Begründung einer Kulturbiologie, in der die Trennung zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aufgehoben wäre. Unter »Ordnungswissenschaft« subsumierte er Fächer wie Rechtslehre, Wirtschaftswissenschaft, Staatsbürgerkunde etc. Neben diesen drei Fächergruppen sah er als vierten Ausbildungsschwerpunkt Exkursionen vor und nannte in diesem Zusammenhang unter anderem »Irrenanstalten«, Konzentrationslager, das Thüringer Landesamt für Rassewesen und das Reichssippenamt. Zwischen den Semestern sollten die Studenten praktische Arbeit bei bewährten Sippenpflegern und Eignungsprüfern leisten. Als Lehrkräfte kamen neben anstaltseigenen Dozenten und den führenden SS-Professoren der Prager Universität Gastprofessoren anderer Universitäten und Experten aus dem RuSHA, dem Schulungsamt und dem Ahnenerbe infrage. Als Stabsleiter des Dozentenkorps sah er Friedrich Leo vor.534 Das ganze Konzept ignorierte nicht nur Himmlers Anweisungen zur Ausbildung der Eignungsprüfer und das Monopol des Ahnenerbe auf die wissenschaftliche Forschung innerhalb der SS, es dokumentiert auch ein beachtliches Maß an Realitätsverlust in der Endphase des Krieges.

II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN VERBÄNDEN UND SCHULEN DER WAFFEN-SS II.1 BEISPIELE EINZELNER VERBÄNDE Die Materiallage zur weltanschaulichen Schulung in der Waffen-SS ist sehr heterogen: zu den meisten Verbänden gibt es nur wenige Dokumente, oft nur vereinzelte Splitter, zu anderen ist dagegen sehr umfangreiches Material erhalten. Wohl am besten ist die Materiallage für die Nachrichten-Ersatzabteilung bzw. das Nachrichtenregiment Nürnberg/Eichstätt und die Totenkopf-Reiter-Standarten bzw. -Regimenter, die zu Beginn des Krieges in Polen stationiert wurden.1 Größere Bestände existieren außerdem für die Leibstandarte »Adolf Hitler« aus den ersten Jahren des Dritten Reichs und für das Genesenden-Bataillon, daneben finden sich Dokumente für einzelne Divisionen, vor allem die Division »Hohenstaufen«, aber auch die Divisionen »Götz von Berlichingen« und »Frundsberg« aus den letzten Kriegsjahren. Die meisten dieser Materialien befinden sich im Militärarchiv Freiburg. Ein weiterer umfangreicher Aktenbestand lagert im Militärarchiv Prag; hier befinden sich vor allem Dokumente von Einheiten und Verbänden der Waffen-SS, die im letzten Kriegsjahr im Raum Prag bzw. Böhmen stationiert waren. Dort, wo dies gut dokumentierbar ist, zeigt sich, dass es während des ganzen Krieges hindurch eine weltanschauliche Schulungs- und Erziehungsarbeit in der Waffen-SS gab, die sich 1943 und 1944 noch intensivierte. Es ist unwahrscheinlich, dass die dokumentierbaren Fälle Einzelfälle darstellen. Dagegen spricht die Heterogenität des Materials, das ebenso von Ersatzeinheiten in relativ sicherem Gebiet wie im Fall des Nachrichten-Ersatzregiments oder des GenesendenBataillons als auch von Verbänden stammt, die in fremdem, feindlichem Land operierten wie die Totenkopf-Reiter. Dagegen spricht aber auch, dass es für die Schulungsarbeit Befehle, Anordnungen und Richtlinien gab, die in einer nach Prinzipien von Befehl und Gehorsam funktionierenden Organisation wie der Waffen-SS in der Regel auch befolgt wurden. Die Umsetzung war zwar aufgrund der Einsatzbedingungen oft erschwert oder unmöglich, es gab aber immer wieder Ruhe- und Rückzugsphasen, Phasen der Neuaufstellung und Ausbildung, in denen auch weltanschauliche Schulung geleistet werden konnte. Zwar waren viele Einheitsführer mit der Schulungsarbeit überfordert, andere ignorierten die Richtlinien auch, doch sowohl in der Vorkriegszeit als auch während des Krieges unternahmen die zuständigen Führungsstellen unablässig Anstrengungen, die Anordnungen durchzusetzen, das Führerund Unterführerkorps entsprechend auszubilden, auf ihre Aufgaben vorzubereiten und auf das Leitbild des »politischen Soldaten«, der militärische und weltanschauliche Kompetenzen in sich vereinigte, auszurichten. Dass die Befehle und Anordnungen immer wieder erneuert werden mussten, ist nicht per se ein Indiz dafür, dass sie nicht befolgt wurden, sondern kann ebenso als ein Zeichen dafür gewertet werden, dass der besondere Auftrag der SS immer wieder in Erinnerung gerufen und daran appelliert werden musste, in den eigenen Kräften nicht nachzulassen und die eigenen Ziele nicht

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aus den Augen zu verlieren. Hätten die Anordnungen und Richtlinien nur auf dem Papier gestanden, wäre eine hypertrophe Organisation wie das Schulungsamt der Jahre 1943/44 kaum entstanden. Da die meisten Aktenbestände durch Kriegseinwirkungen oder am Ende von den Protagonisten selbst zerstört wurden, dürfte die Materiallage zu einem großen Teil akzidentiellen Umständen geschuldet sein. Klammert man die Reiterverbände der Totenkopfdivision, die im besetzten Osten operierten, und die Nachrichten-Ersatzabteilung, die überwiegend im Reich stationiert war, aus, dann stammen die meisten Dokumente der Kriegszeit, die Hinweise auf die weltanschauliche Erziehung enthalten, aus dem besetzten Frankreich und aus dem Bereich des Befehlshabers der Waffen-SS Böhmen und Mähren. Die Divisionen »Leibstandarte Adolf Hitler«, »Hohenstaufen«, »Götz von Berlichingen« und »Das Reich«, von denen wir Dokumente zur weltanschaulichen Schulung und Erziehung haben, waren alle in den Jahren 1943/44 für längere oder kürzere Zeit in Frankreich stationiert und haben dort Phasen der Ausbildung und Neuaufstellung durchlaufen, in denen auch ein weltanschaulicher Unterricht organisiert wurde, der in der Regel zwei bis vier Stunden die Woche umfasste. In einem Sonderbefehl der Division »Leibstandarte Adolf Hitler« vom April 1944 heißt es, bei Ersatztruppen und im Westen eingesetzten Einheiten werde der weltanschauliche Unterricht planmäßig durchgeführt. Im Osten war eine planmäßige Durchführung zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon nicht mehr möglich. Dies würde erklären, warum gerade von den in Frankreich stationierten Divisionen noch bis zum Herbst 1944 Lehrpläne erhalten sind. Am günstigsten waren die Verhältnisse jedoch im Raum Prag, der wegen seiner sicheren Lage als Rückzugsort für Ausbildungsaufgaben genutzt wurde und in dem deshalb auch zahlreiche Schulen der SS und speziell der Waffen-SS konzentriert wurden. In Einheiten, die an der Front eingesetzt waren, musste sich die weltanschauliche Erziehung, sofern die äußeren Umstände dies zuließen, auf die obligatorischen oder gelegentlichen Monatsvorträge beschränken.

Die Leibstandarte Adolf Hitler (LSSAH) – eine rassenpolitische Bildungsgemeinschaft der Verfügungstruppe Aufbau und Entwicklung der weltanschaulichen Schulung in den Verfügungstruppen der Vorkriegszeit lassen sich am ehesten für die LSSAH nachzeichnen, da nur für diesen Verband umfangreiche Materialien erhalten sind; sie stammen im wesentlichen aus den Jahren 1934 bis 1937.2 Die LSSAH ist aus der ursprünglichen Leibwache Hitlers hervorgegangen; sie wurde im Mai 1933 als Stabswache Berlin, im September 1933 als »SS-Leibstandarte Adolf Hitler« aufgestellt und auf dem Gelände der ehemaligen Kadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde untergebracht. Als Hauptschulungsleiter des Abschnitts III (Berlin) und Oberschulungsleiter der »Adolf-Hitler-Standarte« Lichterfelde war Otto Eysell zu dieser Zeit auch für die LSSAH verantwortlich. Er besetzte alle 7 Einheiten (4 Kompanien, Maschinengewehrkompanie, Kraftfahr- und Kradschützenkompanie, Nachrichtenzug) mit Schulungsleitern. Eysell ging im Frühjahr 1934 als Schulungsleiter zur Politischen Bereitschaft nach Ellwangen in Württemberg.3 Im April 1934 beauftragte das RuSA den Schulungsleiter der 1. Kompanie Georg Weibgen mit der Leitung und dem weiteren Aufbau des Schulungsbetriebes in der LSSAH.

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Weibgen, gebürtiger Berliner, war im Sommer 1930 der NSDAP und der SA, 1933 der SS beigetreten; zum Zeitpunkt seiner Berufung war er Obertruppführer der 1. Kompanie der LSSAH.4 Warum die Wahl auf ihn fiel, ist nicht mehr nachvollziehbar, aber Weibgen erwies sich rasch als rühriger und effizienter Organisator. Weibgen war von Beruf Schiffsingenieur, nahm aber während der Zeit seiner Tätigkeit bei der LSSAH ein Abendstudium auf und muss sich gut in der Rassenkunde ausgekannt haben, da er sie sofort zum Schwerpunkt der Schulungsarbeit machte und sich auch selbst als »RasseSchulungsleiter« bezeichnete. Noch am 12.4. ordnete er den Beginn des Schulungsbetriebes an: In den ersten beiden Stunden sollten der Verlobungsbefehl des RFSS und die Grundlagen der Rassenkunde erläutert werden, für die Zeit danach kündigte er an: »In den nächsten Stunden sind die Rassen einzeln und eingehend in Bezug auf die nordische Rasse durchzusprechen.« Eine, möglichst zwei Stunden Rassenkunde sollten in den Wochendienstplan aufgenommen werden. Gleichzeitig kündigte er die »rassische Schulung geeigneter Vertrauensmänner« an, um das Gelernte »durch Unterhaltungen und Gespräche auf den Stuben zu vertiefen.« Die Einführung in die Grundlagen der »Rassenkunde« sollte anhand eines Lichtbildervortrags des Rassenamtes erfolgen, den er am 27.4. vorführte.5 Im Verlauf des Jahres erarbeitete Weibgen zusammen mit dem Rassereferenten des Oberabschnitts Ost von Lettow-Vorbeck einen Lehrplan, der auf ein Dreivierteljahr (40 Wochen) berechnet war und jeweils zwei Stunden in der Woche weltanschaulichen Unterricht vorsah. Sepp Dietrich, der Kommandeur der Division, genehmigte den Plan, der daraufhin im November 1934 in Kraft trat: Geschichte und Aufgaben der SS 1. Woche: Geschichte und Aufgaben der SS 2. Geschichte der preußischen Garde – Sonderaufgaben der LSSAH Deutsche Geschichte 3. Deutsche Geschichte 4. Vorgeschichte bis zu Karl, dem Franken 5./6. Deutsche Geschichte von 900 bis 1914 7.8. Der Weltkrieg – Revolution – Freikorps 9. Entstehung der nationalsozialistischen Bewegung 10. Der Führer Weltanschauliche Fragen 11. Weltanschauliche Fragen: Der Rassengedanke als Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung: 1. Rassen-Körperkunde 12.: 2. Rassen-Seelenkunde 13./14. 3. Die Bedeutung der nordischen Rasse für Staat und Kultur 15./16. Die Grundgesetze der Vererbung 17. Familienkunde (Bearbeitung von Ahnentafeln) 18. Nationalsozialistische Bevölkerungspolitik 19./20. Bauerntum als Lebensquelle des deutschen Volkes 21. Neuadel aus Blut und Boden 22./23. Schaffung neuen Bauerntums durch Ansiedlung wertvollen Menschenmaterials (Hinweis auf Notwendigkeit der SS-Siedlung, bes. f. Leibsta. Ad. Hitler) 24. Ostraumpolitik – Kolonialpolitik Der Nationalsozialistische Staat 25./26./27. Nationalsozialistische Staatspolitik (Neuaufbau des Reichs; Parteiprogramm) 28./29. Nationalsozialistische Wirtschaftspolitik (Brechung der Zinsknechtschaft; Agrarpolitik)

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 30.-34. Die grundlegenden Maßnahmen der Nationalsozialistischen Regierung: a) Arbeitsbeschaffung, b) Reichsautobahnen, c) Arbeitsdienst 35. Nationalsozialistische Kulturpolitik 36.-39. Die Feinde des Nationalsozialismus und ihre Bekämpfung: a) Judentum, b) Der politische Katholizismus, c) Freimaurer. 40. Glaube und Rasse.6

Jede Einheit erhielt in der Woche eine Stunde an einem Vormittag »Fachunterricht«, eine weitere Stunde am Nachmittag diente der Wiederholung und »Vertiefung«. Für das Führerkorps wurden eigens Experten-Vorträge externer Redner organisiert. Den Zyklus des Winterhalbjahres 1934/35 eröffnete der Vortrag eines SD-Angehörigen zum Thema »Der politische Katholizismus und der Verfall des Protestantismus«, dem sich im Dezember zwei Vorträge von Schwartz-Bostunitsch, ebenfalls vom SDHauptamt, über »Freimaurerei« und »Sowjet-Russland und das Judentum« anschlossen. Im Januar kamen nacheinander der Studiendirektor und »Reichssachbearbeiter für Geschichte« des NSLB Moritz Edelmann (»Nationalsozialismus und deutsche Geschichte«), Untersturmführer Meyer vom RuSHA (»Irrtümer in der deutschen Geschichte«) und Walter Bohm (»Deutsche Frühgeschichte«) zu Vorträgen über deutsche Geschichte nach Lichterfelde. Während des Lehrgangs waren jeweils Ende Januar und Ende Juni schriftliche Arbeiten über noch sehr allgemein gehaltene Themen anzufertigen: »Warum wurde ich SS-Mann«, »Die Aufgaben der SS, insbesondere der Leibstandarte«, »Warum weltanschauliche Schulung in der Leibstandarte?«, »Welches sind die wichtigsten Feinde des NS-Staates?« Die Ergebnisse fielen, wie Weibgen in seinem Tätigkeitsbericht vom März 1935 schrieb, »zum Teil erschütternd« aus; ein Teil der Männer sei nicht in der Lage, die einfachsten Worte richtig zu schreiben. Weibgen forderte daraufhin Hilfskräfte an, um die Einheiten »so klein wie möglich beschulen« zu können. Zu den für Juni 1935 geplanten Prüfungen dürfte es nicht mehr gekommen sein, denn Ende März/ Anfang April wurde der Lehrgang abgebrochen, nachdem das Schulungsamt eine grundlegende Neuregelung der weltanschaulichen Schulung angekündigt hatte. Danach scheint der reguläre Schulungsbetrieb mit jeweils 2 Unterrichtsstunden die Woche erst nach der Sommerpause wieder voll aufgenommen worden zu sein. Wie vom Schulungsamt angeordnet, fand jetzt bis zum Ende des Jahres eine »Zwischenschulung« nach den ersten Leitheften statt, die Weibgen um weiteres Material ergänzte. Im Mittelpunkt standen die Themen »Geschichte der Bewegung«, das »Leben des Führers« und die »Führer der Bewegung«, zu denen das Schulungsamt Material verschickte. Außerdem befasste man sich mit aktuellen Ereignissen wie dem italienisch-äthiopischen Konflikt, der zum Überfall Italiens auf Abessinien im Oktober 1935 führte, und den »Nürnberger Judengesetzen«, die im September 1935 beschlossen wurden; als Materialgrundlage zu den Nürnberger Gesetzen wurden Zeitungsausschnitte und Fritsch’s Handbuch der Judenfrage verwendet. Nach der Sommerpause nahm man auch die Sonder- und Führer-Vorträge wieder auf. Am 16.8. kam Julius Streicher und sprach vor der gesamten Standarte über »das Judentum«, 10 Tage später hielt Brigadeführer Meinberg vom Reichsnährstand einen Vortrag über nationalsozialistische Weltanschauung. Zuvor waren Schulungsamtschef Motz und Rassereferent LettowVorbeck gekommen, um vor dem Führerkorps das neue Konzept der Grundschulung zu erläutern, das in Verbindung mit der geplanten Fibel »100 Leitsätze der SS« vorbe-

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reitet wurde. Die Führer und Schulungsleiter der Sturmbanne wurden zur Einführung in die Grundschulung zu einem Kurs an der RuS-Schule in Berlin-Grunewald geschickt. Nebenher baute Weibgen eine Bibliothek mit den einschlägigen Werken der nationalsozialistischen Weltanschauung und Rassenlehre sowie ein Archiv aus Zeitungsartikeln und anderen Dokumenten auf, auf das die Schulungsleiter zur Vorbereitung ihrer Vorträge zurückgreifen konnten; damit verbunden wurden Aufenthaltsund Leseräume eingerichtet, die mit einer großen Zahl von Tageszeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften ausgestattet waren.7 Zusammen mit dem EherVerlag veranstaltete die Schulungsabteilung Buchausstellungen, die den Angehörigen der Standarte die Möglichkeit eröffneten, ausgewählte politische und historische Literatur käuflich zu erwerben. Außerdem war die Schulungsabteilung mit der Verteilung von Theaterkarten, der Organisation von Filmbesuchen, der Besorgung von Materialien zur Ausgestaltung der Unterkünfte – zum Beispiel wurden Bilder von Willrich angeschafft – und ähnlichem befasst. Unter anderem bekamen alle Einheiten im März 1936 die rassenhygienischen Filme »Erbkrank« und »Abseits vom Wege« im neu fertig gestellten Filmsaal zu sehen. In der Folgezeit verwandte Weibgen viel Aufwand darauf, eine Mappe mit Informationen zur Vorbereitung der Vorträge und zusätzlichem Schulungsmaterial zusammenzustellen, die er fortlaufend erweiterte. Der Grundschulungsplan, den das Schulungsamt nach den Anweisungen Himmlers schließlich im Februar 1936 beschloss, stellte Weibgen und seine Mitarbeiter allerdings vor einige Herausforderungen, da der Plan einen Schwerpunk auf das Themengebiet »Deutsche Geschichte« legte, in dem keiner der Schulungsleiter der LSSAH versiert war. Als auch noch die Anweisung kam, das 2. Jahr der Grundschulung schwerpunktmäßig geschichtlichen Themen zu widmen, engagierte man den Berliner Parteigenossen und Gauschulungsredner Studienrat Dr. Otto Volk für eine Vortragsreihe. Volk wurde für die Zeit der Winterschulung 1936/37 verpflichtet, alle vier Wochen einen Vortrag über deutsche Geschichte und Außenpolitik zu halten. Die Schulungsabteilung sollte jeweils 14 Tage vorher Informationen zur Vorbereitung auf die Vorträge erstellen. Die gesamte Standarte nahm am 7.12.1936 an Volks per Lautsprecher übertragenem Vortrag »Deutsche Geschichte, Von den Anfängen bis zum Interregnum 1273« teil. Der nächste Vortrag behandelte die Zeit »Vom Interregnum bis zum Ende des 30jährigen Krieges«, gefolgt von einem Vortrag über »Reformation und Gegenreformation«. Zur Vorbereitung auf die Vorträge erstellte die Schulungsabteilung mehrseitige Informationsblätter, die in den Schulungsstunden im Rahmen des Dienstplans vorher durchgesprochen wurden – das »Schulungsheft der 1. Kompanie hält für Januar/Februar 1937 fest: 2 Stunden »Mein Kampf«, 1 Stunde Vorbereitung auf den Vortrag Dr. Volk, 1 Stunde »Stellung der Kirche zum Staat«, 1 Stunde »Arbeit der katholischen Kirche vor und nach der Machtübernahme«.8 Bis zum Herbst 1936 wurde vermutlich das Konzept der Grundschulung nach den Anweisungen Himmlers und des Schulungsamtes umgesetzt. Für die Winterschulung 36/37 beschloss die Standarte im September 1936 ein differenziertes Schulungskonzept, das, wie vom Schulungsamt gefordert, eine stärkere Mitwirkung der Einheitsführer vorsah, aber deutlich eigene Akzente setzte und sich von den Vorgaben des Schulungsamtes entfernte. Als Ziel sollte eine »ausgeglichene Allgemeinbildung« und die Kenntnis aller Fragen der Rassenkunde »und deren verwandte Gebiete als Grund-

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lage der naturgebundenen nationalsozialistischen Weltanschauung« erreicht werden. Für die Verbesserung der Allgemeinbildung wurde erneut Dr. Volk verpflichtet; er sollte Vorträge über deutsche Geschichte halten, die sich an alle richteten. Daneben wurden Kurse in Deutsch und Rechtschreibung eingeführt. Die Aufgabe der weltanschaulichen Schulung sollten sich Einheitsführer und Schulungsleiter teilen: Die Einheitsführer hatten unter Anleitung und mit Unterstützung der Schulungsabteilung den vom RuSHA angeordneten Unterricht nach den Leitheften und Materialien des Schulungsamtes zu geben, während die Schulungsleiter Unterricht über »Rassenlehre und verwandte Gebiete« nach einem in Zusammenarbeit mit dem Rassepolitischen Amt erstellten eigenen Schulungsplan erteilen sollten.9 Der rassenpolitische Unterricht sollte am 15.11. beginnen und folgende Themen in jeweils 2 Wochenstunden behandeln: 1. Grundlagen der nationalsozialistischen Rassenpolitik 2. Grundlagen der Vererbungsforschung 3. Die bevölkerungspolitische Lage Deutschlands 4. Rassenpflege 5. Die rassische Zusammensetzung des deutschen Volkes 6. Das deutsche Volk, eine Ahnengemeinschaft 7. Die Gegner der Rassenpolitik10

Aber auch die Leitheft-Schulung durch die Einheitsführer sollte parallel dazu Mitte November 1936 mit einem rassen- und vererbungskundlichen Block beginnen; dazu wurde auf das Leitheft 1 vom Februar 1936 und dazu passende Passagen aus »Mein Kampf« zurückgegriffen: 1. »Folgen der Rassenkreuzung«. – »Der Arier als Kulturbegründer« (Mein Kampf S. 31120) 2. »Der Arier als Kulturbegründer. Ursachen der Bedeutung des Ariers.« (Mein Kampf S. 321-28) 3. »Folgen der Rassenmischung. Rassen- und Volkspflege des Staates.« (Mein Kampf S. 441-49) 4. »Krankheiten des Volkskörpers und der Seele« (Mein Kampf S. 269-282).

Die Einheitsführer erhielten von der Schulungsabteilung je 6 Bögen »Informationen und zusätzliches Schulungsmaterial«. Für die Ausbildung der Rekruten ergänzte Weibgen den rassenpolitischen Lehrplan, indem er eine Unterrichtseinheit von 10 Stunden über das Leben des Führers und der wichtigsten Führer der Bewegung, die Geschichte und das Programm der NSDAP und den Aufbau des nationalsozialistischen Staates voranstellte und am Schluss zwei Stunden über »Bolschewismus und politischer Klerus« anfügte. Offenbar betrachtete Weibgen die Rassenlehre als den Kern der nationalsozialistischen Weltanschauung, der er deshalb einen eigenen Platz im Schulungscurriculum reservieren und deren Vermittlung er den Schulungsleitern als den berufenen Experten dieser Lehre vorbehalten wollte. Ende Januar 1937 ordnete er schriftliche Arbeiten an, in deren Themen sich diese Schwerpunktbildung widerspiegelte. Die Kenntnisse hatten sich offenbar inzwischen erheblich verbessert, denn die Ergebnisse fielen jetzt »gut« bis »sehr gut« aus. Von den in zwei Klassen gegliederten Männern der 1. Kompanie waren innerhalb von 4 Stunden folgende Fragen zu beantworten:

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»Mannschaftskl. I: 1. Warum fördert der Nationalsozialismus die nordische Rasse? 2. Körperliche Merkmale der nordischen Rasse? 3. Die nordische Seele 4. Der nordische Geist 5. Germanische Feste 6. Jüdisches Wesen in der Bibel 7. Was ist der Talmud 8. Die grundlegenden Werke der Bewegung 9. Deutsches Volksrecht und Fremdenrecht 10. Eine kurze Darstellung der Begriffe Liebe und Ehre Mannschaftskl. II: 1. Wert des Sports 2. Kraft des Selbstvertrauens 3. Bildung des Charakters 4. Welches sind die gefährlichsten Feinde des deutschen Volkes 5. Was versteht man unter Rasse 6. Ergebnisse der Rassenkreuzung 7. Was sind Erbanlagen 8. Welche Pflichten erwachsen dem SS-Mann aus der Erkenntnis vom Wesen des Judentums 9. Fanatismus 10. Majoritätsprinzip 11. Weltanschauungen und Parteien 12. Bürgerliche Impotenz«

Die Sonderklasse der Unterführer hatte inzwischen damit begonnen, Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts« zu studieren; ihnen stellte Weibgen die Aufgabe, innerhalb von 8 Tagen schriftliche Arbeiten über den bis dahin durchgenommenen Stoff anzufertigen: 1. 2. 3.

Umriss der antiken und abendländischen Geschichte, rassisch gesehen Das Wesen der Irrlehren und Reformation von Arius bis Luther Zu welchen Forderungen und Folgen für die Gegenwart zwingt die rassische Geschichtsbetrachtung?11

Die Rekrutenklasse der Kompanie beschäftigte sich zu Beginn des Jahres dagegen mit dem »Leben des Führers« und der Geschichte der NSDAP, während sich die 2. Kompanie vor allem mit dem antiken Judentum befasste; anschließend wurden auch hier schriftliche Arbeiten geschrieben: 1 Std. Europäische und vorderasiatische Völker vor der Zeitenwende 1 Std. Die Entwicklung des Schöpfungsgedankens durch das Judentum in Asien 1 Std. Die sittlichen Zustände im israelischen Volk anhand der Heiligen Schrift 1 Std. Die Idee des Verheißungsgedankens treibt das jüdische Volk zur Eroberung Ägyptens 1 Std. Ist das Alte Testament nutzbringend für das deutsche Volk? Schriftliche Arbeit

Für Anfang Januar 1937 stellte Weibgen einen Gesamt-Schulungsplan auf, der den unterschiedlichen Kenntnisstand und Dienstgrad der SS-Männer berücksichtigte. Grundlegend war für ihn die Kenntnis der Werke von Hitler und Rosenberg. Er entwarf ein auf die vierjährige Dienstzeit der Angehörigen bezogenes Curriculum, das ab

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Januar 1937 umgesetzt wurde: Im 1. Ausbildungsjahr sollten die Themen »Führer der Bewegung«, »Der nationalsozialistische Staat« und »Die Deutsche Geschichte« behandelt werden, im 2. Jahr sollte Hitlers »Mein Kampf«, im 3. Ausbildungsjahr Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts« durchgearbeitet werden, das 4. Jahr diente der »Vertiefung des bisherigen durch Sonderarbeitsgemeinschaften« und der Vorbereitung aufs zivile Leben nach der Entlassung aus der Verfügungstruppe. Daraus ergab sich eine Differenzierung in Rekrutenschulung (1. Dienstjahr) und eine abgestufte Mannschaftsschulung, dazu kam eine weitere Differenzierung in Unterführerschulung und die Monatsvorträge vor dem Führerkorps. a)

1. Dienstjahr

Rekruten

b) c)

2. Dienstjahr 3. Dienstjahr

Männer Männer

d)

4. Dienstjahr

Männer

e) f)

Unterführer Kommandierte

Allgemeines: Führer und Bewegung Der Nationalsozialistische Staat Deutsche Geschichte »Mein Kampf« »Der Mythus des XX. Jahrhunderts« (die wichtigsten Teilgebiete) Allgemeines: Zusammenfassung des Bisherigen,Vorbereitung auf das Zivilleben. »Der Mythus des XX. Jahrhunderts« »Mein Kampf« »Der Mythus des XX. Jahrhunderts« (Teilgebiete)

Parallel und ergänzend dazu sollten die Männer des 2. bis 4. Dienstjahres weiter das rassenpolitische Curriculum absolvieren. Mit dem Studium von Hitlers »Mein Kampf« und Rosenbergs »Mythus« war im Januar begonnen worden, bis zum 1.10.1937 sollte es abgeschlossen sein. Zwischenmeldungen zeigen, dass man zügig vorankam: Im April 1937 war die Unterführerklasse der 1. Kompanie bis auf Seite 273 des »Mythus« vorgedrungen, während die Mannschaftsklasse mit »Mein Kampf« bis Seite 244 gekommen war. Danach ging es langsamer voran: Im Juli meldete die Kompanie die »vollzogene Durcharbeitung« von »Mein Kampf« bis Seite 311; der Maschinengewehrsturm war erst auf Seite 172. Daneben hatte man Themen aus der Rassen- und Erblehre, der Vorgeschichte u. a. behandelt und sich immer wieder auch mit religionspolitischen Fragen und der Stellung zur Kirche beschäftigt – eine statistische Aufstellung von Anfang 1936 hatte einen Anteil von lediglich 20% »Konfessionsloser« ergeben.12 Das Beispiel der LSSAH illustriert, was Cäsar Anfang 1938 über die Lage zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme als Chef des Schulungsamtes gegenüber Himmler konstatierte: »Die VT war uns aus den Händen geglitten und arbeitete auf eigene Faust …«.13 Ein Grund wird darin gelegen haben, dass das Schulungsamt nicht in der Lage war, ein verbindliches und praktikables Anschlussprogramm an das erste Jahr der Grundschulung vorzulegen, so dass die Gefahr bestand, dass sich die Schulungsarbeit nach der Rekrutenschulung zerfaserte. Die Orientierung an Hitlers und Rosenbergs Hauptwerken stellte in diesem Zusammenhang eine Verlegenheitslösung dar, mit der man jedenfalls nichts falsch machen konnte und wenigstens über eine systematische

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Richtschnur verfügte. Die LSSAH hatte zudem in Weibgen einen eigenwilligen und initiativfreudigen Schulungsleiter, der übrigens auch weit in die Zukunft vorausdachte. So betrachtete er es schon 1935 mit Blick auf die »Ostraumpolitik« als eine Aufgabe der Schulungsabteilung, den Männern die »Liebe zur Scholle und zum Siedeln« zu vermitteln, um »nach beendeter Dienstzeit diese SS-Männer, die weltanschaulich gefestigt und mit praktischem Können ausgerüstet sind, als Bollwerk des Staates gegen das im Osten anbrandende Slawentum anzusiedeln.«14 Zwei Jahre später richtete er seinen Blick bereits auf den Krieg mit der Sowjetunion und bat um die Bereitstellung von Mitteln, damit er einen »Fortbildungsunterricht in Russisch« im Sturmbann organisieren könne, um sich schon jetzt auf den »totalen Krieg« vorzubereiten. Jeder Sturmbann-Schulungsleiter der Verfügungstruppen müsse verpflichtet werden, bei einem Dolmetscher Russisch zu lernen; wenn es dann so weit sei, müsse er über eine fahrbare Druckerei mit deutschen, lateinischen und russischen Lettern verfügen, um Informationsmaterial zur Aufklärung der eigenen Truppe und Flugblätter zur Zersetzung des Feindes herstellen zu können.15 Weibgen verfolgte ein ehrgeiziges »Bildungsprogramm«, vor allem der »Mythus« war schwere Kost und dürfte die Schulungsleiter vor interpretatorische Herausforderungen gestellt haben. Ob das Schulungspersonal der LSSAH dem gewachsen war, darf zumindestens bezweifelt werden. Keiner der Mitarbeiter verfügte über eine geisteswissenschaftliche Bildung. Weibgen selbst war Ingenieur, besuchte allerdings nebenher noch Abendkurse und Vorlesungen über Kirchengeschichte an der Universität und war offensichtlich – wie andere seiner Mitstreiter – ein bildungshungriger Mann. Die beiden anderen Sturmbannschulungsleiter der Standarte waren Günther Stoltz und Bernhard Siebken. Stoltz hatte nach dem Abitur eine Polizeioffizierslaufbahn einschlagen wollen, musste aber aus gesundheitlichen Gründen einen anderen Beruf wählen und wurde technischer Kaufmann. Siebken hatte die Oberrealschule bis zur 9. Klasse besucht und anschließend eine Landwirtschaftslehre aufgenommen, musste aber nach einem Unfall ebenfalls den Beruf aufgeben. Er wurde Reitlehrer an einer Reit- und Fahrschule in Kiel, nahm aber später während der Zeit bei der LSSAH ebenfalls noch ein Abendstudium auf und besuchte Vorlesungen an der Hochschule für Politik in Berlin. Gemeinsam ist allen, dass sie schon früh zur völkischen und nationalsozialistischen Bewegung fanden. Weibgen und Siebken wurden 1930, Stoltz schon 1928 NSDAP-Mitglied. Ähnliches gilt für die anderen Mitarbeiter. Zu den Schulungsleitern der ersten Stunde, die bereits 1934 im Amt waren, gehörten der Maschinenbaustudent Hammersen, der Buchhändler Unseld und der Bergmann Wisliceny. Heinrich Hammersen, der übrigens wie Siebken und Weibgen noch ein Abendstudium an der Hochschule für Politik absolvierte, war 1928 der NSDAP beigetreten, Karl Unseld 1930 der SA, Günther-Eberhard Wisliceny 1930 der HJ. Auffallend ist weiterhin, dass viele von ihnen offensichtlich Probleme hatten, im Berufsleben Fuß zu fassen. Stoltz und Siebken hatten den ursprünglichen Berufswunsch aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen, Unseld war nach der Lehre entlassen worden und anschließend zum FAD gegangen, Hammersen hatte das Ingenieurstudium nach einem politischen Disziplinarverfahren abbrechen müssen – sie alle fanden bei den Verfügungstruppen eine neue Heimat und eine neue Aufstiegschance: Wisliceny, Siebken und Hammersen brachten es zum Sturmbannführer, Unseld zum Hauptsturmführer und Referenten im Schulungsamt, Weibgen wurde 1940 als Hauptsturmführer Leiter

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

des Referats Kriegsberichter im Kommandoamt der Waffen-SS. Paul Krellmann, der in der LSSAH auch Unterricht in germanischer Frühgeschichte erteilte, aber nicht Schulungsleiter, sondern Pflegestellenleiter war und die Verlobungsgesuche bearbeitete, hatte die höhere Schule gegen den Willen der Eltern vorzeitig abgebrochen und sich zum Dienst bei den Verfügungstruppen gemeldet. Nach vier Jahren bei der LSSAH meldete er sich zur Begabtenprüfung und wurde zum Anthropologie-Studium zugelassen. Während des Krieges war er Leiter der Abt. VI des Ausbildungsregiments der Waffen-SS in Prag, danach WS-Lehrer in Tölz und schließlich Schriftleiter des Politischen Dienstes im Amt C I.16 Weitere Mitarbeiter, deren Berufe uns bekannt sind, waren: Georg Karg, von Beruf selbständiger Glaser, seit 1930 Angehöriger der SA, seit 1931 der NSDAP und SS, Kreisredner des RPA; Paul-Albert Kausch, Absolvent der Staatlichen Bildungsanstalt und späteren Napola Potsdam – er schloss sich unmittelbar nach dem Abitur 1932 der HJ an und ging ein Jahr später zur LSSAH; Bruno Pastowski, Sparkassenbeamtenanwärter, 1933 mit 17 der NSDAP und SS beigetreten – er ging ebenfalls 1934 zur LSSAH und studierte nebenher an der Hochschule für Politik, er arbeitete später als Untersturmführer beim WuVHA. Schließlich noch Heinz Schultze, der von März 1933 bis Juni 1934 seinen Dienst bei der LSSAH versah und für kurze Zeit im Frühjahr 1934 für die Schulung der Maschinengewehrkompanie zuständig war. Schultze hatte sich nach dem Abitur zu den Verfügungstruppen gemeldet, nahm aber später noch ein Studium in Marburg auf. Während des Studiums war er Mannschaftshausführer in Marburg, danach wurde er als WS-Lehrer zur Junkerschule Braunschweig berufen. 1941 kam er als Hauptsturmführer zum Einsatz bei der SS-Kampfgruppe »Nord« und fand dort im gleichen Jahr den Tod.17 Die Schule der LSSAH haben viele andere spätere Mitarbeiter des SS-Schulungswesens durchlaufen. Um nur einige typische Beispiele zu nennen: Günther Hannig, der nach einer Lehre als Zahntechniker entlassen wurde und danach zur LSSAH ging, wurde später Leiter der Abt. VI beim Generalkommando des I. SS-Panzerkorps; der Schriftleiter Hans-Joachim Woith, der sich nach einem Studium der Journalistik, Volkswirtschaftslehre und Geschichte zur LSSAH meldete, kam von dort als Schulungsführer zu den Totenkopfverbänden in Brandenburg und Oranienburg und wurde anschließend als Hauptsturmührer und Taktiklehrer an die Junkerschule Braunschweig berufen; auch der kaufmännische Leiter Otto Spanka kam von der LSSAH als Schulungsführer zu den Totenkopfverbänden; Walter Schmidetzki gab 1934 die Arbeit als Angestellter bei der Kämmereikasse in Neisse auf, trat in den Dienst der LSSAH und wurde später Schulungsleiter im KZ Hinzert.18 Weitere Schulungsdokumente sind erst wieder für das Jahr 1944 erhalten, als die »Leibstandarte Adolf Hitler« als 1. SS-Panzer-Division im besetzten Frankreich operierte. Im April wurde die Division von den Kämpfen in der nördlichen Ukraine abgezogen und zur »Auffrischung« in die Normandie verlegt. Am 22.4. kam ein Sonderbefehl zur jetzt »planmäßig« durchzuführenden weltanschaulichen Erziehung heraus: wöchentlich 2 Stunden Unterricht in den Einheiten durch den Einheitsführer, zweimal im Monat Unterführer-Unterricht durch den Leiter der Abt. VI sowie »politische Wochenübersicht und gelegentliche Vorträge nach Lage«. Regimenter, Bataillone und Abteilungen hatten Führer zu benennen, die die Aufgaben der Abt. VI in den Einheiten wahrnahmen. Die Arbeit der Abt. VI wurde jetzt intensiviert und auf eine neue

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Grundlage gestellt. Eine Abt. VI bestand aber auch vorher schon, sie gab 1943 zum Beispiel das Informationsblatt »Unser Kampf im Spiegel der Tagesnachrichten« heraus und versandte schon vor dem April 1944 Schulungsbriefe »Gedanken zur Menschenführung«.19 Im Rahmen dieser Reihe erschienen in der Folgezeit Blätter mit Ausführungen zu Themen wie »Behandlung der volksdeutschen Freiwilligen«, »Amerikanismus – eine Weltgefahr«, »Die Diskussion«, »Freizeitgestaltung und soldatische Lebensauffassung«. Der planmäßige Unterricht erfolgte in Anlehnung an den 12-Wochen-Lehrplan des SS-Hauptamtes. So erstellte die Abt. VI etwa eine 12seitige Schulungsunterlage nach dem Lehrplan zum Thema »Der Führer, sein Leben und seine Bedeutung für Europa«. Für den Juni 1944 arbeitete sie allerdings eine Unterrichtseinheit über »Das Reich als sozialistische Lebensordnung« aus, die so nicht im Lehrplan stand: »Einleitung: Sozialismus als ein Kernproblem des gegenwärtigen Kulturkampfs Hauptteil: Das Reich als sozialistische Lebensordnung 1. Was ist »Sozialismus«? 2. Sozialismus ist nicht Angelegenheit eines politischen Teilgebiets, sondern der politischen Gesamtordnung 3. Der sozialistische Charakter der Gesamtverfassung des Reichs 4. Die Grundgedanken des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit als sozialistisches Vorbild 5. Das Werk der Deutschen Arbeitsfront als Werk des Sozialismus 6. Das nationalsozialistische Erziehungssystem als die sozialistische Garantie der Zukunft. Schluß: Das Reich trägt die Fahne des Sozialismus gegen eine unsozialistische Umwelt.«20

Ende Juni wurde die Division an die Invasionsfront abkommandiert. Erst im Herbst gab es wieder eine »Auffrischungsphase«. Für die Zeit vom 23.10. bis zum 20.11. wurde erneut ein Unterrichtsplan mit dem Ausbildungsziel des »politischen Soldaten« aufgestellt; die weltanschauliche Erziehung müsse ein »einheitliches Wissen um den Sinn unseres Kampfes« und den »fanatischen Willen, diesen Kampf zu Ende zu führen« vermitteln. Noch am 2. und 6. Dezember brachte die Abteilung VI als »Informationsdienst« eine »Politische Wochenschau« heraus, am 5.12. »Gedanken zur Menschenführung«. Am 2.12. schloss der Informationsdienst mit einem NietzscheZitat, am 5. Dezember begann er wieder mit Nietzsche: »Gegen den Untermenschen« und gab damit die Antwort auf die am 6.12. aufgeworfene Frage »Warum sind sie uns nicht gewachsen?« Leiter der Abt. VI war seit August 1942 Obersturmführer Pröschold, zuvor Mitarbeiter und stellvertretender Leiter der Abt. »Bild und Film« im Schulungsamt. Außer Nietzsche-Zitaten brachten die letzten Ausgaben des Informationsdienst noch Beiträge wie »So haust der Feind«, »Gedanken zum Kriege«, »Sowjetpropaganda mit Kriegsgefangenen«, »Amerikanische Kriegsziele« und ein »Gespräch von Mann zu Mann« über »Deine Stellung zum Jazz«. Am 13.12. brach die Division zum Einsatz bei der Ardennen-Offensive auf. Unmittelbar nach Beginn der Kampfhandlungen, am 17.12. beging sie ein Massaker an etwa 100 amerikanischen Kriegsgefangenen.

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Ein Reformpädagoge in der Waffen-SS: Karl Schwarz und die SS-Panzer-Grenadier-Division »Hohenstaufen« Ebenfalls in Frankreich war die Division »Hohenstaufen« stationiert. Sie wurde im Februar 1943 in Berlin aufgestellt und im Frühjahr nach Frankreich verlegt. Von März 1943 bis Dezember 1944 leitete der Lehrer Karl Schwarz die Abt. VI der Division. Schwarz, 1912 in Selb als Sohn eines Buchdruckers geboren, hatte von 1926 bis 1932 die Lehrerbildungsanstalt Bayreuth besucht und anschließend den Vorbereitungsdienst für Volksschullehrer abgeleistet; 1935/36 arbeitete er als Assistent an der Lehrerbildungsanstalt. 1936 legte er die 2. Lehramtsprüfung ab und erhielt eine Anstellung als Hilfslehrer in Selb. Schwarz war seit 1933 Mitglied der SS und wurde zu Beginn des Krieges zur Waffen-SS eingezogen. 1940 diente er als Untersturmführer bei der 4. und 15. Totenkopf-Standarte. Ab November 1940 war er an der Unterführerschule Lauenburg tätig, bis er im März 1943 als »VIa« zur Division »Hohenstaufen« kam.21 Aus der Zeit seiner Tätigkeit bei der Division sind eine Reihe z.T. umfangreicher Materialien erhalten, so Notizen zu einzelnen Schulungsthemen (»Finnlands Freiheitskampf«, »Der Treueid des SS-Rekruten«, »Nationalsozialistische Kolonialpolitik« u.ä.), konzeptionelle Abhandlungen zur Erziehungsarbeit (»Von der Kunst der Menschenführung«) und vor allem einige ausführliche Schulungspläne.22 Unmittelbar nach seinem Amtsantritt legte Schwarz für den April einen vierwöchigen Plan vor, der insgesamt 8 Stunden zum Thema »Unser Kampf« beinhaltete: »I. Sein oder Nichtsein. Sieg oder Untergang (1. Wo.) 1. Es gibt keine Wahl (1. Std.) 2. Siege erringt nur der Starke (2. Std.) II. Wir Männer der Waffen-SS wollen Träger höchster Kraft sein (2. Wo.) 1. Denn wir besitzen den Glauben an unsere Weltanschauung – Weltanschauung verlangt von jedem einen bestimmten Standpunkt (3.Std.) – Eine Weltanschauung muß gelebt sein (4. Std.) 2. Wir sind getragen von der Kraft einer harten Gemeinschaft (3. Wo.) – Kampfgemeinschaft; Unsere Kampfgemeinschaft umfasst auch unsere Angehörigen (5. Std.) – Die Gemeinschaft der SS lebt nach Gesetzen (6. Std.) 3. Dem Führer verschworen (4. Wo.) – Aufgabe (7. Std.) – Der Führer (8. Std.)«

Für jede einzelne Stunde arbeitete Schwarz ein detailliertes Konzept mit methodischdidaktischen Vorschlägen und Literaturhinweisen – Stellen aus den Leitheften, dem SS-Taschenkalender und dem »Schwarzen Korps« – für die mit der Durchführung der Schulung beauftragten Kompanie- und Zugführer aus. Zur Illustration seiner Didaktik der Plan für die 1. Stunde:

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Leitgedanke Gedankenführung Hinweise Es gibt keine Das Gesetz des Krieges erfasst unser ganzes Leben. Beispiele aus dem Dienst Wahl Keiner entzieht sich ihm. Der tägliche Dienst, unsere Aufgaben, Gedanken und Gespräche stellen den Krieg in den Vordergrund. Das ganze Volk steht unter dem Gesetz des Krieges Damit der Krieg wirkt in alle Bereiche: Front und Heimat (Bombenangriffe, Berufsleben, Familienleben, Stimmung, Gespräche) Jeder weiß, um was es heute geht. Mit unseren Feinden gibt es keinen Ausgleich, keinen Waffenstillstand oder Friedensschluß, es geht um Sein oder Nichtsein, um Sieg oder Untergang, Bestehen oder Vernichtung.

Wir wissen, dass wir ohne den Sieg untergehen. Das wäre das Werk des Bolschewismus. Das haben die Feinde deutlich ausgesprochen.

Darum gibt es für uns nur den Sieg!

Beispiele aus dem Familien- und Heimatkreis des SS-Mannes. Begriff »total« Leitheft 2 S.5! Die rücksichtslose Kampfführung der Sowjets. Mobilisation aller Kräfte Deutschlands und Europas Auslieferung Europas an den Bolschewismus. Sterilisationspläne, Verschleppung der Männer. Zerstörung des von uns Geschaffenen auf allen Gebieten.

Für den Mai folgte die Schulungseinheit »Unsere Weltanschauung«, im Juni ging es um das Thema »Nationalsozialisten und Soldaten«, im Juli um den »totalen Krieg« – mindestens 2 Stunden in der Woche sollten die Fragen »Wie kam es zum heutigen Krieg?« und »Was heißt ›totaler Krieg‹?« behandelt werden. Für August und September sind keine Unterlagen überliefert. In den Akten findet sich nur der Hinweis auf einen »Theodor Körner-Gedenktag« am 26.8. Im Oktober stand das Thema »Warum Waffen-SS« auf dem Programm: 1. Die Lehre von 1918 2. Der Kampf um das Reich 3. Die Sicherung des Reichs 4. Die Notwendigkeit einer unbedingt zuverlässigen Truppe 5. Die Waffen-SS und die Sicherung des Reichs

Seine Erläuterungen gliederte Schwarz jetzt in »A. Beispiele, B. Hinweise zur Besprechung und C. Schrifttum«. Im November wurden folgende Themen behandelt: 1. Novemberzeit (Natur) 2. Deutschlands schwere Zeit 3. Langemarck 4. Feldherrnhalle 5. Der Kampf geht weiter

Zu diesen WE-Stunden kamen Besprechungen politischer Tagesfragen, z. B. am 10.10.: »Was lernen wir aus den Vorgängen in Italien?«.

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Vom Dezember 1943 ist ein Wochendienstplan für die Woche vom 20. bis 26.12. erhalten: a) Grundgesetze der SS in Verbindung mit der D.S.O. [Deutsche Soldatenordnung] (Kameradendiebstahl, Fahnenflucht, Selbstverstümmelung, Feigheit, Wachvergehen) b) Verhalten auf Wache, Posten und Streife c) Julfeier am 21.12. (Rede des Einheitsführers über Sonnenwende, Geburt des Lichtes, Brauchtum usw.) d) am 24.12. abends kameradschaftliches Beisammensein.

Schwarz arbeitete die Pläne und Konzepte aus und dürfte auch selber gelegentlich Vorträge gehalten haben, die Durchführung oblag aber in der Hauptsache den Kompanie- und Einheitsführern; für sie stellte er Materialien zusammen und verfasste Ratschläge zur pädagogischen Praxis. Zum Thema »Wie kam es zum heutigen Krieg?« erstellte er Materialien, die sich mit Versailles und dem »Dolchstoß« befassten, die »Rolle der Juden«, den »Einkreisungsversuch Englands«, die »Herausforderung durch Polen« usw. erläuterten und Deutschland als Opfer darstellten, das nur um sein Lebensrecht kämpfe, aber nicht auf Eroberung und Weltbeherrschung aus sei; Hauptkriegstreiber und -verursacher seien: »1. Das Weltjudentum, 2. England-Frankreich, 3. Sowjetunion, 4. USA. Roosevelt steht im Dienst der Juden«. Deutschland sei das größte Hindernis für die Juden auf dem Weg zur Weltherrschaft – »darum ihr Haß, darum ihr Vernichtungskrieg gegen uns.« Daher auch: »Es gibt in diesem Krieg nur Sieg oder restlose Vernichtung von uns.« All dies war »als Pflichtthemen in allen Einheiten mit den Männern zu besprechen«. Dabei dürfe der Unterricht, dies hob Schwarz auch bei anderen Gelegenheiten immer wieder besonders hervor, nicht lehrhaft, sondern müsse anschaulich und mitreißend sein: »Der Unterricht soll zum Gespräch mit den Männern werden. Anschauliche Beispiele, Berichte, Erzählungen, Vorlesungen erhöhen die Wirkung. Es kommt niemals darauf an, viel zu reden, wohl aber darauf, dass das Gesagte und Geforderte aus eigener Überzeugung und Gläubigkeit kommt.«23 Trotzdem legte Schwarz auch Wert auf materialreiche Begründungen. So stellte er beispielsweise für das Oktober-Thema »Warum Waffen-SS« ein umfangreiches Kompendium an Literatur zusammen: zum 1. Thema: Auszüge aus »Mein Kampf« und dem Lehrplan für die 12wöchige bzw. 6monatige Schulung; 2. Thema: Auszüge aus dem Lehrplan, die Stoffsammlungen des SS-HA »Der Sieg der NSDAP« und »Das Reich und Europa«; 3. Thema: die Stoffsammlungen »Das Bauerntum« und »Rassenpolitik« sowie das Leitheft 4/1943 (»Die Wiege«); 4. Thema: Auszüge aus »Mein Kampf«; 5. Thema: Auszüge aus dem Lehrplan, die Stoffsammlung »SS-Mann und Blutsfrage«, Leitheft 2/1943 (»Ordensgemeinschaft«) – man sieht, Schwarz kannte sich recht gut in der Schulungsliteratur des SS-Hauptamtes aus. Bemerkenswert sind seine allgemeinen »Hinweise zur Unterrichtsgestaltung«, die er unter dem Titel »Ausbilder sein!« für die Einheitsführer zusammenfasste. Sie zeigen, dass sich »moderne«, reformpädagogisch aufgeklärte Unterrichtsprinzipien durchaus mit nationalsozialistischem Eiferertum vertrugen.24 »Wenn die Mannschaften beim Unterricht schlafen«, leitete Schwarz seine Handreichung ein, »ist der Unterrichtende schuld – nicht die Mannschaften und nicht der Stoff.« Vom Ausbilder verlangte er 1. Einfühlungsvermögen – »Spott stumpft ab. Nicht eingehenkönnen auf halbrichtige Antworten zeigt geringe Lehrbefähigung – Ungeduld zeigt Lehrunfähigkeit.« 2. Erfindungsgabe bei der Gestaltung des Vortragsstoffs und 3. »volle Beherrschung des

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Stoffes«. Preußischen Drill lehnte Schwarz ab: »Ausbilder: Der Sinn Deiner Tätigkeit ist nicht ein Wau-Wau-Dasein, sondern Ausbildung und Erziehung der Dir anvertrauten Leute. … Im Ernstfall sind Deine Männer nur zu gebrauchen, wenn sie Selbstvertrauen haben. Wenn Du dies zerbrichst, dann bist Du ein Verbrecher an der Wehrkraft und an unserem Volk überhaupt.« Stärkung des Selbstvertrauens der Schüler und eine kreative Unterrichtsgestaltung sollten die leitenden Prinzipien sein: »Vor allem muss alles geschehen, um der natürlichen Ermüdung vorzubeugen: a) Weitgehender Verzicht auf den Gemeinschaftsunterricht zugunsten der persönlichen Einzelunterweisung in kleinen Gruppen am Gerät, an der Skizze und im Gespräch über die gegebene Aufgabe; b) Wo Gemeinschaftsunterricht unbedingt erforderlich ist: 1. Auflockerung durch Bildhaftigkeit (Wandtafeln, Bildwerfer, Film, Modell); 2. Erfragen wesentlicher Einzelerfahrungen, die der Einzelne mit Stolz vorbringt und die die anderen aufhorchen lassen; 3. Improvisation von ›Spielen‹, die Abwechslung in den Stundenplan bringen; 4. Fesselung durch typische Beispiele in spannendem Rahmen; 5. Herausforderung von Leistungen, durch ihre Bewertung, von der der Mann in Kenntnis gesetzt wird; 6. Forderung des Streitgesprächs – nur muss es ein Streitgespräch zwischen 2 Lehrgangsteilnehmern sein…«!

Was Schwarz zur »Arbeitsstunde« sagt, lässt an die Pädagogische Psychologie Piagets oder die im Dritten Reich verbotene Pädagogik Montessoris denken: »Lass Deine Männer in Selbstübungen vorarbeiten, was Du ihnen in vorbildlicher Weise erklärt und vorgemacht hast. Nur in der Freizeit der unbewachten, also ungestörten Selbstübung werden Deine Männer richtig vorarbeiten, was Du ihnen vermittelt hast. Auswendig lernen ist sinnlos, augenblickliches Begreifen allein genügt nicht, da mancher selbst das, was er begriffen hat, nicht beherrscht. Einzig über selbst erarbeitete Gedanken und selbst ausprobierte Gewöhnungen ist man Herr. – Bei der Ausbildung kommt es auf eine vernünftige Anleitung zur Selbsterarbeitung und Selbsterprobung an.«25

Ob von diesen Anregungen und Vorschlägen irgendetwas in die Tat umgesetzt wurde, wissen wir nicht. Immerhin wurde Schwarz offenbar nicht als weltfremder Romantiker abgetan, sonst wäre er nicht bis Ende 1944 als Leiter der Abt. VI im Amt geblieben. Er wurde auch nicht von seinem Amt abgezogen, sondern stieg vielmehr im Dezember 1944 noch zum »VIa« beim Generalkommando des II. SS-Panzerkorps auf. Im November 1944 kam mit Hans Harreby ein weiterer Lehrer zur Abteilung VI der Division »Hohenstaufen«. Harreby, der aus Hadersleben in Nordschleswig stammte, hatte an der HfL Kiel studiert und war volksdeutscher Jugendführer in Dänemark. 1941 wurde er zur Waffen-SS einberufen. Nach einem Lehrgang in Prosetschnitz und einem Einsatz in Karelien kam er als Mitarbeiter der Abt. VI zunächst zum Generalkommando des II. SS-Panzer-Korps, dann zum SS-Panzer-Grenadier Ausbildungs- und Ersatzbataillon 2 und schließlich zur Division Hohenstaufen.26 Die Division war unterdessen im Frühjahr 1944 zu Kämpfen nach Südrussland abgezogen worden, kehrte aber im August wieder nach Frankreich zurück, um dort an den Kämpfen gegen die Invasionstruppen teilzunehmen. Nach schweren Verlusten – von etwa 17.000 Mann im Februar 1944 waren im Oktober noch 6.000 geblieben – wurde sie zur Auffrischung nach Westfalen verlegt und dort neu aufgestellt. Hier begann eine Phase der

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Ausbildung, in der auch wieder weltanschauliche Kurse durchgeführt werden konnten. Danach, ab Mitte Dezember wurde die Division bei der Ardennenoffensive eingesetzt. Bereits am 17.9.1944 wurden die ersten Ausbildungsrichtlinien für die Auffrischung der Nachrichtenabteilung erlassen. Der auf 4 Wochen ausgelegte Plan, dem die eben erwähnten »Hinweise zur Unterrichtsgestaltung« beilagen, differenzierte nach politischer und weltanschaulicher Schulung: 1. Politische Schulung: Leitsatz »Sieg oder Untergang (Wir – unser Gegner)« 1. Std.: Die nationalsozialistische Idee und ihre Verwirklichung 2. Std.: Die Plutokratie in England und Amerika, ihre Wesenszüge und Auswirkungen 3. Std.: Der Bolschewismus und seine Lehre 4. Std.: Das Judentum als Führer der Plutokratie und des Bolschewismus 2. Weltanschauliche Schulung. Leitsatz: »Die SS und ihre Aufgabe« 1. Std. Geschichte der SS 2. Std. Die Gesetze der SS 3. Std. Die SS als Vorkämpferin für ein neues Europa 4. Std.: SS-Mann, deine Ehre heißt Treue

Außerdem war einmal die Woche eine Stunde Singen vorgesehen. Ähnliche Pläne sind für Oktober und November für die verschiedenen Einheiten der Division erhalten. Sie differieren je nach Bezugs- und Funktionsgruppe in den zeitlichen Vorgaben und inhaltlichen Schwerpunkten. Insgesamt steht das Bemühen um eine Legitimation des Krieges im Vordergrund, bei dem noch einmal das Feindbild des »internationalen Judentums« mobilisiert wurde; stets war dies mit einer Erläuterung der Aufgaben und des Selbstverständnisses der SS und in einigen Fällen auch mit historischen Exkursen verbunden, die der Selbstvergewisserung dienten. Für das 19. Panzerregiment wurde am 28.10. folgender Plan ausgegeben: 1. Wo.: 1. Der Sinn dieses Kampfes, 2. Politische Wochenübersicht 2. Wo.: 1. Grundsätzliche Befehle RFSS; 2. Totalität des Krieges und Haß unserer Feinde; 3. Politische Wochenübersicht 3. Wo.: 1. Der Reichsgedanke, 2. Der Jude als Urheber der beiden letzten Kriege, 3. Politische Wochenübersicht 4. Wo.: 1. Sozialismus, Imperialismus, Bolschewismus; 2. Politische Wochenübersicht

Für die Begleitkompanie wurde zur gleichen Zeit ein erheblich differenzierterer Plan mit wöchentlich 4 Stunden weltanschaulich-politischem Unterricht und einer starken historischen Akzentuierung angesetzt: 1

Wo.: 1. Std.: Deutsche Geschichte bis zum Friderizianischen Zeitalter, 2. Friedrich der Große, Freiheitskämpfe, Bismarck; 3. Bismarck – Reichsgründung, Weltkrieg; 4. Politische Tagesfragen 2. Wo.: 1. Geschichte der Partei, 2. Forts., 3. Das Programm der NSDAP, 4. Politische Tagesfragen 3. Wo.: 1. Die Aufgabe von 1933-39, 2. Die Geschichte der SS, 3. Grundsätzliche Befehle des RFSS, 4. Politische Tagesfragen 4. Wo.: 1. Nationalsozialismus – Internationalismus – Bolschewismus – Judentum, 2. Warum und wofür kämpfen sie? – 3. Die SS als germanischer Sippenorden, 4. Politische Tagesfragen

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Über politische Tagesfragen, die Befehle des RFSS und die »SS als germanischer Sippenorden« sprach der Kompanieführer, für die anderen Themen wurden Zugführer herangezogen, die offensichtlich die nötige historische Bildung dafür hatten.

Die Divisionen »Frundsberg«, »Götz von Berlichingen«, »Das Reich« und das Generalkommando des SS-Panzerkorps Wie die Divisionen »Leibstandarte Adolf Hitler« und »Hohenstaufen« durchliefen auch die Divisionen »Frundsberg«, »Götz von Berlichingen« und »Das Reich« 1943/44 in Frankreich Phasen der Ausbildung, von der Dokumente zur weltanschaulichen Erziehung erhalten sind.27 Bereits 1942 war in Frankreich das »Generalkommando des SS-Panzerkorps« gebildet worden, das die Aufstellung der Divisionen der Waffen-SS organisieren sollte. Es erhielt im Juni 1943 die Bezeichnung »Generalkommando des II. SS-Panzerkorps«. Im Dezember 1944 wechselte Karl Schwarz als Leiter der Abt. VI von der Division »Hohenstaufen« zum Generalkommando, Anfang 1944 war Hans Harreby hier Mitarbeiter der Abt. VI, der Ende 1944 Karl Schwarz bei der Division »Hohenstaufen« ablöste. Im Sommer 1942 war beim Generalkommando eine Abt. VI eingerichtet worden, mit deren Leitung der Jurist Dr. Kurt Groß betraut wurde. Groß stammte aus Harrachsdorf am Riesengebirge, wuchs aber in Österreich aus, nachdem seine Eltern 1921 aus Tschechien ausgewiesen worden waren. Als Jugendlicher gehörte er dem Steirischen Heimatschutz an, 1932 trat er der NSDAP, 1933 der SS bei, seit 1938 arbeitete er als Gauinspektor bei der Reichsleitung der Partei. 1939 wurde er zum Obersturmführer ernannt und mit Beginn des Krieges zur Waffen-SS eingezogen; nach Verwundung und längerem Lazarett-Aufenthalt wurde er im Juli 1942 zum Leiter der Abt. VI beim Generalkommando bestellt.28 Der Schulungsbetrieb begann im September nach dem Lehrplan des SS-Hauptamtes mit 2 Wochenstunden weltanschaulicher Erziehung. Groß selbst hielt jede Woche eine Stunde über aktuelle politische Themen ab und überließ den Unterricht in »nationalsozialistischer Weltanschauung« den Einheitsführern. Im Einzelnen sprach er über diese Themen: Das neue Asien (Japan) USA-Imperialismus Die deutsche Kolonialfrage Geschichte Deutschland – Frankreich, vom neuen französischen Standpunkt aus gesehen Das neue Italien und Mussolini England Indien – Ägypten Europäische Agrarpolitik Europäische Wirtschaftspolitik

Den jungen Männern wurde einiges zur Unterhaltung geboten. Im August unternahm man Schiffs- und Stadtrundfahrten in Paris, im Oktober fuhr man zur Besichtigung der Kathedralen nach Chartres und Le Mans. Der Monatsbericht für den November 1942 nennt acht KdF-Vorstellungen und 40 Filmveranstaltungen; im Oktober wohnte man einer Aufführung der Oper »Die unverhoffte Heirat« durch den »Operntrupp Stüwe« bei, außerdem konnten die Männer das Lustspiel »Flitterwochen«, Lessings »Minna von Barnhelm« und die Aufführung von Opernauszügen durch das Deutsche

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Theater Lille erleben. »Die Darbietungen werden mit großer Freude aufgenommen«, notierte der Schreiber des Kriegstagebuchs am 20.9.42. Jeden Sonntag wurden 10 Freikarten für den Besuch Pariser Variétés vergeben. Ebenfalls im Oktober setzte Groß einen Singeleiter-Lehrgang an und rief einen Wettbewerb zur Ausgestaltung der Gemeinschafts- und Wohnräume aus; Führer- und Reichsführerbilder konnten bei der Abt. VI empfangen werden. Groß’ Tätigkeitsberichte und seine Politischen Wochenübersichten sind bis zum Dezember 1942 erhalten. Im Januar wurde der Verband nach Russland verlegt, Groß wechselte als Leiter der Abteilung VI zur Unterführerschule Radolfzell.29 Etwa gleichzeitig, im Februar 1943 wurde in Südfrankreich die 10. SS-Panzer-Division aufgestellt, die später den Namen »Frundsberg« erhielt. »Der Kommandeur der Division befahl im November 1943 eine Intensivierung der politisch-weltanschaulichen Erziehung. Die Berichte der Abt. VI hätten gezeigt, dass einige Kompanieführer das Wesentliche »dieser überaus wichtigen Aufgabe« noch nicht erkannt hätten: Es gehe nicht um Detailwissen, sondern darum, die Männer »zu politischen Soldaten und krisenfesten Nationalsozialisten zu erziehen. Das erreicht man nicht durch stures Einpauken von Geschichtszahlen oder durch Vorlesen der von der Division herausgegebenen Unterlagen.« Im August 1943 hatte man in der Division die Durchführung der beiden Schulungsreihen »Die deutsche Geschichte« (»Der Weg zum Reich«) und »Unsere Gegner« angeordnet. Durch Vorträge über die »großen Epochen« der deutschen Geschichte sollte der »Stolz«, Angehörige des deutschen Volkes zu sein geweckt und ein »Überlegenheitsgefühl« geschaffen werden; durch Vorträge über den Gegner sollten die Männer zu »fanatischen Hassern« erzogen werden. Ziel war, politische Soldaten zu schaffen, »die jedem Gegner nicht nur mit den Waffen, sondern auch geistig und überzeugungsmäßig überlegen sind.«30 Es kam also auf die richtige Auswahl und Darbietung des Stoffes an. Für diese Aufgaben hatte man mit Gerhard Lutosch als Leiter der Abt. VI den geeigneten Experten gefunden. Lutosch, Studienrat und Napola-Erzieher, war von Februar 1941 bis März 1943 zunächst als WE-Führer bei der Inspektion der Konzentrationslager in Oranienburg, dann als Schulungsleiter im KZ Buchenwald tätig gewesen und war daher mit der »Erziehung zum fanatischen Hass« bestens vertraut. Lutosch kam im Frühjahr 1943 als 2. Führer der Abt. VI zur Division »Frundsberg«. Zuvor war Adolf Kleffel im Februar 1943 vom Schulungsamt damit beauftragt worden, die Abt. VI der Division aufzubauen, die zu diesem Zeitpunkt mit jungen Wehrpflichtigen der Waffen-SS in Frankreich aufgestellt wurde. Kleffel war 1940 bis 42 »Inspekteur für die politisch-weltanschauliche Erziehungsarbeit« in den Konzentrationslagern gewesen und kannte Lutosch aus dieser Zeit. Als Kleffel im April 1944 zum »VIa« beim Generalkommando des VI. Panzerkorps ernannt wurde, rückte Lutosch als Leiter der Abt. VI der Division nach.31 Zu Beginn seiner Amtszeit im Februar 1943 stellte Kleffel Richtlinien für die Ausbildung auf, in denen er das Leitbild des politischen Soldaten in den Vordergrund stellte und die Bedeutung der politischen Schulung für den Kampfgeist hervorhob – als Vorbilder nannte er die »islamitische Begeisterung der Araber und Türken«, die »puritanischen Truppen Cromwells«, die »Französischen Revolutionsheere« und die »militärische Fanatisierung durch den Bolschewismus«: »Der Krieg in Russland hat klar bewiesen, dass ein politisch erzogenes Heer rücksichtsloser kämpft.« Wegen der Kürze der Zeit müsse man sich bei der Ausbildung auf die wesentlichen und entscheiden-

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den Fragen beschränken: »Warum führen wir diesen Krieg und warum müssen wir den Krieg gewinnen?« Die Männer müssten wissen, dass das »Weltjudentum« in Gestalt des Bolschewismus im Osten und des »völkeraussaugenden, plutokratischen Angelsachsentums« im Westen gegen Deutschland hetze: »Wir müssen siegen, weil sonst die mordgierigen Horden des Bolschewismus über das Reich und ganz Europa hereinbrechen, alles was uns lebenswert erscheint, vernichten und alle Deutschen der seelenlosesten, grausamsten Sklaverei ausliefern würden. – Wir müssen siegen, weil sonst Hand in Hand mit den Bolschewisten das rassische Untermenschentum der internationalen Juden in seinem infernalischen Haß die deutschen Männer morden und sterilisieren, die deutschen Frauen misshandeln und missbrauchen, sowie die deutschen Kinder außer Landes schaffen würden, um sie vergessen zu lassen, dass sie Deutsche sind; und weil sonst das, was die Bolschewisten vom Reich übrig ließen, zu einer Sklavenkolonie des internationalen Judentums werden würde – ein zweites unter der britischen Knute eines Churchill stöhnenden Indiens.«32

Im Mai 43 stellte Lutosch einen Schulungsplan auf, der um die Themen »Der Sinn dieses Krieges«, »Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung« sowie »Geschichte, Aufgaben und Grundgesetze der SS« zentriert war. Dazu erstellte er umfangreiche Schulungsmaterialien. Der Unterricht begann danach mit einer Vortragsfolge zum Leben des Führers, die anhand des 12-Wochen-Lehrplans des Schulungsamtes in drei Abschnitte gegliedert war: »1. Jugend und Entwicklung des Führers bis zum Beginn seines politischen Kampfes (1889-1918), 2. Des Führers Kampf um die Macht (1919-33), 3. Der Führer als Staatsmann und Feldherr (1933-43)«. Auf der Grundlage der Schrift »Der Weg der SS« stellte Lutosch danach Materialien über Geschichte, Aufgaben und Grundgesetze der SS zusammen; darin betonte er die Bedeutung der Allgemeinen SS: Im Kriege stehe zwar die Waffen-SS im Vordergrund, »Mutterboden« bleibe aber die Allgemeine SS: »Ohne den SS-Mann der Kampfzeit, der sich mit der Kommune herumschlug, gäbe es heute keine Waffen-SS. Das darf nie vergessen werden! SS-Männer sind wir alle, gleichgültig ob wir unseren Dienst im grauen Rock der Waffen-SS oder im schwarzen der Allgemeinen SS versehen.«33 Es folgte eine Ausarbeitung über »Rassenkunde und Bevölkerungspolitik«, da im Juli das Thema »SS-Mann und Blutsfrage« im Mittelpunkt stand; ergänzend zum gleichnamigen Sonderheft des SS-Hauptamtes zog man die Stoffsammlung »Rassenpolitik« und Ecksteins Broschüre »Rassenleib und Rassenseele« heran. Zwischendurch schaltete man – die Division befand sich in Südfrankreich – eine Stunde über die Basken ein. Im Juli beschloss die Abt. VI, ab August zwei parallel laufende Unterrichtseinheiten über die deutsche Geschichte und »Unsere Gegner« durchzuführen. Bei der Behandlung der deutschen Geschichte komme es, so Lutosch, nicht auf Zahlen und Fakten an, sondern auf die Grundgegebenheiten und -kräfte, die die Geschichte bestimmen, und das hieß vor allem den Zusammenhang von »Rasse und Raum« zu verstehen: »Nur so kann die Fülle von Ereignissen erkannt werden, nur so kann die Geschichte zu politischem Denken erziehen.« Es gelte, aus der Vergangenheit zu lernen und in der Beschäftigung mit der Geschichte Kräfte der Begeisterung, des Stolzes und der Einsatzbereitschaft zu wecken. Für die gesamte geschichtliche Unterrichtsreihe waren, dem 12-Wochen-Lehrplan folgend, 12 Stunden vorgesehen, für jede Stunde kündigte die Abt. VI Schulungsunterlagen an, die die Kompanieführer zur Vorbereitung auf die Vorträge durchzuarbeiten hatten; ergänzend dazu sollte die Stoffsammlung »Der Weg

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zum Reich« herangezogen werden. Für die erste Stunde, in der eine Einführung in die nationalsozialistische Geschichtsauffassung vorgesehen war, arbeitete Lutosch eine Erläuterung unter dem Thema »Grundkräfte der Geschichts-Entwicklung« aus. Über die entscheidenden »rassischen Grundlagen der deutschen Geschichte« folgten weit ausholende Erläuterungen, die bis auf die alten Griechen und Römer zurückgingen, die wie selbstverständlich als »nordrassische Völker« vereinnahmt wurden – »griechischer Tempel edelste Gestaltung des nordischen Rechteckhauses!«. Auch Perser und Inder waren ursprünglich nordische Herrenvölker und Bauernkrieger: »Überall treten diese ›Arier‹ (ihrer Sprache nach auch als Indogermanen zusammengefasst) als Kulturschöpfer auf.« Die nordische Rasse, mit der arischen gleichgesetzt, wurde als »schöpferisch, kulturell hochstehend und außergewöhnlich begabt« charakterisiert. In der Geschichte ließen sich aber auch die Gefahren erkennen, vor allem die Gefahren, die aus Verstädterung und Rassenvermischung drohen: »Geschichte kann uns hier als Lehrmeisterin dienen: Das deutsche Volk, dessen Überlegenheit gegenüber den anderen Völkern auf seinem starken nordischen Blutserbe beruht, muß dies durch Kinderreichtum und Wahrung seines rassischen Charakters zu erhalten suchen.«34 Das Überlegenheitsgefühl sollte durch die Kontrastierung mit den niederen Motiven des Gegners noch gesteigert werden. In Kurzvorträgen von 15-20 Minuten »über Methoden (Luftterror, Propaganda, Attentat u. a.) und Ziele (Zweites Versailles, Sterilisierung und Deportierung großer Teile des deutschen Volkes u. a.) ...« sollte »Haß und Abscheu vor den skrupellosen Gangstermethoden und den brutalen, verbrecherischen Absichten des Feindes« geweckt werden: »Der Mann muß für den Einsatz fanatisiert werden; leidenschaftlicher Haß und der Wille, den Gegner da, wo er ihn trifft, zu vernichten, muß ihn erfüllen.« Der eingangs erwähnte Kommandanturbefehl vom 25.11.43 zeigt, dass die Einheitsführer sich schwer taten, all diese »wesentlichen« Zusammenhänge zu erfassen, so dass Lutosch eine Wiederholung der schon behandelten Themen anordnete. Ergänzend dazu empfahl er im Februar 1944, regelmäßig Abschnitte aus »Mein Kampf« vorzulesen und gab dazu den Ratschlag: »Nur das vorlesen, wozu man etwas zu sagen weiß. Die mehr theoretischen Abschnitte müssen durch Fragen, Erläuterungen usw. aufgelockert werden!« Gleichzeitig entwarf er den Plan für eine Morgenfeier »Der Preußenkönig«, mit Instrumentalmusik, Chor, Sprechchor, gemeinsamem Gesang, einem Rahmen-Sprecher sowie einem »Friedrich- und einem Führer-Sprecher«.35 Die Feier war als Ergänzung zur 5. Schulungsstunde einer erneuten Schulungsreihe über die deutsche Geschichte gedacht, in der es um »Preußens Weg zur Großmacht« ging: »Um die Gestalt Friedrich d. Gr. den Männern in noch stärkerem Maße zum Erlebnis werden zu lassen, ist eine Feierstunde zusammengestellt worden, die bis zu den Bataillonen verteilt wird.« Damit sollte wohl noch einmal zusätzliche Kraft aus der Geschichte geschöpft werden, denn kurz danach wurde die Division zusammen mit der Division »Hohenstaufen« an die Ostfront verlegt. Geschichtliche Kraft und Verpflichtung bezog man aber schon aus dem eigenen Namenspatron, dem Landsknechtführer Georg von Frundsberg, der unter anderem 1526 die Truppen des mit Frankreich verbündeten Papstes geschlagen hatte. Ursprünglich war die Division nach Karl dem Großen benannt worden, aber Karl der Große war umstritten, weil er dazu beigetragen hatte, die Germanen mit Gewalt zum »römischen Christentum« zu bekehren, wohl deshalb änderte man den Namen im Oktober 1943 in »Division Frundsberg«.36

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Ein anderer deutscher Ritter, der sich Verdienste im Kampf gegen die Franzosen und zudem als Bauernführer im 16. Jahrhundert erworben hatte, war Götz von Berlichingen; seinen Namen trug die im Herbst 1943 gleichfalls in Südfrankreich aufgestellte 17. Division der Waffen-SS. Die Division wurde durch Abgaben aus der Division Frundsberg und anderen Verbänden gebildet und durchlief eine vergleichsweise kurze Zeit der Ausbildung von Januar bis April 1944, bevor sie zum Fronteinsatz kam.37 Der Kommandeur der Division Werner Ostendorff befahl deshalb auch nur einen 8wöchigen Lehrplan mit 16 Stunden für die weltanschaulich-politische Schulung zu den Hauptthemen: I. II. III. IV. V. VI.

Das Leben des Führers und Geschichte der Bewegung Neubau des Reichs Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung Die SS Der Kampf um das Reich, Europa und seine Gegner

Dazu kam einmal die Woche am Samstag oder Sonntag eine Stunde militärisch-politische Wochenübersicht.38 Der Lehrgang sollte vom 24.1. bis zum 19.3.1944 dauern, muss aber danach weiter gelaufen sein, denn in der letzten März-Woche behandelte man noch die Themen »Der soziale Vorsprung des deutschen Reiches« und »Der Sieg des Sozialismus in Europa«, und für die letzte April-Woche waren als 25. und 26. Unterrichtsstunde die Themen »Beseitigung der Demokratie« und »Die Ausschaltung des Judentums und der Freimaurerei« angekündigt.39 Ausführlich beschäftigte man sich in der 15. Stunde mit der »Westgefahr«: »Ausbeutertum und Weltherrschaftsansprüche der Anglo-Amerikaner unter dem Deckmantel der Demokratie«; in der Schulungsunterlage wurden die bekannten Thesen über das Eindringen des Judentums in die englische Führungsschicht seit Cromwell ausgebreitet. Der »brutale Kampf«, der von zwei Seiten gegen Deutschland geführt werde, sei nur verstehbar, wenn man die Hintermänner kenne: das »Weltjudentum«. Nachdem Deutschland der »jüdischen Macht« 1933 ein Ende gesetzt hätte, habe das Judentum auf Rache gesonnen: »Es ruhte nicht eher, bis es ihm gelang, den Krieg unter den Völkern der Welt zu entfachen«. Der Krieg aber habe einen anderen Verlauf genommen: »Ein deutscher Sieg schafft die Möglichkeit einer großzügigen und auf lange Sicht angelegten europäischen Gesamtlösung, wie sie vor dem nie hätte angestrebt werden können. Damit ist die endgültige Lösung der Judenfrage zu einem der bedeutendsten Kriegsziele in diesem großen Ringen geworden.« Der Sieg des einen bedeute »die vollständige Vernichtung des anderen – zumindest in Europa«. Auch hier malte man das Schreckgespenst angeblicher angloamerikanischer Nachkriegspläne an die Wand, die auf »den Juden Kaufmann« zurückgingen, alle Deutschen unter 60 Jahren zu sterilisieren.40 In projektiver Umkehr wuchs die Angst vor einem übermächtigen imaginären Weltjudentum parallel zu den Verbrechen der SS. Für die Zeit von Januar bis Mai 1944 sind außer den Schulungsunterlagen auch »Politisch-militärische Wochenübersichten« für die »Politischen Wochenstunden« erhalten, die die Abt. VI laufend herausgab – in der letzten Mai-Woche erschien die Wochenübersicht Nr. 20. Wer die Abt. VI leitete und die Texte zusammenstellte, wissen wir nicht. Anders bei der Division »Das Reich«, die ebenfalls im Frühjahr 1944 in

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Frankreich stationiert war. Hier war der langjährige Mitarbeiter des Schulungsamtes Herbert König bereits 1942 mit der Leitung der Abt. VI betraut worden. Die Division war nach schweren Abwehrkämpfen im Osten im Februar und März 1944 zur Auffrischung und Neuaufstellung nach Frankreich in den Raum Bordeaux verlegt worden. Im März ordnete König einen Ausbildungsplan für die weltanschauliche Erziehung mit folgenden Themen an: 1. Die Persönlichkeit des Führers 2. Haltung und Moral des SS-Mannes 3. Der Orden der SS und seine Grundgesetze – Orden nordischer Rasse 4. Friedrich d. Gr. und der 7jährige Krieg (dazu Film »Der große König«) 5. Bismarck der Schöpfer des 2. Reichs (dazu Film »Bismarck«) 6. Das Versagen der deutschen Politik nach Bismarck (dazu Film »Die Entlassung«) 7. Der Weltkrieg 1914-1918 8. Die Hintergründe dieses Krieges 9. Der Vernichtungswille unserer Gegner 10. Judentum, Bolschewismus und angloamerikanischer Kapitalismus

Zusätzlich waren einmal die Woche politische Tagesfragen zu besprechen. Zu allen Themen erstellte die Abt. VI jede Woche eine neue »Ausbildungsunterlage« im Umfang von 4 bis 9 Seiten, außerdem brachte sie regelmäßig eine »Politische Wochenübersicht« heraus. Die Unterlagen waren für die Kompanieführer bestimmt, die, anders als sonst, auch einmal die Woche die Unterführer-Ausbildung bestreiten sollten. König gab die Anweisung, die Unterführer sollten »zum Nachdenken gezwungen« und darin geübt werden, ihre Gedanken mündlich und schriftlich darzulegen, also schriftliche Arbeiten anzufertigen und kurze Vorträge zu halten. Als Themen seien »Beispiele aus unserer Divisionsgeschichte«, Aufsätze aus dem Leitheft, dem SS-Informationsdienst oder Tageszeitungen geeignet. Alle 14 Tage sollten »Gruppenoder Zugabende« für die weltanschauliche Erziehung abgehalten werden, in denen eine Aussprache in Gang gebracht werden sollte.41 Die »Politischen Wochenübersichten« waren propagandistische Blätter, die die »Erziehung zum Haß« fortsetzten, indem sie furchterregende Nachrichten über den »Gegner« verbreiteten. Themen der Wochenübersicht Nr. 6, die am 28.4. erschien, waren: »USA und England – Das Nachkriegsgeschäft – Wofür kämpfen die Soldaten der Westmächte? – Deutschland ist auf Konferenzen von Moskau und Teheran bereits an die Sowjets ausgeliefert worden.« Die nächste Folge erläuterte, was das bedeutete: »USA – Was die Bomberverluste kosten. – Sowjetunion – Ausgeburten des teuflischen jüdischen Hasses« – diese »Ausgeburten« waren angebliche Pläne zur Versklavung des deutschen Volkes. Anfang Juni stand das Thema »Der Vernichtungswille unserer Gegner« auf dem Lehrplan. »Haß und Vernichtungswille« des Gegners wurden zu diesem Zeitpunkt zu einer unmittelbaren Bedrohung. Die letzte erhaltene Wochenübersicht vom 25.5.44 beschäftigte sich mit dem Thema »Invasion«. Als die Invasion der Alliierten am 6.6. begann, wurde die Division Richtung Nordosten in Marsch gesetzt. Einheiten der Division waren für die Kriegsverbrechen in Tulle und Oradour-sur-Glane am 9. und 10.6.1944 verantwortlich.

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Der Standort Prag In Prag und auf dem südlich von Prag gelegenen Truppenübungsplatz Böhmen wurden seit Kriegsbeginn aufgrund der relativ sicheren Lage in großem Umfang Schulen und Ausbildungseinheiten der Waffen-SS konzentriert. Das Standortkommando und das Hauptquartier mit dem Sitz des Befehlshabers der Waffen-SS Böhmen und Mähren befanden sich in Prag-Dewitz. Standortkommandeur war 1940 Werner Ballauf, der spätere Kommandeur der Junkerschule Braunschweig, 1941 Julian Scherner, im Vorjahr Kommandeur der Junkerschule Tölz. WE-Führer im Bereich der Standortkommandantur war 1940 Sturmbannführer Dr. Hans Weibgen, der frühere Schulungsamtsmitarbeiter, den Himmler 1937 hatte versetzen lassen, weil er unbefugt Sippenfeiern abgehalten hatte. Ende 1939 war Weibgen als Führer der 97. Standarte in Eger eingesetzt worden. Im Juni 1940 orderte er 1000 Exemplare der Leithefte für die Standortkommandantur.42 Im September 1940 hielt Dr. Karl Buchegger einen Vortrag »Weltbild und Weltanschauung« beim Standortkommando Prag, im November kam Moritz Edelmann, der »Reichssachbearbeiter für Geschichte« mit einem Vortrag über »Nationalsozialismus und deutsche Geschichte«, im Februar 1941 veranstaltete die Kommandantur ein Konzert des Deutschen Philharmonischen Orchesters unter Leitung von Josef Keilberth anläßlich der Anwesenheit von SA-Stabschef Lutze mit Werken von Bach, Mozart und Beethoven.43 Karl Buchegger, zuvor Schulungsleiter des 1. Totenkopf-Rekrutenregiments in Dachau, befehligte 1940 das »SSSonderbataillon« für die Ausbildung von Rekruten der Totenkopfstandarten in Prag. Er hielt während dieser Zeit auch eine Vortragsreihe in der östlich von Prag gelegenen Reichsschule der Deutschen Arbeitsfront in Podbiebrad.44 Im Mai 1942 wurde in Prag erneut ein Ausbildungsbataillon aus Rekruten der Totenkopfverbände aufgestellt; die Abteilung VI leitete 1942 mit Paul Krellmann ein prominenter Rassenbiologe der SS.45 Ende 1941 wurde in Prag ein Befehlshaber der Waffen-SS eingesetzt, bei dem auch eine Abt. VI eingerichtet wurde. Von Dezember 1941 bis September 1942 leitete der Student der Staatswissenschaften Untersturmführer Rudolf Friedrich die Abteilung. Friedrich übernahm später die Leitung der Abt. VI des Ausbildungsregiments und wurde im Juni 1943 zum Wachbataillon Prag versetzt.46 Von der Abt. VI beim Befehlshaber der Waffen-SS Böhmen und Mähren in Prag sind einige Arbeitsberichte erhalten, die vor allem über die Zusammensetzung der Abteilung und über kulturelle Aktivitäten Auskunft geben. Zu Friedrichs Mitarbeitern gehörte der Sudetendeutsche Erwin Rauscher, kaufmännischer Angestellter und Personalleiter der Deutschen Arbeitsfront in Reichenberg; er dürfte nach seiner Beförderung zum Untersturmführer Friedrichs Nachfolge als Abteilungsleiter angetreten haben. 1943 kam der Obersturmführer Volkert-Rühle, 1944 Hauptsturmführer Gartz zur Abteilung. Während Volkert-Rühle sich 1938 mit 19 Jahren zur Waffen-SS gemeldet hatte, gehörte Gartz einer älteren Generation an. Gartz war Bankbeamter und Vorsteher der Berliner Depositenkasse der Deutschen Bank; er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war damals in französische Gefangenschaft geraten. 1925/26 war er Mitglied der Deutschvölkischen Freiheitspartei, 1931 trat er der NSDAP und der SS bei, 1935 wurde er zum Untersturmführer ernannt. Während des Krieges arbeitete er als Sachbearbeiter für die »Auftragsverlag. und Schädlingsbekämpfung« beim Wirtschafts- und Verwaltungs-

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hauptamt, im Juli 1944 wurde er zum Befehlshaber der Waffen-SS nach Prag versetzt. Hier wurde er noch im Februar 1945 als »VIa« geführt.47 Die Abt. VI bemühte sich um ein abwechslungsreiches kulturelles Angebot für die Angehörigen der SS in Prag. Am 16.5.1943 ging eine von der Abt. VI durchgeführte Sendung »Kantate von Soldaten« über den Rundfunksender »Böhmen und Mähren«, im August war Dr. Kurt Waltz mit dem Vortrag »Weltpresse im Kampf gegen Deutschland« geladen, im September berichtete Prof. Brecht-Bergen in einem Vortrag »Mit Pickel und Faltboot durch zwei Erdteile« über seine Expeditionen, der Duisburger Museumsleiter Dr. Herbert Giebitzsch sprach über »Die alte deutsche Stadt« usw. Vom 13. bis 17.9. war die Abt. VI auf Veranlassung der Dienststelle Heißmeyer mit der Durchführung und kulturellen Betreuung einer Tagung von 200 Napola-Jungmannen beauftragt und organisierte Vorträge, Besichtigungen, einen Theaterbesuch, einen Kameradschaftsabend und die »Teilnahme an Gefechtsübungen«. Am 22.9. gab das Wachbataillon Prag ein Sinfoniekonzert mit anspruchsvoller Musik: Schuberts Unvollendete, die Ouvertüre zu »Oberon« von Carl Maria von Weber, die Ouvertüre zu den »Meistersängern« von Wagner und Liszts »Les Préludes«. Weiterhin erwähnt der besonders ergiebige Bericht vom 5.10.43 Besuche im Deutschen Opernhaus (»Der Graf von Luxemburg« und »Das Land des Lächelns«) und eine Aussprache des Leiters der Abt. VI mit Künstlern des Opernhauses über die Programmgestaltung bei Aufführungen für die Waffen-SS. Der Monatsbericht vom November 1943 nennt für den 22.10. ein weiteres Konzert des Wachbataillons und am 27.10. erneut ein Konzert der Deutschen Philharmonie Prag unter Leitung von Keilberth vor 1000 Männern der Waffen-SS mit Werken von Haydn, v. Weber und Brahms. Gleichzeitig entsandte die Abt. VI Redner zu den Schulen der Waffen-SS auf dem nahe gelegenen Truppenübungsplatz »Böhmen und Mähren«. Noch im April 1945 wurde der Diplomingenieur und Schriftleiter Heinrich Gesell als »weltanschaulicher Vortragsredner« für die Zeit bis zum 10.5. eingesetzt.48 Vom Wachbataillon 2 in Prag, das offenbar ein eigenes Orchester unterhielt, sind einige Monatsberichte der Abt. VI aus den Jahren 1944/45 erhalten. Leiter der Abteilung war von September 1942 bis April 1944 der Wiener Studienassessor Dr. Walter Dautzenberg. Er brachte bereits Erfahrungen als Schulungsleiter und WS-Lehrer bei der Totenkopf-Kavallerie in Polen mit. Als Dautzenberg im Frühjahr 1944 zur Division »Reichsführer-SS« versetzt wurde, übernahm Karl Lotz die Geschäfte des Leiters der Abt. VI. Lotz hatte Philosophie, Deutsch, Geschichte und Kunstgeschichte studiert, war Schriftleiter und Kunstkritiker und seit 1932 Amtswalter der NSDAP.49 Sachbearbeiter »VIb« und damit für die Bibliothek zuständig war der Volksschullehrer Martin Korb. Korb hatte an der TH Braunschweig studiert; er gehörte seit 1933 der NSDAP an und war Zellen- und Ortsgruppenhauptstellenleiter.50 Im März und April 1944 lautete das Schulungsthema »Bolschewismus und Freimaurertum als Fangarme des Judentums«. Dazu wurde ein Film vorgeführt. Hauptziel war, »die Machtgier des Judentums«, seine »internationale Verfilzung« und »die Gefahr des jüdisch-bolschewistischen Herrschaftsanspruchs« aufzuzeigen. Für die Volksdeutschen wurde eine Sonderschulung über die Themen durchgeführt: »Was sagen uns die physikalischen und politischen Landkarten?«, »Das Leben des Führers«, »Deutschland nach dem Versailler Vertrag«. Der September-Bericht meldete, dass das Thema »Schicksalsweg des deutschen Volkes« und die Wehrmachtsschrift »Wofür kämpfen wir?« mit

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den Führern besprochen und die Themenkreise herausgearbeitet wurden, die den Führern als Unterlagen für die Kompanieschulung dienen sollten. Die Unterführer nahmen an einer Sonderschulung durch den Bataillonskommandeur teil, während der schriftliche Arbeiten über das Leben des Führers und den Kampf der NSDAP angefertigt werden mussten. Für die weltanschauliche Erziehung der »Männer«, überwiegend »einfache Männer aus dem Südostraum«, sei der Lehrstoff des Schulungsamtes wenig geeignet; für sie griff man auf die alten Lichtbildervorträge »Judentum, Bolschewismus und Freimaurerei« zurück. Eine lehrgangsmäßige Schulung »mit aufsteigenden Themen« war, so der Bericht weiter, wegen der starken Fluktuation der Angehörigen nicht möglich. »Aus erzieherischen Gründen« nahm das Bataillon an der Verhandlung eines SS-Polizei-Gerichts teil, bei der es um eine Verurteilung wegen Kameradendiebstahls ging. Die Bibliothek des Bataillons verfügte im September 1944 über rd. 1300 Bücher, für die Truppenbetreuung der Volksdeutschen aus dem Südostraum waren 365 Exemplare der Broschüre »Glauben und kämpfen« zur Verteilung gekommen. An besonderen Veranstaltungen nennt der Bericht einen Vortrag von Dr. Kornelia Kabusch über das Odalsrecht (»Der deutsche Bauer und sein Recht«) und die Teilnahme des Musikkorps an einem Vortrag von Dr. Gaston Dejmek (»Von Bach zu Wagner«).51 Für den laufenden Monat war vorgesehen, das Unterrichtsthema durch die Filme »Freimaurerei« und »Jud Süß« zu »vertiefen«. Ähnlich ging es in den folgenden Monaten weiter. Der November-Bericht meldete die weltanschauliche Schulung der »Männer« anhand der Schriften »Wofür kämpfen wir«, »Kampf dem Bolschewismus« und »Politische Erziehung in der Roten Armee«. Als Leitsatz wurde herausgestellt: Schuld am Krieg sei der Jude, der unter einer liberalkapitalistischen und einer bolschewistischen Maske auftrete. Kommandeur Kneißl besprach mit den Führern die Rede, die der RFSS am 17.11.1940 vor den Polizeischulungsleitern hielt. Ein Dr. Kühlmann hielt einen »rassentheoretisch unterbauten« Vortrag über deutschen Humor. Ab Februar 1945 wurden statt bis dahin 4 immer noch 2 Wochenstunden für die »Männer« sowie 2 Monatsstunden Sonderschulung für die Unterführer durch die Abt. VI angesetzt. Themen waren jetzt das Leben des Führers, die Geschichte der NSDAP und die Rassegesetzgebung – dazu wurde Parteigenosse Dr. Mühlbach mit einem Lichtbildvortrag über »Erbgut und Umwelt« geladen; in »Kleinarbeit« in den einzelnen Zügen wurde das Thema »Was bedeutet Fruchtbarkeit« sowie das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und das Ehegesundheitsgesetz weiter besprochen. Das Bataillon bestand aus 5 Kompanien, von denen die 5. Kompanie in Brünn und die 4. Kompanie zur Bewachung des Gestapo-Gefängnisses in Theresienstadt stationiert war. Zu den Aufgaben der 4. Kompanie gehörte auch die Begleitung und Bewachung der Häftlinge, die außerhalb des Gefängnisses der »kleinen Festung« von Theresienstadt zu Arbeiten in der Rüstungsindustrie herangezogen wurden. Etwa die Hälfte der Kompanieangehörigen waren Volksdeutsche aus dem Banat. Die 5. Kompanie war für die Bewachung politischer Häftlinge in dem als Folterlager berüchtigten Polizeigefängnis zuständig, das die Gestapo im Kaunitz-Kolleg eingerichtet hatte. Die Abt. VI der Theresienstädter Kompanie leitete der Sudetendeutsche Oberscharführer Josef Lewinsky, Hauptschullehrer aus Aussig und seit 1938 Parteimitglied. In Brünn war der Diplomkaufmann und Sparkassenbeamte Ernst Lekesch aus Znaim für die weltanschauliche Erziehung zuständig; Lekesch gehörte bereits 1934 der Sudetendeut-

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schen Partei und danach dem sudetendeutschen Freikorps an. Den Deutschunterricht für die Volksdeutschen erteilte der Hauptschullehrer Hans Schönfelder, der wenig später auch die Abteilung VI der 5. Kompanie übernahm.52 Wegen der täglichen Außenkommandos von früh morgens bis spät abends war die Durchführung eines vierstündigen Schulungsunterrichts in der Woche erschwert, meldete die 4. Kompanie aus Theresienstadt im November, regulärer Unterricht war nur Sonntags möglich, aber selbst da sei ein Teil der Männer bei Außenkommandos eingesetzt. Da traf es sich gut, dass der Truppenarzt im Januar 1945 eine Quarantäne befahl, die Lewinsky dazu nutzte, die weltanschauliche Schulung der Unterführer und Mannschaften auf täglich 1 ½ Stunden unter der Woche und 2 Stunden am Sonntag heraufzusetzen.53 In Prag waren auch die Ausbildungs- und Ersatzbataillone mehrerer SS-Divisionen stationiert, von denen wir nur die Bataillone 2 und 10 herausgreifen wollen. Vom 2. Bataillon, das in Prag-Rusin stationiert war, sind Monatsberichte der Abt. VI ab Februar 1944 und Wochenschulungspläne für die Zeit von September 1944 bis Januar 1945 erhalten. Leiter der Abt. VI war ab Juni 44 der Studienrat Johann Kindermann aus Karlsbad, vorher WS-Lehrer in Beneschau.54 Aus den Berichten und Dienstplänen geht hervor, dass die Mannschaften 4 Stunden die Woche weltanschaulichen Unterricht und eine weitere Stunde politischen Informationsunterricht durch Kompanie- und Zugführer erhielten. Kindermann selbst erteilte 2 Stunden im Monat weltanschaulichen Unterricht im Rahmen der Unterführerausbildung, vor allem aber hielt er Vorträge zu den grundlegenden Themen und zur Methodik der Schulungsarbeit vor den Führern des Bataillons und gab Richtlinien zur laufenden Schulungsarbeit des Monats und speziell zur politischen Schulung und Erziehung der Volksdeutschen im Bataillon heraus. Darüber hinaus organisierte er Sondervorträge und kulturelle Veranstaltungen. Unter anderem entsandte das SS-Hauptamt den Sprachwissenschaftler Prof. Doegen zu einem Vortrag mit Lichtbildern und Schallplattenaufnahmen über »Stimmen unserer Feinde« nach Prag, und 80 Unterführer des Bataillons wohnten – vermutlich gemeinsam mit dem Musikkorps des Wachbataillons –Dejmeks Vortrag »Von Bach zu Wagner« bei.55 Am 17.8. war eine Polizeispielgruppe mit dem Stück »Die Draufgänger« zu Gast, am 3.9. organisierte die Abt. VI einen Singewettstreit usw. Die Planung des Schulungsunterrichtes erforderte bei vier Wochenstunden und sieben Kompanien einiges an Aufwand, zumal die Themen nicht synchron behandelt wurden. Als Beispiel sei der Dienstplan für die Woche vom 18. bis 24.9.1944 für alle Kompanien mit Angabe der zuständigen Einheitsführer wiedergegeben: 1. Komp. (OStuf. Angermeier): 18.9., 14-15 Uhr Das Judentum – welches sind die Ziele des Judentums? 19.9., 14-15 Uhr Das Judentum- warum behauptet sich der Jude seit Jahrtausenden? 22.9., 6.30-7.30 Das Judentum – mit welchen Mitteln sucht der Jude die Weltherrschaft zu erlangen? 23.9., 6.30-7.30 Das Judentum – warum bekämpft das Judentum den Nationalsozialismus? 2. Komp. (OStuf. Spoerl) 18.9., 15-16 Uhr Volk und Rasse 19.9., 14-15 Uhr Das deutsche Volk und die nordische Rasse 24.9., 8.30-9.30 Politische Wochenübersicht wg. 3täg. Übung kein weiterer Unterricht

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3. Komp. (OStuf. Koch) 18.9., 16.15-17.15 Die Ursachen des Weltkrieges 20.9., 15.15-16.15 Versailles 22.9., 16-17 Deutschland von 1919-1933 24.9., 9.45-10.45 Der 2. Weltkrieg; anschließend Politische Wochenübersicht 4. Komp. (OStuf. Mössler) 19.9., 6.30-7.30 Der nordische Kernraum der Germanen 20.9., 16-17 Die Bedeutung des Nordens 21.9., 16.15-17.15 Die germanischen Reiche 22.9., 16.15-17.15 Das I. Reich 24.9., 11-11.45 Politische Wochenübersicht 5. Komp. (OStuf. Burkhardt) 18.9., 14-15 Uhr Das Parteiprogramm: Punkt 7-8 20.9., 14-15 Uhr Punkt 9-12 22.9., 15.30-16.30 Pkt. 13-14 24.9., 10.30-11.30 Pkt. 15-18 Marschkomp. (UStuf. Roß) 19.9., 6.30-7.30, Wofür kämpfen wir. I. Die Reichsidee 20.9. 6.30-7.30 Unsere Gegner a) Das Judentum 21.9., 6.30-7.30 Forts. 22.9., 6.30-7.30 b) Bolschewismus 24.9., 8.15-9.15 Politische Wochenübersicht Genesendenkomp. (OScha. Reimann/OStuf. Forstner) 18.9., 9-10 Der Weg der NSDAP 20.9., 14-15 Das Parteiprogramm (25 Punkte) 21.9., 9-10 Deutschlands Bündnispolitik 22.9., 14-15 Wer sind unsere Gegner 23.9., 10.30-11.30 Politische Wochenübersicht56

Welche dichte Themenfolge die Kompanieführer zum Teil zu bewältigen hatten, illustriert das folgende Beispiel der 4. Kompanie für den Monat Oktober: 2.10., 14.30-15.30 Volk und Rasse. Das Reich Bismarcks 4.10., 16.30-17.30 Die innerpolitischen Gefahren nach Bismarck 6.10., 15.30-16.10 Versailles 7.10., 10.15-11.15 Ein Überblick der deutschen Geschichte 9.10., 14.30-15.30 Volk und Rasse 11.10., 14-15 Das Gesetz des Kampfes und der Auslese 13.10., 16.15-17.15 Die Judenfrage 15.10., 9.30-10.30 Die Grundgesetze der Schutzstaffel 16.10., 14.30-15.30 Der Nationalsozialismus als Weltanschauung der Naturgesetze 18.10., 14-15 Vererbungslehre – einiges über die Grundgesetze 19.10., 6.30-7.30 Vererbungslehre (Forts.) 21.10. 10.45-11.45 Die Bedeutung der Gattenwahl 23.10., 14.30-15.30 Bevölkerungspolitik – Nürnberger Gesetze 25.10., 14-15 Die SS als Orden für die Verwirklichung der Idee 27.110., 6.30-7.30 Ordensgesetze der SS 28.10., 10.45-11.45 Die Waffen-SS – Der politische Soldat dazu 8.30-9.30 jeden Sonntag: Politische Wochenübersicht

Den Unterricht erteilte der Kaufmann Gottlieb Mössler aus Kärnten. Nur wenige Einheitsführer waren auch professionell auf ihre Aufgabe vorbereitet wie Otto Spoerl,

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Obersturmführer der 2. Kompanie, der von Beruf Lehrer war.57 Die Fähigkeiten und Kenntnisse für die weltanschauliche Schulung erwarben die meisten in den Lehrgängen der SS und durch die Instruktionen der Abt. VI. Die Berichte der Abt. VI des SSPanzergrenadier-Ausbildungs- und Ersatz-Bataillons 10 vermitteln einen Eindruck von den didaktischen und methodischen Bemühungen der Abteilungsleiter, in diesem Fall des Untersturmführers Harry Owsianowski, der von Oktober bis Dezember 1944 für die Organisation der weltanschaulichen Schulung im Bataillon zuständig war. Owsianowski war vorher Referent für »deutsch-germanisches Informationswesen« im Schulungsamt gewesen.58 Nach seinem Amtsantritt in Prag kündigte er eine Intensivierung der Führer- und Unterführerschulung an. Um die Redefähigkeit zu verbessern und die Stoffbeherrschung zu kontrollieren ordnete er Vorträge einzelner Führer mit anschließender Aussprache vor dem Führerkorps an. Für die Unterführerausbildung legte er vier Wochenstunden fest, in denen durch die Kompanieführer ein Unterricht als »Lehrgespräch« gestaltet und Kurzvorträge der Unterführer mit anschließender Diskussion gehalten werden sollten; danach waren schriftliche Arbeiten zu schreiben. Themenbeispiele für die Lehrgespräche waren: »Wie kam es zu diesem Krieg?« oder »Sozialismus, Marxismus, Liberalismus«, Beispiele für Kurzvorträge durch Unterführer: »Ordenstugenden des SS-Mannes« oder »Neutrale Staaten Europas«, für schriftliche Arbeiten: »Die Hanse« oder »Der germanische Wehrgedanke«.59 Für die Rekruten des Bataillons stellte Owsianowski einen eigenen achtwöchigen Schulungsplan in Anlehnung an das Buch »Der politische Soldat« von Hermann Korte zusammen. Das Konzept wurde in den nächsten Monaten beibehalten. Hinzu kam einmal die Woche ein Gruppenabend. Im November wurde der Euthanasie-Film »Ich klage an« in die Schulungsarbeit einbezogen. Am 19.12. wohnte man einem Vortrag von Gerhard Schinke über »Unsere europäische Aufgabe« bei. Der Vortrag, notierte Owsianowski, »fand große Zustimmung und löste ungeheure Begeisterung aus«. Aus der gleichen Zeit datiert ein Fragenkatalog für kurze weltanschauliche Arbeiten im Unterführerzug, der einen Eindruck davon vermittelt, was man in der SS unter nationalsozialistischer Allgemeinbildung verstanden haben mag; gefragt wurde unter anderem: »1. Wann regierte Heinrich I. (I. Reich), 2. Wo liegt er begraben?, 3. Wann war der 30jähr. Krieg? … 13. Wann wurde Hitler geboren und wo … 16. Was wissen Sie von Nietzsche, 17. Wann lebte Schiller? 18. Nennen Sie einige seiner Werke, 19. Wann lebte Goethe? 20. Nennen Sie einige seiner Werke … 22. Nennen Sie Wagners Oper …, 25. Nennen Sie führende Männer der Partei.«60

Das Genesenden-Bataillon der Waffen-SS Je länger der Krieg andauerte, desto dringlicher wurde es, sich der Verwundeten und Kriegsinvaliden anzunehmen, die vorübergehend oder gar nicht mehr kriegsverwendungsfähig waren, und für die deshalb andere Einsatzmöglichkeiten vor allem in der SS-internen Verwaltung gefunden werden mussten. Nachdem einzelne Verbände bereits dazu übergegangen waren, eigene Genesenden-Abteilungen zu bilden, erließ das Kommandoamt der Waffen-SS im April 1942 Richtlinien für die Aufstellung von Genesenden-Kompanien. Eine solche Kompanie sollte nach der Kriegsverwendungsfähigkeit der Männer in vier Züge gegliedert werden: Zug 1 sollte die Männer aufneh-

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men, die schon nach wenigen Wochen, Zug 2 diejenigen, die erst nach längerer Zeit, Zug 3 diejenigen, die gar nicht mehr kriegsverwendungsfähig waren, Zug 4 sollte die neu ankommenden Männer aufnehmen, über deren Zuordnung erst noch entschieden werden musste. Insbesondere für die Züge 2 und 3 sollte neben Heilgymnastik ein intensiver Unterricht betrieben werden, der vor allem Geographie, Geschichte, weltanschaulichen Unterricht und Elementarbildung in Rechtscheiben und Rechnen umfassen sollte; für den 2. Zug kam militärische Ausbildung hinzu, für den 3. Zug entfiel sie, stattdessen sollte im Hinblick auf spätere Verwendungsmöglichkeiten verstärkt Unterricht in Schreibmaschineschreiben und Stenographie sowie in allen Elementarfächern erteilt werden. Maßgebend war, aufkommenden Depressionen entgegenzuwirken: »Die begeisterten jungen SS-Männer dürfen nicht auf den Gedanken kommen, dass man sich nicht um sie kümmert. Deshalb ist, soweit es der Gesundheitszustand erlaubt, der Tag voll durch zweckmäßigen Dienst auszunützen und dem Mann immer wieder klar zu machen, dass es darauf ankommt, gerade ihn wieder seiner alten Einheit zuzuführen.« 61 Ein weiteres Prinzip war, als Kompanieführer »einen erfahrenen älteren möglichst versehrten Hauptsturmführer«, als Zugführer »versehrte Unter- oder Obersturmführer oder ältere Unterführer« einzusetzen, die eine Vorbildfunktion erfüllen konnten, so »dass sie als ältere Soldaten das Gerippe der meistens mit jungen Rekruten aufgefüllten Einheiten bilden.« Etwa ein halbes Jahr später entschied das SS-FHA, die nicht mehr kriegsverwendungsfähigen Männer in einer Schwerbeschädigten-Einsatzstelle zusammenzufassen und für sie eine eigene Umschulungseinrichtung zu schaffen. Die Verwaltung der geplanten Einrichtungen wurde dem Fürsorgeund Versorgungsamt des RuSHA übertragen; an der Ausbildung von Schulhelfern für den Einsatz im Osten, die an der Berufsschule der Waffen-SS in Schleißheim ausgewählt werden sollten, wurde das SS-Hauptamt beteiligt. Im Januar 1943 wurde daraufhin die Schwerversehrten-Einsatzstelle in Feldbach bei Graz geschaffen, sie wurde mit Wirkung vom 15.2.1943 in »SS-Genesenden-Bataillon« umbenannt. Zu diesem Zeitpunkt waren hier etwa 900 bis 1000 Männer zusammengefasst. Helmut Fritsche vom Amt Berufserziehung (C III) berichtete nach einem Besuch des Bataillons im Juni 1943 über »unwürdige« Zustände; es gäbe kein Konzept, wie mit den Schwerversehrten umzugehen sei, den Betroffenen würden leere Versprechungen gemacht, tatsächlich sei man nur »nach alter Wehrmachtsart« bemüht, sie irgendwo »unterzubringen«, statt ihnen eine Perspektive zu bieten, so dass sich zunehmend Resignation breit mache.62 Gottlob Berger hatte schon im Februar gefordert, die Schwerverletzten als eine Auslese mit Vorbildcharakter anzusehen, die man gerade in führende Stellungen bringen und denen man deshalb eine entsprechend qualifizierte, weltanschaulich fundierte Ausbildung anbieten müsse. Auf sein Drängen hin stimmte Himmler schließlich zu, das Genesenden-Bataillon deshalb dem SS-Hauptamt zu unterstellen. Am 1.9.1943 wurde das Bataillon dem Kommandeur von Sennheim Ernst Fick unterstellt und anschließend nach Wesserling im Elsass verlegt; für die Ausbildung war das Amt C III »Berufserziehung«, für die weltanschauliche Schulung das Amt C I im SS-Hauptamt zuständig. Eine zentrale Kommission aus je einem Vertreter des SS-Hauptamtes, des SS-Führungshauptamtes und des RuSHA sowie einem Arzt sollte im Bataillon feststellen, ob jemand in Dienststellen und eigenen Betrieben der SS oder vielleicht doch noch im Truppendienst Verwendung finden könne oder entlassen werden musste.63 Das Amt C III richtete eine eigene Dienststelle beim Genesenden-Bataillon ein, das

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durch diese Beschlüsse eine deutliche Aufwertung erfuhr. Diese Veränderungen schlugen sich auch in der Schulung und Truppenbetreuung nieder: Dominierten anfangs noch Versehrtensport und Unterhaltungsprogramme, so stand bald eine »gehobene nationalsozialistische Allgemeinbildung« auf dem Programm, die die innere Bindung an die SS und die allgemeine Einsatzfähigkeit für die SS aufrechterhalten sollte. Im März 1943 gab die Abt. VI des damals noch in Feldbach bei Graz stationierten Genesenden-Bataillons einen Sonderbefehl über »Sinn, Zweck und Arbeitsgebiete der Abt. VI« heraus, der eine Vielzahl von Aufgabenbereichen festlegte, unter denen aber Aspekte der Truppenbetreuung und Unterhaltung noch im Vordergrund standen: Pressewesen, Rundfunk, Bücherei und Schrifttum, Weltanschauliche Schulung, Freizeitgestaltung und Laienschaffen, Feiergestaltung und Kameradschaftsabende, Filmund Bilderdienst, Heimgestaltung, KdF-Truppenveranstaltungen, Krankenbetreuung, Deutsch- und Schreibunterricht für Volksdeutsche und Germanische Freiwillige, praktische Fürsorge – Gerichtsfälle, Verbindungen zu Behörden und Parteidienststellen, Bataillonsarchiv, Berufsförderung, Spielwesen und Unterhaltung, Sport und Körperertüchtigung.64 Im täglichen Programm dominierte bis zum Sommer des Jahres der Sport; im Durchschnitt entfielen fast 5 Stunden täglich auf Sportübungen und Versehrtensport, während eine Dreiviertel Stunde für eine sehr allgemein gehaltene Politische Schulung reserviert war (Geschichte der NSDAP, Das Leben des Führers etc.). Im März wurde auch ein Wettbewerb zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsräume ausgeschrieben, etwas später schloss sich eine Freizeitaktion »Soldaten für Soldatenkinder« an, im Juni folgten Theaterbesuche in Graz und die Eröffnung einer Bastelstube. Ein Monatsbericht vom August 1943 weist ein noch recht allgemein gehaltenes Programm für die weltanschauliche Erziehung aus; in 16 Stunden wurden folgende Themen behandelt: »Schöpfungsgeschichte, biblisch und naturwissenschaftlich gesehen; Sterne, Welten und Weltenraum; Kirche und Gottesbegriff; Warum Lebensborn e.V.? Waren unsere Vorfahren Barbaren? Was muß der SS-Mann wissen, wenn er heiraten will? Glaube und Größe! Wie wir heute kämpfen müssen!« Dazu kamen 4 Sonderschulungsstunden für Unterführer. Die Abteilung war untergliedert in die Unterabteilungen Fürsorge, Weltanschauliche Erziehung, Truppenbetreuung, Büro- und Pressedienst, Bastelstube und Sport. Nach der Verlegung ins Elsass und der Unterstellung unter das Kommando Ernst Ficks verwandelte sich das Genesenden-Bataillon in eine Art Schule für weltanschaulichen und allgemeinbildenden Unterricht. Neben Geschichte, Deutsch und Rechnen wurden auch Rassenkunde und Vererbungslehre regelmäßige Unterrichtsfächer. Die Gewichtung der Fächer verdeutlicht eine undatierte Themenliste aus dem Jahr 1944, die für Rassenkunde 13 Themen, für Vererbungslehre 10, für Vor- und Frühgeschichte 11 und für »allgemeine Weltanschauliche Schulung« 15 Themen ausweist.65 In Vorund Frühgeschichte wurden erneut Themen wie »Die Schöpfung biblisch und naturwissenschaftlich gesehen, Uranfänge der Menschheit, Weltenraum, Sonnensystem, Entstehung der Erde, Vom Urmenschen zum Homo sapiens, Eiszeit, nordische Menschen« behandelt, »allgemeine« weltanschauliche Themen waren unter anderem »Führertum und Gefolgschaftstreue; Unser Recht auf Kolonien; Unsere weltanschaulichen Gegner; Deutschland – Land ohne Raum; Unser Führer und sein Kampf um das Reich; Programm der NSDAP«. In Geschichte stand »das germanische Geschehen« im Vordergrund, in Vererbungslehre wurden die Mendelschen Gesetze, Erbkrankheiten, die

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»richtige Gattenwahl«, aber auch Themen wie »Das deutsche Volkslied, Ausdruck der Rassenseele« oder »Der Blutsstrom von den Ahnen zu den Enkeln« behandelt, in Rassenkunde ging es um den »nordischen Menschen als Kulturschöpfer«, die Gefahren der Rassenmischung, die rassische Zusammensetzung des deutschen Volkes, den Auslesegedanken der SS als nordisch bestimmten Orden etc. Das Judentum taucht zwar nicht explizit unter diesen Themen auf, doch der Berichterstatter versicherte: »Das Judentum und die jüdische Weltpest und die SS-Gesetze sind immer wieder Gegenstand der Unterweisung…«.66 Dazu kamen militärische Unterweisungen, Sportübungen und Singen sowie Sondervorträge durch Experten, die vom SS-HA auf Rundreisen geschickt wurden. Unter den Rednern waren z. B. Dr. Friedrich Klement von der chemischen Industrie (»Chemie als Wissen und Waffe«), Dr. Walter Croll vom Reichswirtschaftsministerium (»Wirtschaft im europäischen Raum« und »Unser Gegner die Sowjetunion«) und Dr. Kabusch (»Die Kolonisationsleistung im Osten« und »Irrtümer und Erkenntnisse auf dem Balkan«). Im Verlauf des Jahres kam zum Unterricht noch die regelmäßige Besprechung von »Wochenlosungen« hinzu, die die Abteilung laufend herausbrachte – meistens handelte es sich um ein Zitat aus »Mein Kampf« oder aus »Führerreden«. Zur Veranschaulichung der Schulungs- und Unterrichtspraxis im GenesendenBataillon das Beispiel eines Wochenablaufs für die reinen Unterrichtsstunden aus dem November 1944: 13.11.

15.11. 16.11.

17.11.

8.00-9.00 Besprechung der Wochenlosung »Rechtsempfinden« 9.00-10.00 Weltanschauliche Schulung: Der Weg zum nordischen Gedanken 10.00-11.00 Deutsch: Schillers Werke 14.00-15.00 Geschichte: Der deutsche Freiheitsgedanke 1813 14.11. 8.00-9.00 Erdkunde: Die Kolonialfrage 9.00-10.00 Deutsch: Wortarten 10.00-11.00 Lesestunde: Lesebogen »Die deutsche Frau« 14.00-15.00 Weltanschaulicher Unterricht: Auslese – Gegenauslese 15.00-16.00 Vererbungslehre: Was ist asozial? 8.00-9.00 Weltanschauliche Schulung: Deutschland muß Kinderland werden 10.00-11.00 Geschichte: Vom Wiener Kongreß bis 1864 8.00-9.00 Bevölkerungspolitik: Der Wille zum Kinde 9.00-10.00 Deutsch: Sprachbildung, Mundarten 10.00-11.00 Erdkunde: Das Europäische Verkehrswesen 14.00-15.00 Lesestunde: Der deutsche Wald 9.00-10.00 Rassenkunde: Der SS-Mann und die Judenfrage 10.00-12.00 Deutsch: Über den Gebrauch der Fremdwörter 14.00-16.00 Lesen: Aus »Helden des Weltkriegs.

Die übrige Zeit war mit Singen, Werkschaffen, Feierstunden, Mahlzeiten, gelegentlichen Putz- und Flickstunden u. ä. ausgefüllt. Daneben fanden ein Technischer Lehrgang für Freihand- und technisches Zeichnen und ein Unterführerlehrgang statt. Entsprechende Kursusprogramme sind für das gesamte Jahr 1944 und die ersten Monate bis Mitte April 1945 erhalten. Einen besonderen Schwerpunkt bildete die kulturelle Arbeit. Das kulturelle Angebot der steirischen Landeshauptstadt wurde regelmäßig von Angehörigen der Bataillon wahrgenommen; der Monatsbericht der Abt. VI für den Juni 1943 hielt zum Beispiel fest:

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Das Genesenden-Bataillon stellte einen eigenen Chor auf, so dass aufwändige Feiern in eigener Regie gestaltet werden konnten. Im Mai 1943 ging es in der »Politischen Schulung« gegen Schlager und Jazz als »schleichendes Gift«, das zur »Volksverseuchung und Judaisierung« führe; besonders schlimm sei »dass gerade und ganz besonders die Frau in Deutschland noch sehr viel von diesem jüdischen Tant und Mimikri vollkommen kritiklos annimmt und für eine weitere Verbreitung sorgt (Entwarnungsfrisur, Hutmode, Malerei, im Gesicht, an Finger- und gar Zähennägeln).«68 Der Leiter der Abt. VI, Clifford Frey, verfasste im August 1944 eine kleine Abhandlung »Warum eigentlich ›schräge Musik‹«, in der er das »gute deutsche Volkslied« dem »seichten, manchmal direkt übelriechenden Schlager mit seinen jüdischen Texten« entgegensetzte und Songs wie »Bel Ami« eine zersetzende Wirkung zuschrieb (»bin kein Held …«).69 Im Genesenden-Bataillon wurde vor allem deutsches Soldatenliedgut gepflegt, aber auch klassische deutsche Musik von Beethoven bis Wagner – die Schallplattensammlung enthielt heroische Werke wie Beethovens Egmont-Ouvertüre, Liszts Préludes und Auszüge aus Wagners Götterdämmerung. Zum Heldengedenktag, der 1939 auf den 16. März verlegt worden war, um an den Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht zu erinnern, zelebrierte der Schwerversehrten-Chor aus Wesserling mit Unterstützung des Musikzuges aus Sennheim Soldatenliederabende am 11.3. im Saal des Gasthofs »Zum roten Ochsen« in Felleringen und am 17.3. im Kornhaussaal in Thann. Auf dem Programm stand im ersten Teil eine Abfolge von Märschen und Soldatenliedern aus vier Jahrhunderten, im zweiten Teil die Kantate »Nur der Freiheit gehört unser Leben« nach Texten von Hans Baumann und Musik von Cesar Bresgen: »In ihr wurde jedem die große [»und schwere« durchgestrichen] Zeit, in der wir stehen, bewusst und nahe gebracht. Ergreifend waren die einzelnen Sprecher, Chöre und Bläsersoli in ihrer gewaltigen Steigerung.«70 Die Soldaten- und Landsknechtlieder, so Frey, passten besser in die Gegenwart als »Schubert’sche Musik und lyrische Verse«, »weil die stählerne Symphonie dieses Krieges ihren geistigen Niederschlag nur in stählernen Worten und zündenden, kämpferischen Melodien finden kann.«71 Den Chor leitete der Diplom-Musiklehrer und Untersturmführer Wilhelm Schmitz, der auch Referent in der Abteilung »Ausbildung für Singeleiter« des Amts C I.3 im SS-Hauptamt war.72 Die musikalischen Darbietungen kamen so gut an, dass Gottlob Berger im Juni 1944 die Vorbereitungen für eine Tournee durch die »süddeutschen Gaue« genehmigte, die der Soldatenchor gemeinsam mit den Sennheimer Instrumentalisten im August 1944 antrat.73 Am 8.8. gestaltete man im Kornhaus Thann noch eine Feierstunde mit dem Schweizer Dichter Jakob Schaffner, Autor des Buchs »Das Reich in uns«; Schaffner sprach über »Das Wesen der deutschen Reichsidee«, umrahmt wurde die Veranstaltung mit musikalischen Vorträgen des Chores und eines Quartetts.74 Am 26. August brach der Chor zusammen mit den Instru-

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mentalisten aus Sennheim zu seiner Konzertreise auf, die in 40 Tagen über Freiburg, Ulm und München bis nach Wien, Linz, Prag und Salzburg führte. Am 28. und 29.8. gastierte man in Sennheim und Gebweiler, am 1.9. in Oberehnheim, am 8.9. war man bei der Berufsoberschule Ulm zu Gast – Ausbildungsstätten der Waffen-SS gehörten zu den bevorzugten Auftrittsorten, deshalb überrascht es auch nicht, wenn Frey schon Ende August an Berger melden konnte, die ersten Konzerte im Elsass seien zu »politischen Kundgebungen und Treuebekenntnissen« geworden. Der Gesamtreinertrag – Frey rechnete mit mindestens 30 000 Reichsmark – sollte in einen Fonds für Witwen und Waisen gefallener SS-Männer gehen und dem Reichsführer-SS als Geschenk zu seinem Geburtstag überreicht werden.75 Das Vorrücken der alliierten Truppen scheint die kulturelle Praxis im GenesendenBataillon nicht nennenswert beeinträchtigt zu haben. Nachdem das Elsass geräumt werden musste, wurde das Bataillon Ende 1944 nach Langenau bei Ulm verlegt.76 In Langenau zelebrierte das Ensemble des Genesenden-Bataillons unter Leitung des Kapellmeisters und SS-Schützen Theo Ziegler vom Wuppertaler Stadttheater ab Anfang Januar regelmäßig sonntags »Musikalische Morgenfeiern«, nachdem man am 31.12. schon die Silvesterfeier mit heiterer Musik gestaltet hatte. Die Morgenfeiern waren ernste und durchaus anspruchsvolle Zeremonien. Für die Feier am 28.1.1945, um nur ein Beispiel zu nennen, wurde unter dem Motto »Und ewig steht das Reich!« folgendes Programm zusammengestellt:77 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17)

Walkürenritt aus: ›Die Walküre‹ v. Rich. Wagner »Uns ward das Los gegeben«, Gedicht v. Werner Gneist (mit Klavieruntermalung) Egmont-Ouvertüre (Orchester) v. L.v. Beethoven «Es kommt auf jeden an«, Gedicht v. Wilh. Pleyer Chor der Matrosen aus: »Der fliegende Holländer« v. Richard Wagner »Sturm«, Gedicht v. Dietrich Eckart Marschlied: »Kamerad, die Schicksalsstunde schlägt.« (Orchester) v. Hans Gansser »Wir tragen das Vaterland«, Gedicht v. Kurt Eggers (mit Klavieruntermalung) Adagio aus der Arie der Leonore aus: »Fidelio« v. Ludwig van Beethoven »Dem Führer«, Gedicht v. Kurt Eggers Gralserzählung aus: »Lohengrin« v. R. Wagner »Die Stunde der Bewehrung«, Gedicht v. K. Eggers »Polonaise« v. Chopin »Deutsche Mahnung«, Gedicht v. Irene Reidle »Wie nahte mir der Schlummer«, Arie aus »Der Freischütz« v. Carl Maria v. Weber »Sie bauten das Reich«, Gedicht v. Gerhard Schumann »In Treue fest«, Marsch v. Teike (Orchester).

1943 hatte die Abt. VI sieben Mitarbeiter und sechs Abteilungen. Leiter war der Schweizer Clifford Frey, für die weltanschauliche Schulung war der Lehrer Erich Schweikhardt, für Truppenbetreuung der Sachbearbeiter des Landesarbeitsamtes Graz Karl Chudziak zuständig, die anderen Mitarbeiter kümmerten sich um die Kantine, den Wareneinkauf, die Bastelstube etc. Frey, von Beruf kaufmännischer Angestellter, war NS-Ortsgruppenleiter in Bern und Feldwebel der Schweizer Armee gewesen, hatte die Armee aber wegen seiner nationalsozialistischen Betätigung wieder verlassen müssen und war 1939 nach Deutschland geflohen; 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und zunächst bei der Totenkopf-Reiter-Standarte, dann bei der Funk-Kompanie der

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Totenkopf-Division und der Nachrichten-Ersatz-Einheit eingesetzt. Nach Verwundung und Lazarett-Aufenthalt wurde er 1943 zum Leiter der Abt. VI beim GenesendenBataillon in Feldbach berufen, ein Amt, das er bis zur Einberufung zu einem Führerbewerberlehrgang in Tölz im Herbst 1944 ausübte.78 Spätestens ab November, zeitgleich mit der Verlegung nach Langenau, leitete Erich Schweikhardt, seit 1943 schon Freys Mitarbeiter und Stellvertreter, die Abt. VI. Schweikhardt war Lehrer in KirchheimTeck. Er wurde 1908 in Münster bei Creglingen als Sohn eines Lehrers geboren, besuchte das Lehrerseminar in Nürtingen und legte 1930 die 1. Staatsprüfung ab. Seit 1928 gehörte er der NSDAP an, seit 1932 der SS. Nach 1933 wurde er stellvertretender NSKreisleiter, Kreisgeschäftsführer und erster Beigeordneter des Bürgermeisters; 1937 ließ er sich als Hauptlehrer in seinen Geburtsort Münster versetzen.79 Als Schweikhardt die Leitung der Abteilung übernahm, rückte der kaufmännische Angestellte Kurt Krüger als sein Stellvertreter nach. Im Januar und Februar 1945 bildeten Schweikhardt, Krüger sowie die Oberscharführer Herbert Koll und der Sturmmann Ernst Hochsieder das Stammpersonal der Abteilung VI. Koll, der 1933 der NSDAP beitrat, war Lehrer in Torgau, Hochsieder war Studienreferendar für Englisch, Tschechisch und Leibeserziehung in Karlsbad. Hochsieder kam aus der völkischen Jugendbewegung, war Mitglied der Sudetendeutschen Heimatfront, dann der SdP, schloss sich 1938 der SS an und wurde 1940 in die NSDAP aufgenommen. Nach einer Kriegsverwundung und Lazarett-Aufenthalt kam er 1944 zunächst zur Berufsschule der Waffen-SS Mittweida und von dort zur Abt. VI des Genesenden-Bataillons.80 Hochsieder verwaltete die umfangreiche Bücherei des Bataillons. Den Hauptanteil am weltanschaulichen Unterricht hatten Schweikhardt und Koll. Zeitweise wurden 1944 auch Lehrer des Lagers Sennheim zur Unterstützung für den weltanschaulichen Unterricht hinzugezogen, etwa der Diplomlandwirt Untersturmführer Friedrich Wacker, der mehrfach zu Vorlesungen über germanische Geschichte nach Wesserling kam.81 Anfang 1945 waren außerdem noch zwei deutsche und ein lettischer Volksschullehrer in der Abt. VI tätig, die vor allem für den Deutschunterricht der ungefähr 300 lettischen und estnischen Freiwilligen des Bataillons herangezogen wurden.82

Das SS-Nachrichten-Ausbildungs- und Ersatzregiment Aus der Zeit von 1940 bis 1945 existiert umfangreiches Aktenmaterial über die weltanschauliche Schulung in den Nachrichten-Ersatzabteilungen der SS. Die wichtigsten Abteilungen befanden sich in Oranienburg, Unna und Nürnberg; sie wurden am 1.3.1942 zu einer Nachrichtenersatzabteilung mit zentralem Standort in Nürnberg zusammengelegt.83 Aus Unna sind die Dienstpläne der 5. Kompanie für den Zeitraum von Januar 1940 bis Juni 1941 erhalten, die einen durchgehenden Unterricht für die 5 Züge und die Unterführer der Kompanie belegen. Im Vordergrund standen politische Geographie (»Frankreich, Land und Leute«), Rassenkunde (»Die Rassen des deutschen Volkes«) und eine »ns-spezifische« Institutionenkunde: Erläuterungen zum Parteiprogramm, zur Organisation und Gliederung der SS, zu den Grund- und Ordensgesetzen der SS etc. Oft vermerkt der Dienstplan nur »Weltanschauliche Schulung«, so dass sich die Inhalte nur teilweise rekonstruieren lassen. Einige Themen wurden sehr ausführlich behandelt – zum Beispiel befasste man sich im 1. Zug dreimal

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mit den »Rassen des deutschen Volkes« und an drei Terminen hintereinander mit dem Grundgesetz der SS »Heiligkeit des Eigentums«.84 Auch in Oranienburg bestand ein regelmäßiger Schulungsbetrieb. So existieren Unterlagen über einen 4wöchigen Ausbildungskurs von Anfang 1941, in dem folgende Themen behandelt wurden: 1. 2. 3. 4.

Woche: Der SS-Mann in der Waffen-SS/Seine Aufgaben und Pflichten Woche: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis Weltkriegsende (Das 1. und 2. Reich)85 Woche: Der Führer. Sein Leben und sein Kampf um Deutschland (Geschichte der NSDAP von 1920 bis 1933) Woche: Das Programm der NSDAP und seine Erfüllung im 3. Reich.

Nach dem letzten Vortrag wurde das Lied »Die dunkle Nacht ist nun vorbei« gesungen, anschließend folgte eine halbe Stunde Unterrichtung über politische Tagesfragen. Zu allen Vortragsthemen gab es entsprechende Schulungsunterlagen. So verfügte der Schulungsleiter für das 4. Thema über einen 8 Seiten umfassenden Text, in dem stichwortartig alle Punkte des NSDAP-Programms erläutert und auf ihre Realisierung hin befragt wurden. Zum Beispiel hieß es, nachdem zuvor erklärt worden war, dass während und nach dem 1. Weltkrieg »aus Ostpolen eingewanderte Schieber und Juden« ein »Riesenvermögen ergaunert« hätten, unter Punkt 4: »Kein Jude kann daher Volksgenosse sein. – Warum? Erkenntnis der modernen Rassenlehre von der Minderwertigkeit der jüdischen Rasse/Parasiten, die ihre Wirtsvölker vernichten. Zukunft wird nur völkische Staaten kennen, d.h. Deutschland das Reich des deutschen Volkes. Juden sind daher auszumerzen.«86 Als WE-Sachbearbeiter war im Januar 1941 der kaufmännische Angestellte Joachim Sievers ernannt worden. Sievers hatte 2 Semester an der Handelshochschule in Berlin studiert, musste das Studium aber aus finanziellen Gründen abbrechen; er trat 1931 der SA und der NSDAP bei, war Blockwart und als Betriebsobmann der DAF bei Merck in Darmstadt für die »sozialpolitische und weltanschauliche Betreuung« von 4500 »Gefolgschaftsmitgliedern« zuständig. Anfang 1940 meldete er sich zur Waffen-SS und wurde zur Totenkopf-Reiterstandarte nach Warschau kommandiert, erhielt zwischenzeitlich eine Ausbildung im Nachrichtenwesen in Oranienburg, kam als WE-Sachbearbeiter von Warschau wieder nach Oranienburg und anschließend als WS-Lehrer zur Nachrichtenschule Nürnberg.87 Am 28.2.1941 wurden Richtlinien für die Weltanschauliche Erziehung erlassen, nach denen wöchentlich jeweils zwei ganze Stunden im Dienstplan vorgesehen waren, eineinhalb Stunden für den Schulungsvortrag, eine halbe Stunde für politische Tagesfragen und Aussprache. Um der weltanschaulichen Erziehung einen »besonderen Rahmen« zu geben, sollte der Unterricht mit einem »geeigneten Kernspruch« oder einem Lied beginnen und enden. Die Richtlinien hielten fest, dass Sievers nicht selber Unterricht erteilen dürfe, sondern dem Kompanieführer lediglich Themen und »Rüstzeug« zu vermitteln habe; er erhielt aber den Auftrag, in unregelmäßigen Abständen Vorträge vor dem Führerkorps zu halten. Außerdem gehörte zu den Aufgaben der Abt. WE die Verteilung von Karten für Theaterund andere Kultur- sowie Sportveranstaltungen. Im November und Dezember 1940 waren zum Beispiel Theaterkarten für die historischen Stücke »Marianne aus Leuthen« und »Anneliese, Reichsfürstin zu Dessau« verteilt worden.88 Die Dienstpläne der in Nürnberg stationierten Totenkopf-Nachrichten-Ersatzabteilung sahen 1940 für den Sommer noch lediglich einmal im Monat Schulungsvorträge vor; erst ab Oktober änderte sich das, als in Nürnberg eine eigene WE-Abteilung

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errichtet wurde. Der WE-Sachbearbeiter Oberscharführer Mzik meldete in seinem Arbeitsbericht vom Oktober eine bis zwei Stunden wöchentlich weltanschaulichen Unterricht. Aus einem Bücherverzeichnis geht hervor, dass man immerhin über Werke wie Günthers »Rassenkunde des deutschen Volkes« verfügte. Bei der Prüfung des Unterführer-Anwärter-Lehrgangs, der im Oktober 1940 endete, waren unter anderem zehn allgemein gehaltene Fragen zur Geschichte der NSDAP zu beantworten (z. B. »Wann und wo wurde der Führer geboren?«).89 Johannes Mzik, der noch am 1. Weltkrieg teilgenommen hatte, war von Beruf ebenfalls Kaufmann und arbeitete als Geschäftsführer bei der Bremer Schlachtviehversicherung. Seit 1933 gehörte er der NSDAP und der SS an und war bereits Untersturmführer der Allgemeinen SS, bevor er zum Oberscharführer der Waffen-SS ernannt wurde. Er war noch 1943 an der Nachrichtenschule tätig. Von Januar bis März 1941 war der Elektro-Techniker Untersturmführer Erich Stastny-Hain WE-Führer, nachdem er zuvor bereits die Bücherei der Nachrichtenersatzabteilung in Oranienburg geleitet hatte. Stastny-Hain war seit 1928 Parteimitglied und gehörte seit 1933 der SS an, 1936 wurde er zum Untersturmführer ernannt, 1938 war er Polizeischulungsredner in Mölln und Lauenburg. Außerdem war der Volks- und Berufsschullehrer Karl Kaus von der Kaufmännischen Berufsschule Giessen 1940 an der weltanschaulichen Schulungsarbeit in Nürnberg beteiligt.90 Mit Errichtung der Nachrichten-Ersatzabteilung der Waffen-SS in Nürnberg im Frühjahr 1941 wurde das WE-Referat zur Abt. VI erweitert, die Leitung der Abteilung blieb aber zunächst, da Stastny-Hain als WE-Führer aufhörte, unbesetzt, bis im August der Unterscharführer Irrgang vorübergehend die Geschäftsführung übernahm. Im März 1942 wurde die Abteilung mit Untersturmführer Horn als Leiter neu besetzt.91 Horn, seit 1931 NSDAP- und SS-Angehöriger, hatte nach dem Abitur eine technische Lehre gemacht, danach aber noch ein erziehungswissenschaftliches Studium an der HfL Friedberg begonnen. Sein wichtigster Mitarbeiter war Karl Brummer, wiederum ein gelernter Elektrotechniker und ebenfalls seit 1931 Parteimitglied.92 Horn verfasste im August 1942 einen Tätigkeitsbericht der Abt. VI; danach erstellte die Abteilung einmal im Monat eine Stoffsammlung für die laufende Schulungsarbeit der Kompanieführer. Neben einer Bücherei der Abt. VI wurde zur Unterstützung der Einheitsführer eine Führer-Bücherei aufgestellt; seit Juni 1942 hielt Horn auch einmal in der Woche Schulungsunterricht für die Unterführer der Ersatzabteilung.93 Der Schulungsarbeit lag der 12wöchige Schulungsplan des SS-Haupamtes zugrunde (s. Anhang). Im November 1942 sandte die 1. Kompanie einen Erfahrungsbericht an die inzwischen zum Nachrichten-Ersatz-Regiment (N.E.R.) erweiterten Ersatzabteilung in Nürnberg, in dem sie mitteilte, dass nur Teil IV des Lehrplans »Die SS, ihre Geschichte und Grundsätze« vollständig durchgenommen worden seien. Mitte Oktober seien neue Rekruten zur Kompanie gekommen, die im Allgemeinen durch die Schule, die Schulungen in der HJ, der Partei und ihren Gliederungen schon einiges an weltanschaulichen Vorkenntnissen mitbrächten, vieles könne deshalb als bekannt vorausgesetzt werden und würde daher nur langweilig wirken; deshalb habe man nur die Themen zur Schulung herausgegriffen, die für sie neuen, interessanten Stoff darstellten. Den vorhandenen Wissensstand überprüften die Zugführer durch »abfragenden Unterricht«; über »Grundsätze und Geschichte der SS« bestanden offenbar die meisten Wissenslücken.94 Die 9. Kompanie bemängelte dagegen das Fehlen von Geschichtskenntnissen. Im Januar 1943 behandelte man dort die Themen »Der Ursprung unseres

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Volkes« und »Entstehung des 1. Reiches und die deutsche Kaiserzeit des Frühmittelalters«. Von 6 vorgesehenen Stunden fielen allerdings 4 wegen einer Impf-Aktion und Gestellungen für den Arbeitsdienst aus. Den Unterricht erteilte hier der Untersturmführer Richard Heimann als Einheitsführer; Heimann, 1921 geboren und von Beruf kaufmännischer Angestellter, gehörte seit seinem 11. Lebensjahr dem »Deutschen Jungvolk« an. Nach mehreren Lehrgängen hatte er es zum HJ-Gefolgschaftsführer gebracht, 1938 durfte er am Reichsparteitag teilnehmen, mit 18 meldete er sich 1939 zu den Verfügungstruppen. Nach einem Lehrgang in Tölz kam er Anfang 1942 zur NachrichtenErsatzabteilung nach Nürnberg und wurde dort im April 1942 zum Untersturmführer ernannt. Ab Mai 1943 gab er nur noch vereinzelt Unterricht in der 9. Kompanie, denn inzwischen war er zum Führer der 14. Kompanie ernannt worden. Den Hauptteil bestritt jetzt der stellvertretende Kompanieführer Paruszynski, auch er von Beruf kaufmännischer Angestellter, allerdings mit Primareife und einem 5semestrigen Studium an der Hochschule für Politik im Hintergrund; Paruszynski gehörte seit 1930, d.h. seit seinem 14. Lebensjahr der HJ an und hatte es zum HJ-Bannführer gebracht; später arbeitete er als Ausbilder in Wehrertüchtigungslagern der HJ.95 – Dies waren typische Biographien von Einheitsführern, die oft jünger als die Leiter der Abt. VI waren und bereits die übliche nationalsozialistische Sozialisation durchlaufen hatten. Im Mai 1943 standen im Rahmen eines neu beginnenden Lehrgangs folgende Themen für die 9. Kompanie auf dem Programm, die in Anlehnung an den 12wöchigen Lehrplan angesetzt wurden und vor allem die Geschichtskenntnisse aufbessern sollten: 1. Erde und Menschen in der nordischen Sagenwelt im Schöpfungsmythos der Germanen 2. Geschichte als politischer Lehrer: a) Der Germane als Bauer und Krieger b) Armin der Cherusker und Heinrich I., zwei germanische Reichsgründungen c) Weltanschauungen und überstaatliche Mächte, Rom – Judentum – Bolschewismus d) Preussen als Keimzelle e) Von Bismarck zu Hitler f) Geschichte der Bewegung 3. Sozialismus – Leistung und Ehre 4. Heiligkeit des Eigentums.

Nur das letzte Thema übernahm der Kompanieführer selbst. Diesmal fiel von 10 angesetzten Stunden nur eine aus. Im Juni waren wiederum 10 Schulungsstunden angesetzt, von denen zwei ausfielen. Die Themen waren: 1. Heiligkeit des Eigentums 2. Von der Ehre des Soldaten 3. Charakter des Soldaten: der innere Befehl 4. Ordensgedanke der Waffen-SS: Folgerungen für den Frontsoldaten 5. Jude und Loge (2 Std.) 6. Das Reich Bismarcks, Aufbau und Zusammenbruch 7. Die Feindpropaganda, deren Ziele und Abwehr.

Der dritte Abschnitt (Juli 1943) wich deutlicher vom Lehrplan ab und behandelte auch Themen mit stärkerem aktuellen Bezug: 1. Die Sowjet-Union: Raum und Volk 2. a) Die Hungerblockade des Weltkrieges

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS b) Bauerntum und nationalsozialistische Auffassung a) Das Reichserbhofgesetz als Erneuerer des Blutquells b) Befreiung des Bauerntums von der liberalistisch-kapitalistischen Weltherrschaft 4. Der Osten ruft den deutschen Bauern (Kolonisation des Ostraums oder Kolonialpolitik) 5. Die Lebensgesetze: a) Vererbung, b) Auslese und Gegenauslese, c) bevölkerungspolitische Entwicklung Deutschlands 6. Der Heiratsbefehl 7. Wiederholung 8. SS- und Polizeigerichtsbarkeit an Beispielen. 3.

Dazu kamen jeweils einmal die Woche ein halbstündiger Unterricht über politische Tagesfragen und eine halbstündige »Kompaniebelehrung.« Nach einer Sommerpause begann Ende August ein neuer Lehrgang, für den jetzt bereits 16 Stunden weltanschaulicher Unterricht angesetzt waren – der Lehrplan sah 12 Ausbildungswochen mit 47 Stunden weltanschaulichem Unterricht, also 4 Wochenstunden vor. Allerdings fielen im ersten Monat schon wieder 7 ½ Stunden aus. Über folgende Themen wurde unterrichtet: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

nordische Urzeit, urgermanische Zeit germanische Lebensordnung Germanen und Rom Völkerwanderung Lebensgesetzliche Grundlagen nordische Rasse Rassenmischung, Judenfrage (Filmvorführung: Rassenmerkmale) Vererbung (gleicher Film) Bedeutung der Lebensgesetze für ein Volk Leben Adolf Hitlers Arbeiter und Judenfrage Gründung der NSDAP und Programm München, der unbekannte Soldat des Weltkriegs, der Zusammenbruch und Ursache.96

Im Prinzip ähnlich lief es in den anderen Kompanien ab, und es erübrigt sich, weitere Beispiele heranzuziehen. Die Themenfolge variierte, die Themen wurden unterschiedlich kombiniert, so dass sich verschiedene Schwerpunkte und Akzentuierungen ergaben, im Kern handelte es sich aber um ein übergeordnetes Curriculum, nach dem in allen Einheiten unterrichtet wurde. Innerhalb der Kompanien fand der Unterricht zum Teil nach Zügen getrennt, zum Teil für alle Kompanieangehörigen gemeinsam statt. Zu einigen Themen wurden Unterführer herangezogen, die meisten Vorträge hielten aber Einheitsführer, d.h. die Kompanieführer und ihre Stellvertreter oder Zugführer der Kompanien. Nach Richtlinien vom August 1943 sollten in der Woche 4 Stunden für den weltanschaulichen Unterricht und eine Stunde für politische Tagesfragen reserviert sein – die Stundenzahl hatte sich gegenüber den Richtlinien von 1941 mehr als verdoppelt. Zwei Stunden im Monate erteilte der WE-Führer einen gesonderten UnterführerUnterricht, einmal im Monat fand eine Besprechung im Führerkorps statt, auf der er einen Vortrag über das zentrale Thema des Monats hielt. Zur Vorbereitung des Unterrichts durch die Einheitsführer erstellte die Abteilung VI laufend Schulungsunterlagen sowie Berichte zur politischen Lage, militärische und politische Wochenübersichten und brachte einen eigenen »Nachrichtendienst zur Führung der weltanschaulichen

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Erziehung« heraus – im April 1944 etwa mit »Notizen zur kirchenpolitischen Lage«, im Mai darauf zum Thema »Menschenführung«. Neben dem 12-Wochen-Lehrplan dienten die Stoffsammlungen des Schulungsamtes, die monatlich neu herauskamen, als Schulungsgrundlage. So stellte die 5. Kompanie im Juni 1944 das Thema der gleichzeitig erschienen Stoffsammlung zur Rassenpolitik in den Mittelpunkt einer achtstündigen Unterrichtseinheit: 1. Wir und die Blutsfrage 2. Was ist Rasse? 3. Bedeutung der Rasse 4. Das deutsche Volk und die nordische Rasse (2 Std.) 5. Vererbungslehre 6. Bedeutung der Gattenwahl 7. Gesetz der Fruchtbarkeit

Im Mai hatte man sich in der Stammkompanie, da es immer wieder einen Bedarf an der Behandlung religiöser Fragen gab, eine ganze Woche mit dem Thema »Rom und der Jesuitenorden« beschäftigt, zu dem die Abt. VI eine Stoffgliederung ausgearbeitet hatte: 15.5. 14-15.00 Rom und das Reich in der Geschichte 18.5. 14-15.00 Rom und das neue Deutschland; 18.15 – 19.00 Politische Schulung 19.5. 14-15.00 Der Jesuitenorden 20.5. 8.15-9.15 Politische Wochenübersicht

Im Juli stützte man sich wieder hauptsächlich auf den 12-Wochen-Lehrplan, hier am Beispiel der 5. Kompanie veranschaulicht: 1. Wo.: 2 Std. Germanische Vorgeschichte bis zur Entstehung des 1. Deutschen Reichs 1 Std. Gefahren der Rassenmischung und die Judenfrage 1 Std. Rasssenpflege und Bevölkerungspolitik des nationalsozialistischen Staates 2. Wo.: 2 Std. Das kirchliche Mittelalter 1 Std. Die SS, Geschichte und Grundsätze (1. Std. Hauptteil IV des 12wö. Schulungsplans) 1 Std. Die SS, Geschichte und Grundsätze (2. Std. Hauptteil IV) 3. Wo. 2 Std. Das ritterliche Mittelalter 1 Std. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (1. Std. Hauptteil I des 12wö. Schulungsplans) 1 Std. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (2. Std. Hauptteil I) 4. Wo. 2 Std. Das bürgerliche Mittelalter 1 Std. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (3. Std. Hauptteil I) 1 Std. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (4. Std. Hauptteil I)97

Am 12.7.44 besuchten 24 Angehörige des Nachrichtenregiments einen Vortrag des Nürnberger Stadtschulrates Fritz Fink, Autor des Buchs »Die Judenfrage im Unterricht«, über »Das wahre Gesicht des Bolschewismus« im großen Saal des Industrieund Kulturvereins Nürnberg.98

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Inzwischen war die Leitung der Abt. VI des Nachrichtenregiments in Nürnberg auf den Polizeiverwaltungsinspektor Friedrich Ölheim übergegangen. Ölheim, 1921 in Nördlingen geboren, gehörte bereits zum Kreis der jüngeren Offiziere der Waffen-SS, die durch die Hitler-Jugend sozialisiert wurden – 1933 trat er mit 14 der HJ bei und war bald Gefolgschaftsleiter geworden. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und erhielt eine Ausbildung zum Funktruppführer bei der Nachrichtenersatzabteilung in Nürnberg. Nachdem er einen Unterführerlehrgang abgeleistet hatte, war er vorübergehend beim Regiment »Prinz Eugen« eingesetzt, wurde nach einem Führeranwärterlehrgang aber für die »höhere VI-Laufbahn« bestimmt und als WS-Lehrer an die Nachrichtenschule Metz und von dort als Leiter der Abt. VI nach Nürnberg versetzt. Seine Beurteiler bescheinigten ihm eine »freie überzeugende Vortragsart« und »gute Lehrbefähigung«.99 Im März 1944 ordnete Ölheim zur Intensivierung der weltanschaulichen Erziehung die Wahl von V-Männern in jeder Kompanie und jedem Zug an, ältere erfahrene Nationalsozialisten, die als Hilfskräfte und »Aktivisten« die weltanschauliche Erziehungsarbeit »in Form von kameradschaftlichen Aussprachen und durch ihr Vorbild an Haltung und Gläubigkeit« unterstützen sollten. Im August 1944 wechselte Ölheim als »VIa« zur Division »Reichsführer-SS«. An seine Stelle trat der Untersturmführer Franz Heumann, ein Hauptschullehrer aus dem Sudetenland. Heumann war für den weltanschaulichen Teil eines Sonderlehrgangs verantwortlich, der im August 1944 vom Nachrichtenersatzregiment für Wehrmachtsangehörige durchgeführt wurde, die von der Waffen-SS übernommen wurden. Innerhalb von 3 Wochen sollte ein Intensivkurs über die SS und ihre politischen und rassepolitischen Ziele absolviert werden:100 1. Wo.:

2. Wo.:

3. Wo.:

a) Die SS ist der Stoßtrupp des NS b) Die SS sichert den Bestand des Reiches gegen innen und außen c) Die SS-Männer sind die Vorkämpfer für den großgermanischen Gedanken und für die europäische Einheit d) RFSS, RKFDV. Rückführung von Deutschen aus dem Osten ins Reich. Wehrbauerntum Das Reich und Europa a) Das Reich, der Beschützer Europas gegen die kulturfeindlichen Steppenvölker des Ostens b) Ein unter Führung eines starken Deutschlands geeintes Europa verbürgt den Fortbestand der europäischen Kultur c) Die Gegner der europäischen Ordnung Grundlagen unserer Weltanschauung 1. Im Mittelpunkt der nationalsozialistischen Weltanschauung steht das Volk 2. Freie Bahn dem Tüchtigen – Leistungsprinzip. Verantwortung nach oben und Autorität nach unten – Führerprinzip 3. Bedeutung der Rassen und Rassenmischung 4. Wir kämpfen für die Erhaltung unseres Volkes und für die ihm artgemäßen, gesunden Lebensbedingungen

Heumann wurde unterstützt von Obersturmführer Friedrich Fölsing, der im November darauf auch die Leitung der Abteilung übernahm. Fölsing, von Beruf Zollbeamter, wurde wiederum im Dezember zur Division »Nordland« kommandiert und durch Hauptsturmführer Hans-Edlef Gröndahl ersetzt, Rechtsanwalt und Notar sowie Rechtsamtsleiter der NSDAP und Ratsherr in Marne/Holstein.101 Es herrschte also eine hohe Fluktuation in der Abt. VI. Weil sich die Luftangriffe auf Nürnberg häuften,

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wurde das Nachrichtenersatzregiment im Herbst 1944 nach Eichstätt verlegt. Im November setzte Fölsing 25 Unterrichtsstunden für die Stammkompanie des Regiments im Dezember an; die Themen waren diesmal stark auf die Auseinandersetzung mit den Gegnern und Feinden des nationalsozialistischen Deutschland ausgerichtet: 1. Wo. (1.-10.12.): 1. Allein die nationalsozialistische Welt sichert uns ein artgemäßes Leben (2 Std.) 2. Das ist unser Führer Adolf Hitler (2 Std.) 3. Die Waffen-SS 4. Politische Rundgespräche 5. Politische Wochenübersicht (je 1 Std.) 2. Wo. (11.-17.12.): 1. Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung (2) 2. Die Freimaurerei – Instrument des Weltjudentums (2) 3./4. Politische Wochenübersicht und Rundgespräche 3. Wo. (18.-24.12.): 1. USA – Handlanger der jüdischen Weltmacht (2) 2. Politisches Soldatentum 3. So feiern wir Weihnachten 4./5. Politische Wochenübersicht und Rundgespräche 4. Wo. (25.-31.12.): 1. England stört den Frieden der Welt (2) 2. Das ist der Weg der SS 3. Unsere stärkste Waffe – unser fanatischer Glaube an den Sieg 4./5. Politische Wochenübersicht und Rundgespräche

Als Materialgrundlage dienten jetzt die »Handblätter für die Weltanschauliche Erziehung der Truppe«, die das SS-Hauptamt/Schulungsamt inzwischen herausgab. Gröndahl setzte das Programm im Januar 1945 mit einem Curriculum fort, das vier Themenschwerpunkte vorsah, die jede Woche weiterentwickelt wurden – 1. Geschichte und Grundsätze der SS, 2. Europa und das Reich, 3. Weltanschauungen und 4. Rassenlehre: 1.-7.1. (bei jedem Zug 5 Std.): 1. Geschichte und Grundsätze der SS 2. Europa und das Reich 3. Allgemeine Übersicht über die 4 Weltanschauungen 4. Rassenlehre (Der Entstehungsgedanke) 5. Politische Wochenübersicht 8.-14.1. (jew. 5 Std.): 1. Geschichte und Grundsätze der SS 2. Europa und die germanischen Staatsgründungen 3. Allgemeine Übersicht über die 4 Weltanschauungen 4. Rassenlehre (Entwicklungsgedanke und Abstammung) 5. Politische Wochenübersicht 15.-21.1. (jew. 5 Std.) 1. Geschichte und Grundsätze der SS 2. Karl d. Gr. 3. Klerikale und liberale Weltanschauung 4. Rassenlehre (Was ist ein Volk?) 5. Politische Wochenübersicht

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 22.-28.1. (4 Std.) 1. Geschichte und Grundsätze der SS 2. Heinrich I. und Otto d. Gr. 3. Klerikale und liberale Weltanschauung 4. Rassenlehre (Volk und Rasse, Rassen Europas) 29.1.-1.2. (4 Std.) 1. Geschichte und Grundsätze der SS 2. Sachsenkaiser 3. Die 4 Weltanschauungen (Marxismus und Nationalsozialismus) 4. Rassenlehre

Inzwischen war man dazu übergegangen, für jeden Themenkomplex einen Schulungsmann einzusetzen, der sein Thema reihum in jedem der 4 Züge einer Kompanie vortrug: »Auf diese Weise wird der Unterricht für die einzelnen Züge abwechslungsreicher, als wenn der Schulungsmann täglich bei dem gleichen Zug unterrichtet.« Für den Unterricht wurden Gerhard Grund, Anton Gerlach, Fritz Stracke, Wiegand Spieker sowie Kurt Neitzel eingesetzt, der im März 1945 an die Stelle Gerhard Grunds trat.102 Offensichtlich ließ sich das Prinzip der Schulung durch die Einheitsführer gegen Ende des Krieges immer weniger durchhalten. Noch mehr als zuvor griff man auf die Hilfe professioneller Lehrer zurück. Grund, Naturwissenschaftler mit besonderem Interesse an Rassenkunde und Vererbungslehre, war Studienrat und Napola-Erzieher; er gehörte seit 1934 der SS an, war 1939 zur Waffen-SS eingezogen worden und hatte eine Ausbildung als Funktechniker und Lehrer für elektrotechnischen Unterricht bei der Nachrichten-Ersatzabteilung in Oranienburg erhalten. Kurt Neitzel, der aus dem Wartheland stammte, war Studienrat für alte Sprachen und Leibeserziehung an der »Arthur-Greiser-Oberschule« in Hohensalza; er gehörte dem »Selbstschutz Posen« an und war Mitbegründer des »Deutschen Heimatschutzes« in Birnbaum, der dort nach der Besetzung Polens die Polizeiverwaltung und Gefängnisleitung übernahm. Im Dezember 1939 trat er in die SS ein, später wurde er zur Waffen-SS eingezogen und erhielt ebenfalls eine Ausbildung im Nachrichtenwesen in Nürnberg. Anton Gerlach, Volksdeutscher aus Rumänien, war Lehramtskandidat; er gehörte der Deutschen Jugend in Rumänien an, wurde 1942 zur Waffen-SS eingezogen und bei der Nachrichten-Ersatzabteilung ausgebildet. Fritz Stracke war Telegrafentechniker und Funkmeister beim Nachrichtenersatzregiment in Nürnberg; er wurde nach einer Verwundung und einem längeren Lazarettaufenthalt zur Schulungsabteilung des Regiments in Eichstätt abgeordnet. Wiegand Spieker war Jurist und Reichsbahnrat; er war 1933 der NSDAP und der SA beigetreten und wurde 1943 zur Waffen-SS eingezogen.103 Im Januar und Februar 1945 lieferten die V-Männer Berichte »Worüber spricht die Truppe?«, die zunehmende Besorgnis bei den Männern widerspiegelten: »Politische Witze sind verstummt. Offenbar ist allen die Lage zu ernst«, so der Eintrag vom 13. Februar. Das Curriculum wurde unverdrossen fortgesetzt. Im Themenfeld »Weltanschauungen« standen erneut eine Stunde über »Marxismus und Nationalsozialismus«, zwei Stunden über »Bolschewismus, Amerikanismus, Judentum« und eine weitere Stunde über das Judentum auf dem Programm, in »Europa und das Reich« ging es unter anderem um den Deutschen Ritterorden und die Besiedelung des Ostens, den »Mongolensturm« und die Hanse, in Rassenlehre befasste man sich mit der nordischen Rasse usw. Gleichzeitig erhielt die Stammkompanie in Eichstätt den Auftrag, die Themen der nationalsozialistischen Weltanschauung für den Unterführeranwärter-

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lehrgang »zu einem truppennahen Männervortrag von ungefähr 40 bis 50 Minuten Dauer« auszuarbeiten, »der an Robustheit und Qualität seinesgleichen sucht. Die Moral kann ruhig jeweils mit dem Holzhammer verpasst werden!«104 Neben dem Hauptstandort Nürnberg existierte spätestens seit Ende 1942 eine Nachrichtenschule in Metz, die bis Herbst 1944 Bestand hatte. Hier war Ölheim vor seiner Berufung zum Leiter der Abt. VI in Nürnberg vom 1.6. bis zum 30.11.1943 WS-Lehrer. Sein Nachfolger war der Diplomvolkswirt Dr. rer. pol. Werner Mundt, stellvertretender Betriebsführer der »Robert Mundt Korbwaren« in Bernburg. Mundt gehörte seit 1933 der SS an und war Schulungsleiter in der 59. Standarte, bevor er im November 1939 zu den Totenkopfstandarten einberufen wurde und als WE-Führer beim 12. Totenkopfregiment zum Einsatz kam. Nach der Auflösung des Lehrbetriebs in Metz folgte er der 2. Lehrgruppe als Leiter der Abt. VI nach Aussig.105 WS-Lehrer in Metz waren 1944 außerdem Rudolf Beck, 1935 Studienassessor an der bekannten reformpädagogischen Schule Wickersdorf, der vorher schon als WS-Lehrer in Braunschweig und als Schulungsleiter beim Totenkopf-Regiment im Einsatz war, sowie der Bochumer Studienrat Wilhelm Hildebrandt, der 1943 die Schulungsabteilung der Germanischen Leitstelle in den Niederlanden geleitet hatte.106

Theorie und Praxis: Die SS-Totenkopf-Kavallerie, Teil I Etwas ausführlicher soll das Beispiel des SS-Totenkopf-Reiterregiments vorgestellt werden, weil in diesem Fall ungewöhnlich umfangreiches Material erhalten ist, das ein anschauliches Bild der Schulungspraxis in der Waffen-SS während des Krieges vermittelt. Das Regiment wurde zunächst als Reiterstandarte im September 1939 in Berlin aufgestellt und, bestehend aus zwei Schwadronen von 451 Mann, als Polizeiverstärkung nach Polen geschickt. Dort wurden zwei Reiterstaffeln mit jeweils zwei Schwadronen gebildet und in Litzmannstadt sowie im Raum Posen stationiert. Von Anfang an waren die Reiter an der Verfolgung und Deportation der polnischen Juden beteiligt. In Litzmannstadt wirkten sie unter anderem an der Zusammentreibung und Bewachung der Juden bei der Errichtung des Gettos mit. Bereits am 1.12.1939 meldete die 5. Schwadron die Erschießung von 440 Juden, die während eines Transportes zu fliehen versucht hatten.107 Im November und Dezember 1939 wurden die beiden Staffeln zu einer Standarte mit insgesamt 13 Schwadronen erweitert und in die Totenkopfstandarten übernommen. In der Folgezeit wurde der Verband stetig weiter ausgebaut. Im März 1940 umfasste er bereits 1854 Mann, im Verlauf des Jahres verdoppelte sich der Bestand, nachdem eine zweite Standarte gebildet worden war; das Oberkommando blieb bei der 1. Standarte. Im November 1940 folgte die Umbildung in ein Regiment aus zwei Halbregimentern mit jeweils zwei Abteilungen, bestehend aus insgesamt 20 Schwadronen, im März 1941 folgte eine erneute Reorganisation zu zwei eigenständigen Regimentern mit jeweils 8 Schwadronen. Die beiden Regimentsstäbe waren in Warschau und Lublin stationiert, die Schwadrone wurden über das Generalgouvernement verteilt. Einer Schwadron gehörten im Durchschnitt etwa 200 Mann an. Im Sommer 1941 wurde der Verband aus Polen abgezogen und als Kavallerie-Brigade nach Russland abkommandiert; 1942 kehrte die Brigade ins Generalgouvernement zurück und wurde dort als Kavallerie-Division mit drei Regimentern neu aufgestellt,

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

im Oktober 1943 wurde die Division um ein viertes Regiment erweitert, im März 1944 erhielt sie den Namen »Florian Geyer«.108 Kommandeur der Standarte und später des Regiments war der bekannte Springreiter Hermann Fegelein, später Himmlers Vertreter beim Führerhauptquartier.109 Fegelein kümmerte sich selber um die Organisation der weltanschaulichen Schulung, die anfangs nur langsam und unsystematisch in Gang kam. Er setzte im Mai 1940 einen Schulungsleiter für die Standarte ein und erließ noch im gleichen Monat einen Unterrichtsplan für die Monate Juni bis August, den der erste Schulungsleiter, Heinz Rebholz erarbeitet hatte. Der Plan stand unter dem Hauptthema »Der nationalsozialistische Staat«: »A. (1. und 2. Stunde): 1a. Klärung der Begriffe Weltbild – Weltanschauung 1b. Welche Weltanschauungen gibt es? (christliche, liberalistische (kapitalistische), marxistische (kommunistische) und in Gegensatz zu allen die nationalsozialistische) 2. Kurzer geschichtlicher Überblick über den Werdegang der NSDAP (und SS) B. Der nationalsozialistische Staat (3.-7. Stunde) C. Seine Erfolge (Behandlung des Parteiprogramms) (6.-12. Stunde).«

Als Schulungsmaterial wurden Hitlers »Mein Kampf« (Kapitel »Der Staat«), die SSLeithefte, das »Schwarze Korps« und die Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes für die laufende Schulungsarbeit genannt. Fegelein ließ den Plan an die Schwadrone versenden, verbunden mit der Aufforderung, geeignete Männer als Schulungsleiter zu bestimmen, die einmal in der Woche einen entsprechenden Unterricht in den Einheiten organisieren sollten.110 Bis zu diesem Zeitpunkt war aus Berlin schon einiges an Schulungsmaterial und Truppenbetreuungsmitteln verschickt worden. So erhielt die Standarte im Januar 1940 neben 34 »Mensch ärgere dich nicht«-Spielen auch 100 Exemplare des SS-Leitheftes, im Februar kamen 2000 Exemplare der Broschüre »Westwall unbezwingbar« an, im März sandte der HSSPF Ost 150 Exemplare einer amtlichen Veröffentlichung über »polnische Greueltaten« an Volksdeutschen in Polen unter dem Titel »Der Leidensweg des deutschen Volkstums in Polen« zu. Wenige Tage später waren die Reiterschwadrone an der Erschießung von 250 polnischen Männern im Rahmen einer »Sühneaktion« beteiligt, nachdem ein SS-Offizier schwer verwundet worden war; u. a. wurde das Dorf Krolowiec in Brand gesetzt, alle Männer im wehrfähigen Alter wurden erschossen, Frauen und Kinder in ein Nachbardorf abgeschoben.111 An der Aktion war insbesondere die 2. Schwadron beteiligt; sie verfügte im März 1940 bereits über umfangreiche Schulungsmaterialien, darunter die Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung in der Waffen-SS Heft 1 und 2, die SS-Leithefte, die Zeitschrift »Germanien«, das »Schwarze Korps« und verschiedene Tages- und Wochenzeitungen.112 Ein regulärer Schulungsbetrieb lässt sich aber für die ersten Monate des Jahres 1940 nur vereinzelt nachweisen. So finden sich im Kriegstagebuch der in Kamienna stationierten 10. Schwadron (bzw. der »1. Reitenden Batterie«) für Februar und März jeweils zweimal Einträge über weltanschaulichen Unterricht; am 15.2. erteilte z. B. der Reiter Thein von 9 bis 10 Uhr Unterricht über die Geschichte der NSDAP. Damit erfüllte die Schwadron offenbar eine frühe Anweisung der 1. Reiterstandarte vom 5.1.1940, nach der alle 14 Tage weltanschaulicher Unterricht erteilt werden sollte.113 Für die Organisation der Schulungsarbeit in allen Schwadronen setzte Fegelein im Mai 1940 einen Standarten-Schulungsleiter ein. Der erste, der dieses Amt innehatte,

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war der Maschinenbauingenieur und Diplomvolkswirt Heinz Rebholz. Rebholz war Bürgermeister von Großen-Buseck und hauptamtlicher Kreisamtsleiter und Kreisschulungsleiter der NSDAP in Darmstadt, der er seit Anfang 1932 angehörte; bereits 1931 war er der SA beigetreten, im März 1932 war er zur SS gewechselt.114 Rebholz war im Frühjahr und Sommer des Jahres vor allem damit beschäftigt, vorbereitende organisatorische Maßnahmen zum Aufbau einer regulären Schulungsarbeit in den Einheiten zu treffen, wie die Einsetzung der Schulungsleiter in den einzelnen Schwadronen oder die Bestandsaufnahme der vorhandenen Schulungsmittel und -materialien, um entsprechende Sendungen oder Nachlieferungen von Stoffsammlungen, Zeitschriften und Büchern aus Deutschland zu veranlassen. Für alle Schwadronen wurden eigene Feldbüchereien aufgebaut, die neben Unterhaltungs- und Soldatenliteratur immer auch einen festen Bestand an Schulungsliteratur enthielten. Für die Schulungsbüchereien bestellte Rebholz sofort Werke wie Rosenbergs »Mythus«, Günthers »Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes« oder die »Grundzüge der Erbkunde« von Stengel-Rutkowsky und bat ergänzend um die Zusendung von »Tafeln zur Erb- und Rassenkunde«115 Andere Bücher, die im Laufe der folgenden Monate versandt wurden, waren z. B. das »Bevölkerungspolitische ABC« von Danzer und Schmalfuß, Günthers »Rassenkunde des jüdischen Volkes«, von Leers’ »Geschichte auf rassischer Grundlage« u. ä. In einer Unterredung mit Gerhard Schinke vom SS-Hauptamt, der sich im Juni 1940 zu einem Vortrag über »Die nationalsozialistische Bewegung als der politische Willensträger des deutschen Volkes und Reiches« im Generalgouvernement aufhielt, vereinbarte Rebholz, dass die Standarte laufend mit genügend Exemplaren der SS-Leithefte und der Zeitschrift »Germanien« beliefert wurde.116 Unnötig zu erwähnen, dass die Feldbücherein stets auch Werke der klassischen deutschen Literatur von Goethe und Schiller über Hölderlin, Möricke und E.T.A. Hoffman bis zu Adalbert Stifter und Gottfried Keller enthielten. Zu den weiteren Aufgaben gehörte die laufende Abkommandierung von Lehrern zu den Lehrgängen an der SS-Schule in Berlin-Grunewald.117 Nach einer Anweisung von Heißmeyer waren alle Lehrer und Erzieher zu melden und zu einem Lehrgang zu schicken, damit sie anschließend die Aufgaben von Schulungsleitern in ihren Einheiten übernehmen konnten. Vermutlich übernahm auch die Dienststelle Heißmeyer die Durchführung der Lehrgänge in der Grunewalder Schule. Eine vollständige Aufstellung aller Lehrer und zuvor schon als Schulungsleiter tätigen Angehörigen der Standarte war bereits im Mai 1940 abgeschlossen, und die ersten Abkommandierungen hatten spätestens im April begonnen.118 41 Lehrer wurden ermittelt, darunter 15 Studienräte bzw. -assessoren, 2 Gewerbelehrer und ein Hochschulassistent; viele waren vorher schon als Schulungsleiter in der Partei, dem NSLB oder der SS aktiv gewesen. Acht Männer waren als Lehrer an einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt tätig. Heißmeyer hatte zu Beginn des Krieges eine Vereinbarung mit der Wehrmacht getroffen, die auch für die Waffen-SS galt, nach der Napola-Erzieher »in bestimmten Zeitabständen von der Anstalt zur Truppe und umgekehrt ausgetauscht werden«, so dass alle Erzieher an die Front kamen, der Lehrbetrieb aber weiter aufrechterhalten werden konnte.119 Nicht alle diese Lehrer wurden danach auch als Schulungsleiter eingesetzt, einige wurden vorher in andere Einheiten versetzt. Insgesamt ließen sich 30 Lehrer und Studienräte/-assessoren identifizieren, die während der Jahre 40/41 als Schulungsleiter in den Schwadronen der Reiterstandarte zum Einsatz kamen; dazu kamen 17

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weitere Männer, die anderen, zumeist kaufmännischen Berufen angehörten. Die meisten wurden im Juni 1940 ernannt. Von diesen insgesamt 47 Männern waren 34 akademisch gebildet, 12 sogar promoviert – ein Zeichen dafür, wie sehr man in der WaffenSS bestrebt war, die Schulungsarbeit in die professionellen und kompetenten Hände einer eigenen Bildungselite zu legen. Bemerkenswert ist weiterhin, dass mehr als die Hälfte aller Schulungsleiter bereits vor der »Machtergreifung« bzw. dem »Anschluss« nationalsozialistisch organisiert waren, ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich nicht um Opportunisten, sondern um überzeugte Propagatoren der nationalsozialistischen Weltanschauung handelte. Die große Zahl der Schulungsleiter erklärt sich zum Teil aus einer gewissen Fluktuation des Personals, zum Teil daraus, dass sich viele Einheitsführer von der Schulungsarbeit dispensieren ließen. Die Schulung sei zwar, so die Dienstanweisung Fegeleins, grundsätzlich Aufgabe der Einheitsführer, zu den Aufgaben der WE-Führer und -Sachbearbeiter gehöre aber neben der Materialaufbereitung und Besprechung der Themen auch die »Entlastung des Einheitsführers durch die Übernahme einzelner Vorträge« – eine Möglichkeit, von der großzügig Gebrauch gemacht wurde.120 Am 26.7.1940 fand eine Arbeitsbesprechung Fegeleins mit allen Schulungsleitern statt, auf der eine überwiegend positive Bilanz der bisherigen Arbeit gezogen wurde: Die Schulungsarbeit in den Einheiten sei gut angelaufen; allerdings wurde bemängelt, dass sich die Einheitsführer noch zu wenig selber um die weltanschauliche Erziehung kümmerten. Um die Bedeutung der weltanschaulichen Schulung zu unterstreichen, und wohl auch ihr Ansehen bei der Truppe zu heben, sollten die Chefs der Schwadrone bei Schulungsvorträgen persönlich zugegen sein und möglichst auch selber mit Unterstützung der Schulungsleiter Vorträge halten. Im August unternahm Rebholz eine Rundreise zu Vorträgen und Arbeitsgesprächen zu den einzelnen Schwadronen; Vortragsthema war: »Warum bringt die Schlacht im Westen die Entscheidung über Deutschlands Schicksal für die nächsten 1000 Jahre?« Anschließend wurde ihm ärztlicher Erholungsurlaub verordnet, so dass er an einer für den September nach BerlinGrunewald einberufenen Arbeitstagung für »WE-Führer« nicht mehr teilnehmen konnte. An seiner Stelle wurde zum 1. September 1940 der Lehrer Moritz Arnhardt mit der »WE-Führung« des Regiments betraut.121 Arnhardt, 1911 in Landsberg am Lech als Sohn eines Reichsbahn-Inspektors geboren, hatte das Lehrerseminar in Straubing besucht und dort auch 1933 die erste Anstellung als Volksschullehrer erhalten. Später nahm er noch ein Universitätsstudium auf und bekam 1939 ein Stipendium, das er aber wegen des Kriegsausbruchs zunächst nicht nutzen konnte. Arnhardt gehörte seit 1933 der SS, seit 1935 der NSDAP an und wurde am 1.1.1940 zur Waffen-SS eingezogen. Nachdem er einen Junkerschullehrgang in Braunschweig besucht hatte, kam er im August 1940 als Untersturmführer zur Totenkopf-Kavallerie.122 Ende 1940 ließ er sich für mehrere Monate beurlauben, um Prüfungen zum Abschluss seines Studiums an der Universität München abzulegen; im April 1941 übernahm er wieder die Leitung des Schulungsreferats, die er auch noch während des Russland-Einsatzes im Sommer innehatte. Während der Zeit seiner Beurlaubung nahm sein Stellvertreter Schädler die Amtsgeschäfte wahr. Neben Arnhardt wurde gleichzeitig ein WE-Führer für die im Mai 1940 aufgestellte 2. Standarte ernannt. Bis Anfang 1941 hatte Harry Weckmann dieses Amt inne. Weckmann, Sohn eines Polizeibeamten, war kaufmännischer Angestellter und Abteilungsleiter beim Benzol-Verband in Bochum gewesen. Er gehörte

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bereits 1925 der NSDAP und der SA bei, ging 1934 zur SS und war Schulungsleiter im Oberabschnitt West. Nachdem er im November 1939 zunächst zur Wehrmacht eingezogen wurde, kam er im April 1940 zur Waffen-SS und wurde wenig später zum Stabs-Schulungsleiter für die in Lublin stationierte 2. Standarte ernannt. Zum 1.3.1941 wurde er auf einen Reserveführeranwärterlehrgang nach Radolfszell geschickt.123 An seine Stelle trat sein Stellvertreter Heinz Oetzmann, zuvor schon als Schulungsleiter für mehrere Schwadrone des 2. Regiments eingesetzt. Oetzmann, Jahrgang 1909, Sohn eines Postinspektors, war Altphilologe und promovierter Studienassessor (Thema der Dissertation: »Mirabeau und der französische Hof«); er hatte zuletzt an der Oberschule in Heiligenstadt/Thüringen unterrichtet – neben Latein und Griechisch auch Geschichte und Sport – und wurde während des Krieges zum Studienrat ernannt. Oetzmann war erst 1937 der NSDAP beigetreten. Im April 1940 wurde er als Angehöriger der Allgemeinen SS zur Waffen-SS eingezogen; nach einer Kriegsverwundung nahm er 1943 an einem Lehrgang für Versehrte in Tölz teil und wurde 1944 als Untersturmführer und WS-Lehrer an der Junkerschule beschäftigt.124 Arnhardt ordnete im September 1940 die Ausrichtung der Schulung auf die »Arbeit und Aufgabe im Osten« an und kündigte einen entsprechenden, vepflichtenden Arbeitsplan an. Im Oktober 1940 berief Fegelein erneut alle Schulungsleiter nach Warschau, um über die weitere Schulungsarbeit zu sprechen. Für den November wurden folgende Themen festgelegt: 1. Kolonialfragen, 2. Der Dreimächtepakt, 3. Die Schutzstaffel im Ostraum (nach Ausführungen Fegeleins auf der Schulungsleiter-Tagung), 4. »Compiègne 1919 und 1940«. Diese Themen galten für bereits länger dienende Männer; für Rekruten ordnete man eine Stunde über »Wehrdienst in der SS« sowie 3 Stunden über die »Lebensführung des SS-Mannes« an.125 Unterdes hatte Arnhardt einen Plan erarbeitet, der vor allem geschichtliche Grundlagen vermitteln sollte (von der germanischen Vor- und Frühgeschichte bis zum Dritten Reich). Der Geschichtsunterricht wurde aber abgebrochen, als das Führungshauptamt den Schulungsplan für das Winterhalbjahr fertig hatte (s.o.); dieser Plan, der für die Zeit vom Dezember bis Januar gedacht war, traf mit Verspätung ein, so dass die meisten Schwadrone erst im Januar oder Februar danach zu unterrichten begannen. Anschließend, im Frühjahr 1941 brachte die Abt. VI des Reiter-Regiments einen Plan unter dem Thema »Das Reich und die deutsche Führung in Europa« heraus, der den kämpferischen Führungsund Ordnungswillens des Deutschen Reichs im Krieg betonte: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Das deutsche Volk kämpft um sein Leben Deutschland kämpft für Europa Der blutsmäßige und kulturelle Führungsanspruch in der Geschichte Der politische, geistige und kulturelle Führungsanspruch des deutschen Volkes Das Reich als europäische Ordnungsmacht Das Reich muß einen der deutschen Leistung gemäßen Lebensraum besitzen Das Reich will verantwortlich führen, nicht unverantwortlich herrschen.126

Davon sind die beiden ersten Themen noch im Mai von mehreren Schwadronen behandelt worden, für den Juni waren die Themen 3 und 4 vorgesehen.127 Danach begannen die unmittelbaren Kriegsvorbereitungen, und die systematisch betriebene Schulungsarbeit wurde zunächst für längere Zeit eingestellt. Die Schwadrone hielten sich aber nur bedingt an solche Vorgaben. Oft hatten die einzelnen Schulungsleiter spezielle Interessen und Kenntnisse, die sie die Schwerpunk-

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te ihrer Arbeit anders setzen ließen, oft lagen die Unterlagen, insbesondere die Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes nicht vor oder trafen verspätet ein, so dass man improvisieren musste. Z. B. lagen die Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes noch im Juni 1941 nur bis Heft 10 (»Die Blutsgemeinschaft aller germanischen Völker«) vor, obwohl Heft 11 (»Das Großgermanische Reich«) nach dem offiziellen Plan bereits im Februar hätte behandelt werden sollen; der Stoff, den die bis dahin eingegangenen Hefte enthielten, sei allerdings, hieß es im Schulungs- und Truppenbetreuungsbericht des Regiments für Mai/Juni 1941, »so reichhaltig, dass es noch für länger reicht.«128 Oft wurden Themen wiederholt, manchmal konnten die Zeitpläne auch aufgrund von Einsätzen nicht eingehalten werden. Die vorgesetzten Stellen bemühten sich zwar um eine Kontrolle der Schulungspraxis. So waren die Schulungsleiter gehalten, jeweils für jeden laufenden Monat nach einem vom FHA vorgegebenen Schema Arbeitsberichte zu erstellen, die von den Regimentsschulungsleitern ausgewertet wurden; ein zusammenfassender Bericht über die gesamte Arbeit in der Standarte bzw. im Regiment ging dann ans Kommandoamt der Waffen-SS in Berlin. Solche Berichte sind in großer Zahl erhalten. Eine Analyse dieser Berichte zeigt, dass in allen Schwadronen weltanschauliche Schulungsarbeit geleistet wurde, diese Arbeit aber nicht nach einem einheitlichen, übergreifenden Plan stattfand. Die Planvorgaben sind zwar wiederzufinden, bildeten aber in der Regel nur einen allgemeinen Rahmen und allgemeine Anhaltspunkte für die Schulungsarbeit, die konkrete Durchführung und Umsetzung fiel in jedem Schwadron anders aus. Die Schulungsleiter in den einzelnen Einheiten hatten offensichtlich einen großen Handlungs- und Gestaltungsspielraum, den sie nach eigenem Ermessen ausfüllen konnten und auch nach eigenen Vorstellungen ergänzten. Sie benutzten die auf die vorgegebenen Themen bezogenen Stoffsammlungen wie Bausteine, die sich nach Bedarf verschieben oder wiederholen, variieren und mit anderen Themen kombinieren und ergänzen liessen. So berichtete das 2. Regiment im Mai 1941 ans SS-FHA, in den Einheiten werde nach dem festen Schulungsplan geschult, es kämen aber »ergänzende Vorträge von Schulungsleitern über Größe und Bedeutung des Schicksalskampfs unseres Volkes« hinzu.129 Oft steuerten neben Einheitsführer und Schulungsleiter andere Angehörige des Schwadrons Spezialwissen in zusätzlichen Vorträgen bei. Zur Schulungsarbeit kamen regelmäßige Instruktionen über das politische Geschehen hinzu, außerdem erteilten Lehrer Deutschunterricht für die Volksdeutschen; vor allem wurde die »Beherrschung der Kommandosprache« sowie das Abfassen von Lebensläufen und Gesuchen unterrichtet. Insgesamt lassen sich in den Monatsberichten aus der Zeit vom Frühjahr 1940 bis zum Frühjahr 1941 fünf Pläne wiederfinden, nach denen in den verschiedenen Einheiten gearbeitet wurde: – Rebholz` Konzept »Der nationalsozialistische Staat« – er bildete im Sommer 1940 in mehreren Schwadronen eine Grundlage der Schulungsarbeit, einige Schulungsleiter griffen aber auch später auf Elemente dieses Konzepts zurück; – ein Plan, den das FHA im Oktober 1940 als eine Art Rahmenplan über Leben und Taten des Führers zusammengestellt hatte – Einzelthemen dieses Konzepts fanden vor allem im Frühjahr 1941 Berücksichtigung in der laufenden Arbeit, vor allem bei der Schulungsarbeit mit Neuzugängen; – Arnhardts Plan zur deutsch-germanischen Geschichte, der in den meisten Schwadronen im Winter 40/41 Verwendung fand;

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– der Winterschulungsplan des FHA sowie – der Plan vom Frühjahr 1941 »Das Reich und die deutsche Führung in Europa« in Anlehnung an den Winterschulungsplan, dessen Umsetzung sich noch für den Mai 41 nachweisen lässt. Unter den Vortragsthemen dominieren solche zur deutschen Geschichte. Bisweilen vermitteln die Schulungsberichte den Eindruck von wandernden Volkshochschulen der historischen Bildung. So teilte das 2. Regiment aus Lublin am 1.3.1941 mit, in der Zeit vom 21.1. bis 20.2. seien in den verschiedenen Einheiten bei durchschnittlich 5 Schulungsstunden folgende Themen behandelt worden: Die Völkerwanderung; Karl der Große; Das Reich der Karolinger und der Franken; Das Reich Heinrichs I.; Das Zeitalter der Reformation und Gegenreformation; Geschichtliche Entwicklung des deutschen Reichs bis zum mittelalterlichen Kaiserreich; Die Französische Revolution; Die Habsburger; Preußen; Das Reich Bismarcks; Das 2. Reich: Ursache für die Entstehung des 1. Weltkriegs; Der Weltkrieg und das Diktat von Versailles; Der deutsche Lebensraum; Die Begriffe Volk, Staat, Reich und Religion vom rassischen Gesichtspunkt aus gesehen; Heiligkeit des Eigentums; Reinhaltung des Blutes; Die politische Wochenschau.130

Ein solcher Themenkatalog war ohne eine gewisse professionelle Kompetenz kaum umsetzbar – aber das 2. Regiment verfügte ja mit Heinz Oetzmann, der gleich in drei Schwadronen Schulungsarbeit leistete, über einen promovierten Historiker. Fast schon seminaristisch nimmt sich ein Thema aus, das Oetzmann im März 41 bei der Reitenden Batterie in Lublin behandelte: »Deutsche Ostkolonisation und Ostpolitik des Mittelalters (unter Vergleich mit der Gegenwart)«. Oetzmann setzte seine Vortragsreihe »Grundriß der deutschen Geschichte« bis zum Mai 1941 mit einer Stunde die Woche in mehreren Schwadronen fort, ergänzt durch jeweils halbstündige politische Wochenschauen. Im Juni behandelte er das Thema »Kampf des Führers 1919 bis 1933« und erläuterte anhand von Statistiken den »Neuaufbau des Reichs«, den »Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft« usw. Ähnlich akademisch klangen die Vorträge des Schulungsleiters Robert Blauhut bei der in Krakau stationierten Reitenden Batterie: »›Deutsche Führung historische Notwendigkeit‹ (ausgeführt am Thema ›Der Zerfall Europas nach Auflösung des Stauferreichs 1250-1500‹)«, am 2.3.1941; »›Notwendigkeit der Sammlung aller germanischen Kräfte‹ (ausgeführt am Thema ›Deutschlands tiefste Erniedrigung 1648‹)« am 9.3.1941. Blauhut, der bereits 1933 der NSDAP und der SA in Österreich beigetreten war und wegen illegaler Betätigung für die NSDAP in Schutzhaft genommen wurde, war promovierter Germanist und Studienrat an der Napola Theresianum in Wien.131 Ähnlich ausgerichtet war das weit ausholende und schon sehr ins Detail gehende Programm des Geschichtskurses an der Unterführerschule der beiden Regimenter in Lucmierz vom Oktober 1940; im Lehrplan wurde das »Zweite Reich« offenbar ganz ausgeklammert, so dass das »Dritte Reich« als unmittelbarer Erbe des »Ersten Reichs« unter Heinrich und Otto erschien: I.

Germanische Vor- und Frühgeschichte a) Urzeit, b) Steinzeit, c) Bronzezeit, d) Eisenzeit II. Die großgermanische Zeit der Wanderungen und Kämpfe 1. Die inneren Zustände der germanischen Zeit a) Das Land und die Bewohner; b) Volk und Staat; c) Heerwesen; d) Religion

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 2. Die großen Wanderungen der Germanen III. Die großgermanische Zeit 1. Das Weltreich der Franken a) Chlodwig, b) Karl Martell, c) Pippin 2. Germanentum und Christentum a) Iren und Schotten, b) Bonifatius, c) Klosterwesen 3. Kaiser Karl a) Heldenkampf der Sachsen, b) weitere Könige Karls, c) Die Marken, d) der innere Aufbau des Reichs, e) Das Lehnswesen 4. Der Verfall des Karolingerreichs a) Verträge zu Wirten und Mersen IV. Das erste Reich der Deutschen 1. Die nordgermanische Völkerwanderung a) Wikingerfahrten, b) Wikingische Kultur, c) Ungarnnot 2. Die Begründung des Deutschen Reichs durch Heinrich I. a) Heerwesen, b) Kampf der Slaven 3. Otto der Große a) Das heilige römische Reich deutscher Nation, b) Die Kultur der Sachsenzeit V. Das Dritte Reich a) Die rassische Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung b) Freimaurerei und Judentum, Nürnberger Gesetze c) Weltpolitik der Mächte vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart d) Aufgaben des Sicherheitsdienstes e) Die nationalsozialistische Weltanschauung132

In Lucmierz standen, so heißt es im WE-Bericht vom Februar 1941, neben der planmäßigen Arbeit aber auch »aktuelle Themen« auf dem Programm wie »Bedeutung des Vierjahresplans«, »Bankrott der englischen Politik«, »Die fremden Weltanschauungen und ihr Einfluß auf das deutsche Volk« und »Erb- und Rassenkunde«. Zur gleichen Zeit während des Geschichtskurses – im November und Dezember 1940 – war die Ersatzschwadron in Lucmierz an systematischen Vertreibungen der polnischen Bevölkerung beteiligt.133 Schulungsleiter war hier der Sudetendeutsche Veit Urban, ein Autodidakt, der es vom Tapezierer und Dekorateur zum Kreisstellenleiter der NSDAP im mährischen Znaim gebracht hatte. Er war von Oktober 1940 bis zur Auflösung der Unterführerschule im Februar 1941 als Schulungsleiter und Sportlehrer in Lucmierz tätig; im späteren Verlauf des Krieges wurde er als Leiter eines Umschulungslehrgangs für kroatisch-muselmanische Führer und Unterführer sowie als Lehrgangsleiter für galizische Führer und Unterführer eingesetzt.134 Etwa dreimal die Woche erteilte er eine Doppelstunde weltanschaulichen Unterricht, außerdem richtete er die Morgenfeiern und die Arbeits- und Singstunden aus. Urbans Unterricht in Lucmierz wurde in der »Bierzeitung« des Unterführerlehrgangs persifliert: »Ja nun kommt auch der andere gleich das ist nämlich unser Rassenscheich; Als Sturmann Urban stellte er sich vor, in seinem Unterricht waren alle ganz Ohr. Er plagte uns mit den Nürnberger Gesetzen, daran konnte sich dann jeder ergötzen Juden geisselte er mit grosser Gier, er sprach am liebsten vom Arier.

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Daten der Bewegung, ja meine Herren, die muß nun mal jeder auswendig lernen. ›Wann und wo ist denn eigentlich Himmler geboren? Wann hat man Hitler zum Kanzler erkoren?‹ Gewiss Kameraden, das sind schon Sachen, da muss man sich auch mal Gedanken drüber machen. Das Pensum wird mir schon leicht gelingen, ach ja, auf dem Dienstplan da steht noch ›Singen‹«.135

Dass Urban die Lehrgangsteilnehmer mit den Nürnberger Gesetzen und Grunddaten zu Hitler und zur NSDAP traktierte, belegt die Themenliste für die schriftliche Prüfung in »nationalsozialistischer Weltanschauung« vom 3.12.1940: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

»Was bezwecken die Nürnberger Gesetze? Durch welche Bestimmungen der Nürnberger Gesetze wird deren Zweck erreicht? Hat Rasse mit Konfession etwas zu tun? Wann liegt eine Mischehe vor (Beispiel anführen) a) nach nationalsozialistischer Auffassung, b) nach Auffassung der christlichen Weltanschauung. Wann und wo hat Adolf Hitler zum erstenmal das Programm der NSDAP verkündet? a) Wann und wo ist Adolf Hitler geboren, b) Wann und wo ist der RFSS geboren? Wieviel Programmpunkte umfasst das Programm der NSDAP? In welchem Programmpunkt ist der grossdeutsche Gedanke verankert? Mit welchen grossen Ereignissen ist dieser Programmpunkt verwirklicht worden? Von welcher Organisation der NSDAP werden die im Ausland lebenden Deutschen betreut? Wer ist vom Führer als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums beauftragt worden und welche Aufgaben hat dieser Reichskommissar?«136

Unter den in der weltanschaulichen Schulungsarbeit der Schwadronen behandelten Themen rangierte die Geschichte an erster Stelle, danach folgte die Rassenkunde. Obwohl sie in den Schulungsplänen nicht immer explizit genannt werden, waren rassenkundliche Fragen doch unter zahlreichen Themen zu behandeln, wie z. B. unter »Nationalsozialistische Weltanschauung«, »Das deutsche Volk«, »Blutsgemeinschaft« usw. Einige Schulungsleiter bewiesen hier viel Eigeninitiative. Die in Warschau stationierte 3. Schwadron beschäftigte sich von Januar bis März 1941 im Rahmen des Winterschulungsplans des FHA primär mit rassenkundlichen Fragen. Im Januar wurden behandelt: »I.a Rasse und Volk, b) Rassen- und Bevölkerungspolitik, Volks- und Wehrkraft, II. Volk und Reich…«; gleichzeitig besuchte man eine Vorstellung des Films »Jud Süß«, »der zu dem Vorangegangenen eine wertvolle Ergänzung darstellte«, so der Monatsbericht. Im Februar wurde die Arbeit nach dem Winterschulungsplan fortgesetzt, ergänzend behandelte man in zwei weiteren Vorträgen: »1. Reichsgedanke und völkischer und rassischer Gedanke, 2. Das deutsche Volk als rassisch-völkische Einheit (Blutsgemeinschaft) unter der Führung Adolf Hitlers«. Im März wurden die Themen vom Januar wiederholt, daneben nahm die Schwadron an einer Veranstaltung teil, auf der Obersturmbannführer Weigel vom RuSHA über »Nordisches Sinnbildgut« sprach, außerdem besuchte man noch den Film »Sieg im Westen«. Die Vorträge fanden zweimal wöchentlich am Abend statt, abwechselnd vom Schwadronschef und vom Schulungsleiter gehalten. Bei dem Schulungsleiter handelte es sich vermutlich um Dr. Wilhelm Heyd, Wirtschaftssachver-

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ständiger der Schwäbischen Treuhand-AG in Stuttgart. Heyd, der schon 1923 der SA beigetreten war, gehörte seit 1933 der SS an; 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Er diente bis 1942 beim Kavallerie-Regiment und trat anschließend in die Dienste des Schulungsamtes des SS-Hauptamtes ein.137 Die in Zamosc stationierte Schwadron befasste sich über drei Monate hinweg mit Rassen- und Vererbungslehre. Das Interesse war offenbar sehr stark ausgeprägt, denn bereits im Juli 40 hatte der Schulungsleiter Heinz Essl um die Zusendung von »Lehrtafeln zur Rassen- und Vererbungslehre« gebeten. Bis dahin hatte Essl nach Rebholz’ Plan »Der nationalsozialistische Staat« gearbeitet. Im September begann er mit einem Unterricht über die Vererbungslehre, den er im Oktober mit zwei Vortragsstunden über die Mendelschen Gesetze und Erbkrankheiten fortsetzte; in seinem 3. Vortrag führte er die Männer in die »Anfänge der Rassenlehre« ein, die 4. Stunde war außenpolitischen Themen gewidmet. Der November-Bericht nennt folgende Themen: »1. Wiederholung der Vererbungslehre, 2. Die Rassen Deutschlands (Rassenseelenkunde), 3. Schlussfolgerungen aus der Rassen- und Vererbungslehre: Bevölkerungspolitik (Förderung im neuen Reich)«; außerdem »4. Wochenbericht über Außen- und Innenpolitik«. Darüber hinaus hielt Essl am 9.11. im Rahmen einer Morgenfeier eine Rede über »Sinn und Bedeutung des 9. November und die hieraus entstehende Verpflichtung für die SS«.138 Gemeinsam verfolgte man die Reden des »Führers« am 9.11. und des Generalgouverneurs Frank zum einjährigen Bestehen des Generalgouvernements. Notieren wir, dass die Schwadron im Sommer, bevor der Kursus zur Rassenund Vererbungslehre begann, zu Exekutionen und »Juden-Aktionen« kommandiert worden war und auch im September zu »Sonderaktionen« herangezogen wurde.139 Der Schulungsleiter Heinz Essl, von Beruf Schmied, war 1935 wegen seiner Mitgliedschaft bei der SS aus Österreich ins Reich geflohen, hatte einige Jahre Dienst bei den Verfügungstruppen geleistet und war 1939 als Ordensjunker auf der Ordensburg Krössinsee beschäftigt worden. Er wurde im November 1941 als Untersturmführer zum stellvertretenden Schwadronschef ernannt. Im Dezember 1940 kam der Altphilologe und Studienassessor Heinrich Westerath für drei Monate zur Schwadron. Westerath hatte über »Die Fachausdrücke des Ackerbaus bei den römischen Schriftstellern« promoviert und kam sicher gerade recht, denn im Winter 1940/41 standen in Zamosc vorwiegend historischen Themen auf dem Programm: Man hielt Vorträge über das Frankenreich und Karl den Großen, Heinrich I., »Reformation und Gegenreformation«, das Habsburger Reich, Preußen, den 1. Weltkrieg und Versailles usw. Zwischendurch feierte man gemeinsam mit den Angehörigen des Polizeibataillons 10 Wintersonnenwende und Weihnachten.140 Im April wandte Essl sich dem im Winterschulungsplan vorgesehenen Thema »Blutsgemeinschaft der germanischen Völker« zu. Zu dieser Zeit erhielt die Schwadron die Broschüre »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« vom SS-HA, die auf Befehl Himmlers allen Einheiten zugesandt wurde. Meistens wurde das Eintreffen der Broschüre, die den Schulungsberichten zufolge durchweg positiv bis begeistert aufgenommen wurde, zum Anlaß einer thematisch darauf bezogenen Schulungsstunde genommen. Essl schrieb dazu in seinem Bericht vom 19.4.1941: »Anhand des vorzüglichen Bildmaterials konnte den SS-Angehörigen klar gemacht werden, dass vermehrter erbgesunder Nachwuchs nicht nur erwünscht, sondern zum Bestand des

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deutschen Volkes notwendig ist, welche Maßnahmen der Staat zur Unterbindung des nicht erwünschten Nachwuchses bereits ergriffen hat, welche Förderung er andererseits dem erbgesunden Nachwuchs zuteil werden läßt und welche Gefahr in der Vermischung erbgesunden Blutes mit erbkrankem Blut besteht. Als bester Vergleich konnte der Pole, den jeder Schwadronsangehörige täglich vor Augen hat, herangezogen werden.«141

Als »Gegenprogramm« besuchte die Schwadron geschlossen den Film »Jud Süß. Wie in diesem Fall waren »Theorie und Praxis« oft eng verbunden. Die in Cholm stationierte 5. Schwadron hatte schon eine ganze Reihe von »Sonderaktionen« hinter sich, als sie gleichfalls am 4. und 5. August 1940 zu einem Einsatz im Auftrag des SSPF von Lublin Odilo Globocnik herangezogen wurde. 10 Tage später folgte eine »JudenAktion«, bei der 138 Juden »eingefangen« wurden; sieben kamen davon offenbar ums Leben, denn 131 wurden anschließend – »nach erfolgter Untersuchung durch einen jüdischen Arzt« – vom Bahnhof Cholm nach Belzec deportiert. Im September folgte ein weiterer Einsatz in Zusammenarbeit mit Gendarmerie und SD.142 Parallel dazu wurde im September in der Schulungsarbeit vor allem das Parteiprogramm der NSDAP behandelt. Der Schulungsleiter reklamierte im Oktober-Bericht eine Gesamtdarstellung zur deutschen Geschichte für die Bücherei. Am 12.10. konnte die Schwadron einen »Lieder- und Tanzabend vom Zimmermann-Quartett Dresden und einer Gruppe des Dresdner Opernballetts« erleben, vier Tage später sah man sich Wochenschauen über die Kämpfe in Frankreich an. Im November bearbeitete man die Themen, die von der Regimentsleitung angeordnet worden waren: »Deutschlands Recht auf Kolonien« und »Der Dreimächtepakt«, danach beschäftigte man sich für mehrere Monate mit der deutschen und germanischen Geschichte, März/April standen die Themen »Das großgermanische Reich; Die Sammlung aller germanischen Kräfte unter deutscher Führung; Die Bedeutung des Kindes für Deutschlands Zukunft; Wert und Bedeutung der Rasse« auf der Tagesordnung. Des Weiteren wurden die Texte »Englands schwache Punkte; Juda in England; So schwach ist England« und »Wehrmacht und Weltanschauung« vom SS-HA behandelt. In den Politischen Wochenberichten wurde »auf die Stellung der Juden in England und auf den Endsieg Deutschlands über England hingewiesen«.143 Schulungsleiter war hier Wilhelm Wohlauf, Studienrat, später Oberstudienrat für Geschichte und Turnen an der Napola Wien-Breitensee. Wohlauf war 1938, kurz nach dem Anschluss Österreichs, in die NSDAP eingetreten, war Mitglied des NSLB und seit Januar 1939 der SS. Er kehrte im Zuge des »Rotationsprogramms« für Napola-Erzieher im Oktober 1940 wieder an die Schule zurück. Sein Nachfolger war Wilhelm Halberstadt, Diplom-Handelslehrer aus Königsberg. Halberstadt war 1933 in die SA eingetreten und hatte während des Studiums in Frankfurt am Main eine längere Ausbildung beim SA-Hochschulamt absolviert; 1935 wechselte er zur SS.144 Das zuletzt erwähnte Thema »Juda in England« wurde übrigens auch in anderen Schwadronen behandelt, so z. B. im November 1940 durch Heinz Oetzmann in Lublin: »Die machtvolle Entfaltung des Judentums, die Geschichte des Judentums in England, den rassebewußten Widerstand des Adels um 1830, den endgültigen Sieg über Adel und Freimaurertum und die heutige jüdische Vermischung der herrschenden Schicht entwickelte der Redner und zeigte damit den wahren Feind Deutschlands im gegenwärtigen Ringen mit England.«145 Aufgelockert wurde die Schulungsarbeit stets durch kulturelle Veranstaltungen, die der Unterhaltung oder »Erhebung« dienten, aber häufig zugleich propagandistischen

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Charakter trugen und oft auch auf die weltanschauliche Schulung bezogen waren, wie die Aufführung der Filme »Jud Süß« oder »Bismarck«, die die Einheiten in der Regel geschlossen besuchten. Als der Schulungsleiter der in Kielce stationierten Schwadron im Juni 1941 u. a. das Thema »Einsatz unserer Truppen in Afrika« behandelte, wurden gleichzeitig die Filme »Ohm Krüger« und »Carl Peters« gezeigt. Das Unterhaltungsund Kulturprogramm war vielfältig und beinhaltete den Besuch von Film- und Theateraufführungen, gelegentlich auch von Opern und Operetten, Dichterlesungen, Variétéabende, »Bunte Abende«, regelmäßige Tanzabende usw. In Cholm besuchte die Schwadron z. B. in der Zeit von Februar bis April 1941 die Theateraufführung »Ein ganzer Kerl« durch das »Fronttheater Kleyersburg«, den Film »Savoy-Hotel«, der freilich »keinen Anklang fand, da ihm jeglicher innere Gehalt fehlte«, den KdF-Film »Unser Fräulein Doktor«, den Film »Wunschkonzert« sowie laufende Wochenschauen. Die in Zamosc stationierte Schwadron sah in der gleichen Zeit u. a. die Filme »Polterabend« (»absolut ungünstig aufgenommen«) und »Jud Süß« sowie gleichfalls das Theaterstück »Ein ganzer Kerl«. Am 21.2.1941 wohnte man einem »Hermann-LönsLiederabend« bei,146 vier Tage später wurden Veranstaltungen zum »Tag der deutschen Polizei« mit Künstlern des Berliner »Wintergartens« und der Berliner Skala besucht, am 4.3. erlebten die Männer einen »Kleinen deutschen Opernabend«, einige Wochen später einen »deutsch-italienischen Opernabend«. Während dieser Monate war die Königliche Oper Florenz auf Tournee durchs Generalgouvernement; dadurch kam die Warschauer Schwadron im März 1941 in den Genuß einer Aufführung der »Heimlichen Liebe« von Cimarosa, während die Männer der 10. Schwadron in Lublin zu einer Aufführung der Komischen Oper »Die Magd als Herrin« von Pergolesi ging; wenige Wochen zuvor war bereits die Operette »Der Musikfeind« von Genée in Lublin aufgeführt worden.147 Den Männern wurde also einiges geboten, vor allem in Warschau, wo man ein reichhaltiges deutsches Kulturleben aufzog. Anläßlich der »Deutschen Kulturtage« im Oktober 1940 besuchten Angehörige der Reiterstandarte ein Gastspiel des Berliner Schiller-Theaters mit Heinrich George (»Der Richter von Zalames«), am folgenden Tag fand eine Führung für 40 Männer der Standarte durch die Ausstellung »Deutsche Leistung im Wartheland« statt, anschließend besuchte man ein Konzert der Philharmonie des Generalgouvernements mit Werken von Bach, Beethoven und Brahms, wenige Tage später, am 1. und 2. November gab es ein Gastspiel des Theaters am Kurfürstendamm (»Großer Mann auf kleiner Insel«) im »Theater Hollywood«, in dem regelmäßig 175 Plätze für das Reiterregiment reserviert waren, am 3.11. schloss sich ein »Bunter Abend« im »Roma« an. Die Männer hatten während dieser Tage Gelegenheit, sich von einem Großeinsatz am 19. und 20. September zu erholen, bei dem das Regiment etwa 1600 Polen und 700 Juden verhaftete und 200 Exekutionen als »Sühnemaßnahme« für einen erschossenen SD-Angehörigen durchführte.148 Für den 17.9. hatte die Standarte noch 65 Karten für ein Konzert der Dresdner Philharmonie bestellt, das Webers Ouvertüre zu »Euryanthe«, Beethovens Egmont-Ouvertüre und Schuberts »Unvollendete« auf dem Programm hatte, am 9. und 10.9. besuchte man die Variété-Gruppe Berry im Theater Hollywood.149 Kurz zuvor, im August, hatte es bereits eine ähnliche Groß-Aktion wie im September gegeben, bei der Angehörige des 1. Regiments rd. 1500 polnische Zivilisten festsetzten, die nach Dachau deportiert wurden. In einem Bericht »Einsätze der 1. SS-Totenkopf-Reiter-Standarte« wurde gerade solchen Einsätzen ein hoher erzieherischer Wert zugeschrieben:

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»Sämtliche Einheiten haben die befohlenen Exekutionen und die notwendigen Befriedungsmaßnahmen mit jeder Konsequenz durchgeführt. Das Regiment hat nach dem Einsatz von 10 Monaten eine Arbeit hinter sich, die nicht so leicht von einer anderen Einheit übertroffen werden kann. Die Moral der Truppe und die Haltung der Schwadronschefs haben auch die schwierigsten Situationen gemeistert. Gerade der junge Rekrut wurde durch diese besonderen Einsatzkommandos hart und unerbittlich erzogen. Es ist in keinem Fall ein Mann durch Schwäche ausgefallen. … Der Geist des weltanschaulichen Soldaten und das Vorwärtsschreiten haben alle Hindernisse überwunden. Still und bescheiden wurde von Führer und Mann vorbildlich tapfer unter rücksichtslosem Einsatz des Lebens jede Aufgabe gemeistert. Diese stolze Gewißheit sichert die Tradition des 1. und 2. SS-T-Regt. als erste Kavallerie-Einheit der Schutzstaffel.«150

In diesem von deutscher Hochkultur gestärkten Bewusstsein, Träger einer stolzen Tradition und einer Eliteeinheit zu sein, beteiligten sich im gleichen Zeitraum mehrere Einheiten der beiden Regimenter an Filmaufnahmen für den Tobisfilm »Geschwader Lützow«.151 Am häufigsten wurden Filmaufführungen gesehen – dies war auch technisch am einfachsten zu bewerkstelligen, nachdem im Generalgouvernement die meisten Filmtheater nur noch deutsche Filme spielen konnten und an einigen Orten spezielle Kinos für SS und Polizei eingerichtet worden waren.152 Der Besuch folgender Filmaufführungen wird in den Monatsberichten der Schwadrone erwähnt: politisch-weltanschauliche Filme »Jud Süß« »Der ewige Jude« »Bismarck« »Ohm Krüger« »Carl Peters« »Der Sieg im Westen« »Achtung, Feind hört mit« »Die Rothschilds« »Im Namen des Volkes« »Der Vierjahresplan« (in Verbindung mit Ausstellung) »Das Flötenkonzert von Sanscoussi« »Kampfgeschwader Lützow«

Unterhaltungsfilme »Unser Frl. Doktor«. »Wenn Männer verreisen« »Abends auf der Heide« »Herz modern möbliert« »Wunschkonzert« »Frau nach Maß« »Das sündige Dorf« »Der Postmeister« »Hotel Savoy« »Polter-Abend« »Der Mann, der Serlock Holmes war« »Wenn das mein Mann wüsste« »Zentrale Rio« »Zwei mal zwei im Himmelbett« »Wenn der Hahn kräht« »Lauter Lügen« u. a.

Die Filme »Jud Süß« und »Der ewige Jude« werden mit Abstand am häufigsten erwähnt und dürften bis zum April 1941 von allen Angehörigen der Standarte gesehen worden sein; der Besuch von »Jud Süß« war allerdings auch verpflichtend und wurde Ende November 1940 für alle Einheiten als Dienst angesetzt.153 Für die 600 Angehörigen des in Lublin stationierten Reiterregiments etwa fanden daraufhin Sondervorführungen am 24. und 25. November statt.154 Der Regiments-Schulungsleiter notierte im Dezember 1940, »Jud Süß« sei von allen Einheiten gesehen worden, der Film »fand überall ungeteilte, begeisterte Aufnahme«. Die 3. Schwadron des 1. Regiments meldete Ende Januar 1941, nach Behandlung der Themen »Rasse und Volk, Rassen- und

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Bevölkerungspolitik, Volkskraft und Wehrkraft« habe man sich den Film »Jud Süß« angesehen, »der zu dem Vorangegangenen eine wertvolle Ergänzung darstellte.«155 Antisemitische Inhalte standen zwar nicht im Vordergrund, waren aber in der Schulungsarbeit stets präsent, nicht nur im Kontext der Rassenthematik, sondern auch bei außenpolitischen Themen. Im März 1941 erläuterte Oetzmann vor der »Reitenden Batterie« in Lublin, dass hinter dem aktuellen Unsturzversuch in Jugoslawien u. a. das internationale Freimaurer- und Judentum als Drahtzieher steckte.156 In der in Cholm stationierten 2. Schwadron des 2. Regiments referierte der Schulungsleiter z. B. im März/April 1941 über »Englands schwache Punkte; Juda in England; So schwach ist England«; in den Politischen Wochenberichten wurde auf die »Stellung der Juden in England« hingewiesen. Weitere Themen des weltanschaulichen Unterrichts der Schwadron waren im gleichen Zeitraum: »Das großgermanische Reich; Die Sammlung aller germanischen Kräfte unter deutscher Führung; Die Bedeutung des Kindes für Deutschlands Zukunft; Wert und Bedeutung der Rasse«. Im »Wachbuch« des Unterscharführers Liberius Krumholz, eine ins Reine geschriebene Unterrichtsmitschrift, findet sich als Ziel und Sinn des Krieges, die »beabsichtigte Vernichtung des vom nordisch-germanischen Menschen geführten Abendlandes und europäischen Kulturkreises durch das Judentum zu hindern«.157 Zur Illustration des Bildungs- und Kulturprogramms im chronologischen Zusammenhang einige Beipiele aus den Schulungsberichten der Schwadrone: 1. Schwadron des 2. Regiments, stationiert in Garwolin Schulungsleiter Robert Voye 25.9.40 Schwadronschef Diekmann über »Deutschland braucht Kolonien« September 1940 Spielgruppe »Lachen mit uns« 10.10. Schulungsleiter Urban über das Parteiprogramm 14.10. Diekmann über Militär-Strafgesetze und SS-Gerichtsbarkeit 17.10. Diekmann verliest Führerrede 27.10. Diekmann über Gesetze der SS (Rasse, Auslese, Erbgesundheit etc.) 29.10. Spielgruppe Bunter Bayerischer Bilderbogen in Garwolin 30.10. Diekmann über Vierjahresplan 8.11. Diekmann über »Compiègne 1918 – Compiègne 1940« 14.11. Schulungsleiter Voye über Gesetze der SS 18.11. Schulungsbericht 30.11. u. 1.12. Besuch des Films »Jud Süß« durch die gesamte Schwadron 12.12. Voye über »Geschichte des deutschen Volkswerdens« (»Von der Eiszeit über die Bronzezeit und Steinzeit, über Völkerwanderung und Kampf gegen eindringende Völker, erklärte Strm. Voye das Werden unseres Volkes. Er schilderte das Entstehen unserer Rasse und erklärte die anderen europäischen Rassen an Hand von Bildern. Mit dem Kampf gegen Römer und die katholische Kirche, mit dem Entstehen des Arianismus schloss der Redner die Schulungsstunde.«)158 Beschluß, künftig 2 Schulungsstunden die Woche abzuhalten. 14.12. Frontartisten Geschwister Lange 16.12. Schulungsbericht 13.1.41 Filmaufführung der Wehrmacht 20.1. Schwadronschef Goertz über politische Ereignisse und die Kriegslage 28.1. Standortabend: Rottf. Schlechter über Bismarck, Hauptscharführer [ … ] über Friedrich d. Gr.

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30.1. Goertz über »Das Leben des Führers«; Voye liest aus »Mein Kampf« 5.2.41 Standortabend: Rottf. Klantschnig über Heinrich I.; Rottf. Otto über »Politischen Katholizismus« 6.2. Voye über das Frankenreich 15.2. Voye über »Das Leben des Führers« (2 Std., »die letzte halbe Stunde hatten die Männer über das Gelernte eine kurze Arbeit zu schreiben«) 18.2. Unterrichtsmäßige Schulung über die Begriffe Volk, Staat, Nation und Reich 22.2. Schulungsbericht 27.2. Goertz über »Das deutsche Volk (Bevölkerungspolitik, Volkskraft, Wehrkraft)« 5.3. Goertz über »Vorgeschichte des jetzigen Krieges« im März Besuch des Films »Sieg im Westen« 22.3. Voye über »Der deutsche Lebensraum« 22.3. Schulungsbericht 27.3. UStuf. Krell über »Treue und Kameradschaft« 3.4. Goertz über Politische Tagesfragen 15.4. Voye über »Das Leben des Führers« und »Vorgeschichte und Entstehung der NSDAP« 23.4. Schulungsbericht; Aufstellung eines mehrstimmigen Chores geplant 5.5. Besuch eines Symphoniekonzertes der Philharmonie des Generalgouvernements im Haus Roma (Leitung H. Rohr): Beethovens 6., Bruckners 7. Sinfonie 8.5. Schulung über »Volk und Reich« 10.5. Vortrag HStuf. Schegg159 über »Die germanische Welt« 11.5. Sondervorstellung des Films »Ohm Krüger« 15.5. Goertz über die politische Lage; Voye über die politische und wirtschaftliche Bedeutung des Balkans, Rottenführer Otto über Griechenland 24.5. Schulungsbericht 3. Schwadron des 1. Regiments, stationiert in Krakau Schulungsleiter Amsler, Hansmeier und Brehm 9.8.40 Politische Schulung durch den Schulungsleiter 8.9. Politische Schulung 11.9. Preisschießen, abends Kameradschaftsabend 20.-22.9. Teilnahme am Reit- und Springturnier der SS- und Polizei-Sportgemeinschaft Krakau 7.10. geschlossen zum Vortrag von Gerhart Schinke im Soldatenheim 23.10. Besuch des Films »Variété« im Soldatenkino 26.10. Besuch des Films »Robinson« 30.10. Singestunde 9.11. Vereidigung der Rekruten; Rede des Schwadronschefs über die Bedeutung des 9. November 10.11. Politischer Rückblick 14.11. Besuch des Films »Jud Süß« 17.11. Politischer Wochenrückblick; anschließend gemeinsames Lesen des Buchs »Der Tod in Polen« von E. Dwinger 24.11. Politischer Wochenrückblick; Fortsetzung der Vorlesung aus Dwingers Buch 27.11. Strm. Willi Hansmeier neuer Schulungsleiter 28.11. Schulungsbericht 14.12. Julfeier 21.12. Wintersonnenwendfeier 24.12. Weihnachtsfeier

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS Januar 41 Schulungsbericht. WE-Themen: Aufgaben der SS; Geschichte der deutschen Volkwerdung; Berührung der Germanen mit dem Christentum; Das Frankenreich und Karl d. Gr.; Politischer Wochenrückblick; zwei KdF-Veranstaltungen 2.2.41 WE-Thema »Reformation, Bauernkriege, Dreißigjähriger Krieg«; geschlossener Besuch des Films »Bismarck« 6.2. Politische Ereignisse (Rückblick) 12.3. Schulungsbericht; Schulungsleiter erkrankt 20.3. Rottf. Brehm neuer Schulungsleiter 18.4. Schulungsbericht: regelmäßig jede Woche ein Vortrag zur deutschen Geschichte durch den Schulungsleiter (»Der große Kurfürst, Die Freiheitskriege, Bismarck, Entstehung des 2. Reichs«) und eine Abhandlung zu politischen Tagesfragen durch den Schwadronschef. Im April Besuch des Films »Der ewige Jude«; Besuch einer KdF-Theatervorstellung 24.4. Politische Tagesfragen 27.4. WE-Thema »Aufbau und Sinn der SS« 1.5. Singstunde 4.5. WE-Thema »Rassefragen« 6.5. Vorbereitung der Rekruten auf die Vereidigung 7.5. Vortrag von HStuf. Schegg im SS- und Polizeikino: »Die germanische Welt« 9.5. Singstunde der Rekruten; Filmbesuch: »Abends auf der Heide« 11.5. WE-Thema »Der Weltkrieg« 15.5. Filmbesuch: »Herz modern möbliert« 18.5. Regimentskommandeur und Schwadronschef Stubaf. Magill über »Die nationalsozialistische Weltanschauung« 18.5. Schulungsbericht: 4 WE-Vorträge im Monat; zweimal wöchentlich Deutsch für Volksdeutsche; Lieder im Anschluss an politische Tagesfragen 10. Schwadron, stationiert in Kamienna (später 5. Schwadron des 2. Regiments) Schulungsleiter Karl Sobolak, dann Walter Zitnik 15.2.40 Unterricht 9-10 Uhr: Nationalsozialismus von 1933-1940 (Reiter Thein) 22.2. Unterricht 16-17 Uhr 8.3. Schulung 14-15 Uhr (Uscha. v. Bohlen) 16.3. Schulung 15-16 Uhr (Batt.chef d. 1. Reit. Batt.) 23.5. Schulungsbericht: Wöchentlich 1-2 mal etwa 30 Min. Schulung, über Tagesfragen und nach den Leitheften 19.6. Schulungsbericht: täglich gibt der Schulungsleiter bei der Flaggenparade den Tagesleitspruch. Volksdeutsche erhalten an einem Tag 1 Stunde besondere Schulung; 1mal wöchentlich Schulung für die gesamte Schwadron (z. Zt. Hauptthema »Der nationalsozialistische Staat«) 22.9. Unterricht über SS- und Polizeigerichtsbarkeit durch den Schwadronschef (10-11 Uhr) 25.9. Antreten der gesamten Schwadron zum Kino-Besuch: Lustspiel »Wenn der Hahn kräht« im Kino »Corso« 3.10. Antreten der gesamten Schwadron zum Kino-Besuch: Wochenschauen vom Feldzug im Westen 5.10. Film »Zwei mal zwei im Himmelbett« 10.10. Unterricht durch den Schwadronschef 13.10. WE-Sachbearbeiter UScha. Zitnik: »Ursachen des engl. Krieges 1939/40« (»begeisterte Aufnahme«) im Oktober wegen Umorganisation keine weiteren Vorträge möglich.

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1.11. Film »Das Flötenkonzert von Sanscoussi« mit Wochenschauen 5.11. WE-Vortrag 16-16.55 Uhr: Der Drei-Mächte-Pakt (UScha. Zitnik) 11.10. Ausbildungszug: 16-17 Uhr Rang- und Dienstabzeichen in der W-SS 14.11. Schulungsvortrag 16-16.55: Wehrdienst in der SS (Zitnik) 16.11. Bunter Abend im Kino »Corso« 18.11. WE-Bericht 24.11. Fahrt nach Lublin: Jud Süß 6.12. Kameradschaftsabend 14.12. Film »Im Namen des Volkes« im Gemeinschaftssaal 15.12. Sonnenwendfeier (»Ein starker Schneeflockenwirbel gab dem Ganzen einen großen feierlichen Rahmen«). 16.12. WE-Bericht 18.1.41 Weihnachtsurlaub Feier mit Wildschwein und Glühwein, zum Julfest 2 große Tannenbäume und ein Tannenkranz; Silvesterfeier 1.1. Film »Der Polizeifunk meldet«, zwei Wochenschauen und ein »heiterer Kurzfilm« 22.1. Variété-Nachmittag (KdF): »erstklassige Akrobatik und sehr originelle Komik« (im Haus des Kino »Korso« in Lukow) 30.1. Feier, Kameradschaftsabend 1.2. Hans-Albers-Film »Savoy-Hotel 317« im Gemeinschaftssaal, zwei alte Wochenschauen und »Kurhessen« 10.2. Sondervorstellung »Jud Süß« im Kino »Korso« 21.2. WE-Bericht: vom 20.1.-20.2. wurden an Themen vom Schulungsleiter behandelt: 1. Geschichte der deutschen Volkswerdung, 2. Das Deutsche Volk, 3. Das Frankenreich, 4. Die Blutsgemeinschaft aller germanischen Völker, 5. Das Erste Reich der Deutschen, 6. Die Habsburger; dazu jede Woche Vortrag des Schwadronschefs zur politischen Lage 23.-25.2.41 Teilnahme an Parade, anschließend Kameradschaftsabend am 26.2. 18.3.41 WE-Bericht: vom 20.2.-20.3. wurden folgende Themen behandelt: 1. Das Deutsche Reich, 2. Die französische Revolution, 3. Der deutsche Lebensraum, 4. Das Zweite Deutsche Reich, 5. Der Weltkrieg 1914/18, 6. Das großgermanische Reich, 7. Lebenslauf des Führers, 8. Der Schandvertrag von Versailles. – 11.3. Lustspiel KdF: »Reisebegleiterin gesucht« 22.4.41 WE-Monatsbericht: vom 20.3.-20.4. wurden folgende Themen behandelt: 1. Der Weltkrieg, 2. Das Leben des Führers, 3. Friedrich der Große; Politische Lage. – Kameradschaftsabende; Osterfest mit allgemeinem Eiersuchen, Kämpfe der Züge untereinander, Tauziehen, Eierlaufen, Sackhüpfen; Singewettstreit. – 18.4. Film »Das schöne Frl. Schragg«. 23.5.41 Vortrag »Deutschland kämpft um sein Leben«

2. Schwadron des 1. Regiments, stationiert in Kielce Schulungsleiter Johann Werner November 1940 Schulungsbericht: 4 Schulungsvorträge: Das Mittelmeerproblem, Kampf ums Mittelmeer; Deutschlands Kampf um den Rhein; Die Christianisierung Germaniens und ihre Auswirkung bis in die Gegenwart (Kämpfe des Reichs mit Rom); Der Aufbau im Osten. – Variété; Bunter Abend mit Kammermusik und Volksliedern; ein »politisches Zeitspiel« Januar 1941 Schulungsbericht: WE-Themen: Geschichte der deutschen Volkswerdung; Das Frankenreich und Karl d. Gr. – 2 Lustspiele: »Wenn der Hahn kräht«; »Liebe in USA«.

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS Februar 41 Schulungsbericht: 4mal weltanschauliche Schulung: Karl d. Gr., Das Reich Heinrichs I., Die Französische Revolution, Das Habsburger Reich. –Filme: Zentrale Rio; Savoy-Hotel; Wenn das mein Mann wüsste; La Habanera. Theater: Lustspiel »Gott sei Dank, der Tisch ist gedeckt«. 2.3.41 Filmvorführung »Jud Süß« für SS und Polizei in Kielce 17.3. Schulungsbericht, 4 WE-Vorträge durch Schulungsleiter: 1. Das Zweite Reich, Bismarck – Preußen – Österreich, Erwerb der Kolonien; 2. Der Weltkrieg 1914-1918, 3. Vertrag von Versailles und seine Folgen, 4. Lebenslauf des Führers, Vorgeschichte der NSDAP. – Besuch der Filme »Jud Süß« und »Bismarck«, einer Operettenaufführung und eines Variétés zum Tag der deutschen Polizei 17.4. Schulungsbericht, WE: 1. Das Mittelmeer als Spannungsfeld, 2. Die natürlichen Ansprüche Italiens in diesem Raum, 3. Unser Volk (Volk – Rasse), 4. Deutschlands Recht auf Kolonien. – Filmbesuch: »Der ewige Jude«. – Meissner Stadttheater: »Ein bunter Abend« (Operettenszenen mit Tanzeinlagen) 17.5. Schulungsbericht: Schulung durch Schwadronschef und Schulungsleiter jeden Sonntag eine Stunde: 1. Politische Tagesfragen, 2. Lebenslauf des Führers, Vorgeschichte der NSDAP, 3. Erläuterungen zum Feldzug im Südosten, 4. Rassenkunde. – 20.4. und 1.5. Feierstunden. – Bildwerk »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« wurde »mit Begeisterung aufgenommen«. – Filme »Wunschkonzert«, »Das sündige Dorf«, im Kino Kielce täglich Vorführungen für Deutsche. –Vortrag von Graf (Schmalfilm und Lichtbilder) zur Schwadronsgeschichte. 17.6. Schulungsbericht, WE-Vorträge: 1. Politische Tagesfragen, 2. Kampf um Kreta, 3. Einsatz unserer Truppen in Afrika, 4. Rassenkunde. – Filme »Ohm Krüger« und »Carl Peters«. Bei Kameradschaftsabend Filmvorführung von Graf: »So erlebte ich Polen«. – Deutschunterricht für Volksdeutsche (durch einen Volksschullehrer der Schwadron); Singen; Film- und Lichtbildervorträge von Strm. Graf.

Notieren wir noch Folgendes: Im April 1940 führte die Schwadron den Befehl aus, »sämtliche Einwohner von Szalas-Stary standrechtlich erschießen zu lassen und das Dorf selbst durch Anzünden zu vernichten«. Im Juli 1940 wurde eine Liste der Bücherei erstellt; gleichzeitig sandte man zusätzliche Bücherwünsche ans SS-FHA, darunter Walter Gross, Bevölkerungspolitik; von Leers, Geschichte auf rassischer Grundlage; Gehl, Deutsche Geschichte in Stichworten; Günther, Rassenkunde des deutschen Volkes. Im selben Monat führte man standrechtliche Erschießungen und Verhaftungen im Auftrag des SD durch. Im August trieb die Schwadron auf Anordnung des Arbeitsamtes von Kielce alle ledigen Juden zusammen, um sie zur Zwangsarbeit nach Lublin zu verbringen.160 In den Berichten werden zahlreiche Vorträge durch Experten aus Berlin erwähnt. Im März 1940 hielt OStubaf. Weigel vom RuSHA einen Vortrag über »Nordisches Sinnbildgut«. Karl Theodor Weigel, zuvor im Verlags- und Pressewesen tätig, war Experte für »Runen, Brauchtum und Volkstum« im Rassenamt und Leiter der »Lehrund Forschungsstätte für Schrift- und Sinnbildkunde«, einer Außenstelle des Ahnenerbes in Horn/Lippe. Gerhard Schinke vom Schulungsamt kam mehrmals zu Vorträgen ins Generalgouvernemt, so hielt er im Juni 1940 auf Einladung des HSSPF Ost einen Vortrag über »Die nationalsozialistische Bewegung als der politische Willensträger des deutschen Volkes und Reiches« in Warschau; am 7.10. sprach er im Soldatenheim Krakau, drei Tage später im »Roma« in Warschau über das Thema »Woran sterben Völker?« – ein Thema, über das er 1939 schon in den SS-Leitheften geschrieben hatte. Einige Wochen vorher hatte Karl-Heinz Bürger an gleicher Stelle einen Vortrag

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»Der Weg zur völkischen Wiedergeburt« gehalten, im Juli war Prof. Schleif zu einem Lichtbilder-Vortrag über Olympia-Ausgrabungen im »Roma« gewesen. Im November hielt UStuf. Scharnweber von der Dienststelle Heißmeyer, im Zivilberuf Studienrat und Dozent für Zeichen- und Werkunterricht an der Hochschule für Lehrerbildung in Kiel, einen Vortrag über »Deutsche Aufgaben im Osten« in Warschau.161 Ihm folgte im gleichen Monat Prof. Scheu, Rektor der Handelshochschule Königsberg, mit einem Vortrag über »Die neuen Ostgebiete und ihre wirtschaftsgeographischen Probleme«. Im Beisein Globocniks sprach HStuf. Prof. Edelmann im Oktober 1940 im Stadttheater Lublin über »Politische Volkserziehung in Vergangenheit und Gegenwart«: »Er hob besonders den krassen Unterschied zwischen der schemenhaften Erziehung zum Menschheitsideal von früher und der bewusst völkischen Erziehung von heute hervor«. Im Mai 1941 bereiste HStuf. Schegg von der Abt. WE des HA Orpo das Generalgouvernement mit dem Vortrag »Die germanische Welt«; am 7.5. sprach er im SS- und Polizeikino Krakau, am 9.5. im Haus der NSDAP in Lublin, am 10.5. im Warschauer Theater.162 In Warschau besuchten die SS-Reiter anschließend ein Sinfoniekonzert der »Philharmonie des Generalgouvernements« unter Leitung von Hanns Rohr, in Lublin schloss sich an Scheggs Vortrag der Besuch eines Kameradschaftsabends beim Polizeiregiment Lublin an. Am nächsten Tag begann eine größere Aktion, bei der das Reitergiment 2 innerhalb von 3 Wochen insgesamt etwa 10 000 Juden aus Lublin deportierte.163 Nichtsdestoweniger ging die Schulungsarbeit auch in diesen Wochen weiter: in einigen Schwadronen setzte Oetzmann seinen Geschichtskurs fort, in anderen befasste man sich mit den Themen »Deutschland kämpft um sein Leben« und »Deutschland kämpft für Europas Einigung«.

Schulungsleiter164 Rudolf Amsler, 30.7.1912 (Reichenberg), Vater Bahnassistent; Lehramtsprüfung in Geographie und Turnen, Mittelschullehrer, Lektor am Hochschulinstitut für Leichtathletik der Universität Wien, Erzieher an der Napola Wien-Breitensee; 1932 SA, 1938 NSDAP und SS; 1942 UStuf. und Sportlehrer an der Junkerschule Tölz Moritz Arnhardt, 8.10.1911 (Landsberg/Lech), Vater Oberleutnant und Reichsbahninspektor; Volksschullehrer in Straubing, Universitätsstudium; 1933 NSLB und SS, 1935 NSDAP; noch 1944/45 bei der A.u.E.-Abt. der SS-Kav. in Warschau, 1945 HStuf. Dr. phil. Rudolf Beck, 28.6.1907 (Diedenhofen/Lothr.), Vater Zollinspektor; Studienassessor (Deutsch, Latein, Griechisch) in Wickersdorf; 1933 NSDAP und SS, 1938 TV Weimar-Buchenwald, 1941 UStuf., 1943/44 WS-Lehrer Junkerschule Braunschweig und SS-Nachrichtenschule Metz Hans Becwar, 25.12.1909 (Mönichwald/Österreich), Volksschullehrer, 1932 SA und NSDAP, 1937 SS, UScha. Fridolin Birke, 25.6.1912 (Sudeten), Textilkaufmann, Betriebsleiter, völkische Jugendbewegung, 1935 Sudetendeutsche Partei, Ortsgruppenschulungsleiter, 1938 SS, 1944 HStuf. Dr. phil. Robert Blauhut, 22.5.1911 (Korneuburg/Niederdonau), Vater Oberlehrer; Studienrat (Deutsch und Turnen) an der Napola Theresianum Wien; 1933 NSDAP und SA, 1940 SS, 1944 UStuf.

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Friedrich Butz, 28.4.1902 (Karlsruhe), Chefdekorateur des Modehauses Schöpf in Karlsruhe, 1924 SA, 1933 NSDAP und SS; noch 1944 bei der A.u.E.-Abt. der SSKav. in Warschau Dr. phil. Walter Dautzenberg, 17.4.1911 (Südsteiermark), Vater Gärtner; Philologe, Studienassessor Oberschule Wien; 1934 SA, 1936 SS, 1938 NSDAP; bis zum Kriegsende WE-Führer bei verschiedenen Einheiten der Waffen-SS Hans Entleitner, 10.11.1907 (St. Johann/Tirol), Oberlehrer, 1938 NSDAP Hugo Ermler, 24.2.1901 (Braunau), Oberlehrer, 1938 NSDAP Heinz Essl, 4.10.1914 (Salzburg), Vater Schmiedemeister; Huf- und Wagenschmied; 1932 HJ, 1935 SS in Salzburg, 1935 Flucht nach Deutschland, 1939 Ordensjunker auf der Ordensburg Krössinsee; 1941 UStuf. Gustav Etzler, 29.6.1916 (Mähren), Vater Bauer; Student an der Deutschen Universität in Prag; Sudetendeutscher Wandervogel und Sudetendeutsche Partei, 1938 NSDAP und SS, 1944 Stubaf. Herbert Fischer, 21.9.1902 (Sudetenland), Revierförster, später Kreissozialwalter bei der DAF; 1926 DNSAP, 1938 SS, 1939 NSDAP; 1943 Oberscharführer beim Hauptfürsorge- und Versorgungsamt der SS Frederking, Unterscharführer: nicht identifizierbar Georg Freudenstein, 22.6.1904 (Kreis Fritzlar), Lehrer, Rektor; 1931 SA, NSDAP und NSLB, Ortsgruppenleiter in Völkenrode/Kreis Braunschweig, NSLB-Kreisamtsleiter, Kreis-Schulungsleiter Erik Graew, 24.12.1919 (Melitopol/Krim), lettische Staatsbürgerschaft; TH-Studium (Hochfrequenztechniker); 1936 NS-Landsmannschaft Lettland, 1939 SS, 1943 OStuf. bei der SS-Kav.-Division Dr. phil. Rudolf Grimm, 12.10.1909 (Gera), 1935 Promotion in Jena (»Heinrich von Bünau: Seine Unterrichtsbriefe und Religionsgedanken«), Studienassessor, 1934 SS, Rottenf. Wilhelm Halberstadt, 9.10.1911 (bei Kassel), Vater Postinspektor; Studium in Kassel, Frankfurt/M. und Königsberg, Diplom-Handelslehrer; 1933 SA, 1935 SS, 1937 NSDAP Johannes Hardy, 2.6.1909, Zauberkünstler, 1933 NSDAP Karl August Henning, 11.4.1906 (Hamburg), Vater Verwaltungsinspektor; Volksschullehrer; Blockwart, 1934 SS-Reitersturm, UScha. Dr. rer. pol. Wilhelm Heyd, 12.3.1901 (Pfullingen); Vater Besitzer einer Möbelfabrik; Promotion in Tübingen, Wirtschaftssachverständiger der Schwäbischen TreuhandAG Stuttgart; 1923 SA, 1933 NSDAP und SS, 1943 Leiter der Hauptabteilung Kulturelle Arbeit im Amt C I Weltanschauliche Erziehung des SS-Hauptamtes; 1945 Sturmbannführer Rudolf Hillmann, 27.1.1904 (Eversten/Holstein), Volksschullehrer, 1933 NSDAP, 1940 Waffen-SS, UStuf, 1944 Lehrkraft für Schulhelferausbildung SS-Berufsschule Mittweida Fritz Höhenberger, 10.9.1912 (Helmbrechts/Bayern), Studienassessor (Englisch, Französisch, Leibesübungen) Oberrealschule Marktredwitz; 1933 SS, 1937 NSDAP, 1943 HStuf. Heinrich Holm, 20.9.1912 (Kiel), Vater Werftbuchhalter; Volksschullehrer, Turnlehrer; 1933 SS, 1937 NSDAP, 1944 OStuf.

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Rudi Hössrich, 9.10.1909 (Sachsen), Volksschullehrer in Thüringen; Hauptstellenleiter für Ahnennachweis; 1937 NSDAP, 1940 SS, 1944 OStuf. und WE-Führer einer Formation der Waffen-SS in Italien Dr. med. Otto Hubacek, 7.2.1916 (Korneuburg/Wien), Vater Beamter; Tierarzt; 1933 SS und NSDAP in Österreich, 1938 Studentenführer der Tierärztlichen Hochschule Wien, Kreisschulungsredner der NSDAP; Truppenveterinär des Reiterregiments, 1944 Stubaf. Hans Kamradek, 15.7.1901 (Sudeten), Studienrat (Deutsch, Tschechisch, Leibeserziehung) Napola Neubauern, 1930 NSDAP, 1938 SS, 1943 OStuf. Dr. phil. Hans Klöpfer, 5.10.1904 (Steiermark), Studienrat (Deutsch und Leibesübungen) Napola Theresianum Wien; 1933 NSDAP in Österreich, wegen illegaler politischer Betätigung für die NSDAP Entlassung aus dem Schuldienst; 1938 SS, 1943 OStuf. Dr. phil. Erwin Kreitz, 19.1.1907 (Berlin), Vater Postinspektor; Studium der neueren Sprachen (Englisch und Französisch) und der Rechtswissenschaften, 1933 Promotion in Halle mit einer literaturwissenschaftlichen Arbeit, Turn- und Sportlehrerprüfung, Studienassessor in Magdeburg, dann Erzieher an der Napola Naumburg; 1933 SS, 1937 NSDAP, 1942 OStuf. Erich Krell, 10.5.1908 (Mannheim), Vater Kaufmann; kaufmännischer Angestellter/ Exportkaufmann, Auslandskorrespondent bei der IG-Farben, 1936 Leiter der Krefelder Zweigstelle; 1939 SS, 1943 HStuf., bis 1944 bei der Kav.Div. »Florian Geyer« Rudolf Leonhardt, 6.7.1903, Mittelschullehrer, 1938 NSDAP, SS-UScha. Dr. phil. Heinz Oetzmann, 17.4.1909 (bei Magdeburg), Vater Postinspektor; Promotion in Greifswald 1936 (»Mirabeau und der französische Hof«), Studienassessor für Geschichte, Latein, Griechisch und Sport an der Oberschule für Jungen in Heiligenstadt, Studienrat; 1937 NSDAP, 1944 WS-Lehrer an der Junkerschule Tölz, 1945 OStuf. Hans Paul, 1913 (?), Lehrer, NSDAP 1931, Ortsgruppen-Schulungsleiter Willi Piske, 23.10.1911 (Koeslin), Lehrer, 1938 NSDAP, Ortsgruppen-Schulungsleiter Emil Pittermann, 6.1.1902 (Sudeten), Lehrer, 1939 DNSAP, Ortsgruppenschulungsleiter, SS-Scharführer, 1942 gef. Dr. phil. Josef Possnig, 16.2.1906 (bei Laibach), Vater Bezirksschulinspektor; naturwissenschaftliches Studium in Wien, 1930 Promotion und Staatsexamen, Gymnasiallehrer in Klagenfurt; 1934 NSDAP und SS, im gleichen Jahr aus politischen Gründen Entlassung aus dem Schuldienst, Tätigkeit als Ski-Lehrer, 1935 Wiedereinstellung am Villacher Gymnasium, später Erzieher an der Napola Theresianum in Wien, Oberstudienrat; 1943 HStuf. Erich Rathje, 6.3.1902 (Hamburg), wie der Vater selbständiger Kaufmann und Unternehmer, Studium der Nationalökonomie, abgebrochen wegen Firmenübernahme; 1933 SS, 1937 NSDAP, 1944 OStuf. im Stab des SS-OA Nordsee Heinz Rebholz, 25.5.1907 (Kaiserslautern), Vater Lokomotivführer; Maschinenbauingenieur und Diplomvolkswirt, Bürgermeister von Groß-Buseck; 1931 SA, 1932 NSDAP und SS, Kreisamtsleiter, Kreisschulungsleiter, 1933 sechs Wochen Dienst bei der Hilfspolizei; 1937 OScharf. Walter Schädler, 24.5.1902 (München), wie der Vater Kunstmaler; Sportlehrer; Freikorps Epp und Oberland, 1923 NSDAP, Blutorden, Lehrer an den Gauschulen Niedernfels und Rebnitz, 1940 Waffen-SS, OStuf.

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Willi Scheel, 28.9.1903 (Pommern), Vater Bauer; Volksschullehrer; 1933 SS Wilhelm Schmidt, 29.12.1902 (bei Heidelberg), Volks- und Hauptschullehrer, 1933 SS, 1937 NSDAP, 1943 bei der Lehrschwadron der SS-Kav.Brigade, HStuf. Karl Sobolak, 17.11.1905 (Wiener Neustadt), Elektro-Mechaniker, Angestellter bei der Leitung des Hauptwirtschaftsamtes Wien, 1943 Amtsenthebung wegen Verdachts der Veruntreuung; Freikorps Rossbach, 1926 oder 1927 NSDAP, 1929 SA, 1938 SS, 1943 HStuf. Jakob Thomas, 9.3.1908 (Pfaffen-Schwabenheim), Vater Landwirt; Mittelschullehrer (Deutsch und Turnen) in Herford, 1933 SS, 1936 NSDAP, SS-Standarten-Schulungsleiter Alois Tippelt, 14.5.1912, Mittelschullehrer, 1937 NSDAP Josef Trestler, 11.3.1906 (Niederdonau), Hauptschullehrer; 1932 NSDAP, 1938 SS, Rottf.; später Abt. VI beim HSSPF Norwegen Dr. jur. Johannes Uhlmann, 19.2.1904 (Görlitz), Vater Brauereibesitzer; Rechtsanwalt; völkische Jugendbewegung, 1933 NSDAP, 1934 SS, OScha. Veit Urban, 22.12.1913 (Wien), Sudetendeutscher, Vater im 1. Weltkrieg gefallen, vom Vormund zum Tapezierer und Dekorateur bestimmt; Freikorps, völkischer Turnerbund, 1930 DNSAP, Kameradschaftsführer in der Sudetendeutschen Partei, 1935 bis 1937 beim tschechischen Militär, 1938 NSDAP, Kreishauptamtsleiter in Znaim (Südmähren), 1940 SS, Schulungsleiter und Sportlehrer an der Unterführerschule Lucmierz, 1943 UStuf., Leiter von Lehrgängen für kroatische und galizische Führer und Unterführer; 1944 bei der SS-Kav.A.u.E.Abt. Robert Voye, 7.10.1911 (Bautzen), kaufmännischer Vertreter der Emil Seelig AG Heilbronn; 1933 NSDAP und SS; noch 1944 als OStuf. bei der SS-Kav.A.u.E.Abt. Harry Weckmann, 9.12.1906 (Flensburg), Vater Polizeihauptmann; kaufmännischer Angestellter, Abteilungsleiter beim Benzol-Verband Bochum; 1925 NSDAP und SA, 1933 SS, Schulungsleiter beim OA West; noch 1944 als HStuf. bei der Kav.Div. »Florian Geyer« Johann Weissenböck, 14.4.1912 (bei Wien), Mittelschullehrer, Studienassessor an der Napola Traiskirchen/Niederdonau (Geschichte und Turnen); 1936 NSDAP und SS, 1944 HStuf. beim Stab des SS-OA Donau Bernd Wenzel, 18.4.1913 (Arnstadt), Studienreferendar, 1938 SS, OScha. Johann Werner, 11.8.1908, Angest., Kreisbildstellenleiter Dr. phil. Heinrich Westerath, 10.8.1905 (bei Posen), Vater Bauer; Studienassessor (alte Sprachen), 1937 NSDAP, SS-Rottf. Wilhelm Wohlauf, 4.6.1908, Vater Beamter; Mittelschullehrer (Geschichte und Turnen), Studienrat an der Napola Wien-Breitensee, Oberstudienrat; 1938 NSDAP, 1939 SS, 1943 OStuf. Kurt Zdunek, 5.10.1905, Sekretär, HJ-Schulungsleiter Walter Zitnik, 15.6.1912 (bei Wien), Vater Ingenieur, Veterinär; 1933 NSDAP, Inhaftierung wegen illegaler Tätigkeit für die NSDAP in Österreich, 1939 SS-Totenkopfstandarte Ostmark

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Die SS-Totenkopf-Kavallerie (II) und der »Kommandostab Reichsführer-SS« Nach all den Schulungsmaßnahmen, die man den Männern des Totenkopf-Reiterverbandes von Frühjahr 1940 bis Frühjahr 1941 zuteil werden ließ, dürften sie nicht nur praktisch sondern auch »mental« gut auf die Aufgaben vorbereitet gewesen sein, die sich ihnen mit Beginn des Russland-Feldzuges im Sommer 1941 stellten. Im Juni wurden die beiden Regimenter als SS-Reiter-Brigade mit 3860 Mann unter dem Kommando Fegeleins für einen Einsatz in Weißrussland neu aufgestellt und auf »Sonderaufgaben« vorbereitet.165 Dies waren im Wesentlichen Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Heeresgebiet, d.h. Aufgaben der »Partisanen- und Bandenbekämpfung«, ein Ausdruck, der zugleich als Tarnbezeichnung für den beginnenden Massenmord an den Juden diente. Die Brigade wurde dem im April 1941 gebildeten »Kommandostab Reichsführer-SS« unterstellt. Dem Stab unterstanden außerdem noch zwei motorisierte Infanteriebrigaden der Waffen-SS und ein Begleitbataillon.166 Beim Kommandostab wurde eine Abt. VI eingerichtet, die die weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung in den Brigaden koordinieren und leiten sollte. Leiter der Abteilung war Karl Heinz Bürger, zuvor Amtsleiter in der Dienststelle Heißmeyer.167 Als Bürger im Oktober 1941 zum HSSPF Russland-Süd versetzt wurde, trat der Studienrat Karl Wimmer an seine Stelle. Die Abt. VI des Kommandostabes wurde nach der Ernennung des HSSPF Erich von dem Bach-Zelewskis zum »Bevollmächtigten des RFSS für Bandenbekämpfung« und der damit verbundenen organisatorischen Verkleinerung des Stabes im Dezember 1942 wieder aufgelöst. Wimmer wurde daraufhin mit der Leitung der Abt. VI der Kavallerie-Division beauftragt. 168 Der Kommandostab erließ am 18. Juli 1941 zur Vorbereitung auf den Krieg mit der Sowjetunion eine Anweisung, ab der Dienstwoche vom 28. Juli an in den Einheiten mit einem politisch-weltanschaulichen Unterricht über die Sowjetunion zu beginnen. An die Einheitsführer wurden entsprechende Informationsbücher (Bd. II der »Informationsschriften über die Sowjetunion«) als Materialgrundlage verteilt. Der Schulungsplan sah folgende Themen vor: 1.

2. 3. 4. 5.

6.

Allgemeine Übersicht über Russland (Raum und Bevölkerung, Nationalitäten und Völkerschaften, Religionen und Konfessionen Das Judentum Die politische Entwicklung bis zur heutigen Staatsform (Politische Entwicklung, Gesellschaftsordnung und Staat) Die Organisation des Kommunismus (Die kommunistische Partei der Sowjetunion, die Komintern) Innere Einrichtungen des Sowjetstaates (Polizei- und Nachrichtendienst, die rote Wehrmacht, das Bildungswesen, die Sowjetpresse) Wirtschaft (Zugleich abschließende Wiederholung und Zusammenfassung des gesamten Stoffes)

Ergänzend dazu wurden Hinweise zur Behandlung der Themen im Unterricht gegeben. Zum Thema »2. Das Judentum« hieß es zum Beispiel: »Besonders wichtig ist der einleitende Abschnitt, ferner die Abschnitte: Das Judentum in der revolutionären Bewegung bis 1917, die Rolle der Juden zur Zeit Lenins, die Rolle der Juden unter Stalin.

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Ergänzend kann hier das lfd. v. Kdo.stab Abt. VI herausgegebene Material in den Zeitungsauszügen hinzugenommen werden (z. B. »Der Jude ist es!« von Hauptmann W.E. Frhr. v. Medem und »Würgeengel der Völker« in Zeitungsauszügen 5 und 6).«169 Bis zum Juni 41 hatte Bürger eine Feldbücherei mit 164 Werken überwiegend politisch-weltanschaulichen Inhaltes zusammengestellt, darunter 12 Bücher über »Bolschewismus und Judentum«. Am 27.7. legte die Abt. VI ihren ersten Tätigkeitsbericht vor und meldete, dass mit dem Unterricht »unter Zugrundelegung der Informationsschrift Bd. II über die UdSSR« in den Einheiten begonnen wurde. Die 2. Brigade teilte mit, dass sie eine besondere Ausarbeitung des Schulungsstoffs für die Einheitsführer vorgenommen habe und zwei Wochenstunden Unterricht mit Aussprache durchführe. Erstmals konnte auch der Filmwagen der Abt. VI in Betrieb gehen; im Juli wurden vor allem Kriegsfilme gezeigt: der Spielfilm »U-Boot westwärts« und die Sonderfilme »Deutsche Panzer« und »Filmschirmjäger«, für das Kavallerieregiment gab es vier Sondervorstellungen des Films »Reitet für Deutschland«. Der nächste Tätigkeitsbericht vom 10.8. fiel ähnlich aus: Die 2. Brigade und das Begleitbataillon meldeten erneut die Durchführung der befohlenen Schulung, nur bei den jeweils im Einsatz befindlichen Einheiten konnte kein Unterricht abgehalten werden.170 In den Zeitraum zwischen der Abfassung der beiden Berichte vom 27.7. und 10.8. fiel die erste Welle der Massaker, die die 1. Brigade des Kommandostabs in der Ukraine und die Totenkopf-Kavallerieregimenter in Weißrussland begingen. Ein Tätigkeitsbericht der Brigade vom September 1941 hielt lapidar fest: »Ferner wurden wegen Begünstigung des Bolschewismus und bolschewistischer Freischärler bis zum Ende der Berichtszeit rund 800 Juden und Jüdinnen im Alter von 16-60 Jahren erschossen.«171 Insgesamt dürfte die Brigade für den Tod von etwa 7000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern zwischen Ende Juli und Mitte August verantwortlich gewesen sein.172 Noch verheerender fiel die Bilanz der Totenkopf-Reiter aus. Am 19.7. hatte Himmler befohlen, die beiden Kavallerieregimenter in den Raum Baranowicze in Weißrussland zu verlegen; dort sollten sie dem HSSPF von dem Bach-Zelewski für die »systematische Durchkämmung der Pripjet-Sümpfe zur Verfügung« stehen. Das Sumpfgebiet war militärisch unbedeutend, galt aber als Rückzugsgebiet von »Partisanen«. Da die anderen Einheiten mit ihren Fahrzeugen in diesem Gebiet nur schwer vorankamen, wurde die Aufgabe der Kavalleriebrigade übertragen. Am 27.7. kam sie im Einsatzgebiet an. Am gleichen Tag trafen sich von dem Bach, Kurt Knoblauch, der Chef des Kommandostabes, und Fegelein als Kommandeur der Kavalleriebrigade zu einer Besprechung; im Anschluss daran erließ Fegelein einen Befehl, der neben der Erschießung von Rotarmisten und bewaffneten Zivilisten auch offen die Ermordung aller jüdischen Männer anordnete, die pauschal als »Plünderer« definiert wurden: »Es wird darauf hingewiesen, dass es einzelne Dörfer und Ortschaften gibt, die aus ehemaligen Verbrechern bestehen. Diese müssen ohne Rücksicht ausgerottet werden. Juden sind zum großen Teil als Plünderer zu behandeln. Ausnahmen bilden nur ausgesprochene Facharbeiter, wie Bäcker usw., und vor allem Ärzte. Weiber und Kinder sind mit dem Vieh aus verfallenen Dörfern wegzutreiben.«173 Von Himmler selbst erging am folgenden Tag der Befehl: »Ist die Bevölkerung, national gesehen, feindlich, rassisch und menschlich minderwertig oder gar, wie es in Sumpfgebieten sehr oft der Fall sein wird, aus angesiedelten Verbrechern zusammengesetzt, so sind alle, die der Unterstützung der Partisanen verdächtig sind, zu

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erschiessen; Weiber und Kinder sind abzutransportieren, Vieh und Lebensmittel zu beschlagnahmen und in Sicherheit zu bringen. Die Dörfer sind bis zum Boden niederzubrennen. Entweder sind die Dörfer und Siedlungen ein Netz von Stützpunkten, deren Bewohner von sich aus jeden Partisanen oder Marodeur totschlagen und uns über alles unterrichten, oder sie hören auf zu bestehen. Kein Gegner darf in dieser Gegend Unterstützung und Lebensunterhalt finden.«174

Am 31.7. hielt sich Himmler selbst zu einer Visite in Baranowizce auf. Am 1.8. folgte per Funkspruch die Anweisung: »Ausdrücklicher Befehl des RF-SS. Sämtliche Juden müssen erschossen werden. Judenweiber in die Sümpfe treiben.«175 Die Kavallerieregimenter – das 1. Regiment unter Führung von Gustav Lombard, das 2. unter dem Kommando von Franz Magill176 – gingen sofort an die Umsetzung und ermordeten innerhalb weniger Tage rd. 25 000 Menschen: »erschossene Plünderer und Soldaten in Zivil«. Zu 90% handelte es sich um Juden, die unter dem Vorwand der »Partisanenbekämpfung« getötet wurden. Die Aktion gilt als ein Auftakt zur systematisch vollzogenen Massentötung von Juden, in die bereits Frauen und Kinder einbezogen wurden, ohne dass dazu schon ein eindeutiger Befehl von Himmler vorlag, der nur die Anweisung gegeben hatte, »Judenweiber« in die Sümpfe zu treiben – dies hatte sich allerdings als schwierig gestaltet: In seinem Abschlussbericht vom 12.8. schrieb Sturmbannführer Magill, der Kommandeur des 2. Regiments (wenige Wochen zuvor hatte er noch weltanschauliche Schulungsvorträge vor seinen Männern gehalten): »Weiber und Kinder in die Sümpfe zu treiben, hatte nicht den Erfolg, den er haben sollte, denn die Sümpfe waren nicht so tief, dass ein Einsinken erfolgen konnte. Nach einer Tiefe von 1 Meter kam man in den meisten Fällen auf festen Boden (Sand), so dass ein Versinken nicht möglich war.«177 Die Tötung auch von Frauen und Kindern blieb beim 2. Regiment auf Einzelfälle beschränkt. Lombard dagegen ließ systematisch auch Tausende von Frauen und Kindern erschießen. Am 14.8. erschien Himmler wieder vor Ort, um sich von Fegelein und von dem Bach über die Aktion berichten zu lassen. Am 15.8. reiste er Richtung Minsk weiter, um sich dort eine Massenerschießung vorführen zu lassen. Am selben Tag begann die 2. Pripjet-Aktion, die bis zum 3. September dauerte und während der die Massaker fortgesetzt wurden. In der Zeit vom 12. bis 15. August erteilte Himmler, offenbar ermutigt durch die ersten »erfolgreichen« Aktionen, den drei Höheren SS- und Polizeiführern in der besetzten Sowjetunion einen erweiterten Auftrag, der die Tötung auch von jüdischen Frauen und Kindern einschloss und damit den Übergang zum systematisch betriebenen, rassistisch begründeten Vernichtungsfeldzug markierte. Die Kavalleriebrigade, die in dieser Hinsicht eine »Avantgardefunktion« ausübte, hatte vorgeführt, dass dies möglich war.178 Mehrere Angehörige der Brigade wurden wegen ihres besonderen Einsatzes ausgezeichnet und befördert, unter ihnen der Stabsschulungsleiter des 1. Regiments, Heinz Rebholz und der Schwadronsschulungsleiter und Studienassessor Fritz Höhenberger. Beide gehörten zu einem Voraus-Kommando, das als Bilanz bis zum 3.8. allein »10 844 erschossene Plünderer und Soldaten in zivil« meldete.179 Gustav Lombard fasste seine Erfahrungen im September zu einem Bericht über den »Kampf mit Partisanen« zusammen. Obwohl der »Partisanenkampf« zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend fiktiv war und die Brigade kaum in Kampfhandlungen verwickelt wurde, schrieb er, das Regiment habe es vor allem mit versprengten Rotarmisten zu tun; da die deutschen Truppen starke Unterstützung durch die einheimische Bevölkerung erhielten,180

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käme »nur der Jude … aus naheliegenden Gründen als Hilfsquelle für die Sowjetsoldaten in Frage.« Daher die Schlussfolgerung: »Während der Dauer der Operation muß jeder Jude und jeder auf der Straße wandernde Russe ohne Ausweis einer deutschen Dienststelle dort erschossen werden, wo er angetroffen wird.« Die Sprachregelung änderte sich übrigens im Verlauf des Feldzuges: War zunächst von »Plünderern« die Rede, so setzte sich schon bald der Ausdruck »Partisanen« durch, um dem Judenmord eine scheinbar militärische Legitimation zu geben. Ein Jahr später, im August 1942 ordnete Himmler dann an, den Begriff »Partisanen« durch »Banden« zu ersetzen, eine Sprachregelung, die den Gegner kriminalisierte und entmenschlichte und damit ein Vorgehen legitimieren sollte, das jenseits militärischer Konventionen lag.181 Lombard gab seine Erfahrungen und Erkenntnisse auf einem »Lehrgang« über Partisanenbekämpfung wieder, der vom 24. bis 26.9.1941 vom Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte in Mogilew veranstaltet wurde. Dort erklärte er den Partisanen zum »feigsten, hinterhältigsten und widerwärtigsten Burschen, der jemals von einer Truppe gegen einen Gegner eingesetzt wurde« und schloss: »Über den Juden auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, ist wohl überflüssig. Man kann vielleicht über die Maßnahmen verhandeln, wie der Jude am zweckmäßigsten aus den uns anvertrauten Gebieten verschwinden soll, aber dass er beseitigt werden muß, steht fest, denn der Jude ist der Partisane!«182 Bei dem Lehrgang waren u. a. von dem Bach-Zelewski, Artur Nebe vom RSHA, Angehörige der Wehrmacht, die Kommandeure der Polizeibataillone 307, 316 und 339 und für die Kavalleriebrigade Fegelein, Lombard und Schwadronschef Fritsche zugegen. Für die organisatorische Leitung war Max Montua zuständig, der Kommandeur des Polizeiregiments Mitte, dem die drei Bataillone unterstanden. Der Lehrgang verband in einzigartiger Weise »Theorie und Praxis«. Der Tagesablauf sah wie folgt aus: Am 24.9. begann der Lehrgang um 9 Uhr mit einer Begrüßung der Teilnehmer durch von Schenkendorff, um 9.15 begannen die Vorträge. Am Vormittag ging es um »Erfahrungen im Kampf mit Partisanen«, wahrscheinlich referierte hier Lombard, Nebe sprach über die Zusammenarbeit von Truppe und SD bei der Parisanenbekämpfung, über Auswahl und Einsatz von V-Leuten, es folgte ein Vortrag über »Die Judenfrage mit besonderer Berücksichtigung der Partisanenbewegung«. Nach der Mittagspause wurde das Seminar mit einem Vortrag von dem Bachs fortgesetzt (»Erfassen von Kommissaren und Partisanen bei Durchkämmungsaktionen«), es schloss sich die Vorführung eines »Planspiels« an, danach folgten weitere Vorträge. Um 20.30 Uhr versammelte man sich zu einem »Russischen Musikabend« im »Konservatorium am Kommandanturplatz«. Am nächsten Vormittag wurden die Vorträge und Erfahrungsberichte fortgesetzt Nach der Mittagspause folgte die Abfahrt zu praktischen Vorführungen auf einem Gelände nördlich von Mogilew. Angehörige des Polizeiregiments führten ein neues schalldämpfendes Gewehr und Brandmunition der Partisanen sowie russische Minen und deutsches Minensuchgerät vor. Von 15 bis 17 Uhr fand eine »Schulübung« des Polizeiregiments statt, in der eine Ortschaft besetzt, Häuser durchsucht und Einwohner verhört wurden. Am 26.9. fuhr die Gesellschaft bereits um 4 Uhr morgens in eine Gegend südlich von Mogilew, um hier der »Aushebung eines Partisanennestes« beizuwohnen. Männer des Einsatzkommandos 8 und der Ordnungspolizei trieben die jüdischen Einwohner eines Dorfes zusammen und erschossen während der »Lehrübung« 32 Personen.183 Zwei Tage nach Abschluss des Lehrgangs gab Fegelein seinen Männern die Anweisung: »Falls eine Einheit längere Zeit in einem Orte liegt,

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sind unmittelbar Judenviertel bzw. Ghettos anzulegen, falls sie nicht sofort ausgerottet werden können.«184 Eine Woche später gab es für die Angehörigen des Kommandostabs Reichsführer-SS einmal mehr den Film »Jud Süß« zu sehen. Die Kavalleriebrigade setzte ihre Tätigkeiten in der Partisanen- und Bandenbekämpfung fort und hatte bis zum Dezember 1941 insgesamt rd. 40 000 Juden ermordet.185 Im Dezember wurde sie der 9. Armee als Einsatzreserve unterstellt und zu Abwehrkämpfen an der Front herangezogen. Der Verband wurde im Winter in schwere Gefechte verwickelt und hatte hohe Verluste zu verzeichnen. Im April 1942 berichtete Fegelein, die Brigade sei nach den Kampfhandlungen im Winter und aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse stark geschwächt und »völlig abgekämpft«. Viele Männer litten unter Erfrierungen. Wenig später wurde die Brigade vom Kampfgeschehen abgezogen. Im Juni wurde das 2. Regiment – das 1. Regiment befand sich bereits in Kielce – auf dem SS-Truppenübungsplatz Debica im Süden des Generalgouvernements neu organisiert, gleichzeitig wurde hier ein 3. Regiment aufgestellt.186 Wieweit während dieser Zeit von den Aktionen in den Pripjet-Sümpfen bis zu den Fronteinsätzen im Winter 41/42 weltanschauliche Schulungsarbeit geleistet wurde, lässt sich schwer sagen, sicher wird diese Arbeit nur eingeschränkt möglich gewesen sein. Die Abt. VI des Kommandostabes setzte ihre Arbeit jedenfalls fort und meldete im Dezember 1941 den Versand von Schulungsschriften (»Plutokratie England«) und Truppenbetreuungsmitteln an die Einheiten; die Abt. VI der Kavalleriebrigade war inzwischen damit beschäftigt, »Grabzeichen« für Gefallene anzufertigen und aufzustellen.187 Im November 1941 gab die Abt. VI des Kommandostabes den Winterschulungsplan des SS-FHA, der für die Zeit bis zum März 1942 galt und sich primär mit dem Krieg gegen die Sowjetunion befasste (s.o.), an die Einheiten weiter; belegt sind auch Kontrollen des Kommandostabes zur Durchführung.188 Zumindestens in den fest stationierten Einheiten der Brigade, die im Generalgouvernement zurückblieben, war auch weiterhin eine geregelte Schulungsarbeit möglich. In Warschau befand sich weiterhin die Ersatzabteilung mit zwei Schwadronen – eine dritte war noch in München stationiert –, in der Rekruten ausgebildet und auf ihren Einsatz vorbereitet wurden; mit Beginn des Russland-Feldzuges übernahm Moritz Arnhardt hier die Leitung der Abt. VI. Daneben bestanden noch eine Veterinär-Ersatzabteilung in Radom und eine Reitschule in Zamosc. All diese Einheiten waren aber gleichfalls an »Juden-Aktionen« beteiligt. So wirkten die in Zamosc und Radom stationierten Einheiten im April bzw. August 1942 an Erschießungen und Deportationen der dort lebenden Juden mit. Die in Warschau stationierte Ausbildungs- und Ersatzabteilung wurde bei der Räumung des Warschauer Gettos im September 1942 eingesetzt und spielte eine entscheidende Rolle bei der Niederschlagung des Getto-Aufstandes im April 1943.189 Die A.u.E.Abteilung führte auch Führerbewerberlehrgänge durch. Für die Zeit vom 8.4. bis 13.5. sind Dienstpläne erhalten, nach denen täglich eine Stunde vor allem Geschichte, Vererbungslehre und nationalsozialistische Weltanschauung unterrichtet wurde. Dozent für deutsche Geschichte war der Wiener Studienassessor Dr. Walter Dautzenberg,190 Vererbungslehre unterrichtete der TH-Student Erik Graew, nationalsozialistische Weltanschauung der Studienassessor Heinrich Westerrath. Zu den in der Warschauer Ersatzabteilung eingesetzten Schulungsleitern stieß, nachdem er vom Fronteinsatz der Kavallerie zurückgekehrt war, im November 1942 noch Herbert Fischer hinzu, der bereits 1940 als Schulungsleiter in der 1. Schwadron tätig gewesen war.191

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Während der Zeit der Neuaufstellung der Reiter-Brigade als Division in Debica im Sommer 1942 wurde dort auch wieder eine reguläre Schulungsarbeit betrieben. Am 11. Juli 1942 erging der Befehl, Unterführer als Sachbearbeiter VI bei den Einheiten einzusetzen.192 Wenige Tage später ordnete die Abt. VI der Brigade die erneute Einsetzung von WE-Führern und einen achtwöchigen Schulungsplan an; die Themen, jeweils in zwei Wochen zu behandeln, waren »Das Reich«, »Der Weg der NSDAP«, »Der Führer« und »Die Grundgesetze der SS«. Darüber hinaus war in jeder Schwadron wöchentlich eine Stunde für politische, militärische und wirtschaftliche Informationen anzusetzen. Alle 14 Tage gab die Abteilung detaillierte Angaben zur Untergliederung der Themen und entsprechende Materialien und Stoffsammlungen für die Einheitsführer heraus. Für das Thema »Das Reich« wurde z. B. ein Kompendium von 8 Seiten erarbeitet, gegliedert in die Themen »Das Reich, Germanenreiche, Das Reich Karls des Großen, Das erste Reich der Deutschen, Preußens Leistung zur Bildung des Reichs, Bismarck und das zweite Reich der Deutschen«. Für die weltanschauliche Erziehung, hieß es in der Anweisung vom 14.7.42, müsse auch im Krieg Zeit sein, dazu bedürfe es nicht immer eines Raums mit Tafel und Kreide: »Eine Pause während des Geländedienstes genügt schon, um zu den Männern zu sprechen und auf sie einzuwirken. Bei jeder passenden Gelegenheit sind weltanschauliche Fragen anzuschneiden, Gespräche anzuknüpfen, die sich auf dieses Gebiet erstrecken.«193 Unterdes nahm die 1. Infanteriebrigade am »Unternehmen Sumpffieber« teil, das vom 22.8 bis 21.9. in Weißrussland ablief und bei dem allein 8350 Juden umgebracht wurden.194 Die Abt. VI der Brigade organisierte für die Truppe vor allem kulturelle Angebote: Am 16. und 17.9. wurde der Film »Wiener Blut« gezeigt, am 25., 26. und 27.9. »Der verkaufte Großvater«, für die in Borissow liegenden Teile der Brigade wurde am 17.9. »Wiener Schrammeln«, am 27.9. Opern-, Operetten- und Marschmusik geboten, am 28.9. war eine russische Theatergruppe mit »Gesang in deutscher Sprache« zu Gast. Im gleichen Zeitraum (16.-30.9.1942) wurden 40 Exemplare des Politischen Informationsdienstes Nr. 9, 160 Exemplare des SS-Leitheftes Nr. 3 und je 50 Exemplare des »Schwarzen Korps« verteilt, außerdem die Minsker Zeitung, der Völkische Beobachter und »Heimatzeitungen«. Leiter der Abt. VI war der Volksschullehrer und Untersturmführer Walter Ranneberg aus Neuruppin. Er hatte die Präparandenanstalt, das Lehrerseminar und 4 Semester Universitätsstudium in den Fächern Germanistik, Geographie und Musikwissenschaft absolviert, war 1933 der SA, 1937 der NSDAP beigetreten und 1940 zur Waffen-SS eingezogen worden. Ranneberg war zunächst Mitarbeiter der Abt. VI der Unterführerschule Radolfzell und WE-Führer beim Infanterie-Ersatz-Bataillon »Germania«, bevor er im März 1942 als Leiter der Abt. VI bei der 1. SS-Infanterie-Brigade eingesetzt wurde.195 Aus der Zeit von Ende September bis Ende Dezember 1942 sind einige Tätigkeitsberichte der Abt. VI des Kommandostabs RFSS unter Leitung Karl Wimmers erhalten, die eine rege Tätigkeit dokumentieren. Der September-Bericht – bereits der 64. Bericht der Abteilung – listet auf: die Einrichtung einer ständigen Bibliothek für weltanschauliche Schulung bei den Kompanien und Stäben; Vorträge Wimmers über Gegenwartsfragen vor dem Führerkorps; Rednereinsatz über »Weltmacht Japan« und »Singapur« bei der 2. Infanterie-Brigade; Verteilung von Unterhaltungsliteratur und Schulungsmaterial – beide Brigaden meldeten das Eintreffen und die Verteilung von Schulungsund Betreuungsmaterial; am 28. und 29.9. ein Bunter Abend des Stadttheaters Shitomir

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im Lagertheater; die Vorstellung »Vom Rhein zur Donau« bei der 1. Brigade. In den folgenden Wochen erhielten die Einheitsführer unter anderem die Schriften »Zucht und Sitte«, Himmlers »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«, »Deutschlands Kampf um die völkische Wiedergeburt des Germanentums – dem Sieg der Waffen muß der Sieg des Kindes folgen« und Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes wie »Der Dollar rollt«.196 Am 23.11. begann ein Führerbewerberlehrgang, für den die Abt. VI den weltanschaulichen Unterricht übernahm. Die Abt. VI der 2. Brigade gab ein 14tägig erscheinendes Frontblatt »Der Kamerad« in deutscher, norwegischer und niederländischer Sprache heraus. Die »von der Hauptkampflinie« kommenden Unterführer und Unterführeranwärter der 2. Brigade, meldete der 67. Bericht, würden zweimal die Woche im Soldatenheim zur Schulung zusammengefasst: so werde »für die politische Ausrichtung und Weitergabe des Gehörten an die Kameraden im Graben gesorgt«; bei den ersten Vorträgen war der Kommandeur anwesend und sprach »das richtungweisende Schlusswort«.197 Inzwischen war die Kavalleriedivision wieder zu Kampfeinsätzen abkommandiert und im November erneut der 9. Armee unterstellt worden. Im Februar 1943 war sie am »Bandenunternehmen Sternlauf« beteiligt und mit der Deportation von Zivilisten zur Zwangsarbeit befasst. Standartenführer Fritz Freitag, der vorübergehend als Kommandeur eingesetzt war, schrieb in einem Bericht vom Februar 1943, dass die Intensität der Kampfhandlungen keinen Raum für einen regulären weltanschaulichen Unterricht ließen: »An die Stelle des Unterrichts muß die Aussprache zwischen Vorgesetztem und Mann treten, die sich auf Themen zu erstrecken hat, die das Denken des Mannes augenblicklich ausfüllen.« Freitag dachte vor allem an Gespräche über soldatische Tugenden. Himmler war aufgebracht: »Bei Ihren Ausbildungsrichtlinien vom 12.2.1943 bin ich über den Punkt ›Innerer Dienst’ geradezu entsetzt. SS-Standartenführer Freitag, wir befinden uns in der SS. Sie haben keine Heeres-Division vor sich. Ich darf Sie bitten, sich an den Russen ein Beispiel zu nehmen, bei denen der Politruk seinen weltanschaulichen kommunistischen Unterricht sogar in den Gräben durchführt. – Wie kommen Sie dazu, diese eigenartige Einteilung zu machen, dass also der weltanschauliche Unterricht, den Sie außerdem für nicht durchführbar halten, kurz vor der gesundheitlichen Betreuung, unter der Sie die Befreiung der Männer von Läusen verstehen, unter Ausgestaltung der Unterkünfte kommt. Leben Sie noch im Jahre 1914? Was bei diesem eigenartigen Unterricht, so wie Sie ihn anordnen, herauskommt, kann ich mir ja vorstellen. Im besten Fall, wenn einer der von Ihnen so vortrefflich weltanschaulich erzogenen Führer das durchführt, ein allgemeines Gerede. Ich lasse nicht umsonst Unterrichtslinien herausgeben und verbitte mir, dass irgendeiner meiner Standartenführer einfach bestimmt, dass diese ausfallen. Sollten Sie dafür kein größeres Verständnis aufbringen, so spreche ich deutlich aus, haben Sie die längste Zeit eine Division geführt.«

Freitag erließ daraufhin im März einen Tagesbefehl, der die planmäßige Durchführung der weltanschaulichen Erziehung durch »Vorträge und Unterrichtsstunden« in der Verantwortung der Einheitsführer anordnete. Zwei Themen sollten im Mittelpunkt stehen: »1. Der Schicksalskampf im Osten. 2. Der Kampf als Lebensgesetz«. Als Materialgrundlage sollten 5 Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes dienen: »a) Grenzkampf Ost, b) Sicherung Europas im Osten, c) Die Sowjet-Union, Raum und Völker, d) SS-Mann und Blutsfrage, e) Rassenpolitik.« Anfang April folgten »besondere Anweisungen« für die Durchführung des Programms mit erläuternden Kommentaren

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und dem Plan für eine Feiergestaltung zu Hitlers Geburtstag am 20.4.1943 im Anhang.198 Am 22.4. befahl er erneut die Einsetzung von WE-Führern und Unterführern als Sachbearbeiter der Abt. VI bei den Regimentern und Bataillonen und kündigte die Herausgabe laufender Anweisungen für die weltanschauliche Erziehung an. Die Anweisung vom April zu den Themen »Schicksalskampf im Osten« und »Kampf als Lebensgesetz« wurden nachträglich als Anweisung Nr. 1 beziffert, am 16.5. folgte Anweisung Nr. 2 über »Mannschaftsformung« und »Feldherr als Schicksal«.199 Himmler war wieder versöhnt. Freitag wurde im Mai wieder von Hermann Fegelein als Divisionskommandeur abgelöst, der nach einem längeren Lazarettaufenthalt die Inspektion des Reit- und Fahrwesens im SS-FHA übernommen hatte. Fegeleins Rückkehr bildete den Auftakt zu einer neuen Phase in der »Bandenbekämpfung« für die Kavalleriedivision, die jetzt von der Strategie der Bildung »toter Zonen« geprägt war und erneut im Sumpf- und Moorgebiet zwischen Pripjet und Dnjepr praktiziert wurde; längst ging es dabei um den Kampf gegen reale Partisanen, die für die deutsche Besatzung zu einer wachsenden Bedrohung geworden waren. Die Bildung »toter Zonen« verfolgte den Zweck, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, um jede Rückzugsmöglichkeit für Partisanen zu zerstören. Vom 27.5. bis 10.6.43 nahm die Division am »Unternehmen Weichsel« teil, bei dem sie 61 Dörfer niederbrannte und die Bevölkerung zur Zwangsarbeit abtransportierte, in der Woche darauf wurden beim »Unternehmen Ziethen« 63 Dörfer abgebrannt. Beim folgenden »Unternehmen Seydlitz« befahl Fegelein die Bildung zweier Zonen: »Zone I: Dieses Gebiet soll künftig Erfassungsgebiet der Zivilverwaltung bleiben. Dörfer in diesem Gebiet sind nur im Zuge von Kampfhandlungen zu evakuieren und niederzubrennen. – Zone II: Dieser Raum ist restlos von Menschen und Vieh zu evakuieren. Sämtliche Dörfer, Gehöfte usw. sind vollkommen niederzubrennen. Damit soll den Banden in diesem Raum jede Existenzmöglichkeit genommen werden.«200 Allein von der Kavallerie wurden 96 Dörfer niedergebrannt, 9166 Personen deportiert und 1256 erschossen. Das Vorgehen stand im Zusammenhang mit einem Führer-Befehl, den Himmler am 10.7.1943 versandte, nach dem »die bandenverseuchten Gebiete der Nordukraine und von Russland-Mitte von jeder Bevölkerung zu räumen« seien. Am Rande der »toten Zonen« sollten alle elternlosen Kinder mit einem Teil der weiblichen Bevölkerung angesiedelt und für landwirtschaftliche Arbeiten, insbesondere den »Kok-Sagy-Anbau« herangezogen werden. Der Anbau war für die Rüstungsindustrie bedeutsam, weil sich aus Kok-Sagy Pflanzenkautschuk gewinnen ließ; Joachim Cäsar, der ehemalige Chef des Schulungsamtes, leitete die Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet in der Pflanzenzuchtstation Rajsko bei Auschwitz.201 Die Abt. VI der Division blieb während dieser Zeit nicht untätig. Am 11.6.1943 gab sie Nr. 3 der »Besonderen Anweisungen« heraus, mit einem Entwurf zur Feier der Sommersonnwende, Nr. 4 vom 9.7. erläuterte den »Reichsführerbefehl zur Durchführung der weltanschaulichen Schulung«. Unmittelbar nach Abschluss des »Unternehmens Seydlitz« versandte sie etwas umfangreichere Anweisungen mit Stoffunterlagen für drei Themen, die in der Folgezeit zu behandeln waren: »Der angloamerikanische Imperialismus«, »SS-Mann und Frau aus fremdem Volkstum« und »Heiligkeit des Eigentums«. Laut Tätigkeitsbericht vom September 1943 über die Zeit von Mitte März bis Mitte August wurden außerdem 5000 Exemplare von Reden von Goebbels und Speer beschafft und an die Einheiten verteilt. An Stoffsammlungen des Schulungsam-

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tes wurden unter anderem »Rassenpolitik, Sicherung Europas, Sowjetunion Raum und Völker, SS-Mann und Blutsfrage« angeschafft, ebenso Ecksteins »Rassenleib und Rassenseele«, die Hefte des Politischen Informationsdienstes, man bezog die Zeitschrift »Kunst im Deutschen Reich«, die Leithefte, das Schwarze Korps und diverse Zeitungen und Illustrierte. Während des Berichtszeitraums fanden insgesamt 124 Filmvorführungen statt – 48 Hauptfilme, 15 Beifilme und 9 Ausgaben der Wochenschau wurden gezeigt. Für rund 300 »russische Hilfswillige«, die der Division inzwischen angehörten, wurde alle 14 Tage eine zweistündige Sonderschulung in Gruppen von 20 bis 40 Mann organisiert; Hauptthemen waren: »1. Unser Gegner ist der Bolschewismus, 2. Der Bolschewismus kämpft für den Kapitalismus, 3. Wie lebt der deutsche Arbeiter, 4. Abwehrerfolge an der Ostfront.«202 Vom Dezember 1943 – die Division war inzwischen wieder der Armee zugeordnet – sind Dienstpläne einer Schwadron erhalten, die nach wie vor auf eine intensive weltanschaulich-politische Schulung schließen lassen: 11.12., 11-12.00 Politische Tagesfragen 12.12., 9.45-10.30 Blut und Volk. »Mein Kampf« 15.12., 11.15-12.00 Offiziersunterricht: Das geographische Bild dieses Kriegs 16.12., 19-20.00 Arbeitsstunde der Unterführer in Arbeitsgemeinschaften 18.12., 15.30-16.30 Schwadrons-Belehrung und Politische Tagesfragen 19.12., 9.15-10.15 Die Geschichte der Schutzstaffel 26.12., 9.15-10.15 Die Entstehung des Deutschen Reichs bis Heinrich I.203

Dazu kam regelmäßiger Deutschunterricht für die volksdeutschen Rekruten. Den weltanschaulichen Unterricht erteilte hauptsächlich Baldur Berg, im Zivilleben Betriebsführer eines Holz- und Sägebetriebs, seit 1942 als Untersturmführer bei der Kavallerie; Berg hatte Wirtschaftswissenschaften studiert und war Ortsgruppenpropagandaleiter der NSDAP in Mährisch-Trübau. Leiter der Abt. VI der Division war während des ganzen Jahres 1943 Karl Wimmer, sein Stellvertreter war der Jurist Willi Schorn, 2. Abteilungsleiter der Volksschullehrer Karl Frese.204 Während des Jahres 1944 wurde die Abt. VI der Division von Wilhelm Koch geleitet. Koch, 1902 in Chemnitz geboren, war Gewerbelehrer und Direktor der Städtischen Gewerbeschule in Meerane in Sachsen. Er gehörte seit 1931 der NSDAP an, war Ratsherr, Propaganda- und Ausbildungsleiter im Kreis Glauchen. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Er leistete einen Führerlehrgang in Tölz ab und kam, nachdem er schon bei anderen »Abteilungen VI« eingesetzt war, im Januar 1944 von der SSKraftfahrer-Ausbildungs- und Ersatzabteilung in Buchenwald zur Kavalleriedivision. Zur Abt. VI der Division stieß 1944 noch mit Dr. Fritz Roth ein prominentes Mitglied der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, vielleicht wegen des hohen Anteils Volksdeutscher aus Rumänien und Ungarn in der Division.205 Roth wurde 1916 als Sohn eines Diplomingenieurs in Apatova in Ungarn geboren; er besuchte die deutsche Volks- und Mittelschule in Kronstadt, machte 1935 das Abitur, studierte anschließend in Tübingen und Berlin und promovierte 1940 mit einer Arbeit zur deutsch-rumänischen Geschichte. Er gehörte bereits 1932 der NSDAP der deutschen Volksgruppe in Rumänien an und war Bannführer, Studentenschaftsführer und Landesredner der NSDAP. Nach einem ersten Einsatz bei der Waffen-SS wurde er 1940 in die Führung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien berufen und übte für 2 Jahre das Amt eines Hauptabteilungsleiters für Kunst und Wissenschaft in Kronstadt aus; 1942 wurde er

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zum Abteilungsleiter für Vorgeschichte beim damals im Aufbau befindlichen Deutschen Forschungsinstitut in Herrmannstadt ernannt. Auch er kam nach verschiedenen Stationen bei der Waffen-SS im Oktober 1944 von der SS-Kraftfahrer-AusbildungsAbteilung, deren Abt. VI er leitete, 1944 zur Kavallerie-Division. Die Ersatzabteilung der Kavallerie-Division war im August 1944 an der Niederschlagung des Warschauer Aufstands beteiligt. Auch jetzt bestand noch eine Abteilung für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung; sie wurde im Oktober 1944 von dem Untersturmführer Hans Major geleitet. 206 Im Februar 1945 wurde die Kavalleriedivision bei den Kämpfen mit der Roten Armee um Budapest aufgerieben. Das Ausbildungsund Ersatzregiment der Division war indes zum Truppenübungsplatz bei Beneschau verlegt worden und betrieb dort noch im März 1945 weltanschauliche Schulung zur Vorbereitung auf einen längst imaginär gewordenen Einsatz. Die Abt. VI gab regelmäßig Mitteilungsblätter (»Führerhinweise«) und »Hinweise zur weltanschaulichen Erziehungsarbeit« für die Einheitsführer heraus, die auch Anregungen zur Unterrichtsmethode enthielten (»Faustregeln für Vortrag und Rede«). Für Januar 1945 ordnete die Abt. VI »wie bisher« 4 Wochenstunden weltanschaulichen Unterricht an. Grundthema sollte das »Leben des Führers« sein, mit Bezugnahme auf entsprechende Stellen aus »Mein Kampf« und dazu passenden, ergänzenden Themen von allgemeinerer Bedeutung:207 1. Das Elternhaus des Führers; Ergänzungsthema »Gleiches Blut, gemeinsames Recht« 2. Der kleine Rädelsführer; Ergänzungsthema Die HJ 3. Adolf Hitler, der Künstler; Ergänzungsthema Der Führer als Schöpfer und Förderer der Kunst 4. Adolf Hitler als Bauarbeiter; Ergänzungsthema Zusammentreffen mit der Sozialdemokratie (Mein Kampf S. 41-47), 2. Vgl. mit den Arbeiterschicksalen in den Demokratien 5. Der Kriegsfreiwillige Adolf Hitler.

Da aus Berlin inzwischen offenbar keine Anweisungen mehr kamen, stellte der Leiter der Abt. VI Moritz Arnhardt für die letzten Wochen des Krieges im Februar 1945 noch einen eigenen Lehrplan auf, der 8 Unterrichtsstunden in der Woche vorsah, davon 3 Stunden weltanschauliche Erziehung; als Materialgrundlage dienten inzwischen vor allem die Handblätter des SS-Hauptamtes:208 1. Wo. Die SS, Geschichte und Grundsätze 1. Std. Geschichte der SS (s. Lehrplan S. 5 bis 8 und Thema 22 der Handblätter) 2. Std. Die Ordenstugenden des SS-Mannes (s. Lehrplan S. 9 bis 13 und das Ehrengesetz von der Heiligkeit des Eigentums) 3. Std. Die SS-Kavallerie (Darstellung über Entstehung und ihre Kämpfe im Rahmen der Waffen-SS) (Thema 23 der Hbl.) 2. Wo. Der Führer, sein Leben und seine Bedeutung für Europa 1. Std. Das ist unser Führer (Thema 6 der Hbl.) 2. Std. Adolf Hitler kämpft um Deutschland (Thema 7 der Hbl.) 3. Std. Der Neubau des Reichs (s. Lehrplan dort 9. und 10 Std. gekürzt, S. 65-70) 3. Woche Europas Todfeinde 1. Std. Die Juden im gegenwärtigen Kriege (Thema 18 + 19 der Hbl.) 2. Std. Ursachen des jetzigen Krieges (Thema 15 + 16 der Hbl.) 3. Std. Der Bolschewismus (Thema 12, 13 und 14 Hbl.) 4. Woche: Unsere Gegner im Kampf gegen das Reich als europäische Ordnungsmacht 1. Std. England stört den Frieden Europas (Thema 15) 2. Std. Amerika, Handlanger der jüdischen Weltmacht (Thema 17) 3. Std. Europa in Gefahr (Thema 11)

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5. Wo. Der Nationalsozialismus rettet die germanische Substanz Europas 1. Std. Kriegsziele unserer Gegner (Jalta) (Thema 15 + 18) 2. Std. Wofür kämpfen wir (Thema 3, 7 u. 10) 3. Std. Nur ein starkes Reich rettet Europa (Thema 9)

Anhang: Lehrplan für 12-wöchige Schulung, Hg. SS-Hauptamt, ca. 1942, 84 S. I. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (10 Std.) II. Der Kampf um das Reich (12 Stunden): I. Germanien 1. Std. Ausdehnung und Kultur der Urgermanen – Abrechnung mit einer Geschichtsfälschung: »Aus dem Osten kommt das Licht« 2. Std. Die Bedeutung des Nordens – Beweise für die hohe Kultur des Nordens: Pflug, Waffen, Pferdezucht 3. Std.: Totenehrung – Sippe und Gefolgschaft 4. Std.: Ehre und Treue – Germanische Weltanschauung II. Das Kaiserreich des Mittelalters 5. Std.: Armin, Theoderich, das Frankenreich; Das Reich der Deutschen, Aufbau und Größe 6. Std.: Die Feinde des Reiches: Papsttum und Partikularismus 7. Std.: Die Reichsohnmacht – Die Sehnsucht nach dem Reich III. Der Aufstieg Preußens. 8. Std.: Frankreichs Hegemoniestreben – England und Europa 9. Std. Der deutsche Lebenswille überwindet die Not – Habsburg und Preußen 10. Std.: Die Gründe für den Aufstieg Preußens – Das deutsche Volk im Schatten des Zweikampfes Habsburg-Preußen – Großdeutschland als Erfüllung der deutschen Geschichte IV. Das Reich Bismarcks 11. Std.: Die neue europäische Lage – Die innenpolitische Gefahrenlage – Versuche der Abwehr V. Zusammenbruch und Neubau 12. Std.: Versailles – Die Wende – Der geschichtliche Auftrag des deutschen Volkes III. Die lebensgesetzlichen Grundlagen des Nationalsozialismus (6 Std.) 1. Std.: Was ist ein Volk? – Die Verantwortung der lebenden Generation gegenüber den kommenden Geschlechtern – Die rassische Zusammensetzung als Grundlage völkischer Eigenart – Was ist eine Rasse? – Rasse und Erbgut – Artfremde und artverwandte Rassen 2. Std.: Die Bedeutung der nordischen Rasse für die Menschheit – Das deutsche Volk und die nordische Rasse – Deutschlands europäischer Führungsanspruch 3. Std.: Lebensgesetz – Vererbung – Was heißt Vererbung? – Woher stammt dein Erbgut? –Zeugung und Erbgut – Bedeutung der Gattenwahl – Erscheinungsbild und Erbbild – Umwelt und Erbanlagen 4. Std.: Die Bedeutung der Lebensgesetze für ein Volk – Das Gesetz der Fruchtbarkeit – Das Gesetz des Kampfes und der Auslese – Gegenauslese und Entartung, Krieg und Gegenauslese – Gefahren der Vermischung – Die Judenfrage 5. Std.: Die bevölkerungspolitische Entwicklung des deutschen Volkes und seiner Nachbarn – Rassenpflege und Bevölkerungspolitik des nationalsozialistischen Staates 6. Std.: Rassenbewusstsein und Rassenstolz des SS-Mannes – Besondere Pflichten bei der Gattenwahl – Der Heiratsbefehl – Die Schutzstaffel im Kampf für die Zukunft des nordisch-germanischen Menschen

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS IV. Die SS, ihre Geschichte und Grundsätze 1. Std.: Du und die SS – Die Stabswache und der Stoßtrupp Hitler – Die ersten Acht – Der Auslesegrundsatz – Die Zehnerstaffel – Die Gründung der FM.-Gruppen – Die Blutfahne – Reichsführer-SS Heinrich Himmler – Die vier Haupttugenden des SS-Mannes: Rasse und Sippe, Freiheitswille und Kampfgeist, Treue und Ehre, Gehorsam. – Der SS-Mann im Einsatz der Kampfzeit 2. Std.: Der Weg des SS-Mannes – Das Ehrengesetz – Die deutsche Polizei – Die Umsiedlung – Die Waffen-SS.

II.3 TOTENKOPFVERBÄNDE UND KONZENTRATIONSLAGER-SS In den für die Bewachung der Konzentrationslager aufgestellten Totenkopfverbänden setzte eine reguläre weltanschauliche Schulung nach den Richtlinien des Schulungsamtes wie sie in der Allgemeinen SS seit 1934 aufgebaut wurde erst mit Verzögerung ein. Nachdem das Schulungsamt im November 1935 einen zweitägigen Lehrgang in der RuS-Schule Grunwald durchgeführt hatte, an dem auch die Lagerkommandanten teilnahmen,209 errichtete Theodor Eicke 1936 eine »Schulungshauptabteilung«, der die Schulungsabteilungen in den Totenkopf-Sturmbannen unterstanden. Diese »Hauptabteilung« scheint danach noch ein gewisses Eigenleben geführt zu haben, denn das Unterstellungsverhältnis zum Schulungsamt war nur vage definiert. So war lediglich eine Unterstützung durch die jeweils zuständigen RuS-Führer und die Zusendung wichtiger Verfügungen des RuSHA vereinbart. Das RuSHA behielt sich die Bestätigung und Ernennung der Schulungsleiter vor, die aber vom »Rassereferenten« Fuhrländer, den Eicke zum 1.4.1936 mit der Leitung der Hauptabteilung beauftragte, ausgewählt wurden.210 Wilhelm Fuhrländer war promovierter Diplomvolkswirt und hatte zunächst bei der Stadtverwaltung Darmstadt, dann in der Verwaltung des Universitätsklinikums Gießen gearbeitet, 1933 wurde er Bürgermeister von Osthofen. Er war zuerst 1930, dann erneut 1932 der NSDAP beigetreten, seit 1935 war er beim RuSHA tätig. Mit Beginn des Krieges wurde er zum Leiter der weltanschaulichen Schulung der Totenkopf-Division ernannt.211 Ihm stand ab Oktober 1937 Walter Hohmüller als Schulungsreferent zur Seite, der später die Abteilung »Nachwuchs und Einsatz« im Amt C I des SS-Hauptamtes leitete. Die Totenkopfverbände waren 1935 in die 5 Sturmbanne »Oberbayern«, »Elbe«, »Sachsen«, »Ostfriesland« und »Brandenburg« mit zusammen 25 Hundertschaften gegliedert. Sie waren bei den frühen Konzentrationslagern Dachau, Esterwegen, Lichtenburg, Sachsenburg und Columbia-Haus stationiert und stellten dort das Wachpersonal. Mit der Expansion der Verbände wurden die Sturmbanne im Verlauf des Jahres 1937 zu den drei Standarten »Oberbayern«, »Brandenburg« und »Thüringen« zusammengefasst, die bei den Konzentrationslagern Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald stationiert waren; 1938 kam die Standarte »Ostmark« bei Mauthausen hinzu. Bereits Anfang 1937 war jeder Hundertschaft der Totenkopfverbände jeweils ein Schulungsleiter – bei den Totenkopfverbänden wurde stets von »Schulungsführern« gesprochen – zugeteilt worden. Damit waren insgesamt 25 Schulungsleiter im Dienst; dazu kamen die Sturmbannschulungsführer, die ihre Arbeit anleiten sollten.212 Bei der Auswahl fällt

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auf, dass Fuhrländer vor allem auf erfahrene SS-Männer und »alte Kämpfer« setzte, die die von Eicke an erster Stelle genannten Kriterien erfüllten: sie sollten Vorkämpfer der nationalsozialistischen Weltanschauung sein und zugleich über soldatische Fähigkeiten – insbesondere Erfahrungen als Gruppen- oder Zugführer – verfügen.213 Die meisten hatten sich schon vor 1933 der nationalsozialistischen Bewegung angeschlossen, keiner war nach 1933 dazu gestoßen. Alle waren zwischen 1933 und 1935 der SS beigetreten und hatten sich bereits vor ihrer Ernennung als Schulungsführer zum hauptamtlichen Dienst bei den Verfügungstruppen bzw. den Totenkopfverbänden verpflichtet. Altersmäßig waren sie mit durchschnittlich 26 Jahren etwa 3 Jahre älter als der Durchschnitt der TV-Männer, die meisten waren wenige Jahre vor Beginn des 1. Weltkrieges geboren worden. Von 20 Schulungsführern des Jahres 1937, die sich identifizieren ließen, hatten lediglich drei studiert, einer hatte ein Studium abgebrochen, alle anderen waren in handwerklichen, kaufmännischen oder landwirtschaftlichen Berufen tätig. Bemerkenswert erscheint, dass etwa ein Drittel stellungslos waren oder die Schule bzw. das Studium abgebrochen hatten, bevor sie sich zum Dienst bei der SS verpflichteten – allerdings nannten sie vielfach Gründe, die außerhalb ihrer Verantwortung lagen wie finanzielle Probleme der Eltern aufgrund der Arbeitslosigkeit oder des Todes des Vaters. Es wäre daher voreilig, von »gescheiterten Existenzen« zu sprechen. Für einige bot die SS eine neue Karrierechance, andere suchten nach einer »aktivistischen« Alternative zu einem »bürgerlichen« Leben – wie Hohmüller oder Heinz Brinkmann, einer der Akademiker unter den Schulungsführern. Brinkmann, 1914 als Sohn eines Lehrers geboren, hatte erst Theologie und Philosophie in Halle studiert und war unter dem Eindruck der »Bewegung« zum Studium der Rassenkunde an die Universität Berlin gewechselt, brach das Studium dann aber ab, um eine hauptberufliche Laufbahn bei der SS anzusteuern. 1934 trat er den Dienst bei den Verfügungstruppen an. Während des Krieges war er Inspektionschef und Taktik-Lehrer an der Junkerschule Tölz, 1943 wurde er zum Sturmbannführer der Waffen-SS befördert. Die Aufgaben der Schulungsführer hatte Eicke im »Befehlsblatt der SS-TV« im Januar 1937 so umschrieben: »Die Aufgabe des Schulungsführers ist in erster Linie die Durchdringung der Truppe mit dem nationalsozialistischen Gedankengut und die Klarlegung aller sich aus dieser Weltanschauung ergebenden an die Führer und Männer herantretenden Fragen. Sie haben Männern und Führern unsere Weltanschauung vorzuleben, d.h. sie haben dienstlich wie außerdienstlich Vorkämpfer dieser Weltanschauung und Soldat zu sein.« Die Schulungsführer sollten daher auch »auf soldatischem Gebiet« Kenntnisse und Erfahrungen haben. Ihre Aufgaben erstreckten sich über die weltanschauliche Schulung hinaus auch auf die »geistige Fortbildung der Männer auf allgemeinem Gebiet« – Eicke führte deshalb eine »Elementarschulung« in den Totenkopfverbänden ein, die der allgemeinen Erziehung der zumeist noch sehr jungen Wachmänner diente.214 Für die Monate März und April 1937 ordnete er eine kurzfristige Grundschulung über die Geschichte der NSDAP und der SS an, im Mai folgte ein etwas detaillierterer Plan für eine 6monatige Grundausbildung der TV-Rekruten: »1. Die Geschichte der NSDAP einschl. Parteiprogramm. a) Die Entwicklung als Parteiorganisation, b) Die Bewegung im Kampf um die Macht im Staat, c) Die Einwirkung der NSDAP auf Volk und Staat und die sich hieraus ergebende geistige Umformung des gesamten Volkes.

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d) Einheit Nationalsozialistische Bewegung und Staat. Die Geschichte der Schutzstaffel. a) Die Entwicklung der SS und ihr Aufbau, unter besonderer Berücksichtigung der SS-TV, b) Die SS als Schutzwall des Nationalsozialismus (SS-TV, SS-VT, SD-Hauptamt), c) Die SS als Stoßtrupp des Nationalsozialismus (Vorkämpfer um die Wiedererneuerung des deutschen Volkes: Auslese, Verlobungsbefehl), d) Der Blutsgedanke in der SS (Verbindung Blut und Boden, Vererbung, hiermit in Verbindung die einschlägigen Gesetze, RuS-Hauptamt), Die Feinde des Nationalsozialismus. a) Judentum, b) Freimaurerei, c) Bolschewismus, d) Politische Kirche, e) Reaktion, Marxismus usw.«

Außerdem sollte während dieser Zeit Hitlers »Mein Kampf« gelesen und durchgearbeitet werden.215 Eicke vertrat das Erziehungskonzept der SS, das die Weltanschauung an die erste Stelle setzte und sich dadurch deutlich von der Tradition einer rein militärischen Ausbildung abgrenzte. Sein Leitbild war der »politische Soldat«; den, so Eicke, könne man aber nicht durch militärischen Drill heranbilden, sondern nur durch weltanschauliche Erziehungsarbeit. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang seine Ausführungen vom April 1936: »Unsere Kraft holen wir uns nicht aus dem Exerzierreglement, vom Exerzierplatz, oder in den Kasinos bei Bier und Wein, sondern einzig und allein aus unserer Weltanschauung.« Treue und Disziplin, so Eicke, würden vorgelebt, dann gelehrt und eingeübt, aber nicht eingedrillt. Militärische Fähigkeiten sind nur Mittel im Dienste der Weltanschauung: »Das militärische Können lernen wir, um uns für den Geist unserer Weltanschauung schlagen zu können, wenn es befohlen wird. Wir tragen keine Waffen, um dem Heere ähnlich zu sein, sondern um sie zu gebrauchen, wenn Führer und Bewegung in Gefahr sind. Da wir stets eine Minderheit bleiben und niemals Masse werden, kann nur unsere Weltanschauung unseren Schlägen die erforderliche Wucht verleihen. Darüber hinaus muß uns diese Weltanschauung die Kraft geben, für den Führer und seine Idee, falls es nötig ist, verbissen zu sterben. Wir setzen uns daher nicht aus Disziplin bis zum Letzten ein, sondern aus Fanatismus für unsere Weltanschauung. Das ist das Wesen der Schutzstaffel. Daher ist der Schulung der Truppe breitester Raum zu geben. … Wer seine Einheit geschlossen nachexerzieren lässt, oder in den Ruhestunden immerfort Bekleidungs-Appelle anhält, fördert damit nicht den Korpsgeist, sondern zerstört ihn.«216

Am Beispiel der TV-Standarte Oberbayern am Standort Dachau lässt sich die Schulungsorganisation in den Totenkopfverbänden beschreiben. Spätestens seit 1936 waren hier Schulungsführer eingesetzt. Zu ihnen gehörte der Österreicher Fritz Richter. Er besaß das Abitur und hatte ein Philologie-Studium in Innsbruck begonnen, brach es aber vorzeitig ab, schlug sich vorübergehend als Hauslehrer durch und trat 1933 in die Dienste der SS ein. Wie viele SS-Führer war Richter ein passionierter Sportler, er gehörte der Tiroler Fußball-Ländermannschaft an und war Universitätssieger im Brustschwimmen. 1933 floh er nach Deutschland und wurde zunächst im SS-Hilfswerklager Lechfeld, dann Dachau untergebracht, kam von dort zu den Verfügungstruppen und gehörte seit Anfang 1936 dem Totenkopfverband Dachau an, der ihn als »weltan-

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schaulichen Schulungsführer und Rassereferent« einsetzte. 1938 wurde er zum Totenkopfverband Brandenburg versetzt, um dort die Leitung des Schulungswesens zu übernehmen, kehrte aber nach dem »Anschluss« Österreichs nach Innsbruck zurück, um dort sein Studium fortzusetzen. Richter stieg dort zum Gauhauptstellenleiter und Adjudanten des Gauleiters von Tirol-Vorarlberg auf.217 Anfang 1937 wurden die Hundertschaften des Totenkopfverbandes Dachau mit acht Schulungsleitern neu besetzt, überwiegend Handwerker und kaufmännische Angestellte, die 1933/34 in die SS eintraten, um dort beruflich zu reüssieren. Standarten-Schulungsleiter war Hauptsturmführer Alfred Franke-Gricksch, später »Feindnachrichtenoffizier«, der ebenso wie Fuhrländer mit Kriegsbeginn Theodor Eicke in die SS-Totenkopfdivision zum Feldeinsatz begleitete. Ihm standen 1938 drei Sturmbannschulungsleiter zur Seite: die Obersturmführer Koppenwallner und Stadlbauer sowie der Untersturmführer Helmut Grieser.218 Ihre Biographien fügen sich in das oben skizzierte Bild ein. FrankeGricksch, geboren 1906 in Berlin, hatte vier Semester Deutsch und Geschichte studiert und danach als Schriftleiter gearbeitet. Er trat 1934 in den Dienst der Waffen-SS. Nach einem Dissenz mit Eicke verließ er 1941 die Totenkopf-Division und wechselte zum SD; später bekleidete er ein Führungsamt im SS-Personal-Hauptamt.219 Koppenwallner gehörte zum Kreis der »alten Kämpfer« der österreichischen SS. Er war von Beruf Goldschmied-Graveur und arbeitete in der Goldschmiedewerkstatt seines Vaters, nachdem er die Oberrealschule wegen fehlender finanzieller Mittel der Eltern vorzeitig hatte verlassen müssen. Zu Beginn des Krieges wechselte Koppenwallner vorübergehend ins Schulungsamt und übernahm dort anstelle des einberufenen Kleffel die Schriftleitung der »Leithefte«. Stadlbauer und Grieser hingegen besaßen zwar das Abitur, hatten aber keine befriedigende Berufsperspektive aufbauen können. Stadlbauer arbeitete als Hotelsekretär, Grieser war zeitweise arbeitslos, dann als Hilfsarbeiter und schließlich als Supernumerar bei der Stadtverwaltung tätig. Beide traten früh der SS bei. Stadlbauer gehörte schon seit 1921 dem Freikorps »Bayerische Wehrkraft« an und war seit 1931 NSDAP-Mitglied.220 Im Oktober 1937 kamen Richtlinien für die Ausbildung der Totenkopf-Standarte im Winterhalbjahr 1937/38 heraus. Sie sahen 2 Wochenstunden weltanschauliche Erziehung durch den Schulungsführer vor, an denen sämtliche »Führer, Unterführer und Männer« teilzunehmen hatten. Daneben waren besondere Sturmbann-Abende geplant, in denen der Standartenschulungsleiter selbst über die politische Lage sprechen sollte. Die weltanschauliche Erziehung sollte in die »wachfreie« Zeit fallen: In der Regel wurden die Verbände eine Woche im Monat zur Bewachung der Konzentrationslager eingesetzt, während sie die übrige Zeit mit militärischer Ausbildung beschäftigt waren. Den Hundertschaftsführern wurde aufgetragen, »im Sinne dieses weltanschaulichen Unterrichts weiterzuarbeiten und allen anderen Dienst mit unseren Grundsätzen als SS-Männer in Einklang zu bringen.«221 Anfang 1939 folgten Ausbildungsrichtlinien, die vor allem die Erziehungsaufgaben der Einheitsführer betonten: Ihre Rolle sollte sich nicht aufs Militärische beschränken, sie dürften deshalb die weltanschauliche Erziehungsarbeit nicht den Schulungsführern allein überlassen. Sie sollten ihre Männer nicht nur als Soldaten, sondern auch als Nationalsozialisten führen und müssten daher auch zu weltanschaulicher Erziehungsarbeit befähigt sein. Führer und Unterführer hätten die Pflicht, an den Unterrichtsstunden der Schulungsleiter teilzunehmen; jeder Führer müsse über alle politischen Vorgänge so weit unterrichtet

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sein, dass er entsprechende Fragen seiner Untergebenen auch beantworten könne. Außerdem müssten die Männer »richtig schreiben, lesen und sprechen lernen«. Um das kulturelle Niveau der Führer zu heben, wurde ihnen aufgetragen, sich kulturell weiterzubilden, damit sie eine Vorbildfunktion für ihre Männer erfüllen können – das Führerkorps der Sturmbanne sollte deswegen einmal im Monat »Theater und dgl.« besuchen. Für jeden Freitag wurden von 20 bis 22 Uhr Vorträge der Schulungsleiter angesetzt, an die sich Kameradschaftsabende anschlossen, die aber, so die ausdrückliche Mahnung, »nicht in Saufmorgen enden« durften.222 1938 wurden die Aufgaben der militärischen Ausbildung ausgeweitet, als Hitler die Verstärkung der SS-Totenkopfverbände (»Polizeiverstärkung«) anordnete; danach sollten Angehörige der Allgemeinen SS zu dreimonatigen Lehrgängen bei den Totenkopfverbänden einberufen werden, um sie für den Kriegseinsatz vorzubereiten. Die Ausbildung umfasste in Dachau neben den rein militärischen Anteilen auch weltanschauliche Erziehung, eine Reitausbildung und sportliche Übungen. Gleichzeitig entstanden in Dachau weitere Schulungseinrichtungen wie die Standortschule des »Stuba N« oder die Führerschule des WuVHA; seit 1935 fanden hier bereits Zugführerlehrgänge statt.223 Dachau war wie Buchenwald und Sachsenhausen nicht nur ein Konzentrationslager, sondern auch eine Ausbildungsstätte der SS – die Nähe zum Konzentrationslager war sicher als »erzieherischer Effekt« eingeplant, konnte man hier doch die Feinde im Innern studieren, die man bald auch draußen bekämpfen würde. Im Frühjahr 1939 war Georg Bochmann, Kompanieführer der Dachauer TotenkopfStandarte, für die weltanschauliche Erziehung und die »allgemeine Bildung« in der Unterführerausbildung zuständig. Ein halbes Jahr später führte er als Kompaniechef das 1. Totenkopf-Infanterie-Regiment ins besetzte Polen. 1944 setzte man ihn als Leiter der inzwischen von Dachau nach Arolsen verlegten Führerschule des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes der SS ein. Die Ausbildung der Totenkopfverbände wurde mehrfach durch Sondereinsätze unterbrochen – so nahmen Truppenteile der in Dachau stationierten Verbände an der Besetzung des Sudetenlandes und Böhmen und Mährens teil; das Ausbildungsziel der Totenkopfstandarte konnte deshalb, konstatierte ein Bericht vom April 1939, nicht in der vorgesehenen Zeit erreicht werden.224 Solche Sondereinsätze bereiteten auf den Kriegseinsatz vor. Mit Beginn des Krieges wurden aus den Totenkopfstandarten Regimenter gebildet. Aus der Dachauer Totenkopf-Standarte wurde im Oktober 1939 ein militärischer Verband, das 1. TotenkopfInfanterie-Regiment gebildet und wenig später der von Eicke geführten TotenkopfDivision unterstellt. Die Division war unmittelbar nach dem Polenfeldzug aufgestellt worden; sie nahm im Mai 1940 am Frankreich-Feldzug teil und blieb anschließend ein Jahr lang in Südwestfrankreich stationiert. Im Winterhalbjahr 1940/41 fand man Zeit, sich wieder verstärkt der weltanschaulichen Erziehung zu widmen. Fuhrländer, der Ende 1939 zum Führer für die weltanschauliche Erziehung bei der Totenkopf-Division ernannt worden war, ließ jetzt kleine Gruppen für Rundgespräche und Studien bilden, die sich mehrmals in der Woche unter Leitung eines erfahrenen Führers trafen, um ein für jeden Monat angesetztes Thema zu besprechen. Fuhrländer stellte für diese Zwecke ein eigenes Schulungskompendium (»Schwert und Pflug«) zusammen.225 Während die Totenkopfstandarten größtenteils in die Verbände der Waffen-SS eingegliedert und zusammen mit den Verfügungstruppen im Juni 1940 auch formell dem Kommandoamt der Waffen-SS unterstellt wurden, bildete ein zurückgebliebener Teil

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von etwa 900 Männern den Stamm für die Neuaufstellung von Totenkopf-Sturmbannen als Wachtruppen für die Konzentrationslager. Sie wurden durch etwa 3000 ältere Angehörige der Allgemeinen SS ergänzt, die als Polizeiverstärkung einberufen worden waren und zu Beginn des Krieges als »Konzentrationslager-Verstärkung« in die Wachverbände eingegliedert wurden.226 Unter ihnen befanden sich auch eine Reihe von Lehrern, die in den folgenden Jahren die Funktion von Schulungsleitern übernahmen. Über die nächste Entwicklung des Schulungswesens in der Konzentrationslager-SS sind kaum Dokumente erhalten. Trotzdem gibt es in den personenbezogenen Akten späterer Schulungsleiter Hinweise darauf, dass die Schulungsarbeit zu Beginn des Krieges allenfalls kurzfristig unterbrochen war. So wurde beispielsweise der 1895 geborene Lehrer Hermann Schröder zum 31.8.1939 zur Konzentrationslager-Verstärkung nach Buchenwald einberufen, nachdem er sich freiwillig zum Dienst bei den Totenkopfverbänden gemeldet hatte. Im Januar 1940 wird er als Untersturmführer und Schulungsleiter bei den Männern der KL-Verstärkung geführt, danach war er bis 1941 als Referent für Weltanschauliche Erziehung bzw. Schulungsleiter im KZ Buchenwald tätig. Auch der Lehrer Artur Rieth, der spätere Leiter der Abt. VI im KZ Dachau, gehörte zu den älteren SS-Angehörigen, die 1939 zur KL-Verstärkung einberufen wurden; er kam zunächst nach Flossenbürg, im Frühjahr 1940 dann nach Dachau. Wann genau er die Schulungsabteilung übernahm ist nicht bekannt, der erste Hinweis stammt vom Dezember 1941.227 Der Lehrer Josef Mayerhofer wurde im November 1939 zur KL-Verstärkung Mauthausen eingezogen, er kam im März 1941 zur Abt. VI beim Stab der IKL in Oranienburg und wurde im Oktober 1941 von dort als Leiter der Abt. VI in Sachsenhausen eingesetzt. Auch der Lehrer Alois Panhans, der später die Abteilung VI im KZ Stutthof leitete, war im November 1939 zur KLVerstärkung Mauthausen eingezogen worden.228 In der zentralen Schulungsleitung der IKL (Inspektion der Konzentrationslager) scheint mit der Berufung Fuhrländers zum »WE-Führer« der Totenkopfdivision zunächst ein Vakuum entstanden zu sein. Vermutlich entstand erst nach der Errichtung der Abteilung WE bzw. »VI« im August 1940 im Kommandoamt der Waffen-SS auch bei der IKL eine eigene Schulungsabteilung. Aus der Zeit des Kriegsbeginns und der Reorganisation von Herbst 1939 bis Herbst 1940 sind kaum Dokumente erhalten, die auf einen wie auch immer gearteten Schulungsbetrieb schließen lassen. Von November 1939 bis Januar 1940 bereiste der NSLB-»Reichssachbearbeiter für Geschichte« Moritz Edelmann die Konzentrationslager Buchenwald, Flossenbürg und Mauthausen mit Vorträgen vor den Führern und Wachmannschaften, die offenbar gut ankamen, da er um weitere Vorträge gebeten wurde.229 In seinen Berichten an Cäsar beklagte er »schwierige Verhältnisse«, insbesondere den völligen Mangel an »geistiger Nahrung« für die SS-Männer, es gebe kaum Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften. Zumindestens für Buchenwald kann dies nicht gegolten haben, denn hier gab es zu diesem Zeitpunkt bereits neben einer außerordentlich umfangreichen Häftlingsbücherei auch eine »Lehrmittel-Abteilung«, in der Zeitschriften wie die »Nationalsozialistischen Monatshefte« oder »Germanien« und die grundlegenden Lichtbildervorträge des Schulungsamtes standen. Auch das »Schwarze Korps« war in Buchenwald präsent.230 Im Januar 1940 erließ die Generalinspektion der verstärkten Totenkopf-Standarten Richtlinien zum Verhalten gegenüber Häftlingen – »aus dem Volkskörper ausgeschiedene Staatsfeinde schlimmster Art« –, die die Wachverbände betrafen und einen ent-

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sprechenden Unterricht beinhalteten, der alle zwei Wochen zu wiederholen war.231 Ein Rundschreiben der IKL an die Verwaltungsleiter in den Konzentrationslagern vom Juli 1940 schlug die Einführung eines Abendunterrichts für die Verwaltungsangehörigen vor: »Diese Unterrichte können nach Belieben gestaltet werden. Entweder in Form von Vorträgen durch die Sachbearbeiter oder in Frage und Antwortverfahren. Es wäre ratsam, von jedem Teilnehmer im Anschluss einen kurzen Aufsatz einzufordern.«232 Im Oktober 1940 richtete das Schulungsamt die Dienststelle eines »Inspekteurs für die politisch-weltanschauliche Erziehungsarbeit in den Konzentrationslagern« ein, die es mit Adolf Kleffel, einem erfahrenen Organisator des Amtes besetzte. Kleffel leitete im Schulungsamt die Hauptabteilung »Truppenbetreuung«. Cäsar hatte ihn bereits im Juli 1940 für die Organisation des weltanschaulichen Erziehungswesens in den Konzentrationslagern vorgesehen; nachdem er Glücks Einverständnis als Leiter der IKL erreicht und Kleffels Überweisung zur Waffen-SS in die Wege geleitet hatte, kam es im Oktober zu seiner Beauftragung.233 Kleffel übte das Amt des Inspekteurs formell zwei Jahre aus, behielt aber während dieser Zeit seine Stellung als Hauptabteilungsleiter im SS-HA bei. Gleichzeitig entsandte das Schulungsamt seinen langjährigen Mitarbeiter Hermann Dethof als Schulungsleiter zum Stab des IKL. Aus einer Notiz von Glücks geht hervor, dass er Dethof gerne die Durchführung der weltanschaulichen Erziehung in den Wachbataillonen der Konzentrationslager übertragen hätte. Dethof gehörte dem Stab der IKL formell vom 21.10.40 bis zum 1.6.41 an, wurde aber bereits im Dezember 1940 für einige Monate »als Schulungsleiter des Stabes der IKL zum Schulungsamt [zurück-] kommandiert« und dort als Hauptabteilungsleiter verwendet.234 Vermutlich vertrat er während dieser Zeit Adolf Kleffel im Schulungsamt, der im Frühjahr 1941 zusammen mit Sewera auf Inspektionsreisen zu verschiedenen Konzentrationslagern unterwegs war.235 Die gleichzeitige Berufung Kleffels und Dethofs zur IKL legt den Schluß nahe, dass das Schulungamt zu diesem Zeitpunkt die weltanschauliche Schulung der Wachbataillone an sich ziehen wollte. Dethof ging jedoch schon im Juni 1941 als Stabsführer zum Oberabschnitt Weichsel, und Kleffel wird sein Inspektorenamt nur nebenher als eine Art Aufsichtsamt wahrgenommen haben, denn im Schriftverkehr der IKL taucht er nur gelegentlich auf. Nach 2 Jahren wurde er wieder abberufen: Seine Dienststelle werde nicht mehr benötigt, weil ein ständiger, gut eingearbeiteter Führer bei der Inspektion der Konzentrationslager vorhanden sei – gemeint war Joseph Sewera, der dort bereits seit 1940 als Referent für Weltanschauliche Erziehung arbeitete.236 Er leitete die Schulungsabteilung bis zum Sommer 1944 und prägte ihre Arbeit somit maßgeblich. Sewera, 1905 im Böhmerwald geboren, hatte an der Lehrerbildungsanstalt in Budweis studiert und danach als Lehrer gearbeitet; 1938 war er Hauptschulrektor in Wallern im Regierungsbezirk Prachatitz (Böhmerwald). Seine frühe nationalsozialistische Betätigung – er gehörte bereits 1926 der HJ an – brachte ihn mehrmals in Konflikt mit dem tschechischen Staat. 1931 war er in einen Landesverratsprozess verwickelt und danach als Offizier der tschechischen Armee degradiert worden. Nach der Auflösung der NSDAP betätigte er sich von 1934 bis 1938 als »Gaudietwart« im sudetendeutschen Turnerverband. 1938 avancierte er zum Kreishauptstellenleiter der NSDAP, wurde Schulungsleiter im NSLB und trat schließlich im November 1938 auch in die SS ein. Ende 1939 folgte seine Einberufung zur Waffen-SS. Er absolvierte eine Ausbildung an der Führerschule Braunschweig, nahm an einem Lehrgang des Schulungsamtes teil und wurde im Mai 1940 von der 11. Totenkopf-Standarte zur IKL kommandiert. Bis zum

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Juni 1944 leitete er dort die Schulungsabteilung; nebenbei erteilte er auch weltanschaulichen Unterricht an der Sanitätsschule des Wirtschafts- und Verwaltungsamtes.237 Im Juli 1944 wurde er zum Sonderkommando Garlitz versetzt, ein Außenlager von Neuengamme, das beim Amt D I/5 als eigenständiges KL geführt und noch im März 1945 von Sewera geleitet wurde.238 Seweras Nachfolger in der Abt. D I/5, die seit 1942 für die Schulung und Truppenbetreuung zuständig war, war Robert Bergschmidt. Er kam nicht aus dem Schulungswesen, brachte aber als ehemaliger Referent und Regierungsrat im Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda auch Erfahrungen mit, die er in Oranienburg verwerten konnte. Bergschmidt war in Stettin aufgewachsen, hatte dort das Reichsgymnasium besucht und nach der Mittleren Reife eine kaufmännische Lehre gemacht. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er für einige Jahre als Adjudant im Durchgangslager Swinemünde. In den 20er Jahren versuchte er sich als Vertreter und Verkäufer selbständig zu machen, ließ sich aber dann zum kunstgewerblichen Zeichner und Musterstecher umschulen und arbeitete einige Jahre in diesem Metier, gab aber auch diese Tätigkeit wieder auf und arbeitete als Korrespondent bei der AOK, bis er 1935 als persönlicher Referent des stellvertretenden Gauleiters der Berliner NSDAP und 1936 im Propagandaministerium angestellt wurde. Bergschmidt gehörte seit 1930 der NSDAP und seit 1932 auch der SS an; 1941 wird er als Sturmbannführer im SS-HA geführt.239 Seweras und Bergschmidts engster Mitarbeiter war der kaufmännische Angestellte Hermann Kneller, der zusammen mit Sewera im Herbst 1940 zur Abteilung kam und ihr noch Ende 1944 angehörte.240 Als weitere Mitarbeiter lassen sich ab 1942 die Unterscharführer Regh, Sengewald, Bittner, Harbaum, Müller, Ottinger und Zenglein ausmachen. Die Abteilung firmierte zunächst als »Abt. WE beim IKL«, dann, nach der Errichtung der Abteilung VI im Kommandoamt der Waffen-SS als »Abt. VI der IKL« und nach der Unterstellung der IKL unter das WuVHA ab März 1942 als »Abt. D I/5« (Schulung und Truppenbetreuung); die Bezeichnung wurde auch nach der Verlagerung der Schulungsaufgaben vom SS-FHA ins SS-HA beibehalten, im November 1944 aber dann noch einmal in »Abt. VI der Amtsgruppe D I« umgeändert.241 Parallel dazu waren bereits seit 1940/41 »Abteilungen VI« in den größeren Konzentrationslagern entstanden.242 Wie es scheint, nahm die Abt. WE in der IKL spätestens im November 1940, also unmittelbar nach der Errichtung der Dienststelle Kleffels ihre Arbeit auf. Vom 9.11. ist ein Brief an das Lager Wewelsburg erhalten, der den Charakter eines Rundbriefes hat und wahrscheinlich auch an die anderen Lager ging; darin wurde um Informationen gebeten, ob regelmäßig weltanschaulich-politische Vorträge gehalten würden, wenn ja, wie oft und von wem, ob SS-Angehörige vorhanden seien, die diese Aufgabe übernehmen könnten usw.243 Vermutlich wollte Kleffel sich einen ersten Überblick verschaffen. Vier Tage später ging ein Brief von Sewera ans Kommandoamt der Waffen-SS mit der Bitte um finanzielle Mittel, um die Konzentrationslager Groß Rosen und Wewelsburg mit Büchereien auszustatten; in beiden Lagern gab es noch keine ständigen »WE-Sachbearbeiter«: »Schulung kann deshalb nur gelegentlich abgehalten werden.«244 Im November und Dezember gingen von mehreren Konzentrationslagern kurze Berichte über den Stand der Schulung in der Unterführerausbildung ein. In Buchenwald war der Mittwoch Nachmittag für die »Weiterbildung« der Stabsangehörigen vorgesehen – hier wurde allgemeinbildender Unterricht in Deutsch, Rechnen,

Himmlers Lehrer, 9783506766441, 2014

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Erdkunde und Geschichte sowie an 3 Abenden die Woche Unterricht in Stenographie, Englisch und Buchführung durch Lehrer aus den Reihen der SS-Reservisten erteilt. Aus Ravensbrück wurde mitgeteilt, es fänden regelmäßig WE-Vorträge durch den zuständigen Sachbearbeiter statt, aus Neuengamme kam die Auskunft, der weltanschauliche Unterricht würde im Januar beginnen, aus Hinzert hieß es, abends nach 18 Uhr fände ein Unterführer-Unterricht »in Form von Fragestellungen, die sich im Laufe des Tages ergeben hatten« statt.245 Im Frühjahr 1941 unternahm Kleffel mehrere Inspektionsreisen zu den Konzentrationslagern. Nachdem er im März Auschwitz und Buchenwald besucht hatte, reiste er Ende April zusammen mit Sewera nach Hinzert und Wewelsburg. In Hinzert wohnten sie einem Vortrag des Schulungsleiters Gustav Riek vor der Wachkompanie und dem Führerkorps bei, von dem sie sehr angetan waren: Riek, der an der Tübinger Universität Vorgeschichte lehrte, spreche »lebendig und gehaltvoll«, sein Vortrag sei ausgezeichnet, meldete Kleffel an die IKL: »Man merkt bei ihm immer wieder die gute Schule der Allgemeinen SS, die nicht wie bei der Wehrmacht das Verhältnis: Vorgesetzter und Untergebener, sondern: Führer und Gefolgschaft kennt.«246 Die IKL war für die Versorgung der Schulungsabteilungen in den Konzentrationslagern mit Truppenbetreuungsmitteln und den vom SS-HA erstellten Schulungstexten zuständig und nahm vor allem Koordinationsaufgaben wahr. Zum Beispiel wurden von hier aus die Rundreisen von Vortragsrednern oder Unterhaltungsensembles koordiniert, die die für Truppenbetreuung zuständige Abteilung des SS-HA entsandte. Die Amtsgruppe D I/5 organisierte mehrmals Arbeitstreffen mit den Schulungsleitern der Konzentrationslager. Im Oktober 1942 fand unter Leitung Seweras in Berlin eine Arbeitswoche für die Leiter der Abteilungen VI statt: Vorträge von Experten vor allem aus dem Schulungsamt des SS-HA wechselten sich mit Berichten der Schulungsleiter aus den Konzentrationslagern ab. Zwischendurch besuchte man die Ausstellung »Waffen-SS im Kampf« in der Berliner Kunsthalle sowie Film- und Theateraufführungen. Aus dem Schulungsamt referierten Untersturmführer Gaese (»Deutschland und Europa«), die Untersturmführer Balmann und Ruppel von der Abt. Truppenbetreuung (»Freizeitgestaltung – KdF-Einsatz«; »Das Deutsche Volksbildungswerk«), Hauptsturmführer Vogel (»Bauerntum und Ostsiedlung«) und Unterscharführer Mayerhofer (»Feiergestaltung«). Die Abteilungsleiter aus Buchenwald (Lutosch), Sachsenhausen (Gossow), Ravensbrück (Pfab) und Auschwitz (Knittel) berichteten über ihre Arbeit vor Ort. Während der Tagung wurde ein Schulungsfilm vorgeführt. Den Abschluss bildete ein gemeinsamer Besuch des Schiller-Theaters.247 Zu den wichtigsten Aufgaben gehörte die Versendung von Büchern. Die Aufgabe der Schulungsabteilung bei der IKL bestand darin, den Bedarf in den einzelnen Lagern zu ermitteln und entsprechende Bestellungen an das Schulungsamt bzw. die Abt. VI des Kommandoamtes der Waffen-SS weiterzuleiten; von dort gingen dann die Lieferungen an die IKL, die sie anschließend auf die Lager verteilte und an sie versandte. Eine der ersten Maßnahmen unter der Inspektion Kleffels war der Versand des SSKalenders für die Wachmannschaften.248 Dokumente über die regelmäßige Lieferung von Büchern und Schulungsmaterial an die einzelnen Lager finden sich aber erst ab Ende 1941. Im September 1941 waren Richtlinien über die Ausstattung der Lager mit Truppenbetreuungsmitteln erlassen worden. Danach sollte jedes größere Lager mit mehr als 3 Kompanien über eine Bibliothek mit mindestens 150 Büchern und 40 SS-

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Liederheften für die Totenkopf-Sturmbanne verfügen, darüber hinaus sollten der jeweiligen Schulungsabteilung 50 Bücher für eigene Zwecke zur Verfügung stehen. An weiteren Truppenbetreuungsmitteln waren Musikinstrumente, Wandkarten, Rundfunkgeräte, ein Epidiaskop, Schallplattenspieler und Schallplatten, ein Tonfilmgerät u. ä. vorgesehen. Der Abt. VI stand jeweils ein fester »Dispositionsfonds« zur Verfügung, um Eintrittskarten für Besichtigungen oder Theaterbesuche zu kaufen, für Wettbewerbe, den Erwerb von Zeitschriften etc.249 Im Dezember 1941 versandte die IKL SS-Liederbücher und die Schriften »Ewiges Deutschland« und »Dunkelmännerbriefe«.250 Ende Dezember erhielt die IKL eine umfangreiche Lieferung von Schulungsschriften zur Verteilung an die Konzentrationslager vom Kommandoamt der WaffenSS, darunter vor allem Werke aus dem »Propagandaverlag P. Hochmuth« wie »Wahrheiten und Siege der Alliierten«, »Wirtschaftsgeist – Sozialgeist – Wehrgeist«, »Frankreichs Totentanz«, »Über Lügen und Leichen zum Empire« sowie 50 Exemplare der im gleichen Verlag erschienen Folge »Nationalpolitische Aufklärungsschriften«; einige Monate später schickte die Abt. VI des Kommandoamtes noch einmal einen größeren Bestand an Schriften vor allem aus dem Propagandaverlag Hochmuth zu, darunter weitere 150 Exemplare der »Nationalpolitischen Aufklärungsschriften«, noch einmal 300 Exemplare »Wahrheiten und Siege der Alliierten« und 150 Exemplare »Entlarvte Freimaurerei«.251 Im Januar 1942 folgte die Schrift »Worüber berichten wir heute?«, die die IKL in einer Höhe von 1500 Exemplaren zur Verteilung an die Konzentrationslager vom Schulungsamt erhielt; dabei handelte es sich um eine Zusammenstellung von 26 Beiträgen, die Peter Aldag zwischen April und Juli 1941 für die Rubrik »Zeitgeschehen« des Großdeutschen Rundfunks verfasst hatte. Sie kreisten um die »Dreieinigkeit von Plutokratie, Bolschewismus und Judentum« und schienen daher geeignet, »den tieferen Sinn des gegenwärtigen Kampfes sichtbar zu machen.«252 Wenig später sandte das Schulungsamt »Europa und der Osten« zu, ein reich illustriertes Werk von 276 Seiten, das als Begleitband zur Ausstellung »Europas Schicksalskampf im Osten« vom Amt Rosenberg herausgebracht worden war. Mit gleicher Lieferung erhielt die IKL die Zeitschrift »Das Reich« und »100 Broschüren«. All diese Schriften kamen im Laufe des Jahres 1942 zur Verteilung an die Konzentrationslager, hinzu kamen Werke wie »Die Kunst im 3. Reich« und »Zucht und Sitte«. Im November und Dezember 1942 kamen erneut SS-Liederbücher, Handbücher für Singeleiter und Paul Zapps »Deutsche Weihestunden« für die Gestaltung der Julfeiern zum Versand, im Oktober hatte das Schulungsamt bereits Schriften zur Feiergestaltung verschickt.253 Im August 1942 war die Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS in ihren Kompetenzen der weltanschaulichen Erziehung und Truppenbetreuung beschnitten und auf die Aufgaben einer Verbindungsstelle zum Schulungsamt beschränkt worden.254 Dies machte sich in der Auswahl der Schulungsschriften bemerkbar. So gingen etwa im Frühjahr 1943 an alle Konzentrationslager größere Bücherkisten mit Schriften, die das SS-Hauptamt im ersten Halbjahr 1943 für die Monatsschulung in SS und Polizei vorgesehen hatte: »Sicherung Europas«, »Bauerntum« und »Rassenpolitik«, außerdem »Sieg im Osten«, die »Schulungsunterlagen Nr. 12 bis 16« und »Vorschläge zur Abhaltung einer Totenfeier« des SS-Haupamtes. Zu der Sendung gehörte auch Ecksteins »Sprache der menschlichen Leibeserscheinung«255 und Stengel-Rutkowskis »Was ist ein Volk«, die man offenbar für so gewichtig hielt, dass sie auch in den Handbüchereien der Kon-

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zentrationslager präsent sein sollten. Von nun an kamen vor allem Schriften, die im Schulungsamt erstellt wurden, zum Versand, darunter »Böhmen und Mähren gehören zum Reich«, »SS im Kampf« und das »Arbeitsbuch für den Deutschunterricht«. Im Juni/Juli 1944 verschickte man Texte, die wohl vor allem Orientierung im ZweiFrontenkrieg geben sollten: »Schlag nach UdSSR«, dazu russische Wörterbücher, reichlich Landkarten und Seiberts »Amerikanisches Rätsel«, außerdem erhielten die Lager die Schriften »Freiheitskampf III« und »Bauen im Neuen Reich«; bereits im Mai war die Kunstmappe »Deutsche Kunstausstellung« verschickt worden. Zu diesem Zeitpunkt rechnete man offenbar mit einem exzessiven Weiterbildungsbedarf der Schulungsleiter, denn im Juli stellte die Abt. D I/5 bei der Verwaltung des WuVHA den Antrag, den Leitern der Abt. VI in den Lagern folgende Zeitschriften als »unentbehrliches Rüstzeug für die weltanschauliche Erziehung der Einheiten« zur Verfügung zu stellen: Archiv der Gegenwart, Geopolitik, Volk und Reich, Die neue Gemeinschaft, Zeitschrift für Politik, Nationalsozialistische Monatshefte, Bücherkunde, Wille und Macht, Das 20. Jahrhundert.256 Im August folgten wieder Schriften zur Feiergestaltung: »Vorschläge zur Abhaltung einer Totenfeier«, Die Feier – Schrift für Lebensführung und Lebensgestaltung in der SS, 1. und 2. Gabe« und der Sonderdruck »20. April«, dazu Hans Baumanns Liederbuch »Morgen marschieren wir« usw.257 Im Herbst 1944 begann man mit der Versendung der »Handblätter für die weltanschauliche Erziehung«, die das Schulungsamt inzwischen herausbrachte. Gleichzeitig, im Oktober 1944 ging Fritschs »Handbuch der Judenfrage« noch einmal an alle Lager.258 Gegen Ende des Krieges wurde zunehmend auch nationalsozialistische »Erbauungsliteratur« versandt, die den kämpferischen Glauben an die Mission des Nationalsozialismus stärken sollten. So erhielten alle Konzentrationslager die Schrift »Deutsche Stunden: Zeugnisse der Tapferkeit, des Glaubens und der Treue« und die Schriftenreihe »Künder – Kämpfer – Tatzeugen«, im November 1944 bat die Abteilung D I/5 das Schulungsamt um Zusendung der Liedersammlung »Kämpfen heißt leben« für die Wachtruppen. Während der ganzen Zeit gelangten die grundlegenden Schulungsschriften des SSHA in die Lager, die allgemein für die »Monatsschulung« in der SS und Polizei eingesetzt wurden.259 Zu den regelmäßigen Lieferungen gehörten auch Zeitungen, Zeitschriften wie die »Nationalsozialistischen Monatshefte«, der »Politische Dienst für SS und Polizei«, das »Schwarze Korps« und natürlich die »SS-Leithefte« – 1944 gingen jeden Monat 9000 Exemplare der »Leithefte« und wöchentlich 5000 Exemplare des »Schwarzen Korps« zur weiteren Verteilung an die Schulungsabteilungen der Konzentrationslager. Noch am 30.1.1945 bat die Abt. VI der Amtsgruppe D im WuVHA um eine Aufstockung auf 10 000 Exemplare »Schwarzes Korps« und 12 000 Exemplare »Leitheft«.260 Vor allem für den Unterricht über politische Tagesfragen wurden häufig Landkarten und Atlanten bzw. »Soldatenatlanten« verschickt – über den ganzen Zeitraum hinweg, vor allem aber ab Herbst 1944 gab es einen erhöhten geographischen Orientierungsbedarf. Im September 1944 forderte die Abt. D I/5 für Unterrichtszwecke in den Konzentrationslagern insgesamt 300 Landkarten europäischer Länder an.261 Noch Ende Januar 1945 nahm der Schulungsleiter von Sachsenhausen, Erich Gossow 90 Landkarten der verschiedenen Regionen Europas für die Abt. VI entgegen. Von mehreren Lagern und Lieferungen sind Bücherlisten erhalten, die zeigen, dass die einschlägige nationalsozialistische Literatur in den Lagern präsent war. In großem Umfang

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vorhanden waren natürlich »Mein Kampf«, Schriften von Bouhler und vor allem die Werke von Rosenberg (Mythus des 20. Jahrhunderts; Kampf um die Macht; Der deutsche Ordensstaat; Der Kampf um die Weltanschauung; Gestaltung der Idee). In allen Büchereien stand außer Fritschs »Handbuch der Judenfrage« weitere antisemitische Literatur wie die »Geheimnisse der Weisen von Zion«, das vom SD erstellte Buch »Weltjudentum«, »Der jüdische Kampf um Palästina« von Seifert, »Jüdischer Marsch«, der »Rasseroman« »Die Kinder Israel« von Himmlers Lieblingsautor Werner Jansen u. a., ergänzend für den Unterricht wurde die Landkarte »Judenwanderung« versandt. Rassenkundliche Literatur war reichlich vorhanden. In der Handbücherei von Stutthof etwa standen die einschlägigen Werke von Schultze-Naumburg (»Die Kunst der Deutschen«), Günther (Führeradel und Sippenpflege«), Clauss (Rasse und Seele«) oder Darré (»Bauerntum«). Das »Polenzwangsarbeitslager Debica«262 erhielt im Februar 1943 Kisten mit 133 Büchern, darunter »Die Rassenseele des deutschen Volkes, ihr Wesen, ihr Wirken und ihre Geschichte im europäischen Raum«, verfasst von Ernst Rittershaus, das »Lehrbuch der Rassenkunde, Vererbungslehre und Rassenpflege« von Otto Steche, ein für die Oberstufe höherer Lehranstalten bestimmtes Werk, sowie das Unterrichtsbuch »Vorgeschichte« von Walther Schulz – damit fanden die Lehrbücher deutscher Professoren Eingang in die Schulungsarbeit der Wachmannschaften.263 Werke wie diese waren zumeist für die »Handbüchereien der Leiter der Abt. VI« bestimmt. Für sie gab es Standardpakete von 27 und 29 Büchern, die laufend mit kleineren Sendungen ergänzt wurden. Die Dispositionsfonds für die Handbüchereien der Abt. VI und die Lagerbüchereien für die Wachmannschaften wurden im Mai 1944 noch einmal deutlich aufgestockt, nachdem das Amt D überzeugend hatte darlegen können, »dass es bei den Wacheinheiten der Konzentrationslager einer weitgehenderen Betreuung als bei den Ersatzeinheiten der Waffen-SS bedarf«.264 Man rechnete mit einem wachsenden Bedarf an Schulungs- und Truppenbetreuungsmitteln. Nachdem die IKL schon seit langem damit beschäftigt gewesen war, die Lager ausreichend mit Büchereien für die Wachleute auszustatten, erteilte sie Ende 1944 noch einmal den Auftrag zur Anfertigung von 200 neuen Bücherkisten an die Deutschen Ausrüstungswerke in Oranienburg, in der Häftlinge für die SS arbeiteten. Gleichzeitig war im November 1944 bereits eine Großlieferung von 500 Mundharmonikas, 1500 Spielen, 100 Radios und – zur Aufstockung der Lagerbüchereien – 3000 Büchern vom Schulungsamt bei der Abt. D I/5 eingegangen.265 Die Lagerbüchereien für die Mannschaften enthielten ganz überwiegend Unterhaltungsliteratur, aber auch Werke gehobener Literatur und Texte mit weltanschaulichem, politischem und historischem Inhalt. So standen etwa in der Lagerbücherei von Buchenwald Werke wie Fritschs »Handbuch der Judenfrage«, Bouhlers »Großdeutscher Freiheitskampf« und Rosenbergs obligatorischer »Mythus des 20. Jahrhundert« neben Platons »Gastmahl«, Hölderlins »Hyperion« und Goethes »Faust«. Neben Hitler und Goebbels standen Autoren der deutschen Romantik wie Eichendorff, Möricke und Novalis; im September 1942 wurden alle Lager mit mehreren Exemplaren des »Schimmelreiters« von Theodor Storm versorgt.266 Klassische Autoren waren allerdings insgesamt die Ausnahme. Die Bibliotheken enthielten hauptsächlich Abenteuer- und Heimatromane beliebter Autoren der Zeit wie Karl May, Ehm Welk, Hermann Löns, Gustav Freytag, Ludwig Anzengruber, Heinrich Spoerl (»Feuerzangbowle«, »Wenn wir alle Engel wären«), Friedrich Gerstäcker, Waldemar Augustiny oder Louis Trenker und die einschlägige Erzählliteratur anerkannter völkisch-natio-

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nalsozialistischer Autoren wie Dwinger, Vesper, Jansen, Steguweit, Blunck, Beumelburg, Brehm, Wittek, Johst oder Zöberlein.267 Daneben stand »Soldatenliteratur« (Rommel, »Infanterie greift an« oder Clausewitz, »Vom Kriege« sowie reichlich Literatur zum »Preussentum«) und – wenn auch nur am Rande – historisch-politische Literatur wie »Die englisch-jüdische Allianz« von Meyer-Christian, Pastenacis »4000 Jahre Ostdeutschland« oder Kleo Pleyers »Ein Volk im Feld«.268 Für volksdeutsche und ukrainische Wachmannschaften wurden eigene Schriften vom SS-HA erstellt und über das WuVHA verteilt. Außerdem stellte der Volksbund für das Deutschtum im Ausland (VDA) Schulungsmaterial wie den »Rednerdienst des VDA« und seine »Volkspolitischen Lageberichte« zur Verfügung; die Deutsche Volksgruppe in Rumänien sandte im August 1943 einen größeren Bestand an Zeitungen und Schulungsmaterial für die Betreuung der Rumäniendeutschen zu.269 1943 waren Probleme, die sich aus der Integration einer wachsenden Zahl Volksdeutscher, vor allem aus Rumänien, in das Wachpersonal ergaben, in den Blickpunkt gerückt; Klagen, dass Volksdeutsche von den »Reichsdeutschen« als SS-Männer zweiter Klasse angesehen und behandelt wurden, häuften sich. Im November 1943 ordnete Himmler an, den Ausdruck »Volksdeutscher« nach Möglichkeit zu vermeiden, »weil sich darin ein herablassender Ton eingebürgert habe«.270 Unter den Wachtruppen der Konzentrationslager, die im Oktober 1943 rund 15.000 Mann stark waren, zählte man inzwischen 7000 Volksdeutsche, von denen knapp die Hälfte aus Rumänien stammte. Im September trafen sich Sewera, der Schulungsleiter von Sachsenhausen Gossow und Matthias Zetto, der im SS-Hauptamt für die Truppenbetreuung der Volksdeutschen aus Rumänien zuständig war, zu einer Unterredung in Oranienburg. Sewera erklärte sich bereit, eine besondere Betreuung der Rumäniendeutschen in den Wachtruppen zu übernehmen; so weit es möglich war, sollte jedes Lager einen Volksdeutschen mit dieser Betreuung beauftragen, volksdeutsche Redner sollten in die Lager geschickt werden, »um den Männern einen seelischen Rückhalt zu geben« und »an Ort und Stelle eine Aussprache über Sorgen und Fragen der Männer halten zu können.« Um Reibungen und Konflikte zwischen Reichs- und Volksdeutschen zu verringern und insbesondere Vorurteile gegenüber den Rumäniendeutschen abzubauen, sollten Führer, Schulungsleiter und Ausbilder mit einer speziellen Broschüre und einem Informationsheft über das »Volksdeutschtum« beliefert werden, die ihnen »ein richtiges Bild« vermittelten, damit sie »die Männer dementsprechend verstehen und erziehen können.«271 Daraufhin erhielt die Abteilung D I/5 vom Schulungsamt noch im Oktober 1943 eine größere Zahl von Zeitschriften und Broschüren zur Verteilung an die SS-Angehörigen aus Rumänien, für die, wie das Beispiel Stutthof zeigt, gesonderte Schulungen stattfanden.272 Ergänzend dazu wurde im Frühjahr 1944 nach Anordnung von Richard Glücks ein Fortbildungslehrgang zur Ausbildung von Schulungsleitern zum »Sachbearbeiter Südost« in Wien durchgeführt.273 Unter dem Titel »Glauben und Kämpfen« erarbeitete das SS-Hauptamt ein spezielles Schulungskompendium »für die SS-Männer aus den deutschen Volksgruppen des Südostens«, von dem im August 1944 noch 1618 Exemplare ans KZ Auschwitz geliefert wurden. Ebenso bemühte man sich um die ukrainischen Hilfskräfte, von denen nach Zahlen vom März 1944 rd. 1000 Mann Dienst in den Konzentrationslagern taten. Im September 1943 erhielt die Abt. D I/5 eine Sendung mit 50 Exemplaren einer ukrainischen Ausgabe der Zeitschrift »Für das Neue Europa« zur Verteilung an die Lager.274

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Schulungspersonal und Schulungspraxis in den einzelnen Lagern Von der Tätigkeit der Abt. D I/5 des WuVHA sind nur Splitter erhalten. Auch über die Abteilungen VI in den einzelnen Konzentrationslagern ist bislang kaum etwas bekannt, und nur in wenigen Fällen scheinen überhaupt Materialien erhalten geblieben zu sein. Die meisten Untersuchungen und Monographien zu den verschiedenen Lagern gehen deshalb davon aus, dass die Abteilung entweder gar nicht bestanden oder nur eine ephemere Existenz geführt hat.275 Aus einem Schreiben der Abteilung D I/5 vom März 1944 geht aber hervor, dass zu diesem Zeitpunkt in 25 Konzentrationslagern Abteilungen VI bestanden; entsprechend wurden 25 Exemplare des »Nachrichtendienstes der Abt. VI« versandt.276 Anhand von Empfangsbestätigungen für Büchersendungen und anderen Lieferungen von Truppenbetreuungsmitteln der Abt. D I/5 an die verschiedenen Lager lassen sich diese Abteilungen und in den meisten Fällen auch die zuständigen Schulungsleiter nachweisen: Konzentrationslager mit Abteilungen VI und den Namen der Abteilungsleiter:277 Auschwitz: Oberscharführer Kurt Knittel, Lehrer (1941-1944) Buchenwald: Untersturmführer Dr. Hermann Schröder, Lehrer (1940-41), Untersturmführer Gerhard Lutosch, Studienrat (1941-43), Hauptscharführer Johann Rudolf, Lehrer (1943-1944) Dachau: Untersturmführer Arthur Rieth, Lehrer (1941-1944) Flossenbürg: Untersturmführer Otto Rink, Lehrer (1943/44) SS-Sonderlager Garlitz: Hauptsturmführer Hans Weymann, Verlagsbuchhändler (1943) Groß-Rosen: Oberscharführer Hans Ziegler, Studienassessor (1941-1944), Oberscharführer Herbert Illgen, Lehrer (1944) Herzogenbusch: Unterscharführer Rudolf Felbinger, Lehrer (1943) Hinzert: Obersturmführer Gustav Riek, Professor (1940-1942), Obersturmführer Karl Martin, Ingenieur (1942), Untersturmführer Walter Schmidetzki, Angestellter (1943) Majdanek/Lublin: Unterscharführer August Langerbein, Lehrer (1942/43), Untersturmführer Wilhelm Siegmann, Verwaltungsinspektor (1942), Untersturmführer Karl Höcker, Buchhalter (1943), Obersturmführer Erich Müller, Verwaltungsinspektor (1943/44, vorher Stutthof) Mauthausen: Obersturmführer Gustav Seifert, Kaufmann/Verwaltungsangestellter (19401944), Unterscharführer Karl Herchen, Lehrer (1944-1945) Mittelbau: Felbinger (1944, vorher Herzogenbusch), Knittel (1945, vorher Auschwitz) Natzweiler: Unterscharführer, später Untersturmführer Rudolf Orlich, Lehrer (1942/43) Neuengamme: Unterscharführer Meinhardt, Lehrer (1940-44), Helmut Michel, Lehrer (1942), Seifert (vorher Mauthausen) (1944/45) Niederhagen/Wewelsburg: Scharführer Josef Hoffmeister, Lehrer (1941/42) Ravensbrück: Sturmmann Albert Bauer, Lehrer (1941), Oberscharführer Pfab, Lehrer (1942-44) Riga: Unterscharführer Herbert Illgen, Lehrer (1944) Sachsenhausen: Unterscharführer Josef Mayerhofer, Lehrer (1941/42), Oberscharführer, später Obersturmführer Erich Gossow, Lehrer (1942-1945) Stutthof: Obersturmführer Erich Müller, Verwaltungsinspektor (1942/1943), Unterscharführer Friedrich Knöchel (1943/1944), Unterscharführer Alois Panhans, Lehrer (1944/45) Warschau: Unterscharführer Paul Pflaum, Lehrer (1943/44)

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS weitere Abteilungen VI, aber ohne Schulungsleiter oder Schulungsleiter nicht identifizierbar: Arbeitsdorf (1942) Bergen-Belsen (1944) Debica/Heidelager (1943) Kauen (1944) Moringen (1942) Plaszow bei Krakau (1944) Vaivara (1944)

Die Positionen waren nicht immer durchgehend besetzt; in einigen Fällen übernahm ein Adjudant aus der Kommandantur vorübergehend die Aufgaben der Abteilung. In Arbeitsdorf, Bergen-Belsen, Garlitz, Kauen und Vaivara zeichneten die Kommandanten oder Adjudanten die Entgegennahme von Schulungsmitteln ab. In einem Schreiben der Abt. D I/5 ans SS-Hauptamt werden im Februar 1944 fünf zusätzliche Schulungsleiter für mehrere Lager angefordert – dies legt den Umkehrschluss nahe, dass es in den anderen Lagern zu diesem Zeitpunkt keine Personalprobleme gab: Buchenwald sei mit einem Unterführer als Abteilungsleiter überfordert, da wegen der großen räumlichen Entfernung der Außenlager regelmäßig längere Reisen unternommen werden müssten; aus dem gleichen Grund benötige Neuengamme einen weiteren Führer, da von dort auch Bergen-Belsen mit betreut werde; Riga sei zwar mit einem Unterführer besetzt, in Kauen und Vaivara fehle jedoch ein Schulungsleiter; Lublin benötige einen zusätzlichen Schulungsleiter, da von dort aus auch das Arbeitslager Warschau betreut würde und weitere Arbeitslager hinzukämen; Plaszow und Heidelager mit im Aufbau befindlichen Außenkommandos hätten noch keinen Abteilungsleiter.278 Jeder Abteilungsleiter hatte in der Regel Mitarbeiter, die für die Bibliothek, Filmvorführungen sowie Schreib- und Verwaltungsaufgaben sowie die Entgegennahme und Verteilung von Truppenbetreuungsmitteln zuständig waren. In dieser Hinsicht werden ähnliche Standards wie für die Ersatz-Einheiten der Waffen-SS gegolten haben, in denen die Abt. VI jeweils aus einem Führer, einem Unterführer, einem für Filmvorführungen zuständigen Unterführer und einem Schreiber zusammengesetzt sein sollten.279 Allerdings hatten die Abteilungsleiter in den Konzentrationslagern oft nur einen Scharführerrang. Als Abteilungsleiter wurden in der Regel Lehrer aus den Reihen der SS eingesetzt – von 29 Schulungsleitern, deren Berufe sich feststellen ließen, waren 21 Lehrer. Bei den übrigen handelt es sich zumeist um »Sonderlaufbahnen« alter Kämpfer. Dies gilt beispielsweise für Gustav Seifert, Schulungsleiter in Mauthausen. Seifert wurde 1895 in Neundorf bei Pirna geboren, machte zuerst eine Tischler-Lehre, war dann aber bis zum 1. Weltkrieg bei der Polizei in Hannover tätig. In den 1920er Jahren versuchte er sich im Zigaretten-Versandhandel selbständig zu machen, von 1927 bis 1933 arbeitete er als Firmenvertreter. 1919 war er der SPD beigetreten, verließ sie aber noch im gleichen Jahr wieder und schloss sich dem Deutsch-völkischen Schutzund Trutzbund an. Seifert gehörte zu den Gründungsmitgliedern der NSDAP und war 1921 erster Ortsgruppenleiter in Hannover; 1924 saß er für die NSDAP im Stadtparlament Hannover, in die gleiche Zeit fällt die Gründung des »Niedersächsischen Beobachters« durch ihn. Seifert wurde Gauredner und schließlich Hauptstellenleiter. Seit 1933 gehörte er auch dem Führerkorps der SS an. Nach 1933 wurde er Sachbearbeiter bei der DAF, war Ratsherr in Hannover und häufte Ämter in der nationalsozi-

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alistischen Arbeits- und Sozialverwaltung an: Er wurde »Gaubetriebsgemeinschaftswalter der Reichsbetriebsgemeinschaft ›Chemie‹ im Gau Südhannover-Braunschweig«, Gaupersonalwalter der DAF, war Landesarbeitsrichter, Beisitzer im Spruchausschuß des Arbeitsamtes, Beisitzer im Oberversicherungsamt, Beirat im Wohlfahrtsausschuß Hannover u. a. Mit Beginn des Krieges wurde Seifert als damals schon 54jähriger zu den Totenkopfverbänden in Buchenwald eingezogen, kam von dort als Schulungsleiter zur Aufstellung des Totenkopfsturmbanns 12 nach Treskau/Litzmannstadt und wurde im Februar/März 1940 als Standort-Schulungsleiter nach Mauthausen abkommandiert; bis Mai 1944 leitete er die Abt. VI in der Kommandantur von Mauthausen, danach übernahm er die Leitung der Abteilung VI des Wachsturmbanns in Neuengamme. Im Januar 1945 wurde er zum Hauptsturmführer der Waffen-SS ernannt.280 In der Regel waren es aber Lehrer, die die Aufgabe der weltanschaulichen Schulung in den Konzentrationslagern wahrnahmen. Zu den wenigen bereits bekannten Schulungsleitern – der SPIEGEL berichtete schon 1966 über ihn – gehört Kurt Knittel, der die Abt. VI in Auschwitz während der gesamten Zeit von der Einrichtung der Abteilung 1941 bis zur Räumung des Lagers leitete. Knittel, 1910 als Sohn eines Bankbeamten in Karlsruhe geboren, hatte die Lehrerbildungsanstalt in Karlsruhe besucht und war danach als Privatlehrer auf einem Gutshof tätig gewesen, bis er 1934 in den Schuldienst übernommen wurde. 1935 erhielt er die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Erziehungswissenschaftlichen Hauptbücherei in Karlsruhe. Ende 1936 war er wieder im Schuldienst tätig. Er hatte sich bereits vor 1933 der NSDAP angeschlossen (Mitgliedsnummer 59 233). Spätestens seit Anfang 1935 gehörte er der 62. Standarte in Karlsruhe an, die ihn als Sturmschulungsmann einsetzte. Ab Oktober 1941 war er Leiter der Abt. VI in Auschwitz; nachdem Auschwitz geräumt werden musste, kam er noch im Januar 1945 zur Abt. VI des KZ Mittelbau-Dora. Knittel wurde nach dem Krieg zum Schulrektor und Schulrat befördert, stellte sich der FDP als Mitglied zur Verfügung und kandidierte für den Karlsruher Stadtrat; seine Tätigkeit in Auschwitz wurde bekannt, als es nach seiner Beförderung zum Regierungsschulrat durch Kiesinger 1959 zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren kam; die Beförderung wurde danach für nichtig erklärt, und Knittel wurde zur Badischen Landesbibliothek versetzt.281 Knittels langjährige Mitarbeiter in Auschwitz waren der Buchhändler Leopold Behrends und der Lehrer Heinrich Neumann. Neumann, Volksdeutscher und Volksschullehrer aus Litauen, war 1941 im Rahmen der Umsiedlungsaktionen ins Umsiedlerlager Graal-Müritz gekommen; dort arbeitete er in einer Umsiedlerschule, bis er im November 1941 zum Totenkopf-Sturmbann nach Auschwitz und schließlich zur Abt. VI kommandiert wurde.282 In Buchenwald war Hermann Schröder von Ende 1939 bis Ende April 1941 für die weltanschauliche Schulung zuständig. Schröder wurde 1895 in Banstorf bei Hannover geboren, besuchte die Volksschule und das Lehrerseminar Wunsdorf und erhielt seine erste Festanstellung als Volksschullehrer bereits 1918 in Osterwald. Nebenher war er in der Erwachsenenbildung und im Jugendherbergswerk tätig. 1930 ließ er sich zur wissenschaftlichen Weiterbildung vom Schuldienst beurlauben, um Naturwissenschaften und Pädagogik an den Universitäten Berlin und Göttingen zu studieren. 1933 promovierte er in Göttingen mit einer vererbungswissenschaftlichen Dissertation im Fachgebiet Botanik. Danach leitete er ein von der Bildungsverwaltung unterstütztes reformpädagogisch ausgerichtetes Landschulprojekt, an dem auch Wilhelm Seedorf,

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der an der Göttinger Universität für die Ausbildung der Landwirtschaftslehrer zuständig war, und das Pädagogische Institut von Herman Nohl in Göttingen beteiligt waren.283 Schröder trat 1933 in die NSDAP ein und engagierte sich dort als Kreisredner und Mitarbeiter des Rassepolitischen Amtes. Das vererbungswissenschaftliche Studium führte ihn, wie er in seinem Lebenslauf für das RuSHA schreibt, 1934 zur SS. Dort wurde er als Sturmschulungsmann, 1936 als Sturmbann-Schulungsleiter und schließlich Schulungsleiter des Oberabschnitts Mitte eingesetzt.284 Gleichzeitig wurde er vom Oberpräsidium Hannover mit der Polizeischulung des Kreises Neustadt beauftragt. Bei Ausbruch des Krieges meldete er sich als Freiwilliger zu den Totenkopfverbänden und kam am 31.8.1939 zur Konzentrationslager-Verstärkung nach Buchenwald. Dort wurde er als Schulungsleiter für die Wachmänner und WE-Referent bei der Lagerkommandantur eingesetzt. Vom 28.1. bis 11.2.1940 besuchte er den Lehrgang für Schulungsleiter des SS-Hauptamtes in Babelsberg (s.o.). Im Januar 1940 wurde er zum Untersturmführer des Totenkopf-Sturmbanns Buchenwald, ein Jahr später zum Obersturmführer befördert. Am 1.5.1941 wechselte er als Leiter der Abt. VI und Kommandeur der Grundausbildung zur Kraftfahrtechnischen Lehranstalt (KTL) der Waffen-SS nach Wien. Nach einem dreimonatigen Fronteinsatz als Kompanieführer in Russland 1942 kehrte er an die KTL zurück und wurde schließlich 1944 als Sturmbannführer zum Kommandeur der SS-Ingenieursschule berufen.285 Schröders Nachfolger als Leiter der Abt. VI in Buchenwald war Gerhard Lutosch. Er hatte in Berlin Deutsch, Englisch und Geschichte studiert und sich nebenbei mit »Germanenkunde« beschäftigt, dazu einige Vorträge gehalten und kleinere Zeitschriftenaufsätze verfasst. 1938 wurde er Studienassessor, 1939 war er Erzieher an der Napola Spandau, während des Krieges wurde er zum Studienrat ernannt. Lutosch trat 1933 in die SS in Spandau ein und wurde dort als Sturmschulungsmann eingesetzt. Mit Kriegsbeginn wurde er zur Waffen-SS einberufen; auf eigenen Wunsch ließ er sich in den »neuen deutschen Osten« versetzen und erhielt eine Ausbildung beim Totenkopfinfanterieregiment Danzig. Von dort wurde er auf einen Lehrgang für künftige Schulungsführer nach Berlin-Grunewald geschickt, danach absolvierte er eine Ausbildung an der Junkerschule Braunschweig, anschließend wurde er als WE-Führer zur 9., dann zur 14. Totenkopf-Standarte und im Februar 1941 schließlich zur IKL in Oranienburg versetzt. Dort beauftragte man ihn zum 1.5.1941 mit der Leitung der Abt. VI im KZ Buchenwald. Im März 1943 wechselte er zur Junkerschule Klagenfurt, danach als Leiter der Abt. VI zur Division »Frundsberg«. Von Lutosch sind einige Schulungsmaterialien erhalten, insbesondere Ausarbeitungen über Geschichte, Aufgaben und Grundgesetze der SS aus seiner Arbeit bei der Division Frundsberg (s.o.), aber auch fragmentarische Materialien aus seiner Schulungsarbeit in Buchenwald, die auf eine typische, reguläre SS-Schulungsarbeit verweisen. An Themen wurden u. a. behandelt: Geschichte der SS, Rassenkunde und Bevölkerungspolitik (mit Beschreibungen der sechs deutschen Rassentypen nach Günther), Geschichte der NSDAP und Bauerntum und Brauchtum. Es handelt sich jeweils um kurze konzeptionelle Ausarbeitungen von insgesamt 11 Seiten, die im Mai und Juli 1941 entstanden, mit weiterführenden Literaturempfehlungen u. a. zu Hans F. K. Günther und Martin Staemmler über Rassenkunde und Bevölkerungspolitik.286 Lutoschs Mitarbeiter und Nachfolger als Leiter der Abt. VI von März 1943 bis Ende 1944 war der sudetendeutsche Volksschullehrer Johann Rudolf. 1899 als Sohn eines

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Kaufmanns in Johannesthal geboren, hatte er nach Besuch der Volks- und Bürgerschule sowie der Tetschener Lehrerbildungsanstalt 1919 eine Anstellung als Volksschullehrer in Böhmischdorf gefunden, die er noch 1939 innehatte. Bereits 1920 war er der DNSAP beigetreten, 1932/33 war er Gemeindevertreter der DNSAP, daneben betätigte er sich als Chorleiter im Gesangsverein und arbeitete in verschiedenen völkischen Verbänden mit. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er nach der Auflösung der DNSAP 1934 für ein Jahr aus politischen Gründen vom Schuldienst beurlaubt. Nach der Annektierung des Sudetenlandes trat er im November 1938 in die SS ein. Ein Jahr später wurde er eingezogen und kam zur Konzentrationslager-Verstärkung nach Buchenwald.287 Zu den früheren Mitarbeitern der Abt. WE gehörte Willy Bensch; er verwaltete schon 1939 die Bücherei und gehörte dem Kommandanturstab noch bis zu seiner Versetzung nach Natzweiler 1942 an. Bensch wurde 1911 als Sohn eines Lokführers bei Posen geboren. Mit 15 Jahren schloss er sich dem Jungstahlhelm, mit 19 der SA an; 1934 bis 1936 diente er bei der Wehrmacht, meldete sich dann zur SS und kam zunächst nach Sachsenhausen und von dort nach Buchenwald.288 Im Sommer 1939 wurde er damit beauftragt, ein »Bilderbuch« aller Angehörigen des Kommandanturstabes und ihrer Ehefrauen zusammenzustellen, die in der Zeit zwischen den Reichsparteitagen 1938 und 1939 die Ehe geschlossen hatten. Buchenwald beteiligte sich damit an der von Himmler für die »Wintersonnenwendwettkämpfe« gestellten Aufgabe – bei den Wettkämpfen sollten die »rassisch, erbgesundheitlich und erscheinungsbildlich« besten Ehepaare ausgezeichnet werden. Im September 1939 erweiterte die Kommandantur den Auftrag dahin, ein Bilderbuch sämtlicher verheirateter Führer und Unterführer des Konzentrationslagers anzulegen; die Ehepaare sollten dazu Lebensläufe und Bilder in Postkartenformat einreichen, mit genauen Lebensdaten und Berufsangaben der Ehemänner sowie Bildern mit Geburtstagen und Namen der Kinder. Das Bilderbuch sollte der »Vertiefung des Sippengedankens« dienen.289 Lagerkommandant Koch kümmerte sich persönlich um die kulturelle Bildung und das ästhetische Erscheinungsbild seiner Truppe. Ein Kommandanturbefehl vom 24.4.1939 befasste sich u. a. mit dem Haarschnitt der Kommandanturangehörigen: »Der Haarschnitt eines großen Teils meiner Kommandanturangehörigen hat mich auf das tiefste erschüttert. Jeder Rekrut lernt in den ersten 8 Tagen wie ein soldatischer Haarschnitt auszusehen hat. Begegne ich wieder SS-Männern (Führer und Unterführer) mit derartigen Künstlermähnen, dann werde ich einen Häftlingshaarschneider bestellen, der in meiner Gegenwart die Haare so schneidet, wie ich das für richtig befinde.« Im gleichen Befehl erteilte Koch den Auftrag, einen Volkslieder-Chor im Kommandanturstab aufzustellen. In der Woche zuvor waren die Stabsangehörigen in Begleitung ihrer Ehefrauen zum Besuch der Ausstellung »Entartete Kunst« gefahren.290 Wie in allen Lagern gab es auch für die Wachmannschaften von Buchenwald ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm, das der Zerstreuung und Erbauung diente. Buchenwald profitierte in besonderer Weise von der Nähe des »Kulturstandortes« Weimar. Das Weimarer Nationaltheater, in dem 1919 die verfassunggebende Nationalversammlung zusammengetreten war, reservierte ab Kriegsbeginn geschlossene Aufführungen für die Buchenwalder SS, die hier beispielsweise im November eine exklusive Aufführung der Oper »Zar und Zimmermann« erleben durfte. In den folgenden Jahren kam das Ensemble des Theaters wiederholt zu Sonderaufführungen nach Buchenwald; in der Spielzeit 1943/44 gab auch die Staatskapelle Weimar ein »volkstüm-

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liches Konzert« für die Waffen-SS in Buchenwald. Weimar stellte auch ein Kino zur Verfügung, in dem im Winter 1940/41 eine Vorführung des Films »Jud Süß« für die Angehörigen des Buchenwälder Totenkopf-Sturmbanns stattfand.291 Umgekehrt veranstaltete das Musikkorps des Totenkopfverbandes Buchenwald in Weimar Platzkonzerte und »bunte Abende« für das Winterhilfswerk, im August 1939 veranstaltete die Buchenwalder SS auf dem Ettersberg ein Sommerfest für die Weimarer Bevölkerung, auf dem das Musikkorps zum Tanz aufspielte und die Totenkopf-Standarte sich mit sportlichen Leistungen präsentierte – Höhepunkt des Festes war ein »römisches Wagenrennen auf umgebauten Maschinengewehr-Wagen«.292 Eine weitere Attraktion, die das Lager Buchenwald für die Weimarer Bevölkerung bot, war das Wildtiergehege, das die SS auf dem Lagergelände hatte anlegen lassen und das an bestimmten Tagen auch von Zivilisten besucht werden konnte. Auf Befehl Himmlers war hier ein »SSFalkenhof« errichtet worden, auf dem nach mittelalterlichem Vorbild die »altehrwürdige Kunst der Deutschen Falknerei« gepflegt wurde.293 Die Beispiele zeigen, dass das Lager keineswegs hermetisch abgeriegelt war, sondern dass es einen regen Austausch zwischen Lager und Umgebung gab. So nutzte die Buchenwalder Lager-SS zum Beispiel auch die Sportanlagen der nahegelegenen Hermann-Lietz-Schule auf dem Ettersberg für Vorbereitungen auf den Erwerb des SA-Sportabzeichens, und in Weimar griff man, um ein anderes Beispiel zu nennen, für Bauarbeiten bei der Polizei gerne auf Häftlinge des KZ zurück.294 Mit dem Standkonzert einer SA-Kapelle wurde im Juni 1933 das KZ Dachau eröffnet; an das Konzert schloss sich ein Festumzug der SS durch die Dachauer Altstadt an, den der Kommandant Wäckerle auf einem Pferd reitend anführte.295 Spätestens 1936 begann auch die weltanschauliche Schulung in den hier stationierten TotenkopfEinheiten. Aus der Zeit des Krieges ist jedoch kaum etwas bekannt. Von 1941 bis 1944 leitete Artur Rieth die Abt. VI. Rieth, Konrektor an einer Volksschule in seinem Geburtsort Pforzheim, hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen; er war 1917 für zweieinhalb Jahre in französische Gefangenschaft geraten. 1933 trat er der SS bei und wurde Vertrauensmann im SD. Zu Beginn des Krieges wurde er zunächst zur KLVerstärkung nach Flossenbürg eingezogen, im Mai 1940 kam er zur 3. Hundertschaft der KL-Verstärkung Dachau und übernahm als Hauptscharführer, später Untersturmführer die Abteilung VI. In Dachau gab es offensichtlich außerdem eine Abt. VI der Standortkommandantur, die vermutlich für den gesamten Standort zuständig war, an dem ja auch andere Einheiten und Verbände der Waffen-SS stationiert waren. Ihr Leiter war 1943 Hermann Seidensticker, Volksschullehrer aus Hamburg; er wurde danach zum Führer der Abt. VI der »milizia armata«, der italienischen FreiwilligenLegion berufen.296 In Flossenbürg leitete die Abteilung Otto Rink, seit 1913 Volksschullehrer, seit 1920 Rektor in Volkstedt. Er hatte als Vizefeldwebel am 1. Weltkrieg teilgenommen. 1933 trat er der SS und der NSDAP bei. Zu Beginn des Krieges wurde er zur Waffen-SS eingezogen, im Frühjahr 1943 kam er nach Flossenbürg, wo er mindestens bis Ende 1944 als Untersturmführer die Abt. VI leitete. Im September 1944 war er als Lehrgangsleiter zur Schulung der Aufseherinnen im Außen- und Ausbildungslager Holleischen eingesetzt. Rink wurde nach dem Krieg aufgrund seiner Funktion als leitender Wachmann bei einem Todesmarsch nach Dachau und wegen seiner Anweisung, Häftlinge bei Fluchtversuchen zu erschießen, zu 3 Jahren Haft verurteilt.297 Wer vor Rink

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die Abteilung VI leitete, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Möglicherweise war dies Otto Müller, der 1943 Rottenführer und Schulungsleiter in Flossenbürg war; bei ihm könnte es sich um den 1902 in Oberhermsdorf bei Dresden geborenen Lehrer Otto Müller handeln. Er gehörte als Politischer Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Chemnitz an und wurde 1944 als Unterscharführer bei der Amtsgruppe D des WuVHA geführt.298 Von Flossenbürg aus wurden auch das Sonderlager »Haus Elbe« bei Meissen und das Kommando Schloss Eisenberg in Tschechien mit Truppenbetreuungsmitteln beliefert.299 Die Abt. VI im KZ Groß-Rosen leitete der Österreicher Johann Ziegler. Er hatte ein Lehramtsstudium in Deutsch und Sport absolviert und 1938 eine Anstellung als Studienassessor in Wien erhalten. Ziegler war bereits 1930 mit 18 Jahren der HJ beigetreten und hatte die HJ in der Region Klosterneuburg bei Wien mit aufgebaut; als Gefolgschaftsführer leitete er dort auch die politische Erziehung. 1932 trat er der NSDAP und der SA bei, wurde Propagandawart und erhielt 1934 den Auftrag, die SS in St. Andrä-Wördern aufzubauen. Nach seiner Einziehung zur Waffen-SS erhielt er eine Ausbildung zum Schulungsführer bei der IKL in Oranienburg und wurde von dort nach Groß-Rosen abkommandiert, wo er von 1941 bis 1944 die Abt. VI leitete. Ihm folgte im Oktober 1944 noch für kurze Zeit Herbert Illgen nach, der sein Amt als Leiter der Abt. VI im KZ Riga aufgrund des Frontverlaufs hatte aufgeben müssen.300 Ziegler wurde in einem Nachkriegsprozess zu seiner Tätigkeit in Groß Rosen vernommen. Dabei machte er auch einige Aussagen zu seiner Schulungsarbeit: Er sei für die politische Schulung der Wachmannschaften und des Kommandanturstabes zuständig gewesen, seine Dienststelle befand sich im Kommandanturgebäude; die Schulung habe nicht wöchentlich, sondern fallweise stattgefunden, sei dann aber Pflicht gewesen. Alle Anordnungen habe er direkt von Oranienburg erhalten, in sachlicher Hinsicht sei Sewera sein Vorgesetzter gewesen. Während des Prozesses bestritt Ziegler jede Anschuldigung, bei Mißhandlungen zugegen gewesen zu sein oder an Exekutionen teilgenommen zu haben, er habe auch nie darauf durch Schulung vorbereitet. »Überhaupt«, fügte er hinzu, »sind kaum Schulungen durchgeführt worden, da dazu auch keine Zeit und kein Interesse vorhanden war.«301 Dies erscheint wenig glaubhaft, denn noch 1944 ließ sich die Abt. VI in Groß Rosen reichlich mit Schulungsmaterial aus Oranienburg versorgen; unter anderem erhielt sie mehrere Bücherkisten und Werke wie »Schlag nach UdSSR«, »Bauen im neuen Reich«, »Deutsche Stunden«, das »Handbuch zur Judenfrage«, mehrere Exemplare »Mein Kampf«, besondere Truppenbetreuungsmittel für Ukrainer usw.302 Erster Schulungsleiter im Arbeitserziehungslager Hinzert war der schon erwähnte Obersturmführer und Professor für Vor- und Frühgeschichte Gustav Riek. Riek, 1900 als Sohn eines Ingenieurs in Stuttgart geboren, war nach dem Studium zunächst Assistent, dann Dozent und 1935 Professor an der Universität Tübingen geworden. Er gehörte der NSDAP seit 1929 an und war Blockwart und Archiv- und Pressewart der SA gewesen, bevor er 1937 in die SS eintrat. Im Januar 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und im Juli 1940 als Obersturmführer und WE-Führer nach Hinzert abgeordnet; von dort wurde er im März 1942 ins Wehrgeologen-Bataillon der Waffen-SS abkommandiert. Riek war im Auftrag des Ahnenerbe an Ausgrabungsaktionen beteiligt, so grub er in Luxemburg eine Fliehburg aus und leitete bis 1938 die Ausgrabungen der keltischen Fürstengräber auf dem Hohmichele bei Hundersingen. Im Oktober

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1941 leitete er eine Absperraktion, bei der etwa 70 sowjetische Kriegsgefangene aufgrund des »Kommissarerlasses« ermordet wurden; für diese Aufgabe war er kurzfristig von archäologischen Ausgrabungen, bei der Häftlinge aus Luxemburg eingesetzt waren, zurückbeordert worden.303 Riek wurde nach dem Krieg aus dem Hochschuldienst entlassen und vorzeitig in den Ruhestand versetzt, konnte aber 1956 die Professur für Urgeschichte in Tübingen wieder aufnehmen, zwei Jahre vor seiner Emeritierung wurde sie noch in ein Ordinariat umgewandelt.304 Rieks Nachfolger war Karl Martin, im Berufsleben Ingenieur bei der Nähmaschinenfabrik Pfaff. Martin, 1899 in Kaiserslautern geboren, war bereits 1921 und erneut 1930 der NSDAP und 1931 der SS beigetreten. Im Juli 1942 wurde er als Obersturmführer zum Lager Hinzert beordert, um dort die Abt. VI zu leiten.305 Von Martin ist ein »WE-Bericht« für den November 1942 erhalten. Danach gab der Kommandeur jeweils einmal die Woche Unterführern und Männern »Belehrungen« allgemeiner Art, insbesondere über die Grundgesetze der SS, Martin selber hielt einen Vortrag über den Gaskrieg und die »Gaskriegsvorbereitungen unserer Feinde« und gab den Einheitsführern »Hinweise über das Schulungswesen sowie geopolitische Andeutungen zur Kriegslage«. Am 8. und 9.11. wurden Feiern veranstaltet.306 Auf Martin folgte Walter Schmidetzki als Leiter der Abt. VI. Schmidetzki, 1913 in Oberschlesien geboren, hatte die Volks- und Seminarschule, das Humanistische Gymnasium bis zur Obertertia und die Handelsschule besucht und anschließend eine Anstellung zunächst beim Arbeitsamt, dann bei der Kämmereikasse in Neisse gefunden, bis er sich 1934 als Freiwilliger bei den Verfügungstruppen meldete. Mit Beginn des Krieges kam er zur Waffen-SS, 1940 zur Division »Wiking«; nach einem Unfall, der einen längeren Lazarett-Aufenthalt nach sich zog, kam er zum WuVHA und wurde von dort als Untersturmführer im Sonderlager Hinzert eingesetzt.307 Weitere Mitarbeiter der Abt. VI waren die Scharführer Klein, Stolle und Rode. Georg Klein, gelernter Werkzeugschlosser aus Völklingen, seit 1933 der NSDAP und 1935 der SS zugehörig, war »nach erfolgter Ablegung der Eignungsprüfung« von Glücks zum »etatmäßigen Stabsscharführer« im Kommandanturstab Hinzert ernannt worden. Otto Rode, 1903 in Mannheim geboren, war kaufmännischer Angestellter, seit August 1933 gehörte er der SS an. Bei Stolle könnte es sich um den 1904 geborenen Volksschullehrer Hermann Stolle handeln; er gehörte der Totenkopfdivision an und wurde Ende 1943 als Untersturmführer vom WuVHA zur Galizischen Freiwilligen Legion kommandiert. Vor dem Krieg war er Blockleiter und Parteischulungsredner gewesen.308 In Hinzert verfolgte der dortige Lagerkommandant Hermann Pister ein eigenes Erziehungskonzept, das auch die Häftlinge mit einbezog, die in seiner Sprachregelung als »Zöglinge« galten, während die Wachleute als »Zöglingswärter« und »Zöglingserzieher« bezeichnet wurden, und zum Teil konnten die Häftlinge auch an Kursen des Schulungsleiters teilnehmen und kulturelle Unterhaltungsangebote der Deutschen Arbeitsfront (KdF) wahrnehmen.309 Weltanschaulichen Unterricht für Häftlinge schloss Himmler jedoch grundsätzlich aus: »Die Erziehung geschieht im ganzen nur durch die Ordnung, niemals durch irgendeinen weltanschaulichen Unterricht, denn die Häftlinge sind in den meisten Fällen Sklavenseelen…. Die Erziehung erfolgt also durch Ordnung.«310 Das kulturelle Angebote für die Wachmannschaften in Hinzert war reichhaltig – im Durchschnitt fanden drei- bis viermal im Monate im Wechsel Film- oder Variétéaufführungen statt, ergänzt durch Theatervorstellungen – so waren

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z. B. das Koblenzer Stadttheater, die »Tegernseer Bauernbühne«, das »Mosellandtheater« und die »Heimatbühne Millowitsch« zu Gast.311 »Harmlose« Vorführungen wie der Film »Schneider Wippel« konnten auch von den »Zöglingen« besucht werden. Das Veranstaltungsthema des 10.12.1941 »Humor und frohe Laune« könnte als Motto über dem gesamten Veranstaltungsprogramm während der ersten Kriegsjahre in Hinzert stehen. Im Mai 1940 beispielsweise gastierten nach der Filmvorführung »Auf Umwegen zum Glück« nacheinander die »Eulenspiegeltruppe«, die »Variété-Tanz-KomikGesang-Truppe Caster« und das Variété »Jupp und Hall« in Hinzert.312 Höhere kulturelle Bedürfnisse wurden nicht ganz vergessen: das WuVHA vergab mehrfach Freikarten (mit Übernahme aller Kosten) zur Teilnahme an den Bayreuther Kriegsfestspielen für ausgewählte Interessenten der KZ-Wachmannschaften – aus Hinzert durfte Georg Klein zur »Götterdämmerung« reisen.313 Von Juni und Juli 1943 sind Monatsberichte der Abt. VI erhalten. An kulturellen Veranstaltungen werden mehrere Filmvorführungen (»Immer nur du«, »Meine Tochter tut das nicht«, »Leichte Muse«, »Wiener Blut«, »Diesel«) und KdF-Veranstaltungen (»Groß-Variété«, »Bunter Abend«, »Kleine Kostbarkeiten«), das Lustspiel »Zwei im Busch« und das Wehrmachtsprogramm »Streifzug durch Operette und Tonfilm« aufgelistet. Im gleichen Zeitraum wurden im Rahmen der weltanschaulichen Erziehung mehrere Vorträge durch den Schulungsleiter zur politischen Lage gehalten, einen weiteren Vortrag steuerte der Lagerkommandant zum Thema »Spionageabwehr« bei. Oberstudienrat Dr. Brinkmannn sorgte mit einem Sondervortrag »Deutschlands Chemiker helfen den Krieg gewinnen« für Zuversicht. Im Rahmen der Schulungsarbeit hörte man gemeinschaftlich tägliche Nachrichten, Wehrmachts-Berichte und Berichte zur Lage sowie Rundfunkreden von Goebbels und Speer. An Schulungsmaterial erhielt die Abteilung die neuen Folgen des Leitheftes, des SS-Informationsdienstes, das »Arbeitsbuch für den Deutschunterricht«, die Broschüren »Japan sprengt die Fesseln«, »Rassenleib und Rassenseele« und anderes.314 Nachdem Anfang 1943 das KZ Herzogenbusch in den Niederlanden eröffnet worden war, bat der Kommandant des Lagers um Einsetzung eines Schulungsleiters und Zusendung von Truppenbetreuungsmitteln: »Um den Männern in den wenigen dienstfreien Stunden Abwechslung und Erholung bieten zu können, wird um baldige Einrichtung der Abteilung VI und Zuweisung der angeforderten Geräte usw. gebeten.«315 Nur wenige Wochen später trafen Plattenspieler, Schallplatten, Bücherkisten, ein Filmprojektor u.ä. ein. Auf einen Schulungsleiter musste man aber zunächst noch warten. Vermutlich erst im Herbst 1943 trat der Lehrer Rudolf Felbinger hier sein Amt als Abteilungsleiter an. Felbinger, 1901 im Sudetenland geboren, war unmittelbar nach der Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 in die NSDAP und die SS eingetreten. Zu Kriegsbeginn wurde er in die Waffen-SS eingezogen, 1941 gehörte er dem Totenkopf-Sturmbann Sachsenhausen an; von dort kam er im Juli 1942 zur Abt. D I/5 des WuVHA, die ihn schließlich 1943 als Unterscharführer und Leiter der Abt. VI nach Herzogenbusch schickte. Als das Lager im September 1944 evakuiert werden musste, wurde er Anfang Dezember als Leiter der Abt. VI nach Mittelbau-Dora versetzt.316 Das KZ Majdanek bei Lublin entstand im Oktober 1941 zunächst als »Kriegsgefangenenlager der Waffen-SS« und wurde ab Februar 1943 als KZ Lublin geführt. Ab April 1944 wurde auch das im Sommer 1943 errichtete KZ Warschau als Außenlager

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von Majdanek-Lublin geführt. Leiter der Abt. VI in Lublin war ab März 1942 August Langerbein. Langerbein hatte das Lehrerseminar besucht und die erste Lehrerprüfung abgelegt, wegen schlechter Stellenlage dann aber eine Ausbildung zum Bankbeamten gemacht. Nach der Währungsreform wurde er zunächst arbeitslos, danach war er in wechselnden Stellungen tätig, u. a. auch als Berufsmusiker (Chordirigent und Kapellmeister), erhielt aber dann 1929 doch noch eine Anstellung als Volksschullehrer zunächst in der Eifel, dann in Mühlheim/Ruhr. 1933 trat er in die SA, 1937 in die NSDAP ein. Langerbein bekleidete mehrere Parteiämter, unter anderem war er Ortswalter der NSV. 1940 meldete er sich zur Waffen-SS und wurde zunächst zum Totenkopf-Infanterie-Regiment eingezogen, kam dann im Dezember 1940 zum Totenkopf-Sturmbann des KZ Neuengamme und schließlich 1942 zur Kommandantur des KZ Lublin.317 Als er im Mai 1943 nach Neuengamme versetzt wurde, trat der Untersturmführer Karl Höcker an seine Stelle. Höcker war von Beruf Buchhalter und Sparkassenangestellter; er war 1937 der NSDAP beigetreten und hatte sich 1939 zur Waffen-SS gemeldet. Bevor er nach Majdanek kam, war er als Schreiber und Stabsscharführer in der Kommandantur Neuengamme tätig. Höcker wiederum wurde im Dezember 1943 von dem Veraltungsinspektor Erich Müller abgelöst, der zuvor fast zwei Jahre lang als Adjudant in Stutthof die Abt. VI geleitet hatte.318 Im April 1943 erstellte der Totenkopf-Sturmbann Lublin ein Verzeichnis von Angehörigen, die für die Arbeit in der Abt. VI in Frage kamen: Schulungsleiter der Partei oder der SS, Lehrkräfte und Filmvorführer; das Verzeichnis nennt an erster Stelle Paul Pflaum, einen volksdeutschen Lehrer und Schulleiter aus dem Wartheland.319 Pflaum, der erst seit 1940 der SS und seit Januar 1941 der NSDAP angehörte, wurde später als Leiter der Abt. VI im KZ Warschau eingesetzt. Ende November berichtete er an die Abteilung D I/5: »Melde hiermit, dass ich meine Tätigkeit im K.L. Warschau übernommen habe. Da sich die Räume für den Kommandanturstab noch im Umbau befinden, ist mir bis jetzt ein Raum für Abteilung VI. nicht zur Verfügung. Meine Tätigkeit beschränkt sich neben der politischen Schulung der Kompanien darauf, die Raumfrage zu lösen und die übersandten Buchbestände zu ordnen bzw. zu einer Bücherei zusammenzufassen.«

Im Mai 1944 nahm Pflaum noch Truppenbetreuungsmittel entgegen; im Juli wurden die Lager Warschau und Majdanek »evakuiert«. Die Schulungsschriften, deren Empfang der Kommandant Ruppel noch am 4. Juli quittierte – »Freiheitskampf III, Bauen im neuen Reich, Sonderdruck Seibert (Das amerikanische Rätsel), Schlag nach UdSSR« usw. – werden ihren Zweck nicht mehr erfüllt haben.320 In Mauthausen war seit Februar 1940 der schon genannte Gaupersonalwalter der DAF Gustav Seifert Schulungsleiter im Kommandanturstab; Seifert war bereits 1933 zum Untersturmführer der Allgemeinen SS ernannt worden, nach seiner Einberufung zur Waffen-SS folgte dort die Ernennung zum Untersturmführer d.R. im Oktober 1940. Neben ihm unterzeichnete aber auch der Volksschullehrer Karl Herchen im Schriftverkehr zwischen Ende 1941 und Anfang 1945 als Leiter der Abteilung VI – vermutlich fungierte er als Seiferts Stellvertreter. Herchen wurde 1902 in Münster (Oberlahn) als Sohn eines Schmieds geboren, besuchte die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar in Wetzlar und erhielt nach wechselnden Tätigkeiten 1929 eine Lehrerstelle zunächst in der Nähe von Wesel, dann in Essen. Am 1.3.1933 trat er der SA und kurz darauf der NSDAP bei; 1936 war er als Politischer Leiter und danach als Presse-

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referent für die NSDAP in Essen tätig. 1940 meldete er sich zur Waffen-SS, wurde zur Einheit des KZ Mauthausen kommandiert und dort als Schulungsleiter eingesetzt; bis Anfang 1945 leitete er dort als Oberscharführer die Abteilung VI.321 Mittelbau-Dora, zuvor ein Außenlager von Buchenwald, wurde erst im Oktober 1944 zu einem eigenständigen Konzentrationslager erklärt und hatte daher nur wenige Monate Bestand. Dennoch wurde auch hier eine Abt. VI eingerichtet. Sie meldete der Abt. D I/5 im Oktober 1944 die Gesamtstärke der zum Lager gehörenden Wachmannschaften – 2673 Männer – »zur Bemessung der dem KL Mittelbau zustehenden Anzahl« an Exemplaren des »Schwarzen Korps« und der Leithefte. In den folgenden Wochen trafen umfangreiche Lieferungen mit Rundfunkgeräten, Bücherkisten und Schulungsschriften ein. Schulungsleiter war hier der schon erwähnte Rudolf Felbinger. Anläßlich einer Arbeitstagung für Schulungsleiter in Oranienburg wählte Felbinger 140 Bücher für die Truppenbücherei aus den Beständen der Abt. D I/5 aus. Kurz nach seinem »Amtsantritt« hatte er bereits eine Grundausstattung an Schulungsliteratur des SS-Hauptamtes: »je 1 Stück: 9. November (Feierheft) 20. April (Feierheft) Vom Spiel für Kameraden Amerikanismus Die politische Erziehung i.d. roten Armee Kampf dem Bolschewismus Europa und der Bolschewismus Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei Sicherung Europas Der Weg der NSDAP Rassenpolitik Das Reich und Europa Bauerntum.«322

Anfang 1945 wurde Mittelbau offenbar zum Auffanglager für die Mitarbeiter der Abt. VI, die Auschwitz inzwischen hatten verlassen müssen: Eine Liste vom März 1945 verzeichnet für Mittelbau-Dora sieben Angehörige der Abt. VI, darunter neben Felbinger auch Kurt Knittel, Leopold Behrens und Hans Mokka.323 Für Natzweiler gibt es spätestens ab Frühjahr 1942 Hinweise auf die Existenz einer Abteilung VI. Im Januar 1942 nahm der Kommandant Hüttig noch Bücher entgegen, im April 1942 zeichnete Rudolf Orlich die Entgegennahme von Schulungsmaterial ab, die die Amtsgruppe D I/5 zusandte, unter anderem ein Epidiaskop und die frühen Lichtbildervorträge des RuSHA »Blut und Boden« und »Germanische Frühzeit. Das Licht aus dem Norden«.324 Orlich, 1910 in Hofgastein bei Salzburg als Sohn eines Gendarmerieinspektors geboren, war Hauptschullehrer im österreichischen St. Johann i.Pg. Er gehörte seit 1932 der NSDAP an, war NSLB-Reichswalter und kam während des Krieges als Unterscharführer der Waffen-SS nach Natzweiler, wo er von 1942 bis Ende 1943/Anfang 1944 als Schulungsleiter wirkte. Danach wurde er als Obersturmführer und Adjudant zum Lager Auschwitz III/Monowitz versetzt. Im Juli 1942 erhielt er von der Kommandantur Natzweiler den Aufrag, an jedem 1. und 3. Mittwoch im Monat jeweils um 17 Uhr eine Schulung für die Führer und Unterführer abzuhalten.

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Orlichs Nachfolger war vermutlich der Rottenführer Adolf Henne, bei dem es sich um den 1906 geborenen Gewerbelehrer Adolf Henne aus Stuttgart-Bad Cannstadt handeln dürfte. Er gehörte seit 1931 der NSDAP an; Henne hatte ein halbes Jahr lang Dienst bei einer SS-Reiter-Einheit in München-Riem gemacht, galt dann aber als nicht truppenverwendungsfähig und wurde wohl auch deswegen zum Kommandanturstab Sachsenhausen und von dort als Schulungsleiter nach Natzweiler versetzt.325 Als weiterer Lehrer gehörte Anton Erdmann der Abt. VI in Natzweiler an. Erdmann war Volksschullehrer in Woltersdorf bei Schlochau (Pommern), 1937 war er SS-Mann im Sturm 8/77.; 1941 kam er als Sturmmann von Buchenwald nach Natzweiler.326 Die Abt. VI in Neuengamme, die vermutlich auch für Bergen-Belsen mit zuständig war, leitete von 1940 bis Mitte 1944 Paul Meinhardt, Volksschullehrer in Luckenwalde. Meinhardt wurde 1901 als Sohn eines Kaufmanns in Jüterbog geboren, besuchte die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar und erhielt, nachdem er vorübergehend als kaufmännischer Angestellter und Bürokraft gearbeitet hatte, 1927 zunächst eine Stelle als Hilfslehrer und 1931 eine Festanstellung als Volksschullehrer. Seit 1933 gehörte er der lokalen NSDAP als Propagandaleiter an, 1936 trat er in die SS ein.327 Im Mai 1944 wurde er von Gustav Seifert (s.o.) abgelöst, der als Leiter der Abt. VI von Mauthausen nach Neuengamme versetzt wurde; noch im Januar 1945 übte Seifert dieses Amt dort aus. Als weiterer Mitarbeiter gehörte 1942 der Volksschullehrer Helmut Michel dem Totenkopf-Sturmbann Neuengamme an. Michel wurde 1909 als Sohn eines Lehrers in Plauen geboren, machte das Abitur am Plauener Realgymnasium und studierte anschließend am Pädagogischen Institut der Universität Leipzig. Nach der Lehramtsprüfung erhielt er eine Anstellung als Probelehrer, war dann eine zeitlang arbeitslos, bis er 1933 als Aushilfslehrer im Kreis Auerbach angestellt wurde. Michel war wie viele seiner »Kameraden« sportlich aktiv, u. a. hatte er an einem VolkssportKurs teilgenommen und das Amt eines »Dietwarts« im Turnverein übernommen. Seit 1933 gehörte er der SS an. Während des Krieges kam er zur Ausbildung nach Buchenwald, wurde dort in der Lagerverwaltung beschäftigt und anschließend nach Neuengamme überwiesen; später war er auch im Lager Natzweiler tätig.328 Auch im KZ Niederhagen, das für die Bauvorhaben bei der Wewelsburg errichtet worden war, bestand eine Abt. VI. Leiter war Josef Hoffmeister, Volksschullehrer in Wünnenberg bei Büren. Hoffmeister war im Januar 1933 der NSDAP, im Juni 1933 der SS beigetreten. Mit Beginn des Krieges wurde er zu den Totenkopfverbänden eingezogen und kam zunächst nach Brünn und von dort zur KL-Verstärkung nach Sachsenhausen, von dort wurde er im Dezember 1939 als Wachmann nach Wewelsburg geschickt. 1941 gehörte er als Scharführer dem Wachkommando Wewelsburg an und war WE-Sachbearbeiter, danach Leiter der Abt. VI im Lager Niederhagen.329 In Ravensbrück waren die Lehrer Bauer und Pfab für die weltanschauliche Schulung zuständig. Die ersten Hinweise auf Schulungsaktivitäten stammen vom Dezember 1940: zu diesem Zeitpunkt wurden regelmäßige Vorträge durch den WE-Sachbearbeiter gemeldet. Im Juli 1942 ordnete die Kommandantur für jeden Mittwoch von 13 bis 14 Uhr eine weltanschauliche Schulung sowie für jeden Samstagnachmittag eine weltanschauliche Schulung speziell für die Aufseherinnen durch den Schulungsleiter an. Einmal die Woche wurden die Aufseherinnen zu einem einstündigen Appell zusammengerufen, bei dem sie Belehrungen über den Umgang mit Häftlingen, Aufgaben und Pflichten, Fragen der Disziplin etc. erhielten.330 Zu diesem Zeitpunkt (1942) war

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der Schulungsleiter vermutlich noch Albert Bauer, Volksschullehrer aus Küstrin. Bauer gehörte seit 1933 der NSDAP an, war Standort- und Bannführer der HJ, Presse- und Kulturstellenleiter und Sippenforscher. In Januar 1938 trat er in die SS ein. 1944 war er als Schulungsleiter bei der Waffen-Gebirgs-Division »Handschar« in Kroatien im Einsatz.331 1942 kam Fritz Pfab als Leiter der Abt. VI nach Ravensbrück. Er übte dieses Amt noch bis mindestens Dezember 1944 aus. Pfab war erst 1937 der Partei in Aue beigetreten, zu Beginn des Krieges wurde er zur Waffen-SS eingezogen und tat zunächst Dienst beim Wachsturmbann Sachsenhausen, ehe er nach Ravensbrück versetzt wurde.332 Die Abt. VI im KZ Riga war 1944 mit dem Oberscharführer Herbert Illgen besetzt, Volksschullehrer aus Bernstadt in Sachsen. Illgen, der seit 1933 der NSDAP angehörte, war schon 1941 als Unterrichtshelfer im Deutschunterricht für Volksdeutsche in Sachsenhausen eingesetzt gewesen. Im Oktober 1944, nachdem die Konzentrationslager im Baltikum wegen der heranrückenden Roten Armee geräumt worden waren, wurde er nach Groß-Rosen versetzt, das zu diesem Zeitpunkt erheblich erweitert wurde und immer mehr Menschen aufnehmen mußte.333 Etwas mehr Material ist über die Schulungsarbeit in Sachsenhausen erhalten. Im Oktober 1941 wurde Josef Mayerhofer von der IKL nach Sachsenhausen kommandiert, um dort die Abt. VI aufzubauen. Mayerhofer hatte die Lehrerbildungsanstalt Straubing besucht und arbeitete danach als Lehrer in Wegscheid. 1933 trat er in die NSDAP, 1937 in die SS ein. Er war Schulungswart der HJ und besuchte 1937 einen Lehrgang für Schulungsreder auf der Gauschulungsburg Plassenburg. Im November 1939 wurde er als Wachmann zur KL-Verstärkung Mauthausen eingezogen, im März 1941 kam er – vermutlich zur Ausbildung als Schulungsleiter – zur IKL und wurde von dort zum 5. Totenkopf-Sturmbann Sachsenhausen versetzt. 1942 wechselte er ins Schulungsamt über und wurde dort als Leiter der Abt. Feiergestaltung eingesetzt. In dieser Eigenschaft verfasste er einige Beiträge für das Leitheft und das Handblatt für die Weltanschauliche Schulung: »Als Nationalsozialisten glauben wir an eine göttliche Weltordnung«. Zusammen mit Albert Bauer kam er noch im Herbst 1944 an die Front zur Abt. VI der SS-Division »Handschar« in Kroatien. Von Mayerhofer sind Monatsberichte über seine Arbeit in Sachsenhausen von Oktober 1941 bis Januar 1942 erhalten.334 Im November-Bericht schreibt er, das Dienstzimmer der Abteilung sei eingerichtet und bezogen worden. Schreiber und Bücherwart war Josef Vossen, für den Deutschunterricht der Volksdeutschen verpflichtete man den Volksschullehrer Herbert Illgen, der später in den Konzentrationslagern Riga und Groß Rosen mit der Abt. VI betraut wurde. Für den Unterricht verwendete Illgen ein vom Schulungsamt herausgebrachtes Lesebuch, das in einfach gehaltener Sprache den Volksdeutschen die deutsche Geschichte aus nationalsozialistischer Perspektive nahe brachte.335 Josef Vossen, von Beruf Modellbauer und städtischer Angestellter in Aachen, war 1937 in die NSDAP eingetreten und zu Beginn des Krieges zur Waffen-SS eingezogen worden; nachdem er zunächst beim 1. Totenkopf-Infanterie-Regiment gedient hatte, kam er zum Totenkopf-Sturmbann Sachsenhausen. Der Abt. VI gehörte er bis zum Schluss als Mitarbeiter an.336 Nach seiner Einstellung im Herbst 1941 baute er zügig die Bibliothek des Lagers auf, die eine Leihbücherei für die Wachmannschaften und eine Handbibliothek für den Schulungsleiter umfasste. In der Leihbücherei standen im Januar 1942 bereits 1121 Bände, die Vossen registrierte. Die Abteilung wurde auch

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großzügig mit Schulungsmaterial durch D I/5 beliefert, so erhielt sie im November, Dezember und Januar jeweils rund 1000 Exemplare der Leithefte 6 bis 8. Jeden Monat wurden zwei bis drei Vorträge durch Mayerhofer und »Schulungsleiter-Anwärter« in den Einheiten gehalten, dazu kam die Schulung der Führer und Unterführer des Kommandanturstabes durch Mayerhofer. Themen waren: »Der Großgermanische Gedanke in der Geschichte«, »Das Großgermanische Reich«, »Gedanken zur Rede des Führers am 9.11.1941: Der Jude als Hauptfeind«, »Wesen und Bedeutung des Antikominternpaktes«, »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« und »Japan, Land und Leute«. Mayerhofer verband mit seiner Arbeit ehrgeizige Bildungsziele. Am 26.11.1941 eröffnete er das von der Abt. VI vorbereitete »SS-Bildungswerk«, gedacht »als Möglichkeit geistiger Anregung und kameradschaftlichen Beisammenseins von Führern, Unterführern und Männern«. Adolf Kleffel hielt die Eröffnungsrede. Das »Bildungswerk« sollte künftig jeden Dienstag einen Vortragsabend gestalten oder künstlerische Darbietungen organisieren. Im Rahmen dieses »Bildungswerks« gab es am 2.12. einen »Lehr-Tonfilm« mit Vortrag »Was ist die Welt?«, am 9.12. sprach Mayerhofer zum Thema »Wie feiern wir mit unseren Kindern Weihnacht, christlich oder deutsch?« Am 16.12. folgte ein Vortrag von Oberführer Dr. Krieger, dem Leiter des kriegsgeschichtlichen Forschungsinstitut der Waffen-SS, das auf dem Gelände von Sachsenhausen untergebracht war, mit dem Thema »Gedanken zum Fernost-Problem«, wohl auch als Vorbereitung zum im Januar behandelten Japan-Thema gedacht. Am 23.12. sprach Gerhard Schinke über »Das Reich als Ordnungsmacht«. Mit dem Weggang Mayerhofers zum Schulungsamt dürfte diese Sondervortragsreihe wieder eingeschlafen sein. Die Idee eines »Bildungswerks« wurde später aber doch in anderer, vereinfachter Weise durch das Schulungsamt realisiert, das etwa Anfang 1943 damit begann, in dichter Folge Experten und Schriftsteller auf Rundreisen zu Sondervorträgen und Lesungen in die Lager zu schicken. Mayerhofers Nachfolger war Erich Gossow, er leitete die Abteilung bis Anfang 1945. Gossow hatte nach einem heilpädagogischen Studium in Halle eine Anstellung als Sonderschullehrer in Quedlinburg erhalten; ab 1935 war er Volks- und Hilfsschullehrer in Stettin. 1933 trat er der NSDAP und dem NSLB bei. Gossow war Kreissachbearbeiter für Rassefragen im NSLB und veröffentlichte 1934 eine Abhandlung mit dem Titel »Erbgesund oder erbkrank?« in der Zeitschrift »Die deutsche Sonderschule«. Im gleichen Jahr trat er in die SS ein. Hier wurde er 1935 als Schulungsleiter beim SS-Nachrichtensturmbann Stettin und später als Schulungsleiter des SS-Oberabschnitts Nord im RuSHA eingesetzt. 1939 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS und kam zum Nachrichten-Ersatz-Regiment in Nürnberg. Nach einer Verwundung lag er längere Zeit im Lazarett; im März 1942 kam er zur Schulungsabteilung des IKL und wurde schließlich 1942 als Schulungsleiter im KZ Sachsenhausen eingesetzt; Ende 1944 wurde er zum Obersturmführer befördert.337 Damit hatte er auch den angemessenen Rang, um als »Sachbearbeiter und Führungsgehilfe« des Lagerkommandanten die weltanschauliche Erziehung der Truppe zu überwachen. Der Kommandant Anton Kaindl klagte in einem »Sonderbefehl zur weltanschaulichen Erziehung und nationalsozialistischen Führung« vom 12.12.1944: »Trotz mehrfacher mündlicher Belehrungen in meinen Dienstbesprechungen habe ich festgestellt, dass Führer der mir unterstellten Einheiten die Aufgaben der Weltanschaulichen Erziehung und nationalsozialistischen Führung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und

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dem nötigen Schwung erfüllen. Die Weltanschauliche Erziehung ist der taktischen Ausbildung in der Bewertung gleichgestellt.«

Zur Durchführung der »WE-Aufgaben« befahl Kaindl: »Der SS-Ostuf. Gossow als VI ist mein Sachbearbeiter und Führungsgehilfe in allen Fragen der WE und nsF. Er untersteht mir unmittelbar und ist für weltanschauliche Erziehung, nationalsozialistische Ausrichtung, politische Aktivierung der Truppe, einheitliche Ausrichtung und Gleichlauf der WE in meinem Befehlsbereich verantwortlich. Der VI gibt in meinem Auftrag die notwendigen Befehle und Anordnungen, überwacht laufend den Stand der WE der Truppe; ist berechtigt, am weltanschaulich-politischen Unterricht der Einheitsführer ohne vorherige Anmeldung teilzunehmen und die Unterkunftsräume der Unterführer und Männer ohne besondere Genehmigung jederzeit zur Rücksprache zu betreten. Bei Beurteilungen ist der VI anzuhören.«

Die weltanschauliche Erziehung der Truppe war Aufgabe des Einheitsführers; deshalb war dieser verpflichtet, am Unterricht des Schulungsleiters teilzunehmen und ihm rechtzeitig geplante Lehrgänge sowie größere personelle Änderungen mitzuteilen. »Der VI ist zu allen ausbildungs- und führungsmäßigen Dienstbesprechungen heranzuziehen.« All dies war nichts neues, sondern nur die Erneuerung bestehender Vorschriften. Neu war die Errichtung eines Kontroll- und Spitzelsystems: »Zug-, Gruppen- und Kommandoführer sind weitestgehend einzuschalten. Außerdem sind aus jeder Stubengemeinschaft geeignete Männer mit einwandfreier nationalsozialistischer Haltung als weltanschaulich-politische Aktivisten besonders heranzuziehen, um die weltanschauliche Erziehungsaufgabe auch von unten her zu unterbauen. Diese Männer haben die Aufgabe, den Kompanieführer selbst über politische Vorkommnisse in ihrer Stubengemeinschaft zu unterrichten und das schriftliche Material zur weltanschaulichen Erziehung und politischen Führung der Truppe zu verteilen. Der Kompanieführer hat sich regelmäßig durch Stichproben davon zu überzeugen, ob das Leitheft und besonders das ›Schwarze Korps‹ von allen Unterführern und Männern gelesen wird.«338

Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung am Beispiel der Konzentrationslager Stutthof und Auschwitz Am meisten Material zur Schulungsarbeit in den Konzentrationslagern ist aus Stutthof erhalten, so dass für dieses Lager eine exemplarische Studie möglich ist.339 Stutthof entstand zunächst als Zivilgefangenenlager der Polizeiverwaltung Danzig. Nach Beginn des Krieges sollten hier Polen interniert werden. Im Oktober 1941 wurde es dem IdS unterstellt, der zusätzliche Wachmänner als Polizeiverstärkung aus der Allgemeinen SS rekrutieren ließ. Alle SS-Angehörigen wurden im November 1941 in die Waffen-SS aufgenommen. Im Januar 1942 schließlich wurde das Lager zum Konzentrationslager erklärt und der IKL unterstellt. Gleichzeitig richtete man eine Abt. VI ein. 1942 und 1943 wurde sie von dem Verwaltungsinspektor Erich Müller geleitet, der zugleich die Funktion eines Lageradjudanten innehatte. Müller war bereits 1931 der NSDAP und 1932 der SS beigetreten. 1939 wurde er zur Polizeireserve Danzig eingezogen, 1941 in die Waffen-SS übernommen und im Januar 1942 zum Adjudanten und Führer der Abt. VI ernannt. 1943 folgte die Beförderung zum Obersturmführer, im Dezember 1943 wurde er zur Abt. VI nach Majdanek versetzt, wo er im März 1943

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verstarb.340 Sein Nachfolger war von Dezember 1943 bis vermutlich Februar 1944 zunächst der Sudetendeutsche Friedrich Knöchel, danach bis Anfang 1945 der ebenfalls aus dem Sudetenland stammende Lehrer Alois Panhans.341 Panhans wurde 1911 in Pomeisl als Sohn eines Oberlehrers geboren; nach Besuch der Lehrerbildungsanstalt Komotau arbeitete er als Volksschullehrer, 1937 erwarb er zusätzlich die Lehrbefähigung für Bürgerschulen und wurde als Fachlehrer eingestellt. Panhans war Mitglied der SdP, nach dem »Anschluss« 1938 der NSDAP und der SS. Zu Beginn des Krieges wurde er zur Totenkopf-Standarte »Ostmark« eingezogen und zur KL-Verstärkung Mauthausen kommandiert. Bis zum Januar 1944 arbeitete er in der Effektenkammer des Lagers Gusen; wegen Mißhandlung von Häftlingen wurde er 1947 in einem USMilitärgerichtsverfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt.342 Weitere Mitarbeiter der Abt. VI waren die Rottenführer Bergthold und Zahrt. Bergthold war Kinovorführer und verwaltete die Lagerbücherei, Zahrt war vermutlich Lehrer, da er neben Schreibarbeiten und Verwaltung des Schulungsmaterials auch für den Deutschunterricht der Volksdeutschen zuständig war.343 Zu Beginn seiner Amtszeit erläuterte Müller in einem Rundschreiben an die Kompanieführer die Aufgaben der weltanschaulichen Erziehung, die nach der »Anerkennung« des Lagers als Konzentrationslager und nach der Übernahme der SS-Angehörigen in die Waffen-SS nach den Richtlinien des SS-Führungshauptamtes zu erfolgen habe. Müller kündigte an, die Kompanieführer in Zukunft mit dem in Frage kommenden Schulungsmaterial zu versorgen und dieses mit ihnen zu besprechen. »Nach Eingang der in Aussicht gestellten Unterlagen sind dann wöchentlich wenigstens einmal weltanschauliche Themen in den Dienstplan aufzunehmen.« Für die 1. Kompanie ordnete er für die kommende Woche das Thema »Der politische Soldat der Waffen-SS« an, für die 3. Kompanie, die offenbar innerhalb des Lagers eingesetzt war, kündigte er einen »Sonderbefehl« an. Der Totenkopf-Sturmbann Stutthof bestand zu diesem Zeitpunkt aus 3 Kompanien mit jeweils etwa 150 Mann, Ende 1942 wurde eine 4. Kompanie zu Ausbildungszwecken aufgestellt, der vor allem Volksdeutsche und Ukrainer angehörten. Zuvor waren die Volksdeutschen des Sturmbanns in der 2. Kompanie als Ausbildungskompanie zusammengefasst worden. Um deren Deutschkenntnisse aufzubessern, wurden für sie ab Frühjahr 1942 in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Volksbildungswerk der DAF Gotenhafen Lehrgänge im Orpo-Lager Adlerhorst organisiert. An dem Lehrgang, der 40 Doppelstunden von jeweils 90 Minuten umfasste, nahmen 1942 fast 130 Männer teil. Sie erhielten während dieser Zeit auch eine Stunde wöchentlich weltanschaulichen Unterricht, dazu kam jeweils freitags eine Stunde Informationen zum politischen Tagesgeschehen. Von Ende April bis Ende Mai stand in 3 Stunden ein »Abriß der deutschen Geschichte von Heinrich I. bis zum 30. Januar 1933« auf dem Programm, die vierte Stunde war dem Thema »Englands blutiger Weg zur Weltherrschaft« gewidmet. Danach übernahm die Kompanie den Wachdienst im Konzentrationslager, der eine so intensive Beschulung nicht mehr zuließ. Zuvor fand eine schriftliche Prüfung über die Frage: »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg und welcher Lehren ziehen wir SS-Männer aus dieser Tatsache?« statt: »Die Arbeiten sind mit Namen, Datum, Zeitbeginn und -ende und dem Vermerk zu versehen, dass sie ohne fremde Hilfe gefertigt sind.«344 Weiterhin sollte aber möglichst zweimal im Monat eine weltanschauliche Schulung erfolgen.345 Im August sprach der Kompanieführer zum Thema »Deutschland ordnet Europa neu«. Anlässlich der Bombardierung

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von Köln und Hamburg hatte Müller den Kompanieführern besondere Anweisungen gegeben: Die Bombardierungen müsse man als »letzte verzweifelte Anstrengung, die seelische Haltung der Zivilbevölkerung zu erschüttern« werten. Man müsse sich klar machen: Wenn die Feinde die Oberhand gewinnen, »dass es dann ein für allemal mit dem Bestand der nordischen Rasse und eines Großdeutschen Reiches vorbei ist. Es darf kein 1918 geben und so muss auch jeder SS-Mann seine Haltung auf seine Sippe übertragen…. Bis zum 20.IX. ist deshalb mehr denn je über das Thema ›Deutschland ordnet Europa neu‹ zu schulen.«346 Im September behandelte man in der 2. Kompanie zweimal Politische Tagesfragen: »Unser Vordringen in die Ukraine und das Kaukasusgebiet, der Würgegriff an der sowjetischen Wehr- und Wirtschaftskraft« und »Der Schrei nach der 2. Front und deren Zusammenbruch bei Dieppe«. Danach war der Wachdienst im Lager offenbar zu Ende, denn im Oktober wurde der wöchentliche Schulungsrhythmus wieder aufgenommen; Themen waren: »Unser Führer; Die SS – Entstehung und ihre Aufgaben; Der Weg der NSDAP und ihre Machtergreifung; Welches waren die Gründe, die zum Krieg mit Deutschland führten?« Dazu kam der wöchentliche Unterricht zum Politischen Zeitgeschehen.347 Je nach äußeren Umständen, dies belegen die erhaltenen Dienstpläne, wurden die Kompanien und der Kommandanturstab einmal die Woche oder alle 14 Tage weltanschaulich geschult. Dabei scheint die 2. Kompanie auch weiterhin Ausbildungsaufgaben gehabt zu haben, die mit einer weltanschaulichen Grundbildung verbunden waren, da man hier auch 1944 noch den Zyklus »Abriß der deutschen Geschichte« fortsetzte. In der 3. Kompanie standen dagegen stärker tagespolitische Fragen und aktuelle, aufs Kriegsgeschehen bezogene Themen im Vordergrund.348 Während dieser Zeit wurden die Kompanien reichlich mit Schulungsmaterial versorgt: Im März erhielten sie Landkarten und Anschauungstafeln für den Unterricht, im April verteilte Müller anlässlich einer Hitler-Rede die Hefte »Der Untermensch« und »SS im Kampf«: »In den Einheiten muß die Weltanschauliche Schulung mehr denn je erfolgen. Diese Hefte zeigen in unzweideutiger Form, mit welchen Mitteln der Jude, die Hunnen der Jetztzeit, alles Germanische mit Stumpf und Stiel ausrotten möchten, andererseits mit welch heroischem Einsatz unser Heer, insbesondere die Waffen-SS als Orden den Kampf gegen das Untermenschentum zu bestehen hat und ausführt.«349 Im Mai folgten weitere Schulungs- und Lehrmaterialien, insbesondere SS-Liederbücher und, weil ein großer Teil der Männer nicht über den Frontverlauf im Osten Bescheid wusste, Soldatenatlanten; an die Ausbildungskompanie kamen 6 Exemplare des Werks »Die Sowjetunion, Raum und Völker« zur Verteilung, die 2. Kompanie erhielt 30 Exemplare des vom SS-Hauptamt herausgegebenen »Politischen Informationsdienstes«: »Von Zeit zu Zeit sind Fragen hieraus zu stellen, damit die Gewähr gegeben ist, dass insbesondere die Unterführer sich ernstlich mit dem politischen Tagesgeschehen befassen.« Daneben stellte Müller regelmäßig die »Informations-Mitteilungen des Wehrkreises XX« bereit. Im August 1942 stand das Thema »Deutschland ordnet Europa neu« auf der Tagesordnung, im September erhielt die Abt. VI vom HSSPF fünf Exemplare der Schulungsschrift »Atlantische Seegeltung«. Gleichzeitig wurde im August der Film »Der große König« und im September »Der ewige Jude«, mit dem Beifilm »Ostraum deutscher Raum«, vorgeführt. Daraufhin stand am 20.10. das Thema »Die Judenfrage« und am 26.10. »Der deutsche Ostraum« als Schulungsthema auf dem Dienstplan des Kommandanturstabes.350 Ernstes und Heiteres wechselten sich ab. Dem Film »Der ewige Jude« war eine

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Woche vorher der Film »Komödianten« vorausgegangen. Im September folgten die KdF-Veranstaltungen »Vertraute Melodien« und »Freut euch des Lebens«, im November wurde der Euthanasie-Film »Ich klage an« vorgeführt. Nach Rücksprache Müllers mit der Gau-Propagandaleitung erhielt Stutthof seit dem August 1942 jede Woche einen Spielfilm und die aktuelle Wochenschau zur regelmäßigen Vorführung mittwochs und donnerstags. Die Kommandantur äußerte selbst im August den Wunsch, man möge insbesondere Filme wie »Der ewige Jude« oder »Jud Süß« zusenden.351 Darüber hinaus herrschte in Stutthof, wie in anderen großen Konzentrationslagern, ein reges Vortragswesen: 3.3.43 OStuf. Max Junge (Chile-Deutscher): »Meine Forschungsreisen in Südamerika« 22.3.43 Fritz Kuck: »Der ferne Osten, geopolitisch gesehen«; »Japan, die Führungsmacht im Fernen Osten« 22.5.43 Oberstubaf. Amelunxen: »Überseeische und europäische Rohstoffe« 15.6.43 Prof. Wunderlich: »Das Mittelmeer im Ringen der Völker« 13.8.43 Rockenfeller: »Farbwunder zwischen Polarkreis und Sahara« 24.8.43 Dr. Herbert Albrecht: »Volks- und Finanzwirtschaft im Wechsel der Weltanschauung« 8.9.43 Fritz Kuck: »Das andere China« 7.10.43 Dr. Griebitzsch: »Die alte deutsche Stadt« 21.1.44 Maj. a.D. Damm: »Wikingerland in der Nordlandsonne« 1.3.44 Prof. Stuhlfath: »Das Ringen um die Neuordnung Europas« 8.6.44 Dr. Leonhard Blaß: »Wir tragen die Fahne«. Rezitationen aus Werken nationalsozialistischer Dichtung 27.6.44 Ernst Mühlbach (RPA): »Glück und Tragik der Vererbung« 7.9.44 Dr. Klement: »Wie kann Deutschland rohstoffmäßig durchhalten?« 23.10.44 Dr. Nelia Kabusch »Deutschland im Südostraum« 28.11.44 Beismann: »Kerngedanken der verschiedensten Zweige unseres nationalsozialistischen Gedankenguts«

Die Abt. VI sorgte nicht nur für ein Bildungs- sondern auch für ein reichhaltiges Unterhaltungsangebot. Wie alle Lager partizipierte Stutthof an den KdF-Veranstaltungen im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung und an kulturellen Angeboten der Region, die zweimal im Monat auf dem Programm standen. Dabei fiel das Hauptgewicht auf die leichte Muse, aber auch die höhere Kultur hatte ihren Platz – so verwaltete die Abt. VI ein Kontingent an Theaterkarten für das Danziger Staatstheater und organisierte Fahrten zu Opern-Aufführungen nach Elbing (»Freischütz«, »Tiefland«). Im Mai 1942 gab es in Stutthof einen italienischen Opernabend, die »Spielgruppe Brausewetter« machte mit Kammermusik und Liedern von Schubert, Mozart, Hugo Wolff und Brahms in Stutthof Station usw.352 Im Oktober 1944 übernahm Panhans Truppenbetreuungsmittel aus den Lagern Kauen und Riga, die inzwischen hatten aufgegeben werden müssen. Aus Kauen fielen neben zwei Exemplaren des »Neuen deutschen Geschichts- und Kulturatlas« der »Politische Informationsdienst« sowie diverse Schriften des SS-Hauptamtes, die in der Endphase des Krieges in der Schulungsarbeit auf dem Plan standen, an die Abt. VI, darunter »Das Reich und Europa«, »Europa und der Bolschewismus«, »Amerikanismus eine Weltgefahr«. Wohl im Angesicht des drohenden Untergangs wurde die Schulungsarbeit intensiviert: Ab Oktober 1944 belieferte die Abteilung D I/5 im WuVHA die Lager mit laufenden »Führungshinweisen« für die weltanschauliche Schulung, die sich hauptsächlich mit

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politischen und militärischen Ereignissen befassten.353 Gleichzeitig stellte Panhans selbst einen »Nachrichtendienst« für die Außenkommandos von Stutthof zusammen, um die Verbindung auch über größere Distanzen aufrechtzuerhalten. Ende Dezember begann er darüber hinaus damit, Stoffunterlagen für den wöchentlichen weltanschaulichen und politischen Unterricht der Kompanieführer zusammenzustellen. In der ersten JanuarWoche 1945 sollte es um das kriegsaktuelle Thema »Das Gerücht als Waffe des Feindes« gehen, danach stand aber schon wieder ein Grundlagenthema auf dem Programm: »Die SS ist ein Orden«. Zur Einarbeitung empfahl Panhans das zugehörige Handblatt für die weltanschauliche Erziehung (Thema 22) und den Lehrplan des SS-Hauptamtes. Für die Durchführung der Unterrichtsstunde gab Panhans folgende Anleitung: 1. Einleitung (Sigrunen, Himmler, Aufbau zur Eliteformation) 2. Die SS ist mehr als eine Formation, sie ist ein Orden (Unterschied zu christlichen Orden) 3. Die Ordenstugenden, nach denen sich die Lebensgestaltung eines jeden SS-Angehörigen zu richten hat. a) Reinheit des Blutes (Rassegesetze, Heiratsbefehl etc.) b) Freiheitswille und Kampfgeist (soldatische Tugenden, sportliche Ertüchtigung, Kampfgeist durch Weltanschauliche Schulung) c) Treue und Ehre. – Befehl über die Heiligkeit des Eigentums (Vorlesen und Erläutern des Befehls, aufzufinden im kleinen schwarzen SS-Kalender 1944 S. 30) d) bedingungsloser Gehorsam (in der SS = freiwilliger Gehorsam = bedingungslose Erfüllung jedes Führerbefehls = jedes nächst höheren Vorgesetzten). 4. Auswertung des Stoffs. Unser Einsatzgebiet heißt »Kriegsgebiet Konzentrations-Lager!« – »Nur eine auserwählte Truppe ist imstande, diesen einförmigen, entsagungsvollen, selbstlosen und ruhelosen Dienst zu versehen. Und nur der Mann bewährt sich an dieser Front, der sehr genau weiß, wozu er auf seinem Posten steht!«354

Panhans’ Nachrichtendienst erschien 14täglich und ist für die Zeit vom 17.10.1944 bis 15.1.1945 erhalten. Er sollte »die wesentlichsten Ereignisse des Krieges und der Politik in Kurznachrichten oder auch Dinge, die für unsere weltanschauliche Ausrichtung von Bedeutung sind« bringen und, so stellte Panhans es sich vor, an einem dienstfreien Abend durch den Kommandoführer vorgelesen werden. Der Nachrichtendienst sollte vor allem Zweifel zerstreuen: »Was antworten wir, wenn jemand fragt: Wo bleibt unsere Jagdabwehr?« Panhans wusste die Antwort: Deutschland baue ganz neue, überlegene Jagdmaschinen, die Produktion sei angelaufen und man werde schon im Januar mehr produzieren als Amerikaner und Engländer zusammen. »Wie steht es mit unserer Treibstoffversorgung?« Panhans beruhigte: neue Methoden der Treibstoffgewinnung seien entwickelt worden, 100 neue Werke seien in Bau. Andererseits schürte er Ängste vor dem Gegner: In den Grenzgebieten würden deutsche Frauen von den Bolschewisten geschändet, alte Männer und Greisinnen würden niedergemacht; wenn der Krieg verloren ginge, seien Millionen deutsche Männer zur Sklavenarbeit für die Sowjetunion gezwungen, jüdische Ärzte würden sie sterilisieren etc.355 Die intensivierte »Aufklärungsarbeit« über den Kriegsverlauf war sicher auch an die Wehrmachtsangehörigen gerichtet, die Mitte 1944 für Stutthof rekrutiert, in die Waffen-SS übernommen und im Juli als II. SS-Wachbataillon aufgestellt worden waren.356 Dokumente über die Arbeit der Abt. VI in Auschwitz sind kaum erhalten, aber anhand der Kommandanturbefehle von Auschwitz lässt sich die Tätigkeit der Abt. VI zumin-

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

destens für die Jahre 1943/44 wenigstens ansatzweise rekonstruieren; allerdings geben die Kommandanturbefehle mehr Auskunft über die kulturelle Truppenbetreuung als über die eigentliche Schulung. In Auschwitz waren im Durchschnitt etwa 3.000 bis 4.000 SS-Angehörige beschäftigt. Für sie wurden verschiedene »Bildungs- und Unterhaltungsangebote« organisiert. So gab es eine SS-Bücherei und Fortbildungskurse in Deutsch, Rechnen, Kurzschrift und Maschineschreiben; es gab Trainingsabende für Leichtathleten, Sportwettkämpfe, Fußballspiele mit anderen SS- und Polizei-Einheiten, das Lager unterhielt eine eigene Ski-Hütte für Wochenendurlaube, eine »SS-Sturmbannkapelle« spielte einmal wöchentlich abends im Kameradschaftsheim. Immer wieder wurden auch Bücher günstig angeboten: »Allen Gewalten zum Trotz« (Bilder vom Feldzug im Osten, herausgegeben vom OKW), »Mit den Panzern in Ost und West« von Guderian, »Kampf der Pioniere« von Rossmann, »Einsatz der Polizei. Bei den Polizeibataillonen in Ost, Nord und West« von Richter; »Neue Erziehung« von Stellrecht, »Deutscher Osten, Land der Zukunft« von Hoffmann, »Hoch am Winde im Pazifik« von Lübke. Im August 1944 kamen 1618 Exemplare der Broschüre »Glauben und Kämpfen« zur Verteilung an die Wachleute aus dem Südosten. Im Januar 1942 wurde der regelmäßige Besuch weltanschaulicher Schulungsabende einmal die Woche vorgeschrieben357, wenig später wurden 14tägig stattfindende Schulungsabende für Führer angeordnet. Anordnungen vom Juli und November 1944 weisen darauf hin, dass man auch in Auschwitz bestrebt war, eine regelmäßige weltanschauliche Schulung abzuhalten. Am 7.1.1944 findet sich der Eintrag: »Die Schulungspläne für das nächste Vierteljahr sind ausgegeben. Die Schulungen sind unter allen Umständen durchzuführen. Zum 22. jeden Monats ist Vollzug über die im Plan angegebenen Themen zu erstatten.« Neben regelmäßigen Fortbildungskursen und Schulungen gab es immer wieder besondere Schulungs- und Vortragsveranstaltungen. Die folgende Zusammenstellung zeigt aber, dass das Unterhaltungsprogramm den größeren Raum einnahm, auch wenn die Zahl politischer und weltanschaulicher Vorträge im Verlauf des Jahres 1944 deutlich zunimmt. Bei diesem Programm stand offensichtlich das Bemühen im Vordergrund, die SS-Angehörigen vom täglichen Geschehen in Auschwitz abzulenken und einen Schein von Normalität herzustellen, so als handle es sich um eine vorbildlich geführte Betriebsgemeinschaft.358 Schulung und Truppenbetreuung für das SS-Personal und -Gefolge im KZ Auschwitz359 1940 16.8.

Kameradschaftsabend für alle SS-Angehörige und Frauen

1941 10.4. KdF-Vorstellung: »Die Töchter Josefs« (Schwank, sudetendeutsche Bauernbühne) 28.5. Beginn von Fortbildungsveranstaltungen 3.6. KdF-Abend im Salesianerkloster von Auschwitz (BDM-Spielschar) 21.6. Sportfest: leichtathletische Sportwettkämpfe zur Sommersonnenwende 4.7. Gründung der SS-Sportgemeinschaft Auschwitz 13.7. Handball- und Fußball-Wettspiele der SS-Sportgemeinschaft 19.7. Kameradschaftsabend 17.10. Uscha. Knittel übernimmt die weltanschauliche Schulung der SS-Angehörigen ab 23.11. Fortbildungskurse Mi (f. Unterführer) + Fr. (f. Mannschaften) 7-8.30: Deutsch + Rechnen (Dienst); Kurse hält Leiter Abt. VI

Totenkopfverbände und Konzentrationslager-SS

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1942 Januar: Knittel nimmt vom SS-FHA eine »Kinotheatermaschine« entgegen. 12.1. Abt. VI erhält 116 Exemplare »Ewiges Deutschland«, 125 »Dunkelmännerbriefe«, 250 SS-Liederbücher und 5 Handharmonikas vom SS-FHA 22.1. Schulung des Kommandantenstabes: weltanschauliche Schulungen für alle Angehörigen jeden Montagabend 19-20 Uhr (Pflicht) März: Abt. VI fordert 510 SS-Kalender an; 427 Bücher angeschafft ohne Datum: Anschaffung von 500 Büchern; Handbuch für Singeleiter, Liederbücher, »Deutsche Weihestunden« u. a.; Europakarten 10.4. ab 14.4. jeden Di + Do ab 18 Uhr Trainingsabende für Leichtathleten 29.4. Anordnung 14tägig stattfindender Schulungsabende für Führer (Dienst); SS-Sturmbann-Kapelle soll einmal wöchentlich abends im Kameradschaftsheim spielen 11.5. Abt. VI erhält Handharmonikas und Landkarten 20.5. Knittel erhält von DI/5 Schallplatten, Musikinstrumente und Landkarten 27.5. von Höss unterzeichnete Aufstellung über die im März durch die Abt. VI eingekauften Truppenbetreuungsmittel: u. a. 427 Bücher, 66 Mundharmonikas, ein Cello, Schallplatten, Gesellschaftsspiele und 20 Tischtennisspiele 6.7. Stabsführer Ostuf. Mulka sind Abt. VI (Truppenbetreuung) sowie Schulung und Ausbildung der Aufseherinnen des FKL unterstellt 16.9. Knittel bescheinigt den Empfang einer umfangreichen Sendung von Büchern und Schulungsmitteln: 840 Bücher aus der Goebbels- und Rosenberg-Spende360, 1000 Unterhaltungshefte, 100 Exemplare von Storms »Schimmelreiter« sowie 60 Hefte »Zucht und Sitte« und 64 »politische Aufklärungsschriften« 3.10. Knittel bescheinigt den Empfang von 20 Radios sowie diversen Bildern, Sprüchen und Buntdrucken zur Ausgestaltung der Unterkünfte 19.10. Knittel nimmt 8 Europakarten entgegen 27.10. Bescheinigung über die Entgegennahme von Truppenbetreuungsmitteln 28.11. Knittel nimmt Landkarten von Deutschland und Europa und 10 Rundfunkgeräte für die Mannschaftsunterkünfte entgegen 18.12. Entgegennahme von 19 Paketen und 9 Julleuchtern 2.12. OScha. Fritsche nimmt für die Abt. VI 25 Pakete mit Schriften des VDA entgegen 1943 12.2.

Schulungsvortrag von HStuf. Vogel vom SS-HA-Schulungsamt Berlin (für Führer und Unterführer) 15.2. »Goethe – ernst und heiter« gesungen und gesprochen von Kammersängerin Inger Karen, Staatsschauspieler Horst Bogislav von Smelding am Seiler-Konzertflügel, Kapellmeister Rolf Schroeder (sämtlich Mitglieder des Sächsischen Staatstheater Dresden361 ab 15.2.43 allgemeinbildende Lehrgänge in Deutsch, Kurzschrift und Maschineschreiben, zweimal wöchentlich abends eineinhalb Stunden für 3 Monate; Lehrer für sämtliche Kurse Ostuf. Huhn: Kurzschrift Di + Fr. 20-21, Deutsch: Di + Fr. 21-22; Beginn 19.2.43. 16.2. »Sonniger Süden« (Kunst der Nationen in einer europäischen Revue: Sopran, Tänzerin, Meistergeigerin, Vortragskünstler, König der Mundharmonika, Attraktionsorchester) 19.2. Beginn dreimonatiger Lehrgänge in Kurzschrift und Deutsch 23.2. »Prinzessin Grete« (Operette, Stadttheater Mährisch-Ostrau) 3.3. Übergabe einer Kinotheatermaschine, eines Musikschranks mit 50 Schallplatten sowie 29 gehefteter »Soldatenbriefe«; wegen großer Nachfrage Nachbestellung von SS-Kalendern

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 11.3. 15.3. 17.3. 23.3. 28.3.

Bücherkiste erhalten »Die drei Eisbären« (Lustspiel, Schauspielhaus Breslau) Bücherkiste erhalten zwei Bücherkisten und 8 Fahnen erhalten Gemeinschaftsessen mit Angehörigen der deutschen Einwohnerschaft von Auschwitz, mit anschließendem »Großen bunten Nachmittag« 31.3. Behrends bescheinigt den Empfang von 5 Bücherkisten 1.4. Lustspiel »Hilde und die 4 PS« (Gautheater Magdeburg/Anhalt) 5.4. Schwank »Gitta hat einen Vogel« (Städtische Bühnen Kattowitz/Königshütte) 6.4. DI/5 versendet 28 Bücher an Abt. VI 20.4. »Allen Gewalten zum Trotz«, Bilder vom Feldzug im Osten, Hg. OKW, kann über Abt. VI zu 1,50 RM bestellt werden 27.4. Variété-Veranstaltung »Humorvoller Angriff« (Gastspielunternehmung Heinz Virneburg/KdF-Gaudienststelle Kattowitz) 4.5. Abt. D I/5 übersendet Schriften für die weltanschauliche Schulung: Schulungsunterlagen Nr. 12-16, Taschenjahrbuch für 1943, »Die Sprache der menschlichen Leibeserscheinung«, »Rassenpolitik«, »Arbeitsbuch für den Deutschunterricht«, »Bauerntum«; »Was ist ein Volk?«; »Volk und Reich«; »Sicherung Europas« 11.5. »Bezauberndes Fräulein« (Operette von Bernatzky) Rechnungen über 570 Bücher von Mai bis Oktober 1942 21.5. »Stunde heiterer Musik« (Haydn, Mozart, Schumann, Dvorak, Boccherini) (freiw.) 24.5. Variété-Revue »Zwei Stunden bunt und heiter« (Dienst) 4.6.43 Abt. VI nimmt Buchbestellungen entgegen: »Mit den Panzern in Ost und West« von Guderian; 27.7. »Kampf der Pioniere« von Roßmann; »Einsatz der Polizei. Bei den Polizeibataillonen in Ost, Nord und West« von Richter; »Neue Erziehung« von Stellrecht 7.6. »Heimliche Brautfahrt« (Lustspiel) (Dienst) 8.+9.6. Vortrag »Überseeische und europäische Rohstoffe« (Ostubaf. v. Amelunxen) (Dienst) 17.6. »Großer bunter Abend« (Gesang – Tanz – heitere Vorträge) (Dienst) Juli: Abt. VI bittet D I/5 um einen zusätzlichen Musikschrank 24.8. »Lustiges Variété« (Dienst) 30.8. Knittel erhält Welt-, Europa-und Großdeutschlandkarten; am 31. folgt ein Satz Spiele 6.9. Fußball- und Handballspiele gegen SS-Sportgemeinschaft Oranienburg 19.9. Knittel bescheinigt den Empfang einer Spielesammlung und einer Führerbüste, die jedoch völlig beschädigt eintraf 1.10. Abt. VI nimmt Buchbestellungen entgegen: »Deutscher Osten, Land der Zukunft« von Prof. Heinrich Hoffmann; 4.10. »Gestörte Hochzeitsnacht« (Schwank) (Dienst) 30.10. Erntefest der Landwirtschaftsbetriebe 23.11. »Der Strom« (Schauspiel) 26.11. »Die Frau ohne Kuß« (Operette von Walter Kollo) 28.11. »Der gestiefelte Kater« (Filmvorführung) 29.11. »Beschwingte Musik« 1.12. Empfang eines Schmalfilmgerätes 8.12. Vortrag Knittel: »Zeitgemäße Fragen der Erziehung zu deutscher Kultur« 10.12. Schulungsabend für alle Führer 11.+18.12. Julfeiern 19.12. Kinderjulfeier 20.12. Empfang von 2 Bücherkisten 21.12. Kameradschaftsabend für Führer

Totenkopfverbände und Konzentrationslager-SS 1944 10.1. 12.1. 12.1. 13.1. 27.1. 2.2. 8.2. 9.2. 15.2.

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Robert Gaden und sein Orchester Führer-Schulungsabend Unterführer-Schulungsvortrag »Volksdeutsch – Reichsdeutsch« (Knittel) »Das unbekannte Spanien«, Lichtbildervortrag »Die große Nummer« (Volksstück) Führer-Schulungsabend »Kupferne Hochzeit« (Komödie) Schulungsabend »Russland und das Mittelmeer« Unterführer-Schulung »Die politische und militärische Bedeutung der Bandenkämpfe auf dem Balkan« 17./18.2. »Achtung, der Feind hört mit« (Filmaufführung, Spionagefilm) 21.2. »Musikalische Köstlichkeiten aus Oper und Operette 22.2. Anordnung: Kompanieführer haben wöchentlich einmal, in Außenlagern alle 14 Tage Belehrungen abzuhalten über: Verhalten als Häftlingsbegleitposten, als Häftlingspostenführer, als Turmposten; Häftlingsmißhandlung, Verhalten bei Flucht von Häftlingen, Verhalten auf Wache, auf der Eisenbahn, im Urlaub; Erziehung der Wachmannschaften 22.2. Rezitationsabend 28.2. Vortrag »Das Volksdeutschtum in der reichsdeutschen Gemeinschaft« 29.2. »Abend der Tanzkunst« (Raimonda-Ballett von der Skala Berlin) 1.3. Führer-Schulungsabend 3.+4.3. Filmvorführung »Du gehörst zu mir« (mit Willi Birgel) 5.3. Tag der Wehrmacht: Fußballspiel; Variété-Programm, Reiten und Wagenfahrten für Kinder u. a. 10.3. Unterführer-Schulung »Gegen die Intellektuellen – für die Intelligenz« 22.3. Entgegennahme von Buchbestellungen: »Hoch am Wind im Pazifik« von F.W. Lübke 28.3. Großer bunter Abend (mit Filmschauspieler Johannes Riemann) 3.4. + 25.4. »Paganini« (Operette von Lehar, Stadttheater Mährisch-Ostrau) 9.5. Knittel nimmt eine umfangreiche Sendung von Büchern, Landkarten und anderen Truppenbetreuungsmitteln entgegen, darunter 11 Radiogeräte, 11 Musikschränke, Musikinstrumente, 130 Schallplatten, Hitler-, Himmler- und Göringbilder sowie die Mappe »Deutsche Kunstausstellung« 9.5. Führer-Abend 15.5. Vortrag »Das Ringen im Osten im Rahmen der Gesamtkriegslage« (für Aufseherinnen, SS-Helferinnen, Schwestern und das in den Dienststellen des SS-Standortes Auschwitz tätige weibliche Gefolge der Waffen-SS) 16.5. »Der Biberpelz« (Komödie von G. Hauptmann, Oberschlesisches Landestheater Beuthen) 22.5. Schulungsvortrag »Die Invasion« 23.5. »Wiener Abend« (mit Künstlern der Staatsoper, des Burgtheaters, des deutschen Volkstheaters Wien, des Zentraltheaters Dresden und des Opernhauses Breslau) 31.5. Vortrag »Die deutsche Luftkriegsführung« 1.6. »Besinnliches und Heiteres in Wort und Ton« (Staatsschauspielerin Ilse von Tschurtschenthaler, Paul Hierl und Edith Morten-Hierl) 8.6. für die Abt. VI trifft eine umfangreiche Spielesammlung ein 12.6. Unterführerschulung »Fragen um die deutschen Kriegsgefangenen in Russland« (Vortrag Knittel) 23.6. »Der fremde Gast« (Kriminalstück, Oberschlesisches Schauspieltheater Gleiwitz)

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 29.6. Juni: Juni:

»Perlen der Artistik« (Variété-Revue, Gastspieldirektion Sluka/Prag) Knittel bescheinigt den Empfang von 10 Rundfunkgeräten Jahrbücher der Deutschen Volksgruppen in Ungarn, Kroatien und Nordschleswig für die Bibliothek eingetroffen 14.7. Sämtliche Einheiten melden dem Standortältesten zum Sonnabend jeder Woche 12 Uhr, wann und wo die Schulung der betreffenden Einheit in der darauffolgenden Woche stattfindet 14., 17. und 21.7. allgemeiner Schulungsvortrag »Die Vergeltung« (Knittel) 18.7. Gastspiel der Filmschauspielerin Maria Landrock 20.7. Knittel bescheinigt den Empfang von 3 Bücherkisten und Schulungsschriften, darunter »Die Feier, 1. und 2. Gabe« und »Böhmen und Mähren« 25.7. Schulungsvortrag für Führer: »Der Nationalsozialismus in seiner Stellung zum deutschen und europäischen Geistesleben« (Knittel) 26.7. Knittel bescheinigt den Erhalt von 5 Bücherkisten 27.7. Gastspiel Tanz- und Schauorchester Bernhard Etté 4.8. Schulungsvortrag für weibliches Personal: »Die Lage an den Fronten im Hinblick auf die Gesamtkriegsführung« 8.8. Unterführerschulung »Die Türkei im Spiegel europäischer Politik« 11.8. allgemeiner Vortrag »Chemie als Wissen und Waffe« (Dr. R. Klement) 26.8. die Abt. VI erhält 360 Schallplatten 31.8. Broschüre »Die größten Moskitos der Welt« (Schädlingsbekämpfung); – Broschüre »Glauben und Kämpfen« (1618 Ex. an Deutsche aus dem Südosten) 5.9. Führerschulung »Politisches Spiel um die Türkei« (Vortrag Knittel) 12.9. Unterführerschulung »Die innerstaatliche und europäische Bedeutung des Umsturzes in Rumänien« (Vortrag Knittel) 30.9. Abt. VI erhält von D I/5 Musikschränke, 20 Radios, 2 Bücherkisten, Spiele, 2 Pakete mit Schulungsmaterial u. a. 3.10. größere Sendung mit Spielkarten und Würfelspielen sowie 20 Rundfunkgeräte eingetroffen 8.10. Knittel nimmt Schriften zur weltanschaulichen Schulung und Truppenbetreuung entgegen, u. a. das »Handbuch zur Judenfrage« von Theodor Fritsch, »Morgen marschieren wir«, den Sonderdruck »20. April«, »Vorschläge zur Abhaltung einer Totenfeier«, »Deutsche Stunden«, »Lebenswunder«, »Kämpfer, Künder, Tatzeugen« 16.10. Führerschulung »Die politische Lage und die Vordringlichkeit der weltanschaulichen Führungsaufgabe« 17.10. Unterführerschulung »Aktuelle politische und weltanschauliche Fragen« 31.10. Knittel bescheinigt den Empfang von 80 »Handblättern für die Weltanschauliche Erziehung« und anderen Schulungschriften 1.11. Jeden Mo. 10 Uhr findet für Führer der Einheiten beim Leiter der Abt. VI eine Besprechung über das jeweilige Schulungsthema der Woche und die allgemeine Lage statt 2., 3. + 6.11. allgemeiner Vortrag »Das Reich in Gefahr« (Knittel) ab 6.11.4 berufsbildende Kurse in Deutsch und Rechnen Di + Fr. 6-7 Uhr (Wissensvertiefung, um später nach der Militärsdienstzeit in mittlere und gehobene Beamtenlaufbahnen einzutreten. – Besuch der Kurse läßt zu wünschen übrig) 13.11. Führerschulung zur politisch-militärischen Lage (Knittel) 14.11. Unterführerschulung »Die Schuld des Bürgertums am politischen Zusammenbruch der Balkanstaaten« (Knittel) 5.12. Abt. VI erhält 15 Rundfunkgeräte, Zigaretten und 80 Bücher 12.12. Gastspiel des Komikers Jupp Hassel

Schulen der Waffen-SS

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15.12. Unterführer-Schulungsvortrag »Steuben, deutscher General und Wegbereiter der US-amerikanischen Unabhängigkeit« (Knittel) 19.12. Gastspiel der Tanzkapelle Hans-Langen 16.+23.12. Julfeiern 22.12. Kinderjulfeier 1945 18.1. 23.1.

Lichtbildervortrag »Deutsche Kultur in Siebenbürgen« Unterführer-Schulungsvortrag »Feindliche Flugblattpropaganda«

II.3. SCHULEN DER WAFFEN-SS Die Waffen-SS unterhielt ein umfangreiches System von Schulen, das vor allem während des Krieges auf- und ausgebaut wurde: Führerschulen und Unterführerschulen, Sanitätsschulen und eine SS-ärztliche Akademie, Panzerschulen, Waffen- und Pioniertechnische Lehranstalten, Artillerieschulen, Kraftfahrschulen, eigene Berufsschulen usw. All diese Schulen dienten militärischen Zwecken und unterschieden sich nicht wesentlich von entsprechenden Ausbildungsstätten der Wehrmacht. Von Anfang an erfüllten sie jedoch auch weitergehende, SS-spezifische Ziele, zu denen insbesondere die weltanschauliche Erziehung – sowohl als eigenes Unterrichtsfach (»Schulung«) wie auch als fächerübergreifendes Prinzip (»Erziehung«) – gehörte.362 In den Anfangsjahren des Dritten Reichs wurden zwei »Junkerschulen« in Bad Tölz und Braunschweig gegründet, in denen 9 bis 10 Monate dauernde militärische Führer-Lehrgänge durchgeführt wurden; die Lehrgänge begannen in Tölz im April 1934, in Braunschweig im April 1935. Während des Krieges folgten zwei weitere Schulgründungen in Klagenfurt (November 1943) und Prag (Juli 1944), außerdem die Führerschule der Germanischen Leitstelle »Haus Germanien« in Hildesheim, die aber keine militärische Ausbildungsstätte war. Die Braunschweiger Führerschule der Waffen-SS wurde nach den Bombardierungen der Stadt, in deren Folge auch das Schloss beschädigt wurde, in dem die Schule untergebracht war, im Frühjahr 1944 nach Treskau bei Posen verlegt, wo bereits eine Unterführerschule bestand.363 In der Nähe von Prag, beim Truppenübungsplatz Böhmen und Mähren, entstand 1942 ein umfangreicher Komplex an Einrichtungen der SS-Unterführerschulung: die Artillerieschule Beneschau, die Pionierschule Hradischko (beide Juli/August 1942) und die Panzer-Grenadier-Schule Prosetschnitz (Dezember 1942), später umbenannt in Kienschlag. Gegen Ende des Krieges wurden Teile der Prager Führerschule hierhin verlegt; Anfang 1945 existierte hier auch eine Panzerjägerschule. Einrichtungen und Soldaten wurden in den umliegenden Gebäuden untergebracht. Für den Gesamtkomplex waren 65 Gemeinden mit insgesamt 30.986 Menschen zwangsausgesiedelt worden.364 Bereits 1937 war in Oranienburg eine Unterführerschule der Totenkopfverbände errichtet worden; sie wurde im Oktober 1939 für die Ausbildung der neu aufgestellten Standarten der Totenkopf-Division nach Breslau verlegt und im Frühjahr 1940 in Lublinitz/Oberschlesien fortgeführt. Weitere Unterführerschulen entstanden 1940 in Lauenburg/Pommern, 1941 in Radolfzell, 1943 in Laibach und 1944 in Arnheim.365 Daneben gab es

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

spezielle Kraftfahrschulen, Reitschulen und Nachrichtenschulen, in Glau (Brandenburg) existierte eine weitere Artillerieschule, in Oranienburg bestand eine Dolmetscherschule, in Wien eine Sanitätsschule und eine Kraftfahrtechnische Lehranstalt etc. In Berlin war eine »SS-ärztliche Junkerschule« geplant, die 1941 als »SS-ärztliche Akademie« in Graz errichtet wurde. Für den Unterricht waren neben einem Lehrer für nationalsozialistische Weltanschauung auch Zivillehrer für Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Rechtschreibung, Stenographie und Maschineschreiben vorgesehen.366 Leiter der Grazer Akademie wurde Dr. Dr. Hans-Hermann Kaether, 1941 noch Stellvertreter des Standortkommandanten von Oranienburg-Sachsenhausen und Kommandeur des Sanitäter-Ersatzbataillons. Ein Merkblatt für »Führeranwärter der SS-ärztlichen Laufbahn« regelte 1940 die Zugangsvoraussetzungen: »Bedingungsloses Bekenntnis zum Nationalsozialismus und den Gedankengängen der Schutzstaffel sowie absolute Gesundheit, Freiheit von körperlichen Mängeln, einwandfreie Konstitution, Abstammung aus erblich nicht vorbelasteter Familie.« Auch hier sollte eine militärische Ausbildung bei der Waffen-SS vorangehen: »Der Anwärter für die SSärztliche Laufbahn muß sich zuerst als Soldat (Waffenträger) bewähren und die Eignung zum SS-Führer nachweisen, bevor er sein Studium beginnt«. Zu den Zulassungsbedingungen gehörte daher eine mindestens 6monatige Waffenausbildung und der Besuch eines 12monatigen Lehrgangs an einer der Junkerschulen. Die Kriterien waren für diese Gruppe besonders streng. Neben den üblichen Unterlagen wie Führungszeugnis, Ahnennachweis etc. hatten die Bewerber noch drei Bürgen aus der »SS der Heimatformation« anzugeben.367 Zentraler Ort für die Ausbildung im Nachrichtenwesen war Nürnberg, daneben errichtete die Waffen-SS eine Nachrichtenschule in Metz und eine Schule für Nachrichtenhelferinnen in Oberehnheim/Elsass, die 1943 in Betrieb ging. Außerdem unterhielt die SS mehrere Berufsschulen, die vor allem die Aufgabe hatten, die Männer der Verfügungstruppen bzw. der Waffen-SS auf das Berufsleben nach dem Ausscheiden aus dem Dienst vorzubereiten. 1937/38 entstanden überregionale Berufsschulen in St. Georgen im Schwarzwald und in Schleißheim bei München; die Schule in St. Georgen wurde später nach Schleißheim verlegt, im Verlauf des Krieges kamen weitere Einrichtungen in Mittweida und Hainspach (Sudeten) sowie eine Berufsoberschule für Führerbewerber der Waffen-SS in Gebweiler/Elsass mit einem technischen Zug in Ulm und einem landwirtschaftlichen in Rufach/Elsass hinzu; ein Verwaltungszug war in Heidenheim geplant. In Mittweida bestand eine »Berufseinsatzkompanie für Kriegsversehrte der Waffen-SS«. Einen schulischen Charakter mit berufsbildenden Funktionen hatte auch das SS-Genesenden Bataillon, das 1943 in Wesserling im Elsass stationiert war und Dienstleistungen für die Gebweiler Schule übernahm; Ende 1944 wurde es in die Nähe der Ulmer Berufsoberschule nach Langenau verlegt.368 Bis zu seiner Räumung Ende 1944 war im Elsass ein ganzes Netz von Ausbildungseinrichtungen entstanden, zu denen auch das Ausbildungslager Sennheim als zentrale Schulungsstätte für »germanische Freiwillige« gehörte.369 Länderspezifische Einrichtungen entstanden in den Niederlanden, Belgien, Dänemark und Norwegen (siehe unten). Für alle diese Schulen lassen sich »Abteilungen VI« und ein weltanschaulicher Schulungsbetrieb nachweisen. Die Führer- bzw. »Junkerschulen« dienten der Heranbildung eines eigenen Offiziersnachwuchses der Waffen-SS. Das Ziel der Junkerschul-Lehrgänge bestand nicht

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nur darin, einen eigenen, weltanschaulich geschulten Offiziersnachwuchs für die Verfügungstruppen heranzuziehen, Himmlers Vorstellung war vielmehr ein militärisch und weltanschaulich durchgebildetes Führerkorps der SS insgesamt, so dass im Idealfall z. B. ein SD-Führer zuvor auch einen Lehrgang der Junkerschulen durchlaufen hätte. Laut Erlass vom 17.8.1938 sollten die Schulen zudem den Führernachwuchs der bewaffneten SS und der Polizei heranbilden und somit Ausbildungsstätte für das von Himmler avisierte Staatsschutzkorps sein.370 Tatsächlich gingen auch nur 24 bis 32% der Absolventen der Vorkriegs-Führerlehrgänge in Tölz und Braunschweig anschließend zur Verfügungstruppe, die anderen gingen in die SS-Hauptämter, zum SD, zu den Totenkopfverbänden oder – 1937 war dies mit 40% sogar der größte Anteil – zur Ordnungspolizei.371 Himmler dachte sich die Junkerschulausbildung als Eingangsstufe eines höheren Bildungsprozesses, der bereits militärische Praxis-Erfahrungen voraussetzte, mit einer vereinheitlichenden Grundausbildung begann, und an dessen Ende ein qualifizierter SS-Führer stand, der militärische und weltanschauliche Tugenden mit einem fachspezifischen Wissen verband.372 Zu diesem Konzept gehört auch die enge Zusammenarbeit mit den SS-Mannschaftshäusern, aus denen man akademischen Nachwuchs zu rekrutieren hoffte. So fanden beispielsweise 1938 und 39 in der Tölzer Junkerschule wissenschaftliche Lehrgänge der Mannschaftshäuser statt, an denen auch die WS-Lehrer aus Tölz und Braunschweig teilnahmen.373 Erst während des Krieges wurden die Junkerschulen zu Stätten primär der Ausbildung des Führernachwuchses der Waffen-SS; ein Merkblatt vom Juni 1941 hob aber auch jetzt noch hervor, dass sich jeder Bewerber zugleich für eine Speziallaufbahn als Führer im SD, als SS-Arzt, im Verwaltungsdienst, im Rasse- und Siedlungswesen oder in der Ordnungspolizei bewerben könne. Die Zulassung zu einem Junkerschullehrgang setzte eine mindestens 9monatige Grundausbildung bei der Truppe voraus, davon 3 Monate im Feld. Vor der Aufnahme musste eine Prüfung abgelegt werden, danach wurde man zum »SS-Junker« ernannt (dies entsprach dem Rang des Unterscharführers), nach einer Zwischenprüfung wurde man zum Standartenjunker, nach erfolgreicher Abschlussprüfung zum Standartenoberjunker bzw. Untersturmführer ernannt.374 Die Absolventen der Lehrgänge besuchten anschließend in der Regel noch einen Zugführerkurs in Dachau bzw. – während des Krieges – an einer Waffenschule der SS. Die Dauer der »Kriegsjunkerlehrgänge« wurde auf 9, dann 6 Monate reduziert, zusätzlich wurden Kriegs-Reserve-Junkerlehrgänge von 3 bis 4 Monaten Dauer eingeführt. 1942 begann man in Tölz auch mit dem Aufbau einer Ausbildung des »germanischen« Führernachwuchses; im Januar 1943 begann hier nach einem 10wöchigen Anwärterlehrgang der 2. »Germanische Führerlehrgang« unter Leitung des Lehrgruppenkommandeurs Klingenberg. Nach einer Anordnung Himmlers hatten sich alle Bewerber zuvor einer rassischen Musterung durch Eignungsprüfer des RuSHA zu unterziehen.375 Alle Lehrgänge beinhalteten einen politisch-weltanschaulichen Unterricht, der von »Lehrern für weltanschauliche Schulung« (WS-Lehrer) erteilt wurde. Dafür waren in der Regel 4 Wochenstunden vorgesehen; in den Lehrgängen für »germanische Offiziere« lag der Anteil bei 5 Stunden, in den Lehrgängen für versehrte Führerbewerber, die auch in besonderer Weise der Auswahl künftiger WS-Lehrer und Führer der Abteilungen VI dienten, bei 8 Wochenstunden.376 Der weltanschaulich-politische Unterricht erhielt zusammen mit dem Fach »Taktik« die höchste Bewertungsziffer,

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

die das Gewicht in der abschließenden Note festlegte. Der 8. Kriegsjunkerlehrgang z. B., der von Juni bis Dezember 1942 lief, umfasste 48 Wochenstunden, davon entfielen 4 auf politisch-weltanschauliche Schulung, 2 auf Leibesübungen; für die versehrten Führerbewerber des Lehrgangs waren 40 Wochenstunden angeordnet, davon 8 für politische Schulung, 6 für Leibesübungen.377 In der Aufnahmeprüfung mussten zuvor Fragen zur Allgemeinbildung beantwortet werden: »1. Nennen Sie einige große deutsche a) Philosophen, b) Dichter, c) Komponisten, d) Maler, e) Erfinder und d) Entdecker. 2. Wer war Gutenberg? 3. Was verstehen Sie unter ›Entfaltung‹ bzw. ›Entwicklung‹? 4. Wer ist Ihr liebster Schriftsteller? Nennen Sie einige Werke von ihm. 5. Nennen Sie eine Insel von Niederländisch Indien. 6. Bilden Sie einen sinnvollen möglichst kurzen Satz, der folgende Wörter enthält: Bach, Blatt, Bauern, Weg. 7. Welches sind die Ursachen der Streuung einer Waffe?« Insgesamt standen den Kandidaten etwa 40 Minuten zur Verfügung. 378 Nach zwei Monaten folgte eine Zwischenprüfung, in der für das Fach »Politische Schulung« zwei Themen zur Wahl gestellt wurden: »Der Ordensgedanke der SS« oder »Das Reich als europäische Ordnungsmacht«, für deren Bearbeitung 75 Minuten zur Verfügung standen. Für die Abschlussprüfung im November lautete das Thema »Das Reich und der Kampf im Osten«, diesmal standen 2 Stunden zur Verfügung. Im folgenden 9. Kriegsjunkerkehrgang war das Thema der Zwischenprüfung: »Unsere Gegner behaupten: Im nationalsozialistischen Deutschland gibt es keine Freiheit mehr! Welche Antwort geben Sie auf diesen Vorwurf?«379 Generell sollte der weltanschauliche und politische Unterricht an den Junkerschulen während des Krieges eine historisch-weltanschauliche Legitimation für den deutschen Führungsanspruch in Europa vermitteln. Im Vordergrund standen zum einen die Reichsidee, deren Entwicklung und Verwirklichung Deutschland zur Mitte Europas machen sollte, zum anderen die »lebensgesetzlichen« Grundlagen des Nationalsozialismus, die vermeintlich mit den Erkenntnissen der modernen Biologie im Einklang standen. Beide Ebenen versuchte man in einer rassengeschichtlichen Konstruktion zu verknüpfen. Vor allem in den Curricula der letzten Kriegsjahre wird dieses Bestreben sichtbar. An der Junkerschule Klagenfurt lauteten die Prüfungsaufgaben für den 12. Kriegsjunkerlehrgang 1944: »Was führte zum Verfall der nordischgermanischen Staatsgründungen?« (Zwischenprüfung) und »Die weltanschaulichen Gegner des Reichsgedankens und ihre Abwehr« (Abschlussprüfung). Für die Prüfer wurden die Lösungen mitgeliefert. So wurden für den »Verfall der nordisch-germanischen Staatengründungen« sechs Faktoren genannt: »1. Das Fehlen einer eigenen Idee, 2. Bruderkampf und Partikularismus, 3. Fehlen des Blutsnachschubs, 4. Kriegsverluste und Gegenauslese, 5. Notwendigkeit großer Staatengründungen trotz Menschenmangels, 6. Blutliche und seelische Zersetzung.« Die Benotung richtete sich nach der Zahl der richtig dargestellten Faktoren. Ähnlich war für die Beurteilung der Abschlussarbeiten nach der Darlegung des »Wesens des Reichsgedankens« die Zahl der richtig dargestellten weltanschaulichen Gegner (Weltjudentum, Liberalismus, politische Kirche, Bolschewismus etc.) und der entsprechenden »Abwehr« maßgeblich. Die Benotungsskala reichte von 3 bis 7 (= ausgezeichnet); fehlte einer der weltanschaulichen Gegner, so reichte es noch für eine 5, wurde »der Jude« nicht als »wichtigster weltanschaulicher Gegner herausgearbeitet«, erhielt der Kandidat nur eine 4.380

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Die Junkerschule Tölz Die erste Junkerschule wurde im April 1934 in Bad Tölz eröffnet. Die Planungen begannen bereits 1933. Der Tölzer Stadtrat stimmte im Juni 1933 dem Verkauf eines Anwesens an die SS zu und begrüßte das Vorhaben, eine Führerschule zu errichten, weil man auf zusätzlichen Arbeitsaufträge und Einnahmen hoffte und sich eine »lebendige Reklame« für den Kurort versprach. Der Kreis-Schulungsleiter und Volksschullehrer Albert-Leo Eichstädter, der gerade vom RuSA mit dem Aufbau der weltanschaulichen Schulung in der Standarte »Oberbayern« beauftragt worden war, hielt anlässlich der Errichtung der Schule eine Rede in Bad Tölz über die bevölkerungspolitischen Aufgaben der SS. Der erste Kurs begann im April 1934 mit 100 Schülern und ging bis zum Dezember des Jahres. Das Zusammenleben von Schule und Kurort gestaltete sich aber anfangs eher schwierig; bald kamen Klagen über Ruhestörungen und Beschwerden von Kurgästen, die sich durch Signalblasen und frühen Weckruf um 5.30 Uhr, lauten Gesang, Schießübungen und »Maschinengewehrknallereien« belästigt fühlten. Hinzu kamen Klagen wegen ungebührlichen Verhaltens und Ordnungswidrigkeiten alkoholisierter SS-Männer. Im September 1936 erstellte die Polizei einen Bericht an den Bürgermeister, in dem unter anderem nächtliche Parademärsche, lautes Singen des Horst-Wessel-Liedes noch um 1.45 nachts, Raufereien zwischen Angehörigen der KdF und der SS, Anpöbelungen und Beleidigungen von Polizisten und anderes aufgelistet wurden; zwei SS-Männer hätten nachts Bänke umgeworfen und mit dem Gewehr auf die Bänke eingeschlagen, in einem anderen Fall hatten SS-Männer betrunken in einem Lokal randaliert, einer hätte ständig unter den Tisch uriniert.381 Da der Kurbetrieb spürbar litt und die Schule gleichzeitig expandierte, beschloss man, die Schule an den Stadtrand zu verlegen und begann mit umfangreichen Baumaßnahmen für eine wesentlich vergrößerte Kaserne, die Ende 1937 bezogen wurde.382 In den Kellerräumen der Schule wurden ab 1940 Häftlinge aus dem KZ Dachau untergebracht, die für laufende Bau- und Instandhaltungsarbeiten eingesetzt wurden. Von Mai 1934 bis September 1935 war der Diplomlandwirt Herbert Peters an der Junkerschule Tölz als Schulungsleiter und Lehrer für weltanschauliche Erziehung tätig. Horst Rechenbach vom RuSA beauftragte ihn im März 1935 mit der Ausarbeitung eines Lehrplans. Peters legte daraufhin ein Curriculum vor, das die Zustimmung des RuSA fand; es sah insgesamt 26 Unterrichtsstunden zu folgenden Themen vor: I.

Umriss des Aufgabenkreises des RAS (1 Std.) Nationalsozialismus, nordische Abstammung der Deutschen, nordische Weltanschauung, geschichtliche Entwicklung des Reiches, seiner Menschen, Kultur und geistigen Ideen. Christentum und nordisches Wesen. Brauchtum, Rassenkunde, Bevölkerungspolitik, Rassenhygiene, Neubildung des deutschen Menschen. Volk und Raum, Siedlung, Familienkunde. II. Weltanschauung und Brauchtum (6 Std.) Kurzer Überblick über Geschichte und Stand der Weltanschauungsfragen und ihre Bedingtheit aus der Beschaffenheit der Menschen. Weltanschauung als Ausdruck der Seele und der Rasse. Germanentum. Geschichtliche Entwicklung der Weltanschauungen im Deutschen Gebiet seit Eintritt in die Geschichte. Die nordische Weltanschauung und ihre Gegner. Christentum, Kirche und nordischer Mensch. Mittel und Weg zur Wiederaufrichtung der nordischen Gedankenwelt. Pflege des Brauchtums und seine Ausgestaltung im nordischen Sinn.

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS III. Rassenkunde (6 Std.) Ursachen von Aufstieg und Verfall der Völker unter Berücksichtigung der rassischen Gesichtspunkte. Deutsche Rassenkunde in Geschichte und Gegenwart. Rassische Auslesevorgänge durch die verschiedenen Lebensvorgänge. Beurteilung von Rassen nach Äusserem, Seele und Leistung. Die rassische Zusammensetzung und ihre Beeinflussungsmöglichkeit durch Auslese, Gesetzgebung und Aufklärung. Rassenpolitik als Grundlage der Reichspolitik. IV. Bevölkerungspolitik, Rassenhygiene (9 Std.) Deutsche Bevölkerungszusammensetzung nach rassenhygienischen Gesichtspunkten in der Geschichte. Heutige Zusammensetzung. Ursachen der Wandlung. Ziel der Deutschen Bevölkerungspolitik. Vererbungslehre, Vererbungsgesetze. Wege zur Neubildung, Zucht und Aufnordung des Deutschen Menschen, Verlobungsbefehl, Erbhofgesetz, Sterilisationsgesetz, Landjahr usw. Siedlungsfrage, Neubildung von Bauerntum. Reichsnährstand und SS. Musterungsrichtlinien, praktische Durchführung einer Musterung. V. Sippenforschung (3 Std.) Die Stellung des nordisch bedingten Menschen zu Sippe und Staat. Notwendigkeit der Verbundenheit mit Blut und Boden. Vererbung und Sippe. Zucht des gesunden Menschen. Praktische Anleitung zur Familienforschung. VI. Schrifttum und Zusammenfassung (1 Std.)«383

Dieser frühe Lehrplan zeigt den starken Einfluss, den das von Darré geführte RuSHA zu diesem Zeitpunkt auf die Konzeptualisierung der weltanschaulichen Schulung in den Führerschulen hatte.384 Peters, ein Mann der ersten Stunde, der schon dem Deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbund angehört und sich bereits 1922 der NSDAP angeschlossen hatte, war selber Mitarbeiter im Verwaltungsamt des Reichsbauernführers; seine Tätigkeit in Tölz war nur von kurzer Dauer, denn im Herbst 1935 wurde er als Leiter der Abteilung »Blutsfragen« zur Verwaltung des Reichsnährstandes nach Goslar berufen.385 Auch sein Nachfolger, der Landwirt und Zollbeamte Willi Plähn, der von November 1935 bis April 1937 in Tölz als »Rassereferent« und WS-Lehrer arbeitete, wird ein Vertreter der Blut-und-Boden-Ideologie gewesen sein; er wechselte im Frühjahr 1937 als Referent für Musterung und Schulung zum RuSFührer Thole nach Dresden.386 Als »Hilfslehrer für Rassenkunde und Vorgeschichte« wirkte zur gleichen Zeit der Volksschullehrer Herbert Förster in Tölz. Förster war zum 1.4.1936 »auf Vorschlag der Regierung Schleswig« als Privatlehrer an die Privatvolksschule der Führerschule berufen worden, die dort eigens für den Unterricht der Kinder der verheirateten SS-Angehörigen eingerichtet worden war. Förster hatte an der Pädagogischen Akademie in Kiel ein Volksschullehrerstudium absolviert und später noch ein Universitätsstudium aufgenommen. Er war Doktorand bei Erich Jaensch in Marburg und promovierte 1941 mit der Arbeit »Psychophysische Auswirkungen der Inzucht. Vergleichende Untersuchungen in zwei hessischen Dörfern«.387 1936 war außerdem Dr. Rudolf Krieger als Lehrer für Taktik und Kriegsgeschichte in Tölz eingestellt worden, dem später die Leitung der kriegsgeschichtlichen Forschungsabteilung der Waffen-SS in Sachsenhausen übertragen wurde.388 Von Oktober 1937 bis Dezember 1940 war Ernst Fick 1. WS-Lehrer in Tölz; er war zuvor für ein halbes Jahr zur Einarbeitung als Schulungsleiter an der Führerschule Braunschweig gewesen. Neben ihm arbeitete während der gleichen Zeit der Volksschullehrer Kurt Hartmann als WS-Lehrer in Tölz. Hartmann gehörte seit 1928 der

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NSDAP an, war Propagandaleiter, Gauredner und, nachdem er 1933 noch ein Studium der Geschichte, Rassenkunde und Pädagogik aufgenommen hatte, Hauptabteilungsleiter für Politische Erziehung bei der Studentenschaft Göttingen. 1934 wechselte er als »Wissenschaftlicher Sekretär der Politischen Fachgemeinschaft« zur Universität Hamburg, 1935 war er in Hamburg Mannschaftshausführer und Schulungsleiter der SS, im folgenden Jahr trat er als Schulungsreferent in die Dienste des Rassereferenten Nordost, im Herbst 1937 kam er als Obersturmführer und WS-Lehrer nach Tölz.389 Während Ficks Amtszeit begannen sich die Themenschwerpunkte der weltanschaulichen Schulung zu verändern. Ein Ausbildungsplan für einen 12-Wochen-Lehrgang für Führeranwärter der VT-Standarte »Deutschland« in Tölz vom Sommer 1938 berücksichtigte neben der Rassenlehre verstärkt »gegnerkundliche«, politische und organisationsbezogene Themen: 3.-9.7. Geschichte der SS; Wesen und Aufgaben der SS (Lehrgangsleiter) 11.-16.7. Geschichte der SS (Wdh.); Unterschied zwischen SS-VT und Wehrmacht 18.-23.7. Geschichte der SS-VT; Verlobungs- und Heiratsbefehl der SS 25.-30.7. Blutsgedanke der SS 31.7.-6.8. Ehrenordnung der SS; Rassenlehre 15.-20.8. Die politische Kirche [22.-27.8. Einsatz bei Verbandsübungen der SS »Deutschland«] 29.8.-3.9. Judentum; Politische Geographie 5.-10.9. und 12.-17.9. Programm der NSDAP, Politische Geographie; Außenpolitik des Reichs 19.-24.9. Die Entwicklung der Weltlage seit dem großen Kriege.

Während des Lehrgangs waren 5 schriftliche Arbeiten anzufertigen. Zur Ausbildung gehörten auch Anweisungen zu allgemeinen Lebens- und Umgangsformen wie Benehmen gegen Vorgesetzte, Verhalten in der Öffentlichkeit, Tischsitten und »Erziehung zur Höflichkeit, Schlichtheit und Ehrerbietung vor der deutschen Frau«.390 Die nationalsozialistische Rassenlehre bildete aber weiterhin einen Kernbestandteil der Ausbildung. So wurden etwa im Juli und August 1942 folgende Prüfungsthemen für die schriftliche Abschlussprüfung im 8. Kriegsjunkerlehrgang ausgegeben: »Die Sünde wider Blut und Rasse ist die Erbsünde dieser Welt und das Ende einer sich ergebenden Menschheit« und »Welche Gedanken verbinden Sie mit den Worten des Führers aus ›Mein Kampf‹: ›Ein Staat, der im Zeitalter der Rassenvergiftung sich der Pflege seiner besten rassischen Elemente widmet, muß eines Tages zum Herrn der Erde werden.‹«391 Vor Beginn und während des Krieges diversifizierten sich mit den Ausbildungsaufgaben die Lehrgangsformen. 1938 kamen Führeranwärterlehrgänge hinzu, in denen die Bewerber nach Ableistung eines 9- bis 12monatigen Truppendienstes in Lehrgängen von sechs bis acht Wochen Dauer auf die Führerlehrgänge vorbereitet wurden. Mit Beginn des Krieges wurde die Zulassung zu einem Lehrgang daran gebunden, dass die Bewerber zuvor mindestens 3 Monate eine praktische Ausbildung bei einem Ersatz-Truppenteil erhalten und sich anschließend mindestens 3 weitere Monate im Feldeinsatz »bewährt« hatten.392 In den Lehrgängen waren in der Regel 4 Wochenstunden weltanschauliche Schulung vorgesehen; später sollte sich dieser Anteil je nach Funktion der Lehrgänge erhöhen. In Tölz wurde ab 1942 die Ausbildung der »germanischen Offiziere« konzentriert, während die Braunschweiger Schule sich unter ande-

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

rem auf die Ausbildung von Mitarbeitern der Abt. VI spezialisierte. Im Januar 1943 wurde Peter Paulsen, Professor für Vor- und Frühgeschichte, als Lehrer für »politische Schulung« der germanischen Freiwilligen nach Tölz geholt; er fungierte als »Berater des Kommandeurs für die besonderen germanischen Aufgaben auf dem Gebiet der Weltanschaulichen Erziehung« und leitete darüber hinaus ein »Seminar für WE-Lehrer und Hilfslehrer« in Tölz.393 Paulsen verfügte in Tölz über einen kleinen Stab aus wissenschaftlichen Mitarbeitern, die ihm folgten, als er 1944 die Leitung der »Politischen Führerschule Haus Germanien« in Hildesheim übernahm. Im Zuge der Expansion der Waffen-SS und insbesondere der zunehmenden Rekrutierung germanischer Freiwilliger, Volksdeutscher und anderer Angehörigen von Ländern außerhalb des Deutschen Reichs rückten auch andere Themen in den Vordergrund, die vor allem auf eine historisch-politische Legitimation des deutschen Führungsanspruchs in Europa abzielten. Ein (undatierter) Lehrplan aus dieser Zeit sah folgende in 20 Wochen zu behandelnde Themen für den weltanschaulich-politischen Unterricht vor: 1. a) Einführung, Klärung von Grundbegriffen; b) Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg 2. Nationalsozialismus, Sinngebung germanischen Lebens 3. Die ewigen Lebensgesetze 4. Vererbung, Rasse und Rassenpolitik 5. Die Indogermanen 6. Die Germanen (von 1800 vor bis etwa 300 nach Ztr.) 7. Mittelmeer- und Ostvölker (militärische und geistige Auseinandersetzungen bis zur fränkischen Christianisierung) 8. Der Eintritt der mittel- und nordeuropäischen Völker in die Geschichte. a) Arten der Geschichtsbetrachtung, b) Von den Stämmen zu den Staaten. 9. Das Reich der Deutschen (Idee und Wirklichkeit von Karl dem Großen bis Konradin) 10. Der Norden, Westen und Süden 11. Kampf um die Gestaltung des Ostens (einschließlich Gegenwart) 12. Zwischenprüfung 13. Die geistigen, politischen und wirtschaftlichen Fragen des Mittelalters 14. Die Herausbildung der modernen Nationalstaaten 15. Reformation, 30jähriger Krieg und 1648 16. Europäische Geschichte des 18. Jh. (besondere Behandlung der geistigen Strömungen) 17. Europäische Entwicklung im 19. Jahrhundert 18. a) Weltkrieg und Zeit bis 1933, b) NSDAP, Wesen, Programm 19. a) NSDAP, Wesen, Programm und Entwicklung, b) Die SS 20. Der Führer

In der 22. Woche fand die Schlussprüfung statt. Der Lehrgang dauerte 26 Wochen, von denen die letzten Wochen teils frei, teils für Truppenübungen vorgesehen waren.394 Der weit ausholende Rückblick auf die altgermanische Geschichte sollte das gemeinsame rassische, kulturelle und historische Erbe von Reichsdeutschen, Volksdeutschen und Angehörigen der »germanischen« Länder betonen. Gemeinsam sollten sie den Kampf für die »Rettung des Abendlandes« gegen die vom »internationalen Judentum« angeführte »Koalition der Feinde« führen. Unter dem Thema »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« wurde, wie aus den Schulungsunterlagen hervorgeht, der 2. Weltkrieg als ein Kampf zwischen Deutschland und dem »Weltjudentum« gedeutet

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und eine »britisch-jüdische Koalition« behauptet, die bis auf die Zeiten Cromwells zurückreiche. In ihr habe die »britische Raffgier« ihre Wurzel. Der »jüdisch-englischen Welt des Geldes« und der Ungebundenheit wurde die deutsche »Welt des Herzens« und der völkischen Verpflichtung gegenübergestellt. »Der Jude« sei das »Bindeglied« zwischen (westlicher) Plutokratie und (östlichem) Bolschewismus. Unter dem Titel »Lebensgesetze« blieben aber auch die Themen Rassenkunde, Vererbungslehre und Bevölkerungspolitik bis zum Schluss weiter in den Lehrplänen präsent. Dem »4. Lehrgang für germanische Offiziere«, der im März 1944 in Tölz begann, lag ein »Rahmenplan für die weltanschauliche Erziehung an den SS-Junkerschulen« zugrunde, der folgende Hauptthemen vorsah, die im Laufe eines knappen halben Jahres in jeweils 5 Wochenstunden zu behandeln waren: I. Lebensgesetzliche Grundlagen (1.-6. Woche) II. Reich und Europa (7.-17. Woche) 1. Indogermanisch-germanische Grundlagen – Die Indogermanen (7.-8. Woche) – Die Germanen (9.-10. Woche) 2. Das Reich des Mittelalters (11.-13. Woche) 3. Die Auflösung der europäischen Einheit in die moderne Staatenwelt (14.-15. Woche) 4. Das 19. Jahrhundert (16-17. Woche) III. Europa und der Nationalsozialismus (18. und 19. Woche) IV. Die SS (20. und 21. Woche).395

Im Abschnitt »Lebensgesetzliche Grundlagen« war man um eine naturwissenschaftliche Begründung bemüht. In einem erläuternden Kommentar zum Lehrplan heißt es: »Erkenntnis: Auch der Mensch ist den Gesetzen des Lebens (Kampf, Vererbung, Auslese usw.) unterworfen. Der Nationalsozialismus hat als biologisch begründete Weltanschauung diese Gesetze zur Grundlage unseres Handelns, Denkens und Fühlens gemacht. – Zu behandeln sind: Die Lebensgesetze (z. B. Rasse, Vererbung, Kampf ums Dasein usw.), Beziehungen zwischen Mensch und Raum (einschl. Grundzüge der Geopolitik). Die Biologie als Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung. Vererbungslehre (Lamarckismus, Darwinismus, Neodarwinismus, Zellforschung einschl. Befruchtung, Chromosomenforschung, Zwillingsforschung, Mendelsche Gesetze und Regel, allgemeine Grundlagen der menschlichen Vererbungslehre). Allgemeine Bedeutung der Vererbungslehre für Rassenkunde und Rassenpolitik. Rassenkunde (Mensch und Rassenentstehung, die Rassen der Menschheit, die Rassen Europas, Rasse und Kultur, die rassische Zusammensetzung der europäischen Völker), Rassenpflege und Erbpflege (Gesetzgebung). Bevölkerungspolitik.«

Der Abschnitt »Europa und der Nationalsozialismus« nahm u. a. auf aktuelle Aufgaben der nationalsozialistischen Ostraum-Politik Bezug, die jetzt als »europäische Aufgaben« ausgegeben wurden: »Schaffen eines neuen Rechtes, Wirtschaft, wirtschaftliche Bedeutung des Ostens für Europa, Landschaftsgestaltung, Siedlung und Siedlungsform, Richtlinien für die Siedlung im Osten, Einvölkerung und Umvolkung, Menschenführung, Technisierung«. In Durchführungsbestimmungen zum »Rahmenplan« wird die Erziehung zum »fanatischen, politischen Soldaten mit Verständnis für das germanisch-europäische Problem« zum Ziel erklärt; ein solcher Soldat müsse über eine entsprechende »Haltung, politisches Wissen, Fähigkeit zur Mundtotmachung von Zweiflern und Gerüchtemachern und weltanschauliche Lehrbefähigung« verfügen. Um diese Ziele zu erreichen, sei eine bloß vortragende Lehrmethode nicht ausreichend:

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS »Durch andauerndes Aufstellen von Problemen … ist der Junker zu selbständigem Denken und zur Begründung seiner Meinung anzuhalten. Der Gebrauch von oberflächlichen Schlagworten ist zu unterbinden. Zu erstreben ist ein selbständiges logisches Gestalten im Rahmen der Aufgabenstellung sowohl im Unterricht wie vor allem bei den Prüfungsarbeiten. Gedankenloses Nacherzählen des vom Lehrer gebrachten Stoffs zeigt eine geistige Unbeweglichkeit, die in einer entsprechenden Minderbewertung ihren Ausdruck finden muß.«396

Im Juli 1944 erging ein Befehl Himmlers, an allen Junker- und Reservejunkerlehrgängen »SS- und Polizeiwesen« als eigenes Unterrichtsfach aufzunehmen. Offenbar war beabsichtigt, eine »SS-eigene« Institutionenkunde neben dem weltanschaulichen Unterricht zu etablieren. Während des Lehrgangs sollte jeweils »ein maßgebender SSFührer« aus jedem Hauptamt über das entsprechende Arbeitsgebiet sprechen.397 Der Lehrplan war auch in diesem Fall auf ein knappes halbes Jahr (22 Wochen) ausgelegt, für das Fach waren 2 Wochenstunden vorgesehen, in der Bewertung sollte es dem Heerwesen gleichgestellt sein: »1. Woche: Allgemeine Geschichte der SS 2. Wo. Die SS als Männerbund und als Sippenorden 3. Der lebensgesetzliche Gedanke in der SS 4./5. Grundgesetze der SS und Befehle des RFSS 6./7. Organisation und Gliederung der SS 7. Die Hauptämter des RFSS und ihre Aufgaben: a) Allgemeines 8. b) SS-HA 9. c) RSHA 10. d) RuSHA 11. Zwischenprüfung und Ausgleich 12. e) HA Orpo 13. f) SS-Wirtschafts- und Verwaltungs-HA 14. g) RFSS-Pers.Stab 15. h) SS-Pers.HA; i) HA SS-Gericht 16. k) SS-FHA 17. l) Dienststelle SS-Ogru.f. Heißmeyer 18. m) StabsHA (RKFDV) 19. n) HA VoMi 20. Schlußprüfung und Ausgleich 21. Reichsarzt-SS und Chef Fernmeldewesen 22. Zusammenfassung.«398

»SS-spezifische« und nationalsozialistische Inhalte waren aber, dem Lehrziel des »politischen Soldatentums« entsprechend, auch in den Fächern der militärischen Ausbildung präsent. So waren zum Beispiel im Fach »Heerwesen« nach dem Lehrplan vom März 1944 in den ersten sechs Wochen zu behandeln: »Einführungsunterricht. Der germanische Wehrgedanke im Laufe der Jahrhunderte bis zur Gegenwart. Die Berufspflichten des deutschen Soldaten. Die Erziehungsaufgabe des Heeres nach Adolf Hitler ›Mein Kampf‹.« Im weiteren Verlauf waren unter anderem durchzunehmen: »Grundgesetze der SS und Polizei«, »Standes- und Berufspflichten des SSFührers«, »Verhalten des SS-Führers im Führerkorps. Der SS-Führer als politischer Erzieher seiner Männer und sein Einfluß auf die politische Ausrichtung unserer Völker«.399

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Die Abt. VI wurde in den Junkerschulen immer stärker ausgebaut, je mehr die Waffen-SS expandierte und je näher das Ende des Krieges rückte. 1938 waren den Schulen in Tölz und Braunschweig jeweils drei WS-Lehrer zugestanden worden,400 im Herbst 1944 waren in Tölz mindestens 6 WS-Lehrer und Schulungsleiter der Abt. VI tätig. Die WS-Lehrer und Hilfslehrer waren in der Abt. »Weltanschauliche Erziehung« zusammengefasst, deren Leitung jeweils der dienstälteste WS-Lehrer innehatte.401 Insgesamt ließen sich 26 Schulungsleiter und WS-Lehrer der Junkerschule Tölz ermitteln. Neben den schon genannten, die von 1934 bis 1940 unterrichteten, waren dies ab 1941: – Dr. Heribert Bell, nach Lehramtsstudium Museumsassistent, 1940 Promotion bei Paulsen, der ihn als Mitarbeiter zuerst nach Tölz holte und anschließend zum Haus Germanien mitnahm (s. u.). – Hermann Buhl, geboren 1915 in Nikles/Sudeten, von Beruf Diplomkaufmann, 1938 der NSDAP und der SS beigetreten, 1939 Untersturmführer im SD-Hauptamt, 1944 WS-Lehrer in Tölz.402 – Alois Eder, 1919 in St. Florian geboren; er war noch vor dem »Anschluss« Österreichs als Gymnasiast der SA beigetreten und aus politischen Gründen inhaftiert und, wie es scheint, von der Schule verwiesen worden. Im April 1938 ging er zur SS und diente bei der Totenkopf-Standarte »Brandenburg«. Nach einer Verwundung, die er sich beim Kriegseinsatz zuzog, kam er zum Rassenamt des RuSHA in Berlin und wurde 1941 zum Hilfseignungsprüfer ausgebildet. 1943 nahm er an einem Führeranwärterlehrgang in Tölz teil, wurde anschließend zum Untersturmführer ernannt und 1944 als WS-Lehrer eingesetzt.403 – Anton Egerter, Jahrgang 1904, Hauptschullehrer. Er trat 1938 der NSDAP und der SS bei und war vom Dezember 1939 bis zum Oktober 1940 in der Grenzpolizeischule Pretzsch stationiert. 1943 nahm er an einem Lehrgang für estnische und norwegische Offiziere in Tölz statt, wurde zum Untersturmführer ernannt und als WS-Lehrer eingestellt; auch er kam 1944 zur Junkerschule Prag.404 – Hans Henning Festge, 1911 in Oberschlesien geboren; er studierte Jura und Volkswirtschaft in Jena und Berlin, gehörte seit 1929 der NSDAP, seit 1930 der SS an und war Mitarbeiter im Hauptschulungsamt der Reichsorganisationsleitung; nach einer Oberschenkelamputation wurde er 1943 als WS-Lehrer für die germanischen Freiwilligen in Tölz übernommen. Im Juni 1944 wurde er als WS-Lehrer und Leiter der Abteilung VI zur neu eröffneten Junkerschule Prag versetzt.405 – Gustav Haumann, geboren 1902 in Bochum, Theologe und Lehrer; er gehörte seit 1933 der NSDAP an und war Gauschulungsbeauftragter der Partei. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, 1943 war er als Untersturmführer bei der Nachrichtenschule der Waffen-SS, danach kam er nach Tölz und wechselte im Juli 1944 als WS-Lehrer an die Junkerschule Prag.406 – Dr. Hans Karner, 1906 in der Steiermark geboren, Studienrat, seit 1933 Parteimitglied, Gauredner und Kreisamtsleiter, 1938 SS-Schulungsleiter; er wurde nach einem Lehrgang in Tölz dort Ende 1942 als WS- und Sprachlehrer (Deutsch für germanische Freiwillige) eingestellt.407 – Artur Körwien, 1910 in Berlin geboren, 1944 im Lazarett an einer Kriegsverletzung gestorben. Nach einem abgebrochenen Jura-Studium meldete er sich zu den Totenkopf-

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verbänden und wurde dort als Schulungsführer eingesetzt; 1940 war er als Sachbearbeiter beim Befehlshaber der Waffen-SS in Norwegen, Anfang 1941 kam er als WS-Lehrer zur Unterführerschule Radolfzell und von dort im Mai 1941 in gleicher Funktion nach Tölz; 1944 wurde er zur Panzer-Grenadier-Schule Prosetschnitz versetzt.408 Paul Krellmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Reichsbund für Biologie, beim Institut zur Erforschung der Judenfrage und beim Ahnenerbe; er war 1942 Leiter der Abt. VI beim Ausbildungsbataillon Prag, bevor er im Januar 1943 als WS-Lehrer nach Tölz versetzt wurde; wie Bell folgte er später Paulsen zur Führerschule »Haus Germanien«. Siegfried Leysen, 1924 in Antwerpen geboren, meldete sich bereits als 17jähriger zur Waffen-SS; nach dem Besuch eines Versehrtenlehrgangs in Tölz wurde er dort im Juli 1943 zum Untersturmführer befördert und als WS-Lehrer bestimmt, aber kurz darauf, im August 1943 als Leiter der Abteilung VI des SS-Abschnitts Flandern zur Dienststelle Jungclaus nach Brüssel versetzt.409 Paul Meierhenrich, geboren 1923, kam ebenfalls nach einer Verwundung im Juli 1943 als WS-Lehrer nach Tölz.410 Carl Ösau, geboren 1910 in Hamburg, Volksschullehrer; er gehörte der NSDAP seit dem 1.3.1933, der SS seit dem November 1933 an; 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, nahm 1942 an einem Führeranwärterlehrgang teil und wurde im folgenden Jahr zum Untersturmführer befördert und in Tölz eingesetzt. 1944 kam er als WS-Lehrer zur SS-Panzer-Grenadierschule Kienschlag.411 Heinz Oetzmann, promovierter Studienrat, zuvor Schulungsleiter bei der Totenkopf-Reiter-Standarte (s.o.). Helmut Petzschner, geboren 1910 in Bad Freienwalde, war kaufmännischer Angestellter und hatte sich 1933 der SS angeschlossen; er hatte 1942 einen Führerlehrgang in Tölz besucht, war 1943 zum Untersturmführer ernannt worden und als Mitarbeiter zur Abt. VI gekommen; später wechselte er zur Abteilung VI der SS-Artillerie-Schule in Beneschau.412 Hans Rühle von Lilienstern (s.o.), von Beruf Diplomvolkswirt, 1942/43 als Mannschaftshausführer, dann Kompanieführer in den Niederlanden, im April 1944 zum Leiter der politisch-weltanschaulichen Schulung in Tölz ernannt. Walter Schreibmüller, 1914 in Kaiserslautern geboren, studierter Jurist und Gerichtsreferendar, seit 1933 Mitglied der SS, Untersturmführer im Stab der Dienststelle Heißmeyer, wurde nach einer Verwundung 1943 zum Versehrtenlehrgang nach Tölz geschickt und 1944 als WS-Lehrer in Tölz eingestellt.413 Fritz Sonnleitner, geboren 1911 in Wien, von Beruf Volksschullehrer, 1933 bis 1938 SA-Mitglied, 1940 in die NSDAP aufgenommen und zur Waffen-SS eingezogen, nahm 1944 an einem Führerlehrgang in Tölz teil und wurde dort anschließend als Untersturmführer in die Abt. VI berufen.414 Dr. Werner Stössel, wissenschaftlicher Assistent für Vor- und Frühgeschichte, gehörte zu den Mitarbeiter Paulsens, die 1944 von Tölz nach Hildesheim wechselten.415 Karlheinz Weidemann, geboren 1920 in Hamburg, 1933 HJ-Mitglied, kam unmittelbar nach dem Abitur zur Waffen-SS; 1942 besuchte er einen Führeranwärterlehrgang, wurde zum Untersturmführer ernannt und an der Front eingesetzt. Nach einer Verwundung Anfang 1944 bei Leningrad schwer kriegsbeschädigt kam er als WS-Lehrer nach Tölz.416

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– Willi Weinsberg, geboren 1911 in Opladen, hatte 1935 das Abitur nachgeholt und ein Jura-Studium aufgenommen, nachdem er 1929 zunächst gezwungen gewesen war, wegen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des väterlichen Betriebes (der Vater war Brauereibesitzer) das Gymnasium zu verlassen und Hilfsarbeitertätigkeiten anzunehmen; er trat am 1.4.1933 der NSDAP bei und wurde später Stellenleiter bei der Reichsleitung der NSDAP in München. 1937 Beitritt zur SS, 1940 zur Waffen-SS eingezogen, 1942 Teilnahme an einem Führeranwärterlehrgang, 1943 Ernennung zum Untersturmführer, Verwendung als WE-Lehrer in Braunschweig, 1944 als Obersturmführer in Tölz.417 Der Überblick zeigt, dass in der Regel Akademiker und unter ihnen vorwiegend Lehrer, Studienräte und Wissenschaftler (zusammen 13 von 26) als WS-Lehrer eingestellt wurden, weitere sechs Männer hatte Jura und Volkswirtschaft studiert. Ausnahmen bildeten Fick und Plähn sowie drei junge Männer, die unmittelbar nach dem Abitur bzw. dem Schulabgang für die Waffen-SS rekrutiert wurden. Wie an allen höheren Ausbildungsstätten der SS war man auch in Tölz – und hier als Ausbildungsstätte für »germanische Offiziere« ganz besonders – bestrebt, die SS als Trägerin deutscher Hochkultur zu präsentieren. Was dies bedeutete, sei an einem Beispiel illustriert: Am 16.7.1943 gastierte die bekannte Pianistin Elly Ney zu einem Konzert im großen Hörsaal der Schule. Wenige Tage vorher, am 6.7. hielt Prof. Blessinger an gleicher Stelle vor den Teilnehmern des 9. Kriegsjunkerlehrgangs und des 2. Lehrgangs für germanische Offiziere einen Vortrag über »Musik als Kampfmittel des Judentums«, zuvor, am 24./25. und 28./29. Juni hatte Professor Otto Daube, Reichsreferent des NSLB, über das Thema »Der heroische Gedanke in der deutschen Kunst« gesprochen.418 Karl Blessinger, Musikprofessor und Kreisschulungsleiter der NSDAP in München, war Autor eines Buchs »Judentum und Musik«, in dem er u. a. Gustav Mahler als »jüdischen Kulturparasiten« brandmarkte. Bei dem Buch handelte es sich um eine erweiterte Fassung seines 1938 erschienen Werks »Mendelssohn, Meyerbeer, Mahler: 3 Kapitel Judentum in der Musik als Schlüssel zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts«. Der Musikstudienrat Otto Daube, ein glühender Wagner-Verehrer, hatte sich mit der Organisation der »Richard-Wagner-Festwochen« in Detmold einen Namen gemacht. Elly Ney, die das Heroische zum »Wesen nordischer Musik« erklärte, ließ sich vor allem für Musikveranstaltungen der Reichsjugendführung in Dienst nehmen. Neys judenfeindliche Einstellungen sind hinreichend bekannt.419 Man sieht – diese drei aufeinander folgenden Veranstaltungen waren mit Bedacht zusammengestellt worden.

Die Junkerschule Braunschweig Etwa ein Jahr nach Eröffnung der Tölzer Schule wurde am 19.6.1935 im Braunschweiger Residenzschloss die zweite Junkerschule eingeweiht.420 Der Unterricht verlief nach den gleichen Prinzipien und vermutlich auch Lehrplänen wie in Tölz. Eine Besonderheit ergab sich aus einer Aufgabenteilung während des Krieges: Im November und Dezember 1943 fanden in Braunschweig Vorbereitungslehrgänge für »Nachwuchsführer der Abteilung VI« statt, die zuvor einen Versehrtenlehrgang in Tölz besucht

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hatten und dort für die Aufgaben der weltanschaulichen Erziehung ausgewählt worden waren.421 Eine ganze Reihe von invaliden SS-Führern wurde daher Ende 1943 in Braunschweig als WS-Lehrer und Mitarbeiter der Abteilungen VI ausgebildet. Dabei ging es nicht nur um Maßnahmen der Fürsorge und »Unterbringung« versehrter SSMänner in passenden Einsatzfeldern, sondern man ließ sich auch von dem Gedanken leiten, dass versehrte SS-Führer eine Vorbildfunktion hätten und die nationalsozialistische Lehre besonders glaubwürdig vermitteln könnten. Zu diesem Zeitpunkt leitete Alfred Grobmann die weltanschauliche Schulung in Braunschweig. Grobmann hatte Geschichte, Deutsch und evangelische Religion studiert und mit einer Arbeit über das »Naturrecht bei Luther und Calvin« in Hamburg promoviert; 1934 trat er als Studienreferendar den Schuldienst an. Seit früher Jugend war er Mitglied völkischer Jugendund Wehrverbände, 1929 trat er dem Nationalsozialistischen Studentenbund bei, 1933 der SS; ab 1933 nahm er Funktionen in den Gliederungen der NSDAP wahr: Wehrsportausbilder, HJ-Schulungsleiter, Kulturstellenleiter, Referent für Schrifttumsfragen. Mit Beginn des Krieges wurde er zur Wehrmacht, Anfang 1940 zur Waffen-SS eingezogen, fand als WE-Führer bei der Standarte »Nordland« Verwendung und kam nach einem Lehrgang in Braunschweig zum Kommandoamt der Waffen-SS/Abt. VI. Von Dezember 1941 bis April 1944 leitete er die Abt. VI an der Junkerschule Braunschweig.422 Als ehemaliger Theologe dürfte Grobmann wesentlichen Anteil an der Gestaltung der »Stunde der SS« gehabt haben, die am 31.10.1943 im Braunschweiger Dom zelebriert wurde. Beethovens Egmont-Ouvertüre leitete den Festakt ein, danach trug ein Sprechchor »Geist von Potsdam – Geist von Weimar – Deutscher Geist« vor; der Kommandeur der Lehrgruppe B Hauptsturmführer Pauly hielt die zentrale Rede, vorher und danach erklang Orgelmusik, nach einer Einlage mit Musik von Richard Wagner trugen Chor und Orchester »Deutschland, heiliges Wort!« vor.423 Den »deutschen Geist« hatte wenige Tage zuvor Professor Peter Petersen aus Jena mit einem Vortrag über die Erziehung nach Lagarde und Langbehn beschworen; sein Vortragsskript endete mit der Notiz: »Langbehn war Antisemit. (1930 Kampf für und gegen Schiller, im Hintergrund die Juden. Goethe und Schiller zeigten zu viel urdeutsches, was der Einstellung jedes christlichen Juden zuwider sein muss.)«424 In den Anfangsjahren wurde die weltanschauliche Schulung in Braunschweig durch Otto Eysell und Franz Augsberger geprägt. Eysell, der eine Banklehre gemacht und vier Semester an der Handelshochschule in Berlin studiert hatte, war 1928 der NSDAP, 1929 der SA und 1931 der SS beigetreten, die ihn 1933 zum Hauptschulungsleiter für Berlin ernannte. 1934 war er für die rassische Musterung und weltanschauliche Schulung der Politischen Bereitschaft in Ellwangen zuständig, im Januar 1935 wurde er mit dem Aufbau des Schulungswesens beim Sturmbann Dachau beauftragt, aber schon zum 1.4.1935 erfolgte seine Versetzung als Führer und WS-Lehrer nach Braunschweig. In einer Beurteilung durch den Kommandeur der Schule Goetze wird er als Verstandesmensch charakterisiert, dem »der warme Herzensstrom« fehle; auch entspreche der Lebenswandel nicht seinen Worten. Im Mai 1937 wurde er als Schulungsleiter zur SS »Germania« versetzt und mit Beginn des Krieges als Truppenausbilder verwendet. 1941 kam er als Leiter des Personalstabes zum HSSPF Ostland und Russland Mitte, 1942 als Stabsführer zum HSSPF Alpenland, im Oktober 1942 wurde er zum »Abwehrbeauftragten der Tatrawerke« ernannt.425 Augsberger, von Beruf Ingenieur und Architekt, hatte zunächst dem Steirischen Heimatschutz angehört, bevor er 1930 der

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NSDAP in Österreich beitrat und zur SA und 1932 zur SS ging. Er betätigte sich als Propagandaleiter und Gauredner für die NSDAP und entzog sich 1933 der Inhaftierung wegen Propaganda und Waffendiebstahls durch die Flucht nach Deutschland. Hier wurde er im SS-Hilfswerk Dachau aufgefangen und bei den SS-Verfügungstruppen zum Zugführer ausgebildet. Von 1935 bis 1939 arbeitete er als Ausbilder und 2. WS-Lehrer an der Junkerschule Braunschweig. Im August 1940 leitete er einen vierwöchigen Sonder-Schulungslehrgang für holländische Angehörige der Standarte »Westland«. Goetze vermerkt positiv über ihn, er habe regelmäßige »Sprechabende« mit den Junkern initiiert. Später kommandierte er als Oberführer die estnische Freiwilligen-Brigade.426 1937 kam Ernst Fick für ein halbes Jahr zur Einarbeitung als Schulungsleiter und WS-Lehrer nach Braunschweig, bevor er als hauptamtlicher Schulungsleiter in Tölz eingesetzt wurde. Von Mai 1937 bis März 1938 war Wilhelm Rieke WS-Lehrer in Braunschweig. Rieke, 1907 als Sohn eines Unternehmers in der Nähe von Hannover geboren, hatte die Oberrealschule in Bremen besucht, eine kaufmännische Lehre gemacht und als kaufmännischer Angestellter gearbeitet, musste die Stellung aber 1930 aus politischen Gründen aufgeben und arbeitete danach im Geschäft seiner Eltern mit. Er hatte sich 1924 dem Stahlhelm angeschlossen und trat 1927 der NSDAP bei, 1928 der SA. Von 1933-35 war er Ortsgruppenleiter, 1935-36 Gauhauptstellenleiter; 1936 wurde er als Untersturmführer in die SS aufgenommen und als Referent im RuSHA eingestellt. Nach seiner Tätigkeit in Braunschweig kehrte er 1938 ins RuSHA zurück. 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, nach einer Verwundung wurde er 1942 u.k. gestellt und als Kreisleiter zur Gauleitung Hannover berufen.427 Ende 1938/Anfang 39 waren drei WS-Lehrer in Braunschweig beschäftigt: Neben Franz Augsberger noch Ludwig Amberger und Karl Heinz Bürger, beide von Beruf Lehrer. Amberger, der seit 1931 der NSDAP und der SA, seit 1933 der SS angehörte, war Assistent und Mannschaftshausführer an der TH Braunschweig, 1937 wurde er zum Schulungsreferenten beim RuS-Führer Mitte bestellt. Ab November 1938 gehörte Karl Heinz Bürger als Sturmbannführer zum Personal der Junkerschule Braunschweig. Er nahm dort auch Aufgaben der weltanschaulichen Schulung wahr, bis er im März 1940 zur Inspektion der verstärkten Totenkopfstandarten versetzt wurde. Ihm stand ab April 1939 der promovierte Naturwissenschaftler und Philologe Heinz Schultze zur Seite, zuvor Studenten- und Mannschaftshausführer in Marburg.428 Nach einem Lehrgang in Braunschweig wurde der Jurist Willi Schorn im Mai 1940 zum Untersturmführer und WS-Lehrer ernannt; Schorn, der seit 1932 der SS angehörte, war gleichzeitig Gerichtsoffizier der Schule. Er wurde 1942 nach Klagenfurt und von dort als Führer der Abt. VI zur estnischen Legion und zur Kavallerie-Division versetzt.429 Im weiteren Verlauf des Jahres 1940 kamen mit Gerhard Schinke und Werner Krahl zwei weitere Philologen als WS-Lehrer nach Braunschweig. Schinke wurde im Rahmen seines Kriegseinsatzes bei der Waffen-SS im August 1940 für ein Jahr an die Junkerschule kommandiert. Am 12.8. hielt er zum »Amtsantritt« einen Vortrag über »Das Wesen des Nationalsozialismus«. Schinke war ein beliebter und begehrter Redner, den das Schulungsamt häufig auf Vortragsreisen schickte. Im Oktober und Dezember 1940 hielt er in Krakau und Warschau den Vortrag »Woran sterben Völker«, gleichzeitig sprach er im Oktober in Braunschweig über den »Einbruch des Universalismus und des römischen Staatsgedankens und der Kirche in den germanischen Raum«.430 Die Auseinandersetzung

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mit dem Christentum und der Kirche bildete zu diesem Zeitpunkt einen Schwerpunkt in der Schulungsarbeit. Die Themenstellung für die Zwischenprüfung, die die Schulungsabteilung in Braunschweig Ende Oktober für den laufenden Lehrgang festlegte, zeigt deutlich die Handschrift Schinkes: Teil I: Fragen (Zeit: 60 Min.): 1. Die rassische Zusammensetzung des deutschen Volkes 2. Gesetzliche Maßnahmen des NS: a) zur Ausschaltung artfremden Blutes, b) erbkranken Blutes 3. Der germanische Siedlungsraum: a) vor der Völkerwanderung, b) zur Zeit der Entstehung des Frankenreichs 4. Das Wesen von: Rasse – Volk – Nation Teil II: Themen zur Auswahl (Zeit: 4 Std.): 1. Die Bedeutung des Programmpunktes 1 für das Werden des Reiches und seine praktische Verwirklichung durch den Führer 2. Die liberalistische, die christliche und die nationalsozialistische Auffassung über die Stellung des Einzelnen zur Gemeinschaft 3. Die Wesensunterschiede des römischen Priesterordens und der Schutzstaffel als der germanischen Sippengemeinschaft.

Offenkundig standen Sondervorträge von Walter Gross, dem Chef des Rassenpolitischen Amtes, und Moritz Edelmann, dem Reichssachbearbeiter des NSLB für Geschichte (»Kaisertum und Papsttum«) im September und Oktober im Zusammenhang mit dieser Themenstellung.431 Für die Abschlussprüfung wurden im Januar 1941 folgende Themen zur Wahl festgelegt; für die Ausarbeitung hatten die Schüler 5 Stunden Zeit: 1. Die Idee des westfälischen Friedens und ihre endgültige Überwindung durch den gegenwärtigen Krieg und den Sieg des Nationalsozialismus. 2. Das Reich als Aufgabe (Welche Verantwortung trage ich als Mensch und SS-Führer für die Vollendung und den Zustand des Reiches). 3. Die unterschiedliche Bedeutung von europäischen Siedlungsgebieten und überseeischen Kolonien für die Sicherung der Lebensgrundlagen des deutschen Volkes.432

Neben Gerhard Schinke war Ende 1940 der Studienreferendar Werner Krahl als WSLehrer nach Braunschweig gekommen. Krahl hatte Mathematik, Physik und Musikwissenschaft studiert und zuerst als Hauslehrer und Musiker gearbeitet, bevor er 1938 das Staatsexamen ablegte. Wie viele seiner Kollegen erwarb er gleichzeitig die Lehrbefähigung zum Turn- und Sportlehrer. 1944 wurde er zum Studienrat ernannt. Krahl, der seit 1933 der SS angehörte und mit Kriegsbeginn zur Waffen-SS eingezogen wurde, gehörte zu jenen Pädagogen, die an den Kurz-Lehrgängen teilnahmen, die das Schulungsamt 1940 für Lehrer und Erzieher in der Waffen-SS durchführte. Anschließend leistete er einen Führerlehrgang in Tölz ab und wurde von dort als Untersturmführer und WE-Führer zu den Totenkopfstandarten zuerst nach Zaandvoort, dann nach Brünn kommandiert, bevor er nach Braunschweig kam. Dort blieb er nur kurz, denn im Mai 1941 wurde er zum Kommandostab RFSS berufen.433 Im Mai 1941 kam Karl-Hermann Bockhorn als Weltanschauungslehrer nach Braunschweig. Bockhorn wurde 1911 auf Langeoog geboren, machte das Abitur in Altona und arbeitete anschließend als Landwirt und Gutsverwalter. 1932 nahm er ein landwirtschaftliches Studium auf, wurde Diplom-Landwirt und erhielt 1936 eine Stelle als

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Bauernschullehrer an der Bauernschule Landau/Waldeck. 1940 promovierte er in Bonn mit einer Dissertation zum Thema: »Die wirtschaftliche Lage im Landbau des Preußischen Rhönnotstandsgebiets«. Bockhorn war 1932 der NSDAP und der SA beigetreten, wurde 1933 Hochschulgruppenführer und trat 1934 in die SS ein. Dort betätigte er sich als Schulungsleiter des RuSHA beim Oberabschnitt Fulda-Werra und als Polizeischulungsredner beim IdO Kassel. Nachdem er zur Waffen-SS eingezogen worden war, nahm er 1940 an einem Führeranwärterlehrgang in Tölz teil und wurde 1941 als WS-Lehrer zunächst zur Unterführerschule Radolfzell, dann im Mai 1941 nach Braunschweig versetzt. Nach Fronteinsatz und einer Verwundung 1943 in Russland wurde er 1943 als WE-Lehrer an der Junkerschule Klagenfurt eingesetzt.434 Für Bockhorn rückte Ende 1941 der Studienrat Alfred Grobmann nach (s.o.). Anfang 1943 wechselte Willi Weinsberg (s.o.) von Tölz nach Braunschweig. Im gleichen Jahr kam Leo Roski als WS-Lehrer nach Braunschweig. Er war unmittelbar nach dem Abitur 1940 zur Waffen-SS eingezogen und in der SS-Kavallerie-Brigade eingesetzt worden. 1941 absolvierte er einen Junkerlehrgang in Braunschweig, wurde zum Untersturmführer ernannt und kehrte zur SS-Kavallerie nach Russland zurück. Im September 1942 wurde er schwer verwundet, verlor den linken Ober- und den rechten Unterschenkel und verbrachte lange Zeit im Lazarett Hohenlychen. 1943 kam er nach Braunschweig und arbeitete hier bis zum Ende des Krieges, zuletzt in Posen-Treskau, als Weltanschauungslehrer.435 Wie in Tölz expandierte das Schulungswesen auch in Braunschweig gegen Ende des Krieges. Im Verlauf des Jahres 1944 kamen als WSLehrer nach Braunschweig bzw. Posen-Treskau: – Im Januar 1944 der Lehrer Heinrich Reinecke. Er war ursprünglich Wachtmeister bei der Braunschweiger Schutzpolizei und gehörte Anfang 1932 der »Vereinigung nationaler Polizeibeamter« an; Ende 1934 musste er wegen einer Knieverletzung aus dem Polizeidienst ausscheiden und machte noch eine Ausbildung zum Volksschullehrer an der TH Braunschweig, danach erhielt er eine Anstellung als Mittelschullehrer in Bad Harzburg. Reinecke, der 1934 der SS beitrat, gehörte zu jenen Invaliden der Waffen-SS, die nach Besuch des Versehrtenlehrgangs in Tölz im November 1943 zum Vorbereitungslehrgang für den Nachwuchs des Arbeitsgebietes VI geschickt wurden; von dort wurde er als WS-Lehrer übernommen und später zur Unterführerschule Beneschau überstellt.436 – Karl Wimmer, Studienrat für Geschichte, Latein und Leibesübungen. Er kam im April 1944 von Tölz nach Braunschweig, nachdem er vorher die Abt. VI beim Kommandostab RFSS geleitet hatte und danach für ein Jahr bei der Abt. VI der SS-Kavallerie-Division gewesen war. Sein Aufenthalt an der Braunschweiger Schule, die inzwischen nach Posen-Treskau verlegt worden war, währte aber nur kurz, denn im August unterrichtete er in Beneschau und ab Oktober 1944 war er WEFührer der Reichsschule für SS-Helferinnen in Oberehnheim bzw. Heidenheim. Wimmer hatte bereits 1919 für ein Jahr bei der Sicherheitspolizei Ulm Dienst getan. Er trat 1933 der SS und der NSDAP bei und war Stuba-Schulungsleiter der 63. Standarte (Reutlingen).437 – Johann Freiherr von Paleske: er begann im Sommer 1944 als WS-Lehrer in Braunschweig, zuvor leitete er die Abt. VI der Ausbildungs- und Ersatzabteilung der SS-Kavallerie. Von Paleske, 1908 geboren, hatte ein forst- und landwirtschaftliches

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Studium absolviert und anschließend als Betriebsleiter auf dem Anwesen seines Vaters gearbeitetet.438 Im Herbst 1944 wurden Karl Greb, Karl Pfluger und Hermann Rasmus nach Braunschweig versetzt:

– Greb, 1910 in Neuburg an der Donau geboren, war von Beruf Schriftleiter und Sparkassenangestellter; er gehörte seit 1933 der SS, seit 1937 der NSDAP an und war 1938 Schulungsleiter im SS-Oberabschnitt Nordwest. Er wurde 1939 zur Waffen-SS eingezogen, 1944 zum Untersturmführer ernannt und zum 1.10. als WS-Lehrer in Braunschweig eingestellt.439 – Karl Pfluger, 1910 geboren, war Jurist und Kommunalbeamter in Eger. Er trat 1938 der NSDAP und der SS bei, wurde 1941 zur Waffen-SS eingezogen und war 1944 zunächst als Untersturmführer bei der SS-Nachrichtenschule tätig, bevor er im Oktober zum WS-Lehrer in Braunschweig ernannt wurde.440 – Hermann Rasmus, ebenfalls Jahrgang 1910, Sohn eines Hafenlagerverwalters, absolvierte ein geisteswisenschaftliches Studium, das ihn nach Heidelberg, Innsbruck, Berlin, Köln und Paris führte und das er mit dem Staatsexamen abschloss. Nach dem Referendariat (Deutsch/Englisch/Geschichte) wurde er Assistent am Psychologischen Institut der Universität Hamburg und arbeitete dort an einem rassenpsychologischen Forschungsprojekt. Nach seiner Promotion 1937 wurde er als Personalreferent bei der Focke-Wulf-Flugzeugbau GmbH in Bremen angestellt; nebenher war er Schulungsleiter in der SS.441 Wie in Tölz waren auch in Braunschweig etwa die Hälfte der WS-Lehrer Philologen und Lehrer bzw. Studienräte, und wie in Tölz bestand auch hier die zweitstärkste Gruppe aus Kaufleuten, Volkswirtschaftlern und Juristen; diese Gruppe bestimmte die weltanschauliche Schulung in den ersten Jahren des Bestehens der Schule, ab Kriegsbeginn wurden dann überwiegend Lehrer und Studienräte bzw. -referendare eingestellt. Die meisten WS-Lehrer gehörten schon vor 1933 der völkischen oder nationalsozialistischen Bewegung an. Der Junkerschule war die Musikschule der Waffen-SS angeschlossen. Sie wurde im Juli 1941 als Fach- und Internatsschule für 14- bis 16jährige Jungen eröffnet, die hier für vier Jahre eine Fachausbildung mit anschließender Dienstverpflichtung für die Waffen-SS machen konnten. In dem Maß wie die Waffen-SS expandierte, wuchs auch der Bedarf an eigenen Musikern. Allein bis 1939 waren 12 Musikkorps aufgestellt worden. Das Stabsmusikkorps, das in Lichterfelde bei der LSSAH stationiert war, umfasste rund 100 Musiker, die unter Leitung des Obersturmführers Franz Schmidt eine ganze Folge von Sinfoniekonzerten einstudierten und unter anderem Bruckners 5. Sinfonie in Gegenwart Herbert von Karajans in der Berliner Philharmonie aufführten.442 1937 wurde Leander Hauck zum Musikinspektor der Verfügungstruppen ernannt. Gemeinsam mit Edgar Siedentopf richtete er die Musikschule in Braunschweig ein. Bis 1944 wurden hier unter Leitung Siedentopfs etwa 220 Jungen ausgebildet. Als die Junkerschule nach Posen-Treskau verlegt wurde, zog die Musikschule nach Bad Saarow in Brandenburg um. Neben Musik wurden auf der Schule auch »schulwissenschaftliche« Fächer (Deutsch, Mathematik, Erdkunde) sowie Geschichte, National-

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politik und »Reichskunde« unterrichtet. Das Fach »Reichskunde« sollte eine »nationalsozialistische Berufshaltung« vermitteln; dazu gehörten Tugenden wie die »völkische und staatliche Einordnung«, den Dienst an Volk, Staat und Führer als selbstverständlich zu empfinden, »kranken Einflüssen« standzuhalten und sich »rassisch rein« zu halten.443 Bezogen auf die vier Jahresklassen lag dem Unterricht folgende Stundentafel zugrunde: I

II

III

IV

zus.

Musik

14

17

14

21

170

schulwissenschaftliche Fächer – Geschichte/Nationalpolitik/Rassenkunde

8 3

8 3

8 3

8 3

32 12

Leibeserziehung

5

5

5

5

20

Gesamtstundenzahl

27

30

27

34

118

Das Fachpersonal kam teils vom Musikkorps der Standarte »Germania«, teils vom Staatstheaterorchester Braunschweig. Für die anderen Fächer stellte das Braunschweiger Volksbildungsministerium Lehrkräfte zur Verfügung: Deutsch unterrichtete der Volksschullehrer Albert Strube, Geschichte der Studienrat Dr. Lohrengel und der Volksschulrektor Georg Freudenstein, für Mathematik bzw. Rechnen und Erdkunde waren der Mittelschullehrer Everling und die Volksschullehrer Hermann Franke und Hermann Bärge zuständig, den Unterricht in Nationalpolitik erteilte der Volksschulrektor Georg Unfug.444 Eine zusätzliche weltanschauliche Schulung sollte im Rahmen des »Formationsdienstes« des HJ stattfinden.445 Als die Schule im März 1944 vom Reichsführer-SS um Auskunft über ihre weltanschauliche Schulungsarbeit gebeten wurde, teilte sie mit, dass bisher in drei Lehrgängen jeweils eine Wochenstunde weltanschaulicher Unterricht nach den Richtlinien und Unterlagen des SS-Hauptamtes durch die Unterscharführer Freudenstein und Pattet erteilt wurde.446 Freudenstein, inzwischen zum Rektor der Braunschweiger Lehrerbildungsanstalt ernannt, gehörte seit 1931 der SA und der NSDAP an, war Ortsgruppenleiter, Gauredner und Kreisschulungsleiter; später wechselte er von der SA zur SS. 1940 nahm er an den Lehrgängen des Schulungsamtes für Lehrer und Erzieher der Waffen-SS teil und wirkte 1940/41 als Schulungsleiter in der SS-Totenkopf-Reiter Standarte.447

Die Junkerschule Klagenfurt In Klagenfurt begann der Lehrbetrieb erst im Oktober 1943. Zu diesem Zeitpunkt wurden Karl-Hermann Bockhorn, Ignatz Zach, Werner Urlen und Helmut Bender als WS-Lehrer in Klagenfurt eingestellt. Bockhorn, der vor dem Krieg eine Bauernschule geleitet hatte, wurde als WS-Lehrer von Braunschweig nach Klagenfurt überstellt, um dort die Abteilung VI aufzubauen, deren Leitung er danach bis zum Ende des Krieges innehatte. In einer Beurteilung vom 25.10.1943 attestierte ihm der Kommandeur, dass er durch die Gründung von Arbeitsgemeinschaften für die weltanschauliche Schulung die Lehrgangsteilnehmer zu selbständigem Denken erzogen und dabei besonders gute Ergebnisse erzielt habe.448 Zach, 1912 als Sohn eines Lehrers in der Nähe

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

von Graz geboren, war promovierter Jurist und Gerichtsassessor. Er war 1931 der NSDAP, 1932 der SA beigetreten, wechselte 1937 zur SS und meldete sich 1940 zur Waffen-SS, nachdem er zuvor bei der Luftwaffe gedient hatte.449 Untersturmführer Werner Urlen, Gewerbeoberlehrer in Breslau und ebenfalls seit 1931 NSDAP-Mitglied, war zuvor Leiter der Abteilung VI beim Totenkopf-Bataillon III; er verließ Klagenfurt wieder, als er im Herbst 1944 zur Kriegsberichterstandarte »Kurt Eggers« kommandiert wurde.450 Der Prokurist Helmut Bender, der offenbar über gute Französisch-Kenntnisse verfügte, wurde auf mehreren Schulen der Waffen-SS als WSLehrer speziell bei Lehrgängen für französische Junker eingesetzt und blieb deshalb nicht lange in Klagenfurt. Er war zuvor als WS-Lehrer in Braunschweig, wurde nach einer kurzen Tätigkeit in Klagenfurt zu einem Sonderlehrgang für französische Offiziere nach Tölz versetzt und war ab April 1944 als WS-Lehrer in Kienschlag; zeitweise erteilte er auch rassenpolitischen Unterricht im Ausbildungslager Sennheim.451 1944 waren mindestens 8 weitere WS-Lehrer in Klagenfurt tätig, unter ihnen Valentin Oberkersch, Jugendführer der deutschen Volksgruppe in Kroatien und von Beruf Volksschullehrer, seit 1942 bei der Waffen-SS, und der HJ-Jungbannführer Walter Böckmann; Böckmann hatte sich 1940 unmittelbar nach dem Abitur zur Waffen-SS gemeldet, war 1944 an der Junkerschule Tölz und kam am 1.10.1944 nach Klagenfurt.452 In Klagenfurt waren besonders viele ehemalige Lehrer beschäftigt, denen der Schuldienst zu eng geworden war. So Hatto Weiß; er wurde 1906 in Schwedt als Sohn eines Landgerichtsdirektors geboren, studierte Naturwissenschaften und war Studienassessor in Berlin, bevor er 1934 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Messeamt der Stadt Berlin wurde. Noch im gleichen Jahr erhielt er eine Stelle als Pressereferent bei der Reichsarbeitsgemeinschaft der Berufe im sozialen und ärztlichen Dienst (RAG), mit der Übernahme der RAG in die DAF wurde er als Sachbearbeiter im Amt für Volksgesundheit bei der DAF weiter beschäftigt. Weiß war zugleich Schriftleiter der Zeitschrift »Der deutsche Krankenpfleger«. Er veröffentlichte 1936 den Beitrag »Erbund Rassenkunde des Menschen« in dem von Bruno Gebhard herausgegebenen Band »Wunder des Lebens«, der zur gleichlautenden Ausstellung erschien. Weiß gehörte von 1918 bis 1933 dem Pfadfinderbund an, wurde 1933 Mitglied im NSLB, in der NSDAP und in der SS und kam während des Krieges ebenfalls zum 1.10.1944 als WSLehrer nach Klagenfurt.453 Zu den WS-Lehrern in Klagenfurt gehörte auch der Studienrat Dr. Erich Fussek, den wir bereits als Mitarbeiter in der Abt. VI des SS-Führungshauptamtes kennengelernt haben, sowie der Rassenpsychologe Hans Endres. Endres wurde 1911 in Stuttgart geboren, sein Vater war Regierungsrat und Universitätsprofessor. Nach dem Studium arbeitete Endres einige Jahre als Hauslehrer in Graz, 1938 promovierte er in Frankfurt/M. bei Ernst Krieck mit der Dissertation »Rasse, Ehe, Zucht und Züchtung – bei Nietzsche und heute«. 1939 wurde er Assistent bei Jakob Hauer an dessen »Arischen Seminar« an der Universität Tübingen, 1943 habilitierte er sich in Tübingen und wurde Dozent für »Vergleichende Religionswissenschaft mit Berücksichtigung von Rasse und Religion«. Endres qualifizierte sich auch als Rassenpsychologe und veröffentlichte mehrere Beiträge, die die Rassenpsychologie für arbeitswissenschaftliche Zwecke nutzbar machen sollten.454 Endres hatte bereits 1933 der NSDAP in Österreich angehört. Seit 1939 war er bei der SS, zuerst als Referent für weltanschauliche Erziehung im RSHA, 1942 wurde er vom RuSHA als Rassenpsychologe der Kauka-

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sien-Expedition des »Ahnenerbes« als Rassenpsychologe zugewiesen. 1944 leistete er einen Lehrgang an der Junkerschule Tölz ab und wurde anschließend als Untersturmführer und WS-Lehrer nach Klagenfurt kommandiert. Nach dem Krieg arbeitete Endres als Industriepsychologe und Management-Trainer und gründete später ein »Institut für ganzheitliche Lebensgestaltung«.455 Unter den WS-Lehrern in Klagenfurt sei noch Fritz von Ammon erwähnt, 1910 als Sohn eines Rittmeisters bei Crossen an der Oder geboren. Von Ammon machte nach dem Abitur zunächst eine landwirtschaftliche Lehre und nahm danach ein rechtswissenschaftliches und volkswirtschaftliches Studium auf, das er aber nach 7 Semestern abbrach, um als Politischer Leiter in die Dienste der DAF einzutreten. Er hatte bereits als Schüler dem »Wehrbund Ostmark« angehört und war Mitbegründer des NSSchülerbundes in Frankfurt/Oder gewesen. 1930 trat er der SA und der NSDAP bei. 1935-36 arbeitete er als Landjahrführer, danach war er in der Hauptverwaltung eines Zellstoffkonzerns beschäftigt. 1938 wurde er Mitarbeiter des RuSHA, von 1939 bis März 1940 arbeitete er als Abteilungsleiter des RuSHA beim Bodenamt in Prag. Wie aus einem Schreiben von Ammons hervorgeht, hatte er den Auftrag, »eine im Zusammenhang mit der Arisierung stehende umfassende Siedlungsplanung auszuarbeiten. Diese Planung soll im einzelnen die Flächen aufweisen, die in Mähren durch Umsiedlung von Tschechen auf die in Böhmen befindlichen jüdischen Objekte für die Ansetzung deutscher Bauern bereit gestellt werden sollen.« Nach Diensten beim Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, bei der Waffen-SS und bei der SS-Nachrichtenschule in Nürnberg kam er 1944 als WS-Lehrer nach Klagenfurt.456 Noch Ende März 1945 waren Bockhorn, Zach, Fussek, Endres, Grab und von Ammon als WS-Lehrer für den 23. Kriegsjunkerlehrgang in Klagenfurt eingesetzt.457 Aus der Klagenfurter Schule ist eine »Hörsaalarbeit« vom November 1944 erhalten, die einen Eindruck davon vermittelt, was man dort von einem Offiziersanwärter der Waffen-SS an gehobener nationalsozialistischer Allgemeinbildung erwartete. Sieben Fragen waren zu beantworten: »1. Nennen Sie mir die Stile der Baukunst von der Vergangenheit bis zur Gegenwart und ihre Reihenfolge. 2. Welches sind die großen deutschen Musiker der klassischen romantischen und heroischen Musik? 3. Welche großen Führer der deutschen Geschichte, die als Vorkämpfer für die Einigung der germanischen Stämme und später Deutschlands hervorragen, kennen Sie? 4. Wer waren die bedeutendsten deutschen und holländischen-flämischen Maler? 5. Welche großen Kriege führte Deutschland seit 1600? 6. Wer schuf und begründete das 1. und 2. Reich? 7. Nennen Sie mir a) den höchsten Berg Deutschlands, b) die großen Ozeane und zwischen welchen Erdteilen liegen diese.«458

Über den weltanschaulichen Unterricht an der Junkerschule Prag, die erst 1944 den Betrieb aufnahm und nur von kurzer Dauer war, waren bislang keine Dokumente zu finden. Vier WS-Lehrer ließen sich identifizieren, von denen wir drei schon kennengelernt haben: Gustav Haumann, Hans Festge und Anton Egerter, alle vorher Weltanschauungslehrer in Tölz. Festge leitete die Abt. VI der Schule. Als weiterer WSLehrer wurde der Untersturmführer Gustav Waber im Oktober 1944 von der Nachrichtenschule der Waffen-SS nach Prag überstellt. Waber, von Beruf Techniker,

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

war in Ungarn geboren worden und gehörte der Deutschen Volksgruppe in Rumänien an.459

Unterführerschulen Die ersten Unterführerschulen der Waffen SS wurden 1940/41 in Lauenburg (Pommern) und Radolfzell am Bodensee errichtet. Zuvor bestand bereits 1937 eine Unterführerschule der Totenkopfverbände 1936 bis 1937 in Oranienburg/Sachsenhausen.460 Im Zusammenhang mit der Aufstellung der Totenkopfstandarten wurde im Herbst 1939 eine Unterführerschule in Breslau errichtet, die im Frühjahr 1940 nach Lublinitz in Schlesien verlegt und im Sommer darauf aufgelöst wurde. Weitere Unterführerschulen entstanden im Verlaufe des Krieges in Posen-Treskau bzw. Laibach und Arnheim. Die Schule in Posen-Treskau wurde 1943 nach Laibach verlegt, um Raum für die Schüler der Braunschweiger Junkerschule zu schaffen.461 Von diesen Schulen sind nur wenige Fragmente erhalten, die die weltanschauliche Schulung betreffen, für alle Schulen lässt sich aber ein funktionierender Schulungsbetrieb nachweisen. Die Lauenburger Schule wurde im November 1940 in einer ehemaligen Nervenheilanstalt errichtet.462 Der Schule war für Aufbau- und Instandhaltungsarbeiten ein Außenlager zunächst des KZ Buchenwald, dann Stutthof angeschlossen. Von Beginn des Schulbetriebs bis zu seiner Versetzung zur Division Hohenstaufen dürfte hier der Volksschullehrer Karl Schwarz weltanschaulichen Unterricht erteilt haben. Schwarz war Assistent der Lehrerbildungsanstalt bzw. Hochschule für Lehrerbildung Bayreuth. Später wurde der Jurist Dr. Heinz Moder von der Abt. VI in Klagenfurt zur Unterführerschule Lauenburg versetzt.463 Außer einem Stundenplan für die weltanschauliche Erziehung vom August 1944 sind keine Dokumente über den Schulbetrieb erhalten.464 Etwas mehr wissen wir über die zweite Unterführerschule, die Anfang 1941 in Radolfzell aufgestellt wurde. Unmittelbar zu Beginn des Lehrbetriebes wurde der Bauernschullehrer Karl-Hermann Bockhorn als WS-Lehrer nach Radolfzell geschickt, der später Leiter der Abt. VI in Klagenfurt wurde. 2. WS-Lehrer war Artur Körwien, bis er im Mai 1941 zur Junkerschule Tölz versetzt wurde.465 Danach arbeitete für kurze Zeit der Lehrer Walter Ranneberg für die Abt. VI in Radolfzell; im April 1943 übernahm der Jurist Dr. Kurt Groß, vorher Leiter der Abt. VI beim Generalkommando des II. SS-Panzerkorps, für kurze Zeit die Leitung der Abt. VI, von Juli 1943 bis zum Kriegsende war der Studienrat Dr. Ewald Plog als WS-Lehrer und Führer der Abt. VI maßgeblich für die weltanschauliche Schulung in Radolfzell verantwortlich. Plog, Jahrgang 1907, hatte das Humanistische Gymnasium in Stralsund besucht und anschließend in Greifswald studiert. 1931 promovierte er, 1932 legte er das Staatsexamen ab, anschliessend arbeitete er zunächst an einer Privatschule, dann am Gymnasium in Stettin; nebenamtlich unterrichtete er auch an der Polizeifachschule in Stettin. 1940 wurde er zum Studienrat für Deutsch, Geschichte und Erdkunde ernannt. Plog trat 1933 dem NSLB und der SS bei. 1938 diente er bei den TotenkopfVerbänden, 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Er nahm am Russland-Feldzug teil, besuchte Unterführer- und Führerlehrgänge in Tölz und wurde 1942 als Leiter der Abt. VI beim SS-Wachbataillon Böhmen-Mähren eingesetzt. Im August 1942 besuchte er einen weltanschaulichen Lehrgang des Amtes Rosenberg in Berlin. Im

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folgenden Jahr wurde er zum Obersturmführer d.R. ernannt und mit der Führung der Abt. VI in Radolfzell beauftragt.466 Noch im Februar 1945 wurde Obersturmführer Anton Sieb, zuvor Lehrer an der Deutschen Heimschule Achern, als »Elementarlehrer« nach Radolfzell entsandt. Sieb, der aus Ungarn stammte und Ungarn-Referent im Amt C I. 1f war, sollte dort vermutlich Deutsch-Unterricht für die Volksdeutschen aus dem Südost-Raum erteilen.467 Die Unterrichtsthemen des ersten Lehrgangs in Radolfzell lassen sich aus den Themen für die Abschlussprüfung am 15.5.41 entnehmen:468 Wahlthemen, 120 Min.: – Aufstieg und Niedergang im Werden des deutschen Volkes – Die Partei als politische Willensträgerin des deutschen Volkes – Wie beurteile ich die augenblickliche politische Lage Pflichtthemen, 50 Min.: 1. Aufgabe: Was bedeutet Großgermanisches Reich? 2. Weshalb zerfiel das Zweite Reich? 3. Aus welchen Rassen setzt sich das deutsche Volk zusammen? 4. Läßt sich die Zugehörigkeit zur SS mit der Zugehörigkeit zu einer christlichen Gemeinschaft verbinden?

Einige Dokumente zur weltanschaulichen Erziehung sind aus dem Jahr 1944 erhalten. Ähnlich wie in Beneschau führte man hier Diskussions- und Gruppenabende ein. Der Kommandeur der Schule war von der Bedeutung der Erziehung überzeugt; bei durchschnittlicher Veranlagung, teilte er in einer Anordnung vom 6. April 1944 mit, »machen 75% Erziehung und 25% intensive und gute Ausbildung den guten Unterführer aus«, den man brauche. Ein Ziel der Ausbildung war, Zug- und Einheitsführer dazu zu befähigen, selber die Aufgabe der weltanschaulichen Erziehung und Schulung in der Truppe wahrnehmen zu können. Neben den regulären 4 Wochenstunden weltanschaulichen Unterrichts wurde eine Stunde »weltanschauliche Personalausbildung« und ein wöchentlicher Gruppenabend eingeführt. Auch für das Führerpersonal sollten »Ausspracheabende« organisiert werden. »Personalausbildung«, Gruppen- und Ausspracheabende waren daher stark methodisch ausgerichtet. Im Rahmen der weltanschaulichen Personalausbildung waren laut Befehl vom 21.4.1944 folgende Aufgaben zu besprechen: a) weltanschauliche Haltungsfragen b) Berichte über Erfahrungen des letzten Gruppenabends, c) Thema als Kurzreferat durch Unterführer, Besprechung durch den Kompaniechef d) Arbeitsauftrag durch den Kompaniechef für die nächste Ausbildungsstunde e) Arbeitsauftrag für den nächsten Gruppenabend f) Anfragen aller Art und Beantwortung g) Die Grundgedanken der WE-Themen der laufenden Woche h) Auswertung und Einsatz der SS-Leithefte, des SS-Informationsdienstes, des Schwarzen Korps u. a.

Für die thematischen Grundfragen, die in den Stunden der weltanschaulichen Personalausbildung und auf den Ausspracheabenden behandelt werden sollten, erstellte die Abt. VI einen Lehrplan für die Zeit bis Ende September, aufgeteilt in zwölf Themen und beginnend mit dem Thema »Unser Gottesglaube«, das in 7 Teilfragen behandelt werden sollte:

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS »1. Was ist Atheismus 2. Welche christlichen Lehren widersprechen unserer Weltanschauung am meisten? 3. Was verstehen wir unter gottgläubig? 4. Was ist Kultur? 5. Warum Waffen-SS 6. Verachten wir andere Rassen und Andersgläubige? 7. Wirkt der Rassegedanke ordnend oder zerstörend?« 469

Die Ausspracheabende sollten aktivieren, Unklarheiten beseitigen und dem einzelnen helfen, einen »festen Standpunkt im Streit der Meinungen« zu gewinnen. Die Antworten auf die Fragen arbeitete die Abt. VI vorher aus, um sie am Schluss des Abends an die Führer zu verteilen. Das Ergebnis stand also bereits fest. Dokumente aus der Unterführerschule Laibach belegen den allgemeinen Bedeutungszuwachs der weltanschaulichen Erziehung in der Endphase des Krieges: Im September 1944 wurde die Zahl der Wochenstunden für den weltanschaulichen Unterricht noch einmal von 5 auf 6 Stunden erhöht.470 Leitender WS-Lehrer und Führer der Abt. VI in Laibach war der Volksschullehrer Willi Ploner aus Salzburg. Ploner hatte das Studium in Österreich aus politischen Gründen aufgeben müssen, setzte es aber 1934 an der Hochschule München-Pasing fort und erhielt 1937 eine Anstellung als Lehrer in Freilassing. Nach dem Anschluss Österreichs kehrte er 1938 in den Raum Salzburg zurück, war dort Schulungsleiter, Kreisredner und -hauptstellenleiter der NSDAP sowie Sturmbannschulungsleiter der 76. SS-Standarte. Nach Dienst bei den Totenkopfstandarten wurde er Anfang 1943 an die Unterführerschule Posen-Treskau versetzt und ging von dort 1944 mit der Schule nach Laibach.471 Im Herbst 1944 hatte die Abt. VI neben Ploner drei weitere Mitarbeiter: Sturmmann Turowski – er erteilte »Elementarunterricht« für estnische, lettische und französische Angehörige der Waffen-SS, Oberscharführer Beuthel, zuständig für die Bücherei der Schule, sowie Oberscharführer Nebes, der die Verwaltungsarbeiten der Abteilung erledigte.472 Von Dezember 1944 bis Ende März 1945 sind Politische Wochenübersichten erhalten, die Ploner und Beuthel für die »politische Tagesschulung« herausbrachten. An der Schule waren auch SS-Helferinnen tätig; für sie, die weiblichen Zivilangestellten und Schwestern an der Schule veranstaltete Ploner eine Stunde weltanschauliche Erziehung in der Woche. Bis zum September 1944 waren drei Themen behandelt worden: 1. Das Wesen der nationalsozialistischen Weltanschauung, 2. »Die Frau – die erste Trägerin des Glaubens« und 3.: »Nach Vorlesen der Szene aus Goethes Faust, in der Gretchen und Faust über das Thema Religion sprechen, wurde behandelt: ›Die Erziehung zur Gottgläubigkeit‹«.473 Diese und viele anderen Beispiele zeigen, dass es keine allgemein verbindliche Methode des Unterrichts gab, auch wenn es von Seiten des Schulungsamtes und des Führungshauptamtes immer wieder Ansätze gab, eine beispielhafte Unterrichtsmethode zu präsentieren. In der Praxis hing es immer von den Kenntnissen und Erfahrungen der Beteiligten vor Ort ab, wie die weltanschauliche Schulung und Erziehung ausgestaltet wurde. In der Unterführerschule der Totenkopfstandarten Breslau-Lublinitz etwa verfolgte man das Konzept des »hinlenkenden Fragens«: »Im Unterricht ist grundsätzlich weitgehend mit hinlenkenden Fragen, wie wiederholt vorgemacht und befohlen, der Stoff von den Lernenden zu erarbeiten. Die Lehrgangsteilnehmer sind in dieser Art des Unterrichtens planmäßig zu fördern.« Außerdem sollte möglichst

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viel wiederholt werden, so die besonderen Anweisungen, die dem Ausbildungsplan für die Schützenkompanien vom 8.4.1940 beigefügt waren.474 Der Ausbildungsplan, der auf 12 Wochen ausgelegt war, sah folgenden weltanschaulichen Unterricht vor: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

7.

8. 9. 10.

11.

12.

Wo. Deutschland und die Welt (Kp.f.) Die Bewegung und die Partei (Kp.f.) Die Gliederungen und ihre Aufgaben (Kp.f.) Aufgaben und Geschichte der SS (Kp.f.); Lebensgesetzliche Weltanschauung (Kdr.) Die Bedeutung der Waffen-SS (Kp.f.) Rasse und Vererbung (Kp.f.); Was wir wollen. Einordnen des Lebens des Einzelnen und des Volkes in die natürlichen Lebensgesetzmäßigkeiten. Religion. Rasse. Volk. Ewiges Deutschland (Kdr.) Wie und mit welchen Mitteln und nach welchen Grundsätzen muß das Ziel, das »Ewige Deutschland« erreicht werden (Kdr.); Die Gegner einer lebensgesetzlichen Weltanschauung. Das Christentum (Kp.f.) Partei und Staat. Der Ordensgedanke (Kp.f.); Wer steht der Erreichung unseres Zieles (Das ewige Deutschland) entgegen? Die weltanschaulichen Gegner (Kdr.) Der deutsche Lebensraum im Osten (Kp.f.) Die germanischen Völker im Norden (Kp.f.); Was gefährdet die Erreichung unseres Zieles? Eigene allgemeine menschliche und besondere deutsche Schwächen und eigene Fehler. Erfahrungen aus der Geschichte (Kdr.) Das nordisch bestimmte Deutschland als Gestalter Europas. Der kategorische Imperativ. Pflicht. Führertum. Auslese. Der SS-Mann (Kp.f.). – Alles Leben ist Kampf. »Frieden« darf nie Zwangspause sein. Bedeutung des gegenwärtigen Krieges. Die Pflicht des Einzelnen. Die besondere Verpflichtung des SS-Mannes. (Kdr.) Prüfung.

Den Unterricht erteilten Kommandeur und Kompanieführer im Wechsel – es gab zwar eine Abt. WE, aber keine eigenen WS-Lehrer an der Schule. Der Kommandeur der Schule, der Landwirtschaftslehrer und vormalige Rassereferent Dr. Rudolf Jacobsen konnte den Unterricht auch selbst am besten gestalten. Anfang Juni wurde Jacobsen nach Klagenfurt abberufen, um dort als Kommandeur der Standarte Nordland deren Ausbildung zu übernehmen; wenig später wurde er mit dem Aufbau der Germanischen Leitstelle beauftragt.475 Einige Tage vor seinem Weggang nach Klagenfurt war Karl-Heinz Raubenheimer als Führer der Abteilung VI nach Lublinitz beordert worden. Raubenheimer, von Beruf Landwirtschaftsverwalter, war Gauschulungswalter der DAF und Schulungsleiter beim SS-Oberabschnitt Mitte gewesen, bevor er im November 1939 zur Waffen-SS eingezogen wurde. Er kam nach einem Lehrgang in Braunschweig als Untersturmführer zur Schule Lublinitz. Nach der Auflösung der Schule Ende Juni 1940 wurde er als WE-Führer zum HSSPF Nord nach Oslo versetzt.476 Weitere Schulen seien nur kursorisch erwähnt. Leiter und Führer der Abt. VI an der vermutlich Anfang 1944 in den Niederlanden errichteten Unterführerschule Arnheim waren Viktor Hausmann und Karl Buntrock. Hausmann, Mittelschullehrer in Wien, war 1935 der NSDAP und nach dem Anschluss Österreichs 1938 auch der SS beigetreten; Anfang 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und nach einem Lehrgang in Radolfzell als Untersturmführer und Leiter der Abt. VI zur »Kampfgruppe Nord« kommandiert. 1943/44 war er in Arnheim tätig, nach der Aufgabe der Schule sandte ihn das Amt C I zur Waffen-Gebirgs-Brigade der SS. Karl Buntrock, Jahrgang 1921,

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

trat 1940 nach dem Abitur als 19jähriger der NSDAP bei und meldete sich gleichzeitig zur Waffen-SS. Nach einer Verwundung wurde er als Mitarbeiter beim RuSHA eingestellt und erhielt die Gelegenheit, ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften aufzunehmen; nach gerade einmal 2 Semestern wurde er zum 3. Versehrtenlehrgang nach Tölz kommandiert, dort als künftiger WE-Lehrer ausgewählt, zum Vorbereitungslehrgang für Nachwuchsführer der Abt. VI nach Braunschweig und von dort Anfang 1944 als Untersturmführer zur Abt. VI nach Arnheim beordert.477 Zu den Spezialschulen der Waffen-SS gehörte die SS-Gebirgsjäger- bzw. Hochgebirgsschule Neustift in Tirol, die im September 1942 errichtet wurde. Ihr war die SS-GebirgsKampfschule Predazzo in den italienischen Dolomiten angeschlossen. Als Leiter der Abt. VI in Neustift wurde noch Ende 1944 Friedrich Runge berufen, vor dem Krieg Hauptabteilungsleiter im Schulungsamt und Schriftleiter der Leithefte.478 WS-Lehrer und Leiter der Abt. VI in Predazzo war 1944 der Kasseler Studienrat Friedrich Weishaupt. Weishaupt, der seit 1931 der NSDAP angehörte, war für diese Aufgabe besonders geeignet, da er vor dem Krieg für vier Jahre als Studienassessor an der Deutschen Oberrealschule in Mailand gearbeitet hatte. Im Herbst 1939 war er als Gebietsbevollmächtigter an der Um- und Ansiedlung der Volksdeutschen aus Wolhynien und Bessarabien beteiligt. Im Mai 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, kam aber bald wieder zurück zur Volksdeutschen Mittelstelle. 1944 wurde er nach einem Lehrgang in Kienschlag als Untersturmführer und »VIa« zur Gebirgskampfschule kommandiert.479 Für die Führerausbildung der Reiterstandarten und für die Kavallerieverbände der Waffen-SS betrieb die SS mehrere Reitschulen: die Hauptreitschule in München, die Reitschule Forst in der Lausitz und die im September 1944 errichtete Kavallerieschule Göttingen. Die Hauptreitschule in München-Riem, ein Prestigeobjekt der SS, das deshalb auch von Anfang an großzügig ausgestattet wurde, war aus dem Gestüt Johann Fegeleins hervorgegangen, dessen Sohn Hermann zum Kommandeur der Schule ernannt wurde. Hermann Fegelein, der seit 1932 der NSDAP angehörte und 1933 von der SA zur SS wechselte, war selbst ein erfolgreicher Derbyreiter und konnte in zahlreichen Turnieren mit den SS-Reitern vordere Plätze gewinnnen. Die Schule wurde im Juli 1937 als SS-Reitschule errichtet und im September 1939 den Totenkopfverbänden unterstellt.480 Schulungsleiter der Reitschule war 1937 Heinz Franz, der zuvor das SS-Mannschaftshaus an der Universität Heidelberg aufgebaut hatte.481 Neben der Hauptreitschule in München existierte eine kleinere Reitschule in Forst in der Lausitz, die 1938 nach Hamburg verlegt wurde. Hier scheint es zwar keinen eigenen Schulungsleiter gegeben zu haben, aber im August 1936 kündigte Stabsführer Ebrecht vom RuSHA an, zu jedem Führerkurs der Reitschule zwei Führer des Schulungsamtes zu entsenden, die an 3 Tagen jeweils zwei Stunden weltanschaulichen Unterricht erteilen sollten, erstmals in der Zeit vom 20. bis 22. September. Ebrecht selbst kam am 1. und 2. Oktober nach Forst und hielt dort Schulungsvorträge vor 10 Lehrgangsteilnehmern: »Germanentum und Christentum«, »Vom Odal zum Erbhof« und »Brauchtum«. Zuvor waren Dr. Babel und Dr. Schlösser zu Vorträgen nach Forst entsandt worden.482 Wie an allen während des Krieges eingerichteten Schulen der Waffen-SS bestand auch in der 1944 in Göttingen aufgestellten Kavallerieschule der SS eine Abteilung VI. WSLehrer und Abteilungsleiter war Rudolf Friedrich, damals noch Student der Staatswissenschaften. Friedrich war bereits mit 18 Jahren der NSDAP und der SS beigetreten; nach einem Lehrgang in Tölz wurde er als Untersturmführer und Leiter der Abt.

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VI zunächst im Ausbildungsregiment Prag und danach bei der Kavallerieschule Göttingen eingesetzt.483

Die SS-Helferinnen-Schule Oberehnheim Während des Krieges wuchs der Bedarf an nachrichtentechnisch ausgebildeten Helferinnen, die bei den verschiedenen Organisationen der SS zum Einsatz kamen. Für sie wurde in Oberehnheim (Obernai) im Elsass eine Schule erichtet, an der Frauen zu »SS-Helferinnen«, »Unterführerinnen« oder – gegen Ende des Krieges – »Führerinnen« ausgebildet wurden. Im Februar 1942 hatte Himmler den Chef des Fernmeldewesens mit dem Aufbau der Schule beauftragt. Als Hauptgebäude wählte man das Schloss Oberkirch bei Obernai, das zusammen mit drei weiteren Schlösser und mehreren Villen der näheren Umgebung beschlagnahmt und nach Enteignung der Besitzer der Reichsschule zur Verfügung gestellt wurde.484 Im Sommer trat der erste Kommandeur, Brigadeführer Wilhelm von Dufais sein Amt an, und wenig später, im September begann der erste noch provisorische fermeldetechnische Lehrgang für eine kleine Gruppe von Helferinnen, der reguläre Ausbildungsbetrieb setzte erst im Januar 1943 mit 128 Anwärterinnen ein. Die Teilnehmerinnen waren junge Frauen zwischen 17 und 22 Jahren, die von SS-Angehörigen angeworben worden waren.485 Für die Frauen galten ähnliche Bestimmungen wie für die SS-Männer – sie unterstanden der SS- und -Polizeigerichtsbarkeit und mussten beispielsweise bei Eheschließungen die Genehmigung des RFSS übers RuSHA einholen; wie die Männer hatten sie sich ärztlichen und rassischen Musterungen zu unterziehen.486 Die Dienstbezeichnung »SS-Helferin« war nach der (vorläufigen) Einsatzordnung vom Februar 1944 den Absolventen der Reichsschule-SS in Oberehnheim vorbehalten; andere bei der SS angestellte Frauen sollten nur die Bezeichnung »Kriegshelferinnen« tragen. Laufbahnregelungen sahen für die SS-Helferinnen Aufstiegsmöglichkeiten bis zum Rang einer »Stabsführerin« vor. Diese Frauen sollten eine Elite innerhalb des weiblichen »Gefolges« der »SS-Sippengemeinschaft« bilden und auch als künftige Ehefrauen für SS-Führer in Frage kommen. Daher wurde in den Ausbildungsplänen auch besonderes Gewicht auf »gepflegte Umgangsformen« und eine umfassende »SS-mäßige Allgemeinbildung« gelegt. Das Schulungsamt sah sich zunächst wegen des allgemeinen Führermangels außerstande, einen eigenen »WE-Führer« nach Oberehnheim abzustellen und übertrug die Verantwortung für die weltanschauliche Erziehung Obersturmbannführer Dilcher, der Anfang 1943 die Leitung des Schule anstelle des erkrankten Dufais übernommen hatte; Webendörfer empfahl, »ein geeignetes Mädchen« der Schule auszuwählen und zur Einweisung nach Berlin zu schicken, ansonsten sich an die Kolonialfrauenschule in Rendsburg zu wenden, um geeignete Lehrkräfte zu gewinnen.487 Im Juli 1943 begann das SS-Hauptamt jedoch lehrgangsweise Experten aus dem Schulungsamt nach Oberehnheim zu schicken. Für den Ende Juli beginnenden Lehrgang wurde der Abteilungsleiter des Schulungsamtes Dr. Oberdorffer als WS-Lehrer entsandt, ihm sollte Dr. Lüdemann, zu diesem Zeitpunkt Referent für Geschichte im Amt C I, folgen. Im Herbst 1943 kam Gerhard Schinke vermutlich für ein halbes Jahr als »WE-Lehrer« nach Oberehnheim; als Schinke im April 1944 zur Inspektion der Waffen-SS nach

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Sennheim versetzt wurde, trat Gerhart Heß vom Amt C I an seine Stelle. Für die Lehrgänge hatte man inzwischen einen Lehrplan erstellt, der 6 Doppelstunden die Woche für den weltanschaulichen Unterricht vorsah, von denen jeweils zwei Stunden auf Wiederholungen und das Vorlesen entsprechender Abschnitte aus »Mein Kampf« entfielen.488 Kommandeur der Schule war seit Juni 1944 Obersturmbannführer Dr. Mutschler, die Heimleiterinnen waren dagegen Frauen, ebenso ein Teil der Lehrkräfte, während die Lehrgangsleiter männliche SS-Führer waren. Mutschler war vor dem Krieg Oberstudiendirektor und Leiter einer Mädchenoberschule in Aalen gewesen. Gleichzeitig mit ihm wurde der Studienrat Werner Grisard als Lehrgangsleiter eingesetzt.489 Mutschlers Amtsantritt fiel in eine Phase grundlegender Reorganisation der Schule, nachdem Gottlob Berger nach einem Besuch im Juni 1944 einen Mängelbericht erstellt hatte: die Ausstattung sei extrem schlecht, und nur etwa die Hälfte der Mädchen sei für die Helferinnenausbildung geeignet. Für die Missstände wurden Mutschlers Vorgänger Dilcher und Dufais verantwortlich gemacht.490 Berger nahm die Situation zum Anlaß, um die Position des SS-Hauptamtes gegenüber dem Chef des Fernmeldewesens in der Schule zu stärken und sie aus einer fernmeldetechnischen Schule in eine Stätte für die Erziehung eines »von nationalsozialistischer Weltanschauung und SS-Geist durchdrungenem weiblichen SS-Korps« umzuformen.491 Die Schule wurde aus dem Dienstbereich des Chefs Fernmeldewesen herausgenommen und Berger als SS-Hauptamtschef direkt unterstellt.492 Mutschler legte nach seinem Amtsantritt einen Plan für den Ausbau der Schule vor, der 4 Stufen vorsah: Grundlehrgang, Fachabteilungen für Nachrichtenwesen (»Draht« und »Funk«) sowie eine hauswirtschaftlich-pflegerische Abteilung, eine Unterführerinnenschule, aus der der Nachwuchs für das eigene Personal hervorgehen sollte, und eine Führerinnenschule, die aber nach Möglichkeit in der Nähe einer Junkerschule – Mutschler dachte an Tölz – platziert werden sollte. Für den Besuch der Führerinnenschule kämen insbesondere Frauen gefallener SS-Führer in Frage. Die hauswirtschaftlich-pflegerische Ausbildung sollte die Vermittlung von Kenntnissen der Säuglingspflege und Kindergartenarbeit, der Haus- und Gartenarbeit sowie die Vorbereitung auf Tätigkeiten als Haushaltspflegerin und Siedlerin umfassen.493 Alle Helferinnen hatten zunächst eine gemeinsame Grundausbildung von sechs, ab November 1944 acht Wochen abzuleisten; daran schloss sich eine fachspezifisch differenzierte Ausbildung von 6 bis 8 Wochen in den drei Gebieten Fernsprechen, Fernschreiben und Funk an. Die Grundausbildung umfasste 360 bzw. 480 Stunden, von denen 72 bzw. 80 Stunden, also ungefähr ein Fünftel auf den weltanschaulichen Unterricht entfielen. Der 6-Wochen-Lehrplan von 1944 sah folgende Fächer vor: Nachrichtengrundausbildung, Morsen, Sport, Erdkunde (vor allem über die besetzten Länder), Rechtschreiben, Persönliche Lebensgestaltung, Singen, Erste Hilfe, Allgemeines militärisches Wissen und Aufbau der SS, dazu kamen Innendienst, Heimabende und jeweils 5 Stunden die Woche für die Ausarbeitung der Unterrichtsthemen. Für den weltanschaulichen Unterricht waren 12 Wochenstunden zu folgenden Themen eingeplant: 1. 2.

Der Sinn des Krieges. Die SS als Orden politischen Soldatentums. Die europäische Aufgabe der SS. Das Reich als europäische Ordnungs- und Führungsmacht. Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Die Welt als Kampf – die ewigen Lebensgesetze, der Rassengedanke und der Nationalsozialismus.

Schulen der Waffen-SS 3. 4. 5. 6.

331

Woran sterben Völker – der Nationalsozialismus als Weg zur völkischen Wiedergeburt. Die Geschichte als Lehrerin und Mahnerin für politisches Denken und Handeln. Der Weg zum Reich. Der Führer und sein Werk.

Der Lehrplan trug deutlich die Handschrift Gerhard Schinkes, der in den vorangegangenen Jahren schon eine Reihe von Beiträgen unter teilweise gleich lautenden Titeln für die SS-Leithefte verfasst hatte.494 Assistiert wurde Schinke bis zu seinem Weggang aus Oberehnheim von seiner Vertreterin, der SS-Helferin Liesel Laun, die seit Oktober 1943 als Lehrerin für Weltanschauung, Erdkunde und Deutsch in Oberehnheim tätig war und im Mai 1944 zur Heimleiterin und »WE-Leiterin« der Ausbildungsgruppe »Draht« ernannt wurde.495 Den Unterricht über den Aufbau der SS erteilte die Unterführerin Prinzessin zu Waldeck, die Tochter des Obergruppenführers und HSSPF Josias Erbprinz zu Waldeck, der bereits seine Schwägerin Ingeborg Alix Stephan zu Schaumburg-Lippe als Heimleiterin bei der Reichsschule untergebracht hatte.496 Der Prinzessin von Schaumburg-Lippe, eine Tochter des Großherzogs von Oldenburg, wurde im November 1944 der Titel einer »Führerin im SS-Helferinnenkorps« verliehen und die Leitung der Führerinnenlehrgänge übertragen. Ingeborg zur Lippe gehörte seit 1930 der NSDAP an und war 10 Jahre lang Frauenschaftsleiterin der Auslandsorganisation der Partei; sie war als Ehefrau eines Gesandtschaftsrates und SS-Sturmbannführers stellvertretende Mädelführerin in Bulgarien, mit der Aufstellung der nationalsozialistischen Frauenschaft in Italien, dann Brasilien und schließlich mit frauenpolitischen Aufgaben der NSDAP in Argentinien beauftragt gewesen.497 Im November 1944 wurde das Konzept für den Grundlehrgang etwas modifiziert. Nachdem man mit den Teilnehmerinnen des Oktober-Lehrgangs schlechte Erfahrungen gemacht hatte, wurde jetzt die Funktion der »völkischen und charakterlichen Auslese« stärker betont. Hauswirtschaft (Hand- und Werkarbeit) und Feiergestaltung kamen hinzu, außerdem waren Vorträge, Besichtigungen und Wanderungen geplant, die die Frauen »mit dem täglichen Leben in lebendige Verbindung« brachten. Der Lehrgang wurde um 2 Wochen verlängert; 10 Wochenstunden (also insgesamt 80 Stunden) waren jetzt für den weltanschaulichen Unterricht vorgesehen, ergänzt durch jeweils 2 Stunden, in denen die Heimleiterin über nationalsozialistische Feiergestaltung und die Aufgaben der Frau »als Gestalterin des Lebens und Erzieherin der Kinder« sprach. Das Curriculum war jetzt noch stärker rassenhygienisch ausgerichtet und zeigt den Anspruch einer wissenschaftlichen und historischen Legitimation: 1. 2. 3. 4.

5. 6. 7. 8.

Was ist eine Weltanschauung? Die SS als Stoßtrupp der nationalsozialistischen Weltanschauung. Der Mensch als Glied des Naturganzen. Die erste Gefahr des Volkstodes: Der Geburtenrückgang. Die zweite Gefahr des Volkstodes: Die Gegenauslese erblich Minderwertiger. Chromosomentheorie und Mendelismus. Erbanlage und Umwelt. Die Mutationen. Methoden der Erbforschung beim Menschen. Zwillingsforschung. Vererbung geistiger Eigenschaften. Seele-Leib Einheit. Negative und positive Maßnahmen der Rassenhygiene. Die dritte Gefahr des Volkstodes: Die Rassenmischung. Entstehung Europas. Das Reich und Europa im Mittelalter. Das Zeitalter der europäischen Bürgerkriege. Das Wiedererstarken der deutschen Mitte Europas. Das Reich und die Neuordnung Europas.498

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Vom Oktober 1944 ist ein Monatsbericht der »Abt. WE« erhalten. Danach bestanden im September zwei Grundlehrgangsklassen, in denen jeweils 12 Stunden die Woche weltanschaulicher Unterricht erteilt wurde; dazu kamen zwei »Überholungslehrgänge« für Nachrichtenhelferinnen, die der Waffen-SS von der Wehrmacht überwiesen wurden, mit 13 Stunden WE-Unterricht. Den Unterricht erteilte hauptsächlich der WE-Führer – das war zu diesem Zeitpunkt noch Gerhart Heß. Seine Arbeit wurde »nach der fraulichen Seite ergänzt« durch die Heimleiterin Laun, außerdem hielt die Prinzessin zu Schaumburg-Lippe Vorträge über »Amerikanismus als Weltgefahr«. Darüber hinaus wurden Sondervorträge für die ganze Schule organisiert. Im September hielt Gerhart Heß Vorträge über den »Sinn dieses Krieges« und »Deutschland treibt Rassenpolitik«, Obersturmbannführer Häußler über »Die Aufgaben der SS« und Obergruppenführer Hofmann über »Das Elsass in der gegenwärtigen politischen und militärischen Lage.« Wimmer führte jede Woche Besprechungen mit den Heimwartinnen ab, in denen Tageszeitungen und die Aufsätze der Leithefte durchgesprochen wurden, mit dem Ziel, die Heimwartinnen in Zukunft stärker in die weltanschauliche Erziehungsarbeit einzubeziehen. Die Schule verfügte zu diesem Zeitpunkt auch über eine Bücherei mit 2127 Büchern, geleitet von der Buchhändlerin Rittinger, die in den Unterkünften an Heimabenden auch Vorträge über »richtiges Lesen« hielt. Einmal die Woche wurde eine Filmvorführung im örtlichen Kino besucht.499 1944 fanden insgesamt neun Grundlehrgänge statt. An den drei Lehrgängen vom November 1944 bis Januar 1945 nahmen zusammen 883 SS-Helferinnen-Bewerberinnen teil, die zuvor als Kriegshelferinnen gedient hatten. Ein großer Teil der Kandidatinnen war vom BDM angeworben und ausgewählt worden, andere wurden von den Ersatz-Stellen überwiesen, die aber häufig den Anforderungen nicht genügten, so dass viele wieder zurückgeschickt werden mussten. Im Herbst 1944 wurden auch volksdeutsche Frauen aus Ungarn abgeordnet, diese Einberufungen wurden aber wegen mangelnder Sprachkenntnisse wieder eingestellt.500 Da die Schulleitung mit den Eingangsvoraussetzungen der Bewerberinnen generell nicht zufrieden war, ließ man mit Unterstützung des zuständigen RuS-Führers einen Fragebogen zur »Intelligenzprüfung« ausarbeiten, der Fragen zu »allgemeinem Schulwissen, Lebenswissen, politischem Wissen und praktischen Verstandesfragen zur Prüfung des Denkvermögens« enthielt.501 Nach Bestehen des Grundlehrgangs wurden die Frauen auf die fachspezifischen Lehrgänge aufgeteilt, die im Schnitt etwa 2 Monate dauerten. Für die fachtechnische Ausbildung waren vor allem erfahrene Postbeamtinnen als Lehrerinnen eingestellt worden. Die weltanschauliche Schulung wurde hier fortgesetzt, wenn auch in vermindertem Umfang. Die berufsfachliche Ausbildung war dabei in ein ganzheitliches Konzept der Gemeinschafts- und Internatserziehung eingebettet; so sah zum Beispiel ein Tagesablauf der »Ausbildungsgruppe Funk« folgendermaßen aus: 6.00 Wecken 7.00 Frühstück 7.45 Singen 9.00 Fachunterricht 12.00 Mittagessen 14.00 Sport 15.00 Fachunterricht 18.30 Abendessen

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19.30 Montags Referat, Dienstags Werkarbeit, Mittwochs frei, Donnerstags Heimabend, Freitags Arbeitsgemeinschaft, Samstags und Sonntags frei 22.00 Bettruhe

Der eigentliche Fachunterricht umfasste 351/2 Stunden die Woche, hinzu kamen fünf Stunden »weltanschauliche Ausrichtung«, zu der die Teilnehmerinnen ein Referat pro Woche ausarbeiten mussten; 44 Stunden waren für »Hausputz« vorgesehen, dazu kamen sportliche Übungen, Heimabende und am Sonntag eine Morgenfeier; lediglich 111/2 Stunden standen den Frauen als freie Zeit zur Verfügung. Die Dauer der Lehrgänge und der Stundenanteil der weltanschaulichen Erziehung variierten im Zeitverlauf. Nach Angaben vom November 1944 und März 1945 stellt sich die Struktur der Ausbildung folgendermaßen dar:

Grundausbildung Ausbildung »Funk« Ausbildung »Draht«: – Fs (Fernschreiberin) – Fe (Fernsprecherin) Unterführerinnenlehrgang Führerinnenlehrgang

Dauer 8 Wo. 12 bzw. 8 Wo.

Wochenstunden WE 12 bzw. 10 Std. 2 bzw. 4 Std.

8 Wo. 6 Wo. 6 Wo. 4 Wo.

12 Std. 9 Std.

Die Führerinnen-/Unterführerinnenlehrgänge begannen erst Ende 1944 und hatten keine fachspezifischen Inhalte mehr, sondern waren hauptsächlich weltanschaulich ausgerichtet. Im Februar 1944 war eine vorläufige Einsatzordnung für SS-Helferinnen erlassen worden, die die Laufbahn für »SS-Helferinnen-Führerinnen und -Unterführerinnen« vorsah. Himmler ließ die Einsatzordnung zwar im Juni 1944 wieder einziehen, weil er mit einigen Formulierungen unzufrieden war und sich insbesondere am Begriff der »Unterführerin« stieß, im September 1944 konnte aber mit der Planung entsprechender Lehrgänge begonnen werden. In Niederehnheim wurde eine Unterführerinnenschule unter Leitung der Prinzessin zu Schaumburg-Lippe errichtet.502 Die Prinzessin, die wenig später als »Führerin« bestätigt wurde, legte im September ein Ausbildungskonzept vor, das vor allem »rassenpädagogische« Gesichtspunkte betonte: Der Schulungsplan solle »ausdrücklich vom Standpunkt des erhöhten Verständnisses für die unserer Rasse eigenen Charakteranlagen – den positiven wie auch den negativen – und ihren Beeinflussungsmöglichkeiten zur Hinaufentwicklung aufgestellt werden.« Es gelte, den »Blick der Lehrgangsteilnehmerinnen für die volkscharakterformenden Epochen der Geschichte zu schärfen und auf das Wesentliche zu lenken; den Glauben an die eigene rassische Kraft zu stärken und den fraulichen Instinkt im Dienst an Volk und Staat bis zu klarstem Erkennen der höchsten Verpflichtung zu entwickeln und in das große Aufgabengebiet einzuführen.« Ein besonderer Schwerpunkt sollte auf der Ausbildung der rhetorischen Fähigkeiten liegen, die Frauen sollten »schlagfertig bei politischen Debatten« sein und ihren »weltanschaulichen Standpunkt stichhaltig begründen und verteidigen können«: »Sie müssen lernen, die theoretische Werbung für das nationalsozialistische Ideengut mit praktischen Beweisen erhärten zu können. Das schnelle Erfassen sich ergebender Möglich-

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS keiten muß ihnen dadurch anerzogen werden, dass man sie vor entsprechende Aufgaben stellt, z. B. in kleine Arbeitsgemeinschaften zusammenfasst, die einen Standpunkt zu verteidigen haben, oder Einzelne vor die Gemeinschaft beruft und in seminaristischen Übungen Stellung zu gewissen Fragen nehmen lässt.«503

Der Lehrplan vom November 1944 für den Unterführerinnenlehrgang war denn auch ganz auf dieses Ziel der Heranbildung eines politisch-weltanschaulich geschulten (Unter-)Führerinnenkorps der SS ausgerichtet; nachrichtentechnische Aspekte tauchen in diesem Lehrplan überhaupt nicht auf, sondern sollten in den Grund- und fachspezifischen Lehrgängen bereits erworben worden sein: I. Feste geschichtliche Grundlage 1. geographisch-machtpolitisch 2. weltanschaulich 3. Welche Lehren erteilt uns der Ablauf der Geschichte vom Standpunkt der Menschenführung aus? II. Rassenkunde 1. Allgemeines Wissen. Sippenforschung. Heiratspapiere 2. Charakterliche Veranlagungen unseres nordisch bestimmten Menschen, auf die vom erzieherischen Standpunkt besonders zu achten ist. 3. Erfahrungen mit »Germanischen Freiwilligen«. 4. Die Frau der germanischen Länder. III. Menschenführung ………… IV. Kunst und Wissenschaft im Dienst am Volk …………….. V. Feiergestaltung …………… VI. Politische Schulung …………. VII Die SS als Kernstück des Reiches 1. Europäische Aufgabe der SS 2. Die Sippengemeinschaft der SS als Garant der nordischen Rasse (SD, Germanische Freiwilllige). Ihre Sondergesetze und Menschenführung. Aufgabe und Stellung der Führerinnen und Unterführerinnen im SS-Helferinnenkorps. VIII. Leibeserziehung.504

Die Kurse führten die Heimleiterin (also die Prinzessin zu Schaumburg-Lippe) und der WE-Führer Karl Wimmer als Lehrgangsleiter durch. Karl Wimmer, Studienrat für Latein und Geschichte, war im Herbst 1944 als WS-Lehrer von der SS-Artillerieschule Beneschau nach Oberehnheim versetzt worden.505 Für spezielle Themen wurden Gastredner angefordert. Unter anderem kamen Rudolf Jacobsen, Gerhard Schinke und Hanns Paul vom nicht weit entfernten Ausbildungslager Sennheim zu Einzelvorträgen nach Sennheim.506 Das SS-Hauptamt kündigte im Dezember 1944 die Durchführung 4wöchiger Führerinnen- und 6wöchiger Unterführerinnenlehrgänge an. Da die Front auch im Westen näher rückte und das Elsass geräumt werden musste, wurde die Schule am 20./22. November evakuiert und auf verschiedene Standorte in Süd- und Mitteldeutschland verteilt. Ein Teil der Lehrgänge wurde in der Polizeischule in Heidenheim, ein anderer an der Schule für Nachrichtenhelferinnen der Ordnungspolizei in Erfurt fortgeführt.

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Die Schulleitung wurde zunächst in Geislingen an der Steige, dann in Heidenheim einquartiert, wo auch die Fachausbildungsgruppen »Draht« und »Funk« untergebracht wurden; die Gruppe »Draht« kam jedoch noch im Dezember nach Erfurt, die Gruppe »Funk« nach Liebenthal und von dort ebenfalls nach Erfurt und schließlich im März 1945 nach Bopfingen. Der erste »Führungslehrgang«, der noch am 15.11. in Oberehnheim begonnen hatte, wurde am 18.12. in Erfurt fortgesetzt und am 30.1.1945 abgeschlossen; ein weiterer Unterführerinnenlehrgang fand vom 29.1. bis 25.2.1945 in Erfurt statt.507 In Erfurt wurden vor allem Dozenten der Polizeischule Weimar als Lehrkräfte mit herangezogen. Unter anderem wurde Hermann Stevens, ein promovierter Studienrat, als Lehrer für Geschichte eingesetzt, Magnus Block erteilte Unterricht in Biologie und Rassenpolitik.508 Zugleich wurden die Helferinnen der Ordnungspolizei ins SS-Helferinnenkorps überführt und personell dem SS-HA unterstellt. Bis dahin waren etwa 3000 SS-Helferinnen in Oberehnheim ausgebildet worden, jetzt kamen noch einmal etwa 3000 Helferinnen der Orpo hinzu.509 Die Aussicht auf Teilhabe am SS-Führungskorps schien den Frauen das nahe Kriegsende aus dem Blickfeld zu rücken, denn man stellte bereits Lehrgangsplanungen bis zum Dezember 1945 an. Die Wochenschulungspläne vom Februar 1945 enthalten eine bunte Folge von Unterrichtseinheiten über die deutsche Geschichte, Rassenpolitik und die SS, Politische Schulung, Leibeserziehung, Sprechlehre, Singen, Feiergestaltung, Unterweisungen in »weiblicher Führung«, seminaristischen Übungen, Heimabenden usw. Die stundenmäßige Gewichtung war für die erste Woche wie folgt: 8 Stunden Leibeserziehung 6 Stunden »grundlegende Geschichte« 5 ½ Stunden weibliche Führung 5 Stunden Kunst und Wissenschaft im Dienst am Volk 4 Stunden Politische Schulung 3 Stunden Rassenpolitik 3 Stunden Aufbau der SS jeweils 2 Stunden Feiergestaltung, Singen und Sprechlehre 1 ½ Stunden Vorbereitung auf Heimabende dazu Heimabende und Morgenfeiern.510

In den folgenden Wochen spielten seminaristische Übungen, Übungen in »politischer Schlagfertigkeit« und »Menschenführung« eine größere Rolle. Zur Illustration seien noch die Unterrichtspläne für die Gebiete »weibliche Führung« und »weltanschauliche Erziehung« aufgeführt:511 Unterrichtsthemen »weibliche Führung«: 1. Woche: 1. Vorgesetzte oder Führerin 2. Erziehung zur Mutter 3. Die Familie ist die kleinste Zelle des Staates. 4. Führen oder herrschen. 2. Woche: 1. Die Frau als Treuhänderin der Nation 2. Liberalismus 3. Führen heißt durch Beispiel formen 4. Bekritteln oder erziehen

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 3.

4.

Woche 1. Haltungsfragen 2. Amerikanismus 3. Das unsichtbare Erziehen 4. Referate der Lehrgangsteilnehmerinnen Woche: 1. Bolschewismus 2. schriftliche Arbeit: Englischer Imperialismus in Europa 3. Referate der Lehrgangsteilnehmerinnen 4. Die Stellung der Frau im nationalsozialistischen Staat.

Unterrichtsthemen WE: 1 Woche: 1. Die deutsche Aufgabe a) Die Reichsidee b) Politische und geistige Welt 2. Grundlagen und Werte des Lebens. a) Rasse und Gemeinschaft b) Heldentum, Schöpfertum, Persönlichkeit 2. Woche: 3. Grundlagen und Sinnbilder der Politik a) Staat, Volk, Nation, Reich b) Genialität und Persönlichkeit Adolf Hitlers 4. Bestandteile und Werte der Wirtschaft a) Liberalistische oder nationalsozialistische Auffassung b) Völkische Wirtschaft und persönliche Lebensform 3. Woche: 5. Idee und Vollendung der Religion a) Die Allgegenwart der Religion b) Machtpolitisches Christentum und völkisch-lebensgesetzliche Religion 6. Bestandteile und Werte der Erziehung a) Geist, Politik und Erziehung b) Allmacht der völkisch-geistigen Erziehung 4. Woche: 7. Erfüllung des Lebens a) Mannes- und Frauentum b) Nationalismus und Sozialismus 8. Die Aufgaben der SS a) Die Erziehung zum deutschen Menschen b) Vollendung des Reichs.

Die Schulen der Waffen-SS beim Truppenübungsplatz Böhmen-Mähren und der Ausbildungsstandort Großraum Prag Im Juli 1942 wurden die Artillerieschule II Beneschau und die Pionierschule Hradischko beim Truppenübungsplatz Böhmen-Mähren in der Nähe von Prag errichtet, im Dezember darauf ging auch die Panzergrenadierschule Prosetschnitz, später in Kienschlag umbenannt, in Betrieb.512 Erste Hinweise auf die Existenz einer Abteilung VI stammen von Anfang 1943; spätestens im Januar 1943 bestand eine Abt. VI in Bene-

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schau. Im März 1943 erließ der Kommandeur der Pionierschule Hradischko einen Lehrplan, der vier Wochenstunden weltanschaulich-politischen Unterricht vorsah. Jeweils die erste der vier Stunden war dem »Leben des Führers« gewidmet, die zweite einem geschichtlichen Abriss vom »1. Reich« bis zum aktuellen Krieg, die dritte der SS, ihrer Organisation und ihrem Selbstverständnis, die vierte politischen Tagesfragen; der Lehrplan war auf 8 Wochen ausgelegt, weitere Wochen dienten der Wiederholung und Vertiefung:513 1. Woche: a. Das Leben des Führers von der Geburt bis zum 16. Lebensjahr b) Das 1. Reich, Heinrich I. c) Grundgesetz über die Heiligkeit des Eigentums d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 2. Wo.: a) Das Leben des Führers vom 16. Lebensjahr bis 1914 b) Friedrich d. Gr.; Vom Bismarckreich bis zum Zusammenbruch c) Das Ehrengesetz der SS d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 3. Wo. a) Das Leben des Führers von 1914 bis 1918 b) Von den Anfängen der Bewegung bis Anfang 1923 c) Wesen und Zweck des Vereins Lebensborn d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 4. Wo. a) Das Leben des Führers von 1918-1923 b) Sturmjahr 1923 c) Grundgesetze über die Betreuung von Witwen und Waisen d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 5. Wo. a) Das Leben des Führers von 1933-1939 b) Kampf um die Macht im Inneren c) SS-Befehl an die letzten Söhne d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 6. Wo. a) Aus dem Leben des Führers von 1939-1943 b) Endkampf um die Macht im Inneren c) Der Orden der SS d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 7. Wo. a) Führende Männer im 3. Reich b) Nürnberger Gesetze c) Der Rassegedanke und seine Gegner d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk 8. Wo. a) Rassenfrage als Schicksalsfrage unseres Volkes b) Der jetzige Krieg und seine Urheber c) Der Verlobungs- und Heiratsbefehl d) Politische Tagesfragen aus Tageszeitungen und Rundfunk

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS

Leiter der Abteilung VI in Hradischko war Kurt Tiedt. Er gehörte schon als 13jähriger 1932 der HJ an; unmittelbar nach dem Abitur und dem Arbeitsdienst hatte er sich 1938 zum Pioniersturmbann der Waffen-SS gemeldet und war nach mehreren Lehrgängen als WS-Lehrer nach Hradischko gekommen.514 Im Februar 1945 wurde Horst Hartmann, der vor dem Krieg die außerdienstliche Polizeischulung im Schulungsamt geleitet hatte und 1941 Abteilungsleiter im Schulungsamt war, als »WS-Lehrer und VIa« nach Hradischko geholt. Er brachte noch bis Ende März politische Lageberichte und Schulungsmaterial heraus, darunter am 23.3. Material zur Behandlung der Themen »Freimaurerei« und »Kampf um das Reich: Der erste Dreißigjährige Krieg«.515 Von der Artillerieschule Beneschau sind einige Arbeitsberichte der Abt. VI und Materialien zu den üblichen Themen der Schulungsarbeit erhalten.516 Im Januar 1943 wurde dort der Studienrat und Oberscharführer Johannes Kindermann als Leiter der Abteilung eingesetzt. Kindermann stammte selbst aus Prag und hatte an der Deutschen Karls-Universität ein Studium in deutscher und slawischer Philologie absolviert und gleichzeitig noch einen Turn- und Sportlehrerkurs an der Deutschen Hochschule für Leibeserziehung in Prag besucht. Ab 1928 war er im Schuldienst tätig, zuletzt als Studienrat in Karlsbad. Nach dem Anschluss des Sudetenlandes wurde er 1938 als Mitglied der SdP, Gebiets-Schulungsleiter und Kreisredner in die NSDAP übernommen. Gleichzeitig trat er im Oktober 1938 der SS bei, die ihn mit der Führung des SS-Sturms Karlsbad betraute. Mit Beginn des Krieges wurde er zur Waffen-SS eingezogen und dort wegen seiner Russisch-Kenntnisse als Dolmetscher im Ostfeldzug verwendet; nach Besuch eines Führeranwärterlehrgangs in Tölz schickte man ihn im Januar 1943 nach Beneschau. Zu seiner Unterstützung kam im Februar 1943 der Studienrat Karl Wimmer für drei Wochen von der Abt. VI der Kavallerie-Division nach Beneschau. Nachdem Wimmer zur Kavallerie-Division zurückgekehrt war, wurde Kindermann als Untersturmführer zur Abt. VI des Panzer-Grenadier-Bataillons »Deutschland« versetzt. Von dort kam an seiner Stelle der Untersturmführer Hans Hörist als Leiter der Abt. VI nach Beneschau; er blieb bis zum Kriegsende für die weltanschauliche Schulung verantwortlich. Hörist, der die Lehrerbildungsanstalt Wiener Neustadt besucht hatte und von Beruf Volksschullehrer war, gehörte bereits 1935 der SS in Österreich an; 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und diente zunächst beim Totenkopf-Regiment Lublin, dann bei der Division »Das Reich« und schließlich als Führer der Abt. VI bei der Ersatz-Abteilung der Division »Deutschland«. Als weitere ausgebildete Lehrer kamen im Laufe des Jahres 1944 noch Heinrich Reinecke, vorher WS-Lehrer an der Junkerschule Braunschweig, sowie Gebhard Göser aus Tübingen hinzu.517 Nach Himmlers Befehl vom 24.2.43 zur weltanschaulichen Erziehung, der die planmäßige Unterweisung in nationalsozialistischer Weltanschauung der Ausbildung an der Waffe gleichstellte, wurden auch in Beneschau vier Wochenstunden regulärer Unterricht in den Führer- und Unterführerlehrgängen festgelegt. Vermutlich galt der Lehrplan für Hradischko gleichzeitig auch für Beneschau. In der Folgezeit kamen eine ganze Reihe weiterer Mitarbeiter der Abt. VI nach Beneschau. Da die Zahl der Lehrgänge und Schüler stetig zunahm und die Lehrgangsleiter nicht mehr in der Lage waren, den weltanschaulichen Unterricht selber zu geben, wurde wie an anderen größeren Schulen der Einsatz eigener WS-Lehrer erforderlich. Im Frühsommer 1944 bestanden drei Lehrgruppen mit vier WS-Lehrern:

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Lehrgr. A = Führerlehrgang: 1. WS-Lehrer Hörist, 2. Petzschner Lehrgr. B = Unterführerlehrgang: WS-Lehrer UStuf. Jost Specht Lehrgr. C = Feuerwerker- und HGV-Lehrgang: 1. WS-Lehrer Empl, 2. unbesetzt Dazu kamen Mitarbeiter der Abt. VI, die für Schulungsmaterialien, Verwaltungsaufgaben, Filmvorführgeräte, die Bücherei, Wartung der Sportgeräte usw. zuständig waren.518 Helmut Petzschner, von Beruf kaufmännischer Angestellter, Korrespondent und schließlich selbständiger Handlungsreisender, gehörte seit 1933 der SS an und war nach einem Führerlehrgang in Tölz 1943 zur Abt. VI nach Beneschau kommandiert worden. Jost Specht, 1921 in Köln geboren, hatte sich unmittelbar nach Abitur und Arbeitsdienst Anfang 1941 zur Waffen-SS gemeldet und war ebenfalls nach einem Lehrgang in Tölz als Untersturmführer im Juni 1944 nach Beneschau überstellt worden. Er war neben der Arbeit als WS-Lehrer der Lehrgruppe B auch für die Gebiete »Feiergestaltung« und »Musik und Gesang« zuständig. Hans Empl, von Beruf kaufmännischer Angestellter, gehörte vor 1933 der HJ an und hatte sich 1938 zu den Verfügungstruppen gemeldet; er wurde ebenfalls 1944 als Untersturmführer und WSLehrer nach Beneschau versetzt.519 Für den Unterricht wurden bis zum Sommer 1944 neben SS-Leitheften und Informationsdienst je 150 Exemplare der bis dahin erschienen Stoffsammlungen des SSHauptamtes besorgt, außerdem verfügte man über eine umfangreiche Bibliothek mit 7450 Lehr- und Unterhaltungsbüchern, einen Filmapparat, Epidiaskope, eine große Anzahl Wandkarten und Unterrichtstafeln sowie Filmbänder und Diareihen für den weltanschaulichen Unterricht. Zusätzlich zum Unterricht wurden Sondervorträge, überwiegend populärwissenschaftlicher Art organisiert – von Januar 1943 bis Juli 1944 insgesamt 26 an der Zahl. Am 25.7.44 hielt Hans-Joachim Beyer von der ReinhardHeydrich-Stiftung in Prag einen Vortrag »Der Bolschewismus und die Völker des Ostens«, drei Tage später kam Friedrich Klement mit dem Vortrag »Chemie als Wissen und Waffe« nach Beneschau – Klement bereiste im Sommer 1944 im Auftrag des SSHauptamtes (C I.3f) eine ganze Reihe von Stationen mit diesem Vortrag und war unter anderem am 11.8. in Auschwitz, am 28.8. an der Junkerschule Klagenfurt und am 30.8. beim Genesenden-Bataillon zu Gast.520 In Beneschau war man um eine intensive Schulung bemüht. Aufgrund eines Sonderbefehls des Kommandeurs der Schule vom Januar 1944 führte Hörist zusätzlich zu den regulären 4 Wochenstunden weltanschaulich-politischen Unterrichts zwei »Diskussionsstunden« in kleinen Gruppen ein. Dafür wurde ein voller Nachmittag in den Dienstplänen reserviert. Die Diskussionsstunden bewährten sich offenbar und wurden auch danach beibehalten. Den Monatsberichten zufolge lief der weltanschauliche Unterricht in Beneschau bis zum März 1945 weiter.521 Ähnlich in der Panzergrenadierschule Kienschlag. Hier wurde noch im März 1945 weltanschauliche Schulung für 3000 Männer betrieben. Im Vordergrund stand die »bolschewistische Gefahr«. In Kienschlag wurden 1944/45 Lehrgänge für wallonische, französische, lettische und estnische Offiziere der Waffen-SS durchgeführt. Bereits im März 1944 forderte die Abt. VI anlässlich der Aufstellung einer französischen Sturmbrigade Schulungsmaterial in französischer Sprache an; eine Reihe von Unterrichtsstunden war dem Thema »Frankreich und der Bolschewismus« gewidmet. Wie in Beneschau und Hradischko wurde in den Lehrgängen vier Wochenstunden weltanschaulich-po-

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litischer Unterricht erteilt.522 Leiter der Abt. VI war der Studienrat Erwin Hospach, sein Stellvertreter war Friedrich Leo, der zuvor als Hauptabteilungsleiter des Rassenamtes in Prag für die Ausbildung der Eignungsprüfer zuständig war. Hospach, der Studienrat für Französisch, Englisch und Erdkunde in Düsseldorf war, konnte sich besonders der französischen und wallonischen Lehrgangsteilnehmer annehmen.523 Speziell für französische Freiwillige kam auch Helmut Bender als WS-Lehrer von Braunschweig und Klagenfurt im Mai 1944 nach Kienschlag. Für die Freiwilligen aus dem Baltikum war offenbar Fritz Esche zuständig, er berichtete auf der Tagung des Schulungsamtes im März 1944 über »Erfahrungen in der VI-Arbeit bei lettischen Freiwilligen«.524 1943 war er als Obersturmführer zum Aufstellungsstab für die lettische Freiwilligen-Division kommandiert worden, seit Januar 1944 war er als WS-Lehrer in Kienschlag. Esche war von Beruf Kaufmann, hatte aber bereits Lehrerfahrungen als Abteilungsführer und Lehrer an der Reichsschulungsburg der NSDAP machen können. Von September 1941 bis März 1943 war er an der Unterführerschule Radolfzell tätig. Für galizische Freiwillige, für die 1943 und 1945 Junkerlehrgänge in Kienschlag stattfanden, wurde der aus Lemberg stammende Volkswirt Lubomir Makaruschka geholt; Makaruschka, Direktor einer Versicherungsgesellschaft und Hauptmann der galizischen Wehrmacht, war als Obersturmführer in die Waffen-SS übernommen und in der 14. SS-Grenadier-Division (»galiz. Nr.1«) eingesetzt worden.525 Weitere WSLehrer in Kienschlag waren u. a. Ludwig Denecke, Carl Ösau und Werner Eggers. Ösau, Volksschullehrer in Hamburg, war zuvor in Tölz tätig (s.o.). Werner Eggers meldete sich, nachdem er das Abitur am Humanistischen Gymnasium abgelegt hatte, zu den Verfügungstruppen; 1943 war er als Obersturmführer beim Artillerie-Ausbildungs- und Ersatz-Regiment Prag eingesetzt, im Januar 1945 wurde er als WS-Lehrer nach Kienschlag abgeordnet. Ludwig Denecke, 1905 in Hameln als Sohn eines Gymnasialdirektors geboren, hatte Germanistik und Klassische Philologie studiert, 1929 in Greifswald promoviert und 1932 das Staatsexamen abgelegt. Er war 1930 bis 33 hauptamtlicher Mitarbeiter am Deutschen Wörterbuch der preußischen Akademie der Wissenschaften, machte anschließend noch eine Ausbildung im Bibliotheksdienst und arbeitete danach als Bibliothekar und schließlich Bibliotheksrat in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek in Berlin. Er war 1932 der NSDAP beigetreten und arbeitete dort als Blockleiter und Schulungswalter mit. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen; nach einem Lehrgang in Tölz wurde er im September 1943 zum Untersturmführer ernannt und als WS-Lehrer nach Kienschlag kommandiert.526 Im Juni 1944, das sei noch erwähnt, wurde der Obersturmführer Rudolf Lohr zur Einarbeitung in das »Arbeitsgebiet VI« nach Kienschlag beordert; Lohr, von Beruf Maschinenbauer, war bereits als Eignungsprüfer des RuSHA in Litzmannstadt für »besonders wertvolle Sonderaktionen« im Rahmen der »Rückkehreraktion der Volksdeutschen« eingesetzt worden; nach der Einarbeitung in Kienschlag wurde er als Führer der Abt. VI zur »Bewährungsabteilung« der Waffen-SS in Chlum kommandiert, die sich ebenfalls beim Truppenübungsplatz Böhmen und Mähren befand.527 Die Abt. VI in Kienschlag ließ bei der Panzergrenadierschule einen eigenen Thingplatz als Feierstätte errichten; an den Arbeiten waren auch Schwarzmeerdeutsche beteiligt, die in einer feierlichen Zeremonie in die Waffen-SS aufgenommen und eingedeutscht werden sollten. Bei der Eröffnung waren 2000 SS-Männer zugegen. Hier wurde unter anderem auch weltanschaulicher Unterricht im Freien abgehalten: »Vie-

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les haben die Bäume um unsere Feierstätte seitdem erlebt: von der öffentlichen Gerichtssitzung über die Feier- und auch Unterrichtsstunden des Lehrgangs bis zu jenem großen Ereignis, das uns immer unvergessen bleiben wird: die Eindeutschungsfeier jener Schwarzmeerdeutschen, die unsere Feierstätte gebaut hatten, mit dem anschließenden Konzert des Deutschen Philharmonischen Orchesters in Prag.« Andachtsvoll durften die Volksdeutschen den Klängen deutscher Hochkultur in diesem »Gotteshaus unter freiem Himmel« lauschen: »In die sinkende Nacht, in die feierliche Stille des Waldes und in die lauschende Runde der SS-Männer hinein tönten die reinen und zauberischen Klänge Mozarts, Schuberts, Haydns und Webers.«528 In der Nähe von Beneschau bestand Anfang 1945 außerdem noch die SS-Panzerjäger-Sturmgeschütz-Schule Janowitz. Der Abteilung VI gehörten im Januar 1945 die Untersturmführer Brixel und Stark sowie als Sachbearbeiter die Scharführer Harth und van Dawen an. Der Sudetendeutsche Hugo Brixel, 1919 geboren, war noch Student (»Rassenbiologie«); er kam aus der nationalsozialistischen Jugendbewegung des Sudetenlandes und hatte sich im November 1938 zur Waffen-SS gemeldet. Nach einer Verwundung in Russland kam er ins Lazarett nach Bayreuth und stellte sich dort als Lektor der Arbeit des Rassenpolitischen Amtes zur Verfügung. Ende 1943 nahm er am Versehrtenlehrgang in Tölz teil, wurde 1944 zum Untersturmführer befördert und als Leiter der Abt. VI zur Panzerjägerschule Janowitz kommandiert. Anton Stark, ebenfalls ein Sudetendeutscher, war Hauptschullehrer; er war 1938 der NSDAP beigetreten, wurde ebenfalls 1944 zum Untersturmführer ernannt und war zweiter Leiter der Abt. VI in Janowitz. Im März 1945 erteilte Julius Kenel weltanschaulichen Unterricht. Er war nach dem Abitur noch als 18jähriger zur Waffen-SS eingezogen und nach einem Lehrgang in Tölz im Januar 1945 zum Untersturmführer ernannt worden.529 Dem Monatsbericht vom 29. März zufolge wurden noch 4 Stunden in der Woche weltanschaulicher Unterricht erteilt, zuletzt jeweils eine Doppelstunde über die Themen »Allein die nationalsozialistische Weltanschauung sichert uns ein artgemäßes Leben«, »Gesetze des Lebens – Grundlage unserer Weltanschauung«, »Wir kämpfen für die Ewigkeit unseres Volkes«, »Freimaurerei – Weltjudentum« sowie eine Stunde »Unsere stärkste Waffe – unser unerschütterlicher Glaube an den Sieg.«530 Gemeinsam mit Prag bildete der Truppenübungsplatz »Böhmen« wohl das wichtigste Ausbildungs- und Schulungszentrum der SS außerhalb des Reichs, deshalb waren hier auch zahlreiche Ausbildungs- und Ersatzeinheiten stationiert. Der Standort dürfte wegen der sicheren Lage und der logistischen Vorteile, die sich aus der Nähe zu Prag ergaben, gewählt worden sein. Zwischen beiden Standorten gab es enge Beziehung – zum Beispiel fanden auch Lehrgänge der Prager Junkerschule auf dem Truppenübungsplatz Böhmen statt. In Prag selbst wurden mit fortschreitendem Verlauf des Krieges immer mehr Funktionen konzentriert, die für das Schulungswesen der SS bedeutsam waren. Dazu gehören neben der Führerschule der Waffen-SS, die 1944 in Prag-Dewitz errichtet wurde, die Schule des RuSHA zur Ausbildung von Eignungsprüfern, die Reichsschule für Leibesübungen, die Reichsschule der Sicherheitspolizei und des SD in Prag-Bubentsch, an der 1942/43 Untersturmführerlehrgänge durchgeführt wurden, sowie eine Kriegsblindenschule der Waffen-SS.531 Die Reichssportschule war mit Befehl vom 16.7.1943 errichtet worden. Sie unterstand dem Amt C II im SS-Hauptamt und hatte die Aufgabe, Lehrkräfte für Leibeserziehung in der SS und Polizei sowie Fachlehrkräfte für den Versehrtensport in den Genesenden-

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Einheiten auszubilden und Überholungslehrgänge für Übungswarte durchzuführen. Kommandeur der Schule war Max Kopischke, den weltanschaulichen Unterricht erteilte der Zollverwaltungsbeamte und Landrat Hermann Gerischer. Vom Januar 1944 ist ein Wochendienstplan erhalten, nach dem Gerischer zweimal die Woche jeweils um 8 Uhr morgens eine Stunde weltanschaulichen Unterricht gab; dazu kam eine Stunde »politische Leibeserziehung« durch den Lehrgangsleiter.532

Der Ausbildungsstandort Dachau und die Führerschule des WuVHA Ein anderer umfangreicher Schul- und Ausbildungskomplex war bereits seit Beginn des Dritten Reichs in Dachau entstanden, der neben Einrichtungen der Waffen-SS bzw. der Verfügungstruppen auch solche der Allgemeinen SS und der SS-Wirtschafts- und Verwaltungsdienste umfasste. 1933 wurde hier das »Hilfswerk Dachau« als Sammelund Ausbildungslager für politische Flüchtlinge aus dem Ausland, insbesondere Österreich errichtet (an anderer Stelle auch »Hilfswerk Schleißheim bei Dachau« genannt). Ernst Fick war dort 1934 als Ausbilder tätig, bevor er zur LSSAH versetzt wurde. Schulungsleiter und 1934 Rassereferent war der Villacher Forstwirt Johann Orasche, der selber 1933 aus politischen Gründen aus Österreich nach Deutschland geflohen war.533 Gleichzeitig mit der Errichtung des KZ Dachau entstand ein dem KZ angeschlossenes Übungslager mit Kasernen für die dort stationierten Verbände; Kommandeur und Schulungsleiter war 1936/37 der Medizinstudent Karl Braun.534 Spätestens ab 1935 fanden in Dachau Zugführerlehrgänge von etwa 2 Monaten Dauer statt, die die Absolventen der neu gegründeten Junkerschulen als Vorbereitung auf die Praxis besuchen sollten. Zu Kriegsbeginn wurde das KZ geräumt, um das Lager ganz für Ausbildungszwecke der neu aufgestellten Totenkopfverbände nutzen zu können.535 Zur Zugführerausbildung gehörte auch die Vorbereitung auf Schulungsaufgaben, die den Einheitsführern ab 1936 übertragen wurden. Für die weltanschauliche Schulung entsandte das Schulungsamt Anfang 1937 Franz Maierhofer und Wilhelm Rieke nach Dachau, beide SS-Führer aus der Reihe der »alten Kämpfer«.536 Rieke, zu diesem Zeitpunkt bereits Untersturmführer und Referent im Schulungsamt, wechselte im Mai 1937 als WS-Lehrer nach Braunschweig, Maierhofer, Volksschullehrer, SS-Schulungsleiter und Leiter der Reichsschule der NSV, war ebenfalls als Schulungsleiter für die Junkerschule Braunschweig vorgesehen, erhielt aber eine Berufung als Referatsleiter für kulturelle Sonderfragen beim Bayerischen Gauleiter und Staatsminister Adolf Wagner.537 Auf Befehl Himmlers waren der weltanschaulichen Schulung bei den Zugführerlehrgängen mindestens fünf Wochenstunden einzuräumen; selbst während der Schießübungen sollte den Schulungsleitern Gelegenheit gegeben werden, »sich mit gerade nicht schießenden Junkern zu unterhalten«. Im März 1937 kam Professor Wüst, der mit seinem Vortrag »Des Führers Buch ›Mein Kampf‹ als Spiegel arischer Weltanschauung« durch die Oberabschnitte reiste, auch zum Zugführerlehrgang nach Dachau. Nach dem ersten Lehrgangs herrschte offenbar Unzufriedenheit über eine zu große »Theorielastigkeit« der Schulungsarbeit, die für die Lehrgangsteilnehmer zum Teil nur Wiederholungen dessen brachte, was sie bereits auf den Junkerschulen gelernt hatten: »Wichtiger ist, dass zu den Tagesfragen, Kirchenaustritt, Eheweihen, Namensgebung, Brauchtum eingehend und eindeutig Stellung bezogen wird. Es ist dieses für

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die jungen Führer das Handwerkszeug für die Schulung ihrer Männer.« Deshalb genüge auch ein Schulungsleiter, der aber über die erforderliche Lebenserfahrung verfügen müsse, möglichst verheiratet und Kriegsteilnehmer sein sollte.538 1937 wurde in Dachau auch die bereits erwähnte Führerschule der allgemeinen SS für Sturmbann- und Standartenführer errichtet, auf denen in 4- bis 6wöchigen Kursen neben Sport, Wehrsport und militärischen Übungen vor allem weltanschauliche Schulung betrieben wurde. Die ersten Kurse begannen im Oktober und November 1937. Als Leiter der Schule und des weltanschaulichen Unterrichts hatte Himmler Oberführer Kurt Ludwig vorgesehen, dem Walter Barnert als WS-Lehrer zur Seite gestellt werden sollte. Nach Anweisung Himmlers sollte der weltanschauliche Unterricht anhand der Leithefte erfolgen.539 Barnert kann jedoch nur kurzzeitig an der Schule unterrichtet haben, da er 1937/38 Schulungsleiter bei den Standarten »Germania« und »Der Führer« war und zu Beginn des Krieges zum WE-Führer der Verfügungstruppen berufen wurde. Kontinuierlich von Ende 1937 bis mindestens 1941 war der Jenaer Volksschullehrer Hermann Froebel als WS-Lehrer an der Dachauer Führerschule tätig. Kurz nach Beginn des Studiums war er 1929 als 20jähriger der NSDAP und der SA beigetreten, 1931 war er zur SS gewechselt. Den Volksschuldienst unterbrach er mehrmals, um hauptamtliche Aufgaben im SS-Schulungsbetrieb zu übernehmen; zum ersten Mal ließ er sich 1934 für zwei Monate beurlauben, als er eine befristete Anstellung als Schulungsreferent beim Rassereferenten Mitte erhielt. 1935 folgte eine Einstellung als Schulungsreferent auf Probe für ein halbes Jahr, der 1936 eine weitere Verlängerung und die Ernennung zum Untersturmführer folgte; gleichzeitig war er als Abschnittsschulungsleiter eingesetzt. 1940 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt, blieb aber weiter für die SS beurlaubt und war noch 1941 an der Führerschule tätig.540 Von der Dachauer Führerschule sind einige Prüfungsunterlagen erhalten, die Aufschluss über den Unterricht geben. Der Sturmbannführer Adolf Haas beispielsweise fertigte bereits am Ende der ersten Woche des ersten Lehrgang eine schriftliche Arbeit über »Die Germanen vor der Wanderung und Folgen der Wanderung« und 5 Tage später über »Staat und Wirken Heinrichs I. und Adolf Hitler« an.541 Heinz Stiebler, Sturmbannführer, Ratsherr der Stadt Kiel und von Beruf Bankbeamter, nahm am 3. Lehrgang vom 9.1. bis 19.2.1938 teil. Zu Beginn, am 12.1. hatte er 15 Fragen zur Allgemeinbildung zu beantworten, in der Hauptprüfung am 12.2. wurden ihm insgesamt 78 Fragen zur schriftlichen Beantwortung vorgelegt: Fragen zur organisatorischen und institutionellen Struktur und Geschichte des Dritten Reichs, der nationalsozialistischen Bewegung im allgemeinen und der SS im besonderen – unter anderem wurde die Kenntnis aller Namen der Amtschefs und der Oberabschnitte der SS erwartet, historische, rechtliche, erbbiologische und militärische Kenntnisse wurden abgefragt. Am 16.2. folgte noch eine weitere Prüfung mit 15 Fragen zu Themen der Geschichte, Rassenkunde und Erblehre.542 Beim 8. Lehrgang mussten bereits an die 200 Fragen beantwortet werden. Auf die Frage nach der Definition der »arischen Rasse« wusste Stiebler die einfache Antwort: »alle Rassen Europas außer Juden und Zigeuner«.543 Ein besonderes Gewicht wurde auf die historische Bildung der angehenden Führer gelegt. So mussten sich die Teilnehmer des 14. Lehrgangs, der im Juni/Juli 1939 stattfand, unter anderem mit rassenkundlicher Geschichtsbetrachtung, den Kreuzzügen, den »Stedingern«, Theoderich, den mittelalterlichen Päpsten, der deutschen Ostkolo-

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nisation und dem Rittterorden auseinandersetzen. Ludwig Link, von Beruf Buchhalter und DAF-Funktionär, musste 1939 Fragen zur Konstantinischen Schenkung, zu Theoderich, Wittekind, Karl dem Großen, Chlodwig, Heinrich I. usw. beantworten. Viele Lehrgangsteilnehmer waren mit solchen Aufgaben überfordert. Georg Riedel, Abteilungsleiter im RuSHA, scheiterte mit einer Arbeit über die Wandalen (»sehr fehlerhaft«) und erhielt auch für andere Arbeiten nur ein »mangelhaft«; der Beurteiler hielt ihm insbesondere mangelnde politische Kenntnisse vor und schrieb entnervt: »So geht das nicht weiter. Wenn Sie Menschen führen und erziehen wollen, müssen Sie Ihre eigenen Kenntnisse ganz wesentlich verbessern, und zwar durch systematische Selbstarbeit, was allerdings Härte und Energie voraussetzt.«544 Neben der Wissensvermittlung stand auch in den Lehrgängen der Dachauer Führerschule die rhetorische Ausbildung im Vordergrund. So wurden Listen mit Fragen zusammengestellt, zu denen die Lehrgangsteilnehmer »kurze Vorträge in Unterrichtsform« zu halten hatten (»wie ein Vortrag vor Untergebenen«). Für die Lehrgangsleiter waren die richtigen Antworten beigefügt. Einige Beispiele: »Welches ist der Unterschied zwischen Faschismus und Nationalsozialismus? Antwort: Judenfrage, Rassenprinzip, sozialistische Einstellung ausgeprägter bei Nationalsozialismus, Einstellung zur Zinswirtschaft.« – »Wie steht der SS-Mann zu Gott? Zur Kirche? Antwort: Der SS-Mann glaubt an Gott, benötigt aber als Vermittler nicht die Kirche mit ihrer Weltanschauung und politischen Tendenz.« – »Was ist Freimaurerei? Antwort: Eine von Juden geschaffene Bewegung. Ziel Erreichung der jüdischen Weltherrschaft. Wegbereiter und Urheber jeder liberalistischen oder marxistischen Erhebung. Aufbau in Logen. Geheim-Ritus.« usw.545 Ende 1938 wurde in Dachau eine Standortschule für Angehörige des Stuba »N« eröffnet, an der teils abends, teils am späten Nachmittag offenbar 10 Stunden in der Woche allgemeinbildender und weltanschaulicher Unterricht für Unterführer durch Dachauer Lehrer erteilt wurde; Leiter der Schule war der Volksschullehrer Walter Gramlich. Ziel war die Aufstellung einer Wachtruppe, die vor allem bei den Reichsparteitagen in Nürnberg zum Einsatz kommen sollte.546 Etwa zur gleichen Zeit, im November 1938 wurde die Führerschule des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes in Dachau eröffnet; sie war als eine Stätte der Spezialausbildung für Verwaltungsführer der SS im Anschluss an den Junkerschulbesuch geplant. Vorausgegangen war bereits ein Lehrgang für Verwaltungsführeranwärter an der Junkerschule Tölz vom Mai 1937 bis März 1938. Im September 1938 erschienen Richtlinien für die Ausbildung zum Verwaltungsführer. Die Ausbildung richtete sich vorzugsweise an Absolventen der Junkerschulen, also SS-Führer, doch konnten auch »besonders geeignet erscheinende« Unterführer aufgenommen werden. Höhere Schulbildung und Reifezeugnis waren erwünscht, aber nicht Bedingung. Nach Vorstellungen Oswald Pohls, des Chefs des WuVHA, sollten die Teilnehmer zuvor bereits eine Ausbildung bei den Verfügungstruppen und nach Möglichkeit einen Junkerschullehrgang absolviert haben. Pohls Ideal war statt des »bürokratischen« der »soldatische Beamte«, der militärische, weltanschaulich-politische und verwaltungsdienstliche Qualifikationen miteinander verband. Pohl wünschte auch, dass die Verwaltungsführer jährlich einmal für vier bis sechs Wochen das Büro verließen und eine Übung bei der Truppe machten, um auch nach der Ausbildung den Bezug zur (militärisch-kämpferischen) Praxis nicht zu verlieren.547 Von 1938 bis 1943 war Johannes Baier Kommandeur der Dachauer Schule,

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ein Finanzbeamter und ehemaliger Marineoffizier, der auch schon den ersten Lehrgang in Tölz geleitet hatte.548 Im Januar 1944 zog die Schule nach Arolsen um. Baier hatte inzwischen die Führung des Stabes Wirtschaftsangelegenheiten im WuVHA übernommen, seine Nachfolge trat Georg Bochmann an, der 1939 bereits die Unterführerausbildung der Totenkopf-Standarte Oberbayern in Dachau geleitet hatte.549 Der Lehrgang in Dachau dauerte vor dem Krieg ein Jahr und umfasste neben verwaltungsbezogenen Fächern auch weltanschaulichen Unterricht sowie die an allen Schulen üblichen sportlichen und wehrsportlichen Übungen.550 Die Teilnehmer mussten sich einer Zwischenprüfung unterziehen, die über den Verbleib im Lehrgang entschied; abschließend fanden Leistungsprüfungen in allen Fächern, also auch Weltanschauung und Leibesübungen statt. Baier beklagte sich im September 1938 noch heftig über Disziplinlosigkeiten und mangelndes Interesse der Teilnehmer, von denen viele offenbar ohne ihr Einverständnis von der Junkerschule zur Verwaltungsführer-Ausbildung abkommandiert worden waren. Mit Kriegsbeginn wurden die Ansprüche deutlich zurückgenommen, der Lehrplan wurde vereinfacht und die Ausbildungsdauer auf etwa 3 Monate verkürzt.551 Das Gewicht des weltanschaulichen Unterrichts blieb jedoch mit 4 Wochenstunden und achtfacher Bewertung als Prüfungsfach hoch – die Bewertung reichte vom 1-fachen bei den Fächern Wirtschaft und Recht bis zum 8-fachen für Weltanschauliche Erziehung und Versorgungstaktik. Damit trug das Fach »weltanschauliche Erziehung« etwa 15% zur Prüfungsnote bei.552 Aus dem Jahr 1942 ist ein »Erinnerungsbuch« über den 18. Kriegslehrgang an der Dachauer Führerschule erhalten, aus dem allerdings hervorgeht, dass der Lehrgang ein halbes Jahr dauerte (11.6. bis 15.12.1942). Der Unterricht umfasste neben den Fächern des Verwaltungsdienstes auch Weltanschauung sowie Staats- und bürgerliches Recht. Dem Lehrgang ging eine Vorprüfung voraus; etwa 8 Wochen nach Beginn fand eine mehrtägige Zwischenprüfung statt, die mit einem »Standortschwimmfest« abgeschlossen wurde. Das Erinnerungsbuch hält vor allem besondere Ereignisse fest und vermittelt ein charakteristisches Bild eines »höheren SS-Schullebens«: Der Unterrichtsalltag wurde durch einen Wechsel von Ausflügen, Fußmärschen, Sportfesten und -wettkämpfen sowie kulturellen Veranstaltungen aufgelockert. Einmal im Monat wurden Ausflugs- und Besichtigungsfahrten unternommen, die die Teilnehmer u. a. ins Isartal und nach Grünwald, nach Garmisch-Partenkirchen und mehrmals nach München (ins Schloss Nymphenburg, ins »Haus der deutschen Kunst« und ins Deutsche Theater) führten; im Oktober reiste man für 3 Tage nach Innsbruck und verband dort eine Stadtrundfahrt, den Besuch des Andreas-Hofer-Museums und eine Fabrikbesichtigung mit einer ausgedehnten Bergwanderung.553 WS-Lehrer der Schule in Arolsen waren Paul Baumgarten und Magnus Block. Baumgarten wurde 1910 als Sohn eines Bahnbeamten geboren, machte das Abitur in Göttingen und studierte anschließend an der Pädagogischen Akademie in Bonn; seit 1934 unterrichtete er als Volksschullehrer in Erfurt. Er gehörte seit 1933 der NSDAP und der SS an, diente 1938 im SS-Totenkopf-Sturmbann und wurde 1939 zum Kriegseinsatz bei der Waffen-SS eingezogen. 1943 leistete er einen Kriegsverwaltungs- und einen Zugführerlehrgang ab und arbeitete zunächst in der Vorbereitungs-Lehrkompanie, dann als WS-Lehrer an der Verwaltungsführerschule.554 Block, 1905 in Kiel geboren, hatte nach dem Abitur zunächst bei einer Bank angefangen, sich dann aber für eine pädagogische Laufbahn entschieden und an der Pädagogischen Akademie

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studiert. Anschließend setzte er das Studium an den Universitäten Kiel und Hamburg fort und promovierte 1935 zum Dr. rer. nat. mit der Dissertation »Der Mensch auf den hohen Inseln Mikronesiens und Polynesiens«.555 Bevor er 1939 zur Waffen-SS eingezogen wurde, arbeitete Block als Mittelschullehrer in Kiel. 1934 war er in die SA, 1935 in die NSDAP, 1938 in die SS aufgenommen worden. Nach »Teilnahme an den Kämpfen im Osten als Gruppenführer« kam er 1942 als Lehrer an die Führerschule des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes in Dachau und Arolsen; er baute dort die Abteilung »Fernschulung« und die Bibliothek auf und unterrichtete neben nationalsozialistischer Weltanschauung auch Geschichte, Wirtschaftsgeographie und Mathematik. Ende 1944 wurde er zur neu eingerichteten Polizeioffiziersschule des Verwaltungsdienstes in Weimar versetzt.556 Zwischen beiden Schulen fand 1944 ein reger Personalaustausch statt.557 Außer Magnus Block wurden auch die Studienassessoren Willi Schubert und Hermann Stevens von Arolsen nach Weimar geschickt. Schubert, Turnlehrer und promovierter Studienassessor für neuere Sprachen, kam als Obersturmführer der Waffen-SS zur Führerschule Arolsen und von dort im Dezember 1944 nach Weimar; Hermann Stevens hatte am 23. Kriegslehrgang für Bewerber des Verwaltungsdienstes in Dachau teilgenommen, wurde von dort als Untersturmführer zur Schule Arolsen kommandiert und im Februar 1944 als Lehrer für Geschichte an die Polizeiverwaltungsschule in Weimar beordert. Stevens war Studienassessor für Deutsch und Geschichte und hatte 1939 mit einer Arbeit über »Toleranzbestrebungen im Rheinland während der Zeit der Aufklärung« an der Universität Bonn promoviert. Block und Stevens wurden gegen Ende des Krieges zugleich als Lehrer an der nach Heidenheim verlegten Reichsschule für SS-Helferinnen eingesetzt.558 Zu den Verbindungen zwischen Arolsen und Weimar gehört auch, dass Häftlinge aus Buchenwald ab November 1943 für die Umbauten und Einrichtungsarbeiten zur Errichtung der Schule in Arolsen herangezogen wurden.559 Interessant sind handschriftliche Notizen zum weltanschaulichen Unterricht in Arolsen vom 1.6.1944, die dokumentieren, wie sehr man bemüht war, den Nationalsozialismus als eine der christlichen Religion überlegene, weil naturwissenschaftlich begründete Weltanschauung zu präsentieren: »Heiratsbefehl, Ehrengesetz, Satisfaktion, Heiligkeit des Eigentums, Lebensborn und Pflichtsparen. – Die Aufgaben der Weltanschauung bei der Truppe einschließlich Betreuung bei der Truppe. Nationalsozialistische Weltanschauung beruht auf Natur, auf Naturerlebnissen (z. B. Götterlehre der alten Germanen zum Unterschied von christlicher Götterlehre, die auf Dogmen beruht). – Urgesetze des Lebens: I. Fruchtbarkeit, Fortpflanzung (Vererbung – Rasse – Erhaltung der Art), II. Kampf (Kampf ums Dasein, um Liebe, um Macht, um Ehre, um eine Idee, um Treue), III: Auslese, Ausmerze (Reinerhaltung der Rasse, Tod der Arten, Umwelteinflüsse) = Lehre von den Grundgesetzen des Lebens = Biologie.« Am 20.6. befasste man sich unter anderem mit der Entwicklungslehre: »Kant – Laplace, Lamarck, Darwin, Weismann«.560

Berufsschulen der Waffen-SS Spätestens 1937 begann man sich Gedanken über den Verbleib der SS-Männer zu machen, die nach Ableistung ihrer vierjährigen Dienstzeit wieder in das »zivile« Be-

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rufsleben zurückkehrten. Um ihnen den Übergang zu erleichtern und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, wurden 1937 Berufsschulen der Verfügungstruppen in St. Georgen im Schwarzwald und im SS-Hilfswerklager Schleißheim bei München errichtet.561 Ergänzend dazu entstanden 1938 regionale Standort-Berufsschulen: im April 1938 in Hamburg, Ende 1938 in Dresden, Dachau, Wien, Graz, Ellwangen, Radolfzell, Klagenfurt und München sowie Anfang 1939 in Berlin. Die beiden Schulen in St. Georgen und Schleißheim waren vollwertige Schulen mit durchweg hauptamtlich tätigen Lehrern; an den anderen Standortschulen fanden zumeist nur Lehrgänge durch nebenamtlich beschäftigte Lehrkräfte statt; zum Teil wurden diese Lehrgänge noch durch den Besuch in St. Georgen ergänzt. Im August 1937 wurden Fragebögen an SS-Mitglieder versandt, die als Lehrer im Berufsschulungswesen in Frage kamen; hauptamtlichen Lehrern stellte man einen Lehrauftrag über 38 Wochenstunden und eine Besoldung, die mindestens dem Einkommen eines hauptamtlich beschäftigten Untersturmführers entsprach, in Aussicht.562 Die Schulen waren keine Fachschulen, sondern hatten den Charakter allgemeinbildender Schulen mit berufsvorbereitender Funktion. Unterrichtsfächer waren Deutsch, Rechnen, Geschichte, Erdkunde und Staatspolitischer Unterricht – der Unterricht sollte dem der 8. Volksschulklasse entsprechen; hinzu kamen Kurzschrift und Maschineschreiben sowie Buchführung – damit sollten die elementaren Kenntnisse vermittelt werden, die für den Eintritt in die kaufmännische oder die untere Beamtenlaufbahn, etwa der Polizei verlangt wurden. Für den Unterricht waren im 3. Dienstjahr ein Nachmittag, im vierten Dienstjahr zwei Nachmittage bzw. ein Nachmittag und ein Abend die Woche vorgesehen.563 In der Berufsschule der Verfügungstruppen in Dresden etwa wurde an drei Nachmittagen Unterricht für über 200 Männer in acht Klassen durch sechs Lehrer erteilt; Leiter war der Diplomberufsschullehrer und Partei-Schulungsredner Walter Crämer. Auf dem Stundenplan standen Deutsch, Rechnen, Geschichte und Erdkunde, darüber hinaus plante Crämer die Besichtigung »bedeutender Dresdener Werke«, um einen »Einblick in verschiedene Industriezweige« zu vermitteln.564 In Sankt Georgen wurde der Unterricht auf Blöcke von drei Monaten zusammengezogen, so dass ein durchgehender Schulbetrieb organisiert werden konnte. Die Schule war im Mai 1937 errichtet worden; zuvor bestand hier 1935 bereits ein Hilfswerklager der SS, das 1936/37 vom Oberabschnitt Südwest für die Durchführung von Schulungslagern für Schulungsleiter und Einheitsführer genutzt wurde, außerdem richtete man hier ein SS-Erholungsheim ein. Von der Berufsschule ist ein Diensttagebuch aus dem Jahr 1938 erhalten, das Auskunft über den Unterrichtsbetrieb gibt.565 Im 2. Lehrgang Anfang 1938 wurden geschichtliche Themen von der Steinzeit bis zur Völkerwanderung behandelt, in »Staatsbürgerkunde« beschäftigte man sich mit dem Parteiprogramm, den Gesetzen des Dritten Reichs und Fragen der Wehrpolitik, in »Nationalpolitik« wurden Sondervorträge gehalten, etwa »Warum Kolonien?« oder »Zu welchen neuen Friedenswerken hat der Führer den Grundstein gelegt?« Zwischendurch kamen Experten des SD, der Grenzpolizei und der NSV, um über berufliche Einsatzmöglichkeiten zu informieren. Lehrgangsteilnehmer waren Angehörige der Verfügungstruppen aus unterschiedlichen Teilen des Reichs. So begann der 3. Lehrgang im Mai 1938 mit SS-Angehörigen der Verfügungstruppen aus Hamburg (Standarte 2 »Germania«), Ellwangen und München (Standarte 1 »Deutschland«); unterrichtet wurde in den oben genannten Fächern, aber zum Teil in getrennten Klassen, da die Angehörigen der Standarte »Deutschland«

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speziell auf die Übernahme für die Grenzpolizei vorbereitet wurden. Im Juli kam für sie ein Zollinspektor aus München zur Abnahme von Prüfungen. Die nationalpolitische Schulung fand für alle gemeinsam statt. Die Abschlussprüfungen wurden im August abgehalten. Danach wurde die Schule vorübergehend von der Wehrmacht für Mobilisierungsübungen genutzt. Im November begann ein neuer Unterrichtszyklus. Dabei wurden die Fächer »Staatsbürgerkunde« und Geschichte offenbar zu einem übergreifenden Fach zusammengefasst. Für die Zeit vom 10.11. bis zum 6.12. sind folgende Einträge enthalten: 10.11.38 Beginn des Unterrichts: Bruchrechnung, Staatsbürgerkunde, Geschichtsauffassung und Vorgeschichte, Deutsch. – 11.11. Staatsbürgerkunde: Germanen und Römer, die Kultur unserer Vorfahren. – 14.11. Frankenreich. Völkerwanderung. – In Nachmittagsstunden Aufsatz: »Meine Vorfahren«. – 15.11. Forts. Frankenreich. Völkerwanderung. – 17.11. Rassische Geschichtsauffassung; Forts. Frankenreich …. – Nachmittag Arbeitsstunde: deutscher Aufsatz »Unsere Geschichtsauffassung.« – 18.11. Staatsbürgerkunde: Heinrich I. und Otto I. – 6.12.: Beginn des Unterrichts 8.00: Deutsch, Geschichte.

Als Lehrer unterrichtete hier Otto Riegler, Studienassessor für Erdkunde, Geschichte und neueren Sprachen, außerdem diplomierter Skilehrer und ausgebildeter Schießlehrer. Er gehörte seit 1933 der SA und dem Nationalsozialistischen Studentenbund an, trat 1937 der NSDAP und der SS bei und war bereits 1937 als Lehrer im Hilfswerk Schleißheim beschäftigt, bevor er nach St. Georgen kam. Während des Krieges wurde er als Studienrat an die Reichsschule für Volksdeutsche in Rufach im Elsass berufen.566 Mit Beginn des 3. Lehrgangs kamen Walter Gramlich und Hans Hopfenmüller nach St. Georgen. Hopfenmüller war Volksschullehrer und hatte 1934 an der Universität Würzburg mit einer experimentalpsychologischen Arbeit promoviert; er gehörte seit 1933 der SS und dem NSLB als Kreissachbearbeiter für Sport an, wurde 1937 in die Partei aufgenommen und 1939 zum SS-Untersturmführer befördert. Später unterrichtete er an der Berufschule der Waffen-SS in Mittweida.567 Der Volks- und Berufsschullehrer Walter Gramlich war in Sankt Georgen für die Schulung der SS-Männer für den Zollgrenzdienst zuständig. Er kam aus der völkischen Jugendbewegung (»Adler und Falken«), war 1932 der NSDAP, 1934 der SS beigetreten und wurde von der Standarte »Deutschland« vertretungsweise mit der fachlichen Leitung der VT-Berufsschule in München beauftragt, bevor er nach St. Georgen kam.568 Der Unterrichtsbetrieb in St. Georgen wurde 1940 eingestellt und ganz nach Schleißheim verlegt; vermutlich ging der Bedarf an berufsvorbereitenden Maßnahmen in der Mobilisierungsphase des Krieges erst einmal zurück. Im Verlauf des Krieges trat ein anderes Problem in den Vordergrund: die Versorgung versehrter SS-Männer, die nicht mehr kriegsverwendungsfähig waren. Für sie wurden zunächst in Schleißheim mehrmonatige Kurse in Buchhaltung, Schreibmaschineschreiben, technischem Zeichnen u.ä. eingerichtet, um sie anschließend in Dienststellen der Waffen-SS einsetzen zu können. 1944 wurden die Lehrgänge für Kriegsversehrte an die Berufsschule Mittweida in Sachsen verlegt, während die dortige SS-Entlassungsstelle nach Schleißheim kam.569 Außerdem wurde eine »Berufseinsatzkompanie der Kriegsversehrten« und das Genesenden-Bataillon der Waffen-SS in Wesserling im Elsass aufgestellt. In der Nähe befand sich seit 1943 die Berufsoberschule für Führerbewerber der Waffen-SS Gebweiler, eine zweite Berufsoberschule entstand ebenfalls im Elsass in Rufach, eine dritte wurde in Ulm errichtet. Ein Schwerpunkt in Mittweida lag auf der Weiterbildung von

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Kriegsinvaliden zu Schulhelfern für den Osteinsatz. Vermutlich wurden hier auch Lehrgänge für Kriegsversehrte durchgeführt, die als Sachbearbeiter der Abteilungen VI Verwendung finden sollten.570 Die Lehrgangsteilnehmer der Schulhelferkurse kamen teils aus Schleißheim, teils aus dem Genesenden-Bataillon der Waffen-SS, auch das Unterrichtspersonal bestand größtenteils aus Lehrern, die zuvor in Schleißheim ausgewählt wurden. Neben theoretischem Unterricht erfolgte eine praktische Ausbildung an den Dorfschulen der Umgebung. Kommandeur der Berufsschule Mittweida war Wilhelm Matthäus, Oberstudienrat und Direktor der Oberrealschule Rheydt.571 Gottlob Berger schlug Himmler im Februar 1943 die Errichtung einer Lehrerbildungsanstalt für kriegsversehrte SS-Männer vor – gerade kriegsversehrte Lehrer, die sichtbare Opfer für das Reich gebracht hatten, wären ein Vorbild für die Jugend. Volksschul-, Landwirtschafts-, Gewerbe- und Handelslehrer sollten hier ausgebildet werden, mit der Eröffnung weiterer Aufstiegsmöglichkeiten zum Fachstudienrat oder Landwirtschaftsrat. Die Ausbildung sollte ein- bis eineinhalb Jahre dauern, davon sollte das erste Halbjahr als gemeinsame Grundausbildung gestaltet werden.572 Während Schleißheim und Mittweida den Charakter »allgemeiner« Berufsschulen für Kriegsversehrte hatten, entstanden in Ulm, Gebweiler und Rufach 1943 Berufsoberschulen mit einer berufsfachlichen Ausrichtung für Führerbewerber, die auch zum Ziel hatten, junge SS-Männer »aus einfachen Verhältnissen« auf die Führerlaufbahn in spezialisierten Berufsfeldern der SS heranzubilden. So wurde in Ulm ein technischer, in Rufach ein landwirtschaftlicher und in Gebweiler ein Verwaltungszug eingerichtet; hinzu kam eine Zweigstelle der Ulmer Schule in Berlin.573 Darüber hinaus führte die Waffen-SS Versehrtenlehrgänge an der Landwirtschaftlichen Schule Konin im Warthegau durch, zu der 1944 Angehörige des Genesenden-Bataillons abkommandiert wurden.574 Die Berufsoberschulen wurden nach Befehlen Himmlers vom März 1943 errichtet und durch das gleichzeitig neu gebildete Amt C III Berufserziehung unter Leitung von Otto Borst im SS-Hauptamt verwaltet.575 Hauptaufgabe des Amtes war die Organisation und Leitung des Berufsschulwesens der SS. Die Berufsschulen Schleißheim und Mittweida unterstanden als Versehrteneinrichtungen noch bis Juni 1944 dem Fürsorge- und Versorgungsamt im RuSHA und wurden danach ebenfalls personell und verwaltungsmäßig dem Amt C III unterstellt, das zuvor schon für die berufliche Schulung zuständig war. Mit den Berufsoberschulen Gebweiler und Rufach, dem Ausbildungslager Sennheim und dem Genesenden-Bataillon Wesserling war im südlichen Elsass ein umfangreiches Netz an Ausbildungseinrichtungen der Waffen-SS entstanden. Im mittleren Elsass war zudem die Reichsschule Oberehnheim gelegen, in Rufach bestand außerdem eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt und Reichsschule für Volksdeutsche. Das Amt C III war für die berufliche und allgemeine Bildung zuständig, das Amt C I für die weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung. Mitte 1944 setzte sich das Amt C III aus diesen vier Hauptabteilungen zusammen: C III Berufserziehung (Borst, Stellv. Fritsche) 1. Auslese und Ausbildung der Führer (Fritsche) a. Berufsoberschule für Führerbewerber: technischer Zug (Hägele/Ulm) b. Berufsoberschule für Führerbewerber: Verwaltungszug (i.V. Dr. Schmerling/ Gebweiler) c. Berufsoberschule für Führerbewerber: Landwirtschaftlicher Zug (de Frenne/Rufach)

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II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 2.

3. 4.

Berufsausbildung der Waffen-SS (für Längerdienende) – entfällt vorläufig; nur: 2.e Lehrerbildung (Einrichtung von Kursen zur Ausbildung von Volks- und Berufsschullehrern (Schrage/Mittweida) Schulung der Kriegsversehrten und Hinterbliebenen (Höhna, später Fritsche) Berufseinsatzkompanie des SS-Hauptamtes Gebweiler und Außendienststelle Genesenden-Bataillon Wesserling (Borst)576

Der Leiter der Berufsoberschulen Helmut Fritsche war zugleich Stellvertreter des Amtschefs Borst und wie dieser von Beruf Berufsschullehrer. Die Schulhelfer-Ausbildung in Mittweida leitete der Volksschullehrer und Hauptsturmführer Heinz Schrage, seit 1932 SS-Mitglied. Als Lehrkräfte für Schulhelferausbildung waren unter anderem der Studienassessor Peter Tasch und der Volksschullehrer Rudolf Hillmann in Mittweida beschäftigt. Der Rumäniendeutsche Tasch war Führer des Nationalsozialistischen Studentenbundes in Klausenberg und Mitglied in der Gauleitung Banat gewesen, bevor er sich 1941 zur SS meldete; Rudolf Hillmann war 1940 zur Waffen-SS eingezogen worden, hatte an einem der Erzieher-Lehrgänge des SS-Hauptamtes teilgenommen und war Schulungsleiter in der Totenkopf-Reiter-Standarte gewesen.577 An allen Berufs- und Berufsoberschulen der Waffen-SS waren vorwiegend Lehrer und Studienräte bzw. -assessoren mit SS-Zugehörigkeit beschäftigt. Dazu kamen einige Fachleute wie der Regierungsrat aus der Reichsfinanzverwaltung Dr. Werner Wulle am Verwaltungszweig in Gebweiler; Wulle war Leiter der Reichsfinanzschule Thorn und gehörte seit 1933 der SS als Schulungs- und Rechtsreferent an. In Gebweiler unterrichtete unter anderem auch der Diplom-Handelslehrer Oberscharführer Erich Wagener; der Oberscharführer Willi Springer erhielt im Januar 1944 einen Lehrauftrag für Schreibmaschine und Kurzschrift.578 Die meisten Lehrer erteilten jedoch allgemeinbildenden Unterricht in Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften. In Ulm dagegen wurden dem technischen Schwerpunkt entsprechend im ersten Halbjahr 1944 allein sechs Lehrkräfte für Mathematik und Naturwissenschaften eingestellt.579 Leiter der Ulmer Schule war der Gewerbeschulrat Untersturmführer Walter Hägele. Ende 1944 wurden an der Schule noch 28 Angehörige der Waffen-SS auf eine Sonderreifeprüfung vorbereitet; obwohl die Schule weder als höhere Schule anerkannt war – dazu fehlten die Unterrichtsfächer Englisch und Latein – noch offiziell als Berufsfachschule, erteilte das Reichserziehungsministerium die Genehmigung zur »Sonderreifeprüfung«580 Die Prüfungen in Mathematik, Physik und Chemie konnte man selber durchführen, für die allgemeinbildenden Fächer sollten Lehrer der Kepler-Oberschule in Ulm herangezogen werden. Nach schweren Luftangriffen auf Ulm im Dezember 1944 konnten die Abschlussprüfungen aber nicht mehr durchgeführt werden; ein Brief der Schulverwaltung mit Prüfungsaufgaben erreichte die Schule zu spät, da die Lehrgangsteilnehmer Anfang Januar bereits zu ihrem Ersatztruppenteil nach Stralsund abreisen mussten; sie erhielten ausnahmsweise ein Abgangszeugnis mit Reifevermerk, das zum Studium an einer Technischen Hochschule berechtigte.581

III. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IM »GROSSGERMANISCHEN REICH«

III.1 DIE »GERMANISCHE WAFFEN-SS« Unmittelbar nach der Invasion der deutschen Truppen in Dänemark und Norwegen sowie kurz darauf in den Niederlanden und Belgien unternahmen Himmler und Berger Vorstöße zur Errichtung von Einheiten der Waffen-SS aus »germanischen« Freiwilligen. Im Frühjahr 1940 gab Hitler seine Zustimmung zur Aufstellung der Regimenter »Nordland« aus dänischen und norwegischen und »Westland« aus niederländischen und flämischen Freiwilligen. Eine Vorläuferfunktion erfüllte bereits die Standarte bzw. das Regiment »Germania«, das Himmler schon im Juli 1938 autorisiert hatte, »germanische Freiwillige« aufzunehmen – bis zum Mai 1940 waren allerdings erst 112 nicht-deutsche »Germanen« aufgenommen worden.1 Nach der Zustimmung Hitlers wurden durch das SS-Hauptamt Ergänzungsstellen in Den Haag, Oslo und Kopenhagen errichtet, um »germanische Freiwillige anzuwerben«. Parallel dazu entstanden Verbände der Allgemeinen SS (seit 1942 unter der einheitlichen Bezeichnung »Germanische SS«), aus denen die Waffen-SS ihren Ersatzbedarf bezog und aus denen der Bedarf an administrativen und politischen Funktionsträgern gedeckt werden sollte. Die Waffen-SS schuf sich damit eine Rekrutierungsbasis außerhalb des Deutschen Reichs, wo sie nicht mehr den Beschränkungen durch die Wehrmacht unterworfen war. Ihre Legitimationsgrundlage war daher auch nicht mehr nationalstaatlich, sondern völkisch-rassisch definiert, nämlich durch die Idee einer »germanischen Kampfgemeinschaft« und das Ziel der Errichtung eines »Großgermanischen Reichs«.2 Entsprechend sollten die germanischen Freiwilligen auch nicht als Mitglieder zweiter Klasse, sondern als gleichberechtigte Kampfgefährten für das gemeinsame Ziel gelten. Himmler ordnete z. B. schon im Juni 1940 an, den Freiwilligen mit Respekt zu begegnen, alles zu vermeiden, was sie verletzen könnte, langsam und klar zu sprechen und keine lauten Befehle zu erteilen.3 Trotzdem gab es wiederholt Klagen wegen schlechter Behandlung durch deutsche Vorgesetzte, der man durch besondere Schulungskurse für deutsche Führer und Unterführer zu begegnen suchte.4 Die Regimenter »Nordland« und »Westland« wurden im Herbst 1940 zusammen mit dem Regiment »Germania« in der (5.) Division »Wiking« zusammengefasst. Die Rekrutierungserfolge blieben allerdings bescheiden: im Sommer 1941 gehörten erst rd. 3000 Männer der Division an, von denen sich ein Teil noch im Ausbildungslager Sennheim oder in Ersatzbataillonen befand. Im Februar 1942 ging Berger von rd. 10.000 »Germanen« neben etwa der gleichen Zahl von Reichsdeutschen in der Division »Wiking« aus.5 Um die Rekrutierungsbasis zu erweitern, wurden im Sommer 1941 »germanische Legionen« gebildet, die nicht den strengen Aufnahmekriterien der SS unterlagen: Sie unterstanden dem Kommando der Waffen-SS und wurden daher als Einheiten der SS geführt, die Männer waren aber keine SS-Angehörigen. Während die Division »Wiking« eine »reine SS-Division« war, bestanden die Legionen aus »nicht

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

SS-tauglichen Germanen«.6 Dem entsprachen zum Teil unterschiedliche Beitrittsmotive. Wer als Niederländer oder Norweger der SS beitrat, tat dies in der Erwartung, an der SS als einer Eliteeinheit zu partizipieren, später Funktionen im »Großgermanischen Reich« zu übernehmen oder einfach nur am »antibolschewistischen Kampf« teilzunehmen; dazu kamen handfeste materielle Anreize – so wurde den Freiwilligen des Regimentes »Westland« z. B. bei einer vierjährigen Dienstverpflichtung ein 25 bis 30 Ha großer Hof im Rahmen der Siedlungspolitik der SS in Aussicht gestellt.7 Die Legionen waren dagegen auch Sammelpunkte für nationalistische Bestrebungen – etwa, an der Seite und mit Hilfe Deutschlands einen nationalsozialistisch geprägten dänischen Staat oder ein großflämisches Reich aus Holland und Flandern schaffen zu können. Sowohl von Riedweg, dem Chef der Germanischen Leitstelle, als auch Steiner, dem Kommandeur der Division »Wiking« kam die Kritik, dass die Legionen zunehmend von nationalistischen politischen Parteien instrumentalisiert und als Parteigarden angesehen würden; sie forderten deshalb ihre Überführung in eine zweite germanische Division. Nach dem Modell der Division »Wiking« sollten dort die Erziehung »und die gesamten anderen wichtigen Dinge, wie Beförderungen, Auszeichnungen, Persönlichkeitsauswahl und Beurteilung … auf einen einheitlichen Nenner gebracht werden. Unsere gesamte Arbeit, vielleicht sogar der Krieg in weitesten Perspektiven wäre um einen wesentlichen Erfolg betrogen, wenn später nicht die politische Einigung der germanischen Völker – gleichviel ob in engerer oder loserer Form – herausspringen würde.«8 Nach einer Vorlage Bergers legte Himmler im März 1943 die Grundlinien für die Aufstellung der neuen Division fest, die den Namen »Nordland« erhielt. Beide Divisionen, »Wiking« und »Nordland« wurden schließlich im Mai 1943 dem »III. (german.) SS-Panzer-Korps« unterstellt. Dabei blieb der Charakter der »Wiking« als »reiner SS-Division« erhalten, während die Männer der Division »Nordland« nur teilweise den Bedingungen der SS entsprachen und ihr angehörten, aber die gleiche »SS-mäßige Ausrichtung und Erziehung« erhielten wie die Wiking-Divisionäre.9 Die Legionen wurden mehr oder weniger zwangsweise zu Einheiten der Waffen-SS. Aus der Legion Norwegen, der Legion Niederlande und dem Freikorps Danmark wurden jetzt die SS-Panzer-Grenadier-Regimenter Norge, Nederland und Danmark. Die Legion »Flandern« wurde größtenteils in die SS-Sturmbrigade Langemarck überführt, aus der Legion »Wallonien« wurde die SS-Freiwilligen-Brigade Wallonie«, aus beiden Brigaden wurden schließlich 1944 eigene Divisionen des germanischen Korps gebildet. Im Mai 1943 gab Steiner Richtlinien für den Aufbau und die Erziehung des germanischen Korps heraus, in denen er die »Sammlung der germanischen Rasse« als einen Akt der Selbsterhaltung »gegen die von Osten anbrandende kulturvernichtende bolschewistisch-asiatische Flut und die alle völkischen und arteigenen Werte zerstörende materialistische Macht des Geldes« zum zentralen Ziel erklärte. Daher dürfe das Korps auch nicht einseitig militärisch ausgerichtet sein, die Aufgabe sei die »Formung eines germanischen Soldatentums«, aus dem die Grundlagen der späteren germanischen Gemeinschaft erwachsen würden. Dies beinhaltete weiterhin auch die Rücksichtnahme auf völkische Eigenheiten. Vor allem war man bemüht, den abschreckenden Effekt der »preußischen Zucht« zu vermeiden; am 23.6.43 erging der Korpsbefehl zur Behandlung Untergebener: »Alle ›traditionellen‹ Kasernenhofunarten sind nachdrücklich zu unterbinden. Der Mann soll wohlwollend, belehrend und psychologisch verständig behandelt werden.«10

Die »Germanische Waffen-SS«

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Die Abt. VI des germanischen Korps gab eine eigene 32 Seiten starke Broschüre mit dem Titel »Die germanische Revolution« heraus, in der die gemeinsame Rassengeschichte der germanischen Völker, die Gründe ihrer unterschiedlichen Entwicklungen und das gemeinsame Ziel: der Kampf gegen den Bolschewismus und seinen »Wegbereiter«, den »Hochkapitalismus« herausgearbeitet wurden.11 Leiter der Abt. VI war Eduard Friedel, ein selbständiger Kaufmann aus Schweinfurt, der sich zielstrebig im Schulungswesen hochgearbeitet hatte. 1933 in die NSDAP und die SS eingetreten, war er spätestens ab 1936 als Schulungsleiter in der Allgemeinen SS tätig. 1940 kam er als WE-Führer der Totenkopf-Standarten zur Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS, von dort wurde er im Februar 1941 als WE-Führer mit der Aufgabe zur Division Wiking kommandiert, die Verbindung der germanischen Freiwilligen zu ihrer Heimat zu betreuen. Gleichzeitig fungierte er als Verbindungsführer der Division zur Germanischen Leitstelle, hatte also bereits reichlich Erfahrungen in der »germanischen Schulungsarbeit«, als er 1943 als VIa des germanischen Korps eingesetzt wurde. Im November 1944 folgte seine Beförderung zum Sturmbannführer.12 Für die Aufstellung der Abteilung VI im Frühjahr 1943 dürfte der Historiker Paul Koopmann zuständig gewesen sein (s. u.), von ihm könnte auch die Schrift »Die germanische Revolution« stammen. Zum Führungspersonal der Abt. VI gehörten Hans Besch, Paul Froeter und Carl Pehle. Besch, der bereits als 17jähriger dem »Stahlhelm« beigetreten war, war Volksschullehrer in Greifswald und unterrichtete nebenher an der Marinefachschule. Er war SS-Sturmbann-Schulungsleiter im Oberabschnitt Nord, wurde 1939 zum Untersturmführer ernannt und 1940 zur Waffen-SS eingezogen. Nach einem Lehrgang in Tölz kam er im Mai 1943 zum germanischen Panzer-Korps und war hier zunächst in der Abt. VI der Division Wiking, dann der Division »Nordland« tätig. Pehle, selbständiger Kunstmaler, war der NSDAP erst 1937 beigetreten, gehörte aber bereits 1932 zum Kreis der Fördernden Mitglieder der SS. Zu Beginn des Krieges wurde er zur Waffen-SS eingezogen, 1941 war er im Hauptamt Haushalt und Bauen des RFSS tätig, 1943 diente er als Untersturmführer in der Kriegsberichterabteilung, von dort kam er im Mai 1943 zum germanischen Panzer-Korps, 1944 wurde er zum VIa der Division »Nordland« ernannt. Froeter, der seit dem Juli 1932 der NSDAP angehörte, hatte nach dem Abitur ein Volontariat bei der »National-Zeitung« in Essen gemacht und anschließend dort bis zu seiner Einberufung zur Waffen-SS als Schriftleiter gearbeitet, nebenher war er Kreispresseamtsleiter der NSDAP. Mit Beginn des Krieges wurde er zu den Totenkopf-Standarten eingezogen. Nach einer Verwundung und nach Tätigkeiten als Ausbilder und Gruppenführer beim »Kradschützenregiment Thule« wurde er auf einem Reserveführerlehrgang in Tölz für das Arbeitsgebiet VI ausgewählt und zunächst als Schulungsführer zur Nachrichten-Ausbildungsabteilung und schließlich im Januar 1944 zum germanischen Panzer-Korps versetzt.13 Das Leitungspersonal der Abteilungen VI in den germanischen Einheiten setzte sich hauptsächlich aus Lehrern und Kaufleuten zusammen. Zu den Lehrern gehörte der Österreicher Dr. Franz Wehofsich, der im April 1943 als Leiter der Abt. VI der Division Wiking eingesetzt wurde. Wehofsich hatte Geschichte, Geographie und Leibeserziehung studiert, war Professor im Höheren Schuldienst und Direktor der LandesUniversitäts-Turnanstalt in Graz, wurde aber aus politischen Gründen 1934 seines Amtes enthoben und 1935 ausgebürgert. Er war schon früh Mitglied des Freikorps Kärnten und des Steirischen Heimatschutzes und gehörte seit Januar 1933 der NSDAP,

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

seit 1935 der SS an, 1941 als Standartenführer; er war Österreich-Referent in der Bundesleitung des VDA und gehörte dem Stab der Volksdeutschen Mittelstelle in Wien an, 1940 wurde ihm die Leitung des Kulturreferats beim Reichskommissar der Niederlande übetragen. 1942 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und nach einem Lehrgang in Tölz zur Abt. VI des Regiments »Westland«, im Januar 1943 der Division »Wiking« beordert.14 Für die weltanschauliche Schulung der Standarte bzw. des Regiments »Westland« war zuvor der Bochumer Studienrat und Sportlehrer Wilhelm Hildebrand zuständig. Hildebrand gehörte seit März 1932 der NSDAP an, war 1933 der SS beigetreten und hatte bereits mehrere Jahre als Schulungsleiter der Partei gearbeitet, als er im August 1940 als WE-Führer zur gerade erst aufgestellten Standarte »Westland« kommandiert wurde. Im Jahr darauf wurde er zum Leiter der Abteilung Schulung der Germanischen Leitstelle in den Niederlanden berufen.15 Einige Dokumente zur weltanschaulichen Erziehung sind vom »Landstorm Nederland« erhalten, ein bewaffneter Verband, der 1943 zunächst für hilfspolizeiliche Aufgaben in den Niederlanden aufgestellt und später auch im Rahmen der Waffen-SS zum Fronteinsatz kam.16 Die Abt. VI leiteten hier die Kaufleute Pflug und Rath. Otto Pflug, von Beruf Industriekaufmann, hatte an der TH Stuttgart und der Universität Uppsala studiert und war Verlagsdirektor der Aschaffenburger Zeitung. Er gehörte schon in den frühen 20er Jahren dem Stahlhelm und dem »Wehrwolf« an. Seit 1928 arbeitete er für die NSDAP, war Gauredner, Kreisamtsleiter und Gauorganisationsleiter, 1936 wurde er als Untersturmführer in die SS aufgenommen. Während des Krieges war er zunächst als Kriegsberichter für die Waffen-SS im Einsatz, war dann Schulungsreferent in der Division »Nord« und wurde schließlich 1943 zum Leiter der Abt. VI im Grenadier-Regiment »Landwacht Niederlande« ernannt. Hier kümmerte er sich vor allem um den Aufbau einer Handbücherei für die Einheitsführer mit Schulungsschriften und einer breiter aufgestellten Bibliothek für die SS-Angehörigen und setzte einen Sachbearbeiter der Abt. VI für die Kategorisierung, Verwaltung und Ausgabe der Bücher ein. Pflug sorgte nicht nur für den weltanschaulichen Unterricht, sondern auch für ein abwechslungsreiches Kulturprogramm, das neben den üblichen KdF-Unterhaltungsangeboten auch anspruchsvolle Veranstaltungen wie den Besuch der Mozart-Oper »Così van tutte« vorsah.17 Noch in der letzten Phase des Krieges wurde im »Landstorm Nederland« weltanschauliche Schulung betrieben. Vom März 1945 sind »Führungshinweise« erhalten, die die Abt. VI laufend herausbrachte. Abteilungsleiter war jetzt Untersturmführer Hans Rath, ein Kaufmann aus Kaiserslautern, der erst im November 1944 vom Kraftfahr-Ausbildungs- und Ersatzregiment Buchenwald zum »Landstorm Nederland« kommandiert worden war. Rath versuchte vor allem, die Angst vor der Roten Armee als Mobilisierungsmittel einzusetzen, was in dieser Phase des Krieges auch gegenteilige Wirkungen haben konnte. Im »Führungshinweis« vom 9.3. schrieb er über »bolschewistische Versklavungspläne« – die Bolschewisten begönnen bereits, aus den deutschen Ostgebieten deutsche Arbeiter zu verschleppen. Am 20.3. schrieb er, man solle das Wort »Greuel« vermeiden und stattdessen drastisch von »Bestialität«, »Mordbrennerei« und »Blutrausch« sprechen; die Aufklärung über die »bolschewistische Bestialität« solle den »Aktivismus der Starken und Revolutionäre« ansprechen: »Sie kann sich nicht nach der Unentschiedenheit der Schwächlinge und Zauderer ausrichten!« Der letzte erhaltene »Führungshinweis« vom 30.3. brachte Kampfparolen zur politischen Lage und nannte als »aktuelles Thema für die weltan-

Die »Germanische Leitstelle«

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schauliche und politische Führung der Truppe«, schon reichlich sprachlos geworden: »Die Lage in ihrer grundsätzliche Betrachtung. Worauf es ankommt!«18 Parallel zur Aufstellung germanischer Freiwilligenverbände entstanden ab Herbst 1942 in Deutschland so genannte »germanische Sturmbanne«, in denen Staatsangehörige aus Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz zusammengefasst wurden, die in Deutschland arbeiteten und in denen die SS ein zusätzliches Rekrutierungspotential erblickte. Insgesamt wurden sieben Sturmbanne – mit im März 1944 zusammen 2179 Mann – in den größeren deutschen Städten aufgestellt, die für die SS werben sollten.19 Für die Angehörigen organisierte man Lehrgänge in den Ausbildungslagern Sennheim und Avegoor, in denen sie eine vormilitärisch-sportliche Ausbildung und weltanschauliche Schulung erhielten.20 Führer der »Germanischen Sturmbanne« war der Sportlehrer und Kommandeur der Reichsschule für Leibesübungen in Prag Max Kopischke; ihm wurde 1943 die Leitung des Amtes D II »Mannschaftsführung« in der Germanischen Leitstelle übertragen.21

III.2 DIE »GERMANISCHE LEITSTELLE« Den organisatorischen Rahmen des »germanischen Freiwilligenwesens« bildete die »Germanische Leitstelle«. Sie wurde 1941 als zentrale Institution im SS-Hauptamt errichtet und war für Anwerbung, Ergänzung und Schulung der Freiwilligen und die Organisation der Allgemeinen SS in den germanischen Ländern zuständig. Das SSHauptamt konnte damit den Verlust von Kompetenzen ausgleichen, die es an das im August 1940 neu gebildete SS-FHA hatte abgeben müssen. Die Germanische Leitstelle firmierte zuerst als Amt VI, dann Amt D im SS-HA und unterhielt Außenstellen in Oslo, Kopenhagen, Den Haag und Brüssel. Leiter war der Schweizer Arzt Franz Riedweg. Himmler beauftragte ihn im September 1940 zusammen mit Rudolf Jacobsen, dem Kommandeur der Standarte »Nordland«, mit der Vorbereitung.22 Ende 1940 begann man mit der Errichtung eines zentralen Ausbildungslagers für die neu gewonnenen Rekruten im elsässischen Sennheim, die hier eine gemeinsame »germanische« Grundausbildung erhalten sollten, weitere »SS-Schulen« entstanden in den Schwerpunktländern Niederlande, Belgien, Norwegen und Dänemark. Ein Befehl Himmlers vom 6.3.1942 betonte neben den Aufgaben der Werbung und Ergänzung für die Waffen-SS, Legionen und Polizeiverbände ausdrücklich auch die Erziehungsaufgaben: »4. Aufstellung, Führung und Erziehung der germanischen SS in den einzelnen Ländern und deren Sondereinheiten im Reich nach einheitlichen für alle germanischen Länder gültigen Richtlinien. 5. Betreuung der Nachwuchsgliederungen (Jugend- und Studenten-Organisationen, Streifendienst, Mannschaftshäuser, Nationalpolitische Erziehungsanstalten) im Benehmen mit den sachbearbeitenden Dienststellen im Reich mit der Zielsetzung, alle Nachwuchsorganisationen in den germanischen Ländern auf die SS bzw. Waffen-SS hin auszurichten.«23

Die Zuständigkeiten der Germanischen Leitstelle erweiterten sich sukzessive, insbesondere wurde ihr auch die Aufgabe übertragen, in Zusammenarbeit mit dem »Ahnenerbe« Einfluss auf die Kulturpolitik in den besetzten »germanischen« Ländern zu

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

nehmen, Schulungsmaterial und Publikationen zu erstellen, volkstumspolitische Arbeit zu unterstützen, Forschungsprojekte anzustoßen, die »germanische Wissenschaftsarbeit« zu koordinieren und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. In diesem Zusammenhang entstand der »Germanische Wissenschaftseinsatz« des »SSAhnenerbes«, der gleichzeitig als Unterabteilung der Germanischen Leitstelle unter Leitung des Germanisten Hans E. Schneider eingerichtet wurde, mit Dependancen in Norwegen, den Niederlanden, Flandern und Wallonien.24 Der Auftrag war, die »germanische Verbundenheit« zu erforschen, die Geschichte als gemeinsame germanische Geschichte darzustellen und die »gemeinsamen Aufgaben im germanischen Lebensraum« herauszuarbeiten, um die vermeintlich rassisch verwandten germanischen Völker durch das Herausstellen des gemeinsamen kulturellen und völkischen Erbes für den Kampf an der deutschen Seite zu gewinnen.25 Man war sich darüber im Klaren, dass man dabei diplomatisch vorgehen musste: »Es soll keine unmittelbare politische Beeinflussung im engeren Sinne stattfinden, vielmehr sollen die grossen Gedanken der gemeinsamen germanischen Kultur (Vorgeschichte, Volkskunde und verwandte Zweige) gefördert und gepflegt werden; ferner ist beabsichtigt, nach Rückkehr dieser Freiwilligen in ihr Heimatland dort Pflegestätten zu errichten, von denen aus die Gedanken weitergetragen werden sollen. Als Endziel ist dann die volksgermanische Führung gedacht.«

So formulierte es Otto Plassmann, der Leiter der Abteilung »Germanische Kulturwissenschaft und Landeskunde« des Ahnenerbe nach einem Gespräch mit Riedweg im April 1941.26 Etwas deutlicher wurde Hans E. Schneider. Anlässlich von Verhandlungen mit der holländischen »Volkschen Werkgemeenschap« notierte er: »Ich trete nach außen grundsätzlich nur ›beratend‹ auf; es muss den Anschein haben, als ob die Holländer alles ›aus sich selbst‹ in Angriff nehmen. In Wirklichkeit soll ich jedoch andauernd der eigentliche ›Anreger‹ sein.« Am Ende dieser Taktik stand als Ziel: »das Auslöschen der niederländischen Ostgrenze durch das Erlebnis gemeinsamen Volkstums, Brauchtums und Art.«27 Die Taktik diente freilich einem guten Zweck. So stilisierte Riedweg die »germanischen Freiwilligen« in der SS zum »Stamm der Vorkämpfer für ein neues Europa in den germanischen Ländern« hoch, die einer politischen Utopie dienten: »Vor allem ist es der Blutsgedanke und die Idee der sozialen Gerechtigkeit, die in ihnen Wurzel geschlagen haben. So können wir heute schon sagen, dass aus dem gemeinsamen Kampf, den diese germanischen Freiwilligen mit uns kämpfen, einst das große germanische Reich unter der deutschen Führung erwachsen wird.« Riedweg erblickte in der Germanischen Allgemeinen SS, den Freiwilligen Legionen und germanischen Regimentern die »Vortruppe des germanischen Reiches«, aus der die künftige Führungselite der jeweiligen Länder hervorgehen würde.28 Ein Führer-Befehl vom 12.8.1942 sicherte Himmler eine Monopolstellung bei der Regelung und Entwicklung aller »germanischen« Angelegenheiten sowie einen maßgebenden Einfluss auf die Kultur- und Erziehungspolitik in den besetzten germanischen Ländern, der es ihm erlaubte, die eigene Machtposition der SS in diesen Ländern zielgerecht auszubauen: »Der Führer hat bestimmt: 1.) Für Verhandlungen mit allen germanisch-völkischen Gruppen in Dänemark, Norwegen, Belgien und den Niederlanden ist im Bereich der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände ausschließlich der Reichsführer-SS zu-

Die »Germanische Leitstelle«

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ständig. 2). Erscheint im Einzelfall die direkte Zusammenarbeit anderer Dienststellen der Bewegung im Reich z. B. der HJ mit dieser Gruppen erwünscht, so ist dazu das Einverständnis des Reichsführers-SS, dessen Weisungen und Richtlinien jeweils zu beachten sind, einzuholen.« Ein Erlass der Reichskanzlei vom 6.2.1943 präzisierte: »3.) Die Dienststellen des Reichs, die ihren Sitz in den unter 1.) genannten Gebieten haben, bleiben innerhalb ihres Gebietes zuständig. Sobald es sich dabei um grundsätzliche germanische Volkstumsfragen, um Fragen der Nachwuchserziehung (Jugend-, Studenten-Führung usw.), oder um gemeinsame völkische Belange handelt, ist Einvernehmen mit dem Reichsführer-SS herzustellen.« 29

Die Germanische Leitstelle suchte daraufhin verstärkt über die Einflussnahme auf die nationalsozialistischen Jugend- und Studentenorganisationen der besetzten Länder und die Errichtung von Reichsschulen, Mannschaftshäusern und Lebensbornheimen die Chancen der eigenen Nachwuchsgewinnung zu verbessern. Riedweg ordnete nur wenige Tage nach dem Führer-Befehl an, eine Kartei anzulegen, die alle in Frage kommenden Einrichtungen sowie alle Teilnehmer an Lehrgängen, an denen die Germanische Leitstelle beteiligt war, erfassen sollte. Damit sollte den Leitstellen in den einzelnen Ländern die Möglichkeit gegeben werden, anschließend Kontakt zu den Absolventen herzustellen und sie für die Waffen-SS oder die Germanische SS anzuwerben. Für folgende Gruppen, vor allem Jugendliche und Studenten, sollten Karteien angelegt werden: »1. Kartei der Lehrgangsteilnehmer der germanischen SS-Schulen… 2. Kartei der ins Reich zum Landdienst abgestellten Teilnehmer der Jugendorganisationen. 3. Kartei der zu Führerlehrgängen der Reichsjugendführung ins Reich abgestellten Jugendführer. 4. Kartei der zum Langemarck-Studium oder zu anderen Stipendien ins Reich abgestellten Studenten und Studentinnen. 5. Kartei der zu Reichsschulen ins Reich oder in den betreffenden germanischen Ländern abgestellten Jugendlichen. 6. Kartei der Ostansiedler.«30

Bei der Umsetzung der »germanischen Arbeit« musste man sich allerdings mit konkurrierenden Machtzentren arrangieren. Was dies in der Realität bedeutete, lässt sich am Beispiel der Niederlande illustrieren. Hier führte Himmlers Statthalter in Den Haag, der HSSPF Rauter einen langen Kleinkrieg gegen den Führer der niederländischen Faschisten Mussert, weil Mussert die Vereinnahmung durch die SS und das »großgermanische Projekt« hartnäckig abzuwehren versuchte; man war aber auf die Zusammenarbeit mit Musserts NSB (»Nationaal-Socialistische Beweging«) angewiesen, um eigene Rekrutierungspotentiale zu erschließen und »Fragen der Nachwuchserziehung zu lösen«. Mussert wachte besonders darüber, dass die Jugendorganisation der NSB nicht vom »großgermanischen« Gedankengut der SS infiziert würde.31 Während sich der Reichskommissar der Niederlande Seyss-Inquart als Leiter der Zivilverwaltung in diesem Konflikt zurückhielt, unterstützte der »Generalkommissar z. b.V.« Fritz Schmidt, der die Belange der NSDAP in den Niederlanden vertrat, Mussert gegen Rauter, weil er die Bestrebungen der SS als Hindernis auf seinem eigenen Weg zum einstigen Gauleiter der Niederlande sah. Zunächst schien es, als hätte der FührerBefehl vom 12.8. – der »hier«, wie Rauter frohlockte, »wie ein Blitz eingeschlagen hat« – die Dinge eindeutig zugunsten der SS verändert. Hatte Rauter noch im April gegen-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

über Himmler beispielsweise separatistisch-nationalistische Tendenzen im »Jeugdstorm«, der Jugendorganisation der NSB beklagt und resigniert konstatiert, Schmidt und Mussert wollten ein Eindringen der SS in die Gliederungen der NSB verhindern, so meldete er am 10.9. befriedigt, die nationalistischen Bestrebungen im Jeugdstorm und in der NSB überhaupt seien stark zurückgegangen. Auch hätte er den Reichskommissar auf seiner Seite, allerdings würde Schmidt weiterhin Probleme bereiten.32 Inzwischen hatte Mussert im Mai 1942 der Vereidigung der niederländischen SS, die immer noch eine Gliederung der NSB war, auf Hitler und im November darauf schließlich auch ihrer formellen Umbenennung in »Germanische SS« zustimmen müssen, die damit dem Befehl Rauters unterstand. Etwa zur gleichen Zeit kam in der SSSchule Avegoor ein umfangreiches Lehrgangsprogramm in Gang, an dem auch Angehörige der NSB und ihrer Gliederungen teilnahmen. Im Dezember musste Rauter jedoch erneut einen Rückschlag melden: Auf einer Massenkundgebung anlässlich des elfjährigen Bestehens der NSB sei die germanische SS ignoriert worden, der Jeugdstorm habe Mussert verherrlicht und in »ununterbrochener Folge« Treuebekundungen abgegeben; die ganze Kundgebung sei ein »einzigartiger Triumph« für Mussert und Schmidt gewesen. Im Mai 1943 erklärte der Reichskommissar Rauter in einem Gespräch, man könne nicht auf Mussert verzichten und müsse ihn »mitschleppen«; er sei aber jetzt bereit, die Arbeit der Germanischen Leitstelle »zu aktivieren« – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Arbeit der Germanischen Leitstelle in den Niederlanden trotz Führerbefehls blockiert war. Zu diesem Zeitpunkt war Schmidt bei Bormann offenbar schon in Ungnade gefallen. Nach seinem Tod im Juni 1943 kam es endlich zu einer Klärung der Kompetenzen zwischen dem Reichskommissariat und Rauter, die weitgehend im Sinne der SS ausfiel.33 In die Zuständigkeit der Germanischen Leitstelle fielen nach Vorgaben Rauters: »Die großgermanische Ausrichtung aller niederländischen Wehrformationen sowie Jugend- und Studentenverbände, die Fürsorge, das ganze Ersatzwesen, die Werbung, die großgermanische Schulung, die Reichsschulen, das Lebensbornheim, das SS-Mannschaftshaus, die Germanische SS, das SS-Gästehaus (dieses habe ich in der Nähe des Friedenspalastes neu eingerichtet. Es ist ein wunderbares Gästehaus geworden.)«34 Außerdem drängte Rauter darauf, dem Führer der niederländischen SS Feldmeijer die gesamte Schulung in der NSB zu übertragen. Schmidts Nachfolger Ritterbusch akzeptierte alle Forderungen im Grundsatz. Allerdings musste Rauter Zugeständnisse und Abstriche machen: Hinsichtlich des »ganzen Bereichs der HJ und des Jeugdstorms« stimmten Ritterbusch und Seyss-Inquart zwar der »führenden Rolle« der Germanischen Leitstelle bei der »großgermanischen Arbeit und Ausrichtung« zu, bestanden aber darauf, die Durchführung dieser Arbeit in den Händen der beim Reichskommissar eingerichteten HJ-Befehlsstelle zu lassen.35 In Avegoor führte die SS dann aber regelmäßig Lehrgänge für die niederländische HJ und die Jugendorganisation der NSB durch, die auch der eigenen Nachwuchswerbung dienten. Der Forderung, Feldmejer zum Hauptschulungsleiter der NSB zu machen, widersetzte sich Mussert erfolgreich. Auch in Sachen Lebensborn konnte sich die SS nur begrenzt durchsetzen. Anders als etwa in Norwegen gelang es ihr hier nicht, eigene Heime aufzubauen. Die NSV, die als Gliederung der NSDAP Schmidt unterstand, hatte in den Niederlanden bereits eigene Heime errichtet und erfolgreich alle Bemühungen des Lebensborns abgewehrt. Nach Schmidts Tod schienen sich auch auf diesem Sektor neue Perspektiven zu eröffnen –

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mit dem »Sektor des Arbeitsbereiches der NSDAP klappt jetzt alles wunderbar«, meldete Rauter im Juli 1943 an Himmler. Danach übernahm die SS ein Müttererholungsheim und ein Kinderheim, die zwar im Besitz der NSV blieben, aber jetzt von der SS genutzt wurden, die auch die Auswahl des Pflegepersonals beanspruchte. Die Errichtung eines eigenen Lebensbornheimes, das Haus »Gelderland« in Nijmegen, kam aber offenbar über die Planung nicht mehr hinaus.36 Dagegen gelang es, gegen den Widerstand Musserts und der NSB, die im Oktober 1941 bereits eine eigene Ausleseschule gegründet hatte, in den Niederlanden zwei »Reichsschulen« zu eröffnen, in denen »germanisch-deutsche Nachwuchsführer« herangezogen werden sollten: die Schule »Valkenburg« für Jungen und »Heijthuijsen« für Mädchen. Beide gehörten zum »Arbeitsbereich des RFSS in den Niederlanden« und sollten unter Federführung der Germanischen Leitstelle errichtet werden; mit der Bezeichnung »Reichsschulen« wurde signalisiert, dass es sich nicht um nationale Erziehungsanstalten, sondern um solche des avisierten »großgermanischen Reichs« handelte.37 Mit Aufbau und Leitung der Schulen war 1942 der Leiter der Napola Bensberg Oberstudienrat Dr. Wilhelm Kemper beauftragt worden.38 Sie wurden im September 1942 offiziell eröffnet. Die Zeitungen berichteten von 261 Schülermeldungen, nach eingehenden »rassischen und wissenschaftlichen Prüfungen« – die rassische Musterung führte der RuS-Führer in Den Haag Herbert Aust durch – waren aber zunächst nur 40 holländische Kinder aufgenommen worden. Im Frühjahr 1944 hatte Valkenburg jedoch bereits 7 Züge, in denen deutsche und niederländische Lehrer unterrichteten. Nach den Vorstellungen Seyss-Inquarts sollten die Schüler nach ein bis zwei Anfangsjahren in Anstalten des Reichs versetzt werden und umgekehrt sollten aus dem Reich Schüler in die Niederlande kommen. Im Lehrplan sollte niederländische Geschichte zwar stärker berücksichtigt werden, aber aus einer »gesamtgermanischen Schau«; Niederländisch sollte als »Heimatsprache«, Deutsch aber als »gesamtgermanische Geistes- und Verkehrssprache« unterrichtet werden.39 Zu den Aufgaben der Germanischen Leitstelle gehörte die Organisation und Konzeptualisierung der weltanschaulichen Schulung und Erziehung. In einem Führerbefehl anlässlich der Aufstellung der germanischen Standarten und Legionen 1941 hatte Himmler den Auftrag erhalten, »die Truppenbetreuung und vor allem die nationalsozialistische und großgermanische Erziehung dieser Einheiten in besonders intensiver Weise durchzuführen.« Himmler befahl daraufhin als Pendant zu den SS-Leitheften als wichtigstem Schulungsmittel die Herausgabe »Germanischer Leithefte«.40 Die »Germanischen Leithefte« erschienen von 1941 bis 1943, danach unter dem veränderten Titel »Germanische Reihe« bis 1944 in einer niederländischen, flämischen, dänischen, norwegischen und später auch estnischen Version.41 Sie enthielten sowohl länderspezifische Beiträge als auch Artikel, die aus den deutschen Leitheften übernommen wurden, hauptsächlich aber Beiträge von Autoren aus dem ganzen »germanischen Raum«. Im Vergleich zu den SSLeitheften lag ein stärkerer Akzent auf Themen der gemeinsamen Rasse und Kultur, die deutsche Geschichte und Kultur stand nicht im Vordergrund.42 Für die Herausgabe war der Chef der Abteilung »Erziehung« in der Germanischen Leitstelle Rudolf Jacobsen zuständig. Er suchte vor allem Mitglieder des »Ahnenerbes« für die Mitarbeit zu gewinnen, damit sie den »germanischen Freiwilligen« die »vom Ahnenerbe erforschten gemeinsamen Grundlagen der germanischen Völker« nahe brächten; die Hefte seien allerdings nicht für Intellektuelle, sondern »intelligente SS-Männer« gedacht, die Aufsätze

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

sollten daher nicht »hochgelehrt« sondern für »Männer mit gesundem Menschenverstand verfasst sein.43 Auf Anregung Jacobsens rief das »Ahnenerbe« einen Förderkreis für die Germanischen Leithefte ins Leben, um Mitarbeiter zu gewinnen. Der Kreis traf sich zu einer Tagung im April 1942 in Magdeburg. Dort hielt Jacobsen einen Vortrag über »Die Germanischen Leithefte und ihre kulturpolitische Aufgabe«, Riedweg sprach über die »geistigen Grundlagen der germanischen Arbeit« und Gottlob Berger hielt eine Totenehrung für die gefallenen germanischen Freiwilligen ab. Den Hauptteil der Veranstaltung bildeten Vorträge von Vertretern aus den »germanischen Ländern« über die kulturpolitischen Beziehungen zum Reich.44 Die erste Auflage der niederländischen Ausgabe der »Germanischen Leithefte« startete 1941 mit 3800, der flämischen mit 2500 Exemplaren, zwei Jahre später lag die flämische Auflage bei 4000, die niederländische bei 10.500 Exemplaren. Da im Herbst 1942 bereits 15.000 Exemplare an Norwegen und 5000 an Dänemark gingen, dürfte die Gesamtauflage 1942/43 bei mindestens 35.000 bis 40.000 gelegen haben.45 Hauptabnehmer waren die Germanische SS und die länderspezifischen Verbände der WaffenSS, SS-Schulen, Einheiten und Dienststellen der Ordnungs- und Sicherheitspolizei, faschistische Wehrverbände sowie nationalsozialistische Jugend- und Studentenorganisationen der germanischen Länder; größere Bestände gingen auch an die »Germanischen SS-Werber« ab.46 Für alle Länder erschien ein einheitliches Heft, das nur jeweils in die verschiedenen Sprachen übersetzt wurde. Die Hefte waren sehr heterogen gestaltet und enthielten Illustrationen und Fotos, Erzählungen, Berichte, Briefe, Abhandlungen, Auszüge aus literarischen Werken, ausgewählte Zitate aus Reden Hitlers oder aus den Werken Nietzsches und anderer vermeintlicher Größen des gemeinsamen »germanischen Erbes«. Das erste Heft präsentierte sich als ein flämisch-holländisches und dänisch-norwegisches Gemeinschaftswerk. Auf der Innenseite war das Sonnenrad der SS-Panzer-Grenadier-Division »Wiking« abgebildet. Das Heft enthielt in unsystematischer Folge Beiträge von Feldmejer und Frits Clausen, dem Führer der dänischen Nationalsozialisten (DNSAP), Zitate von Ibsen, Himmler und Hitler, Gedichte von Schiller, Nietzsche und Kurt Eggers, den Feldpostbrief eines dänischen Freiwilligen, Frontgeschichten, Beiträge über Landgewinnung in den Niederlanden, Ansichten von Lübeck und Gent, flämische Landschaftsansichten, die Abbildung eines Gemäldes von Caspar David Friedrich, Fotos dänischer Freiwilliger, einen Bericht über die flämische SS usw. Einige Hefte waren Schwerpunktthemen gewidmet, die sich für die Schulungsarbeit nutzen ließen. Heft 8/9 des 2. Jahrgangs brachte zum Beispiel eine Reihe von Beiträgen über englische Kultur (»Sterben der Blonden in England«, »Wiege des Marxismus«, »Die Selbstaufgabe der englischen Führerschicht«) sowie dänische Kultur – hier wurde ein im Bauhaus-Stil errichtetes Gebäude mit dem Kommentar abgebildet: »Jüdischer Baustil verdirbt dänische Wohnkultur«. Das Doppelheft 1/2 vom März 1943, das mit 95 Seiten recht umfangreich ausfiel, widmete sich vor allem dem Thema »Amerika« und enthielt Beiträge wie »Amerikas ›braune Rasse‹«, »Der rassische Verfall der Vereinigten Staaten«, »Der Schmelztiegel«, »Die Juden in den Vereinigten Staaten«, »Die verborgene Judenfeindschaft«, »Wird der Antisemitismus in den Vereinigten Staaten Fuß fassen?« Bei den meisten Artikeln handelte es sich um Auszüge aus den Werken bekannter Schriftsteller wie Colin Roß, Madison Grant, A.E. Johann, Sven Hedin und Bruno Brehm. Das nächste Doppelheft – H. 3/4 vom Juli 1943 – enthielt wiederum nur Gedichte und Fotos.47

Die »Germanische Leitstelle«

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Im Sommer 1944 beschloss man im SS-Hauptamt, den Heften eine einheitliche, am SS-Leitheft orientierte Gestalt zu geben: in Zukunft sollte es jeweils einen länderspezifischen und einen gemeinsamen Teil mit grundsätzlichen, in die jeweilige Landessprache übersetzten Artikeln geben.48 Ab Herbst 1944 erschienen dann unter dem übergreifenden Titel »SS-Leitheft« länderspezifische Hefte (SS-Leitheft voor Vlaanderen, voor Nederland usw.). Sie erschienen noch gegen Kriegsende in niederländischen, flämischen, norwegischen und dänischen Ausgaben, darüber hinaus scheint es auch ein estnisches und ein französisches Leitheft gegeben zu haben; noch im März 1945 arbeitete man im SS-HA an Planungen für ein »SS-Leitheft France« Nr. 2. Das französische Heft sollte, um ein Beispiel zu nennen, einige Beiträge französischer Autoren, vor allem des französischen Mitarbeiters im Schulungsamt Renvoyer sowie den Beitrag eines flämischen Referenten und mehrere übersetzte Artikel aus einem deutschen SS-Leitheft enthalten. Für die Niederlande war noch im April 1945 Heft 4 mit dem Schwerpunktthema »Die niederländische Kultur in Europa« in Arbeit. 49 Da für die länderspezifischen Teilen jetzt die Mitarbeiter der »Europa-Abteilung« im Amt C I herangezogen und die übergreifenden Teile vielfach aus den deutschen Leitheften übernommen wurden, scheint es, dass die inhaltliche Gestaltung inzwischen hauptsächlich in den Händen des Schulungsamtes lag. Auch wenn Jacobsen immer noch die redaktionelle Verantwortung getragen haben dürfte, spiegelt sich darin doch ein allgemeiner Funktions- und Bedeutungsverlust der Abteilung »Erziehung« in der Germanischen Leitstelle wider. Der Grund wird darin gelegen haben, dass man Doppelarbeit vermeiden und die Zuständigkeiten vereinfachen wollte. Ursprünglich gehörte die Schulungsarbeit zu den wichtigsten Aufgaben der Germanischen Leitstelle. Schon früh hatte Himmler Rudolf Jacobsen dafür vorgesehen und ihn im September 1940 mit den vorbereitenden Arbeiten beauftragt. In einem Brief an Berger vom 7.1.1941 schrieb Himmler, er wünsche »dass Jacobsen erstens in einem besonderen Maße die Schulung der germanischen Freiwilligen in der Waffen-SS und zweitens die Schulung der germanischen SS-Männer in Flandern, in den Niederlanden, in Norwegen und wenn notwendig in Dänemark unter Ihrem Kommando zu leiten hat.« Die Dienststelle Jacobsen sollte Berger unmittelbar unterstehen: »diese Stelle gehört zu ihnen«.50 Damit entstand, ähnlich wie im Fall der Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS, eine parallele Dienststelle zum Schulungsamt. Im Mai 1941 wurde die »Dienststelle Jacobsen« zu einem eigenen Amt (Amt VI) unter Leitung Franz Riedwegs im SS-Hauptamt ausgebaut. Der erste Stellenplan vom Mai 1941 weist drei Hauptabteilungen aus: die Hauptabteilungen 1 »Volksgermanische Führung« und 2 »Volksgermanische Ergänzung«, mit Unterabteilungen für die verschiedenen Regionen, sowie 3 »Volksgermanische Erziehung«, gegliedert in die Abteilungen 3a) Weltanschauliche Erziehung, 3b) Leibeserziehung und vormilitärische Ausbildung, 3c) Schulische Weiterbildung.51 Zur Hauptabteilung VI.3 »Erziehung« gehörten auch die »volksgermanischen Ausbildungslager« – das waren zu diesem Zeitpunkt die SSSchule Sennheim im Elsass, die im Januar 1941 ihren Betrieb aufgenommen hatte, sowie die SS-Schulen Avegoor in den Niederlanden und Elverum in Norwegen, die beide im Mai 1941 eröffnet wurden. Ein etwas differenzierterer Stellenplan des Amtes VI ist vom März 1942 erhalten; die Ausbildungsstätten sind jetzt der Hauptabteilung VI.2 zugeordnet:52

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« Amt VI Germanische Leitstelle (Berger, Stellv. Dr. Riedweg) VI.1. Germanische Führung (Dr. Riedweg, Stellv. OStuf. Dr. Schmidt) VI.2. Germanische Ergänzung (Rouenhoff) 2c Ausbildungslager (Rouenhoff) SS-Ausbildungslager Sennheim + Süd (Fechner) SS-Schule Avegoor (Dr. Brendel) SS-Schule Schooten (Rudel) Panoramaheim Stuttgart (Hutten) VI.3. Germanische Erziehung (Dr. Jacobsen, Vertr. Dr. Koopmann) 3a Weltanschauliche Erziehung (Petzold) 1. Erziehungsführung 2. Auswertung und Einsatz 3. Führererziehung 3b Körperliche Erziehung 1. Leibeserziehung 2. Vor- und nachmilitärische Ertüchtigung 3. Führererziehung 3c Erziehungsmittel (Feldmüller) 1. Beschaffung und Verteilung 2. Archiv 3. Lichtbild und Filmwesen 3d Germanische Leithefte (Dr. Jacobsen) 1. Schriftleitung 2. Redaktion und Verlagsangelegenheiten

Die Gesamtleitung behielt sich Berger selber vor, faktisch unterstand sie seinem Stellvertreter Dr. Riedweg. Die Hauptabteilung »Germanische Erziehung« leitete Rudolf Jacobsen. Jacobsen, 1898 als Sohn eines Hamburger Arztes geboren, war promovierter Diplomlandwirt und Tierzuchtexperte; von 1930 bis 1934 leitete er die Landwirtschaftsschule und Wirtschaftsberatungsstelle in Rastenburg, nebenher gab er Kurse in Rassenkunde und Vererbungslehre an der Volkshochschule. Er war 1932 in die NSDAP und 1933 in die SS eingetreten, gehörte aber schon früh völkischen Verbänden an. Nach Kriegsgefangenschaft im 1. Weltkrieg kämpfte er 1921 beim Freikorps Oberschlesien mit und war 1923/24 Mitglied der »Organisation Consul«. 1925 wurde er nach einer Begegnung mit Hans F. K. Günther Mitglied im Nordischen Ring – Jacobsen rühmte sich, sämtliche Werke Günthers zu besitzen und will schon mit 16 zum ersten Mal Chamberlains »Grundlagen des 19. Jahrhunderts« gelesen haben. Im Mai 1933 wurde er von Darré als Mitarbeiter ins RuS-Amt geholt, im August darauf zum Hauptschulungsleiter des Abschnitts Nordost, wenig später zum Rassereferent und schließlich zum RuS-Führer ernannt. 1936 folgte die Beförderung zum Sturmbannführer, 1939 zum Standartenführer. In seiner Eigenschaft als Rassereferent Nordost unterbreitete er 1935 Vorschläge zur Judengesetzgebung, in denen er »den Juden« in »biologischer Hinsicht« mit dem »Milzbrandbazillus und dem Hausschwamm« verglich und daran die Forderung anschloss, »den deutschen Blutstrom restlos vom Judenblut zu befreien«.53 1939 wurde Jacobsen zur Totenkopf-Division Dachau eingezogen, 1940 zum Obersturmbannführer der Waffen-SS und Kommandeur der SS-Totenkopf-Unterführerschule Breslau bzw. Lublinitz ernannt. Danach, im Juni 1940 wurde er als Kommandeur der damals zur Ausbildung in Klagenfurt stationier-

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ten Standarte »Nordland« eingesetzt und verfügte daher bereits über Erfahrungen in der »germanischen Arbeit«, als er mit der Leitung der »Germanischen Erziehung« beauftragt wurde. Jacobsen leitete dieses Amt während der ganzen Dauer seines Bestehens und war darüber hinaus Herausgeber der »Germanischen Leithefte« bzw. der »Germanischen Reihe«.54 Jacobsens Stellvertreter war Paul Koopmann. Er stammte aus dem Nordschleswigschen Sonderburg. Sein Vater war Rektor, er selber schlug ebenfalls die pädagogische Laufbahn ein, studierte Geschichte, Geographie und Philosophie und legte 1938 die Staatsprüfung fürs höhere Lehramt ab; gleichzeitig promovierte er in Kiel mit einer Arbeit zur deutsch-dänischen Geschichte. Koopmann war Mitglied der deutschen Volksgruppe Nordschleswig und leitete 1934 das Grenzlandamt der Kieler Studentenschaft. 1940 wurde er als Kriegsfreiwilliger zum SS-Regiment »Nordland« eingezogen; offenbar nahm ihn Jacobsen von dort zu seiner noch im Aufbau befindlichen Dienststelle mit. Neben der Stellung als Vertreter Jacobsens war er gleichzeitig Leiter der Abteilung »Nordraum« in der Hauptabteilung »Germanische Führung«. 1943 wurde er zum Aufstellungsstab des »germanischen Korps« abgeordnet.55 In der Hauptabteilung »Germanische Erziehung« war Theodor Petzold für die »Weltanschauliche Erziehung« (3.a) zuständig. Petzold, 1913 in einer Pfarrersfamilie geboren, war Diplomingenieur und Architekt. Er hatte sich 1931 der NSDAP, 1932 der SA angeschlossen und schon früh Schulungsarbeit im Nationalsozialistischen Studentenbund geleistet. Nach einer Verwundung im Kriegseinsatz fand er ab 1941 in der »germanischen Arbeit« der SS Verwendung und wurde zunächst im Ausbildungslager Sennheim eingesetzt, war kurzzeitig in Norwegen und kam schließlich als Untersturmführer nach einem Lehrgang in Tölz 1942 zur Germanischen Leitstelle nach Berlin. Petzold war auch für den Aufbau der Führerschule »Haus Germanien« verantwortlich, deren erster Kommandeur er im September 1943 wurde.56 Die Abteilung »Erziehungsmittel« leitete der Kaufmann Karl Feldmüller. Er hatte sich 1937 in der Gründung eines eigenen Verlages versucht. Feldmüller war Leistungssportler und gehörte »zu den besten Mittelstrecklern des Reichs«, beendete die sportliche Karriere aber 1930. 1929 war er der NSDAP beigetreten, 1930 betätigte er sich bereits als Gau-, später auch als Reichsredner, seit 1934 gehörte er der SS an. Zu Kriegsbeginn meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS und erhielt seine Ausbildung an der Unterführerschule in Breslau und Lublinitz; von da her wird Jacobsen ihn gekannt haben, der ihn 1941 zur Germanischen Leitstelle holte, nachdem Feldmüllers Bemühungen, an die Front zu kommen, aus gesundheitlichen Gründen gescheitert waren.57 Im Zuge der Reorganisation des SS-Hauptamtes erfolgte 1943 parallel zur Umgliederung des Amtes IV (Schulungsamt) in die Amtsgruppe C auch der Ausbau des Amtes VI zur Amtsgruppe D.58 Aus dem Jahr 1943 sind jedoch nur unvollständige Stellen- und Geschäftsverteilungspläne erhalten. Im Nachlass Vopersal befindet sich ein undatierter Geschäftsverteilungsplan für die Amtsgruppe C, auf dem die Germanische Leitstelle als Amt C III geführt wird; da die Amtsgruppe D am 17.3.1943 gebildet wurde, die Germanische Leitstelle aber noch im Dezember 1942 als »Amt VI« geführt wurde, kann dieser Plan nur Anfang 1943 entstanden sein. Möglicherweise handelt es sich auch um einen Entwurf, der entweder nur für kurze Zeit in Kraft trat oder verworfen wurde:

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« C. III. Germanische Leitstelle 1. Politische Führung 1a Allgemeine Führung 1b Nordraum, c Westraum, d Ostraum, e Südostraum, f Übersee, g Presse und Propaganda 2. Lebensgebiete im germanischen Raum 2a Jugend 2b Studentenschaft 2c Frauenschaft 2d RAD 2e sonstige Organisationen 3. Politische Erziehung 3a Germanische Leithefte 3b Schrifttum 3c Bild und Sonderhefte 4. Inspektion Germanische SS 4a Führungsstab 5. SS-Feldpost-Prüfstelle59

Der Plan würde zeitlich zum Erlass der Reichskanzlei vom 6.2.1943 passen, in dem die Abstimmung der »Jugend-, Studentenführung usw.« in den »germanischen« Ländern mit der SS geregelt wird. In der Amtsgruppe D wurde ein Amt III »Germanische Erziehung« errichtet, für das aber kein Strukturplan erhalten ist. Auf einer Personalliste des SS-Hauptamtes vom September 1943 werden Jacobsen und Petzold als Angehörige des Amtes D III »Germanische Erziehung« aufgeführt, außer ihnen werden Elsen, Dr. Boecker und Dr. Midderhoff als Mitarbeiter genannt.60 Der Verwaltungsinspektor Heinz Elsen wurde 1942 mit dem Aufbau des »Hauses Germanien« beauftragt. Hanns Midderhoff war Germanist und Experte für nordisch-germanische Geschichte, bei Boecker dürfte es sich um den Historiker und Studentenfunktionär Hans-Jörg Boecker handeln.61 Ein vollständiger Stellenplan der Amtsgruppe D ist erst für den Juni 1944 erhalten. In diesem Plan gliedert sich die Gruppe in die drei Ämter D I Politische Führung, D II Mannschaftsführung und D III Verwaltungsführung – das Amt »Germanische Erziehung« taucht darin nicht mehr auf.62 Zwar wurden dem Amt D II »Mannschaftsführung« unter Leitung des Sportlehrers Kopischke auch Schulungs- und Erziehungsaufgaben übertragen; dies betraf jedoch nur die Abteilung »Germanische SS im Reich«, d.h. die Leitung der »Germanischen Sturmbanne«. Zu ihren Aufgaben gehörte die »Aufstellung der Schulungspläne für die gesamte weltanschauliche Erziehung in Zusammenarbeit mit den Kommandanturen von Sennheim, Avegoor, Haus Germanien, Hildesheim, ihre Ausarbeitung und Überwachung in den Sonderstäben und den SS-Einheiten in den germanischen Ländern, unter Berücksichtigung der historischen Belange und Einfügung in die Idee ›Das Reich‹«. Die Abteilung umfasste jeweils ein Referat für die Niederlande, Flandern, Dänemark und die Schweiz, ein Referat »überstaatliche Mächte« und ein FrankreichReferat, das dem Amt D II.2 »Ergänzung« zugeordnet war.63 Aber ein eigenes Amt oder eine eigenständige Hauptabteilung »Erziehung« besteht nicht mehr. Stattdessen wird jetzt unter D I als Hauptabteilung D I 5 eine »Inspektion der germanischen Erziehung und Ausbildung (germanische Ausbildungsstelle)« aufgeführt, die offenbar die zentrale Aufsicht über die schulischen Einrichtungen der Germanischen Leitstelle hatte:

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D I 5. Inspektion der germanischen Erziehung und Ausbildung a) Haus Germanien (Berliner Verbindungsstelle) b) Schulen in den germanischen Ländern (Berliner Verbindungs- und Beschaffungsstelle) c) unbesetzt d) Politisches Seminar (Berliner Verbindungs- und Beschaffungsstelle) e) unbesetzt (Germanische Frauenschule) f) Verbindung SS-FHA Tölz g) Schulen in den nichtgermanischen Ländern (Berliner Verbindungs- und Beschaffungsstelle).64

Die Schulen und Ausbildungslager selbst wurden zusammen mit Jacobsens Dienststelle »Germanische Reihe«, die inzwischen im Ausbildungslager Sennheim untergebracht war, dessen Leitung Jacobsen 1944 innehatte, unter den Außenstellen der Leitstelle aufgeführt. Vermutlich hängt dieser Bedeutungsverlust der »Germanischen Erziehung« damit zusammen, dass ihre Aufgaben inzwischen weitgehend ins Schulungsamt verlagert worden waren, denn zur gleichen Zeit taucht im Geschäftsverteilungsplan der Amtsgruppe C die Abteilung C I 1f »Europäische Erziehungsarbeit« auf, die bis zum Dezember 1944 allein 15 Referate umfasste.65 Die Amtsgruppe D war Ende 1944 ähnlich wie die Amtsgruppe C zu einem hypertrophen Apparat geworden. Das Amt D I »Politische Führung« umfasste allein sechs Hauptabteilungen mit etwa 40 Länder- und weiteren länderübergreifenden Abteilungen, die sich längst nicht mehr auf die »germanischen« Länder beschränkten: 1. SS-Planungsstelle (Dolezalek) 2. SS-Nordstelle (Rabius)66 3. SS-Weststelle (Pesch; Gericke)67 4. Südoststelle (Bolesch; Lange) 5. SS-Oststelle (Arlt) 6. SS-Mittelstelle für germanische und europäische Arbeit (Minke)

Länderübergreifende Aufgaben erfüllte neben der Planungsstelle die »Germanische Mittelstelle«, die 1943 als Pendant zur »Volksdeutschen Mittelstelle« im Amt D I eingerichtet wurde und vor allem kulturpolitische und propagandistische Vermittlungsaufgaben erfüllte.68 Sie umfasste Ende 1944 folgende Abteilungen: 6a Verbindung zur NSDAP, zum NS-Führungsstab und VDA (Minke) 6b Verbindung zur Jugendarbeit mit Reichsschulen (Bannf. Kiessling) 6c Verbindung zur Frauenarbeit (Frl. v. Riedesel) 6d Verbindung zur Studentenarbeit mit Begabtenwerk (Sydow-Richter) 6e Verbindung zur kulturpolitischen Arbeit, Schrifttum, Forschung (HStuf. Dr. Schneider) 6f Verbindung zur sozialpolitischen Arbeit (Kuba) 6g Verbindung zur agrarpolitischen Arbeit 6h Film, Theater, Musik, bildende Kunst (Sellschopp) 6i Presse, Propaganda, Rundfunk (Meissner) 6k Ausstellungen, Foto (Heinz Jakobi, März 1945 F. Hörch) 6l Schulen (Minke)

Leiter der »Germanischen Mittelstelle« war der Diplomchemiker, Sportlehrer und Studienassessor Paul Minke. Er hatte sich als Student am Rhein- und Ruhrkampf gegen die Franzosen beteiligt, war Mitglied im VDA und ab 1930 in der SA. Minke war ein führender HJ-Funktionär, 1933 war er am Aufbau und an der Leitung der

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Reichsjugendführerschule in Potsdam beteiligt, 1936 wurde er in die Stabsleitung der HJ Österreich berufen. 1938 schied er aus der Leitung der Führerschule aus und trat als Hauptreferent für außendeutsche Fragen in die Dienste der Volksdeutschen Mittelstelle ein. 1939 wurde er als Standartenführer im Stab des SS-Hauptamtes in die SS aufgenommen.69 1944 hieß Minkes Amt »SS-Mittelstelle für germanische und europäische Arbeit« – die veränderte Bezeichnung trug dem Umstand Rechnung, dass die Amtsgruppe D längst nicht mehr nur für die »germanischen Freiwilligen« zuständig war, sondern mit der Errichtung der »Ost- und Südoststellen« auch immer mehr »nicht-germanische« Freiwillige einbezog. Bei den Höheren SS- und Polizeiführern, Himmlers Regenten in den besetzten Ländern, wurden Außenstellen der Germanischen Leitstelle mit Schulungsabteilungen eingerichtet, die die Schulungsaktivitäten koordinierten und beaufsichtigten, als Verbindungsstellen zum SS-Hauptamt fungierten und für den Versand von Schulungsund Truppenbetreuungsmaterial zuständig waren. Schriften des Schulungsamtes etwa gelangten 1942/43 über die Hauptabteilung VI.3 der Germanischen Leitstelle zu den Außenstellen und wurden von dort weiter verteilt. Grundsätzlich sollten die Außenstellen auch die wichtigsten Neuerscheinungen an politischer Literatur in jeweils drei Exemplaren für die Bibliothek, die SS-Schule und das Gästehaus der jeweiligen Außenstelle erhalten.70 Die Außenstellen wuchsen rasch zu umfangreichen »Nebenregierungen« der SS in den besetzten Ländern an. Die Außenstelle Flandern der Germanischen Leitstelle unter Führung des HSSPF Richard Jungclaus (»Dienststelle Jungclaus«) zum Beispiel war wie folgt gegliedert: I: Führung und Erziehung, SS-Schule Schoten, Flämische SS und F. K. (Flandern-Korps) II: Politisches Referat (Presse und Propaganda) III: Kulturpolitisches Referat, Ahnenerbe IV: Verwaltung der Germanischen Leitstelle V: Napola, Studenten, Jugend, Auslesekartei VI: RuS-Führer, Siedlung, Stabsführer des RKFDV in Flandern VII: Fürsorge, Lebensborn.71

Die weltanschauliche Schulung im SS-Abschnitt Flandern leitete 1943 Karl Philipps, Pianist und Lehrer für »germanische« Sprachen und Französisch in Gent; Philipps hatte sich 1940 zur Waffen-SS gemeldet, war im Ostfeldzug verwundet worden und kam Ende 1941 als Mitarbeiter der Abt. VI zur Genesendenkompanie der Standarte »Westland« und nach einem Einarbeitungslehrgang als Eignungsprüfer in Prag zum RuS-Führer Brüssel. Für die weltanschauliche Schulung der Allgemeinen SS war außerdem mit gerade mal 19 Jahren Siegfried Leysen zuständig – 1924 in Antwerpen geboren, hatte er die Höhere Schule nach der 4. Klasse abgebrochen und sich 1941 zur Waffen-SS gemeldet; nach Besuch eines Versehrten-Lehrgangs in Tölz, den er als Lehrgangsbester abschloss, wurde er 1943 zum Untersturmführer befördert und zur Dienststelle Jungclaus kommandiert.72 Kommandeur der SS-Schule Schoten war der Kaufmann Fritz Rudel, Presseamtsleiter der Schriftleiter van de Walle, das Kulturpolitische Referat und damit auch den »Germanischen Wissenschaftseinsatz« leitete der Studienreferendar Dr. Alarich Augustin, Verwaltungsleiter der Dienststelle war Dr. Werner May. Für das Rasse- und Siedlungswesen war Wilhelm Rehmann zuständig, ein Funktionär des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, seit 1935 schon als Schulungsleiter im SS-Oberabschnitt Nord aktiv. Nach seinem Weggang im Juni

Die »Germanische Leitstelle«

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1943 übernahm Karl Philipps kommissarisch die Dienstgeschäfte des RuS-Führers, danach nahm der RuS-Führer Nordwest Aust die Aufgaben für Flandern mit wahr, bis der Studienassessor und Handelsschullehrer Wilhelm Heyer als RuS-Führer für Belgien und Nordfrankreich eingesetzt wurde. Zu den Aufgaben des RuS-Führers gehörten vor allem Musterungen für die allgemeine flämische SS, die Waffen-SS und die flämische Legion sowie Jugendauslesearbeiten für die Reichsschule Flandern.73 In den Niederlanden unterstand die Außenstelle dem HSSPF Hanns Albin Rauter, Chef der Außenstelle war 1944 Heinrich Thole. Die Schulungsabteilung wurde von 1941 bis 1943 durch den Bochumer Studienrat und Turn- und Sportlehrer Wilhelm Hildebrand geleitet, zuvor »WE-Führer« der Standarte »Westland«. Nachdem wiederholt Kritik an seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter geäußert worden war, wurde er Juli/August 1943 zur Waffen-SS versetzt; er gehörte zunächst der Brigade »Nederland« an, wurde Anfang 1944 zur Dolmetscherschule in Oranienburg geschickt und arbeitete danach als Lehrer an der Nachrichtenschule der Waffen-SS in Metz.74 Hildebrands Mitarbeiter war van Doornik, Journalist des in Amsterdam erscheinenden »Telegraaf«, seit 1933 Mitglied der NSB, seit 1941 der Germanischen SS; Anfang 1944 wurde er zum Untersturmführer im SS-Hauptamt ernannt.75 Dem HSSPF unterstand auch der Befehlshaber der Waffen-SS in den Niederlanden, hier wurde die Abt. VI durch den Kaufmann Emil Kurz geleitet. Kurz gehörte bereits mit 16 dem »Jungsturm Adolf Hitler« an, 1933 trat er in die SS ein, später ging er zur Polizei, machte eine Ausbildung zum Leutnant der Schutzpolizei und arbeitete als Adjudant beim Schutzpolizeikommando Berlin. 1942 kam er als Untersturmführer zum Befehlshaber der Waffen-SS der Niederlande.76 In der Befehlssammlung des HSSPF Nord Wilhelm Rediess finden sich einige verstreute Hinweise auf Aktivitäten der in Oslo errichteten Abt. VI, die die weltanschauliche Schulung im Rahmen des Dienstes der Stabskompanie und des Führerzuges organisierte.77 WE-Führer war Karl-Heinz Raubenheimer, zuvor WS-Lehrer an der Unterführerschule Lublinitz.78 Zu den Mitarbeitern der Abt. VI gehörten Eldon Walli, Wilhelm Mahler und Hans Schrade. Der Österreicher Walli hatte sich schon früh in der völkischen Jugendbewegung engagiert, war 1929 als Artamane in der Landwirtschaft tätig und schloss sich mit 16 Jahren der nationalsozialistischen Bewegung an, 1931 trat er in die SS ein. Seine Aktivitäten trugen ihm politische Strafen ein (u. a. wegen der »Sprengung eines jüdischen Films«) und führten zum Zerwürfnis mit dem Elternhaus. 1934 floh Walli nach Deutschland und kam im Hilfswerk Dachau unter; 1936 wurde er Rechnungsführer bei der Standarte »Deutschland«. Während des Krieges war er als Kriegsberichter eingesetzt, bevor er zur Abt. VI beim HSSPF in Oslo versetzt wurde. Wilhelm Mahler, der ebenfalls von der Kriegsberichter-Abteilung zum HSSPF Oslo kam, war Grafiker beim Frankfurter Volksblatt, Hans Schrade war Kapellmeister und freier Mitarbeiter beim Reichssender Köln. Mahler und Schrade gehörten beide seit 1933 der SS an.79 Die Abt. VI organisierte im August 1944 eine Ausstellung »Kämpfer und Künder« in der Osloer Nationalgalerie, in der auch Werke von Künstlern der SS gezeigt wurden. Im Juni 1943 gestaltete die Abt. VI einen »Bunten Abend«, auf dem eine »SS-Spielschar aus dem karelischen Urwald« zu Gast war und aufspielte; am gleichen Tag hatte man Hauptsturmführer Dunsch von der Abt. VI der SS-Kavallerie-Division zu einem Vortrag über »Die Kavallerie im heutigen Heer« geladen. Eine Woche später bestritt Eldon Walli den Dienstunterricht mit einem Vor-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

trag über »Krieg und Dichtung«, 14 Tage zuvor hatte er bereits über »Erfahrungen im Bewegungs- und Stellungskrieg« gesprochen, während Raubenheimer sich in seinem Vortrag am 19.5.43 mit der Frage »Ist dieser Krieg ein Revolutionskrieg?« befasste. Die Angehörigen des Führerzuges nahmen auch regelmäßig das Angebot des Deutschen Theaters in Oslo wahr; ein Vertreter des Theaters, »Herr Geiger«, sprach am 20.1.43 vor dem Führerzug über »Die Spieloper«, am 10.3. hielt er einen Einführungsvortrag zur Oper »Die lustigen Weiber von Windsor«. Anlässlich des 10. Jahrestages der »Machtergreifung« fanden in Oslo verschiedene Kundgebungen und Veranstaltungen statt, für die die Abt. VI Karten bereithielt. Am 3.2.43 wohnte man einem Vortrag von Oberführer Loritz über »Konzentrationslager in Deutschland« bei – Loritz, zuvor Kommandant von Sachsenhausen, war im September 1942 zum HSSPF Nord versetzt worden.

III.3 SCHULEN UND AUSBILDUNGSLAGER DER GERMANISCHEN LEITSTELLE Als wichtigste und zentrale Ausbildungsstätte für die germanischen Freiwilligen wurde Ende 1940 die SS-Schule Sennheim errichtet, 1943 in »Ausbildungslager Sennheim« umbenannt. Die neu gewonnenen Rekruten sollten hier eine gemeinsame vormilitärische und weltanschauliche Grundausbildung und Erziehung erhalten, bevor sie in die Waffen-SS aufgenommen wurden. Vorher wurden sie zumeist in Vorbereitungslagern zusammengefasst – dem diente etwa für die flämischen Freiwilligen die »Vorschule« Schoten in Belgien.80 Daneben entstanden weitere Schulen in den »germanischen« Ländern: insbesondere die Schule Avegoor in den Niederlanden als Schulungs- und Ausbildungszentrum der niederländischen SS, die vor allem für die Allgemeine (»Germanische«) SS, aber auch für andere politisch relevante Gruppen der Niederlande Lehrgänge durchführte, sowie die Schulen Elverum und Kongsvinger in Norwegen und Hoeveltegaard in Dänemark. Für Schweizer Freiwillige und SS-Angehörige wurde mit dem »Panoramaheim« in Stuttgart bzw. dem Planettaheim in Bregenz eine Auffang- und Schulungsstätte geschaffen. Sennheim übernahm später auch Ausbildungsfunktionen für Rekruten aus Frankreich und dem Elsass. Die Führerausbildung der »germanischen Waffen-SS« fand zentral in der Führerschule Tölz statt. Daneben wurde mit dem »Haus Germanien« in Hildesheim eine ergänzende Stätte allgemeiner und politischer »germanischer Führerausbildung« geschaffen. Die Schule Avegoor nahm im Januar 1941 ihren Betrieb auf, es folgten das Panoramaheim Stuttgart im März 1941, die Schulen Avegoor und Elverum im Mai 1941, Schoten Anfang 1942, Kongsvinger und Hoeveltegaard im August und Oktober 1942; im Haus Germanien begann der Unterrichtsbetrieb im September 1943. Avegoor, Schoten, Kongsvinger und Höveltegaard unterstanden jeweils den Außenstellen der germanischen Leitstelle. In einer Aufstellung der Amtsgruppe D vom 1.6.1944 werden Sennheim, Avegoor und Schoten als »SS-Ausbildungslager«, Hoeveltegaard, Kongsvinger und das Haus Germanien als »SS-Schulen« bezeichnet.81

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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SS-Schule und Ausbildungslager Sennheim Der Befehl zur Errichtung der SS-Schule Sennheim erging am 17.11.1940. Mit dem Aufbau wurde der erste Kommandeur der Standarte »Nordland«, Rudolf Jacobsen beauftragt. Der Auftrag hing mit der Bildung der Division »Wiking« zusammen, der die Standarten »Nordland« und »Westland« zusammen mit der Standarte »Germania« eingegliedert wurden; die germanischen Rekruten sollten in Zukunft in Sennheim ausgebildet werden. Einen Hintergrund bildeten Integrationsprobleme der germanischen Freiwilligen, die nicht an die »strenge deutsche Disziplin« gewöhnt waren und das harte paramilitärische Training nicht kannten, das die Deutschen schon in der HJ und im Arbeitsdienst durchlaufen hatten; die Standarten Westland und Nordland hätte man nicht, so Riedweg, unmittelbar »der Truppe übergeben« können, sie wären an der »strengen Zucht« zerbrochen, die für die deutschen Mannschaften selbstverständlich war.82 In Sennheim sollten sie deshalb auch »schonend« auf die »deutsche Zucht« vorbereitet werden – anstelle eines abschreckenden Kasernenhofdrills sollte neben vormilitärischer Erziehung vor allem Sport, Weltanschauungs- und Sprachunterricht getrieben werden. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort war man in Sennheim (Cernay) nahe der Stadt Thann im Elsass fündig geworden. Dort erwarb man ein Gebäude des katholischen Instituts St. André der »Schwestern vom heiligen Kreuz«, in dem zuvor ein Heim für geistig Behinderte untergebracht war, das die Kirche nach dem 1. Weltkrieg mit deutschen Reparationsgeldern errichtet hatte; im April 1941 wurde das restliche Gelände das Instituts beschlagnahmt.83 Die Kurse liefen im Januar 41 an, das erste Kontingent bildeten wohl 350 dänische SA-Männer, die hier in Kursen von 4 Wochen Dauer eine Grundausbildung erhielten. Mit dem Ausbau der Schule, zu dem Kriegsgefangene herangezogen wurden, konnte das Angebot schrittweise erweitert werden. Im Februar 1943 befanden sich nach Auskunft von Berger 1666 Mann in Sennheim.84 Im Juni 1943 befahl Himmler die Erweiterung der Schule zu einem Ausbildungslager mit 12 Kompanien; die Aufgaben wurden jetzt so definiert: »a) politische, geistige, weltanschauliche und sportliche Schulung der Angehörigen des großgermanischen Raumes, verbunden mit b) vormilitärischer Ertüchtigung und militärischer Erstausbildung der verbleibenden Freiwilligen für die germanische SS, c) Durchführung von Sonderlehrgängen.«85

Das Lager unterstand weiterhin der Amtsgruppe D, für die weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung war jedoch das Amt C I zuständig. Als Kommandeur wurde Ernst Fick bestätigt, der die Leitung bereits im Juni 1942 übernommen hatte. Als Fick Ende 1943 zum Inspekteur für die gesamte weltanschauliche Erziehung der SS und der Polizei berufen wurde, übernahm Jacobsen wieder das Kommando über Sennheim. Die Erweiterung trug der Vergrößerung der Rekrutierungsbasis mit der Bildung des germanischen Korps und der Integration der germanischen Legionen Rechnung, hing aber auch mit Himmlers zur gleichen Zeit in einem Gespräch mit HSSPF Otto Hofmann formulierten Plänen zusammen, alle wehrpflichtigen Elsässer zur Grundausbildung nach Sennheim einzuziehen, um sie anschließend in der Waffen-SS einzusetzen.86 Sennheim erfüllte dafür ideale Voraussetzungen: »Die Erfahrungen, die in Sennheim mit den germanischen Freiwilligen und Elsässern gemacht worden sind, sind ausge-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

zeichnet, da die Männer auf die Dauer von ca. 6 Wochen in erster Linie weltanschaulich und politisch durch hervorragende Kräfte geschult und ausgerichtet werden.« Das Gelände solle erweitert werden und »dem Stil der SS entsprechende Kasernenbauten« erhalten.87 Vier Wochen später kündigte Himmler in einem Gespräch mit Mussert über die Niederländer im Genesenden-Bataillon der Waffen-SS die Verlegung des Bataillons in die Nähe von Sennheim an und erklärte: »Es sei künftig so, dass jeder Germane über Sennheim in die Waffen-SS hereinginge und auch über Sennheim, wenn er nicht wieder an die Front kommen könnte, herausginge, um dann aber irgendwie in der germanischen Arbeit weiter verwendet zu werden.«88 Neben Freiwilligen aus den »germanischen Kernländern« Niederlande, Flandern, Dänemark und Norwegen, die das Hauptkontingent bildeten,89 wurden auch Angehörige aus Estland, Schweden der Schweiz und Frankreich hier ausgebildet. 1942 lief ein Lehrgang für 30 Estland-Schweden, die anschließend in ihre Heimat zurückkehren sollten. Seit Anfang 1943 befand sich eine Schweizer Kompanie in Sennheim. Auch die Freiwilligen der »Sturmbrigade Frankreich«, die im Sommer 1943 in Paris rekrutiert wurden, erhielten ihre Grundausbildung in Sennheim, ebenso wie Angehörige der SS-Division »Charlemagne«, die nach der Auflösung der Französischen Legion der Wehrmacht im Herbst 1943 als Division der Waffen-SS aufgestellt wurde. Die Angehörigen der verschiedenen Länder wurden nach der Eröffnung des Lagers 1941 in eigenen Häusern untergebracht. Dort gab es jeweils Gemeinschaftsräume mit eigenen Bibliotheken und Leseecken, darüber hinaus gab es eine zentrale Bibliothek, die die wichtigste politische und weltanschauliche Literatur in deutscher und anderen »germanischen« Sprachen enthielt. Außerdem bestanden ärztliche und zahnärztliche Einrichtungen. Die Aula und die ehemalige Kapelle von St. André wurden für Gemeinschaftsveranstaltungen, Filmvorführungen und dergl. genutzt. Die Kurse dauerten zwei bis sechs Wochen und beinhalteten nach späteren Berichten von Teilnehmern in der Regel drei Stunden die Woche weltanschaulichen Unterricht. Vom Februar 1944 ist ein Wochendienstplan der 8. Kompanie in Sennheim erhalten, der dies bestätigt: Mo. 21.2., 17.15 KdF-Veranstaltung: »Sag ja zur Freude« (Festsaal) Di 22.2., 9.45-10.45 Weltanschaulicher Unterricht (Festsaal, Dr. Kopp); 10.55-11.45 Deutschunterricht Do 24.2., 8.30-9.30 Weltanschaulicher Unterricht (Dr. Kopp), anschl. Deutschunterricht Fr. 25.2., 10.50-11.50 Weltanschaulicher Unterricht (Dr. Kopp), vorher Deutschunterricht So. 27.2. 8.30-9.45 Film »Das ist die Welt«, 10-12 Ausmarsch, nachmittags frei.90

Danach waren drei Vormittage jeweils weitgehend mit weltanschaulichem und deutschsprachlichem Unterricht ausgefüllt. Dazu kam dreimal die Woche gemeinsames Singen. Über die Schulungsarbeit sind nur wenig Dokumente erhalten, es liegen aber eine Reihe späterer Berichte von Teilnehmern vor, die ein relativ einheitliches Bild ergeben. Im Mittelpunkt standen Rassen- und Vererbungslehre, die Geschichte der NSDAP und der SS, der großgermanische und europäische Gedanke etc. Deutsche Geschichte war weniger präsent, da man bemüht war, die Geschichte der jeweiligen Herkunftsländer in die »großgermanische« Perspektive der SS zu integrieren. So wurden z. B. vor den dänischen Freiwilligen, die Anfang 1941 in Sennheim waren, Vorträge über dänische Geschichte gehalten, in denen unter anderem der angeblich verhängnisvolle Einfluss der Juden auf die dänische Politik geschildert wurde.91 Viele Teilnehmer erinnerten sich in der Rückschau an die Behandlung des Judentums, der

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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»jüdischen Rasse« und der von ihr und der Rassenvermischung ausgehenden »Gefahren«, an die Vorführung der Filme »Jud Süß« und »Der ewige Jude«, an Tafeln mit Rasseköpfen, an denen rassenkundlicher Unterricht erteilt wurde oder an Wandkarten, an denen die Völkerwanderung erläutert wurde usw.92 Die französischen Freiwilligen erinnerten sich an Vorträge über ein Europa der Regionen unter deutscher Führung, über griechische Geschichte und die germanische Welt, über Gobineau und Chamberlain, Rosenberg und Darré durch die Schulungsleiter Dr. Kopp und Dr. Zander, die ihnen offenbar auch die Aufgabe stellten, Aufsätze über die Gründe ihres eigenen Engagements zu schreiben. In der alten Kapelle von St. André hielten die Schulungsleiter der SS jetzt Vorträge über das »Naturgesetz des Lebenskampfes«, über die Judenfrage und über eine neue Gesellschaft, die nicht christlich oder internationalistisch, sondern »germanisch« sein sollte.93 Zur regulären Schulungsarbeit kamen Sondervorträge, kulturelle Veranstaltungen und Tagungen hinzu. Im Dezember 1943 hielt sich zum Beispiel Adalbert Forstreuter, Mitarbeiter der »Nationalsozialistischen Monatshefte«, zu einem Vortrag über »Einheit Europas – von den Rändern des Kontinents gesehen« in Sennheim auf.94 Im August 1944 kam der Schweizer Schriftsteller Jacob Schaffner, Mitglied der »Nationalen Front« und Autor nationalsozialistischer Literatur (»Das Reich in uns«), auf einer Rundreise zu Lesungen aus seinen Werken auch nach Sennheim. Schaffner las in Sennheim am 3.8. um 20 Uhr, nachdem er mittags schon an der Berufsoberschule der Waffen-SS in Gebweiler vorgetragen hatte, am nächsten Tag reiste er nach Wesserling weiter. Am 8.8. kam er zu einer Feierstunde im Kornhaus Tann und sprach dort über »Das Wesen der deutschen Reichsidee«. Die Feierstunde wurde durch musikalische Vorträge eines SS-Chors und eines Quartetts umrahmt.95 Den Chor stellte das Genesenden-Bataillon Wesserling, die Instrumentalisten das Lager Sennheim. Sennheim hatte einen eigenen Musikzug aus Angehörigen der germanischen Länder, der unter Leitung von Untersturmführer Otto Gientsch Militärmusik, aber auch klassische Werke einstudierte.96 Im März 1943 führte das Orchester zusammen mit dem Chor der Schwerversehrten des Genesenden-Bataillons im Kornhaus-Saal in Thann einen Soldatenliederabend auf. Im Herbst 1943 bereiste man das Elsass, im Jahr darauf brach das Orchester gemeinsam mit dem Soldatenchor des Genesenden-Bataillons zu einer Tournee durch die süddeutschen Gaue auf.97 Daneben wurde das Lager auch für Tagungen genutzt. Schon kurz nach der Eröffnung wurden die Eignungsprüfer des Rasse- und Siedlungshauptamtes zu einer Tagung der RuS-Führer nach Sennheim geladen, auf der es um die künftige Ausgestaltung des Dienstbereiches der RuS-Führer und die »Handhabung zusätzlicher Ausleseaufträgen« ging. Senator von Hoff aus Bremen hielt am 1. Mai einen Vortrag über »nordische Haltung«, nach dem Mittagessen traf man sich zu einer gemeinsamen Wanderung auf den Hartmannsweiler Kopf.98 Im Sommer 1942 fand in Sennheim eine Arbeitstagung statt, auf der sich die Schulungsleiter aus den germanischen Ländern zu einem Erfahrungsaustausch trafen und Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierten.99 Anfang 1944 wurde in Sennheim eine akademische Vorlesungsreihe für Studenten der Universität Oslo organisiert, die man aus Norwegen deportiert hatte und in Sennheim für ein Studium in Deutschland und für den germanischen Einsatz in der »Legion Norge« zu gewinnen hoffte. Von insgesamt 1200 Studenten, die in Oslo festgenommen waren, hatte man eine Gruppe von 289 als »rassisch wertvoll« ausgelesen und

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

nach Sennheim verbracht; eine andere Gruppe war zur Umerziehung nach Buchenwald transportiert worden. Im Januar 1944 befahl Himmler, Experten im Rahmen des germanischen Wissenschaftseinsatzes für Schulungsvorträge in Sennheim zu suchen; um die Studenten nicht vor den Kopf zu stoßen, sollten die Dozenten Zurückhaltung wahren und in ihren Vorträgen »in streng wissenschaftlicher Weise, ohne politische Tendenzen erkennen zu lassen, die germanische Gemeinsamkeit beleuchten.«100 Jacobsen stellte daraufhin einen Vorlesungsplan mit Professoren der Universitäten Straßburg und Freiburg zusammen, der die verschiedensten Wissenschaftsgebiete umfasste; die ersten Vorträge hielten der Volkskundler Hans Strobel vom Amt Rosenberg und der Prähistoriker und Wikinger-Spezialist Peter Paulsen, der in Tölz bereits für die politische Schulung der germanischen Führer-Anwärter zuständig war: 19.1. SS-Stubaf. Strobel: Germanisches Brauchtum (mit Lichtbildern) 21.1. Prof. Paulsen: Die Wanderungen der Ostgoten101 22.1. Prof. Metz: Das Elsass, ein Grenzlandschicksal (mit Lichtbildern) 28.1. Rektor Prof. Schmidt/Straßburg: Einführung in das deutsche Hochschulstudium 8.2. Prof. Hirt/Straßburg: Probleme der Fluoreszenzmikroskopie (Lichtbilder) 11.2. Prof. Oppermann/Straßburg: Die politische Rede als Führungsmittel in der Antike 18.2. Prof. Dahm/Straßburg: Grundgedanken des deutschen Strafrechts 21.2. Prof. Böhm, Freiburg: Die rechtsphilosophischen Grundlagen des Marxismus 25.2. Prof. Finkelnburg/Straßburg: Anschauliche Atomphysik 26.2. Prof. Günther/Freiburg: Erblichkeitsforschung, Erbgesundheitslehre und Rassenforschung 1.3. Prof. Schrade/Straßburg: Kunst der Dürerzeit oder Ritter, Tod und Teufel 3.3. Prof.Nickisch/Straßburg: Die Grundgedanken der nationalen Arbeit in Deutschland 4.3. Prof. Aly/Freiburg: Homer und wir 7.3. Prof. Wolf/Freiburg: Platons Lehre von der Gerechtigkeit102

Die Studenten konnten sich in Sennheim frei bewegen und erhielten SS-Uniformen, aber ohne SS-Symbole. Sie nahmen auch am regulären Unterricht der Abt. VI von Sennheim teil. Peter Paulus, der zu dieser Zeit die Abt. VI leitete, listete 18 Vorträge auf, die im Januar und Februar von Mitarbeitern der Abt. VI gehalten und von den Studenten besucht wurden. Offenbar stand in diesem Monat ein Geschichtscurriculum auf dem Programm: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

»Die indogermanische Völkerwanderung. Die frühgermanische Zeit Die grossgermanische Zeit Germanen als Staatenformer Der Ansturm Asiens gegen Europa Papst- und Kaisertum Der Einbruch des Christentums in die germanische Welt Die Reformation Der Dreissigjährige Krieg Das Zeitalter des Absolutismus Die französische Revolution Der Liberalismus im 19. Jahrhundert Die Judenfrage Der Marxismus Die politische Entwicklung Europas

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16. Versailles und seine Folgen 17. Deutschland nach dem Krieg 14/18 18. Die Entstehung der nationalsozialistischen Weltanschauung.«103

Trotz dieser intensiven Bemühungen scheiterte das Projekt. Nur wenige der Studenten, von denen ja keiner freiwillig gekommen war, ließen sich für die germanische SS gewinnen. Die anderen wurden in einer Kompanie zusammengefasst und zu Arbeitsdiensten herangezogen. Aus Sennheim sind eine ganze Reihe von Schulungsleitern bekannt. Einer der ersten dürfte Theodor Petzold gewesen sein, der 1942 zum Leiter der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« in der Germanischen Leitstelle berufen und mit dem Aufbau des »Hauses Germanien« beauftragt wurde. Speziell für die dänischen Freiwilligen holte Jacobsen den Drogisten Iwer Lindemann vom Regiment »Nordland« im Januar 1941 als Schulungsleiter nach Sennheim. Lindemann stammte aus Hadersleben im dänischen Nordschleswig und hatte dort die höhere Schule der deutschen Minderheit besucht. Schon mit 10 Jahren war er in der nationaldeutschen Pfadfinderbewegung, mit 16 in der Hitler-Jugend organisiert, 1936 war er Schulungsleiter im Nationalsozialistischen Studentenbund, 1940 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS. Im Oktober 1942 wurde er zum Leiter der Abt. VI in der Außenstelle der Germanischen Leitstelle Kopenhagen (»Dienststelle SS-Sturmbannführer Boysen«) berufen und gleichzeitig als stellvertretender Leiter der SS-Schule Höveltegaard eingesetzt, die die Germanische Leitstelle in Dänemark betrieb. Lindemann war maßgeblich für Werbung und Propaganda für das »Germanische Korps« in Dänemark verantwortlich.104 Den ersten Schulungskurs der Schweizer Freiwilligen organisierte der Züricher Rechtsanwalt Dr. Heinrich Büeler – Büeler war Mitbegründer des »Bundes eidgenössischer Nationalsozialisten« und Mitglied des Schweizer »Front National«; nach dem gescheiterten Versuch, in der Schweiz eine illegale SS zu gründen, hatte er sich nach Berlin abgesetzt und zur Waffen-SS gemeldet. 1942 kam er zur Germanischen Leitstelle und wurde von dort als Kompanieführer und Mitarbeiter der Abt. VI in Sennheim eingesetzt. Büeler betreute auch französisch sprechende Freiwillige. Im September 1944 wurde er als Leiter der Abt. VI der französischen SS-Division »Charlemagne« eingesetzt.105 Ebenfalls für die weltanschauliche Schulung französischsprachiger Freiwilliger wurde der Prokurist und Untersturmführer Helmut Bender eingesetzt, der wegen seiner Sprachkenntnisse auch in Tölz und Kienschlag als »WS-Lehrer« für französische Junker arbeitete.106 Anfang 1944 leitete der Sozialpädagoge und Sportlehrer Peter Paulus aus Mönchengladbach die Abt. VI in Sennheim. Paulus gehörte seit Februar 1931 der HJ an und war HJ-Bannführer. Zu Beginn des Krieges wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach einer »Kampfverletzung«, bei der er ein Augenlicht verlor, wurde er als Sachbearbeiter im Schulungsamt der SS beschäftigt, 1942 folgte die Beförderung zum Untersturmführer, 1943 zum Obersturmführer. Im Verlauf des Jahres 1944 wurde er zur Dienststelle des Inspekteurs für die gesamte weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei Ernst Fick versetzt, die sich ebenfalls in Sennheim befand.107 Sein Nachfolger und eine tragende Gestalt der weltanschaulichen Schulung in Sennheim war schließlich Erich Kopp, ein promovierter Verwaltungsjurist aus der badischen Innenverwaltung. Er war noch während des Studiums 1929 der NSDAP und der SA beigetreten und gehörte bereits 1928 dem Nationalsozialistischen Studentenbund an. 1935 wechselte er von der SA zur SS, Anfang 1940 diente er bei den Totenkopfverbänden, 1940/41

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

leitete er die Spionageabwehr der badischen Gestapo, danach wurde er Mitarbeiter im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete. Im April 1943 wurde Kopp, der bereits 1942 als Kreisausbildungsleiter in Mühlhausen im Elsass und als Schulungsreferent in der Standarte 123 (Kolmar) eingesetzt war, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des 3. WE-Führers in Sennheim beauftragt; im Juli 1943 folgte seine Beförderung zum Untersturmführer, im April 1944 die Ernennung zum Nachfolger von Paulus als Leiter der weltanschaulichen Erziehung in Sennheim, im Juli 1944 die Beförderung zum Obersturmführer.108 Bis Ende 1944 bestanden in Sennheim drei Bataillone mit zusammen 12 Kompanien. Für jedes Bataillon war ein Referent der Abt. VI eingesetzt.109 Die Abteilung Truppenbetreuung leitete der Napola-Studienrat und Hochschuldozent Hanns Paul, ein »alter Kämpfer«, der schon im März 1929 der NSDAP beigetreten war; 1941 gehörte er als Referent für Erziehung der Dienststelle Heißmeyer und der Landesverwaltung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten im Reichserziehungsministerium an.110 Die Bataillons-Schulungsleiter waren nach dem Geschäftsverteilungsplan von November/Dezember 1944 Alfred Zander, Emil Ziebarth-Schroth und Friedrich Wacker. Der Volksschullehrer Alfred Zander war ein prominenter Schweizer Reformpädagoge und Nationalsozialist. Er hatte ein Jahr im Pestalozziheim Neuhof, danach im Landerziehungsheim Hof Oberkirch in der Schweiz gearbeitet und war, wie er selber schreibt, durch die Arbeit in einem Heim für Schwererziehbare zur Rassenhygiene gekommen: »Die Beschäftigung mit Anormalen, Erblichbelasteten, Haltlosen usw. brachte mich zu jenen bevölkerungspolitischen und rassehygienischen Ideen, die Kernstück nationalsozialistischer Volkspolitik sind«. Nach dem Studium der Pädagogik und Anglistik promovierte er 1931 in Zürich mit einer Dissertation über Pestalozzi. In den 30er Jahren trat er vor allem durch journalistische Arbeiten hervor: Er war Schriftleiter des »Eisernen Besens« und anderer nationalsozialistischer Zeitschriften in der Schweiz, 1938 war er an der Gründung des »Bundes treuer Eidgenossen nationalsozialistischer Weltanschauung« beteiligt. In dieser Zeit sind auch mehrere antisemitische Schriften aus seiner Feder entstanden, so 1935 die »Dokumente zur Judenfrage in der Schweiz«; 1936/37 folgten die Publikationen »Freimaurerei in der Schweiz« und »Schweizer Eidgenossenschaft und Reich«. 1941 mußte er nach Deutschland fliehen und ließ sich als Schriftsteller in Berlin-Glienicke nieder. Nachdem er sich 1943 zur Waffen-SS gemeldet hatte, wurde er für die weltanschauliche Schulungsarbeit in Sennheim eingesetzt. Nach dem Krieg machte sich Zander einen Namen als Reformpädagoge; er arbeitete zunächst an einer reformpädagogischen Werkschule und wurde später Leiter des Landschulheims Burg Nordeck bei Giessen.111 Der Schulungsreferent des 2. Bataillons, Ziebarth-Schroth aus Lodz hatte nach dem Abitur 6 Semester an einer Höheren Gartenbauschule studiert und war von Beruf Gartenbaugestalter; 1938 trat er der SS bei und fand als Schulungsleiter im 9. SS-Kraftfahrsturm Verwendung. Dr. Friedrich Wacker, der Schulungsreferent des 3. Bataillons, war Diplomlandwirt und Gruppenleiter in der Reichsbauernschaft; er gehörte seit dem März 1932 der NSDAP, seit 1933 der SS in Jena als Schulungsmann, dann als Schulungsleiter an. 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, 1943 wurde er zum Untersturmführer der Fachgruppe Schulung im SS-Hauptamt ernannt.112 Während die Geschäftsverteilungspläne Rekorde feierten, musste das Sennheimer Lager November/Dezember 1944 evakuiert werden. Über St. Georgen bei Freiburg

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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und Furtwangen gelangte das Personal schließlich nach Deggingen, wo es in einer Gendarmerie-Kaserne untergebracht wurde. Der folgende Plan illustriert die Schulungsaktivitäten und Koordinierungsaufgaben der Abt. VI am Beispiel einer Wochenübersicht für das Ausbildungslager Sennheim im November 1943. Zu diesem Zeitpunkt war Paulus Leiter der Abt. VI. Der Plan nennt als Lehrer für weltanschaulichpolitischen Unterricht neben Paulus Friedrich Wacker, Emil Ziebart-Schroth und einen »Unterscharführer Merlen« – gemeint ist der französische Jurist und Journalist Dr. Philippe Merlin.113

Schulungsplan der Abt. VI Sennheim für die Woche vom 8.11.-15.11.43114 Montag, den 8.11.43: 7.30-8.30 1. Komp. 3. Komp. 8.00-9.00 6. Komp. SZ. 8.45-9.45 3. Komp. 4. Komp. 9.30-10.30 6. Komp. 10.30-11.30 7. Komp. Frz. Offz. 10.50-11.50 10. Komp. 14.30-15.15 1. Komp. 15.30-16.30 5. Komp. 6. Komp. 16.00-17.00 6. Komp. Berufsförd. 17.00-18.00 4. Komp. 18.15-20.15 Berufsförd.

Deutsch Deutsch German. Freibauerntum Deutsch Nationalismus Nationalismus Deutsch Wiederholung Weltanschauung Rahmenvortrag Rahmenvortrag Demokratie Wie 5. Komp. Polit. Katholizismus Kurzschriftunterricht Deutsch Technisches Rechnen

Unterk. Fests. Unterk. Unterk. Fests. Fests. Unterk. Unterk. Gästehs. Fests. Unterk. Fests.

Strm. Diedrich UScha. Merlen UStuf. Wacker UScha. Liebig UScha. Merlen UScha. Merlen Strm. Diedrich USt. Ziebart-Schroth UScha. Merlen UStuf. Paulus UScha. Merlen UScha. Merlen

Unterk. Unterk. Fests. Unterk.

UStuf. Paulus OStuf. Laue Strm. Diedrich UScha. Liebig

Dienstag, den 9.11.43 9.30-10.30 10. Komp. Vererbung Fests. 9.30-10.30 UStuf. Bastian Weltanschauung Jägerh. 10.30-11.30 ~ Deutsch 14.00-15.00 Frz. Offz. Weltanschauung Gästehs. 14.00-15.30 6. Komp. Der Weg zum nordischen Gedanken; Erbgesundheitspflege, Bevölkerungspolitik; Film »Erbkrank« Fests. 15.00-16.00 7. Komp. Bauerntum Unterk. 15.30-16.30 2. Komp. Arbeit als Pflicht und Ehre Unterk. 16.00-17.00 5. Komp. Deutsch Fests. 16.00-17.00 7. Komp. Deutsch Unterk. 16.15-17.15 1. Komp. Bauerntum 17.00-18.00 7. Komp. Deutsch Unterk. Mittwoch, den 10.11.43 7.30-8.30 3. Komp. 4. Komp. 1. Komp. 8.30-9.30 1. Komp.

Sozialismus Wie 3. Komp. Deutsch Ostpolitik

USt. Ziebart-Schroth UScha. Merlen wie vor UScha. Merlen

USt. Ziebart-Schroth UStuf. Wacker UScha. Merlen Strm. Diedrich UScha. Liebig UStuf. Wacker UScha. Liebig

Fests.

UScha. Merlen

Unterk. Unterk.

Strm. Diedrich UStuf. Wacker

376 9.00-10.00 9.45-10.45 10.15-11.15 10.20-11.20 14.00-15.00 14.00-15.00 14.30-15.15 15.30-16.30 16.00-17.00 17.00-18.00 19.30-21.00

III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« 9. Komp. 5. Komp. 2. Komp. 5. Komp. SZ ? 1. Komp. 2. Komp. 5. Komp. ? Berufsförd.

Weltanschauung Volk und Familie German. Freibauerntum Deutsch Deutsch Geopolitik Judentum Deutsch Individualismus Deutsch Landwirtschaft

Fests. Unterk. Unterk. Fests. Unterk. Unterk. Unterk. Unterk. Fests. Fests. Zi. 18

Donnerstag, den 11.11.43 7.30-8.30 3. Komp. Arbeit als Pflicht und Ehre Fests. 4. Komp. Wie 3. Komp. 7.30-8.30 1. Komp. Deutsch Unterk. 8.30-9.30 2. Komp. Bauerntum Unterk. 6. Komp./ Nld. SS als Auslese Fests. 8.45-9.45 6. Komp./Frz. Individualismus Unterk. 9.45-10.45 6. Komp. Deutsch Unterk. 6. Komp./Nld. Bauerntum Fests. 9.40-10.35 10.30-11.30 Frz. Offz. Weltanschauung Gästehs. 10.45-11.45 7. Komp. Wiederholung Unterk. 10.50-11.50 10. Komp. Vererbung Fests. 14.30-15.30 1. Komp. Freimaurerei Unterk. 15.00-16.00 7. Komp. Deutsch Unterk. 15.30-16.45 2. Marine-Komp. »Film Der ewige Jude« Fests. 6. Komp./ Ndl. Wie Marine-Komp. 15.45-16.45 2. Komp. Deutsch Unterk. 16.00-17.00 7. Komp. Deutsch Unterk. 17.00-18.00 3. Komp. Deutsch Fests. Freitag, den 12.11.43 7.30-8.30 5. Komp. Führermangel 6. Komp./Frz. Wie 5. Komp. 6. Komp./ Ndl. Ostpolitik 8.30-9.20 6. Komp./ Ndl. Abschluss 8.30-9.30 5. Komp. Deutsch 9.30-10.30 10. Komp. Rassenkunde 9.30-10.30 UStuf. Bastian Weltanschauung 9.40-10.40 6. Komp./Frz. Deutsch 10.30-11.30 USuf. Bastian Deutsch 14.00-15.00 1. MarineKomp. Geopolitik 14.00-15.00 2. MarineKorps Pol. Katholizismus 14.00-15.00 Frz. Offz. Weltanschauung

USt. Ziebart-Schroth UScha. Merlen UStuf. Wacker Strm. Diedrich UScha. Liebig UStuf. Wacker UScha. Merlen Strm. Diedrich UScha. Merlen Strm. Diedrich UStuf. Wacker Uscha. Merlen Strm. Diedrich UStuf. Wacker USt.Ziebart-Schroth UScha. Merlen Strm. Diedrich UStuf. Wacker UScha. Merlen UStuf. Wacker USt. Ziebart-Schroth UScha. Merlen UScha. Liebig U.v.D

Strm. Diedrich UScha. Liebig UScha Merlen

Fests.

UScha. Merlen

Unterk.

UStuf. Wacker

Unterk. Fests. Fests. Jägerhs. Unterk. Jägerhs.

Ziebart-Schroth Strm. Diedrich USt. Ziebart-Schroth UScha. Merlin Strm. Diedrich UScha. Merlen

Unterk.

UStuf. Wacker

Fests. Gästehs.

UStuf. Paulus UScha. Merlen

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle 15.45-16.45 17.00-18.00

2. Komp. 4. Komp.

Deutsch Deutsch

Unterk. Fests.

377

Strm. Diedrich Strm Diedrich

Samstag, den 13.11.43 3. Komp. Stamm: Franz. Sprachunterricht nach Vereinbarung Sonntag, den 15.11.43 8.15-9.30 10. Komp. 1. Marine-Komp. 2. Marine-Komp.

Film: »Was ist die Welt?« Wie 10. Komp. Wie 10. Komp.

Hoeveltegaard, Kongsvinger und das Panoramaheim Nach der Besetzung Dänemarks war die Standarte »Nordland« unter Jacobsens Kommando für die Rekrutierung dänischer Freiwilliger aufgestellt worden; man hoffte vor allem Volksdeutsche aus Nordschleswig und Mitglieder der DNSAP zu gewinnen.115 Die Ausbildung fand zuerst in einer Kaserne in Klagenfurt statt. Etwa 100 Dänen meldeten sich zum ersten Lehrgang im Sommer 1940, der drei Monate dauerte und neben militärischen Übungen und Deutschunterricht eine intensive weltanschauliche Schulung vorsah – der Lehrplan beinhaltete 46 verschiedene Vortragsthemen. Anfang 1941 kamen etwa 350 dänische Freiwillige nach Sennheim zu einem 4-Wochen-Kurs mit ähnlicher Ausrichtung und einem ähnlichen Themenprogramm mit 20 Vorträgen. Die Lehrpläne waren inhaltlich auf dänische Freiwillige zugeschnitten und behandelten neben den üblichen allgemeinen Themen (Rassenkunde, Vorgeschichte, deutsche Geschichte, Geopolitik etc.) auch Fragen der dänischen Geschichte und Politik – z. B. »Germanen und Wikinger«, »Liberalismus in Dänemark«, »Dänemarks Kultur in Vergangenheit und Zukunft«, »Wo stehen die nordischen Staaten?«116 Ab Sommer 1941 erschien eine dänische Ausgabe der »Germanischen Leithefte«, die an die Dänischen Angehörigen der Standarte Nordland und das ebenfalls im Sommer 1941 gebildete »Frikorps Danmark« ging. 1944 brachte das SS-Hauptamt noch ein dänisches Leitheft (»SS-Heftet«) heraus mit Artikeln dänischer, norwegischer und deutscher Autoren. Heft 3 zum Beispiel enthielt Beiträge von Ola Furuseth, Gerhart Hess und Fritz Reich vom Amt C I, einen Artikel des Redakteurs Old Melsum und eine Abhandlung von Thordar Quelprud über Rassefragen (»Rasseproblemer«). Quelprud, der am KWI Berlin bei Verschuer studiert hatte, leitete das Erbbiologische Institut der Universität Oslo und unterrichtete Erbbiologie und Rassenlehre an der nationalsozialistischen Führerschule im norwegischen Jessheim.117 1942 erwarb die Germanische Leitstelle das nordwestlich von Kopenhagen gelegene Anwesen Höveltegaard und richtete hier ein eigenes Schulungs- und Tagungszentrum ein, das gleichzeitig als Erholungsheim mit angeschlossenem Lazarett für die Waffen-SS diente. Nach der Einweihung des Hauses am 16.10.1942 durch Riedweg begann hier ein erster Schulungskurs, an dem etwa 130 Dänen und Volksdeutsche teilnahmen. Leiter des Hauses war Hauptsturmführer Dirck Bonnek, Leiter des Schulbetriebes Untersturmführer Sören Kam, stellvertretender Leiter war der schon erwähnte Iwer Lindemann. Als der Führer des dänischen Freikorps, Christian Frederik von Schalburg im Juni 1942 in Russland fiel, benannte man die Schule in »Schalburg-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Schule« um. Über Betrieb und Personal der Schule ist kaum etwas bekannt. Im Dezember 1942 fand hier eine Arbeitstagung der Germanischen Leitstelle über die Arbeit in den germanischen Ländern statt, bei der auch Werner Best zugegen war.118 Der Unterrichtsleiter der Schule, Sören Kam war ein junger dänischer Aktivist. Er wurde 1921 in Kopenhagen als Sohn eines Großkaufmanns geboren; nach einem mittleren Schulabschluss machte er eine Lehre als Zimmermann und ging danach auf eine Bauschule, um den Beruf des Architekten zu erlernen. Seit 1936 gehörte er der Jugendorganisation der DNSAP an und brachte es zum Stabschef der nationalsozialistischen Jugendbewegung in Dänemark. 1940 meldete er sich zum Regiment »Nordland«. Nach einer Verwundung nahm er an einem Lehrgang in Tölz teil, von dort wurde er zur Germanischen Leitstelle überstellt.119 Anlässlich eines Besuchs Himmlers in Norwegen wurde auch dort im Mai 1941 eine SS-Schule eröffnet. Sie nahm zunächst in Elverum ihren Betrieb mit sechswöchigen Lehrgängen für die im gleichen Monat gegründete norwegische SS auf. Ein Jahr später wurde dem SS-Hauptamt von Quisling die ehemalige Festung Kongsvinger, etwa 100 Km nordöstlich von Oslo gelegen, für Schulungszwecke zur Verfügung gestellt. Im August 1942 wurde Kongsvinger als Schule für die norwegische SS eröffnet. Dem muss ein Jahr Stagnation beim Bemühen um den Aufbau einer norwegischen SS vorangegangen sein, denn im Mai schrieb Berger an Himmler, der »SS-Gedanke« sei über ein Jahr lang in Norwegen nicht gepflegt worden, er sei tot und müsse zu neuem Leben erweckt werden, deshalb plane man eine neue Schule in Kongsvinger. Offenbar war der Betrieb in Elverum nicht sehr positiv verlaufen. Bergers Kritik dürfte vor allem gegen Quisling gerichtet gewesen sein, der ähnlich wie Mussert in den Niederlanden bei Berger im Verdacht stand, eine nationalistische Strategie zu verfolgen.120 »Wie sind im Augenblick dabei in der Hirt einzubrechen. Versehen deshalb zuerst einmal die gesamte Hirt zusätzlich mit unserem Schulungsmaterial«, notierte Berger.121 »Hirt« war der Name der eigenen Miliz, die Quislings »Nasjonal Samling« unterhielt. Um die »Hirt« zu gewinnen, hatte das SS-Hauptamt schon im Februar/März 1942 eine Abordnung von Führern zu einer Rundreise nach Deutschland eingeladen. Auf dem Programm standen unter anderem Besichtigungen des KZ Sachsenhausen, der Schule der Reichsjugendführung in Babelsberg und der Akademie für Jugendführung in Braunschweig, Film- und Konzertbesuche (»Carmina burana«), die Besichtigung der Neuen Reichskanzlei, Besuche bei der Leibstandarte Adolf Hitler und der Nordischen Verbindungsstelle, eine Führung durch das SS-Hauptamt mit Empfang durch Gottlob Berger usw.122 Rekrutierungen für die SS fanden in Norwegen auf drei Ebenen statt: zunächst seit Januar 1941 für das Regiment Nordland, das zur Division Wiking gehörte; 1943 entstand daraus die Panzer-Division »Nordland« mit dem (23.) Regiment Norge. Dem Regiment Nordland wurde im Mai 1941 auch ein Teil der »Hirt« eingegliedert. Im Mai 1941 kam es zur Gründung der Allgemeinen SS in Norwegen (»Norges SS«), deren Männer eine Grundausbildung in Elverum erhielten. »Norges SS« wurde im Juli 1942 reorganisiert und in »Germanske SS Norge« umbenannt. Sie unterstand weiterhin Quisling, war aber zugleich ein Teil der allgemeinen »Germanischen SS«. In den gleichen Zeitraum fällt die Gründung der »Legion Norwegen«; sie wurde wie die anderen »germanischen Legionen« 1943 der Division Nordland eingegliedert und dem III. (germanischen) Korps unterstellt. 1941/42 gab es daher hier wie in den anderen »ger-

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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manischen Ländern« drei Gruppen: die »vollwertigen« Angehörigen der germanischen Waffen-SS, die Mitglieder der Allgemeinen (Germanischen) SS und die Legionäre, die der Waffen-SS unterstanden, aber keine volle SS-Mitgliedschaft hatten. Die »Germanische SS« bildete das Hauptrekrutierungspotential für die bewaffneten Verbände, viele ihrer Angehörige waren aber auch in zivilen und administrativen Bereichen tätig, zu denen insbesondere auch die Polizei gehörte. Der Zulauf blieb allerdings bescheiden: Im April 1943 hatte die »Germanske SS« gerade einmal 827 Mitglieder. 123 In Kongsvinger fanden Kurse für Angehörige der SS und der Polizei statt. Der erste Lehrgang begann mit 42 Mann im August 1942 und wurde nach 4 Wochen mit einer Besichtigung durch Gottlob Berger persönlich abgeschlossen; Berger registrierte eine »ausgezeichnete Stimmung«, alle Ziele seien erreicht worden. Auf dem Programm standen weltanschauliche Erziehung und wehrsportliche Übungen. Schulungsthemen waren Geschichte und Aufbau des Nationalsozialismus, Geschichte der deutschen und norwegischen nationalsozialistischen Partei, Rasse- und Vererbungsfragen, »Judenkunde«, Freimaurerei, Bolschewismus sowie Aufbau, Gliederung und Zielsetzung der SS.124 Die Schule sollte künftig laufend 4wöchige Kurse für jeweils bis zu 60 Teilnehmer durchführen. Die Germanische Leitstelle unterhielt daneben ein Erholungsheim für Verwundete der Waffen-SS und der norwegischen Legion (Haus »Ragnar Bergh«). Für Schulungszwecke erschienen die »Germanischen Leithefte« in einer Auflage von 15 000, daneben brachte die norwegische Leitstelle eine eigene Zeitschrift »Germaneren« in einer Auflage von 7000 Exemplaren sowie die ins norwegische übersetzte Broschüre »Stimmen der Ahnen« heraus.125 Für die Schulungshefte der norwegischen SS waren der Journalist und Schriftleiter Egil Holst Torkildsen und Ola Furuseth zuständig. Furuseth, von Beruf Förster, war Redakteur des »SSHeftet« und erster Lehrer für weltanschauliche Erziehung in Kongsvinger. Er nahm 1943 am 2. Lehrgang für germanische Offiziere in Tölz teil und wurde anschließend als Obersturmführer und Norwegen-Referent der Abteilung »Europäische Erziehungsarbeit« im Schulungsamt des SS-Hauptamtes eingestellt.126 Kongsvinger war zugleich ein Schulungszentrum für die norwegischen Polizei. In dreimonatigen Lehrgängen unterrichteten hier deutsche Polizeioffiziere und norwegische Lehrer in Waffen- und Länderkunde, nationalsozialistischer Weltanschauung, Polizeirecht, Polizeitaktik und deutscher Sprache.127 Für Freiwillige und Flüchtlinge aus der Schweiz und Liechtenstein wurde 1941 in der Panoramastraße 11 in Stuttgart ein zentrales Auffanglager eingerichtet, das danach den Namen »Panoramaheim« erhielt. Es diente als Werbezentrale und Vermittlungsstelle für alle Schweizer, die in die SS eintreten wollten, als deutsche Spionagezentrale und als politische Schulungsstätte für Kandidaten der germanischen Waffen-SS oder der künftigen administrativen Herrschaftselite einer nationalsozialistischen Schweiz. Das Haus wurde am 1.3.1941 eröffnet und bot 35 bis 40 Personen Platz, die hier vorübergehend wohnen konnte. Nachdem das Gebäude im Oktober 1943 bei Bombenangriffen zerstört wurde, zog man zunächst nach Straßburg und von dort nach Bregenz um, wo es unter dem Namen »Planettaheim« neu eröffnet wurde. Bis Anfang 1945 sollen insgesamt 1360 Personen im Panorama- bzw. Planettaheim aufgenommen worden sein, von denen rd. 1000 zur Waffen-SS gingen.128 Der erste Leiter des Panoramaheims war Dr. Hutten – hinter diesem Pseudonym verbarg sich der Kaufmann Alfred Nikles, Oberleutnant der schweizer Wehrmacht, seit 1934 Angehöriger der Nationa-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

len Front. 1938 wurde er als Chef des Schutzkorps und Organisationsleiter des »Bundes Treuer Eidgenossen« verhaftet; 1939 gelang ihm die Flucht ins Reich. Bis zum Oktober 1942 war er als Obersturmführer der Waffen-SS Kommandeur des Panoramaheims, gegen Kriegsende war er noch an der Heeresspionageschule Dessau-Rosslau tätig.129 Ihm folgte Bruno Schaeppi, ein Diplomkaufmann und Journalist, der als Schriftleiter und Redakteur nationalsozialistischer Zeitungen in der Schweiz (»Schweizer Degen«, »Schaffhausener Bote«) gearbeitet hatte. Schaeppi war von 1936 bis 1938 Landesleiter der »Nationalen Front«, gehörte wie Nikles dem »Bund treuer Eidgenossen« an und war, nachdem er wie Nikles die Schweiz aus politischen Gründen hatte verlassen müssen, ein führendes Mitglied im »Bund der Schweizer in Großdeutschland« geworden. Während des Krieges diente er zunächst als Kriegsberichter bei der SS-Division »Das Reich«, wurde im Mai 1942 zur Amtsgruppe D berufen und schließlich als Kommandeur im Panoramaheim und anschließend im Planettaheim eingesetzt, das er bis März 1944 leitete. Danach erhielt er eine Ausbildung in Tölz und wurde als Untersturmführer zur Propagandakompanie des III. (germ.) Panzer-Korps der Waffen-SS kommandiert.130 Vertretungsweise war auch der Schweizer Aktivist Heinrich Büeler 1942 für kurze Zeit an der Leitung des Panoramaheims beteiligt. Büeler hatte zuvor den »Schweizer Sportbund« geleitet, der, als Sportschule getarnt, eine illegale Organisation der SS aufstellte. Den Auftrag zur Gründung, die im März 1941 mit der Durchführung eines mehrtätigen weltanschaulichen Schulungskurses begann, hatte Riedweg von Himmler erhalten. Den Unterricht erteilten Fridolin Menzi, Verlagsschriftleiter und Lektor, Verfasser der Schrift »Volk und Künstler« sowie der Diplomkaufmann und Prokurist Othmar Maag. Beide dienten später in der Waffen-SS.131 Büeler organisierte auch Lehrgänge für Schweizer Freiwillige in Sennheim. Ende 1941 befanden sich hier 150 Schweizer und 20 Liechtensteiner – für eine eigene Legion reichte es nicht. 1943 bestand in Sennheim eine Schweizer Kompanie, die auf Wunsch Bergers ins germanische Korps eingereiht wurde. Im Frühjahr 1943 versammelten sich Mitglieder des »Bundes der Schweizer in Großdeutschland« im Panoramaheim, um dort einen eigenen Sturmbann zu gründen, auch dafür reichte es aber nicht ganz, es entstand vorerst nur der »Sturm I Winkelried«. Zur gleichen Zeit kursierte die Liste einer provisorischen Regierung der Schweiz, auf der neben Riedweg auch Büeler und der 1944 in Sennheim als Schulungsleiter eingesetzte Lehrer und Schriftsteller Alfred Zander standen.132

»Germanische Führerschulung« in Hildesheim und Tölz Die reguläre Führerausbildung der germanischen Waffen-SS fand in der Junkerschule Tölz statt. Ergänzend dazu wurden ab Oktober 1943 politische Führerlehrgänge für Angehörige der germanischen (Allgemeinen) SS im »Haus Germanien« in Hildesheim organisiert, nachdem Riedweg schon im August 1942 erklärt hatte, dass der Großteil der »germanischen Kurse« in Zukunft »möglichst in den vom Reichsführer im Benehmen mit Gauleiter Lauterbacher für die germanische Arbeit bestimmten Gau Niedersachsen gelegt werden« soll.133 Im Mai 1943 war bereits ein »Germanisches Haus« in Hannover eingeweiht worden. Hier fand zur Eröffnung die erste Tagung der »Germanischen Arbeitsgemeinschaft« statt, auf der sich führende Vertreter der »germani-

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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schen Arbeit« trafen, um sich über Forschungs- und Schulungsfragen auszutauschen. Allgemein wurden Probleme beklagt, akademischen Nachwuchs für die germanische Wissenschaftsarbeit in den besetzten Ländern zu gewinnen; besonders den Niederländern fiele es schwer, sich »erzieherisch einzufügen«. Prof. Paulsen, der in Tölz die politische Schulung der germanischen Offiziersanwärter leitete, schlug vor, interessierte Studenten zunächst zu einem Lehrgang nach Tölz zu schicken und sie anschließend noch für einige Wochen zur Vorbereitung auf wissenschaftliche Aufgaben zusammenzufassen: »Politisch könnten sie nach der Ausbildung in Tölz nicht mehr abspringen.« Der Vorschlag stieß jedoch auf Skepsis, da man, so Hans Ernst Schneider, »praktisch nicht alle Leute nach Tölz schicken« könne.134 Im Ahnenerbe plante man, aus der Arbeitsgemeinschaft ein informelles Gremium für die zentrale Lenkung der germanischen Arbeit zu machen. In den Niederlanden, Flandern und Norwegen waren bereits ähnliche AG’s entstanden, deren Vertreter eingeladen würden, »so dass wir dann auf diese Weise ohne großes Aufheben eine Zentrale konstitutieren, in der als germanische Arbeitsgemeinschaft gerne alle mitwirken und wir dann doch die Fäden in der Hand halten.«135 Am 13.5.1943 hatte der Gauleiter von Südhannover-Braunschweig das »Germanische Haus« an Gruppenführer Steiner für die »germanische Arbeit« der Germanischen Leitstelle und des Ahnenerbes übergeben. Das Haus, hieß es in einem Zeitungsartikel, füge sich in den Auftrag des RFSS an den Gau Südhannover-Braunschweig, »in diesem alten germanischen Kernraum die politische und kulturelle Entwicklung des Germanentums, aufgebaut auf den Leistungen der Waffen-SS weiterzutreiben und auf eine Zusammenfassung aller germanischen Völker im germanischen Reich hinzuwirken.«136 Der Gau verstand sich als »politische Zentrale des germanischen Gemeinschaftsgedankens« und übernahm deshalb zur gleichen Zeit die »Patenschaft« über das III. (germanische) Panzerkorps, dem der HSSPF von Fulda-Werra Erbprinz Josias zu Waldeck-Pyrmont das Schloss Pyrmont als »Haus des Germanischen-SS-PanzerKorps« zu Urlaubs- und Erholungszwecken überließ.137 Zu den vielen SS- und SSnahen Einrichtungen der Kultur, Wissenschaft und Schulung im germanischen »Kernland« gehörten vor allem die Junkerschule in Braunschweig und die »Blut-und-Boden«-Stätten in Goslar, aber auch kleinere Einrichtungen wie die »Anstalt für Germanische Volks- und Rassenkunde« unter Leitung Ferdinand Rossners in Hannover, die in Zusammenarbeit mit dem Ahnenerbe Mitarbeiter aus den germanischen Ländern anwerben sollte.138 Darüber hinaus suchte sich die Universität Göttingen als »germanische Universität« zu profilieren; 1944 gab es Bestrebungen, enge Kooperationsbeziehungen zwischen dem »Haus Germanien« und der Universität Göttingen zu etablieren.139 Hildesheim wurde zu einem Zentrum der »germanischen Arbeit«, als Anfang 1944 nach Bombenzerstörungen in Berlin Teile der Amtsgruppe D hierhin verlegt wurde.140 Ab Februar 1944 wurden im »Haus Germanien« auch etwa 20 britische Staatsangehörige ausgebildet, die als Vertrauensleute zur Anwerbung britischer Kriegsgefangener in deutschen Lagern für die Aufstellung eines »Britischen Freikorps« der Waffen-SS eingesetzt werden sollten.141 Im Herbst 1942 wurde der Leiter der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« in der Germanischen Leitstelle Theodor Petzold mit dem Aufbau des »Hauses Germanien« beauftragt. Als Verwaltungsleiter wurde Heinz Elsen eingesetzt. Elsen, der eine Lehre als Kunst- und Bauschlosser absolviert und anschließend zwei Semester Ma-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

schinenbau studiert hatte, war Stadtinspektor und Verwaltungsdirektor der Städtischen Bäder in Köln. Er hatte bereits 1926 dem Wehrwolf angehört und war 1927 der SA, 1928 der NSDAP und 1930 der SS beigetreten. Nach Kriegseinsatz bei der WaffenSS wurde er Ende 1942 mit dem organisatorischen Aufbau des Hauses Germanien beauftragt und im Januar 1943 zum Untersturmführer und Verwaltungsführer ernannt.142 Bei einer Besprechung im SS-Hauptamt schlug Elsen im Dezember 1942 vor, das Haus mit 30 bis 40 Mann Stammpersonal einzurichten und dreiwöchige Kurse für jeweils etwa 150 Teilnehmer durchzuführen. Als Gebäude wurde das ehemalige Kloster an der Michaeliskirche in Hildesheim ausersehen, das genügend Platz für Wohn-, Schlaf-, Lehr- und Arbeitsräume bot. In dem Kloster befand sich damals noch eine Nervenheilanstalt, die Anfang 1943 geräumt wurde. Mit den Umbaumaßnahmen wurde der Architekt Ebersold beauftragt. Inzwischen waren nach den Vorstellungen Petzolds für den ersten Lehrgang 120, für spätere Kurse 200 Teilnehmer vorgesehen. Ein Planungskonzept von Anfang 1943 ging von zwei bis drei Monate dauernden Lehrgängen aus, die, verbunden mit Sport- und Geländedienst, der politischen und weltanschaulichen Erziehung dienen und die Führeranwärter befähigen sollten, »den Dienst eines Sturmes der Germanischen Schutzstaffel selbständig zu leiten.« Der Unterricht sollte in Gruppen von je 30 Mann erfolgen, daher waren sechs bis sieben Hörsäle für je 30 Teilnehmer geplant, daneben ein großer Vortragssaal für 250 Personen, hinzu kamen eine Bühne, ein Kinoraum, Ausstellungsräume und ein »Ehrenraum für die Gefallenen der germanischen Freiwilligenverbände«. 10 Führer, 12 Unterführer und 20 weitere Männer sollten das Stabspersonal bilden. Dies waren jedoch weit in die Zukunft ausgreifende Pläne.143 Offiziell wurde das Haus mit Anordnung vom 29.9.1943 als »Führerschule für Germanische Freiwillige« errichtet; Ziel war die »Heranbildung des Führernachwuchses für die Germanische Schutzstaffel«.144 Angeschlossen war ein »Politisches Seminar« unter Leitung Paulsens, das die Aufgabe hatte, »die geschichtlichen Gemeinsamkeiten des Volkstums zu erforschen und lehrreif zu gestalten, um die Einheit des Reichs auch geschichtlich aufzuzeigen«.145 Mitarbeiter des Seminars wurden zu Lehrveranstaltungen der Führerschule herangezogen. Der Veranstaltungsbetrieb knüpfte an Lehrgänge an, die bereits ab Sommer 1942 im Polizeihaus »Kurmark« in Babelsberg für »germanische Führungskräfte« durchgeführt worden waren. Der 1. Lehrgang der »Politischen Führerschule« im Polizeihaus »Kurmark« fand vom 1. bis 9. Juni 1942 statt; das RuSHA entsandte unter anderem Rübel und Fleischhacker als Dozenten. Der 2. Lehrgang in der jetzt »Germanische Führerschule« genannten Institution folgte im August 1942.146 Themen dieser Lehrgänge waren deutsche, germanische und europäische Geschichte, Rassenkunde, Politik, das Parteiprogramm der NSDAP und Hitlers »Mein Kampf«. Als Dozenten wurden jeweils Experten der Germanischen Leitstelle, des RuSHA und des Ahnenerbes herangezogen. Nach den Erfahrungen, die man in Babelsberg machte, brachte die Germanische Leitstelle »Vorläufige Richtlinien für die Weltanschauliche Erziehung in den germanischen Ländern« heraus, die für die weitere Arbeit in Hildesheim bestimmend waren. Während in Babelsberg Gastredner auftraten, sollten in Hildesheim hauptsächlich ständige Lehrkräfte tätig sein, um eine intensivere Erziehungsarbeit »im ständigen Umgang« zu ermöglichen.147 Der Unterrichtsbetrieb in Hildesheim begann am 27.10.1943 mit einem sechs Wochen dauernden Lehrgang, an dem etwa 35 Männer teilnahmen.148 Lehrgangsleiter war

Schulen und Ausbildungslager der Germanischen Leitstelle

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Petzold; er wurde unterstützt durch den Stammführer Hakkenberg van Gaasbeck, den Geschichtslehrer Dr. Eckert sowie Mitarbeiter des Politischen Seminars, die Paulsen aus Tölz mitbrachte. Vom ersten Lehrgang ist ein ausgearbeitetes Konzept erhalten, das eine exemplarische Darstellung erlaubt. Den Kern des Unterrichts bildete danach ein umfangreiches Geschichtscurriculum, flankiert von politischen und rassenbiologischen Themen. Die Tageseinteilung sah am Vormittag jeweils 2 Stunden Geschichte und 2 Stunden andere Fächer vor, der Nachmittag war mit Sport, Arbeitsdienst und einer Stunde zur eigenen Arbeit ausgefüllt, abends gab es besondere Veranstaltungen. Ziel des Geschichtsunterrichts war die »Prägung eines zusammenhängenden, von der Kraft der Rasse her bestimmten gemeingermanischen Geschichtsbildes«, das Kontinuität und Zusammengehörigkeit vermitteln sollte. In 33 Doppelstunden sollte dies erreicht werden, in denen wenig von der deutschen, aber viel von der germanischen Geschichte die Rede war, von den alten Germanen über die griechisch-römische Zeit, die Völkerwanderung, das Mittelalter – mit 2 Vorlesungen zur Kunstgeschichte des Mittelalters –, die Geschichte des Ostseeraums und der Hanse, Humanismus und Reformation, Kunstgeschichte der Renaissance, Englands Aufstieg, die Französische Revolution usw. bis zu Adolf Hitler und den 2. Weltkrieg. Für Einzelthemen wurden Gastredner bzw. Mitarbeiter des Politischen Seminars herangezogen, den laufenden Unterricht erteilte aber der Historiker Helmut Eckert. Eckert war vorher bei der Reichsstudentenführung in München als kommissarischer Leiter des »Kriegsleistungskampfes« und bei der Zentralstelle für Ostforschung im Ostministerium beschäftigt gewesen.149 Der Geschichtsunterricht sollte das »gemeinsame germanische Erbe« beschwören. Dahinter standen die anderen Fächer zurück. 12 Doppelstunden waren für den »politischen Unterricht« vorgesehen, als dessen Ziel die »politische Willensbildung zum Germanischen Reich« deklariert wurde; den Unterricht erteilte Petzold: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Der Krieg als Mittel der Politik Lebensraum Bauerntum Siedlungspolitik Arbeitertum und Sozialismus Nationalsozialistische Wirtschaftsführung Nationalsozialistische Kulturführung Demokratie als liberalistische Staatsform Der Kampf der NSDAP Film vom Reichsparteitag Rasse, Volk und Staat Die germanische Aufgabe der SS.

Weitere 6 Doppelstunden standen für den üblichen rassenbiologischen Unterricht zur Verfügung, für den Untersturmführer Hakkenberg van Gaasbeck zuständig war, 6 Doppelstunden und drei Abendvorträge waren der »Führungslehre« gewidmet: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Grundzüge der Führungskunst Die Führerpersönlichkeit Der Führer und seine Gefolgschaft Abendvortrag: Gestaltung von Kameradschaftsabenden Der Führer und seine Aufgabe Führungsmittel (Erziehung und Propaganda)

384

III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« 7. 8. 9.

Abendvortrag: Feiergestaltung Führungsorganisation (Staat und Partei) Abendvortrag: Die SS als politischer Orden.

Den Unterricht erteilte Petzold, für die Abendvorträge wurden Gastredner engagiert. Petzold unterrichtete auch über administrative Fragen wie Schriftverkehr, Gliederung der SS usw. Jede Woche stand eine Seminarübung mit schriftlicher Ausarbeitung eines Themas, freiem Vortrag und Diskussion auf dem Programm; als erste Themen waren geplant »Schilderung eines Gegners« und »Vom Sinn der Machtpolitik«. Eine Stunde in der Woche wurde außerdem eine Übersicht über politische Ereignisse gegeben. Hinzu kamen Leibesübungen, Arbeitsdienst und zwei Stunden wöchentlich Singen sowie besondere Veranstaltungen wie Theater- und Konzertbesuche, Besichtigungen von Hildesheim und Braunschweig, eine Führung durch einen vorbildlichen Industriebetrieb und eine Reise in den Harz. Beispiel eines Stundenplans der Führerschule »Haus Germanien« Zeit 8.00 bis 8.45, 8.55 bis 9.40 10.00 bis 10.45, 11.00 bis 11.45

Montag Geschichte

Dienstag Geschichte

Mittwoch Geschichte

Biologie

Führungslehre

Politischer Unterricht

15.00 bis 16.45

Sport

Arbeitsdienst

17.00 bis 18.00 19.15 bis 21.00

Arbeitsstunde Theater, Konzerte, Singen

Arbeitsstunde Singen

Donnerstag Geschichte

Freitag Geschichte

Sonnabend Geschichte

Politischer Unterricht

Wochenthema

Organisationswesen

Sport Arbeitsstunde Abendvortrag

Arbeitsdienst Arbeitsstunde Singen

frei

8.00 bis 8.45, 8.55 bis 9.40 10.00 bis 10.45, 11.00 bis 11.45 15.00 bis 16.45 17.00 bis 18.00 19.15 bis 21.00

Führungen und Besichtigungen

Petzold führte vier Lehrgänge im »Haus Germanien« durch. Im Sommer 1944 wurde er als Kommandeur von Peter Paulsen abgelöst, der bereits das »Politische Seminar« in Hildesheim leitete.150 Paulsen, der zu den führenden Prähistorikern des Ahnenerbes und der SS gehörte, hatte das Lehrerseminar in Tondern und Niebüll besucht und zunächst als Lehrer gearbeitet, 1926 aber ein Studium der Vorgeschichte, Geschichte und Kunstgeschichte begonnen und 1932 in Kiel mit einer Arbeit über die Kultur der Wikinger promoviert, mit der er sich rasch einen Namen als Wikinger-Spezialist machte. 1934 habilitierte er sich in Kiel, von 1933 bis 1937 war er Landesleiter für Vorge-

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schichte im Gau Schleswig-Holstein. 1939 wurde er zum apl. Professor in Berlin ernannt, während des Krieges übernahm er Lehrtätigkeiten als Dozent für Vor- und Frühgeschichte in Königsberg und Posen. Er war als Leiter der Außenstelle der »Hohen Schule« in Kiel vorgesehen, um die »vorgeschichtliche Forschung im Norden« zu leiten. Paulsen gab in seinem Lebenslauf an, 1927 »zum hiesigen Kreis der NS-Bewegung gestoßen« zu sein und sich für die Partei betätigt zu haben, er trat aber erst 1933 der SA, 1936 der SS und 1937 der NSDAP bei. 1937 wurde er Abteilungsleiter für Vorgeschichte im Rassenamt des RuSHA. Danach arbeitete er als Schriftleiter der Zeitschrift »Das Bild« und als Referent der »Lehr- und Forschungsstätte Ausgrabungen« für das Ahnenerbe, dann für den SD und schließlich für das SS-FHA an der Junkerschule Tölz, wo er mit der politischen Schulung der germanischen Freiwilligen beauftragt wurde. Ende 1943/Anfang 1944 erhielt er den Auftrag, ein »Politisches Seminar« an der Hildesheimer Führerschule einzurichten, mit deren Leitung er im Juni 1944 betraut wurde. Im gleichen Jahr wurde er zum Oberführer ernannt. 151 Aus Tölz holte er Heribert Bell nach, der dort bereits als Lehrer für weltanschauliche Schulung tätig war. Bell hatte Geschichte, Vorgeschichte und Latein studiert und 1940 mit einer Arbeit über die »westdeutsche Germanenzeit« bei Paulsen in Rostock promoviert. Er war 1938 in die SS eingetreten und wurde nach einem Fronteinsatz bei der Waffen-SS in der Abt. VI des Kommandoamtes der Waffen-SS beschäftigt; von dort wurde er als Lehrer für weltanschauliche Schulung in verschiedenen Einheiten und Schulen eingesetzt.152 Zum Stamm der festen Mitarbeiter, die im Verlauf des Jahres 1944 zum Lehrpersonal des Hauses Germanien hinzu stießen, gehörten noch Paul Krellmann, Werner Stössel und Walter Greite. Stössel hatte Vorgeschichte, Rassenkunde und Geologie studiert und war Assistent am Institut für Vorgeschichte und germanische Frühgeschichte; er gehörte seit 1933 der SS an und wurde im September 1944 zum Haus Germanien kommandiert.153 Walter Greite, zuvor Dozent für Vererbungslehre und Rassenkunde an der HfL Frankfurt/Oder, war Leiter der Abteilung 1g »Politischer Dienst für SS und Polizei« im Amt C I, bevor er nach Hildesheim versetzt wurde.154 Greites Schüler Krellmann, der 1940 noch bei ihm studiert hatte und sein Mitarbeiter in der Abt. C I.1g des Schulungsamtes war, wurde am 1.8.1944 zur Politischen Führerschule »Haus Germanien« versetzt. Krellmann diente seit 1933 als Schulungsleiter in der SS, 1937 war er in der Pflegeestelle der LSSAH tätig, 1938 wurde er als Ausbilder zur Totenkopf-Standarte Oberbayern in Dachau kommandiert, danach arbeitete er als Pressemitarbeiter im rassenkundlichen Ressort des Instituts zur Erforschung der Judenfrage. In den »Mitteilungen zu Judenfragen« erschien sein Beitrag »Woher kommen die Juden?« An der Seite Greites wurde Krellmann im RuSHA bei Ausgrabungen und für »rassebiologische Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsiedlung von Volksdeutschen« eingesetzt. Als Untersturmführer der Waffen-SS war er 1942 Leiter der Abt. VI des Ausbildungs-Bataillons Prag-Dewitz. 1943 wurde er als WS-Lehrer nach Tölz kommandiert, von dort zum Schulungsamt und schließlich zur Politischen Führerschule in Hildesheim versetzt.155 Paulsen versuchte im Herbst 1944 mit Unterstützung durch Bernhard Rust das Haus Germanien in Kooperation mit der Universität Göttingen auch zu einer Forschungsstätte auszubauen. Geplant war, Göttinger Professoren als Gastdozenten nach Hildesheim zu holen und Lehrern des Hauses Germanien die Möglichkeit zur Habi-

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litation in Göttingen zu verschaffen. Die Göttinger Universität sollte zu einer »germanischen Universität« ausgebaut werden, hier sollte auch »der wichtigste Teil der aus den germanischen Ländern geflüchteten Gelehrten« zusammengezogen werden.156 Weiterhin war daran gedacht, dass Göttinger Professoren für die Amtsgruppe D Planungsarbeiten und Gutachtertätigkeiten übernehmen.157 Das »Ahnenerbe«, das innerhalb der SS die Zuständigkeit für alle Forschungsangelegenheiten hatte, sah in Paulsens Vorstoß eine eigenmächtige Kompetenzüberschreitung und war daher alarmiert, als Paulsen begann, mit dem Göttinger Universitätsrektor Gespräche über »Abberufung und Einbau germanischer Wissenschaftler« zu führen. Auf eine Beschwerde des »Ahnenerbes« hin stellte die Stabsführung der Amtsgruppe D, der Paulsen unterstand, klar, sein Handeln sei ohne ihre Kenntnis und Zustimmung erfolgt; soweit die Verhandlungen über reine Schulungsangelegenheiten hinausgingen, habe er das Ahnenerbe einzuschalten.158 Der Status des von Paulsen geleiteten »Politischen Seminars« war nicht ganz klar, weil unter einem Seminar eine Stätte der Lehre und Forschung verstanden werden konnte. Vier Wochen vorher war es bereits im »Haus Germanien« zu einem Treffen zwischen Paulsen, Hans Ernst Schneider und Dolezalek vom Planungsamt der Amtsgruppe D gekommen, in dem der Versuch gemacht worden war, die Kompetenzen des Politischen Seminars abzuklären. Schneider kam in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu, weil er als Mitarbeiter des Ahnenerbe mit der Leitung des »Germanischen Wissenschaftseinsatzes« beauftragt war, dieser Einsatz aber in Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Germanischen Leitstelle erfolgen sollte und Schneider deshalb gleichzeitig auch der Amtsgruppe D angehörte, in der er die Verbindungsstelle zur kulturpolitischen Arbeit, zu Schrifttum und Forschung leitete. Alle Forschungsfragen betreffende Angelegenheiten waren daher, so hielt die Protokollnotiz fest, mit dieser Stelle – D I 6e – abzuklären. Aufgabe des Politischen Seminars sei die »Auswertung der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Praxis der germanischen Erziehungsarbeit«, damit verbunden auch die Fortbildung und Unterstützung der Erzieher an den »germanischen Schulen«. Das Seminar treibe keine eigene Forschung, sondern habe »in Auswertung der Forschung« Aufgaben der Schulung und Erziehung durchzuführen. Allerdings, musste auch Schneider konzedieren, sei das Seminar ein »wissenschaftlicher Umschlagplatz«, der eine scharfe Abgrenzung von »Auswertung« und »Forschung« nicht immer zulasse.159 Das »Haus Germanien« war die zentrale Einrichtung für weltanschauliche Schulung und Erziehung der Germanischen Leitstelle. Wie viel von den erwähnten Planungen und Konzepten tatsächlich umgesetzt wurde, lässt sich nicht sagen, da nur wenig verstreute Dokumente über das Haus erhalten sind. Anhand der Tagesbefehle des SS-Hauptamtes lässt sich aber rekonstruieren, dass über 20 Führer und Unterführer allein im Laufe des Jahres 1944 zur Dienstleistung dorthin abkommandiert wurden und es einen regulären Unterrichtsbetrieb gegeben haben muss, der bis Anfang 1945 fortgesetzt wurde.160 Die Lehrgänge wurden mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen abgeschlossen; nach erfolgreichem Abschluss wurden die Absolventen zur weiteren Ausbildung nach Tölz oder zu den Dienststellen der Germanischen Leitstelle beordert.161 Nach positiven Erfahrungen mit einem ersten Lehrgang für »germanische Führerbewerber« hatte das SS-Hauptamt im August 1942 die Junkerschule Tölz zum zentralen Ort für die militärische und weltanschauliche Ausbildung der germanischen Führeranwärter der Waffen-SS bestimmt. Die Lehrgänge sollten Anfang 1943 beginnen.

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Darüber hinaus waren Versehrten-Lehrgänge geplant, damit, wie Riedweg formulierte, »charakterlich, intelligenzmässig und rassisch vollwertige Versehrte die Möglichkeit haben, Führer zu werden, um später politisch arbeiten zu können. Gerade die weitere politische Verwendung solcher SS-Männer, die ihrer Überzeugung sichtbare Opfer gebracht haben, ist in den germanischen Ländern politisch und psychologisch von entscheidender Bedeutung.«162 Für die Aufnahme ins Führerkorps der Waffen-SS wurden hohe Hürden errichtet: dem Lehrgang ging ein Vorbereitungslehrgang und eine rassische Prüfung durch die Eignungsprüfer des RuSHA voraus; am Ende des Hauptlehrgangs musste der Anwärter eine Prüfung bestehen. Der Prüfungskommission, die auch die weltanschauliche Leistung und Haltung zu überprüfen hatte, gehörte der Kommandeur der Schule und jeweils ein Führer aus dem Führungshauptamt und der Germanischen Leitstelle an.163 Die Absolventen sollten einmal die militärische und politische Elite ihres Landes bilden und erhielten daher neben militärischer Ausbildung auch eine politisch-weltanschauliche Schulung. Zu den Examensfragen gehörte z. B. »Was versteht man unter Germanisierung des Christentums und worin äußert sie sich?« oder »Inwiefern ist die Reformation eine germanische Erscheinung?«164 Nach dem ersten Lehrgang fanden von Februar 1943 bis März 1945 sechs weitere Lehrgänge für germanische Offiziere und Führerbewerber statt. Die Ausbildung dauerte etwa ein halbes Jahr: zwei Monate Vorbereitungs- und vier bis fünf Monate Hauptlehrgang. Die Zahl der Teilnehmer lag bei durchschnittlich 90, so dass insgesamt 600 bis 700 germanische Freiwillige die Tölzer Lehrgänge durchliefen.165 Die politisch-weltanschauliche Erziehung leitete Professor Paulsen. Spätestens seit Anfang 1943 gehörte er dem Kommandostab der Schule in der Funktion eines »Beraters des Kommandeurs für die besonderen germanischen Aufgaben auf dem Gebiet der weltanschaulichen Erziehung« an; dazu gehörte auch die Leitung eines Seminars für WE-Lehrer und Hilfslehrer, das später zum Haus Germanien verlegt wurde.166 Assistiert wurde Paulsen von Heribert Bell als WS-Lehrer, den er später zum Haus Germanien nachholte. Auch Krellmann und Stössel, die 1944 zum Haus Germanien berufen wurden, waren zuvor als WS-Lehrer an den germanischen Lehrgänge in Tölz beteiligt. Weitere WS-Lehrer, die in diesen Lehrgängen zum Einsatz kamen, waren Anton Egerter, Hans Henning Festge, Max Repschläger und vermutlich auch Hans Rühle von Lilienstern. Egerter, Lehrer aus dem Sudetenland, erteilte auch DeutschUnterricht, ebenso wie der Studienrat Hans Karner, der ab Dezember 1942 als Sprachlehrer für die germanischen Freiwilligen in Tölz tätig war.167 Festge und Repschläger waren beide Juristen, die nach Kriegsverletzungen als WS-Lehrer eingesetzt wurden. Repschläger verfügte bereits über »Auslandserfahrungen«, da er 1940 als Referent beim Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete tätig und dort am Aufbau der »Dienststelle Nordnorwegen« in Narwik beteiligt war. Hans Rühle, der ab Ende April die Abt. VI der Junkerschule leitete und Paulsen ablöste, dürfte aufgrund seiner Erfahrungen in den Niederlanden ebenfalls an der »germanischen« Ausbildung in Tölz beteiligt gewesen sein.168 Zu den Aktivitäten, die Paulsen in Tölz entfaltete, gehörte auch die Organisation regelmäßiger »Germanischer Vortragsreihen«, zu denen er prominente Wissenschaftler und Professoren aus dem Reich und den Nachbarländern einlud. Von Mai 1943 bis Anfang Juni 1944 fanden fünf solcher Vortragsreihen statt, die jeweils zwei bis drei Tage dauerten. Die erste dieser Reihen stand unter dem Leitgedanken »Germanische

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Gemeinsamkeit« und richtete sich speziell gegen »nationalistische Tendenzen der germanischen Räume«.169 Am ersten Tag trug Dr. Plassmann vom Ahnenerbe über »Die Heldensage, ein Zeugnis für die geistige Einheit des Germanentums« vor, die Professoren Rörig (Berlin) und Jantzen (München) sprachen über »Die Hanse im europäischen Raum« und »Die bildende Kunst in den germanischen Ländern zur Zeit Dürers«. Für den erkrankten Wüst sprang Dr. Bell mit einem Vortrag über »Germanische Staatengründungen auf fremdem Boden« ein. Am zweiten Tag, den 9.5. standen Vorträge der Professoren Franz (Heidelberg), van Roosbroeck (Antwerpen) und Fricke (Straßburg) sowie des Ministerialdirektors Dr. Popp-Madsen (Kopenhagen) auf dem Programm: »Der 30jährige Krieg, ein Kampf um das Reich«; »Das germanische Gemeinschaftsbewusstsein in Flandern und den Niederlanden«; »Wesen und Art des Tragischen in germanisch-deutscher Dichtung«; »Dänisches Recht und dänische Rechtswissenschaft im neuen Europa«. Die Schlussansprache hielt Franz Riedweg als Leiter der germanischen Leitstelle. Am 3. Tag unternahm man einen Ausflug, abends erfolgte dann die Rückreise von München aus.170 Im Juli darauf fuhren Paulsen und Bell nach Berlin und zur Plassenburg, um die zweite Vortragsreihe vorzubereiten.171 Auf der 3. Tagung am 29. und 30.9.1943 referierte u. a. der Historiker Herbert Grundmann über das Thema »Reich und Kaisertum des Mittelalters«.172 Die 5. Vortragsreihe am 5./6.6.1944 stand unter dem Thema »Unsere gemeinsame Aufgabe im Osten«, die Referenten waren Professoren der Reinhard-Heydrich-Stiftung und der Deutschen Karls-Universität in Prag, unter ihnen Hans Joachim Beyer, der über die »bolschewistischen Interessen in Mitteleuropas« sprach, denen mit dem Aufbau einer »neuen europäischen Völkergemeinschaft« begegnet werden müsse.173

III.4 DIE BEISPIELE NIEDERLANDE UND BELGIEN Die »Germanische SS« in den Niederlanden Die niederländische SS war unmittelbar nach der Besetzung der Niederlande im Mai 1940 durch die Umbenennung der Mussert-Garde gebildet und im September offiziell konstituiert worden. Nachdem Himmler die Alleinzuständigkeit für alle »germanischen« Angelegenheiten in den besetzten Ländern erhalten hatte, bekam sie im November 1942 die Bezeichnung »Germanische SS in den Niederlanden«. Die Änderung in der Nomenklatur wies darauf hin, dass es sich jetzt nicht mehr um eine eigenständige niederländische Organisation, sondern nur noch um einen Zweig der allgemeinen »Germanischen« SS handelte. Die Mussert-Garde war 1939 als paramilitärischer Verband der NSB (»Nationaal-Socialistische Beweging«) durch Johannes-Hendrick Feldmejer gegründet worden; Feldmejer hatte die militärische Laufbahn ebenso wie ein mathematisch-naturwissenschaftliches Studium abgebrochen, um sich ganz der politischen Arbeit widmen zu können. Im Gegensatz zu Mussert, der auf ein großniederländisches Reich unter Einschluss Flanderns in einem germanischen Staatenbund hinarbeitete, erstrebte er die Auflösung des niederländischen Nationalstaats in einem großgermanischen Reich unter deutscher Führung und bot sich dadurch als Verhand-

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lungspartner für Himmler an, der ihn auch als Führer der niederländischen SS bestätigte.174 Die niederländische SS blieb zwar formell ein Teil der NSB, unterstand aber als SS-Verband dem HSSPF und der Germanischen Leitstelle und bezog von dort ihre Befehle. Im November 1942 war sie mit 2518 Mitgliedern noch eine relativ kleine Formation, auch innerhalb der NSB, die bei den Parlamentswahlen 1935 an die 50 000 Mitglieder zählte und immerhin schon 300 000 Stimmen für sich gewinnen konnte, davon allerdings bis 1939 die Hälfte wieder verloren hatte.175 Feldmejer sei der beste Redner in der NSB, schrieb HSSPF Rauter im April 1942 an Himmler.176 Auf Wunsch Himmlers sollte Rauter darauf hinwirken, dass Feldmeijer auch zum Hauptschulungsleiter der NSB ernannt würde, er stieß damit aber auf den hartnäckigen Widerstand Musserts. Um die Ernennung Feldmeijers zu umgehen, nahm Mussert im Juli 1943 eine Reorganisation der Hauptabteilung Schulung vor, die Feldmeijer in ein Führungskollektiv einband.177 Er kam Rauter aber insofern entgegen, als er Jan Coenraad Nachenius zum Leiter der »theoretischen« Schulung ernannte, denn Nachenius, eines der ersten Mitglieder der niederländischen SS, war bereits Schulungsleiter der Germanischen SS, ein Amt, das er auch danach behielt. Mussert gliederte die Hauptabteilung Schulung in die drei Abteilungen theoretische Schulung, praktische Schulung und »völkische Kultur«; Feldmejer übertrug er zusammen mit seinen Getreuen Nije und van Geelkerken die Leitung der Abteilung »praktische Schulung«, während er sich selbst die Gesamtleitung der Hauptabteilung reservierte. Dadurch war es zwar zu einer engen Verzahnung von NSB und Germanischer SS gekommen, eine Vereinnahmung durch die SS aber abgewendet worden. Im November 1943 löste Mussert jedoch die Abteilung »theoretische Schulung« wieder auf und machte Nije und van Geelkerken zu alleinigen Leitern der Schulungsorganisation. Damit war der Versuch der Germanischen SS, entscheidenden Einfluss auf die Schulungsarbeit der NSB zu bekommen, gescheitert.178 Der Hauptschulungsleiter der Germanischen SS Nachenius war ein Feingeist, der in London die Kunsthochschule besucht hatte und als selbständiger Radierer und Kunstmaler lebte. Er war schon früh mit den Schriften H. St. Chamberlains vertraut geworden und unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu Chamberlain und zum Hause Wagner in Bayreuth.179 Nachenius war ein führendes Mitglied der »Volkschen Werkgemeenschap«, die Feldmejer 1940 in Zusammenarbeit mit dem »Germanischen Wissenschaftseinsatz« errichtete; sie sollte die wissenschaftliche Volkskunde und volkskulturelle Erziehungsarbeit in den Niederlanden vorantreiben und Verbindungen zu kollaborationsbereiten Wissenschaftlern und Organisationen herstellen. Die »Volksche Werkgemeenschap« trat nach außen als niederländische Organisation auf, wurde aber von Hans Ernst Schneider gelenkt und später dem Ahnenerbe direkt angegliedert.180 1944 bestand sie aus sieben Abteilungen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Bibliothek Fotoabteilung Abt. »Vorming« (Schulung) Ausstellungen Planungsarbeiten für ein vorgeschichtliches Freilichtmuseum bei Emmen Verlagsarbeit Arbeitsgemeinschaften.181

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Die Abteilung »Vorming« gab vor allem Schulungs- und Kulturfilme heraus, die Abteilung »Ausstellungen« organisierte zwei Wanderausstellungen (»Zinnebelder in Nederland« und »Wet aarde bewarde«). Nachenius gründete im Dezember 1940 in der Volkschen Werkgemeenschap eine AG für Rassenkunde und Erbgesundheitslehre.182 Er war außerdem Redaktionsmitglied des von Schneider initiierten »Germanischen« Monatsblatts »Hamer«, Herausgeber der »Volkschen Wacht« und Hauptschriftleiter der »Vormingsbladen van de SS« (»Schulungsblätter der SS«).183 Leiter der »Volkschen Werkgemeenschap« war zunächst der promovierte Historiker und Lehrer Johannes Theunisz, dann Geerto A.S. Snijder, Professor für klassische Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Amsterdam. Wie Nachenius waren Theunisz und Snijder im Mai 1942 zu Untersturmführern der Germanischen SS ernannt worden. Snijder war zugleich Präsident des Niederländischen Kulturrates und Leiter der Niederländisch-Deutschen Kulturgemeinschaft.184 Theunisz erhielt auch den ersten Forschungsauftrag der Volkschen Werkgemeenschap zur niederländischen Ostsiedlung – das Ahnenerbe finanzierte ihm 1941 eine Untersuchung über holländische Siedlungen im Banat, in Siebenbürgen und Lemberg.185 Die Arbeit war als wissenschaftliche Begleitforschung zu den Plänen zu verstehen, holländische Kolonisten in den besetzten Ostgebieten anzusiedeln, die vor allem Seyss-Inquart energisch vertrat. Im Frühjahr 1942 entstand in Litzmannstadt ein Ausbildungslager für holländische Siedler, im Distrikt Lublin waren bis zum Sommer 1943 etwa 120 Niederländer angesiedelt worden.186 Schneider kündigte schon Anfang 1941 an, mehrere Beiträge zur Ostsiedlung der Niederländer im »Hamer« zu veröffentlichen; im Februar-Heft sollte zunächst ein »wissenschaftlich getarnter« Aufsatz über holländische Sprachreste in Westpreußen erscheinen.187 Der »Hamer« war eine populärwissenschaftlich ausgerichtete Zeitschrift der Germanischen SS in den Niederlanden. Die erste Ausgabe erschien im Oktober 1940, Schriftleiter war Untersturmführer Nico de Haas188, von Anfang an war aber das »Ahnenerbe« durch H.E. Schneider maßgebend beteiligt, der jedes Heft eingehend mit de Haas besprach und auch die Beiträge nicht-niederländischer Autoren – insbesondere Mitarbeiter des Ahnenerbe – beschaffte, um auch inhaltlich die »großgermanische Gemeinsamkeit« zur Geltung zu bringen. Schneider legte im Oktober 1940 ein Arbeitsprogramm für ein Jahr fest, »damit auf diese Weise ein einheitlicher ›Erziehungsplan‹ zu verwirklichen möglich ist und weiterhin gewünschte Arbeiten und Aufsätze rechtzeitig in Auftrag gegeben werden können.«189 Sein Ziel war, aus dem »Hamer« eine gemeinsame Zeitschrift für das gesamte »germanische Reich« zu machen, die jeweils nur in verschiedenen Sprachen erscheinen würde. Nach der Gründung der flämischen »Werkgemeinschaft« Ende 1942 konnte man im Januar 1943 eine flämische Ausgabe herausbringen, die Ausdehnung nach Dänemark und Norwegen war schon in Planung, scheiterte aber vorerst an Papier- und Mitarbeitermangel; auch eine deutsche Ausgabe war 1943 in Vorbereitung und kam 1944 zur Auslieferung. Die niederländische Auflage lag 1944 bei 14.250 Exemplaren, die erste flämische Ausgabe erschien in einer Auflagenhöhe von 4.000.190 1944 ging der »Hamer« nicht nur an wissenschaftliche und kulturelle Einrichtungen, auf dem Verteiler standen auch Einheiten der Waffen-SS und die Schulungsabteilungen der Konzentrationslager.191 Die »Volksche Werkgemeenschap« versandte in großem Umfang kostenlose Exemplare des »Hamer« und anderer Schriften an niederländische Lehrer.192 Darüber hinaus

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veranstaltete sie Vortragsreihen193 und setzte auch moderne Medien ein; so organisierte sie unter anderem Wanderausstellungen, betrieb ein Bildarchiv und fertigte eine Reihe von Filmen für die Schulungsarbeit an, etwa über vorgeschichtliche Funde und »Sinnbilder«, zu denen Textbücher mit Anleitungen für Redner erstellt wurden.194 Speziell für Schulungszwecke war Nachenius’ »Vormingsblad« gedacht. Es erschien ab Februar 1941 in einer relativ hohen Auflage von anfangs 5.000, dann 10.000 Exemplaren195 und konkurrierte mit dem SS-Leitheft für die Niederlande, das vom SSHauptamt unter Mitarbeit niederländischer SS-Angehöriger seit Anfang 1944 herausgegeben wurde und die gleichen Zwecke erfüllte. Als man im SS-Hauptamt im Sommer 1944 beschloss, nur noch ein Leitheft mit einem länderspezifischen Teil herauszubringen, kündigte Berger deshalb die Einstellung des Blattes an und bot an, Nachenius stattdessen an der Herausgabe des niederländischen Leitheftes zu beteiligen.196 Daneben gab es noch Jacobsens »Germanische Leithefte« bzw. »Germanische Reihe«, die 1944 in einer Auflage von 13 700 Exemplaren in einer niederländischen und flämischen Ausgabe erschien. Die Stabsführung der niederländischen SS gab außer den »Vormingsbladen« noch das breiter ausgerichtete Wochenblatt »Storm« heraus. Die ersten Ausgaben, die im Frühjahr 1941 erschienen, hatten eine Auflage von 10.000, die Auflagenhöhe konnte aber bis 1944 auf 42.100 Exemplare gesteigert werden.197 Herausgeber war der Verleger Reinier van Houten, seit 1932 NSB-Mitglied und später Untersturmführer und Leiter der Propagandaabteilung der Germanischen SS in den Niederlanden.198 Hauptschriftleiter war Untersturmführer van Etten, der Sekretär des Leiters der Volkschen Werkgemeenschap Prof. Snijder.199 Im Verlag »Storm« erschienen zahlreiche nationalsozialistische Schriften, u. a. die Werke von Nachenius, eine Übersetzung von Aldags antisemitischem England-Buch (»Joden veroveren Engeland«) und eine niederländische Ausgabe der vom SS-Hauptamt herausgebrachten Propagandaschrift »Der Untermensch« – »De Beestmensch« – in einer Auflage von 72.000 Exemplaren.200

SS-Schule und Ausbildungslager Avegoor Als zentrale Ausbildungsstätte der Germanischen Leitstelle für die SS in den Niederlanden war im Mai 1941 eine Schule im Landgut Avegoor bei Ellecom unweit von Arnheim eröffnet worden. Hier fanden 4- bis 6monatige Lehrgänge für Angehörige der niederländischen bzw. Germanischen SS statt, die wie üblich militärische Übungen, Sport und politisch-weltanschauliche Schulung beinhalteten. Darüber hinaus wurden hier auch Lehrgänge für Angehörige des SD, der Polizei, der HJ und der NSB durchgeführt. In’T Veld nennt Avegoor »eine Mischung aus Modell-Kaserne und SS-Seminar, in der die Theologie des Germanischen Reichs gelehrt wurde«.201 Sie diente nicht der Frontvorbereitung, sondern sollte eine allgemeine Grundausbildung aller Angehörigen der niederländischen SS sicherstellen. Im März 1943 wurde die Schule zum »Ausbildungslager« erweitert; die Aufgaben waren: a) politische, sportliche, geistige und weltanschauliche Schulung der niederländischen SS, niederländischen Jugend, Studentenverbände, Jungarbeiterorganisationen; b) Durchführung von Wehrertüchtigungslagern der HJ und HJ-Streifendienstlehrgängen der Waffen-SS; c) Durchführung von Sonderlehrgängen.202 Mit der ausdrücklichen Nennung von Jugend-, Studenten-

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und Jungarbeiterorganisationen übernahm Avegoor daher Aufgaben, die weit über den Rahmen der SS hinausgingen. Im Laufe der Zeit kamen »Pistolenlehrgänge« für Führer der NSB, Lehrgänge für Schulungsleiter der niederländischen Arbeitsfront, »Wehrbauernlehrgänge«, Lehrgänge für Dienststellenangehörige des Befehlshabers der Sicherheitspolizei, Sportlehrgänge und Kurse für deutsche und niederländische Leibeserzieher u. a. hinzu. All dies fand unter SS-Regie statt. Der Jahresbericht des Kommandeurs von Avegoor für 1943 listet 32 Lehrgänge in 14 verschiedenen Lehrgangsformen für das laufende Jahr, an denen insgesamt 1.201 Männer teilnahmen: 5 SS-Vollehrgänge für Angehörige der Germanischen SS, der Germanischen Sturmbanne und niederländische SD-Angehörige 1 Unterführerlehrgang, 2 Kurzlehrgänge und 2 Sonderschulungslehrgänge für die Germanische SS 1 Hilfsausbilderlehrgang für die Waffen-SS 1 SD-Lehrgang 1 HJ-Osterlager 2 Wehrbauernlehrgänge 1 Schiessreferentenlehrgang für den Jeugdstorm (Jugendorganisation der NSB) 1 Lehrgang für Schulungsleiter der Niederländischen Arbeitsfront 5 Pistolenlehrgänge für Führer der NSB 3 Lehrgänge für Leibeserzieher an deutschen Schulen 3 Lehrgänge für niederländische Erzieher 3 Sportlehrgänge (davon 2 für den Jeugdstorm)

Nach Anregungen des Kommandeurs der Schule war Avegoor im Juli 1943 auch zum Zentrum für die Schulung der Einheiten der Germanischen SS in den Niederlanden geworden. Um eine »einheitliche Dienstgestaltung« zu gewährleisten, sollte die StabsSchulungsleitung der Germanischen SS in Zukunft an jedem Wochenende alle Standartenführer, Sportreferenten, Schulungs- und Ausbildungsleiter nach Avegoor einberufen, um dort Anweisungen und Erläuterungen für die Arbeit des kommenden Monats zu geben; Kommandeur und Führer von Avegoor sollten dabei »beratend zur Seite« stehen, für die allmonatliche Wochenendschulung sollte ein Gesamtplan für die Gebiete Ausbildung, Weltanschauliche Schulung und Leibeserziehung erarbeitet werden. Die erste Zusammenkunft fand Ende Juli 1943 statt.203 In der Folgezeit erhielt der Schulungsleiter der Germanischen SS Nachenius laufend Anweisungen von der Abt. VI in Avegoor zugesandt. Ebenso wurden in Avegoor Lehr- und Arbeitspläne für die Sportreferenten der Standarten erstellt. Der Kommandeur der Schule, Alfons Brendel, war von Beruf Volksschullehrer und Erziehungswissenschaftler – Brendel hatte in München Pädagogik, Geschichte, Philosophie, Geographie und Geopolitik studiert und 1938 mit der Dissertation »Die psychologischen Voraussetzungen zu einer neuen Rechtschreibreform« bei Aloys Fischer promoviert.204 Er gehörte seit 1933 der NSDAP und der SS an, war Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes und der AG für weltanschauliche Schulung im Gau Oberbayern, Sportreferent im SS-Oberabschnitt Süd und Fechtlehrer an der Junkerschule Tölz. Im Herbst 1938 war er Zugführer in der Totenkopfstandarte Oberbayern, ab Kriegsbeginn diente er in der Waffen-SS. Anfang 1941 wurde er als Sportreferent bei Jungclaus, im April 1941 als Kompanieführer bei der Stabskompanie des HSSPF der Niederlande eingesetzt,205 im Oktober 1941 wurde ihm die Leitung der SS-Schu-

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le Avegoor übertragen, die er bis zum Ende innehatte, mit einer Unterbrechung 1942, als er bei der Division »Wiking« im Fronteinsatz war. Im November 1943 wurde er zum Sturmbannführer befördert. In einer dienstlichen Beurteilung wird er als »blendender Erzieher, Führer und Gestalter der germanischen Leibeserziehung« und »ausgezeichneter Lehrer in Fragen der Weltanschauung« gepriesen. Brendel tat sehr viel zur Förderung der Leibeserziehung in Avegoor und ließ dort einen Sportplatz mit Aschenbahn und eine »im niedersächsischen Baustil gehaltene Sport- und Exerzierhalle« errichten.206 Für die Bauarbeiten wurden im Herbst 1942 Juden eines Arbeitslagers herangezogen, das der SS-Schule angegliedert war; bevor man im Dezember Richtfest feierte, wurden sie nach Westerbork und von dort weiter in die Vernichtungslager nach Polen deportiert.207 Brendels Stellvertreter und Leiter der Abt. VI in Avegoor war der Grafiker Horst Schwertfeger. Schon seit jeher, schrieb er in seinem Lebenslauf für das RuSHA, habe er in sich eine »lebendige, starke soldatische Neigung« und die »tiefe Sehnsucht nach einem starken und stolzen Vaterland« verspürt und sei deshalb schon 1932 mit 15 Jahren der HJ, mit 17 der SS beigetreten. In den ersten Kriegsjahren war er als Untersturmführer beim SS-Polizeiregiment im Einsatz, nach einer Verwundung kam er 1942 als Schulungsleiter nach Avegoor. 1943 wurde er zum Leiter der SS-Schule Schoten im flämischen Teil Belgiens berufen; gegen Ende des Krieges war er noch als Taktiklehrer in Tölz tätig.208 Bis zu seinem Weggang nach Schoten bestritt Schwertfeger den Hauptanteil der Schulungsvorträge, während Brendel sich die Grundlagenvorträge zur nationalsozialistischen Weltanschauung vorbehielt. Auch der Leiter der Sportabteilung Wilhelm Hartmann war am laufenden weltanschaulichen Unterricht beteiligt. Hartmann war Turn- und Sportlehrer, Bezirksturnrat und »Dezernent für Leibeserziehung und Luftfahrt beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf«. Seit Anfang 1933 gehörte er der NSDAP an, Ende 1941 trat er der SS bei und wurde im Februar 1942 zum Untersturmführer, ein Jahr später zum Obersturmführer der Fachgruppe Schulung im SS-Hauptamt ernannt.209 Sport und Leibeserziehung spielten in Avegoor eine herausgehobene Rolle, und Hartmann fiel die Aufgabe zu, die weltanschauliche Bedeutung der Leibeserziehung herauszustellen. Er hielt regelmäßig Vorträge zu folgenden Themen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Leibeserziehung und die Grundlage der Wehrerziehung Der germanische Gedanke in der Leibeserziehung Wehrkraft und SS Volk, Rasse, Wehr und Führertum sind Sinn und Ziel einer nationalsozialistisch geführten Leibeserziehung Die Grundausbildung der Leibeserziehung Übungsstoff und Lehrweise der Leibeserziehung Das Reichssportabzeichen – ein Mittel und Weg zur Erfüllung des Erziehungsauftrages der SS Die Germanische Leistungsrune – ihr Sinn und Ziel.

In Avegoor konnte das Reichssportabzeichen und die »germanische Leistungsrune« erworben werden. Die »germanische Leistungsrune« war im August 1943 von Himmler als SS-spezifisches Sportleistungsabzeichen gestiftet worden, das auch von den germanischen Freiwilligen erworben werden konnte. Der Erwerb der »Leistungsrune« setzte nicht nur sportliche Leistungen, sondern auch den Nachweis weltanschaulicher Kenntnisse voraus und verband daher sportliche, wehrsportliche und weltanschauliche

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Anforderungen.210 Die ersten »Leistungsrunen« wurden am 1. Februar 1944 von Himmler selbst in Avegoor während eines Festaktes verliehen, die Zeremonie wurde mit Wagners »Huldigungsmarsch« eingeleitet.211 Zur Vorbereitung auf das Reichssportabzeichen und die »Leistungsrune« fanden laufend Übungen statt, die mit Prüfungen abgeschlossen wurden, in denen nicht nur sportliche und wehrsportliche Leistungen, sondern auch Gemeinschaftsleistungen und weltanschauliche Kenntnisse kontrolliert wurden. So wurden zum Beispiel im November 1943 im Rahmen eines Unterführerlehrgangs folgende Themen für die weltanschauliche Prüfung zur »Germanischen Leistungsrune« gestellt: »1. Welche Gegner sind für uns besonders gefährlich? Warum? 2. Warum müssen die Germanen eine Gemeinschaft bilden? 3. Wie können wir Niederländer am Aufbau des Reiches mithelfen?«212 Brendel und Hartmann, die bereits die Lehrpläne für die Leibeserziehung in der Germanischen SS erstellten und für die Ausbildung der SS-Sportreferenten zuständig waren, suchten darüber hinaus auch Einfluss auf die schulische Leibeserziehung in den Niederlanden zu gewinnen. Brendel wurde 1943 zum »Konsulenten« für Leibeserziehung der Hauptabteilung Erziehung beim Reichskommissar des Niederlande bestellt und organisierte daraufhin Ferienlehrgänge für Leibeserzieher und -erzieherinnen deutscher Schulen in den Niederlanden sowie Einführungslehrgänge für niederländische Leibeserzieher in Avegoor.213 Die Lehrgänge waren sportpädagogisch ausgerichtet, enthielten aber stets auch weltanschauliche Anteile. So sah der Lehrgang für niederländische Erzieher einen Einführungsvortrag von Brendel über »Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« vor sowie Ausführungen von Hartmann zum Thema »Leibeserziehung ist Wehrerziehung (Die ethischen Grundlagen der nationalsozialistischen Leibeserziehung)«.214 Vor dem Hintergrund der günstigen Ausbildungsbedingungen und des hohen Standards, den die sportliche Ausbildung in Avegoor erreichte, plante Herbert Hoops, den Heydrich 1935 zum »Fechtsportreferenten« der SS ernannt hatte, 1944 in Avegoor auch die Fechtschule der SS als SS-Fechtakademie »Reinhard Heydrich« neu aufzubauen; er wurde darin von Brendel, der ja selbst einmal Fechtlehrer in Tölz gewesen war, unterstützt und erhielt die Zustimmung von Berger. Die Akademie sollte den Status einer staatlich anerkannten Berufsschule haben. Im Juli 1944 konnte Hoops bereits konkrete Pläne vorlegen: für den 1. Lehrgang stand eine Unterkunft für 40 Fechtschüler bereit; das Ausbildungslager Avegoor würde vorerst das Personal für alle nicht unmittelbar fechtsportlichen Aufgaben stellen, wäre also auch für den weltanschaulichen Teil zuständig gewesen. An der Akademie sollten SS-Angehörige des »Großdeutschen Reichs und der germanischen Länder« innerhalb von drei Jahren zu Fechtlehrern ausgebildet werden, daneben sollten hier »politische, geistige und weltanschauliche« Schulungs- und Fortbildungskurse für Fechtlehrer sowie Lehrgänge zur Wettkampfvorbereitung stattfinden. Ergänzend sollte an der Reichsschule Valkenberg – Heißmeyer hatte bereits zugestimmt – ein Fechtmeister als Erzieher eingestellt werden, »um das Fechten dort systematisch aufzubauen«.215 Viel wird von diesen Plänen nicht mehr realisiert worden sein, denn wenig später mußte der Standort Avegoor aufgegeben werden – im September 1944 begann die Räumung der Niederlande, die Germanische Leitstelle der Niederlande zog sich nach Hildesheim zurück, das Ausbildungslager wurde für kurze Zeit noch nach Hoogeveen in der Provinz Drenthe verlegt.216 Brendels Ruf als »blendender Erzieher« war offensichtlich so nachhaltig, dass er im November 1943 von Rauter auch mit der »Lenkung und Beratung der Schulung der

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niederländischen Polizei« beauftragt wurde. Brendel legte »Programm, Schulungsstoff und Methode« der Schulungsarbeit fest und wirkte an der Herausgabe eines Schulungsblatts für die Polizei mit.217 Danach wurden in Avegoor auch Lehrgänge für Angehörige der niederländischen Polizei organisiert – im Mai 1944 fand bereits der vierte dieser Lehrgänge statt. Außer der Ausbildungs- und Schulungsarbeit übernahm man in Avegoor auch selber praktische polizeiliche Aufgaben – so beteiligte man sich z. B. während eines Streiks im Mai 1943 an einem Einsatz des Sicherheitsdienstes: »Der Einsatz im Rahmen der Bekämpfung von Untergetauchten, Juden und Schwarzhändlern hat wertvolle Ergebnisse gezeitigt«, schrieb Brendel in seinem Jahresbericht – Theorie und Praxis waren auch an dieser Schule miteinander verbunden. Für die immer vielfältiger werdenden Aufgaben der weltanschaulichen Erziehungsarbeit schuf Brendel gleichzeitig die Stelle eines »wissenschaftlichen Beraters«, die er mit Walter von Stokar besetzte – von Stokar war Professor für Vorgeschichte an der Universität Köln und Gründungsmitglied des von Reichskommissar Seyss-Inquart ins Leben gerufenen »Germanischen Forschungsinstituts« in den Niederlanden.218 Dies war eine nachvollziehbare Maßnahme, denn außer Brendel selbst, Hartmann und vor allem Schwertfeger war Stammpersonal der Abt. VI in Avegoor eher selten an den Vorträgen beteiligt, stattdessen wurden in großem Umfang externe Dozenten herangezogen. Brendel legte Wert auf qualifizierte Wissenschaftler und Professoren aus dem »völkisch-germanischen« Umfeld – bei Auswahl und Herstellung von Kontakten konnte von Stokar daher eine große Hilfe sein. Er sollte Brendel außerdem bei der Herausgabe einer von ihm geplanten eigenen Schriftenreihe »Germanisches Wesen und Werden« unterstützen. Von Stokar selbst bestritt regelmäßig Vorträge zur germanischen Vor- und Frühgeschichte in Avegoor.219 Zu Vorträgen über die niederländische Geschichte wurde Prof. Dr. E. C. Brunner herangezogen, zum Thema Rassenkunde und Erblehre Dr. de Monyé, für »Volk und Rasse« war Nachenius zuständig, Theunisz berichtete wiederholt über sein Thema »Niederländische Ostkolonisation«. Vor allem Wissenschaftler der »Volkschen Werkgemeenschap« stellten sich zur Verfügung, neben Nachenius und Theunisz etwa E. J. Roskam, der Leiter der »Agrarisch Front«, von Seyss-Inquart 1941 zum niederländischen Bauernführer ernannt, der auf das Thema »Bauerntum« spezialisiert war, oder der Mediävist und Religionswissenschaftler Jan de Vries, Professor an der Universität Leiden, Leiter des Instituts für niederländische Sprache und Volkskultur in Den Haag und Verfasser eines Schulbuchs für den Geschichtsunterricht, das die germanische Herkunft der Niederländer herausstellte und 1942 in einer Auflage von 100 000 Exemplaren erschien.220 Die Dozenten der »Volkschen Werkgemeenschap« erhielten gelegentlich durch Wissenschaftler des »Ahnenerbe« Verstärkung wie Plassmann, Weigel oder Ispert, den Leiter der Forschungsstelle »Volk und Raum« beim Reichskommissar. Zu den Dozenten, um die sich Brendel bemühte, gehörten unter anderem auch der Leiter der Reichsschulen Valkenburg und Heijthuijsen Oberstudienrat und Sturmbannführer Wilhelm Kemper und der Gymnasiallehrer und Journalist Pieter Emiel Keuchenius, ein bekannter Rassentheoretiker der Niederlande, Leiter des Rassepolitischen Amtes der NSB und Mitglied der Germanischen SS.221 Um den Verlauf der Schulungen in Avegoor zu illustrieren, sei exemplarisch der »SS-Vollehrgang zur Erziehung niederländischer SS-Männer« herangezogen. Der Lehrgang fand vom 1.6. bis 12.7.1942 statt, lief also über 6 Wochen und dauerte jeweils

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von 6 bis 22 Uhr. Lehrgangsleiter war Schwertfeger, Ausbildungsoffizier Walter Hauck, den Sport leitete Hartmann.222 Der Lehrgang bestand im Wesentlichen aus militärischen Übungen, die den »germanischen Freiwilligen« die »preußische Disziplin« vermitteln sollten, Waffen- und Schiessunterricht, Sport und weltanschaulichem Unterricht. Im Einzelnen standen auf dem Dienstplan: Militärische Ausbildung: 66 mal (d.h. etwa zwei mal täglich) Schiesslehre, 25 mal Exerzieren, 24 mal Waffenreinigen, 16 mal Waffenunterricht; weltanschaulich-politischer Unterricht: 12 weltanschauliche Vorträge durch eigenes Schulungspersonal, 19 politisch-weltanschauliche Vorträge durch externe Redner, 6 mal Unterricht über die SS und 6 mal Unterricht über Weltanschauung und Körperertüchtigung, außerdem 12 mal Sport, 11 mal Singen, 6 Filmvorführungen, zwei Morgenfeiern (eine Morgenfeier zur Sonnenwende am 21.6.) und ein Kameradschaftsabend. Für das Thema »Weltanschauung und Körperertüchtigung«, das sowohl zum Weltanschauungs- als auch zum Sportunterricht gehörte, war Wilhelm Hartmann zuständig. Themen und Folge der Vorträge hatte Brendel zusammengestellt. Weil Brendel zu diesem Zeitpunkt aber bei der Division Wiking im Einsatz war, bestritt Schwertfeger den regulären Unterricht über die nationalsozialistische Weltanschauung und über die SS allein. Das waren insgesamt 18 Vorträge zu folgenden Themen: Verwirklichung des großgermanischen Gedankens Was will die SS? Spionage und Spionageabwehr Grundlagen unserer Weltanschauung Das Reich Weg der SS Gemeinschaftserziehung auf der Grundlage des Führerprinzips Die weltanschaulichen Zusammenhänge dieses Krieges SS-Verlobungs- und Heiratsbefehl Die weltanschaulichen Zusammenhänge dieses Krieges Der Begriff »Führer« Der politische Soldat Grenzkampf und Siedlungsgedanke Der Lebensborn Sowjetrussland aus dem Erlebnis des Soldaten Das preußische Erziehungsprinzip und seine Verwirklichung durch den Nationalsozialismus Heiligkeit des Eigentums Der SS-Mann und sein Erziehungsauftrag innerhalb der Volksgemeinschaft

Externe Redner waren Prof. Brunner, Nachenius, de Haas, Dr. Ispert, Dr. de Monyé (mehrere Vorträge zur Rassenlehre), Dr. Schalij, Dr. Schwier, Prof. von Stokar (mehrere Vorträge zur germanischen Vor- und Frühgeschichte), Weigel, van Tonningen, Woudenberg, Roskam, Goedewaagen und Theunisz.223 Einige Tage vor Ende des Lehrgangs musste eine schriftliche Arbeit zur nationalsozialistischen Weltanschauung geschrieben werden. Der Lehrgang klang nach einem Kameradschaftsabend am 11.7. und einer Morgenfeier am 12.7. mit der Verabschiedung der Teilnehmer im Park von Avegoor aus.224 Die anderen Lehrgänge in Avegoor liefen nach einem ähnlichen Muster ab, mit unterschiedlichen Akzentsetzungen je nach Zielgruppe, aber auch thematischen Vari-

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ationen etwa in den Vortragsthemen Schwertfegers, die auf eine laufende eigene Fortbildungsarbeit hinweisen. So hatte Schwertfeger zum Beispiel im 5. »Vollehrgang für niederländische SS-Männer« im Oktober 1942 einige neue Themen auf dem Plan, die die »Gegner des Nationalsozialismus« in den Vordergrund rückten: »Die wichtigsten Rassetypen und die Bedeutung der nordischen Rasse; Das wahre Gesicht des Judentums; Beweismaterial gegen die Feinde unserer Weltanschauung; Die Jesuiten«. In den »Wehrbauern«-Lehrgängen wurde der Siedlungsaspekt stärker akzentuiert, in den 14tägigen »HJ-Streifendienstlehrgängen« sprach Schwertfeger vor allem über die SS – offensichtlich mit der Absicht eigener Nachwuchswerbung: »Was will die SS; Die SS eine Ordensgemeinschaft; Der Weg der SS und die Entstehung der germanischen SS«. Die meisten Themen, auch die der externen Vorträge, kehrten jedoch wie in einem Baukastensystem regelmäßig in unterschiedlichen Kombinationen und unterschiedlicher Gewichtung wieder, meist in lockerer Folge, ohne dass ein systematisches curriculares Konzept erkennbar war. Daran arbeitete man 1944. Im April legte die Abt. VI einen Lehrplan für die germanische SS und die germanischen Sturmbanne vor mit den Hauptthemen: I. Weltanschauung II. Der Führer und sein Werk III. Politisches Soldatentum IV. Die SS als soldatischer Orden nordisch bestimmter Menschen V. Vom Rassegedanken VI. Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung VII. Vom germanischen Wesen und Werden VIII. Das Reich225

In diesem Plan kam jedoch der »germanisch-europäische« Kontext zu kurz, in dem sich die »germanische SS« hätte verorten können. Im Juli erstellte die Abt. VI von Avegoor einen »Stoffverteilungsplan für die weltanschauliche Schulung in einem 4-Wochen-Lehrgang«, der diesen Mangel behob und nicht nur die germanisch-europäische Perspektive stärker betonte, sondern auch explizit niederländische Aspekte berücksichtigte. In dem Plan wurden die Vorträge um drei Hauptthemen herum gruppiert: »Die nationalsozialistische Weltanschauung«, »Das Reich« und »Die SS«. Vorgesehen waren für die ersten drei Wochen jeweils 4 Wochenstunden Unterricht, also insgesamt 12 Stunden, zu denen vier Vorträge externer Redner hinzukamen – Dr. van t’Hoog über Rassenkunde, von Stokar über germanische Vor- und Frühgeschichte, Dr. Brunner über niederländische Geschichte, Rost van Tonningen über niederländische Wirtschaftsfragen. In der ersten Stunde ging es um den großen weltanschaulichen und rassenpolitischen Hintergrund des Krieges: »Einführung und Grundlegung: Der jetzige Krieg ein Kampf gegen Rassen und Weltanschauungen – völkischer Lebenswille gegen internationalen Imperialismus – Blut und Gold – Idealismus und Materialismus – nationalsozialistische Weltanschauung und politische Kirche, Liberalismus, Bolschewismus – Internationalismus der Seele, des Verstandes, der Materie haben ihre Ausgangspunkte in Judentum und Freimaurerei«. Es folgten vier Stunden und ein Sondervortrag über Weltanschauung und Rassenkunde. Die nächste Themengruppe über das »Reich« begann mit einer Stunde über den »Führer«, der jetzt als »Führer aller Germanen« und »Gestalter des neuen Europa« vorgestellt wurde, wie auch der ganze Themenblock die »Germanische Gemeinschaft« und »Europa« zum Bezugs-

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punkt der Reichsidee machte. Die vierte Woche war der »Vorbereitung auf die weltanschauliche Arbeit zum Erwerb der germanischen Leistungsrune« gewidmet, das heißt der Prüfungsvorbereitung durch die Abt. VI auf die Themen »Unsere Gegner«, »Germanisches Wesen und Werden« und »Volk und Heimat«. Die 7. und 8. Stunde im Themenblock über »Das Reich« behandelten folgende Inhalte: »7. Stunde: Das Reich und Germanien. Nordische Staatengründungen – Völkerwanderung – Die Sehnsucht nach dem Reich – Die Gründung des Reiches – Das Reich als Ordnungsmacht – Armin – Theoderich – Chlodwig – Karl der Grosse – Germanisches Erbe in heutiger Zeit – Germanische Gemeinschaft als Wall gegen internationalen Imperialismus – Rasse, Volk, Reich. Vortrag von Dr. Brunner über niederländische Geschichte. 8. Stunde: Das Reich und Europa. Völkische Selbstbesinnung – Der gemeinsame Kampf – Europäischer Sozialismus – Europäische Zusammenarbeit – Die Einheit von Volk und Führung. Vortrag von Rost van Tonningen über niederländische Wirtschaftsfragen.«226

Nach wie vor tat man sich aber offenkundig schwer, Aspekte der niederländischen Geschichte und Gesellschaft systematisch in den Lehrplan zu integrieren. Das Konzept folgte weitgehend einem »Rahmenplan«, den Brendel zuvor erstellt hatte, ließ aber den dort vorgesehenen Abschnitt über die »Feinde des Reichs« fort. Brendels Rahmenplan war zwar »aus einem Guss« und »nach einer Idee« gestaltet, sollte aber gleichzeitig eine flexible Handhabung und Auswahl nach Zielsetzung, Lage und Gegebenheit ermöglichen. Der Plan enthielt 10 Themengruppen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Einführung und Grundlegung Die nationalsozialistische Weltanschauung Die nationalsozialistische Bewegung – ihr Kampf um die Macht Die nationalsozialistische Revolution – das grossdeutsche Reich Die neue Schau und Wertung unseres Werdens – das grossgermanische Reich deutscher Nation Das Reich und Europa Die Feinde des Reiches Die Schutzstaffel des Führers Der Führer Unsere Aufgabe

Zu jeder Themengruppe brachte Brendel jeweils didaktische Erläuterungen (»1. Begründung, 2. Ergebnis soll sein, 3. zu behandeln sind«). Jedes Thema sollte zuerst »schauend behandelt« und dann erarbeitet werden: »Der Mann soll in seinem Gemüt und Gefühl ebenfalls angesprochen werden, er soll etwas erleben, er soll mehr und genaueres wissen wollen, er soll gepackt werden! Daran kann sich das Erarbeiten von Einzelheiten und Wesentlichem reihen. Der Mann muß verstehen und begreifen lernen, er muß ein bestimmtes, festes Wissen haben, er muß lernen und üben.« Krönung und Höhepunkt könne dann die Feier sein: »Sie wächst aus dem Leben erleben und Sehnen, sie greift tief in jeden von uns und tief auch in Sinn und Ziel von Leben und Idee. Sie lässt ahnen, sie lässt erschauern, sie erhebt und gibt Kraft, sie verpflichtet!«227 Brendel, der selber nicht nur Schulungsvorträge sondern auch zahlreiche Fest- und Feierreden in Avegoor hielt, verknüpfte Herbarts Lehre vom erziehenden Unterricht mit Ideen von Hördt und Krieck zu einem Konzept charismatischer Erziehung.228

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Ein solches Konzept brauchten insbesondere die Niederländer nach Auffassung Brendels auch dringend. Er attestierte dem Niederländer eine »ichbezogene Betrachtungsweise«, einen ausgeprägten Hang zu Individualismus und bürgerlicher Bequemlichkeit und diagnostizierte einen grundlegenden Mangel an Heroismus. Brendel setzte alle Hoffnungen auf die revolutionierende Wirkung des Krieges – er würde »eine Wandlung des niederländischen Volkes« herbeiführen: »Je mehr der Niederländer diesen Krieg in seiner Tiefe und in seinem Sinn begreift, um so folgerichtiger wird er Schritt für Schritt sein individualistisches Gebäude abbrechen, um so weiter wird sich sein Blickfeld erstrecken, um so freier, aufgeschlossener und weitschauender wird er werden, um so mehr wird er sich kämpferisch und entschieden einsetzen. Irgendwie muß ihm die sektiererische und verstarrte Abgeschlossenheit des Niederländers einmal eingebrochen werden: Der Krieg bietet eine ideale und bei dessen Realität wirklich nicht gesuchte Möglichkeit. Ist der Einbruch gelungen, dann kann Stufe für Stufe weitergegangen werden.«229

Eine bemerkenswert offene Sprache fand Brendel im Abschnitt über die »Feinde des Reichs«, die in den Niederlanden erst von wenigen – »einer kleinen Gruppe von Idealisten« – erkannt würden; dabei äusserte er sich auch zur »Judenfrage«: »Einen Teil der Gegner wird man mit Gewalt auf die Seite räumen (Bolschewisten und Kommunisten z. B.), einen anderen Teil ausrotten (die Juden), für die Bekämpfung eines großen Teiles wird eine gut geplante und geschickt geführte Erziehung einsetzen müssen (z. B. bei Katholiken, Reformierten, Calvinisten usw.)« … »Hinter allem Internationalem steckt der Jude, der als Bastard und Ausgestoßener den Kampf gegen alles Reine und Bodengebundene führen muß … Die Judenfrage in Richtung auf eine eindeutige Judengegnerschaft zu behandeln wird ebenfalls entschiedene Aufgabe der Schulung im Rahmen dieses Planes sein.«230

Als besonders gefährlich sah Brendel den Calvinismus an. Rauter, dem der »Rahmenplan« insgesamt »sehr gut« gefiel, mahnte allerdings zur Vorsicht im Umgang mit dem Christentum: das »Abwerfen der Religion« sei eine Erziehungsaufgabe, keine politische, und die SS dürfe in dieser Hinsicht keinen Zwang ausüben. Die Erziehungsaufgabe sei, jeden »germanischen Menschen« innerlich so frei zu machen, dass er keine Mittler mehr zwischen sich und Gott brauche und sich so auch von der Bindung an die Kirche lösen könne. Nach Calvin, so Rauter, könne der Mensch »nie zu etwas Wahrem und Schönem kommen« – das sei Unsinn, man müsse in der Schulung auf Erbwerte hinweisen, die Calvin noch nicht kannte.231 In einer Darstellung seiner »Erfahrungen mit niederländischen Freiwilligen«, die er für das Schulungsamt ausarbeitete, formulierte Brendel seine kritische Sicht auf die Niederlande noch etwas deutlicher und entwickelte das Konzept einer »germanischen Erziehungsrevolution«. »Ruhe, Sattheit, Abgeschlossenheit und Enge« seien das Ergebnis einer langen Tradition und Geschichte der Wohlstandssicherung durch Verhandlungsgeschick. Die Niederländer hätten schon lange keine Erfahrungen von »Krieg und Kampf« mehr gehabt, stattdessen neigten sie zur Abwertung alles Kämpferischen und Soldatischen: An die Stelle der Ehre sei bei dem der Waffe abgeneigten Niederländer der materielle Begriff des Besitzes und Geldes getreten, der zudem seine höchste sittliche Rechtfertigung noch durch die Religion erhalten habe. Daraus resultiere auch Angst und Abschließung gegenüber den Deutschen: »Dieser demokratischplutokratischen Starre bedeutete dieses ewig lebende, kämpfende und schöpferische

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Deutschland eine ständige Gefahr!« Weit hätten sich die Niederländer von »jener ursprünglichen Kraft« entfernt, die »die Männer beseelte, die den 80jährigen Krieg schlugen«, die einst ein Kolonialreich und eine starke Seemacht schufen: »So weit konnten jene ewigen Feinde des Germanentums in diesem Land kommen und Erfolge buchen!« Um so mehr komme es angesichts dieser erstarrten Verhältnisse darauf an, die kleine Gruppe derer, die heute schon als Träger der revolutionären Idee und als Beispiele der revolutionären Kraft vorangingen, tatkräftig zu unterstützen und den »jungen germanisch-niederländischen Kameraden« zu helfen. Daraus ergab sich für Brendel ein »großer erzieherischer Auftrag«, der vor allem zwei Grundsätzen und Einsichten folgen sollte: Zum einen galt es zu erkennen, welche Anstrengung es für einen »germanischen Freiwilligen« bedeutete, sich von »jahrhundertealten Traditionen« zu lösen und mit allen Brücken zu brechen: »Das Freimachen und Lösen von dem, was einem bisher als selbstverständlich galt, ist schwer, sehr schwer!« Ihm dabei zu helfen hieß, ihn in einer neuen, tieferen Gemeinschaft zu verankern und zu einem »unbedingten Idealisten« zu erziehen, der »Blut und Boden; Rasse und Raum höher schätzt als Geld und Gut«. Die Voraussetzung einer solchen Erziehung müsse zum anderen gegenseitige Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen zwischen Erzieher und zu Erziehenden sein: »Wir Germanen erziehen uns gegenseitig, wir müssen alle wirklich an uns selber für uns und den Kameraden zugleich arbeiten, uns selber aneinander und zueinander formen! Wir sind alle Erzieher und Zöglinge zugleich.« Es dürfe keine Abwertung und Geringschätzung des anderen geben, und statt das Trennende zu betonen müsse man das Gemeinsame suchen: »Wir müssen allein das Wertvolle gemeinsam suchen und alles, vielleicht im Augenblick noch Trennende überwinden!« Das Gemeinsame sei in der Tat zu suchen: in ihr fände und erkenne man den beiderseitigen Wert.232 Das »Gemeinsame in der Tat« suchte man unter anderem durch den Einsatz von Filmen in der Schulungsarbeit zu vermitteln. In der Führerschule Tölz arbeitete man im Dezember 1942 an einem Film über »Germanische Waffenbrüderschaft«, der den Weg der Freiwilligen von den Anwerbe- und Ergänzungsstellen über das Ausbildungslager Sennheim zu den Ersatzeinheiten der Waffen-SS und zur Führerschule Tölz zeigte, wo aus »Blutsbrüdern Waffenbrüder« wurden: »Deutsche und Angehörige anderer germanischer Länder kämpfen in der Waffen-SS Schulter an Schulter gegen die Feinde Europas, den beutegierigen, mordenden und kulturzerstörenden Bolschewismus und den imperialistischen, völkeraussaugenden, angelsächsischen Kapitalismus. Als politische Soldaten wissen wir, dass hinter diesen beiden Feinden das Weltjudentum steht, das Deutschland vernichten und Europa unterjochen will.«233

Solche und ähnliche Filme wie »Sieg im Westen«, »Unsere Kriegsfreiwilligen in der Waffen-SS«, »SS-Regiment Nordland« und »Junker der Waffen-SS« waren auch in Avegoor präsent und bildeten das Kontrastprogramm zu »Jud Süß« oder »Der ewige Jude«. Die Abt. VI in Avegoor erhielt Filmapparate »aus jüdischem Besitz« und stellte selber Filme zu Werbungszwecken für die germanische SS her; dazu gehörten vermutlich die Filme »Sonnenwettkämpfe der Germanischen SS« und »Ein Tag bei den Germanischen Freiwilligen der Waffen-SS« (in niederländischer Sprache), die in Avegoor vorgeführt wurden. Brendel ließ eigens Dokumentarfilme über die »Germanische Leistungsrune« und die Einweihung der Turn- und Exerzierhalle in Avegoor anfertigen.234

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Auch die Bibliothek, die 1943 bereits 1700 Bände umfasste, war in Avegoor vergleichsweise gut ausgestattet. Hier standen rassenkundliche und -geschichtliche Standardwerke wie Chamberlains »Grundlagen des 19. Jahrhunderts« oder L. F. Clauss’ »Rasse und Charakter«, neben Tacitus (»Germania«) standen die Autoren nationalsozialistischer Grundlagenwerke zur »germanischen Vorgeschichte« wie Wirth, Höfler und der mit ihm verfeindete Bernhard Kummer, aus den Niederlanden war u. a. J. de Vries mit dem Werk »Die geistige Welt der Germanen« vertreten; die literarischen »Klassiker« Eggers, Jantzen, Diewerge oder Zöberlein waren ebenso verfügbar wie Schriften von Rosenberg (»Die Spur des Juden im Wandel der Zeiten«), B. K. Schultz (»Deutsche Rasseköpfe«), Philipp Bouhler oder – wie erwähnt – Ernst Krieck. Über die Außenstelle der Germanischen Leitstelle erhielt die Abteilung VI schon Ende 1941/ Anfang 1942 jeweils 100 Exemplare der wichtigsten Stoffsammlungen des Schulungsamtes für den weltanschaulichen Unterricht und ebenfalls 100 Exemplare der Schrift »Germanisches Glaubensgut in Runen und Sinnbildern« von Theodor Weigel, der selbst zu Vortragsreden in den niederländisch-flämischen Gebieten unterwegs war und auch in Avegoor Station machte.235 Die Germanischen Leitstelle versandte im November 1941 18 Bücherpakete ans Lager Avegoor, eine umfangreiche Bücherschenkung kam von Rost van Tonningen, und laufend erhielt die Abt. VI über die Germanische Leitstelle Schulungshefte und -zeitschriften vom SS-Hauptamt zugesandt. Brendel und Schwertfeger vermittelten auch Zeitschriftenbeiträge und verfassten selber Aufsätze. Im Februar 1942 zum Beispiel erhielt Schwertfeger zwei Aufsätze von Nachenius zur Beurteilung, von denen er einen zur Veröffentlichung für die Leithefte empfahl, während Brendel einen Aufsatz von Theunisz mit einer Stellungnahme an Nachenius zurücksandte. Nachenius bereitete offenbar ein Heft über die »Judenfrage« in den von ihm herausgegebenen »Vormingsbladen« vor, denn Brendel bat Hans Ernst Schneider um einen Beitrag und schickte selbst einen Aufsatz zur »Judenfrage« zu; die Abt. VI beauftragte er damit, Kommentare und Erläuterungen – unter anderem zu Tucholsky – auszuarbeiten. Gleichzeitig verschickte er vier Aufsätze zur Veröffentlichung im »Storm« an den Schriftleiter de Haas – ein Beitrag zur »Judenfrage« (»Sein wahres Gesicht«), zwei Aufsätze über Erziehung (»Soldatische Erziehung« und »ein in größter Kürze gehaltener Überblick über die Erziehung von gestern und heute«) sowie ein Aufsatz »Über die Zusammenhänge dieses Krieges«. Während die Erziehungsbeiträge vermutlich von Brendel selbst verfasst wurden, dürften die Ausführungen zum Krieg von Schwertfeger stammen. Von ihm ist ein Vortragsmanuskript mit gleichem Titel erhalten. Hier eine Kostprobe, die Schwertfegers rhetorisches Können belegt: »Die Aufwärtsentwicklung des Leistungsmenschen und die in ihm ruhende Schöpferkraft fand seinen stärksten Ausdruck im deutschen Menschen. Deshalb musste dieser schöpferische Leistungsmensch, der produktiv und aufbauend für die gesamte Menschheit arbeitete, niedergeworfen werden, da sonst der zerstörende jüdische Nihilist hätte zugrunde gehen müssen. Man dachte sich die Erlangung dieses Zieles durch Aufeinanderhetzung aller Völker in selbstzerfleischenden Kriegen, um sie dann durch überall auflodernde bolschewistische Revolutionen in das Chaos zu stürzen, über dem als Herr und Diktator der grinsende jüdische Weltpolyp stehen würde.«236

Brendel war auch um eine anspruchsvolle Fest- und Feiergestaltung bemüht. Nach der Feier anlässlich der Verleihung der »Germanischen Leistungsrune« im Februar

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1944 folgte im März der Heldengedenktag, den man mit Trauermusik beging: Die Feier begann mit Beethovens »Pathétique«, aus Wagners »Götterdämmerung« erklang der Tauermarsch, nach einer Lesung aus Kurt Eggers »Von der Freiheit des Kriegers« folgte der Trauermarsch aus Beethovens »Eroica«, den Höhepunkt bildete Brendels Feierrede. Im Juli 1944 zelebrierte Brendel eine »Eheweihe«. Den Auftakt bildete der Einzug des Brautpaares zu den Klängen des Brautchors aus »Lohengrin«, weiter erklang das Preislied aus den »Meistersingern von Nürnberg«. Nach einer Ansprache Brendels wurde das Brautpaar mit der Darbringung von Brot und Salz in die SS-Sippengemeinschaft aufgenommen. Ein Skript für eine »Morgenfeier« sah ebenfalls Wagner-Musik vor. Die Zeremonie begann mit einem »Vorspruch« durch Schwertfeger, danach erklang die Ouvertüre zu »Tannhäuser«, Schwertfeger trug ein Gedicht (»Volk«) vor, es folgte ein Chor mit dem Lied »Ein junges Volk«, nach einem weiteren »Vorspruch« durch Schwertfeger hielt Nachenius – Brendel war abwesend – die Festrede, danach sang man gemeinsam »De Dag is ten einde«, und nach einem Schlussspruch beendete ein »Sieg Heil auf den Führer« und das »SS-Treuelied« die Feier.237 Zwar partizipierte Avegoor ein- bis zweimal im Monat auch am eher seichten Unterhaltungsprogramm der KdF-Organisation im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung – im Juni 1942 zum Beispiel gab es das Lustspiel »Ehe in Dosen« und einen »heiteren beschwingten Abend« mit Rudi Schuricke. Die Beispiele zeigen aber, dass man auch die klassische deutsche Musik einsetzte, um den Germanischen Freiwilligen die kulturelle Größe des Reichs nahezubringen. Das Interesse an klassischer Musik war in Avegoor vom Anfang bis zum Ende lebendig. Im Juni 1941 ließ man sich eine Bücherliste zum Thema »Musik und Rasse« zusenden; zu den letzten erhaltenen Nachweisen an Lieferungen und Bestellungen von Truppenbetreuungsmitteln gehört eine Bestellung von 43 Schallplatten mit klassischer Musik von Bach bis Wagner am 30.7.1944.

Die belgische SS und die »Deutsch-Flämische Arbeitsgemeinschaft« Wie in den Niederlanden wurde auch in Belgien unmittelbar nach der Besetzung des Landes durch die deutschen Truppen mit der Werbung für die Waffen-SS begonnen. Allerdings blieb die Resonanz auch hier gering – bis September 1940 waren nur etwa 50 Freiwillige für die Standarte »Westland« angeworben worden. Bis Mitte 1943 war die Zahl auf knapp 1.900 angestiegen, hinzu kamen noch einmal etwa 2.600 Freiwillige der 1941 aufgestellten Legion Flandern, die 1943 aufgelöst und in die »SS-Freiwilligen-Sturmbrigade Langemarck« überführt wurde.238 Nicht zuletzt auch um das Rekrutierungspotential zu erweitern war im September 1940 die Allgemeine SS in Flandern gegründet worden; wie in den Niederlanden wurde sie zwei Jahre später in »Germanische SS in Flandern« umbenannt. Sie rekrutierte sich vor allem aus Angehörigen der »DEVLAG« (»Deutsch-Flämische Arbeitsgemeinschaft«), die 1935/36 von dem Deutschlehrer und Journalisten Jef de Wiele gegründet und seitdem geführt wurde und sich die Pflege deutsch-flämischer Beziehungen zur Aufgabe gemacht hatte.239 Die DEVLAG war eine Abspaltung des nationalistischen VNV (Vlaamsche Nationaal Verbond), der zwar zur Kooperation mit den Nationalsozialisten bereit war, aber einen großflämischen Nationalstaat anstrebte, während die DEVLAG die Angliederung ans

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Deutsche Reich propagierte. Nachdem van de Wiele die Mitglieder der DEVLAG auf einer Kundgebung im Januar 1942 zu »Soldaten des Führers« erklärt hatte, übertrug ihr die Militärverwaltung die Aufgabe, »die weltanschauliche Ausrichtung und Menschenführung im Sinne des Nationalsozialismus für das gesamte flämische Volk zu übernehmen«. In der Folge entwickelte sie eine rege kulturpolitische und propagandistische Aktivität und organisierte unter anderem Vorlesungen deutscher Dichter, Veranstaltungen deutscher Bühnen und Orchester, deutsche Sprachkurse, Ausstellungen und Werbeveranstaltungen für die Waffen-SS. Vor allem schuf die DEVLAG, die 1942 über 35.000 Mitglieder in 77 Ortsgruppen hatte, ein Netz von Schulungsaktivisten, auf das die SS bald zurückgreifen sollte.240 Die enge Zusammenarbeit einerseits, die schon früh zwischen DEVLAG und SS entstand, und Unzufriedenheit im SS-Hauptamt über die Entwicklung der Germanischen SS in Flandern andererseits führten schließlich dazu, dass beide Organisationen immer mehr miteinander verschmolzen. Die DEVLAG wurde von der SS vereinnahmt, dem Sonderstab 6 des SS-Hauptamtes für die Germanischen Sturmbanne in Düsseldorf angeschlossen und dem Reichsführer-SS direkt unterstellt; damit war sie auch für die Betreuung der Flamen im Deutschen Reich zuständig. Der Düsseldorfer Kaufmann Herbert Brenneke, der den Sonderstab leitete, wurde im September 1942 zum Hauptgeschäftsführer ernannt, nachdem Gottlob Berger schon im Herbst 1941 die Präsidentschaft der DEVLAG übernommen hatte.241 Van de Wiele fungierte danach als »Landesleiter der deutsch-flämischen Arbeitsgemeinschaft«. Im März 1944 wurde er als Hauptsturmführer mit der Leitung des SS-Abschnitts Flandern betraut und im November 1944 als Obersturmbannführer mit der Führung der SS-Sturmbrigade Langemarck beauftragt. Unterdessen installierte er im Schloss Pyrmont, das der Gau dem germanischen Korps zur Verfügung gestellt hatte, als »Landsleider van Vlaanderen« schon die künftige flämische Landesregierung.242 Im September 1941 wurde die Allgemeine SS Flandern in die »1. SS-Standarte Flandern« umgewandelt und mit 5 Sturmbannen aufgestellt, ein Jahr später wurde eine 2. Standarte gebildet. November 1941 hatte die flämische SS 1.580 Mitglieder, bis Mitte 1944 waren es etwa 3.500 Mann.243 Die aktiven Angehörigen wurden zunächst in der Vorschule Schoten zusammengefasst, in der eine erste Ausbildung und Auslese stattfand; wer als Ersatz für die flämischen Freiwilligen der Waffen-SS vorgesehen war, kam dann zur Grundausbildung nach Sennheim. Ab 1943 wurde die Germanische SS zunehmend auch zu sicherheitspolizeilichen Einsätzen herangezogen; ein Teil der Germanischen SS trat in das Sicherheitskorps der DEVLAG ein, das am Einsatz der deutschen Sicherheitspolizei und des SD gegen den belgischen Widerstand beteiligt war.244 Einem Bericht der »Dienststelle Jungclaus« zufolge, die die »germanische Arbeit« in Belgien organisierte, wurde mit dem Amtsantritt von Jungclaus als Leiter der Germanischen Leitstelle in Brüssel April 1942 damit begonnen, die Einheiten der Germanischen SS in Flandern »auf ihre SS-Tauglichkeit« hin »durchzumustern«. Die nicht »SS-Tauglichen« wurden in das neu gebildete »Flandern-Korps« eingegliedert, eine SS-Miliz zweiter Klasse vor allem für ältere Angehörige der DEVLAG, die nicht mehr alle Aufnahmekriterien erfüllten. Jungclaus befahl zugleich den Beginn eines regelmäßigen Dienstes, der vor allem der »weltanschaulichen Ausrichtung« diente und ordnete für jeden Angehörigen der flämischen SS die Teilnahme an einem Lehrgang in Schoten an.245

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Jungclaus und Berger äußerten sich sehr kritisch über »den flämischen Menschen«, der nur durch intensive Erziehung für die »germanische Idee« zu gewinnen sei, auch wenn die »nordische Grundsubstanz« noch da sei: »Die dauernde Unterdrückung des Volkstums und der Zwang, den Kampf stets im Verborgenen zu führen, gaben vielen Menschen Flanderns Züge, die dem des nordischen Menschen wesensfremd sind. Gedrückt, misstrauisch, oft unaufrichtig und hintenherum stark schwatzhaft können wir an ihnen unsere Erziehungskünste sich auswirken lassen. … In Friedenszeiten wird unseren Schulen im Reich die Aufgabe erwachsen, die im Laufe der Generationen gebildete Kruste um das Wesen des Flamen zu lösen und abzustossen.«246

Jungclaus konstatierte mangelnde Führungsfähigkeiten und Minderwertigkeitskomplexe – die schlechtesten Tugenden der Germanen fänden sich bei den Flamen. Rassenanthropologische und psychologische Untersuchungen, die Karl Sommer für das RSHA in Belgien anstellte, schienen diesen Eindruck zu bestätigen. Dr. Sommer, Landesoberverwaltungsrat und Kulturreferent im SD, war 1941 und 1942 mehrfach zu »rassekundlichen Messungen und anthropologischen Beobachtungen« in Belgien.247 Der Flame sei noch schwieriger als der Niederländer, denn er sei »sehr individualistisch veranlagt« und würde sich gerne in kleinen Gruppen und Vereinen abschließen. Der auch für Flandern zuständige RuS-Führer Nordwest Herbert Aust zog aus Sommers Untersuchungen den Schluss, dass die »rassische Struktur des flämischen Volkes« sich aus verschiedenen Gründen verschlechtert habe und das flämische Volk »in seiner rassenbiologischen Struktur schwer gefährdet« sei. Vor allem mangele es an Kampf- und Führungsfähigkeiten: »Das stark vertretene westische Element, im geringeren Umfang auch das ostische, haben dem Flanderntum einen Stempel aufgedrückt, der mit faustischer Haltung nordisch/fälischer Menschen wenig zu tun hat. Der Flame … besitzt weder die Härte noch Logik, die die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kampfgestaltung sind.« Neid und Missgunst untereinander, aber auch gegenüber den Wallonen, denen es offenbar leichter fiel, sich auf die »neue Ordnung« einzustellen, erschwerten eine »zielbewusste und uneigennützige Selbstführung«.248

Sommer hatte seine Untersuchungen auch auf die »Wallonei« ausgedehnt und war zu dem überraschenden Ergebnis gekommen, dass es auch dort »vorwiegend dinarische und nordische Typen« gebe; die Wallonen erschienen zwar äußerlich und sprachlich als Romanen, seien aber in volkstumsmäßiger und anthropologisch-rassenmäßiger Hinsicht zum größten Teil die Nachkommen keltisch-fälisch-dinarischen Blutes geblieben.249 Teile Walloniens neigten »eher zu germanischen Gedankengängen« und eine entsprechende Propagandaarbeit würde dort »weniger Schwierigkeiten« bereiten als in großen Teilen Flanderns: »Es wäre also wieder zu klären, wie weit unsere Arbeit sich auch nach Wallonien erstrecken soll,« gab Hans Ernst Schneider, der auch in Belgien den »germanischen Wissenschaftseinsatz organisierte« in einem Gespräch mit Sommer an die Germanische Leitstelle weiter.250 Die Wallonen galten bislang nicht als Germanen, Himmler hatte 1941 nur die Aufstellung einer wallonischen Legion, nicht aber die Aufnahme in die Waffen-SS akzeptiert. 1943 wurde der ehemalige Rexistenführer Léon Degrelle, der maßgeblichen Anteil an der Aufstellung der Legion hatte, zum Leiter der Außenstelle des Germanischen Wissenschaftseinsatzes ernannt. Im Januar 1943 verkündete Degrelle in öffentlichen Reden die Zugehörigkeit

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der Wallonen zu den Germanen. In Anerkennung der Verdienste Degrelles und der »Tapferkeit« der Legion änderte Himmler daraufhin seine Meinung, nahm Degrelle als Obersturmführer in die Waffen-SS auf und ordnete die Übernahme der Legion als SS-Freiwilligen-Brigade Wallonien an.251 Der wallonische Wissenschaftseinsatz kam indes nicht voran. Erst im März 1944 gab Jungclaus die Zustimmung zur Ausweitung der Arbeit des Germanischen Wissenschaftseinsatzes auf den wallonischen Raum. Aus einem bereits bestehenden Kreis interessierter Wissenschaftler wurde ein »Centre des recherches wallonnes« mit vier Arbeitsgemeinschaften für Landesgeschichte, Vorgeschichte, Volkskunde und Germanistik gebildet.252 Der Verlag »La Roue solaire« des Kreises erhielt den Auftrag, »als führender Verlag in allen germanenkundlichen Fragen dieses Raumes bis weit nach Frankreich hinein im Geiste der SS und des großgermanischen Gedankens zu wirken.« Mitarbeiter wurden eingesetzt, Publikationen herausgegeben, eine Buchausstellung organisiert, aber sechs Monate später musste Jungclaus »wegen des unerwartet raschen Vormarsches der Angloamerikaner« den Befehl zur Auflösung und Räumung der Dienststellen in Brüssel geben, und damit war auch der Germanische Wissenschaftseinsatz Wallonien schon wieder beendet. Nach Abwicklung der Geschäfte in Brüssel eilte Dr. Augustin in die Niederlande, um bei der Evakuierung der dortigen Dienststelle des Germanischen Wissenschaftseinsatzes zu helfen.253 Alarich Augustin war als Schneiders rechte Hand und Außenstellenleiter des Germanischen Wissenschaftseinsatzes in der Dienststelle Jungclaus für Kultur und Wissenschaft in Belgien zuständig.254 Er hatte sich bereits mit seiner Staatsexamensarbeit »Das Schwanengiebelzeichen in Niederländisch-Friesland« für einen Einsatz im »Ahnenerbe« empfohlen; aufgrund seiner »ausgezeichneten Examensarbeit« wurde er als Mitarbeiter engagiert und damit beauftragt, im Rahmen seiner Dissertation die »indogermanischen Vorläufer der Olympischen Spiele« zu untersuchen. Augustin, Studienreferendar und Universitätsassistent in Rostock, war bereits als 19jähriger 1931 der NSDAP beigetreten, gehörte der SA, seit 1933 der SS an und war als Fachgruppenleiter und stellvertretender Gaustudentenführer (1936-1938) im Nationalsozialistischen Studentenbund aktiv. In der SS leistete er Dienst als Schulungsbeauftragter des Sturmbanns III/22. Mit Beginn des Krieges wurde er zu den verstärkten Totenkopfstandarten in Oranienburg eingezogen, war als Ausbilder bei der LSSAH tätig und wurde schließlich – als »letzter Sohn« war er vom Fronteinsatz zurückgestellt – als Untersturmführer zur Germanischen Leitstelle nach Brüssel abkommandiert.255 Augustin fand klare Worte für die Aufgabenbestimmung der Außenstelle: »Ziel der Arbeit ist eine geistige Tiefen- und Breitenwirkung besonders in den Intelligenzschichten Flanderns und Walloniens. In Befolgung der von der SS allein vertretenen germanischen Linien ist 1. ein Einbruch zu schaffen in die liberalistisch-humanistische Bildungsfront durch Gewinnung von Inhabern geistiger Schlüsselstellungen, 2. anzugehen gegen den groß-dietschen Mythos mit dem Gedanken der großgermanischen Reichsgemeinschaft, 3. Die Wiederbelebung des germanischen Volks- und Kulturbewusstseins zu fördern mit dem äußerst wirkungsvollen, weil neutral getarnten politischen Propagandamittel der Wissenschaft, angesichts des anmaßenden französischen Bildungsanspruches und des flämischen Minderwertigkeitskomplexes.«256

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Den »anmaßenden französischen Bildungsanspruch« versuchten die Besatzungsbehörden vor allem mit kulturpolitischen Mitteln zurückzudrängen. Dirigenten und Solisten französischer Staatsangehörigkeit und französischen Orchestern wurde der Auftritt in Flandern verboten, in der Spielzeit 1944/45 durfte der Anteil französischer Werke und Künstler nicht mehr als 20% aller Aufführungen betragen. Gleichzeitig wurden Gastspiele und Tourneen flämischer und deutscher Bühnen gezielt gefördert.257 Der »Germanische Wissenschaftseinsatz« kam in Flandern früher voran und konnte dort mehr bewirken als im wallonischen Landesteil. Als Pendant zur »Volkschen Werkgemeenschap« in den Niederlanden wurde nach Vorbereitungen durch Hans E. Schneider im Dezember 1942 auch in Belgien eine »Germanische Arbeitsgemeinschaft« (»Germaansche Werkgemeenschap Vlanderen«) mit Sitz in Brüssel und einer Außenstelle in Antwerpen gegründet. In Antwerpen richtete man ein »Heim« in einer ehemaligen Synagoge ein. Die »Werkgemeinschaft« bildete Arbeitsgruppen für Vorgeschichte, Rassenkunde, Sippenkunde, »Germanische Rechtskunde«, Volkskunde, »Form- und Zierkunst« und Geschichte, sie unterhielt eine Bibliothek und ein Fotoarchiv, organisierte Ausstellungen und Vortragsreihen und veröffentlichte im Verlag »De Burcht« eigene Forschungsarbeiten. In Gent, Brüssel und Antwerpen wurde die Ausstellung »Germaansch Erfgoed« (Germanisches Erbgut) gezeigt, hinzu kamen zwei Bücherausstellungen: »Aus der Welt der Germanischen Arbeitsgemeinschaft Flandern« und »Neue Veröffentlichungen des Verlages De Burcht«.258 Begleitend zu den Ausstellungen wurden Vortragsreihen organisiert, an denen neben flämischen Wissenschaftlern auch Alarich Augustin, Theodor Weigel (»Sinnbilder des germanischen Raums«) und Wilhelm Ebel (»Rasse und Recht in germanischer Zeit«) beteiligt waren. Zu den Publikationen der Werkgemeinschaft gehörte eine eigene wissenschaftliche Zeitschrift »Volksdom«, die der Historiker und Professor van Roosbroeck mitbetreute. Van Roosbroeck hatte vor dem Krieg dem VNV angehört, war aber nach der Besetzung Belgiens der flämischen SS beigetreten, war Mitarbeiter der DEVLAG und gehörte danach zu den wichtigsten Rednern, die im Rahmen der weltanschaulichen Schulung der flämischen SS zum Einsatz kamen. 1944 wurde er Vorsitzender der »Werkgemeinschaft«.259 Er arbeitete auch an der Zeitschrift der flämischen SS »De SS-Man« mit, die der Presseamtsleiter der Dienststelle Jungclaus Maurits van de Walle herausgab.260 Im Januar 1943 erschien auch die erste flämische Ausgabe des »Hamer« in einer Auflage von 4.000 Exemplaren unter redaktioneller Leitung von Emiel Vercammen und Clemens Tréfois; die redaktionelle Gestaltung blieb aber weitgehend in den Händen der niederländischen Schriftleitung.261 In der Allgemeinen SS Flandern setzte bereits früh eine regelmäßige weltanschauliche Schulung ein. Aus Dienstplänen des Sturmbanns Ostflandern/Gent geht hervor, das man sich zweimal die Woche abends zu gemeinsamem Singen, militärischen und sportlichen Übungen traf; an einem dieser Abende war jeweils eine Stunde der weltanschaulichen Schulung gewidmet – 45 Minuten Vortrag, 15 Minuten Besprechung des Themas. Nach einem Befehl der 1. Standarte der Allgemeinen SS Flanderns vom Oktober 1942 war jeder erste Sonntag im Monat ganz für Aufgaben der Ausbildung zu reservieren, vormittags von 9 bis 12 Uhr für die militärische, nachmittags von 14 bis 16 Uhr für die politische Schulung.262 1943 scheint zweimal im Monat regelmäßig eine Stunde weltanschaulicher Unterricht durchgeführt worden zu sein. Anfang März 1943 verschickte die Abt. VI des SS-Abschnitts Flandern einen Schulungsplan für den

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März an alle Einheitsführer, der zwei Themen festlegte, eines für einen Geschichtskursus – laufendes Thema war »Flandern und das Reich im Streit zwischen Protestantismus und Katholizismus« – und eines in Rassenkunde: »Die Gefahr der Rassenvermischung«. Für den 6. März war jeweils ein »Modell-Schulungsabend« in Gent und Brüssel vermutlich für die Einheitsführer und Schulungsreferenten angesetzt, für den 14. März war eine Feier zum »Heldengedenktag« vorgesehen. Für die Zeit von Juni bis Oktober 1943 erstellte die Abteilung VI – vermutlich durch Karl Philipps – einen Sommerschulungsplan für die Germanische SS Flandern mit je zwei Themen pro Monat: Juni: 1. Entstehung des Menschen, 2. Die Völkerwanderung Juli: 1. Die Herkunft des Germanentums; 2. Die Franken August: 1. Die Blütezeit der Germanen, 2. Karl d. Gr. und seine Welt September: 1. Eintritt der Germanen in die Geschichte; 2. Die Wikinger263

Zu den Themen wurden jeweils Unterrichtsmaterialien von van Roosbroeck und Jef de Langhe erstellt. Hauptsturmführer de Langhe, von Beruf Ingenieur, war Gründungsmitglied und zeitweise auch Führer der flämischen SS; er gab die Zeitschrift »De SS-Man« heraus und arbeitete an den »Germanischen Leitheften« mit. De Langhe war zugleich erster Schulungsleiter der flämischen SS.264 Im August 1943 trat Siegfried Leysen sein Amt als Schulungsleiter der Dienststelle Jungclaus und Leiter der Abteilung Schulung und weltanschauliche Erziehung des SS-Abschnitts Flandern an und erließ neue Richtlinien für die Schulungsarbeit, die einmal im Monat eine politische Übersicht durch den Einheitsführer und dreimal eine weltanschauliche Schulung durch den jeweiligen Schulungsleiter vorschrieben.265 Die »geistige und kulturelle Betreuung der Einheiten« sollte dabei »in engstem Einvernehmen« mit der DEVLAG durchgeführt werden. Der Winterschulungsplan für das folgende Halbjahr sah regelmäßig Themen aus drei Bereichen vor: 1. »weltpolitische Schulung«, 2. »Schulung über bekannte Persönlichkeiten aus dem gesamten germanischen Raum«, 3. Schulung über biologische Grundbegriffe. Für den Oktober legte Leysen als Themen fest: 1. Politische Geographie, 2. germanische Gemeinschaft, 3. Biologie, mit Unterrichtsmaterialien in flämischer Sprache von Leysen selbst über »politische Gegner«, von Glazemakers zur Rassen- und Vererbungslehre und van Roosbroeck zum Thema »Germanen verteidigen den Osten«. Im November standen die Themen »Europa 1918 – Europa 1943« und »Der Rassengedanke im Streit der Weltanschauungen«, ausgearbeitet von van Roosbroeck und Leysen auf dem Programm, am 9.11. war eine Feier zum Heldengedenktag geplant.266 Danach kam es zu einer gegenseitigen Abstimmung zwischen germanischer SS und DEVLAG, um zu einer einheitlichen Schulung zu gelangen, und 1944 ging die Schulung der flämischen SS weitgehend an die DEVLAG über. Auch die Schulung der »Sturmbrigade Langemarck« erfolgte nach ihren Richtlinien.267 Die DEVLAG unterhielt ein enges Netz von Kreis-Schulungsleitern und »Stundengebern« als Mitarbeiter in ganz Flandern.268 Zweimal im Monat fand vormittags eine zweistündige Grundschulung statt. Dazu kam ein Schulungswochenende für die Schulungsleiter und Stundengeber. Für die Zeit von Oktober 1943 bis August 1944 sind Monatsberichte des Schulungsamtes der DEVLAG erhalten, die einen durchgehenden und regelmäßigen Schulungsbetrieb auf der Grundlage eines Plans mit insgesamt 20

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Schulungsvormittagen dokumentieren.269 Die Arbeit war in hohem Maße didaktisiert. Laufend wurden Schulungsbriefe mit thematischen Ausführungen und Unterrichtsbriefe mit näheren praktischen Anweisungen herausgegeben. Zur Veranschaulichung ein Beispiel: der Unterrichtsbrief (»Instructiebrief«) VII vom 31.1.1944 enthielt eine stundenmäßige Einteilung des Lehrstoffs aus dem Schulungsbrief Nr. 4 mit ergänzenden Anregungen für je zwei Unterrichtsstunden an zwei Vormittagen des laufenden Monats, der hier stichwortartig wiedergegeben sei: 1. Vormittag: 1. Stunde: Einleitende Vorlesung »Das kommende Reich« (S. 6); Wir knüpfen an; Der ganze »Spieghel Historiael«, untereingeteilt in Gruppen, den Kapiteln der Stunde über »Flandern im Reich« entsprechend. 2. Stunde: Die großen Wanderungen; Die Sprache; Sechs Ereignisse; Äußerungen des Führers; SS-OGruf. Berger und Dr. Van de Wiele (S. 53-55). – Lehrreiche Pause: Einwendungen. – Gedichte – Lied – Grundsätze (S. 53). 2. Vormittag: 1. Stunde: Einleitende Vorlesung: Der entscheidende Augenblick (S. 42); Flandern im Reich; Der Weltkrieg. 2. Stunde: Adolf Hitler, der Führer. – Lehrreiche Pause: Blütenlese, einige Marginalien; eine »angepasste, zusammenfassende Wiederholung«.270

Als Unterrichtsmaterial dienten zumeist Aufsätze und Auszüge aus Texten flämischer, niederländischer und deutscher Autoren; dabei wurden auch Beiträge aus den »Germanischen Leitheften«, den SS-Leitheften« und dem »SS-Leitheft Vlaanderen« herangezogen.271 Für Schulungsleiter und »Stundengeber« wurden regelmäßig Schulungswochenenden veranstaltet, auf denen die Monatsthemen besprochen und praktische Anregungen zur Methodik des Unterrichts gegeben wurden. In einer zusammenfassenden Pädagogischen Anweisung wurden die drei Grundsätze ausgegeben: »sich selbst treu bleiben; Interesse wecken; Lasse arbeiten«. Höchstes Ziel sei nicht Gelehrsamkeit, sondern die Bildung der Persönlichkeit, den einzelnen zum Nachsinnen zu veranlassen. Besonders wichtig war dem Leiter des Schulungsamtes Le Roy deshalb die »lehrreiche Pause«. Darunter war eine vom Stundengeber geleitete »freie Aussprache« über das behandelte Thema zu verstehen: »Durch Wort und Gegenwort, Frage und Gegenfrage wird die Besprechung vertieft und lebendig gehalten …«.272 Das Schulungswochenende im Februar 1944 zum Beispiel, an dem etwa 40 Personen teilnahmen, lief so ab: Man traf sich am 12.2. um 20 Uhr zum Abendessen, um 20 Uhr 45 hielt der Hauptstellenleiter L. Meyns ein Referat über »Die praktische Vorbereitung der Stunde«, daran schloss sich bis 23 Uhr eine Besprechung unter Leitung des Hauptamtsleiters Le Roy an. Der nächste Tag – es war Sonntag – begann mit Frühsport. Um 9 Uhr hielt Meyns einen Vortrag über »Pädagogische Richtlinien beim Stundengeben«, von 10 bis 10 Uhr 50 referierte J. de Belder über die »Geschichte des Reichs und der Reichsidee« und den »Aufstieg Preußens«, bis 12 Uhr 30 folgte eine Besprechung über das Referat. Am Nachmittag erläuterte Le Roy sein Konzept der »lehrreichen Pausen«. Als Erfolgskontrollen der Grundschulung wurden Prüfungen angesetzt. Prüfungsfragen waren zum Beispiel im August 1944: »Was weißt Du über Baldur von Schirach? Was weißt du über Adolf Hitler? Was sind die 4 Hauptsätze der SS? Was ist die nordische Aufgabe der SS? Was verstehen wir unter Erbstrom? Was will die nordische Auslese?

Freiwillige aus Ost- und Südeuropa

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was verstehen wir unter dem Judentum als ›Gegenrasse‹? Was weißt du über den jüdischen Einfluss auf die Freimaurerei?«273 Die Arbeit der DEVLAG war, wie diese Beispiele zeigen, in einem hohen Maß pädagogisch-didaktisch ausgerichtet. Sie vermittelte und finanzierte unter anderem auch einen Studienaufenthalt flämischer Junglehrer in Deutschland, die dort an einem Lehrgang des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht in Rankenheim teilnahmen.274 Die monatlichen Unterweisungen der Schulungsreferenten und Sturmführer sollten nach Anweisung der Dienststelle Jungclaus in der SS-Vorschule Schoten bei Antwerpen stattfinden. Hier hatte die SS im Januar 1941 eine eigene Ausbildungsstätte in einem Neorenaissance-Schloss eröffnet. Schoten war Aufnahmelager für die Allgemeine SS Flandern und ab 1942 auch Sammel- und Durchgangslager für flämische Freiwillige der Waffen-SS, die hier eine erste Grundausbildung erhielten; jeder Angehörige der flämischen SS sollte einen Lehrgang in Schoten durchlaufen. Wie in Avegoor standen Sport, weltanschauliche Schulung und vormilitärische Übungen im Mittelpunkt. 275 Die Lehrgänge hatten vor allem die Funktion einer Vor-Auslese: wer zur Waffen-SS wollte und dafür als geeignet befunden wurde, kam anschließend zumeist nach Sennheim und von dort zur weiteren militärischen Ausbildung zu Ersatz-Einheiten. In Schoten fanden 1942 und 1943 auch Ausleselager für belgische Studenten statt, die sich um ein Stipendium des »germanischen Begabtenwerks« bewarben und anschließend zum »Langemarck-Studium« nach Deutschland kamen; Prof. Ittenbach erläuterte den Studenten in Schoten »Eigenart und Sinn« des Studiums in Deutschland.276 Kommandeur von Schoten war zunächst Fritz Rudel, Handlungsgehilfe, Sattlermeister und Ratsherr aus Plauen, ein »alter Kämpfer«, der schon 1923 der SA und seit 1927 der SS angehörte; Rudel hatte bereits Erfahrungen als Ausbildungsleiter in der SS-Standarte »Friedrich Schlegel« und – 1940 – an der Unterführerschule Hilversum gemacht, bevor er nach einem Führerlehrgang in Tölz zur Ergänzungsstelle Nordwest in Den Haag und von dort nach Schoten kam.277 Anfang 1944 übernahm Horst Schwertfeger, zuvor stellvertretender Leiter von Avegoor, für kurze Zeit das Kommando in Schoten. Schwertfeger wurde im Frühjahr 1944 mit Aufbau und Leitung der geplanten SSVorschule Namur im wallonischen Landesteil beauftragt, die Schule kam aber aufgrund der Invasion der Alliierten nicht mehr zustande. Im Mai 1944 übernahm noch für kurze Zeit Hermann Lindemann als Nachfolger Schwertfegers die Leitung von Schoten.278

III.5 DIVISIONEN DER WAFFEN-SS AUS OSTUND SÜDOSTEUROPÄISCHEN FREIWILLIGEN 1942 begann man damit, auch Verbände der Waffen-SS aus Freiwilligen der von Deutschland besetzten Regionen Ost- und Südosteuropas zu errichten. Daraus entstanden die 13., 14. und 15. Division aus kroatischen, galizischen und lettischen Freiwilligen sowie die Divisionen 19, 20 und 21 aus lettischen, estnischen und albanischen Freiwilligen, außerdem zwei russische, eine weissruthenische und drei ungarische Divisionen. In all diesen Divisionen bestanden auch Abteilungen VI für weltanschau-

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

liche Schulung und Truppenbetreuung. Als beispielsweise die lettische FreiwilligenLegion 1943 aufgestellt wurde, genehmigte das Kommandoamt der Waffen-SS eine Stellengruppe von insgesamt 11 Personen für die Abt. VI: einen Abteilungsleiter und einen zweiten Führer als Mitarbeiter, einen Fürsorge-, einen Gräberführer, zwei Unterführer für die Truppenbetreuung, zwei Filmvorführer und einen Techniker für die Wartung von Film- und Bildgeräten, einen Schreiber und einen Fotofachmann.279 Bis Anfang 1944 waren zwei lettische Divisionen entstanden: die 15. Division (lett. Nr. 1) und die 19. (lett. Nr. 2). Schulungsleiter und Leiter der Abt. VI der »lett. Nr. 1« waren Eduard Bernhard und Fritz Esche. Bernhard, Konzertmeister in einem Kurorchester und »SS-Singer«, war Anfang 1933 der SS und der NSDAP beigetreten und arbeitete seit 1935 hauptamtlich bei der SS; im April 1944 kam er als Obersturmführer zum Befehlshaber der Waffen-SS Ostland nach Riga. Fritz Esche, von Beruf Kaufmann, gehörte ebenfalls seit 1933 der SS an; er hatte Erfahrungen als Lehrer an der Reichsschulungsburg der NSDAP. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und im März 1943 als Obersturmführer zum Aufstellungsstab der lettischen Freiwilligen Division geschickt; 1944 kam er als WS-Lehrer zur Panzer-Grenadier-Schule Kienschlag.280 Die Abt. VI der »lett. Nr. 2« leitete der Reichsbahn-Betriebsassistent Josef Scheer; Scheer hatte bereits 1929 dem nationalsozialistischen Schülerbund angehört, war HJ-Führer in Laband und HJ-Gauredner in Oberschlesien und seit 1932 Mitglied der SS; 1936 wurde er zum Standarten-Schulungsleiter und Sippenpfleger ernannt. Während des Krieges war er Kompaniechef bei der SS-Polizei-Division. Nach mehreren Verwundungen in Russland kam er zunächst als Leiter der Abt. VI zum Ersatz-Bataillon des 1. Polizei-Infanterieregiments, von dort zum SS-Panzer-Grenadier-Ausbildungs- und Ersatzbataillon 4, wo man seine »besonderen Fähigkeiten zum freien Vortrag rühmte« und schließlich als »VIa« zur »lett. Nr. 2«.281 Im Januar 1945 wurde noch der Wiener Mittelschullehrer und Naturwissenschaftler Viktor Hausmann vom Amt C I zur »lett. Nr. 2« beordert; Hausmann gehörte seit 1935 der NSDAP in Österreich an, war 1938 der SS beigetreten und 1940 zur Waffen-SS eingezogen worden; nach einem Lehrgang in Radolfzell war er 1941 als Untersturmführer zur Abt. VI der »Kampfgruppe« Nord« kommandiert worden.282 Auch für andere in Osteuropa aufgestellte Divisionen ließen sich Leiter der Abt. VI ermitteln. Erster Leiter in der estnischen Freiwilligen Legion war der Jurist Willi Schorn; er wechselte später als Leiter der Abt. VI zur Kavallerie-Division. An seine Stelle trat im Juli 1943 der Verwaltungsbeamte Hermann Gampe; er war vor dem Krieg Amtswalter der DAF sowie Blockwalter und Zellenleiter der NSDAP in Karlsruhe. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, 1942 leitete er als Untersturmführer die Abt. VI des SS-Gebirgsjäger-Bataillons »Nord«. Stellvertretender Leiter der estnischen Division war der promovierte Jurist und Volkswirtschaftler Hermann Sarnow; Sarnow hatte außerdem Geschichte und Geographie studiert und war Experte für wehrwissenschaftliche Fragen. Er gehörte seit 1931 der NSDAP, seit 1933 der SS an. Während des Krieges war er Mitarbeiter im Referat für Wehrwirtschaft und -wissenschaft des Schulungsamtes, danach im Referat »Wirtschafts- und Kriegsgeschichte und Wehrgeographie« im Amt C I.283 Die Abt. VI der 1943 aufgestellten Galizischen Division leitete für kurze Zeit der Volksschullehrer Dr. Friedrich Oesterle; im Februar 1944 wurde er zum Leiter der Abt. VI der Division »Prinz Eugen« bestellt. Er war 1942 nach der Auflösung der Heerespsychologie zum RuSHA gekommen und von dort ans Amt C

Freiwillige aus Ost- und Südeuropa

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I weiter verwiesen worden. Oesterle hatte 1936 am Erziehungswissenschaftlichen Seminar der Universität Tübingen bei Oswald Kroh mit einer Arbeit über »Die Anthropologie des Paracelsus« promoviert.284 Ende 1943 war der HfL-Student Johann Horn als Leiter der Abt. VI vorgesehen. Stellvertretender Leiter war ab Januar 1944 der Chemigraph und HJ-Führer Friedrich Lenhardt; er war nach einem Versehrten-Lehrgang in Tölz und einem Vorbereitungslehrgang in Braunschweig zur »galizischen Nr. 1« gekommen. Leiter der Abt. VI war 1944 der Tischlermeister und Innenarchitekt Karl Zoglauer aus Innsbruck, ein alter Freikorps-Kämpfer, 1929 Mitglied der SA, 1932 der SS in Österreich, 1933 über Italien nach Deutschland geflohen und dort im Hilfswerklager Dachau untergekommen.285 Die Abt. VI gab einen Wochenbericht für galizische Freiwillige heraus und erstellte im Frühjahr 1944 Schulungsunterlagen zu Themen wie »Das Schicksal Galiziens unter polnischer Herrschaft«, »Die Befreiung Galiziens durch Adolf Hitler« und »Der Führer als Vorkämpfer für ein neues Europa«.286 Für die weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung dieser Verbände war an zentraler Stelle die Abteilung 1.1f »Europäische Erziehungsarbeit« in der Amtsgruppe C I des SS-Hauptamtes zuständig. Leiter der Abteilung war bis zum August 1943 Hans Lüdemann, danach Erich Kruschinsky. Für die ost- und südosteuropäischen Länder bestanden im Juni 1944 Referate für Estland und Lettland, beide geleitet von Lorenz Palm, ein Ungarn-Referat, geleitet von Anton Sieb sowie ein Russland-Referat unter Leitung von Boris Tichmeneff, außerdem Referate für Litauen und Kroatien, die Mitte 1944 nicht besetzt waren.287 Die Aufgaben des Amtes C I überschnitten sich zum Teil mit denen des Amtes »Politische Führung« in der Amtsgruppe D des SSHauptamtes, die außer den Verbindungsstellen der Germanischen Leitstelle zu den nord- und westeuropäischen Ländern 1944 auch eine »Südost- und eine Oststelle« einrichtete. Die »Oststelle« unter Leitung von Fritz Arlt unterhielt eine lettische, eine russische, eine ukrainische, eine kosakische und eine turkestanische Verbindungsstelle, die Südoststelle unterhielt eine rumänische, slowakische, madjarische, kroatische, bulgarische, serbische und arabische Verbindungsstelle sowie eine Stelle »Nah-Ost, Fern-Ost«.288 Je mehr die Waffen-SS auch Angehörige »nicht-germanischer« Länder aufnahm – teils Freiwillige, teils auch Kriegsgefangene, die in den Lagern angeworben wurden – desto größer wurde auch der Bedarf an länderspezifischen Schulungsmaterialien mit einer »gesamteuropäischen Legitimation« des Einsatzes in der Waffen-SS; ebenso wichtig wurde die Ausarbeitung von Richtlinien und Anweisungen an das deutsche Führungspersonal zum Umgang mit »fremdvölkischen« Einheiten. So befasste sich 1944 z. B. ein »Aufbaustab K« im SS-HA mit Richtlinien für das »deutsche Rahmenpersonal« und die Schulungsarbeit in »Kosakeneinheiten der Waffen-SS« – oberster Grundsatz: »Kein Deutscher darf in die Freiwilligenverbände übernommen werden, der nicht eine Mindestschulung für Fremdvölker durchlaufen hat.« Diese »Mindestschulung« für deutsche Führer und Unterführer sollte »in der Regel in einem Lehrgang an einer zentralen Schule« stattfinden. Die deutschen Führer und Unterführer sollten vor allem lernen, die fremden Völker zu verstehen und zu respektieren, zur Schulungsarbeit gehörten deshalb Themen wie »Volk und Heimat der Freiwilligen«, »Rechte und Pflichten der Freiwilligen« oder »Was erwartet der Freiwillige vom Deutschen und von Deutschland?«289 Für die weltanschauliche Erziehung der ungarischen Angehörigen in der Waffen-SS etwa entwarf man im SS-Hauptamt einen umfangreichen

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich«

Lehrplan für eine 13 Wochen umfassende Ausbildung, der auf 54 Seiten 62 Themen behandelte, unter denen neben der nationalsozialistischen Weltanschauung die ungarische Geschichte und die Stellung Ungarns in der »europäischen Blutsgemeinschaft« im Mittelpunkt standen, darunter auch die Themen »Gegner« und »Judentum in Ungarn«. Im Dezember 1944 lagen mehrere Schulungsunterlagen in ungarischer Übersetzung vor: die Schriften »Das Reich und Europa« und »Europa und der Bolschewismus«, das zweite Heft einer vom SS-HA herausgegebenen illustrierten Schulungsschrift befand sich im Druck, ungarische Übersetzungen einer Schulungsschrift über Judentum und Freimaurerei waren in Arbeit, anschließend sollte die Übersetzung der Schulungsschrift »Amerikanismus – eine Weltgefahr« in Angriff genommen werden.290 Für osteuropäische Angehörige der Waffen-SS brachte das SS-HA eine Schulungsschrift in Zeitschriftenform heraus: »Für das neue Europa«, mit Ausgaben in lettischer, kroatischer, ukrainischer und russischer Sprache.291 Für serbische Kriegsgefangene wurden Materialien zur weltanschaulichen Führung erstellt, die ebenfalls den »europäischen Gedanken« in den Vordergrund stellten und an den serbischen Nationalismus anzuknüpfen versuchten, indem sie den »Amselfeld-Mythos« aufgriffen; ein Text stand unter dem Thema »Wahrlich ist dies ein hebräischer Krieg«.292 In den »Richtlinien über die Behandlung albanischer Einheiten« wird als Ziel der politischen Erziehung zusammenfassend formuliert: »1. Erkenntnis der natürlichen Gegner der Freiheit Albaniens, a) bolschewistischer Terror; Mord, Verschleppung, Verslawung. Bolschewisten stärken die proslawische Kirche, den ältesten und schärfsten Gegner der Balkanmuselmanen. Bolschewismus als Feind des Islam. b) Anglo-amerikanische Judenherrschaft und Ausbeutung. Bedrohung der hergebrachten Lebensordnung durch Sittenzerfall und Unkultur. Verstärkung der natürlichen und religiös begründeten Abneigung gegen Bolschewisten und Juden. 2. Vertrauen zu dem Deutschland Adolf Hitlers und zur Idee des völkischen Sozialismus, nach welcher Privateigentum und Bodenständigkeit, Volkstum und Bauerntum, freie Entfaltung aller schöpferischen Kräfte und gerechte Verteilung der sozialen Lasten gesichert sind.«293

In den »Ausbildungsrichtlinien für die weltanschauliche Erziehung in den ukrainischen Einheiten der Waffen-SS und Polizei« wurde dazu geraten, an den »natürlichen Judenhass« der Ukrainer anzuknüpfen: »Darstellung des Judentums als geheimer Führer aller internationalen Mächte: der Freimaurer, der Kapitalisten und der Bolschewisten«. In der Schulung sollten »positive Kampfziele« betont, »weich machende Greuelschilderungen über den Bolschewismus« hingegen vermieden werden. Der Autor schlug ein dreistufiges Verfahren vor: für »Mannschaften« genügten »einfache Beispiele« und die »Sprache der Tatsachen«, für Unterführer sollte schon etwas mehr Stoff vermittelt und die »Schlagfertigkeit in Streitgesprächen« gefördert werden, in der Führer-Schulung sollte »der ganze Inhalt« des Stoffs vermittelt und ebenfalls »die Ansichten in Streitgesprächen gefestigt« werden. Auf allen drei Ebenen sollten jeweils »die Besten« in »weiterführender Sonderschulung« gefestigt werden.294 Für alle osteuropäischen Völker wurden länderspezifische Portraits erstellt, die sich mit der Geschichte und der politischen Situation, den rassischen Verhältnissen und dem »Volkscharakter« befassten und eine Einschätzung über die soldatischen Fähigkeiten und

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Eigenschaften abgaben, mit denen das deutsche Führungspersonal zu rechnen hatte. Diese Einschätzung war stets von rassenpsychologischen Stereotypen geleitet, wie sie in der SS im Umlauf waren und von Hans-Willi Ziegler als Leiter der Abt. 1e »Praktische Rassenpsychologie und Volkstumsforschung« im Amt C I gepflegt wurden. Ziegler war seit Sommer 1944 für die Herausgabe von Schulungsschriften für »fremdvölkische Angehörige der Waffen-SS« zuständig.295 Ausgesprochen skeptisch äußerte sich zum Beispiel der Autor der »Richtlinien für das deutsche Rahmenpersonal in polnischen Einheiten der Waffen-SS« über den »polnischen Volkscharakter«: »Es haftet dem Polen jene ›Passivität des Sklaven‹ an, die Pilsudski beseitigen wollte. Wenn man an den strohbedeckten Häusern der polnischen Dörfer vorbeigeht, hat man den Eindruck eines lieblosen, ja fast absichtlich hässlichen Dorfes und einer von Menschenhand nur oberflächlich kultivierten Steppe… Die Zwiespältigkeit ist die Krankheit der polnischen Volksseele und des Nationalcharakters.«296 Ganz anders äußerte sich Ziegler in Hinweisen zur »Schulungsarbeit mit Letten«, die er im Juli 1944 herausgab: »Der Lette fühlt sich gegenüber dem Durchschnitt des deutschen Volkes rassisch nicht weniger wert. Hinweise auf die Blutsgemeinschaft mit den Ostpreußen sind häufig zu hören. Völker anderer Rassenzusammensetzung (Italiener, Spanier) werden aus unbewußtem Rassenstolz heraus abgelehnt. Hierin ähnliches Verhalten wie bei den Skandinavischen Völkern. Gleichwohl will der Lette nicht Germane sein. Auch in Estland ist der Begriff ›germanisch‹ zu vermeiden. Der nordische Gedanke wäre zwar ebenso vertretbar wie innerhalb des deutschen Volkes, ist aber aus Zweckmäßigkeitsgründen in der Schulung zurückzustellen.«297

Zur Form der Schulung äußerte Ziegler: »Der Lette ist ein kritischer Leser. Keine Phrasen. Genaue Quellenangaben usw. … Berücksichtigung der lettischen Vorliebe für Poesie, Kunst und guten Stil!« In der Schrift »Die Letten«, die das SS-Hauptamt für die Schulungsarbeit herausgab, wurde das »Rassenbild« entsprechend positiv gewürdigt: »Im Ganzen nordisch-ostbaltisches Rassengefüge. In Lettgallen mehr ostbaltisch-ostische Einschläge. Der nordische Blutsanteil entspricht dem des deutschen Volkes.«298 Bis Anfang 1945 waren weitere Schulungsmaterialien für die Arbeit in lettischen Einheiten erstellt worden: Neben dem deutschen »Leitheft« lag eine illustrierte Schulungsschrift des SS-Hauptamtes »Latvies Cinas« vor, außerdem gab es eine Frontzeitung in lettischer Sprache («Daugavas Vamag«). Für die weltanschauliche Erziehung gab die Division die Parole aus: »Ihr kämpft für die Wiederherstellung eines selbständigen Lettlands. Ihr kämpft für die Befreiung der lettischen Heimat, die nach dem deutschen Siege als selbständiger Staat erstehen soll.« Ziel müsse sein, aus jedem Soldaten der Division einen »fanatischen Kämpfer für Heimat und Familie, für Volkstum und staatliche Freiheit, für eine gerechte, sozialistische Lebensform« zu machen. Alle Führer müssten über den Feind unterrichtet sein: Bolschewismus, Amerikanismus, England, Freimaurerei – die Geheimorganisation für die jüdische Weltverschwörung – und das Judentum: »der geheime Führer aller internationalen Mächte, Versklavung aller arbeitenden Menschen, Vernichtung aller gesunden, bäuerlichen Volkskräfte, Zersetzung des Kampf- und Widerstandsgeistes aller Völker, Ziel die jüdische Weltherrschaft in bolschewistischer oder plutokratischer Form zur Ausbeutung aller Völker.«299 Während Ziegler so die Letten in ihrem »rassischen Wert« über die Polen stellte, war man gleichzeitig im Amt C I bemüht, die osteuropäischen Völker insgesamt in die

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europäische Perspektive des Kampfs gegen Judentum und Bolschewismus einzubeziehen. Im »Politischen Dienst für SS und Polizei« erschienen 1944 »Richtlinien für die Erziehung ostvölkischer Einheiten«, in denen geraten wurde, den »Rassengedanken« wenn überhaupt, dann nur mit großer Vorsicht zu behandeln und dabei »Judentum« und »Großrussentum« gegen die osteuropäischen Völker abzugrenzen, die auch »blutsmäßig« zur europäischen Völkerfamilie gehörten – das »Großrussentum« wurde hier aufgrund seines »mongolischen Einschlags« noch aus der »osteuropäischen Völkerfamilie ausgegrenzt.300 Eine Schrift aus dem SS-Hauptamt vom Oktober 1944 über »Die politische Aufgabe des deutschen Führers und Unterführers in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS«, die die Einheit Europas als Ziel proklamierte, bezog auch die Slawen in die europäische Völkerfamilie ein und nannte den Bolschewismus eine »unrussische Fremdherrschaft«. Der rassistische Topos, dass die Slawen zur Bildung einer Führungsschicht, einer schöpferischen Kultur und einer Staatsordnung nicht fähig seien, blieb jedoch eine Konstante im Denken der SS-Experten; während der »jüdische Bolschewismus« danach nur eine »unrussische Fremdherrschaft« schuf, erschien das »nordisch-fälische Blut« dagegen quasi als die natürliche Führerschicht, würde sie doch die natürliche bäuerliche Lebensordnung wiederherstellen, die die Bolschewisten vernichtet hatten.301 In diesem und ähnlichen Dokumenten der Zeit sowie in der Aufstellung russischer Divisionen der Waffen-SS 1944 zeigte sich eine taktisch motivierte Flexibilität in der Haltung gegenüber den »Ostvölkern«. »Alles, was die notwendige Mitarbeit aller europäischen Völker, in Sonderheit der Ostvölker, für den Sieg gefährdet«, hatte Goebbels schon 1943 erklärt, müsse »unterlassen werden«. An »Antibolschewismus« und »Antisemitismus« wurde dagegen bis zum Schluß eisern festgehalten.302 1944 existierte neben einer Lettischen Leitstelle, einer Ukrainischen, einer KosakenLeitstelle und einer Leitstelle Kaukasus auch eine Osttürkische und Krimtatarische Leitstelle.303 Sie brachte ein zweisprachiges deutsch-tatarisches Nachrichtenblatt heraus und plante eine krimtürkische Zeitung als offizielles Organ für die Krimtürken in einer Auflage von 5.000 Exemplaren. Im Oktober 1944 war offenbar auch ein Leitheft für die kaukasischen und osttürkischen Freiwilligen in Arbeit.304 Leiter der »Leitstelle Osttürken« und der gesamten »Südoststelle« der Amtsgruppe D war Dr. Rainer Olzscha. Er hatte 1944 den Auftrag, einen osttürkischen Dachverband in Deutschland aufzubauen und eine »Inspektion für fremdvölkische (orientalische) SS-Verbände aus dem Osten und Südosten« zu errichten.305. Ende 1943 hatte man bereits mit der Aufstellung einer »ost- und turkmuselmanischen« Division begonnen, aus der 1944 die muselmanische Division »Neu-Turkistan« und schließlich der osttürkische Waffenverband hervorging. Leiter der Abt. VI des »Ostmuselmanischen SS-Regiments 1« war der Niederländer Maurice Otten, der vorher beim SS-Bataillon »Westland« gedient und bei der Ersatzabteilung des Verwaltungsdienstes in Dachau gearbeitet hatte.306 Der »Osttürkische Waffenverband« gliederte sich in die »Waffengruppen Turkestan, Idel-Ural und Krim«, für die im SS-Hauptamt länderspezifische Berichte und Schulungsunterlagen erarbeitet wurden.307 Bis zur Unterstellung unter den »Kaukasischen Waffenverband« gehörte auch die Aserbaidschanische Legion dazu. Der Major der Legion und Führer des aserbaidschanischen Nationalkomitees Fatalibeyli-Dudanginski entwarf ein Schulungsprogramm, das die nationalpolitische Erziehung »zu grenzenloser Liebe zum Vaterland, zu den Turk-Völkern, zum Freunde der Turk-Völker

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Deutschland« und zum Kampf gegen den Bolschewismus propagierte: »Die ganze erzieherische Tätigkeit muss den Soldaten helfen, sich der Laster, die ihnen der Bolschewismus eingeimpft hatte, zu entledigen.« Als Schulungsthemen schlug er vor: 1. 2. 3. 4. 5.

Himmlers Lehrer, 9783506766441, 2014

6.

Deutschland und die Turk Welt Kurz über die Geschichte der Turk Völker (…) Der Freiheitskampf der Turk Völker und ihr Kampf für die Unabhängigkeit gegen den russischen Imperialismus Der erste Weltkrieg und die Turk-Völker Die Eroberung durch den Bolschewismus der Turk Völker und die Vernichtung ihrer Selbständigkeit. Der Kampf der Turk Völker gegen den Bolschewismus. Der zweite Weltkrieg und Aufgabe der Turk Völker (Die Epoche der Bildung der unabhängigen Turk Staaten ist eingetreten).«308

Unter Leitung Olzschas war im Januar 1944 eine »AG Turkestan« mit neun wissenschaftlichen Abteilungen entstanden. Sie erhielt im März 1944 den Auftrag zur Gründung einer »Mullah-Schule« für Osttürken und Muslime aus dem Gebiet der Sowjetunion, die man zu »Trägern eines militanten antirussischen Nationalismus« heranziehen und für den Kampf an deutscher Seite gewinnen wollte. Die Schule wurde am 26.November 1944 mit einer feierlichen Ansprache von Walter Schellenberg eröffnet. Sie begann ihren Betrieb mit 16 und 21 Schülern in zwei Klassen, die aus »fremdvölkischen« Einheiten der Waffen-SS rekrutiert worden waren; die Absolventen sollten den Titel eines »Imam« erhalten.309 Bereits im Februar 1943 hatte Hitler auch den Befehl zur Aufstellung einer Division aus kroatischen Freiwilligen gegeben, für die bis Mitte April 1943 etwa 8000 bosnische Muslime gewonnen werden konnten.310 Daraus entstand die 13. Division der Waffen-SS (»kroat. Nr.1«), die im Frühjahr 1944 mit einer Stärke von etwa 21.000 Mann, 15.000 davon Moslems, in Bosnien zum Einsatz kam. Im Mai 1944 erhielt sie den Namen »Handschar« (türkisch Krummsäbel). Die Aufstellung geschah mit Unterstützung des Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, der die moslemischen Rekruten zum »Heiligen Krieg« aufrief.311 Für die Betreuung der Truppe war der Einsatz »muselmanischer Imame« vorgesehen, und in diesem Zusammenhang entstanden bereits 1943 Pläne für ein »Imam-Institut« in Deutschland, um hier ein »Korps auch politisch ausgebildeter Priester für den Großmufti« als religiöses Oberhaupt der Mohammedaner heranzuziehen.312 Das SS-HA traf im Mai 1943 eine Kooperationsvereinbarung mit Al-Husseini, in der die Grundzüge der weltanschaulich-politischen Schulung und Truppenbetreuung festgelegt und die gegenseitigen Interessensphären abgesteckt wurden: Man habe nicht die Absicht, wurde darin feierlich festgehalten, eine Synthese zwischen Nationalsozialismus und Islam herzustellen; vielmehr sei der Nationalsozialismus die völkisch bedingte deutsche, der Islam die völkisch bedingte arabische Weltanschauung. Beide Seiten seien aber durch gemeinsame Feinde (Judentum, Anglo-Amerikanismus, Kommunismus, Freimaurerei und Katholizismus) und eine »gemeinsame positive Linie« in der »kämpferischen Grundeinstellung, der ethisch-sittlichen Auffassung und der völkischen Erziehung« miteinander verbunden. So ganz klar war die Abgrenzung aber doch nicht, denn gleichzeitig wird festgestellt, dass die Bosnier überwiegend Dinarer seien und deshalb »völkisch-rassisch« zur germanischen (in einer sehr großzügigen Auslegung des »Germanischen«), weltanschaulich-geistig aber zur arabischen Welt gehörten; die muselmanische SS-

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Division werde daher »bluts- und rassemäßig vom Norden, weltanschaulich-geistig vom Orient gelenkt.«313 Die Imame für die kroatische Division rekrutierte man unter den geistlichen Lehrern der Ulema in Sarajewo; die meisten hatten in Kairo Religion studiert und ihren Wehrdienst in der jugoslawischen Armee abgeleistet. Das SS-Hauptamt organisierte für sie im Juli 1943 einen dreiwöchigen Lehrgang in Babelsberg, auf dem sie über die Waffen-SS und die Geschichte des Nationalsozialismus unterrichtet wurden und deutschen Sprachunterricht erhielten, verbunden mit einem Besuch der Berliner Oper und des Schlosses Babelsberg, Ausflügen zum Nikolaisee und nach Potsdam. 314 Sie sollten für die geistlich-religiöse Betreuung der Truppen zuständig sein (und in dieser Hinsicht dem Großmufti unterstehen), aber auch an der weltanschaulichen Erziehung unter Leitung des Führers der Abt. VI mitwirken und unter anderem auch in den Moscheen die Ideen der Waffen-SS der Zivilbevölkerung vermitteln. »Der Imam«, hieß es in einer Aufgabenbeschreibung vom März 1944, »ist der Treuhänder des Islam in der Division. Er hat die Kräfte der Religion für die Erziehung der Divisions-Angehörigen zu guten SS-Männern und Soldaten wachzurufen und zu entfalten.«315 Den Lehrgang in Babelsberg leitete Studienrat Heinrich Gaese vom Amt C I, der gleichzeitig mit dem Aufbau der Abt. VI der Division beauftragt war. Im Anschluss an den Lehrgang wurde die Division und die Abt. VI in Frankreich aufgestellt. Zu den Aufgaben der Abt. VI gehörte hier vor allem die Vorbereitung und Herausgabe eines eigenen Leitheftes in Gestalt einer zweisprachigen Divisionszeitschrift. Die erste Ausgabe erschien im Juli 1943, die letzte im Oktober 1944 – bis dahin waren insgesamt 11 Folgen erschienen. Schriftleiter war zuerst Gaese, später sein Mitarbeiter in der Abt. VI Albert Bauer. In der Zeitschrift erschienen neben Beiträgen von Gaese und Bauer selbst unter anderem auch Artikel von Wilhelm Gschwend und Otto Bayer.316 Im Dezember 1943 ging die Leitung der Abt. VI auf Ekkehard Wangemann über, den Leiter der Abt. Ostraum in der Germanischen Leitstelle. Wangemann hatte Theologie studiert und war für kurze Zeit evangelischer Pfarrer in Mecklenburg gewesen, bevor er in den hauptamtlichen Dienst beim RFSS eintrat. Er kam aus der völkischen Jugendbewegung, gehörte dem Wehrwolf und dem Jungstahlhelm an, trat 1930 der NSDAP und der SA, 1932 der SS bei, war Schulungsleiter beim Nationalsozialistischen Studentenbund und Ausbildungsreferent bei der 74. SS-Standarte. Zu Beginn des Krieges wurde er als SS- und Selbstschutzführer in Kozienice eingesetzt; dort leitete er die Distriktschule des Selbstschutzes, an der Hundertschafts- und Zugführer ausgebildet wurden. 1942 wurde er in die Untersteiermark kommandiert, um auch dort den Selbstschutz aufzubauen.317 Wangemanns Nachfolger als Leiter der Abt. VI war der Rumäniendeutsche Obersturmführer Georg Floritsch. Zu den weiteren Mitarbeitern der Abteilung gehörten der Volksschullehrer Oberscharführer Albert Bauer, der 1941 noch die Abt. VI im KZ Ravensbrück geleitet hatte, der Jura-Student Julius Kaesdorf aus der deutschen Volksgruppe in Kroatien und Erich Wiegandt. Bei ihm könnte es sich um den Volksschullehrer Erich Wiegandt aus Thüringen handeln; er trat 1933 der SA, später der SS und der NSDAP bei. Wiegandt war Kreisschulungsredner der Partei. 1940 kam er zur Waffen-SS, 1943 nahm er an einem Kriegsführeranwärterlehrgang teil und wurde als Untersturmführer bei der SS-Panzer-Grenadier-Schule eingesetzt, bevor er nach Bosnien kam.318 Divisions-Imame waren Sturmbannführer Abdullah Muhasilovic, früher Religionslehrer in der jugoslawischen Armee, Hauptsturmführer Husein Dzozo, ein

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Theologie-Professor, der an der Al Azhar-Universität in Kairo studiert hatte, und der Religionslehrer und Militär-Imam Hauptsturmführer Halim Malkoč; sie standen den Imamen vor, die für jedes Bataillon eingesetzt wurden.319 Im Februar waren die Vorbereitungen so weit abgeschlossen, dass die Division, die nach einer Meuterei zwischenzeitlich von Frankreich nach Schlesien verlegt worden war, zum Fronteinsatz nach Bosnien kommandiert wurde. Nach einem kurzen Kampfeinsatz im März war die Division ab Mitte April am Kampf gegen serbische Partisanenverbände beteiligt. Im März organisierte die Abteilung VI noch Kurz-Kurse für Einheitsführer und »Einsatzredner«. Die »Einsatzredner« sollten Propaganda- und Werbeaktionen in der Zivilbevölkerung durchführen; den Lehrgang bestritten Wiegandt, Floritsch und Muhasilovič: 9.00-10.00 Aufgaben und Einsatz der Einsatzredner (Floritsch) 10.00-11.00 Warum die Muselmanen an Deutschlands Seite kämpfen (Imam) 11.00-12.00 Ziel und Aufgabe der Division (Floritsch) 13.00-14.00 Der Sinn des Krieges (Wiegandt) 14.00-15.00 Politischer Lagebericht (Wiegandt) 15.00-16.00 Der gläubige Muselmane und die Andersgläubigen in Bosnien (Imam) 16.00-17.00 Filme: Wochenschau; Kulturfilme »Völkerwanderung der Fische«, »Uhu und andere Gesichter der Nacht«; »Alpenkorps im Angriff«.320

Nach einer Vereinbarung zwischen SS-HA und Großmufti sollte die politische Schulung im Mittelpunkt der »WE« stehen – rassenkundliche Auseinandersetzungen sollten offensichtlich vermieden werden. Ein weiterer viertägiger Schulungskurs für Unterführeranwärter, der mit einer schriftlichen Arbeit abgeschlossen wurde, sah folgende Themen vor: 3.3. 13.00 Uhr: Die Bedeutung der politischen Schulung der Truppe (Wiegandt) 14.05: Aufgabe und Idee unserer Division (Floritsch) 15.05 Nationalsozialismus und Islam (Wiegandt) 16.05 Das Leben unseres Führers (Bauer) 17.05 Aussprache (Wiegandt) 30.3. 13.00 Bolschewismus – Bosnien und die kleinen Nationen (Floritsch) 14.05 Sitten und Brauchtum Bosniens (Imam Masi ) 15.05 Aufgabe und Werk unseres Führers (Bauer) 16.05 Der Sinn dieses Krieges (Wiegandt) 17.05 Aussprache 31.3. 13.00 Die SS (Wiegandt) 14.05 England – Balkan und die kleinen Nationen (Floritsch) 15.05 Bild-Vortrag »Neues Deutschland« (Wiegandt) 16.30-18.00 Aussprache (Wiegandt) 1.4. 13.00 Bosnien und die kleinen Nationen im neuen Europa (Wiegandt) 14.05 Der nationale Sozialismus (Kunter) 15.05 Feind und Abwehrfragen (Ic) 16.05 schriftliche Arbeit (Wiegandt) 17.00 Schluß (Wangemann).321

Die Abt. VI setzte sich zu diesem Zeitpunkt aus neun Stellen zusammen: 1. Führer VI (HStuf. Wangemann) 2. Weltanschauliche und politische Erziehung (UStuf. Wiegandt)

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III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« 3. Fürsorge (UStuf. Kunter) 4. Presse und Propaganda (OStuf. Floritsch) 5. Gräberführer (OScha. Bauer) 6. Truppenbetreuung (OScha. Krüger) 7. Divisions-Imam (Stubaf. Muhasilovič) 8. Bildstelle (UScha. Tegtmeier) 9. Technisches Material (UScha. Zein).322

Für die Schulungsarbeit bezog die Abteilung VI nach ihrem Tätigkeitsbericht vom April 1944 unter anderem 7000 Exemplare der »Leithefte« und jeweils 365 Exemplare des »Politischen Dienstes«, der Stoffsammlungen und Lehrpläne des Schulungsamtes. Die Zuständigkeit für die Schulung und Truppenbetreuung lag bei den entsprechenden Referaten der »Südost-« und »Oststelle« in der Amtsgruppe D des SS-Hauptamtes. Auch die »Forschungsstelle Orient« im Amt VI des RSHA (Auslands-SD) beteiligte sich an der Erstellung von Materialien und erarbeitete zum Beispiel 1943 ein Flugblatt, das in einer Auflage von 1 Millionen Exemplaren über der arabischen Welt abgeworfen werden sollte. Vorausgegangen war ein Auftrag Himmlers, nach Koranstellen zu forschen, die sich als Hinweise auf den Führer deuten ließen. Die Untersuchungen ergaben, dass »der Führer zwar weder als Prophet noch als Mahdi ausgegeben werden« könne, »wohl aber als der im Koran vorhergesagte wiedergekehrte Isa (Jesus), der nach Art des Ritters Georg den am Ende der Welt erscheinenden Riesen und Judenkönig D a d j d a l besiegt«.323 In diesen Kontext gehörten auch andere Projekte des Studiums fremder Völker und Rassen, die man für den Kampf des Deutschen Reichs gewinnen wollte, wie etwa der »Sonderauftrag Clauss«. Clauss, der kurz zuvor seine Dozentur für Rassenpsychologie an der Berliner Universität wegen der Beschäftigung einer jüdischen Mitarbeiterin verloren hatte, war auf Vermittlung seines Schülers und Mitarbeiters Bruno Beger vom Rassenamt des RuSHA 1944 mit einem Forschungsauftrag für das SS-HA nach Bosnien abkommandiert worden, um dort speziell islamische Völker zu studieren, mit dem Ziel, eine Art »Gebrauchsanweisung« für den Umgang mit fremden Völkern zu entwickeln, die bei dem Vorhaben, ein Europa unter »germanischer Führung« zu schaffen, von Nutzen sein konnte. Hätte man mit dieser Arbeit schon früher begonnen, so Clauss, wäre der Krieg anders verlaufen, es sei aber auch jetzt noch nicht zu spät. Ursprünglich hatten Clauss und Beger »Rassen im Kampf« in Mittelasien studieren wollen; nachdem der Kriegsverlauf dieses Vorhaben vereitelt hatte, planten sie, auf dem Balkan ausländische Einheiten der Waffen-SS, vor allem die »Muselmanen-Divisionen« in Bosnien in ihrem »aktiven Kampfverhalten« zu beobachten und zu filmen.324 Als Fragestellung der Untersuchung formulierte Clauss: »1. Wie sieht der Fremde den Deutschen? Was erwartet er vom Deutschen und was glaubt er diesem? – 2. Wie sehen die im Raume (hier im Nordwestbalkan) anwesenden Deutschen den dort eingeborenenen Balkanesen …?« In Befragungen von Bosniaken stellte er vor allem Irritationen über gewisse Rücksichtslosigkeiten und eine ausgeprägte, besondere »Unruhe« der dort stationierten Deutschen fest; könne man solche Probleme lösen, dann könne man die Einheimischen auch für den eigenen Kampf gewinnen. Noch Ende Februar 1945 legte Clauss daraufhin ein weiteres Projekt unter dem Titel »Vorbereitung eines Einsatzes zur Gewinnung islamischer Völker« vor. Geplant war, dass er selbst »Fühlung mit arabischen Autoritäten« aufnahm, »um vorsichtig ihre Mitar-

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beit zu gewinnen«. Bruno Beger sollte sich zu turkestanischen Freiwilligen begeben, »um die bei Bosniern gemachten Erfahrungen auf ihre Übertragbarkeit zu überprüfen und in Verfolgung des von der Amtsgruppe D schon eingeschlagenen Weges der Frage nachgehen, wieweit zwischen den verschiedenen Völkern/benachbarten Stämmen eine Einheit möglich ist, die für uns ein politischer Partner sein könnte.« Als weiterer Mitarbeiter wird Dr. Walz erwähnt, ebenfalls ein Schüler von Clauss, der sich mit der Korandeutung beschäftigte.325

IV. DAS SCHULUNGSMATERIAL IV.1 DIE SS-LEITHEFTE Nachdem 1934 bereits zwei erste »Schulungsbriefe« über »Wegbereiter des Nationalsozialismus« und zur Organisation und Geschichte der SS erschienen waren,1 kündigte das Rasse- und Siedlungsamt im Januar 1935 die Herausgabe von monatlich erscheinenden Briefen an, die zunächst hauptsächlich »Erlebnisse aus der SS-Gemeinschaft« und aus der Kampfzeit der Bewegung enthalten sollten; darüber hinaus war ein »Fragekasten« geplant, in dem laufend Fragen von allgemeinem Interesse durch Schulungsleiter der SS beantwortet werden sollten.2 Diese Schulungsbriefe erschienen ab Frühjahr 1935 periodisch unter dem Titel »SS-Leithefte« bis zum Ende des Krieges. Für die Herausgabe war anfangs die Hauptabteilung »Praktische Aufklärungsarbeit« im Schulungsamt unter Leitung Hermann Dethofs und für einige Monate Wilhelm Staudingers zuständig, ab April 1936 lag die Zuständigkeit bei der Hauptabteilung »Schulungsmittel« unter Leitung Friedrich Runges. Schriftleiter war Hans Weibgen; als Weibgen im Frühjahr 1937 aus disziplinarischen Gründen versetzt wurde, übernahm Runge selbst auch die Schriftleitung. Mit Materialaufbereitung und Erstellung von Schulungsmaterial waren während dieser Zeit noch die Referenten Stock und Beiersdorf beschäftigt. Herausgabe und Erstellung des Leitheftes lagen in den Anfangsjahren damit weitgehend in den Händen »alter Kämpfer« und Mitarbeiter des Agrarpolitischen Amtes ohne spezifische Qualifikationen für diese Aufgabe. Ende 1938 übernahm der Ingenieur Adolf Kleffel die Leitung der Abteilung »Leithefte«, bis er 1940 zum Leiter der Hauptabteilung Truppenbetreuung ernannt wurde. Erst während des Krieges fand mit Janzowski, Gschwend und Gaese, die nacheinander die Abteilung leiteten, sowie Hoppe und Klöcker, die für die Gestaltung zuständig warten, eine »Professionalisierung« des Leitungspersonals statt: Janzowski war bereits Schriftleiter beim Deutschen Verlag in Berlin gewesen, als er 1942 die Redaktion der Leithefte übernahm, Hoppe war Grafiker, Klöcker selbständiger Verlagsbuchhändler, Gschwend und Gaese waren Studienräte. Alle vier verfassten auch selber zahlreiche Beiträge – insgesamt 33 an der Zahl – für die Leithefte, während vom Vorkriegspersonal lediglich Runge einmal einen Beitrag (zum Thema »Kolonialpolitik«) beisteuerte. Die ersten Leithefte waren noch wenig strukturiert. Im Juli 1935 erging ein Rundschreiben, das bis zur Erstellung eines neuen Jahres-Schulungsplans die Schulung nach dem Leitheft anordnete. Für diesen Zweck wurde das Leitheft 3, das im Juli 1935 erschien, in drei Abteilungen gegliedert: Teil I enthielt Stoff für Schulungsvorträge, Teil II Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitte für den »Tagesdienst«, d.h. zu aktuellen Ereignissen und Aktivitäten der Gegner des Nationalsozialismus, Teil III Bücherbesprechungen, Hinweise auf Filme, Theaterstücke, Ausstellungen sowie Vorschläge zur Feiergestaltung.3 Der Schulungsstoff beschränkte sich auf Portraits der »sechs wichtigsten Führer der Bewegung«: Himmler, Darré, Rosenberg, Heß, Göring und Goebbels, die jeweils auf etwa 2 Seiten vorgestellt wurden, sowie kurze Notizen zu Heißmeyer und Heydrich. Der zweite Teil »Tagesdienst« stellte eine zusammenhanglose

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IV. Das Schulungsmaterial

Folge von kurzen Artikeln zu verschiedensten Themen dar, von denen viele dem »Völkischen Beobachter« entnommen waren; den Schwerpunkt bildeten Beiträge zur »politischen Kirche«. Leitheft 4 vom August 1935 verzichtete ganz auf Schulungsstoff und enthielt ausschließlich Ausschnitte aus Zeitungen und Zeitschriften, diesmal mit einem noch deutlicheren Schwerpunkt auf dem Thema »politische Kirche« bzw. »politischer Katholizismus«. Beide Hefte enthielten auch Artikel zum Judentum, unter anderem aus dem »Stürmer«, darunter einen Beitrag zur Uraufführung der Oper »Die schweigsame Frau« von Richard Strauss, mit dem kritischen Hinweis, dass die Oper in einem jüdischen Musikverlag erschienen und der Klavierauszug von einem Juden erstellt worden sei, der Text stamme von einem österreichischen Juden (Stefan Zweig), zudem sei der Generalintendant der Dresdner Oper mit einer Volljüdin verheiratet. Die Fokussierung auf die katholische Kirche mag eine Obsession Weibgens gewesen sein, der 1934 aus der Kirche ausgetreten war, sich der deutschgläubigen Bewegung Hauers anschloss und die SS offenbar vor allem auch als eine neue religiöse Gemeinschaft ansah; Himmler entfernte ihn 1937 aus dem Schulungsamt, weil Weibgen selber Sippenfeiern vollzog – wozu nach Himmler nur die Kommandeure der Einheiten befugt waren. Die »Leithefte« waren im ersten Jahrgang weit von einem halbwegs professionell gestalteten Schulungs-Periodikum entfernt. Es handelte sich lediglich um thematisch schwache und wenig geordnete Loseblattsammlungen ohne nennenswerte originäre Beiträge. Auch ein curriculares oder didaktisches Konzept war nicht erkennbar. Ende 1935 wurde angeordnet, dass jeder Sturmappell in den Einheiten mit einem »Leitsatz« zu beginnen und mit einer »Frage weltanschaulicher Art« zu enden habe. Die Frage sei stehend anzuhören, Antworten sollten nicht gegeben werden, sondern die Frage solle so formuliert sein, dass sie die Antwort bereits in sich enthalte; die Männer sollten sich auf dem Nachhauseweg damit beschäftigen. Leitsätze und Fragen würden fortlaufend in den Leitheften veröffentlicht, erstmals im Leitheft 6.4 Das Ergebnis war aber offenbar wenig zufrieden stellend, denn Himmler ließ das Leitheft 6 sogleich wieder einziehen und wenig später vernichten. Im Januar 1936 wies er Karl Motz an, sich mit allen bisher erschienen Leitheften bei ihm zu melden. In diesem Gespräch legte Himmler die Grundzüge der künftigen Schulungspraxis fest, die auch die Form der Leithefte bestimmte: einmal wöchentlich sollte jeweils ein Abschnitt aus »Mein Kampf« verlesen, ein Beispiel für den Verlobungsbefehl besprochen und ein Aufsatz verlesen werden, der in Form einer »geschichtlichen oder sonstigen Erzählung« das jeweilige Thema der Grundschulung behandelte. In diesem Gespräch dürfte außerdem die Themenfolge der Grundschulung festgelegt worden sein. Himmler äußerte bei der Gelegenheit auch einige Autorenpräferenzen, insbesondere nannte er Johann von Leers und Walter Bohm, beide »Männer Darrés«. Johann von Leers wurde denn auch der wichtigste Autor der Leithefte5. In der Folge erhielt das Rassenamt den Auftrag, entsprechende Aufsätze zu erstellen, Unterlagen für die zugehörigen Lichtbildervorträge zu beschaffen und »Mein Kampf« in »etwa 30 gleich lange Vorlesungsabschnitte« aufzuteilen. Das Sippenamt wurde angewiesen, 20 kurze Beispiele zur Handhabung des Verlobungsbefehls zu liefern.6 Im Februar folgten die »Richtlinien des Schulungsamtes für die weltanschauliche Grundschulung«, die einen Zeitrahmen von 28 Wochen vorsahen, in denen, beginnend mit dem 25. Februar 1936, die Themen »Blut und Boden; Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus; Deutsche Geschichte; Jahreslauf und Brauchtum« behandelt werden sollten.7

Die SS-Leithefte

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Mit diesen Vorgaben waren die Grundzüge des 2. Jahrgangs der Leithefte festgelegt. Es sollte der wichtigste Jahrgang werden, weil das in ihm umgesetzte Curriculum der »Grundschulung« auch danach noch Verwendung fand. Das erste Heft war überraschend schnell fertig und erschien noch Ende Februar 1936 zum Thema »Blut und Boden«, das zweite Heft folgte Ende März zum Thema »Bauerntum«, beide Hefte zusammen deckten das erste Grundschulungsthema »Blut und Boden« ab, das bis Ende April »durchzuschulen« war. Heft 3 hatte das Thema »Judentum«, Heft 4 »Freimaurerei und Bolschewismus« zum Gegenstand, die Hefte 5 und 6 waren der deutschen Geschichte, Heft 7, das im September 1936 herauskam, dem Thema »Brauchtum« gewidmet. Alle Hefte enthielten jeweils, eingeleitet mit Hinweisen auf Gedenktage und »Leitworten für Sturmappelle«, vier thematisch passende Auszüge aus »Mein Kampf«, vier »Erzählungen oder Geschichten« zum Schwerpunktthema und vier »Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes« für die Wochenschulung des laufenden Monats. Diese Texte sollten in der Regel vom Schulungsleiter vorgelesen werden. Ergänzt und vertieft wurden sie durch Abhandlungen und Materialien »zur persönlichen Unterrichtung der SS-Führer und Schulungsleiter«. Hinzu kamen Vorschläge zur Feiergestaltung, Buchbesprechungen und Hinweise auf andere Zeitschriftenveröffentlichungen sowie Besprechungen von Theateraufführungen und Filmen.8 Das Schwerpunktthema wurde jeweils didaktisch eingeführt und begründet (»Warum wird über das Judentum geschult? Wie ist über das Judentum zu schulen?«). Dieser relativ komplexen, auf die unmittelbare Schulungspraxis bezogenen Struktur entsprechend fielen die Hefte mit 60 bis 80 Seiten recht umfangreich aus. Die Autoren waren zur Hälfte Schriftsteller aus dem völkischen bzw. nationalsozialistischen »Lager«, die andere Hälfte kam aus dem RuS-Amt, allen voran die von Himmler gewünschten von Leers (4 Beiträge), Bohm (2) und Heinrich Bauer (3), dazu kamen zwei Beiträge der Mitarbeiter des Rassenamtes Strobel und Weigel als Experten für Brauchtum und Germanenkunde – sie prägten im wesentlichen das Grundschulungscurriculum der Leithefte von seiner inhaltlichen Seite her. Vor allem Johann von Leers, der schon früh als Autor dezidiert antisemitischer Schriften hervortrat,9 verstand es, »wissenschaftliche Erkenntnisse« in unterhaltsame Erzählungen zu transformieren, ebenso Heinrich Bauer, der sich bereits mit historischen Romanen einen Namen gemacht hatte; das Schulungsamt stellte die Zusammenarbeit mit Bauer jedoch ein, nachdem seine Logenmitgliedschaft bekannt geworden war und er die SS wieder verlassen musste.10 Die folgenden Hefte des 2. Jahrgangs waren zwar ähnlich strukturiert, hatten aber keine Schwerpunktthemen mehr. Dies war offenbar auch nicht nötig, denn für die Verfügungstruppen stand erneut die Grundschulung anhand der bereits erschienen Leithefte und der zugehörigen Bildbände auf dem Programm, während für die Allgemeine SS kein spezifischer Schulungsplan für den Winter 1936/37 angeordnet wurde. Überall dort, wo der Stoff der Grundschulung nicht in der vorgesehenen Zeit bewältigt werden konnte, sollte er erneut durchgenommen werden, so dass die Beiträge der Hefte 8 bis 12 nicht mehr Bestandteil eines obligatorischen Curriculums waren.11 Die Leithefte 1 bis 7 des 2. Jahrgangs bildeten weiterhin die wichtigste Grundlage für die laufende Schulung, zumal die Bild- und Textbände für die Lichtbildervorträge erst mit Verzögerung fertig wurden: bis Ende 1936 lagen die Bände »Blut und Boden« sowie »Judentum« und »Freimaurerei« vor, die anderen waren noch in Bearbeitung.12 Insbesondere für die Behandlung der deutschen Geschichte fehlte damit eine systematische Grundlage, die

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auch die »Erzählungen« in den Leitheften nicht ersetzen konnten, so dass die »Grundschulung« in diese Richtung nicht wirklich fortgesetzt werden konnte. Heft 8, das sich vor allem mit kolonial- und wirtschaftspolitischen Themen befasste, die im Schulungsplan aber nicht vorgesehen waren, schloss deshalb den ersten Teil des Grundschulungszyklus mit einer Zusammenfassung der in den Heften 1 bis 4 behandelten Schwerpunktthemen in Frage- und Antwort-Form ab. Damit versuchte man zugleich eine Art nationalsozialistischen Katechismus für die Schulungspraxis zu schaffen, der die Durchführung der Grundschulung erleichtern sollte. Der Text, der 37 Fragen und Antworten enthielt, kursierte auch als eigenständige Schrift unter dem Titel »Mein nationalsozialistisches Bekenntnis«.13 Eine Zusammenfassung auch der Hefte 5 bis 7 war angekündigt, ist aber offensichtlich nicht mehr erfolgt. Heft 8 brachte noch als Neuerung, die sich in die laufende Schulung einbeziehen ließen, die Rubrik »vorbildliche Arbeit in der Truppe«: »Unter dieser Überschrift werden künftig in jedem Leitheft kurze Beiträge gebracht, die zeigen, wie eine SS-Einheit in besonderer Weise ihre Aufgaben vorbildlich erfüllt«.14 Das 10. Leitheft, das im Januar 1937 erschien, baute dies mit der Rubrik »Wir im Dienst« weiter aus. Die Leithefte, hieß es im Vorspann, sollten in Zukunft nicht mehr nur der Schulung, sondern auch der »Gesamterziehung« der SS-Männer dienen. In »Wir im Dienst« ging es um Verhaltensanforderungen im Dienst und das Auftreten im täglichen Leben, in einem weiteren Abschnitt sollten vorbildliche »Charakterwerte eines nationalsozialistischen Kämpfers« demonstriert werden. Im Übrigen blieb es bei der bewährten Grundstruktur: 4 Abschnitte aus »Mein Kampf« – 4 Erzählungen« – 4 Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes – ergänzende Abhandlungen und Materialien. Für den Februar war »turnusmäßig« über die Freimaurerei zu schulen, deshalb brachte das Heft ergänzende Materialien zum Lichtbildervortrag.15 Der 3. Jahrgang der Leithefte stand ganz im Zeichen der deutschen Geschichte, die nach abgeschlossener Grundschulung im Vordergrund stehen sollte. So beinhalteten die Richtlinien für die Ausbildung der Allgemeinen SS im Winterhalbjahr 1937/38 eine Wiederholung der Grundschulung anhand der Leithefte 1-7 des 2. Jahrgangs, damit auch neue Mitglieder und alle, die noch nicht daran teilgenommen hatten, einbezogen würden; dafür sollte ein Fünftel der für die Schulung vorgesehenen Zeit reserviert werden. Die übrige Zeit war für die neuen Inhalte des 3. Jahrgangs vorgesehen. Nach Ablauf des Winterhalbjahres, also Ende März 1938, müsse jeder SS-Mann über »die Gedanken der Grundschulung und die großen Linien der deutschen Geschichte, wie sie in den Leitheften 1-11, 3. Jg. dargelegt werden, unterrichtet sein«.16 Noch für das Winterhalbjahr 1939/40 wurde eine kurze Wiederholung des Grundschulungsstoffs und des geschichtlichen Stoffs aus den Jahrgängen 2 und 3 angeordnet.17 Alle Hefte des 3. Jahrgangs befassten sich schwerpunktmäßig mit Themen zur deutschen Geschichte. Heft 1 begann mit der germanischen Vor- und Frühgeschichte (Steinzeit und Bronzezeit), Schwerpunkt des 2. Heftes war die Zeit der Völkerwanderung, in Heft 3 ging es um das frühe Mittelalter, und so arbeitete man sich langsam vor bis zur Reformation und Gegenreformation; das 1. Heft des 4. Jahrgangs, das im April 1938 erschien, war noch dem 30jährigen Krieg und der Zeit Friedrichs des Großen gewidmet, doch danach reißt dieser lockere Faden der Chronologie ab und ein systematischer Zusammenhang in der Themenwahl ist nicht mehr erkennbar. Die formale Grundstruktur, die das Leitheft im Verlauf des 2. Jahrgangs erhalten hatte, wurde im 3. Jahrgang jedoch im Kern beibehalten, aber weiter differenziert.

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Insbesondere wurde jetzt deutlicher zwischen obligatorischen und vertiefenden bzw. ergänzenden Beiträgen unterschieden. Heft 3 vom Juli 1937 gliederte sich in die beiden Hauptteile »Es muß geschult werden über …« und »Es kann geschult werden über …«. Der erste Teil beinhaltete wieder die vier Abschnitte aus »Mein Kampf«, die vier Erzählungen und die Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes. Neu kam jetzt die Rubrik »Unterricht über den Gegner« hinzu, die Himmler zuvor angeregt hatte und die in Zusammenarbeit mit dem SD bearbeitet wurde.18 In der Folge erschienen unter diesem Titel die Beiträge »Der Freimaurer hat das Wort« (Heft 3), »Was der Judenfreund sagt« (Heft 4), »Der Marxist hat das Wort« (Heft 5) und »Der politische Katholizismus hat das Wort« (I und II in Heft 7 und 9) – das Dezemberheft (Heft 8) war ganz dem Thema Weihnachten gewidmet und sollte wohl von »Gegnern« frei sein. Der zweite, fakultative Teil enthielt vier weitere Aufsätze, die aber den Charakter von Abhandlungen hatten. Es folgten jetzt eine ganze Reihe verschiedener Rubriken, zu »Wir im Dienst« kamen unter anderem hinzu »Kamerad an meiner Seiten« – kleine besinnliche Gespräche über das Leben und die göttliche Ordnung, die zumeist von Joachim Cäsar selbst erstellt wurden –, »Unsere Haltung« und »Hier lacht der SSMann« sowie Feiergestaltung und Bücherbesprechungen. Mit dem 4. Heft wurde diese Gliederung noch einmal modifiziert und eine Zweiteilung in I. »Weltanschauliche Schulung« und II. »Wissen und Weltanschauung« vorgenommen. Teil I war dem »Schulungsdienst« gewidmet und umfasste jetzt nicht nur die obligatorischen Abschnitte aus »Mein Kampf«, die vier Erzählungen, Beispiele aus der Praxis des Sippenamtes und den neu hinzugekommenen »Unterricht über den Gegner«, sondern auch »Kamerad an meiner Seiten« sowie vier Abhandlungen, die zusätzlich behandelt werden konnten. Teil II »Wissen und Weltanschauung« enthielt dagegen ausschließlich Hintergrundmaterial zur »Weiterbildung« der Schulungsleiter und Einheitsführer. Es folgten »Wir im Dienst«, »Hier lacht der SS-Mann«, Buch-, Theater- und Filmbesprechungen sowie gelegentlich tagespolitische Informationen. Diese offenkundig »überkomplexe« Gliederung führte dazu, dass die Hefte noch umfangreicher wurden. Das Oktoberheft von 1937 umfaßte bereits 109, das JanuarHeft 1938 110 Seiten. Inzwischen waren auch Klagen wegen des Umfangs laut geworden.19 Im November 1937 intervenierte Himmler mit einem Schreiben, in dem er die didaktische Ausrichtung und »Wissenslastigkeit« der Leithefte monierte und eine »bunte Mischung« unterschiedlicher Themen forderte: »Der Stoff, auch für die Verfügungstruppen, muß aus allen Teilen des Lebens gemischt sein, sei es, dass es sich um eine interessante Art erzählender Geographie handelt, oder um Geschichte, oder um Rassenkunde, um Rassenhygiene, um Kenntnis des Gegners, der Freimaurerei, des Katholizismus usw.«20 Nachdem Heißmeyer Cäsar geraten hatte, den laufenden Jahrgang wegen der bereits erfolgten Planungsarbeiten noch wie vorgesehen zu Ende zu bringen,21 beschwerte sich Himmler daraufhin im Januar, dass seine Anordnungen zur Gestaltung des Leitheftes nicht befolgt würden; Cäsar käme »von einem gewissen Intellektualismus nicht los« und müsse auf einen anderen Posten versetzt werden. Darré, der zu diesem Zeitpunkt im Urlaub war, bat daraufhin, die Entscheidung über eine Amtsenthebung Cäsars erst nach seiner Rückkehr zu treffen und die Herausgabe des aktuellen Leitheftes (Heft 10) um einen Monat zu verschieben; Cäsar solle in der Zwischenzeit einen Erholungsurlaub antreten.22 Himmler war damit einverstanden und empfing Cäsar zu einem klärenden Gespräch am 19. Februar. Darin präzisierte er

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IV. Das Schulungsmaterial

seine Vorstellungen und verwarf noch einmal jede wissenschaftsorientierte Didaktik. Himmler gab hier seine eigene Theorie des historischen Lernens zum Besten: Das Auf und Ab der Geschichte habe damit zu tun, dass das deutsche Volk aus seiner Geschichte nie richtig gelernt habe; daran sei auch die Pädagogik schuld: »In der Schule sind die Dinge paukermäßig dargestellt worden, so dass sie jeden anwiderten.« Die SS müsse deshalb einen anderen Weg wählen: »Ich halte es für notwendig, dass man die Geschichte in der unserem Volke eigenen Art und Weise weist, nämlich indem man sie erzählt und eine neue Form findet, die etwa der der Sagas entspricht.« Die Schulungsthemen dürften nicht immer nur aus einem Lebensgebiet gewählt werden, sondern müssten vielfältig sein, die Beiträge dürften nicht länger als 5-6 Seiten sein. Die Bearbeitung grundlegender Fragen – die »Dinge unserer Haltung, alle ethischen Fragen« behielt sich Himmler selbst vor: »Ich werde die Fragen des Verhältnisses des Mannes zu seiner Sippe, zur Familie, zum Volk, zum Staat, selbst behandeln.« Himmler schwebte eine Art trivialisierte Enzyklopädie vor, durchsetzt mit Heldenerzählungen aus der deutsch-germanischen Geschichte, er dachte an einen »großen, für alle Zeiten geltenden Plan«, zu dem Caesar ihm ein Gerüst entwerfen möge: »In diesem Gerüst sind dann alle Naturwissenschaften, Astronomie, Physik, Biologie, Volkskunde, Rassenkunde, Mineralogie, Heerwesen … einzubauen. Dazu die großen und kleinen Heldengestalten unserer Geschichte.« Es komme dem RFSS, notierte sich Caesar, »nicht auf Vermittlung eines konkreten Wissens im Allgemeinen an, sondern auf einen Überblick und darauf, in eindringlichen Darstellungen die Haltungsfehler und Haltungsstärken unseres Volkes aufzuzeigen und in jeden einzelnen Mann hineinzupflanzen.« Abschließend gab Himmler Caesar noch einige konkrete Tipps am Beispiel des letzten Leitheftes. Man müsse noch mehr im Stil der Zeit schreiben und Geschichte »weisen«. Die regelmäßigen Rubriken wie »Aus der Praxis des Sippenamt« oder »Unterricht über den Gegner« z. B. dürften nicht lehrhaft gestaltet werden; für den »Unterricht über den Gegner« etwa möge das Schulungsamt sich Material vom SD geben lassen, »das dann von Ihren Mitarbeitern in eine Geschichte gebracht werden muß«. Für weitere historische Stoffe solle man sich ans Ahnenerbe halten. Für die Gestaltung des 10. Leitheftes schlug Himmler folgende Aufteilung vor: 1. Auszüge aus »Mein Kampf«; 2. Die Dragonaden (aus der deutschen Geschichte); 3. eine Geschichte aus der Praxis des Sippenamtes; 4. eine Geschichte, die Unterricht über den Gegner zum Gegenstand hat; 5. eine Erzählung »Kamerad an meiner Seiten«.23 Am 7.3.38 folgte eine von Himmler unterzeichnete Anweisung ans Schulungsamt, in der er zwischen »Weltanschauungsunterricht und erzählender Schulung« unterschied. Der Weltanschauungsunterricht habe sich auf »wenige, wirklich wichtige Fragen« zu beschränken, die »erzählende Schulung« sei nicht nur an den Verstand, sondern auch an das Gemüt gerichtet und müsse im Mittelpunkt der Leithefte stehen. Himmler steckte einen formalen Rahmen für die Konzeptualisierung der »Leithefte« ab. Danach sollten die Hefte jeweils enthalten: a) 10 Fragen der Politik über Ereignisse des vergangenen Monats mit entsprechenden Antworten b) einen Abschnitt aus »Mein Kampf« c) eine »wöchentliche Schulung« aus Geschichte, Vorgeschichte oder Naturgeschichte: »Ich wünsche, dass diese Erzählungen den ganzen Rahmen des Irdischen und gesamten Weltgeschehens umfassen.« Da im Jahr insgesamt 10 Monate geschult werden sollte, ergab

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sich daraus die Zahl von 40 Wochenerzählungen. »Diese müssen nun zwanglos, heute aus dem Gebiet der Zoologie, morgen aus dem des 30j. Krieges, die 3. Woche aus der Vorgeschichte, die 4. aus der indogermanischen Geschichte, die fünfte Woche aus den Germanen- und Römer-Kämpfen zusammengestellt werden. Am Schluß jedes Jahres muss eine sinnvolle Aneinanderreihung in einem gesamten Vortrag stattfinden…«. d) eine kurze Erzählung »aus dem Leben«: aus der Praxis des Sippenamtes, der Ahnenforschung und Erblehre, Lebensweisheiten, »die sich aber nur um das eine Problem ewiger Zeugung und ewiger Jungerhaltung unseres Volkes in steigend gutem Blut kristallisieren.« In der »Gesamthaltung der Erzählung« sei Folgendes herauszustellen: »1. ein durch nichts umzustoßender Glaube an Gott, 2. die Verehrung der Ahnen und damit das Weiterleben in der Sippe [handschriftlicher Zusatz von Himmler: »d.h. in zahllosen Kindern guten Blutes«], 3. die Erziehung zu menschlicher Anständigkeit und zugleich zur Beachtung der Erkenntnis, dass zwei Erkenntnisse die Welt regieren: – der Selbsterhaltungstrieb des Individuums genannt: Hunger, – der Selbsterhaltungstrieb der Art, genannt: Liebe und dass das Volk untergeht, das diese Gesetze sozial oder in einer muckerischen oder sittenlosen (rassisch gesehen) Form missachtet.«24

Himmlers Vorstellungen hatten vor allem zwei Konsequenzen: Sie schlossen jedes sinnhafte zusammenhängende Curriculum aus, und sie liefen darauf hinaus, das Leitheft in ein Medium »erziehender Schulung« umzugestalten, in deren Zentrum eine geschichtlich vermittelte Haltungserziehung stand; auch wenn die Beiträge wissensbasiert waren, sollten sie doch keinem wissensorientierten Unterricht mehr dienen. Himmlers Vorschläge waren allerdings nicht ganz frei von Widersprüchen, denn die »10 Fragen und Antworten zur Politik« führten genau das »paukermäßige« Lernen wieder ein, das er gerade vermeiden wollte. Anstelle einer tagespolitischen Rubrik wünschte er, dass rd. 10 Fragen gestellt werden, die der Mann wirklich beantworten könne und die ihm dadurch im Gedächtnis blieben. »Z. B.: 1. Welcher Vertrag wurde zwischen Deutschland und Österreich geschlossen? 2. Welcher englische Minister ist zurückgetreten? usw.« An anderer Stelle oder in einem späteren Heft würde dann die Antwort stehen, so dass sie »lehrmäßig verwendet« werden können.25 Gleichwohl zog Himmler hier eine klare Linie, denn für eine unterrichtsmäßige Schulung sollten in Zukunft nicht mehr primär die Leithefte, sondern spezielle Stoffsammlungen und andere Schulungstexte dienen. Himmlers Vorschläge wurden jedoch nur zögerlich und halbherzig im Schulungsamt aufgenommen. Auch Cäsar blieb im Amt. Nachdem das Februar-Heft wegen der Unstimmigkeiten ausgefallen war, erschien Heft 10 als letztes Heft des Jahrgangs erst Mitte März 1938. Das Geschichts-Curriculum des Jahrgangs wurde mit einem Schwerpunktthema zur Gegenreformation fortgesetzt, wenn auch mit weniger Beiträgen als üblich; das Heft war im Umfang reduziert, enthielt einige Beiträge ohne Bezug zum Thema, und an die Stelle des »Unterrichts über den Gegner« war eine »erzählende Gegnerkunde« getreten mit mehreren Beiträgen zum Judentum und zum Bolschewismus. Neu hinzu kam ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse des Monats. Erst danach, im 4. Jahrgang, der im April 1938 begann, fehlten übergreifende Themen ganz, hier setzte jene »zwanglose« Folge von Beiträgen aus unterschiedlichsten Gebieten ein, die Himmler gewünscht hatte; ein roter Faden war nicht mehr erkennbar. Die Gliederung wurde vereinfacht, indem jetzt nur noch zwischen »I. Weltanschauliche

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Schulung« für den Schulungsdienst und »II. Wissen und Weltanschauung« zur Weiterbildung, aber nicht auch noch zwischen obligatorischen und fakultativen Teilen unterschieden wurde. Mit der Beibehaltung der Teils »Wissen und Weltanschauung« blieb aber doch ein Stück des von Himmler bemängelten »Intellektualismus« erhalten. Die verschiedenen Rubriken (»Aus der Praxis des Sippenamtes«, »Unterricht über den Gegner«, »Wir im Dienst«, »Kamerad an meiner Seiten«, »Hier lacht der SS-Mann«) verschwanden, stattdessen kam unter I. ein Abschnitt über die wichtigsten Ereignisse des jeweiligen Monats hinzu, der Himmlers Wünschen Rechnung trug, mit Fragen am Anfang (»Was geschah am …«), auf die am Ende die Antworten gegeben wurden. Außerdem endete jetzt jedes Heft mit einer »Morgenfeier der Hitler-Jugend«. Diese Struktur wurde bis zum Beginn des Krieges ohne größere Änderungen beibehalten. In dem Maß, wie das Leitheft vereinfacht, weniger schulmäßig und leichter verständlich gestaltet wurde, wurde es offenbar auch mehr gelesen. Die Auflage stieg von 10.500 im Frühjahr 1937 über 17.000 Anfang 1938 auf 27.500 Anfang 1939; im Gegenzug ließ sich der Bezugspreis senken. Stand am Anfang das Konzept, die obligatorischen Abschnitte vorlesen zu lassen, so sollte jetzt möglichst jeder SS-Mann das Leitheft selber lesen, auch der »auf einsamem Posten stehende SS-Mann« sollte erfasst werden.26 Mit Beginn des Krieges wurde das Leitheft noch einmal vereinfacht und im Umfang reduziert, erschien aber dafür jetzt 14täglich. Ab Januar 1940 verzichtete man auf jede innere Gliederung und Hinweise auf die Schulungspraxis; die Hefte umfassten jetzt ein Geleitwort, eine Reihe von Beiträgen zu verschiedenen Themen, darunter immer mehr, die auf den Krieg im allgemeinen, das aktuelle Kriegsgeschehen und seinen außenpolitischen Kontext Bezug nahmen; am Schluß stand ein Soldatenlied. Die Auflage erreichte 1942 eine Höhe von 250.000 Exemplaren27 und schien den Herausgebern Recht zu geben. Mit diesem starken Aktualitätsbezug entfernten sich die Leithefte jedoch aufs Neue von der Bahn, die Himmler 1938 vorgezeichnet hatte. Der »ewige Lehrplan« schien schon wieder in Vergessenheit geraten zu sein. Ungehalten ordnete Himmler im Juni 1942 an: »Für die SS-Leithefte stelle ich für alle Zeiten folgende Richtlinien auf: Die Leithefte haben sich niemals mit Tagesfragen zu befassen …«. Ein Heft von 1942 müsse genauso gut aus dem Jahre 1936 oder 1960 stammen können: »Ich will damit ausdrücken, dass in den Leitheften unseren Männern ein über alle Zeiten hinweg gültiger weltanschaulicher und umfassender naturwissenschaftlicher Unterricht sowie eine Unterweisung in der Geschichte der indogermanischen Völker, insbesondere des germanisch-deutschen Volkes, sowie die Kenntnis seiner Feinde darzubieten ist.«28 Himmler dachte weniger an Erläuterungen zum Kriegsgeschehen als an Unterweisungen in »männlich-heldischen« und »ritterlichen Tugenden«, in Ahnenverehrung und der Lehre von der Wiedergeburt in der eigenen Sippe. Wilhelm Gschwend, der inzwischen für die Herausgabe der Leithefte im SS-Hauptamt zuständig war, ersann daraufhin eine neue Form der Gestaltung, die Himmler schon eher zufrieden stellte. Die Vorgabe der »Überzeitlichkeit« interpretierte Gschwend so, dass die Themen zwar nicht »tagesaktuell« sein sollen, wohl aber »gegenwartsnah« sein können, so dass insbesondere »heldische Tugenden« auch in Frontgeschichten nahe gebracht werden konnten. Jedes Heft sollte von einer grundlegenden, zeitunabhängigen Wertvorstellung als »tragendes Motiv« bestimmt sein und dadurch eine »äußerlich und innerlich gestaltete künstlerische und geistige Einheit« erhalten. In den folgenden Heften wurde diese Einheit durch ein Symbol aus der germanischen und

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indogermanischen Vorstellungswelt verkörpert. Damit erhielten die Leithefte auch äußerlich eine neue Gestalt. Auf diese Weise entstand ein ganz anderes Curriculum: historische Erzählungen, naturkundliche Geschichten, die Erinnerung an große Männer, Heldengeschichten aus Vergangenheit und Gegenwart, Frontgeschichten, besinnliche Gespräche, Soldatenlyrik usw. wurden um ein jeweiliges Kernthema herum gebündelt und symbolisch mit der germanischen Geschichte verbunden: Jg. 8, Heft 1 (Juni 1942): Sommersonnenwende H. 2: Führertum aus Berufung (mit einer Führer-Standarte als Titelblatt) H. 3: Treue (unter anderem mit einem Beitrag »Robert Bosch – Treue zum Werk«) H. 4: Ewigkeit (germanischer Glaube) H. 5: Ernte (Oktober-Heft) H. 6: Opfer (Bezugnahme auf den 9. November) H. 7: Weihnacht (Dezember-Heft) Jg. 9, Heft 1 ? H. 2: Orden als Hüter des Reichs (Deutscher Orden, Ordensgemeinschaft, Heiratsbefehl der SS etc.) H. 3: Sieghafter Glaube H. 4: Wagnis und Verantwortung echten Führertums H. 5: Unser revolutionärer Wille H. 6: Ehrfurcht H. 7: Hakenkreuz als Symbol des Reichs H. 8: Ehe H. 9 und 10: der Baum als Symbol organischen Wachstums H. 11: Unsterblichkeit usw.29

Diese Kernthemen dienten gleichzeitig als Grundlage für die Wochenschulung, die 1940 für die Polizeibataillone angeordnet wurde.30 Die Hefte, so Gschwend, sollten den »weltanschaulichen Kern fühlbar machen und damit erziehen«. Sie müssten gleichzeitig Lesehefte für die Männer an der Front, wo kein regulärer Schulungsbetrieb möglich war, und Schulungshefte für Ersatzeinheiten, Dienststellen und Allgemeine SS sein. Dies beinhaltete für ihn eine einfache, gleichermaßen besinnliche wie unterrichtende Schreibweise. Die Texte sollten nicht in einem wissenschaftlichen Stil abgehalten, aber wissenschaftlich begründet sein: »Es schwebt mir also die Aufgabe vor, die Gegenstände einfach, schlicht und gemeinverständlich darstellen zu lassen, aber von der Hand von Kennern und Sachverständigen, so dass sie auf der einen Seite allgemeinverständlich, auf der anderen Seite wissenschaftlich unanfechtbar sind.«31 Das Schulungsamt arbeitete jetzt eng mit dem Ahnenerbe zusammen und stellte ihm dafür, da die Leithefte inzwischen ein umsatzstarkes Unternehmen geworden waren, 35 000 Reichsmark zur Verfügung. Gschwend wünschte sich von den Wissenschaftlern des Ahnenerbe kurze Originalbeiträge, volkstümlich und allgemeinverständlich geschrieben und »von einer inneren religiösen Haltung her« bestimmt – damit war der Bezug auf die genannten Grundwerte und Symbole gemeint.32 Einige Monate später folgte auf Anregung Himmlers eine Vereinbarung mit Prof. Tratz vom »Haus der Natur« in Salzburg, das ebenfalls dem Ahnenerbe unterstand, alle naturwissenschaftlichen Themen für die Leithefte von dort bearbeiten zu lassen.33 In einem Gespräch mit Berger im Mai 1943 honorierte Himmler die neue Entwicklung – die Leithefte seien »Hundertprozent besser geworden« –, war aber immer noch nicht ganz zufrie-

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den, obwohl sie seinen Vorstellungen eigentlich schon sehr nahe kamen. Vielleicht missfiel ihm, dass die Hefte immer noch auch auf aktuelle Kriegsereignisse Bezug nahmen, vielleicht wollte er aber auch nur das übergreifende Ziel noch einmal deutlicher herausstellen. Für ihn rückte zunehmend die Aufgabe in den Vordergrund, in den Heften eine Art Ersatz-Religion zu präsentieren, wie es Gschwend ja auch schon vorschwebte. Er stelle sich, berichtete Berger, die Leithefte weniger als eine Zeitschrift vor, sondern als eine Folge von Heften, die zu einem Sammelwerk des germanischdeutschen Glaubens zusammenwachsen, das in den kommenden Jahrzehnten genauso gelesen werden könne wie heute. Erneut forderte er die Aufstellung eines Jahresplans, der sich aus den einzelnen Gebieten zusammensetzt: Naturwissenschaft, indogermanisches und germanisches Glaubensgut, Rassenkunde »und das beste Schrifttum«.34 Etwas vereinfacht könnte man sagen, es ging Himmler um die Etablierung eines Weltbildes, das naturwissenschaftliche Erkenntnisse und germanische Glaubensvorstellungen vereinte und so eine unanfechtbare Grundlage für die weltanschauliche Schulung in der SS bilden sollte. Eine (pseudo-)naturwissenschaftliche und -philosophische Fundierung in einer vulgärdarwinistischen Metaphysik des Heroismus und des »ewigen Kampfes« sollte der nationalsozialistischen Weltanschauung eine Weihe überzeitlicher Geltung geben, und dies war ihm offenbar wichtiger als jeder politische Unterricht. Am Schluß waren realpolitische Inhalte weitgehend aus den Leitheften verschwunden, und auch eine Auseinandersetzung mit den »Gegnern« des Nationalsozialismus fand nicht mehr statt. Stattdessen wurden heroische Vorbilder präsentiert und »packende Berichte von Treue, Kameradschaft, Mut und Heldentum« gebracht.35 Die Leithefte dienten nicht mehr dem Unterricht sondern der Haltungserziehung; sie sollten sich, wie Himmler im Januar 1944 diese Entwicklung resümierte, unmittelbar ans »Herz und Gemüt« wenden: »Die Leithefte, die dafür da sind, haben im Laufe der Jahre manche Wandlung erfahren. Denn es ist sehr schwer, den Ton zu treffen. Der Soldat der SS oder Waffen-SS ist Nationalsozialist und Soldat. Er ist ein ausgesprochen politischer Soldat. Der SS-Mann ist in der Friedenszeit schon politisch geschult. Heute kriegen wir die Jungen, oder wenigstens sehr viele, von außerhalb. In diesen Leitheften bemühen wir uns, die politischen Grundgedanken unmerklich, aber immer wieder in jedem Aufsatz, in jedem Kapitel aufzuzeigen, den Gedanken des ewigen Kampfes auf dieser Erde, den Gedanken des Niemalsnachgebens und dass letzten Endes im Kampf der Pflanzen, der Tiere, der Kleinlebewesen, oder der Menschen, der Völker fortgesetzt der Starke übrig bleibt, dass es niemals einen Frieden gibt, sondern immer nur Kampf. … Der Kampf ist Weltgesetz, und die Welt ist nur dadurch am Leben geblieben. – Dann beschäftigen sich viele kleine Aufsätze mit der Heldengeschichte unseres Volkes, mit den Heldensagen… Diese Dinge mussten so geschrieben, so abgefasst sein, dass der Mann – jetzt verstehen Sie mich nicht falsch – es so lernte, wie früher unsere Jugend, unser Volk das kleine Kapitel aus der Bibel, mit dem man es damals beschäftigte, auswendig lernte, so dass es vorgetragen werden kann.«36

Offenbar arbeitete man im Schulungsamt einen Plan für das gesamte Jahr 1944 aus, der diesen Vorstellungen entsprach. Danach sollte erneut jedes Heft unter einem Leitthema stehen; geplant war diese Themenfolge: »Kraft des Glaubens in schwerer Not – Härte – Glaube an Gott als dem Gott der Stärke und der Kraft – Treue – Ewigkeit des Lebendigen – Ordensgeist -Anschauen und Ausharren zwingt das Schicksal – Führer und Gefolgschaft – Nur aus der Ehrfurcht wird das Lebendige – Heiligkeit der Erde – Un-

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sterblichkeit«. Für jedes Heft waren wieder vier größere und vier kleinere Abhandlungen vorgesehen, mit »Erzählungen« und Beiträgen aus den Bereichen Geschichte, Naturwissenschaft, »indogermanisches Glaubensgut« und Sippenpflege, Beispiele aus der Arbeit des Hauptamtes Gericht, Beispiele »schöpferischer Gestaltung« sowie als »unsere Heldensage« eine heroische Geschichte aufgrund von Gefechtsberichten, OKWund Kriegsberichtermeldungen, aber immer zentriert um das jeweilige Grundthema, das einen »ewigen« Grundwert verkörperte. Der Plan stellt eine Art verborgenes Curriculum für eine wöchentliche Schulungsarbeit dar und enthielt für jede Rubrik bereits thematische Vorgaben, wurde aber in dieser Systematik nicht mehr umgesetzt, sondern diente nur als ein ungefährer Leitfaden für die Gestaltung der Hefte.37 Besonders auffällig ist der Versuch der von Himmler angemahnten naturphilosophisch-religiösen Fundierung, mit einem starken Rekurs auf indogermanisches Glaubensgut (Edda, Nibelungen- und Hildebrandslied, Rigveda, Upanischaden, Zarathustra etc.). Zur Veranschaulichung sei die Themenplanung für September bis November wiedergegeben: »September: Schrifttum: Erzählungen zum Thema ›Nur aus der Ehrfurcht wird das Lebendige‹. Geschichte: Die deutschen Kaiserpfalzen (geopolitische Lage, baukünstlerische Gestalt und geschichtliche Bedeutung). Naturwissenschaft: Rassenkundlicher Beitrag: schöpferische Rasse und Kultur. Sippenpflege: Warum brauchen wir viele Kinder? (Kinder im Kriege) (die praktischen Fragen im Zwiegespräch). Indogermanisches Glaubensgut: Die ewige Wiederkunft (Völuspa, Pelavischriften). Gericht: Auf die falsche Bahn geraten (Verführung). Schöpferische Gestaltung: Die Frau als Gestalterin des Hauses. Oktober: Schrifttum: Erzählungen zum Thema Heiligkeit der Erde. Geschichte: Die europäische Sendung der Hanse… Naturwissenschaft: Aus der Vererbungslehre (Vererbung und Züchtung«). Sippenpflege: Im Lebensbornheim (Erlebnisbericht einer dort untergekommenen Mutter). Indogermanisches Glaubensgut: Zum Thema ›Ehre‹ (Hildebrandslied). Gericht: Feigheit und Verantwortung. Schöpferische Gestaltung: Die Ahnenecke. November: Schrifttum: Erzählungen zum Thema ›Unsterblichkeit‹. Geschichte: Wallenstein und Gustav Adolf. Naturwissenschaft: Entstehung und Entwicklung der Rassen. Sippenpflege: Von Urkunden, Handschriften und Bildern (ihre Bedeutung für das Kennenlernen der Charakterzüge der Ahnen). Indogermanisches Glaubensgut: heilige Frauen – heilige Mütter (indogermanische Quellen). Gericht: Ritterlichkeit gegen Frauen. Schöpferische Gestaltung: Volkskunst und Brauchtum.«

Funktions- und Strukturwandel der Leithefte können wir im Rahmen einer empirischstatistischen Analyse noch einmal nachzeichnen. Für den gesamten Zeitraum von 1936 bis 1944 haben wir 1.157 Beiträge gezählt und verschiedenen Themengruppen zugeordnet: 1. »selbstreferentielle« Beiträge, die sich mit Geschichte, Aufgaben und Struktur der SS oder der NSDAP befassen – die Leithefte waren dafür überraschenderweise kein Ort, denn mit 4,8% aller Beiträge fällt dieser Anteil sehr gering aus; 2. Beiträge zur nationalsozialistischen Weltanschauung im engeren Sinn (naturkundlich-philosophische Grundlagen, Rassenkunde, Bauerntum und deutsches Volkstum) – mit 36% aller Beiträge bildet dieser Komplex den eigentlichen Kern des Leitheftes;

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IV. Das Schulungsmaterial

3. Geschichte, mit den drei Schwerpunkten germanische Geschichte und Mittelalter, Neuzeit und neueste Geschichte: 17% aller Beiträge lassen sich dieser Themengruppe zuordnen, davon entfallen etwa die Hälfte auf die germanisch-mittelalterliche Zeit. 4. Institutionenkunde und Tagespolitik: mit 11% standen Themen aus diesem Kernbereich politischer Bildung nicht im Vordergrund; 5. »Gegnerkunde« – anders als man erwarten würde war auch dieser Themenbereich mit 9,8% nur von sekundärer Bedeutung; lediglich 2,7% aller Texte befassten sich explizit mit dem Judentum, und auch der Bolschewismus spielt mit 1,6% keine nennenswerte Rolle; mehr Beiträge (4,4%) widmeten sich dem angloamerikanischen Gegner; 6. unmittelbar kriegsbezogene Beiträge: sie bildeten mit knapp 25% die zweite Hauptgruppe aller Beiträge; allerdings handelte es sich ganz überwiegend um Frontgeschichten, »Soldatenlyrik« und »Tugend-Erzählungen«, nur 5% aller Beiträge befassten sich mit dem realen Kriegsgeschehen. Im Zeitverlauf lassen sich einige markante Schwerpunkt-Verschiebungen feststellen. 1936 kamen die meisten Beiträge aus den Bereichen »Gegnerkunde« (vor allem dem Judentum) und »deutsche Geschichte«, 1937 waren geschichtliche Themen dominierend – darin schlugen sich die Vorgaben für die Grundschulung nieder, an die sich eine intensive Beschäftigung mit der deutschen Geschichte anschließen sollte. Historische Themen bildeten auch 1938 mit 25% noch einen Schwerpunkt, traten aber dann mit dem Beginn des Krieges in den Hintergrund. 1938/39 kamen ein Drittel aller Beiträge aus dem engeren weltanschaulichen Themenkomplex. Insgesamt zeichneten sich diese Jahre aber durch eine große Vielfalt und Heterogenität der Beiträge aus, entsprechend der »Diversifikation« in der Gestaltung der Leithefte – Himmlers Intervention zeigte Wirkungen. Der Kriegsbeginn bedeutete ein Zäsur: 1940 befaßten sich 62% aller Beiträge mit Aspekten des Krieges und mit dem angelsächsischen Gegner, alle anderen Themen rückten in den Hintergrund. Dies war zugleich das Jahr mit der höchsten Zahl an Beiträgen zu realen Ereignissen und Hintergründen des Krieges; sie verschwinden in den folgenden Jahren allmählich wieder, stattdessen nehmen allgemeine militärische Tugenderzählungen und »Soldatenlyrik« immer mehr Raum ein. Nach 1940 geht der Anteil der kriegsbezogenen Beiträge insgesamt wieder zurück, bleibt aber bis zum Ende hoch; die meisten Beiträge sind jedoch den weltanschaulichen Grundlagen gewidmet, die 1942 allein die Hälfte aller Themen ausmachen. Damit setzte sich immer mehr jene von Himmler präferierte Struktur durch: auf der einen Seite Front- und Heldengeschichten, militärische Tugenderzählungen, Erinnerung an »große Männer« und große Ereignisse der deutschen Geschichte – hier rückte insbesondere das »Preußentum« Friedrichs des Großen immer mehr in den Vordergrund – auf der anderen Seite natur-, lebens-, volkstumskundliche und pseudoreligiöse Beiträge. Bezogen auf den zeitlichen Verlauf lässt sich eine durchgängige Thematisierung der deutschen Geschichte konstatieren, die sich in den ersten Jahrgängen (1936-1938) mit Beiträgen zur germanischen Mythologie und Vorgeschichte, mit Kriegsbeginn (ab Frühjahr 1940) dagegen stärker mit der Thematisierung soldatischen Heroismus’ verbindet. Im Verlauf des Krieges geht der Anteil »SS-spezifischer« Themen generell zurück – dies weist darauf hin, dass die Leithefte ab Kriegsbeginn zunehmend für die breite Masse der Soldaten der Waffen-SS geschrieben wurden. Gleichwohl waren diese Themen während der gesamten Zeit bis Anfang 1945 präsent, zumal der erste,

Schulungstexte

433

noch themenspezifisch ausgerichtete Jahrgang der Leithefte auch später für die Grundschulung herangezogen wurde. In der Monatsschulung und überall dort, wo ein lehrgangsmäßiger Unterricht stattfand, insbesondere in der Unterführer-Ausbildung und den Führeranwärterlehrgängen, ging es stets auch um die Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung, als deren privilegierter Hüter sich die SS verstand. So sehr die Waffen-SS auch zu einer Massenarmee expandierte, so bestand der Ordensgedanke einer weltanschaulich geschulten Elite doch bis zum Ende fort.

IV.2 SCHULUNGSTEXTE Die Leithefte bildeten nur die eine Hälfte des Schulungsmaterials; den anderen Teil bilden eigenständige Texte, Stoffsammlungen, Broschüren und Bücher, die für eine mehr unterrichtsmäßige Schulung erstellt wurden. Diese Texte unterschieden sich deutlich von den Leitheften, sowohl in der thematischen Ausrichtung als auch in der curricularen Konzeption, weil das Curriculum der Anfangszeit in ihnen bis zum Ende des Krieges fortwirkte und weiterentwickelt wurde. Insgesamt fanden sich 264 Texte, unabhängige Publikationen oder interne gedruckte Texte, die für die Schulungsarbeit bestimmt waren oder empfohlen wurden.38 Bei 229 ließen sich Umfang und Inhalt ermitteln, in den anderen Fällen gab es nur Hinweise. Etwa drei Viertel der Texte sind Handblätter und Broschüren. Die Handblätter umfassten in der Regel 4 bis 8 Seiten und waren vorwiegend als Handreichungen zur schnellen Unterrichtung der Einheitsführer für die laufende Monatsschulung während des Krieges gedacht. Für Schulungsleiter und Mitarbeiter der Abt. VI wurden ausführlichere Ausarbeitungen – Broschüren und Stoffsammlungen – verschickt. Sie umfassten im Durchschnitt 25 Seiten, es gab aber auch recht umfangreiche Ausarbeitungen; so hatte z. B. die 1943 herausgegebene Stoffsammlung »Rassenpolitik« 72 Seiten, die 1942 vom SS-HA herausgebrachte Schrift »Bauerntum« 99 Seiten. Diese Texte lieferten teils Hintergrundsmaterial für die Monatsschulung, teils wurden sie in den laufenden Lehrgängen eingesetzt. Die Stoffsammlung »Rassenpolitik« sollte z. B. drei Monatsschulungen abdecken, während »Bauerntum« ebenfalls in der Monatsschulung eingesetzt werden sollte, gleichzeitig aber auch für einen 16stündigen Lehrgang konzipiert war. Bei einigen Texten handelt es sich um umfangreichere Bücher, die zum Teil von Mitarbeitern des Schulungsamtes oder anderen SS-Angehörigen verfasst und offiziell für die Schulung empfohlen wurden. Einige Bücher stammen von »externen« Autoren, einige wurden von der Wehrmacht und von anderen Ämtern wie der Reichsorganisationsleitung, dem Propagandaministerium oder der Reichsjugendführung übernommen – etwa 9% aller Texte entstanden nicht in der SS oder der Polizei selbst. Erfasste Texte nach der formalen Struktur: 88 Handblätter (bis 10 Seiten) 39 Broschüren und Stoffsammlungen von 10-25 Seiten 47 Broschüren, Stoffsammlungen und Bücher von 25-50 Seiten 36 Texte mit 50-100 Seiten Umfang 19 Bücher mit mehr als 100 Seiten

434

IV. Das Schulungsmaterial 53 Bildbände 8 Kompendien39

Eine klare Tendenz im Zeitverlauf lässt sich nicht ausmachen. Auffällig ist aber, dass die größte Zahl an einzelnen Texten im letzten Kriegsjahr erschien (21,6% 1944/45); dies korrespondiert mit der allgemein festzustellenden Expansion des Schulungswesens 1944. An zweiter Stelle steht das Jahr 1938: 18,4% aller Texte erscheint in diesem Jahr. Hier liegt der Grund in der Übernahme der Polizeischulung durch die SS, die im Herbst 1937 anlief und für die zunächst eine eigene Reihe von Handblättern und Stoffsammlungen herausgebracht wurde.40 Tatsächlich lag die Zahl dieser Texte noch höher, weil sich die Reihe nur unvollständig rekonstruieren ließ. Während des Krieges wurden dann im Wesentlichen die Stoffsammlungen für die Waffen-SS auch von der Polizei für die Monatsschulung übernommen. Schließlich sticht noch das Jahr 1941 etwas hervor. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass erst Ende 1940 der regelmäßige Versand von Stoffsammlungen für die Monatsschulung in der Waffen-SS einsetzte. Schulungstexte nach Erscheinungsjahr insgesamt 264*) Jahr Anzahl % *) davon

1935

1936

1937

1938

1939

1940

1941

1942

1943

1944/45

4

16

16

47

22

17

36

19

22

55

1,6

6,7

6,3

18,4

8,6

6,7

14,1

7,4

8,6

21,6

15 ohne Jahresangabe

In der strukturellen Zusammensetzung dominieren Texte zur Geschichte, zum Themenkomplex »weltanschauliche Grundlagen des Nationalsozialismus« (Rassen- und Vererbungslehre, Bauerntum, Volkstum) sowie zur »Gegnerkunde« – diese Texte machen zusammen fast 70% aller Schriften aus. Hinzu kommen themenübergreifende (Lehrpläne und Kompendien) sowie einige »selbstreferentielle« Schriften, die sich mit der SS selbst, mit der Gestaltung von Feiern oder der Person des »Führer« befassen. Es fällt auf, dass Texte, die speziell auf den Krieg und das Kriegsgeschehen bezogen sind, nur zu Beginn des Krieges (1940) eine herausragende Rolle spielen, sonst aber randständig bleiben. Auch das Thema »Europa« spielt erst gegen Ende des Krieges eine nennenswerte Rolle. Auch Schriften, die sich unter institutionenkundlichen Gesichtspunkten mit dem Deutschen bzw. Großdeutschen Reich beschäftigen und im engeren Sinn der »politischen Bildung« dienen, wurden nur in geringer Zahl erstellt. Textgruppen themenübergreifende und »selbstreferentielle« Texte »weltanschauliche Grundlagen« – Bauerntum – Rassen- und Vererbungslehre – Volkstum/Brauchtum Geschichte – Germanenzeit und Mittelalter Institutionenkunde Gegnerkunde – Judentum

n

%

32 57 7 18 21 70 29 15 55 15

12,1 21,6 2,6 6,8 7,9 26,5 11,0 5,7 20,8 5,7

Schulungstexte – Bolschewismus – »Angloamerikanismus« Europa kriegsbezogene Texte

18 17 17 31

435

6,8 6,4 6,4 11,7

Unter den verschiedenen Themenfeldern nimmt die Geschichte mit über 26% den ersten Platz ein. Dies liegt auch an der hohen Zahl kleiner Stoffsammlungen zu den verschiedenen Abschnitten der »deutsch-germanischen« Geschichte, die, wie erwähnt, insbesondere 1938 erschienen. Historische Themen bestimmen das Bild in den Jahren 37/38 – 72% aller Texte, die in diesen Jahren herausgebracht werden, befassen sich mit historischen Themen. Im Verlauf des Krieges verliert die historische Legitimation der SS und des Nationalsozialismus offenbar an Bedeutung – nach 1941 erscheinen nur noch 5 Texte, historische Themen bleiben aber in den übergreifenden Schriften präsent, die jetzt an Bedeutung gewinnen. Unter den historischen Themen wiederum nimmt die Zeit von der germanischen Vorgeschichte bis zum Mittelalter mit 29 Texten den größten Raum ein, gefolgt von der Neuzeit (16.-18. Jahrhundert, 15 Texte), während dem 19. und 20. Jahrhundert (bis zur Weimarer Republik) nur noch acht Texte gewidmet sind. Dies verdeutlicht, in welchem Maß die SS ihre historische Legitimation aus einer weit zurückliegenden »deutsch-germanischen« Vergangenheit bezog. In den geschichtlichen Darstellungen erschien bereits die Reformation als missglückt und die Französische Revolution als entscheidende Wende hin zu einer negativen Entwicklung. Neben der historischen stand die »lebensgesetzliche« Begründung des Nationalsozialismus durch die Volks- und Rassenkunde. In diese Kategorie fallen Texte zur Lebensführung, zur Naturkunde, Rassen- und Vererbungslehre, zum Volksbegriff, zu Volks- und Brauchtum sowie zum Bauerntum. Insgesamt sind 21,6% aller Texte dieser Gruppe zuzuordnen. Davon entfallen knapp ein Drittel (18 Texte) auf das Themenfeld Rassenkunde und Vererbungslehre, bezogen auf die Gesamtheit aller Schulungstexte sind das etwa 7% – eine relativ geringe Zahl für diesen insbesondere in der SS so begriffenen Kernbereich der »nationalsozialistischen Weltanschauung«. Man muss dies aber in Verbindung mit der dritten Hauptgruppe, den Texten zur »Gegnerkunde« sehen, da die Hauptgegner des Nationalsozialismus zum Teil in Kategorien der Rassenlehre thematisiert wurden. Aber auch die »germanische Geschichte« wurde zumeist in einem rassengeschichtlichen Rahmen behandelt, so dass man es hier neben einer spezifischen (naturwissenschaftlich begriffenen) auch mit einer übergreifenden Kategorie zu tun hat. »Gegner« waren in erster Linie »Judentum, Bolschewismus und Angloamerikanismus«. Hinzu kamen die Themen »Freimaurerei« und »Politischer Katholizismus«, die aber randständig blieben. Die Entwicklung der »Gegner-Schriften« folgt einer klar erkennbaren Logik: 6 Texte erscheinen 1936, als das »GrundlagenCurriculum« der Allgemeinen SS entsteht, weitere 5 Texte erscheinen 1938 mit dem Beginn der Polizeischulung. Sonst spielt die »Gegnerkunde« vor dem Krieg keine nennenswerte Rolle. Ab 1940 erscheinen dann zunächst zahlreiche Texte über den angloamerikanischen Gegner (insgesamt 17 Texte zwischen 1940 und 1944), ab 1941 kommt mit Beginn des Russland-Feldzugs der »Bolschewismus« hinzu. Die meisten Gegner-Schriften erscheinen 1942, der doppelten Front gegen England/USA und die Sowjetunion entsprechend, und 1944. Zwischendurch, nach der Katastrophe von Stalingrad, war die Produktion der Gegner-Schriften vorübergehend fast zum Erliegen gekommen, so als hätte der Respekt vor dem Gegner den ideologischen Eifer paraly-

436

IV. Das Schulungsmaterial

siert, aber 1944 wird noch einmal ein großer ideologischer Angriff gestartet, der sich jetzt ganz auf den Bolschewismus konzentriert. Acht der insgesamt 19 Schriften gegen den Bolschewismus erschienen allein in diesem Jahr. Die Frontstellung gegen den »Angloamerikanismus« tritt demgegenüber zurück, während gleichzeitig die »europäische Idee« propagiert wird: von 17 Texten, die explizit »Europa« gewidmet sind, erschienen allein 11 im Jahr 1944, weitere drei waren 1943 herausgekommen. Insgesamt 15 Texte sind explizit dem Judentum gewidmet. Sie verteilen sich relativ gleichmäßig über den gesamten Zeitraum, die Hälfte erscheint vor, die andere Hälfte nach Beginn des Krieges. Die größte Zahl an Schriften zum Judentum erscheint 1944 (4 Texte), das Jahr, in dem insgesamt die meisten Gegner-Schriften erscheinen (31% dieses Genres). Bleiben noch die unmittelbar kriegsbezogenen und die »selbstreferentiellen« Texte, die jeweils etwa 12% aller Texte ausmachen. Kriegsbezogene Texte tauchen erst 1940 auf – in den Schulungsschriften lässt sich daher keine direkte Vorbereitung oder Einstimmung auf den Krieg ausmachen. 1940 dagegen ist der Krieg das dominierende Thema, danach tritt es wieder hinter andere Themen zurück. Die größte Zahl kriegsbezogener Texte erscheint dann erst 1944, als noch einmal alle Anstrengungen unternommen wurden, um kämpferische Tugenden zu mobilisieren. Das Jahr 1944 wird von den Themen »Gegner, Krieg und Europa« mit zusammen 39 Texten bestimmt. Das Jahr 1943 bot demgegenüber ein völlig anderes Bild: nur jeweils zwei Texte erschienen zu den Themen »Gegner« und »Krieg«, drei Texte zu »Europa«. 1943 ist ein Jahr der Selbstvergewisserung: Über die Hälfte aller Schulungsschriften dieses Jahres sind themenübergreifende und selbstreferentielle Texte; es handelt sich vor allem um Schriften über die SS, zur Feiergestaltung und über Hitler sowie einige Lehrpläne und Kompendien, größtenteils Texte mit Richtliniencharakter und einer stark schulungspraktischen Ausrichtung. Dazu passt, dass auch erstmals ausführlichere methodischdidaktische Anleitungen in Schulungsschriften erscheinen. Die Produktion solcher Texte setzt sich 1944 fort, so dass von allen Schriften dieser Kategorie 68% auf die Jahre 43/44 entfallen. Ein großer Teil der Texte erschien im Rahmen von Schriftenreihen, die zumeist den Zweck hatten, Einheitsführer, Schulungsleiter und -referenten laufend mit Materialien für die Monatsschulung zu versorgen. Zum Teil nahmen sie auch die Gestalt von Kompendien an, die kapitelweise für die laufende Schulung versandt wurden. Diese Reihen lassen sich nur noch teilweise rekonstruieren. Einen Vorläufer stellten die Schwerpunktthemenhefte in den ersten beiden Jahrgängen der Leithefte dar, die ein erstes »Grundschulungscurriculum« abbilden sollten. Parallel zu diesen Heften erschienen 1936/37 die Bildbände mit Textheften für die Lichtbildervorträge, die die Sturmbann-Schulungsleiter zu halten hatten: der zweiteilige Band Blut und Boden; das dreiteilige Werk Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus, der zweiteilige Band zur deutschen Geschichte Germanische Frühzeit und Großgermanische Zeit sowie die Bildbände Osterbrauchtum und Maienbrauchtum. Mit Übernahme der Polizeischulung durch die SS begannt man Ende 1937 mit der Herausgabe der Reihe »Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, in der in dichter Folge bis zum Beginn des Krieges 79 Hefte erschienen, überwiegend kleine Handblätter von 4 bis 6 Seiten. Sie bildeten die wichtigste Materialgrundlage für die Lehrgänge der Schutzpolizei bis 1939. Für die Herausgabe der Reihe war der Jurist Werner Schütt zuständig, Leiter der Abteilung für Polizeischulung im Schulungsamt der SS, bis er

Schulungstexte

437

1940 zum Oberkommando der Wehrmacht wechselte und dort die Schriftleitung der »Soldatenblätter für Feier und Freizeit« übernahm.41 An der Reihe dürften auch die Lehrer Heyse und Crost sowie der gelernte Buchhändler Karl Unseld beteiligt gewesen sein, die unter Schütts Leitung in der Abteilung »Polizeischulung« arbeiteten.42 Einige Handblätter sind vereinfachte Zusammenfassungen anderer Texte und der Bildbände des Schulungsamtes. Die Texterstellung erfolgte anfangs in enger Anlehnung an das Grundschulungscurriculum der Leithefte und eines Kompendiums des Schulungsamtes zur deutschen Geschichte, bis dann im Laufe des Jahres 1938 eine eigenständige Erarbeitung einsetzt; in der Abfolge der Hefte ist danach kein systematischer Zusammenhang mehr erkennbar. Dies änderte sich mit der Herausgabe der »Schriftenreihe zur weltanschaulichen Schulung der Ordnungspolizei«, die 1940 beginnt: in diesem Jahr erschienen 6 Hefte, von denen fünf unmittelbar auf die Kriegsschauplätze bezogen waren. Die ersten beiden Hefte (Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit und Deutschlands Schicksalskampf im Westen) waren erweiterte Versionen der beiden letzten Hefte, die im Rahmen der »Stoffsammlung« erschienen. Die Stoffsammlung wurde danach eingestellt, etwa zeitgleich mit der Auflösung der Abteilung »Polizeischulung« im SS-Hauptamt, an deren Stelle im April 1940 eine eigene Amtsgruppe für weltanschauliche Erziehung im Hauptamt Orpo trat. Gegenüber der »Stoffsammlung« waren die Texte der »Schriftenreihe« erheblich umfangreicher und auch qualitativ wesentlich anspruchsvoller, indem sich sie auf wenige Schwerpunktthemen konzentrierten. Die Schriften des ersten Jahrgangs (1940) waren weitgehend identisch mit der »Stoffsammlung für die weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS«, die zeitgleich herauskam. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass die neu gebildete »Amtsgruppe WE« im Hauptamt Orpo gleichzeitig von Joachim Cäsar als Chef des Schulungsamtes der SS geleitet wurde. Offenbar hat diese Amtsgruppe die grundlegenden Schulungsmaterialien im Wesentlichen vom SSHauptamt übernommen. Für das Winterhalbjahr 1940/41 entwarf die inzwischen gebildete Abt. VI des SS-Führungshauptamtes einen Schulungsplan, der vor allem darauf abzielte, die Legitimität der deutschen Machtansprüche zu Beginn des Krieges zu begründen. Der Plan sah fünf Themen vor, die in insgesamt zehn Stunden von jeweils 45 Minuten zu behandeln waren. Zu diesen Themen wurden vom SS-Hauptamt Stoffsammlungen erstellt, die wiederum auch für die Ordnungspolizei übernommen wurden und in der Schriftenreihe der Orpo erschienen. Das gleiche gilt für den Winterschulungsplan 1941/42. Thematischer Schwerpunkt war mit Beginn des RusslandFeldzuges der »neue« Kriegsgegner Sowjetunion, im Verlauf des Jahres 1942 traten die USA hinzu, die übrigens beide von Anfang an als »weltanschauliche Gegner« – »Bolschewismus und Amerikanismus« – thematisiert wurden. 1943, nach der Kapitulation bei Stalingrad, stand die Vergewisserung der Ziele und weltanschaulichen Grundlagen der eigenen Politik im Vordergrund, gleichzeitig beginnt die Hinwendung zum Thema »Europa«: von neun thematisch bekannten Heften der Schriftenreihe waren drei der Rassenpolitik, je eine dem Bauerntum und der NSDAP sowie drei der Sicherung Europas als Aufgabe des Reichs gewidmet. Mit Europa und der Bolschewismus erschien Anfang 1944 das letzte uns bekannte Heft dieser Reihe. Die Schriftenreihe der Ordnungspolizei lässt sich nahezu lückenlos von Anfang 1940 bis Anfang 1944 rekonstruieren; sie umfasste mindestens 39 Ausgaben, die in ihrer Gesamtheit den relevanten Themenzyklus der Schulungsarbeit während des Krieges abbilden. Diese Texte

438

IV. Das Schulungsmaterial

hatten zumeist einen Umfang von mindestens 25 Seiten, folgten in Umfang und Aufmachung aber keiner vorgegebenen Norm, sondern fielen je nach Thema und Inhalt ganz unterschiedlich aus. Im Prinzip waren sie Unterrichtstexten für höhere Schulen vergleichbar. Sie stammten bis auf wenige Ausnahmen aus dem Schulungsamt im SSHauptamt, das über die erforderlichen Fachabteilungen verfügte. Die Stoffsammlungen für die weltanschauliche Erziehung der Waffen SS sind, anders als die Schriftenreihe der Ordnungspolizei, bibliographisch nicht mehr nachweisbar, sondern nur anhand der Winterschulungspläne 1940/41 und 41/42 sowie zugehöriger Korrespondenzen rekonstruierbar. Danach erschienen von 1940 bis Februar 1941 insgesamt 11 Stoffsammlungen mit entsprechender Nummerierung, denen für die Zeit von November 1941 bis März 1942 weitere 8 Hefte (ohne Nummerierung) folgten, die sich den Themenvorgaben für die Monatsschulung zuordnen lassen. Die Texte dürften mit den Veröffentlichungen in der Schriftenreihe der Orpo identisch gewesen sein und sich nur in der Abfolge unterschieden haben. Für Rekruten der inzwischen stark expandierten Waffen-SS gab das Schulungsamt 1944/45 eine neue Reihe heraus, die »Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht«, die aber nicht als Periodikum, sondern als Textsammlung erschienen und für die Grundschulung der Rekruten der Waffen-SS gedacht waren. Die Reihe bestand aus 16 Broschüren, in denen insgesamt 25 Themen behandelt wurden, die die verschiedenen Aspekte der nationalsozialistischen Weltanschauung und ihrer Hauptgegner zum Gegenstand hatten. Es waren kurze, prägnant formulierte Texte von 4 bis 7 Seiten, die in vereinfachter Form das grundlegende Wissen zusammenfassten, das man für die Zugehörigkeit zur SS für notwendig hielt. Bei aller Einfachheit der Texte ergaben sie doch ein umfangreiches Kompendium von insgesamt 161 Seiten.43 Die Handblätter bildeten zusammen mit zwei Lehrplänen, die das SS-Hauptamt 1942/43 herausbrachte, die wichtigste Materialgrundlage für die Lehrgänge, die gegen Ende des Krieges in der Waffen-SS stattfanden.44 Werfen wir an dieser Stelle zum Vergleich einen Blick auf die »Leithefte«, so ergibt sich ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der inhaltlichen Schwerpunkte. »Gegnerkunde«, deutsche Geschichte und »Europa« waren die drei zentralen Felder, auf denen man versuchte, eine Erklärung und Rechtfertigung des Krieges zu formulieren; sie machten als explizite Themen 56% aller Schulungstexte aus, während der entsprechende Anteil für thematische Beiträge in den Leitheften bei nur 29,5% lag. Trotzdem war der Krieg in den Leitheften stark präsent: knapp 25% aller Beiträge handelten explizit vom Krieg, ab 1940 galt dies kontinuierlich für rd. ein Drittel aller Beiträge. Dagegen widmeten sich insgesamt nur 11% der Schulungstexte explizit dem Krieg. Diese Texte befassten sich aber mit Ursachen, Hintergründen, Sinn und Zielen des Krieges, während in den Leitheften soldatische Tugenden, Kriegsgeschichten und viel »Soldatenlyrik« im Vordergrund standen. Gleichzeitig spielten kulturelle Aspekte, das deutsche Volkstum, deutsche Landschaften, Städte etc. sowie große Vorbilder und Beispiele des Heroismus aus der deutsch-germanischen Geschichte in den Leitheften eine größere Rolle als in den Schulungsschriften, Elemente, die wir den »Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« (ohne Gegnerkunde und Geschichte) zugeordnet haben. Dazu könnte man auch die zahlreichen Beiträge aus dem Feld der kriegsbezogenen Themen rechnen, in denen das Preußentum und Friedrich der Große verherrlicht werden. Die Differenz zwischen beiden Textarten verdeutlicht den

Schulungstexte

439

Unterschied zwischen nationalsozialistischer Erziehung und Schulung: Die Leithefte dienten der Haltungserziehung und der »seelischen Erbauung«, sie waren, in den Worten Himmlers »ans Herz und Gemüt gewandt« und sollten insbesondere während des Krieges die Männer auch innerlich aufrichten; Instruktionen über eine Phalanx bedrohlicher Gegner passten da schlecht hinein. Die Schulungstexte waren demgegenüber eher für einen an den Verstand gerichteten Unterricht gedacht, der die Angst vor dem Gegner abbauen und nicht zuletzt auch Argumentationshilfen in der geistigen Auseinandersetzung mit ihm bereitstellen sollte.45 In den ersten Jahrgängen, als noch keine oder kaum Schulungstexte verfügbar waren, erfüllten die Leithefte noch primär die Funktion, Textmaterial für die Schulungsarbeit zu liefern. Dies zeigt sich am Anteil der Themenfelder Geschichte und Gegnerkunde: auf beide Themenfelder zusammen entfielen 1936 rd. 56%, 1937 etwa 53%, danach geht der Anteil sukzessive zurück bis auf 11% 1942; Geschichtsthemen bleiben zwar weiter präsent, aber die Gegnerkunde verschwindet ab 1942 praktisch aus den Leitheften, während sie zur gleichen Zeit in den Schulungsschriften zum dominierenden Thema wird. In diesem Zusammenhang müssen auch die Daten zur Präsenz der Themenfelder »Rassenkunde« und »Judentum« interpretiert werden. Sowohl in den »Leitheften« als auch in den Schulungsschriften scheinen beide Themen keine große Rolle zu spielen: 6,1% der Schulungsschriften sind dem Thema Rassenkunde, 5,4% dem Thema »Judentum« gewidmet. In den Leitheften liegt dieser Anteil bei 6,6% bzw. 2,7%. Über das Judentum erscheinen während des Krieges nur 4 Beiträge in den »Leitheften«, ab 1942 gibt es keinen einzigen Beitrag mehr. Der Antisemitismus war, wie der Herausgeber des »Schwarzen Korps« Gunter d’Alquen erklärte, selbstverständlich, aber nicht zentral, weil er allgemein vorausgesetzt wurde.46 Aber auch über die anderen Gegner schweigen die Leithefte in den letzten Kriegsjahren. Dagegen widmen sich während des Krieges etwa 30% aller Schulungsschriften der Gegnerkunde, und da im nationalsozialistischen Selbstverständnis hinter allen Gegnern letztlich dass Judentum steckt, ist die Auseinandersetzung mit dem Judentum in all diesen Texten mehr oder weniger deutlich präsent. Ähnliches gilt für die Rassenkunde. Im engeren Sinn war dies ein sehr spezielles Themenfeld, in dem rassenanthropologisches, vererbungskundliches u. ä. »Wissen« ausgebreitet wurde; andere Texte, insbesondere solche zur Gegnerkunde, aber auch zur deutschen Geschichte stützten sich oft in essentieller Weise auf dieses Feld, so dass auch das »Rassenkonzept« in einem hohen Maße in den Schulungsschriften präsent war.

Themenübergreifende Schriften Seit 1935 gab es Arbeiten an Schriften, die die grundlegenden Prinzipien der SS zusammenfassen und als Leitfaden für eine »SS-gemäße« Lebensführung dienen sollten. Hierzu zählen einige kleinere Skripte wie »Der Weg des SS-Mannes«, in dem der ideale Lebensweg von der HJ zum SS-Führer nachgezeichnet wird, und die »Lebensregeln für den SS-Mann«, eine Anweisung über den Umgang mit Streit und Konflikt in der SS.47 Umfangreicher und grundlegender waren die »100 Leitsätze des SS-Mannes« angelegt, die als »Schulungsfibel« für die Grundschulung dienen sollten, aber über das Stadium eines mehrfach überarbeiteten Entwurfs nie hinausgekommen sind – die

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IV. Das Schulungsmaterial

endgültige Herausgabe wurde nach Anordnung Himmlers im Februar 1936 auf einen unbestimmten Termin verschoben.48 Ebenso wurde der »Katechismus« nicht weiter geführt, der nach den »Gegnergesprächen« in den Leitheften 1 bis 4 des 2. Jahrgangs zusammengestellt worden war. Einen neuen Anlauf startete das Schulungsamt 1938 mit dem Handbuch »Der SS-Mann«. Es sollte 70 Seiten umfassen und in 12 Kapiteln die Geschichte der nationalsozialistischen Bewegung sowie Geschichte, Gliederung und Aufgaben der SS darstellen und Bilder der Oberabschnittsführer und Hauptamtschefs der SS enthalten.49 Ob dieses Handbuch jemals erschien, bleibt unklar; entsprechende bibliographische Hinweise waren nicht zu finden. Einige themenübergreifende Schulungskompendien entstanden 1941/42, als die Einführung der Untersturmführerprüfung für SS-Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD eine gewisse Normierung für die im RSHA vorgeschriebene Vorbereitung in »Schulungsgemeinschaften« erforderlich machte.50 Hier gab es offenbar keine zentralen Vorgaben. Der Oberabschnitt München erstellte 1941 ein »Schulungs-Leitheft für SS-Führeranwärter der Sicherheitspolizei und des SD«, ein Kompendium von 123 Seiten, der Inspekteur der Sicherheitspolitzei und des SD (IdS) Stuttgart brachte eine eigene 210 Seiten starke Schrift »Was ich über die Untersturmführerprüfung wissen muss« heraus, die neben thematischen Abschnitten auch methodische Hinweise enthielt.51 Beide Sammlungen ähneln sich in der inhaltlichen Ausrichtung und enthalten fast identische Passagen, sind aber unterschiedlich gegliedert. In Hamburg versandte der IdS regelmäßig kleine Texte im Rahmen einer Loseblattsammlung, die allerdings mehr auf politische Informationen als auf »weltanschauliche Schulung« ausgerichtet waren.52 Als Serie waren wohl auch die »Grundrisse« gedacht, die das RSHA vermutlich 1941 herausgab. Das Gesamtwerk bestand aus 23 Folgen, die zusammen ein Schulungskompendium von über 200 Seiten bildeten. Herausgeber war die »AG für SS-Führer-Anwärter« in der Amtsgruppe IB des RSHA, die von Rudolf Hotzel geleitet wurde.53 Die »Grundrisse« waren kein zusammenhängender Text, sondern eine Zusammenstellung unterschiedlicher Ausarbeitungen und Materialien, von denen einige auch schon an anderer Stelle veröffentlicht worden waren, wie z. B. die Texte »Warum wird über das Judentum geschult?«, »Wie wird über die Freimaurerei geschult?« und »Warum wird über den Bolschewismus geschult«, die aus dem SS-Leitheft übernommen wurden (Grundrisse 9, 10 und 11). Der Grundriß 3 »Geschichte der Bewegung« enthielt lediglich eine chronologische Aufstellung von Daten, dem Grundriß 2 »Geschichte – Aufgaben – Aufbau der Polizei« war ein bereits 1936 im »Schwarzen Korps« erschienener Beitrag von Heydrich (»Wandlungen unseres Kampfes«) beigefügt.54 Die Amtsgruppe IB brachte darüber hinaus eine Schriftenreihe zur »politischen und weltanschaulichen Erziehung der Sipo und des SD« heraus, in der aber wohl nur zwei Schriften erschienen sind: Heft 1: »Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung« und Heft 3: »Die Weltfreimaurerei« (1942).55 Die Schrift über den »Rassegedanken« wurde offenbar vom IdS Hamburg übernommen, denn der Verfasser war der Seminarlehrer Emil Evert, der 1941/42 als Schulungsreferent beim IdS Hamburg arbeitete und dort auch die Folge »Aktuelles Schulungsmaterial für die Leiter von Schulungsgemeinschaften« herausgab.56 Diese Schulungskompendien sind alle inhaltlich ähnlich ausgerichtet: Sie enthalten in unterschiedlicher Ordnung und Gewichtung jeweils Abschnitte zur deutschen Geschichte, zur Geschichte der »Bewegung«, zu den »weltanschaulichen Grundlagen«

Schulungstexte

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und »Gegnergruppen« des Nationalsozialismus sowie geopolitische und institutionenkundliche Ausführungen. Es fällt auf, dass sowohl das Münchner als auch das Stuttgarter Kompendium den christlichen »Gegnergruppen« viel Raum geben, aber kein spezielles Kapitel zum Judentum enthalten. Beide Sammlungen befassen sich mit dem Judentum eher nebenbei im Kapitel über den »nationalsozialistischen Rassegedanken«. Die »Grundrisse« dagegen behandeln die konfessionellen Verhältnisse nur am Rande, widmen sich aber gleich in zwei Folgen sehr ausführlich dem Judentum, das hier zum Hauptgegner avanciert. Insgesamt vermitteln diese Kompendien den Eindruck improvisierter, rasch zusammengestellter Sammlungen, deren Elemente nur lose miteinander verbunden sind. So erscheint die Auswahl der historischen Themen relativ zufällig: Im Münchener Schulungsleitheft waren dies im Wesentlichen drei Themen, nämlich die Reformation, der 30jährige Krieg und Bismarck; im Stuttgarter Kompendium kam noch »Heinrich I.« hinzu, während die »Grundrisse« noch weiter zurückgingen und ein Heft über »Karl und Widukind« enthielten. Einen systematischen inneren Zusammenhang und eine stringente Gliederung weisen erst die Schulungslehrpläne auf, die 1942/43 im SS-Hauptamt erstellt wurden, insbesondere der »Lehrplan für die 12wöchige Schulung« und der »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei«. Beide Lehrpläne fanden vielfache Verwendung und bildeten die wichtigste curriculare Grundlage für die laufenden Lehrgänge in der Waffen-SS und der Polizei. Die Abteilungen VI bedienten sich der Vorlagen dieser Lehrpläne nach der Art eines Baukastensystems, indem sie jeweils Abschnitte übernahmen und mit anderen Inhalten kombinierten. Der »Lehrplan für die 12wöchige Schulung« umfasste 84 Seiten, war auf 30 Unterrichtsstunden ausgelegt und in vier Hauptteile gegliedert: 1. 2. 3. 4.

Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (10 Std.) Der Kampf um das Reich (12 Std.) Die lebensgesetzlichen Grundlagen des Nationalsozialismus (6 Std.) Die SS, ihre Geschichte und Grundsätze (2 Std.)

Der geschichtliche Teil (»Kampf um das Reich«) hatte den größten Umfang und enthielt eine klar strukturierte und – im Kontext des nationalsozialistischen Denkens – stringente Darstellung der »deutsch-germanischen« Geschichte von den »Urgermanen« bis 1933, gegliedert wiederum in vier Unterabschnitte: I. Germanien, II. Das Kaiserreich des Mittelalters, III. Der Aufstieg Preußens, IV. Das Reich Bismarcks und V. »Zusammenbruch und Neubau« – eine Gliederung, die die historische Legitimität des Dritten Reichs programmatisch untermauern sollte, indem aus der Neuzeit gewissermaßen nur das Preußentum und die Reichsgründung 1970/71 akzeptiert wurde. Der Teil über die »lebensgesetzlichen Grundlagen« ergänzte dies um den Anspruch einer rassenbiologischen Legitimierung des nationalsozialistischen Staates durch den Rekurs auf Rassenkunde, Vererbungslehre und Bevölkerungswissenschaft. Die letzte Stunde stellte die SS als rassenpolitische Avantgarde des Nationalsozialismus vor und leitete so über zum abschließenden vierten Teil.57 Der »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei«, vermutlich 1943 entstanden, war ähnlich konzipiert und mit 88 Seiten ähnlich umfangreich, hatte aber etwas andere Akzentuierungen, da er die deutsche Geschichte, das Dritte Reich, den Nationalsozialismus und die SS jetzt in einen europäischen Kontext stellte,

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IV. Das Schulungsmaterial

in dem die Waffen-SS zu einer europäischen Avantgarde mutierte. Der Lehrplan war für einen 34stündigen Lehrgang gedacht und beinhaltete folgende Hauptteile: I. II. III. IV.

Die SS, Geschichte und Grundsätze (4 Std.) Europa und das Reich (12 Std.) Der Führer, sein Leben und seine Bedeutung für Europa (10 Std.) Die lebensgesetzlichen Grundlagen unserer Weltanschauung (6 Std.).

Der Teil über die SS wurde an den Anfang gestellt und insbesondere um eine Unterrichtsstunde über »die Waffen-SS als Vorkämpferin Europas« und die »europäische Aufgabe der SS« erweitert. Der historische Teil wurde vollständig umgeschrieben in eine um die Idee des »Reichs« zentrierte deutsch-germanisch-europäische Geschichtsdarstellung. Entsprechend lauteten die Unterabschnitte jetzt: 1. Entstehung Europas, 2. Das Reich und Europa im Mittelalter, 3. Das Zeitalter der europäischen Bürgerkriege, 4. Das Wiedererstarken der deutschen Mitte Europas, 5. Das Reich und die Neuordnung Europas. Teil III dagegen wurde nahezu komplett aus dem 12wöchigen Lehrplan übernommen und nur mit einem neuen Titel versehen; die ersten fünf der insgesamt zehn Stunden dieses Teils waren ohnehin eng an Hitlers Selbstdarstellung in »Mein Kampf« angelehnt. Der Teil über die »lebensgesetzlichen Grundlagen« wurde um einige vererbungswissenschaftliche Passagen erweitert (»Die Zwillingsforschung«) und wiederum stärker »europäisch« ausgerichtet (»Die nordische Rasse und Europa«, »Lebensgesetzliches Denken und Europa«). Auch die »Lösung der Judenfrage« war inzwischen »über die Grenzen des Reichs hinaus heute eine Lebensfrage der Völker Europas geworden«.58 Eine eigentliche »Gegnerkunde« fehlt aber in beiden Lehrplänen. Die »Judenfrage« wird zwar mehrmals angesprochen, einmal im Kontext der Rassenbiologie, zum anderen dort, wo Hitlers Erkenntnisse über »Arbeiterfrage, Marxismus und Judentum« (vor allem bezogen auf die »Novemberverbrecher«) aus »Mein Kampf« wiedergegeben werden, aber dies geschieht eher beiläufig, so als müsse dazu nichts mehr gesagt werden. Ähnliches gilt für den Bolschewismus, obwohl die Aufgabe des »Kampfs gegen den Bolschewismus« den gesamten Text insbesondere des zweiten Lehrplans wie ein Leitmotiv durchzieht. Eine Begründung für diesen Kampf wird nicht geliefert, das Motiv des antibolschewistischen Kampfes wird vorausgesetzt. Beide Lehrpläne wollten zwar kämpferische Energien mobilisieren, betonten aber mehr das Gemeinsame und Verbindende als die »Gefahren des Gegners«. Dies gilt noch mehr für einen weiteren themenübergreifenden Schulungsplan der Germanischen Leitstelle vom Herbst 1944, der speziell für die Schulung in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS konzipiert wurde und die »europäische Idee« ganz in den Mittelpunkt stellte. Ob der Plan, der im Oktober 1944 erst im Entwurf vorlag, noch realisiert wurde, ist allerdings ungewiß.59 Eine Besonderheit war, dass hier ein gesellschaftspolitisches Konzept vorgestellt wurde, mit dem man auch anderen Völkern ein »positives« Angebot machen wollte, um sie für den Kampf an der deutschen Seite zu gewinnen: der »völkische Sozialismus«. Der Entwurf gliederte sich in sieben Kapitel: I. II. III. IV.

Der Umfang unserer Führungsaufgabe Das Europäische Ziel Die geschichtliche Leistung des Reiches für Europa Die Einheit Europas

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V. Die europäische Völkergemeinschaft VI. Der völkische Sozialismus VII. Die Aufgabe der SS

Die SS präsentierte sich hier als »Vorkämpferin für ein neues Europa«, als Ziel des Kampfes wurde ein »Germanisches Reich nordisch bestimmter Menschen« und der »völkische Sozialismus im Sinne einer lebensgesetzlichen Volksordnung« propagiert. Immer schon sei es Aufgabe des Reichs gewesen, Europa und seine Kultur nach Osten abzusichern und »asiatische Anstürme« abzuwehren. Ein starkes deutsches Reich sei Garant der politischen Einheit Europas. Die europäische Einheit habe aber auch ein »natürliches« Fundament im Indogermanentum mit einem gemeinsamen Anteil an führendem nordisch-fälischen Blut, das wie im Deutschen Reich auch in Europa noch vorhanden sei. Infolge der Durchdringung des europäischen Raums mit nordischfälischem Blut während der Zeit der Völkerwanderungen sei in allen Völkern Europas eine »in ihrem Blutserbe nordisch bestimmte Führungsschicht« entstanden. Einheit und Vielfalt Europas ließen sich mühelos mit dem Konzept der nordischen Rasse auf einen Nenner bringen: »Während Führungsschicht und Staatsordnung in allen diesen Völkern maßgebend bestimmt sind durch dasselbe nordisch-fälische Blut, gibt der verschieden starke Mischungseinschlag der übrigen europäischen Rassen den einzelnen Völkern ihre blutsmäßige Eigenart und ihrer kulturellen Entwicklung den charakteristischen eigenen Stil. Die europäischen Völker sind also nach Führungsschicht und sonstigem Blutsbestand nahe verwandt.« Im Griechentum, im alten Rom und im mittelalterlichen Kaiserreich habe ein nordischblütiger Adel gewirkt und eine einheitliche europäische Kultur hervorgebracht, Wissenschaft und Kunst Europas seien nordische Schöpfungen. Drei Irrwege hätten die europäische Völkergemeinschaft von dieser Einheit abgebracht: Universalismus, Imperialismus und Bolschewismus. Mit »Universalismus« war die »naturwidrige Gleichheitsidee« der katholischen Kirche, mit Imperialismus die des Liberalismus (»Geldimperialismus«) gemeint. Der »Völkische Sozialismus« respektiere dagegen die »lebensgesetzlichen Notwendigkeiten« und gründe sich auf die »natürliche Lebensordnung«; dazu gehöre die »Wiederherstellung eines lebenskräftigen Bauerntums«, aus dem allein sich die nordische Rasse erneuern könne, und die »Ausschaltung aller Giftstoffe aus dem Volkskörper« durch rassenhygienische und -politische Maßnahmen. Der »Völkische Sozialismus« löse aber auch die soziale Frage, indem er das Recht auf Arbeit und Eigentum sowie soziale Sicherheit für jeden einzelnen garantiere. Dazu seien die »plutokratisch regierten kapitalistischen Staaten« ebenso wenig in der Lage wie der Bolschewismus, der nur ein verkappter Staatskapitalismus sei und eine besonders raffinierte Form der Massenausbeutung durch eine kleine im Hintergrund stehende Ausbeutergruppe darstelle: »Eine echte Lösung kann nur in den gewachsenen Lebensordnungen selbst gefunden werden. Der Glaube an die gesunde Kraft des Natürlichen weist auch hier die richtigen Wege. – Das Leben des Einzelmenschen findet Sinn und Erfüllung, wenn er aus seiner ichhaften Vereinzelung und egoistischen Verkapselung herausgelöst wird und sich in den Dienst seiner Familie und seines Volkes stellt.« Blieb in diesen Texten die »Gegnerkunde« im Hintergrund, so rückte sie doch 1944 noch einmal massiv in den Mittelpunkt. Ein Kompendium des SS-Hauptamtes »Ausbildungsunterlagen für weltanschauliche Erziehung«, das 10 Kapitel umfasste und ganz auf den Krieg bezogen war, enthielt ein Kapitel über den »Vernichtungswillen

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IV. Das Schulungsmaterial

unserer Gegner« und eines über »Judentum, Bolschewismus und angloamerikanischen Kapitalismus«. Der Krieg wurde, wie in vielen Texten dieser Zeit und Art, in die Perspektive eines endzeitlichen Kampfes gerückt, bei dem Europa selbst auf dem Spiel stünde; denn in den »jüdischen Bolschewiken« sei ein »perverser und blutrünstiger Haß« am Werk, eine »sadistische Zerstörungslust«, die in Europa »eine dumpfe, seelisch gebrochene, ehrlose, willenlose und kulturlose Masse von Zwangsarbeitern« schaffen würde. »Judas kalter Vernichtungswille« stecke hinter allen angloamerikanischen und bolschewistischen Plänen.60 Gleichzeitig versuchte man, in den länderspezifischen Ausarbeitungen themenübergreifender Schulungsmaterialien flexibel zu sein und die Besonderheiten der jeweiligen Länder zu berücksichtigen. So enthielten etwa die »Richtlinien für die weltanschaulichen Erziehung der Esten«, an denen man noch im März 1945 arbeitete, den Hinweis, dass es in Estland keine Judenfrage gab, »der Este« daher »nicht immer Verständnis für Fragen« hätte, die für den Nationalsozialismus im Vordergrund stünden; eines aber stehe für ihn fest: die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Bolschewismus. Um so deutlicher müsse die weltanschauliche Erziehungsarbeit klar machen, dass die kleinen Völker anders als im »völkermordenden Bolschewismus« im kommenden Europa ihr Lebensrecht bewahren würden, nur dann könne man »Liebe und Vertrauen zu Adolf Hitler als dem obersten Befehlshaber auch der estnischen SS-Verbände, dem Führer des Reiches und Retter Europas wecken«.61 Anders im Umgang mit den Letten; hier sollte die Volksgemeinschaftsidee im Vordergrund stehen und der »deutsche Sozialismus« als Alternative zum Bolschewismus als der »schärfsten Form des Kapitalismus« ebenso wie zum Amerikanismus und zur »Versklavung« durch das »jüdische Weltkapital« herausgestellt werden. Bei der Abwehr und Kritik von Bolschewismus, Judentum und Amerikanismus solle man eigene Erfahrungen und Autoren der Letten zu Wort kommen lassen. Hinsichtlich der Schulung über den »Rassengedanken« wies Ziegler darauf hin, dass die Letten zwar auch ihren »Rassestolz« hätten, aber keine »Germanen« sein wollen, deshalb müsse man diesen Ausdruck in der Schulungsarbeit vermeiden.62 An »selbstreferentiellen« Texten sind Schriften über die SS selbst zu nennen, die hauptsächlich 1943/44 herauskamen, wie »Das ist der Weg der SS« und »Die SS, der Stoßtrupp des neuen Europa«, die im Rahmen der »Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht« erschienen,63 oder »SS im Kampf«, ein aufwändig gestalteter Bildband mit Kunstdruckbeilagen und Fotos von der deutschen Heimat und vom Krieg, den die Schulungsamt-Mitarbeiter Herbert König und Ludwig Pröschold erstellten. Speziell an die Landjugend richtete sich eine Schrift des SS-Hauptamtes mit dem schlichten Titel »SS«. Sie propagierte die Siedlungsarbeit in den besetzten Gebieten des Ostens und verhieß Erbbauernhöfe für Jungbauern, die bereit waren, in der SS für die »Heimkehr von Europas Osten« zu kämpfen; im Anhang fand sich eine Liste der Ergänzungsstellen der Waffen-SS mitsamt Bewerbungsformular.64 Andere Schriften hatten mehr informatorischen Charakter wie die Schulungsunterlage »Der Weg der SS«, die das SS-Hauptamt 1944 für Einheitsführer herausgab und die über Gliederung, Aufbau etc. der SS und der Polizei instruierte, ebenso die Unterrichtsmappe »SS- und Polizeiwesen«, die noch im März 1945 fertig gestellt wurde.65 Die Unterrichtsmappe ist nicht erhalten. Es muss sich um eine sehr umfangreiche Loseblattsammlung gehandelt haben, denn eine erste Lieferung von 376 Seiten ging in einer Auflage von 1000 Exemplaren an den SS-Druckschriftenversand in Guben und wartete dort auf den

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Weiterversand an die Einheiten, zu dem es wahrscheinlich aber nicht mehr gekommen ist, weil die Strecke im Frühjahr 45 gesperrt war.66 Dabei dürfte es sich um die Ausarbeitung eines Lehrplans für das Fach »SS- und Polizeiwesen« gehandelt haben, das nach Anordnung Himmlers im August 1944 als eine Art »SS-eigener Institutionenkunde« in alle Junker- und Reservejunker-Lehrgänge aufzunehmen war. Der Lehrplan war auf ein knappes halbes Jahr – je 2 Unterrichtsstunden in 22 Wochen, also insgesamt 44 Stunden – ausgelegt.67

»Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« Die nationalsozialistische »Weltanschauung« sollte auf einer vermeintlich »lebensgesetzlichen« Grundlage ruhen und der »natürlichen Ordnung« entsprechen. »Volk und Rasse«, »Blut und Boden« waren die wichtigsten begrifflichen Koordinaten dieser Weltanschauung. Als »Lebensgesetze« galten das »Gesetz der Fruchtbarkeit« (positive Geburtenentwicklung) und das »Gesetz des Kampfes und der Auslese« – Gegenauslese und »Entartung« führten zum Volkstod. Himmlers Forderung nach einer »narrativen Enzyklopädie« für die Leithefte folgend, war man auch bestrebt, über die Rassen- und Vererbungslehre hinaus Naturkundliches im weitesten Sinne in dieses Weltbild zu integrieren, doch kam man hier über klägliche Ansätze nicht hinaus. So erschien etwa 1939 in der Reihe »Stoffsammlung für die Weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« ein Heft über Astronomie, in Anlehnung an Kant unter dem Titel »Der gestirnte Himmel über mir«. Der Text rückte die »Himmelskunde« der Germanen in den Mittelpunkt und behauptete, dass die nordischen Völker seit je führend in der Entwicklung der astronomischen Wissenschaft gewesen seien, während sich die semitischen Völker stets mehr mit astrologischem Humbug abgegeben hätten.68 Im Rahmen des Winterschulungsplans 41/42 dürfte ein Heft über »Die Schöpfung – Quelle aller Erkenntnis« herausgekommen sein. Himmler legte Wert darauf, die SS nicht als atheistische Organisation erscheinen zu lassen, und daher erschien in den »Handblättern für den weltanschaulichen Unterricht« 1944 das Heft »Als Nationalsozialisten glauben wir an eine göttliche Weltordnung«, verfasst von Joseph Mayerhofer, Referent für Volkskunde und Brauchtum im Schulungsamt, zuvor als Schulungsleiter im Konzentrationslager Sachsenhausen tätig. Zu den weltanschaulich-philosophischen Ergüssen der SS-Prominenz zählen Darrés »Neuordnung unseres Denkens«, noch 1942, als Darré politisch bereits kalt gestellt war, in der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei erschienen, Stengel-Rutkowskis Werk »Was ist ein Volk?« und einige Schriften von Ludwig Eckstein. Kurioserweise muss man Ecksteins schwer lesbare psychologische Habilitationsschrift »Die Sprache der menschlichen Leibeserscheinungen« zu den Schulungsschriften der SS rechnen, denn das Schulungsamt ließ sie im Mai 1943 an die Polizeischulen und an die Abteilungen VI in den Konzentrationslager versenden.69 Eckstein, der sich gerade in Erlangen habilitiert hatte, war zu diesem Zeitpunkt wissenschaftlicher Referent des Schulungsamtschefs und avancierte wenig später gleichzeitig noch zum Chefadjudanten von Gottlob Berger. Er konnte sich daher mit Recht als den eigentlichen wissenschaftlichen Leiter des Schulungsamtes betrachten und schien dies durch eine Vielzahl von Schriften grundlegenden Charakters unterstreichen

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IV. Das Schulungsmaterial

zu wollen. So lieferte er u. a. eine Reihe von Beiträgen für die Leithefte und steuerte zu den »Handblättern für den weltanschaulichen Unterricht« das Heft »Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte« bei; seine Broschüre »Rassenleib und Rassenseele« war bereits 1943 an die Schulungsabteilungen der Konzentrationslager gesandt worden. In einer bemerkenswerten Schrift mit dem Titel Die Überwindung der Enge, die 1944 im Schulungsperiodikum für die Abt. VI »Politischer Dienst für SS und Polizei« sowie als unabhängige Publikation im Eher-Verlag der NSDAP erschien und übrigens auch in der Schulungspraxis nachweisbar ist,70 stellte er eine Art modernisierungstheoretische Analyse aus nationalsozialistischer Sicht über »die Deutschen« an. Danach sei Deutschland unter den »politisch bedeutsamen Großvölkern« – Frankreich, Großbritannien, USA – das »raumärmste und eingeengteste«, weil es an der Entwicklung der Nationalstaaten nur mit Verzögerung und an der der Kolonialstaaten erst, nachdem die Welt schon verteilt war, teilgenommen hätte; zudem habe Deutschland nach dem 1. Weltkrieg noch Gebiete verloren und sei dadurch noch mehr eingeengt worden. Interessant ist, dass Eckstein als Hauptursache dieser »Enge« ein »politisches Zurückgebliebensein« ausmacht, das er nicht nur geopolitisch, sondern vor allem auch kulturell und psychologisch deutet: In der Folge dieses »Zurückgebliebenseins« sei es zu einer Wendung nach innen gekommen, die sich positiv zwar in großen wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Leistungen niedergeschlagen habe, auf der negativen Seite stünde aber ein unpolitischer und schließlich »innerlich verengter« Mensch mit Neigung zur »Beamtenhaftigkeit«, der sich durch einen Mangel an »Kraft und Mut zur Eigenverantwortlichkeit und Initiative« auszeichne. Den Nationalsozialismus verstand Eckstein als großangelegtes Projekt, dieses »Zurückgebliebensein« aufzuholen und den Schritt hinaus in die »Weite« zu tun, und daraus ergab sich dann auch als zentrale Aufgabe der Erziehung: »Die Behauptung in der Weite verlangt eine planmäßige Schulung zur Selbstverantwortung, zum Mut, zur Initiative, zur Großzügigkeit, zum Weitblick«.71 Eckstein übertrug diese Diagnose auf Kontinentaleuropa, das aufgrund seines einzelstaatlichen Partikularismus hinter dem Aufstieg Englands, der USA und Russlands zu Weltmächten zurückgeblieben sei und inzwischen in Gefahr sei, eine angloamerikanische Kolonie oder ein Anhängsel des bolschewistischen Russland zu werden. Auch Europa müsse deshalb seine »Enge« überwinden und unter Führung des bereits erwachten Reichs den »Anschluss an die Zeitentwicklung« vollziehen. Der Krieg mutierte so zu einer europäischen Mission, für die Deutschland die Führung und Verantwortung übernahm: »Die Überwindung der innereuropäischen Enge und die Schaffung einer größeren Einheit und Gemeinschaft der europäischen Völker ist für uns der positive geschichtliche Sinn des gegenwärtigen Weltkrieges.« Gleichzeitig mit Ecksteins Habilitationsschrift wurde auch Stengel-Rutkowskis ambitioniertes Werk »Was ist ein Volk?« im Mai 1943 an die Abteilungen VI – unter anderem auch in den Konzentrationslagern – versandt, auch dies eine Habilitationsarbeit; man dachte wohl, die Lehrer, die in diesen Abteilungen Dienst taten, wären die richtigen Adressaten dieser Werke. Stengel-Rutkowski hatte seine Arbeit 1940 bei seinem Mentor Astel in Jena eingereicht und war anschließend mit einer Dozentur für »Rassenhygiene, Kulturbiologie und genetische Philosophie« bedacht worden. Sein Anspruch war es, eine grundlegende begriffliche Klärung des Komplexes »Volk und Rasse« herbeizuführen. Deshalb fühlte er sich auch berufen, die Leitung der von ihm

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selbst ins Spiel gebrachten Akademie und Ausbildungsstätte des Rasse- und Siedlungshauptamtes zu übernehmen.72 Entlang des einfachen Schemas »gleiche/verschiedene Umwelt – gleiche/verschiedene Erbsubstanz« entwickelte er ein in sich schlüssiges Konzept der Klassifizierung von Völkern und ihren Beziehungen untereinander: gleiche Umwelt verbinde eine zeitlang (Beispiel Klassenkampfgedanke oder Katholizismus), gleiche Erbbeschaffenheit verbinde auf Dauer (Beispiel Deutschland und Österreich); verschiedene Erbsubstanz trenne auf Dauer (Beispiel Deutsche und Juden) etc. Mit gleichem oder »echtem« Volk habe man es nur dort zu tun, wo »Umwelt- und Substanzgemeinschaft« sich decken. »Echte Völker« hätten daher z. B. auch »lange ein stärkeres biologisches Recht auf die Rückgewinnung der ihnen in Notzeiten abhanden gekommenen Teile ihrer Erbanlagen- und Umweltgemeinschaften…«. Dies galt etwa im Falle Österreichs.73 Aber z. B. sei auch die »Einordnung« der französischen Hugenotten problemlos gewesen, weil es sich um vorwiegend nordische Volksgruppen gehandelt habe. Der »ehemals deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens« dagegen sei »uns immer fremd« geblieben. Die Juden definierte Stengel-Rutkowski als »ein in enger Fortpflanzungsgemeinschaft lebendes eigenes Volk mit kennzeichnender Rassenmischung und unvergleichlich zahlreichen kriminellen Sonderanlagen.«74 Bei der Analyse des jüdischen Volks kämen bereits erbpathologische Aspekte zum Tragen. So unterschied er weiter zwischen »Defekten«, die in der Erbsubstanz und solchen, die in der Umwelt lägen. Zu den »umweltbedingten Defekten« rechnete er etwa solche Zeiterscheinungen wie den Liberalismus und die verstädterte Zivilisation als das Umfeld, in dem der Liberalismus vorzugsweise gedeiht. »Freiheit« definierte StengelRutkowski als die »Möglichkeit, seiner Art entsprechend leben zu können«. Im Nationalsozialismus sei dies durch die Verknüpfung der beiden Begriffe vorgegeben: »Nation« stehe für Erbanlagen- und Schicksalsgemeinschaft, »Sozialismus« für die »lebensgerechte Ordnung unseres Lebensraumes, unserer Umwelt«: »Wegen dieser seiner naturgesetzlichen Basis ist der Nationalsozialismus so schicksalshaft unüberwindlich.« Aufgabe des Staates war es danach, Erb- und Umweltdefekte zu beseitigen, die »Anlagen zum Bösen aus der Fortpflanzungsgemeinschaft auszuschalten« und für eine der Erbsubstanz förderliche Umwelt zu sorgen: »Will ich mein Volk bessern, so stehen mir dazu eigentlich immer nur zwei Wege offen: Ich habe es durch Auslese für die Zukunft besser zu züchten, und ich habe durch eine der Rasse verantwortliche Ordnung und Gestaltung der menschlichen Umwelt einschließlich Wissenschaft, Religion und Politik aus den jeweils vorhandenen Menschen meines Volkes das für das große Leben Günstigste herauszuholen.«75

Hofmann, der Chef des RuSHA, dem Stengel-Rutkowski seine Schrift zusandte, war beeindruckt, bedankte sich bei ihm und bestellte sogleich 20 Exemplare für seine Dienststellenleiter; eine kürzere und prägnantere Version, so meinte er, könne auch in größerer Auflage Verwendung finden.76 Dass seine Habilitationsschrift tatsächlich in der Schulungsarbeit präsent war, bestätigt die große Bedeutung, die man ihr auch im Schulungsamt zumaß. Auch in einigen Stoffsammlungen, die während des Krieges herauskamen, wurde auf Stengel-Rutkowskis Werk verwiesen. Tatsächlich hatte es lange an grundlegenden und systematischen Darstellungen zur nationalsozialistischen Rassen- und Vererbungslehre in den Schulungsschriften der SS gemangelt. Genau genommen lag eine solche Darstellung erst 1941 mit der Stoffsammlung »SS-Mann

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IV. Das Schulungsmaterial

und Blutsfrage« vor. Bis dahin hatte man einige Texte von externen Autoren übernommen.77 Aus eigener Produktion waren hauptsächlich zwei Bildbände erschienen: »Das Blut, seine Bedeutung, Reinhaltung und Verbesserung«, als Teil 1 des Lichtbildervortrags »Blut und Boden« 1936 für die Grundschulung in der SS verfasst, und »Gattenwahl«, ein Band mit 143 Bildern, den der Volksschullehrer und Schulungsleiter der 69. Standarte Willi Drager zusammengestellt hatte, deren Herstellungskosten das Schulungsamt übernahm. Der Band »Gattenwahl« war als Illustrationshilfe zum Verlobungs- und Heiratsbefehl der SS gedacht und sollte, wie von Hans F. K. Günther propagiert, anhand ausgewählter Fotos zum »richtigen Blick« erziehen. Der Text arbeitete stark nach dem Schema »Bild und Gegenbild«. So wurden junge deutsche Frauen mit Zigeunerinnen und Jüdinnen kontrastiert, einem deutschen Sportmädel wurde eine Bauchtänzerin aus Kamerun gegenübergestellt, einer jungen Bayerin eine Kriminelle mit 28 Vorstrafen. Einer deutschen Sportlehrerin stand die unvermeidliche »negerblütige Josephine Baker« gegenüber, »die bedeutendste Interpretin der uns artfremden Jazzmusik. Ihr Sport ist Abenteuer mit Männern, ist niedrigste Sexualität«, während es über die deutsche Lehrerin heißt: »In ihrem Beruf muss sie körperlich leisten und kann sie ihre erzieherischen Fähigkeiten einsetzen. Aus ihrem Antlitz spricht Einsatzbereitschaft und Entschlußkraft. Um diese Frau muss man kämpfen! Wie oft geschieht es leider, dass solch eine Frau unverheiratet bleibt, weil es Männer gibt, die vorziehen, ein gefügiges, williges Weibchen zu haben. … Aus der Gestalt der Sportlehrerin spricht Geist, Seele und Charakter, aus der Mulattin dumpfe, wahllose Sinnlichkeit.«78

An die Reihe der Bildbände schloss sich der Band »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« an, den das Schulungsamt 1941 herausgab. Nach Befehl Himmlers sollte der Band jedem einzelnen SS-Angehörigen zukommen, Heydrich ordnete darüber hinaus an, nicht nur die Angehörigen von Sicherheitspolizei und SD, sondern auch die weiblichen Hilfskräfte zu beliefern.79 Auch hier bediente man sich des bewährten Schemas »Bild und Gegenbild«: Fotos von jungen und gesunden nordisch-germanischen Menschen standen solchen von geistig Behinderten oder jüdischen KZ-Insassen gegenüber, es überwogen aber die »positiven« Bilder, die eine Vorbildfunktion haben und das eigene generative Handeln anregen sollten.80 Die wichtigsten Stoffsammlungen des Schulungsamtes zum Themenkomplex bildeten »SS-Mann und Blutsfrage« (1941) und »Rassenpolitik« (1943). Beide dürften in den Einheiten der Waffen-SS und der Ordnungspolizei weithin präsent gewesen.81 Auch »SS-Mann und Blutsfrage« enthielt noch einen Anhang mit »Gegenbildern« von Behinderten, Juden und »Fremdvölkischen«, die in einer dehumanisierenden Sprache (»denn diese sind nur ein Wurf nach dem Menschen hin«) mit Fotos von deutschen Soldaten und Lebensbornheimen kontrastiert wurden. Beim Text selber handelte es sich aber um eine vergleichsweise sachliche Darstellung hauptsächlich zur Rassenhygiene, die den damaligen »Wissensstand« in Form eines Unterrichtswerks, mit Schaubildern und Grafiken unterlegt, zusammenfasste und weitgehend ohne antisemitische Wendungen auskam. Anders die Stoffsammlung »Rassenpolitik«, in der es weniger um wissenschaftliche Grundlagen als um praktisch-politische Konsequenzen ging. Das Werk, 71 Seiten stark, war auf einen Kursus von 11 Unterrichtsstunden ausgelegt, fand aber sowohl in Lehrgängen als auch in der Monatsschulung Verwendung. In einem Literaturanhang wurde neben den »Klassikern« wie Baur/Fischer/Lenz, Burg-

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dörfer und Günther auch auf die erwähnten Arbeiten von Eckstein und StengelRutkowski verwiesen, das Kapitel »Rasse und Volk« nahm unmittelbar auf Stengel-Rutkowskis »Was ist ein Volk?« Bezug. Der Text war in vier Teile gegliedert, die in der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung« auf drei Hefte verteilt wurden: Teil I »Der Rassegedanke« und II »Rasse und Volk« bildeten das erste Heft, Teile III »Die Aufgaben der Rassenpolitik« und IV »Die rassenpolitischen Aufgaben der SS« die anderen beiden Hefte. Der Text betonte zu Beginn den naturwissenschaftlichen Anspruch der nationalsozialistisch orientierten Rassen- und Vererbungslehre. Ähnlich wie an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert mit Kopernikus »nordischer Forschergeist« das Tor zu einer neuen »naturwissenschaftlichen Weltschau« geöffnet habe, würde auch heute mit den »neuen Erkenntnissen der Wissenschaft von der Vererbung und der Rasse« eine Zeit des Umbruchs eingeleitet. Diesen Erkenntnissen folgend würden die Erbanlagen unverändert von Generation zu Generation weitergegeben; die Rassen seien dem »Wesen und Wert nach« verschieden. Diese Wertunterschiede wurden dann sehr drastisch ausgesprochen: Die nordische Rasse besitze die höchsten schöpferischen Fähigkeiten, minderwertige Rassen hätten keine Geschichte, weil ihnen die Voraussetzung dazu fehle, nämlich die Fähigkeit, das Schicksal selbst zu meistern; die Juden bildeten ein Rassengemisch, dessen Wesen vor allem sein »Schmarotzerinstinkt« sei. Starke Rassen wie die nordisch-fälische seien nicht durch Mischung, sondern in Prozessen harter Auslese und Ausmerze entstanden: »So hat z. B. der Lebensraum, in dem die nordische Rasse entstanden ist … vor allem durch harte Daseinsbedingungen dafür gesorgt, dass alle minderwertigen Individuen zugrunde gingen, ihre Erbanlagen verschwanden und so das Erbgut der Rasse als ganzes von kranken Einflüssen immer wieder gereinigt wurde.« Die erste Aufgabe der Rassenpolitik, die im Mittelpunkt des Textes standen, war deshalb die Abwehr der »Lebensgefahren für die Völker«: Geburtenrückgang, Gegenauslese und Rassenmischung. Mit »Gegenauslese« war in erster Linie die durchs Christentum und die großstädtische Zivilisation begünstigte Ausbreitung von Erbkrankheiten, Asozialität und Erbkriminalität gemeint. Hinsichtlich der »Rassenmischung« gingen natürlich die größten Gefahren von »außereuropiden« und deshalb artfremden Rassen wie Juden, Zigeunern und »Negern« aus, deshalb bildeten Frankreich (»Neger«) und Sowjetrussland besondere Gefahrenherde, aber auch die USA waren längst zu einem solchen Gefahrenherd geworden, die von Juden bestimmte Kultur würde hier alles Minderwertige fördern: »Gangster, Juden, Neger«.82 Auch die »ostbaltische Rasse« sei für Deutschland schädlich. Einwanderung und Eindeutschung (»Einvolkung«) sei nur unbedenklich bei Angehörigen stammesgleicher (germanischer) Völker. Rassenpolitik bedeutete zum anderen die Gestaltung der kulturellen Umwelt im Dienste der Reinerhaltung, Gesundung und Förderung vor allem der nordischen Rasse. Dazu zählte vor allem eine von nordischem Geist geprägte Staatsform, wie sie die nationalsozialistische Revolution im »Großdeutschen Reich« geschaffen habe; die Förderung des Bauerntums – denn die nordische Rasse sei eine Bauern- und Kriegerrasse; eine »arteigene deutsche Wirtschaft« (der »deutsche Sozialismus«), eine Weltanschauung als »arteigene Lebensauffassung«, eine von fremden Einflüssen gereinigte »deutsche Kunst« und eine an den rassenpolitischen Aufgaben ausgerichtete Erziehung. Teil IV oder das dritte Heft war der SS als der rassenpolitischen Avantgarde des Nationalsozialismus gewidmet. Als »Zuchtziel« des deutschen Volkes wurde die Meh-

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rung nordischen Bluts ausgegeben, ohne Abwertung der anderen europiden Rassen, die als »Einschlagrassen« am Aufbau des deutschen Volkes Anteil hätten: »fälische Beharrung, ostische Gemütswärme, dinarische Ursprünglichkeit, westische Beweglichkeit« hätten ihren Platz im deutschen Volk. Für die SS galten dagegen strengere Maßstäbe, hier sollte das »Wunschbild der nordischen Rasse« die Auslese bis hin zur Gattenwahl bestimmen. Dieses »gute Blut« hatte sich durch Leistung zu bewähren, um die künftige Leistungselite des Volkes zu bilden. Die besten Umwelt- und Auslesebedingungen dafür bestanden in der völkischen Bewährungssituation des nordischen Wehrbauern im Osten, hier entstünde der beste Nachwuchs. Der SS-Wehrbauer sollte der Ostsiedlung den Weg bahnen. Die andere große rassenpolitische Aufgabe der SS war es, die Gemeinschaft aller germanischen Völker anzubahnen. Auch der »Adel der reinen Rasse«, schrieb Eckstein, »das Höchste was die Natur geschaffen hat«, sei nicht einfach gegeben, sondern müsse in härtestem Lebenskampf immer wieder neu erworben werden.83 In diesem Sinn verstand sich die SS als eine Adels- und Kampfgemeinschaft. Die ähnlich angelegte Schrift des RSHA »Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung« widmete sich etwas ausführlicher dem »Judenproblem« und der »Pflege des nordischen Menschen«. Die Juden seien keine eigene Rasse, sondern ein »orientalisch-vorderasiatisches Rassengemisch«, bildeten aber einen einheitlichen Rassentyp mit besonderen rassenseelischen Eigenschaften: »eine nomadenhafte Unruhe, Egoismus, Streben nach Macht und Reichtum, krasser Materialismus und eine grenzenlose Selbstüberheblichkeit. Dazu kommt eine Anlage des Judentums zu hemmungsloser Sinnlichkeit und zu Perversitäten.« Aus dem »Bewußtsein rassenmäßiger Schwäche und Feigheit« entspringe ein »brutales Herrschaftsstreben«, das zusammen mit einer materialistischen Grundeinstellung insbesondere auf die Zerstörung des »arischen Idealismus« ziele. Umso wichtiger sei es, die entgegenwirkenden Kräfte des Widerstandes zu stärken und ein einigendes Band zu schaffen, das den »Spaltungs- und Zersetzungsbestrebungen des Juden« Einhalt gebieten könne. Kämpferische Widerstandskraft und Einsatzwille seien beim »Norder« am stärksten, deshalb müssten die Prozesse der »Entnordung« aufgehalten und umgekehrt werden, und deshalb müsse die nordische Rasse die Führungsrolle übernehmen: »Zur Erhaltung und Höherentwicklung und vor allem zur Einigkeit des deutschen Volkes führt nur ein Weg: Überbrückung der Rassen-Gegensätze durch Anerkennung der nordischen Führerrasse… Wir müssen eine Umwelt schaffen, in welcher Nordisches artgemäß leben und gedeihen kann, mit anderen Worten: wir müssen das Bauerntum pflegen, Siedlerstellen schaffen, das Heldentum ehren, die Leistung schätzen, ein deutsches Recht begründen und vor allem eine Weltanschauung lehren, wie sie nordischer Seelenhaltung entspricht.«84

Ludwig Eckstein fasste all dies in seiner Schrift »Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte«, die Anfang 1945 im Druck vorlag, noch einmal prägnant zusammen, mit einer Betonung des europäischen Aspekts: das »nordisch-fälische Element« geriet nun zum »einigenden Band Europas«. Bei den germanischen Völkern habe das »nordisch-fälische Element« das Übergewicht, bei den anderen Völkern gebe es andere Schwerpunkte, aber allen Völkern Europas sei ein nordisch-fälischer Anteil gemeinsam. Dies war der schon verzweifelte Versuch am Ende des Krieges, einen Kampf der europäischen Völker an der Seite Deutschlands zu denken, ohne den Anspruch auf die

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Führungsrolle der »nordisch bestimmten« SS aufzugeben. Eine Rasse müsse in dem Rassengemisch der europäischen Völker die eindeutige Führung haben, ohne eine solche Führungsrasse verlören sie ihre innere Form: »Sie sind in sich uneins, unausgeglichen, verworren und chaotisch in ihrer Lebensgestaltung, charakterlos und geschichtsunfähig.« Sie verlören dann auch die Fähigkeit, die Angriffe des »Untermenschentums« abzuwehren, das sich im »degenerierten Rassengemisch« vor allem der USA und der bolschewistischen Sowjetunion ausgebreitet hatte. Hauptgegner waren die Juden als die »Gegenrasse«, denn sie seien die »geborenen Anführer des Untermenschentums«. Der »Jude« lieferte die übergreifende Chiffre, die den 2-FrontenKampf gegen die beiden doch sehr ungleichen Gegner Angloamerikanismus und Bolschewismus erklären und motivieren sollte. Umso mehr musste der Mangel an Evidenz durch die Phantasmagorie eines Angst- und Schreckbildes kompensiert werden. Die jüdische »Gegenrasse« sei die »Frucht uralter Rassenschande: … unverträglichste artfremde Blutströme sind zusammengeflossen. Vorderasiatisches, orientalisches, nordisches, negroides, osteuropides, mongolides Blut wurde hier widernatürlich vereinigt und hernach infolge strenger religiöser Gesetze durch ständige Inzucht fortvererbt.« Als disharmonisches und »unschönes« Rassengemisch sei der Jude »seelisch und charakterlich als Bastard gekennzeichnet. Daraus resultiere auch seine »Triebhaftigkeit und rohe Gier im Geschlechtsleben«85 sowie sein »zersetzender Intellekt«. Die stärkste Eigenschaft in der jüdischen Seele war für Eckstein der »zerstörerische Haß«: »Er gilt allem Artreinen und Edlen, d.h. allem Menschentum, das noch guter Rasse und reinen Blutes ist«. Eine besondere Gefahr gehe vom »Juden« zudem deswegen aus, weil er aufgrund seiner rassischen Vielgestaltigkeit mit vielen anderen Rassen und Völkern Einzelmerkmale und -eigenschaften gemein habe, daraus resultiere seine hohe Anpassungsfähigkeit, hinter der er seine zersetzenden und zerstörerischen Absichten maskiere.86 Von den alten Themen »Blut und Boden«, Bauerntum und Volkstum/Brauchtum war in diesen letzten Schulungsschriften nicht mehr die Rede, sie verschwinden in den letzten Kriegsjahren aus dem Fokus der Schulungsarbeit. 1936/37 hatten sie noch einen Kernbestandteil des Grundschulungs-Curriculums gebildet: In der Reihe der Lichtbildervorträge, die das Schulungsamt in diesen Jahren herausbrachte, erschienen die Bände »Blut und Boden«, »Deutsches Osterbrauchtum«, »Deutsches Maienbrauchtum« und »Totenehrung« sowie das Textbuch zum Lichtbildervortrag »Bauernbrauch im Jahreslauf« von Hans Strobel.87 Bis zum Beginn des Krieges erschien eine große Zahl weiterer Schriften zum deutschen Volkstum und Brauchtum in Gestalt von Bildbänden sowie im Rahmen der Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei.88 Die einzige grundlegende und umfangreichere Schrift zum Bauerntum erscheint allerdings erst 1942. Der Text umfasste knapp 100 Seiten und war auf einen 16 Stunden umfassenden Lehrgang ausgelegt, kam aber auch in der Monatsschulung zum Einsatz. Vermutlich entstand er in Zusammenhang mit dem Winterschulungsplan 1941/42 für die Waffen-SS, der für die erste Märzhälfte 1942 das Thema »Bauerntum – Lebensquell unseres Volkes« anordnete. Der gleiche Text erschien 1943 als Heft 2 in der Schriftenreihe für die Weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Interessant ist der Vergleich mit dem Lichtbildervortrag »Blut und Boden« von 1937 hinsichtlich der Siedlungsfrage, weil es darüber zum Bruch zwischen Darré und Himmler kam. 1937 wird die »Lösung der Raumfrage« für das deutsche Volk nicht in »tropischen Koloni-

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IV. Das Schulungsmaterial

en«, sondern in der »Erschließung neuer Siedlungsmöglichkeiten im eigenen Land« gesehen.89 1942 wird dagegen die Siedlung im »neuen«, d.h. besetzten Osten durch Wehrbauern der SS propagiert: »Der Osten ruft den deutschen Bauern«, denn nur er »schafft wahrhaftes KulturLand von bleibender Dauer. Die Werbungsschrift für die Landjugend »SS« verheißt: »Durch die Siedlungsarbeit des RFSS im Osten wird dem Jungbauer nach seinem Dienst in der W-SS bald die Möglichkeit gegeben, einen Erbhof sein Eigen zu nennen.« Bedenken ob eines Erbbauernhofes auf besetztem Land suchte die Schrift zu zerstreuen: Auch auf diesem Boden »tief im Osten schlafen seit Jahrtausenden germanische Tote«. »Wie lange denn hatten wir vergessen, dass dies alles hier Europa ist? … Nun kehrt sein letztes Teil zurück: Europas Osten kehrt heim. – Und wir sehen es auf dieser Fahrt, unsere Augen erfassen es, unsere Hände können es fassen, unser Mund kann es schmecken, dass dies Land wahrhaft Europa ist.«

Deutsche Geschichte Auf keinem Gebiet wurde so viel Aufwand getrieben wie auf dem der Geschichte – offenbar war der Legitimationsbedarf hier besonders hoch, galt es doch überzeugend darzulegen, dass die deutsche Geschichte seit den Zeiten der Germanen aufs Dritte Reich zulief und sich in ihm verwirklichte, dass das Dritte Reich keinen Bruch mit der Geschichte bedeutete, sondern im Gegenteil in einer weit zurückreichenden Vergangenheit verankert und somit der wahre Erbe der Geschichte war und eine historische Mission zu erfüllen hatte. Zum Grundschulungscurriculum von 1936/37 gehörte ein zweiteiliger Bildband mit Textheft für Lichtbildervorträge, der sich allerdings nur mit der germanischen Zeit befasste. Ein umfangreiches, nur fragmentarisch erhaltenes Geschichtswerk dokumentiert den ehrgeizigen Anspruch einer Gesamtdarstellung für die Schulungsarbeit in der SS. Das Werk umfasste 18 Kapitel, die ergänzend zu den Bildbänden als Texthefte für die Schulungsleiter in der SS und der Polizei erschienen und sich größtenteils rekonstruieren ließen: I.1 Geschichtsauffassung der Vergangenheit – Nationalsozialistische Geschichtsauffassung – Einteilung der Weltgeschichte I.2. Volkstum in den Geschichtsquellen I.3 und 4 Brauchtum II.1. Die Urzeit (Altsteinzeit), Mittlere Steinzeit II.2. Die germanische Zeit: Die Urgermanische Zeit (Bronzezeit) II.3. Die großgermanische Zeit (Eisenzeit) III.1. Die großgermanische Zeit III.2. Ordnung und Art der Germanen: Sippe als Grundzelle des germanischen Staatswesens III.3. Hermann der Cherusker. Der Befreier Germaniens III.4. Dietrich von Bern/Theoderich der Große [IV-VI. Das Frankenreich – Das 1. Reich – Heinrich I., Gründer des 1. Reichs – Heinrich IV. – Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe] VI.1. Heinrich I., Der Weg zum Deutschen Volk und Staat VI.2. Der Kampf mit dem Papsttum VI.3. Barbarossa – Heinrich der Löwe VI.4. Heinrich IV. [VII. Ausweitung des deutschen Raums nach Süden und Osten

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[VIII. Deutsches Leben im Mittelalter [IX. Reformation und Gegenreformation X.1. Der Kampf des Bauern in der deutschen Geschichte X.2. Der Bauernkrieg [Die Bauernkriege] X.3./4. Freibauern (Friesen – Stedinger – Dithmarscher) [XI. Der 30jährige Krieg [XII. Vom Werden Preußens [XIII. XIII.1 Französische Revolution XIII.2 Befreiungskriege XIV. Wiener Kongreß bis 1848 [XV. ? [XVI ? [XVII ? XVIII.1. Vom Zusammenbruch bis zum Aufbruch XVIII.2. Versailles XVIII.3. Der Parteienstaat XVIII.4. Die NSDAP bis zur Machtergreifung90

An der Gliederung fällt der starke Anteil der germanischen Zeit und des Mittelalters auf, die zusammen fast die Hälfte aller Kapitel einnehmen. Diese Akzentsetzung ergab sich aus der Rassentheorie, der zufolge die »nordische Rasse« und Kultur in der germanischen Zeit entstanden, so dass von diesem Punkt ausgehend die Verknüpfung von Rassenanthropologie und Geschichte zu einer »Rassengeschichte« möglich erschien. Im Eingangskapitel wird das Konzept einer von den »Lebensgesetzen« (»Blut und Boden«) ausgehenden Geschichtsbetrachtung postuliert: »Nationalsozialistische Geschichtsbetrachtung heißt: Die Auseinandersetzung der Rassen im Weltgeschehen erkennen und die Kräfte beurteilen, die die Erhaltung von Blut und Boden – das Leben des Volkes – beeinflussen.«91 Die »nationalsozialistische« Geschichtsbetrachtung wird gegen die »konfessionelle, idealistische, materialistische und objektiv-idealistische« Geschichtsauffassung abgegrenzt. Die konfessionelle Geschichtsauffassung wird abgelehnt, weil in ihr die Staatsgewalt der Kirche untergeordnet bleibt, die idealistische, weil sie die Möglichkeit der Erziehung des Menschen, und zwar auch des »rassisch Minderwertigen«, zum Guten und Schönen behauptet, was als wirklichkeitsferne »Humanitätsduselei« abgetan wird; die »objektiv-idealistische« Geschichtsauffassung, gemeint war wohl der (freimaurerische) Liberalismus, stelle einseitig das Individuum in den Mittelpunkt, die auf Marx und Engels zurückgehende materialistische Geschichtsauffassung leugne alle organisch-völkischen Bindungen, predige den Klassenkampf und diene nur dem Weltherrschaftsanspruch der Juden – bei allen Auffassungen trete aber »mehr oder minder der Jude als geistiger Vater hervor.« Ähnlich groß angelegte Überblicksdarstellungen gab es danach nur noch wenige. Das Ahnenerbe begann 1937 mit der Arbeit an einer Folge von Einzelschriften, die sich aber auf die germanische Geschichte beschränkte und auch für dieses Teilgebiet nur in Ansätzen realisiert wurde. Erst 1941 brachte das Schulungsamt ein allgemeines Geschichtswerk heraus, das dem Stand der nationalsozialistisch orientierten Geschichtswissenschaft entsprach: »Der Weg zum Reich«, ein 124 Seiten starker Text, der in groben Zügen die deutsche Geschichte als eine Abfolge von Reichsgründungen darstellte, die im »nationalsozialistischen Reich« gipfelten:

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IV. Das Schulungsmaterial I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.

Die deutsche Vor- und Frühgeschichte, eine Kraftquelle unsereres Volkes Aus dem Norden kommt die Kraft (1. Der nordische Kernraum, 2. Die Germanen) Das Reich Karls I. Das mittelalterliche Reich Das Bismarck-Reich Die große Läuterung 1914-1920 Die nationalsozialistische Bewegung Das nationalsozialistische Reich.

Auch diese Darstellung war, mit der Fundierung im nordisch-germanischen Ursprungserbe, rassengeschichtlich ausgerichtet: »Wir wissen heute, dass wir alle nur ein Glied sind in der Kette des Blutstroms unserer Ahnen, der von der Ewigkeit kommt und in die Ewigkeit zu gehen hat. Dass dieser Blutstrom, nicht versiege, ist die große Aufgabe jedes Geschlechtes. Unsere auf der Rassenkunde aufbauende nationalsozialistische Weltanschauung lehrt, dass die in reinem Blute ruhende Erbmasse eines Volkes über die Jahrtausende hinweg unverändert bleibt. Geschichtsbewußtsein ist daher Selbstbewusstsein, bedeutet Wissen von eigener Art…«.92

Der Text war in vielen Lehrgängen in Gebrauch und wurde auch für die Schulungsarbeit des RSHA übernommen. Eine Kurzfassung erschien gleichzeitig als Stoffsammlung zum Winterschulungsplan für die Waffen-SS sowie in der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei im Februar 1941.93 1943/44 erschienen ähnliche Einzelschriften des SS-Hauptamtes, wie: »Grenzkampf Ost« – ein »Längsschnitt von der frühgermanischen Zeit bis zur Jetztzeit«, »Der Kampf um das Reich« und wieder mit starker europäischer Ausrichtung »Das Reich und Europa« und »Das Reich ist uns Verpflichtung«. Daneben brachte das Schulungsamt unter dem Titel »Erzählte Geschichte« ein »Arbeitsbuch für den Deutschunterricht« heraus, das für die volksdeutschen und germanischen Freiwilligen »soweit sie ein ausreichendes Sprachkönnen erworben haben« bestimmt war; der erhaltene 3. Band war ein in einfacher Sprache gehaltenes Geschichtsbuch mit europäischem Bezug.94 Die im Schulungsamt ohnehin vorherrschende Tendenz, die Neuzeit mit ihrer historischen Vielfalt der europäischen Staatenwelt auf eine wenig ergiebige Durchgangsstation auf dem Weg vom germanischen Mittelalter zum 3. Reich zu reduzieren, wurde hier, wie die Kapitelfolge illustriert, auf die Spitze getrieben: 1. Die Indogermanen als Ahnen der europäischen Völker 2. Von den Germanen und ihren ersten Wanderzügen bis an die Grenzen des Römischen Weltreichs 3. Roms großer Versuch, Germanien römisch zu machen 4. Germanische Völkerschaften erneuern Europa – Die »Völkerwanderung« 5. Das Frankenreich wird europäische Vormacht 6. Karl der Große als Einiger Europas 7. Die europäischen Leistungen der Wikinger 8. Das Reich des Mittelalters – Entstehung, Blüte, Niedergang 9. Die Wiederherstellung des germanischen Ostens [Hanse; Ritterorden] 10. Spanien, Frankreich und England versuchen vergebens, Europa neu zu ordnen 11. In der Mitte entsteht das Reich Adolf Hitlers [vom 18. Jh. bis zur Gegenwart]

Vermutlich vor dem Hintergrund der verstärkten »europäischen Perspektive« war Anfang 1945 noch eine Neubearbeitung des Geschichtswerks »Der Weg zum Reich«

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durch Ulrich Haacke vom Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht in Arbeit. Auch Haacke, der ein Werk von 200 Seiten plante, ließ die Geschichte bei den alten Germanen beginnen, rückte sie aber ebenfalls von Anfang an in einen europäischen Kontext. Im Februar 1945 waren die ersten beiden Kapitel fertig: »1. Die Indogermanen, 2. Ausbreitung der Germanen über Europa«.95 Die Geschichte beginnt aus SS-Sicht mit dem Mythos einer ursprünglichen Lebensordnung, dem germanischen »Odalsrecht«, an dem sich die nationalsozialistische Agrarverfassung, Darrés Reichserbhofgesetz wieder orientierte, weil dies »artgerechtes« nordisch-germanisches Recht sei; danach wird der Hof nur als unteilbarer und unveräußerlicher Besitz der Sippe an einen Erben, in der Regel den Erstgeborenen, weitergegeben. Darré hatte dies mit einem Projekt der »Aufartung« verbunden, indem er das Erbrecht mit dem Nachweis der Erbgesundheit und arischen Rassereinheit verknüpfte. Das Christentum habe die ursprünglichen germanischen Rechts-, Werteund Glaubensvorstellungen stets bekämpft, als Aberglaube herabzuwürdigen und zu dämonisieren versucht. Unter dem Einfluß der jüdisch-römisch-christlichen Kultur sei die Erinnerung an diese ursprüngliche Lebensordnung immer mehr verblasst, so dass sie erst mühsam wieder ans Tageslicht gebracht werden müsse. Da für die altgermanische Kultur schriftliche Quellen fehlten, bildete das Brauchtum die wichtigste Quelle der Erinnerung; die stärkste Erinnerung habe sich im bäuerlichen Brauchtum erhalten – daher die große Bedeutung der Volkstumskunde. Der Rückblick auf die altgermanische Zeit hatte deshalb die Bedeutung einer deutsch-germanischen bzw. nordischen Renaissance. Die Germanen und die nordische Kultur seien in der Bronzezeit um 2000 v. Chr. aus der Verschmelzung »der beiden verwandten steinzeitlichen Völker« der nordisch-fälischen Großsteingrableute und der »rein nordischen« Schnurkeramiker entstanden, die einen Bauern und Viehzüchter, die anderen darüber hinaus vor allem Jäger – eine Verbindung, die die nordisch-fälische Führungsrasse des deutschen Volkes bis in die Gegenwart geprägt habe: »Die starke Verwurzelung im Boden der Heimat einerseits und der Hang zum Wandern und Schweifen im Wesen der Germanen andererseits erklären sich aus dieser Verschmelzung.« Klimaverschlechterungen während der Eisenzeit hätten Wanderungsbewegungen und Prozesse der »Landnahme« ausgelöst, damit verbunden war die Entwicklung von Angriffswaffen – das eigentliche »germanische Heldenzeitalter« begann, in der der »nordische Heroismus« zur Blüte kam. Die Wikingerzüge schließlich schufen die Voraussetzung für die Ausbreitung der nordischen Kultur über »die ganze Welt«. Das Mittelalter war geprägt durch die Auseinandersetzungen mit dem vordringenden Christentum als einer »artfremden Religion« einerseits, den schwierigen Weg zur Reichs- und Staatengründung andererseits, bei dem sich die Germanen immer wieder selbst im Wege standen, denn der »nordische Freiheitswille« ließ sich nur schwer dem Diktat staatlicher Ordnung unterwerfen. Die germanischen Stämme konnten sich aber gegen die römisch-christliche Welt nur behaupten, indem sie sich zusammenschlossen und staatliche Organisationsformen bildeten. Sie mussten daher den »langen Weg des Gehorsams« gehen. In diesem »rassenseelisch« bedingten Widerspruch zwischen »unbeugsamem Freiheitswillen« und dem Zwang zu staatlicher Unterordnung, Disziplin und Gehorsam schien überhaupt ein Schlüssel zum Verständnis der deutschgermanischen Geschichte zu liegen, der sich auch noch auf die jüngste Vergangenheit anwenden ließ:

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IV. Das Schulungsmaterial »Immer wieder im Laufe der Geschichte werden wir das gleiche Spiel sehen: Militärisch gelang es den Gegner niederzuwerfen, aber der inneren Zersetzung sind Germanen und Deutsche dann meist erlegen. So ging es den Germanen in der Völkerwanderungszeit – so Deutschland im Weltkrieg. … Dauernde freiwillige Unterordnung hat erst eine harte Geschichte uns gelehrt. Denn so sehr die Germanen die Kraft hatten, überall in der Welt große und mächtiger Staaten zu errichten, so sind diese alle gerade an der Unfähigkeit zu dauernder Unterordnung schließlich am eigenen Zwiespalt zugrunde gegangen.«96

Von daher hätte man eigentlich gewarnt sein müssen – warum sollte ausgerechnet dem autoritären Regime des Nationalsozialismus die Quadratur des Kreises gelingen? Die ganze deutsche Geschichte stellt sich vor diesem Hintergrund tatsächlich als ein fortwährendes Scheitern dar. Der erste germanische Staat, der sich zu behaupten vermochte, war das Reich der Franken unter Karl dem Großen, aber gerade dieser Staat erzwang den Einbruch fremden – römisch-katholischen – Wesens, so dass die »Schicksalslinien« von Volk und Staat schon hier auseinanderbrachen; seitdem habe es immer wieder Versuche gegeben, beide wieder zusammenzuführen, die aber immer wieder mißlangen, wie in den Bauernaufständen oder der Reformation – Luther habe sich nicht von christlichen Vorstellungen freimachen können und er habe die Bauern im Stich gelassen, seine Lehren seien zudem von seinen Nachfolgern »im jüdischen Sinn« verfälscht worden. Das deutsche Volk sei den Jesuiten, in Wahrheit eine »Gesellschaft spanischer Juden«, ausgeliefert worden, »die die geistige Überfremdung vollendeten«; denn: »Judentum und der jüdische Geist sind im Jesuitenorden zu allen Zeiten herrschend gewesen.« Der Jesuitenorden entfesselte auch den 30jährigen Krieg, der den absoluten Tiefpunkt der deutschen Geschichte markierte.97 Mit dem Aufstieg Preußens, das sich im Kampf um Deutschlands Einigung schließlich durchsetzte, entstand schließlich das »Zweite Reich« – aber nach kurzem Anstieg ging die »Schicksalslinie« schon wieder bergab: das Reich wurde den »internationalen Mächten des Kapitalismus und Marxismus ausgeliefert und von neuem seiner arteigenen Lebensform entfremdet.«98 Verschiedene Faktoren waren für das Scheitern des Zweiten Reichs verantwortlich: die kapitalistische Industrialisierung, die das Bauerntum als »Lebens- und Blutquell der nordisch bestimmten Völker« zum Versiegen zu bringen drohte, damit verbunden das Versagen des Bürgertums vor der sozialen Frage, das dem jüdischen Marxismus den Boden bereitete; dem war wiederum die Emanzipation des Judentums im Gefolge der Französischen Revolution vorangegangen. Von Anfang des 19. Jahrhunderts an war das »preußische Deutschland« demnach ein ambivalentes Projekt. So hatten zwar die Befreiungskämpfe gegen Frankreich die deutsche Einigung unter preußischer Führung vorangetrieben, gleichzeitig übernahm man aber wesentliche Prinzipien der Französischen Revolution und des Liberalismus. Entgegen den ursprünglichen Absichten des Freiherr vom Stein nahmen die preußischen Agrarreformen den Bauern mit der Befreiung von der Leibeigenschaft zugleich den Schutz vor dem »Zugriff des Raubkapitals«, die von der Scholle vertriebenen Bauern wurden zu landlosen Proletariern und damit zur leichten Beute von Judentum und Marxismus: »Rasch erkannte der Jude die ungeheure Bedeutung des neuen Standes für seine Ziele. Durch Freimaurerei und Presse machte er sich die Kreise des Bürgertums hörig. Jetzt galt es, die Arbeiter als Sturmkolonnen für die Weltherrschaftsziele des Judentums zu gewinnen.«99 Sozialdemokratie und Gewerkschaften waren jüdische Gründungen, denen nichts an der Besserstellung der Arbeiter lag, sondern die nur Unzufriedenheit

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schürten, um die Arbeiter bei der Stange zu halten und das Volk durch seine Spaltung zu schwächen. Die Revolution von 1918 und das »Diktat von Versailles« bedeuteten schließlich erneut einen absoluten Tiefpunkt. In der Geschichte der jüngsten Zeit folgte man, auch in der Rhetorik, ganz der Darstellung in Hitlers »Mein Kampf«: Die Novemberrevolution war eine »Erhebung von Verrätern, Feiglingen und internationalem, zumeist jüdischem Gesindel«. Deutschland befand sich danach »in den Händen von Juden und undeutschen Parteibonzen«, die Weimarer Republik etablierte sich als »Judenrepublik«: »An der Spitze steht die von Juden geleitete Sozialdemokratie, das Zentrum als Partei des politischen Katholizismus und die ganz von Juden beherrschte demokratische Partei.« So trieb Deutschland taumelnd dem Untergang entgegen – bis ihm in Adolf Hitler aus tiefster Not der Retter entstand. Die nationalsozialistische Revolution schuf endlich wieder einen starken deutschen Staat, der auf dem nordischgermanischen Blutserbe fußte, das deutsche Volk vor der größten Gefahr, der Vernichtung seines Bauerntums schützte und so die »Lebenslinien von Volk und Staat« wieder zusammenführte. Die uralte Sehnsucht nach dem Reich wurde Wirklichkeit.100 Es fällt auf, dass die Neuzeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert in den Überblicksdarstellungen vergleichsweise kurz abgehandelt wird. Im quasi offiziellen Geschichtswerk der SS »Der Weg zum Reich« wurde sie ganz ausgespart, vom Kapitel »IV. Das mittelalterliche Reich« ging man gleich über zum Kapitel »V. Das Bismarck-Reich«, an das sich dann das »Dritte Reich« nahtlos anschließen konnte. Damit konnte man eine fiktive Linie der Kontinuität konstruieren, die alle komplexen und widersprüchlichen Prozesse der Neuzeit und der Moderne beiseite ließ, die Aufklärung ausklammerte und den Nationalsozialismus – mit den Zwischenstationen »Friedrich der Große« und »Bismarck« – direkt zum Erben der germanisch-mittelalterlichen »Reiche« machte. Es ist evident, dass eine derart selektive Darstellung kein auch nur halbwegs rationales geschichtlich vermitteltes Verständnis der Gegenwart eröffnen konnte. Letztlich war nur das »Preußentum«, das das »Bismarck-Reich« hervorbrachte, noch eine akzeptierte Figur der nachmittelalterlichen Vergangenheit. Alle Einzelschriften zur Geschichte der Neuzeit erscheinen vor dem Krieg, hauptsächlich 1938. Ende 1944 ordnete Himmler noch die Bearbeitung eines Buchs über den Siebenjährigen Krieg an, das die preußischen Tugenden preisen und in einer Auflage von 100.000 Exemplaren erscheinen sollte. Die historischen Texte, die ab 1939 erschienen, nahmen sonst nahezu ausschließlich auf das Germanentum Bezug. 1939 wurde ein Beitrag des Prähistorikers Jankuhn über »Politische Gemeinschaftsformen in germanischer Zeit« für Schulungszwecke versandt,101 im gleichen Jahr waren die Bildbände »Germanische Himmelskunde« und »Wiking-Reiche« in Arbeit. Ein aufwändiger Bildband über »Das Recht in der deutschen Geschichte« enthielt im Wesentlichen Aufnahmen germanischer und mittelalterlicher »Rechtsdenkmäler« wie Pranger, Gerichtsstühle, Halseisen etc.102 Vier Publikationen zur (alt)germanischen Geschichte erschienen 1940 in der Reihe »Sei deutsch«, die das »Ahnenerbe« in Abstimmung mit dem Schulungsamt herausbrachte. Das »Ahnenerbe« plante 1939 nach einem Vorschlag des Philologen Otto Paul die Herausgabe von 12 Merkblättern zu Schulungszwecken, die »den Boden für die nordische Weltanschauung bereiten« sollten und insbesondere für die Vorbereitung und Begleitung von Museumsbesuchen und Ausflügen gedacht waren. Die Merkblätter sollten jeweils etwa 20 Seiten umfassen, 20.000 Exemplare waren geplant. Paul legte daraufhin eine Titelliste vor:

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IV. Das Schulungsmaterial 1) Urbilder der Kameradschaft 2) Die Kulturkreise der jüngeren Steinzeit 3) Einführung in die vergleichende arisch-germanische Sprachwissenschaft 4) Deutsches Namenbüchlein. Personen-, Orts- und Flurnamen, ihr Wesen und Wert. 5) In diesem Zeichen ... Eine kleine Sinnbildkunde 6) Die Zeitstufen der Kulturgeschichte 7) Die Langobarden 8) Vom gotischen Münsterbau 9) Germanische Tonkunst 10) Im bäuerlichen Würzgarten, Brauchtum und Pflanze 11) Was muss man vom Haberfeldtreiben wissen? 12) Mittwinter. Allerlei um den Lichterbaum

Die Themen 2, 3, 6 und 7 erschienen 1940 als erste Merkhefte unter dem Titel der Reihe »Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen.« Wegen eines Zerwürfnisses des Ahnenerbes mit Paul wurde die Reihe danach jedoch wieder eingestellt.103 Weitere Schulungsschriften, die in den folgenden Jahren im Rahmen der Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS und der Schriftenreihe für die Ordnungspolizei erschienen, propagierten die gleichermaßen historisch wie rassentheoretisch begründete Perspektive eines »großgermanischen« Reichs unter deutscher Führung, so »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker«, »Das Großgermanische Reich« und »Der Weg zum germanischen Reich«. Der Schweizer Lehrer und Journalist Alfred Zander, der als Referent der Abt. VI im SS-Lager Sennheim arbeitete, steuerte für das SS-HA noch die Schrift »Der germanische Gedanke bei Ernst Moritz Arndt« bei.

Nationalsozialistische Institutionenkunde Gegenwarts- und institutionenbezogene Darstellungen treten hinter den geschichtlichen Arbeiten deutlich zurück. Sie spielten eine Rolle in den themenübergreifenden und selbstreferentiellen Schriften, explizite und spezielle Ausarbeitungen blieben aber eine Randerscheinung in der Gesamtheit der Schulungsschriften. Im Einzelfall lassen sich diese Texte auch nur noch bedingt der weltanschaulichen Schulung zurechnen, weil sie bereits in die polizeiliche Fachbildung gehören. Klare Abgrenzungen sind vor dem Hintergrund der avisierten Verschmelzung von SS und Polizei zu einer Weltanschauungstruppe naturgemäß nicht ganz einfach. Beispielhaft wäre hier das Kompendium »Die Grundlagen und der Aufbau des nationalsozialistischen Reiches« zu nennen, den der IdS Hamburg 1941 als »Druckbogen für eine Schulungsgemeinschaft« herausgab. Sie enthielt folgende Kapitel: A. B. C. D. E. F. G. H. I.

Staatsgeschichtlicher Überblick Die weltanschaulichen Grundlagen unseres Reiches Die Verfassungsgrundlagen des Reiches Aufgabe und Organisation der Partei Aufbau und Verwaltung des Staates Die Einheit von Partei und Staat Der Aufbau der Wehrmacht Begriff, Recht und Aufbau der deutschen Polizei Ausgang.104

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An der Gliederung wird deutlich, dass hier eine politisch-weltanschauliche Institutionenkunde angestrebt war. Dies gilt in besonderer Weise natürlich für Unterrichtstexte zum SS- und Polizeiwesen. Auffallend ist, dass diese Texte die Polizei selbst zumeist nur nebenher und wie selbstverständlich als integralen Teil der SS behandelten. So befasste sich der 22-Wochen-Lehrplan, den das SS-Führungshauptamt 1944 zum Themenkomplex SS- und Polizeiwesen herausgab (s.o.), ausschließlich mit der SS und ihren Hauptämtern, lediglich eine Woche war dem Hauptamt Orpo gewidmet, eine weitere dem RSHA. Einige wenige Hefte aus der Serie der kleinen Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei, die das Schulungsamt 1938 herausbrachte, befassten sich mit der neuen Rechts- und Gesellschaftsordnung: Die Rechtsordnung – eine Lebensordnung, Stoffslg. A16 Die Führung des Reichs (Staat und Partei), Stoffslg. A26 Der Reichsbürger (Vom Glied der Sippe zum Reichsbürger), Stoffslg. A27 Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht, Stoffslg. A 28 Der Neuaufbau des Reichs und das Reichsgebiet, Stoffslg. A25

Lediglich ein Heft aus dieser Reihe beschäftigte sich mit der nationalsozialistischen Wirtschaftsordnung: Arbeit und Eigentum (Von der Hauswirtschaft zur verpflichteten Volkswirtschaft des III. Reiches). Im Rahmen der »Handblätter« von 1944 war ein Heft dem Konzept des »deutschen Sozialismus« gewidmet. Hinzu kommen einige Schriften, die sich unter geopolitischen Gesichtspunkten mit dem Großdeutschen Reich, seinen Gebietsansprüchen und Lebensraumfragen befassen und in diesem Zusammenhang auch institutionenkundliches Wissen vermitteln. So erschienen etwa Hefte über den Donauraum, Elsass-Lothringen oder Böhmen und Mähren, die sowohl über geschichtliche Entwicklungen als auch aktuelle wirtschaftliche Verhältnisse informierten. Weit wichtiger jedoch als Institutionenkunde im Sinne einer politischen Bildung war das, was im Jargon der Zeit »Gegnerkunde« hieß. Denn der Aufbau und die Weiterentwicklung der Institutionen des nationalsozialistischen Staates und des Großgermanischen Reiches begann zunächst einmal mit der Beseitigung seiner »Feinde« im Innern wie im Außen.

»Gegnerkunde«105 Im Schulungsschrifttum der SS sah sich das deutsche Volk drei Hauptgegnern gegenüber: Judentum, Bolschewismus und Angloamerikanismus; der eigentliche Hauptgegner war das »internationale Judentum«, weil es als Drahtzieher hinter den Kulissen Bolschewismus und Angloamerikanismus erst zu einer übermächtigen Gefahr werden ließ. Daneben gab es zwei Gegner von sekundärer Bedeutung: Freimaurerei und politischer Katholizismus. Freimaurerei und Liberalismus galten als Instrumente des Judentums, weil sie ihm mit Gleichheits- und Toleranzversprechen den Eingang in die bürgerliche Welt öffneten. Der »politische Katholizismus« war ein Sonderfall insofern als sich der Zusammenhang zum Judentum hier nur schwer herstellen ließ, auf dem Umweg über das Konstrukt eines vermeintlich jüdisch geprägten Jesuitismus versuchte man zwar auch dies zu bewerkstelligen, aber es blieb bei vereinzelten Versuchen. Um keine zusätzliche Beunruhigung in der Bevölkerung aufkommen zu lassen, war aus

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IV. Das Schulungsmaterial

Sicht der NS-Führung während des Krieges Zurückhaltung im Umgang mit den christlichen Kirchen geboten. Einen Bildband über den »Jesuitismus« zog das Schulungsamt 1936 als »verfrüht und gefährlich« wieder zurück.106 Dennoch gab es stets einen erhöhten Aufklärungsbedarf über die »politische Kirche«, vor allem den »politischen Katholizismus«, weil viele SS-Männer Probleme damit hatten, sich von der Bindung an die Kirche zu lösen. Die offizielle Linie bestand darin, Glaubensfreiheit zu garantieren, aber jede Einmischung der Kirche in die Politik als Anmaßung zurückzuweisen. Die weltanschauliche Gegnerschaft vor allem zur katholischen Kirche wurde hauptsächlich mit der lebensfeindlichen Sexualmoral und dem Universalitätsanspruch der Kirche begründet – das eine war mit der von den Nationalsozialisten propagierten Rassenhygiene nicht vereinbar, das andere widersprach dem völkisch-rassischen Denken. Dem Feindbild »Judentum« kam während des Krieges – mit Beginn des Russlandfeldzuges – die besondere Bedeutung zu, für die doppelte Frontstellung gegen die USA und England einerseits, Russland andererseits eine Erklärung zu liefern und dem Kampf des nationalsozialistischen Deutschlands einen tieferen welthistorischen Sinn zu verleihen. Im Fragment eines Textes aus dem Schulungsamt von 1944, das sich mit der »politischen Konzeption« des Reichs und der Feindmächte beschäftigt war von einer weltgeschichtlichen Mission des Reichs die Rede, dem angloamerikanischen Kapitalismus mit seinen Kennzeichen »Massenausbeutung, Raubbau und Kulturvernichtung, Hunger und Arbeitslosigkeit« sowie kolonialer Unterdrückung ebenso wie dem »bolschewistischen Terror« ein Ende zu machen und eine »neue Zeit des starken und gesunden, des wahren und gerechten Friedens heraufzuführen.« Hinter beiden Herrschaftsformen stand das Judentum: »Anglo-Amerikanismus und Bolschewismus zusammen sind jedoch nur die letzten Ausläufer eines Weltzeitalters, bei dem geistig das Judentum Pate gestanden hat und an dessen Schluß das jüdische Weltreich stehen sollte. – Ein ganzes Zeitalter der Un- und Widernatürlichkeit, der Zerschlagung und Zersetzung aller lebensgesetzlichen und sittlichen Werte steht heute vor seinem natürlichen Ende. Es war ein Zeitalter, in dem das Unedle, das Minderwertige, das Hysterische und Krankhafte immer mehr triumphierte und zum Schluß nach der Herrschaft griff. – Diese Ära von rund zweitausendjähriger Dauer bricht nunmehr zusammen. Der Sinn unserer Tage erfüllt sich in einer gewaltigen Revolution zugunsten der Wiederherstellung der ewigen Natur- und Lebensgesetze und damit auch einer wahren und gottgewollten Sittlichkeit.«107

Das Schulungsamt brachte 1936 mit dem Bildband »Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart in Vergangenheit und Zukunft« die erste offizielle Schrift für die Grundschulung in der SS heraus. Ein Jahr zuvor hatte Darré in einem Rundschreiben das Buch »Antisemitismus der Welt in Wort und Bild« als Grundlage der »Arbeit in Rassefragen« empfohlen, ein umfangreiches, aufwändig gestaltetes Werk von 326 Seiten, das bestenfalls als Nachschlagewerk für Schulungsleiter geeignet war.108. Der Bildband für die Grundschulung sollte vor allem Argumentationshilfen liefern: »Jeder Deutsche weiß, dass wir den Juden als den größten Feind unseres Volkes ansehen und als einziges Volk der Welt eine Gesetzgebung besitzen, die Ehe und Geschlechtsverkehr mit Juden verbietet. Der SS-Mann muss aber auch wissen und jedermann sagen können, warum wir so gehandelt haben und weiter so handeln werden.« 109 Das Judentum wurde in vielen Schriften thematisiert, aber eine Reihe von Texten – insgesamt 17 – waren explizit und speziell dem Judentum und der »Judenfrage«

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gewidmet. »Der Jude« wurde in diesen Texten als das absolute Gegenbild des nordischgermanischen Menschen konstruiert; er erfüllte so auch die Funktion, das »wahre eigene Selbst« deutlicher zu konturieren. Als Gegenbild verkörpert er sowohl das absolut Fremde und Andere als auch das schlechthin Minderwertige und Böse sowie den Inbegriff des Disharmonischen und Hässlichen. All dies sollte in seiner Natur, d.h. Rasse begründet sein. Vereinfacht gesagt war die Grundannahme, dass das Judentum das Ergebnis einer besonders schlechten Rassenmischung war, in der sich gewissermaßen die schlechten Merkmale vieler verschiedener Rassenanteile mit kriminellen Tendenzen verbunden und durch eine strenge Inzucht genetisch verfestigt hätten. Himmler zufolge war das jüdische Volk »aus den Abfallprodukten sämtlicher Völker und Nationen dieses Erdballs zusammengesetzt.«110 Zwar habe man es bei den meisten Völkern mit Rassengemischen zu tun, bei den Juden handele es sich jedoch um eine Mischung von Rassen, »die miteinander nicht artverwandt sind« und daher kein festes harmonisches Gefüge und keine echten Gemeinschaftsformen zu bilden vermögen. Daraus resultierten eine Reihe von Axiomen, die sich stereotyp durch alle Schriften zum Judentum ziehen: Juden sind insbesondere parasitär und zerstörerisch, hinterlistig und hässlich, von Macht- und Geldgier besessen und insgesamt ein Unheil für die Menschheit. Sie sind unfähig zu eigenen schöpferischen kulturellen Leistungen und zur Staatenbildung – dies schlägt sich in ihrer parasitären Lebensweise nieder: Sie profitieren von den Leistungen anderer Völker, die ihnen als »Wirtsvölker« dienen, vermögen ihnen aber nichts produktiv hinzuzufügen, sondern beuten sie nur aus und zerstören sie damit langfristig. Dies zwingt sie zu einer nomadisierenden Lebensweise: Sie wandern von Wirtsvolk zu Wirtsvolk, so dass sie unstet und wurzellos werden. Instinktiv spürten andere Völker die Gefahr, die von ihnen ausgehe. Der Jude werde daher »nicht nur von uns Deutschen, sondern von allen Völkern reinen Blutes als artfremd und zerstörend empfunden. Deshalb sind wir auch nicht etwa die einzigen Judengegner, sondern überall in der Welt, wo die Juden hingekommen sind, ganz gleich zu welchem Volk und zu welcher Rasse, sind sie abgelehnt, ausgeschaltet, vertrieben worden, sobald man sie durchschaute und ihre Anmaßung dem Gastvolk gegenüber zu groß wurde.«111 Die Parasiten- und Schmarotzer-Analogie ist vor dem rassenbiologischen Hintergrund zu verstehen und war daher auch nicht nur metaphorisch gemeint. Sie bildete eine wichtige sprachliche Vorbereitung der Massentötung mit Schädlingsbekämpfungsmitteln: Schädlinge bilden eine Gefahr für das Wachstum gesunder Organismen und müssen deshalb vernichtet werden. Noch 1944 wurde die Schrift »Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung« für die »Handblätter« von Dambach im ersten Entwurf zur Überarbeitung an den Verfasser mit der Bemerkung zurückgegeben, das Judentum sei noch nicht »in seiner ganzen Gefährlichkeit« erfasst: »Der Jude muss von uns in erster Linie als Schmarotzer betrachtet werden, woraus sich seine destruktive Natur erklärt. Nur so wird verständlich, warum auch der ›anständige‹ Jude eine Gefahr für das Wirtsvolk bedeutet.«112 Und so wie Schädlinge Gefühle von »Ekel und Abscheu« auslösen, so auch die Juden bei den »reinen« Völkern. Dieser Ekel werde bereits durch rein körperliche Merkmale ausgelöst, weil das heterogene Rassengemisch der Juden ein disharmonisches, hässliches Äußeres zur Folge habe: »Der Jude ist dunkel von Haar und Augen. Um die Nase spielt ein listig-verschlagener Zug, vielfach ist diese Nase kolbenartig vorgehängt. Die Ohren stehen stark ab und haben be-

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IV. Das Schulungsmaterial sonders dicke fleischige Ohrlappen, die Unterlippe ist verdickt vorgeschoben, der Körper ist nicht nur kleiner als bei uns, sondern meistens feist. Im Nacken fallen starke Speckfalten auf, die Hüften sind betont fleischig, der Gang hat etwas Watschelndes an sich, Krummbeine und Plattfüße sind häufig.«113

Derart obsessive Beschreibungen des jüdischen Körpers waren im Schulungsschrifttum der SS aber die Ausnahme – man war zumeist bemüht, die rein körperlichen Phänomene als sekundär gegenüber den rassenseelischen Merkmalen und Eigenschaften darzustellen, ging doch die größere Gefahr von jenen Juden aus, deren disharmonisches Wesen hinter einem scheinbar unauffälligen Äußeren verborgen blieb. Gleichwohl spielte dieser Topos stets eine gewisse Rolle, so noch bei Eckstein 1944: »Verloren aber hat es den jeder reinen Rasse eigenen Adel des Leibes und der Seele. Leiblich unharmonisch und unschön, ist der Jude erst recht seelisch und charakterlich als Bastard gekennzeichnet.« Wesentlich ist auch hier das Konzept einer rassenbiologisch bedingten seelisch-charakterlichen »Bastardierung«. Dieses Konzept gewinnt seine volle Bedeutung erst vor dem Hintergrund eines anderen Axioms, dem von der besonderen Anpassungsfähigkeit »des Juden«. Sie resultierte aus der langen Existenz als Parasitenvolk, das sich immer wieder aufs Neue an fremde Völker anpassen musste, um sie ausbeuten zu können und in diesem Sinn auf rasche Anpassung »gezüchtet« war, aber auch aus der extremen »Bastardierung«, denn gerade weil das Judentum »mit anderen Rassen und Völkern zahlreiche Einzelmerkmale und -eigenschaften gemein« hat, so Eckstein, kann es sich »auch so leicht hinter jedem Volkstum tarnen und verstecken.«114 Die besondere Anpassungsfähigkeit des Juden ist die eigentliche Basis der Macht, die er über andere Völker gewinnen kann. Juden sind »machtlüstern« und streben nach der Herrschaft über ihre Wirtsvölker, die sie sonst nicht ausbeuten können, in letzter Konsequenz nach der Weltherrschaft, da sie immer wieder ihre eigenen Lebensgrundlagen zerstören. Ein so kleines Volk kann aber nicht »in der üblichen Form« die Herrschaft über andere Völker gewinnen, sondern nur, indem es sie von innen her zersetzt. Der Jude arbeitet mit den Mitteln »seelischer Zersetzung«: »Man muss sich in den lebendigen Leibern der Völker einnisten, ihre Organe durchsetzen. Ihr Hirn muss unter jüdischer Kontrolle und Leitung denken.«115 Es ist evident, dass ein »auf Anpassung gezüchtetes Volk« besondere Fähigkeiten entwickelt, sich in andere Völker hineinzuversetzen, um sie von Innen her zu erobern und zu beherrschen. Dies erklärte die starke Position »des Juden« in den freien Berufen und den kulturellen Sektoren der Gesellschaft, insbesondere den Medien und Künsten, über die er Einfluß auf die öffentliche Meinung und das Denken und Empfinden eines Volkes gewinnen kann. Um ein Volk von innen heraus zu beherrschen, müssen seine völkischen Widerstandskräfte durch artfremde Lehren und Bewusstseinsformen geschwächt werden. Ein Volk, das seine arteigene Sittlichkeit verliert, degeneriert und wird zur leichten Beute des Juden. Als Symptom dieses Vorgangs galt die »entartete Kunst«: »Als besonders wirksames Mittel zur Zerstörung des Rasseempfindens unseres Volkes wurde ihm planmäßig eine völlig entartete Kunst vorgesetzt. Alles Krankhafte, Schmutzige und Verkommene wurde dargestellt und in den Himmel gehoben, alles Gesunde und Anständige herabgesetzt…. Auch Kino und Theater wurden dazu verwandt, das deutsche Volk sittlich zu verderben und ihm den inneren Halt zu nehmen. Je verkommener ein Volk ist, umso leichter lässt es sich vom Juden regieren.«116

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Ein weiteres Axiom war die Ablehnung der Arbeit: Arbeit gilt dem Juden als Fluch, er verleiht lieber Geld, spekuliert an der Börse und bereichert sich auf Kosten anderer durch Wucherzinsen, Hehlerei oder unredliche Bankgeschäfte. Dabei geht es ihm immer nur um den eigenen Vorteil, während der »anständige deutsche Kaufmann«, wie er z. B. in der Hanse verkörpert schien, stets das Gemeinwohl im Blick behält. Aufgrund seiner parasitären und nomadisierenden Lebensweise hat der Jude insbesondere keinen Respekt vor der Landarbeit und dem im Boden verwurzelten Bauerntum. Schon im Mittelalter war die Einführung des »artfremden römisch-jüdischen, bauernfeindlichen Rechtes« ein »gefährlicher Angriff auf das Leben unseres Volkes«. Mit dem »römisch-jüdischen Recht«, das an die Stelle des germanischen Odals-Rechtes trat und mit dem die Herrschaft des toten Gesetzesparagraphen begann, hielt zugleich die Figur des »gerissenen jüdischen Advokaten« Einzug. In der Weimarer Republik war »der Jude« maßgeblich mitverantwortlich für die Bodenspekulation, die viele deutsche Bauern in den Ruin trieb. Solche Entwicklungen waren deshalb besonders gefährlich, weil sie die rassische Substanz des deutschen Volkes – das Bauerntum als »Quelle der Blutserneuerung« – unmittelbar bedrohten. Der Jude schien wie geboren für die liberal-kapitalistische Wirtschaftsform, insbesondere den Finanzkapitalismus; und da er weder im Boden noch in einer Nation verwurzelt ist, verwirklicht sich sein Machtstreben im internationalen Finanzkapital. Historisch gesehen war es vor allem die Französische Revolution, die dem Aufstieg des Judentums zur Weltherrschaft den Weg bereitete. Im Blutrausch der Revolution wurde, so die absonderliche Behauptung im Lichtbildervortrag, »unter jüdischer Führung nahezu die gesamte nordische Oberschicht des alten Frankreich umgebracht: An ihre Stelle trat das Judentum mit seinen Helfershelfern.« Danach konnten sich die »artfremden« Gleichheitsideen der Französischen Revolution über Europa ausbreiten, in deren Gefolge es zur allgemeinen Emanzipation der Juden kam – damit war eine entscheidende Barriere auf ihrem Weg zur Macht beseitigt, weil sie jetzt ungehindert in Positionen des Bürgertums eindringen konnten.117 Die liberal-kapitalistische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts schuf die Umwelt, in der die Geldgier, das Machtstreben und die Zersetzungsarbeit des Juden den idealen Nährboden fanden: »Dem Juden ist die Wirtschaft nur ein Mittel zum Kampf gegen die blutsbewußten freien Völker. Die liberalistisch-kapitalistische Wirtschaft ist die vom Juden geschaffene, also jüdische Wirtschaftsform. Sie entspricht der Art des Juden. Deshalb ist er darin den anderen Völkern überlegen und kann mit ihrer Hilfe große Reichtümer ansammeln. Diese dienen ihm dazu, die Gastvölker immer weiter auszuplündern und zu versklaven. Der Jude versteht es, auch seinen Gastvölkern die Gier nach Geld und Reichtum einzuimpfen. Zügelloses Streben nach Profit auf Kosten der Allgemeinheit setzt ein, für Geld wird alles käuflich. Der Gewinner ist stets der Jude, der als Herr des Geldes sich zum Herrn der Völker, ihrer Frauen und ihrer Arbeit macht.«118

Auch hier wieder der Hinweis auf die ästhetische Dimension innerer Zersetzung: Jüdische Wirtschaftspaläste und Börsen seien zu den beherrschenden Gebäuden im Stadtbild geworden. Die Judenemanzipation hatte noch eine andere unheilvolle Folge: die Assimilation. Sie blieb zwar immer nur vordergründig, doch die äußerliche Anpassungsfähigkeit des Juden sorgte dafür, dass er immer schwerer in seiner Andersheit und Fremdartigkeit erkennbar war und den Wirtsvölkern so das instinktive Gefühl der Abneigung und Abwehr verloren ging. Die Assimilation war nur eine besonders

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tückische List, mit der »der Jude« den »natürlichen Widerwillen« seiner Gastvölker zum Verschwinden zu bringen suchte.119 Ein »Werkzeug« auf dem Weg zur Emanzipation war die Freimaurerei. Deren Grundideen von Gleichheit, Humanität, Toleranz und »Kosmopolitismus« bereiteten die Französische Revolution vor und ebneten auch dem Judentum den Weg in die bürgerliche Gesellschaft – vor allem unter diesem Gesichtspunkt wurden die Freimaurer als »Gegner« des Nationalsozialismus thematisiert.120 Mit den Ideen der Französischen Revolution und des Freimaurertums von »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« kam die Emanzipation und damit die große Chance des Judentums. Die liberalistische Revolution von 1848 und die Ausbreitung demokratisch-parlamentarischer Ideen brachten einen weiteren Schub in dieser Entwicklung: »Die Juden begreifen sofort die Bedeutung der neuen Ideen, wie sie ja auch an ihrer Schaffung und Prägung maßgeblich beteiligt sind. Die bisher verkannten ›Brüder‹, das sind natürlich sie. Jetzt gilt es mit allen Mitteln einzubrechen in die abbröckelnde Front rassischvölkisch-ständischer Traditionen. Wenn diese Front fällt, dann kann jene internationale, antivölkische, antirassische Weltfront errichtet werden, die Grundvoraussetzung der jüdischen Weltherrschaft ist. … Kein Mensch wird mehr – das ist das Endziel – ein reines Bluterbe besitzen, das ihn zu klarer, aufrechter, artbewußter, gegen nivellierende und zersetzende Einflüsse widerstandsfähiger Haltung befähigt. Die formlose Masse ›Menschheit‹ wird ein leicht zu beherrschendes und auszubeutendes Objekt einer nun erst möglichen ›Weltregierung‹ sein. In dieser Regierung aber werden die Juden, nach der Aufhebung aller Rassenunterscheidungen nicht mehr als Juden abgestempelt, aber selbst untereinander aufs strengste auf die Reinhaltung ihrer Art bedacht, an der entscheidenden Stelle sitzen.«121

Hinter der »Maske des freimaurerischen Weltbürgertums« konnte der »jüdisch zersetzende Geist« in die Völker eindringen. Der nächste große Schritt auf dem Weg zur Weltherrschaft war die Russische Revolution, auch sie ein gemeinsames Werk von Juden und Freimaurern, ehe die Logen 1919 aufgelöst wurden, weil die bolschewistisch-jüdische Herrschaftsklasse sie nach der Zerschlagung des zaristischen Staates nicht mehr benötigte. Selbst der 1. Weltkrieg war von einer jüdisch-freimaurerischen Gruppe angezettelt worden, denn: »Die Freimaurerei brauchte den Krieg, weil das Judentum an der Zerschlagung Deutschlands, Österreichs und Russlands interessiert war.« Die Täter des Attentats von Sarajewo, unter ihnen ein Jude, gehörten einer serbischen Geheimorganisation an, die mit Freimaurerkreisen in Verbindung standen.122 An der Spitze der Freimaurerorganisationen sitzen Juden, jüdisch ist auch »der Gedanke des weltumspannenden Menschheitsbundes, der alle Menschen der Erde ohne Rücksicht auf Rasse und Volkstum umschließen soll«, der Völkerbund, dessen Gründung auf eine Initiative des amerikanischen Präsidenten Wilson, eines Freimaurers zurückgeht. War die Freimaurerei das »beste Hilfsmittel« des Judentums im Bürgertum auf dem Weg zur Weltherrschaft, so sollte »die jüdische Irrlehre des Marxismus« die Arbeiter »den Interessen des Weltjudentums dienstbar machen.«123 Der dritte Band des Lichtbildervortrags für die Grundschulung hieß programmatisch »Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums«. Darin wird der Bolschewismus als die »furchtbarste Erscheinungsform des ewigen Vernichtungskampfes der Juden gegen die übrige Menschheit« vorgestellt.124 Der Bolschewismus wurde als ein einziges Bild des Grauens und des Schreckens präsentiert. Der aufwändig gestaltete Bildband »Der Untermensch« zeigte Menschen in elenden Behausungen, verhungernde Kinder, zerstörte Kirchen und Ber-

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ge von Leichen, die nach Folterungen und sadistischen Morden der sowjetischen Geheimpolizei unbestattet zurückblieben. Die Botschaft war klar: der Bolschewismus bringt Massenverelendung, Versklavung und Grausamkeiten aller Art. Das Werk, verfasst von den Schulungsamtsmitarbeitern König und Pröscholdt, wurde 1942/43 in einer Auflage von 3,8 Millionen Exemplaren gedruckt; über 670.000 Exemplare erschienen in anderen Sprachen, es war also auch an die Volksdeutschen und anderen Freiwilligen der Waffen-SS adressiert.125 Im Auswärtigen Amt war man wenig begeistert, und das Propagandaministerium sprach sich sogar dafür aus, die Schrift wieder zurückzuziehen, weil sie Menschen, die man im Osten zur Zusammenarbeit gewinnen wolle, vor den Kopf stoßen könnte.126 Himmler ließ sich davon nicht beirren. Das »Untermenschentum« war ein fester Topos in den Schulungsschriften seit Beginn des RusslandFeldzuges und bildete eine wesentliche Grundlage für die folgenschweren Fehleinschätzungen der deutschen Führung über den »russischen Gegner«.127 Vorübergehend, während der Dauer des Hitler-Stalin-Paktes, hatte man sich in Zurückhaltung geübt. Nach dem Lichtbildervortrag »Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums« und Himmlers Schrift »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«, beide 1936 erschienen, war lediglich noch 1938 ein kleines Heft »Komintern und Sowjetunion« in der Stoffsammlung für die Ordnungspolizei herausgekommen. 1941 wurden dann gleich mehrere Schulungsschriften erstellt, die den Einmarsch der Waffen-SS und der Ordnungspolizei nach Russland begleiteten. Sie standen alle unter dem leitmotivischen Thema des »Untermenschentums«. Dies galt auch für rein informatorische Schriften wie den Text »Die Sowjetunion – Raum und Volk«, der für die Winterschulung der Waffen-SS im Februar 1942 erschien. Der Bolschewismus, hieß es hier einleitend, eine »Ausgeburt jüdischer Weltherrschaftsgelüste«, schuf maschinenartige menschliche Wesen, eine »tierische und verhetzte gleichförmige Masse, die ohne jedes Bewußtsein und Gefühl für völkische Eigenart ist.« Bereits im Juli 1941 hatte der Kommandostab RFSS einen Schulungsplan über die Sowjetunion herausgegeben, dem eine Ausarbeitung zugrunde lag, die vor allem informatorische Zwecke erfüllen sollte: nach einer allgemeinen Übersicht und einem Kapitel über das Judentum und die Rolle der Juden zur Zeit Lenins und Stalins folgten Abschnitte über politische Entwicklung, Staatsform, kommunistische Organisation, Institutionen und Wirtschaft der Sowjetunion.128 Gleichzeitig erschien in der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei das Heft »Grenzkampf Ost«. Der Text befasste sich zwar im wesentlichen mit der Besetzung Polens, lieferte aber gleichzeitig eine Begründung für den Russland-Feldzug aus der Notwendigkeit, den »neuen deutschen Osten« zu sichern. Die russischen Machthaber hätten den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt als Friedensangebot Hitlers zur Neuordnung des Ostraums nur missbraucht, um Deutschland in einem geeigneten Moment in den Rücken zu fallen: »Der Ostraum gewinnt eine Atempause. Doch das bolschewistische Russland benützt die Zeit der Verständigung mit Deutschland, um im Verein mit dem plutokratischen England verräterische Pläne gegen Deutschland zu schmieden. Es will den Krieg zwischen Deutschland und England hinausziehen, um im gegebenen Moment Deutschland an seiner Ostgrenze in den Rücken zu springen und Europa zu bolschewisieren. Russische Divisionen ballen sich an der deutschen Ostgrenze, zum Überfall bereit. Wieder handelt der Führer blitzschnell…«.129

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Deutschland trat an, Europa vor dem Bolschewismus zu retten. Dies war auch das Thema der Schrift »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus«. Hier war vom »Haß der Steppe« die Rede, verkörpert im Judentum als »Führer des Bolschewismus« und »Träger des asiatisch-nomadischen Wüstengeistes«, der das kulturschöpferische Europa zu zerstören drohe. »Die bolschewistische Revolution«, so die absurde Behauptung, »wurde von jüdischen Großbanken finanziert.« Unter der Maske der Legende von der klassenlosen Gesellschaft wurde eine neue Klassenordnung geschaffen, »die unvergleichlich grausamer als die alte kapitalistische Klasse das Volk ausbeutet und knechtet«, die Form eines »Staatskapitalismus, der 90 vH der Bevölkerung in hörige Sklaven verwandelt …«. Unter deutscher Führung würde sich aber jetzt der »gemeinsame Rasseninstinkt der Völker Europas« melden, um im gemeinsamen Kampf diese Bedrohung abzuwenden: »Der Osten aber soll eine Ordnung erhalten, die niemals mehr eine Zusammenballung von europafeindlichen Kräften in diesem Raum zulassen wird.« 130 Im November und Dezember 1941 folgten die beiden Hefte »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« und »Rote Weltrevolution«, beide sowohl für die Monatsschulung in der Polizei als auch für den Winterschulungsplan der Waffen-SS verfasst. Während »Rote Weltrevolution« sich ausschließlich mit den Plänen und Zielen der Komintern befasste und deren Gefahr als »Angriff des Untermenschen« beschwor, versuchte man im Heft über den Bolschewismus eine mehr ins Grundlegende gehende Argumentation zu entwickeln. Ausgangspunkt war das Axiom, dass »die gestaltund formlose Masse der ostischen Menschen slawischer Sprache« zu jeder Staatengründung unfähig sei. In Russland mangelte es zudem an einer »starken, blutsmäßig einheitlichen Führerschicht«, daher war es ein leichtes für das Judentum, die Macht an sich zu reißen.131 Die erste Staatenbildung hatte Russland durch die Wikinger erfahren. »Doch bald versickerte das nordische Blut. Von Osten her brandete die Welt der Steppe, die Nomadenwelt Asiens gegen das slawische Völkergewirr. Es war nichts Aufbauendes, was Asien sandte.« Versuche, Anschluss an den Westen zu finden, scheiterten immer wieder an der zu schwachen rassischen Basis: »Die europafremden Rassenanteile waren stärker, so dass die geistige Europäisierung nicht gelang«. Zuletzt hatte Stolypin versucht, ein russisches Bauerntum nach europäischem Vorbild zu schaffen, doch er wurde von einem Juden ermordet: »Instinktsicher traf mit diesem Mord der entwurzelte, zerstörende Geist des Judentums das Bollwerk, das jeder Revolution, vollends aber dem jüdischen Machtanspruch den größten Widerstand entgegensetzt.« Am Vorabend des 1. Weltkrieges hatte das Judentum bereits große Teile des Handels und des Finanzkapitals in seiner Hand, während es gleichzeitig den Klassenhaß predigte und Umsturzpläne betrieb. Unter der Bauernbevölkerung wiederum »wütete der Jude als Inhaber von Dorfschänken und als Händler mit Spirituosen«.132 Im vorrevolutionären Russland fand der Jude den idealen Nährboden für sein zerstörerisches Werk. Während der Revolution ließ er die Reste der nordischen Oberschicht umbringen,133 der »Wahljude« Stalin vollendete schließlich das Zerstörungswerk, indem er die endgültige Vernichtung des russischen Bauerntums betrieb. Das Judentum besetzte die Schlüsselstellungen in Staat und Wirtschaft134 und verwandelte die Diktatur des Proletariats in eine »Diktatur Judas«. Die Familie wurde zerstört, die Frau »entartete und vertierte« zum »Flintenweib«, der Arbeiter wurde zum Sklaven des internationalen Judentums: »Das fröhliche Leben führt der Bonze, der Jude auf Kos-

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ten des Arbeiters.« Der »slawisch-ostische« Mensch mit seiner Neigung zum Kollektivismus und Masochismus ließ sich mühelos zu einem Maschinen-Menschen dressieren, eine »gewaltige Masse«, mit der man es schließlich, wäre Deutschland nicht eingeschritten, hätte wagen können, »die übrige Welt zu erobern«. Um »die Völker Europas« zum Kampf gegen den Bolschewismus unter deutscher Führung zu mobilisieren, zeichnete man ein Zerrbild von extremen Ausmaßen: »Maschinen, die so weit von aller Menschlichkeit entfernt sind, wie das tote Eisen und die gefühllose Mechanik. Maschinen, für die der Tod nur das Unbrauchbarwerden eines Einzelteils bedeutet, der rasch ausgewechselt wird. Maschinen, die sich nicht plötzlich wieder in Menschen verwandeln können, um vernünftig zu sein oder Mitgefühl gegen Wehrlose zu haben.« Und hinter all dem stand »der Haß des Ausgestoßenen, des jüdischen Parias.«135 Ein wesentliches Element dieser Dressur von »Maschinenmenschen« war die politische Erziehung in der Roten Armee. Die Veröffentlichung der gleichnamigen Schrift durch das Schulungsamt 1942 war ein erstes Eingeständnis, dass dieser Gegner nicht so leicht zu überwinden war, weil er offenbar auch, so sehr dies das Ergebnis von Indoktrination sein mochte, inneren Überzeugungen folgte. Eine weitere Schrift über den sowjetischen Soldaten, die das SS-Hauptamt 1944 verbreiten ließ, hob zudem die Kraft des »Sowjetpatriotismus« hervor, eine Kategorie, die man bis dahin gar nicht im Programm hatte.136 Inzwischen begann sich die Einschätzung des Gegners gründlich zu wandeln. Als Dambach im September 1944 eine neue Broschüre »Die Wahrheit über das Sowjet-Regime« vorlegte, die den Gegner auf bewährte Manier zu entlarven und zu demaskieren suchte, um dahinter die »jüdische Fratze« freizulegen, wurde es selbst Bergers Oberzensor Eckstein zu viel: ein solches Verfahren mag »für eine Propaganda durchschnittlicher Art ausreichend sein. Inzwischen hat uns der Bolschewismus nicht nur militärisch, sondern auch weltanschaulich und politisch gezwungen, dass wir uns ernsthafter und tiefer mit ihm auseinandersetzen. Es ist im Grunde genommen nicht nur oberflächlich, sondern geradezu pathologisch, die Weltgeschichte nur unter dem Bilde einer billigen Maskerade zu sehen.«137 Die überarbeitete Version stellte ein neues Argumentationsmuster in den Vordergrund, das den »Bolschewismus« als »Weltanschauung« ernster nahm: der Bolschewismus sei die radikalste Form des Marxismus, und dieser sei entstanden, weil das Bürgertum nicht imstande war, die soziale Frage zu lösen, die mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert aufkam. Die Argumentation zielte jetzt darauf ab, klar zu machen, dass auch der Marxismus keine Lösung sei, denn die marxsche Lehre sei ein Gift und kein Heilmittel, weil Marx die Krankheit – Klassenkampf, Entzweiung, Selbstzerfleischung, Haß und Neid – und nicht die Gesundheit – die gemeinschaftsfördernden rassisch-völkischen Kräfte – propagierte. Hier wurde also nicht mehr so sehr ein Schreckgespenst gezeichnet als vielmehr eine Irrlehre enthüllt. Der »marxistische Bolschewismus« hätte nichts mit »Sozialismus« zu tun, sondern sei in Wahrheit nur »eine Sonderform des kapitalistischen Systems, nämlich Staatskapitalismus«. Die Schrift konzedierte Marx einige richtige Erkenntnisse, so insbesondere, dass der Kapitalist davon lebe, den Arbeiter um einen Teil seiner Leistung zu betrügen, den er als Mehrwert abschöpfe. Das gleiche passiere aber im Bolschewismus: »Dieser kapitalistische Grundsatz ist in der bolschewistischen Sowjetunion erstmalig radikal und total wie nirgends sonst in der Welt durchgeführt worden. Das staatskapitalistische System schöpft jede das Existenzminimum übersteigende Mehrentlohnung ab, um die

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IV. Das Schulungsmaterial riesenhaften Erträge für seine machtpolitischen und sonstigen Interessen einzusetzen. – Den schaffenden Massen aber wird in einer den übrigen Kapitalismus noch weit unterbietenden Form nur das allerniedrigste sogenannte ›Existenzminimum‹ belassen.«138

Der Bolschewismus war also eine ins Gigantische gesteigerte Form des Betrugs. Dahinter konnte nur wieder das Judentum stecken. Schon der Marxismus war eine jüdische Erfindung, die in Wahrheit nicht darauf abzielte, die Not der Arbeiter zu lindern, sondern Unzufriedenheit zu schüren, die Völker zu entwurzeln und die Volksgemeinschaft zu zerstören, um mit Hilfe der solcherart betrogenen Arbeitermassen die Herrschaft an sich zu reißen. Nachdem ihm dies in Russland gelungen war, konnte sich das Judentum hier mit den Mitteln des Terrors einen unumschränkten Herrschaftsbereich schaffen, der ihm als Ausgangsbasis für die Weltrevolution dienen und damit den Weg zur Weltherrschaft ebnen sollte.139 Am Bolschewismus zeigte sich, dass das Wesen des Judentums nicht allein die Gier nach Geld, sondern mehr noch nach Macht und in letzter Konsequenz nach der Weltherrschaft war. Dazu bediente er sich nur verschiedener Mittel und Wege: »es bedient sich immer der wesentlichsten Eigenschaften, die die Mentalität eines Volkes darstellen«, hatte schon Hitler gewusst. 140 Als 1933 mit dem Aufbau der AntikominternFront durch das nationalsozialistische Deutschland die »entscheidende Wende« kam, trat dem »jüdischen Bolschewismus« sein »natürlicher Bundesgenosse, die ›Demokratie‹« zur Seite, deren Zentrum in New York lag – mit 2,5 Millionen Juden die »größte Judenstadt der Welt«. Roosevelt war der »Schildhalter des Judentums«, seine Umgebung, die Regierung der USA war längst ähnlich verjudet wie der »bolschewistische Machtapparat« in der Sowjetunion.141 Das Judentum, dies wurde jetzt vollends offenbar, war das »Bindeglied« zwischen Kapitalismus und Bolschewismus: »Kapitalismus und marxistischer Bolschewismus sind zwei verschiedene Stufen und Wege zum gleichen Ziel, nämlich zur Errichtung der jüdischen Weltherrschaft.«142 Der »Angloamerikanismus« rückte erst mit Beginn des Krieges in den Fokus der Schulungsautoren. 1940 erschienen die ersten Schriften, die sich speziell diesem Komplex widmeten, bis 1944 folgten eine ganze Reihe weiterer Texte. Als nordisch-germanisches »Bruderland« bereitete England besondere Deutungsprobleme, die zu kühnen Geschichtskonstruktionen herausforderten. Uneinigkeit gehörte ja immer schon zu den Hauptgründen für das Scheitern germanischer Reiche, paradox war nur, dass England sein eigenes Imperium schuf und deshalb gar kein Interesse an einem »großgermanischen Reich« hatte, stattdessen Zwietracht unter den Völkern auf dem Kontinent säte und eines gegen das andere ausspielte. Großspurig kündigte man deshalb an, erst einmal England niederzuwerfen: »… der Spaltpilz im nordischen Raum war und ist immer England gewesen, dieses verlorene Glied der germanischen Völkerfamilie – dieser Nachtschatten, der nun bis in seine letzte Wurzel vernichtet werden wird, weil er ein für allemal das Recht, innerhalb der nordischen Einheit leben zu dürfen, verwirkt hat! – Nach der endgültigen Niederwerfung des Erbfeindes wird dann die Stunde der nordischen Besinnung gekommen sein, das Großgermanische Reich wird Wirklichkeit werden.«143

Wie hatte es dahin kommen können? Die Ursache war, wie immer, der Jude. Begonnen hatte alles unter dem als Heerführer sonst bewunderten Cromwell, weil er »die Juden ins Land rief«. Hier gab es nun eine bemerkenswerte Koinzidenz: »Der dem jüdischen

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Glauben nahe stehende christliche Puritanismus (Vorherbestimmung, Auserwähltheit wird am Reichtum sichtbar) erleichtert es den Juden, die nordische Grundhaltung der Engländer zu zersetzen.«144 Daraufhin konnte sich in England eine »puritanisch-jüdische Weltanschauung« etablieren: »Der Engländer hat ein germanisches Äusseres, aber eine jüdische Seele«, wird Carlyle zitiert. »Altenglisch-germanische Art hat sich an international-jüdische Art verloren. Jüdisches Denken ist in das Geschäftsgebaren der Engländer eingezogen.«145 Der britische Imperialismus bahnte dem jüdischen Finanzkapital den Weg zur Weltherrschaft. Weitere Stationen auf diesem Weg waren die »Glorious Revolution« von 1688, als im Schlepptau der Oranier auch das Anleihekapital des Amsterdamer Judentums auf die Insel kam, die Gründung der Freimaurergroßloge 1717, schließlich, als vorläufiger Höhepunkt, die britische Palästina-Politik und die Balfour-Deklaration, die den Juden eine Heimstätte in Palästina versprach.146 Freilich ging es den Zionisten nie um einen Nationalstaat im klassischen Sinn, sondern darum, einen Rückhalt und eine operative Basis des »Galutjudentums«, ein »Aktionszentrum« der »Jüdischen Internationale« zu schaffen; Palästina sollte nie wirkliches Siedlungsgebiet, »sondern nur eine dem Zugriff aller anderen Staaten unerreichbare Zufluchtstätte für jüdische Gauner sein«.147 Dass England später an der Seite der Sowjetunion Krieg gegen Deutschland führte, dokumentierte nur noch das ganze verheerende Ausmaß, das das jüdische Zersetzungs- und Durchdringungswerk in England inzwischen angerichtet hatte. Das britische Imperium war jedoch längst brüchig geworden, und die »englischjüdische Front« drohte im Krieg gegen das Deutsche Reich zusammenzubrechen. In dieser Situation kamen die USA England zu Hilfe. Die USA setzten fort, was England begonnen hatte, waren aber als große Territorialmacht wirtschaftlich und militärisch weniger gefährdet. Zugleich fand das Judentum hier noch günstigere Bedingungen vor als in England. Die USA hatten nicht nur die »puritanisch-jüdische Moral« von England übernommen, hier herrschte darüber hinaus mit der »Schmelztiegeltheorie« eine positive Einstellung zur Rassenvermischung vor. Die Idee der Menschenrechte, des Liberalismus und der Demokratie hatten sich schon früh durchgesetzt und dem Judentum einen idealen Nährboden geliefert. »Rassenchaos«, Plutokratie, Geldherrschaft und Anbetung des Geldes waren die Folge, Massenarbeitslosigkeit und rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen waren das Ergebnis eines verantwortungslosen kapitalistischen Unternehmertums, das von der jüdischen Gier nach Geld und Macht infiziert war. Im »Amerikanismus« drängte ein kultur- und geschichtsloses Denken danach, die Welt zu beherrschen – darin lag eine deutliche Parallele zum Bolschewismus. Die Regierung der USA war längst ähnlich »verjudet« wie die Führung der Sowjetunion. Nachdem das Judentum in Deutschland niedergerungen war, machte man noch zwei große Zentren des Judentums aus, gegen die der Krieg geführt werden musste: die USA und die Sowjetunion. Die einen wollten das Empire beerben und ein weltumspannendes Imperium des Kapitals errichten, die anderen strebten nach der Weltrevolution, hinter beiden steckte das Judentum, es waren nur unterschiedliche Weg des »kulturlosen jüdischen Imperialismus« zur Weltherrschaft, die sich im Krieg zusammentaten und damit zu einer ungeheuren Gefahr für die ganze Welt heranwuchsen. Der größte Widerstand gegen diesen kulturvernichtenden Prozess hatte sich im nationalsozialistisch geführten Europa formiert, das Ziel der angloamerikanisch-bolschewistischen Allianz war es, diesen Widerstand zu bre-

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IV. Das Schulungsmaterial

chen und Europa zu einer Kolonie zu machen.148 Eigentlicher Kriegsgegner war daher das Judentum – die anderen Gegner: Freimaurerei, Bolschewismus, Angloamerikanismus waren nur die Hauptinstrumente, deren es sich auf dem Weg zur Weltherrschaft bediente. Vor diesem Hintergrund gab es, daran ließen die Schulungsschriften der SS keinen Zweifel, für Juden keinen Platz mehr – zunächst in Deutschland, dann in Europa und schließlich in der Welt. Im Schulungsheft von 1936 wird die Rassenpolitik des nationalsozialistischen Deutschland als »Akt der Notwehr« gerechtfertigt. Die übelsten Juden seien bereits eingesperrt und im Konzentrationslager zur Arbeit angehalten worden.149 Im Grundriss »Judentum«, vermutlich 1941/42 im RSHA verfaßt, werden die Möglichkeiten zur »Lösung der Judenfrage« ausführlich diskutiert. Der Zeitpunkt für eine endgültige Lösung sei heute gekommen. Es gebe nur zwei Wege: 1. Aussiedlung, 2. Vernichtung. Die Aussiedlung nach Palästina wird als unrealistisch angesehen, weil das Land, ganz abgesehen von den zu erwartenden Konflikten mit den dort lebenden Arabern, nur einen kleinen Bruchteil der auf 17 Millionen – »unter Einbeziehung aller Rassejuden vielleicht doppelt so viel« – geschätzten Juden in aller Welt aufnehmen könne.150 Andere Siedlungsräume gäbe es in den britischen und französischen Kolonien – Kenia, Rhodesien, Britisch-Guyana, Australien und Madagaskar werden erwogen: »Ohne auf die einzelnen Projekte näher einzugehen, wird man jedenfalls feststellen müssen, dass die Frage der geschlossenen Ansiedlung der Juden in einem geeigneten Lande nur von dem ernsthaften Willen der Juden selbst und ihrer Protektoren abhängt. Dieser Wille ist heute nicht vorhanden.« Auch das Judentum selbst »will gar nicht ernsthaft kolonisieren« – wollte es das, hätte es längst damit beginnen können, verfügte es doch über genug Geld. Davon, ob sich dieser Wille »eines Tages unter dem Druck der Verhältnisse einstellt, hängt die Zukunft des Weltjudentums ab.« An diese Diskussion schließt sich der Abschnitt »Vernichtung« an, der hier vollständig wiedergegeben sei: »Über diese Zukunft Prophezeiungen auszusprechen, ist nicht unsere Sache. Wir können nur den Lauf der Dinge ins Auge fassen, wie er sich bisher entwickelt hat, und die Kräfte abmessen, die am Werke sind. ›Wenn es dem internationalen Finanzjudentum inner- und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa!‹ Dieses warnende Wort Adolf Hitlers vom 30. Januar 1939 steht als Menetekel vor den jüdischen Zukunftserwartungen. – Damit ist auch jenem ganzen Komplex, den wir als jüdische Weltmachtpolitik bezeichnet haben, ein Halt geboten. Diese Weltmachtpolitik in der Art und Richtung, wie wir sie kennen, ist für die Völker der Erde nicht tragbar und muss daher scheitern. Das Judentum aber steht vor der Frage, ob es sich fügen oder untergehen will. – ›Das Judentum wird sich genau so einer soliden, aufbauenden Tätigkeit anpassen müssen, wie es andere Völker auch tun; oder es wird früher oder später einer Krise von unvorstellbarem Ausmaße erliegen‹ (Adolf Hitler am 30. Januar 1939). – Diese Krise ist heute eingetreten, wie sie endet, kann nicht mehr zweifelhaft sein.«151

In den »Ausbildungsunterlagen für weltanschauliche Erziehung« des SS-Hauptamtes von 1944 heißt es ebenfalls unter Bezugnahme auf Hitlers Rede vom Januar 1939, seine Prophezeiung von der Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa werde sich jetzt bewahrheiten; in Europa werde nach dem deutschen Sieg für keinen einzigen

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Juden mehr Platz sein.152 Da das Judentum in der nationalsozialistischen Weltanschauung hinter den beiden Gegnern des Krieges stand, hing auch der »Endsieg« von der »Endlösung der Judenfrage« ab: »Für Deutschland gibt es nur ein Ziel: Kampf dem Bolschewismus und Kampf den Plutokratien. Ausmerzung des Juden, des Erzfeindes jedes Volkstums! Und für das neue Europa, das unter Führung Deutschlands auf der Grundlage einer völkischen Ordnung nach dem Endsieg erstehen wird, kann es nur eine Losung geben: Befreiung Europas von der Herrschaft des Juden!«153

Als die »Endlösung« 1944 in Ungarn begann, brachte das SS-Hauptamt eine Schrift »Juden, Freimaurer und Bolschewisten in Ungarn« heraus, in einer deutschen und einer ungarischen Version, in der die Entwicklung der ungarischen Rassen- und Judenpolitik nachgezeichnet wird. Sie habe zwar 1942 bereits ein Eheverbot zwischen Juden und Nichtjuden gebracht, sei aber immer noch nicht weit genug gegangen. Erst nach dem deutschen Einmarsch im März 1944 habe die endgültige Lösung der Judenfrage in Angriff genommen werden können. Ungarn könne sich jetzt Verdienste im gemeinsamen Kampf gegen Judentum, Bolschewismus und Plutokratie erwerben: »Aus gemeinsamem Kampf und gemeinsamem Opfer wird ein neues Europa der Ordnung und Gerechtigkeit entstehen, dessen Frieden niemals mehr gewissenlose Juden und Plutokraten stören sollen. In der neuen europäischen Gemeinschaft wird sich auch Ungarn einen gebührenden Platz durch den Einsatz im Osten erkämpfen.«154

»Europa« als Aufgabe und Vision Das Thema »Europa« war zwar ständig präsent, rückte aber erst gegen Ende des Krieges verstärkt in den Fokus der Schulungsarbeit. Von insgesamt 13 Texten, die explizit diesem Thema gewidmet waren, erschienen neun erst 1944, zwei grundlegende Texte waren 1943 herausgekommen. 1941 war mit Beginn des Russland-Feldzuges das schon erwähnte Heft »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus« erschienen, 1942 folgte »Deutschland ordnet Europa neu«.155 Der Krieg, den das Deutsche Reich führte, wurde jetzt als »europäische Aufgabe« definiert, als eine Aufgabe, die Deutschland für Europa erfüllte; denn es ging um »Selbstbehauptung oder Untergang Europas«, schließlich gar die »Rettung des Abendlandes«, weil mit dem Untergang Deutschlands auch das Ende der kulturschöpferischen nordischen Rasse und damit der europäischen Kultur drohe. Daher erschien es mehr als recht und billig, wenn man auch von den Völkern Europas Mobilisierungsopfer erwartete. Dieses Opfer sollte aber nach Möglichkeit freiwillig erfolgen, deshalb musste die »europäische Aufgabe« plausibel gemacht werden. Historisch und geopolitisch erfüllte Deutschland vor allem die Aufgabe, Europa nach Osten zu sichern. Dies wurde in einer umfangreichen Schulungsschrift mit dem Titel »Sicherung Europas« begründet, die das SSHauptamt 1943 herausgab. Nach Norden, Westen und Süden gab es natürliche Grenzen, nach Osten nicht, hier fehlte jeder »natürliche Schutz«, so dass, wenn das Reich geschwächt war und seine historische Rolle nicht mehr wahrnehmen konnte, immer wieder »Ströme fremden Blutes in den europäischen Raum hineinfluten« konnten. Aus dieser Perspektive wurde die Geschichte des Reichs und Europas neu geschrieben. Insbesondere nach der bolschewistischen Revolution in Russland und der gleichzeitig

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erfolgten Schwächung des Reichs nach dem 1. Weltkrieg entstand im Osten eine akute Bedrohung, zumal in Russland noch »die letzten germanischen Einflüsse« und »die letzten germanischen Blutströme« beseitigt wurden. Als Stalin seine Hand nach Finnland ausstreckte, stand ein »neuer Zug slawisch-mongolischer Völker« bevor. »Dieser Mongolensturm bekam aber sein besonderes Gesicht durch die hinter ihm stehenden internationalen Kräfte des Judentums, das die Massen der russischen Völker zur Erhaltung seiner Weltherrschaft gegen das Deutsche Reich vorwärtspeitschte.« Das nationalsozialistische Deutschland übernahm jetzt wieder die alte historische Aufgabe der Sicherung Europas gegen den Osten: »Der Führer nimmt verantwortungsbewusst das Schicksal Europas in seine Hände.« Der Nationalsozialismus knüpfte damit an eine lange historische Tradition von Abwehrkämpfen an, die mit den ersten Hunneneinfällen des 4. und 5. Jahrhunderts begannen. Versuche, den Ostraum durch Kolonisierungen zu sichern und zu ordnen, waren jedoch immer wieder an mangelndem Rückhalt gescheitert: »Tausende und aber Tausende germanischer Sippen sind in diesem Ostraum vernichtet worden, weil das Kernland sie nicht schützen konnte oder zu schützen willens war.« Dies soll sich jetzt gründlich ändern: »Von jetzt an wird Deutschland die Sicherung Europas nicht mehr aus der Hand geben, weder blutsmäßig noch politisch, militärisch oder auch wirtschaftlich. Die wertvollsten Menschenrassen des europäischen Raumes sollen niemals mehr durch Blutströme und Ideologien fremder Rassen verdorben werden.« Offen wird in der Schrift ausgesprochen, dass man keineswegs vorhabe, den Osten zu germanisieren, indem man den dort lebenden Menschen »Sprache und Gesetze beibringt«, sondern es solle dafür gesorgt werden, »dass im Osten nur Menschen wirklich deutschen, germanischen Blutes wohnen.«156 Unklar bleibt, wie weit dieser von »Germanen« zu besiedelnde Raum reichen soll. An der Ostfront, dies war die Kernaussage, wird Europa gegen die »jüdisch-bolschewistischen Horden« verteidigt. Auch wenn dies noch nicht allen europäischen Völkern klar war und noch nicht alle »den Zweck und tieferen Sinn dieses Titanenkampfes« begriffen hatten: »eines Tages werden sie einsehen müssen, dass dieser Kampf auch für sie zur Erhaltung ihrer Art und Gesittung geführt worden ist…., dass die Opfer dieses Krieges auch für sie gefallen sind…«.157 Der Text sollte nicht nur den Sinn des Krieges gegen die Sowjetunion erklären, er sollte vor allem auch überzeugende Argumentationshilfen bei der Werbung und Mobilisierung von Hilfstruppen außerhalb des Deutschen Reichs liefern. So war die ganze Schrift als Lehrbuch angelegt mit zahlreichen historischen Details und Exkursen, die man nicht en passant behandeln konnte, sondern die schon eine gründliche Auseinandersetzung verlangten, für die ein Vorschlag für ein 8 Wochen umfassendes Curriculum beigefügt war. In der Schriftenreihe der Ordnungspolizei erschien der Text Anfang 1943 denn auch als ein Doppelheft von 86 Seiten, dessen Inhalte im Rahmen der Monatsschulung auf zwei Monate verteilt werden sollte. Im September folgte ein weiteres Heft zur Europa-Thematik. Nachdem zuvor die Bedrohung Europas von Osten durch Mongolenhorden, Russen und Bolschewisten im Vordergrund stand, rückte dieses Heft stärker die historische Bedeutung des Reichs als ordnungsstiftende Mitte Europas ins Zentrum. Das »geschichtliche Dasein« des deutschen Volkes, so wird hier verkündet, war stets »mit seinem abendländischen Ordnungsauftrag verbunden«. Das Reich Karls des Großen, das Werk Heinrichs I., das mittelalterliche Kaiserreich kündeten davon. Nach dem Zerfall dieses

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Reichs gab es einige »partikulare Leistungen europäischen Ausmaßes« mit dem Deutschen Orden und der Hanse, es folgten zum Scheitern verurteilte »Ordnungsversuche vom Rande des Kontinents her« durch Spanien, England und Frankreich; erst mit dem Aufstieg Österreichs zur »Führungsmacht des Südostens« und vor allem Preußens, das bald zum »Kristallisationspunkt der Neubildung deutscher Macht« wurde, kam es zu einem »Wiedererstarken der deutschen Mitte«, die schließlich in das »Zweite Reich« Bismarcks mündete. Versailles war da nur eine Episode. Mit Hitler vollendete sich die Wiedergeburt Deutschlands und mit ihm auch die »Wiedererstehung des Abendlandes«. Der Text betonte nicht nur die historische Kontinuitätslinie, in der die Politik des nationalsozialistischen Deutschland stand, sondern auch die zentrale Rolle des Germanentums für die Entstehung des europäischen Abendlandes. Die griechisch-römische Antike war eine indogermanische Schöpfung, Hellenen und Römer bauten die ersten Bollwerke gegen das »Rassengemisch Vorderasiens« auf. Doch Griechenland versank im »Rassenchaos« und die Abwehrkraft Roms erlahmte – da »traten als letztes Aufgebot der nordischen Urheimat die Germanen auf den Plan.« Bis 500 nach Chr. war fast ganz Europa »vom Atlantik bis zum Pontus, vom Rheine bis zum Atlas« – eine Karte illustrierte dies sehr anschaulich – aus germanischen Reichen zusammengesetzt. Das »rasselose Bevölkerungsgemisch des einstmaligen Imperiums wurde nun mit den dünnen nordischen Herrenschichten der germanischen Eroberer überzogen«, die »Zufuhr schöpferischen Blutes aus dem Norden bewirkte die Entstehung einer neuen Kultur«. Hier wird auch gleich der germanische Anteil an der »späteren Blüte der französischen, italienischen und spanischen Kultur« reklamiert, die ohne diese Blutszufuhr nicht möglich gewesen sei.158 Aufgrund dieses nordischen Blutsanteils in den Führungsschichten konnte sich Europa als kulturelle Einheit entwickeln. Auch die moderne, von Europa hervorgebrachte Wissenschaft und Technik waren nordische Schöpfungen. Ein speziell für die Schulung deutschen Führungspersonals in nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS verfasster Text hebt diesen Aspekt besonders hervor und behauptet eine »natürliche Einheit« Europas, weil die Völker Europas »nach Führungsschicht und sonstigem Blutsbestand nahe verwandt« seien. Diese Verwandtschaft gründe sich auf den gemeinsamen indogermanischen Ursprung und die Durchdringung des europäischen Raums mit »nordisch-fälischen Blut« in der Völkerwanderung, die einen »nordischblütigen Adel« als einheitliche europäische Führungsschicht geschaffen habe. Europa ist so durch Einheit und Differenz geprägt: »Während Führungsschicht und Staatsordnung in allen diesen Völkern maßgebend bestimmt sind durch dasselbe nordisch-fälische Blut, gibt der verschieden starke Mischungseinschlag der übrigen europäischen Rassen den einzelnen Völkern ihre blutsmäßige Eigenart und ihrer kulturellen Entwicklung den charakteristischen eigenen Stil.« Da aber das nordische Erbe »am reinsten und stärksten« in den Völkern der germanischen Sprachengruppe erhalten sei, bilden sie auch das »natürliche Kraftzentrum« Europas.159 Nach dem Mittelalter habe jedoch, beginnend mit der Zeit der Glaubenskriege, eine Zeit der Spaltungen eingesetzt. Später waren es insbesondere die britische Seeherrschaft mit ihrer europafeindlichen Gleichgewichtspolitik und die Französische Revolution, die das nordische Führertum schwächten und eine »Herrschaft des Geldes und des Pöbels« errichteten. Am Ende drohte Europa zu einer »Kolonie des angloamerikanisch-bolschewistisch-jüdischen Weltstaates« zu werden.160

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IV. Das Schulungsmaterial

In dieser Sicht erschien der Nationalsozialismus als eine »nordisch-germanische Renaissance«, die einen Gesundungsprozess einleitete. Dazu gehörte nicht nur, dass das Deutsche Reich die »alte Aufgabe der Sicherung Europas nach Osten« wieder übernahm. Deutschland hatte noch eine zweite wichtige Funktion für Europa, nämlich das Beispiel eines »wahren« Sozialismus zu geben. Das Konzept des »wahren« – wahlweise als völkisch oder national apostrophierten – Sozialismus beinhaltete die Lösung der sozialen Frage (»deutscher Sozialstaat versus Wallstreet«)161, die Errichtung einer »natürlichen Lebensordnung« sowie die Förderung des Bauerntums und der Volkskultur. Dies schloss zugleich die Achtung vor den Eigenheiten der verschiedenen Völker ein; so heißt es in völliger Verkehrung der Realitäten: »Das Reich hat schließlich, indem es nicht einen internationalen, sondern einen nationalen Sozialismus verwirklichte, als einzige unter den großen Weltmächten der Gegenwart der geschichtlichen und völkischen Eigenart und Mannigfaltigkeit Europas Rechnung getragen.«162 Unterstellt wurde hier, dass angloamerikanischer Kapitalismus, Bolschewismus und Judentum nach der Weltherrschaft strebten, um sich die Völker zu unterwerfen und sie auszubeuten, während das Deutsche Reich für »völkisch gegliederte Großräume« eintrat. Ein solcher »Großraum« wäre die in deutscher »Gesamtverantwortung« geführte europäische Völkergemeinschaft. Die Rede vom »wahren«, völkischen Sozialismus, der zugleich als »revolutionär« ausgegeben wurde, sollte dieser Gemeinschaft ein höheres Ziel geben, das den Eintritt in den Kampf an der deutschen Seite attraktiv machte.163 Ein solches Europa unter Führung des nationalsozialistischen Deutschlands musste für seine Gegner die größte Gefahr darstellen. Deshalb hätten »die Juden und das von ihnen regierte England« das »Germanentum«, das Europa als Zentralmacht immer zusammengehalten habe, »zum Kriege gehetzt«; und »um die Herrschaft des Dollars und des jüdischen Goldes zu sichern«, strebten auch die USA an, »das gefährliche Beispiel des deutschen Sozialismus« und die »Selbständigkeit Europas« zu beseitigen.164 Erst recht musste dies für den Bolschewismus gelten, der unter dem Etikett des »Sozialismus« ein in Wahrheit »staatskapitalistisches« System errichtet hatte. Alles in allem war der »deutsch-europäische Sozialismus« das größte, aber auch das letzte große Hindernis des hinter allen Gegnern steckenden Judentum auf dem Weg zur Weltherrschaft und damit auch zur Zerstörung der abendländischen Kultur. Der Krieg wurde so in die welthistorisch-apokalyptische Dimension eines Endkampfs zwischen »Kultur« und »Kulturlosigkeit«, »nordisch-arischer Schöpferkraft« und »Untermenschentum« gehoben.

Krieg und Soldatentum In den ersten Kriegsjahren, vor allem 1940 erschienen mehrere Schriften, deren Zweck es war, über Kriegsschauplätze und besetzte Gebiete zu informieren. So erschienen 1940 Hefte über Frankreich, England, den Mittelmeerraum, Norwegen und den Balkan. Der Kampf Italiens ums Mittelmeer wird als »Wiedergeburt des römischen Imperiums«, die Besetzung Norwegens durch die deutschen Truppen als Beginn einer »Wiedergeburt der nordischen Völker an der Seite des Wiederaufstiegs Deutschlands« gefeiert. Das Heft über Norwegen informiert vor allem über »völkische«, wirtschaftliche und politische Verhältnisse; das Balkan-Heft befasst sich mit der Geschichte, den

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Volkstumsverhältnissen und der Neuordnung des südosteuropäischen Raums und hebt vor allem die historischen Leistungen »deutscher Menschen« in diesem Raum hervor.165 Hefte über den Donauraum (1939), Elsass-Lothringen (1941) und Böhmen und Mähren (1944) behaupten den essentiell »deutschen« Charakter dieser Regionen, die daher nicht besetzt, sondern nur heimgeholt wurden. Insgesamt zeichnete sich 1940 eine »Neuordnung Europas« ab, in der Italien für den Mittelmeerraum, Deutschland für den ost- und südosteuopäischen Raum zuständig war. Der Ton ändert sich, sobald die Texte auf Frankreich und England zu sprechen kommen. Beide erschienen als die Haupthindernisse auf dem Weg zu dieser Neuordnung, die »Entscheidungsschlacht gegen den Westen« wurde daher zum Ziel der Neuordnung Europas geführt. England und Frankreich hatten Deutschlands Aufstieg nach 1870 mißtrauisch verfolgt, das erstarkende Reich eingekreist, den ersten Weltkrieg angezettelt und Deutschland in Versailles gedemütigt. England war aber auch zum Gegner geworden, weil hier das Judentum mitregierte; Frankreich galt zudem als abschreckendes Beispiel für Rassenvermischung und Degeneration. Die französische Propaganda und Kriegshetze bezichtige Deutschland der Barbarei – doch: »Die Quelle der Barbarei in Europa ist in Wahrheit Frankreich – die Negerrepublik!«166 Auch den Kolonien wurde nachgetrauert.167 Das Recht auf Kolonien, die Deutschland schon zu Zwecken der Rohstoffbedarfsdeckung zustünden, müsse im Krieg wieder erkämpft werden. Der erweiterte Lebens- und Siedlungsraum, den Deutschland aufgrund seiner Bevölkerungsdichte benötigte, lag jedoch im Osten, und diese Frage war durch die »waffenmäßige Auseinandersetzung mit Polen« bereits gelöst.168 Ziel des Krieges war jetzt die Sicherung der Ostgrenze – die nach der Einverleibung Polens ein ganzes Stück weiter nach Osten verschoben worden war. In der Stoffsammlung »Der deutsche Lebensraum«, die im Januar 1941 in der Waffen-SS und wenig später in der Ordnungspolizei durchgenommen werden sollte, wurde die Aufgabe der deutschen Raumpolitik recht ideologiefrei so definiert, dass der Raum, der dem deutschen Volk zur Verfügung stünde, mit der Bevölkerungsdichte in Einklang zu bringen sei. Dies allein schien die geopolitische Erweiterung zu rechtfertigen, aber es scheint auch außer Zweifel gestanden zu haben, dass man sich hier nur angestammtes Gebiet zurückholte, das zu Unrecht nach dem 1. Weltkrieg abgespalten worden war. Dass es hier nur geringen Legitimationsbedarf gab, zeigt sich darin, dass dieses Thema in den Schulungsschriften nur am Rande behandelt und ihm nie ein eigenes Heft gewidmet wurde.169 Umso wichtiger wurde jetzt aber die Sicherung der vorgeschobenen Ostgrenze gegen die drohende »slawische Überflutung und Überfremdung«. Aufgabe der Ostpolitik war es, dem »geschlossenen slawischen Volkstum des Ostens ein ebenso geschlossenes germanisches Volkstum« entgegenzustellen und eine feste politische Grenze zu schaffen, die man sich in Gestalt einer volkstumspolitischen Staffelung so dachte, dass das neu gewonnene Land von einem »geschlossenen deutschen Volkstum«, das Grenzland selbst aber von einem »Grenzlanddeutschtum« bewohnt wird, »das in Generationen fremder Überwucherung getrotzt hat und Gewähr dafür bietet, dass ein Überfluten der Ostgrenze durch slawische Völkerschaften in Zukunft verhindert wird.«170 In diesem Anfang 1941 erschienen Heft wird der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt als ein Versuch gedeutet, politische Voraussetzungen für eine derartige Sicherung der Ostgrenze zu schaffen: Deutschland und Russland hätten ihre gegensei-

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IV. Das Schulungsmaterial

tigen Interessen anerkannt und das »Randproblem« – die offene und fließende Grenze – »ordnend gestaltet und so Vorbedingungen für eine endgültige Befriedung dieses Raums geschaffen. Nur wenige Monate später erschien in der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei das Heft »Grenzkampf Ost«. Der Text befasste sich zwar im wesentlichen mit der Besetzung Polens, lieferte aber gleichzeitig eine Begründung für den Russland-Feldzug aus der Notwendigkeit, den »neuen deutschen Osten« zu sichern. Der erste Teil brachte eine historische Legitimation für die Besetzung Polens: der Osten sei altgermanisches Siedlungsland, das in der Zeit der Völkerwanderungen verloren ging und »von ostischen Menschen slawischer Sprache … unterwandert« wurde; die Führung behielt aber die »nordische Oberschicht«. Danach seien immer wieder deutsche Ostkolonisatoren ins Land gerufen worden, mehrfach habe es Versuche der Rückgewinnung gegeben, die aber scheiterten und zuletzt aufgrund des »Verrats von Juda, Marxismus und Zentrum« durch den »Schmachfrieden von Versailles« vereitelt wurden. Nachdem bereits Polen den Weg der Verständigung zurückgewiesen hatte, sei auch der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt als Friedensangebot Hitlers zur Neuordnung des Ostraums von den russischen Machthabern, die gar nicht daran dachten, »in ehrlicher Weise einen Bund einzugehen«, gebrochen worden. Die Sowjetunion nutzte vielmehr die Gelegenheit, um sich Gebiete Finnlands und Osteuropas einzuverleiben, und marschierte schließlich – so die Darstellung – an der neu gewonnenen Westgrenze auf. Sie enthüllte damit ihre imperialistischen Bestrebungen, die jetzt zu einer Bedrohung ganz Europas wurden.171 Offenbar war man vorübergehend auf den Bolschewismus hereingefallen, der jetzt sein wahres Gesicht zeigte und keineswegs durch eine gesicherte Grenze in sein Territorium gebannt war. Mit dem Krieg gegen die Sowjetunion ändert sich der Tenor der kriegsbezogenen Texte. Es ging jetzt nicht mehr um die Legitimität von Eroberungen, um Lebensraumfragen, Grenzsicherungen oder die Revision der Versailler Verträge, sondern um grundlegende weltanschauliche Auseinandersetzungen. Das Thema »Krieg« wurde zunehmend mit der weltanschaulichen »Gegnerkunde« verknüpft. Die »Gegnerkunde« zielte zunächst auf die Bekämpfung der inneren Gegner ab, hatte aber ab 1940 eine vorwiegend kriegsbezogene Funktion, weil sie den Krieg gegen die Feindmächte erklären und die Kriegsziele legitimieren sollte. Das Judentum als innerer Hauptfeind avancierte jetzt zum internationalen Drahtzieher des Krieges und lieferte die Deutungsklammer für die doppelte Frontstellung gegen »Bolschewismus und Angloamerikanismus«. Die »Sinnfrage« stellte sich massiv offenbar erst im letzten Kriegsjahr. 1944 erscheinen dazu gleich mehrere Schriften, vor allem eine umfangreiche, »vom Führer befohlene« Schrift »Wofür kämpfen wir?«, die das Personalamt des Heeres herausgab und die auch in der SS verschickt wurde. Ein Handblatt des Schulungsamtes gab darauf gleich die klare Antwort: »Wir kämpfen für die Ewigkeit unseres Volkes«, allerdings war hier mehr der Kampf um die Reinheit, Gesundheit und Vermehrung der Rasse gemeint. Die wichtigste Schrift, die das Schulungsamt zur Klärung der Kriegs-Sinnfrage beisteuerte war »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg«, als Handblatt Nr. 20 erschienen und von Wilhelm Gschwend selbst, dem Leiter der Abteilung C.1.1 für Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit verfasst. Hier wurde ein einfaches verschwörungstheoretisches Szenario gezeichnet: Alles begann damit, dass Deutschland »als erstes Volk Europas« sich gegen die »Weltpest des Judentums und

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der Freimaurerei« erhob, die im Begriff war, die »Grundlagen des völkischen Zusammenlebens überhaupt« zu zerstören. Dies rief das internationale Judentum auf den Plan: »Die überstaatlichen Mächte des Judentums und der Freimaurerei, die in allen Staaten Europas und Amerikas auf die Zersetzung der völkischen Werte hinarbeiten, sehen sich durch das Erwachen Deutschlands im Nationalsozialismus bedroht und erklären dem Reich den Krieg in der Absicht, dieses Erwachen schon im Keim zu ersticken.«172 Nur so seien die »Kriegserklärungen der großen Geldmächte«, also Englands und der USA zu erklären. Deutschland führte daher letztlich Krieg gegen das internationale Judentum, das mehr oder weniger hinter allen Gegnern steckte.173 Es ging also nicht um Eroberungen, Besitzansprüche und die Ausbeutung fremder Territorien und Ressourcen, sondern um die Rettung des Abendlandes vor den größten Bedrohungen, die das Judentum hervorgebracht hatte: Bolschewismus und Amerikanismus. Beide waren »die Todfeinde der Kultur unseres Kontinents, der Ordnung alles völkischen Lebens auf der Grundlage von Blut und Rasse. Beide Weltanschauungen stimmen darin überein, dass sie die Bastardierung der Völker, die Vermassung der Menschen und die Herabdrückung des Menschen zur Maschine zur Folge haben.« Prägnant wird der weltanschauliche Hintergrund des Krieges auf eine einfache Formel gebracht: »Im gegenwärtigen Kampf prallen also in wechselnden Formen die großen Gegensätze unseren modernen Lebens zusammen: Kultur gegen Steppe, Mensch gegen Maschine, Adel der Arbeit gegen Versklavung, Volkstum gegen Internationale, Gottglaube gegen teuflische Dämonie.«174 Dies war ein Kampf auf Leben und Tod, um Sieg oder Untergang. Deshalb wurde er auch auf der gegnerischen Seite mit allen Mitteln geführt, mit äußerster Härte, Terror und Lügenpropaganda. »Entsprechend ist die Erbitterung und die Rücksichtslosigkeit, die dieses Ringen auch auf dem militärischen Gebiet begleitet.«175 Ein solcher Kampf, der im Bolschewismus zudem auf einen politisch geschulten Soldaten traf, konnte auch nur mit weltanschaulich geschulten, politischen Soldaten geführt werden, er verlangte den »politisch fanatisierten Soldaten, der die weltanschauliche Tiefe und Weite des Ringens erkennt, in dem wir stehen, und ein gläubiger Kämpfer für die germanischen und europäischen Werte ist.« Die »europäische Sache« dürfe nicht nur »instinktmäßig«, sie müsse vielmehr auch »bewusst«, mit allen Konsequenzen vertreten werden: »Der Hetze und Lügenpropaganda des Gegners steht der unpolitische Nur-Soldat wehrlos gegenüber. Hier helfen die Waffen allein nicht. Nur der weltanschaulich geschulte und leidenschaftlich an den Führer und den Nationalsozialismus glaubende Soldat kann in diesem langen und schweren Krieg bestehen und siegen.«176 Die weltanschauliche Schulung wird als alles entscheidende Waffe beschworen. Sie soll einen Glauben begründen, der angeblich Berge versetzen kann. In der letzten Broschüre der »Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht« wird der verbreitete Glaube an die »Wunderwaffe« verspottet: »Doch nur Narren, Spießer und Feiglinge glauben, dass der Krieg durch Wunderwaffen entschieden wird. Wenn es allein nach diesen Waffen ginge, müsste der Krieg schon seit geraumer Zeit für die Bolschewiken oder Anglo-Amerikaner entschieden sein. Deren materielle Überlegenheit ist zur Zeit ohne Zweifel vorhanden. Aber gerade dies beweist, dass es letzten Endes auf die Männer ankommt, die die neuen Waffen zum Siege tragen sollen. Das müssen Kerle sein, die ihren Fäuste auch ohne Wunderwaffen vertrauen.«177

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IV. Das Schulungsmaterial

Das war von bemerkenswerter Offenheit und wurde wohl deshalb nicht in die endgültige Fassung übernommen, die den Titel trug: »Unsere stärkste Waffe – unser fanatischer Glaube an den Sieg«. Darin wird eine ganz andere Wunderwaffe, der »Glaube« beschworen und ein umfangreiches Glaubensbekenntnis aufgestellt, gipfelnd im Glauben an die »Vorsehung« die dem deutschen Volk den Führer sandte. Der Text endet mit der Beschwörungsformel: »Unser Glaube an den Führer und das germanische Reich ist stärker als all die Bedrohung, er wächst mit dem Maß der Not und wird das Schicksal zwingen.« Ein Goethe-Gedicht beschließt die Reihe, die letzte Antwort der »Kulturträger« an die »Steppe«.178

IV.3 SCHULUNGS-AUTOREN Das Schulungsamt gab im Laufe der Jahre eine Vielzahl an Schriften und Materialien heraus, die sich nur in wenigen Fällen bestimmten Personen als Autoren zuordnen lassen, weil sie meistens anonym erschienen; in der Regel wurden sie aber von Mitarbeitern des Amtes selbst verfasst. Nur im SS-Leitheft, das monatlich erschien und der allgemeinen Grundschulung diente, finden sich häufig namentlich gekennzeichnete Beiträge; zwar sind auch hier viele Beiträge nicht oder nur mit einem Kürzel gekennzeichnet, doch lassen sich unter Einbezug des Leitheftes hinreichend viele Autoren identifizieren, um eine empirische Auswertung durchführen zu können. Die meisten namentlich genannten Autoren des Leitheftes gehörten nicht zum Schulungspersonal, d.h. sie waren keine regulären oder »offiziellen« Mitarbeiter des Schulungsamtes, deshalb habe ich sie nicht in die Daten zum Schulungspersonal (siehe Kap. V.1) mit einbezogen. Sie sollen trotzdem hier ergänzend berücksichtigt werden, um das Gesamtbild auch nach dieser Seite zu komplettieren. Insgesamt fanden sich 372 Autoren von Texten, die für die Schulungsarbeit bestimmt waren, davon publizierten 268 in den Leitheften.179 In zwei Drittel aller Fälle fanden sich auch biographische Daten. Von der Altersstruktur her handelt es sich um eine Gruppe, die deutlich älter ist als das Schulungspersonal insgesamt: 1933 waren die Autoren im Mittel 32,5 Jahre alt, während das Durchschnittsalter des Schulungspersonals bei 28 Jahren lag. Dies hängt mit dem hohen Anteil beruflich etablierter, vielfach bekannter und damals renommierter Schriftsteller sowie Studienräte und Professoren zusammen; rechnet man Schriftleiter und Journalisten hinzu, dann machen diese Berufsgruppen zusammen einen Anteil von 69% an allen Autoren aus. Der Akademikeranteil lag mit 78,5% noch etwas höher, weil unter den Autoren auch eine Reihe von Ärzten, Juristen, höheren Verwaltungsbeamten u. a. waren. Die Autoren kommen also im wesentlichen aus einer schreibenden und lehrenden kulturellen Elite. Die Zahlen verteilen sich im einzelnen wie folgt auf die wichtigsten Berufsgruppen:180 Schriftleiter/Journalisten/Schriftsteller Lehrer/Studienräte Professoren/Dozenten einer dieser Gruppen zugehörig

45,2% 23,4% 18,6% 69,0%

Schulungs-Autoren

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Für 231 Personen liegen auch politische Daten vor. Bis auf drei kommen alle aus dem völkisch-nationalsozialistischen Spektrum: zwei Autoren waren zu Beginn der Weimarer Republik SPD-Mitglieder, einer hatte der DDP angehört. Über die Hälfte – 56% – hatte bereits vor dem 31.1.1933 einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation angehört, 25,4% waren 1933 und nur 18,6% erst nach 1933 der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen beigetreten, von denen wiederum ein großer Teil aus den annektierten oder besetzten Ländern kam. Zwei Drittel (65,8%) gehörten der SS an. Betrachtet man nur die SS-Leithefte als wichtigstes Periodikum für die weltanschauliche Schulung, erhält man ein nur geringfügig modifiziertes Bild. Auch hier gehörte die Mehrheit der Autoren – knapp 60% – der SS an; bezogen auf die Zahl der Beiträge liegt der Anteil von SS-Angehörigen an den Autoren mit 67% noch etwas höher. Weitere 20% waren nicht in der SS, aber in der NSDAP oder SA, nur 13% der Beiträge stammten von »Externen«, zumeist völkischen oder mit dem Nationalsozialismus sympathisierenden Schriftstellern, die sich nicht parteipolitisch binden wollten. 78% der Leithefte-Autoren waren Akademiker, 22% Lehrer bzw. Studienräte; die größte Berufsgruppe bildeten Schriftsteller, Schriftleiter und Journalisten mit 52%. Beide Gruppen zusammen machten (bei Überschneidungen des Berufs) knapp 70% aller Autoren aus, so dass wir ein sehr professionstypisches Bild erhalten. Die inhaltlich oft dürftigen Beiträge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Leitheft eine kulturelle Bildungselite vertreten war – allein 100 Autoren trugen einen Doktor- oder Professorentitel. Gerade schlichte Aussagen erhielten dadurch eine umso bedeutsamere akademisch-wissenschaftliche Beglaubigung. Die Leithefte wurden von einer kulturellen Elite der SS für ein breites SS-Publikum geschrieben. 30% der Autoren waren selbst Mitarbeiter des Schulungsamts oder Schulungsleiter, sie verfassten zusammen 44% aller Beiträge. Allein 100 von 532 namentlich identifizierten Beiträgen entfallen auf sieben Mitarbeiter des Schulungsamtes. Geht man davon aus, dass häufige Namenskürzel für reguläre Mitarbeiter stehen, dann dürften die Beiträge etwa zur Hälfte von Mitarbeitern des Schulungsamtes stammen und zur anderen Hälfte von »Externen« ergänzt worden sein: bekannte Schriftsteller und Journalisten sowie Experten und Fachwissenschaftler aus der SS oder der Partei und deren Umfeld; hinzu kamen vor allem während des Krieges Erfahrungs- und Erlebnisberichte von Soldaten der Waffen-SS.181 Die Thematisierung spezieller Fragen ist stark durch einzelne Autoren bestimmt. Beiträge zum Judentum und zur »Judenfrage« finden sich vor allem im 2. Jahrgang (1936/37), weil hier ein ganzes Heft speziell diesem Thema gewidmet ist; die Thematisierung wird besonders durch einen Autor, Johann von Leers bestimmt, der von 1937 bis 1939 als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Schulungsamtes allein 32 Beiträge für die Leithefte beisteuerte, ein Drittel davon mit explizit antisemitischer Thematik. Nach seinem Ausscheiden als Mitarbeiter taucht das Thema nur noch vereinzelt auf. Beiträge zur Rassenhygiene und Vererbungslehre finden sich vor allem in den Jahrgängen 4 (1938/39), 5 (1939/40) und 8 (1942/43), stark geprägt wiederum durch Gerhard Schinke, der 1940 bis 1942 eine führende Position im Schulungsamt innehatte und mit 16 Beiträgen unter den am häufigsten vertretenen Autoren an zweiter Stelle hinter von Leers rangiert.

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IV. Das Schulungsmaterial

Die wichtigsten Autoren (identifizierte Zahl der Beiträge, mehr als 3): 32 von Leers (1936-39)* 16 Schinke (1938-42)* 13 Bz. (= Buchholz? dann 17) 12 Wache (36-39)* 11 Lorenz (38-41)* 11 Schuster (36-38)* 9 Gschwend (42/43)* 9 Janzowski (41-43)* 9 W.F. 8 Püllmann (37-40) 7 H. Gaese (42/43)* 7 Klampen (39-40) 7 H.N. 6 Pastenaci (37/38) 6 Wurm (37/38) 6 H.F. 5 Eckstein (42/43)* 5 Eggers (36-40)* 5 Kadner (?) (37-40)* 5 Klöcker (42)* 5 Kotz (36/37) 5 Strobel (37-42)* 5 T. 4 Buchholz (39/40) 4 Caprivi (36/37) 4 G. Franz (37-39, 45)* 4. Hagen (37/38) 4 Jansen (36/37, 43)* 4 Löffler (37)* 4 Mössinger (42/43) 4 Karl Schaper (38) 4 Spreither (42/43) 4 Vesper (42, 45) 4 Weiss (42/43)* 4 Sch., Dr. = Schinke? 4 Brehm 38, 43/44)

Völkisch-nationalsozialistische Schriftsteller-Prominenz war zwar in den Leitheften vertreten, aber zumeist nur mit wenigen Aufsätzen oder Werk-Auszügen. Die meisten Beiträge stammten von ehren- oder hauptamtlichen Mitarbeitern des Schulungsamtes (mit * versehen). Neben Johann von Leers und Gerhart Schinke waren dies vor allem Walter Wache, Fritz Wilhelm Lorenz, Valentin Schuster sowie Wilhelm Gschwend, Willibald Janzowski und Heinrich Gaese, die während des Krieges für die Herausgabe der Leithefte zuständig waren.182 Walter Wache wurde, nachdem er 1936 aus Tschechien ausgewiesen worden war, als Mitarbeiter für historische Fragen in den Stab des RuSHA übernommen; noch im gleichen Jahr erhielt er eine Stelle als Assistent am Historischen Seminar der Universität Köln, wo er sich 1938 habilitierte und schließlich zum Professor für neuere und mittlere Geschichte ernannt wurde. Für das Leitheft

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steuerte er vor allem Beiträge zur Geschichte, zum »sudetendeutschen Problem« und zur Außenpolitik bei, darunter auch einen Artikel über die Geschichte des PalästinaMandats. 1936 war von ihm bereits das Buch »Judenfibel. Was jeder vom Weltjudentum wissen muß« erschienen. Während des Krieges war Wache Obersturmführer der Waffen-SS, zuletzt als Kompanieführer bei der Division »Das Reich«.183 Lorenz, der vor allem außenpolitische Beiträge lieferte, war Dolmetscher, Pressechef beim Deutschen Kurzwellensender und Referent in der Dienststelle Ribbentrop, gehörte seit 1935 der SS an und wurde 1937 zum Untersturmführer im RuSHA ernannt. Er war mehrere Jahre zur See gefahren und hatte einige Reiseerzählungen veröffentlicht; 1931 war er Mitbegründer der NSDAP in Buenos Aires. Während des Krieges gehörte er der Kriegsberichterstandarte »Kurt Eggers« an.184 Valentin J. Schuster, der 1944 in der gleichen Standarte diente, war Schriftleiter bei der Zeitschrift »Die Deutsche Polizei« und beim »Schwarzen Korps«. Er gehörte in den 20er Jahren der Fremdenlegion an, arbeitete danach als Korrespondent und Journalist, wurde 1931 Mitglied der NSDAP in Österreich und trat 1938 in die Dienste des Schulungsamtes ein. Schuster verfasste 1939 unter dem Pseudonym »Mungo« politische Satiren über die Emigration der Juden (»Die Marsbewohner sind da!«).185 Unter den häufiger herangezogenen Autoren waren einige Schriftsteller und Journalisten, die zum Teil aus der Pressearbeit der NSDAP kamen: Erich zu Klampen war Pressechef beim Hauptamt für Volksgesundheit, journalistischer Mitarbeiter beim Reichssender München und beim Hauptamt für Agrarpolitik, Alfred Püllmann war Gaupressedienstleiter beim Reichskolonialbund. Der Schriftsteller Kurt Pastenaci, dessen Geschichtswerke auch in der Schulungsarbeit Verwendung fanden und dessen historische Romane in den Feldbibliotheken der Waffen-SS standen, arbeitete seit 1934 als Berichterstatter für vor- und frühgeschichtliche Fragen und Ausgrabungen beim Deutschlandsender; Ernst Wurm, Landesobmann für die Schriftsteller im Gau Niederdonau, arbeitete seit 1933 beim österreichischen Rundfunk.186 Der promovierte Historiker Leopold von Caprivi, Studienassessor und Erzieher an der Napola Potsdam, Assistent an der Hochschule für Politik, war ehrenamtlicher Mitarbeiter im Referat für Geschichte und Vorgeschichte beim SDHauptamt. Hans W. Hagen, promovierter Germanist, Lektor und Kulturredakteur der Berliner Börsenzeitung, war Mitarbeiter beim Amt Rosenberg und leitete die kulturpolitische Abteilung der »Parteiamtlichen Prüfungskommission zum Schutze des nationalsozialistischen Schrifttums«. Der Darmstädter Realschullehrer Friedrich Mössinger, Autor zahlreicher heimat- und germanenkundlicher Schriften, war Kreissachbearbeiter für Volkskunde beim NSLB und Mitarbeiter der Abteilung »Indogermanische Glaubensgeschichte« des Ahnenerbe; im Rahmen des Ahnenerbe-Forschungswerks »Wald und Baum« bearbeitete er die Themen »Dorflinde«, »Maibaum« und »Lichterbaum«. Gegen Ende des Krieges waren noch mehrere Beiträge Will Vespers geplant, der als erfolgreichster Vertreter des historischen NS-Romans gilt; er propagierte einen »germanisch-nationalsozialistischen Heroismus«.187 Ein anderer prominenter Vertreter dieses Genre war der von Himmler schon zur Zeit des HitlerPutsches besonders geschätzte Werner Jansen. Jansen, der ein Studium in deutscher und französischer Literatur und Geschichte mit der Promotion abgeschlossen hatte, war mit seinen Adaptionen des Nibelungenliedes und anderer Sagen schon früh zu einer Art »Karl May für germanophile, vor allem jugendliche Leser« geworden und hatte auch den jungen Himmler in seinen Bann gezogen.188 1927 veröffentlichte er das

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IV. Das Schulungsmaterial

als »Rasseroman« apostrophierte Werk »Die Kinder Israels«. Nachdem Jansen noch ein Medizin-Studium absolviert hatte und Landarzt geworden war, wurde er 1933 unter dubiosen Umständen mit einer außerplanmäßigen Professur und einem Lehrauftrag über »natürliche Heil- und Lebensweisen« an der Universität Berlin bedacht, im Januar 1934 zum ordentlichen Professor und noch im gleichen Jahr zum Leiter des Poliklinischen Instituts für innere Medizin in Berlin berufen; gleichzeitig wurde er noch Personalreferent für Medizin im Reichskultusministerium und Vizepräsident der DFG. 1939 ließ er sich aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzen. Dies hinderte ihn aber nicht daran, sich während des Krieges der SS-Totenkopfdivision und der Abt. VI des Kommandoamtes der Waffen-SS zur Verfügung zustellen. Jansen plante ein Buch über den Einsatz der Waffen-SS und suchte deshalb den Fronteinsatz, konnte es aber nicht mehr fertig stellen, weil er im Dezember 1943 verstarb.189 Zahlreiche Schriftsteller, deren Werke als völkisch-nationalsozialistisch anerkannt waren, stellten sich als Redner im Rahmen der Truppenbetreuung während des Krieges zur Verfügung und kamen zu Dichterlesungen auch zu Verbänden der Waffen-SS. Das Reichspropagandaministerium gab seit 1937 »Vorschlagslisten für Dichterlesungen« heraus, an denen man sich auch im SS-Hauptamt orientierte. Eine ganze Reihe von Autoren, die mit einzelnen Beiträgen im Leitheft vertreten waren, finden sich auf der letzten veröffentlichten Liste von 1941/42. Unter ihnen waren etwa Eberhard Wolfgang Möller, Goebbels Theaterreferent und Mitautor des Drehbuchs zum Film »Jud Süß« und Heinz Steguweit, Landesleiter der Reichskulturkammer Köln-Aachen, die beide zu den besonders häufig herangezogenen Autoren des »Schwarzen Koprs« gehörten; Walter Best, Bruder von Werner Best, Kriegsberichterstatter und ebenfalls Mitarbeiter des »Schwarzen Korps«, Josef Martin Bauer, der nach 1945 mit dem Roman »So weit die Füße tragen« Berühmtheit erlangte. Der Volksschullehrer Hermann Claudius, ein Urenkel von Matthias Claudius, war 1942 mit dem Beitrag »Erntedanklied« im Leitheft vertreten, von seinem Urgroßvater druckte man im gleichen Heft das »Abendlied eines Bauersmann« ab. Ebenfalls auf der Rednerliste standen unter anderem Josef Keller, von dem bereits 1936 zwei antisemitische Erzählungen im Leitheft erschienen waren, Erhard Wittek, ebenfalls schon im Jahrgang 1936/37 mit »Batterie vor Verdun« im Leitheft vertreten sowie die schon genannten Autoren Hans Baumann, Kurt Eggers, Heinz Steguweit und Kurt Pastenaci, außerdem Bruno Brehm, von dem vier Beiträge im Leitheft erschienen. Brehm, der 1922 in Wien mit einer kunstgeschichtlichen Arbeit über den »Ursprung der germanischen Tierornamentik« promovierte, wurde 1939 von Goebbels mit dem Buchpreis für seine historische Romantrilogie geehrt.190

IV.4 ANHANG Alphabetische Zusammenstellung der Schulungstexte191 1. 2. 3.

Adolf Hitler kämpft um Deutschland (Tessendorff), Handbl. 1944, 7 S. Ahnenerbe und Volkszukunft, Stoffslg. WS Orpo A58. Aktuelles Schulungsmaterial für die Leiter von Schulungsgemeinschaften in der Sipo/SD, Hg. IdS Hamburg, 1942/43 (St. Arch. Hamburg 331-1 I/1508).

Schulungstexte

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4. Allein die nationalsozialistische Weltanschauung sichert uns ein artgemäßes Leben (Dr. Reich), Handbl. 1944, 7 S. 5. Als Nationalsozialisten glauben wir an eine göttliche Weltordnung (Mayerhofer), Handbl. 1944, 5 S. 6. Amerikanismus eine Weltgefahr, Hg. SS-HA, Berlin o.D., 47 S. (in Vorb. französische, flämische niederländische, ukrainische, russische und kroatische Ausgaben). 7. Angriff auf die nationalsozialistische Weltanschauung (Aus dem »Schwarzen Korps«), Dieter Schwarz, 2. Aufl. (21.-70. Tsd.), Berlin 1936, 44 S. 8. Antisemitismus der Welt in Wort und Bild, Hg. Theodor Pugel. Dresden 1935, 326 S. 9. Arbeit und Eigentum (Von der Hauswirtschaft zur verpflichteten Volkswirtschaft des III. Reiches), Stoffslg. WS Orpo A30. 10. Aufbruch. Briefe germanischer Freiwilliger der SS-Division Wiking, SS-HA 1942, 87 S. (NSD 41/113). 11. Aus dem Leben unserer Vorfahren und Germanen, Stoffslg. WS Orpo A11. 12. Ausbildungsunterlagen für weltanschauliche Erziehung, SS-HA, nur Teil II (1944), 52 S. (NS 31/61). 13. Ausweitung des deutschen Raumes nach Osten und Norden, Stoffslg. WS Orpo A9. 14. Ausweitung des deutschen Raumes nach Süden und Osten, Bildbd. (NS 31/163). 15. Bauernbrauch im Jahreslauf, Hans Strobel. Textbuch zum Lichtbildervortrag in Anlehnung an das gleichnamige Buch des Verf. (1936, 207 S.); Bilderläuterungen zu 61 Abb., 15 S. (1938). 16. Bauerntum – Lebensquell unseres Volkes (Winterschulungsplan 1941/42). 17. Bauerntum, Hg. SS-HA (1942), 99 S.; Schriftenreihe WS Orpo H. 2, 1943, 97 S. 18. Befreiungskriege, Bildbd. (Liste A; NS 31/163) 19. Böhmen und Mähren gehören zum Reich; Hg. SS-HA (1944), 141 S. 20. Bolschewistisches Frauenschicksal = Adelheid Petmecky, Bolschewistisches Frauenschicksal im Spiegel der Sowjetpresse und -gesetze. Berlin (Eher) 1941, 47 S. 21. Brauchtum als Ahnenerbe. Stoffslg. WS Orpo A 4 (1937). 22. Brennendes Spanien, Bildbd., Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160).192 23. Briefe eines Kämpfers, Hermann Gmelin/Hg. SS-HA, 1944, 90 S. 24. Britischer Imperialismus im Kampf gegen das Reich als europäische Ordnungsmacht (Dr. Klein): Handbl. 1944 = »Englands Imperialismus in Europa«, 4 S. (NS 31/403). 25. Das amerikanische Rätsel, Theodor Seibert (aus Völkischer Beobachter); Schriftenreihe WS Orpo Sonderheft 1/1941, 24 S. 26. Das Blut, seine Bedeutung, Reinhaltung und Verbesserung, 35 S. = Lichtbildvortrag Blut und Boden, Teil I, 1936. 27. Das Buch des deutschen Bauerns, F.W. Runge, 1935, 278 S. (NS 4, BU 59). 28. Das deutsche Volk und der Nationalsozialismus in der europäischen Diskussion, 33 S., (ca. 1945, NS 31/424). 29. Das deutsche Weissbuch entlarvt die Kriegshetzer: Stoffslg. WS Orpo A77, 5 S. 30. Das Frankenreich: Stoffslg. WS Orpo A8; Bildbd. (NS 31/163). 31. Das Großgermanische Reich: Stoffslg. für die WE der Waffen-SS 11, 1941. 32. Das ist der Bolschewismus! (Reimer), Handbl. 1944, 4 S. 33. Das ist der Weg der SS (Metelmann), Handbl. 1944, 4 S. 34. Das ist unser Führer Adolf Hitler (Eisenhardt), Handbl. 1944, 6 S. 35. Das Judentum (Paul Zapp) 13 S. (29.1.41, NS 31/252). 36. Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart in Vergangenheit und Zukunft, 1936, (40 S., 46 Abb., NS 31/161) = Teil 1 des Lichtbildervortrags Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus. 37. Das Kriegsziel der Weltplutokratie, Wolfgang Diewerge. Berlin (Eher) 1941, 31 S. 38. Das politische Konzept der Feindmächte, Hg. SS-HA 19, 63 S. = o. Titel u. Autor: III. Die Ziele der politischen Konzeption des Reichs IV. Die arteigenen Wege und Mittel der politi-

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39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59.

60. 61. 62. 63. 64.

65. 66. 67. 68.

69.

IV. Das Schulungsmaterial schen Konzeption des Reiches VI. Der Erfolg und die Folgen der politischen Konzeption des Reiches (Fragmente) (NS 31/458). Das Recht in der deutschen Geschichte, 60 S., 64 Abb. (1937), Pietzner (?); Stoffslg. A 59; Das Recht in der deutschen Geschichte (Bildbd., Liste »A«) Das Reich, Februar 1941, 31 S., Schriftenreihe WS Orpo 2/1941; Das Deutsche Reich: Stoffslg. WE Waffen-SS Nr. 8. Das Reich ist uns Verpflichtung (= Bernath, Nur ein starkes Reich rettet Europa, Teil I), Handbl. 1944, 4 S. Das Reich und Europa, 49 S., 8 Karten: Schriftenreihe WS Orpo 1943 H. 8; 1944 in ungarischer Übersetzung für die Waffen-SS. Das Weltjudentum. Organisation, Macht und Politik (Dieter Schwarz), 62 S., Berlin 1939/1942, 81.-90. Tsd., 5. Aufl. 1944. Das Wort macht stark. Ein lyrisches Soldatenbrevier. SS-HA 1944, 128 S. Das Zweite Reich, Bildbd., ca. 1938 (Vz. 1941). Der 30jährige Krieg, Bildbd. (NS 31/163). Der Boden, blutliche Bedeutung der Bodenständigkeit, 1937, 27 S. = Lichtbildervortr. Blut und Boden T. 2. Der Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum, Schriftenreihe WS Orpo H. 8, 11/1941; erarbeitet v. SS-HA Schulungsamt, 35 S. (Winterschulungsplan 1941/42). Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums (44 S., 62 Abb.), 1936 Der Brückenschlag über den Tod: Aus dem Tagebuch eines Gefallenen (Herbert Lange/Hg. SS-HA), 1944, 24 S. Der deutsche Lebensraum: Stoffslg. WE Waffen-SS Nr. 9, 1941, 24 S. = Schriftenreihe WS Orpo 4/1941. Der deutsche Mensch in seiner Landschaft: Lichtbildvortrag/Bildbd. 1939. Teil 1: 53 Abb., Teil II. 38 Abb., Teil III: 68 Abb. Der deutsche Osten, Bildbd. in Vorb. 1939 (NS 19/1669). Der Dollar rollt, Hg. SS-HA 1942, 36 S. und Abb. Der Donauraum: Stoffslg. WS Orpo A68. Der Führer oder Die Straße des Grauens (=? Die Straße des Grauens, Hg. Amt Lichtbild Reichspropagandamin., München 1943, 42 Bl.). Der gestirnte Himmel über mir, Hg. SS-HA, o.D., 9 S.: Stoffslg. WS Orpo A49. Der große Gotenkönig Theoderich d. Gr. (Dietrich v. Bern): Stoffslg. WS Orpo A10. Der Jesuitenorden/Leitheft über den Jesuitenorden. August 1937 (RFSS/Chef Sicherheitshauptamt), maschinengeschr. Ms. von 47 S. + Anhang; Der Jesuitenorden, 56 S. (Bibl. Bundesarchiv Berlin). Der Jude in der deutschen Geschichte: Stoffslg. WS Orpo A47. Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung (Dr. Büchler), Handbl. 1944, 7 S. Der Kampf gegen die Landflucht, Stoffslg. WS Orpo A56. Der Kampf um das Reich, Schriftenreihe WS Orpo 1943, H. 8 und 9. Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas, 4 S. (Furuseth); Der Nationalsozialismus rettet die germanische Substanz Europas (Furuseth), Handbl. 1944. Der Neuaufbau des Reichs und das Reichsgebiet, Stoffslg. WS Orpo A25. Der Ostraum in der deutschen Geschichte, Stoffslg. WS Orpo A24. Der Ostraum in der Deutschen Geschichte, Bildbd., Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160). Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung (Hg. I B, ausgearb. v. HStuf. Evert), 68 S., 1941 (?): Schriften für politische und weltanschauliche Erziehung der Sipo und des SD, Hg. Chef Sipo/SD H. 1; = Druckbogen f. e. Schulungsgemeinschaft über den Rassegedanken und seine gesetzl. Gestaltungen, 61 S. (NS 31/254). Der Reichsbürger (Vom Glied der Sippe zum Reichsbürger), Stoffslg. WS Orpo A27.

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70. Der Revolutionär Luther und die Gegenreformation, Stoffslg. WS Orpo A22. 71. Der sowjetische Soldat, Hg. SS-HA 1944, 51 S. 72. Der SS-Führer als Truppenführer – Weltanschauliche Erziehung«, 1943 (NS 19/80, nur Hinweis). 73. Der SS-Mann, Handbuch, 1938 (geplant), 70 S.; Unsere Haltung (NS 31/111). 74. Der totale Krieg, Hauptschulungsamt ROL, 1943, 2 Bl. 75. Der Untermensch, Hg. SS-HA (König/Pröscholdt), Nordland Verlag 1942. 76. Der Weg der NSDAP. Entstehung, Kampf und Sieg. 139 S., zahlreiche Illustr., 1940/1942 (NSD 41/126) =? Schriftenreihe WS Orpo 1943, H. 7. 77. Der Weg der SS, Hg. SS-HA, bearb. f. Einheitsführer 1944. 78. Der Weg des SS-Mannes, 1935 (geplant: NS 19/1457) 79. Der Weg zum Gehorsam, Bildbd., handschriftl. Manuskript von Ustuf. Gerhard Schmitz, 41 S., 1939 (NS 31/353, NS 31/167). 80. Der Weg zum germanischen Reich, 25 S. (NS 19/3987). 81. Der Weg zum Reich, Hg. SS-HA 1941, 124 S. (NSD 41/125); 1945 Neubearbeitung durch Dr. U. Haacke. 82. Der Weltkrieg: Stoffslg. WS Orpo A45. 83. Der Wolchow-Oberst Voldemars Veiss. Ein Leben für Lettland. Hg. Generalinspekteur der Lettischen SS-Freiw.-Legion. Kontinent-Verlag Riga. Zusammenstellung der Broschüre durch SS-Kriegsberichter Werner Schoene, v. OGruf. Krüger; 1944 (NS 31/435). 84. Deutsche Geschichte, Hg. Schul.amt, Teil I-XVIII als Sonderanfertigung für VT und TV mit Textheften »ausschließlich für die Hand des Schulungsleiters« (NS 31/160) 85. Deutsche in aller Welt: Stoffslg. WS Orpo A54. 86. Deutsche jenseits der Grenzen, Bildbd. in Vorb. 1939 (NS 19/1669). 87. Deutsche Kunst gegen den Kulturbolschewismus (Bildbd., Liste B). 88. Deutsche Künstler und die SS, Hg. SS-HA, Berlin 1944, 36 S. 89. Deutsche Volkskunst: Stoffslg. WS Orpo A61 90. Deutsches Blut in aller Welt, 1941, 20 S.: Schriftenreihe Orpo H. 1. 91. Deutsches Kunsthandwerk, Bildbd. in Vorb. 1939 (NS 19/1669). 92. Deutsches Leben im Mittelalter Bildbd. (NS 31/163). 93. Deutsches Leben im Mittelalter: Stoffslg. WS Orpo A15. 94. Deutsches Maienbrauchtum. 1936, 24 S. (NS 31/163). 95. Deutsches Osterbrauchtum, 1936, 24 S. (NS 31/163). 96. Deutsches Volk: Stoffslg. WE Waffen-SS Nr. 7 (März 41), 30 S.; Schriftenreihe WS Orpo 3/1941. 97. Deutschland – eine englische Kolonie: Stoffslg. WS Orpo A75, 1940, 12 S. 98. Deutschland ordnet Europa neu! Schriftenreihe WS der Orpo H. 4, 1942, 27 S. 99. Deutschland vor dem Weltkrieg: Stoffslg. WS Orpo A44. 100. Deutschlands Kampf um die völkische Wiedergeburt des Germanentums – dem Sieg der Waffen muss der Sieg des Kindes folgen. SS-HA 1942, 19 S. (NS 2/70); »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes«, Hg. SS-HA Schulungsamt, Nordland-Verlag Berlin 1941. 101. Deutschlands Recht auf Kolonien: Stoffslg. WE Waffen-SS H.6/1940; Schriftenreihe WS Orpo 4/1940, 19 S. 102. Deutschlands Schicksalskampf im Westen (Juli 40), 25 S.: Schriftenreihe WS Orpo 2/1940; Stoffslg. WS Orpo A79 (1940), 11 S. 103. Die anglo-amerikanische Welt, 1941, 21 S.: Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei, 7/1941 =? Anglo-amerikanischer Imperialismus (Winterschulungsplan 41/42, Thema 7). 104. Die Bauernkriege. Bildbd., ca. 1938 (NS 31/163). 105. Die Befreiungskriege und das vergebliche Streben nach deutscher Einheit. Bildbd., ca. 1938 (Vz. 1941).

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IV. Das Schulungsmaterial

106. Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker: Das großgerman. Reich, 30 S. = Stoffslg. WE Waffen-SS Nr. 10; Schriftenreihe WS Orpo 5/1941. 107. Die deutsche Kolonialfrage: Stoffslg. WS Orpo A57. 108. Die Deutschen in der Slowakei (Bildbd.) =? Hg. Reichspropagandaleitung, Berlin (1941), 34 S. 109. Die feldgraue Heimat (Bildbd., Liste B) =? Hg. i.A. d. Stellv. Gen.kdos VII, München 1941, 64 S. mit Abb. 110. Die Feier. 1. und 2. Gabe, Hg. RFSS = Die Feier. Schrift für Lebensführung und Feiergestaltung in der SS, 1 und 2/1943 (IfZ). 111. Die Folgen des 30jährigen Krieges: Stoffslg. WS Orpo A43. 112. Die Französische Revolution: Bildbd. 1938 (NS 31/163). 113. Die Freimaurerei – Instrument des Weltjudentums (Vogel), Handbl. 1944, 6 S. 114. Die Freimaurerei, ein Werkzeug des Judentums. Teil 2 des Lichtbildvortrags Judentum, Freimaurerei, Bolschewismus. SS-Schulungsamt, 1936, 36 S., 36 Abb. 115. Die Freimaurerei. Weltanschauung, Organisation und Politik (Dieter Schwarz), Berlin 1944 (6. Aufl.), 1.-4. Aufl. 1938; 1944: 101.-130.Tsd., Vorwort von Kaltenbrunner, zur 1. Aufl. von Heydrich, 64 S. 116. Die Führung des Reichs (Staat und Partei): Stoffslg. WS Orpo A26. 117. Die geistigen Grundlagen der englischen Weltmachtpolitik, Hg. SS-HA IV/1, ca. 1942, 24 S., 118. Die germanische Landsuche und die Gründung großer Reiche: Stoffslg. WS Orpo A6a. 119. Die germanische Revolution. Generalkdo. III. (german.) SS-Panzerkorps, VI, o.D. (ca.1944), 32 S. 120. Die Gesetze des Lebens – Grundlage unserer nationalsozialistischen Weltanschauung (Dr. Greite), Handbl. 1944, 7 S. 121. Die große Lüge des politischen Katholizismus (Dieter Schwarz), Berlin (Eher) 1938, 40 S. (1938: 80. Tsd). 122. Die Großgermanische Zeit. Eiserne Zeit – Germanen marschieren!, 36 S.; Die Großgermanische Zeit (Bildbd. mit Textheft) = Deutsche Geschichte Teil 2, 1936/37; Bildbd. (NS 31/163). 123. Die größten Moskitos der Welt (Werner Franz), Hg. RFSS, Berlin 1943, 23 S. 124. Die Hauptkulturkreise der jüngeren Steinzeit (Dr. Paul). Reihe »Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen«, H.1, Berlin 1940, 24 S. 125. Die hohe Kultur der Bronzezeit (1.S.), Hg. SS-Schulungsamt 1937/38: Stoffslg. WS Orpo A5; Deutsche Geschichte (Die hohe Kultur der Bronzezeit), Bildbd. 1937/38 (NS 31/160). 126. Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeit des 18. Jh.: Stoffslg. WS Orpo A41. 127. Die Langobarden (Dr. Paul). Reihe »Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen«, H.4, Berlin 1940, 22 S. 128. Die lebensgesetzlichen Grundlagen des Nationalsozialismus. Schriftenreihe WS Orpo 8/9, 1942. 129. Die nationalsozialistische Weltanschauung ist Verpflichtung für kommende Geschlechter (Dr. Reich), Handbl. 1944, 4 S. 130. Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland, Schriftenreihe WS Orpo 1940 Heft 5, 54 S. 131. Die Päpste wollen die deutschen Kaiser beherrschen, Stoffslg. WS Orpo A20. 132. Die Partei, Kraftfeld des Reichs. Hauptschulungsamt ROL, München 1945, 31 S. 133. Die politische Aufgabe des deutschen Führers und Unterführers in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS, 20.10.44 (Entwurf); SS-HA, 20 S. (NS 31/42). 134. Die politische Erziehung in der Roten Armee, Hg. SS-HA, 1942, 83 S. 135. Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte (Eckstein): Handbl. WE Nr. 17 (?), 20 S., Januar 1945 (NS 2/67).

Schulungstexte

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136. Die Rechtsordnung – eine Lebensordnung: Stoffslg. WS Orpo A16. 137. Die Samurai (Heinz Coruzza), Eher-Verlag, Berlin 1937, 31 S., mit Vorwort von Himmler (Aus dem Schwarzen Korps 1936), 1942: 65. Tsd.193 138. Die Schlacht im Atlantik (Hans Heinrich Ambrosius): Schriftenreihe WS Orpo H. 3 (?), 1942, 35 S. 139. Die Schöpfung – Quelle aller Erkenntnis (Winterschulungsplan 1941/42). 140. Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation (Himmler), München 1936, 31 S. 141. Die Sowjetunion – Raum und Volk (Winterschulungsplan 41/42); Die Sowjetunion – Raum und Völker, Hg. SS-HA/IV (1942), 91 S. 142. Die Sprache der menschlichen Leibeserscheinungen (Ludwig Eckstein), Leipzig 1942, 342 S. 143. Die SS, der Stoßtrupp des neuen Europa, 4 S. (Blankenburg), Handbl. 1944. 144. Die Steinzeit. Stoffslg. WE Orpo A3 (1937). 145. Die südamerikanischen Staaten Stoffslg. WE Orpo A 65. 146. Die Überwindung der Enge (Eckstein): Schriftenreihe zur weltanschaulichen Schulungsarbeit der NSDAP. München 1944, 26 S. 147. Die Vernichtung des germanischen Freibauerntums: Stoffslg. WS Orpo A12. 148. Die Wahrheit über den Bolschewismus, Handbl. 1944, 9 S. (abgesetzt) (NS 31/419); Die Wahrheit über das Sowjetregime. 149. Die Weltfreimaurerei (ausgearb. v. Stubaf. Erich Ehlers), Schriften für die politische und weltanschauliche Erziehung der Sipo und des SD, Hg. Chef Sipo/SD H. 1, 1942, 55 S. 150. Die Zeitstufen der deutschen Kulturgeschichte (Dr. Paul). Reihe »Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen«, H.3, 1940, 22 S. 151. Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg. Hg. u. bearb. v. SS-HA unter Zugrundelegung der Schulungsunterlage Nr. 9 des Hauptschulungsamtes der NSDAP, 46 S. (NSD 41/117); Schriftenreihe WS Orpo 1/1942; Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Kampf (Winterschulungsplan 1941/42). 152. Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg (Gschwend): Handbl. 1944, 6 S. 153. Divisionsschrift »Hohenstaufen«, SS-HA (Amt C I), 68 S., Februar 1945 (NS 31/434). 154. Du als Glied zwischen Vergangenheit und Zukunft (Greite), Handbl. Nr. 3, 1944. 155. Du hast die Pflicht, gesund zu sein. Textheft Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160) =? Schulungsheft der Reichsjugendführung (1939), 19 S. 156. Einführung in die vergleichende arisch-germanische Sprachwissenschaft (Dr. Paul), Reihe »Sei deutsch! Geschichte und Volksforschung in Grundzügen«, H.3, 1940, 20 S. 157. Einsatz der deutschen Frau im Kriege (Bildbd.) =? Doris Lange/Amt Lichtbild der Reichspropagandaleitung (1941), 36 Bl. 158. Einsatz der deutschen Kriegsmarine (Bildbd.) =? Richard Scholz/Amt Lichtbild der Reichspropagandaleitung (1941), 72 Bl. 159. Elsass und Lothringen – Deutsches Land. Bildbd. 1941; Schriftenreihe WS Orpo, 71 S. 160. England stört den Frieden Europas (Dr. Pietsch), Handbl. 1944. 161. Englands schwache Punkte. Stoffslg. WE Orpo A 74, Hg. Schulungsamt, 10 S. 162. Entscheidungsraum Mittelmeer (Bildbd.) =? Ernst Meunier, Amt Lichtbild der Reichspropagandaleitung (1941), 32 S. 163. Erzählte Geschichte. Arbeitsbuch für den Deutschunterricht, Hg. SS-HA, Berlin (für SSAngehörige der deutschen Volksgruppen und der germanischen Verbände) (IfZ München), ca. 1941, 114 S. 164. Europa – unser Schicksal unsere Aufgabe. Vom Sinn der abendländischen Geschichte, ca. 1944, 82 S. 165. Europa arbeitet für Deutschland – Deutschland kämpft für Europa: Mittbl. BdO Hamburg, Febr. 1944, 8 S. 166. Europa in Gefahr, 7 S. (Dr. Ziegler); Europa in Aufbau und Abwehr, Handbl. 1944.

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IV. Das Schulungsmaterial

167. Europa und der Bolschewismus. Hg. SS-HA, 32 S. und Foto-Anhang (NSD 41/120), erweit. Ausgabe 39 S.: Schriftenreihe WS Orpo H. 1, 1944; Der junge SS-Führer. Europa und der Bolschewismus. 168. Europa zwischen deutschem Führungs- und englischem Herrschaftsanspruch. Was hat Europa von einem deutschen oder englischen Siege zu erwarten?« (Pietsch), Handbl. 1944. 169. Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus: Schriftenreihe WS Orpo 6/41, 24 S. 170. Europas Todfeind – der Bolschewismus! (Dr. Lüdemann), Handbl. 1944, 4 S. 171. Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit, Mai 1940, 15 S.: Stoffslg. WE der Waffen-SS 3; Schriftenreihe WS Orpo Sept./Okt. 1940, 19 S. + Karte; Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit: Stoffslg. WS Orpo A78, 13 S. 172. Französische Revolution und Befreiungskriege. Bildbd. (NS 31/163). 173. Friedrich d. Gr. erhebt Preußen zur europäischen Macht: Stoffslg. WS Orpo A32. 174. Frontgemeinschaft: Der Kern des neuen Deutschland: Stoffslg. WS Orpo A55, 6 S. 175. Frundsberg und seine Landsknechte (Liste NS 2/47) =? Frundsberg und seine Landsknechte (zus.gest. von Friedrich Körner, Berlin 1907, 119 S.). 176. Gattenwahl, 1939, Bildband der 69. Sta. OA West, zugesandt von Willi Drager, 43 S. Text und 143 Bilder, dem Schulungsamt zur Verfügung gestellt (NS 31/163) =? Gattenwahl, Bildbd. 1939 in Vorb. (NS 19/1669). 177. Gemeinschaftsbauten, Bildbd. 1939 in Vorb. (NS 19/1669). 178. Germanien heilig Herz Europas. Der germanische Gedanke bei Ernst Moritz Arndt (A. Zander), Hg. SS-HA, ca. 1944, 95 S. 179. Germanische Frühzeit. »Das Licht aus dem Norden«, 30 S. (Deutsche Geschichte Teil I); Germanische Frühzeit (Bildbd. mit Textheft); Stoffslg. WE Orpo (1937) A2. 180. Germanische Gemeinschaft, Hg. Franz Riedweg. Berlin 1941, 62 S. 181. Germanische Himmelskunde, Bildbd. in Vorb. 1939 (NS 19/1669). 182. Germanische Kultur, Bildbd. Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160) 183. Germanische Religiosität – religiöse Unduldsamkeit: Stoffslg. WS Orpo A29. 184. Geschichte des 7jährigen Krieges (Nachdruck J.W. Archenholz, umgearbeitet v. Max v. Duvernoy, Leipzig 1911, 561 S.; bearb. Winckler), Anfang 1945 100.000 Ex. geplant (NS 31/441). 185. Geschichtswerk, o.A., o.D. (NS 31/169). 186. Glauben und kämpfen. Für die SS-Männer aus den deutschen Volksgruppen des Südostens. Hg. SS-HA, ca. 1941, 83 S. 187. Grenzkampf Ost. Ein Längsschnitt von der frühgermanischen Zeit bis zur Jetztzeit, Hg. Schulungsamt SS-HA Juli 1941; Schriftenreihe WS Orpo Sonderheft 3, 58 S. + Kartenanhang;Winterschulungsplan 41/42 = Der Kampf um die deutsche Ostgrenze. 188. Grundlagen und Aufbau des nationalsozialistischen Reiches, Druckbogen für eine Schulungsgemeinschaft, Hg. IdS Hamburg 15.2.41 (St.Arch. Hamb. 331-1, I/1501). 189. Grundrisse, Amt I, AG f. SS-Führer-Anwärter, o.D. (ca. 1941), rd. 200 S., Schulungskompendium (R 58/844). 190. Heim aufs Land, Texthefte Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160) =? Textheft zum Bildbd. für die Schulung der HJ, hergest. in Zusammenarbeit mit dem Stabsamt d. RBF, Berlin (1939), 15 S. 191. Heraus aus der erfolglosen Familienpolitik von einst (Wilhelm Stüwe), 1936 als Schulungsmaterial versendet (NS 2/151). 192. Hermann der Cherusker – der Befreier Germaniens, Stoffslg. WS Orpo A7 (1938). 193. Im Reich entsteht die europäische Gemeinschaft neu (Bernath) (Nur ein starkes Reich rettet Europa Teil II), Handbl., 1944, 4 S. 194. Japan, Land und Volk (Bildbd.) =? Max Hinder, München (1940), 67 Bl. 195. Jesuitenorden, o. Titelblatt, o.A., o. D., Hg. Chef RSHA, 128 S. (NS 31/443). 196. Juda in England, ca. 1941, 23 S., Hg. Schulungsamt SS-Hauptamt (IfZ München). 197. Juda in England, Hg. Schulungsamt SS u. Polizei, ca. 1940, 8 S.; Stoffslg. WS Orpo A 76, 8 S.

Schulungstexte

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198. Juden, Freimaurer und Bolschewisten in Ungarn, ungarische Fassung, 71 S., deutsche Übers. 87 S. (Dolmetscherschule der W-SS, Oranienburg 1944: NS 31/456). 199. Judentum (Bildbd. mit Textheft), 25 S. 200. Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind: Stoffslg. WS Orpo A13. 201. Kampf dem Bolschewismus. 28 Fragen und Antworten über den Bolschewismus, Hg. SS-HA (1944), 31 S. 202. Kampf ums Mittelmeer = Stoffslg. WE Waffen-SS Nr. 5 (NSD 41/76) = H. 3 Schriftenreihe Orpo, August 1940, 20 S. 203. Komintern und Sowjetunion: Stoffslg. WS Orpo A42. 204. Kurt Eggers. Monographie. Bildfolge mit Bildtext, Hg. SS-HA C I, ca. 1944/45 (NS 31/433). 205. Lebendige Tugend (Eckstein), 1944 (NS 31/458). 206. Lebensregeln für den SS-Mann (1935, NS 19/1457). 207. Lehrplan für 12wöchige Schulung, Hg. SS-HA, ca. 1942, 84 S. (BDC 31.44). 208. Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei. Hg. SS-HA. Berlin o.D. (1943), 88 S. (NSD 41/61). 209. Leitsätze für die weltanschauliche Erziehung der SS und Polizei, Chef Orpo, 1942 (3 S.). 210. Malerei und Plastik im Haus der deutschen Kunst (Bunte Glasbildreihe) (Bildbd.) =? Hg. Amt Lichtbild der Reichspropagandaleitung, München 1941, 108 Bl. 211. Neuordnung unseres Denkens (Darré), 28 S.; Schriftenreihe WS Orpo 5/1942. 212. Norwegen: Stoffslg. WE Waffen-SS 3a, Sonderheft Juni 1940, 19 S. (NSD 41/76); Sonderheft Norwegen, Juni 40 Schriftenreihe WS Orpo. 213. Politische Gemeinschaftsformen in germanischer Zeit (Jankuhn) (NS 31/458) =? Jankuhn, Gemeinschaftsformen und Herrschaftsbildung in frühgermanischer Zeit, Neumünster 1939, 16 S. 214. Rassenkunde und Richtlinien zur Gattenwahl (aus dem Internet; unklarer Status, offenbar ein Nachdruck, o.A., o.O.), ca. 34 S.; weitgehend identisch mit Kapitel III des Lehrplans für 12wöchige Schulung. 215. Rassenleib und Rassenseele (Eckstein), o.D. (NS 31/405) 216. Rassenpolitik, SS-Hauptamt, Berlin 1943, 72 S. (NSD 41/122); Schriftenreihe WS Orpo H. 4-6, 1943. 217. Reformation und Gegenreformation. Bildbd. ca. 1938 (NS 31/163). 218. Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht: Stoffslg. WS Orpo A 28. 219. Rote Weltrevolution, SS-HA, Schriftenreihe WS Orpo, 1941, 47 S. =? Der Traum von der roten Weltrevolution (Winterschulungsplan 41/42). 220. Rückblick auf das Germanentum der Bronzezeit, Stoffslg. WS Orpo A6. 221. Runen und Sinnbilder, Bildbd. Schulungsamt 1937/38 (NS 31/160) = Karl Theodor Weigel, Textbuch zum Lichtbildervortrag, Berlin (1938), 19 S. 222. Schildträger des deutschen Volkstums (Bildbd., Vz. 1941). 223. Schulungsfibel (100 Leitsätze des SS-Mannes), 1935/36 in Arbeit, 36 verschoben. 224. Schulungs-Leitheft für SS-Führeranwärter der Sipo und des SD, Schulungskompendium. 1941, 123 S. (RD 19/11). 225. Schutz der nationalen Ehre und der nationalen Symbole: Stoffslg. WS Orpo A21. 226. Sicherung Europas, Hg. SS-HA (1943), 87 S., 17 Karten; vermutl. Schriftenreihe WS Orpo H. 1 und 3, 1943. 227. Sieg der Waffen – Sieg des Kindes«, Hg. SS-HA Schulungsamt. Berlin (Nordland-Verlag) 1941, 32 S. 228. Sonderstoffsammlung für die weltanschaulung Schulung der Hilfspolizei, o.D., 8 S. (R 58/7238). 229. SS, Hg. SS-HA, Amt XI, ca. 1943, 21 S. 230. SS im Kampf (König/Pröscholdt), 1942, 16 Bl. 231. SS- und Polizeiwesen, Unterrichtsmappe (1944/45) (NS 19/308, NS 31/416).

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IV. Das Schulungsmaterial

232. SS-Mann und Blutsfrage, SS-HA, 1941, 63 S. + Bildanhang; Schriftenreihe WS Orpo Sonderheft 1942. 233. SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Theodor Eicke. Ein Lebensbild (Cornelius van der Holst), 61 S., ca. 1945 (NS 31/433: versch. Fassungen). 234. Totenehrung (Jahreslauf und Brauch), Lichtbildvortrag, Schulungsamt ca. 1936/37. 235. Umvolkung«, vorl. Plan zur Schulungsschrift, o.A., o.D. (ca. 1944/45) (NS 31/421). 236. Unser Geschichtsbild, Stoffslg. WS Orpo A1 (1937). 237. Unser Ziel – ein starkes und einiges Europa (Dr. Ziegler), Handbl. 1944, 4 S. 238. Unsere stärkste Waffe – unser fanatischer Glaube an den Sieg (Hohmüller), Handbl. 1944, 4 S. 239. Urchristentum und Beginn der päpstlichen Machtpolitik, Stoffslg. WS Orpo A14. 240. US-Amerika Handlanger der jüdischen Weltmacht (Kruschinsky), Handbl. 1944, 6 S. 241. Volk und Rasse (Staemmler), Berlin 1933; (1935: 300. Tsd.), 32 S.; 1936 als Schulungsmaterial versendet. 242. Völkische Lebensordnung gegen bolschewistische Vermassung (Dr. Wezel), Handbl. 1944, 6 S. 243. Volkstum in der Geschichtsquelle. Bildbd., ca. 1937 (NS 31/163). 244. Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation, Stoffslg. WS Orpo A18. 245. Vom Spiel für Kameraden. Anregungen und Anleitungen für Spielbetätigung in der Freizeit der Waffen-SS. SS-HA, Berlin (1944), 40 S. 246. Vom Werden Preußens. Bildbd., ca. 1938 (NS 31/163). 247. Vom Wiener Kongreß bis 1848. Bildbd. ca. 1938 (NS 31/163). 248. Vom Zusammenbruch bis zum Aufbruch: Stoffslg. WS Orpo A46. 249. Von alten deutschen Harnischen (Bildbd.) =? Amt Lichtbild der Reichspropagandaleitung (1941), 40 S. 250. Vorgermanische Zeit: Bildbd. ca. 1937 (NS 31/163). 251. Vorschläge für die Abhaltung einer Totenfeier. SS-HA (1943), 44 S. 252. Warum Krieg mit Stalin =? Das Rotbuch der Anti-Komintern. Berlin 1941, 128 S. 253. Wie ich mich auf die SS-Untersturmführerprüfung vorbereite. Schulungskompendium. Hg. IdS Stuttgart, etwa 1942, 210 S. (NS 33/44); Was ich über die Untersturmführerprüfung wissen muss. Hg. IdS Stuttg. 254. Was ist ein Volk? (Stengel-Rutkowski), Erfurt 1940, 177 S. 255. Weihnachten, Bildbd. Schul.amt 1937/38 (NS 31/160). 256. Weltjudentum gegen Deutschland: Bildbd. in Vorb. (1939, NS 19/1669). 257. Weltjudentum im Generalangriff, Handbl. 1944 (NS 31/404) =? Warum bekämpft uns der Jude? (Dr. Büchler), 1. Fassung, 25 S. 258. Weltkrieg im Pazifik. USA gegen Japan. (Peter A. Riebe): Schriftenreihe WS Orpo 2/1942, 49 S. 259. Wiking-Reiche, Bildbd. in Vorb. 1939 (NS 19/1669). 260. Wir kämpfen für die Ewigkeit unseres Volkes (Dr. Weiß), Handbl. 1944, 6 S. 261. Wir sind Sozialisten (Todt), Handbl. 1944, 8 S. 262. Wofür kämpfen wir?, Hg. Personalamt des Heeres, vom Führer befohlen. Berlin 1944, 144 S. 263. 20. April. Berlin ca. 1943, 84 S.; Berlin 1942, 44 S. (IfZ München). 264. 9. November. Sonderdruck für die Gestaltung von Gedenkfeiern in der SS. Hg. SS-Hauptamt (vermutlich 1943), 48 S. (Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg).

Schulungstexte

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Rekonstruktion der wichtigsten Textreihen: Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei: A 1 Unser Geschichtsbild A 5 Die hohe Kultur der Bronzezeit A 6 Rückblick auf das Germanentum der Bronzezeit A 6a Die germanische Landsuche und die Gründung großer Reiche A 8 Das Frankenreich A 9 Ausweitung des deutschen Raumes nach Osten und Norden A 10 Der große Gotenkönig Theoderich d. Gr. (Dietrich v. Bern) A 11 Aus dem Leben unserer Vorfahren und Germanen A 12 Die Vernichtung des germanischen Freibauerntums A 13 Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind A 14 Urchristentum und Beginn der päpstlichen Machtpolitik A 15 Deutsches Leben im Mittelalter A 16 Die Rechtsordnung – eine Lebensordnung A 18 Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation A 20 Die Päpste wollen die deutschen Kaiser beherrschen A 21 Schutz der nationalen Ehre und der nationalen Symbole A 22 Der Revolutionär Luther und die Gegenreformation A 24 Der Ostraum in der deutschen Geschichte A 25 Der Neuaufbau des Reichs und das Reichsgebiet A 26 Die Führung des Reichs (Staat und Partei) A 27 Der Reichsbürger (Vom Glied der Sippe zum Reichsbürger) [Anlage: Tafel »Die Nürnberger Judengesetze«] A 28 Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht A 29 Germanische Religiosität – religiöse Unduldsamkeit A 30 Arbeit und Eigentum (Von der Hauswirtschaft zur verpflichteten Volkswirtschaft des III. Reiches) A 32 Friedrich d. Gr. erhebt Preußen zur europäischen Macht A 41 Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeit des 18. Jh. A 42 Komintern und Sowjetunion A 43 Die Folgen des 30jährigen Krieges A 44 Deutschland vor dem Weltkrieg A 45 Der Weltkrieg A 46 Der Zusammenbruch bis zum Aufbruch A 47 Der Jude in der deutschen Geschichte A 49 Der gestirnte Himmel über mir A 54 Deutsche in aller Welt A 55 Frontgemeinschaft: Der Kern des neuen Deutschland A 56 Der Kampf gegen die Landflucht A 57 Die deutsche Kolonialfrage A 58 Ahnenerbe und Volkszukunft A 59 Das Recht in der deutschen Geschichte (Bildband) A 61 Deutsche Volkskunst A 65 Die südamerikanischen Staaten A 68 Der Donauraum A 74 Englands schwache Punkte A 75 Deutschland – eine englische Kolonie A 76 Juda in England

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IV. Das Schulungsmaterial

A 77 Das deutsche Weissbuch entlarvt die Kriegshetzer A 78 Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit A 79 Deutschlands Schicksalskampf im Westen

Stoffsammlungen für die Weltanschauliche Schulung der Waffen-SS: 1940: Heft 1 ? Heft 2 Juda in England Heft 3 Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit Heft 3a Norwegen Heft 4 Deutschlands Schicksalskampf im Westen (?) Heft 5 Kampf ums Mittelmeer Heft 6 Deutschlands Recht auf Kolonien Heft 7 Deutsches Volk 1941: Heft 8 Das deutsche Reich Heft 9 Der deutsche Lebensraum Heft 10 Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker Heft 11 Das großgermanische Reich Nach Winterschulungsplan 41/42 vermutlich: Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum (November 1941) Rote Weltrevolution/Der Traum von der Roten Weltrevolution Grenzkampf Ost Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg Deutschland ordnet Europa neu! Angloamerikanischer Imperialismus =? Die anglo-amerikanische Welt Bauerntum – Lebensquell unseres Volkes Die Schöpfung – Quell aller Erkenntnis

Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei 1940: Heft 1 Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit Heft 2 Deutschlands Schicksalskampf im Westen Heft 3 Kampf ums Mittelmeer Heft 4 Deutschlands Recht auf Kolonien Heft 5 Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland Sonderheft Norwegen 1941: H. 1 Deutsches Blut in aller Welt H. 2 Das Reich H. 3 Deutsches Volk194 H. 4 Der deutsche Lebensraum H. 5 Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich

Schulungstexte

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H. 6 Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus H. 7 Die anglo-amerikanische Welt H. 8 Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum H. 9 Rote Weltrevolution Sonderhefte: (1) Theodor Seibert, Das amerikanische Rätsel (2) Elsass und Lothringen – deutsches Land (3) Grenzkampf Ost = Der Kampf um die deutsche Ostgrenze (Ein Längsschnitt von der frühgermanischen Zeit bis zur Jetztzeit) 1942: H. 1 Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg H. 2 Weltkrieg im Pazifik. USA gegen Japan. H. 3 Die Schlacht im Atlantik H. 4 Deutschland ordnet Europa neu! H. 5 Darré, Neuordnung unseres Denkens H. 6 Atlantische Seegeltung H. 7 ? H.8 Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung H. 9 Der Kampf um das Reich Sonderheft: SS-Mann und Blutsfrage 1943: H. 1 Sicherung Europas, T. I H. 2 Bauerntum H. 3 Sicherung Europas, T. II H. 4 bis 6: Rassenpolitik H. 7 Der Weg der NSDAP H. 8 Das Reich und Europa H. 9 ? H.10 Amerikanismus eine Weltgefahr 1944: H. 1: Europa und der Bolschewismus.

SS-Handblätter für die weltanschauliche Erziehung der Truppe/Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht (1944)195 1. 2. 3.

4. 5. 6.

(Thema 1) Allein die nationalsozialistische Weltanschauung sichert uns ein artgemäßes Leben (Dr. Reich) (Th. 2) Die Gesetze des Lebens – Grundlage unserer nationalsozialistischen Weltanschauung (Dr. Greite); (Th. 3) Wir kämpfen für die Ewigkeit unseres Volkes (Dr. Weiß) (Th. 4) Als Nationalsozialisten glauben wir an eine göttliche Weltordnung (Mayerhofer), 5 S.; (Th. 21) Die nationalsozialistische Weltanschauung ist Verpflichtung für kommende Geschlechter, 4 S. (Dr. Reich) (Th. 5) Wir sind Sozialisten (Todt), 8 S. (Th. 6) Das ist unser Führer Adolf Hitler! (Eisenhardt), 6 S.; (Th. 7) Adolf Hitler kämpft um Deutschland (Tessendorff), 7 S. (Th. 8) Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas (Furuseth), 4S.

494

IV. Das Schulungsmaterial

7. (Th. 9) Nur ein starkes Reich rettet Europa (Bernath), I.: Das Reich ist uns Verpflichtung, 4 S.; (Th. 10) 2. Teil: Im Reiche ersteht die europäische Gemeinschaft neu, 4 S. 8. (Th. 11) Europa in Gefahr! (Dr. Ziegler), 7 S.; (Th. 24) Unser Ziel – ein starkes und einiges Europa (Dr. Ziegler), 4 S. 9. (Th. 12) Europas Todfeind – der Bolschewismus! (Dr. Lüdemann), 4 S.; (Th. 13) Das ist der Bolschewismus! (Reimer), 4 S.; (Th. 14) Völkische Lebensordnung gegen bolschewistische Vermassung (Dr. Wezel), 6 S. 10. (Th. 15) England stört den Frieden Europas (Dr. Pietsch), 4 S.; (Th. 16) Britischer Imperialismus im Kampf gegen das Reich als europäische Ordnungsmacht (Dr. Klein), 4 S. 11. (Th. 17) US-Amerika – Handlanger der jüdischen Weltmacht (Kruschinski), 6 S. 12. (Th. 18) Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung (Dr. Büchler), 7 S. [=Dr. Büchler/ Dr. Reich: »Weltjudentum im Generalangriff«; Dr. Büchler, »Warum bekämpft uns der Jude?«, 1. Fassung, 25 S.] 13. (Th. 19) Die Freimaurerei – Instrument des Weltjudentums (Vogel), 6 S. 14. (Th. 20) Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg (Gschwend), 6 S. 15. (Th. 22) Das ist der Weg der SS (Metelmann), 4 S.; (Th. 23) Die SS, der Stoßtrupp des neuen Europa (Blankenburg), 4 S. 16. (Th. 25) Unsere stärkste Waffe – unser fanatischer Glaube an den Sieg (Hohmüller), 4 S. außer der Reihe: Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte« (Eckstein): Anfang 1945 druckfertig, aber ungewiß, ob es noch zur Auslieferung kam.

3

Geschichte

28,57

0,00

0

0

0

0

Krieg

100

1

1

Europa

5,42

100

16,25

100

7,58

7,58

%

1

1

0

0

0

2

3,64

2

0

1

2

1

0

3

5,71

4

1

9

19,30

11

21

0,00

0,00

4,44

13,33

75,56

4,44

0

39

3,23

45

0

0

3

1

2

3,64

2

0

1

6

5

13

13

48,57

34

0

2

3,51

2

3,13

% 2,22

21

0,00

6,67

0,00

60,00

33,33

1

38

Zus.

15

%

0,00

%

0

0

0

0

0

Freim./ Kath.

2

1,82

Angloamerik.

3

Bolsch.

10,91

Juden

%

1

0

Großdt.

6

0

Instit./ Dt. Reich

0

0

6

12,86

9

1

4

8,77

5

0

0

19./20.Jh.

14,29

38,10

0

37

Gegnerkunde

0

Neuzeit

%

19,05

Ostraum

2

germ/MA

4,29

3

%

5

Rkunde

14,04

8

12,50

4

35/36

Bauern/ Volkstum

%

Weltansch.

%

SS/NSDAP

4,76

4,76

9,52

9,52

19,05

52,38

0,00

%

6,86

19

22,58

7

0

0

3

0

1

7,27

4

0

1

1

1

0

2

7,14

5

0

0

1,75

1

3,13

1

40

36,84

0,00

21,05

5,26

26,32

5,26

%

14,44

40

19,35

6

1

0

4

5

3

20,00

11

0

3

4

0

0

2

11,43

8

5

4

15,79

9

3,13

1

41

15,00

2,50

27,50

10,00

20,00

22,50

2,50

%

7,58

21

9,68

3

1

1

5

3

0

16,36

9

0

0

0

0

0

0

0

2

1

8,77

5

9,38

3

42

Strukturdaten der Schulungstexte %

14,29

42,86

0,00

0,00

23,81

14,29

8,30

23

6,45

2

3

0

2

0

0

3,64

2

0

0

0

0

0

0

2,86

2

1

0

3,51

2

37,50

12

43

%

8,70

13,04

8,70

0,00

8,70

8,70

52,17

23,10

64

35,48

11

11

2

3

7

4

30,91

17

0

1

2

1

1

0

4,29

3

3

1

19,30

11

28,13

9

44/45

%

17,19

26,56

3,13

4,69

17,19

14,06

?

1

1

1

1

1

2

1

2

3

1

277

0,31

31

17

9

17

18

15

0,55

55

0

7

15

8

15

29

0,70

70

17

28

0,57

57

0,32

32

%

269

11,19

6,14

3,25

6,14

6,50

5,42

19,86

0,00

2,53

5,42

2,89

5,42

10,47

25,27

6,14

10,11

20,58

100

11,55

Schulungstexte

495

13

2

5

Ostraum

Volksdt.

1

3

7,3

Großdt.

3

Instit./ Dt. Reich

0

6

50

5

0

19./20.Jh.

4,9

14,6

akt. Politik

6

2

56

12

Geschichte

Neuzeit

0

Germ./ Mittelalter

1

Frauen

1

8

23

6

5

1

2

31

Gr. Deutsche etc.

29,3

37

11

0

0

Vorbilder

9,8

14,6

4,9

24,4

4,9

Heroismus

1

Germ. Kultur

2

Rkunde

6

4

Bauerntum

4

0

Naturkunde/Phil.

Volkstum

10

Weltansch.

Rkd.+ Bauerntum

2

36

SS/NSDAP

10,2

4,7

39,1

43,8

0,8

18,0

4,7

3,9

1,6

24,2

8,6

4

0

1

17

21

3

21

5

32

0

6

0

6

3

19

7

6

1

13

43

2

38

16,4

2,3

16,4

3,9

25,0

4,7

14,8

5,5

4,7

10,2

33,6

1,6

1

1

3

23

28

1

9

9

17

0

2

1

3

3

8

15

8

7

7

39

4

39

23,3

0,8

7,5

7,5

14,2

2,5

6,7

12,5

6,7

5,8

32,5

3,3

3

3

7

10

20

0

8

0

11

4

4

1

9

2

6

6

3

3

2

24

0

40

13,5

5,4

7,4

6,1

4,1

4,1

2,0

1,4

16,2

5

7

5

3

20

0

12

3

16

9

8

4

22

11

23

13

12

1

23

80

17

41

11,6

7,0

1,7

9,3

12,8

13,4

7,6

7,0

13,4

46,5

9,9

1

5

5

2

13

0

1

6

12

6

12

7

25

3

23

15

7

8

19

78

5

42

Strukturdaten der Leitheft-Beiträge

8,2

0,6

3,8

7,6

15,8

14,6

9,5

4,4

12,0

49,4

3,2

43

2

1

3

0

5

0

7

6

18

3

3

3

9

4

22

11

6

5

18

54

11

3,7

5,2

4,4

13,3

6,7

16,3

8,1

4,4

13,3

40,0

8,1

0

0

3

0

4

2

7

10

21

1

7

4

12

10

22

13

11

2

16

61

4

44

3,1

1,6

5,5

7,9

16,5

9,4

17,3

10,2

8,7

12,6

48,0

3,1

45

21

19

31

60

127

6

73

95

195

87

45

150

108

76

32

100

420

56

36-44 4,8

1,8

1,6

2,7

5,2

11,0

0,5

6,3

8,2

16,9

7,5

3,9

13,0

9,3

6,6

2,8

8,6

36,3

496 IV. Das Schulungsmaterial

1

Krieg

8

0

0

2

100

1,3

11,1

0,4

3,5

100

1,3

11,1

1

128

41

128

6

5

12

4

6

3

5

17

insg.

5,5

0,8

6,3

1,6

3,1

9,4

Lyrik+ Gesch.

2,4

2,4

2,4

7

0

Europa

1

0

Angloamerik.

4

12

1

1

Bolsch.

22,0

26,8

mil. Tugenden

9

Juden

Realien«

11

Gegnerkunde

0,8

4,7

3,9

9,4

3,1

4,7

2,3

3,9

13,3

1,2

10,4

120

9

9

18

4

13

2

9

22

7,5

7,5

15,0

3,3

10,8

1,7

7,5

18,3

1,48

12,8

148

23

18

23

64

18

28

0

2

32

15,5

12,2

15,5

43,2

12,2

18,9

1,4

21,6

1,72

14,8

172

24

15

7

46

3

1

9

2

13

7,6

14,0

8,7

4,1

26,7

1,7

0,6

5,2

1,2

5

1,58

13,7

158

19

16

6

41

0

3

2

0

12,0

10,1

3,8

25,9

1,9

1,3

3,2

1

1,35

11,7

135

31

17

4

53

5

0

0

0

23,0

12,6

3,0

39,3

3,7

0,7

0

1,27

11,0

127

29

13

2

44

0

0

0

0

22,8

10,2

1,6

34,6

13

9,8

11,0

8,8

4,9

24,8

2,9

4,4

1,6

2,7

11,57

100

1.157 100,0

127

102

57

287

34

51

19

31

113

Schulungstexte

497

V. HIMMLERS LEHRER – SOZIALISATIONSGESCHICHTLICHE ANALYSEN V.1 EMPIRISCH-STATISTISCHE AUSWERTUNG Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Untersuchung zum Schulungspersonal der SS vorgestellt werden. Der Untersuchung liegen Daten zu insgesamt 3.139 Personen zugrunde. Sie verteilen sich auf folgende Hauptgruppen: 508 Mitarbeiter des Schulungsamtes (im RuSHA bzw. SS-HA), davon 116 der Jahre 1933 bis 1939 und 392 der Jahre 1940 bis 1945 1.515 Schulungsleiter der SS bis 1939 590 Schulungsleiter bzw. Mitarbeiter der »Abt. VI« (Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung) der Waffen-SS ab 1940 422 Bauernreferenten 260 Polizeischulungsleiter1 Die Gesamtgruppe ist knapp zur Hälfte der »Kriegsjugendgeneration« (1901 bis 1910 geb.) zuzurechnen, 20,6% gehörten der »jungen Frontgeneration« (1891 bis 1900 geb.), 25,5% der Nachkriegsgeneration (nach 1910 geb.) an. Das Durchschnittsalter lag 1933 bei 28 Jahren. Die »junge Frontgeneration« war durch den Krieg und das Erleben der »Frontgemeinschaft« geprägt. Die »Kriegsjugendgeneration« umfasst jene Männer, die den Krieg bereits bewusst miterlebten, aber zu jung waren, um selber teilnehmen zu können. Aus beiden Reihen kamen viele, die nach 1918 die Folgen des Krieges rückgängig machen wollten oder einen Ersatz für das fehlende Kriegserlebnis in den Wehrverbänden der völkischen und nationalsozialistischen Organisationen suchten und später die Funktionselite des Nationalsozialismus stellten. Insgesamt verfügten 71% aller im SS-Schulungswesen tätigen Personen über eine höhere Bildung, zwei Drittel waren akademisch gebildet, mehr als jeder vierte (27%) war promoviert – es handelt sich also um eine hochgradig akademisch gebildete Elite, die 1933 vom Alter her am Anfang ihrer Berufskarriere stand oder sich gerade beruflich etabliert hatte.2 Lediglich 15% wiesen nur einen Volks- oder Hauptschulabschluss auf. Zum Vergleich: in der Allgemeinen SS gehörten nur etwa 12% akademischen Berufen an, in der (männlichen) Gesamtbevölkerung machten 1933 nur etwa 5,6% des entsprechenden Altersjahrgangs das Abitur.3 Während das Schulungspersonal einer Bildungselite angehörte, stammten die meisten aus der unteren Mittelschicht: zwei Drittel der Väter waren Landwirte, Handwerker, Kaufleute sowie einfache und mittlere Beamte (vor allem bei Bahn und Post). Es handelt sich um eine Gruppe, die – idealtypisch – durch besondere Bildungsanstrengungen einen sozialen und kulturellen Aufstieg schaffte. So stieg z. B. der Anteil der Studienräte bzw. Oberlehrer von 3,5% bei den Vätern auf 19% bei den Söhnen; der Anteil der handwerklichen Berufe geht stark zurück, der Anteil der kulturellen und höheren technischen Berufe nimmt dagegen deutlich zu. Sehr eindrucks-

500

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

voll zeigt sich diese Aufstiegsbewegung beim Beamtenstatus von Vätern und Söhnen: während unter den verbeamteten Vätern noch knapp ein Drittel dem einfachen oder mittleren Dienst angehörte, sind dies bei den Söhnen nur noch 2,3%, die Söhne gehören nahezu ausschließlich dem gehobenen oder höheren Dienst an. Insgesamt sind 32,4% der Väter und 42,6% der Söhne Beamte. In diesem hohen Beamtenanteil kommt die besondere Bedeutung der Lehrer und Studienräte in der Zusammensetzung des Schulungspersonals zum Ausdruck, die mit 32,3% die größte Einzelgruppe bilden und 63% aller Beamten stellen. Tatsächlich hatten sie ein noch größeres Gewicht im Schulungswesen als an diesen Zahlen zum Ausdruck kommt, da häufig Leitungsfunktionen mit ihnen besetzt wurden. Die besondere Bedeutung der Lehrer und Beamten für das Schulungspersonal wird auch daran deutlich, dass der Anteil der Lehrer und Studienräte in der Allgemeinen SS nur bei 1,3%, der der Beamten nur bei 11,9% lag.4 Sehr stark ausgeprägt und deutlich überproportional war auch der Anteil der Landwirte und der Personen, die einen Beruf mit landwirtschaftlichem Bezug ausübten – darin kommt insbesondere der Einfluss Darrés und der »Blut-undBoden-Ideologie« in der Vorkriegszeit des Schulungswesens der SS zum Ausdruck. Während in der Allgemeinen SS 7,9% Landwirte waren, waren es im Schulungspersonal 12%; insgesamt übten 28,4% einen Beruf mit landwirtschaftlichem Bezug aus: neben Landwirten waren dies Landwirtschaftslehrer, Bauernfunktionäre, Mitarbeiter der Landesbauernschaften und Landwirtschaftsräte. Relativ hoch war mit 12,3% noch der Anteil kaufmännischer Berufe – offensichtlich qualifizierte eine kaufmännische Praxis zu rhetorischen Fähigkeiten, die auch im Schulungswesen gebraucht wurden. Weiterhin wären Angehörige wissenschaftlicher und kultureller Berufe zu nennen: 4% arbeiteten als wissenschaftliche Assistenten und Referenten,5 5,6% sind »kulturellen« Berufen – Künstler, Schriftsteller, Lektoren, Bibliothekare, Museumsbeamte – zuzurechnen. Sie waren vor allem im Schulungsamt tätig, zu dessen Hauptaufgabe ja die Erstellung und Gestaltung von Texten und Schulungsschriften gehörte. Dort machte der Anteil dieser Gruppe vor dem Krieg 20,6% und danach 22,4% aus. Andere Berufsgruppen spielten nur eine untergeordnete Rolle. Etwa 5% waren hauptberuflich oder vorübergehend bei der Polizei beschäftigt, jeweils etwa 4% kamen aus handwerklichen Berufen, arbeiteten als Ingenieure oder waren Unternehmer und Betriebsleiter. Das Schulungspersonal setzte sich daher im Wesentlichen aus Lehrern, Landwirtschaftsexperten und Kaufleuten sowie Beamten als berufsübergreifende Kategorie zusammen. Insgesamt gehörten etwa 83% diesen Berufsgruppen an.6 Die Gruppen überschneiden sich mehrfach. So waren die Lehrer – insgesamt 848 Personen – zu 57% Volks-, Real-, Oberschul- und Gymnasiallehrer, dazu kamen aber 21,4% Landwirtschaftslehrer und weitere Berufsschullehrer: 32,3% Lehrer, davon 28,7% Volks- und Realschullehrer 28,1% Gymnasial- und Oberschullehrer 21,4% Landwirtschaftslehrer 8,6% andere Berufsschullehrer7 28,4% Landwirte und Landwirtschaftsexperten, darunter 42,1% selbständige Landwirte 23,1% Landwirtschaftslehrer

501

Empirisch-statistische Auswertung

20,6% Gutsverwalter und Beamte der Landwirtschaftsverwaltung 41,6% Funktionäre der Landesbauernschaften 12,3% Kaufleute 42,6% Beamte, darunter 62,8% Lehrer 11% Landwirtschaftsverwaltungsbeamte 13,5% Verwaltungs-, Justiz- und Regierungsbeamte 7,6% Polizeibeamte Im Hinblick auf die Studienfächer der Akademiker fällt auch hier der hohe Anteil von über 27% auf, die Landwirtschaft studierten; 12% studierten Naturwissenschaften, 6% Medizin. Der hohe Anteil von zusammen 45% dieser Fächergruppe weist auf den großen Einfluss der Rassenbiologen und »Blut-und-Boden«-Experten im Schulungswesen der SS hin. Dies gilt insbesondere für die Vorkriegszeit, in der die Schulungsarbeit noch stark durch Darré geprägt war. Kamen vor dem Krieg noch über die Hälfte aller Schulungsleiter aus diesen Fächergruppen, so waren es danach nur noch 16%. Dieser Rückgang ist hauptsächlich dem Bedeutungsverlust der Landwirtschaftsexperten geschuldet: Während sich der Anteil der Naturwissenschaftler nur geringfügig änderte, bei den Mitarbeitern des Schulungsamtes sogar noch anstieg, verschwanden die Landwirtschaftsexperten weitgehend aus dem Schulungswesen. Der Amtsverlust Darrés hinterließ also deutliche Spuren in der Rekrutierungspraxis des Schulungsamtes. Genau umgekehrt verhielt es sich mit dem Anteil der Pädagogen und Geisteswissenschaftler, die in der Vorkriegszeit weniger als ein Viertel, während des Krieges jedoch die Mehrheit der Schulungsleiter bildeten:8 Anteil an allen Akademikern Naturwiss./ Med. Landwirtschaft zusammen Pädagogik Geisteswissenschaften zusammen

Mitarbeiter des Schulungsamtes

Schulungsleiter

18,0%

1933-39 9,4%

1940-45 10,9%

1933-39 19,7%

1939-45 12,5%

27,2%

22,2%

1,7%

33,5%

3,8%

45,2% 16,2% 16,7%

31,6% 6,2% 17,1%

12,6% 15,1% 31,1%

53,2% 14,4% 13,0%

6,3% 31,1% 23,5%

33,5%

23,3%

46,2%

27,4%

54,6%

Wenig Veränderungen im Zeitverlauf gab es bei den Absolventen der übrigen Fächer: Insgesamt 16% studierten Jura und Wirtschaftswissenschaften, knapp 8% technische Fächer (Architektur und Ingenieursstudiengänge). Die hier untersuchte Gruppe weist ein außerordentlich hohes Maß an politischer Aktivität auf. Es handelt sich nicht nur um Angehörige und Mitarbeiter der SS, mindestens 85% waren auch Mitglieder der NSDAP, über die Hälfte hatten auch andere Ämter inne – Politische Leiter, Parteiredner, Pressereferenten, Bauernführer u.ä. Ganz

502

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

überwiegend dürften es überzeugte Nationalsozialisten gewesen sein, denn 56% waren bereits vor der »Machtergreifung« in der nationalsozialistischen, weitere 10% in der völkischen Bewegung organisiert; insgesamt gehörte etwa jeder Dritte einer völkischen Organisation an, bevor er sich der nationalsozialistischen Bewegung anschloss.9 26% traten danach bis zum Mai 1933 bei, lediglich 7,4% traten erst später der NSDAP oder der SS bei. Eine relativ große Gruppe von über 10% (246 Personen) gehörte zwischen 1919 und 1921 den Freikorps und völkisch-antisemitischen Verbänden an, die während des Umbruchs unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg entstanden. Die meisten wurden relativ früh in ihrem Leben politisiert: mindestens ein Drittel trat bereits vor dem 21. Lebensjahr einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation bei, bis zum 21. Lebensjahr waren mindestens 40% beigetreten. Freikorps und rechte Wehrverbände, völkische und nationalsozialistische Parteien und Organisationen bilden den allgemeinen politischen Sozialisationshintergrund vor 1933, so gut wie niemand hatte einer der den Weimarer Staat tragenden Parteien angehört – lediglich vier Personen hatten während der Weimarer Republik der SPD, einer der DDP, keiner dem Zentrum angehört. Die meisten Eintritte in die NSDAP oder eine ihrer Organisationen erfolgten in den Jahren 1929 bis 1933, insgesamt über die Hälfte bereits vor 1933, nur 11% nach 1933: Jahr des Eintritts in die NSDAP oder eine nationalsozialistische Organisation: vor 1930: 1930-1932: vor 1933: 1933: nach 1933: n= 2346

15,6% 38,4% 54,1% 35,0% 11,0%

Da eine Parteizugehörigkeit während der Weimarer Republik vor allem für Beamte erschwert war, war der Zugang von Beamten zur NSDAP 1933 besonders stark. So war der nationalsozialistische Organisationsgrad der von uns erfassten Lehrer vor 1933 mit 40,8% zwar ebenfalls sehr hoch, lag aber doch deutlich unter dem Durchschnitt. Als weiteren Indikator der politischen Sozialisation lassen sich die Angaben zur Religionszugehörigkeit heranziehen: zwei Drittel (66,6%) bezeichneten sich als »gottgläubig«, während dies in der SS insgesamt nur rd. 26% waren. Die überwiegende Mehrheit (78%) war vor dem Kirchenaustritt oder weiterhin evangelisch, nur 22% hatten der katholischen Kirche angehört.10 Zusammengefasst haben wir es also mit einer akademisch gebildeten professionsspezifischen (d.h. in besonderer Weise für Schulungsaufgaben der SS qualifizierten) Elite zu tun, die zu einem großen Teil einen gehobenen oder höheren Beamtenstatus hatte, in ihrer Mehrheit der Kriegsjugendgeneration angehörte, früh für den Nationalsozialismus sozialisiert wurde und dem Kern einer aktivistischen nationalsozialistischen Führungselite zuzurechnen ist. Zu diesem Bild passt auch, dass über 70% dem SS-Führerkorps angehörten bzw. bis zum Ende des Dritten Reichs ins Führerkorps aufstiegen (vom Untersturmführer aufwärts). Vergleicht man diese Ergebnisse mit denen anderer Untersuchungen, dann werden einige Besonderheiten deutlich. So gibt es z. B. große Übereinstimmungen mit den

Empirisch-statistische Auswertung

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von Banach untersuchten Angehörigen des Führerkorps des Reichssicherheitshauptamtes im Hinblick auf die Alters- und Sozialstruktur. Unterm Schulungspersonal finden wir jedoch erheblich mehr Personen mit Hochschulabschluss, nämlich 66,2% gegenüber 41,7% der Sipo-/SD-Führer; auch der Anteil der Promovierten lag beim Schulungspersonal mit 26,9% höher als bei den Sipo-/SD-Führern (19,3%).11 Richtet man den Blick auf die Waffen-SS, so lassen sich Status, Funktion und Bedeutung des Schulungspersonals gut vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Untersuchung von Rohrkamp konturieren, die die erste groß angelegte empirische Arbeit zur Waffen-SS darstellt.12 Während die Soldaten der Waffen-SS ganz überwiegend – zu etwa zwei Dritteln – erst nach 1920 geboren wurden, gehörten drei Viertel des Schulungspersonals den Jahrgängen vor 1911 an. Insgesamt war das Schulungspersonal im Durchschnitt etwa 15 bis 20 Jahre älter als die Soldaten der Waffen-SS. Diese Differenz verringert sich zwar etwas, wenn wir nur das Schulungspersonal betrachten, das während des Krieges als Mitarbeiter der Abt. VI (weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung) in der Waffen-SS tätig waren, bleibt aber grundsätzlich bestehen: Schulungsleiter und Soldaten gehörten verschiedenen Generationen an und wiesen einen unterschiedlichen generationellen Erfahrungshintergrund auf:

vor 1911 geb. 1911-20 nach 1920

Waffen-SS13 18% 17% 65%

Schul.pers. 74,5% 22,7% 2,8%

nur Abt. VI 45,4% 36,0% 9,4%

Sozialstrukturell rechnet Rohrkamp die Soldaten der Waffen-SS zu zwei Dritteln der »Unterschicht« zu, lediglich 3,6% gehörten der »oberen Mittelschicht« bzw. der gesellschaftlichen Elite an. Überträgt man die von ihm verwendeten Kriterien auf das Schulungspersonal, wäre etwa die Hälfte des Schulungspersonals der »oberen Mittelschicht«, 10% der »Unterschicht« zuzuordnen. Rohrkamp folgt in seiner Klassifizierung der auch von anderen Historikern übernommenen Methode von Kater, die mir jedoch in mehrfacher Hinsicht unzulänglich erscheint. So dürfte insbesondere die Einordung der Landwirte sowie der Landwirtschafts- und Volksschullehrer Probleme bereiten: Die selbständigen Landwirte (im nationalsozialistischen Sprachgebrauch »Bauern«), die als »Bauernreferenten« für das Rasse- und Siedlungshauptamt gewonnen wurden, gehörten in der Mehrzahl einer ländlichen Honoratiorenschicht an und lassen sich nur bedingt der »unteren Mittelschicht« zuordnen; Landwirtschafts- und Volksschullehrer waren zwar keine »höheren Beamten« – Rohrkamp unterscheidet in Anlehnung an Kater nur »niedere und mittlere« Beamte, die er der »unteren Mittelschicht«, sowie »höhere Beamte«, die er wie die Akademiker generell der »Elite« zuordnet. Der deutsche öffentliche Dienst kennt aber 4 Stufen: den einfachen, mittleren, gehobenen bzw. »gehobenen mittleren« und höheren Dienst: Studienräte rechneten zum höheren, Landwirtschafts- und Volksschullehrer zum »gehobenen mittleren« Dienst, beide waren aber akademisch gebildet. Landwirtschaftslehrer hatten in der Regel das Diplom an einer Landwirtschaftshochschule oder Universität erworben und stiegen zudem oft mit Verleihung des Titels eines »Landwirtschaftsrats« in den höheren Dienst auf. – Auch Berufsangaben wie »selbständige Kaufleute und Handwerker«, die bei Kater zur »unteren Mittelschicht« zählen, sind im Einzelfall schwer zuordnen-

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bar, weil sich darunter auch ein »Unternehmer« verbergen kann, der bei Kater zur »Elite« zählt. Je nachdem wie man die unterschiedlichen Gruppen von Akademikern einordnet ändert sich die sozialstrukturelle Verteilung:

Unterschicht unt. Mittelschicht ob. Mittelsch./»Elite«

Schulungspersonal nach Katers – n. eigener Definition 10,1% 3,8% 40,3% 28,2% 49,6% 68%

Waffen-SS 67,7% 28,7% 3,6%

Um die Definitionsprobleme zu lösen, wäre es vielleicht nützlich, zwischen sozialer und kultureller Elite zu unterscheiden und nur Beamte des höheren Dienstes zur sozialen Elite, Absolventen von Hochschulen dagegen, auch wenn sie nur den Status eines Beamten im gehobenen Dienst erreichten, zur kulturellen Elite zu rechnen. In jedem Fall hat man es aber beim Schulungspersonal mit einer mehrheitlich akademisch gebildeten Mittelschichtselite zu tun, die die weltanschauliche Schulung einer überwiegend der »Unterschicht« angehörenden »Klientel« zu organisieren und durchzuführen hatte – eine Konstellation, die den Männern aus dem Schulalltag, dem die meisten ja gerade erst entwachsen waren, vertraut war und die sicher autoritätsstützende Wirkung hatte. Allerdings handelte es sich insofern nicht um eine der schulischen Situation vergleichbare Konstellation, als die »Klientel« des Schulungsamtes zumindestens bis 1942/43 freiwillig und mit einer gewissen ideologischen Affinität der SS bzw. der Waffen-SS beigetreten sein dürfte, so dass man bei allen professionstypischen Klagen über einen Mangel an Verständnis und Interesse von »mentalen Konvergenzen« ausgehen kann, die eine wie auch immer begrenzte Resonanz der Schulungsarbeit gewährleisteten. Im Vergleich zwischen den Soldaten des Heeres und der Waffen-SS weist Rohrkamp einen deutlich höheren Grad nationalsozialistischer Politisierung bei der Waffen-SS aus: danach gehörten mit 75% mehr als doppelt so viele Soldaten der WaffenSS bereits vor ihrer Rekrutierung einer nationalsozialistischen Organisation an als Wehrmachtssoldaten (beim Heer waren es 33,8%).14 Nach Rohrkamp setzte sich die Waffen-SS zu Beginn des Krieges zu 25% aus Vorkriegspersonal und älteren Mitgliedern der Allgemeinen SS, in der großen Mehrheit aber aus den jüngsten rekrutierungsfähigen Jahrgängen zusammen, so dass die altersstrukturelle Zusammensetzung wesentlich heterogener als bei der Wehrmacht war. Die älteren Mitglieder, die bereits durch die Schulungspraxis der SS gegangen und am Idealbild des »politischen Soldaten« ausgerichtet waren, bildeten während des Krieges eine signifikante »Primärgruppe« für die Ausbildung und Sozialisation der jungen Rekruten, deren in der HJ und anderen nationalsozialistischen Organisationen bereits geprägte Voreinstellungen und Erwartungen sie durch ihr reales Vorbild und ihre schon zu Beginn des Krieges gemachten Erfahrungen bestätigen und ausfüllen konnten. Diese älteren Mitglieder wurden die wichtigsten »Träger des Kampfes«, überproportional viele von ihnen – nach Rohrkamp 84% – erreichten später Führer- oder Unterführergrade. Vor diesem Hintergrund erhält die Zielsetzung des SS-Hauptamtes, den Einheitsführer zur bestimmenden Gestalt der weltanschaulichen Schulung zu machen, ihre konkrete Be-

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deutung: Durch ihr »gelebtes Vorbild« trugen sie maßgeblich zur Verstetigung und Verfestigung des in der Schulung Gelernten bei.15 Die Einheitsführer sollten im Idealfall die Schulungsvorträge vor der Truppe selber halten, während die Schulungsleiter sie als persönliche Referenten in ihrer Arbeit unterstützen und mit Material versorgen sollten. In der Praxis ging dieses Konzept freilich nicht immer auf: oft teilten sich Einheitsführer und Schulungsleiter die Vorträge auf, in vielen Fällen übernahmen die Schulungsleiter die Vorträge auch ganz, wenn die Einheitsführer damit überfordert waren. Unter Aspekten der politischen Sozialisation und der weltanschaulichen Erziehung bildete das Schulungspersonal aber gewissermaßen das Rückgrat der Primärgruppen.

Die Hauptfunktionsgruppen des Schulungswesens 1. Mitarbeiter des Schulungsamtes Die Mitarbeiter des Schulungsamtes, die bis zum Beginn des Krieges dort tätig waren, gehörten überwiegend noch der Kriegsjugendgeneration an, ein Drittel war nach 1910 geboren worden. Knapp zwei Drittel (61,8%) waren Akademiker, von denen jeweils etwa ein Viertel Landwirtschaft, Jura/VWL und Geisteswissenschaften einschließlich Pädagogik/Psychologie studiert hatten. Die Gruppe weist einen hohen Politisierungsgrad auf: 71% waren bereits vor Ende Januar 1933 in der nationalsozialistischen oder völkischen Bewegung organisiert, 66% als Jugendliche oder junge Männer (bis zum 21. Lebensjahr), 78,7% waren »gottgläubig«, zumeist mit evangelischem Hintergrund (84,4%). Keine andere Teilgruppe weist einen so hohen Grad lebensgeschichtlich früher Politisierung auf – der Aufbau des Schulungswesens vollzog sich daher mit einer Gruppe aktivistischer, überzeugter NS-Akademiker, darunter viele »alte Kämpfer«, 14% waren bereits unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg durch Freikorps, Wehrverbände und völkische Organisationen politisiert worden. Trotzdem handelte es sich um eine Gruppe relativ junger Männer, deren Alter 1933 mit im Durchschnitt 26 Jahren noch 2 Jahre unter dem allgemeinen Wert lag. Mit Beginn des Krieges wird ein großer Teil der Mitarbeiter eingezogen. Danach kommt es zu einer umfassenden Reorganisation des Schulungsamtes. Die strukturelle Zusammensetzung des Personals ändert sich deutlich, vor allem der Anteil der Landwirtschaftsexperten geht zurück: Hatte er vor dem Krieg noch bei 25% gelegen, so beträgt er jetzt nur noch 2,4% bei den Berufen, bei den Studienfächern der Akademiker sinkt er von 25% auf 1,7%. Der Anteil der Naturwissenschaftler und Mediziner bleibt mit 9% gleich, aber die »Darré-Fraktion« ist im Schulungsamt praktisch nicht mehr vertreten. Es dominieren jetzt Geisteswissenschaftler und Pädagogen (50,4%), insbesondere geisteswissenschaftlich gebildete Lehrer und Studienräte. Insgesamt findet ein Professionalisierungsprozess statt: das vor dem Krieg wesentlich heterogener zusammengesetzte Personal des Schulungsamtes besteht jetzt in der Mehrheit aus Lehrern/Studienräten, Wissenschaftlern und Angehörigen kultureller Berufe. Gleichzeitig erhöht sich der Anteil der Beamten von 17,6% auf 29%:

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Lehrer/Prof. Wiss. Mitarbeiter kulturelle Berufe zusammen Landwirte/Landw.experten Beamte Landwirtschaftsstudium Naturwissenschaftler Geisteswiss./Päd.

1933-1939 20,6% 4,9% 15,7% 41,2% 15,7% 17,6% 25,0% 9,3% 23,3%

1940-1945 29,0% 5,3% 17,1% 51,4% 2,4% 29,8% 1,7% 9,2% 50,4%

In diesem Wandel reflektiert sich der Wechsel an der Spitze des Schulungsamtes. Nachdem mit Karl Motz in den ersten Jahren ein enger Vertrauter Darrés das Schulungsamt geleitet hatte, war die Leitung 1937 auf den promovierten Agrarwissenschaftler Joachim Cäsar übergegangen. Unter Cäsar bestand der starke Einfluss der Landwirtschaftsexperten im Schulungswesen zunächst noch fort, aber er setzte bereits mit seinem Amtsantritt andere Akzente, indem er die Schlüsselposition des Leiters der Hauptabteilung »Schulung« mit dem österreichischen Hauptschullehrer Otto Bayer besetzte. Zu einem deutlichen Umbruch kam es 1942, als Gottlob Berger vorübergehend selber die Leitung des Schulungsamtes wahrnahm; mit Webendörfer setzt er einen erfahrenen Organisationsmanager als Stellvertreter ein, der danach auch die Amtsleitung übernahm, die eigentliche Leitung wurde jetzt aber qualifizierten Erziehungswissenschaftlern und promovierten Studienräten übertragen: Dambach als persönlicher Referent Bergers für weltanschauliche Fragen, Eckstein als Adjudant und wissenschaftlicher Referent Webendörfers, Schinke als Inspekteur für das Schulungswesen, Gschwend als Leiter der »weltanschaulich-wissenschaftlichen Arbeit«. Vor allem Dambach und Eckstein haben die Arbeit des Schulungsamtes bis zum Kriegsende maßgeblich geprägt. Der Wechsel an der Führungsspitze leitet Veränderungen ein, die durch Tendenzen der Professionalisierung, Differenzierung und Expansion gekennzeichnet sind. Die Reorganisation des Jahres 1942 zog zahlreiche Neueinstellungen nach sich. Die meisten der in diesem Jahr eingestellten Mitarbeiter blieben bis 1944 im Schulungsamt tätig, es kamen aber in der Folgezeit, obwohl das Schulungsamt mehrfach Funktionen an andere Hauptämter abgeben musste, aufgrund ständig wachsender Aufgaben zahlreiche neue Mitarbeiter hinzu, so dass die zweite Kriegshälfte durch Kontinuität und Expansion geprägt war. Wenig Kontinuität bestand dagegen zwischen Kriegs- und Vorkriegszeit: zwar war etwa jeder 5. Mitarbeiter aus der Vorkriegszeit noch bis Anfang 1942 im Schulungsamt tätig, von den Mitarbeitern des Jahres 1944 waren dagegen nur 6% noch unter Cäsar eingestellt worden. 1944 erreichte das Schulungsamt seine größte personelle Ausdehnung mit 7 Hauptabteilungen, 32 Abteilungen und 78 Referaten, mit dem Führungsstab zusammen über 120 Positionen; der Geschäftsverteilungsplan vom März 1942 wies noch 70 Positionen aus.16 Die Expansion während des Krieges schlägt sich in einer wesentlich höheren Zahl von Mitarbeitern nieder, die wir jeweils für den Gesamtzeitraum gefunden haben: für die Zeit von 1933 bis 1939 insgesamt 116, für die Kriegsjahre 392 Mitarbeiter.17 Die Mitarbeiter der Kriegsjahre waren 1933 etwas jünger, das Durchschnittsalter lag zu diesem Zeitpunkt bei 24,8 gegenüber 26,2 Jahren des Vorkriegspersonals; 88% des Vorkriegspersonals, aber nur

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64,6% des während des Krieges tätigen Personals war noch vor dem 1. Weltkrieg geboren worden. Die während des Krieges eingestellten Mitarbeiter waren jedoch zum Zeitpunkt ihrer Einstellung deutlich älterer als das Vorkriegspersonal. Die meisten Einstellungen erfolgten vor dem Krieg in den Jahren 1935-1937, während des Krieges erst 1944; die Mitarbeiter des Vorkriegspersonals waren im Schnitt im Alter von 29-30 Jahren, des Kriegspersonals mit 35-36 Jahren eingestellt worden. In diesem Altersunterschied spiegelt sich der höhere Anteil von Lehrern und Beamten wieder, die während des Krieges eingestellt wurden. Hinsichtlich der politischen Sozialisation zeigen sich einige Unterschiede. Da es sich um eine insgesamt etwas jüngere Gruppe mit höherem Beamtenanteil handelt, lag auch das Durchschnittsalter des Eintritts in eine völkische oder nationalsozialistische Organisation etwas höher, und ein etwas größerer Anteil trat erst nach 1933 der NSDAP bei, gleichzeitig lag der Anteil der Parteimitglieder aber etwas höher; hinsichtlich des politischen Aktivismus ergaben sich aber keine nennenswerten Unterschiede. Durchschnittsalter 1933 durchschnittliches Einstellungsalter vor 1933 nationalsozialistisch organisiert vor 1933 nationalsozialistisch und/oder völkisch organisiert Beitritt zur NSDAP oder einer nationalsozialistischen Organisation nach 1933 NSDAP-Mitglieder Durchschnittsalter des Beitritt zur NSDAP oder einer nationalsozialist. Organisation Beitritt zur NSDAP oder einer nationalsozialist. Organisation nach dem 24. Lebensjahr

1933-1939 26,2 J. 29-30 J. 59,6%

1940-1945 24,8 J. 35-36 J. 50,0%

71,0%

57,0%

2,6% 75,4%

17,6% 87,7%

21,6 J.

24,7 J.

25,8%

46,9%

Eine Art »sekundäres Schulungsamt« bestand seit Juni 1940 mit der »Abteilung VI« im Kommandoamt der W-SS des neu gebildeten SS-Führungshauptamtes, die für die zentrale Organisation und Verwaltung der Weltanschaulichen Erziehung und Truppenbetreuung in den bewaffneten Verbänden zuständig war. Gegenüber dem Schulungsamt im SS-Hauptamt blieb dies eine sekundäre, vergleichsweise kleine Abteilung mit nie mehr als etwa 20 Mitarbeitern, während das Schulungsamt im SS-HA sukzessive erweitert wurde. Die Leitung der Abteilung lag in den Händen von Lehrern bzw. angehenden Lehrern, die auch etwa die Hälfte der Mitarbeiter stellten, die andere Hälfte hatte einen kaufmännischen Hintergrund, vermutlich wegen der großen Bedeutung, die Beschaffung, Lager und Versand von Schulungs- und Truppenbetreuungsmitteln für die Abteilung hatte. Abgesehen davon war die Struktur der Gruppe ähnlich wie beim Schulungsamt. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter lag 1933 bei 24,7 Jahren, drei Viertel hatten studiert; der Politisierungsgrad war auch hier sehr hoch: nur zwei von 21 Mitarbeitern, zu denen wir politische Daten haben, waren erst nach 1933 einer nationalsozialistischen Organisation beigetreten, 13 hatten sich schon vor der Machtübernahme der nationalsozialistischen Bewegung angeschlossen.

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2. Schulungsleiter und Mitarbeiter der Abt. VI Der Aufbau des Schulungsamtes war von der zügigen Ernennung von Schulungsleitern begleitet: Für die Jahre 1933/1934 lassen sich bereits 440 Ernennungen von Schulungsleitern und -männern nachweisen. Eine Liste des Schulungsamtes von Mitte 1938 verzeichnet 448 Schulungsleiter. Insgesamt haben wir 1.515 Personen gefunden, die als Schulungsleiter (einige als »Schulungsmänner«) in der Allgemeinen SS, den Verfügungstruppen oder Totenkopfverbänden bis 1939 eingesetzt waren. Die Bezeichnung »Schulungsleiter« war zu Beginn des Krieges noch in der Waffen-SS üblich, tritt dann aber mit der Errichtung der Abt. VI im SS-FHA im Sprachgebrauch zurück. Danach ist offiziell von Führern oder Leitern und Mitarbeitern der Abt. VI (im folgenden »Mitarb. VI«) die Rede, weil das Schulungspersonal in der Waffen-SS jetzt dem SSFHA unterstand. Die Zahl der im Rahmen der Abt. VI tätigen Mitarbeiter lässt sich nicht ermitteln, entsprechende Listen waren bislang nicht zu finden. Es existiert lediglich eine Liste von 1944 mit 75 Namen von Leitern der Abt. VI der größeren Verbände und »WS-Lehrern« der Führer- und Unterführerschulen der Waffen-SS, die zum 1.10.1944 vom SS-FHA zum SS-HA übergeleitet wurden. Über die Zahl der »WEFührer« und Mitarbeiter, die unter diesen Abteilungsleitern tätig waren, gibt sie keine Auskunft. Wir haben für die Zeit von 1940 bis Kriegsende insgesamt 590 Mitarbeiter gefunden, so dass wir insgesamt 2.105 Personen namentlich kennen, die als Schulungsleiter bzw. Mitarb. VI tätig waren. Zwischen den beiden Gruppen – Schulungsleiter bis 1939 und Mitarb. VI ab 1940 – bestehen ähnlich wie zwischen Kriegs- und Vorkriegspersonal des Schulungsamtes einige strukturelle Unterschiede. So ging auch hier der Anteil der Personen mit landwirtschaftsbezogenem Beruf und Studium im Zeitverlauf von 28,4% (Berufe) bzw. 33,5% (Studienfach) auf 4,4 bzw. 3,8% drastisch zurück, während sich der Anteil der Pädagogen und Geisteswissenschaftler an den Akademikern von 28,5 auf 56,1% verdoppelte. Die Zusammensetzung war aber nach 1939 insgesamt etwas heterogener: Der Anteil der Lehrer blieb in etwa gleich, der Anteil der Beamten und Akademiker lag aber etwas niedriger, der Anteil der Kaufleute sowie der Handwerker und Angehörigen anderer, nicht zu den »Kernkompetenzen« zählenden Berufe etwas höher: Höhere Bildung Akademiker Dr.-Titel oder Diplom Lehrer/Studienräte/-ass. Wissenschaft und Kultur Verwaltungsbeamte etc. Kaufmännische Berufe Handwerker sonstige Berufe18

1933-39 71,6% 68,1% 43,2% 34,8% 12,8% 17,1% 5,2% 3,3% 26,8%

1940-45 64,6% 59,6% 18,3% 32,9% 8,7% 8,2% 10,0% 8,6% 31,5%

Diese leicht erhöhte Heterogenität ist Ausdruck veränderter Rekrutierungswege. Die Schulungsleiter der ersten Jahre, die überwiegend der Allgemeinen SS angehörten und auch dort zum Einsatz kamen, wurden über soziale und personale Netzwerke rekrutiert; die Zuständigkeit lag bei Rassereferenten, Hauptschulungsleitern und RuS-Führern, die nach geeigneten Personen in ihrem Wirkungskreis fahndeten und diese haupt-

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sächlich unter Landwirtschaftsexperten und Lehrern der regionalen SS und Bauernschaft suchten. Während des Krieges wurden systematisch Lehrer und Erzieher in der Waffen-SS gesucht, zunehmend musste man aber auch Einsatzmöglichkeiten für nicht mehr kriegsverwendungsfähige Versehrte finden. Die Leitung der Abteilungen VI wurde zwar zumeist Lehrern und Studienräten übertragen, für Hilfstätigkeiten, Verwaltungs- und Schreibarbeiten, die Verteilung von Truppenbetreuungsmitteln, die Ausgabe von Büchern oder die Verteilung von Theaterkarten konnten aber auch andere Kräfte eingesetzt werden.19 Altersmäßig unterscheiden sich beide Gruppen nur wenig voneinander. Die Mitarb. VI sind 1933 mit 23,4 Jahren im Durchschnitt nur geringfügig jünger als die Schulungsleiter der Vorkriegszeit (24,8 Jahre). Da sie aber zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt rekrutiert wurden, sind sie zum Zeitpunkt ihres Einsatzes in der Schulungsarbeit bereits erheblich älter, denn die meisten Einberufungen der Mitarb. VI erfolgten erst 1942-1944, als die Männer bereits im Schnitt 32 bis 34 Jahre alt sind. Innerhalb der Waffen-SS bilden sie daher eine Teilgruppe, die deutlich älter ist als die Angehörigen der Waffen-SS insgesamt, die 1933 zumeist erst zwischen 6 und 12, 1942/1944 zwischen 15 und 22 Jahre alt waren.20 Die Schulungsleiter, die vor dem Krieg – vorwiegend in der Allgemeinen SS – eingesetzt waren, entsprachen altersmäßig annähernd dem Durchschnitt der Allgemeinen SS.21 Ihre Autorität stützte sich hauptsächlich auf ihren Status als Akademiker, die Expertenschaft in der nationalsozialistischen Weltanschauung, aber auch Erfahrungen aus der Kampfzeit der Bewegung – 54,6% hatten bereits vor der Machtübernahme der NSDAP oder einer nationalsozialistischen Organisation angehört. Die Mitarb. VI dagegen traten den Rekruten und Soldaten der Waffen-SS als ältere und erfahrene Autoritäten gegenüber, sie waren beruflich etabliert und verfügten in der Regel auch über Fronterfahrungen, oft verbunden mit Kriegsverwundungen, die das geringere Ausmaß an Partizipation an der nationalsozialistischen Bewegung vor der Machtergreifung (45,9%) ausglichen. Da sie zudem ein hohes Maß an nationalsozialistischer Identifikation aufwiesen, dürften sie vielfach glaubwürdige und überzeugende Autoritäts- und Bezugspersonen für die jüngeren Soldaten gewesen sein. Die Mitarb. VI haben zwar ebenfalls mehrheitlich, aber seltener als die VorkriegsSchulungsleiter schon vor 1933 einer völkischen oder nationalsozialistischen Organisation angehört, wurden aber in einem früheren Alter politisiert – 69% der Mitarb. VI gegenüber 58,3% der Schulungsleiter waren bis zum 24. Lebensjahr der NSDAP oder einer nationalsozialistischen Organisation beigetreten. Hinsichtlich des Grades an »politischem Aktivismus« gab es wenig Unterschiede, aber der Anteil der nachgewiesenen Parteimitglieder lag mit 86,5% bei den Mitarbeitern VI noch etwas höher als bei den Vorkriegsschulungsleitern (79,9%). Besonders deutlich äußerte sich die Identifikation mit den weltanschaulichen Grundlagen der SS im religiösen Bekenntnis: 81,1% der Mitarb. VI bezeichnete sich als »gottgläubig«. Bei den Vorkriegsschulungsleitern waren dies nur 68,3% – diese geringere Zahl dürfte zum einen damit zusammenhängen, dass der Anteil der Gottgläubigen in der SS insgesamt erst allmählich anstieg und der Kirchenaustritt oft erst mit der Beförderung zum Sturmführer vollzogen wurde, zum anderen aber auch durch den höheren Anteil an Landwirtschaftsexperten bedingt sein, die oft eine stärkere religiöse Bindung aufwiesen. Für die SL standen mehrere Listen zur Verfügung, die weiterführende Recherchen ermöglichten und sich durch regionale Studien ergänzen ließen. Dieser Referenzrah-

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men fehlte im Falle der Mitarb. VI, so dass die von mir zusammengestellten Daten und Ergebnisse nur bedingt generalisierbar sind. Ich habe deshalb exemplarische Studien zu einigen Verbänden der Waffen-SS vorgenommen. Relativ viel Material ist, was die weltanschauliche Schulung betrifft, über das Totenkopf-Reiter-Regiment erhalten, das zu Beginn des Krieges im besetzten Polen stationiert wurde und 1940/41 rd. 4000 Mann umfaßte. Im März 1940 erging ein Rundschreiben der Generalinspektion für die Verstärkten Totenkopfstandarten, alle Männer zu erfassen und nach Berlin zu melden, die einen »Erzieherberuf« ausübten. Eine daraufhin erstellte Liste verzeichnete 41 Lehrer und Studienräte/-assessoren, die sukzessive zu Lehrgängen des Schulungsamtes nach Berlin geschickt wurden; von ihnen kamen 25 danach als Schulungsleiter zum Einsatz, verteilt auf die rd. 20 Schwadrone. Diese deutlich auf eine Professionalisierung der Schulungsarbeit abzielende Rekrutierungsmethode hatte zur Folge, dass die Mehrheit der Schulungsleiter bzw. Mitarb. VI Lehrer waren: 1940/41 waren es 61%, bezogen auf den Gesamtzeitraum von 1940 bis Anfang 1945, für den uns nach 1941 nur fragmentarische Materialgrundlagen zur Verfügung stehen, sogar 65%. Damit verband sich ein sehr hoher Akademikeranteil von 86,4% sowie ein hoher Anteil von Beamten des gehobenen oder höheren Dienstes. Der landwirtschaftliche Bezug fehlt in dieser Gruppe völlig, die meisten Akademiker hatten geisteswissenschaftliche Fächer studiert. Altersmäßig setzte sich die Gruppe zu fast zwei Dritteln aus Angehörigen der »Kriegsjugendgeneration« und zu einem Drittel der Nachkriegsgeneration zusammen. Die Mehrheit war auch hier wieder vor dem 31.1.1933 nationalsozialistisch oder völkisch organisiert, nur 13% traten erst nach 1933 einer nationalsozialistischen Organisation bei. Wenn man nur die Lehrer betrachtet, dann waren 53% bereits vor Ende Januar 1933 völkisch oder nationalsozialistisch organisiert, nur 16% waren erst nach 1933 beigetreten, alle waren Parteimitglieder. Die meisten Lehrer (70%) gehörten auch schon vor dem Krieg der SS an und hatten bereits in der Allgemeinen SS eine politisch-weltanschauliche Schulung erhalten, einige waren vorher selbst schon als Schulungsleiter aktiv gewesen. Die professionsspezifische Rekrutierung konvergiert daher mit einem für Lehrer und Beamte hohen Grad nationalsozialistischer Politisierung. Dies gilt generell für die Berufsgruppe der Lehrer in unserer Untersuchung: Bei der professionsspezifischen Selektion und Zuweisung von Lehrern als Mitarb. VI konnte man daher davon ausgehen, dass es sich hier um ein politisch und weltanschaulich verlässliches und qualifiziertes Personal handelte. Zum Vergleich sei die SS-Nachrichten-Ersatz-Abteilung in Nürnberg herangezogen, für die vor allem aus dem Jahr 1943 umfangreiches Material erhalten ist. Die erhaltenen Dokumente weisen auf einen kontinuierlichen und regelmäßigen Schulungsbetrieb mit ein bis zwei, für die Unterführerlehrgänge auch mehr WE-Stunden die Woche. In den meisten Fällen wurden die Schulungsvorträge, wie es eigentlich auch intendiert war, von den Einheitsführern selbst gehalten, die nur einzelne Vorträge an die Mitarb. VI delegierten; im Totenkopf-Reiter-Regiment war dies eher umgekehrt gewesen – ob dies von Einheit zu Einheit verschieden war oder ob die Einheitsführer den ihnen zugedachten Schulungsaufgaben mit der Zeit besser gewachsen waren, lässt sich anhand dieser beiden Beispiele allein nicht entscheiden. Die Mitarbeiter der Abt. VI weisen ein ähnliches Profil auf wie im Fall der Kavallerie: 69% waren Akademiker, 83% verfügten über einen höheren Bildungsabschluss, knapp 60% waren Lehrer, 50% gehörten schon vor der Machtübernahme der völkischen bzw. nationalsozialistischen

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Bewegung an, nur 17% waren erst nach 1933 beigetreten. Die Einheitsführer, die selber weltanschauliche Schulungsvorträge hielten, wiesen ein ganz anderes Profil auf: Ein Drittel waren Kaufleute bzw. kaufmännische Angestellte, etwa die Hälfte waren Abiturienten oder Studenten, die unmittelbar nach der Schule oder vor Abschluss des Studiums zur Waffen-SS eingezogen worden waren; 69% verfügten über einen höheren Bildungsabschluss. Sie waren im Durchschnitt daher auch deutlich jünger als das Schulungspersonal – die meisten waren erst nach 1913 geboren, waren also 1933 noch minderjährig gewesen, und 41% waren erst nach 1933 der NSDAP oder einer anderen nationalsozialistischen Organisation beigetreten. Hier liegt der Schluss nahe, dass es sich um ein Führungspersonal handelte, das – 1943 – nach dem Besuch entsprechender Lehrgänge besser auf Schulungsaufgaben vorbereitet war als die Einheitsführer von 1940, sich inzwischen aber auch auf die Arbeit erfahrener Mitarb. VI stützen konnte. Die Ergebnisse beider Detailstudien lassen darauf schließen, dass insbesondere der tatsächliche Anteil der Lehrer am Personal der Abt. VI noch höher gewesen ist als die von uns für die gesamte Gruppe ausgewiesenen 33%. Dies bestätigt sich auch, wenn wir einen Blick auf die Mitarb. VI werfen, die für die Wachmannschaften der Konzentrationslager zuständig waren. In allen größeren Lagern bestanden Abteilungen für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung; sie wurden seit 1942 von der Abteilung D I 5 im WuVHA verwaltet, die Mitarbeiter unterstanden aber gleichzeitig der Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS. Wir haben insgesamt 99 Schulungsleiter bzw. »Mitarb. VI« in 25 Konzentrationslagern gefunden. Der Anteil der Lehrer lag hier mit 48% deutlich über dem Durchschnitt. In absoluten Zahlen waren dies 34 von 71 Personen, deren Beruf sich ermitteln ließ. Allerdings war der Akademisierungsgrad mit 55,7% etwas unterproportional, und unter den Lehrern befanden sich nur drei Studienräte bzw. -assessoren. In den Konzentrationslagern wurden daher vor allem Volksschullehrer als Schulungsleiter eingestellt. 3. Bauernreferenten Zum Schulungspersonal müssen auch die »Bauernreferenten« gerechnet werden, deren Aufgabe in der Hauptsache darin bestand, in der Bauernschaft für die SS zu werben, und die Schulungsleiter – möglichst durch eigene Vorträge – in ihrer Arbeit zu unterstützen, wenn es um Fragen von »Blut und Boden« ging. Da in den Akten des Reichsbauernrates eine Liste sämtlicher im Sommer 1938 eingesetzten Bauernreferenten erhalten ist, verfügen wir für diese Gruppe über eine vergleichsweise gute Datenbasis. Diese Liste enthielt 353 Namen, einige weitere kommen hinzu, die erst danach ernannt wurden oder schon vorher wieder ausgeschieden waren, so dass wir auf insgesamt 422 Bauernreferenten kommen. Einige waren bereits als Schulungsleiter tätig gewesen und ließen sich zum Bauernreferenten ernennen, weil die Arbeit als Schulungsleiter sie zeitlich zu sehr in Anspruch nahm – tatsächlich betrachtete mancher den »Bauernreferenten« als einen mehr repräsentativen Titel, und häufig beklagten sich die Führer der Standarten über mangelnde Teilnahme an der Schulungsarbeit und fehlende Präsenz beim SS-Dienst. Es gibt aber auch zahlreiche Gegenbeispiele von Bauernreferenten, die Schulungsvorträge hielten und erfolgreich Werbungsarbeit für die SS machten. Die Einsetzung und Ernennung der Bauernreferenten beginnt vereinzelt schon 1934, die eigentliche Rekrutierung und Funktionsausübung fand aber hauptsächlich in den Jahren 1936 bis 1938 statt. Die Bauernreferenten wurden zwar 1939 noch einmal in

512

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

ihrem Amt bestätigt,22 und die Funktion bestand auch während des Krieges fort, hatte aber keine größere Bedeutung mehr, da sie nur noch vereinzelt in Dokumenten des Schulungswesens erwähnt wird. Dies hat allerdings weniger mit dem Machtverlust Darrés zu tun als generell mit dem Bedeutungsverlust der Schulungsarbeit in der Allgemeinen SS – in der Waffen-SS wurden sie nicht mehr benötigt. Viele Bauernreferenten finden wir während des Krieges als Experten und Funktionäre in der Besatzungsverwaltung beim Rasse- und Siedlungshauptamt und beim Reichskommissar für die Festigung des Deutschen Volkstums wieder. Innerhalb des Schulungspersonals fallen die Bauernreferenten in vieler Hinsicht aus dem Rahmen. Sie bildeten die mit Abstand älteste Gruppe, zwei Drittel gehörten der älteren Generation und der »jungen Frontgeneration« an, hatten also den 1. Weltkrieg noch aktiv mitgemacht, nur 3,6% waren nach 1910 geboren worden. Die Gruppe weist mit 33,5% den geringsten Anteil an Akademikern aus, wobei es sich nahezu ausschließlich um Akademiker handelte, die im landwirtschaftlichen Bereich tätig waren – als diplomierte Landwirtschaftslehrer und Beamte in der Landwirtschaftsverwaltung, darunter zahlreiche Landwirtschaftsräte und promovierte Agrarwissenschaftler. Rund die Hälfte waren als Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter in der Landes- oder Kreisbauernschaft tätig, 57,4% waren »Bauernführer« – hauptsächlich Kreisbauernführer, aber auch einige Landesbauernführer. Von allen Gruppen weisen die Bauernreferenten den höchsten Politisierungsgrad auf: 89,1% waren schon vor dem 31.1.33 nationalsozialistisch oder völkisch organisiert. Da es sich insgesamt um eine ältere Generation handelte, erfolgte diese Politisierung aber bei den meisten im Vergleich zur Gesamtheit des Schulungspersonals lebensgeschichtlich erst relativ spät: nur 23% waren bis zum 21. Lebensjahr einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation beigetreten, während es bei der Gesamtheit des Schulungspersonals mit 40% fast doppelt so viele waren. Gleichzeitig gehörten besonders viele aus dieser Gruppe zuerst den Freikorps oder völkischen Organisationen an, bevor sie sich den Nationalsozialisten anschlossen – während dies für etwa 30% aller Schulungskräfte zutrifft, waren es bei den Bauernreferenten 42%. Trotzdem weist diese Gruppe mit 92,5% einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Parteimitgliedern und mit 88,3% einen überproportional hohen Anteil an Mitgliedern des Führungskorps der SS auf. Die meisten (41,6%) traten 1930/31 bei, 56% allein in den Jahren 1930 bis 1932, wurden also vor allem durch Darrés Bauernpolitik mobilisiert. Die Klagen über mangelnde Präsenz darf nicht zu Fehlschlüssen verleiten: Es handelte sich um eine hochgradig politisierte und politisch aktive Gruppe, die oftmals unter chronischer Arbeitsüberlastung und in vielen Fällen unter Ämterhäufung litt. Nahezu zwei Drittel waren zugleich als Politische Leiter in der Partei aktiv, rund ein Drittel waren vor der Ernennung zum Bauernreferenten bereits als – zumeist agrarpolitische – Redner in der Partei eingesetzt gewesen, so dass viele auch über praktische Erfahrungen verfügten, die sie für die Schulungsarbeit qualifizierten. Insgesamt wird diese Gruppe aus einer älteren Generation bäuerlicher Honoratioren gebildet, die vor 1933 als NS-Bauernfunktionäre aktiv waren, darunter viele alte Kämpfer, die zur frühen Führungselite zuerst der Partei und dann der SS gehörten. Darré sprach 1936 von einem »Bauernführerkorps« aus »ausgezeichneten Frontsoldaten nationalsozialistischer Erziehung«. Mit ihnen ragen die Erfolge, die Darré vor 1933 für die Nationalsozialisten auf dem Land und beim Aufbau des Agrarpolitischen Apparates erzielte, gewissermaßen per-

Empirisch-statistische Auswertung

513

sonalpolitisch in die Vorkriegsphase des Schulungswesens hinein. Am erfolgreichsten war Darré bekanntlich bei der Mobilisierung der protestantischen Bauernschaft23 – auch dies spiegelt sich in den Daten wider: Mit 36,3% wies die Gruppe der Bauernreferenten den mit Abstand niedrigsten Anteil an »Gottgläubigen« innerhalb des Schulungspersonals auf – auch die Zugehörigkeit zum SS-Führerkorps konnte solche traditionalen Bindungen nicht immer aufheben – während gleichzeitig der Anteil derer, die evangelisch oder vor dem Kirchenaustritt evangelisch waren, mit 84,4% am höchsten lag. 4. SS-Polizeischulungsleiter Über das Polizeischulungswesen ist bislang nur wenig bekannt, und so wissen wir auch nur wenig über die in der Polizei eingesetzten Schulungsleiter der SS. Wir haben insgesamt 260 Personen identifizieren können, die diese Funktion wahrnahmen und bis auf wenige Ausnahmen der SS angehörten; tatsächlich müssen es aber weit mehr gewesen sein, da Cäsar schon Anfang 1939 in einem Arbeitsbericht von 967 »Schulungsrednern« der Polizei sprach, von denen 570 aus der SS kamen.24 Das altersmäßige, sozialstrukturelle und politische Profil der Polizeischulungsleiter entspricht weitgehend dem der gesamten Untersuchungsgruppe. Signifikante Abweichungen gibt es in der beruflichen Zusammensetzung: der landwirtschaftliche Bezug ist gering, dafür gibt es mit 46% einen besonders hohen Anteil an Lehrern und Dozenten, und mit 72,4% weist diese Gruppe den höchsten Beamtenanteil unter allen untersuchten Einzelgruppen auf. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die weltanschauliche Erziehung der Polizei überwiegend »stationär«, in den Polizeischulen und Ausbildungskasernen im Rahmen der regulären Ausbildung oder in Räumen der lokalen Polizeiverwaltung in Form der »Monatsschulung« stattfand. Hier griff man dann häufig auf Lehrer vor Ort zurück, die der SS angehörten und in der Regel schon politische Schulungserfahrungen mitbrachten, zum anderen wurden aber auch Beamte aus der lokalen oder regionalen Polizei- und Justizverwaltung herangezogen. Die Polizeischulungsleiter waren hochgradig politisiert: 68,5% gehörten schon vor Ende Januar 1933 einer völkischen oder nationalsozialistischen Organisation an, fast alle anderen waren noch im Laufe des Jahres 1933 beigetreten – die regionale SS- und Polizeiführung achtete darauf, nur qualifizierten und politisch zuverlässigen SS-Männern die weltanschauliche Schulung der Polizei anzuvertrauen. Mit 86,4% waren die meisten Parteimitglieder, zu 85% gehörten sie dem SS-Führerkorps an, mit 79,6% weist diese Gruppe einen besonders hohen Anteil an »Gottgläubigen« aus. Der Einsatz der Polizeischulungsleiter aus der SS konzentriert sich hauptsächlich auf die Jahre 1937 bis 1939, danach war man in der Ordnungspolizei zunehmend bestrebt, den Bedarf an Schulungsleitern, -lehrern und -rednern mit eigenem Personal zu decken. Der SS kam in dieser Hinsicht eine Initiativfunktion zu. Noch weniger ist über die Schulungsarbeit und die Schulungskräfte der Sicherheitspolizei und des SD bekannt. Ähnlich wie bei den Inspektoren und Befehlshaber der Ordnungspolizei wurden auch bei der Sicherheitspolizei Schulungsreferenten eingesetzt. Darüber hinaus wurde im RSHA eine für die weltanschauliche und fachliche Schulung und Ausbildung zuständige Abteilung gebildet. Bislang ließen sich 44 Personen identifizieren, die als Referenten und Lehrkräfte für die weltanschauliche Schulung bei der Sicherheitspolizei und dem SD zuständig waren und dem Führerkorps

514

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

des RSHA angehörten. Ein Drittel waren Lehrer bzw. Studienräte oder -assessoren mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund, knapp die Hälfte waren Beamte, ebenso viele stammten aus Beamtenfamilien, fast alle waren Akademiker oder verfügten über eine höhere Bildung, 18 waren promoviert, zwei Drittel gehörten schon vor der Machtergreifung einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation an, etwa die Hälfte war bis zum 21. Lebensjahr der NSDAP oder einer ihrer Organisationen beigetreten. Insgesamt ist die Gruppe aber zu klein, um generalisierbare Schlüsse und Vergleiche zu ermöglichen.25 5. Lehrer und Studienräte Abschließend wollen wir noch einen Blick auf die größte und wichtigste Berufsgruppe, die Lehrer und Studienräte werfen. Sie waren deutlich älter als das Schulungspersonal insgesamt: 90% waren noch vor dem 1. Weltkrieg geboren worden, 53,8% gehörten der Kriegsjugendgeneration an, das Durchschnittsalter lag 1933 bei 30,5 Jahren, während es für das Schulungspersonal insgesamt bei 26,2 Jahren lag. Das bedeutet auch, dass die Lehrer zu einem großen Teil Studium und Referendariat hinter sich hatten, als sie Aufgaben im SS-Schulungswesen übernahmen. 90,1% waren akademisch gebildet – in einigen Fällen handelte es sich um Berufsschullehrer, Sport- oder Musiklehrer, die ohne akademische Ausbildung eingestellt wurden, in anderen Fällen ließ sich der genaue Status nicht eruieren. Etwa ein Drittel (32,2%) war promoviert, 18,8% hatten ein Diplom erworben, die meisten als Diplomlandwirte, einige als Diplomhandelslehrer. 45% kamen aus Beamtenfamilien und bewegten sich daher auf beruflich vorgezeichneten Bahnen, allerdings waren viele der Väter nur einfache oder mittlere Beamte (35,3% aller Beamten); nur 17% der Väter waren Lehrer, fast ebenso viele (15%) waren Post-, Reichsbahn- oder Polizeibeamte. Rund 21% der Väter übten handwerkliche oder kaufmännische Berufe aus, knapp 17% kamen aus Bauernfamilien. Im Vergleich zur Gesamtgruppe war der Anteil der Beamten und Lehrer unter den Vätern etwas erhöht, sonst gibt es wenig bemerkenswerte Unterschiede. Weder für die Herkunft der Gesamtgruppe noch für die der Lehrer war ein pädagogisches, wissenschaftliches und kulturelles Berufsumfeld prägend. Die Lehrer lassen sich nach der Zugehörigkeit zum gehobenen und zum höheren Dienst unterscheiden. Zum gehobenen Dienst zählen Volks-, Landwirtschafts- und Berufsschullehrer, zum höheren Dienst Oberlehrer, Studienräte und Studienassessoren sowie Schulräte und Dozenten oder Professoren der Lehrerbildung. Danach gehörten die Lehrer etwa zu zwei Drittel dem gehobenen, zu einem Drittel dem höheren Dienst an. 20% waren Landwirtschaftslehrer, die in den meisten Fällen diplomiert waren. Sie wurden zusammen mit anderen Diplomlandwirten vor allem in der Gründungs- und Aufbauphase des Schulungswesens rekrutiert. Entsprechend hatten mit 21,5% auch relativ viele Lehrer ein Landwirtschaftsstudium absolviert. Weitere 14% waren Naturwissenschaftler, 25% Geisteswissenschaftler, 34% hatten Pädagogik (als Volksschullehrer) bzw. Erziehungswissenschaft und Psychologie studiert, etwa 10% waren professionell ausgebildete Sportlehrer. Der Beamtenstatus stellte während der Weimarer Republik vielfach ein Hindernis für die NSDAP-Mitgliedschaft dar – in Preussen war die Mitgliedschaft für Beamte in der NSDAP zum Beispiel noch bis Juli 1932 verboten. Vor der »Machtergreifung« war der Anteil nationalsozialistisch organisierter Lehrer insgesamt sehr gering – vor 1933

Empirisch-statistische Auswertung

515

waren lediglich 2,9%, bis zum 1.2.1933 nur 5% aller Lehrkräfte dem NSLB beigetreten, die große Eintrittswelle kam erst danach. Verglichen damit lag der Anteil der Lehrer, die vor der Machtergreifung nationalsozialistisch organisiert waren, in unserer Gruppe mit 43,6% beachtlich hoch, 35% traten 1933 bei. Mindestens 14 % hatten vor 1933 keiner nationalsozialistischen, sondern einer völkischen Organisation angehört, so dass knapp 58% bereits vor der Machtergreifung völkisch und/oder nationalsozialistisch organisiert waren; bis Mai 1933 waren es 93%. Jeder zehnte hatte einem Freikorps oder anderen Wehrverbänden unmittelbar nach Ende des 1. Weltkriegs angehört. 87,5% der Lehrer waren Parteimitglieder, von ihnen waren etwa 40% bereits vor 1933, 10% nach 1933 beigetreten. Bezogen auf die Lehrerschaft insgesamt haben wir es auch hier mit einem kleinen Kern politisch aktiver und früh politisierter Männer zu tun. Mindestens jeder vierte war als Politischer Leiter in der Partei aktiv, weitere 25% nahmen andere Schulungsaufgaben als Redner, Schulungs- oder Pressereferent in der NSDAP wahr. Knapp drei Viertel (73,9%) stiegen während des Dritten Reichs in einen Führerrang der SS auf. Insgesamt unterscheidet sich das politische Profil der Lehrer nicht grundlegend von dem des gesamten Schulungspersonals. Die Lehrer traten im Durchschnitt etwa ein Jahr später, nämlich mit 26 statt 25 Jahren einer völkischen oder nationalsozialistischen Organisation bei, 24% traten als Minderjährige bei – in der Gesamtgruppe waren es 33,4%. Der Anteil der »Gottgläubigen« lag bei 66,6% – in der Gesamtgruppe waren es 65,5%. Innerhalb des Schulungswesens war der Anteil der Lehrer am höchsten dort, wo pädagogische und rhetorische Fähigkeiten besonders gefragt waren, bei den Schulungsleitern, während im Schulungsamt in höherem Maße auch Experten aus wissenschaftlichen, kulturellen und kaufmännischen Berufsfeldern gebraucht wurden (für die Erstellung von Texten, redaktionelle und gestalterische Aufgaben, Vertrieb und Versand etc.). Daher entfallen auch die meisten Berufungen von Lehrern auf die Jahre 1937/38 und 1944 – 1937/38, weil in diesen Jahren die Rekrutierung von Schulungsleitern der Allgemeinen SS ihren Höhepunkt erreicht und die Rekrutierung von Schulungskräften für die SS-Polizeischulung hinzu kam; 1944, weil in diesem Jahr die meisten Schulungskräfte für die Abteilungen VI der Waffen-SS rekrutiert wurden.

Die wichtigsten Daten im Überblick

n Altersgruppen n vor 1901 geb. 1901-1910 1911-1920 nach 1920 Ø Alter 1933

insg.

Schul.amt

BR

SL

3139

33-39 40-45 116 392

422

1515

2612 26,8 47,3 22,7 2,8 28,1

92 9,8 55,4 33,7 0,0 26,2

294 17,3 43,5 28,9 10,2 24,8

Abt. PSL LehVI rer 590

260

860

385 1157 481 63,4 14,7 8,9 33,0 39,7 45,7 3,6 44,3 36,0 0,0 1,2 9,4 35,3 24,8 23,4

221 20,8 56,1 21,7 0,0 25,7

782 29,3 53,8 16,8 0,1 30,5

516

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

Bildung n Akad. Dr.-Titel höh. Bildung soziale Herkunft/Beruf des Vaters n Bauer Beamter Lehrer Kaufmann Handwerker Beruf n Bauer »landwi. Bezug« Beamter Lehrer - Anteil Stud.räte/-ass. Prof./Doz./Wiss. »Kultur« Kaufmann Handwerker Fachrichtung n Landwirtschaft Naturwiss./Med. Geisteswiss. Päd./Psych. Jura/VWL politische Daten n vor 31.1.33 nationalsoz.** vor 31.1.33 ns und/oder völk. vor 1933 nur völkisch NS-Beitritt 1933 NS-Beitritt nach 33 völk./nat.soz. 1919-1921 Eintritt bis 21. Lj. nach dem 24. Lj. Parteimitgl. Polit. Leiter

insg.

Schul.amt

BR

SL

2439 66,2 26,9 70,9

110 61,8 28,2 64,5

212 61,8 25,0 67,5

379 1429 438 33,5 68,1 59,6 12,1 31,6 15,5 37,2 71,6 64,6

224 71,4 28,6 76,8

851 90,1 32,2 90,6

1651 20,8 32,4 10,7 11,4 9,6

101 12,9 19,8 5,0 7,9 9,9

97 9,3 44,3 10,3 13,4 18,6

222 72,1 10,4 3,2 4,1 3,6

279 12,5 35,1 9,7 13,3 11,5

164 9,1 39,6 14,6 12,8 14,0

545 16,7 44,8 100 10,3 10,3

2661 12,0 28,4 42,6 32,3 32,4 7,5 5,6 12,3 4,4

102 3,9 15,7 17,6 16,7 27,6 8,8 15,7 5,9 3,9

245 2,0 2,4 29,8 24,9 32,7 10,2 17,1 10,2 7,3

390 1337 499 67,2 5,2 3,4 100 28,4 4,4 24,1 50,6 38,3 6,4 34,8 32,9 0,0 26,9 28,6 1,6 10,2 5,6 0,8 3,7 4,0 1,8 5,2 10,0 1,3 3,3 8,6

254 0,4 7,9 72,4 44,5 41,6 8,2 0,0 7,5 2,0

860 1,3 22,5 87,2 100 32,4 10,5 2,0 0,8 0,9

1571 23,4 17,0 17,6 16,8 16,2

64 25,0 9,3 20,3 6,2 25,0

119 1,6 9,2 33,6 16,8 15,1

127 92,1 4,0 2,7 2,4 14,2

186 9,1 13,4 20,5 19,4 16,7

767 21,5 12,7 24,8 34,2 3,1

2341 56,3 69,2 9,9 26,4 7,4 10,5 39,8 45,3 85,0 26,6

114 59,6 71,0 8,8 28,9 2,6 14,0 66,0 25,8 75,4 15,8

204 50,0 57,0 4,9 27,5 17,6 7,8 39,6 46,9 87,7 16,2

399 1180 403 2145 722 83,0 54,6 45,9 51,9 43,6 89,1 71,9 55,2 68,5 57,6 5,5 13,6 6,5 12,6 14,0 10,5 27,5 30,0 29,4 35,3 1,0 4,3 17,6 6,1 7,1 16,8 12,0 3,5 8,9 9,6 22,9 41,9 49,9 43,8 31,3 66,8 41,7 31,0 43,8 51,9 92,5 86,5 79,9 86,4 87,5 71,4 19,7 20,8 21,5 23,0

916 17,1 36,2 12,8 12,1 8,8

959 33,5 19,7 13,8 14,8 13,2

Abt. PSL LehVI rer

264 3,8 12,9 24,2 31,8 18,2

517

Muster politischer Sozialisation insg.

Schul.amt

SS-Rang* n 1994 92 Führerkorps 71,5 88,2 Religionszugehörigkeit/Glaubensbekenntnis** n 1945 89 gottgl. 66,6 78,7 evangel.*** 78,2 84,4 kathol.*** 21,8 15,6

BR

SL

Abt. PSL LehVI rer

220 64,1

317 88,0

944 62,4

435 77,0

182 85,1

594 73,9

169 78,1 72,0 28,0

325 36,3 84,4 15,6

985 68,3 81,3 18,7

387 81,1 63,8 36,2

196 79,6 77,9 22,1

614 65,5 77,2 22,8

kursiv: absolute Zahlen; alle anderen Zahlen sind Prozentangaben. * Berücksichtigt wurden nur Ränge vom Scharführer aufwärts, die, so weit bekannt, während der Jahre 1933-1945 erreicht wurden. In lediglich etwa 90 Fällen lautete die SS-Bezeichnung »Sturmmann« oder »Schütze«. ** Für Österreich vor dem »Anschluss« *** Bei den Zahlen der »Gottgläubigen« handelt es sich um Mindestwerte, da viele Daten aus Lebensläufen stammen, die anläßlich des Eintritts in die SS verfasst wurden, der Kirchenautritt aber oft erst später erfolgte. Die Zahlen zur evangelischen oder katholischen Religionszugehörigkeit berücksichtigen auch die Religionszugehörigkeit vor dem Kirchenaustritt.

Sozialstruktur/Berufe

Landwirte Handwerker Kaufleute Reichsbahn/Postbeamte Lehrer/Oberlehrer/Stud.räte Prof./Doz./Wiss. kult. Berufe Beamte insg. - davon Anteil einf./mittl. Dienst

Väter 20,8 9,6 11,4 7,5 10,7 1,1 1,6 32,4 31,5

Schulungspersonal 12,0 4,4 12,3 0,5 32,3 7,5 5,6 42,6 2,3

V.2 MUSTER POLITISCHER SOZIALISATION Mehr als die Hälfte (56,3%) aller Personen, zu denen wir politische Daten haben, gehörte bereits vor der Machtübernahme einer nationalsozialistischen Organisation an; von ihnen können wir annehmen, dass ihr Engagement im Schulungswesen der Partei und der SS auf inneren Überzeugungen und nicht auf opportunistischen Motiven beruhte. Auch für die große Zahl derer, die erst 1933 beitraten, wird man nicht ohne weiteres opportunistische Motive unterstellen können, da es viele Män-

518

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen

ner gab, die etwa vorher ihre Stellung als Beamte nicht gefährden wollten. Trotzdem beschränke ich mich im Folgenden auf die Gruppe derer, die schon vor 1933 nationalsozialistisch organisiert waren, weil die Diskussion des Opportunismus in diesem Fall ausgeklammert werden kann, aber auch, weil sie für eine sozialisationsgeschichtliche Betrachtung generell mehr Fragen aufwirft und von größerem Interesse ist. Wenn man nur die Beitrittsjahre nimmt, zeigt sich ein signifikanter Verlauf: Bis 1923/24 87

1925 28

1926 26

1927 35

1928 70

1929 122

1930 254

1931 350

1932 297

zus. 1269

Eine kleine Gruppe von 87 Personen ist in der Frühzeit der Bewegung bis zu ihrem Verbot dabei; nach der Neugründung der NSDAP bleibt die Zahl der Beitritte gering. Dies ändert sich erst 1928/29, danach steigen die Beitritte rapide an, erreichen 1931 ihren Höhepunkt und gehen 1932 wieder etwas zurück. Damit entwickeln sich die Beitritte weitgehend parallel zu den Wahlerfolgen, aber mit einem Vorlauf von etwa einem Jahr, denn 1928 war für die Partei insgesamt ein Tiefpunkt – im Mai 1928 erhielt sie lediglich 2,6% der Stimmen – und den Höhepunkt erreichte sie nicht schon 1931, sondern erst bei den Wahlen vom Juli 1932 mit 37,3%. Dies passt zum Bild einer »Avantgarde«, die sich zwar mit der Mobilisierung entwickelt, aber auch Träger der Mobilisierung ist und ihr deshalb auch vorangeht. Für die politische Sozialisation ist bedeutsam, dass ein großer Teil dieser Männer – mindestens 38% – zuerst einem Freikorps oder einer völkischen Organisation (im weitesten Sinn) angehörten, bevor sie sich den Nationalsozialisten anschlossen.26 Ein typisches und verbreitetes Muster politischer Sozialisation war, dass viele Männer unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg einem Freikorps oder einer völkischen Organisation beitraten, hier politisch »aktiviert« wurden und den Weg zum Nationalsozialismus fanden. Zu einer größeren Beitrittswelle kam es 1923 vor dem Hintergrund des »Ruhrkampfs« und des HitlerPutsches. Nach dem Scheitern des Putsches und dem Verbot der Partei war die NSDAP zunächst keine Alternative mehr. 1924 gab es zwar noch einmal eine größere Zahl von Beitritten zu völkischen Organisationen, die zum Teil auch einen Ersatz für die NSDAP boten, aber insgesamt waren die Jahre 1924 bis 1927/28 eine Zeit der »Latenz«, in der das politische Engagement stark nachlässt. Dies ändert sich 1928, als die Partei nach dem Desaster bei den Reichstagswahlen eine strategischen Öffnung beschließt, und vor allem 1929, als mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise auch die Legitimität des Weimarer Staates wieder verstärkt in Frage gestellt wird. Die Politisierung vollzieht sich aber jetzt in der nationalsozialistischen Bewegung, völkische Organisationen spielen nur noch eine Randrolle und verlieren rasch an Bedeutung. Die Wahlerfolge der NSDAP von 1930 bringen noch einmal einen zusätzlichen Mobilisierungsschub:

Muster politischer Sozialisation Beitrittsjahr Vor 1918 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932

NS-Organisationen

3 8 29 40 7 28 26 35 70 122 254 350 297

519

Freikorps und andere völkische Organisationen 10 36 128 73 53 46 93 60 23 34 27 17 25 13 16 6

In diesen Zahlen drückt sich ein politisch-gesellschaftlicher Krisenverlauf aus. Er verbindet sich auf eine spezifische Weise mit lebensgeschichtlichen Entwicklungen: Für die Männer der »jungen Frontgeneration«, die aus dem Krieg zurückkehrten und sich einem Freikorps oder anderen paramilitärischen Verbänden anschlossen, war dies der Versuch, die soldatische Lebensweise und das Erleben der »Frontgemeinschaft« zu verlängern; für die Jugendlichen der »Kriegsjugendgeneration« boten sie einen Ersatz für das fehlende Fronterlebnis und die Möglichkeit, sich im Kampf auszuzeichnen. Von Anfang an hatten diese Verbände auch eine politische Stoßrichtung, da sie sich generell gegen die »bürgerliche Republik« und hauptsächlich gegen »Kommunisten und Sozialisten« richteten. In der Fusion des Frontgemeinschaftsideals mit dem »antibolschewistischen Kampf« bereitete sich das »politische Soldatentum« vor, das später das Leitbild der SS werden sollte. Für einen großen Teil der Männer fiel dieser »Nachkriegsaktivismus« zugleich mit der Zeit des Studium und der Berufsausbildung zusammen. Nachdem sowohl die »Frontgemeinschaft« als auch der »politische Kampf« keine realistische Perspektive mehr darstellten, wandten sie sich zumeist verstärkt der Ausbildung zu, versuchten das Studium erfolgreich zu beenden und sich eine berufliche Existenz aufzubauen, so dass für politische Aktivitäten nur noch wenig Raum blieb. Insbesondere für die akademische Jugend war damit oft auch der Eintritt in eine Beamtenlaufbahn verbunden. Diese Zeit fällt tendenziell mit der Phase relativer Konsolidierung der Weimarer Republik zusammen. In den biographischen Selbstdarstellungen vieler Männer unserer Untersuchung erscheint diese Zeit als eine der politischen Latenz; als die Konsolidierungsphase zu Ende geht, wird die Disposition zu politischem Soldatentum und Aktivismus wieder lebendig; sie wenden sich aber jetzt mehrheitlich gleich der nationalsozialistischen Bewegung zu und stellen sich in deren Dienst, weil sie dieser Disposition am ehesten entspricht: Völkisches Gedankengut

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war bei ihr auch gut aufgehoben; darüber hinaus faszinierte sie aber durch organisatorische Effizienz, Militanz, Aktivismus und entschlossenen Veränderungswillen. Betrachtet man die völkischen Verbände, denen die späteren SS-Männer während der Weimarer Zeit angehörten, so fällt die Dominanz militanter und paramilitärischer Organisationen auf: Freikorps 235 Stahlhelm und Jungstahlhelm 208 Jungdeutscher Orden 79 Andere Wehrverbände 115 Wehrverbände insgesamt 637 Völkische Jugendverbände 102 Andere völkische Verbände 65 »rassenaristokratische« Jugendbünde 56.27 In dieser Dominanz kommt eine aktivistische Disposition zum Ausdruck: der Wunsch, die Verhältnisse durch konkretes Handeln, das auch Gewalt einschließen konnte, grundlegend zu verändern. Vor dem Hintergrund der professionellen Kompetenzen, die die Männer später vor allem als Lehrer, Kaufleute usw. erwerben, transformiert sich dies 1933 in einen propagandistischen und erzieherischen Aktivismus – in den Drang, an der Veränderung der Verhältnisse durch Propaganda- und Schulungsarbeit mitzuwirken und so die nationalsozialistische Revolution vollenden zu helfen. Gleichzeitig ist in dieser frühen Disposition das Ideal des politischen Soldatentums angelegt, das den Übergang zur realen Gewalt forderte und erleichterte, sobald es notwendig erschien. Die Zugehörigkeit zu Freikorps und Wehrverbänden ist vor allem für die Generation der Kriegsteilnehmer, die sich noch vor 1933 der nationalsozialistischen Bewegung anschlossen, fast schon die Regel. Bei den Jüngeren, zwischen 1900/1901 und 1910/11 Geborenen differenziert sich dies etwas, weil viele auch für die Freikorps-Bewegung noch zu spät kommen: etwa jeweils ein Drittel gehörte einem Wehrverband oder einer völkischen Jugendorganisation an, rund 40% schließen sich gleich der NSDAP an, die inzwischen wieder eine Alternative darstellt. Für viele Angehörige der jüngeren Generation fällt der Eintritt in die nationalsozialistische Bewegung mit dem Beginn des Studiums zusammen, für sie bietet vor allem der Nationalsozialistische Studentenbund ein erstes wichtiges Feld politischer Betätigung. Die Jugendlichen und jungen Männer aus der Nachkriegsgeneration (Jahrgänge ab 1911), die noch vor 1933 einer nationalsozialistischen Organisation angehören, schließen sich nahezu durchweg gleich den Nationalsozialisten an. Völkische und nationalsozialistische Jugend- und Studenten-, oft auch schon Schüler- und Kinderorganisationen bilden wichtige Medien früher politischer Sozialisation.28 Über den Beitrag der familiären Sozialisation lassen sich aufgrund des dokumentarischen Materials keine empirisch begründbaren Aussagen treffen; gelegentlich wird in den Lebensläufen eine analoge Orientierung und Parteizugehörigkeit des Vaters oder des älteren Bruders erwähnt, nur ganz selten wird einmal ein grundlegender politischer Dissenz angedeutet, so dass in der Tendenz davon ausgegangen werden kann, dass sich die politische Entwicklung nur selten in Fundamentalopposition zum Elternhaus, häufiger aber vermutlich mit Rückendeckung durch die Familie vollzog.

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Vor diesem Hintergrund lassen sich verschiedene typische Verlaufsmuster politischer Sozialisation und Entwicklung nachzeichnen: a) Ein militanter Aktivismus unmittelbar nach Kriegsende als Reaktion auf Versailles, die Novemberrevolution und die Gründung des Weimarer Staates, gefolgt von einer Phase der Latenz, die mit Anstrengungen der beruflichen Etablierung ausgefüllt wird; vor allem in den Krisenjahren 1929/30 kommt es zu eines Reaktivierung mit einer jetzt deutlicheren und konkreteren politischen Akzentuierung, zu der die nationalsozialistische Bewegung einen effizienten organisatorischen Rahmen, Erfolg versprechende strategische Konzepte und überzeugende weltanschaulichen Inhalte lieferte. b) Eine Variante des ersten Musters war eine erschwerte Berufsfindung unter den schwierigen Bedingungen der Weimarer Republik und insbesondere der Krisenjahre, die mit beruflichem Scheitern, Arbeitslosigkeit, unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und Studienabbrüchen einherging und in den Einsatz für den Nationalsozialismus und die SS als alternative Perspektive mündete oder erst in der Verbindung mit diesem Einsatz gelang. Für das Schulungspersonal ist aber charakteristisch, dass Misserfolge im »zivilen« Berufsleben oft auch in der Tendenz zu einem politischen Aktivismus begründet sind, der zeitweise latent bleibt, prinzipiell aber über das »zivile« Leben hinaustreibt zu einer neuen Version des politischen Soldatentums. c) Jugendliche, die in der »Latenzphase« der Weimarer Republik, als »Militanz« kein aussichtsreiches Handlungskonzept mehr war, nach gesellschaftlichen Alternativen suchten und diese zuerst in den völkischen Utopien der Zeit finden. Mit dem Aufstieg der NSDAP nach 1928 schien sich eine Handlungsperspektive zur Realisierung der Utopien zu eröffnen, so dass viele dieser Jugendlichen sich jetzt den Nationalsozialisten anschlossen und vor allem in der nationalsozialistischen Bauernbewegung und der SS eine Heimat fanden. Insbesondere neoaristokratische und »neogermanische« Gruppen und die völkische Bauern- und Bauernschulbewegung waren wichtige »Vorschulen« zur Herausbildung und Aneignung weltanschaulicher Konzepte, die später eine tragende Rolle im SS-Schulungswesen spielen sollten. d) Eine andere Gruppe junger Männer erlebte ihre Politisierung vorwiegend an den Hochschulen und Universitäten. Dies waren vor allem jene Männer, für die die Zeit des Studiums mit dem Aufstieg der NSDAP nach 1928 zusammenfiel. Sie erlebten die Radikalisierung, die viele Studenten während der folgenden Jahre erfasste und entschieden sich dafür, diesen Prozess aktiv mit zu gestalten. An den Hochschulen wurden nicht nur Organisations- und Aktionsformen eingeübt, sie waren zugleich Orte, an denen weltanschauliche Gehalte eine wissenschaftliche Fundierung erhielten, die im SS-Schulungswesen gebraucht wurden. Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) bildete eine wichtige Brücke zwischen den diffusen Utopien der Jugend und der konkreten Schulungsarbeit der SS. d) Schließlich gab es auch zahlreiche Fälle, die durch ein erstaunliches Maß an Kontinuität des politischen Aktivismus gekennzeichnet waren: Jugendliche und junge Männer, die sich früh auf der Seite der radikalen Rechten positionierten und sich weder von den politischen Konjunkturen der Zeit beirren noch von dem Risiko abhalten ließen, ihre berufliche Karriere möglicherweise zu gefährden. Sie verfügten offenbar über eine tief sitzende und nachhaltige Disposition, die sie geradewegs zur SS führte und dort ihre Erfüllung fand.

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In die Gruppen a) und c) gehören viele Diplomlandwirte, die nach dem 1. Weltkrieg und in der Weimarer Republik den Freikorps oder völkischen Gruppen angehörten und um das Jahr 1930 zur NSDAP gingen, um an der Organisation der nationalsozialistischen Bauernbewegung mitzuwirken. Viele waren zuvor im Stahlhelm oder im Jungdeutschen Orden organisiert. Einige gehörten der NSDAP aber auch schon seit ihren Anfängen an. Herbert Müller zum Beispiel beteiligte sich nach der Rückkehr aus dem Krieg als Zwanzigjähriger 1919 an der Niederschlagung des »Spartakus-Aufstandes« in München und Rosenheim, nahm danach mit dem Freikorps Oberland an den Kämpfen in Oberschlesien teil und wirkte 1922/23 bei der Gründung nationalsozialistischer Ortsgruppen mit; 1923 gehörte er der »Reichskriegsflagge« an, im November war er am Umsturzversuch in München beteiligt. Danach beendete er das Studium mit dem Landwirtschaftlichen Diplom und arbeitete als Leiter landwirtschaftlicher Betriebe und Saatzuchtinspektor, ab 1936 war er als Landwirtschaftlicher Sachverständiger und Berater im Deutschen Kali-Syndikat tätig. Inzwischen war er 1930 und 1931 erneut der SA und der NSDAP beigetreten. 1932 baute er das Arbeitsdienstlager in Rastatt auf, 1933 wechselte er von der SA zur SS und noch im gleichen Jahr wurde er als stellvertretender Schulungsleiter des Abschnitts Baden eingesetzt; aufgrund beruflicher Überlastung gab er die Schulungsarbeit wenig später wieder auf und ließ sich stattdessen zum Bauernreferenten ernennen. Der Diplomlandwirt und Tierzuchtspezialist Sebastian Merk – er promovierte 1933 mit einer Arbeit über den »Erbwert männlicher Zuchttiere« – schloss sich schon als 13jähriger 1922 dem nationalsozialistischen »Jungsturm« an, nach der Wiederzulassung der Partei wurde er 1925 erneut Mitglied der HJ. Merk wurde Geschäftsführer des Milchversorgungsverbandes und Stabsleiter der Kreisbauernschaft Kempten, er arbeitete als Redner für die Partei und als Experte für Sippenforschung für die Landesbauernschaft; nach seinem Beitritt zur SS 1933 wurde er zunächst zunächst zum Schulungsleiter und später zum Bauernreferenten berufen.29 Hellmut Körner, Jahrgang 1904, gehörte als Jugendlicher völkischen Jugendverbänden und dem Wehrwolf an, wurde 1925 Mitglied des Jungdeutschen Orden und 1928 des Stahlhelms, bis er 1930 in die NSDAP eintrat. Dort übernahm er Aufgaben als Ortsgruppenleiter, Landwirtschaftlicher Gaufachberater und Redner; 1932 wurde er als Abgeordneter der NSDAP in den Reichstag gewählt, 1933 folgte die Ernennung zum Präsidenten der Landwirtschaftskammer Sachsen, zum Landesbauernführer und Gauamtsleiter. Nach dem Eintritt in die SS 1934 wurde er wenig später zum Standartenführer und Bauernreferenten des Oberabschnitts »Elbe« ernannt, 1941 rückte er zum SSBrigadeführer auf. Körner gehörte zu den landwirtschaftlichen Honoratioren der NSDAP. Er war Aufsichtsratsmitglied landwirtschaftlicher Banken und bekleidete während des Krieges das Amt des Präsidenten der Hauptabteilung Ernährung und Landwirtschaft in der Regierung des Generalgouvernements.30 Während Körner den Typus des Bauernfunktionärs verkörpert, für den der Titel des »Bauernreferenten« eher ein Statusmerkmal war, gehörten andere spätere Bauernreferenten zu den maßgeblichen Organisatoren des Schulungsapparates der SS während der Anfangszeit. Hans Baier etwa war 1934 Hauptschulungsleiter des Oberabschnitts Elbe, bevor er 1938 zum Bauernreferenten ernannt wurde. Baier hatte sich 1921 als 20jähriger der »Organisation Escherich« angeschlossen, war als Student Mitarbeiter im »Hochschulring Deutscher Art« und gehörte ab 1931 als Gaufachredner der NSDAP an. Wie er verfügten die meisten Bauernreferenten bereits über Erfahrungen als Redner oder in der Parteischu-

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lungsarbeit, bevor sie zur SS kamen. Der Gutsbesitzer und spätere Kurdirektor von Berchtsgaden Max Berkmann etwa war bereits Politischer Redner und Bezirksbauernführer, als er 1933 mit dem Aufbau des Schulungsapparates des Sturmbanns I/34. beauftragt wurde. Als Student gehörte er 1919/20 dem Freikorps Oberland und dem Münchner Widar-Bund an, wo er bereits Vorträge von Alfred Ploetz und Fritz Lenz miterlebte, den führenden Theoretikern der frühen Rassenhygienischen Bewegung.31 Als Beispiele für eine stringente politische Entwicklung vom Freikorps-Kämpfer zum SS-Schulungsexperten mit einer »Latenz« Mitte der 20er Jahre sei Josef Riederer genannt. Er nahm noch am 1. Weltkrieg teil und gehörte anschließend bis 1925 den Freikorps »Schwaben« und »Oberland« an. Noch als Schüler beteiligte er sich 1919 an der Niederschlagung der Räterepubliken. Nach dem Abitur begann er 1920 ein naturwissenschaftliches Studium in München, das er mehrmals für Freikorps-Einsätze unterbrach; unter anderem nahm er an den Kämpfen in Oberschlesien teil. Nach 1923 war diese Phase des militanten Aktivismus zu Ende. 1925 legte er das erste Staatsexamen ab und trat danach in den Schuldienst ein. Nach dem Referendariat erhielt er eine Anstellung als Studienassessor in Thüringen, zuerst in Eisenberg, dann in Arnstadt. Hier trat er 1930 der NSDAP bei und entfaltete eine rege politische Tätigkeit als HJ-Führer, Parteiredner und Politischer Leiter. 1931 bekam er den Auftrag – die NSDAP regierte inzwischen in Thüringen mit und stellte dort den Innenminister – die vordem »marxistische« Volkshochschule in Arnstadt in eine nationalsozialistische Einrichtung umzuwandeln. Riederer selbst, der Biologielehrer war, spezialisierte sich rasch auf die Themengebiete Rassen- und Vererbungslehre und hielt zahlreiche Vorträge in der jetzt zur »Deutschen Heimatschule« umgewandelten VHS, darüber hinaus beteiligte er sich mit rassenkundlichen Vorträgen an der Führer-Schulung von HJ und BDM. Riederer kannte die einschlägige Literatur von Günther, Clauss und Darré, er hatte Chamberlain, Rosenberg, den Baur-Fischer-Lenz und andere Werke studiert. 1932 saß er für die NSDAP im Gemeinderat von Arnstadt. Im gleichen Jahr bat ihn Horst Rechenbach um Mitarbeit im RuS-Amt, und 1933 wurde er mit dem Aufbau des »Schulungsapparates« in Thüringen beauftragt; im gleichen Jahr wurde er zum Studienrat ernannt. Als Hauptschulungsleiter und seit 1935 Untersturmführer hielt Riederer in den folgenden Jahren bevorzugt Vorträge über das Judentum auf Schulungsleiter-Lehrgängen.32 Ähnlich stringent verlief die Entwicklung des Diplomlandwirts Hans Bavendamm. Er kehrte als Oberleutnant aus dem 1. Weltkrieg zurück, kämpfte aber noch bis 1919 im Freikorps »Regiment Reinhardt« weiter. Anschließend widmete er sich dem Studium, legte 1922 das Diplom und 1923 die Promotion ab und arbeitete ab 1924 als Direktor der Landwirtschaftsschule und Wirtschaftsberatungsstelle in Bergen auf Rügen. 1928 trat er aus einer gesicherten und etablierten beruflichen Position heraus der NSDAP bei und entfaltete sofort eine umfangreiche politische Aktivität: Kreisamtsleiter, agrarpolitischer Fachredner und Landwirtschaftlicher Gaufachberater, Ratsherr der Stadt Bergen, ab 1933 Mitarbeiter des Hauptschulungsleiters der SS und schließlich Sturmbann-Schulungsleiter. Als er zum Stabsleiter der Landesbauernschaft ernannt wurde, bat er um Amtsenthebung als Schulungsleiter und stattdessen Einsetzung als Bauernreferent. Während des 2. Weltkrieges war Bavendamm als Obersturmführer auf einem Landwirtschaftlichen Siedlungsstützpunkt des RuSHA und als Verbindungsoffizier zum »Banditenbekämpfungsstab« des HSSPF Russland-Süd in der Ukraine eingesetzt.33

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Für andere verlief die Entwicklung weniger bruchlos. So gab es unter anderem eine Gruppe von Weltkriegsteilnehmern und Freikorps-Kämpfern, die anschließend Schwierigkeiten hatten, sich eine sichere berufliche Existenz aufzubauen. Dies galt vor allem für eine Reihe späterer Schulungsamtsmitarbeiter, die aus dem kaufmännischen Bereich kamen und bei dem Versuch scheiterten, sich selbständig zu machen; einige gingen mit einem eigenen Geschäft oder Unternehmen Konkurs, andere wurden als kaufmännische Angestellte entlassen und fanden nach 1930 in der politischen Tätigkeit eine Alternative zur Arbeitslosigkeit. Für eine Teilgruppe bot die hauptamtliche Arbeit für die NSDAP, vor allem aber nach der Machtübernahme der Eintritt in den Dienst bei den Verfügungstruppen und Totenkopfverbänden den Ausweg aus einer perspektivlosen beruflichen Situation. Oft war das berufliche Scheitern aber weniger die Ursache als die Folge des politischen Aktivismus. Vor allem für eine Reihe späterer Führungspersonen des RuSHA und des SS-Hauptamtes aus der Freikorps-Generation kann davon ausgegangen werden, dass sie im »zivilen« Berufsleben deshalb nicht Fuß fassten, weil es ihnen nicht genügte. Manfred von Knobelsdorff zum Beispiel, der noch die Kadettenanstalt in Lichterfelde besucht und die Laufbahn eines Berufssoldaten eingeschlagen hatte, nahm als Oberleutnant am 1. Weltkrieg teil und schloss sich nach dem Krieg einem Freikorps an; er versuchte nicht nur, das Soldatenleben fortzusetzen, sondern verband dies von Anfang an mit einem politischen Engagement, denn er war 1918 Parteisekretär der Nationaldemokratischen Arbeiterpartei, gehörte zu den Mitgründern des Nationalverbandes deutscher Offiziere, nahm an den »antikommunistischen Kämpfen« der Zeit teil und wirkte beim Kapp-Putsch mit. Danach verdiente er seinen Lebensunterhalt als kaufmännischer Angestellter und Vertreter und versuchte sich als selbständiger Geschäftsmann. Von Knobelsdorff hatte 1923 eine Schwester Richard Walther Darrés geheiratet und geriet durch die Bekanntschaft mit Darré bald in das Fahrwasser der Nordischen Bewegung. Im Februar 1931 gründete er in Berlin eine Ortsgruppe des Nordischen Rings, noch im gleichen Jahr trat er der NSDAP bei und Ende 1932 holte ihn Darré ins RuSA, das ihn als Hauptschulungsleiter mit dem Aufbau des Schulungswesens im Raum Düsseldorf (Abschnitt V) beauftragte und kurz darauf zum Rassefachberater des Oberabschnitts West ernannte. Mit der wenig später erfolgten Einsetzung als Burghaupmann der »SS-Schule Haus Wewelsburg« fand von Knobelsdorffs politisches Soldatentum eine standesgemäße Erfüllung.34 Noch weiter brachten es Otto Hofmann und Ernst Fick. Hofmann, der spätere Chef des Rassenamtes, 1943 Höherer SS- und Polizeiführer Südwest, Obergruppenführer und General der Polizei, war im 1. Weltkrieg aus russischer Gefangenschaft geflohen und gehörte 1919 dem Freikorps »Grenzschutz Bayerische Ostmark« an. 1923 war er bis zur Auflösung der Partei Mitglied der NSDAP. Hofmann absolvierte eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Prokurist und machte sich 1925 als Weinhändler selbständig. Offensichtlich genügte ihm diese Tätigkeit nicht. 1929 trat er erneut der NSDAP, 1931 der SS bei und ab 1933 war er hauptamtlich bei der SS im Dienst. 1935 wurde er bereits zum Oberführer und RuS-Führer befördert, 1937 war er Oberabschnitts-Schulungsleiter, 1939 wurde er zum Chef des Rassenamtes ernannt. Ernst Fick kam wie Hofmann 1918 als Leutnant aus dem Krieg zurück und setzte den Kampf zunächst im Freikorps Epp fort, bevor er eine Filiale im Geschäft seines Vaters übernahm. Als der Betrieb 1931 in Konkurs ging, fand er eine Ersatzbetätigung in der NSDAP und der SS, mit der er an das frühe »politische Soldatentum« wieder anknüp-

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fen konnte. 1931 trat er als Untersturmführer und Hilfsreferent in die Dienste des RFSS, 1934 arbeitete er als Truppenausbilder im Hilfswerk Dachau und noch im gleichen Jahr kam er als Ausbilder zur LSSAH; danach begann sein Aufstieg im Schulungswesen der SS und in der Waffen-SS bis zum Brigadeführer und Generalmajor, Kommandeur des Lagers Sennheim, Inspekteur und Chef des Amtes C I. Ein anderes prominentes Beispiel ist George Ebrecht, der es bis zum Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei brachte. Ebrecht war ursprünglich Kunstmaler. Er hatte die Kunstakademien in Dresden und Berlin besucht und war ein Schüler von Otto Modersohn in Fischerhude. 1914 meldete er sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst und auch danach diente er noch bis 1923 in verschiedenen Freikorps; 1922 gehörte er bereits der NSDAP an. 1926 versuchte Ebrecht sich als Siedler und Pflanzer im ehemaligen Deutsch-Ostafrika eine Existenz aufzubauen, scheiterte aber aufgrund der Folgen der Weltwirtschaftskrise und kehrte 1931 nach Deutschland zurück; hier trat er sofort wieder der NSDAP und der SA bei, betätigte sich als Redner und baute in Harburg eine Partei-Kreisschule auf, die er internatsmäßig betrieb. 1935 wechselte er als Sturmbannführer zur SS, wurde mit den Aufgaben eines Schulungsleiters und Rassereferenten des Oberabschnitts Ost betraut und zum Sonderbeauftragten und Stabsführer im RuSHA ernannt.35 Diese Männer waren verhinderte Offiziere, die über »Versailles und die Novemberrevolution« zu politischen Soldaten wurden, das politische Soldatentum aber erst im Dritten Reich ausleben konnten. Selbst für den promovierten Agrarwissenschaftler Joachim Cäsar war der Beruf des Diplomlandwirts nur zweite Wahl, denn eigentlich war es nach dem Abitur 1920 sein Wunsch gewesen, die Offizierslaufbahn einzuschlagen, der »Zusammenbruch von 1918« hatte dies jedoch zunichte gemacht. Cäsar vollzog aber eine vergleichsweise bruchlose Entwicklung. Er machte eine landwirtschaftliche Lehre und gehörte während dieser Zeit (1921-22) dem Jungdeutschen Orden an, damals noch ein Wehrverband. Danach begann er ein Studium an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf. 1931 trat er der NSDAP und der SA bei. Inzwischen hatte er das Diplom abgelegt und promoviert, von 1927 bis 1932 war er Versuchsringleiter und Landwirtschaftslehrer in Bad Oldesloe. Danach erhielt er ein Angebot, als Gutsdirektor in Oberschlesien zu arbeiten, wurde aber 1933 von der Partei als Bürgermeister in Bramfeld bei Hamburg zurückgerufen. Cäsar konnte also bereits auf einen erfolgreichen beruflichen Lebensweg zurückblicken, als er sich 1934 für den hauptamtlichen Dienst in der SS entschied, der ihm offensichtlich interessanter erschien. Vor 1933 hatte er sich als Ortsgruppenleiter, Gauredner und Landwirtschaftlicher Kreisfachberater einen Namen gemacht. 1933 trat er der SS in Bramfeld bei, Anfang 1934 wurde er zum Hauptschulungsleiter und Rassereferenten des Oberabschnitts Nord ernannt.36 Viele spätere SS-Männer waren zwar von Konkurs und Arbeitslosigkeit während der Weimarer Republik und vor allem in den Krisenjahren 1929 bis 1932 betroffen; in den Lebensläufen spielt dies aber keine nennenswerte Rolle, nur gelegentlich wird einmal die eigene Arbeitslosigkeit erwähnt, und oft werden politische Gründe für einen Bankrott oder eine Entlassung genannt, manchmal muss auch ein »jüdischer Geschäftsinhaber« dafür herhalten. Der Fotograf Otto Bauer, später Schulungsleiter im Oberabschnitt Süd, machte unter anderem einen »politischen Boykott durch Juden« für den Konkurs des Bildverlages seines Vaters 1932 verantwortlich, den er als

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stellvertretender Betriebsführer leitete. Die NSDAP-Kreisleitung verschaffte ihm 1933 eine neue Beschäftigung bei der Bezirksverwaltung und bald zählte Bauer zu den Honoratioren von Pfaffenhofen: zuerst als Stadtrat, dann als Bürgermeister, Vorsitzender des Kreisgerichtes der NSDAP, Verwaltungsratsmitglied der Bezirkssparkasse und Beirat der AOK. Bauer gehörte bereits 1922 zusammen mit seinem Vater und seinen Brüdern der NSDAP und der SA an und war beim Marsch auf die Feldherrenhalle dabei. 1928 trat er erneut bei, wurde Kreisredner, stellvertretender Kreisleiter und Propagandaleiter und wechselte 1931 von der SA zur SS, die ihn 1935 zum Untersturmführer und Schulungsleiter ernannte.37 Auch wenn die Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise konstitutiv für den Aufstieg des Nationalsozialismus war, bildete sie nur einen allgemeinen Hintergrund und in vielen Fällen auch einen Auslöser, aber nicht unbedingt den entscheidenden Faktor der Politisierung. Häufiger als Arbeitslosigkeit wird in den Lebensläufen das verhinderte oder abgebrochene Studium oder auch ein abgebrochener Schulbesuch erwähnt, weil die Eltern in wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten gerieten, der Vater starb oder man sich um die Bewirtschaftung des elterlichen Betriebes kümmern musste. Solche Hervorhebungen verweisen auf das Statusbewusstsein und das soziale Aufstiegsstreben, das für das Schulungspersonal der SS generell kennzeichnend ist. Viele unternahmen trotz schwieriger Umstände große Anstrengungen, doch noch ein Studium zu absolvieren, indem sie es später nachholten oder versuchten, es sich durch eigene Arbeit selbst zu finanzieren. Ein Leben als »Werkstudent« war weit verbreitet. Rudolf Hennewig zum Beispiel, Schulungsleiter beim Oberabschnitt Ost, hatte sich, obwohl sein Vater Arzt war, an der Finanzierung seines Landwirtschaftsstudiums durch eigene Arbeit als Werkstudent beteiligen müssen; von 1919 bis 1923 hatte er noch an den politischen Kämpfen gegen Spartakisten und rheinische Separatisten teilgenommen, danach brachte er das Studium mit Diplom und Promotion zu Ende; 1931 begann er dann für die NSDAP zu arbeiten. Der Studienrat Traugott Herrmann gehörte 1921 noch dem Freikorps Oberschlesien an; danach absolvierte er als Werkstudent ein Studium der Naturwissenschaften, legte 1929 die 1., 1931 die 2. Lehramtsprüfung für Gymnasien ab und unterrichtete ab 1931 als Studienassessor an verschiedenen Schulen, bis er 1937 eine feste Stelle erhielt. Ende 1931 meldete er sich bei der NSDAP, stellte sich der Partei als Kreisredner und Fraktionsführer zur Verfügung, 1932 trat er der SS bei, ab 1934 wirkte er als Schulungsmann und Schulungsleiter. 1939 wurde er zum Direktor der Lehrerbildungsanstalt Heideanger in der Oberlausitz ernannt. Der spätere Schulungsleiter Fritz Wille musste die Oberrealschule aus finanziellen Gründen abbrechen, holte aber später das Abitur nach und begann 1931 trotz widriger Umstände ein Volksschullehrerstudium; gleichzeitig trat er der NSDAP bei, übernahm Aufgaben als Ortsgruppenschulungsleiter und ging 1933 zur SS. Mit großer Beharrlichkeit verfolgte Hanns Paul das Berufsziel des Studienrats. Nach dem Abitur 1921 fehlten ihm zeitweise aufgrund der Inflation die Mittel zum Studium und er schlug sich als Werkstudent, Bildhauer, Maler und Musiker durch. Dadurch konnte er erst 1929 das Studium mit dem 1. Staatsexamen zum Abschluss bringen. Im gleichen Jahr begann er das Referendariat und vollzog den Beitritt zur NSDAP. 1929 und 1930 leistete er »Klebe- und Saalschutzdienst« bei der SA und wurde wegen Plakateklebens für die NSDAP bestraft. In Detmold wirkte er als Vorsitzender des Parteigerichts. 1932 bestand er das 2. Staatsexamen, wurde aber anschließend im Zuge der Sparmaßnahmen entlassen und widmete sich wieder »bildhaueri-

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schen und musikalischen Studien«. 1933 schloss er sich der Deutschen Glaubensbewegung an. Im gleichen Jahr erhielt er eine Anstellung als Privatschullehrer an Martin Luserkes »Schule am Meer« auf Juist. Parallel dazu setzte er seine politische Arbeit fort und wirkte als Kreisschulungsleiter der NSDAP in Norden. Kurz danach wurde seine zielstrebige, parallel laufende pädagogische und politische Arbeit belohnt mit der Berufung zum Dozenten für Mathematik und Rechenunterricht an die neu errichtete Hochschule für Lehrerbildung in Elbing. Hier vollzog er sofort den Beitritt zur SS, wurde Schulungsreferent beim RuS-Führer Jacobsen, 1936 folgte die Ernennung zum Untersturmführer und Schulungsleiter beim Oberabschnitt Nordost; 1937 erschien sein Artikel »Die nationalpolitischen Erziehungsanstalten« in der Zeitschrift »Die Deutsche Polizei«; inzwischen war er zum Studienrat an der Napola Spandau und Referent bei der Dienststelle Heißmeyer ernannt worden.38 Andere, die am Studium gehindert waren und denen ein solcher Aufstieg nicht gelang, fanden in der Schulungsarbeit für Partei und SS eine Kompensation. Dies gilt für viele der Mitarbeiter des Schulungsamtes, denen die akademische Qualifikation fehlte. Für Johannes Schnorrbusch etwa bot die hauptamtliche Tätigkeit im SS-Schulungsamt einen Ersatz für die abgebrochene akademische Laufbahn. Schnorrbusch, 1908 als Sohn eines Mühlenbesitzers in Wiesa geboren, wurde noch als Schüler 1925 Mitglied im Jungdeutschen Orden; nach dem Abitur begann er ein Studium der Medizin in Leipzig, trat dort 1930 der NSDAP und dem Nationalsozialitischen Studentenbund bei und wurde zum 1. Vorsitzenden der Leipziger Studentenschaft gewählt. Danach musste er das Studium jedoch abbrechen, weil sein Vater in finanzielle Schwierigkeiten geriet und das Mühlengrundstück verkaufen musste. Schnorrbusch arbeitete danach als Sportlehrer für die SA und als Referent im SA-Hochschulamt; 1934 war er stellvertretender Schulleiter beim SA-Hochschulamt Braunschweig. Von dort wechselte er wenig später als Abteilungsleiter zum Schulungsamt. Erst 1939 schied er aus der Arbeit beim RuSHA aus, um das Studium doch noch zum Abschluss zu bringen. Erst nach mehreren Umwegen kam Georg Rudolph zum Schulungsamt. Rudolph wurde 1932 als Sohn eines Kapellmeisters in Lübeck geboren. Er musste 1932 das Realgymnasium aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig und ohne Abschluss verlassen, erhielt aber die Erlaubnis zum Studium mit der Auflage, das Abitur bis zum Physikum nachzuholen. Danach studierte er drei Semester Naturwissenschaft, verbrachte zwei Jahre als Musik-Werkstudent, brach das Studium schließlich aus wirtschaftlichen Gründen wieder ab und arbeitete bei der Materialverwaltung der Hamburger Gaswerke, bis er 1937 eine Stellung als Referent in der Abteilung »Feiergestaltung« im Schulungsamt, später im Persönlichen Stab RFSS erhielt. Rudolph war früh politisch aktiv. Er gehörte seit 1928 der Freideutschen Jugend an, war Mitglied im Bund der Geusen, trat 1932 der NSDAP bei, übernahm politische Aufgaben in der Partei und der HJ und schloss sich 1933 der SS an. Hermann Kühne hätte gerne Germanistik und Geschichte studiert, musste den Wunsch aber aufgeben, als sein Stiefvater 1933 starb; der leibliche Vater war bereits im 1. Weltkrieg gefallen. Kühne gehörte seit 1930 der Hitler-Jugend an. 1933 verließ er die Schule mit dem Reifezeugnis, meldete sich zur SS und trat 1934 in die Dienste der Totenkopfverbände ein; 1936 wurde er zum Schulungsführer des Totenkopfverbandes »Elbe« ernannt«, nach einem Besuch der Junkerschule Braunschweig wurde er als Zugführer und Schulungsleiter bei der Standarte »Thüringen« eingesetzt.39

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In anderen Fällen war der Studienabbruch ein Teil bewusster Karriereplanung. Dies betrifft vor allem Angehörige der jüngeren Generation, für die sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten interessantere Aufgaben und Gestaltungsmöglichkeiten in der Partei oder der SS eröffneten. Die späteren RuS-Führer Künzel und Schwalm gehören in diese Gruppe. Erwin Künzel gehörte schon 1923 mit 15 Jahren dem Bund deutscher Arbeiterjugend, einer Vorläuferorganisation der HJ an. Sein Vater war Kaufmann und Inhaber einer Porzellanfabrik und bekam, wie Künzel in seinem Lebenslauf schreibt, »die Auswirkungen der roten Regierung Sachsens« zu spüren. Damit begann seine Politisierung: »Kommunistische Demonstrationen der Belegschaft vor unserem Haus erweckten in mir frühzeitig Interesse an der kommunistischen Bewegung und an deren Bekämpfung«. 1928/29 trat er erneut der NSDAP und der SA bei sowie mit Beginn des Jura-Studiums im Wintersemester 1928/29 in Freiburg dem NSDStB. Auf Drängen der Eltern sattelte er von Jura auf Medizin um. In den folgenden Jahren vernachlässigte Künzel jedoch das Studium immer mehr und widmete sich hauptsächlich politischen Aufgaben im NSDStB und der SS, zu der er 1930 überwechselte; unter anderem wurde er mit Aufbau und Führung der SS-Standarte in Erlangen beauftragt – 1932 wurde er bei einem »Kommunisten-Überfall« bei Erlangen verletzt. 1933 kehrte er nach Freiburg zurück, um dort die Führung der Studentenschaft und des Sturmbanns I/65 zu übernehmen. Wegen einer Erkrankung musste er sich einer längeren Kur unterziehen; danach wurde er als Geschäftsführer bei der Kreiswaltung der DAF eingestellt. Im Wintersemester 1934/35 nahm er das Studium wieder auf und übernahm erneut die Leitung des Freiburger NSDStB. »Infolge jahrelanger politischer Betätigung« fiel es ihm jedoch schwer, sich ins Studium wieder einzufügen. 1935 trat er deshalb als Schulungs- und Musterungsreferent beim Rassereferenten Südwest in die Dienste des RuSHA, danach wurde er zum Schulungsleiter des Oberabschnitts Rhein und zum RuS-Führer Elbe ernannt; während des Krieges stieg er weiter auf zum Obersturmbannführer und Außenstellenleiter des RuSHA. Künzels früh erwachtes politisches Interesse drängte das Studium, das er ohnehin halbherzig begann, zunehmend in den Hintergrund; als sich die Gelegenheit zu einer hauptamtlichen Karriere beim RuSHA bot, griff er sofort zu.40 Bei Fritz Schwalm überwog ebenfalls das politische Interesse, es war aber bei ihm von Anfang an eng mit wissenschaftlichen Interessen verknüpft. Schwalm kam 1910 als Sohn eines Schuhmachermeisters in Marburg zur Welt. Er begann nach dem Abitur 1929 ein Studium der Germanistik, Geschichte, Geographie und Rassenkunde. Weil er den preußischen Kultusminister beleidigt hatte, musste er Marburg vorübergehend verlassen und das Studium in Tübingen fortsetzen. Nach zwei Semestern kehrte er zurück, da seine Mutter das Auswärtsstudium nicht mehr finanzieren konnte, nachdem der Vater 1929 verstorben war. Schwalms Interesse richtete sich schon bald auf das Studium der Beziehungen von Rassenanthropologie und Geschichte. 1931/32 besuchte er vorzugsweise Vorlesungen zur Anthropologie, Rassen- und Völkerkunde; 1931 erhielt er vom Anthropologischen Institut der Universität München das Angebot, an einem anthropologischen Forschungsprojekt mit vergleichenden Dorf-Untersuchungen in Hessen und im Chiemgau mitzuwirken, die der damalige Assistent des Instituts Bruno K. Schultz durchführte; daran schlossen sich Untersuchungen zu einer »katholischen Enklave« an. Schwalm interessierte sich für die Beziehungen zwischen Religion und Rasse, und sein Ziel war, diese Studien zu einer Dissertation auszubauen. Als sich

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ihm die Chance zu einer hauptamtlichen Karriere im Rasse- und Siedlungswesen der SS eröffnete, zog er diese Perspektive der Wissenschaft vor und brach das Studium ab. B. K. Schultz, inzwischen zum Abteilungsleiter im Rassenamt ernannt, sorgte Ende 1932 dafür, dass Schwalm als Mitarbeiter des Rassenamtes zur SS kam; Anfang 1934 wurde er zum Oberschulungsleiter und hauptamtlichen Rassereferenten für den Oberabschnitt Rhein, dann RuS-Führer Fulda-Werra ernannt. Schwalm stieg während des Krieges weiter auf zum Außenstellenleiter des RuSHA und schließlich Stellvertreter B. K. Schultz’ als Chef des Rassenamtes. Seine Interessen waren vorgeprägt durch eine frühe Mitgliedschaft im Bund »Adler und Falken«, dem er bereits 1924 angehörte, und in dem man sich schon zu diesem Zeitpunkt mit Ideen der Rassen- und Siedlungskunde beschäftigte. Wie bei Künzel lässt sich auch im Falle Schwalms die politische Sozialisation bis ins Elternhaus zurückverfolgen, denn Schwalms Vater gehörte 1923/24 dem Völkisch-Sozialen Block an, zu dem sich Anhänger der verbotenen NSDAP und der Deutschvölkischen Freiheitspartei Ende 1923 zusammengeschlossen hatten. Nach dem Abitur trat Schwalm 1929 sofort der NSDAP, der SA und dem NSDStB bei, 1932 der SS.41 Schwalm gehörte zu jener relativ kleinen, aber einflussreichen Gruppe späterer Schulungsleiter und Mitarbeiter des Schulungsamtes, die aus der im engeren Sinn »rassenaristokratischen Jugendbewegung« – Adler und Falken, Bund Artam, Jungnordischer Bund – kamen. Sie verfügten schon früh über relativ klar umrissene weltanschaulich begründete Handlungskonzepte, die sie rasch in die Nähe Darrés führten und die sie mit einem starken Wirkungsdrang in die RuS-Bewegung der SS einbrachten. Dieser Wirkungsdrang zeigte sich bei vielen schon früh in der Zugehörigkeit zu einer ganzen Reihe von Bünden und Gruppen gleichzeitig oder nacheinander. So war beispielsweise der Notariats- und Anwaltsgehilfe und spätere Bankbeamte Herbert Rüdiger Mitglied der »Adler und Falken«, des Deutschen Pfadfinderbunds, des deutschnationalen Bismarck-Bundes, des Jungstahlhelms und des Jungnordischen Bundes, außerdem leistete er als Artamane landwirtschaftliche Hilfsarbeit in Schlesien. 1929 fand er zur nationalsozialistischen Bewegung, trat der NSDAP und der SA bei, arbeitete als Gefolgschafts- und Schulungsführer beim Berliner Gebietsstab der HJ, 1934 wurde er Sturmbann-Schulungsleiter in der SS-Standarte 42, 1936 Referent für Schulung und Musterung beim Rassereferent Rhein. Ähnlich Karl Gurrath, auch er Notariatsgehilfe: Er gehörte schon früh der Jugend- und Einwohnerwehr, dem Bund Jungdeutschland und dem Deutsch-völkischen Schutz und Trutzbund an, trat 1922 als Zwanzigjähriger der NSDAP bei und geriet 1923 in Schutzhaft. Danach war er beim Bund Adler und Falken und bei den Artamanen; 1924 gab er seine Stellung als Notariatsgehilfe »aus politischen und weltanschaulichen Gründen« auf, besuchte einen Bauernhochschullehrgang und arbeitete als Artamanenführer auf einem Rittergut im deutschen Osten und schließlich als Geschäftsführer beim Württembergischen Jungbauernbund. Bis 1933 gehörte er außerdem der »Organisation F« (Freikorps Damm) an und trat erst 1933 erneut der NSDAP und der SA bei. Die SS ernannte ihn später zum Bauernreferenten, und für den Reichsnährstand bekleidete er das Amt eines Landesstellenleiter für die Auswahl deutscher Bauernsiedler. Der Volks- und Mittelschullehrer Alfred Pudelko, der dem Bund seit 1922 angehörte, war von 1928 bis 1932 Bundesjugendführer der »Adler und Falken«; er trat 1925 der NSDAP und 1933 der SS bei, im Juni 1933 wurde er mit dem Aufbau des Schulungswesens im 1. Sturmbann

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der Berliner SS-Standarte beauftragt. Während des Krieges arbeitete Pudelko als Referent in der Abteilung Schul- und Bildungswesen des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete.42 In Einzelfällen lässt sich dieser Aktivismus bis in die Kindheit zurückverfolgen. Zum Beispiel war der spätere Schulungsleiter und Mitarbeiter des Rasseamtes Paul Krellmann schon mit 10 Jahren bei der Bündischen Jugend. Von dort fand er zur Nordischen Bewegung und gehörte nacheinander dem Jungnordischen Bund, den »Nordungen«, dem Bund »Adler und Falken«, dem Nordischen Ring und der Deutschen Glaubensbewegung an; 1931 trat er als Sechzehnjähriger aus der Kirche aus und schloss er sich dem Nationalsozialistischen Schülerbund an, zwei Jahre später trat er der SA und kurz darauf der SS bei. Rechenbach berief ihn als Achtzehnjährigen zum Schulungsleiter beim Sturm I/42. Gegen den Willen der Eltern und den Rat seines Lehrers verließ er vorzeitig das Realgymnasium nach der Unterprima und meldete sich 1934 zur LSSAH. Neben seiner militärischen Ausbildung begann er, die Kameraden seiner Kompanie in germanischer Geschichte zu unterrichten. Nach Bestehen der Begabtenprüfung und positiven Gutachten durch H.F. K. Günther und B. K.Schultz konnte er später noch ein rassenanthropologische Studium aufnehmen und seine Tätigkeit für das SS- und RuS-Hauptamt durch wissenschaftliche Kompetenz untermauern. Wie im Falle Krellmanns wurde die Lebens- und Berufsplanung auch bei anderen dieser Gruppe von einem lebensgeschichtlich früh entstandenen weltanschaulich motivierten Handlungsdrang bestimmt, der stärker war als pragmatische Karriere-Überlegungen. So zum Beispiel auch bei Heinrich Dickescheid. Er wurde 1897 als Sohn eines Tierarztes bei Darmstadt geboren, meldete sich 1914 als Freiwilliger zum Kriegseinsatz, verbrachte aber einen großen Teil des 1. Weltkrieges in französischer Gefangenschaft. Nach der Freilassung schloss er sich 1920 dem Jungdeutschen Orden an, nahm mit dem Freikorps »Batl. Wolf« an den Kämpfen in Oberschlesien teil, gehörte der »Arbeitsgemeinschaft Rossbach« an und trat 1922 erstmals der NSDAP bei. Gleichzeitig machte er eine Landwirtschaftslehre. Ab 1922 arbeitete er als Assistent, dann Verwaltungsleiter auf landwirtschaftlichen Gütern. Von 1924 bis 1928 war er Geschäftsführer des Rheinhessischen Landbundes und Führer der von ihm selbst gegründeten Rheinhessischen Jungbauernschaft, die mit dem Bund »Adler und Falken« zusammenarbeitete. Während dieser Zeit war er auch im Bund »Artam« aktiv, zeitweise war er Gauführer des Bundes in Thüringen und leistete Werbungs-, Schulungs- und Organisationsarbeit. 1925 gründete er mit eigenen Mitteln die völkische Bauernhochschule in Mindelheim. Als Schriftleiter und Herausgeber der Blätter »Rhein- und Hesse-Bauer« und »Bauernjugend« wurde er mehrmals wegen Vergehens gegen das Republikschutzgesetz angeklagt und bestraft. 1928 gab er die Stellung beim christlich-national ausgerichteten Landbund aus weltanschaulichen Gründen auf, trat erneut der NSDAP bei und widmete sich jetzt ganz der politischen Arbeit: Dickescheid trat als Ortsgruppenleiter, dann Bezirksleiter und Gauredner in Aktion, war Leiter der NS-Bauernzellen in Rheinhessen und Schriftleiter der nationalsozialistisch ausgerichteten Zeitung »Grüne Front«, die aber wegen der von der Reichsleitung herausgegebenen »Nationalsozialistischen Landpost« wieder eingestellt werden musste. Da er auch eine gepachtete Landwirtschaft aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage wieder hatte aufgeben müssen und nur ehrenamtliche Stellen in der NSDAP bekleidete, geriet er bald in eine wirtschaftliche Notlage, aus der er erst nach einem Bittbrief an Hitler persönlich erlöst wurde, als er Ende 1931 eine hauptamtliche Anstellung bei der Gau-

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leitung erhielt. Ab 1934 war er auch als Schulungsleiter, dann als Bauernreferent für die SS tätig; 1938 wurde er Abteilungsleiter in der Hauptabteilung »Bäuerliche Siedlung« des RuSHA, während des Krieges war er als Bodenamtsleiter beim RKFDV in DanzigWestpreußen beschäftigt. Viele ehemalige Artamanen, Jungnorder oder Adler und Falken konnten ihre rassenpolitischen Siedlungsutopien später in den Diensten des RuSHA und des RKF ausleben, wie etwa die Artamenenführer Theodor Henschel, Friedrich Leo oder Hans-Emil Schmidt – Schmidt, Jahrgang 1903 gehörte nach dem 1. Weltkrieg nacheinander der Organisation Escherich, dem Schlageter-Bund, dem Jungstahlhelm, der NSDAP und ab 1927 den Artamanen an; später diente er der SS als Bauernreferent und während des 2. Weltkrieges als Landwirtschaftlicher Fachreferent beim HSSPF Russland-Süd und Ostland. Der Artamane Erich Spaarmann, seit 1931 Mitglied der SS und ab 1934 Rassereferent des RuSHA, leitete während des Krieges den Ansiedlungstab beim HSSPF Warthe in Litzmannstadt.43 Zugleich dokumentieren diese Biographien auch ein erstaunliches Maß an Beharrlichkeit und Kontinuität des politischen Aktivismus. Als ein Beispiel für die Kontinuität eines zugleich militanten Aktivismus kann die Biographie von Walter Dongus dienen, der es im Verlauf des 2. Weltkrieges bis zum kommissarischen Chef des Rassenamtes und Inspekteur des gesamten Eignungsprüferwesens brachte. Dongus wurde im November 1900 in Leonberg als Sohn eines Lehrers geboren; der Vater starb, als er neun Jahre alt war. Nach Besuch der Volksschule, der Lateinschule und des Lehrerseminars in Heilbronn legte er 1922 die Volksschullehrerprüfung ab und arbeitete danach als Volksschullehrer im Raum Tübingen, zuletzt als Hauptlehrer in Unterjettingen bei Herrenberg. Im Juli 1918 wurde er noch zum Militär eingezogen, kam aber nicht mehr zum Fronteinsatz. 1919/20 stellte er sich den Einwohnerwehren in Leonberg und Heilbronn zur Verfügung, 1922 schloss er sich der NSDAP an: Dongus war Mitbegründer der Ortsgruppe Leonberg. Nach der Auflösung der NSDAP gehörte er dem badischen Wehrverband »Freikorps Damm« an, der später als »Organisation F« noch Jahre fortbestand, bis er 1933 in die SA überführt wurde. Erst jetzt kehrte Dongus wieder in die Reihen der NSDAP zurück. Die Partei war ihm bis dahin verschlossen, weil sie die Zugehörigkeit zu einem anderen Wehrverband untersagte und Dongus sich offenbar der »Organisation F« verpflichtet fühlte. Sehr wahrscheinlich war Dongus mit Gottlob Berger bekannt, der ebenfalls als Lehrer im Tübinger Raum arbeitete und zur gleichen Zeit wie Dongus der Einwohnerwehr Heilbronn angehört hatte, 1922 der NSDAP beigetreten war und sich nach dem Verbot der Partei gleichfalls dem Freikorps Damm anschloss, bis er 1930 zur SA wechselte; zu dem Zeitpunkt, als Dongus in die SA aufgenommen wurde, war Berger Führer der SA-Untergruppe Württemberg. 1925 war Dongus außerdem dem antisemitischen »Alldeutschen Verband« und der »Georgsgesellschaft« beigetreten, ein Verein, der aus dem St. Georgs-Orden hervorgegangen war und sich unter anderem dem Kampf gegen die Freimaurerei verschrieben hatte. 1929 trat er noch dem Stahlhelm bei. Dongus gehörte zu den Lehrern, die sich aus einer gesicherten beruflichen Position heraus engagieren konnten, denen das Lehramt aber bald zu eng wurde. Bis 1933 war sein Weg von einem durchgängigen Hang zur Militanz gekennzeichnet, danach konzentrierte sich sein Aktivismus bis zum Beginn des Krieges ganz auf die Schulungsarbeit. Er betätigte sich in der Jungbauern-Schulung, hielt rassenkundliche Vorträge über die »nordische Seele« und die »dinarische Rasse« u.ä. vor Lehrern in Herrenberg und arbeitete als Kreissachbearbeiter für Rassen- und Sippen-

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kunde beim NSLB mit. 1934 trat er der SS bei. Nach dem Besuch eines Schulungslagers wurde er zum Schulungsleiter für Herrenberg ernannt, Ende 1935 folgte die Ernennung zum Standartenschulungsleiter für den Raum Tübingen. Die rassenbiologischen Kenntnisse hatte er sich im Selbststudium angeeignet: Dongus kannte die einschlägigen Werke von Günther, Clauss und Darré, den »Baur-Fischer-Lenz« sowie Bücher von Just, Lenz, Mjöen und Siemens zur Vererbungslehre und Rassenhygiene – im Personalfragebogen des RuSHA listete er insgesamt 19 Bücher und eine Aufsatzreihe des Stuttgarter Ministerialrats Friedrich Reinöhl in acht Folgen zur Vererbungslehre auf, die er studiert hatte; Reinöhl hielt auch selber Vorträge, die Dongus besuchte.44 Ein Bericht über seine Tätigkeit als Standartenschulungsleiter vom 1. Quartal 1937 weist Dongus als Experten für das Grundschulungscurriculum des RuSHA aus, vor allem aber für das Thema »Freimaurerei«, mit dem er sich ja schon vor 1933 in der »Georgsgesellschaft« beschäftigt hatte. In Reutlingen hielt er im Februar und März 1937 mehrere Vorträge über »Freimaurerei, ein Werkzeug des Judentums«. Die Anteilnahme, berichtete er, war sehr lebhaft: »Am stärksten sind die Männer vom politischen Wirken der Freimaurerei beeindruckt«. Um deren Treiben unschädlich zu machen, müsse man gerade seitens der SS die Augen offen halten; insbesondere sei es Aufgabe des SD, die ehemaligen Freimaurer zu überwachen, die man inzwischen alle kennen würde. Immer wiederkehrende Fragen zur Haltung gegenüber der Kirche und nach der Vereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus beantwortete er mit zumeist mit der einfachen Festellung, das »das Christentum den Menschen für das Sterben, der Nationalsozialismus jedoch für das Leben ausrichte«.45 Anfang 1939 wurde Dongus zum Untersturmführer ernannt. Inzwischen war er entschlossen, den Lehrerberuf aufzugeben und sich hauptamtlich in den Dienst des RuSHA zu stellen. Zur Wahl stand die Tätigkeit als Schulungs- und Musterungsreferent beim RuS-Führer Donau oder die Übernahme einer Polizeischule, wegen der Dongus bereits mit dem Stuttgarter Polizeischulungsleiter Rösinger in Verhandlung stand. Im August 1939 erhielt er auch eine Stelle an der Gendarmerieschule Deggingen, wurde aber kurz darauf als Obersturmführer zur Waffen-SS eingezogen und im Jahr darauf als Eignungsprüfer nach Litzmannstadt beordert. 1941 wurde er zum Leiter der RuS-Außenstelle Litzmannstadt ernannt, 1943 folgte die Beförderung zum Sturmbannführer, 1944 die Ernennung zum kommissarischen Leiter des Rassenamtes. Als RuS-Stellenleiter in Litzmannstadt war Dongus unter anderem für die Entscheidung über den Verbleib der 83 Kinder von Lidice mit verantwortlich, die nach der Ermordung und Deportation der Dorfbewohner nach Litzmannstadt verschleppt wurden; dort wählte er sieben Kinder als »rassisch wertvoll« zur »Wiedereindeutschung« aus, die anderen 81 Kinder wurden anschließend ins Vernichtungslager Chelmno gebracht.46 Der frühe militante Aktivismus transformierte sich bei ihm während des Dritten Reichs in die rassenpolitische Praxis im Dienste der SS.

Studentischer Radikalismus Etwa zwei Jahre vor der Machtübernahme der NSDAP im Reich war der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) bereits zur stärksten politischen Kraft an den Universitäten geworden. Zwar gehörten nur wenige Studenten auch aktiv dem NSDStB an, er stellte aber eine wichtige »Kaderschmiede« für die Heran-

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bildung späterer akademisch gebildeter Funktionäre des Nationalsozialismus dar.47 Neben anderen rechtsnationalen und völkischen Studentenbünden, die in den frühen 20er Jahren entstanden, spielte der NSDStB daher – insbesondere in der Zeit zwischen 1928 und 1932 – auch eine herausragende Rolle für die politische Sozialisation späterer Schulungsexperten der SS an Hochschulen und Universitäten. Für eine Teilgruppe von etwa 150 Personen, die bereits vor 1933 nationalsozialistisch organisiert waren und dem NSDStB oder einem völkischen Studentenverband angehörten, haben wir biographische Daten, die einige sozialisationstheoretische Rekonstruktionen ermöglichen. Die meisten begannen sich zwischen dem 15. und 17. Lebensjahr oder, als Studenten, zwischen dem 19. und 21. Lebensjahr politisch zu organisieren. Viele übernahmen Ämter in der regionalen Studentenführung oder der HJ und beteiligten sich aktiv an den politischen Kämpfen der nationalsozialistischen und völkischen Bewegung in der Weimarer Republik. Etwa ein Drittel hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen, aber die große Mehrheit wurde erst nach 1900 geboren und war daher zu jung, um noch zum Krieg eingezogen zu werden. Von den Mitgliedern des NSDStB aus unserer Untersuchungsgruppe gehörten etwa die Hälfte zuvor schon dem Nationalsozialistischen Schülerbund oder völkischen Jugendverbänden an: den Jugendorganisationen, die der DNVP nahe standen (Deutschnationaler Jugendbund, Bismarckbund), dem »Wehrwolf« (eine Jugendorganisation, die mit dem »Stahlhelm« kooperierte), vor allem aber dem »Jungdeutschen Orden« und dem Bund »Adler und Falken«. Der »Jungdeutsche Orden« war 1919 als Zusammenschluss von Reichswehrangehörigen entstanden und wie die Freikorps an der Niederschlagung der Räterepubliken und kommunistischer Aufstände beteiligt, wandelte sich dann aber von einem Wehrverband zu einer politischen Organisation und Erziehungsgemeinschaft aus ehemaligen Frontsoldaten und Jugendlichen mit dem Ziel einer »sittlichen Wiedergeburt Deutschlands« aus dem Geist der Frontgemeinschaft und des Deutschen Ritterordens, der das organisatorische Vorbild des Bundes lieferte. Der Jungdeutsche Orden nahm einige Ideen der SS als Ordensgemeinschaft vorweg, propagierte eine Reagrarisierung Deutschlands und trat auch bereits für den »Schutz von Rasse und Volkskultur« und den Kampf gegen die »Zersetzung« durch die »jüdisch-materialistische Weltanschauung« ein, zu dem auch der Ausschluss jüdischer Mitglieder gehörte, wandte sich aber ab Mitte der 20er Jahre allmählich vom rechten politischen Lager ab und näherte sich schließlich der DDP an. Ein Teil der Anhänger verließ daraufhin den Bund und schloss sich den Nationalsozialisten an.48 Insbesondere viele spätere Bauernfunktionäre und Bauernreferenten der SS hatten im Jungdeutschen Orden eine erste politische Heimat gefunden. Wie der »Jungdeutsche Orden« hatten auch die »Adler und Falken« ein »aristokratisches« Selbstverständnis, das sich bei ihnen aber bereits mit nordrassischen Ideen verband; 1924 schuf der Bund ein Amt für Rassenkunde, dessen Leitung 1927 Kurt Holler anvertraut wurde, der zum engeren Kreis um Hans F. K. Günther gehörte und Schriftleiter der »Nordischen Blätter« war.49 Holler selbst gehörte schon 1923 als Student der NSDAP und der SA an und trat nach deren Auflösung dem Bund Oberland und 1924 dem »Bund nordischer Jugend« bei, 1926 in »Jungnordischer Bund« umbenannt. Er fand später bruchlos von der nordischen Bewegung zur SS, wurde 1933 Schulungsleiter für die 33. SS-Standarte in Darmstadt, wo er sich 1931 als Assistent am Geologisch-Mineralogischen Institut habilitiert hatte und einige Jahre später zum Professor ernannt wurde; 1936 folgte er dem Ruf

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Eichenauers als Dozent für Rassenkunde und Erbbiologie an die Reichsbauernhochschule in Goslar.50 Ein anderes Beispiel für eine geradlinige und konsistente Entwicklung von der nordischen Jugendbewegung über den NSDStB zur SS bietet der Lebenslauf des Mittelschullehrers Rudolf Tack. Er gehörte der Leitung des Jungnordischen Bundes an und trat während des Studiums 1928 der NSDAP und dem NSDStB bei; sein Bestreben ging dahin, »die Kreise der Nordischen Bewegung für den Nationalsozialismus zu gewinnen.« Tack studierte Geographie, Anglistik, Germanistik und Nordische Sprachen und promovierte 1929 in Rostock mit einer »siedlungsgeographischen« Arbeit über Bornholm. Da er das Studium »in den letzten Kampfjahren« vernachlässigte, beendete er es erst 1933 mit dem Examen als Mittelschullehrer; danach arbeitete er als Lehrer an mecklenburgischen Schulen. Zwischendurch war er Mitarbeiter des späteren »Ahnenerbe«-Chefs Hermann Wirth gewesen, der zuvor ein Forschungsinstitut für »Geistesurgeschichte« in Bad Doberan gegründet hatte. Nachdem Rudolf Tack in der Partei bereits ausgiebig Erfahrungen als Schulungsleiter und Redner, Mitarbeiter des RPA und Kreissachbearbeiter für Rassefragen im NSLB gemacht hatte, wurde er 1938 als Obersturmführer in die SS aufgenommen. Das Schulungsamt setzte ihn als Schulungsleiter und 1. Referenten beim RuS-Führer Nord ein und betraute ihn 1939 mit der Wahrnehmung der Geschäfte des RuS-Führers Nord. Nach Kriegsbeginn wurde er zur EWZ Litzmannstadt entsandt; unter anderem leitete er die Kommission zur Annahme von Goralen in die Waffen-SS. Als Abteilungsleiter im RuSHA war er an der »Steuerung des Einsatzes der SS-Eignungsprüfer« beteiligt und wiederholt mit »Sonderaufgaben im Ausland« beauftragt.51 Für eine ganze Reihe von Mitgliedern des NSDStB lässt sich eine kämpferische Haltung dokumentieren, die auch Formen eines militanten Aktivismus einschloss. Exemplarisch dafür mag Konrad Ellersiek stehen, der später im Schulungsamt und dann in der Dienststelle Heißmeyer die SS-Mannschaftshäuser leitete. Ellersiek wurde 1901 als Sohn eines Kaufmanns in Dortmund geboren. Einer seiner Brüder geriet während des 1. Weltkrieges in französische Gefangenschaft, der andere ältere Bruder kam mit einer schweren Verletzung aus dem Krieg zurück, an deren Folgen er 1920 verstarb. Ellersiek selbst war zu jung, um noch am Krieg teilnehmen zu können. Er schloss sich stattdessen 1916 dem Völkischen Wandervogel an; dabei kam sein politischer Aktivismus früh zur Erscheinung, denn 1918 war er bereits Gauleiter des Bundes für Nordrhein-Westfalen. Ellersiek gehörte zu den zu spät Gekommenen der Kriegsjugendgeneration, die in den paramilitärischen Verbänden der frühen Weimarer Republik nach einer Kompensation der fehlenden Fronterfahrung suchten. 1920 wurde er Mitglied des Freikorps »Treubund«, der an den Kämpfen gegen die Massenstreikbewegung im Ruhrgebiet beteiligt war und 1923 am »Ruhrkampf« gegen die französische Besatzung teilnahm. Ellersiek setzte gewissermaßen den Kampf der Brüder fort. Während des »Ruhrkampfes« wurde er auch zum ersten Mal für kurze Zeit in Haft genommen. Ellersiek hatte nach Verlassen der Volksschule eine Lehre als Schlosser gemacht und anschließend als »Betriebstechniker« gearbeitet, musste aber, wie er in seinem Lebenslauf schreibt, seine Stellung »infolge der Besetzung des Ruhrgebietes« aufgeben und schlug sich zunächst als Hilfsarbeiter durch. Nach einem Semester an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Dortmund arbeitete er von 1925 bis 1927 als Technischer Zeichner bei der Dortmunder Stadtverwaltung und anschließend für ein Jahr in einem Architekturbüro in Berlin. Im Sommer 1928 wurde er arbeitslos.

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Seine berufliche Karriere war bis dahin unbefriedigend verlaufen, nicht zuletzt, weil es ihm offenbar nicht gelang, sie mit seinem politischen Engagement in Einklang zu bringen. Ellersiek nutzte die Zeit der Arbeitslosigkeit, um die Weichen für ein weiteres berufliches Fortkommen zu stellen und bereitete sich auf die Begabtenprüfung zur Zulassung zum Studium ohne Abitur vor; nach erfolgreichem Bestehen begann er 1930 ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der TH München, das er Anfang 1934 mit dem Diplom abschloss. Nachdem er sich bereits Ende 1928 in Berlin bei der NSDAP gemeldet hatte und 1929 der SA beigetreten war, setzte er in München das politische Engagement als Parteiredner und Mitglied des NSDStB fort. Ellersieks Kampfbereitschaft war ungebrochen: 1931 wurde er wegen der Sprengung einer Versammlung des mit den Nationalsozialisten konkurrierenden Tannenbergbundes als Anführer der Aktion verhaftet, bei der es zum Einsatz von Tränengasbomben gekommen war.52 Ellersiek stieg rasch zum Kreisleiter der Deutschen Studentenschaft in Bayern auf und wurde zum Leiter der Abteilung Werbung im Deutschen Studentenwerk berufen. Inzwischen hatte er sich offenbar einen Ruf erarbeitet, der ihn nach der »Machtergreifung« in zahlreiche Ämter der Bewegung brachte: Beauftragter des Reichsinnenministeriums für die Errichtung von Kameradschaftshäusern der Studentenschaft, Referent für weltanschauliche Erziehung im SA-Hochschulamt (1934), Referent, dann Abteilungsleiter im Stabsamt des Reichsnährstandes (1934/35) und schließlich Hauptabteilungsleiter im SS-Schulungsamt (1935). Ellersiek setzte seine berufliche Karriere nach Abschluss des Studiums in der Politik fort. Vermutlich aufgrund seiner Erfahrungen als Beauftragter für die Errichtung von Kameradschaftshäusern wurde er später mit der Leitung der SS-Mannschaftshäuser betraut.53 Ellersieks erster Vorgesetzter im Schulungsamt, der Amtschef Karl Motz, war einige Jahre jünger, gehörte aber schon als 16jähriger Schüler dem Wehrverband »Wehrwolf« und danach dem »Freikorps Hindenburg im Tannenbergbund« an. Nach dem Abitur 1925 begann er ein Studium, an der TH München, das er als Diplomingenieur abschloss. Während des Studiums trat er 1929 der NSDAP, der SA und dem NSDStB bei und wurde Studentenschaftsführer an der Technischen Hochschule. Ein ähnliches Beispiel liefert die Biographie Johann von Leers. Auch er fand in den Wehrverbänden der frühen 20er Jahre einen Ersatz für das Fronterlebnis, das ihm aufgrund seines Alters (Jahrgang 1902) versagt geblieben war. Bei ihm erhielt die völkische Grundorientierung schon früh eine paranoide antisemitische Strukturierung, die sich noch verstärkte, als das Gut seines Vaters in Konkurs ging – von Leers machte »die Juden« dafür mit verantwortlich. Von Leers hatte zunächst Jura studiert und anschließend zwei Jahre als Attaché beim Auswärtigen Amt gearbeitet, bis ihm aufgrund seiner antisemitischen Gesinnung gekündigt wurde. Während des Studiums gehörte er dem Freikorps »Bund Wiking«, danach dem Jugendbund »Adler und Falken« an. 1929 trat er der NSDAP bei, der er sich als Redner und Propagandist zur Verfügung stellte. 1931 war er Kreisschulungsleiter, 1932/33 Bundesschulungsleiter des NSDStB, für den er ein System rhetorischer Lehrgänge aufbaute. 1931 wurde er mehrmals wegen »Beschimpfung der Republik« und »Judenhetze« angeklagt. Der Polizeipräsident von Stettin beantragte im November 1931 ein Redeverbot für ihn in Pommern, wegen seiner »sehr zynischen und gehässigen Ausdrucksweise nicht nur gegenüber anderen politischen Parteien, sondern auch hinsichtlich der von ihm angegriffenen Personen.« Im August hatte er in einer politischen Versammlung von »sittlich verkommenen

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Judenschweinen« und »unverschämtem Judenpack« gesprochen und getönt: »Wir haben uns zu einem fanatischen Antisemitismus zu bekennen, bis die Judenfrage restlos gelöst ist.«54 Ähnliche Erfahrungen waren auch in anderen Fällen prägend für die frühe Herausbildung antisemitischer Stereotype. Kurt Eggers zum Beispiel, später Hauptabteilungsleiter im Schulungsamt, schreibt in seinem Lebenslauf, er sei aus der kaufmännischen Lehre wegen Tätlichkeiten gegen seinen Chef entlassen worden, vergisst aber nicht hinzuzufügen, dass es sich um ein jüdisches Geschäft gehandelt habe. Eggers, Jahrgang 1905, gehört zu jenen militanten Aktivisten, denen es nicht gelang, im »bürgerlichen« Leben Fuß zu fassen. Auch eine zweite, landwirtschaftliche Lehre brach er wieder ab. Danach holte er zwar das Abitur nach und absolvierte noch ein Theologie-Studium, das ihm, der inzwischen ein überzeugter Nationalsozialist geworden war, aber keine berufliche Perspektive mehr eröffnete. Stattdessen tauschte er das Predigeramt mit dem des hauptamtlichen NS-Kulturpropagandisten ein. Der ausgeprägte Hang zur Militanz war bei ihm offenbar sehr früh erwacht, denn er war schon mit acht Jahren in einer Jugendkompanie und nahm nach Ende des Krieges als Mitglied der »Garde-Kavallerie-Schützendivision« an den Straßenkämpfen gegen die Spartakisten in Berlin teil. 1920 war er Mitglied des Deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbundes, beteiligte sich an den Straßenkämpfen während des Kapp-Putsches und nahm 1921 mit 16 Jahren als damals »wohl der jüngste Freikorpssoldat« an den Kämpfen in Oberschlesien teil.55 Viele spätere Schulungsexperten der SS begannen ihre Karriere als politische Aktivisten in den frühen studentischen Wehrverbänden, die sich während der unmittelbaren Nachkriegszeit und der Anfangszeit der Weimarer Republik bildeten. Für die »Kriegsjugendgeneration«, die zu jung waren, um noch zum Krieg eingezogen zu werden, boten sie einen Ersatz für das fehlende Fronterlebnis. Einige Beispiele: – Karl August Eckhardt, später Professor für »germanische Rechtsgeschichte« und 1934 zum SS-Schulungsleiter und Sturmbannführer ernannt, schloss sich zu Beginn seines Studiums 1919 dem Marburger Studentenkorps an, das im Frühjahr 1920 an der Niederschlagung des »Thüringer Kommunistenaufstandes« beteiligt war. Zehn Jahre später nahm er den Kampf wieder auf; 1931 trat er der SA bei und nahm unter anderem am »aktiven Einsatz gegen den Remarque-Film« teil. – Herbert Fabian, promovierter Landwirtschaftsexperte und Dozent für Landmaschinenkunde, 1935 Schulungsleiter und wenig später Bauernreferent der SS, war während des Studiums 1922 bis 1923 in München Mitglied der Studentenkompanie der »Reichskriegsflagge«, ein völkischer Wehrverband, der in München von Ernst Röhm geführt wurde. Fabian, im Dezember 1900 geboren, gehörte noch während des Krieges der »Jugendwehr« an, in der Jugendliche zu vormilitärischen Übungen herangezogen wurden. 1919 leistete er aktive Wahlhilfe für die DNVP, 1921 holte er das Fronterlebnis beim »Selbstschutz Oberschlesien« nach, ein Zusammenschluß von Freikorps-Kämpfern, die gegen polnische Aufständische vorgingen, um eine Abspaltung Oberschlesiens vom Deutschen Reich zu verhindern. – Der Münchner »Studentenkompanie der Reichskriegsflagge« gehörte 1923 auch Richard Wagner an, ein Diplomlandwirt und Tierzuchtspezialist, der ebenfalls an der TH München promovierte. Wagner hatte sich bereits 1919 mit 17 Jahren dem Freikorps Epp angeschlossen. Er trat 1930 der NSDAP bei, war Landesbauernfüh-

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rer und Mitglied des Reichstages und wurde 1933 mit dem Aufbau des Schulungsapparates im SS-Abschnitt XI beauftragt; während des Krieges leitete er die Gruppe »Ernährung« beim Chef der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich, 1944 war er als Beauftragter Himmlers in Kroatien tätig. Ebenfalls in Kroatien war Ekkehard Wangemann als Leiter der Abt. VI im Einsatz. Wangemann gehörte 1925 als 16jähriger dem »Wehrwolf« und danach dem »Jungstahlhelm« an, bevor er 1930 zur nationalsozialistischen Bewegung stieß. Während des Studiums war er Gauredner der Partei und Schulungsleiter beim NSDStB. Lothar Glattes’ Kollege als Schulungsleiter bei der Freiburger SS, Dr. ing. habil. Herbert Kasper gehörte während des Studiums dem »Studentenbataillon Stuttgart« an und war 1923 für kurze Zeit bei der Schutzpolizei im Einsatz, ebenso Emil Schüssler, der 1923 als 18jähriger bei der Hilfspolizei in Stuttgart diente und an der »Niederwerfung der Kommuneunruhen in Stuttgart und Backnang« mitwirkte. Schüssler will seit 1914, d.h. seit seinem neunten (!) Lebensjahr der freideutschen völkischen Jugendbewegung angehört haben: Er war nacheinander beim Wandervogel, beim »Kronacher Bund« und bei der von Ludwig Fahrenkrog gegründeten »Germanischen Glaubensgemeinschaft«. Während des Architekturstudiums in Weimar war er 1929 bis 1931 Hochschulgruppenführer des NSDStB für Weimar-Jena; bei seinen akademischen Lehrern Paul Schultze-Naumburg in Weimar und Hans F. K. Günther in Jena fand er das weltanschauliche Rüstzeug, das er als Schulungsleiter in der SS benötigte. Der antikommunistische Kampf prägte auch die Jugend- und Studentenjahre des HfL-Professors Richard Frankenberg; Frankenberg war 1936 Abschnitts-Schulungsleiter der SS in Kiel und leitete während des Krieges das Norwegen-Referat im RSHA. 1919 war er als 17jähriger Mitbegründer des Nationalen Jugendbundes in Dortmund, der zwei Jahre später im »Jungnationalenbund« aufging. Als Einwohnerwehr- und Freikorps-Angehöriger nahm er unter anderem 1920 am »Kampf gegen die Rote Armee im Ruhrgebiet« teil. 1921 bestand er das Abitur in Dortmund und begann ein Studium der Geschichte, Germanistik und Anglistik. Während des Studium leitete er 1923 die Ruhrkampf-Abteilung im Deutschen Hochschulring. 1925 legte er das Staatsexamen ab und absolvierte das Referendariat an Schulen in Schleswig-Holstein. Inzwischen hatte er die »grenzlandpolitische« Arbeit als seine Aufgabe entdeckt. Während des Referendariats war er »grenzpolitischer Mitarbeiter im Schleswig-Holsteiner-Bund«, als Studienassessor an einer Höheren Schule der deutschen Minderheit in Nordschleswig leistete er Volkstums- und Jugendarbeit und half beim Aufbau der NSDAP in Nordschleswig mit. Auch nach seiner Berufung an die HfL Kiel blieb er der »grenzlandpolitischen« Arbeit verbunden. Er leitete das »Grenzlandseminar« der HfL, brachte Arbeiten zum deutsch-dänischen Grenzkampf heraus, und organisierte »Grenzlandausstellungen« in Flensburg und Niebüll. Der Studienrat Alfred Grobmann, Jahrgang 1910, gehörte schon als 11jähriger einem völkischen Jugendbund an; 1926 schloss er sich der Jugendgruppe des nationalen Wehrverbandes »Niedersachsenring« an, die kurz darauf in den »Jungsturm« bzw. die Hitler-Jugend überführt wurde. Mit Beginn des Studiums gehörte er ab 1929 dem NSDStB an, 1933 trat er der SS bei. Danach arbeitete er als Wehrsportlehrer, als Schulungsleiter und Kulturreferent; während des Krieges war er zuerst

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»WE-Führer« bei der Standarte »Nordland«, dann Mitarbeiter der Abt. VI beim Kommandostab RFSS und schließlich WS-Lehrer an der Junkerschule Braunschweig.56 Die etwas älteren, die noch am 1. Weltkrieg teilgenommen hatten, konnten in den Wehrverbänden das Erlebnis der Frontgemeinschaft verlängern und die Rückkehr bzw. den Umstieg ins »bürgerliche« Leben noch etwas hinausschieben. Insbesondere die studentischen Wehrverbände bildeten in dieser Hinsicht eine Übergangsform, die eine Verlängerung der Frontgemeinschaft im Rahmen einer »zivilen« Berufsvorbereitung ermöglichte. Studium und Berufsvorbereitung wurden dadurch politisch und paramilitärisch »aufgeladen« – die spätere Arbeit in der SS und die Identifikation mit dem Bild des »politischen Soldaten« konnten auf diesen Sozialisationserfahrungen aus der Anfangszeit der Weimarer Republik aufbauen. Der 2. Weltkrieg wurde zur Fortsetzung eines Kampfes, der schon früh begonnen, in seinem Sinn und Ziel aber inzwischen eine klarere weltanschauliche Ausrichtung erhalten hatte. Ein Beispiel zur Veranschaulichung liefert die Biographie Ernst Gramss’. Er wurde Ende 1899 als Sohn eines Oberingenieurs in Augsburg geboren. Seit seinem 16. Lebensjahr gehörte er der Jugendbewegung an. Im Juni 1918 wurde er noch zum Kriegsdienst eingezogen. Nach der Entlassung aus dem Heer 1919 beendete er die Oberrealschule und begann eine landwirtschaftliche Lehre; 1923 nahm er ein Studium an der Landwirtschaftshochschule Weihenstephan auf, das er 1927 mit dem Diplom abschloss. Parallel dazu engagierte er sich politisch. 1919 trat er dem »Freiland-Freigeld-Bund« Gottfried Feders bei, der wenig später der wirtschaftspolitische Wortführer der NSDAP wurde. 1923 wurde er zum ersten Mal Mitglied der NSDAP, im November nahm er als Student und SA-Mann mit dem »Bataillon Augsburg« am Hitler-Putsch teil. Danach war er Mitbegründer des NSDStB an der Hochschule Weihenstephan. 1927 erhielt Gramss eine Stelle als Pflanzenzüchter und Versuchsleiter in Hüll bei Wolnzach. Dort trat er erneut in die NSDAP ein und wurde Gründungsmitglied der Ortsgruppe und der SA Wolnzach. Ab 1928 war er als »Bauernredner« für die Partei im Einsatz – bis zur Machtübernahme sprach er auf 300 Versammlungen. 1933 war er als SA-Sturmführer, Landwirtschaftlicher Kreisfachberater und Kreis-Schulungsleiter schon eine bedeutende lokale Größe der Partei. Das RuS-Amt trat noch im gleichen Jahr an ihn heran, um ihn für die Schulungsarbeit zu gewinnen. 1934 wechselte Gramss daraufhin von der SA zur SS und übernahm das Amt eines Schulungsleiters der 34. Standarte (München). Gleichzeitig erfolgte sein Aufstieg in die Stabsleitung der Landesbauernschaft München. War seine Entwicklung bis dahin schon geradlinig verlaufen, so setzte sich dies in den folgenden Jahren fort: 1935 rückte er in die Stabsleitung des Reichsbauernführers in Berlin weiter auf, 1937 betraute ihn Darré mit der Leitung der Reichsschulen des Reichsnährstandes für Bauernführer. Er übersiedelte daraufhin als Hauptsturmführer des RuSHA nach Goslar und übernahm dort die Schulungsleitung der 49. Standarte. Kurz nach Beginn des Krieges meldete er sich für den Einsatz in den besetzten Ostgebieten. Im November 1939 wurde er zunächst mit der Leitung der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft im Distrikt Warschau beauftragt, im Juni 1940 wurde er zum Kreishauptmann von Sokolow bei Warschau ernannt, ein Amt, das er bis 1944 innehatte. Gleichzeitig erfolgte 1940 seine Beförderung zum Sturmbannführer. Gramss residierte in Sokolow auf eigenem Gut wie ein kleiner Statthalter,

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betrieb einen luxuriösen Lebensstil und regierte mit harter Hand. 1941 richtete er ein Arbeitslager ein; Dörfer und Gemeinden hatten jeweils feste Kontingente an Abgaben und Zwangsarbeitern zu stellen und wurden von Gramss mit hohen Geldstrafen belegt, wenn sie die Vorgaben nicht erfüllten. Da die Bauern den Anordnungen nur schleppend nachkamen, führte er mehrfach Strafaktionen durch, konfiszierte zusätzlich Vieh und Getreide und ließ unter anderem ein Dorf niederbrennen und die verantwortlichen Bauern ins Arbeitslager nach Treblinka schaffen.57 In ähnlicher Weise verband sich die politische Entwicklung mit der beruflichen Karriere bei Friedrich Klumm, wie Gramss von Beruf Diplomlandwirt. Auch er nahm noch am 1. Weltkrieg teil. Ende 1918 schloss er sich der Einwohnerwehr Quedlinburg an, die 1920 »zur Befreiung vom kommunistischen Terror« in Quedlinburg eingesetzt wurde, 1922 nahm Klumm an Aktionen gegen »Kommuneunruhen« in Halle teil, 1923 war er Ausbilder beim Studentenbataillon Halle. Während dieser Zeit – von 1919 bis 1924 – war er Mitglied des »Stahlhelm«. Gleichzeitig absolvierte er das Landwirtschaftsstudium, machte 1924 das Diplom und arbeitete anschließend für zwei Jahre als landwirtschaftlicher Versuchsringleiter und Assistent an der Universität Göttingen. 1926 bis 1931 arbeitete er als Landwirtschaftslehrer, 1931 wurde er zum Direktor der Landwirtschaftsschule Bütow in Pommern ernannt, seitdem wirkte er an der »Schulung der Bauernjugend auf nationalsozialistischer Grundlage« mit. Im Juni 1933 beauftragte ihn das RuSA mit der weltanschaulichen Schulung der 39. Standarte, im September wurde er zum Hauptschulungsleiter der SS für Pommern (Abschnitt XIII) ernannt, im Oktober 1934 holte Darré ihn als Abteilungsleiter ins RuSA und ernannte ihn kurz darauf zu seinem Adjudanten als Chef des RuSHA. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem RuSHA blieb Klumm im Persönlichen Stab Darrés, wechselte aber im Verlauf des Krieges zur Adjudantur des SS-Hauptamtschefs als Sturmbannführer und Persönlicher Referent Gottlob Bergers »für politische und militärische Fragen«.58 Viele Mitarbeiter Darrés wiesen eine ähnliche Biographie auf – Hermann Reischle etwa, Stabsleiter im Amt für Agrarpolitik, Chef des Rassenamtes und 1937 für kurze Zeit auch des Schulungsamtes des RuSHA, hatte sich nach der Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg einem Studentenkorps angeschlossen, gehörte für kurze Zeit dem Stahlhelm an und trat nach einer Phase beruflicher Etablierung Anfang 1931 der NSDAP bei. Als weiteres Beispiel aus dieser Altersgruppe sei Rudolf Stahlecker erwähnt. Er war während des Krieges Oberstudiendirektor der Deutschen Heimschule Nürtingen. Stahlecker wurde 1917 als 18jähriger zum Militär eingezogen, kam aber nicht an die Front, sondern erlebte das Kriegsende auf der Schreibstube, nachdem er sich während der Ausbildung mit Tbc angesteckt und längere Zeit im Lazarett gelegen hatte. 1919 immatrikulierte er sich für ein naturwissenschaftliches Studium an der Universität Tübingen. In den ersten Jahren trat das Studium allerdings hinter seine politischen Aktivitäten zurück: Stahlecker betätigte sich – zum Teil »in führender Stellung« – im Bund Wiking und im Studentenbataillon Tübingen, als Studentengruppenleiter im Alldeutschen Verband und bei der DNVP, im Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund, als Gauwart beim Jugendbund »Adler und Falken«, bei der Brigade Ehrhardt, als Kurier bei der aus der Brigade Ehrhard hervorgegangenen »Organisation Consul« und schließlich 1922 auch in der NSDAP. Seit 1921 will er sich auch schon mit Rassenkunde beschäftigt haben. Ein erneuter Ausbruch seiner Krankheit 1923 zwang ihn,

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etwas kürzer zu treten. Aber sicher trug auch das Verbot der NSDAP nach dem misslungenen Putschversuch dazu bei, dass er die politischen Aktivitäten einstellte und sich stattdessen jetzt ganz auf das Studium konzentrierte. Es folgten zehn Jahre politischer Abstinenz. 1925 beendete er das Studium mit der Promotion und 1926 mit dem ersten Staatsexamen für das Lehramt in Erdkunde und Biologie. Danach nahm er für ein Jahr an einer geologisch-paläontologischen Expedition in Argentinien teil, kehrte anschließend zurück, um das Studienreferendariat in Stuttgart zu absolvieren und brach danach zu einer weiteren Expedition als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Tübingen nach Brasilien und zu den Capverdischen Inseln auf. Ab 1929 war er dann als Studienassessor im höheren Schuldienst tätig und unterrichtete nacheinander an Schulen in Tübingen, Esslingen und Nagold; 1934 folgte die Ernennung zum Studienrat und die Berufung an die neu gegründete Napola Backnang. Inzwischen war Stahlecker 1933 auch erneut in die NSDAP und die SA eingetreten; 1937 wechselte er zur SS und arbeitete danach als Schulungsreferent beim RuS-Führer Südwest. Im gleichen Jahr wurde er zum Direktor der Aufbauschule Nürtingen ernannt, die während des Krieges unter seiner Leitung zu einer »Deutschen Heimschule« umgestaltet wurde. Stahlecker gehörte danach als Obersturmführer der Dienststelle Heißmeyer an.59 Das Scheitern des Putschversuchs von 1923 und die Auflösung der NSDAP leitete für viele Aktivisten der ersten Nachkriegsjahre eine politische Latenzphase ein, die bei den meisten aber früher zu Ende ging als bei Stahlecker, bei einigen auch schon 1925, als die Partei wieder zugelassen wurde. Für die große Mehrheit scheint aber die Wirtschaftskrise 1929 den Anstoß gegeben zu haben, sich jetzt der nationalsozialistischen Bewegung anzuschließen oder erneut der NSDAP beizutreten. Dies gilt vor allem für die Kriegsjugendgeneration, die den Krieg schon bewusst erlebt hatte, aber zu jung war, um noch eingezogen zu werden; etwa jeder zweite aus dieser Gruppe trat 1929/30 erneut oder erstmals einer nationalsozialistischen Organisation bei. Unter den jüngeren, nach 1910 Geborenen traten die meisten 1930/31 bei. Bemerkenswert ist, dass sich die Mehrheit der jüngeren Altersgruppe noch vor dem 19. Lebensjahr, also noch vor dem Studium organisierte – die meisten gehörten vorher bereits dem Nationalsozialistischen Schülerbund, der SA oder der HJ an und kamen daher bereits mit einer nationalsozialistischen Orientierung zur Universität oder Hochschule. Diese Gruppe erlebte die Krise der Weimarer Republik ab 1929 in der formativen Jugendphase, als 15- bis 18jährige, also in einem Alter, in dem sich in der Regel die politischen Grundorientierungen herausbilden. Hervorzuheben ist außerdem, dass der Beitritt zu einer nationalsozialistischen Organisation bei der Nachkriegsgeneration zumeist unvermittelt erfolgte: nur etwa 20% hatten zuvor schon einer völkischen Gruppierung angehört. Bei den Angehörigen der Kriegsjugendgeneration (1900 bis 1910 geboren) waren es dagegen rd. 50%, von den älteren, die noch am Krieg teilgenommen hatten, hatte nahezu jeder zuvor einer völkischen Organisation oder einem Freikorps angehört, bevor er zur nationalsozialistischen Bewegung fand. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Mitglieder des NSDStB, die sich vor 1933 den Nationalsozialisten anschlossen, zu etwa der Hälfte schon vor Beginn des Studiums völkisch oder nationalsozialistisch organisiert waren, während die andere Hälfte größtenteils unter dem Eindruck der schweren Krise, in die die Weimarer Republik ab 1929 geriet, und der gleichzeitig wachsenden Mobilisierungserfolge der NSDAP noch als Schüler oder Studenten eine

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Hinwendung zum Nationalsozialismus vollzog. Demnach waren die beiden schwersten gesellschaftlich-politischen Krisenzeiten der Weimarer Republik – die Anfangsjahre bis 1923 und die Jahre ab 1929 – zugleich besonders prägend für die Herausbildung einer nationalsozialistischen Orientierung. Die Krise von 1929 löste einen Radikalisierungsschub aus, von dem besonders Jugendliche erfasst wurden, die gewissermaßen die völkische Phase übersprangen und gleich zur nationalsozialistischen Bewegung gingen. In diese Gruppe gehört etwa der 1915 geborene Hanns Martin Schleyer. Er machte 1933 das Abitur, gehörte aber schon seit 1931 der Hitler-Jugend an und begann das Studium daher im Wintersemester 1933/34 bereits als junger Nationalsozialist; im Juli 1933 war er zudem in die SS eingetreten. Während des Studiums stieg er rasch zum Studentenfunktionär auf; das Studium vernachlässigte er offenbar über der politischen Arbeit, denn das juristische Examen schloss er nur mit »befriedigend« ab und das Rigorosum schaffte er gerade noch mit »rite«. Gleichwohl versäumte er es nicht, rassenkundliche Vorlesungen bei Pakheiser und andere Lehrveranstaltungen profilierter NS-Wissenschaftler wie Höhn und Krieck zu besuchen. Das erste Amt, das er in der Studentenschaft übernahm, war ein Referat für Arbeitsdienst und Landhilfe, bei dem es um die Koordination des studentischen Arbeitseinsatzes ging. 1936 war er Fachredner im Gauschulungsamt Baden, danach rückte er zum Leiter der Ämter für Wirtschaft und Soziales sowie Politische Erziehung im Heidelberger Studentenwerk und zum Leiter des Wirtschaftsamtes in der Gaustudentenführung auf. 1937 wurde er zum Oberscharführer und Schulungsleiter der Heidelberger SS-Reiterstandarte ernannt. Schleyer wurde noch bei der Überleitung der Schulungsleiter in die Einheiten im Spätsommer 1938 als Schulungsleiter im Oberabschnitt Rhein geführt, befand sich zu diesem Zeitpunkt aber bereits in Innsbruck, wo er mit der Leitung des Studentenwerks betraut worden war; gleichzeitig gehörte er damit als Amtswalter der Gaustudentenführung Tirol an. 1940 nahm er mit der Wehrmacht am Frankreich-Feldzug teil, wurde aber nach einer Verletzung 1941 als untauglich entlassen und jetzt mit der Leitung des Studentwerks in Prag und der wirtschaftlichen Leitung des Langemarck-Studiums beauftragt. Inzwischen war er zum Untersturmführer im RSHA ernannt worden. Seine Aktivitäten verlagerten sich aber bald auf wirtschaftspolitische Aufgaben. Nachdem er zwischenzeitlich den juristischen Vorbereitungsdienst abgeleistet hatte, ließ er sich 1943 aus dem Reichsdienst entlassen, um kriegswichtige Aufgaben zu übernehmen; er wurde zunächst Referent im Rüstungsbüro des Zentralverbandes der Industrie in Böhmen und Mähren und stieg bald darauf zum Leiter des Präsidialbüros und persönlichen Referenten des Präsidenten des ZVI auf. 1944 bezog er eine Villa in Prag-Bubentsch, das Haus eines jüdischen Ehepaares, das bereits 1942 in Mauthausen bzw. Auschwitz umgebracht worden war. Schleyer wurde nach knapp dreijähriger Kriegsgefangenschaft 1948 als Mitläufer eingestuft und setzte seine Karriere bekanntlich bei der IHK und bei Daimler-Benz fort. Hier kam auch sein Kollege aus Heidelberger Studentenzeiten Heinz Franz unter, den Schleyer nach dessen Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft als Redenschreiber und Archivar nachholte. Franz, Jahrgang 1910, trat im August 1930 der NSDAP und der SA bei und begann 1931 ein Studium an der Handelshochschule Mannheim, das er nach einer Zwischenstation in Königsberg in Heidelberg fortsetzte und dort als Diplomkaufmann abschloss. 1935 promovierte er in Heidelberg mit der Dissertation »Der Mensch in der Siedlungsbewegung«

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– mit dem Thema empfahl er sich auch als Experte für das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS, das ihn im gleichen Jahr in seinen Stab aufnahm und mit der Führung des SS-Mannschaftshauses an der Heidelberger Universität beauftragte. Zu diesem Zeitpunkt war Franz bereits ein profilierter Studentenfunktionär: Schulungsleiter im GauStudentenbund Baden, stellvertretender Hochschulgruppenführer in Heidelberg und ab 1934 Leiter des Wirtschafts- und Sozialamtes in der Heidelberger Studentenführung, ein Amt, das er danach an Schleyer weitergab. 1936 war er in der Stabsführung des SD-Unterabschnitts Pfalz tätig, 1937 war er Schulungsleiter in der SS-Reitschule München, danach wechselte er endgültig zum SD.60

Militanter Idealismus – Kampferfahrungen und Opferbereitschaft Etwa ein Drittel aller Personen, zu denen wir politische Daten haben und rund die Hälfte derer, die vor der Machtübernahme zum Nationalsozialismus fanden, gehörten zuvor bereits einer völkischen Organisation, einem Freikorps oder einem Wehrverband an; von ihnen kamen die meisten bereits mit Kampferfahrungen und einem mehr oder weniger vage ausgeprägten Leitbild »politischen Soldatentums« zur »Bewegung«. Die paramilitärischen Verbände der Weimarer Republik, zu denen später die SA hinzu kam, boten vor allem der Jugend aus dem deutschnationalen und rechten politischen Lager einen Ersatz für die militärische Sozialisation, die nach der Reduktion der Reichswehr auf ein Rumpfheer nach den Versailler Verträgen institutionell nicht mehr gegeben war, für das Männlichkeitsbild dieser Jugend aber nach wie vor zentrale Bedeutung hatte. Hinzu kam, dass sie vielen jungen Männern auch einen Ersatz für das fehlende Erlebnis der »Frontgemeinschaft« boten. Darüber hinaus waren sie von Anfang an zu einem großen Teil auch Medien politischer Sozialisation, wurden doch Freikorps und völkische Wehrverbände in den ersten Jahren nach dem Krieg hauptsächlich gegen »Kommunisten« eingesetzt. Einige dieser Gruppen waren auch an politischen Putschversuchen beteiligt. Die NSDAP gab solche Versuche zwar nach ihrem Verbot auf, setzte den Kampf mit den politischen Gegnern, zu denen neben Sozialisten und Kommunisten jetzt »das Judentum«, aber auch Konkurrenten im völkischen Lager hinzukamen, jedoch danach auf der Straße fort. Jede Blessur und jede Strafe, die man sich dabei zuzog, wurde zum Ausweis eines besonderen Kampfeswillen und einer Opferbereitschaft, die später mit der Erhebung in den Adelsstand der »Alten Kämpfer« belohnt wurde. Erfahrungen in der politischen Kampfarena vor 1933 wurden nach der Machtübernahme zu Trophäen, die Status und Ansehen verliehen und den Zugang zu Privilegien eröffneten. Im Schulungswesen der SS dokumentierten sie, dass der Betreffende nicht nur zu Recht einer Elite angehörte, sondern auch mit seiner ganzen Person hinter den Inhalten und Ideen stand, die er vermitteln sollte – er hatte bewiesen, dass er bereit war, für diese Ideen Opfer zu bringen, und dies verlieh seiner Praxis als Schulungsleiter ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit. Viele dieser Aktivisten nahmen, nachdem sie den Beitritt zu einer nationalsozialistischen Organisation vollzogen hatten, an Straßenkämpfen und Saalschlachten teil, andere exponierten sich so, dass sie Nachteile in Studium und Beruf erlitten. Insbesondere für Akademiker und angehende Staatsbeamte war die Beteiligung am politischen Kampf vor 1933 mit Risiken verbunden. Auch wenn es vielfach nur darum ging,

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jugendliche Aggressionen und Gewaltphantasien auszuleben, sind die Nachteile, die sie in kauf nahmen, doch ein Indikator für einen ausgeprägten Idealismus. Dies gilt besonders für die österreichischen Parteimitglieder, von denen nicht wenige vom Amt suspendiert oder von Schulen und Universitäten verwiesen wurden und zur Flucht nach Deutschland gezwungen waren. Insgesamt lassen sich an die 150 Fälle dokumentieren, in denen jemand vor 1933 bzw. vor dem »Anschluss« größere Opfer für die nationalsozialistische Bewegung auf sich nahm: Verletzungen bei politischen Kampfhandlungen, politisch bedingte Strafen und Inhaftierungen, Entlassungen, Strafversetzungen, Schul- und Hochschulverweise, Ausweisungen, Flucht ins Reich. Der spätere Bauernreferent und Gauamtsleiter Albert Roth, Mitglied des Badischen Landtages, rühmte sich, während der »Kampfzeit« über 2000 Versammlungen organisiert und zahlreiche »Saalschlachten« mitgemacht zu haben. Bei solchen »Saalschlachten« kam es häufig auch zu Verletzungen. Der Drogist Karl Heinz Urban aus Wien, Leiter eines kosmetischen Laboratoriums, trat 1922 als Zwanzigjähriger der NSDAP und der SA bei und zog sich 1923 bei Kämpfen mit dem »politischen Gegner« eine Kopfverletzung zu; er verbrachte insgesamt 16 Monate in politischer Haft und verlor darüber seine Arbeit. Während des Krieges leitete er die Abteilung VI beim Kommandostab RFSS in Shitomir. Der Diplomlandwirt, Bauernschullehrer und spätere Hauptschulungsleiter Ludwig Licht trat 1930 der NSDAP und der SA bei und erlitt 1932 eine Augen- und Nasenbeinverletzung bei einer politischen Schlägerei. Der Historiker und spätere Chef des Reichssippenamtes Kurt Mayer trat 1931 der SS bei und wurde Anfang 1933 mit dem Aufbau der Schulung im Sturmbann I der 26. Standarte beauftragt; 1932 war er »von Kommunisten zusammengeschlagen« worden. Aber natürlich waren diese Männer und Jugendlichen nicht nur Opfer. Der Diplomlandwirt und spätere Schulungsleiter und Bauernreferent Georg Grünewald zum Beispiel wurde schon 1921 wegen Körperverletzung bei einer Schlägerei mit einem jüdischen Studenten angeklagt und zu einer Strafe verurteilt.61 Das Schulungsamt zählte eine Reihe »alter Kämpfer« in ihren Reihen, die einiges an Opfern auf sich genommen hatten und deren Lebensweg geradewegs in ein hauptamtliches »politisches Soldatentum« für die SS mündete. Zu den prominenten Fällen gehören etwa Walter Barnert, Karl Heinz Bürger und Otto Eysell. Barnert, Jahrgang 1906, machte nach der mittleren Reife eine Banklehre, wurde aber schon 1925 wegen rechtsradikaler Umtriebe entlassen. Barnert war unmittelbar nach dem Krieg beim Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund, bei der Deutsch-sozialen Partei, schloss sich schon 1923 als Siebzehnjähriger der nationalsozialistischen Bewegung an, gehörte danach dem Freikorps Lützow, dem Frontbann und dem Nationalsozialistischen Schülerbund an. Nach der Entlassung bemühte er sich um eine Zulassung als Offiziersanwärter beim Heer und bei der Polizei, wurde aber wegen seiner NS-Zugehörigkeit abgelehnt. Schließlich fand er eine Anstellung bei der Stadtverwaltung Bernburg, die ihn nach Bestehen der Prüfung an der Verwaltungsakademie als Beamten auf Lebenszeit übernahm. Barnerts politische Aktivitäten ließen jetzt nicht nach. Nachdem er schon seit 1929 als Gauredner für die NSDAP im Einsatz war, trat er 1931 erneut bei, übernahm Aufgaben eines lokalen Propaganda-, Schulungs- und Presseleiters und wurde Kreisbeauftragter des RPA. 1935 besuchte er einen Lehrgang der Rednerschule der Partei. Seit 1932 gehörte er auch der SS an. Obwohl er 1934 die Höhere Verwaltungsführerprüfung bestand, ließ er sich im gleichen Jahr für eine

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hauptamtliche Tätigkeit beim Reichsnährstand beurlauben, übernahm die Aufgabe eines Schulungsleiters für Geschichte und Weltanschauung an der Bauernschule Huysburg und wurde Anfang 1936 als beamteter Bauernschullehrer übernommen. Hier hielt es ihn aber auch nicht lange, denn noch im gleichen Jahr ließ er sich für eine Tätigkeit im RuSHA beurlauben und startete eine lange Karriere im SS-Schulungswesen. Während Barnert zu Beginn des Krieges mit der Leitung der weltanschaulichen Erziehung der Verfügungstruppen beauftragt wurde, war Karl Heinz Bürger für die Totenkopf-Standarten zuständig. Bürgers Lebenslauf weist einige Paralellen auf. Er fand nach mehreren abgebrochenen Versuchen, im »zivilen« Berufsleben Fuß zu fassen, zur SS. Eine Ausbildung und Arbeit als Flugzeugführer brach er ab und nahm stattdessen ein Jura-Studium auf; die 1. juristische Prüfung bestand er nicht, weil ihm das Studium immer weniger zugesagt hatte. 1928 begann er ein Volksschullehrerstudium in Rostock. Nach der 1. Lehramtsprüfung erhielt er eine Stelle in Schwerin, schied aber schon nach einem halben Jahr wieder aus dem Schuldienst aus: der damalige sozialdemokratische Regierungsrat im Unterrichtsministerium habe ihn, schrieb Bürger in seinem Lebenslauf, »kaltstellen« wollen. Danach widmete er sich ausschließlich der politischen Arbeit. Bürger hatte schon als Neunzehnjähriger 1923 an der »nationalen Erhebung« in München teilgenommen und wurde dafür 1934 mit dem »Blutorden« geehrt. 1927 trat er erneut der NSDAP, 1928 der SA bei, 1930 trat er der HJ und dem NSLB bei; bis zu seinem Ausscheiden aus dem Volksschuldienst war er mit dem Aufbau des NSLB in Mecklenburg beschäftigt, gleichzeitig war er Gauführer der HJ für Mecklenburg-Lübeck, 1932 wurde er für die NSDAP in den Mecklenburger Landtag gewählt. Im gleichen Jahr erhielt er erneut eine Stelle als Volksschullehrer, schied aber schon nach wenigen Monaten wieder aus, um die Leitung der mecklenburgischen Bauernhochschule Warin zu übernehmen. Gleichzeitig trat er der SS bei. Nach zwei Jahren kündigte er die Tätigkeit bei der Landesbauernschaft, »um sich für ein größeres Wirkungsfeld vorzubereiten«: er trat als Schulungsreferent beim Rassereferent Nord in die Dienste des RuSHA und vollzog innerhalb weniger Jahre einen steilen Aufstieg bis zum Stellvertreter Cäsars als Schulungsamtschef. 1941 leitete er noch die Abt. VI beim Kommandostab RFSS, danach kam er an die Front und begann eine zweite Karriere als Oberführer und Generalmajor der Polizei. Otto Eysell schließlich hatte nach der mittleren Reife eine Banklehre und anschließend mit einem Stipendium seiner Bank ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der Handelshochschule begonnen, musste es aber abbrechen, als die Bank ihm das Stipendium wegen seiner politischen Aktivitäten wieder entzog. Eysell trat 1928 der NSDAP und 1931 der SS bei. 1932 wurde er »von Kommunisten überfallen« und dabei verletzt. Obwohl er inzwischen als Bankrevisor und Personalabteilungsleiter eines größeren Betriebes Erfolg im Beruf hatte, meldete er sich 1934 zur hauptamtlichen Arbeit bei der SS. Bis 1940 war er im Schulungswesen der Verfügungstruppen tätig; 1942 wurde er für Sonderaufgaben zum HSSPF Alpenland kommandiert.62 Bereits als Siebzehnjähriger meldete sich der spätere Kunstmaler Walter Schädler zum Freikorps Epp; 1919 wurde er wegen Sabotage durch »die Roten« inhaftiert, danach nahm er an den Ruhrkämpfen teil, 1921 bis 1923 gehörte er dem Freikorps Oberland an, 1923 nahm er an der »nationalen Erhebung« teil (»Blutorden Nr. 979«). Danach folgte eine Phase der Latenz, in der er sich vermutlich der Landschafts- und dekorativen Malerei widmete, die er bei seinem Vater erlernte. 1930 trat er erneut der

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NSDAP, 1931 der SA bei, wurde aber wenig später aus politischen Gründen in Untersuchungshaft genommen und im August 1932 zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt, die im März 1933 wieder aufgehoben wurde. Danach wandte er sich ganz der Schulungsarbeit zunächst in der Partei, dann der SS zu. Als Sechzehnjähriger ging ebenfalls 1919 Wilhelm Staudinger zum Freikorps Epp; 1920 war er am Kapp-Putsch, 1923 am Hitler-Putsch beteiligt, in der Zwischenzeit gehörte er dem Freikorps Oberland an und nahm an den Kämpfen in Oberschlesien teil. Nach dem Verbot der NSDAP gehörte er dem Bund »Altoberland« an. Von 1924 bis 1927 absolvierte er ein wirtschaftswissenschaftliches Studium, das er mit dem Diplom abschloss, anschließend arbeitete er als Hauptschriftleiter der Hochschulzeitung in München. 1929 verlor er diese Stellung wieder. Staudinger war 1928 wieder in die NSDAP eingetreten. Nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit erhielt er 1931 eine Anstellung bei der Reichsleitung der NSDAP unter Darré; später wurde er Stabshauptleiter in Darrés Stabsamt als Reichsbauernführer, Hauptabteilungsleiter im Rassenamt und Mitarbeiter im Schulungsamt; nebenher promovierte er 1937 in München mit der Dissertation »Die Verschuldung der deutschen Landwirtschaft«. 1937 erschien von ihm eine »nationalpolitische Aufklärungsschrift« über die »Landwirtschaft im deutschen Aufbauwerk«.63 Eine Reihe österreichischer Flüchtlinge fand Aufnahme im Schulungsamt, allen voran der Hauptschullehrer Otto Bayer, der als Hauptabteilungsleiter und Stellvertreter Cäsars die Arbeit des Amtes über viele Jahre hinweg wesentlich mit geprägt hat. Für Bayer stellte diese Arbeit zugleich den Ausweg aus einer existentiellen Krise dar. Bayer war 1923 zum ersten Mal und 1930 erneut der NSDAP und der SA in Niederösterreich beigetreten, nachdem er vorher schon seit seinem 18. Lebensjahr dem deutschnational ausgerichteten Turnerbund und dem Deutschen Schulverein angehört hatte. Er stellte sich der Partei als Ortsgruppenleiter, Redner und Bezirkspropagandaleiter zur Verfügung. 1931 wurde er aus politischen Gründen strafversetzt. Trotzdem trat er in die SS ein und ließ sich noch im gleichen Jahr mit der Führung eines Sturmbanns beauftragen. Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich 1933 wurde er zu einer Strafe von 18 Monaten »Kerkerhaft« verurteilt und fristlos aus dem Schuldienst entlassen. Als ihm 1935 erneut eine Haftstrafe drohte, floh er über die Schweiz nach Deutschland. Dort nahm er an einem Lehrgang für österreichische SS-Führer in Arolsen teil und wurde anschließend dem RuSHA zur weiteren Ausbildung als Schulungsleiter zugewiesen. 1936 diente er als Schulungsleiter bei den Verfügungstruppen in Hamburg. Vermutlich hat ihn hier auch Joachim Cäsar kennen gelernt, der zu diesem Zeitpunkt noch Rassereferent in Hamburg war. Als Cäsar 1937 zum Chef des Schulungsamtes ernannt wurde, holte er Bayer ins Amt nach Berlin. Bayer nahm nebenher noch ein Studium an der Hochschule für Politik auf, das er 1939 mit dem Diplom abschloss. Andere Flüchtlinge aus Österreich, die leitende Funktionen im Schulungsamt erhielten, waren Max Grillmayer und Herbert König. Grillmayer, von Beruf Techniker bei der österreichischen Bundesbahn, gehörte seit 1929 der NSDAP an und war ebenfalls nach einer mehrmonatigen politischen Haft ins Reich geflohen. Er erhielt zunächst eine Stelle im Braunen Haus in München und wurde Ende 1936 mit der Leitung der Abteilung »Innere Verwaltung« des Schulungsamtes betraut. Während des Krieges kehrte er als Obersturmbannführer und Ratsherr nach Wien zurück. Herbert König, seit 1936 als Referent und später als Abteilungsleiter im Schulungsamt beschäftigt, war ebenfalls nach dem Parteiverbot und politischer Haft 1934

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nach Deutschland geflohen. König stammte aus der Gottschee im heutigen Slowenien, die 1918 an Jugoslawien fiel. Sein Vater war Anwalt und wurde damals ausgewiesen. Die Familie zog nach Österreich, wo der Vater ein landwirtschaftliches Gut betrieb, auf dem auch Herbert König zeitweise arbeitete und die Landwirtschaft erlernte, außerdem machte er eine Hotelfachlehre. Er gehörte als Jugendlicher dem völkischen Turnerbund und der »Südmarkgruppe« an und schloss sich 1930 als Siebzehnjähriger den Nationalsozialisten an. König arbeitete noch während des Krieges als Leiter der Abteilung »Bild und Film« im Schulungsamt und war unter anderem zusammen mit Ludwig Proeschold für die Herausgabe der Schriften »SS im Kampf« und »Der Untermensch« verantwortlich. Ebenfalls in der »Inneren Verwaltung« des Schulungsamtes kam Georg Pfeiffer unter, zuständig für die Verwaltung der RuS-Schule Grunewald; Pfeiffer hatte mit seinen Eltern 1920 nach der Abtretung Posens an Polen nach Deutschland fliehen müssen.64 Wie Pfeiffer hatten auch andere Flucht und Vertreibung der Eltern unter Bedingungen miterlebt, die sie nie akzeptierten. Viele derer, die aus politischen Gründen fliehen mussten, kamen später als Sieger zurück. Heinrich Mangold zum Beispiel, 1909 in Metz geboren, erlebte die Ausweisung seiner Eltern 1919 als Zehnjähriger mit; ab 1929 arbeitete er für das »Grenz- und Auslandsdeutschtum«, 1933 trat er der »Deutschen Front« und der SA im Saargebiet bei, leistete Schulungsarbeit bei der SA und trat 1935 in den hauptamtlichen Dienst des VDA ein. Während des Krieges kehrte er als Studienrat der Napola Rufach und als Schulungsleiter der Straßburger SS ins Elsass zurück. Die Familie Gerhard Cellbrots verließ Oberschlesien, nachdem das Gebiet durch Volksabstimmung 1921 an Polen gefallen war und zog nach Glatz in Niederschlesien. Cellbrot setzte dort den Schulbesuch fort, machte das Abitur und begann 1932 ein Studium in Greifswald, musste es aber aus finanziellen Gründen wieder aufgeben und begann für die NS-Zeitung »Grenzwacht« zu arbeiten. Da es ihm nicht gelang, eine feste Stelle zu finden, meldete er sich 1935 zur hauptamtlichen Mitarbeit bei der SS; er wurde als Schulungs- und Fürsorgereferent beim Rassereferenten Südost beschäftigt. Im Wintersemester 1937/38 konnte er das Studium in Breslau wieder aufnehmen, 1944 promovierte er in Breslau mit einer Dissertation über Siedlungsformen in Oberschlesien. Gleichzeitig stand er als Sturmbannführer und Referent beim SD-Leitabschnitt Breslau im Dienst. Kurt Oberdorffer, später Mitarbeiter im Amt C I und Leiter der Hochschul- und Forschungsangelegenheiten in Reichenberg, kam noch kurz vor der Besetzung des Sudetenlandes für 14 Tage ins Gefängnis. Oberdorffer gehörte als Jugendlicher dem Wandervogel und dem deutschen Turnverein an und trat 1925 der Deutschen Nationalpartei, 1933 der sudetendeutschen Heimatfront und der Sudetendeutschen Partei bei. Unmittelbar nach der Annexion des Sudetengebietes wurde er als Sturmbannführer in die SS aufgenommen; er kehrte als kulturpolitischer Leiter bei der Regierung des Reichskommissars Henlein zurück. Der aus dem polnisch-tschechischen Grenzgebiet stammende Volksdeutsche Erich Fussek, später Abteilungsleiter bei der Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS, floh 1938 »vor polnischen Nachstellungen« ins Reich; er kam, nachdem er 1940 zu den Totenkopfstandarten eingezogen worden war, als Angehöriger der Waffen-SS ins Protektorat und im Rahmen von »Bandenkampfeinsätzen« nach Polen zurück. Der Volksschullehrer Georg Heitz aus Willstätt bei Kehl, das bis 1930 französisch besetzt war, gehörte nach dem 1. Weltkrieg dem Freikorps Damm an und wurde dreimal von den französischen Behörden verhaf-

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tet; nach dem Ende der Besatzung trat er 1930 der NSDAP und der SS bei, nach der Machtübernahme wurde er mit dem Aufbau des Schulungswesens im SS-Abschnitt X beauftragt, als Referent und Abteilungsleiter ins Badische Unterrichtsministerium und 1941 zum Ministerialrat in Straßburg berufen. Der 1912 in Istrien geborene Josef Grohmann, der Österreich 1936 verlassen musste, wurde 1940 als Eignungsprüfer des RuSHA mit »Sonderaufgaben« nach Jugoslawien geschickt, 1944 war er als Eignungsprüfer beim HSSPF Alpenland im Dienst. Grohmann, der seit 1934 der SS angehörte, hatte sich bereits 1936 als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Wien mit rassenkundlichen und psychologischen Zwillingsuntersuchungen beschäftigt, wurde dort aber aus politischen Gründen entlassen und verhaftet. Er nutzte eine Haftentlassung, die ihm zur Vollendung des Studiums gewährt wurde, für die Flucht nach Deutschland. Hier kam er zunächst in das SS-Erholungsheim in St. Georgen im Schwarzwald und erhielt anschließend eine Stelle als Berufsberater beim Arbeitsamt Halle. 1938 war er Referent für Rassenkunde beim RuSHA, 1939 kam er als Referent beim RuS-Führer Donau wieder nach Österreich.65 Aus der Schweiz flohen Clifford Frey und Alfred Zander. Frey war Berufssoldat gewesen und musste wegen nationalsozialistischer Aktivitäten aus der Armee ausscheiden; in Deutschland kam er zur Waffen-SS und wurde nach Verwundung und Lazarett-Aufenthalt mit der Leitung der Abt. VI des Genesenden-Bataillons betraut. Alfred Zander floh nach politischer Haft, Partei- und Arbeitsverbot als Herausgeber nationalsozialistischer Zeitschriften 1941 nach Deutschland und kam als Schulungsleiter im Ausbildungslager Sennheim unter.66 Zahlreiche Schulungsaktivisten kamen aus Österreich und aus den volksdeutschen Gruppen der Grenzgebiete. Viele standen nach der Flucht vor dem beruflichen Nichts und waren auf die Unterstützung durch die SS in Deutschland angewiesen, die zu diesem Zweck Hilfslager einrichtete, in denen eine Vorauswahl für die spätere Verwendung getroffen wurde. Die Hilfe und Verwendung in den eigenen Dienststellen der SS schuf eine besondere Verbundenheit, die die Männer auch zu besonders überzeugten und verläßlichen Schulungskräften werden ließ. Josef Schachl, der später in der weltanschaulichen Schulung in Norwegen eingesetzt wurde, trat der SS in Österreich 1932 mit 20 Jahren bei und begann ein naturwissenschaftliches Studium; 1936 wurde er zu vier Monaten Haft verurteilt und von allen Hochschulen des Landes ausgeschlossen; der angehende Volksschullehrer Gottfried Dungl, der ebenfalls 1932 der SS in Österreich beitrat, wurde 1931 als Hilfslehrer entlassen und 1934 von der Hochschule verwiesen; Wilhelm Ploner, der die Lehrerbildungsanstalt Salzburg besuchte, wurde im gleichen Jahr als Achtzehnjähriger von allen höheren Schulen des Landes verwiesen – ihnen blieb nur die Alternative, in Deutschland das Studium fortzusetzen oder bei der SS unterzukommen. Ploner machte das Abitur in München, erhielt eine Anstellung als Lehrer und kehrte 1938 nach Salzburg zurück, wo er als Sturmbann-Schulungsleiter eingesetzt wurde; Dungl, der auch gelernter Radiotechniker war, kam zunächst in die Ausbildungslager Dachau und Ranis, erhielt aber eine Stelle als Gewerbelehrer in Schweinfurt und wurde dort zum Sturmbann-Schulungsleiter ernannt. Otto Bachheimer, 1906 in Wien geboren und seit 1933 SS-Mitglied, wurde nach vier Semestern Studium wegen illegaler Tätigkeiten für die SS in Österreich zu zwei Monaten Haft verurteilt und vorübergehend von den österreichischen Hochschulen verwiesen; er konnte das Studium später fortsetzen und mit dem Staatsexamen abschließen, fand jedoch wegen »politischer Unzuverlässigkeit«

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keine Anstellung; nach der Flucht ins Reich kam er als Abteilungsführer an der Führerschule des Reichsarbeitsdienstes in Potsdam unter, konnte aber dank des Anschlusses im November 1938 als Assistent am Hochschulinstitut für Leibesübungen nach Wien zurückkehren. Während des Krieges diente er als Schulungsleiter beim Totenkopf-Reiterregiment und danach beim Wachbataillon Prag. Der 1906 in Wiener Neustadt geborene Erwin Jesionek, 1925 österreichischer Mittelschulmeister im Hochsprung, 1927 beim Steirischen Heimatschutz und ab 1931 bei der SS aktiv, gründete das Rassenamt beim Sturmbann III der Wiener SS; aufgrund einer Festnahme und einer disziplinarischen Untersuchung musste er das Medizinstudium abbrechen und zum Beruf des Sportlehrers wechseln. Nach erneutem Polizeiarrest versuchte er sich als Handelsvertreter über Wasser zu halten, musste aber schließlich nach einer weiteren Verhaftung wegen völliger Mittellosigkeit nach Deutschland fliehen, wo er im Lager Ranis aufgefangen wurde; von dort wurde er der Ortsgruppe »Braunes Haus« und später als 1. Referent und Eignungsprüfer dem SS-Abschnitt Prag zugewiesen. Der spätere WS-Lehrer Franz Augsberger, selbständiger Ingenieur und Architekt, 1924 österreichischer Meister im 400-Meter-Lauf, entzog sich der Haft wegen Propaganda und Waffendiebstahl 1933 durch die Flucht nach Deutschland, wo er Aufnahme im SS-Hilfswerk Dachau fand; Augsberger gehörte schon 1927 dem Steirischen Heimatschutz und seit 1930 der NSDAP in Österreich an. Von Dachau kam er 1934 zur Ausbildung zu den Verfügungstruppen, 1935 war er 2. Schulungslehrer in der Junkerschule Braunschweig. Der Förster Johann Orasche aus Kärnten wurde 1931 aus politischen Gründen entlassen, floh 1933 nach Deutschland ins Aufnahmelager Dachau und trat anschließend den Dienst bei den Verfügungstruppen an; nachdem er fünf Schulungslager besucht hatte, wurde er in der Standarte »Deutschland« zum Schulungsleiter ernannt.67 Vielen war die Arbeit bei der SS wichtiger als eine »zivile« Berufslaufbahn; in Deutschland angekommen, gingen sie gleich zu den Verfügungstruppen oder nahmen Stellen im Schulungsamt und anderen Einrichtungen an. Für sie setzte sich eine frühe Sozialisation zum »politischen Soldatentum« bruchlos fort, als sie mit Beginn des Krieges zur Waffen-SS eingezogen wurden. Diese Sozialisation vollzog sich zumeist aus einer tief sitzenden Motivation heraus und mit einer bemerkenswerten Konsequenz. Der Innsbrucker Innenarchitekt Karl Robert Zoglauer zum Beispiel, der das Geschäft seines Vaters führte, schloss sich bereits 1923 als Sechzehnjähriger dem Freikorps Oberland an, wechselte von dort 1929 zur SA, 1932 zur SS und floh nach seiner Verhaftung und Ausweisung 1933 über Italien nach Deutschland; vom Hilfswerk Dachau wurde er den Politischen Bereitschaften zugewiesen, danach kam er zur Standarte »Deutschland«. Während des Krieges war er Leiter der Abt. VI bei der Galizischen Freiwilligen-Division der Waffen-SS. Anderen gelang es, die zivile Berufskarriere nach der Flucht fortzusetzen und mit der Arbeit für die SS zu verbinden. Walter Wache etwa, der schon als Schüler dem Nationalsozialistischen Schülerbund in Österreich angehörte und 1932 der SS beitrat, hielt sich nach 1933 zu einer historischen Forschungsarbeit über böhmischen Grundbesitz in Prag auf und siedelte 1936 nach Deutschland über, als er aus politischen Gründen aus der Tschechoslowakei ausgewiesen wurde. Die Universität Köln nahm ihn noch im gleichen Jahr als wissenschaftlichen Assistenten auf, zwei Jahre später konnte er sich dort habilitieren. Gleichzeitig wurde er als ehrenamtlicher Mitarbeiter im Schulungsamt übernommen, dem er sich mit

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Beiträgen für das Leitheft und Vorträgen auf Lehrgängen zur Verfügung stellte. Für andere bedeuteten Entlassung und Berufsverbot in Österreich nur eine vorübergehende Unterbrechung der Berufslaufbahn, die sie nach dem Anschluss problemlos wieder aufnehmen konnten, sie mussten dabei aber oft eine lange Durststrecke durchstehen. Der Volksschullehrer Hans Becwar zum Beispiel wurde 1933 nach dem Verbot der NSDAP aus dem Schuldienst entlassen, dann wieder eingestellt und 1934 wegen nationalsozialistischer Betätigung endgültig entlassen; danach arbeitete er als Führer beim Freiwilligen Arbeitsdienst in Österreich. Nach dem Anschluss wurde er sofort wieder als Lehrer eingestellt, parallel dazu leitete er das »Schulungs- und Rasseamt« der SS in St. Stefan. Der Studienrat Hans Klöpfer wurde, nachdem er 1933 der verbotenen NSDAP beigetreten war, vom Schuldienst suspendiert; nach dem Anschluss wurde er als Erzieher und Zugführer bei der Napola Theresianum in Wien eingestellt, später wurde er »Burghauptmann« der Burg Strechau in der Steiermark, in der eine Zweiganstalt des Theresianums untergebracht war. Klöpfer und Becwar dienten beide 1940 als Schwadronsschulungsleiter im Totenkopf-Reiterregiment.68

V.3 »FAKTOR HOCHSCHULSOZIALISATION« – DIE UNIVERSITÄT JENA UND DIE JENAER LEHRAMTSSTUDENTEN ALS BEISPIEL Da die große Mehrheit der Schulungsleiter und Mitarbeiter des Schulungsamtes akademisch gebildet war und einen Studienabschluss aufwies, die meisten zudem biographisch in den Jahren zwischen Schulabschluss und Studienabschluss den Anschluss an die nationalsozialistische Bewegung bzw. die SS vollzogen, liegt es nahe, nach der Bedeutung der Universität und des Studiums für die Herausbildung ihrer politischen Einstellungen, weltanschaulichen Haltungen und »wissenschaftlichen Kompetenzen« zu fragen. Dies soll am Beispiel Jena untersucht werden. Wir haben nahezu 70 Personen gefunden, die in Jena studierten und gleichzeitig oder danach im Schulungswesen der SS arbeiteten. An der Universität Jena gab es zwei starke ideologische Zentren, die eine akademische Führerschaft bei der Definition und Herausarbeitung einer »nationalsozialistischen Grundlagenwissenschaft« innehatten: die Lehrstühle bzw. Institute Günthers und Astels. Ein großer Teil dieser Studenten hatte bei ihnen studiert; es erscheint daher nicht abwegig, in ihrem Wirken einen eigenständigen Faktor der politischen Sozialisation zu sehen. Die meisten Studenten kamen bereits mit einer nationalsozialistischen Orientierung an die Universität; durch den Besuch der rassenkundlichen Lehrveranstaltungen Günthers und Astels dürfte diese Orientierung eine spezifische Strukturierung erfahren haben. Hans F. K. Günther war der populärste Rassenanthropologe der Zeit, von der Partei wurde er mit den höchsten Ehrungen bedacht – wenn es eine akademische Autorität in Sachen nationalsozialistischer Rassenkunde gab, dann war es Günther.69 Als die NSDAP 1930 in eine rechtsnationale Koalitionsregierung in Thüringen eintrat, setzte der von der NSDAP gestellte Innenminister Frick Günthers Berufung auf einen Lehrstuhl für Sozialanthropologie in Jena durch. Hitler und Göring ließen es sich nicht nehmen, Günthers Antrittsvorlesung über die »Ursachen des Rassenverfalls des deutschen Volkes seit der Völkerwanderung« persönlich beizuwoh-

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nen, am Abend folgten Ansprachen und Ehrungen auf dem Jenaer Marktplatz, den 1.500 Fackelträger in eine weihevolle Kulisse verwandelten.70 Ende 1934 verließ Günther Jena wieder, um einen Ruf an eine eigens für ihn geschaffene »Anstalt für Rassenkunde, Völkerbiologie und Ländliche Soziologie« in Berlin anzunehmen. Im gleichen Jahr war Karl Astel zum Professor für »menschliche Züchtungslehre« und Direktor des »Instituts für menschliche Erbforschung und Rassenpolitik« berufen worden, nachdem er 1933 bereits mit der Leitung des Thüringischen Landesamtes für Rassewesen in Weimar betraut worden war. In dieser Doppelfunktion entfaltete Astel eine rege Tätigkeit, die neben den Vorlesungen in Jena die Durchführung umfangreicher Forschungsvorhaben und die Organisation regelmäßiger Fortbildungsveranstaltungen in Rassenkunde an der »Staatsschule Egendorf« umfassten.71 Vor allem für seine Forschungsvorhaben, die die rassenbiologische Erfassung großer Teile der thüringischen Bevölkerung vorsahen, engagierte er zahlreiche Mitarbeiter, sog. »Rassewarte« – insgesamt sind die Namen von 94 Rassewarten bekannt, 53 davon Lehrer, die für Astel im Einsatz waren.72 Nebenher arbeitete Astel, der seit Februar 1934 der SS angehörte, auch immer wieder für das RuSHA und das Schulungsamt; Anfang 1934 war er für kurze Zeit als Rassefachberater für den Aufbau des Schulungswesens im SS-Oberabschnitt Fulda-Werra zuständig. 1939 wurde er zum Rektor der Universität Jena ernannt und kam damit seinem deklarierten Ziel, aus Jena eine SS-Universität zu machen, einen großen Schritt näher. Während des Krieges gelang es ihm, mit Johann von Leers und Bernhard Kummer zwei prominente Vertreter der »nordischen Bewegung« nach Jena zu berufen; 1940 habilitierte er seinen engsten Mitarbeiter Lothar Stengel-Rutkowski, der bereits seit 1934 als Abteilungsleiter im Landesamt für Rassewesen arbeitete. Von Leers und Stengel-Rutkowski waren profilierte SS-Wissenschaftler, die auch für das RuSHA und das Schulungsamt tätig waren – von Leers steuerte die meisten Beiträge für das SS-Leitheft bei, Stengel-Rutkowski war bereits 1932 auf besonderen Wunsch Darrés mit dem Referat für Erbgesundheitspflege im Rasseamt betraut worden und war später wie Johann von Leers ehrenamtlicher Mitarbeiter des Schulungsamtes. Kummer gehörte zwar nicht der SS an, war aber ein gefragter Schulungsredner in allen Gliederungen der Partei. Kummer und von Leers waren schon seit 1936 als Lehrbeauftragte in Jena tätig.73 Im gleichen Jahr war mit dem Historiker Günther Franz ein weiterer profilierter SS-Wissenschaftler nach Jena berufen worden,74 1938 folgte die Berufung des SS-Untersturmführers Gerhard Heberer zum Professor und 1939 Direktor des Instituts für Allgemeine Biologie und Anthropologie der Universität. Ebenfalls 1938 wurde Sturmbannführer Richard Kolb, seit 1936 Dozent in Jena, zum Professor für Wehrgeschichte und Wehrphilosophie berufen, 1940 erhielt Sturmbannführer Falk Ruttke einen Lehrstuhl für »Rasse und Recht, 1943 folgte die Berufung des Agrarwissenschaftlers Max Witt, zuvor Stuba-Schulungsleiter der SS in Halle, zum Professor und Direktor des Tierzuchtinstituts in Jena. Günther, der ja wie Darré ein Verfechter rassischer Erneuerung der Gesellschaft aus dem Bauerntum war, fand sowohl Resonanz bei Geisteswissenschaftlern als auch unter Studenten der Landwirtschaft und angehenden Landwirtschaftslehrern.75 Viele Landwirtschaftsexperten, die auch bei Günther studierten, übernahmen Aufgaben im SS-Schulungswesen und bekleideten später einflussreiche Ämter in der nationalsozialistischen Agrarverwaltung. Zu ihnen gehörten Ernst Cartellieri, Karl Kuchenbäcker und Heinz Leonhard. Cartellieri, Sohn des Jenaer Professors und Historikers Alex-

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ander Cartellieri, hatte neben dem Landwirtschaftsstudium auch rassenkundliche Vorlesungen bei Günther besucht. Nach der Promotion 1933 in Jena wurde er Landwirtschaftslehrer und Wirtschaftsberater in Bütow/Köslin, trat dort von der SA in die SS über und beteiligte sich mit rassekundlichen und weltanschaulichen Vorträgen an der Schulungsarbeit der SS; auch an seiner Landwirtschaftsschule behandelte er »Rassen- und Erbfragen«. Leiter der Schule war Friedrich Klumm, gleichzeitig Hauptschulungsleiter von Pommern. Als Klumm 1934 zum RuSHA nach Berlin versetzt und zum Adjudanten Darrés ernannt wurde, holte er Cartellieri als Sachbearbeiter für Siedlung und Musterung ins Stabsamt des Reichsbauernführers nach.76 Karl Kuchenbäcker, Sohn eines Volksschulrektors, promovierte ebenfalls 1933 in Jena mit einer Arbeit über die thüringische Milcherzeugung und -versorgung. Er gehörte bereits seit 1930 der NSDAP und 1931 der SS an und war einer der ersten Mitarbeiter, die das RuS-Amt Anfang 1933 für die Schulungsarbeit ernannte. Bis zur Einsetzung weiterer Schulungskräfte war er für alle drei Sturmbanne der 47. Standarte zuständig – die Standarte umfasste den Raum Weimar-Jena-Gera-Gotha. Nachdem er 1934 zum Untersturmführer befördert worden war, stieg er rasch weiter auf in der RuS-Hierarchie, wurde Leiter des Verwaltungsamtes des RuSHA, Abteilungsleiter im Stabsamt des Reichsbauernführers und schließlich 1942 RuS-Führer beim HSSPF Ost in Krakau; dort leitete er auch die Dienststelle des RKFDV.77 Ein besonders profilierter GüntherSchüler war Heinz Leonhard. Er promovierte 1931 mit einer agrarwissenschaftlichen Arbeit in Jena bei Ernst Klapp – Klapp selbst wurde 1934 an die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim berufen, trat dort in die SS ein und stellte sich dem Sturm 6/13. in Hohenheim als Schulungsmann zur Verfügung. Leonhard legte 1932 noch die landwirtschaftliche Lehramtsprüfung in Jena ab, arbeitete kurzzeitig als Lehrer an der Heeresfachschule für Landwirtschaft und als Hilfsassistent am Landwirtschaftlichen Institut und wurde 1934 zum Abteilungsleiter für Bauernschulung bei der Landesbauernschaft Kurmark bestellt. In dieser Eigenschaft unterrichtete er gleichzeitig als Lehrer an der Bauernschule Gransee, kehrte aber bald nach Thüringen zurück, um dort die Leitung der Bauernschule Neudietendorf zu übernehmen. Als er 1938 als Landwirtschaftslehrer nach Ravensburg versetzt wurde, konnte er bereits auf eine lange Geschichte politischer Aktivitäten zurückblicken: 1920 hatte er sich als 16jähriger dem Deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbund angeschlossen, von 1921 bis 1923 gehörte der dem Jungdeutschen Orden an; 1926 war er als Bezirksredner der NSDAP unterwegs, 1930 trat er der SA, 1931 der SS bei, die ihn im April 1933 zum Schulungsleiter und später zum Bauernreferenten ernannte. Leonhard galt als ein besonders aktiver Bauernreferent. Er habe, hieß es in einem Beförderungsantrag durch Hofmann 1941, nicht nur in den Reihen seiner Schüler für Nachwuchs in der SS geworben, sondern sei auch bei allen Musterungen selber zugegen gewesen; eine Abhandlung Leonhards »im Zusammenhang mit der Aufrüstung des Dorfes« habe die volle Billigung des Reichsführer-SS gefunden. Leonhard wurde daraufhin zum Sturmbannführer ernannt und wenig später als landwirtschaftlicher Sonderführer eingesetzt. Als Landwirtschaftslehrer an der Heeresfachschule hatte er bereits 1932 anthropologische Messungen vorgenommen, die vermutlich durch Günther angeregt waren. Eine umfangreiche Abhandlung zur Rassen- und Vererbungslehre zeigt ihn als gelehrigen Schüler Günthers: »Was geschieht mit dem deutschen Volk, wenn der heldische, verantwortungsvolle, mutige und kulturvolle Mensch weniger Nachkommen hat als der ostische

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Spießer?« Die Folgen wären grauenhaft, und der Verfallsprozess sei schon im vollen Gang, da Verbrecher und Tagelöhner mehr Kinder hätten als höhere Beamte. Dem Führer sei es jedoch gelungen, das wertvollste nordische Blut durch »schärfste Leistungsauslese« zu sammeln und »in seinen Sturmabteilungen zu organisieren – »keine Feiglinge und Spießer, sondern lebendiger nordisch-deutscher Rasseinstinkt.«78 Ähnlich bewegt war die politische Vita Emil Schüsslers, der sein Studium der Architektur, Kunst- und Baugeschichte, das er in Stuttgart und in Weimar (bei Günthers Freund und Förderer Schultze-Naumburg) absolvierte, mit einem rasse- und erbbiologischen Studium bei Günther in Jena ergänzte. Er arbeitete kurze Zeit als Assistent beim Landeskonservator in Jena, ließ sich dann aber als selbständiger Architekt in Stuttgart nieder. Schüssler, 1905 als Sohn eines Postbeamten in Stuttgart geboren, gehörte bereits seit 1914 der völkischen Jugendbewegung an, war Mitglied im »Wehrwandervogel« Kronacher Bund und in Fahrenkrogs »Germanischer Glaubensgemeinschaft«; er war an der »Niederwerfung der Kommuneunruhen in Stuttgart und Backnang« beteiligt, leistete Hilfspolizeidienste und gehörte während des Studiums der Hochschulgruppenleitung Weimar-Jena des NSDStB an. Anfang 1932 wurde er NSDAP- und SS-Mitglied, im Januar 1933, inzwischen wieder in Stuttgart, ernannte ihn das RuS-Amt zum ersten Schulungsleiter in Württemberg, zuständig für die 13. Standarte. Schüssler wurde Mitarbeiter des Abschnittsschulungsleiters Carstens, der sich gerade an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim im Fachgebiet Tierzuchtlehre habilitiert hatte. Zusammen mit Carstens’ Stellvertreter und Oberschulungsleiter Alfred Beck, ebenfalls Professor in Hohenheim, hielt er darüber hinaus Vortragsreihen über Rasse- und Siedlungsfragen im »Kameradschaftsbund deutscher Architekten und Ingenieure« ab.79 Bis zu seinem Weggang 1934 übte Günther einen nachhaltigen Einfluss auch auf Studenten der Natur- und insbesondere der Geisteswissenschaften in Jena aus. Für manche Studenten wurde die Begegnung mit ihm zu einem Erweckungserlebnis. Zum Beispiel schreibt Hans Fleischhacker, der nach dem Abitur 1931 in Weimar ein Lehramtsstudium in Jena aufgenommen hatte, erst nach Besuch der Vorlesungen von Günther sei in ihm das Interesse für die Rassenkunde geweckt worden; er wechselte daraufhin das Fach, begann ein Studium in Rassen- und Völkerkunde, ging für ein Anthropologie-Studium nach München und promovierte dort bei Mollison; 1937 wurde er Assistent bei Gieseler am Rassenbiologischen Institut in Tübingen, im gleichen Jahr trat er der SS bei, engagierte sich in der Schulungsarbeit und arbeitete während des Krieges als Dozent und Experte für Rassenbiologie für das RuSHA.80 Vor allem bei Studenten, die schon früh zur nationalsozialistischen Bewegung gefunden hatten, fiel Günthers Lehre auf fruchtbaren Boden. Der Volksschullehrer Otto Bloß etwa war bereits 1928 mit 16 Jahren der HJ, zwei Jahre später der NSDAP und der SA beigetreten. Nach der Reifeprüfung 1931 studierte er in Jena zuerst Mathematik und Volkswirtschaft, dann Erziehungswissenschaft und Psychologie; nebenher besuchte er regelmäßig die Vorlesungen von Günther. Zur 1. Lehrerprüfung im März 1937, die er mit »gut« bestand, legte er eine schriftliche Arbeit zum Thema »Das Dorf als rassegeschichtlicher Fragesteller. Eine pädagogische Besinnungsaufgabe« vor. Nachdem er den Vorbereitungsdienst in verschiedenen thüringischen Dörfern abgeleistet hatte, bewarb er sich Ende 1938 auf eine Volksschullehrerstelle zwar auf dem Land, aber nahe bei Jena gelegen, um die Vorteile der »Hochschulstadt« nutzen zu können, denn

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er suchte die Verbindung »zur rassekundlichen Forschung und Wissenschaft«, um seine bei Günther begonnenen Arbeiten fortsetzen zu können: »In der Erkenntnis, dass der Erfolg jeder praktischen rassepolitischen Arbeit in erster Linie von einer planmäßigen Lenkung des völkischen Lebenswillens abhängig ist, habe ich mich dann entschlossen, Volksschullehrer zu werden. – In meiner ersten Prüfungsarbeit habe ich darzulegen versucht, dass die Schule Wegbereiterin eines neuen sippengebundenen Lebenswillens werden kann. Aufgrund der Sonderstellung des Bauerntums als Blutsquell der Nation ist gerade die Landschule bäuerlicher Lebensweise Ansatzpunkt jeder lebensgesetzlichen Willensbildung. Dort habe ich meine Aufgabe als Erzieher.«81

Bloß war einer jener Lehrer, die sich mit voller Überzeugung in den Dienst der SS stellten und wie von selbst in diesen Dienst hineinwuchsen. Von der HJ kam er 1930 mit 18 Jahren zur SA, mit Beginn des Studiums schloss er sich dem NSDStB an; während der »Kampfzeit« war er als Wahlredner im Weimarer Land unterwegs. Das »Interesse am Rassegedanken« führte ihn 1932 zur SS. Das Studium hatte er zwischenzeitlich unterbrechen müssen, weil die Mittel des Vaters, der eine Gastwirtschaft betrieb, nicht mehr ausreichten. Im Februar 1933 meldete er sich deshalb zur Hilfspolizei. Als die Hilfspolizei zwei Monate später wieder aufgelöst wurde, nahm er das Volksschullehrerstudium an der Universität Jena wieder auf. Ab 1933, gerade erst 21 Jahre geworden, arbeitete er gleichzeitig als Schulungsleiter der SS.82 Im Juni 1939 wurde er zu einer dreimonatigen Ausbildung bei den Totenkopfverbänden nach Breslau geschickt, ab März 1941 war er im Schulungsdienst der Totenkopfdivision tätig; noch im Sommer 1944 diente er als Mitarbeiter der Abt. VI beim Ausbildungs- und Ersatzbataillon der Division.83 Ähnlich wie Fleischhacker und Bloß fand auch Kurt Bürger über den Besuch der Vorlesungen Günthers zur Rassenkunde. Bürger, Sohn eines Oberlehrers, hatte nach dem Abitur an der Oberrealschule Jena ein Studium der neueren Sprachen, Geschichte und Erdkunde begonnen, besuchte aber nebenher auch Vorlesungen über Rassenund Völkerkunde. 1931 legte er das Staatsexamen für das höhere Lehramt in Französisch und Erdkunde, danach noch ein Zusatzexamen in Englisch und Geschichte ab. Bis 1933 leistete er das Referendariat in Jena ab. Die Begegnung mit Günther ließ in ihm den Entschluss reifen, sich mit einer eigenen Arbeit an der rassenkundlichen Forschung zu beteiligen. Bürger wurde nach eigenen Worten Assistent und erster Doktorand bei Günther. Seine Dissertation, eine rassen- und sozialanthropologische Untersuchung über ein thüringisches Dorf, konnte er aber erst 1936, als Günther schon nicht mehr in Jena war, zum Abschluss bringen. Danach wurde er zum stellvertretenden Leiter und geschäftsführenden Direktor des Lyzeums in Apolda, 1941 schließlich zum Studienrat in Weimar ernannt. Bürger war 1931 der SA und der NSDAP, 1933 der SS beigetreten und gehörte in den folgenden Jahren der 47. Standarte als Sturmbannschulungsleiter an. In seiner Eigenschaft als Assistent Günthers wirkte er 1934 als Dozent an den Rassehygienischen Ärztekursen in Egendorf mit und trug dort über »Methoden der anthropometrischen Messung« vor, die er offensichtlich bei Günther gelernt hatte und seiner eigenen Forschungsarbeit zugrunde legte. Bei der für diese Arbeit erforderlichen Auswertung von Kirchenbüchern, statistischen Berechnungen und Recherchen im Weimarer Archiv war ihm Otto Bloß behilflich; Bürger wird ihn in den Lehrveranstaltungen bei Günther und in der 47. Standarte kennen gelernt haben.84 Wie Bürger gab es viele Studenten, die sich von Günthers Ansatz einer Verknüp-

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fung von Geisteswissenschaft und Rassenanthropologie angezogen fühlten. So zum Beispiel der Historiker Hans Lüdemann. Er besuchte die Vorlesungen von Günther und Schachermeyer – Schachermeyer suchte selber den Anschluss an die Rassenbiologie und proklamierte 1934 eine neue Weltgeschichtsschreibung, die »die Selbstverwirklichung der nordischen Substanz in ihrer geschichtlichen Entwicklung« zum Gegenstand hatte.85 Lüdemann studierte zuerst in Münster und war dort 1928 als 18jähriger zur SA gestoßen. Im Wintersemester 1928/29 war er Mitbegründer der Hochschulgruppe des NSDStB in Münster, 1929 trat er der NSDAP, 1931 der SS bei, arbeitete für den SD und ab 1936 für das RuSHA. 1938 wurde er ins Ahnenerbe aufgenommen und zum Obersturmführer befördert; während des Krieges war er Abteilungsleiter im Schulungsamt (Amt C I). Lüdemann legte 1932 das Staatsexamen für das höhere Lehramt ab, machte das Referendariat in Jena und promovierte gleichzeitig mit einer Dissertation zur Verfassungsgeschichte Kathagos. Nebenher war er »rassenwissenschaftlicher Mitarbeiter« beim Teubner Verlag; 1935 schied er aus dem Schuldienst aus, um die Leitung der Verlagsredaktion in Berlin zu übernehmen. Aus seiner Feder stammt das Handblatt für die weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS »Europas Todfeind – der Bolschewismus!«, das das Amt C I 1944 herausgab.86 Zu den Historikern, die bei Günther studierten, gehörte Erwin Schirmer, der später als erster Vorgeschichtler an der Universität bei Gotthard Neumann promovierte. Seine Arbeit war in einem umfangreichen Forschungsnetzwerk situiert. Neumann lehrte seit 1934 Ur- und Frühgeschichte in Jena; er war Förderndes Mitglied der SS, Parteigenosse und Gausachbearbeiter des NSLB für Vorgeschichte, wurde mehrfach als Dozent zu den Egendorfer Lehrgängen hinzugezogen und hielt auch Schulungsvorträge vor SA und SS. Neumann führte zusammen mit Schirmer und Gottfried Kurth vorgeschichtliche Untersuchungen in Thüringen durch, über die er in der Thüringer Geschichtszeitschrift berichtete. Kurth hatte Rassenkunde und Vorgeschichte in Jena studiert und promovierte 1936 mit der Arbeit »Rasse und Stand in vier Thüringer Dörfern«, die er noch bei Günther begonnen hatte; im Vorwort erwähnt er rassenkundliche Untersuchungen, die er 1933-1936 gemeinsam mit Berthold Pfaul durchführte. Pfaul, seit 1931 Parteimitglied, promovierte 1937 in Jena mit einer Dissertation über »Biometrie in der Rassenkunde«; Günther holte ihn später als Mitarbeiter an seine »Anstalt« in Berlin, 1942 gehörte er als Experte für Anthropologie zum »Sonderkommando Kaukasus« des Ahnenerbe.87 Schirmer, Sohn eines Postbeamten, arbeitete als Assistent und Ausgrabungsleiter bei Neumann, danach wurde er zum Leiter des Museums für Vorgeschichte in Weimar bestellt. Er hatte sich 1923 mit 15 Jahren dem Jungdeutschen Bund angeschlossen, war 1933 der SS und der NSDAP beigetreten und wurde 1937 zum Schulungsleiter und Fachmitarbeiter für Frühgeschichte beim SS-Abschnitt Thüringen ernannt.88 Nach Günthers Weggang füllten Karl Astel und Lothar Stengel-Rutkowsky die entstandene Lücke rasch aus. Vor allem Lehramtsstudenten, die als Schulungsleiter in der SS arbeiteten, besuchten in den folgenden Jahren rassen- und erbbiologische Lehrveranstaltungen, andere erwarben sich ihr rassenbiologisches Rüstzeug auf Astels Egendorfer Kursen. Einige Studenten und Absolventen der Jenaer Universität arbeiteten außerdem als »Rassewarte« für das Thüringer Landesamt, darunter auch welche, die gleichzeitig als Schulungsleiter bei der SS Dienst taten. Für die Lehramtsstudenten waren der Erziehungswissenschaftler Peter Petersen und ab 1937 auch der Historiker

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Günther Franz zusätzliche wichtige akademische Bezugspersonen. Petersen, der als prominenter Vertreter der Reformpädagogik viele Studenten anzog, gehörte zwar weder der NSDAP noch der SA oder der SS an, übernahm aber ab 1933 zunehmend nationalsozialistisches Gedankengut vor allem in der Darréschen Ausprägung.89 Vor diesem Hintergrund lässt sich ein bemerkenswertes Netzwerk von Lehrern und Schulungsleitern rekonstruieren, die an der Universität Jena studierten und hier ein wissenschaftliches Gerüst für ihre Arbeit in der SS erhielten. Volksschullehrer: – Ernst Adam, 1909 in Bad Mergentheim als Sohn eines Eisenbahnbeamten geboren, studierte am Pädagogischen Institut in Jena und legte dort 1931 die erste, 1934 die zweite Lehramtsprüfung ab; anschließend arbeitete er als Volksschullehrer in Tiefenort, dann in Bad Salzungen. Im März 1934 wurde er mit der weltanschaulichen Schulung im 3. Sturm der 14. Standarte beauftragt, danach war er als »Rassereferent« im 9. Sturm tätig. Im April 1934 besuchte er einen 14tägigen Kurs in Egendorf. Seinen rassekundlichen Bildungsgang setzte er danach in mehreren RuS-Kursen fort: Im Juni nahm er an einem Lehrgang des RuS-Amtes im Harz teil, im Februar 1935 wurde er zu einem Schulungskurs des Rassenamtes in Berlin-Grunewald abgeordnet, im Juni besuchte er als Stuba-Schulungsleiter ein Rasseschulungslager für SS-Sturmführer in Neudietendorf, im Februar 1937 nahm er, inzwischen zum Führer des Sturms 9/14. avanciert, an einem RuS-Schulungslager in Finsterbergen teil. Kurz darauf ließ er sich vom Schuldienst beurlauben und trat als Adjudant des Staatssekretärs in die Dienste des Thüringischen Innenministeriums ein.90 – Christoph Carstensen, 1914 als Sohn eines Schulrektors in Nordschleswig geboren, studierte zunächst an der HfL Kiel, dann an der Universität Jena Pädagogik, wo er auch Vorlesungen in Rassenkunde und Erbbiologie bei Astel und Stengel-Rutkowski besuchte. In seinem für das RuSHA verfassten Lebenslauf bezeichnete er sich als Doktorand von Astel, tatsächlich war aber Peter Petersen sein Doktorvater, bei dem er als wissenschaftlicher Assistent arbeitete und 1941 mit einer Dissertation über den völkischen Pädagogen Wilhelm Schwaner promovierte. Wahrscheinlich stand er in wissenschaftlichem Austausch mit Astel. Carstensen trat 1933 in die Jenaer SS ein und gehörte dem SS-Mannschaftshaus an, das von Astels »rechter Hand« Lothar Stengel-Rutkowski aufgebaut wurde.91 – Rudi Herr, 1911 als Sohn eines Malermeisters in Breitungen/Werra geboren, hatte nach dem Abitur ein Jahr am Rauen Haus in Hamburg und danach zwei Jahre im Erziehungsheim und Jungarbeiterlager Egendorf gearbeitet, bevor er 1933 ein erziehungswissenschaftliches Studium in Jena aufnahm. Herr verband eine sozialpädagogische Berufsorientierung mit einem ausgeprägten rassenhygienischen Interesse und bemühte sich deshalb um eine Anstellung als Lehrer im Strafvollzugswesen. Nach der 1. Lehrerprüfung fand er eine Anstellung als Hilfslehrer im Strafgefängnis Ichtershausen. Hier bestand eine Kriminalbiologische Abteilung, die von Dr. Rudolf Schnauber geleitet wurde. Schnauber wirkte 1933/34 als Dozent an den Rassehygienischen Ärztekursen mit, die das Thüringische Landesamt für Rassewesen in Egendorf veranstaltete, verbunden mit Exkursionen nach Ichtershausen, wo die Teilnehmer eine »Gefängniskostprobe« erhielten.92 Für die 2. Lehramtsprüfung verfasste Herr eine umfangreiche schriftliche Arbeit über seine Tä-

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tigkeit in Ichtershausen, in der er sich kritisch gegen den »humanen« Strafvollzug »der individualistischen und liberalistischen Weltanschauung« wandte, die ein »Vordringen der Erkenntnisse der Vererbungswissenschaft verhindert« hätte. Für Gewohnheits- und Berufsverbrecher, bei denen man »aufgrund des ausgeprägten minderwertigen Erbbildes ihre Rückfälligkeit mit Sicherheit voraussagen« könne, forderte er Sicherheitsverwahrung und Unfruchtbarmachung: »Meine Arbeit am Strafgefängnis Ichtershausen muß vom Ausleseprinzip geleitet sein. Auslesen, Ausmerzen, Fördern, einen anderen Weg gibt es nicht.« Für Gewohnheits- und Berufsverbrecher könne »nur der Grundsatz gelten: Ausmerzen.« Bei Bibelforschern, die durch ihre »Unbeeinflussbarkeit« auffielen, müsse man untersuchen, ob es sich um eine angeborene Krankheit handelt; politische Häftlinge, mit denen Ichtershausen zu diesem Zeitpunkt stark belegt wurde, seien dagegen oft »gutwillig«« und könnten für die Gemeinschaft durch Erziehungsarbeit zurück gewonnen werden, wenn man ihnen klar mache, »dass Marx kein deutscher Arbeiter oder sonst ein Deutscher, sondern ein Jude war« und dass die geistige Führung des Klassenkampfs in den Händen des internationalen Judentums liege. Der Unterricht im Strafgefängnis müsse daher stark weltanschaulich ausgerichtet sein – Rudi Herr führte während der Vorbereitungszeit selber die weltanschauliche Schulung der Polizeibeamten des Gefängnisses durch. Nach der 2. Prüfung erhielt er 1933 eine Planstelle als Oberlehrer in der Justizvollzugsanstalt Ichtershausen. Seit 1933 gehörte er der SS, seit 1937 der NSDAP an; 1939 wurde er zu den Totenkopfstandarten einberufen. 1943 erhielt er Urlaub von der Waffen-SS, um in Jena seine Promotion mit der Dissertation »Erziehung und gegenerzieherische Kräfte in der Strafvollzugsanstalt: Ein Beitrag zu den Fragen des Sondervollzugs an Gestrauchelten« bei Peter Petersen abzuschließen.93 – Auch Herbert Ruppert bewarb sich als Fürsorgeerzieher für den Thüringischen Strafvollzugsdienst.94 Ruppert wurde 1907 als Sohn eines Tischlers in Gera geboren. Nach dem Abitur studierte er Erziehungswissenschaft in Jena, legte 1930 die wissenschaftliche Prüfung für das Volksschullehramt ab und promovierte anschließend bei Petersen mit einer schulpädagogischen Arbeit. Bis Ende 1932 war er Assistent bei Petersen, danach arbeitete er als Lehrer im thüringischen Schuldienst und als Erzieher in Lagern des Freiwilligen Arbeitsdienstes, zwischendurch war er mehrfach als Lehrer an der Lehr- und Erziehungsanstalt für Schwerhörige und Ertaubte in Jena tätig. 1934 erhielt er eine Anstellung als Volksschullehrer, war aber nebenher noch als Leiter des Jungarbeiterheims an der 1933 in »Deutsche Heimatschule« umbenannten Volkshochschule Jena tätig. Ruppert trat 1933 der NSDAP und der SS bei, wurde Schulungsleiter und stand gleichzeitig in den Jahren 1934 bis 1936 als Rassewart in den Diensten des Thüringischen Landesamtes für Rassewesen, nachdem er im Juni 1934 einen Lehrgang für SS-Schulungsleiter in Egendorf besucht hatte. Rupperts Aspirationen gingen über den Volksschuldienst hinaus. 1938 bewarb er sich erfolglos um eine Dozentur an einer Hochschule für Lehrerbildung; 1940 bewarb er sich um eine Stelle als Heerespsychologie, kehrte aber nach einem Jahr wieder in den Schuldienst zurück. 1941 sollte er zum Bodenamt in Prag versetzt werden, sein weiterer Verbleib ist nicht bekannt.95 – Rudolf Hotzel, 1909 in einem Dorf bei Eisenach als Sohn eines Lehrers geboren – der Vater fiel im 1. Weltkrieg in Flandern. Nach der Reifeprüfung nahm er 1931 ein

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Studium am Pädagogischen Institut der Universität Jena auf und legte im März 1933 die Lehramtsprüfung beim Institutsleiter Georg Weiß ab; den Vorbereitungsdienst leistete er in Eisenach und umliegenden Gemeinden ab. Die Themenwahl der Examensarbeit – »Kriecks Theorie des Schulaufbaus« – weist darauf hin, dass er sich schon früh mit Grundfragen nationalsozialistischer Pädagogik auseinandersetzte. Hotzel war bereits als Schüler politisch engagiert und musste, wie er selber schreibt, aufgrund »persönlicher und weltanschaulicher« Differenzen mit mehreren Lehrern vom Realgymnasium Eisenach zur Oberrealschule Bad Salzungen wechseln. 1931 trat er der NSDAP und der SA bei, während des Sommersemesters 1932, das er in Wien verbrachte, arbeitete er für den SD. Im folgenden Wintersemester war er Aktivist des NSDStB in Jena, leitete dort das Amt für politische Bildung sowie das Grenz- und Auslandsamt und diente gleichzeitig im SS-Sturm Jena. Mit Beginn des Vorbereitungsjahres im Eisenacher Schuldienst wurde er zum Truppführer und Schulungsleiter im 2. Sturm der 14. Standarte ernannt. 1934 nahm er an einem RuSSchulungslager in Kahla teil, auf dem er sein inzwischen erworbenes Wissen mit einem Referat über »Bevölkerungsbewegungen und rassische Veränderungen im deutschen Volk« dokumentierte. Der Besuch eines Lehrerlagers des Landesamtes für Rassewesen in Egendorf 1935 gab ihm Gelegenheit, dieses Wissen weiter zu vertiefen. Der Schuldienst wurde Hotzel bald zu eng. 1936 ließ er sich für ein Jahr beurlauben, um eine hauptamtliche Tätigkeit für den SD in Ostpreußen zu übernehmen. Danach vollzog sich ein rascher Aufstieg beim SD bzw. im RSHA. Nachdem er sich in Ostpreußen als Stabsführer des Unterabschnitts Gumbinnen bewährt hatte, wurde er zum Sturmbannführer ernannt und mit Beginn des Polen-Feldzuges der Einsatzgruppe V des RSHA zugewiesen und mit dem Aufbau des SD in Hohensalza beauftragt. Im April 1940 holte man ihn ins RSHA nach Berlin und übertrug im die Leitung des Referates »Weltanschauliche Erziehung«, dann des Referates »Nachwuchs« in der Amtsgruppe I B »Erziehung und Ausbildung«; 1943 avancierte er zum Leiter der Amtsgruppe und war damit auch für die Schulen der Sicherheitspolizei und des SD zuständig. 1944 wurde Hotzel als Führer des Sonderkommandos 7b bei der Einsatzgruppe B zu einem sicherheitspolizeilichen Osteinsatz abkommandiert.96 – Wie Hotzel war auch Karl Knoop Kriegswaise – der Vater fiel 1916, als Knoop gerade 5 Jahre alt war. Knoop, 1911 in Kiel geboren, will 1920 beim Kapp-Putsch zwei Finger durch eine Handgranate verloren haben; es müsste ihn daher ein älterer Freund oder Verwandter zu einer gefährlichen Aktion mitgenommen haben. Er studierte an der Pädagogischen Akademie Kiel, arbeitete als Lehrer in Tönning und Poppenbüttel und ging danach zu einem Studium der Erziehungswissenschaft und Erbbiologie bei Petersen und Astel nach Jena; offensichtlich hat er sich den Studienort sehr gezielt ausgewählt. 1940 promovierte er mit einer schulpädagogischen Arbeit bei Petersen. Knoop gehörte seit 1933 der SS an, der er ab 1936 als Schulungsleiter diente.97 – Rudi Hössrich, 1909 als Sohn eines Porzellanschleifers geboren, hatte beide Eltern 1918/19 verloren. Er studierte Pädagogik und Biologie in Jena, legte 1932 die Lehramtsprüfung ab und erhielt 1934 eine Stelle als Volksschullehrer in Taupadel, dann 1934 als Turn- und Zeichenlehrer an der Deutschen Aufbauschule in Eisenach. Er trat 1933 der SS bei, wurde 1937 in die NSDAP aufgenommen und war »Haupt-

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stellenleiter für Ahnennachweis«. 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Nachdem er an einem Lehrgang für Erzieher in Berlin teilgenommen hatte, setzte man ihn als Schulungsleiter bei den Totenkopf-Reiteterstandarten ein. 1943 war er Abteilungsleiter VI bei der Waffen-SS in Italien; 1944 folgte die Ernennung zum Obersturmführer.98 – Fritz Rascher, 1914 in Gera geboren, studierte neben Pädagogik Rassenkunde, Vorgeschichte, »Volkstumstheorie und Volkssoziologie« in Jena. Er war schon mit 13 Jahren in der völkischen Jugendbewegung aktiv, trat 1932 der SS und der NSDAP bei und wurde in den folgenden Jahren als Untersturmführer zum Schulungsleiter der 47. Standarte ernannt. Anfang 1941 schied er aus dem Volksschuldienst aus, um hauptamtlich für den SD zu arbeiten; 1942 war er als Hauptsturmführer bei der Gestapo in Berlin beschäftigt.99 Weitere Volksschullehrer unter den Schulungsleitern, die in Jena studierten, waren Hermann Froebel, der 1937 als Lehrer für nationalsozialistische Weltanschauung an die Dachauer Führerschule der Allgemeinen SS geholt wurde (s.o.), Hermann Lorbeer, Ferdinand Kahl und Kurt Walther. Lorbeer trat 1930 als 18jähriger der NSDAP, 1931 der SA und kurz darauf der SS bei, war Sturmbannschulungsleiter der 47. Standarte und Polizeischulungsredner; während des Krieges wurde er zum Untersturmführer befördert und als Ausbilder bei einer Panzer-Jäger-Ersatzabteilung der Waffen-SS eingesetzt. Lorbeer studierte nach dem Abitur in Jena und legte dort 1934 die Lehramtsprüfung ab; die Examensarbeit schrieb er bei Georg Weiß, dem Leiter des Pädagogischen Instituts über »Die Aufgaben der Erziehung im neuen Staat«. Anschließend wurde er als Schulhelfer, dann als Volksschullehrer in Gera eingestellt und 1939 verbeamtet. Der Schulleiter Ferdinand Kahl gehörte zu den wenigen älteren Volksschullehrern, die beruflich schon fest im Sattel saßen; er war bereits 1930 der NSDAP beigetreten und 1932 von der SA zur SS gewechselt; Kahl war Ortsgruppenleiter und Kreisredner der NSDAP, Schulungsleiter der SS und Untersturmführer im SD.100 Einer älteren Generation gehörte auch Johannes Schnitzlein an, 1889 in Altenburg geboren und seit 1913 im Volksschuldienst tätig, ab 1922 als Lehrer in Eisenberg. Schnitzlein gehörte vor 1933 einer Loge an und wurde nur per »Gnadenweg« in die NSDAP aufgenommen. Er muss aber schon früh als politisch und weltanschaulich zuverlässig angesehen worden sein, denn das RuSA beauftragte ihn im Mai 1933 mit dem weltanschaulichen Unterricht in der 47. Standarte und ernannte ihn im weiteren Verlauf des Jahres zum Mitarbeiter des Hauptschulungsleiters Riederer. Am Beispiel Schnitzleins können wir illustrieren, welche Fortbildungsleistungen ein beruflich und politisch engagierter Lehrer aus den Reihen der SS aufbrachte; Schnitzlein besuchte folgende Lehrgänge: 18.6.-1.7.1933 Weltanschaulicher Lehrgang für Lehrer in Egendorf 12.-15.10.1933 und/oder 28.10.-1.11.1933 »SS-Rasseschulung«/Lehrgang des RuSA in Friedrichs Anfang bei Crawinkel 21.-26.3.1934 Lehrgang »Volkstum und Heimat«, Deutsche Heimatschule Blankenburg 12.-19.6.1934 SS-Rasseschulung in Egendorf 12.9.-13.10.1934 Lehrgang auf der Landesführerschule Saßnitz/Rügen 17.-20.11.1934 Lehrgang für Kreisdietwarte101 14.-20.6.1936 Biologie-Lehrgang (Kursus für Lebenskunde) in Bad Berka

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8.-9.10.1937 Lehrgang »Vierjahresplan« der Deutschen Heimatschule Rudolstadt 5.-17.6.1939 Lehrgang an der Heereswaffenmeisterschule Berlin

Nebenher war er als »Dietwart« für die nationalsozialistische Schulungsarbeit in den 150 Turnvereinen des Saalekreises zuständig, außerdem war er Kreisredner der »Deutschen Heimatschule Thüringen« und Kreisreferent für Schullandheime im NSLB.102 Einige Lehrer kamen erst über Umwege ins Lehramt. Hermann Haugk etwa, StubaSchulungsleiter II der 47. Standarte, hatte nach dem Abitur erst eine Banklehre gemacht, bevor er 1931 das Studium am Pädagogischen Institut in Jena aufnahm. Zum Examen verfasste er 1934 eine Hausarbeit über »heldische Geschichtsauffassung« und eine pädagogische Abschlussarbeit zum Thema »Der Idealismus des Jugendlichen als Erziehungsproblem«. Im gleichen Jahr trat er der SS bei. Nach Besuch eines Schulungskurses des RuSA auf der Leuchtenburg wurde er zum Sturmbannschulungsleiter in Weissenfels ernannt. Ähnlich wie im Fall Schnitzleins erfuhr auch Haugks Dienst als Volksschullehrer zahlreiche Unterbrechungen: Außer dem Kurs auf der Leuchtenburg besuchte er einen weiteren RuS-Kurs in Finsterbergen und leistete 1935/1936 insgesamt fünf Wehrmachtsübungen von drei bis sechs Wochen Dauer ab.103 Der Stuba-Schulungsleiter III der 47. Standarte, der Berufsschullehrer Paul Seidler, war ursprünglich Maurer und Bauingenieur; nach einem Zusatzstudium an der Universität Jena absolvierte er den Vorbereitungsdienst, den er 1930/31 mit der Prüfung als Gewerbelehrer abschloss; die Lehrprobe legte er zum Thema »Wie ein Reichsgesetz entsteht« vor, in der schriftlichen Arbeit befasste er sich mit der Reichstagswahl. Danach wurde er als Gewerbelehrer in Saalfeld und Meiningen eingestellt. Seidler trat 1933 der NSDAP und der SS bei, war aber schon 1932 Förderndes Mitglied der SS. 1934 besuchte er einen rassenkundlichen Lehrgang in Egendorf, 1935 nahm er an einem Schulungskurs des RuS-Amtes an der Bauernhochschule Neudietendorf teil – das Schulamt beurlaubte ihn für die Zeit der Teilnahme, weil die dort erworbenen Kenntnisse »auch im Hinblick auf die Verfügung ›Vererbungslehre und Rassenkunde in den Schulen‹ für unsere Schule von großem Nutzen« seien: »Er hat dabei die Verpflichtung übernommen, den wichtigsten Stoff dieses Gebietes ›merkbuchfertig‹ den Kollegen verfüglich zu stellen.« Im gleichen Jahr erhielt Seidler noch einmal für 10 Tage Urlaub, weil er dem Absperrungskommando beim Reichsparteitag in Nürnberg zugeteilt worden war. 1935 wurde er mit der weltanschaulichen Schulung des 10. Sturms der 47. Standarte betraut und, nachdem er sich in dieser Aufgabe bewährt hatte, zum Sturmbannschulungsleiter ernannt. Der Führer der Saalfelder SS fand lobende Worte für ihn: Seidler rauche und trinke nicht, er sei oft noch bis spät in der Nacht mit der Bearbeitung von Ahnentafeln und Heiratsgesuchen beschäftigt und habe »wiederholt die Schulungsabende der SS, die in der großen Öffentlichkeit stattfanden, in Verbindung mit der HJ gestaltet, und seine Schüler haben freudig unter seiner Hand zur Ausgestaltung mit beigetragen.«104 Landwirtschaftslehrer: Außer den schon genannten Cartellieri und Leonhard gingen eine ganze Reihe weiterer Schulungsleiter aus dem Kreis der Jenaer Studenten für das landwirtschaftliche Lehramt hervor:

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– Hans Hansen, 1894 als Sohn eines Brauereibesitzers in Husum geboren, nahm noch am 1. Weltkrieg teil. Nach dem Ende des Krieges studierte er Landwirtschaft in Jena, legte das Diplom ab und arbeitete anschließend als Lehrer. 1923 wurde er Direktor der Landwirtschaftsschule Altenburg, zusätzlich übernahm er 1930 die Aufgaben eines Geschäftsführers bei der Landwirtschaftskammer, 1933 wurde er Stabsleiter bei der Landesbauernschaft Thüringen. Hansen trat 1933 der NSDAP und der SA bei, war Gaufachredner, Hauptstellenleiter und Mitarbeiter des RPA. 1935 wechselte er von der SA zur SS und wurde zum Standarten-Schulungsleiter ernannt. 1942 folgte seine Beförderung zum Untersturmführer.105 – Der Diplomlandwirt und Landwirtschaftsrat Hans Linssner, 1903 als Sohn eines Werkmeisters geboren, legte 1930 die Prüfung für das Lehramt an Landwirtschaftsschulen in Jena ab und unterrichtete anschließend an der Lehranstalt für Gartenbau in Bad Köstritz. Er war in den 20er Jahren Mitglied des Wehrverbandes »Frontbann«, trat 1927 der SA, 1930 der NSDAP und 1931 der SS bei. Linssner war agrarpolitischer Redner der Partei in Gera, wurde 1937 zum Untersturmführer im RuSHA ernannt und war 2. Standarten-Schulungsleiter der 47. Standarte. Während des Krieges diente er als Fachführer der Waffen-SS und Referent im WuVHA.106 – Der Diplomlandwirt Rudolf Schreiner legte ebenfalls 1930 die Lehramtsprüfung in Jena ab und promovierte im gleichen Jahr mit einer Arbeit über Tierzucht. Danach unterrichtete er an der Landwirtschaftsschule Hildburghausen, 1933 wurde er zum Kreistierzuchtinspektor in Arnstadt ernannt. Schreiner trat 1933 der NSDAP und der SA bei und war Pressewart und agrarpolitischer Fachredner der Partei. 1934 wechselte er von der SA zur SS, die ihn als Schulungsleiter in der 14. Standarte einsetzte.107 – Ein besonders markantes politisches Profil wies Heinrich Thole auf. Thole, 1902 als Sohn eines Bauern in der Nähe von Osnabrück geboren, absolvierte ein Landwirtschaftsstudium in Jena, das er 1924 mit dem Diplom abschloss; anschließend setzte er das Studium in Leipzig fort und legte dort die Prüfung als Landwirtschaftslehrer ab, danach arbeitete er als Landwirtschaftslehrer und Schulleiter in Niedersachsen. Thole gehörte 1924 dem Jungdeutschen Orden und 1931 dem Stahlhelm an; 1933 trat er der NSDAP und der SS bei. Schon während der Zeit als 2. Vorsitzender des Kreisjunglandbundes Fallingborstel 1927-1930 hielt er rassenkundliche Vorträge auf der Grundlage der Schriften von Günther und Darré. Ab 1934 arbeitete er hauptamtlich für das RuSHA, das ihn bereits 1933 als Schulungsleiter für den Abschnitt XIV beauftragte und ab 1934 nacheinander als Rassereferent bzw. RuS-Führer in den Oberabschnitten Elbe, Mitte und Nordwest einsetzte. Im Oktober 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und zum Aufbau des Selbstschutzes nach Polen entsandt, danach zum Führer eines Ansiedlungsstabes und zum Generalinspekteur für das Siedlungswesen im Warthegau ernannt und 1942 mit der geschäftsführenden Leitung des Siedlungsamtes im RuSHA beauftragt. Zu seinen Aufgaben gehörte der Aufbau einer Abteilung für Schulung und Ausbildung der Siedlungsbewerber, die in der Region Lublin angesiedelt werden sollten; insbesondere für kriegsversehrte Angehörige der Waffen-SS sollten landwirtschaftliche Ausbildungsbetriebe errichtet werden. 1944 wurde er als Standartenführer der Fachgruppe Ergänzung zum Leiter des SS-Ersatzkommandos der Germanischen Leitstelle in den Niederlanden ernannt.108

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Weitere Landwirtschaftslehrer waren Hubert Arnert, Heinrich Kopmann, Ehrhard Metz, Rudolf Sailer und Otto Wenkel. Hubert Arnert legte die Landwirtschaftslehrerprüfung in Jena ab, promovierte aber in Berlin; er war Schulungsleiter des Abschnitts XVIII. Kopmann promovierte 1936 in Jena und arbeitete als Landwirtschaftslehrer in Saalfeld, Gera und im Raum Weimar; 1937 ging er als Sachverständiger zur Reichsfinanzverwaltung. Er trat 1933 der SA, dann der SS bei und wurde als Unterscharführer zum Stuba-Schulungsleiter in der 47. Standarte ernannt. Erhard Metz legte 1931 die Prüfung als Landwirtschaftslehrer in Jena ab und promovierte 1933 mit einer Arbeit über die Milchversorgung der Stadt Gera bei Wilmanns; er gehörte der NSDAP und der SA an und wurde nach seinem Übertritt zur SS 1934 zum Schulungsleiter im Abschnitt XVIII bestellt. Rudolf Sailer, Direktor einer Bäuerlichen Werkschule und Sohn eines Oberlehrers, promovierte 1930 in Jena. Zuvor hatte er bereits an der Landwirtschaftsschule Weimar gearbeitet; 1932 wurde er zum Landwirtschaftsrat und 1936 zum Oberregierungsrat im Thüringischen Wirtschaftsministerium ernannt. Er gehörte seit 1933 der NSDAP und der SA an und war Kreisredner und Blockleiter der Partei. 1935 wechselte er zur SS; nach Besuch eines Schulungslagers in Neudietendorf wurde er als Sturmschulungsmann und schließlich Sturmbannschulungsleiter in der 47. Standarte eingesetzt. Otto Wenkel legte 1931 die Prüfung als Landwirtschaftslehrer ab und promovierte 1932 in Jena; er war Unterabteilungsleiter bei der Landesbauernschaft und wurde 1934 zum Direktor einer Landwirtschaftsschule bestellt. Wenkel gehörte seit 1933 der SS an und war 1937 ebenfalls Sturmbannschulungsleiter in der 47. Standarte.109 Erwähnt seien noch einige Landwirtschaftsexperten, die (vermutlich) nicht ins Lehramt gingen, darunter die Bauernreferenten der 47. Standarte Kermann, Isecke und Schollmeyer. Karl Kermann, später Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Hochschule Teschen, hatte in Berlin studiert, 1933 in Jena promoviert und sich 1936 in Leipzig habilitiert; er gehörte seit 1931 der NSDAP an, trat 1936 der SS bei und war zunächst Bauernreferent in der 47. Standarte, dann, nach seiner Berufung nach Teschen, in der 103. Standarte. Erich Isecke, Oberlandwirtschaftsrat und Stabsleiter bei der Landesbauernschaft Thüringen, hatte in Jena studiert und 1925 promoviert; er gehörte seit 1933 der NSDAP, seit 1934 der SA an, wechselte 1938 zur SS und wurde dort zum Bauernreferenten ernannt. Kermann wurde 1939, Isecke 1942 zum Untersturmführer befördert.110 Der Diplomlandwirt Paul Schollmeyer, Landwirtschaftsrat und Personalchef der Landesbauernschaft Schlesien, promovierte 1934 in Jena zum Dr. rer. pol.; er gehörte bis 1922 dem Jungdeutschen Orden an, besuchte einen Artamanenlehrgang in Bad Berka und trat 1931 der NSDAP bei, der er als Gaufachredner und Gauamtsleiter für Agrarpolitik diente. 1933 trat er in die SS ein, 1934 wurde er zum Untersturmführer und Bauernreferenten in der 47. Standarte ernannt. Ebenfalls 1930 promovierte der Diplomlandwirt Ernst Schubart in Jena; Schubart trat 1933 der NSDAP bei, war Gaufachredner für Rassenpolitik und wurde als Schulungsleiter im 2. Sturmbann der 47. Standarte eingesetzt.111 Studienräte und -assessoren: – Erich Pohl, 1905 als Sohn eines Bautechnikers in Meiningen geboren, studierte Geschichte, Erdkunde und Leibesübungen in Göttingen und Jena, promovierte 1929 in Jena mit einer wirtschaftsgeschichtlichen und -geographischen Arbeit,

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legte 1930 das 1. Staatsexamen ab und arbeitete anschließend bis 1935 als Studienreferendar und Studienassessor an der Hermann-Lietz-Schule Haubinda; 1935 erhielt er eine Anstellung in Meiningen, wo er 1939 zum Studienrat ernannt wurde. Sein Studium musste er unter schwierigen Bedingungen teilweise selber finanzieren, weil sein Vater mehrere Jahre arbeitslos war. Pohl trat zwar erst 1933 der NSDAP und der SS bei, war aber seit seinem 12. Lebensjahr in der völkischen Jugendbewegung aktiv. 1935 wurde er zum Oberscharführer und Stuba-Schulungsleiter in der 57. Standarte (Meiningen) ernannt. Vom Frühjahr 1938 ist ein Dienstplan seiner politischen Arbeit in Meiningen erhalten: 1.-10.4. Mithilfe bei der Vorbereitung und Durchführung der Volksabstimmung und Wahl 29.4 Schulungsvortrag »Vom germanischen Volk zum Deutschen Reich« 2.5. Schulungsleiter-Besprechung 26.5. Musterungen 17.6. Schulung über die Aufstellung von Ahnentafeln und Forschungshilfe 26.6. Vortrag »Der Dolmar in Vorgeschichte und Geschichte«.

Anfang 1936 hatte Pohl einen Lehrgang des Landesamtes für Rassewesen in Egendorf besucht, 1939 nahm er, inzwischen zum Untersturmführer befördert, an einem Schulungslager des RuS-Führers Fulda-Werra in Dingsleben bei Hildburghausen teil. Während des Krieges wurde er zuerst zur Wehrmacht, dann zur Waffen-SS eingezogen; 1944 unterrichtete er Geschichte, Deutsch und Erdkunde an der Berufsoberschule für Führerbewerber der Waffen-SS in Gebweiler.112 – Werner Pohl, Erich Pohls jüngerer Bruder, entschied sich für den gleichen Bildungsgang und studierte Geschichte, Deutsch, Erdkunde und Leibeserziehung in Innsbruck, Königsberg und Jena. Wegen der Arbeitslosigkeit des Vaters schlug er sich mit Hilfsarbeiter- und Hilfsassistententätigkeiten durch. 1930 bis 1933 war er Sportassistent an der Universität, 1932 nahm er für einige Wochen eine Vertretung am Landerziehungsheim Haubinda wahr. Im gleichen Jahr promovierte er bei Peter Petersen mit einer Arbeit über »Bündische Erziehung«, zu der Petersen ein Nachwort schrieb, anschließend absolvierte er das Referendariat in Kassel, danach erhielt er eine Anstellung als Studienassessor und Erzieher an der Napola Bensberg. Wie sein Bruder kam Werner Pohl aus der völkischen Jugendbewegung. 1931 war er Mitglied des Ludendorffschen Tannenbergbundes, 1933 trat er der NSDAP und der SS bei. Dort profilierte er sich sehr schnell als Sturmbannschulungsleiter, wurde 1937 zum Untersturmführer befördert und zum Polizeischulungsleiter beim IdO in Kassel ernannt; er führte damit die Aufsicht über das gesamte weltanschauliche Polizeischulungswesen in Thüringen und Hessen. Pohl gab den Schuldienst auf und blieb bis zum Ende des Krieges in dieser Position, zuletzt im Rang eines Sturmbannführers und Majors der Schutzpolizei.113 – Alfred Thoss, 1908 als Sohn eines Zimmermanns in Greiz geboren, studierte ebenfalls Geschichte, Deutsch und Leibeserziehung, nahm aber noch das Fach Biologie hinzu. Er promovierte 1933 mit einer Arbeit über die Geschichte der Stadt Greiz bei Cartellieri, legte im gleichen Jahr das Staatsexamen ab und leistete anschließend das Referendariat in Gera ab. Auch Thoss trat erst 1933 der NSDAP und der SS bei, war aber schon früh politisch interessiert und gehörte 1925/26 dem Jungdeutschen Orden an. Die Fächerkombination Geschichte und Biologie führte ihn noch

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während des Studiums dazu, sich intensiv mit Rassen- und Sippenkunde zu beschäftigen: »Die biologische Betrachtungsweise hat mir die Geisteswissenschaften sehr lebendig gemacht«. 1933 wurde er bereits vom Reichsinnenministerium in die offizielle Liste der Sippenforscher aufgenommen. Ende 1933 nahm er Kontakt zu Astel auf und bat ihn um Aufnahme als Mitarbeiter beim Landesamt für Rassewesen. Im April 1934 erhielt er einen Ausweis als Rassewart; jetzt konnte er mit amtlicher Legitimation und Unterstützung an der erbbiologischen Bestandsaufnahme der Thüringer Bevölkerung mitwirken. Dazu wird er aber kaum noch gekommen sein, denn im Juni 1934 wurde er als Referent ins Schulungsamt nach Berlin berufen. 1935 übertrug man ihm die Leitung der Abteilung »Alte Geschichte« im Rassenamt. Thoss war ein umtriebiger Mann, der zielstrebig weiter kommen wollte. Noch im gleichen Jahr holte ihn Darré ins Stabsamt des Reichsbauernführers und beauftragte ihn mit der Leitung des »Bauernkontors« der Nordischen Gesellschaft in Goslar, die er bis zur Berufung in Darrés Eigenkanzlei 1938 innehatte.114 Während seiner Zeit in Goslar erschien sein viel beachtetes Werk über Heinrich I. als den »Gründer des ersten Deutschen Volksreiches« im »Blut-und-Boden-Verlag«. Im Krieg kam er als Presseleiter zur Volksdeutschen Mittelstelle und begleitete die »Heimholung« der Volksdeutschen aus Bessarabien, die er in seinem Buch »Der vierte Treck. Leistung und Heimkehr der Deutschen aus Bessarabien« schilderte. 1943 war er bei der SS-Kriegsberichterstandarte »Kurt Eggers« und leitete die Kriegsberichterabteilung bei der 1. SS-Infanterie-Brigade, die zu diesem Zeitpunkt zur »Bandenbekämpfung« im Osten eingesetzt war. Die »Einsatzgruppe Thoss« erstellte Wort- und Bildberichte, die die Moral der Truppe heben sollten, beschaffte Propagandamaterial zur Betreuung der russischen Mannschaften in der Brigade und beteiligte sich an der Gestaltung der politischen Monatsübersicht, die die Abt. VI der Brigade herausgab; nebenher fand Alfred Thoss Zeit, an der Neuauflage seines Buchs »Heinrich I.« zu arbeiten. Im Juli 1943 wurde sein Einsatztrupp der »Sturmbrigade RFSS« zugeteilt, die zu diesem Zeitpunkt nach Korsika verlegt wurde. Thoss erhielt den Auftrag, die Abt. VI der Brigade mit zu betreuen. Im August schrieb er begeistert über die Schönheit des Landes an den Chef der Kriegsberichterstandarte d’Alquen; die Menschen erinnerten ihn dagegen an Verhältnisse im Osten: »Die Bevölkerung ist genauso faul wie diejenige Russlands, die Häuser schmutzig, die Wohnungen haben nur wenige schlechte Möbel. Die Menschen sitzen die meiste Zeit des Tages vor ihren Häusern. Auf den Straßen laufen halbwilde Schweine und Ziegen umher.«115 1944 war Thoss bei der Germanischen Leitstelle in Norwegen. Er hatte dort maßgeblichen Anteil an der Propaganda und Werbung germanischer Freiwilliger für die Waffen-SS.116 – Wie Thoss war auch Martin Schlegel sowohl Schulungsleiter der SS als auch Rassewart des Thüringischen Landesamtes für Rassewesen. Schlegel, 1907 als Sohn eines Pfarrers in der Nähe von Weimar geboren, studierte Naturwissenschaften und Leibeserziehung in Jena, Göttingen und Berlin, legte 1930 das 1. Staatsexamen in Jena ab und erhielt nach dem Referendariat eine Stelle als Studienassessor zunächst in Gera, dann in Schleiz, 1937 folgte die Ernennung zum Studienrat. Schlegel, der selber schreibt, dass er in einer »rein nationalen Familie« aufwuchs, schloss sich schon früh der völkischen Jugendbewegung an. 1921 wurde er Mitglied des Jung-

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deutschen Ordens, von 1922 bis 1925 gehörte er dem »Wehrwolf« an. 1930 trat er der NSDAP und der SA, 1931 der SS bei. Er besuchte einen Geländesportkurs in Ohrdruf und Schulungskurse in Neudietendorf, Finsterbergen und Bad Berka, war Rassewart bei Astel, Schulungsleiter des 1. Sturmbanns der 47. Standarte und Mitarbeiter der Landesbauernschaft; 1939/49 gehörte er dem Stab der Totenkopf-Rekrutenstandarte in Buchenwald an. Es drängte ihn, an der pädagogischen Erschließung der besetzten Ostgebiete mitzuwirken, daher bewarb er sich 1941 auf eine Schulleiterstelle im neu gebildeten Gau Danzig-Westpreußen. Daraufhin wurde er zum Direktor der Oberschule in Briesen bei Thorn berufen; dort setzte er seine Arbeit für die SS als Ausbildungsreferent und Führer des Sturmbanns Briesen fort.117 – Der Philologe Karl Hartmann, der 1936 mit einer Arbeit zur Dialektologie in Jena promovierte, war 1938 Unterscharführer und Schulungsleiter des 7. Sturms der 47. Standarte. Hartmann, 1909 als Sohn eines Mechanikers in Jena geboren, legte 1940 die wissenschaftliche Lehramtsprüfung für Deutsch, Französisch und Englisch ab, wurde anschließend an der Schillerschule in Gera eingestellt und 1943 zum Studienassessor ernannt. Er hatte aber schon seit 1937 als Schulungsleiter und Lehrer an der Polizeischule in Jena gearbeitet und dort Geschichte, Weltanschauung und Deutsch unterrichtet. »Ausser der Unterrichtserteilung oblag ihm noch die Organisation des Unterrichtswesens für die einzelnen Polizeimannschaften (Lesestoff, Bücherei) usw.« Hartmann trat 1933 der SA, 1934 der SS bei und wurde 1937 in die Partei aufgenommen. Zu Beginn des Krieges kam er als Dolmetscher zur Wehrmacht, 1940 kehrte er an die Polizeischule zurück, 1942 wurde er als Sonderführer – vermutlich für die Aufgaben eines Dolmetschers – nach Frankreich kommandiert.118 Andere Studienassessoren und -räte seien hier nur kursorisch aufgeführt: Ebenfalls Naturwissenschaftler und Schulungsleiter in der 57. Standarte war Walter Eichhorn, Studienreferendar in Meiningen und Eisenach; Eichhorn wurde 1933 für vier Monate vom Schuldienst beurlaubt, um an der Organisation rassenkundlicher Lehrgänge beim Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht in Berlin mitzuwirken. Willi Walter Puls hatte Naturwissenschaften und Mathematik studiert und 1932 in Jena promoviert; 1933 erhielt er eine Stelle als Studienassessor an der Höheren Privatschule der deutschen Minderheit in Gravenstein/Nordschleswig. Puls gehörte dem Jungnationalen, später Großdeutschen Bund an, trat 1933 der NSDAP bei und wurde 1940 zum Leiter der Schulabteilung beim VDA ernannt; 1944 leitete er als Obersturmführer das Amt »Schulerziehung« beim Hauptamt Volksdeutsche Mittelstelle.119 Eine umfassende Bildung wies Reinhard Eikermann auf: Nach einem Studium der Erziehungswissenschaft fürs Volksschullehramt mit den Begleitfächern Rassenkunde und Erblehre schloss er noch ein Studium in Geschichte, Erdkunde und Leibesübungen an und legte in Jena das Staatsexamen für das höhere Lehramt ab – sein Prüfer in Geschichte war Günther Franz. Eikermann gehörte schon dem Nationalsozialistischen Schülerbund an, trat 1932 der NSDAP und der SS bei, wurde Mitarbeiter des RuSHA und war während des Krieges Sportlehrer an der Nachrichtenschule der Waffen-SS; vorübergehend wurde er auch mit den Geschäften des RuS-Führers Nord betraut.120 Der promovierte Historiker Rudolf Otto Grimm, seit 1935 Studienreferendar in Jena, seit 1937 Studienassessor, trat 1934 der SS bei; 1940 nahm er am Lehr-

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gang für Erzieher in der Waffen-SS in Berlin teil und wurde anschließend als Schulungsleiter in der Totenkopf-Reiter-Standarte eingesetzt (s.o.). Im Mai 1933 wurde Rudolf Rödel vom RuS-Amt mit dem weltanschaulichen Unterricht im 3. Sturmbann der 47. Standarte beauftragt. Rödel, Studienassessor in Greiz, 1937 zum Studienrat ernannt, hatte Deutsch und Geschichte studiert und 1929 in Jena promoviert. Er trat 1930 in die NSDAP ein, war Kreispropagandaleiter, Kreisschulungs- und Gauredner, also ein schon früh aktiver Nationalsozialist; nach einem Lehrgang in Bernau wurde ihm allerdings eine »unklare Charakterhaltung« bescheinigt, und Anfang 1938 schied er wieder aus der SS aus.121 Schulungsleiter beim 1. Sturmbann der 47. Standarte war der Pfarrerssohn Martin Ortleb, Studienassessor in Zeulenroda. Orleb war schon als Achtzehnjähriger 1924 in der nationalsozialistischen Jugendbewegung aktiv. Er trat 1931 der NSDAP und der SA, 1933 der SS bei. 1930 legte er das 1. Staatsexamen in den Fächern Französisch, Englisch und Geschichte ab, absolvierte das Referendariat und unterrichtete mehrere Jahre als Studienassessor am Landschulheim Elisabethenhöhe bei Wutha/Eisenach, ab 1936 am Reformrealgymnasium Zeulenroda, wo er 1938 zum Studienrat ernannt wurde. Nach dem Besuch eines Kurses in Egendorf im August/September 1933 arbeitete er nebenamtlich als »Rassewart« für das Thüringische Landesamt für Rassewesen.122 Einige Lehramtsstudenten waren als Mannschaftshausführer auch für Schulungsaufgaben zuständig. Zu ihnen gehörte der Historiker und Philologe Walter Faltz, der in Jena mit einer Dissertation über Cromwell und das »politische Soldatentum« promovierte. Er wurde vom Schulungsamt 1936 gegen den Willen Astels zum Mannschaftshausführer ernannt, nachdem Astel eigenmächtig schon seinen Mitarbeiter Stengel-Rutkowsky in dieses Amt eingesetzt hatte.123 Faltz, der bereits 1932 mit 18 Jahren der NSDAP beigetreten war, rückte später zum Referenten Ellersieks als Kommandeur der Mannschaftshäuser in der Dienststelle Heißmeyer auf und wurde 1944 zum Sturmbannführer befördert (s.o.). Mitarbeiter der Dienststelle Heißmeyer war auch der Historiker Gerhard Schmidt, der 1938 bei Maschke und Franz promovierte; er trat 1933 der SS bei und wurde 1938 als Referent im Schulungsamt, später in der Dienststelle Heißmeyer für den Bereich Mannschaftshäuser beschäftigt.124 1938 war der Student der Geschichte und Nordistik Siegfried Ludwig Mannschaftshausführer; Ludwig hatte schon 1932 mit 16 Jahren dem Nationalsozialistischen Schülerbund angehört. Führer der Jenaer Studentenschaft und zugleich Gaustudentenführer war Karl Keppel, Student der Geschichte, Rassenkunde und Germanistik; er war 1929 ebenfalls mit 16 Jahren dem Nationalsozialistischen Schülerbund beigetreten und hatte es dort schon zum stellvertretenden Gauführer gebracht. 1930 trat er der NSDAP und der SA bei, 1939 wurde er als Hauptsturmführer in die SS übernommen und ab 1941 als Referent im Schulungsamt beschäftigt.125 Für kurze Zeit war auch der JuraStudent Gustav Hanelt 1937 Mannschaftshausführer in Jena, bevor er nach Königsberg wechselte, um dort das SS-Mannschaftshaus auszubauen. Hanelt war bereits 1929 mit 15 Jahren dem Nationalsozialistischen Schülerbund beigetreten und gehörte seit 1931 der HJ an, 1933 trat er der NSDAP und der SS bei. Er studierte zuerst Geschichte und Anthropologie in Berlin, entschied sich aber dann für ein Jura-Studium. In Königsberg war er Polizeischulungsleiter und Mitarbeiter des RuS-Führers, während des Krieges leitete er das Mannschaftshaus Lublin und führte als Referent für Siedlungsfragen »Sonderaufgaben« für den SSPF Lublin Odilo Globocnik durch.126

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Schließlich seien noch einige Studenten erwähnt, die nur zur Promotion oder Habilitation nach Jena kamen, wie Hermann Löffler, der 1940 mit der Dissertation »Der Anteil der jüdischen Presse am Zusammenbruch Deutschlands« bei Günther Franz in Jena promovierte, oder Arnold Brügmann, der sich 1937 mit einer Arbeit über »Roms Kampf um den Menschen« bei Franz und Maschke habilitierte und zuvor schon Mannschaftshausführer in Heidelberg gewesen war (s.o.).127 Löffler war 1935 Studienassessor in St. Wendel und Schulungsleiter in der 85. Standarte; 1936 wurde er als Referent und Abteilungsleiter für Geschichte ins Rassenamt nach Berlin geholt, nach der Auflösung der Abteilung setzte er seine Arbeit im Ahnenerbe fort. Löffler war einer der gefragtesten Redner des Schulungsamtes für die SS und die Polizei und lieferte auch eine Reihe von Beiträgen für das SS-Leitheft. Er wurde während des Krieges Mitarbeiter des RSHA und war an sicherheitspolizeilichen Einsätzen im Südosten beteiligt.128 Auch Hans Heumann, der zuvor an der HfL Kiel und anschließend an der Universität Berlin studiert hatte, kam zur Promotion 1939 nach Jena. Heumann trat zwar erst 1933 der HJ bei, war aber zu diesem Zeitpunkt erst 18 Jahre; er wurde Amtsleiter für Presse und Propaganda der Studentenführung an der HfL Kiel und gehörte dem Mannschaftshaus in Berlin an; nach dem Studium arbeitete er als Referent bei der Volksdeutschen Mittelstelle, während des Krieges diente er als Obersturmführer bei der Waffen-SS, zuletzt bei der Abt. VI der Division »Das Reich«.129 Der Historiker Ulrich Crämer promovierte in Heidelberg, habilitierte sich aber 1934 bei Cartellieri in Jena; er war 1930 in Heidelberg in die NSDAP, 1932 in die SS eingetreten und wurde 1933 in Weimar zum Schulungsleiter in der 47. Standarte ernannt. 1939 erhielt er den Ruf auf eine Professur für Mittlere und neuere Geschichte in München.130 Jena war sicher ein besonderer Fall, zeigt aber, welche Wirkung von einzelnen Trägern der nationalsozialistischen Lehre wie Günther und Astel ausgehen konnte. Bemerkenswert ist allerdings, dass von allen Schulungskräften die meisten bereits vor 1933 nationalsozialistisch oder völkisch organisiert waren, von ihnen wiederum die Mehrheit bereits vor dem 20. oder 21. Lebensjahr, viele also schon mit einer entsprechenden Vor-Einstellung zur Universität kamen. Lediglich zwei traten erst nach 1933 einer nationalsozialistischen Organisation bei. Von insgesamt 69 Personen waren knapp zwei Drittel vor 1933 nationalsozialistisch/völkisch organisiert, von ihnen hatten 29 schon vor 1933, 15 vor 1930 das Studium abgeschlossen. In 20 Fällen lässt sich ein Einfluss von Hans F. K. Günther und Karl Astel nachweisen, in neun weiteren Fällen ein Studium bei Günther Franz oder Peter Petersen. Dieser Einfluss dürfte aber nur ein Faktor gewesen sein, da ein großer Teil der Studenten bereits als Jugendliche einer nationalsozialistischen Organisation angehörte und mit einer entsprechenden Orientierung das Studium aufnahm. 44 Studenten waren zwar bereits vor 1933 beigetreten, mit 23 Beitritten brachte das Jahr 1933 aber noch einmal einen besonderen Politisierungsschub. Unter Aspekten einer historischen Theorie der politischen Sozialisation erscheint es danach plausibel, von drei Faktoren auszugehen: – einer nationalsozialistischen Politisierung vor 1933, die aus einer oppositionellen Haltung zur Weimarer Republik erfolgte und in vielen Fällen in die familiäre Sozialisation zurückreicht,

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– einem Politisierungsschub, den die »nationalsozialistische Revolution« in den ersten Monaten des Jahres 1933 als aktuelles Geschehen für viele junge Studenten auslöste, – sowie einer spezifischen Konstellation des Studiums, die im Falle Jenas durch die Präsenz besonders einflussreicher und angesehener akademischer Repräsentanten und Bezugspersonen völkischen, nationalsozialistischen und rassenbiologischen Denkens geprägt war. Hinzu kommen die organisatorischen Aktivitäten des Nationalsozialistischen Studentenbundes und der SS, die sich mit dem Aufbau der Mannschaftshäuser frühzeitig um die Rekrutierung eines eigenen akademischen Potentials bemühte, sowie die Betreuung insbesondere der Junglehrer, Schulamtsbewerber und Referendare an ihren Einsatzorten durch die lokalen Einheiten der Allgemeinen SS. Die Stadt Jena war im Übrigen keine Hochburg des Nationalsozialismus; bei den Reichstagswahlen vom März 1933 blieb der Stimmenanteil für die NSDAP mit 33,4% um 14,2 Prozentpunkte unter dem Landesdurchschnitt für Thüringen. Die NSDAP regierte aber im Land Thüringen bereits seit 1930 mit und stellte mit Frick den Innenminister, der auch für die Bildungs- und Wissenschaftspolitik zuständig war. Vor diesem Hintergrund sollte der Landesuniversität in Jena eine »Avantgarde-Rolle« zukommen; Günthers Berufung nach Jena 1930 hatte in dieser Hinsicht Signalwirkung. Der Nationalsozialistische Studentenbund errang bei den Asta-Wahlen 1931 bereits 8 von 10 Mandaten.131 Auch wenn nur wenige Studenten selbst dem NSDStB beitraten, dürfte es doch eine breite Offenheit und Aufgeschlossenheit für die Aufnahme nationalsozialistischer und völkischer Ideologien gegeben haben. In diesem Umfeld gaben Professoren wie Günther und nach 1933 Astel, später dann Franz, Heberer, von Leers oder Kummer diesen Ideologien vermeintlich wissenschaftliche Strukturen und Grundlagen; sie trugen maßgeblich dazu bei, dass aus nationalsozialistischen Orientierungen akademisch legitimierte Schulungskompetenzen für die SS wurden. Als zusätzlicher Faktor politischer Sozialisation muss berücksichtigt werden, dass die frühe Regierungsbeteiligung der NSDAP in Thüringen trotz eines 1930 noch geringen Stimmenanteils von nur 11,3% schon vor 1933 die Möglichkeit gab, eigene Interessen durchzusetzen, rassistische Vorurteile hoffähig zu machen und einen stärkeren Einfluss vor allem auf Schüler und Studenten auszuüben. Thüringen war daher auch ein Probe-Vorlauf. Frick setzte nicht nur die Berufung Günthers durch, gleichzeitig wurde zum Beispiel auch linken Dozenten/-innen wie der Erziehungswissenschaftlerin Anna Siemsen die Lehrberechtigung entzogen. Zu den ersten Maßnahmen Fricks gehörte am 5.4.1930 ein »Erlaß wider die Negerkultur für deutsches Volkstum«. Seit Jahren würden sich fast »auf allen kulturellen Gebieten in steigendem Maße fremdrassige Einflüsse geltend« machen, die geeignet seien, »die sittlichen Kräfte des deutschen Volkstums zu unterwühlen«. Eine »Verseuchung deutschen Volkstums durch fremdrassige Unkultur« gelte es, »wo nötig, mit polizeilichen Mitteln abzuwehren.« Umgekehrt seien »in positivem Sinn deutsche Kunst, deutsche Kultur und deutsches Volkstum zu erhalten, zu fördern und zu stärken«.132 Signalwirkung hatte in diesem Zusammenhang neben der Berufung Günthers auch die Einsetzung Paul Schultze-Naumburgs als Direktor der Weimarer Kunsthochschule. Der Architekt Schultze-Naumburg, Autor des Werks »Kunst und Rasse« war ein Freund und Förderer von Günther und Darré, die in seinem Hause verkehrten – Darré widmete ihm

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sein Hauptwerk »Neuadel aus Blut und Boden«, Günther widmete ihm »Platon als Hüter des Lebens«. Er sollte die ehemalige Stätte des Bauhauses, das schon 1925 nach Dessau hatte umziehen müssen und auch dort auf Druck der NSDAP 1932 aufgeben musste, in eine »nationalsozialistische Kunsterziehungsanstalt« umwandeln; SchultzeNaumburg ließ daraufhin die Fresken von Oskar Schlemmer übermalen und die Gemälde von Kandinsky, Feininger, Klee und anderen als Werke »entarteter Kunst« und Dokumente eines »ostischen oder sonstigen minderwertigen Untermenschentums« aus dem Weimarer Schlossmuseum entfernen.133 Die NSDAP musste die Koalition 1931 schon wieder verlassen, kehrte aber 1932 in die Landesregierung zurück. 1932 gab Frick unter anderem einen Erlass heraus, nach dem in den Schulen die letzte Unterrichtsstunde der Woche regelmäßig mit der Verlesung des Art. 231 der Weimarer Verfassung zu schließen sei, der die Alleinschuld Deutschlands am 1. Weltkrieg anerkannte. Vor der Verlesung des »Schandartikels von Weimar« sollte der Lehrer die Worte sprechen: »Hört den Artikel, den Deutschlands Feinde ersannen, um uns auf ewig zu schänden«. Worauf die Klasse im Chor zu antworten hatte: »Die deutsche Schande soll brennen in unseren Seelen bis zu dem Tage der Ehre und Freiheit!«134 Die Lehramtsstudenten, die vor 1933 das Studium in Jena begannen und später zur SS gingen, wuchsen also schon in eine politisch besonders aufgeladene Stimmung hinein. Für das Schulungswesen der Thüringer SS war die Jenaer Universität von herausragender Bedeutung als »Zentrum weltanschaulich-wissenschaftlicher Legitimationsbildung« und »Lieferant« akademisch gebildeter Schulungskräfte. Nimmt man nur das Beispiel der 47. Standarte, so hatte etwa jeder dritte Schulungsleiter in Jena studiert. Berücksichtigt man nur die akademisch gebildeten Schulungsleiter – 55 von insgesamt 81 Schulungskräften der Allgemeinen SS, die sich für den gesamten Zeitraum von 1933 bis 1939 für die 47. Standarte ermitteln ließen –, so hatten mindestens 30, also mehr als die Hälfte in Jena studiert, die meisten anderen hatten an nahe gelegenen Universitäten und Hochschulen studiert, hauptsächlich in Marburg, Halle und Leipzig sowie in Erfurt, wo bis 1932 noch eine Pädagogische Akademie bestand. In 11 Fällen ließ sich der Studienort nicht ermitteln, so dass davon auszugehen ist, dass der Jenaer Anteil noch etwas höher lag. Noch deutlicher wird dieser Zusammenhang, wenn wir nur die leitenden Schulungskräfte betrachten: Eine Liste vom Januar 1937 weist für die 47. Standarte und die 3 Sturmbanne insgesamt 18 Schulungsleiter aus; 14 waren akademisch gebildet, von ihnen hatten 10 in Jena studiert. Elf waren Lehrer – Volksschul-, Landwirtschaftslehrer und Studienassessoren: eine Zahl, die die herausragende Rolle dieser Profession im Schulungsleiterwesen der SS belegt. Betrachtet man die Lehrer etwas näher, dann fällt auf, dass nur die Landwirtschaftslehrer 1933 schon weitgehend beruflich »etabliert« waren. Von den Volksschullehrern hatten lediglich zwei vor 1933 bereits eine Festanstellung gefunden und auch die angehenden Studienräte befanden sich alle noch im Status des Studienreferendars oder Studienassessors. Die meisten begannen das Studium zu einer Zeit, in der sich die Einstellungschancen für Lehrer generell erheblich verschlechterten. Während der Weimarer Republik war es im Zuge einer sozialen Öffnung der Bildungssysteme zu einem starken Anstieg der Studentenzahlen gekommen; nach der Weltwirtschaftskrise nahm die Zahl der Studenten noch einmal zu, während gleichzeitig in großem Stil Stellen gestrichen und Gehälter gekürzt wurden. Die Lehrerarbeitslosigkeit, die in der zweiten Hälfte der 20er Jahre zunächst noch stark zurückgegangen war, schnellte wieder

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hoch und verdoppelte sich innerhalb von zwei bis drei Jahren. In dieser Situation entstand eine »Überfüllungspsychose«, die viele Studenten nach radikalen völkischnationalen Auswegen suchen ließ und für politische und rassistische Ressentiments aufgeschlossen machte.135 Man kann vermuten, dass sich die Jenaer Studenten von der NSDAP auch eine reale Verbesserung ihrer Berufsperspektiven erhofften. Dies war allerdings vor 1933 noch nicht absehbar, der Beitritt zu einer nationalsozialistischen Organisation war für angehende Lehrer und Beamte vielmehr noch mit Risiken und Unsicherheiten verbunden und unter Aspekten der Karriereplanung nicht unbedingt rational. Von insgesamt 34 Jenaer Lehramtsstudenten waren mindestens 22 bereits vor 1933 nationalsozialistisch organisiert. Eine Verbesserung der Situation trat aber nach 1933 tatsächlich ein und dürfte sie in ihrer politischen Orientierung bestätigt haben, so dass die meisten das politische Engagement durch den Einsatz für die SS weiter ausbauten, viele sich sogar für ein hauptberufliches Engagement in der Politik und der SS entschieden. Von zusammen 34 Volksschullehrern und angehenden Studienräten erlangten 13 in den Jahren 1935 bis 1941 eine Festanstellung, zusammen mit den bereits vor 1933 verbeamteten Lehrern waren daher 15 bis dahin auf festen Stellen, die anderen wechselten hauptberuflich zur SS oder Polizei oder in die Wissenschaft. Die Dauer vom Examen bis zur Verbeamtung betrug bei den Volksschullehrern im Durchschnitt fünf Jahre, für Studienräte sieben bis acht Jahre – dies unterschied sich nicht nennenswert von den Verhältnissen in der Weimarer Republik, denn zwischen 1924 und 1932 lag die durchschittliche Wartezeit für Lehrer bis zur festen Anstellung bereits bei über sieben Jahren. Tatsächlich verkürzte sich jedoch die Zeit der Berufstätigkeit zwischen Examen und Festanstellung, weil sie inzwischen immer häufiger durch Einberufungen zu Wehrübungen, zu Schulungslagern und Lehrgängen, durch Arbeitsund Landdienst und durch selbst gewählte politische Aktivitäten unterbrochen wurde. Dennoch kamen die Jenaer Lehrer, die im Schulungswesen der SS mitarbeiteten, relativ früh zu festen Anstellungen. Während das durchschnittlicher Alter der Ernennung zum Studienrat bis 1936 auf 39,9 Jahre angestiegen war, erreichten die Studienassessoren unserer Gruppe dies bereits im Alter zwischen 33 und 35 Jahren. Dies waren allerdings nur sieben der insgesamt 17 Studienassessoren unserer Gruppe; denn neun entschieden sich für eine hauptberufliche Arbeit bei der SS oder im Dienste der SS bei der Polizei, einer davon noch nach der Ernennung zum Studienrat; in zwei Fällen ist der Verbleib nicht bekannt. Dieses Ergebnis passt einerseits in das Bild der allgemeinen Entwicklung, nach dem sich die Anstellungsbedingungen für Lehrer nach 1933 und insbesondere für Studienassessoren ab 1935 spürbar verbesserte und die »Überfüllungskrise« schon wenige Jahre später vorüber war; andererseits war aber der Wechsel in andere Tätigkeitsfelder für Lehrer und speziell Studienassessoren generell ungewöhnlich, er blieb unabhängig von den Konjunkturen des Arbeitsmaktes auf wenige Ausnahmen beschränkt und stellte angesichts der Entspannung auf dem bildungsspezifischen Arbeitsmarkt auch keine ökonomisch motivierte Notlösung dar.136 Insgesamt erscheint daher die Annahme plausibel, dass es diesen Männern nicht nur und vielleicht nicht einmal primär darum ging, einen gesicherten Berufs- und Beamtenstatus zu erlangen, sondern dass es sich um eine Gruppe politisch interessierter, engagierter und aktiver Akademiker mit einer nationalsozialistischen Orientierung handelte, die an der Gestaltung und Veränderung der Gesellschaft mitwirken wollten. Vielen von ihnen reichte der Aktionsradius nicht, den die Arbeit als Volksschul- oder

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Gymnasiallehrer eröffnete: insgesamt wechselten 18 Lehrer während der Vorbereitungszeit oder noch nach der Festanstellung in die Politik und übernahmen hauptamtliche Aufgaben vor allem bei der SS, einige schlugen eine Laufbahn in der Wissenschaft ein, zwei wechselten zur Berufsberatung. Für viele war daher der Beitritt zum Nationalsozialistischen Studentenbund ein Einstieg und der Einsatz im Schulungswesen der SS der Auftakt zu einer Karriere innerhalb des »SS-Staates«. Allen gemeinsam war ein starkes Aufstiegsstreben, das aber in den meisten Fällen die politische Orientierung nicht erst bestimmte, sondern schon früh mit ihr verbunden war, und dem daher auch nicht primär ökonomische Motive zugrunde lagen, sondern das vom Willen nach aktiver Mitgestaltung der gesellschaftlichen Veränderungen durch den Nationalsozialismus geleitet war. Beruflicher Verbleib der Volksschullehrer und Studienassessoren, die in Jena studiert hatten und als Schulungsleiter in der SS mitarbeiteten137 Festanstellung im Schuldienst vor 1933 Festanstellung im Schuldienst zwischen 1935 und 1941 Wechsel in eine hauptberufliche Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes - Hauptamtliche Tätigkeit in der SS oder Polizei - Andere hauptberufliche Tätigkeit in der Politik - Wechsel in eine wissenschaftliche Tätigkeit - Berufsberatung N=34

2 13 18 15 1 4 2

V.4 »MODERNE PÄDAGOGIK« In einer Beurteilung des zuvor erwähnten Jenaer SS-Oberscharführers und Polizeischulungslehrers Dr. Karl Hartmann durch den Regierungsrat Dr. Schmidt von der Polizeiabteilung des Thüringischen Innenministerium wurde ihm bescheinigt, dass er »einen lebensnahen, auf den Grundsätzen der modernen Pädagogik und Didaktik aufgebauten Unterricht gegeben« habe. Für Prinzipien einer »modernen Pädagogik« war man auch in der SS aufgeschlossen. Himmler selbst, der ja Sohn eines Gymnasialschullehrers war, wünschte einen abwechslungsreichen und lebendigen Unterricht, der sich deutlich vom »herkömmlichen« und »paukermäßigen« Unterricht unterschied. Der Ablehnung einer an Sachlichkeit und politischer Neutralität orientierten Beamtenrolle zugunsten des neuen Bildes vom »politischen Beamten« korrespondierte die Kritik an tradierten Konzepten des Lehrers als Staatsbeamten. Dies traf sich mit dem antibürgerlichen Affekt der SS, der insbesondere vor 1933 gerade solche Lehrer anzog, die der völkischen Reformpädagogik nahestanden, aus der Bauernschulbewegung kamen oder politische Wurzeln in der völkischen Jugendbewegung hatten. Beredte Beispiele dafür aus Jena sind die Brüder Erich und Werner Pohl, die beide vor 1933 an der Hermann-Lietzschule Haubinda gearbeitet hatten.138 Zwar gehörte auch die Erziehung zu »preußischer Zucht und Disziplin« zum Markenzeichen der Waffen-SS, bei der weltanschaulichen Schulung ging es jedoch um das

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Erfassen und Verstehen geistiger Werte und Inhalte, und hier war man für moderne Unterrichtsmethoden aufgeschlossen. Ein SS-Mann sollte sich die nationalsozialistische Weltanschauung so zu Eigen gemacht haben, dass er sie auch überzeugend nach außen vertreten und an andere weitergeben konnte, im Zweifelsfall sogar bereit war, sein Leben für sie zu opfern. Das Handeln aus nationalsozialistischer Überzeugung heraus sollte authentisch sein und aus dem Inneren kommen, ein Schulungsredner hatte sich an »Herz, Geist und Seele« gleichermaßen zu wenden, um seine Männer in ihrem Innersten packen und ergreifen zu können. Drill, Auswendiglernen und Indoktrination waren da wenig Erfolg versprechende Methoden: »Kommandosprache ist unangebracht«.139 Disziplin und »preußische Zucht« mochten militärisch funktional sein, für die weltanschauliche Erziehung waren sie aber kontraproduktiv. Zu den Prinzipien einer modernen Pädagogik gehörte außer einer abwechslungsreichen, anschaulichen und lebensnahen Unterrichtsgestaltung die Erziehung zu selbständigem Arbeiten und Denken; für die Ausbildung von SS-Führern und Schulungsleitern war speziell die Entwicklung rhetorischer Fähigkeiten bedeutsam: die Einübung in die freie Rede und in eine »fesselnde« Vortragsweise. Ein Führer der SS, hieß es in einer Anordnung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, müsse »in der Lage sein, unkundige und zweifelnde Volksgenossen jederzeit über die Grundsätze der nationalsozialistischen Politik und über die Pflichten jedes Deutschen zu belehren.«140 Dies setzte Sachkenntnis und Argumentationsfähigkeit gleichermaßen voraus. Beides stand deshalb im Zentrum der Rednerausbildung von Partei und SS. Auch das Gemeinschaftserlebnis des »Lagers« gehörte zum Kernbestand »moderner« Pädagogik. Die allseits praktizierte »Lagererziehung« des Dritten Reichs war nicht nur ein Instrument der Formierung, sondern wurde auch als ein Erbe der Jugendbewegung und der Reformpädagogik unter neuen, nationalsozialistischen Vorzeichen aufgegriffen und galt unter diesen Vorzeichen als eine »moderne« Form der Erziehung. Das Erleben der »Kameradschaft« und die Verknüpfung des Lernens mit dem Gemeinschaftserlebnis im Lager in einer naturnahen Umgebung erschien quer durch die Parteien weithin als attraktive Alternative einer modernen Pädagogik zum verschulten Lernen.141 Die völkische und nationalsozialistische Bewegung griff in dieser Hinsicht nur Tendenzen auf, die auch aus der bürgerlichen und sozialistischen Jugendbewegung kamen. In der realen Unterrichtspraxis der SS vermischten sich neoherbartianische Konzepte, wie sie in den Lehrerseminaren Usus waren, die den Unterrichtsvorgang in eine vorgegebene Folge von Lernschritten zerlegten, mit offeneren Lehr- und Lernformen, die in den 30er Jahren schon von der Erziehungswissenschaft an den Universitäten und Hochschulen für Lehrerbildung rezipiert und vermittelt wurden. Prinzipien »moderner« Pädagogik waren während der Weimarer Republik vor allem durch die reformpädagogische Bewegung in die Lehrerbildung gelangt. Jena war mit der »Erziehungswissenschaftlichen Anstalt« Peter Petersens ein Kristallisationspunkt für das Bestreben, die Lehrerbildung auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen und gleichzeitig an reformpädagogischen Prinzipien auszurichten. Alle Lehramtsstudenten in Jena einschließlich der angehenden Gymnasiallehrer dürften etwas von dieser Intention und der »Jenaplan-Pädagogik« Petersens mitbekommen haben. Konjunktur hatte vor allem eine Pädagogik, die die Vereinbarkeit von modernen Erziehungs- und Unterrichtsprinzipien mit völkisch-nationalsozialistischem Gedankengut demonstrierte – in diese Richtung konnte man Petersen zumindestens ausdeuten. Ein anderer

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prominenter Vertreter einer zwar »gemäßigter modernen«, aber dezidierter und programmatisch völkisch ausgerichteten Pädagogik war der Tübinger Ordinarius Oswald Kroh. Die Universität Tübingen spielte, zusammen mit der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, eine ähnliche Rolle für die hochschulische Sozialisation von Schulungsleitern und Mitarbeitern des Schulungsamtes in Württemberg wie Jena für Thüringen; dies soll hier nicht noch einmal an einem anderen Beispiel dargestellt werden. Am Fall Kroh ist vielmehr interessant, dass er im Zentrum eines Netzwerkes von Personen stand, die sich aus dem Raum Tübingen – Esslingen – Stuttgart kannten und unter der Amtsleitung Gottlob Bergers in zentrale Schaltstellen der Macht im SSSchulungsamt aufrückten. Kroh vertrat ähnlich wie Ernst Krieck das Konzept einer »völkischen Anthropologie« und begriff Erziehung als Entfaltung eines rassenbiologisch wie rassenseelisch gegebenen Potentials, als »Formung des deutschen Volks unter ständigem Rückgriff auf seine arteigenen Richtkräfte« zu einem einheitlichen Ganzen. In einem Vortrag vor Seminarlehrern in Esslingen sprach er von einer »revolutionären Zeit«, die eine neue, nämlich die völkische Anthropologie erfordere; sie sei nicht nur die neue »Zentralwissenschaft«, in der der alte Gegensatz von Biologie und Kulturwissenschaft aufgehoben wäre, sondern zugleich eine politische Disziplin, weil sie an der Volkwerdung der Deutschen teilhabe, sowohl durch »Wunschverwirklichung« als auch durch »Gefahrenbeseitigung« – damit war die Erkenntnis des »Artfremden« gemeint, das die Deutschen in ihrer Geschichte immer wieder an der Verwirklichung des »arteigenen« Wesens gehindert habe.142 Am Esslinger Lehrerseminar, das zu diesem Zeitpunkt in eine Hochschule für Lehrerbildung umgewandelt wurde, unterrichteten Krohs Schüler Ludwig Eckstein, Karl Dambach und Friedrich Österle. Zu dieser Zeit – 1934 – war auch Gottlob Berger noch als Rektor und Schulrat in Esslingen tätig. Sie alle gehörten 1933/34 der SA an und könnten sich auch von da her gekannt haben. Während dieser Zeit kam unter anderem auch der Rassenbiologe Professor Gieseler von der Tübinger Universität als Rassereferent der SA und Mitarbeiter des RPA zu Junglehrer-Kursen nach Esslingen.143 Oswald Kroh, der mit seinen Studenten auch Exkursionen zur Odenwald-Schule unternahm, richtete ab 1924 in Tübingen Übungs- und Versuchsklassen der Universität an Volksschulen ein, an denen Studenten Praxiserfahrungen machen konnten. Dabei handelte es sich, ähnlich wie bei Petersens Universitätsschule in Jena, um ein refompädagogisch inspiriertes Projekt einer praxisorientierten Lehrerbildung. Karl Dambach gehörte zu den ersten Lehrern, die an diesen Schulen unterrichteten. Möglicherweise betreute Kroh auch die »Versuchsvolksschule« in Wankheim bei Tübingen, an der Gottlob Berger von 1928 bis zu seiner Berufung nach Esslingen 1933 als Hauptlehrer unterrichtete. Berger wurde 1935 von Esslingen als Referent für Leibeserziehung und Regierungsrat ins Württembergische Kultusministerium nach Stuttgart berufen und leitete von 1936 bis 1938 die Württembergische Landesturnanstalt. 1936 trat er von der SA zur SS über. Während dieser Zeit dürfte er Wilhelm Gschwend kennen gelernt haben, der seit 1933 ebenfalls Regierungsrat im Württembergischen Kultusministerium war und als Referent in der Ministerialabteilung für Höhere Schulen arbeitete. Der württembergische »Kultminister« Mergenthal hatte den Ehrgeiz, aus Württemberg eine »schulpolitische Avantgarde des Reichs« zu machen und besetzte deshalb Schlüsselstellungen seines Ministeriums mit verlässlichen Parteigenossen.144 Während Gschwend der Ministerialabteilung für die Höheren Schulen beige-

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ordnet wurde, ernannte er Otto Borst zum Regierungsrat und später Präsidenten der Abteilung Fachschulen. Borst, seit 1931 in der nationalsozialistischen Bewegung aktiv, organisierte in Esslingen eine Vortragsreihe unter dem Titel Schulung des Erziehers im nationalsozialistischen Staat, die 1934 erschien. Er machte sich vor allem für die Errichtung internatsmäßig geführter Meisterschulen stark, auf denen Fachkräfte schon mit Blick auf die Aufgaben des Krieges ausgebildet werden sollten. Im Dezember 1942 bot er seinem Freund Berger trotz eines Rufs an die TH Karlsruhe die Mitwirkung bei den großen Aufgaben der »Menschenplanung« an: »Ich möchte aber glauben, dass es in Deinem neuen Aufgabenkreise Gelegenheiten des Einsatzes und der Bewährung in ausreichender Zahl gibt. Die Probleme des Ostens, der Raumordnung, des Verkehrs, des Arbeitseinsatzes liegen offen zutage.« Berger holte ihn daraufhin Anfang 1943 als Hauptabteilungs- und kurz darauf Amtsleiter für die berufliche Schulung und Erziehung ins SS-Hauptamt.145 Gschwend gehörte ebenfalls seit 1931 der NSDAP an, war Ortsgruppenleiter in Stuttgart-Süd und saß von 1933 bis 1936 als Ratsherr für die NSDAP im Stuttgarter Stadtrat. Er war für die Herausgabe der Monatszeitschrift »Aus Unterricht und Forschung. Wissenschaftliche Zeitschrift auf nationalsozialistischer Grundlage« verantwortlich. Eine Arbeitstagung der Schulleiter württembergischer Schulen wurde 1935 mit einer Rede Gschwends auf der Insel Reichenau eröffnet.146 Er war also eine bekannte und einflussreiche Gestalt der nationalsozialistischen Schulpolitik Württembergs und es wäre unwahrscheinlich, wenn Berger ihn nicht gekannt hätte. Mit Gschwend wäre das spätere Führungstrio des SS-Schulungsamtes aus Gschwend, Dambach und Eckstein komplett. Alle drei kamen erst spät zur SS: Gschwend wurde im November 1939 als Hauptsturmführer aufgenommen und nahm mit der Waffen-SS am Frankreich-, dann am Russland-Feldzug teil, bis er 1942 verwundet und nach längerem Lazarett-Aufenthalt zum Schulungsamt versetzt und dort mit der Leitung der Hauptabteilung C I.1 Weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit und der Herausgabe der Leithefte betraut wurde. Dambach, der bis 1939 noch als Studienrat an der HfL Esslingen tätig war, wurde 1940 wie viele seiner Kollegen als Heerespsychologe eingesetzt, nach der Auflösung der Heerespsychologie im Juli 1942 in die SS übernommen und zum Obersturmbannführer im SS-Hauptamt ernannt, wenig später avancierte er zum Standartenführer und persönlichen Referenten Bergers für weltanschauliche Fragen. Er war damit Bergers »Verbindungsmann« zum Amt C I. Eckstein war bereits seit 1934 in der Heerespsychologie tätig, 1938 war er leitender Psychologe und Personalgutachter der Ergänzungsstelle Nürnberg, zuletzt im Rang eines Oberregierungsrats. Vermutlich hing es mit der räumlichen Nähe zu Erlangen zusammen, dass er sich 1942 dort habilitierte. Eckstein trat zum 1.9.1942 als Obersturmbannführer in die Dienste der SS ein und nahm dort als wissenschaftlicher Referent und Chefadjudant des Schulungsamtsleiters Webendörfer eine herausgehobene Stellung ein. Drei weitere Kollegen dieser drei komplettieren die Tübinger Gruppe im Amt C I: Hans-Willi Ziegler als Leiter der Abteilung »Praktische Rassenpsychologie und Volkstumsforschung«, Emil Wezel als Leiter der Abt. »Schrifttum und Presse« sowie Friedrich Oesterle, der 1943 zum Amt C I kam und dort mit der Erstellung von »Schulungsschriften für die Schutzmannschaften im Osten« befasst war; im November 1943 wurde er als Leiter der Abt. VI zur Freiwilligen-Division »Galizien« versetzt. Alle drei waren zuvor in der Heerespsychologie tätig und wurden nach deren Auflösung

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als Sturmbannführer ins SS-Hauptamt übernommen.147 Bis auf Gschwend, der neuere Sprachen und Geschichte studiert hatte und Gymnasiallehrer war, hatten alle bei Kroh studiert und promoviert. Sie waren nicht die einzigen Schüler von Kroh, die im Schulungswesen der SS tätig wurden. Friedrich Berger, der später Direktor der Braunschweiger Hochschule für Lehrerbildung wurde und Standartenschulungsleiter im RuSHA war, hatte 1928 bei Kroh promoviert, war sein Assistent und habilitierte sich 1931 bei ihm; der Schulungsreferent des RuS-Führers Mitte und Mannschaftshausführer in Braunschweig Ludwig Amberger hatte ebenfalls noch in Tübingen Erziehungswissenschaft und Psychologie studiert, er folgte Friedrich Berger 1936 nach Braunschweig und promovierte 1938 bei ihm. Dambach redigierte 1944 in enger Absprache mit Eckstein die »Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht«. Von ihm dürfte daher auch die »Anweisung für die Benutzung der Handblätter« verfasst sein, die der Folge voranging und Ratschläge zur Unterrichtsmethode enthielt. Der Text verrät den erfahrenen, an einem »modernisierten Herbartianismus« geschulten Seminarlehrer und passte in der Diktion auch eher in ein Lehrerseminar als in eine Abt. VI der Waffen-SS, für die er ja bestimmt war. Nur einzelne Formulierungen erinnerten an diese Bestimmung. Die Methode, hieß es, sei jeweils von der Person des Erziehers, vom Bildungsgrad seiner Männer und vom Unterrichtsstoff abhängig; die beste Methode sei aber diejenige, »die die Männer zu fanatischen, nationalsozialistischen Kämpfern macht«. An »Unterrichtsmitteln« wird zwischen »Vortrag« und »Lehrgespräch« unterschieden. Ein Vortrag werde am besten frei gehalten, und der Hörer müsse aus ihm stets auch »eine leidenschaftliche innere Anteilnahme des Redners« heraushören. Wichtig sei, während eines Vortrags Karten und Bilder einzuschalten, um die Aufmerksamkeit wach zu halten. Dem Vortrag müsse stest ein »Lehrgespräch« folgen, »durch das der Unterrichtsstoff geklärt, im Gedächtnis verankert und auf seine weltanschaulichen Erkenntnisse hin beleuchtet und ausgewertet wird.« In den Schulungsberichten hieß das zumeist »Aussprache«. Gemeint war ein vom »Erzieher« unauffällig (»Er ist scheinbar ganz passiv, aber eben nur scheinbar«) als Moderator gelenktes Gespräch, an dem möglichst alle Männer beteiligt sein sollten. Das Lehrgespräch, hieß es, erzieht »zum selbständigen Denken, Urteilen und zum freien Meinungsaustausch«. Es ermutige den einzelnen, sich in der Gruppe zu äußern: »Mancher wagt sich mit Fragen und Antworten heraus, übt sich im Sprechen vor einer Schar von Männern, wozu er sonst kaum je einen Anlauf nehmen würde.« Der Autor hatte dabei auch die Bildung der rhetorischen Fähigkeiten für die politische Auseinandersetzung im Blick: »Das Lehrgespräch übt das Reden, das Denken und die Urteilskraft der Männer und ist eine gute Vorbereitung für den Fall, dass sich der SS-Mann mit Zweiflern und Miesmachern auseinanderzusetzen hat.« Im Anschluss an die »Unterrichtsmittel Vortrag und Lehrgespräch« werden die wichtigsten »Anschauungsmittel« vorgestellt: Karte, Bild und Film. Ohne Karten sei kein Geschichtsunterricht, ohne Bilder kein Rassenkundeunterricht möglich. Das modernste Anschauungsmittel aber war der Film: »Die Bedeutung, die er für den Unterricht einmal bekommen wird, ist noch gar nicht zu übersehen«. Der Film werde am leichtesten verstanden, ziehe die Aufmerksamkeit an und könne der Lebenswirklichkeit am nächsten kommen. Wo immer es möglich ist, solle er daher in der Schulungs- und Erziehungsarbeit der SS eingesetzt werden. Schließlich wird der idealtypische Verlauf einer Unterrichtsstunde ausführlich vorgestellt und noch einmal prägnant zusammengefasst:

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»1. Zielangabe: Thema 2. Darbietung des Stoffes (unter Verwendung vorhandener Anschauungsmittel) 1. Abschnitt: Vortrag: (bzw. Lehrgespräch) Lehrgespräch: Sachliche Klärung des Stoffes und Erklärung der ursächlichen Zusammenhänge. Wenn möglich, Herausstellen einer nationalsozialistsichen These. Zusammenfassung: Wiedergabe des Stoffes durch einen SS-Mann in zusammenhängender Rede unter einer scharf formulierten Überschrift. Diese kann in der ersten Zeit vom Einheitsführer gegeben werden, muß im allgemeinen aber nach dem Lehrgespräch von den Hörern selbst gefunden werden. In derselben Weise werden alle Abschnitte behandelt. 3. Weltanschauliche Auswertung des Stoffes. Herausstellen weltanschaulicher Erkenntnisse 4. Herausarbeiten weltanschaulicher Thesen unter Zugrundelegung des gesamten Unterrichtsstoffes. 5. raktische Anwendung auf das Leben.«

Zum Punkt »Weltanschauliche Auswertung« heißt es erläuternd: »Die Kunst des Erziehens beginnt da, wo der Erzieher die Geschichtstatsachen in weltanschauliche Erkenntnisse und in willensmäßige und politische Antriebe umsetzt, die den SS-Mann treiben, fanatisch für das Reich zu kämpfen und den Feind zu schlagen. Auf die lebenskundlichen Themen bezogen heißt das: Der SS-Mann muß die Lebensgesetze seines Volkes und die Ordensgesetze der SS befolgen und seine ganze Verantwortung gegenüber Familie, SS, Volk und Reich und seinen ganzen Rassenstolz zu beweisen lernen. Das heißt weiter: unser gemeinsames Blut als die lebendige, natürliche und schöpfungsgerechte Grundlage des Reiches zu erkennen, die allen plutokratischen und bolschewistischen Gewalten zum Trotz bis zum letzten zu verteidigen ist. Oberstes Gesetz ist auch hier, die Erkenntnisse in fanatischen Willen zum uneingeschränkten Sieg umzusetzen.«

Der Text schließt mit der Mahnung: »Der Einheitsführer suche die Ursache des Misserfolgs nie bei den SS-Männern, sondern stets bei sich selbst.«148 Um die Argumentationsfähigkeit zu schulen, veranlasste Dambach, die »Handblätter« in quasi-katechetischer Form nach dem Schema »Frage – Antwort – Beweisführung« zu gestalten.149 Dies bot sich für die rasche Erschließung der Inhalte eines Textes an. Das Konzept des »Lehrgesprächs« ging zwar über ein »starres Frage- und Anwort-Schema« zwischen Lehrer und Schüler hinaus, indem es Fragen und Anregungen der Schüler mit einbezog, Gespräche unter den Schülern und damit auch Diskussionen zuließ,150 der Lehrer hatte aber den Prozess unauffällig zu steuern und dafür Sorge zu tragen, dass der vorgegebene Rahmen nicht verlassen wurde. Insofern handelte es sich beim »Lehrgespräch« um eine paradoxe Lehrform, die die Diskussion instrumentalisierte, um die erreichten Erkenntnisse als Ergebnis eines gemeinsamen Urteilsbildungsprozesses erscheinen zu lassen. Nicht zufällig waren in vielen »Handreichungen« für den weltanschaulichen Unterricht bei Fragen die Antworten für den Schulungsleiter immer gleich mit enthalten. Auch ging die offene Form des »Gesprächs« nie so weit, dass es die stets vorgegebenen Inhalte und Ziele hätte in Frage stellen können. Für die »Ausspracheabende«, die beispielsweise an der Unterführerschule Radolfzell veranstaltet wurden, arbeitete die Abt. VI die Antworten auf die Fragen, die jeweils anstanden, vorher aus und verteilte sie an die Führer. Das Ergebnis

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stand also bereits fest, und auch sonst wurden der Diskussion enge Grenzen gezogen, wie die folgende Anweisung der Abt. VI zeigt: »Ein Ausspracheabend soll nicht: a) Sachen diskutieren, die nicht diskutierbar sind oder allgemein bekannt sind, b) soll nicht in Wortklaubereien ausarten, c) soll nicht Gelegenheit zum Austragen persönlicher Differenzen geben, d) Auf einem Ausspracheabend darf sich keiner zum Anwalt des Gegners machen, sondern jeder muß Positives beitragen und die Einwände des Gegners widerlegen. e) Auf einem Ausspracheabend muß Ordnung herrschen.«151

Man kann allerdings von gemeinsam geteilten Grundlagen ausgehen, das heißt es wird kaum jemanden gegeben haben, der von der Richtigkeit der vorgegebenen Antworten und Ergebnisse nicht vorab schon überzeugt gewesen wäre – genau das war mit »Schulung« gemeint: ein Training, um das vorausgesetzte, von niemandem angezweifelte Wissen zu begreifen und es sich so anzueignen, das man es auch selber überzeugend nach außen vertreten kann. Es würde deshalb in die Irre führen, wenn man »Schulung« mit »Indoktrination« gleichsetzte. Sie ließ das »Gespräch«, die »Aussprache« und die Diskussion zu, die sich allerdings im Rahmen eines von allen akzeptierten, geschlossenen Systems bewegten und innerhalb dieses Systems funktional sein mussten. Mit den Rahmenbedingungen selbst brauchte man sich nicht lange aufzuhalten: Sie waren durch den Eintritt in die Organisation schon akzeptiert. Ein ähnlich seminaristisches Konzept wie im Fall der »Handblätter« findet sich auch in anderen Schulungsanweisungen. Zum Beispiel gab die 36. Standarte in Danzig 1943 das folgende Merkblatt für den Dienstunterricht heraus, das ich hier paraphrasiere; es dokumentiert übrigens zugleich den Fortgang des Schulungsdienstes während des Krieges in der Allgemeinen SS: I. Vorbereitung auf den SS-Dienst im Unterricht. »Grundsatz: Ohne gründliche Vorbereitung kein nutzbringender Unterricht. … nur wer selbst den von ihm vorgetragenen Stoff beherrscht, kann ihn in richtiger Weise anderen übermitteln.« »Sammle, sichte und ordne den Lehrstoff, stelle das Notwendige heraus, beherrsche den Vortragsstoff unbedingt sicher, halte Veranschaulichungsmittel bereit … lege schließlich den Ablauf der Unterrichtsstunde in Stichworten fest.« II. Verlauf des Unterrichtsdienstes. Klarer Ablauf… Kein bloßes Vortragen oder Abfragen, sondern Vermitteln des Stoffes; vermittelnde Tätigkeit, muß sich nach dem Gedankenablauf der SS-Männer richten. 1. Ausgang von Bekanntem zu Unbekanntem (Anknüpfen an frühere Unterrichtsergebnisse oder Erfahrungstatsachen) 2. Das Ziel der Stunde wird bekannt und klar herausgestellt (jeder muß wissen, worum es geht) 3. Der neue Lehrstoff wird behandelt. a) die mitteilende Lehrweise (Vortrag, Beschreibung, Erklärung; Vortrag muß frei gehalten werden) b) findende Lehrweise (Lehrgespräch, gemeinsame Denktätigkeit durch Frage und Antwort; Anregung zur Mitarbeit) »Die Frage sei daher: - sprachlich richtig (das Fragewort gehört an den Anfang des Satzes)

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- klar, verständlich und einfach, d.h. der Gefragte muß erkennen können, was er antworten soll. - angepasst, d.h. nicht zu schwer. - an alle Teilnehmer des Dienstunterrichtes gerichtet, weil sonst nicht alle mitdenken. Die Antwort muß richtig beurteilt werden, - wichtige Gedanken müssen anerkannt werden, nur grundsätzlich Falsches wird zurückgewiesen. - nach Möglichkeit von einem Teilnehmer des Dienstes bewertet werden. (Forderung der Urteilsfähigkeit) - sprachlich richtig sein. - sprachliche Fehler müssen stets und sofort verbessert werden. - in vollständigem Satz vom Gefragten gegeben werden. Die Antworten werden vom Unterrichtenden nicht wiederholt. Bestätigungen wie ›schön‹, ›richtig‹ sind meist überflüssig. c) Der Vortrag von SS-Angehörigen aus dem Unterrichtskreis (nicht geschult) eignet sich insbesondere für leichte Stoffgebiete und für Wiederholungen. Der unterrichtende Einheitsführer bzw. SS-Angehörige hat jedoch dem Vortragenden vorher Richtlinien und Hinweise zu geben, welche Gedanken besonders herausgestellt werden sollen, da auch durch den Vortrag der nicht geschulten SS-Angehörigen (kein Redner) der beabsichtigte Unterrichtszweck erreicht werden muß. Kritik und Aussprache vertieft dann das im Vortrag gebotene.« 4. Zusammenfassung und Anwendung; planmäßige Wiederholung. III. Hilfsmittel IV. Anforderungen an den Einheitsführer bzw. Schulungsleiter als Lehrer einer Einheit. Grundsatz: »Der Unterrichtende wirkt durch gutes Vorbild«. 152

Dies war ein methodisches Konzept, wie es in der deutschen Schulpädagogik verbreitet war, dessen Verständnis und Umsetzung schon ein gewisses Maß an professioneller Erfahrung voraussetzte.153 Die Lehrer, die in den WE-Abteilungen eingesetzt waren, sahen ihre Aufgabe vielfach darin, wie ad-hoc-Seminarlehrer den Einheitsführern neben Stoffaufbereitungen auch Grundformen des Unterrichtens zu vermitteln; darauf lässt etwa folgende Anweisung schließen: »Im Unterricht ist grundsätzlich weitgehend mit hinlenkenden Fragen, wie wiederholt vorgemacht und befohlen, der Stoff von den Lernenden zu erarbeiten. Die Lehrgangsteilnehmer sind in dieser Art des Unterrichtens planmäßig zu fördern.«154 Im SS-Panzer-Grenadier-Ausbildungs- und Ersatzbataillon 10 beispielsweise wurden die Kompanieführer vom Leiter der Abt. VI darin unterrichtet, Lehrgespräche durchzuführen; die weltanschauliche Schulung beinhaltete daraufhin drei Elemente: 1. den Unterricht durch die Kompanieführer in Form von Lehrgesprächen, 2. Kurzvorträge durch Unterführer mit anschließender Diskussion, die aber auch wieder als »Aussprache unter Leitung des Kompanieführers« gestaltet war, und 3. schriftliche Arbeiten.155 Die Schulungsstunden sollten im Idealfall aus Vorträgen, an die sich (gelenkte) Aussprache und Diskussionen anschlossen, bestehen. »Die Aussprache ist der wichtigste Wertmesser dafür, ob der SL seine Sache richtig gemacht hat und ob er verstanden worden ist«, hieß es bereits in der Dienstanweisung des RuSHA für die Schulungsleiter vom Oktober 1934.156 In Berichten aus der Schulungsarbeit der Waffen-SS werden häufig auch zusätzliche Diskussionsstunden erwähnt. Über den WS-Lehrer Otto Eysell schrieb der Kommandeur der Junkerschule Braunschweig: »Sein Vortrag ist klar und lebendig. Zweimal wöchentlich versammelt er die Junker abends um sich,

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um in zwangloser Rede und Gegenrede weltanschauliche Fragen, die die Junker beschäftigen, zu klären.« Eysells Nachfolger Franz Augsberger setzte diese Tradition der »Sprechabende« mit den Junkern fort.157 In der Artillerieschule Beneschau wurden, wie weiter oben erwähnt, 1944 regelmäßige Diskussionsstunden zusätzlich zum weltanschaulichen Unterricht eingeführt. Der WS-Lehrer Hörist beschreibt die Methode der Diskussionsnachmittage in einer Anlage zum Monatsbericht vom August 1944: Die Diskussionsleitung lag bei den Unterführern, die das Thema zuvor mit den Batteriechefs durcharbeiteten und dann gemeinsam mit Hörist von Stube zu Stube gingen; dort wurden in einer ersten Stunde Vorträge mit einer anschließenden freien Aussprache gehalten; danach folgte ein »kleiner richtungweisender Einführungsvortrag« von 5 Minuten, an den sich eine strukturierte, problemorientierte Diskussion anschloss. Abschließend fasste der Diskussionsleiter die Ergebnisse zusammen.158 Wie das Beispiel zeigt, handelte es sich um eine strukturierte Diskussion, die Hörist, der als Volksschullehrer sicher Erfahrungen damit hatte, als didaktisches Mittel einsetzte. Generell hatten Diskussion und Aussprache den Zweck, den Prozess der Wissensaneignung zu unterstützen und Verständnisprobleme zu beheben. In keinem der vielen überlieferten Schulungsberichte finden sich Hinweise auf kritische Diskussionen, die über den vorgegebenen Rahmen hinausgingen und die Inhalte des Curriculums selber in Frage stellten. Gelegentlich finden sich Bemerkungen der Art, in der Aussprache sei vor allem das Problem der Euthanasie von erblich Minderwertigen als schwierig empfunden worden. Am häufigsten wird ein besonderer Diskussions- und Klärungsbedarf in Fragen der Religion und des Verhältnisses zur Kirche berichtet. Die Aufgabe der Schulungsleiter war es in solchen Fällen, Missverständnisse auszuräumen und Falschmeldungen klarzustellen, die in der Bevölkerung kursierten, etwa dass in der SS heidnische Rituale praktiziert würden und SS-Männer nicht mehr der Kirche angehören dürften. Gleichwohl bildeten religiöse Fragen einen Grenzbereich innerhalb des »Systems« der Weltanschauung, der vermutlich auch offene Diskussionen zuließ, weil hier in der SS selbst vieles ungeklärt blieb. Auch wenn der Kirchenaustritt innerhalb des Führerkorps mehr oder weniger erwartet wurde – verpflichtend war er nicht. Zwar betonte man in der Schulungsarbeit stets auch eine grundlegende Differenz zwischen christlicher und nationalsozialistischer »Weltanschauung«, die auf die biologistisch gedeutete Dichotomie von »Lebensverneinung« und »Lebensbejahung« zugespitzt wurde, doch gleichzeitig hielt man an dem Prinzip fest, religiöses Bekenntnis und Kirchenzugehörigkeit als Privatsache anzusehen. Himmler achtete auch streng darauf, dass die Schulungsleiter keine zeremoniellen Handlungen vornahmen, um keinen neuen »Pfaffenstand« entstehen zu lassen. Dahinter stand die Besorgnis, die kulturelle Praxis der SS könnte den Eindruck einer Ersatzreligion erwecken; immerhin war die Mehrheit der SS-Mitglieder weiter kirchlich gebunden – nach Zahlen vom Dezember 1938 lag der Anteil der »Gottgläubigen« lediglich bei 25,8%.159 Dahinter stand auch der Anspruch einer strikten Trennung von Glaubensfragen und wissenschaftlich begründeten Überzeugungen. Obwohl die Übergänge in Wirklichkeit fließend waren, hielt man stets an der Fiktion fest, die nationalsozialistische Weltanschauung sei wissenschaftlich begründet und keine Glaubensangelegenheit. Eben diesen Eindruck zu vermitteln gehörte zu den wichtigsten Aufgaben der Schulungsarbeit, die deswegen auch an Praxisformen der Schule und Hochschule, nicht aber der Kirche orientiert war. Gleich-

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zeitig richtete sich die Kritik an der Kirche hauptsächlich, vor allem, wo sie sich auf die Gegenwart bezog, gegen die »politische Kirche«, weil sie die Grenzen des Privaten überschritt. Versprachen die didaktisch-methodischen Konzepte des Unterrichts- und Lehrgesprächs eine gewisse Effizienz des Lernprozesses, so war auf der anderen Seite eine »fesselnde Vortragsweise« gefordert, mit der sich Elemente einer charismatischen Erziehung verbanden. Hier kam es vor allem darauf an, dass der Redner authentisch wirkte. Im »Politischen Dienst für SS und Polizei« erschienen 1944 Anweisungen zur Rhetorik (»Du sollst einen Vortrag halten«), in denen Stoffbeherrschung, eine abwechslungsreiche, vor allem aber aus innerer Überzeugung kommende Redeweise gefordert wurde; es gehe nicht allein um Wissensvermittlung, sondern um eine »Haltung, die man lebt«: »Unterricht kann nur in Verbindung mit der vorgelebten Haltung fruchtbar werden«. Deshalb sollte der Unterricht auch durch den Kompanieführer oder fronterfahrene Unterführer erfolgen. Die Stoffvermittlung war dem Ziel untergeordnet, »den Nur-Soldaten zum politischen Soldaten zu erziehen«. Es komme darauf an, »dass durch Vermittlung von Wissen der Wille zum Kampf wächst«: »Unser Ziel aber ist der Kämpfer, der um seinen Auftrag wissende, von seiner Sendung zutiefst überzeugte und alles für sie wagende SS-Mann.«160 Das übergreifende Erziehungsziel »Kampfbereitschaft« sollte, wie wir am Beispiel von Oberehnheim sahen, möglichst noch den Diskussionstil in »Arbeitsgemeinschaften und seminaristischen Übungen« bestimmen und, in deutlichem Unterschied zum sonst propagierten Frauenbild, selbst aus Frauen noch kämpferische Diskutanten machen.161 »Fanatische, gläubige Kämpfer«, hieß es in den Ausbildungsrichtlinien der Division Hohenstaufen 1944, »erzieht man nicht durch teilnahmslose, trockene Weltanschauungsunterrichte, die gemäß Dienstplan, und nur deshalb ausgeführt werden.« Der Vortragende müsse vor allem einen »inneren Kontakt« zu den Zuhörern herstellen.162 Dies war die Voraussetzung der »Fanatisierung«. Karl Buchegger wurde, nachdem sich Ernst Fick selber einen Vortrag von ihm in der Tölzer Junkerschule angehört hatte, nach dessen Stellungnahme als Mitarbeiter des Schulungsamtes 1937 abgelehnt, weil ihm trotz umfangreichen Wissens gerade dies nicht zu gelingen schien; der Vortrag (»Geschichte von Luther bis heute«), so Fick, sei inhaltlich nicht zu beanstanden, sei aber »zu wenig grundsätzlich und revolutionär«: »1. Es ist im Vortrag keine Erwähnung getan worden vom ewigen zerstörenden Moment in der Geschichte, vom ewigen jüdischen Blute und seinen Begleitumständen gegenüber der nordischen Welt. 2. es wurde keine einziges Mal an die eigenen soldatischen Blutsfunktionen oder eine der selbstverständlichen Auslösungen dieser Funktion appelliert, um Spannung und eigenes inneres Aufspringen der Zuhörer zu erzeugen.«163 Bewährte und zum Teil auch progressive Unterrichtsformen ließen sich problemlos mit nationalsozialistischen Inhalten verbinden, wenn sie sich für eine »Erziehung zum Fanatismus« und zum »totalen Krieg« nutzen ließen. Eklatant zeigt sich dies am weiter oben genannten Beispiel der Division Hohenstaufen. Hier erließ der Leiter der Abt. VI Karl Schwarz, als vormaliger Assistent an der Hochschule für Lehrerbildung Bayreuth ein erfahrener Didaktiker, im September 1944 Hinweise zur Unterrichtsgestaltung, in denen er Einfühlungsvermögen, Erfindungsreichtum, selbständiges Arbeiten, die Förderung des Streitgesprächs und Fehlertoleranz forderte und die Stärkung des Selbstvertrauens in den Vordergrund stellte: »Ausbilder sollst Du sein – ein

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Formender, der innere Kräfte bewegen kann, nicht einer, der Starre und Öde um sich ausbreitet und alles, was Frucht tragen könnte, im Keime erstickt. Auch der uniformierte Soldat hat sein Eigenwesen – keine größere Aufgabe gibt es, als den Eigenwillen des Einzelnen zu stärken und diese vervielfachten und freiwilligen Leistungskräfte in den Dienst des totalen Krieges und später in den Dienst des Friedens zu stellen.«164 Im Oktober folgte die Anweisung: »Im Rahmen des Unterrichts nimmt die weltanschauliche Schulung die erste Stelle ein. Mit der Behandlung der vorgeschriebenen weltanschaulichen Themen darf dieser wichtige Zweig unserer Erziehung in keinem Fall erschöpft sein. Mehr denn je kommt es auf den politischen Soldaten an. Fanatische, gläubige Kämpfer erzieht man nicht durch teilnahmslose, trockene Weltanschauungsunterrichte, die gemäß Dienstplan, und nur deshalb ausgeführt werden.«165 Die Erziehung zum fanatischen Kämpfer beinhaltete auch eine Erziehung zu Haß und Vernichtungswillen: »Der Mann muß für den Einsatz fanatisiert werden; leidenschaftlicher Haß und der Wille, den Gegner da, wo er ihn trifft, zu vernichten, muß ihn erfüllen.« So formulierte es Gerhard Lutosch für die Abt. VI der Division Frundsberg.166 Die Erziehung zu »Haß und Vernichtungswillen« wurde ab 1943 akzentuiert und trug zur Brutalisierung des Krieges bei, parallel zur wachsenden Angst vor dem russischen Gegner, dessen überraschende Stärke man auf die »militärische Fanatisierung durch den Bolschewismus« zurückführen zu können glaubte: »Der Krieg in Russland hat klar bewiesen, dass ein politisch erzogenes Heer rücksichtsloser kämpft«, hieß es schon im Februar 1943 in den Ausbildungsrichtlinien der Division.167 Fanatisierung durch charismatische Erziehung zielte auch darauf ab, Hemmschwellen abzubauen. Kampfwille und fanatische Begeisterung lassen sich aber nicht äußerlich antrainieren, sondern müssen von einer Überzeugung getragen sein, die von innen heraus kommt. Der politische Soldat sollte ein bedingungsloser und ergebener Kämpfer sein, der wusste, wofür er kämpfte, der daher auch in der Lage war, andere mitzureißen und von der Richtigkeit des Kampfes zu überzeugen. Dies war um so dringlicher, je mehr die Zweifel am Sinn und am erfolgreichen Ausgang des Krieges wuchsen. Die psychischen, motivationalen Dispositionen, die man schaffen wollte, sollten auch belastbar und nachhaltig sein. Deshalb musste die Erziehung zum Kampf an die weltanschauliche Schulung zurückgebunden werden – eben diese Verknüpfung sollte den »politischen Soldaten« schaffen.168 Der »unpolitische Nur-Soldat«, schrieb Gschwend in dem von ihm verfassten »Handblatt« Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg, stünde der gegnerischen »Hetze und Lügenpropaganda« wehrlos gegenüber. »Führer und Mann« müssten nicht nur instinktmäßig, sondern auch bewusst »die europäische Sache mit aller Konsequenz vertreten«. Fanatismus, gegründet auf eine wissensbasierte Überzeugung war das Erziehungsziel. Ein zentrales Element charismatischer Erziehung in der SS war die Vermittlung des Glaubens an die eigene Auserwähltheit und Überlegenheit; deshalb wurde in den zeremoniellen Veranstaltungen auch stets die »große deutsche Musik« zelebriert, um das Bewusstsein, einer »Herrenrasse« anzugehören, zu stärken. Sie stützte sich aber letztlich auf die »wissenschaftlich« begründete Annahme von der Überlegenheit der »nordischen Rasse«. In den Kategorien Max Webers wäre hier von »charismatischer Rationalität« als einer spezifischen Wissensform zu sprechen. Als hätte er Weber studiert, beschrieb etwa Alfred Brendel die »germanische Erziehungsrevolution« wie den Typus einer die inneren Kräfte mobilisierende charismatischen Revolution.169 An diesem Charisma hatte die SS aufgrund

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ihrer Auslesekriterien a priori einen besonderen Anteil. Daraus ergaben sich die Hauptelemente des Schulungscurriculums: die grundlagentheoretischen Annahmen der Rassen- und Vererbungslehre, die geschichtliche Herleitung der Mission des Deutschen Reichs für die Neuordnung Europas nach rassenpolitischen Prinzipien, und der kämpferische Heroismus als das Mittel, diese Mission zu verwirklichen. Die rassenbiologischen und geschichtlichen Begründungen besaßen für ihre Protagonisten wissenschaftliche Dignität; nicht zuletzt war es der Zweck der Schulung, den Eindruck dieser Dignität zu vermitteln. Daher der enorme Aufwand, mit dem der Ausbau des Schulungsamtes zu einer SS-Akademie betrieben wurde. Sehr wahrscheinlich waren die meisten Mitarbeiter dieser »Akademie« von der Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit auch selbst überzeugt. Es klingt deshalb nur auf den ersten Blick absurd, wenn Ludwig Eckstein nach dem Krieg erklärte: »Tatsache ist …, dass sich gerade die SS mehr und mehr zu einer Keim- und Schutzstätte der geistigen Freiheit entwickelte. So konnte man Ende 1942 überrascht und verwundert sein, welches Maß an Selbstverständlichkeit, Unbefangenheit, Freiheitlichkeit und Weite der geistigen Diskussion im SSHauptamt möglich und vorhanden war.« Das Schulungsamt, so Eckstein weiter, »betrachtete sich selbst als eine ›Insel der geistigen Freiheit‹… Es wurde nicht geistig gedrillt, sondern wissenschaftlich gearbeitet und frei diskutiert.«170 Es war eine »Insel der Freiheit« in einem geschlossenen, gegen Kritik von außen immunisierten System, das in seiner inneren Struktur kohärent und plausibel erscheinen konnte, tatsächlich jedoch schwer pathologische Züge trug. In seinem Essai »Die Überwindung der Enge«, der auch im »Politischen Dienst für SS und Polizei« erschienen war, hatte Eckstein den Mangel an innerer Selbständigkeit und die »Beamtenhaftigkeit« der Deutschen als ein Haupthindernis für die Verwirklichung der europäischen Mission des Reichs diagnostiziert und eine »Schulung zur Selbstverantwortung, zum Mut und zur Initiative« gefordert. In der Tat brachten die Besatzungsregime eine Fülle von Aufgaben mit sich, die in hohem Maße die Delegation von Verantwortung erzwangen und daher nur mit Menschen bewältigt werden konnten, die zu selbständigem Denken und Handeln fähig waren, die Erfindungsgeist, Improvisationsgabe und die Fähigkeit zur Initiative besaßen. Vor diesem Hintergrund war die Forderung nach einer »Erziehung zur Selbständigkeit« und zu selbständigem Arbeiten, die man in vielen Dokumenten aus den Schulungsabteilungen der Waffen-SS findet, herrschaftstechnisch funktional. Der Diplomlandwirt und Landwirtschaftslehrer Karl Hermann Bockhorn beispielsweise wurde in einer Beurteilung als WS-Lehrer der Junkerschule Klagenfurt im Oktober 1944 dafür gelobt, dass er Arbeitsgemeinschaften gebildet und die Lehrgangsteilnehmer zum selbständigen Arbeiten erzogen und dadurch besonders gute Ergebnisse erzielt habe.171 Die Abt. VI der Division »Das Reich« gab die Anweisung heraus, die Unterführer zum eigenen Nachdenken zu veranlassen, indem man sie darin übt, ihre Gedanken mündlich und schriftlich niederzulegen, also schriftliche Arbeiten zu verfassen und kurze Vorträge zu halten.172 »Durch andauerndes Aufstellen von Problemen … ist der Junker zu selbständigem Denken und zur Begründung seiner Meinung anzuhalten«, hieß es im Rahmenplan für die weltanschauliche Erziehung an den SS-Junkerschulen, die »bloß vortragende Lehrmethode« reiche deswegen nicht aus.173 Allgegenwärtig war die Forderung nach frei vorgetragenen Reden und Referaten vor der Gruppe, mit anschließender »Aussprache«, denn hier zeigte sich, ob jemand sich den Stoff so weit erarbeitet hatte, dass

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er ihn selbständig vortragen und darüber hinaus auch argumentativ vertreten und verteidigen konnte. Dieser »Erziehung zur Selbständigkeit« korrespondiert, dass auch den Schulungsabteilungen selbst ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit bei der Umsetzung der Lehrpläne und Rahmenrichtlinien gelassen wurde. Was tatsächlich geschah, hing in hohem Maße von der Initiative des jeweiligen Schulungsleiters und Einheitsführers ab. Es gab zwar Inspektionen, aber als formelle Kontrollorgane traten sie kaum in Erscheinung, sie hatten eher beratende Funktion. Die Möglichkeit zu selbständiger Initiative schuf Gelegenheiten, sich zu »bewähren« und für eine Beförderung zu empfehlen, und dies geschah zumeist in einer vorausgreifenden Ausdeutung des Führerwillens bzw. der Absichten vorgesetzter Stellen.174 Mit seiner Forderung nach einer Schulung zu Selbstverantwortung und Initiative hatte Eckstein nicht plötzlich ein Bekenntnis zum Liberalismus abgelegt. Er bemängelte vielmehr das Fehlen einer gefestigten »inneren Form« als Voraussetzung für selbstsicheres Auftreten und selbstverantwortliches Handeln und machte dies als Verfechter der europäischen Mission selbstkritisch gerade am falschen herrentümlichen Auftreten vieler Deutscher in den besetzten Ländern fest, mit dem man andere Völker verprellen statt für den gemeinsamen Kampf gewinnen würde: »Unsere geschichtliche Tradition ließ uns auch keine echte Tradition in der Technik, die Weite menschlich und sachlich zu meistern, entwickeln. Darum verlieren so viele in dem Augenblick, in dem die gewohnte heimatliche Beengung wegfällt, jede innere Form. … Der bisher in seiner Enge gefesselte, plötzlich frei gewordene Mensch wird ungezügelt und tobt sich erst einmal aus. Mancher glaubt, nun müsse er ›Herrenmensch‹ spielen. Das ist derjenige Typ, der überall, wo er hinkommt, zuerst alles Porzellan zerschlägt, der formlos wird, weil er nicht weiß, dass jedes wahre Herrentum eine innere Form voraussetzt. … Diese Erscheinung des Neumächtigtums muss schnellstens überwunden werden durch eine wahre Tradition des Führens, des Auftretens und des Benehmens.«175

Eine solche Tradition bestand im »englischen Herrentum«, aber es gab sie auch in Deutschland: im Ideal des preußischen Leutnants, in der »preußischen Zuchtform«, in der Leib, Seele und Geist eine »einzigartige Synthese« gebildet hätten. In der preußischen Selbstformierung meinte Eckstein die »innere Freiheit und Natürlichkeit des Menschen« wiederzufinden.176 Um eine solche Synthese ging es Eckstein in seiner Habilitationsschrift: um das Ideal einer Haltung, die auf Selbstbeherrschung und Übereinstimmung der »leiblichen Erscheinung« mit den inneren Überzeugungen und Gesinnungen beruhte und so Willensstärke, Geradlinigkeit, Entschlusskraft und Selbstsicherheit vermitteln konnte. Ein Ethos oder eine Weltanschauung, so Eckstein, kann sich nur über den Leib verwirklichen: »Die eigentliche Verwirklichung eines bestimmten inneren Ethos haben wir erst dann, wenn dieses auch, wörtlich genommen, in Fleisch und Blut übergegangen ist, … wenn es zur Haltung geworden ist. Erst in der Haltung hat ein inneres Sollen auch leiblich-erscheinungsmäßige Gestalt angenommen.« Eine Weltanschauung dürfe sich nicht mit bloßer Gesinnung begnügen, noch weniger mit bloßem Verstehen, denn Gesinnungen können gewechselt werden, Haltungen nicht, und »Verstehen als Grundsatz« trage für sich »den Makel der Charakterlosigkeit« an sich, Haltungen dagegen hätten stets »etwas Exklusives«.177 Danach war die große Erziehungsaufgabe, die nationalsozialistische Weltanschauung so dem Leib einzuschreiben, dass Haltung und Ethos ein bruchloses Ganzes bilden und kein Zweifel und keine Unsicherheit zurückblieben. Diese Aufgabe galt vor allem der Jugend,

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weil ihr Leib noch am ehesten »formierbar« war: »Es verrät die kulturschaffende Kraft und den klaren Instinkt des Lebensfähigen, wenn sich eine siegreich durchbrechende neue Weltanschauung unter allen Umständen und radikal der Jugend versichert und bemächtigt, um diese in ihrem Sinne in Haltungszucht zu nehmen.« Alle großen Weltanschauungen und Religionen seien so vorgegangen und hätten ein »System von Übungen zur Formierung der Leiber« geschaffen, die »den Zweck haben, den Leib immer wieder in möglichst vollständige Übereinstimmung mit ihrem besonderen geistigen Sollen zu bringen.«178 Solche Menschen wären dann wirklich frei und bedürften keiner beamtenhaften und pflichtmäßigen Rückversicherung mehr, um das in ihnen wirkende Ethos zur Wirklichkeit zu bringen. Ihnen kann dann auch jene Initiativkraft zugetraut werden, die mit dem Verlassen der räumlichen Enge »herrschaftstechnisch« benötigt wird. Anders und deutlicher formuliert: um die Weite des »Ostraums« zu beherrschen, brauchte der Nationalsozialismus Menschen, die selbständig handeln, initiativ werden und entschlossen auftreten können; dies implizierte ein hohes Maß an Verantwortung und Handlungsfreiheit, die man nur unter der Bedingung gewähren konnte, dass ihnen die nationalsozialistische Weltanschauung mit ihren Grundsätzen und Zielen zur »zweiten Natur« geworden war. »Freiheit« war an eine feste innere Form gebunden. Während Eckstein in seiner Habilitationsschrift noch die historische Gestalt der »preußische Zuchtform« als Signum selbstsicheren Auftretens bemühte, postulierte er in seinen für das Schulungsamt verfassten Schriften zum Rassenkonzept die »rassisch gebundene Wertordnung«, die, ist sie erst einmal wieder erkannt und in ihr Recht gesetzt, instinkthafte Sicherheit vermittle.179 Die präzise Definition von »Freiheit« gab Stengel-Rutkowski: »Nach nationalsozialistischer Definition besteht ›Freiheit‹ in der Möglichkeit, seiner Art entsprechend leben zu können«.180 Die Unterweisung in den Grundlagen dieser »artgemäßen« Wertordnung war daher die vordringlichste Aufgabe, um die Führerschaft in Europa zu erlangen. Die Delegation von Verantwortung und selbständigen Entscheidungen setzte voraus, dass sich die Akteure mit den grundlegenden Werten und Zielen der SS identifizierten und sie zureichend verinnerlicht hatten. Die Rezeption von Formen »moderner« Pädagogik diente letztlich dem Zweck, jenes Maß an Selbstgewissheit und Selbstvertrauen zu schaffen, das herrschaftstechnisch gebraucht wurde und funktional war. Das bedeutet auch, dass ihr klare Grenzen gesetzt waren. Diese Grenzen brauchten aber nicht in der SS selbst gezogen zu werden, sie konnten vielmehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden, denn ihre Mitglieder und Bewerber brachten sie als wie auch immer diffuses Vorwissen und gemeinsam geteilte Grundwerte schon mit. Dieses Vorwissen musste nur noch vor dem Hintergrund einer kanonisierten Wissenschaft strukturiert und standardisiert werden.181 Man konnte daher Diskussionsabende und »freie Aussprache« praktizieren, ohne gleichzeitig autoritäre Verbote aussprechen und Strafen androhen zu müssen, weil niemand auf den Gedanken gekommen wäre, beispielsweise die rassenbiologischen und -politischen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung selber in Frage zu stellen. Es ging also nur darum, effiziente Lernprozesse zu organisieren, aber man brauchte, jedenfalls so lange die Mitglieder freiwillig zur SS kamen, keine autoritäre Pädagogik. Gleichwohl mussten die Inhalte, die ja nicht zur Disposition standen, gelernt werden, und insofern ging es immer auch um Effizienz und Disziplin.182 Nicht jedem fiel das Lernen abstrakter Wissensgehalte leicht, und nicht jeder konnte immer sofort die oft windungsreichen

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Argumentationsgänge der Schulungstexte erfassen. Vor allem die »Praktiker« in den bewaffneten Verbänden, denen »das Soldatische« mehr lag als dessen politischer Kontext, suchten sich der weltanschaulichen Schulung oft zu entziehen. Zu Vortrag und Aussprache kam als drittes Element des Unterrichts daher die Lernkontrolle und Prüfung hinzu. Sie erfolgten zum einen durch Vortrag und Aussprache selbst, in denen der einzelne vor der Gruppe und den Vorgesetzten unter Beweis stellen musste, dass er den Stoff beherrschte, zum anderen aber, hauptsächlich in den Schulen und regulären Lehrgängen, durch schriftliche Arbeiten und vor allem umfangreiche Klausuren, in denen oft endlos scheinende Listen von Fragen – in der Dachauer Führerschule waren es an die 200 Fragen – abgearbeitet werden mussten.183 Generell herrschte daher ein starker Gruppendruck vor, und insbesondere Führer und Unterführer unterlagen darüber hinaus einem erheblichen Prüfungs- und Leistungsdruck, da Beförderungen oft an das Bestehen eines Lehrgangs gebunden waren, in dem die Leistungen wie in allen Fächern so auch im weltanschaulichen Unterricht benotet und in Zeugnissen festgehalten wurden.184 Vorgegebene Fragenkataloge begünstigten den Rückgriff auf traditionelle Methoden wie das Auswendiglernen, das in der nationalsozialistischen Rednerschulung eigentlich verpönt war, als vergleichsweise bequeme Methode aber vermutlich häufig vorkam – die beiden Beispiele Veit Urban, der seine Schüler an der Unterführerschule der Totenkopf-Kavallerie offenbar damit traktierte, Geschichtsdaten auswendig zu lernen, und Karl Schwarz, der als Leiter der Abt. VI bei der Division »Hohenstaufen« das Auswendiglernen für sinnlos erklärte und daher strikt ablehnte, weisen auf ein breites Spektrum praktizierter Unterrichtsmethoden hin. Himmler selber äußerte sich in dieser Hinsicht widersprüchlich, wenn er 1938 den »paukermäßigen Unterricht« beklagte, aber noch 1944 an einen auswendig zu lernenden Katechismus dachte. SS-Mitglieder standen aber auch ganz allgemein unter einem starken Leistungs- und Bewährungsdruck, mussten sie doch ständig unter Beweis stellen, dass sie zu Recht der Eliteformation der NSDAP angehörten. Dieser Druck bestand umso mehr, als viele dem gewünschten Idealbild gar nicht oder nur sehr unvollkommen entsprachen. Die SS-Ärzte und Musterungsexperten deckten schonungslos jeden Makel auf: vom angeborenen Hüftleiden der Schwester über den Alkoholismus des Schwiegervaters bis zum Selbstmord des Großvaters – das Sippenamt des RuSHA hakte stets nach, wenn sich auch nur der kleinste Hinweis auf eine mögliche Erbkrankheit oder eine erblich bedingte soziale Auffälligkeit ergab und forderte genaue Aufklärung und die Beibringung zusätzlicher Gutachten. Innerhalb der SS entstand so eine weitere Rangordnung nach dem »Erbwert«: Mitgliedern, die in die SS-Sippengemeinschaft aufgenommen wurden, standen diejenigen gegenüber, denen die Eheschließung nur auf »eigene Verantwortung« erteilt wurde und die daher zwar in die SS, nicht aber in die Sippengemeinschaft aufgenommen wurden, und schließlich diejenigen, denen die Heiratserlaubnis verweigert wurde und die vor die Alternative gestellt waren, entweder die SS oder die Partnerin zu verlassen. Fälle, in denen die Heiratsgenehmigung nur mit Einschränkung erteilt wurde, waren keineswegs die Ausnahme. Nach Musterungsergebnissen des RuS-Führers Elbe von Anfang 1936 zum Beispiel waren 26 bis 28% der SS-Bewerber ungeeignet, die meisten aus »rassischen und körperlichen« Gründen. Hermann Dethof, einer der Schulungsamtsexperten der ersten Stunde, stellte 1938 gar fest, dass fast 60% der in der SS geschlossenen Ehe dem Ausleseprinzip nicht entsprä-

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chen – die von Günther geforderte »Erziehung zum auslesenden Blick« war selbst in der SS nicht so leicht zu verwirklichen.185 Auch wenn die Auslesekriterien immer wieder gelockert wurden, mussten doch viele in einem Gefühl der Unvollkommenheit leben und versucht haben, dies durch übersteigerte Anstrengungen, dem Ideal näher zu kommen, zu kompensieren. Hinzu kam, dass die Gefahr eines Makels wie ein schicksalshaftes Damoklesschwert über jedem schwebte – allzu oft stellte sich erst während der Aufstellung der Ahnentafeln heraus, dass irgendein Vorfahre beispielsweise in einer Heilanstalt verstarb, so dass Nachforschungen angestellt werden mussten, ob nicht womöglich eine Erbkrankheit vorlag. Tatsächlich war die SS noch gar nicht die wirkliche Elite, sondern nur ihre »Vorhut«: »Die für die SS geplante Auslese hat züchterisch wohl für die SS, nicht jedoch für das ganze Volk nennenswerte Bedeutung«, schrieb Rudolf Jacobsen 1934: »Was wir jetzt erreichen wollen, ist noch keine Zucht, sondern Vorbereitung dazu: Schaffung eines Bundes, der die Durchführung der Zucht erkämpfen wird.«186 Noch mehr als durch die eigene rassische und erbbiologische Beschaffenheit musste sich der SS-Mann daher durch eigene Anstrengung und Leistung als würdig erweisen, dieser »Avantgarde« zuzugehören. In der Schulungspraxis musste dies zu einem zwanghaft affirmativen Lernverhalten führen, das die offenen Potentiale »moderner Pädagogik« konterkarierte: Wollte man dazu gehören, musste man unter Beweis stellen, dass man die grundlegenden Werte und das »Curriculum der SS« gelernt und sich zu eigen gemacht hatte und beherrschte. Insbesondere die Einheitsführer, die diese Werte auch »vorleben« und ihren Männern vermitteln sollten, waren in dieser Hinsicht einem erheblichen Druck ausgesetzt. Die Kehrseite der auch in der SS praktizierten Elemente »moderner Pädagogik« wie »freie Aussprache« und »selbständiges« Lernen war, dass sie den Schein eines authentischen, selbst angeeigneten, eben nicht äußerlich aufgezwungenen Wissens erzeugten. Gleichzeitig muss man auch immer die »Schwarze Pädagogik« der SS mit denken, die als Drohung im Hintergrund stand: das umfangreiche Arsenal der Strafen bei NichtBewährung. Es reichte von der Degradierung und Zurückstufung bis zur schmachvollen »Ausstoßung«, von der Versetzung an einen besonders gefährlichen Frontabschnitt über die Einweisung in eine »Bewährungskompanie« bis zur Überstellung in ein »Erziehungsstraflager« und Konzentrationslager. Während des Krieges wurden zum Beispiel »Bewährungskompanien« gebildet, in denen SS-Männer, die nur leichte Strafen abzusitzen hatten, die Chance erhielten, sich durch »Mutbeweise« im »Bandenkampfeinsatz« zu rehabilitieren. Männer, die sich durch »schlechtes Verhalten den Gefahren des Krieges entziehen wollten« und eigentlich aus disziplinarischen Gründen aus der Waffen-SS hätten entlassen werden müssen, bei denen aber »eine Bewährung noch zu erwarten« war, erhielten die »Möglichkeit der Rehabilitation«, indem sie stattdessen »besonders gefährlichen Aufgaben« zugewiesen wurden.187 Das SSFHA hatte bereits 1941 verfügt, dass Angehörige der Waffen-SS im Falle einer Bestrafung nicht mehr aus der Waffen-SS entlassen werden dürften, sondern besonderen Einheiten zuzuweisen seien; für sie wurde zum 1.11.1941 eine »Bewährungskompanie« beim Ersatz-Bataillon »Deutschland« in Prag und eine »Arbeitsabteilung« beim Truppenübungsplatz Debica errichtete. Zuvor war bereits bei der SS-Division »Das Reich« eine Sondereinheit »Verlorener Haufen« aufgestellt worden. Nach drei Monaten Dienst war, so der Befehl des SS-FHA, Bericht zu erstatten, ob eine Rehabilitation in Frage kommt, ob eine weitere Bewährungszeit erforderlich oder wegen Versagens

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die Überweisung ins Konzentrationslager bzw. in einen »Erziehungssturm« angezeigt war.188 Im Juli 1937 hatte Himmler die Errichtung eines »Erziehungssturms« im KZ Sachsenhausen verfügt, mit einer »Erziehungs-« und einer »Besserungsabteilung«, in die straffällig gewordene oder disziplinarisch belangte SS-Männer eingewiesen werden konnten. Die Verhängung der »Schutzhaft« behielt sich Himmler persönlich vor.189 Himmler war bekanntlich persönlich um die »sittliche Erziehung« seines Führerkorps bemüht. 1941 befahl er unter anderem die Errichtung einer »abgesonderten Einrichtung« für »Entziehungskuren« alkoholabhängiger SS-Führer im KZ Buchenwald, und noch 1944 trug er sich mit Plänen eines »Führererziehungsheims« der gehobenen Art zu Besserungszwecken in der Nähe von Berlin: »Der Reichsführer-SS meinte, dass in diesem Führer-Erziehungsheim kleine Einzelzimmer mit Feldbett, Toilette und Duschraum eingerichtet würden. Für die Dauer des Aufenthaltes dürfte kein Mensch mit den dort zur Erziehung (im Arrest) befindlichen SS-Führern ein Wort sprechen. Im Zimmer müssten einige Bücher sein, darunter auch über die deutsche Sprache (ihre Abkürzungen), dann das Buch des Führers ›Mein Kampf‹ u. a. Alkohol und Zigaretten gäbe es nicht. Als Kommandant würde ein unbestechlicher und harter SS-Führer eingesetzt werden, der praktisch als sturer ›Kommisbock‹ seine Aufgabe zu erfüllen habe.«190 Und wie Himmler dabei immer auch die weltanschauliche »Weiterbildung« im Blick hatte, so vergaß man auch bei den »Bewährungsabteilungen« nicht, »Abteilungen VI« einzurichten. So bestand beispielsweise bei der »SS-Bewährungsabteilung« beim Truppenübungsplatz »Böhmen« 1944 eine Abt. VI mit drei Mitarbeitern: einem Leiter, einem Sachbearbeiter für die Bibliothek und das Archiv sowie einem Schreiber. In den Einheiten der Bewährungsabteilung wurde regelmäßig zwei Stunden die Woche weltanschaulicher Unterricht erteilt, dazu kam sonntags eine Stunde »politischer Wochenbericht«.191

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Der 2003 erschienenen Aufsatzsammlung »Ausbildungsziel Judenmord? ›Weltanschauliche Erziehung‹ von SS, Polizei und Waffen-SS im Rahmen der ›Endlösung‹« (Matthäus u. a.) kommt das Verdienst zu, die Relevanz des Themas aufgezeigt zu haben. Forschungsarbeiten haben sich daran aber offenbar nicht angeschlossen. Die (unveröffentlichte) Arbeit von David Gallo »Discours raciste et ›pédagogie raciale‹ dans la SS« beschränkt sich auf eine ideologiekritische Diskursanalyse anhand der SS-Leithefte. SSO und RS Glattes, Dr. Lothar, 3.4.08. DS-G 118 Glattes (26.4.1937); Lerchenmüller/Simon, Im Vorfeld, S. 61. StA Lbg, PL 506-1; siehe auch S. 106 ff. SSO und RS Schmitz, Heinz, Dr., 28.11.04; RS Kasper, Herbert, Dr., 27.6.03; SSO und RS Phleps, Hellmuth, 29.10.03; SSO und RS Preusch, Hermann, 4.3.02. Zusammen mit dem von ihm gegründeten »Tannenbergbund« war Ludendorffs »Deutschvolk« 1933 als »deutschreligiöse« Sekte verboten worden, Hitler ließ aber 1937 eine Neugründung unter der Bezeichnung »Bund für Gotteserkenntnis« zu. Themenkatalog in SSO Schmitz, Dr. Heinz, 28.11.04. Diese und die im Folgenden herangezogenen Materialien befinden sich in SSO Glattes. Heinemann, Rasse, S. 319. StA Fbg., F 75/1-311 (16.11.1942). GLA Karlsr., 465d-56. Nach einer kursorischen Durchsicht von Personalbögen mit Angaben von Literaturkenntnissen waren die Schriften von Günther und Darré die mit Abstand am häufigsten genannten und gelesenen Werke, gefolgt vom rassenhygienischen Grundlagenwerk der Zeit, dem Baur/Fischer/Lenz sowie Rosenbergs »Mythus«, Schriften von L.F. Clauss, Siemens, Staemmler, Burgdörfer, Chamberlain und Theodor Fritsch. Harten, De-Kulturation, S. 21 ff. Hans F. K. Günther, Volk und Staat in ihrer Stellung zu Vererbung und Rasse. München 1933, S. 32; vgl. a. ders., Führeradel durch Sippenpflege. München 1936, S. 39. Ders., Platon als Hüter des Lebens. München 1928. Günthers »Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes« (1929) gehörte zu den am meisten gelesenen Büchern zur Rassenkunde; bis 1942 erreichte sie eine Auflagenhöhe von 295.000 Exemplaren. 1925 war bereits seine Programmschrift »Der Nordische Gedanke unter den Deutschen« erschienen; darin entwarf er das »Zielbild« einer neuen bäuerlichen Oberschicht nordischer Rasse. Die Krise der Zeit sah er durch das Ringen zweier Rassen um die Weltherrschaft bestimmt: der vorderasiatischen, verkörpert im jüdischen Bankenkapital und im Bolschewismus, und der nordischen Rasse, die zwar auch auf »Umweltbeherrschung« aus sei, aber nicht auf »käufliche Güter«, sondern auf auf die »unverkäuflichen Güter des Blutes«. Der Kampf um die Weltherrschaft spitzte sich daher auf den Kampf zwischen nordischer und jüdischer Rasse, zwischen Bankkapital und schaffendem Kapital zu: Der Nordische Gedanke unter den Deutschen. München 1927, S. 129-132. Richard Walther Darré, Neuadel aus Blut und Boden. München 1930, S. 221. Stadtarchiv Goslar, Nachl. Darré 142 (24.9.1931); vgl. Frank, Reichsnährstand, S. 95. Pyta, Dorfgemeinschaft; ders., Ländlich-evangelisches Milieu. zit. b. Gies, Darré, S. 41. Corni/Giess, Brot – Butter – Kanonen, S. 184. Eine erste kleine, aber symbolische Niederlage hatte Darré schon im Oktober 1935 hinnehmen müssen, als auf Anordnung Hitlers der Gebrauch der altdeutschen Monatsnamen verboten wurde, die Darré im Schriftverkehr eingeführt hatte (Dienstnachrichten des Reichsnährstandes 26.10.1935). DS-G 178: von Leers, Johann von, 25.1.02 (19.8.1942). Siehe S. 479. Zu Johann von Leers siehe die Monographie von Markus Sennholz; vgl. auch Harten u. a., Rassenhygiene, S. 265-267; Finkenbeiner, Johann von Leers. Dokumente der Unterabteilung Ostland in NS 22/449.

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Anmerkungen zu S. 22-27

So Hermann Löffler im Leitheft 4 vom August 1937; Ackermann, Himmler, S. 200 f. Briefwechsel Motz – Darré in DS-G 180. Stadtarch. Gosl., Nachl. Darré, Nr. 484. Zit. n. D’Onofrio, Rassenzucht. Rede auf der Ordensburg Vogelsang 31.3.1939, in SSO Reischle, Dr. Hermann, 22.9.98. 11.9.38: »Mit Himmler im SS-Lager. Großer Jubel. Beweis, dass es Heini gelungen ist, die Seele seiner SS zu erfassen.« – 25.9.38 »Abends ist Himmler bei mir. Diskutieren bis tief in die Nacht hinein, ob die SS zum Schutz des nordischen Blutes zu einem Asa-Orden ausgebaut werden könne?« Stadtarch. Goslar, Nachl. Darré 484. SSO Darré. Darrés Brief an Himmler (»Lieber Heini!«) ist vom 6.7.1938 datiert. Uwe Mai, »Rasse und Raum«, 2004, S. 153. Zu den siedlungspolitischen Differenzen siehe auch Bramwell, Blood and Soil, S. 118 und 130 ff.; Smit, Neubildung deutschen Bauerntums, S. 66 f. und 112 ff. Den Führerbefehl erhielt Himmler als Geschenk zu seinem Geburtstag am 7.10., im Landwirtschaftsministerium hatte man aber schon einige Tage vorher von dem Vorhaben erfahren (Longerich, Himmler, S. 449). Am 8.10.39 schrieb Darré in sein Tagebuch: »Sehe schwarz für die Zukunft …, denn nicht das ist entscheidend, dass Himmler mich zu bescheißen versuchte, sondern, dass er letzten Endes dieses tut, weil er in irgendeinem uneingestandenen Minderwertigkeitskomplex empfand, dass ich ihm in diesen Fragen überlegen bin und er nunmehr versucht, über Beschiß mich an die Hundeleine zu kriegen, damit ich zu seinem Ruhme arbeiten muß … hier kam etwas ungermanisches in Himmler zutage … Läßt zusammen mit der Polizeimacht das schlimmste befürchten.« Eine Woche später notierte er, die »deutsche Revolution« sei zu Ende (Nachl. Nr. 484). Darré war schwer gekränkt und zog sich in den folgenden Jahren schrittweise aus der Politik zurück. Sein ehemaliger Adjudant Friedrich Klumm versuchte ihn Ende 1942 vergeblich dazu zu bewegen, sich der »Bewegung« wieder zur Verfügung zu stellen: »Ich wünsche Ihnen, dass der Führer und der RFSS ihnen wieder große Aufgaben geben, der eine als unser Führer, der andere als Ihr wiedergefundener Freund.« Klumm sandte seinen Brief auch Himmler zu. »Ihren Brief an Darré«, gab Himmler im Januar 1943 zur Antwort, »habe ich gut, richtig und anständig gefunden. Ich wäre glücklich, wenn er ihn verstanden hätte oder verstehen würde« (NS 19/2785). Zum Konflikt und zum Bruch zwischen Himmler und Darré siehe auch Longerich, Heinrich Himmler, S. 429 ff.; Heinemann, Rasse, S. 112 ff. u. S. 132 f. Friehe verfasste selber ein viel gelesenes Buch »Was muß der Nationalsozialist von der Vererbung wissen?«, das in der Schulungsarbeit eingesetzt wurde und in einer Ausgabe für Jugendliche auch als Schulbuch erschien. Zu Friehe siehe Harten u. a., Rassenhygiene, S. 191f. und 377 f. Friehe, Denkschrift über Bauernschulungskurse: NS 22/1054. Weitere Dokumente zur Durchführung und Organisation der Bauernschulungskurse in NS 26/956; Stadtarch. Goslar, Nachl. Darré 142 und 145. Bytwerk, Fritz Reinhardt and the Rednerschule; Metzger, Rednermaterial und Rednerinformation. Zu Himmlers Rolle siehe Longerich, Himmler, S. 99 ff. Lebenslauf in SSO Metzner, Erwin, 17.7.90. Stand vom Dezember 1933: R16 I 2033. Die Nomenklatur änderte sich mehrmals, die inhaltliche Schwerpunktbildung blieb aber weitgehend bestehen. Darrés Stabsamt als Leiter des Amtes für Agrarpolitik umfasste nach der von Stabsleiter Reischle herausgegebenen Schrift »Reichsbauernführer Darré, der Kämpfer um Blut und Boden« (Berlin 1933, S. 56 f.) im Mai 1933 folgende Abteilungen: A. Agrarpolitischer Apparat (Leiter Arauner), B. Agrarwirtschaftspolitik (Reischle), C. Presse- und Nachrichtenwesen (R. Schulze), D. Schulungswesen, Bauernkultur (Metzner), E. Forstwirtschaft (Parchmann), F. Werbung (Motz), G. Siedlungswesen (Kurt Kummer), H. Berufsständischer Aufbau des Deutschen Landstandes (Backe). In der von Reischle und Saure gemeinsam verfassten Darstellung des Reichsnährstandes von 1937 werden folgende Hauptabteilungen aufgelistet: »A. Wirtschaft, B. Recht, C. Zwischenvölkische Bauern- und Landwirtschaftsfragen, D. Reichsschulen des Reichsnährstandes, E. Aufklärung, F. Bauerntumskunde und bäuerliches Ständewesen, G. Blutsfragen des deutschen Bauerntums«. Hermann Reischle/Wilhelm Saure, Der Reichsnährstand. Aufgaben, Aufbau und Bedeutung. Berlin 1937, S. 62. Der Entwurf sah 15 Abteilungen vor, enthielt aber nur die Namen der vorgesehenen Leiter, nicht jedoch die Funktionsbezeichnungen der Abteilungen: R 16 I 2033 (7.12.1933). In einem anderen Schreiben Darrés an Arauner vom Oktober 1934 wird das RuSA als Abt. N des Stabsamtes geführt (ebd.).

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In RK Stengel von Rutkowski, Lothar, 3.9.08 (Lebenslauf). R 16 I 2053 (28.11.1933); Reischle/Saure, Der Reichsnährstand, S. 123 f. Andreas Dornheim, Gutachten, S. 74 f.; Frank, Reichsnährstand, S. 136. Zum Aufbau des Verwaltungsamtes vgl. Frank, Reichsnährstand, S. 140 ff. Im Sippenamt war Haidn vor allem für die »Neubauern-Auslese« zuständig. Pancke übersandte ihm 1940 Glückwünsche für seine Arbeit auf diesem Gebiet, die Haidn in einer Schrift »6 Jahre Neubauernauslese« festhielt. Noch im gleichen Jahr wurde er zum SS-Oberführer befördert. SSO und RS Haidn, Matthias, 11.11.00. R 16 I 2053 (13.2.1936); Dr. K[urt] Winter, Das ländliche Bildungs- und Beratungswesen. In: Konrad Meyer, Hg., Gefüge und Ordnung der deutschen Landwirtschaft. Berlin 1939. Kurt Winter war seit 1934 Darrés Inspekteur für das gesamte Schulwesen des Reichsnährstandes (NS 2/138). Die besonders mit der Blut-und-Boden-Ideologie Darrés verbundenen Stabsamts- und Verwaltungsstellen wurden mit dem Machtverlust Darrés als Reichsbauernführer und Landwirtschaftsminister während des Krieges schrittweise wieder beseitigt. Im Mai 1941 wurde das Stabsamt aufgelöst, im November folgte die Abschaffung der Stelle des »Sonderbeauftragten für berufsständische Leibeserziehung«, im Mai 1942 wurden die Abteilungen I.A »Hege des Blutes und der Sippen« und I.E »Schulung« dem Reichsamt für Agrarpolitik »zur Verfügung gestellt«, im Juni 1942 wurde der Persönliche Stab des Reichsbauernführers aufgelöst: Dienstnachrichten des Reichsnährstandes 8/1941 S. 346 und 808; 9/1942 S. 430 und 459. Dienstnachrichten des Reichsnährstandes 1937, S. 66 (16.2.1937). SSO und RS Finger, Dr. Otto, 3.3.00. – Zu den ersten Dozenten der Beamtenschule des Reichsnährstandes gehörten Werner Maaß und Oskar Horn. Maas, Funktionär des Nationalsozialistischen Studentenbundes, hatte Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Volkskunde studiert und war vor Abschluss des Studiums hauptamtlich vom SA-Hochschulamt übernommen worden; Maas war Führer des Kameradschaftshauses der Greifswalder Studentenschaft, stellvertretender Schulführer der SA-Sportschule Lubmin und der Führerschule des Reichsluftsportführers in Borkenberge bei Dülmen, bevor er im März 1937 als Lehrbeauftragter für »Vor- und Frühgeschichte des Bauerntums« nach Goslar berufen wurde. 1938 wurde er als Untersturmführer in die SS aufgenommen und zum Schulungsleiter ernannt (RS und SSO Maas, Werner, 25.4.1908). Oskar Horn war Diplomlandwirt und Stabsleiter der Landesbauernschaft Ostpreußen und seit 1934 Mitarbeiter des Rassereferenten Nordost. Er war Untersturmführer und Bauernreferent beim »Reiterinspekteur Nordost« und wurde ebenfalls 1937 als Lehrbeauftragter für Agrarpolitik und Marktordnung an die Beamtenschule Goslar berufen: RS Horn, Oskar, 24.1.03; R 16 I 2006. SSO Trummler, Dr. Hans, 24.10.1900. Siehe auch Leo, Dienst, S. 97. SSO und RS Weißbach, Herbert, 8.7.04. RS, PK und DS Buss, Onko, 2.11.1908. Buss hatte 1932 mit der Dissertation »Die geschichtliche Entwicklung und Bedeutung des ostfriesischen Deichwesens« in Leipzig promoviert. 1940 erschien sein Buch »Gedanken zu einer lebensgebundenen Erziehungswissenschaft«, in der er eine am Nordischen Gedanken und den Prinzipien von Blut und Boden ausgerichtete Erziehung propagierte. Harten u. a., Rassenhygiene, S. 261 f. Im Vorwort zu seinem Bildband »Neuhaus-Pädagogik« (Goslar, Verlag Blut und Boden, o.J.) propagierte Bode über die weltanschauliche Schulung hinaus den »Einbezug aller seelischen und körperlichen Kräfte und deren Verschmelzung zu einem geschlossenen Ganzen in jeder Form von Lebensgestaltung, sei es in der Arbeit, im Kampf oder im Tanz«. 1938 widmete Bode Himmler eigene Liedkompositionen: DS Bode, Rudolf, 3.2.81. Reimers, Neudietendorf; Dienstnachrichten des Reichsnährstandes 9/1942, S. 808. Kurz vor Schließung der Reichsschule Neuhaus sandte man von dort noch 24 Bilder mit »Rasseköpfen« von Schülern für den SS-Kalender ans Ahnenerbe, das den Kalender herausgab (NS 21/570). R 16 I 2057 (Rundschreiben des RMEL vom 21.11.1944). Stadtarch. Gosl.. Abt. III Fach 162 Br. 4. Pomp, Brandenburgische Bauernhochschule. Dokumente in RS Leonhard, Dr. Heinz, 9.8.04; allgemein zur Person SSO Leonhard, zur frühen RuSA-Tätigkeit ZB 6766; siehe auch S. 551. NS 2/73, Bl. 46-48. SSO und RS Köllerer, Adolf, 11.1.04; SSO und RS Schnegg, Dr. Walter, 10.7.04. NS 2/75.

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Wilhelm Hehlmann, Hg., Pädagogisches Wörterbuch. Stuttgart 1942, Stichwort »Bauernschulen«. Im Handbuch von Konrad Meyer wird 1939 eine Zahl von 29 Bauernschulen genannt (siehe Anm. 44). Henning von Lepel, Idee und Methode der nationalsozialistischen Bauernschule, unter besonderer Berücksichtigung der kurhessischen Bauernschule Landau. Math.-naturwiss. Diss. Göttingen 1942; vgl. Kipp/Miller-Kipp, Erkundungen im Halbdunkel. RS Licht, Dr. Ludwig, 26.7.06; StA Mbg 327/2b-121; SSO, RS und PK Bockhorn, Dr. Karl-Hermann, 2.5.11. Bockhorn heiratete Elisabeth von Lepel, seine Schwester war mit dem RuS-Führer Rudolf Jacobsen verheiratet. RS Willer, Harry, 28.5.1913. Zu Rohrbacher und Römmele siehe RS Rohrbacher, Dr. Hans, 18.9.01; GLA Karlsr. 465c/1588; PK Römmele, Dr. Otto 11.11.00. R 16 I 2053 (13.2.1936). Gransee erfüllte 1933/34 auch noch die Funktion einer Reichsschule. Ende 1933 fanden hier mehrere dreitägige Sonderkurse für Landesbauernführer und Landesobmänner statt, für die der Besuch der Schule Pflicht war: R 16 I 2064. Im gleichen Aktenbestand finden sich weitere Dokumente zu Lehrgängen 1933/34; siehe auch R 16 I 2057. Warum von Wangenheim nicht berufen wurde, ist nicht bekannt; da er kein SS-Mitglied wurde, könnte ein Grund in einer fehlenden »SS-Fähigkeit« gelegen haben. Sie schlugen sich, um nur ein Beispiel zu nennen, etwa in der Charakterisierung Robert Schumanns als »nordisch-ostisch« gespaltene Persönlichkeit nieder; Eichenauer legte einen Zusammenhang zwischen dieser rassenseelischen Gespaltenheit und der »geistigen Umnachtung« Schumanns nahe. Zu Eichenauer siehe a. S. 46. Lutzhöft; Der Nordische Gedanke, S. 54 f.; Hein, Elite, S. 230. R 16 I 2933 (18.9.34). Während des Reichsbauerntages im November 1935 in Goslar fand in den Räumen der Schule die Ausstellung »Deutsche Kunst Goslar 1935« statt (Goslarsche Zeitung vom 13.11.1935). Auf dem Reichsbauerntag hielt Motz eine Rede über »Blut und Leibeserziehung«, Himmler hielt seinen Vortrag »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«, der später als Broschüre für Schulungszwecke herausgebracht wurde (R 16 I 2033). Goslarsche Zeitung vom 13.11. und 7.12.1935. Von Lepel, Bauernschulen, S. 56. In Goslar fanden auch vorher schon Lehrgänge statt. So berichtet der Standartenschulungsleiter, Diplomlandwirt und Abteilungsleiter der Badischen Landesbauenschaft Ernst Biesalski von der Einberufung zu einem Lehrgang für Diplomlandwirte, der vom 27.6. bis 1.7.1935 in Goslar stattfinden sollte: RS Biesalski, Dr. Ernst, 9.2.07 (20.6.35). Zu Bohm siehe S 53. RS Holler, Dr. Kurt, 21.4.01, DS-B 32; ZB 6766. Im Vorwort zu seinem Werk »Musik und Rasse« nennt Eichenauer neben Günther auch Holler als wissenschaftlichen Berater seiner Arbeit. Holler ließ sich, nachdem er von Darmstadt nach Goslar umgezogen war, 1938 an die Universität Göttingen umhabilitieren. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Chemiker, dann als Lehrbeauftragter am Gymnasium in Goslar und als Lehrer an der Landwirtschaftsschule Hildesheim: Breuer/ Schmidt, Die Kommenden, S. 350 f. SSO und RS Reinke, Helmut, 23.3.97; Corni/Giess, Brot – Butter – Kanonen, S. 143; siehe auch Lilla, Statisten; RS und PK Wüllenweber, Fritz, 4.10.06. Wüllenweber war 1931 Assistent bei Erich Weniger an der Pädagogischen Akademie Altona, 1932 promovierte er bei Nohl und Misch in Göttingen. Er war Verfasser mehrerer Schriften über »altgermanische Erziehung« und »Germanische Jungenzucht«. 1936 erhielt er einen Ruf als Dozent für »altgermanische Erziehung« an die HfL Lauenburg, zog aber die Bauernhochschule Goslar vor: Harten u. a., Rassenhygiene, S. 495. SSO, RS und DS Landgraf, Dr. Eduard, 6.8.00. Illgen war während des Krieges als Untersturmführer beim RuS-Führer Ost eingesetzt. Von Mörtel ist eine Abhandlung zur Gestaltung der Sippenfeiern aus dem RuSHA erhalten. RS und PK Illgen, Herbert 27.9.03; SS-Listen A 7; PK und DS Mörtel Heinrich, 1.3.99, DS-G 180. Siehe das Schreiben Darrés an Reischle vom 27.1.36: »Nachdem ich mich entschlossen habe, die Reichsschule für Führer des Reichsnährstandes nach Burg Eyba zu verlegen, bitte ich Dich, alle Schritte einzuleiten, um diesen Plan verwirklichen zu können«: R 16 I 2033. R 16 I/2037. Dienstnachrichten des Reichsnährstandes Jg. 6, 1939, S. 915.

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Dokumente in DS-G 173 Eichenauer. Die Abteilung Wissenschaft leitete Darrés persönlicher Referent und Obersturmführer des RuSHA Hanns Deetjen, zugleich Schriftleiter der Zeitschrift »Odal«. Der »Abt. W« gehörte auch das »Referat Günther Pacyna« an, das 1940 allein acht Forschungsvorhaben bearbeitete, darunter Projekte über den »Sprachenkampf an der westdeutschen Volksgrenze«, über den »Kampf des germanisch-deutschen Bauerntums an der Westgrenze gegen die französische Revolution« und über über »die verderblichen Folgen der bauernfeindlichen englischen Agrarpolitik«: DS-G 181 Pacyna. SSO Eichenauer (29.12.1944). Gegen Ende des Krieges wurde der Lehrbetrieb eingestellt, November 1949 nahm sie den Betrieb als Landwirtschaftsschule wieder auf, 1966 wurde die Schule aufgelöst und nach Wolfenbüttel verlegt. Richard Eichenauer lebte bis zu seinem Tod 1956 in Goslar und gab von 1950 bis 1956 ein Mitteilungsblatt für die Ehemaligen der Bauernhochschule heraus. Stadtarch. Goslar, Bestand Kl. Erwerbungen Zg. 27/89. Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 364. In der Regel arbeitete ein Diplomlandwirt mit Lehramtsexamen fünf Monate im Jahr als Lehrer und – während der unterrichtsfreien Zeit – sieben Monate als Wirtschaftsberater. RMEL, Hg., Erziehung und Unterricht in den landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen. Langensalsza 1940. Die regional unterschiedliche Struktur des landwirtschaftlichen Bildungswesens wurde ab 1933 einem Prozess der Vereinheitlichung unterworfen. Einen groben Überblick vermittelt Schmiel, Landwirtschaftliches Bildungswesen. RMEL, Erziehung und Unterricht, S. 112. Runderlass des Reichserziehungsministeriums vom 29.1.1936: R 2/12865; Karl Maquis, Der Diplomlandwirt. Der Landwirtschaftslehrer. Berlin 1938. Fachschulabsolventen konnten nach Erlass des Reichserziehungsministeriums vom 8.8.1938 über eine »Sonderreifeprüfung« zum Studium gelangen, wenn sie die aktive Betätigung in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen nachwiesen; Prüfungsgegenstände waren Deutsch, Geschichte, Erblehre und Rassenkunde sowie Erdkunde (HStA Weim., Reichsstatth. C 408). Ebd., C 406 (14.6.1933). Maquis, Der Diplomlandwirt, S. 26.

I. Das Schulungswesen der SS – Chronologie und Struktur 1 2 3

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NS 22/1122. NS 22/1125; NS 22/30. Zum Hauptschulungsamt der NSDAP siehe Wegehaupt, Schulung. »Die SS beteiligt sich niemals an der Diskussion in Mitgliederversammlungen. Die Teilnahme an den Sprechabenden, in denen während der Dauer des Vortrags von keinem SS-Mann geraucht wird und keiner das Recht hat, das Lokal zu verlassen, dient zur politischen Schulung der SS-Leute. Der SS-Mann soll der beste und überzeugteste Propagandist für die Bewegung sein, der auch weiß, was für Ziele die Bewegung verfolgt und der die Probleme unserer Weltanschauung kennt.« NS 19/1934 Bl. 105 ff. Zum Konzept der »SS-Sippengemeinschaft« Schwarz, Eine Frau an seiner Seite. SSO Schultz, Bruno Kurt, 3.8.01. Als Rutkowski sich auf das medizinische Staatsexamen vorbereiten musste, übernahm Karl Astel, der zuvor noch in München gemeinsam mit Fritz Lenz eine »Vererbungsberatungsstelle betrieb, dessen Aufgaben. B. K. Schultz erarbeitete die »Rassenkarte«, nach der die rassische Auslese erfolgte: Als SS-tauglich bzw. noch SS-tauglich galten in absteigender Rangfolge die drei Gruppen »a) vorwiegend nordisch mit fälischem Einschlag, b) nordisch mit dinarischem, westischem oder leicht ostischem Einschlag, c) harmonischer Mischling«. Kategorisch ausgeschlossen war die Aufnahme von »Mischlingen mit starkem ostischem oder ostbaltischem Einschlag« (NS 31/279, Bl. 2 f.). Zu den Ausleseprinzipien Heinemann, Rasse, S. 56-62. Diese Unterlagen waren vom Bewerber und seiner Braut gleichermaßen zu beschaffen. Außerdem mussten Erklärungen von zwei Bürgen beigebracht werden, ein polizeiliches Führungszeugnis, eine Erklärung zum Schuldenstand, ein Personalbogen mit handgeschriebenem Lebenslauf und ein von einem Bürgen ausgefüllter Fragebogen zur Eignung der Braut. Die Braut bzw. Ehefrau hatte darüber hinaus den Besuch eines »Mütterschulungskurses« nachzuweisen. Ein solcher Kurs konnte auf einer der »Reichsbräuteschulen« oder Gau-Mütterschulen des Deutschen Frauenwerks absolviert

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werden; er beinhaltete neben einer hauswirtschaftlichen und erzieherischen Grundausbildung auch eine weltanschauliche Vorbereitung auf die Aufgaben als künftige »Frau und Mutter«. Zu den Ausleseprinzipien und -prozeduren siehe auch Bein, Elite, S. 113 ff.; Heinemann, Rasse, S. 50 ff.; Schwarz, Eine Frau an seiner Seite, S. 24 ff. Hermann Dethof, der 1935 Hauptabteilungsleiter im SS-Schulungsamt war, stellte noch 1938 fest, dass fast 60% der in der SS geschlossenen Ehe dem Ausleseprinzip nicht entsprächen. Deshalb sei eine eindringliche Schulung hinsichtlich der Gattenwahl nötig, ferner sei es »ratsam, wenn Dienststellen und Räumlichkeiten der SS mit Bildern schöner Frauen und Mädchen seitens des RuSHauptamtes-SS bedacht würden« (NS 2/184). Die Zahl der Ortsgruppenleiter, die an Lehrgängen der Gauschulungsburgen teilnahmen, lag mit 21,7% bzw. 12,7% etwas höher: Reibel, Fundament, S. 220 f.; vgl. Raphael, Ideologie, S. 28. In der Organisation der Parteischulung bestand auch kein der SS vergleichbares Netz von Schulungsleitern, die gleichzeitig Kontroll- und Berichtsfunktionen ausübten, um die Erfassung aller Mitglieder sicherzustellen. Generell dürfte auch die Motivation zur Teilnahme bei der SS erheblich stärker ausgeprägt gewesen sein. »Die Leibesübungen sind im Hinblick auf die körperliche Förderung und die rassische Entwicklung als einer der wichtigsten Erziehungsfaktoren anzusehen«: Richtlinien für die Auswahl der SSSportwarte und -referenten, 2.10.1935 (NS 31/348). Bahro, Der Sport und seine Rolle, S. 80 ff. – Von der SA hatte sich die SS schon 1935 durch Einführung eigener Sportwarte und -referenten begonnen unabhängig zu machen; danach baute sie ein eigenes Prüfungswesen auf: NS 31/348. Ausführlich zur Bedeutung des Sports in der SS Bahro, SS-Sport. ZB 6766 Bl. 479 (Befehl vom 8.8.1932) und Bl. 472. Ebd. Bl. 471. Entsprechende Hinweise und Dokumente finden sich in den RuS-Akten Richard Eichenauers, Karl Kuchenbäckers und Fritz Benz’. Bei Benz lautete das Thema seiner Abhandlung »Blut und Boden die Grundlagen deutscher Wiedergeburt«. Sein Aufsatz umfasste 5 Seiten und wurde Rechenbach, B. K. Schultz, Astel und anderen zur Beurteilung vorgelegt. Die Urteile fielen zum Teil sehr kritisch aus (»Schulung noch notwendig«), und Benz, der Kreisbauernführer war, wurde erst ein Jahr später als Schulungsleiter eingeplant. Später verzichtete man darauf, in jedem Fall von den Kandidaten eigene Abhandlungen einzufordern: »Der HSL kann ausnahmsweise von der Stellung eines Aufsatzthemas absehen, nämlich dann, wenn es sich um Bewerber handelt, deren Geeignetheit für die Schulung in Rasse- und Siedlungsfragen ohne weiteres beurteilt werden kann, oder wenn sich Mitarbeiter melden, die beruflich stark in Anspruch genommen sind, auf deren Mitarbeit aber das RuSA SS nicht gerne verzichten möchte.« Fragment vom Februar 1934 in RS Carstens, Dr. Peter, 13.9.1903. Auswertung des Aktenbestandes in ZB 6766. MA Fbg, RS 4/1694 (17.1.1933). Ebd. (23.6.1933). Errechnet nach ZB 6766. Nach den in diesem Aktenbestand erhaltenen Dokumenten wurden im Verlauf des Jahres 1933 insgesamt 656 Schulungsleiter und Mitarbeiter überprüft. Im Herbst waren noch rd. 350 Fälle unerledigt – sicher auch eine Folge des aufwändigen Verfahrens. R 16 I 2038, Liste vom 20.12.1933. Nach einer Liste vom 15.2.1934 waren alle Abschnitte bis auf einen besetzt; für einige Abschnitte weist die Liste keine Stellvertreter aus, in einigen Fällen übernahm ein Hauptschulungsleiter die Aufgabe des Stellvertreters für einen anderen Abschnitt mit. Die Liste befindet sich in NS 2/134; weitere Hinweise auf die Ernennung von Hauptschulungsleitern 1933 in ZB 6766. Diese und die folgenden Zahlen beruhen auf Auswertungen der Materialien in RS und SSO Klumm, Friedrich, 15.5.95, Carstens, Dr. Peter, 13.9.03 und Eichenauer, Richard, 24.2.93. RS und SSO Carstens, Dr. Peter, 13.9.03. Dabei unterstützte ihn der Architekt Emil Schüssler, der bereits im Januar 1933 als erster Schulungsleiter des Rassenamtes in Württemberg ernannt worden war; zu Schüssler siehe S. 537. Unter den von Eichenauer angeworbenen Personen lassen sich zwar nur 5 Diplomlandwirte ausmachen, Eichenauer gewann aber auch Bauernfunktionäre, Mitarbeiter der Landesbauernschaft und andere akademisch gebildete Landwirte, so dass die Gesamtzahl der mit der Landwirtschaft verbundenen Personen bei 14 lag.

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RS Ameln, Dr. Konrad, 6.7.1899; PK Wilhelm, Dr. Friedrich, 9.9.93; BBF. Siehe S. 34 f.; R 16 I 2033 (18.9.1934); Zu Eichenauer siehe RS und SSO Eichenauer, Richard, 24.2.1893; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 259 ff. Materialien in RS und SSO Klumm, Friedrich, 15.5.95. Sie traten an die Stelle der erst wenige Monate zuvor ernannten »Rassefachberater«, die sich aufgrund ihrer nur beratenden Funktion nicht bewährt hatten. Die ersten zehn Rassereferenten für die 12 Oberabschnitte wurden noch im April 1934 ernannt: NS 2/1 und NS 2/151 (27.4.1934). Die Rassereferenten erhielten später die Bezeichnung »Führer im RuS-Wesen« oder einfach »RuSFührer«. Zur Einsetzung der Rassefachberater siehe R 16 I 2038 (15.2.1934). Nachdem es zu Beschwerden ehemaliger Bewerber wegen der Ablehnung aus rassischen Gründen gekommen war, hatte nach einer Anordnung des SS-Hauptamts vom November 1935 bei den Musterungen des Rassereferenten auch ein SS-Arzt und ein Einheitsführer zugegen zu sein; die Entscheidung »SS-geeignet/ungeeignet« aufgrund der rassischen Untersuchung traf aber weiterhin allein der Rassereferent. Die Ablehnung aus rassischen Gründen durfte den Bewerbern in Zukunft nicht mehr mitgeteilt werden, stattdessen sollte es heißen »körperlich ungeeignet«, »gesundheitlicher Schaden« o.ä.: NS 31/364 (22.11.1935); vgl. a. die undatierte Dienstanweisung für Rassereferenten in NS 2/73. Joachim Cäsar (Nord bzw. Nordwest), Karl Heinz Bürger (Nord), Hermann Dethof (West), Wilhelm Dyroff (Mitte), Georg Elling (Südwest), Werner Hahn (Süd), Theodor Henschel (Südwest), Rudolf Jacobsen (Nordost), Georg Käthner (Süd), Klaus von der Lancken (West), Hans-Albert von Lettow-Vorbeck (Ost), Friedrich von der Ohe (Nordwest), Walter Scholtz (Südost), Fritz Schwalm (Rhein), Erich Spaarmann (Südwest bzw. Mitte), Albert Stahlmann (West), Alfred von WitzlebenWurmb ( Südost). Siehe die Listen vom 27.4.1934 (NS 2/1) und 15.4.1936 (NS 2/129). Liste vom Dezember 1937 (NS 2/63); vgl. Heinemann, Rasse, S. 116 und 689 f. NS 2/73. Dienstanweisung für Schulungslager: NS 2/1 (25.4.1934). NS 2/73 Bl. 80-83; NS 2/75. NS 2/1 (26.6.1934). NS 2/151 Bl. 2 und NS 2/1 (Anweisungen des RuSA vom 23. und 25.4.1934). NS 2/1 (1.6. und 26.6.1934), NS 2/73; bereits Ende Mai 1934 beklagte das Rasse- und Siedlungsamt die schleppende Durchführung der Schulungslager: NS 2/152 Bl. 4. Der erste Schulungsbrief dürfte im März 1934 herausgekommen sein. Am 20.7.1934 versandte Hermann Dethof, der zu diesem Zeitpunkt die Schulungsabteilung im RuSA leitete, drei Nachträge: »a) Der Kampf um die Saar, b) Anleitung zur Jul-Feier in der SS-Familie« und c) ein Bücherverzeichnis. Ein weiterer Nachtrag folgte im Dezember 1934: NS 2/151 Bl. 7. NS 2/1 (27.7.1934). NS 2/74 (Schulungsanweisung für November 1934). NS 2/75 (27.11.1934). Der Plan entstand gleichzeitig mit Himmlers grundlegender Regelung der Aufnahme- und Auslesebedingungen für Beitrittskandidaten der SS am 1.10.1934; siehe dazu Hein, Elite, S. 124. NS 2/99 (21.9. und 15.10.1934). In der Praxis wurde oft noch die Bezeichnung »Hauptschulungsleiter« anstelle »Abschnitts-Schulungsleiter« weiter verwendet. NS 2/1 (16.11.1934). NS 2/99 (15.10.1934); NS 31/357. Erste Hinweise für 1935 in NS 2/21 Bl. 12. 1936 wurde festgelegt, dass die Ansprachen zu den Sonnwendfeiern von den Einheitsführern zu halten waren: NS 31/339 Bl. 90. NS 2/99 (15.10.1934). Etwas später folgte die Anweisung, die Zeitschrift »Odal« in der SS-Schulung zu verwenden und kostenlos an die Sturmbanne zu verteilen: NS 31/339 (4.11.1936). Die Berichte waren vierteljährlich vom Sturmschulungsmann beim Sturmbann-Schulungsleiter, von diesem beim Standarten-Schulungsleiter, vom Standarten-Schulungsleiter beim Abschnitts-Schulungsleiter und vom Abschnitts-Schulungsleiter beim Rassereferenten vorzulegen, der abschließende Berichte für das Rassenamt anfertigte. Dienstanweisung vom 16.10.1934: NS 2/151 Bl. 5ff.; Abdruck bei Matthäus u. a., Ausbildungsziel Judenmord, S. 143 ff. Erste Hinweise auf personelle Besetzungen der Abt. V in NS 2/3 Bl. 15 (Stabsbefehl vom 17.1.1935). Eine Einberufung zu einem Schulungslager für Abschnitts- und Standartenschulungsleiter in BerlinGrunewald vom 6.11.34 ist von Dethof als Leiter der Abteilung V unterzeichnet: in RS Biesalski, Dr. Ernst, 9.2.07.

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SSO und RS Dethof, Hermann, 9.7.08. SSO und RS Thoss, Dr. Alfred, 13.3.08; HStA Weimar, LAR PA 4393 Thoss. Neben Thoss wird Anfang 1935 auch noch der Historiker Heinrich Rübel als Referent der Schulungsabteilung des RuSA erwähnt, beide wurden aber wenig später ins Rassenamt übergeleitet. RS und PK Bohm, Dr. Walter, 6.2.1892; ZB 6766. Bohm hatte 1934 noch das Amt eines Hauptlektors für bäuerliches und landwirtschaftliches Schrifttum der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums inne; das Hauptlektorat war offenbar in Personalunion mit einer wissenschaftlichen Hauptabteilung des Rasse- und Siedlungshauptamtes unter Leitung Bohms verbunden, die mit seinem Weggang nach Goslar vermutlich wieder aufgelöst wurde. Materialien dazu in RS Bohm. Im gleichen Aktenbestand finden sich Vorschläge Bohms für gesetzgeberische Maßnahmen zur »Reinerhaltung des arischen Blutes«, in denen er unter anderem die Straffreiheit bei Kindesmord fordert, wenn der Mord »aus Verzweiflung darüber, bastardiertes Blut ins Leben gesetzt zu haben« erfolgte. Um die Zahl erwünschter Kinder zu erhöhen, sollte, wer »böswillig« weniger als die obligatorischen drei Kinder in die Welt setzt, mit »steuerlicher Belastung, Nichtbeförderung und Gehaltsherabsetzung« bestraft werden; Führungskräfte sollten wenigstens sechs Kinder »dem Deutschen Volk gezeugt« haben. SSO und RS Weibgen, Dr. Hans, 23.8.04; Segler, Dr. Karl Ferdinand, 17.12.07. NS 2/151, Bl. 88ff. NS 2/151 Bl. 4; NS 2/73 (20.11.1934). Ausgenommen davon waren die Bauernreferenten, von denen man annahm, dass sie bereits genügend Kenntnisse über »Blut und Boden« mitbrächten. Die Bauernreferenten sollten in Zusammenarbeit mit dem Agrarpolitischen Apparat der NSDAP ermittelt werden. Sie wurden erst im Laufe der folgenden Jahre eingesetzt. NS 2/1 (16.11.1934). NS 2/3 (26.11.1934). Die Schule wird zum ersten Mal erwähnt in einer Anordnung vom 21.9.1934, die für die Angehörigen des Rasse- und Siedlungsamtes gemeinsame Sport- und Wehrsportübungen auf dem Gelände der »RAS-Schule Grunewald« vorschrieb (NS 2/3). Am 24./25.10. fand hier bereits der 10. Lehrgang für Abschnitts- und Standartenführer statt (NS 2/129). Die RuS-Schule befand sich in der Herthastrasse 21 im Villen-Stadtteil Berlin-Grunewald. Ob sie von Anfang an hier untergebracht war, ist unklar, denn erst im Oktober 1935 schloss das RuSHA einen Mietvertrag für das Gebäude ab und zahlte seitdem Grundsteuer. Als Vermieter wird Albert Eckstein angegeben (ZB 6766: 29.10.1935). Als das Schulungsamt 1938 ins SS-Hauptamt transferiert wurde, ging auch die RuS-Schule ans SSHauptamt. Sie wurde 1943 in »SS-Kameradschaftsheim Grunewald« umbenannt und diente danach außer für Lehrgänge als Gästehaus und als Stätte für Zusammenkünfte des Führerkorps des SS-HA (NS 31/360). Der Chef des RuSHA Otto Hofmann klagte 1941 in einem Schreiben an SS-Verwaltungschef Pohl, dass das RuSHA seit der Abgabe der Schule ans SS-Hauptamt gezwungen war, für eigene Lehrgänge fremde Räume und Unterkünfte zu teilweise hohen Kosten anzumieten. In dem Schreiben nennt Hofmann als Adresse der Schule Herthastr. 3. Dort befand sich das »arisierte« Palais Mendelssohn – offenbar wurde es als Gästehaus zur Unterbringung der Lehrgangsteilnehmer genutzt. Heydrich wies Eichmann an, ein Ersatzgebäude für das RuSHA zu suchen und bot Hofmann, nachdem Eichmann fündig geworden war, ein jüdisches Altersheim in Lichterfelde-West an. Hoch erfreut teilte Hofmann Pohl mit, das Gebäude eigne sich »ganz hervorragend« für den gewünschten Zweck und habe außerdem den Vorteil, dass es »ausserordentlich billig erworben werden« könne (NS 2/69 Bl. 24 ff.). Bei diesem Beispiel handelte es sich um einen Schulungslehrgang für Verwaltungsführer und Referenten der Oberabschnitte sowie Lagerkommandanten, der am 19. und 20.11.1935 stattfand: NS 2/155, Bl. 65 f. Solche Vorträge werden z. B. in den Arbeitsberichten der Abt. II.113 (Politische Kirchen) des SDHauptamtes erwähnt: R 58/6074. Zur SD-Schule siehe auch Wenzel, SD-Schule Bernau. SSO und RS Klinger, Erwin, 16.4.1908. NS 2/3 (19.3.1935) und NS 2/104 Bl. 23 und 29. R 16 I 2038, Stellenplan des RuSHA vom 1.4.1936. Motz war vom 1.4.1933 bis 31.5.1935 zugleich Referent im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, blieb aber während dieser Zeit Darré unmittelbar unterstellt, um Einfluß auf die Gestaltung der Erntedankfeste zu gewinnen (Corni/Giess, Brot – Butter – Kanonen, S. 214). Nachdem Motz 1935 die Leitung der Hauptabteilung »Reichsschulen des Reichsnährstandes« übertragen worden war, beschäftigte er sich offensichtlich im Selbststudium mit Fragen der Erziehung und

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speziell der Führererziehung. In Darrés Zeitschrift »Odal« veröffentlichte er 1936/1937 nacheinander die Beiträge »Erziehungssysteme in Geschichte und Gegenwart« (über Führererziehung im Katholizismus), »Englische Führererziehung«, »Auslese und Erziehung der Freimaurerei«, »Auslese und Entwicklungslinien des sowjetrussischen Nachwuchses«. SSO Motz, Karl, 16.10.1906; Personalbogen in R 3601/5235. Der Personalbogen von 1941 listet die Beschäftigungsverhältnisse von Motz so auf: 1.2.31-31.3.33 Unterabteilungsleiter der Reichsleitung der NSDAP (Agrarpolitisches Amt) 1.4.33-31.5.35 Referent im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda 1.6.35-30.4.39 Hauptabteilungsleiter im Stabsamt Reichsbauernführer, danach Stabsleiter im Reichsamt für Agrarpolitik. Seine Tätigkeit im Schulungsamt von März 1935 bis Februar 1937 taucht darin nicht auf; entweder wurde seine Planstelle ans Schulungsamt »ausgeliehen«, oder er nahm die Tätigkeit dort nur nebenher wahr. In den 1950er Jahren war Motz Vorsitzender des Fachverbandes des Pfälzischen Landhandels und Mitglied des Rheinland-Pfälzischen Landtages für die FDP: Herfurth, Der faschistische »Reichsnährstand«. SSO und RS Lieben, Hans Henning von, 26.10.10. SSO, RS und PK Fick Ernst, 5.2.98. SSO und RS Ellersiek, Konrad, 5.4.01. SSO und RS Schnorrbusch, Johannes, 14.10.08; RS und RK Quadflieg, Franz Herbert, 27.4.13. RS Wellershaus, Hans, 28.1.08; NS 2/85; NS 2/101; RS Lienau, Walter, 5.6.06. SSO und RS Dücker, Walter, 16.5.14. Luserke war erstmals 1935 als SS-Bewerber an der musikalischen Gestaltung der Weihnachtsfeier für die Hauptämter der SS beteiligt: NS 2/21 Bl. 22 f. Himmler ordnete außerdem an, ihm seitens der SS bei der Berufsergreifung als Schriftsteller zu helfen und ihm eine Aufwandsentschädigung für den Besuch der Reichspresseschule zu zahlen: NS 2/51. RS Luserke, Klaus, 5.10.12; NS2/63 (17.9.37). SSO und RS Stock, Dr. Jürgen, 14.6.04; SSO und RS Runge, Friedrich (Wilhelm), 30.7.07. SSO, RS und PK Pietzner, Hans-Jochem/Joachim, 4.5.10; SSO Junghanss, Fritz, 8.11.00. NS 2/151 Bl. 20. NS 2/151 Bl. 16. NS 2/135 Bl. 15 (10.7.1935). NS 2/151, Bl. 22 ff. NS 2/38 (Bericht für das 2. Halbjahr 1935, 9.4.1936). R 16 I 2038 (25.10.1935). NS 2/21, NS 31/234 und 277 (30.11.1935). NS 2/108 (4.12.1935). NS 2/151 Bl. 24 ff.; NS 2/38 (Juli 1935), NS 2/129 (28.12.1935), NS 31/333 (12.2.1936). Stattdessen erhielten die Einheiten eine Liste zur Anschaffung empfohlener Bücher, darunter Werke von Darré, Günther, Jörns/Schwab, Staemmler und Fritsch (Handbuch der Judenfrage): NS 31/333 (Chef SS-HA 17.2.36). R 58/565 (1.5.1936). Das SD-Hauptamt sandte in der Folgezeit mehrfach Experten zu Vorträgen ins RuSHA; zum Beispiel hielten Albert Hartl und Gerhard Otto von der Abteilung II.113 (Politische Kirchen) Ende 1936/Anfang 1937 Vorträge in der RuS-Schule (R 58/6074). Zuvor hatte bereits Dieter Wisliceny als Redner des SD-Hauptamtes an einer Tagung der Rassereferenten in der RuSSchule teilgenommen: ZB 6766 (Tagung vom 24.4.1936). Heydrich sagte in einer Besprechung am 7.5.1936 die Abstellung eines SD-Sachbearbeiters für weltanschauliche und »RuS-Fragen« zu, der zu diesem Zweck eine mehrwöchige Ausbildung im RuSHA absolvieren sollte; er regte außerdem im Gegenzug regelmäßige Vorträge von Referenten des RuSHA beim SD an: NS 2/93 (7.5.1936). NS 2/151 Bl. 52 f. – Die Vorgaben des RuSHA wurden so für den Sommerausbildungsplan der Allgemeinen SS und der Verfügungstruppen übernommen: NS 31/339, Bl. 50 ff. und 60 ff. Siehe z. B. den Vierteljahresbericht des Rassereferenten Ost vom 2.2.1935: NS 2/74. NS 31/370 (16.11.1936). Nach Anordnung Himmlers vom 21.4.1937 sollte dem Führerkorps außerdem die vom Ahnenerbe herausgegebene Zeitschrift »Germanien« zu Schulungszwecken zur Verfügung gestellt werden (StA Mbg 327/2b-116). NS 2/151 Bl. 52 f.

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NS 2/85 Bl. 66. Neben der Lichtbildreihe »Blut und Boden« wurde auf der Arbeitstagung das Leitheft 2 besprochen; außerdem wohnten die Teilnehmer der Uraufführung des Films »Im Trommelfeuer der Westfront« im Ufa-Palast bei. NS 2/151 Bl. 62. NS 2/129, Bl. 199, NS 2/134 und NS 2/75 (Arbeitstagung 25./26.6.36). Bericht über die Schulungsarbeit 1936: NS 2/85 Bl. 165 ff. (1.12.1936). Regionale »Führerschulen« bestanden bereits 1934 in Schedlitz/Oberschlesien, in Leisnig/Sachsen, Unna, Gelsenkirchen und Reutlingen. In Gelsenkirchen mietete die Standarte 19 unter Leitung des Standartenführers Karl Schulz im Januar 1934 das Volkshaus Rotthausen an, um dort eine eigene Schule einzurichten. Erhalten ist der Lehrplan für den 2. Lehrgang, der neben berufspraktischen Fächern, militärischer Ausbildung und Sport auch ein umfangreiches Angebot an »wissenschaftlichen Fächern« enthielt: »a) Nationalsozialismus als Weltanschauung und Organisation, b) Rassenkunde und Erblehre, c) Gesundheitskunde, d) Wirtschaftslehre, e) Polizeiwesen, f) Wehrmacht, g) Der Marxismus, h) Staats- und Bürgerkunde«. In SSO Schulz, Karl, 7.2.05. NS 2/130 Bl. 52 ff. Erste Musterungen durch die Rassereferenten für die Führerschulen fanden bereits 1934 statt: StA Mbg 327/2a-141. Außerdem wurden für HJ-Angehörige, die sich für die SS interessierten und an SS-Veranstaltungen teilnahmen, Vormusterungen durchgeführt: ebd. 327/2b-121. Zur Arbeitstagung, die vom 20. bis 25.5. in der RuS-Schule stattfand, sollte bereits jeder Rassereferent einen OA-Schulungsleiter mitbringen (NS 2/151 Bl. 17f.). Die Funktion von OA-Schulungsleitern dürften später die Schulungsreferenten der RuS-Führer ausgeübt haben. Eine Liste vom April 1936 weist für 12 Rassereferenten insgesamt 57 Mitarbeiter (Schulungs-/ Musterungsreferenten und weitere Mitarbeiter) aus, so dass im Durchschnitt jeder Rassereferent knapp 5 Mitarbeiter hatte: NS 2/129, Bl. 216. NS 2/75 (13.8.37) Auch andere hauptamtlich für das RuSHA tätige SS-Führer mussten oft erst eine längere »Probeund Lehrzeit« absolvieren. Der spätere RuS-Führer Fritz Castagne zum Beispiel hospitierte zunächst für jeweils 14 Tage im Sippen- und Schulungsamt, bevor er im März 1936 als Referent zum Rassereferent Südost geschickt wurde; dort musste er eine Probezeit von 3 Monaten ablegen. Der Rassereferent Walter Scholtz ordnete danach eine Verlängerung seiner Probezeit an, weil Castagne zwar für die Schulung gut geeignet sei, aber noch Defizite in der Verwaltungsarbeit aufweise, die auch an einen Schulungsleiter heranträten, er bedürfe daher noch einer weiteren Lehrzeit unter strenger Aufsicht. Nach Ablauf der verlängerten Probezeit am 31.8. empfahl er Castagne schließlich zur Einstellung als Referent für Schulung und Musterung: RS Castagne, Fritz, 22.9.09. NS 2/136 (17.4.1936). Entsprechende Unterlagen sind u. a. in SSO Rautenfeld erhalten. Rautenfeld, der am 1.4.1936 zum Untersturmführer ernannt wurde, absolvierte den Führerlehrgang 1936/37; anschließend wurde er als Schulungsreferent zum OA Fulda-Werra versetzt; Ende 1940/Anfang 1941 war er in der SS-Schule Sennheim tätig: SSO Rautenfeld, Götz von, 16.4.13. In einem Gliederungsplan des Rassenamtes von 1937 war eine Abteilung »Führererziehung« vorgesehen, für die Bayer als Chef eingesetzt werden sollte, um die bisher schon von ihm geleistete Arbeit, »nämlich die Betreuung der zum RuSHA kommandierten Untersturmführer der Führerschulen Braunschweig und Tölz« fortzuführen: NS 2/100. Zu Bayer siehe S. 81. NS 2/135, Bl. 7 f., NS 2/136 (17.4.1936), siehe auch NS 2/129. Wilhelm Unverzagt war Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin; er gehörte nicht der SS an, wurde aber 1937 Mitglied der NSDAP. NS 2/108 (15.12.1936). Harry Willer, der unmittelbar nach dem Abitur zur Politischen Bereitschaft gegangen und nach einem Lehrgang in Tölz zum Untersturmführer ernannt worden war, wurde nach Beendigung dieser Lehrzeit als 2. Adjudant und Persönlicher Referent Darrés im Stab des Reichsbauernführers eingestellt und 1938 zum Obersturmführer befördert. NS 2/130 Bl. 28; NS 2/73; RS Willer, Harry, 28.5.13 Zit. n. Wegner, Hitlers Politische Soldaten, S. 141. Ebd. S. 145 NS 2/155 (7.5.1937). Danach lief aber 1939 eine Fortbildung der Junkerschulabsolventen weiter, die Himmler im August 1936 angeordnet hatte; danach sollten alle vier Monate schriftliche Arbeiten zu taktischen, kriegsgeschichtlichen, geschichtlichen und weltanschaulichen Themen angefertigt

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werden. Die Fortbildung sollte mit der Beförderung zum Hauptsturmführer beendet werden: NS 19/1669 Bl. 10 ff., Vortrag vom 25.1.1939; dort auch eine Auflistung der behandelten Themen. In Geschichte waren zuletzt Arbeiten über Heinrich I., die Ostgoten und Wandalen, das mongolische Imperium und Ibn Saud zu schreiben – Ziel war eine Erweiterung der geschichtlichen und geographischen Kenntnisse »insbesondere auf die asiatischen Verhältnisse«; die letzten vier weltanschaulichen Arbeiten behandelten den Sippengedanken, die Themen »Gehorsam und Verantwortungsfreudigkeit«, Ahnenverehrung und »4. Welche rassenkundlichen Grunderkenntnisse vermittelt der Roman von Gustav Frenssen ›Jörn Uhl‹?« Vgl. auch Westemeier, Himmlers Krieger, S. 86 f. NS 31/353 Bl. 2; siehe S. 78. NS 2/279, Bl. 5; Heinmann, Rasse, S. 92 f. NS 2/279. NS 2/85, Bl. 193; NS 2/129; NS 2/130 Bl. 126. NS 2/52. Für den Lehrgang im März 1938 bat Himmler unter anderem Alfred Rosenberg um einen Vortrag zum Thema »Weltanschauung – Wissenschaft – Dogma«: NS 2/54. Siehe S. 171. NS 19/580. Ellersiek wurde nach einer Besprechung im SD-Hauptamt zwischen Six vom RSHA und Wüst und Sievers vom Ahnenerbe zum 1.8.1938 mit der Leitung der Dienststelle »Mannschaftshäuser« beauftragt: NS 21/683. Die Abteilung Mannschaftshäuser bildete später das Amt IV innerhalb der Dienststelle Heißmeyer, die zeitweise auch als »Hauptamt Nationalpolitische Erziehung« firmierte und deren Aufgabe neben der studentischen Arbeit die Betreuung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten war. Näher hierzu S. 171 ff. Daneben betrieb die SS an den Universitäten »Studiengemeinschaften«, deren Aufgabe vor allem darin bestand, akademische Vorträge von Wissenschaftlern und Professoren zu organisieren, die der SS angehörten oder ihr nahestanden. Die Leiter der SS-Studiengemeinschaften sollten gleichzeitig Dozenten und Erzieher sein, also auch Betreuungs- und Mentorenfunktionen für die SS-Studenten erfüllen. Eine Vortragsliste für das Sommersemester 1938 findet sich in NS 31/292, Bl. 88 ff. NS 2/119 Bl. 51 und 56. Die »drei Hauptämter« waren zu diesem Zeitpunkt noch das SS-HA, das SD-HA und das RuSHA. Gütts Amtsstelle führte mit Beteiligung des RuSHA und des SD-HA laufend Schulungskurse für SS-Ärzte durch; auf dem Programm stand das komplette »SS-Curriculum«: Erblehre, Erbgesundheitspflege, Rassenkunde, Bevölkerungs- und Rassenpolitik, SS-Sanitätswesen, Rasse und Weltanschauung, Politischer Katholizismus, Freimaurerei, Deutsche Vorgeschichte (NS 19/3794). NS 2/102 (2.3.1937); NS 2/39 (9.2.1937). NS 2/100, Bl. 62 ff. NS 2/39 (18.2.1937). Die Gründe und näheren Umstände des Ausscheidens von Motz sind nicht bekannt. Darré hatte ihn auf Wunsch Himmlers um seinen Amtsverzicht gebeten; eine Bemerkung Darrés lässt darauf schließen, dass Motz das Vertrauen Himmlers verloren hatte (siehe die Tagebuchnotiz Darrés vom 13.2.1937: Nachl. Darré, Arch. Gosl. Nr. 484; Longerich, Himmler, S. 430); möglicherweise war Himmler unzufrieden mit seiner Arbeit, nachdem Motz in seinem Bericht vom Dezember 1936 eine Reihe von Problemen hatte einräumen müssen (s.o.). Außerdem wurde 1937 ein Schieds- u. Ehrengerichtsverfahren gegen ihn vorbereitet; es scheint aber im Sande verlaufen zu sein, da Motz noch Ende 1937 zum SS-Oberführer befördert wurde und seine Karriere beim Reichsnährstand fortsetzte (NS 2/51; vgl. Bein, Elite, S. 230). In seinem Demissionsschreiben an Himmler beklagte Darré später die Abberufung seines »langjährigen Mitarbeiters« Motz durch Himmler, »wobei ich nur durch Einsatz meiner Person einen Justizmord der SS verhindern konnte« (IfZ: ED 110-3-187). Anfang 1941 wurde Motz zum stellvertretenden Reichsamtsleiter bei der Sonderdienststelle »Aufrüstung des Dorfes« ernannt, die sich mit vorbereitenden Maßnahmen zur Eindämmung der Landflucht nach dem Krieg beschäftigen sollte (R 3601/5235). Die Sonderdienststelle wurde spätestens 1943 wieder aufgelöst (Dornheim, Rasse, Raum und Autarkie, S. 72). SSO und RS Cäsar, Dr. Joachim, 30.5.01; zu seiner Tätigkeit in Auschwitz siehe Wieland, »Die politischen Aufgaben«. Cäsars Sohn, der Lufthansa-Pilot Heino Cäsar veröffentlichte 2009 eine umfangreiche Autobiographie (»Straße zum Himmel«), in der er auch ausführlich über seine Kindheit und das Aufwachsen in Auschwitz schreibt, ohne die Zugehörigkeit seines Vaters zur SS und seine politischen Funktionen beim SS-Hauptamt und WuVHA zu erwähnen und ohne den Ort »Auschwitz« zu benennen. SSO und RS Kleffel, Adolf, 19.8.06.

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NS 2/100, Bl. 62 ff. Der Bericht ist undatiert, nimmt aber Bezug auf das Schreiben von Ebrecht vom 20.3., in dem dieser einen neuen Organisations-, Stellen- und Stellenbesetzungsplan anfordert und zu einer Besprechung am 25.3. einlädt; der Bericht dürfte für diesen Besprechungstermin verfasst worden sein. Siehe die Denkschrift des Brigadeführers Sachs (Chef des Amtes XI im SS-Hauptamt) zur Umorganisation des SS-Hauptamtes vom 18.11.1938 in NS 31/96. Ebner berichtete bereits im Mai 1938 von ernüchternd ausgefallenen Zwischenergebnissen einer von Himmler befohlenen Überprüfung der Führer der Stürme auf ihre Eignung zur Durchführung der weltanschaulichen Schulung (siehe S. 78). Vom Frühjahr 1937 sind mehrere Entwürfe erhalten, die aber nur geringfügig differieren. Welche Fassung am Ende in Kraft gesetzt wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die verschiedenen Fassungen befinden sich in NS 2/100, 102 und 103. Die erste Version gehört zu Caesars Bericht von Ende März 1937 (siehe Anm. 121). NS 2/64. NS 2/117. NS 2/63 (4. und 21.9.1937). Zur Überlastung der RuS-Führer trug Himmler mit immer neuen Ideen selber bei. So erteilte er im Oktober 1937 den RuS-Führern den Befehl, eine »rassische Begutachtung« ihres Oberabschnitts durchzuführen, ein absurdes Projekt, dass sich noch durch das folgende Jahr hindurch zog und erst im November 1938 von Himmler als verfrüht zurückgestellt wurde. Ganz Deutschland, so Himmler im März 1938, solle von »wirklich praktischen Rassekennern« begutachtet werden, aber nicht mit Messungen und Fragebögen, sondern durch eine »praktische Inaugenscheinnahme« (NS 2/54). Der RuS-Führer Fulda-Werra Schwalm, selber Anthropologe, wies die Schulungsleiter seines Oberabschnitts an, in Zusammenarbeit mit SS-Fachleuten anhand einer Liste von Orten die Zusammensetzung der Bevölkerung zu bewerten. Außerdem sollte jeder Standartenschulungsleiter »die besonders schlechten Ortschaften« seines Gebietes feststellen: »Es kommen in Betracht Zigeunersiedlungen, gewaltsam bereits in früheren Jahrhunderten durchgeführte Judenansiedlungen nach vorhergegangener Taufe oder sonstige, irgendwie den ursprünglichen Charakter der Bevölkerung beeinflussende Maßnahmen.« StA Mbg 327/2b-121 (13.6.1938). NS 2/85, Bl. 298 (4.11.37). NS 2/40 (16.12.1937). NS 2/41 (17.12.1937). Gustav Paul war Professor für Geschichte und Geopolitik an der HfL Darmstadt und Autor mehrerer Schriften über Rasse, Raum und Geschichte: Harten u. a., Rassenhygiene, S. 444. NS 2/86, Bl. 117 ff. NS 2/40 (27.1.1938) und NS 2/54 (1.2.1938). Das Themenspektrum erweiterte sich parallel zur Ausweitung der Aufgaben der SS: Wegner, Waffen-SS, S. 186. Siehe dazu S. 425 ff. NS 2/291. Wie aus Darrés Tagebuchaufzeichnungen hervorgeht, wusste er schon im Dezember 1937 von Bestrebungen, ihn aus dem RuSHA hinauszudrängen, wollte aber nicht glauben, dass dies von Himmler selbst ausgehen könnte: »Dass der RFSS irgendetwas gegen mich haben könnte, kommt für mich gar nicht in den Bereich der Diskussion, aber seine Umgebung oder Teile von ihr muß ihn außerordentlich stark in der Hand haben, so dass er Dinge zu tun beginnt, die er offenbar in seinen Auswirkungen nicht mehr übersieht … Was soll man tun? Abwarten! … Ich kann doch Posten als Chef des RuSHA nicht räumen …« (Aufzeichnung vom 9.12.1937). Am 19.1.1938 hielt er seine »Sorgen um die Zukunft der SS« fest (s.o.), im Februar fiel dann die Entscheidung zum Amtsverzicht; am 28.2. findet sich der Eintrag: »Adjudant Himmlers überbringt dessen Einverständnis zur Abgabe meines Postens eines Hauptamtchefs der SS. Nach 7 Jahren… Himmler ist die grundsätzliche Bedeutung meiner Ideen gar nicht aufgegangen … ich will versuchen, ihm die Freundschaft zu erhalten.« Nachlaß Darré, Gosl. Nr. 484. Vorangegangen war ein Schreiben Darrés an Himmler am 8.2., in dem er seine Demission anbot, weil Himmler zum wiederholten Male einen von ihm eingesetzten Chef des Schulungsamtes abberufen hätte – nach Motz nun Cäsar, außerdem hatte Himmler Anfang 1938 die Absetzung seines Schwagers Manfred von Knobelsdorffs als Leiter des Schulungshauses »Wewelsburg« verlangt. Darré fühlte sich daher in seiner Ehre und Kompetenz als Ideengeber und Grundlagentheoretiker der SS-Schulungsarbeit gekränkt und in Frage gestellt

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und mag sich von Himmler eine Klarstellung erhofft haben, seine Demission schien Himmler aber gerade recht gewesen zu sein, denn er machte keinen Versuch, ihn umzustimmen. Siehe den Briefwechsel Darré-Himmler in IfZ, ED 110-3-187; zum Hintergrund auch Wildt, Himmlers Terminkalender; vgl. auch Wegner, Durchbruch zum ›SS-Staat‹. NS 19/3901 (10.9.38). SSO Pohl, Oswald, 30.6.92 (Schreiben vom 30.3.1938). Als Führer des »Rassewesens« sah er Ellersiek, des »Siedlungswesens« von Gottberg und des »Ordenswesens« Karl-Heinz Bürger vor: NS 2/54, Bl. 23-27 (Ebrecht am 10.6.1938 an Himmler betr. Neuordnung des RuSHA). NS 2/54, Bl.40 (10.6.38). Gleichzeitig schieden die mit Aufgaben der Wissenschaft und Forschung betrauten Abteilungen des Rassenamtes aus. Die hauptamtlichen Abteilungsleiter wurden zum Ahnenerbe im Persönlichen Stab RFSS versetzt: NS 2/54 Bl. 83 und Bl. 40. NS 2/64 Bl. 43 ff., Liste B. Ob es tatsächlich zur Einsetzung zusätzlicher Oberabschnitts-Schulungsleiter kam, ist unklar; vermutlich nahmen die RuS-Führer oder ihre ersten Schulungsreferenten weiterhin diese Funktion wahr. NS 31/234, Bl. 7 f.; vgl. NS 31/353 f., NS 33/335. NS 19/1669. NS 2/86 Bl. 111. Dass Beispiel der LSSAH etwa zeigt, dass man sich in den Verfügungstruppen zwar des Materials aus dem Schulungsamt bediente, aber weitgehend in eigener Regie Lehrpläne aufstellte. Siehe S. 195 ff. Zit. n. Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 189; zum Gesamtzusammenhang ebd. S. 187 ff. NS 31/353 Bl. 2; NS 31/234; NS 2/54; StA Mbg 327/2b-111 (29.7.1938). Anweisung des Schulungsamtes vom 29.10.1938: StA Mbg 327/2b-56 NS 2/152 Bl. 21. Nach Himmlers Vorstellung sollte jeder RuS-Führer jeden Tag einen Sturm besuchen, so dass die Aufgabe nach vier Monaten – erstmals zum 1.4.1938 abgeschlossen wäre: NS 2/54 (29.11.1937). NS 2/54 Bl.84 ff.; SS-Befehlsblatt 25.4.1937 (StA Mbg 327/2b-116). NS 2/86 Bl. 111 f. Himmler daraufhin: »Wir haben auch selbst sehr viel Schuld an dieser amusischen Einstellung.« An dem Lager des Oberabschnitts Nordwest hatten 93 Sturm-Führer teilgenommen: 23% der Teilnehmer müssten »ausgeschieden« werden, 20% seien nur unter strenger Aufsicht und Anleitung zum Einheitsführer geeignet, 45% nach entsprechender Ausbildung, lediglich 12% seien nach selbständiger Weiterbildung geeignet: StA Mbg 327/2b-113; zum Bericht des RuS-Führers FuldaWerra ebd. 114 (24.3.38). Julian Scherner, Offizier des 1. Weltkriegs, Freikorps-Kämpfer, während der Weimarer Republik Bankangestellter, dann selbständiger Kaufmann, gehörte seit Ende 1931 der NSDAP, seit 1932 der SS an. Er war Führer des Abschnitts XIV, als er am 30.9.1937 zum Leiter der Dachauer Schule ernannt wurde. Zu Beginn des Krieges wurde er mit der Führung der neu aufgestellten TotenkopfRekruten-Standarten beauftragt, 1940 war er für einige Monate Kommandeur der Junkerschule Tölz; im August 1941 wurde er zum SSPF Krakau ernannt: SSO Scherner, Julian, 23.9.95. Undatierter Bericht: NS 19/1669, Bl. 37 f. NS 31/121 (10.8.1939); NS 48/21 (Teilnehmerliste des 2. Lehrgangs); vgl. a. den Hinweis bei Wegner, Waffen-SS, S. 147; SSO und RS Bayer, Otto 6.11.00. NS 31/121 (10.8.1939). NS 2/291 (7.3.1938). NS 21/58. NS 2/100 Bl. 64. SSO Bayer, 6.11.00; siehe auch S. 545. Bayer kehrte nach kurzem Kriegseinsatz als Leiter der Abteilung »Weltanschauliche Erziehungsführung« ins SS-HA-Schulungsamt zurück. Seine Tätigkeit fürs Schulungsamt wurde auch danach mehrfach von Kriegseinsätzen bei der Waffen-SS unterbrochen, während der Bayer die Leitung der Abt. VI (Schulung und Truppenbetreuung) in der jeweiligen Division übernahm. 1944 wurde er von Berger wegen »dauernden Intrigierens« aus dem Schulungsamt entfernt und zum Personal-HA versetzt; Berger bezeichnete ihn als »Wiener von Beruf« und warf ihm ein »unterwürfiges, dienstbereites Wesen« vor: NS19/2601. Als Leiter der Abt.

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Anmerkungen zu S. 82-90

VI des V. Panzerkorps war Bayer 1944 für die auf dem Balkan operierenden Gebirgsdivisionen der Waffen-SS zuständig; im März 1944 schlug er die Zwangsdeportation der gesamten männlichen Bevölkerung von 12 bis 70 Jahren in Kroatien vor: »Gleichzeitig wäre diese, das deutsche Blut sparende Maßnahme eine Warnung für alle unter deutscher Schirmherrschaft stehenden Gebiete«. Zit. b. Sundhausen, Geschichte der Waffen-SS, S. 196. Zu Fuhrländer siehe S.118 u. 266; PK Werdenbach, Eckbrecht, 15.1.02; RS Wellershaus, Hans/Johannes, 28.1.08; siehe S. 57. Seine Tornisterschrift »Für Freiheit und Recht. Ein Taschenbuch des deutschen Soldaten« erschien 1940 im Nordland-Verlag in einer Auflage von 760 000 Exemplaren. Schütt war später noch als Kulturreferent des Auswärtigen Amtes in Helsinki tätig. SSO, RS, DS und RK Schütt, Werner, 12.12.11. SSO Rieke, Wilhelm, 14.12.07; SSO und RS König, Herbert, 8.2.13; SSO und RS Heyse, Karl, 31.7.09. Aus dem Jahr 1937 sind eine Reihe verschiedener Entwürfe und Versionen des Geschäftsverteilungsund Stellenplans des Schulungsamtes erhalten (NS 2/100 und 101). Die im folgenden kommentierte Version beruht auf einem undatierten Plan, der nach dem Amtsantritt Bayers im Sommer 1937 entstanden sein muß. Die personellen Zuordnungen wurden von mir aufgrund zusätzlicher personenbezogener Recherchen ergänzt. SSO Weibgen, Dr. Hans, 23.8.04. Von Weibgen stammen mehrere Schulungsschriften, unter anderem Der Bauer als Lebensquell der Nation und Der Nationalsozialismus eine Weltanschauung (1936) sowie Der Blutsgedanke (1937). Zu den Aufgaben der »Volksdeutschen Mittelstelle« gehörte die Betreuung volksdeutscher Umsiedler und in diesem Rahmen auch die Durchführung von Schulungs- und Führerschulungslagern. SSO und RS Beiersdorf, Heinz, 24.9.12; SSO Maydell, Siegfried v., 10.9.05; RS Hoppe, Rudolf, 5.8.12. Hoppe, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen ein Jahr älteren Dekorationsmaler Rudolf Hoppe, der ebenfalls als Zeichner für die SS arbeitete, war noch bis 1944 im Schulungsamt tätig. PK Seißl, Adolf, 3.6.97; NS 31/164; SSO und RS Crost, Heinrich, 14.8.13; SSO und RS Unseld, Karl, 30.4.13. SSO und RK Eggers, Kurt, 10.11.05; siehe auch S. 536. Zur Biographie Liebich, Kurt Eggers; zur Kriegsberichterstandarte Kaden, Das Wort als Waffe. Kaden war Mitarbeiter der NPD im Schweriner Landtag. SSO und RS Leistikow, Kurt Joachim Georg, Dr., 16.5.09; SSO und RS Rudolph, Georg, 25.1.13; RK Barthel, Dr. Ludwig Friedrich, 12.6.98; Barthel erhielt 1942 den Münchener Dichterpreis. – Waldschmidt trat 1920 der NSDAP, 1933 der SS bei; 1943 wurde er zum SS-Oberführer befördert: SSO Waldschmidt, Dr. Arno, 2.6.73. SSO Hartmann, Horst, 18.10.05. Die Abteilung Feiergestaltung im Persönlichen Stab RFSS wird erstmals im August 1938 erwähnt, als Leiter wurde Georg Rudolph vom Schulungsamt übernommen; er war auch zu Beginn des Krieges noch in dieser Funktion. Spätestens ab 1942 existierte aber wieder eine Abteilung »Feiergestaltung« im Schulungsamt. Eigene Berechnungen aufgrund der in NS 2 erhaltenen Schulungsberichte. NS 2/130 Bl. 126ff. NS 2/130 und 131. NS 2/131 Bl. 6-8. Materialien in NS 2/131. NS 2/131 Bl. 42. RS Schlitter, Otto, 18.3.07. NS 2/131 Bl. 89. Die im Bremer Nachrichtensturm gehaltenen Vorträge wurden, wie der Bericht des Sturmschulungsmannes konstatiert, »sämtlich mit Interesse aufgenommen«, in der Aussprache sei allerdings »besonders das Problem der Euthanasie von erblich Minderwertigen als schwierig empfunden« worden. – Das Volksstück »Der letzte Bauer« erfreute sich in der SS besonderer Beliebtheit. Im Februar 1936 ordnete das SS-Hauptamt mehrere geschlossene Vorführungen durch die Thoma-Bühne für die SS an, und noch im Winterhalbjahr 1939/40 sollte die Oberlandbühne auf Wunsch Himmlers das Stück »wie im Vorjahr« für die SS aufführen: StA Mbg, 327/2b114.

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NS 2/131 Bl. 65. Meyer und Bolling hatten beide noch am 1. Weltkrieg teilgenommen, beide gehörten in den 20er Jahren dem Stahlhelm an; Meyer trat 1933 der SA, 1934 der SS bei, Bolling gehörte seit 1933 der NSDAP, seit 1935 der SS an und war gleichzeitig als Polizeilehrer tätig: SSO und RS Meyer, Heinrich, 6.12.92; RS und OGK Bolling, Robert Hermann, 3.9.95. NS 2/131. Günther erwähnt auch, dass in der Aussprache über den »Stürmer« als »Kampfblatt gegen das Judentum« diskutiert wurde: »Die Meinung geht dahin, dass es aufrüttelnd für den Volksgenossen gut wirkt. Grosses Interesse am ›Stürmer‹ ist nicht bei den SS-Männern (Das ›Schwarze Korps‹ gilt den Männern viel mehr).« NS 2/131 Bl. 83. NS 2/131 Bl. 19-22. NS 2/131 Bl 33 f. NS 2/131 Bl. 67. Hussmann kam in Guatemala als Sohn eines Kaffeeplantagenbesitzers zur Welt, wuchs aber bei Verwandten in Deutschland auf. 1930 trat er dem Jungstahlhelm bei, 1933 der SS. Während des Krieges war er als Eignungsprüfer des RuSHA tätig, wurde 1942 stellvertretender Leiter der Außenstelle des RuSHA und 1943 Leiter der Gesundheitsabteilung in Prag: RS Hussmann, Dr. Erich, 20.6.06; Heinemann, Rasse, S. 621. NS 2/131 Bl. 83. NS 2/135 (22.1.1936). NS 2/132 Bl. 52 f.; vgl. den Bericht des Sturmbannschulungsleiters 1/10 vom 20.7.1936 (NS 2/132 Bl. 59). NS 2/132 Bl. 93. NS 2/130 Bl. 127. NS 2/132 Bl. 95. NS 2/132 Bl. 74. Dabei muss berücksichtigt werden, dass »Mein Kampf« keineswegs »leichte Kost« war und für das Verständnis eine gewisse Hintergrundbildung voraussetzte. NS 2/132 Bl. 76 ff. RS Stoll, Kurt, 29.3.07. Die Schulungsmänner Gräber, Willems und Volz waren nicht eindeutig zu identifizieren. Higa = »Hilfsgrenzangestellte«, d.h. beim Grenzzoll als Hilfskräfte tätige SS-Männer. NS 2/132 Bl. 72. Ebd. Bl. 74. Beispiele u. a. in NS 2/132 Bl. 51 u. 64. NS 2/130 Bl. 131 ff. Nachdem die Schulungsmänner den Einheitsführern unterstellt worden waren, verschwand nach einer Übergangszeit ab 1937 allmählich die formelle Bezeichnung des »Schulungsmannes« aus den Dokumenten und Berichten. Faktisch bestand seine Funktion fort, da viele Einheitsführer weiterhin Schulungsaufgaben an dafür besonders geeignete Unterführer und »Männer« delegierten. StA Lbg PL-506-10. Ebd. Schulungsberichte sind in großer Zahl im Aktenbestand StA Lbg. PL 506 (vor allem Bü. 4, 10, 16 und 17) enthalten. StA Fbg V 200/1-20. Ludwig Bähr, seit 1931 NSDAP- und SS-Mitglied, unterrichtete 1934 an der Erziehungs- und Pflegeanstalt für erbkranke Kinder in Baden-Baden/Lichtental; 1940 war er 1. Referent beim RuSFührer Donau und Eignungsprüfer in Litzmannstadt: SSO und RS Bähr, Ludwig, 13.11.10. GLA Karlsr. 465c/1665. H.StA Weimar: SS-Sturmbann II/47 Weimar, Nr. 63 und 65. Zu Haugk und Bürger siehe S. 559 u. 553. StA Mbg 327/2b-113. Ergänzend sollte das Kapitel »Der Weg zum Gehorsam« aus Himmlers Broschüre »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation« zu einem eigenen Bildband ausgearbeitet und in der Schulung behandelt werden. Das Werk war aber nicht rechtzeitig fertig geworden und wurde im März 1939 wieder vom Schulungsplan abgesetzt: NS 31/353 und 167. Während des Krieges war Eichler Personalleiter der Arado Flugzeugwerke in Warnemünde. SSO und RS Eichler, Dr. Hans, 3.8.04. StA Mbg 327/2b-114.

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Anmerkungen zu S. 104-110

Ebd. SSO und RS Wildfeuer, Hugo, 11.12.92; RS Schirmer, Dr. Erwin, 20.3.08. Mbg 327/2b-113 und 242. Riederer, Studienrat für Chemie, Biologie und Erdkunde und Leiter der Deutschen Heimatschule Arnstadt, war auf das Thema »Judentum« spezialisiert; im März 1939 hatte er bereits einen Vortrag über »Das Judentum, sein Wirken und seine Ziele« vor dem Sturmbann III/13 gehalten. Mbg 327/2b-122. Ebd. StA Mbg 327/2b-113. Alfred Beck, den das Rassenamt 1933 zum stellvertretenden Hauptschulungsleiter ernannte und gemeinsam mit Peter Carstens mit dem Aufbau des Schulungsapparates im Abschnitt X beauftragte, wurde 1936 zum Direktor der veterinärpolizeilichen Anstalt Schleißheim und Honorarprofessor in München berufen; er setzte sein Engagement für die SS dort noch während des Krieges als Schulungsleiter des Abschnitts I fort (SSO und RS Beck, Dr. Alfred, 21.6.89). Rösch hatte sich in Berlin habilitiert, war aber seit 1931 als Dozent in Hohenheim tätig und wurde dort zum Professor ernannt; auf Vorschlag von Carstens wurde er als Sturm-, dann Sturmbannschulungsleiter in der 13. Standarte eingesetzt; während des Krieges gehörte er als Obersturmführer der Waffen-SS an (SSO Rösch, Dr. Gustav Adolf, 19.2.02). Ernst Klapp wechselte 1934 als Professor von der Universität Jena zur Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und zog von dort 1936 weiter nach Bonn; 1934 war er Sturmschulungsmann in der 13. Standarte (RS Klapp, Ernst, 18.3.94). Josef Knoll arbeitete als Assistent und Privatdozent in Hohenheim und war Sturmbannschulungsleiter in der 63. Standarte; Knoll wurde 1937 auf eine Professur in Leipzig berufen, nach dem Krieg kehrte er nach Hohenheim zurück (RS Klapp, Ernst, 18.3.94). Klapp wurde 1964 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik, Knoll 1960 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Wilhelm Leinigen, Assistent am Tierzuchtinstitut in Hohenheim, wurde auf Vorschlag von Carstens mit der Schulung im 3. Sturmbann der 13. Standarte betraut. Otto Sommer war zunächst Schulungsleiter in der 13. Standarte, wurde aber nach seiner Versetzung zur Landesbauernschaft Ostpreußen dort als Hauptschulungsleiter eingesetzt; 1936 erhielt er einen Ruf auf eine Professur nach Göttingen, kehrte aber während des Krieges als Nachfolger von Carstens nach Hohenheim zurück (RS Sommer, Otto, 6.6.02). Die SS nutzte das nahe bei Karlsruhe gelegene Schloss Scheibenhardt für Lehrgänge. Zeitweise bestand hier auch eine »Bauernführerschule«. Hinweise in RS Kienitz, Otto-Ernst, 20.12.10 und SSO und RS Hornung, Alois, 4.3.11. StA Lbg, PL 506-1. Der Lehrgang in Scheibenhardt dauerte eine Woche, der nachfolgende in Hohenheim 14 Tage; entprechend länger war die Liste der Vorträge mit insgesamt 45 Themen. Ebd.; NS 2/73. Heinemann, Rasse, S. 453 ff.; zur Person: SSO und RS Henschel, Theodor, 18.2.04. StA Lbg, PL 506-1. Die Tagung war am 5. und 6. Mai. Zuvor hatte im April bereits eine Arbeitstagung mit einem Vortrag von Ernst Krieck stattgefunden: PL 506-13. StA Lbg PL 506-5; zur Person: SSO Schnitzer, Dr. Otto, 8.2.98. NS 2/73. Es handelte sich um ein Auftragswerk des Volksgesundheitsdienstes, bei dem Paul angestellt war. Alexander Paul promovierte 1940 bei Hans F. K. Günther und Eugen Fischer mit einer Arbeit über »Jüdisch-deutsche Blutmischung«: Harten u. a., Rassenhygiene, S. 317 f. GLA Karlsr. 1588, Bl. 63. RS Gieseler, Dr. Wilhelm, 11.10.00; GLA Karlsr. 1588. Gieseler beteilgte sich während des Krieges als externer Dozent an den Lehrgängen des Rassenamtes in Prag; 1943 wurde er zum Hauptsturmführer befördert. Nach Kriegsende wurde er interniert und aus dem Hochschuldienst entlassen; 1955 konnte er sein Amt als Professor und Leiter des Anthropologischen Instituts in Tübingen wieder aufnehmen (Potthast/Hoßfelder, Vererbungs- und Entwicklungslehren, S. 465 u. 475). StA Lbg PL 506-11. Auf der Liste nicht mehr verzeichnet war der Studienassessor und Geschäftsführer des VDA Baden Willi Kunzmann, der 1937 noch als Hauptsturmführer und Referent für Schulung und Musterung geführt wurde und inzwischen zum Abschnittsschulungsleiter ernannt worden war; Kunzmann stand dem RuS-Führer aber weiterhin als Redner für volkskundliche Themen zur Verfügung. Kunzmann hatte an der TH Karlsruhe Mathematik und Naturwissenschaften studiert und gehörte seit Anfang 1930 der NSDAP an: SSO und RS Kunzmann, Willi, 23.12.10; SS-Listen A 2; StA Lbg PL 506-1.

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Während des Krieges rückte Hornung zum RuS-Führer Südwest auf, als Hübner zum RuS-Führer Warthe ernannt wurde. Hornung erhielt 1942 den Auftrag, sich in die »Absiedlungs- und Evakuierungswelle im Elsass einzuschalten«. Zuvor war er als Eignungsprüfer und Mitarbeiter der Germanischen Leitstelle in Dänemark tätig: SSO und RS Hornung, Alois 4.3.11; NS 19/2458. SSO Stahlecker, Dr. Rudolf, 25.11.98; R 16 I 2038; StA Lbg, F 400/145]. Zu Fleischhacker siehe S. 552. Ermittelt anhand der Dokumente im Aktenbestand StA Lbg, PL 506-10. NS 2/99 (21.9. und 15.10.1934). Im Oberabschnitt Fulda-Werra beispielsweise wurden noch im März und Juni 1939 alle eingesetzten Bauernreferenten – etwa 40 Personen – in ihrem Amt bestätigt: StA Mbg 327/2b-121. Im August 1934 ging ein Rundschreiben Darrés an die Mitglieder des »Reichsbauernthings«, in dem er sie bat, sich als Bauernreferenten zur Verfügung zu stellen. Im Juli 1935 wurden in einem Rundschreiben alle Bauernführer, die SS-tauglich seien und sich für die Tätigkeit als Bauernreferenten für geeignet halten, aufgefordert, sich bei ihren zuständigen SS-Führern zu melden: R 16 I 2054 (18.8.34 und 11.7.35). Die Kreisbauernführer des Gaus Baden wurden anhand einer Liste der Bauernführer des Gaus in R 16 I 2091 ermittelt. Zu den SS-Angehörigen der Landesbauernschaft Baden und Württemberg siehe H.StA Lbg, PL 506-18. NS 2/1 (16.11.1934). Die Beauftragung als Bauernreferent erfolgte nach einem aufwändigen Verfahren: die Kandidaten mussten die üblichen SS-Aufnahmepapiere vorlegen, außerdem musste die Zustimmung des Reichsbauernrates, der betroffenen SS-Einheit, des Schulungsamtes und der Personal-Hauptabteilung eingeholt werden. Nach einer Vereinbarung des RuSHA mit dem Reichsbauernrat vom 15.12.1936 hatte der Reichsbauernrat ein Urteil über die Eignung des Kandidaten abzugeben, anschließend war er über die Bestätigung oder Ablehnung zu informieren: R 16 I 2201. Der Reichsbauernrat stellte in Darrés neuer Ständeordnung die Repräsentation des Bauernführerkorps dar. In RS Hoppe, Werner, 14.4.99. R 16 I/2206 (Brief an die Landesbauernschaft Weser-Ems vom 18.8.1937). SSO Schüle, Albert, 12.2.90; SSO Wegener, Hermann, 17.7.94. Dazu dürfte er infolge der Kriegsvorbereitung keine Zeit mehr gefunden haben. Erst 1941 wurde Schade zum Untersturmführer im RuSHA ernannt: SSO Schade, Dr. Hans, 7.9.04. SM Dormann, Carl, 7.11.90. In RS Schäufele, Johannes, 26.6.03. SSO Roth, Albert, 10.9.93. Die Aufnahme in die Sippengemeinschaft der SS blieb Gurrath, der 1935 schon vier Kinder hatte, allerdings verwehrt, weil seine Frau als erbkrank klassifiziert wurde. Er blieb aber Gaufachredner und Führer im RuSHA und wurde noch 1944 zum Hauptsturmführer befördert: SSO und RS Gurrath, Karl, 3.10.02. SSO Westerkamp, Hans, 28.9.99. NS 31/364 Bl. 135 f.; vgl. Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 181. NS 31/118; NS 2/290. Die Protagonisten hatten recht genau die Ratschläge befolgt, die im Leitheft 2/1936 (S. 8 f.) unter der Fragestellung »Wie ist über das Bauerntum zu schulen?« erteilt worden waren. Die SA verstand die Anwerbeoffensive offenbar als Konkurrenzunternehmen: Siehe die Kritik der Obersten SA-Führung an dem Projekt der SS-Landscharen vom 3.4.1937: NS 2/290. 1939 ließ Himmler die Werbung von »Nachwuchsbauernsöhnen« – gemeint waren die nach dem Reichserbhofgesetz allein erbberechtigten Erstgeborenen – einstellen, um die Landbevölkerung nicht zu beunruhigen: Nur noch »nachgeborene Bauernsöhne« durften für die SS geworben werden, weil sie als »Wehrbauern« in Frage kamen: H.StA Weimar, Reichsstatth. Thür. 135 (30.5.1939). SSO Leonhard, Dr. Heinz, 9.8.04. Diese Skepsis klingt auch bei anderen Beurteilungen durch; so hob zum Beispiel der RuS-Führer Main in einer positiven Beurteilung des Bauernreferenten Hergenröder hervor, Hergenröder stehe als Bauernreferent »nicht nur auf dem Papier«, sondern sei ein »wirklicher Mitarbeiter«, dem es unter anderem zu verdanken sei, dass die SS seitens der Landesbauernschaft Mittel für die Ausbildung von Jungbauern erhalten hätte: SSO Hergenröder, Adolf, 2.8.96. StA Mbg 327/2b-114.

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Anmerkungen zu S. 116-121

Zahlreiche Beispiele in ebd. 113 und 114. NS 31/178, Bl. 22 f. Ebd., Bl. 37. NS 31/357 (Befehl Heißmeyers vom 2.9.1939); vgl. Hein, Elite, S. 285. GLA Karlsr. 465c/1281. Siehe zum Beispiel den Halbjahresbericht des Oberabschnitts Südwest für das erste Halbjahr 1941: »Der Dienst in der Allgemeinen-SS kann im Altreich nur noch an grösseren Standorten, insbesondere in Industriestädten, wo durch UK-Stellung für die Rüstungsindustrie noch eine grössere Anzahl von Männern vorhanden ist, durchgeführt werden. Der Dienstbetrieb erstreckt sich hier insbesondere auf Schiessen, Sport, weltanschauliche Schulung sowie Unterricht über Spionage und Spionageabwehr« (NS 19/998 Bl. 7; vgl. Hein, Elite, S. 287). Ähnlich die Berichte der Oberabschnitte Elbe und Südwest vom Februar und Juli 1944 (NS 33/85). In den größeren Städten wurden für die Schulungsaufgaben Standortschulungsleiter ernannt. Besonderen Schulungsbedarf für die Allgemeine SS gab es noch in den besetzten Gebieten. Der Terminplan des HSSPF Südwest Hofmann verzeichnete für die Zeit vom Juli 1943 bis Februar 1944 zum Beispiel »Besichtigungen und Dienstappelle« der Standarten der Allgemeinen SS des Oberabschnitts, darunter die Besichtigung der Stürme des Standortes Straßburg anlässlich der Standortschulung und der Wochenendlehrgänge für Verbindungsführer der Allgemeinen SS zu den HJ-Bannen Baden und Württemberg. Außerdem besuchte er einen Kameradschaftsabend mit SS-Führern und Polizeioffizieren in Straßburg, auf dem Prof. Günther Franz einen Vortrag über Bismarck hielt (ebd. Bl. 61 f.). Hofmann ordnete im September 1941 außerdem zusätzliche »Übungs-Singstunden« an: NS 2/21 Bl. 149. NS 33/196. SSO und RS Barnert, Walt(h)er, 20.3.06. SSO Fuhrländer, Dr. Wilhelm, 7.3.01. SSO Bürger, Karl Heinz, 16.2.04; NS 6/221 (445). ZA I 5182 Moritz Edelmann; SSO und RS Edelmann, Moritz, 23.2.91. Ebd.; NS 2/67 Bl. 137 f. Siegfried Kadner, Studienrat und Volkshochschuldozent in Berlin, war Autor eines Buchs »Rasse und Humor«, das 1936 im Lehmann-Verlag erschien. – Im September 1940 fand eine weitere Arbeitstagung für WE-Führer in der Schule Grunewald statt; siehe den Hinweis in MA Fbg., RS 4/859 (Bericht vom 2.9.1940). Nach Abschluss der Lehrgänge dankte der Chef des Schulungsamtes im August 1940 dem RuSHA für die Mitarbeit: NS 2/67 Bl. 115. Über die Lehrgänge selbst ist kein Material erhalten. Hinweise auf Abordnungen finden sich für die Totenkopfstandarten in RS 4/70, 109 und 931. Weitere Hinweise auf die Aufforderungen der Generalinspektion der Verstärkten Totenkopfstandarten in RS 4/270 und 333. Hinweise in MA: RS 4/109; BA: NS 33/240 Bl. 43 f.; SM Wenzel, Bernd, 18.4.13. – Vorstöße dieser Art gab es schon früher. Bereits 1937 hatte es einen Aufruf gegeben, Historiker in der SS zu melden: StA Mbg 327/2b-115 (20.3.37). Im Juni 1938 fand eine Arbeitstagung für »Rechtswahrer« statt, die als Schulungsleiter tätig waren (StA Mbg 327/2b-113). RS 4/269 (27.1.40). Karl Heinz Bürger ließ im April Stoffsammlungen an die Totenkopfverbände versenden, die für die Einheitsführer bis zu den Kompanien bestimmt waren: MA RS 5/474; RS 4/366 (24.4.1940). Später wurden die »Stoffsammlungen für die weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS« auch der Allgemeinen SS zur Verfügung gestellt; insgesamt kamen daraufhin im April 1941 über 900 Exemplare an die Einheiten der Allgemeinen SS zur Verteilung: StA Mbg 327/2b-116 (2.4.41). Damit entfiel auch der unterschiedliche Rechtsstatus von Totenkopfverbänden und Verfügungstruppen, denn bis dahin war nur der Dienst in den Verfügungstruppen als Wehrdienst anerkannt gewesen. Buchheim, Die SS – das Herrschaftsinstrument, S. 178 f. Bis zur Errichtung des SS-Führungs-Hauptamtes hatte die Führerausbildung für kurze Zeit dem im Juni 1939 gebildeten SS-Personal-HA unterstanden. Das SS-FHA gliederte sich 1940 in acht Ämter: I. Kommandoamt der Waffen-SS, II. Waffeninspektion, III. Kommandoamt der Allgemeinen SS, IV. Verwaltungsamt, V. Zentralzeugamt, VI. Inspektion der Konzentrationslager, VII. Amt für Führerausbildung, VIII. Sanitätsamt. Das Amt für Führerausbildung trug später die Bezeichnung Amt IX, das Kommandoamt der Waffen-SS wurde zum Amt II.

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Befehl Himmlers zur Neugliederung des SS-Hauptamtes vom 15.8.1940 (NS 31/96; NS 19/4078). Gleichzeitig wurde Berger zum ständigen Vertreter Heißmeyers ernannt. Neben der Abt. VI (WE) im Kommandoamt bestand zunächst noch eine weitere Abt. VI für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung bei der Inspektion der Konzentrationslager (im Amt VI des SS-FHA); sie wurde 1942 dem WuVHA unterstellt (siehe Kap. II.2). MA Prag, SS-FHA k.1 (14.11.1940). Caesar in einem Schreiben an Berger 5.11.40, in der SSO-Akte Karl Heinz Bürger. NS 31/141 und 353 (1.12.40). Schreiben Caesars an Berger, in der SSO-Akte Bürger; dort auch das spätere Schreiben Bergers an den Chef des Personalhauptamtes vom 17.4.1941. Bürger wurde am 14.11.40 zur Dienststelle Heißmeyer versetzt. Siehe S. 174. Matthäus, Ausbildungsziel Judenmord, S. 681. Organisationspläne des SS-Hauptamtes vom Januar 1939 (NS 31/91), vom 15.8.1940 und vom 4.4.1941 (NS 31/96); nach einem Schreiben Bergers vom 21.1.1941 führte das Schulungsamt zu diesem Zeitpunkt die Bezeichnung »Amt III«, das Amt für Leibesübungen war Amt IV, die Dienststelle Jacobsen, aus der die Germanische Leitstelle hervorging, war als »Hauptabt. VI« des Stabsamtes noch dem Chef des SS-Hauptamtes unmittelbar unterstellt: NS 31/72. Vgl. Mehner, WaffenSS, S. 21. NS 31/96 (7.1.1941). NS 31/96. Im Februar 1941 setzte sich das SS-Hauptamt noch aus den Ämtern für Ergänzung (I), Erfassung (II), Schulung (III), Leibesübungen (IV) und Versorgung und Fürsorge (V) zusammen: NS 2/67. Bayer war vermutlich bis Anfang Dezember als WE-Führer bei der SS-Polizei-Division und nahm am 1.1.1941 die Geschäfte als Hauptabteilungsleiter im Schulungsamt wieder auf. NS 33/45 Bl. 14 (o.D.). SSO und RS Walter Neumann, 9.9.04. SSO und RS Hans Christophersen, 26.8.15. Nach dem Krieg arbeitete Christophersen als Chefdisponent am Landestheater Darmstadt, 1963 wurde er Direktor der Städtischen Bühnen Augsburg, 1966 Persönlicher Referent des Intendanten des Staatstheaters Kassel: Who is who 1970. SSO und RS Dorrer, Oskar, 11.8.11; NS 3/409. Als die Abt. VI die Weltanschauliche Schulung 1942 wieder ans Schulungsamt abgeben mußte, übernahm Dorrer die Zuständigkeit für militärische Ausbildungsfilme: NS 33/45. SSO und RS Klemann, Siegfried, 20.12.04. Klemann war 1938 noch Studienassessor in Neuruppin und leitete nebenher die Abteilung »Land« der Volkshochschule Ruppin. Aus seiner NSDAPKarteikarte geht hervor, dass er ab 1939 in Berlin lebte. SSO und RS Fussek, Dr. Erich, 4.2.11. Verordnungsblatt der Waffen-SS 2. Jg., Nr. 4, 1.3.41, Nr. 10 Ziff. 246, Anl. 2; MA Fbg, N 756/60c; MA Prag, Kdostab RFSS 98-11. NS 33/232 Bl. 150, NS 33/234 Bl. 44; vgl. a. NS 33/232 Bl. 189, NS 33/233 Bl. 96 f., 100 f., 112 u. a. MA Prag, SS-FHA, k.1; MA Fbg:, RS 4/907 (14.9.1940); NS 33/69. Unter anderem in NS 4 HI/20 Bl. 137. MA Prag, SS-FHA k.1 (30.10.40). NS 33/245 (14.12.1940); MA Fbg, RS 4/866. NSD 14/76. NS 33/245. Ob es weitere Winterschulungspläne gab, ist nicht bekannt. Möglicherweise schloss sich für den Winter 1942/43 der folgende Themenplan an, der sich in den Unterlagen der Abt. VI der SS-Gebirgs-Division »Nord« befindet: 1. Der Kampf um die deutsche Volkswerdung – Die Grundlagen unserer Weltanschauung; 2. Die deutsche Erb- und Rassenpflege; 3. Der Kampf um den deutschen Lebensraum; 4. Die widervölkischen Mächte; 5. Der Weg zum Reich. MA Fbg., RS 3-6/19. NS 31/155; NS 33/353. An der Durchführung des dritten von Rosenberg angeordneten Themas über »Sinn und Wesen nationalsozialistischer Feiergestaltung« sollte sich die SS allerdings nicht aktiv, sondern nur als Zuhörer beteiligen. Reichsorganisationsleitung der NSDAP: Richtlinien für die Schulung im Krieg (1942): NS 22/1135; vgl. Reibel, Fundament der Diktatur, S. 197 f. und 205 f. Die weiteren Themen waren 1942/43 »Schicksalskampf im Osten«, »Kampf als Lebensgesetz«, »Europas und Amerika«; 1943/44 »Der Jude als Weltparasit«, »Der deutsche Sozialstaat«, »Sieg

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durch Glauben«; 1944/45 »Der Reichsgedanke« und »Kämpfende Heimat«. Das Amt Rosenberg arbeitete dazu eigene Schriften aus, vermittelte Redner und veranstaltete Lehrgänge mit ExpertenVorträgen zur Erläuterung der Themen. Die SS entsandte zwar Mitarbeiter zu den Lehrgängen, scheint die Anordnungen des Amtes aber nach 1942 weitgehend ignoriert zu haben. Zu den Reichsschulungsthemen siehe die Materialien in NS 15/682; Bollmus, Amt Rosenberg, S. 135; Baumgärtner, Weltanschauungskampf, S. 100-103. Himmler hatte schon die Kompetenzkonflikte um das »Ahnernerbe« damit gelöst, dass er Rosenbergs primäre Zuständigkeit anerkannte, sie aber faktisch ignorierte und durch sein Handeln vollendete Tatsachen schuf. Siehe Rosenbergs Beschwerdeschreiben in NS 8/182, Bl. 236 ff. Richtlinien für die politischen Gemeinschaftsstunden der SS 1942-1943 (NS 2/70). Unter dem Thema »Dem Sieg der Waffen muß der Sieg des Kindes folgen« hatte das SS-Hauptamt bereits im Frühjahr 1941 ein Bildheft versandt. Unter anderem wurde an der Gewinnung von Pflanzenkautschuk aus Kok-saghys und an der Züchtung ertragreicherer Getreidearten gearbeitet. Zu Cäsars Tätigkeit in Auschwitz siehe Heim, Autarkie; Wieland, Pflanzenzüchtung. Die Versetzung Cäsars erfolgte auf einen Befehl Himmlers vom 16.2.1942: NS 4 HI/61 (14.4.42). Himmler ernannte Berger zum ständigen Vertreter Heißmeyers, der aber offiziell noch bis zum Januar 1941 Chef des SS-Hauptamtes blieb. Siehe SSO Heißmeyer, August, 11.1.1897. NS 31/389. Zu den Personen und zum Personal des Schulungsamtes insgesamt ab 1942 siehe S. 146 ff. MA Prag: BdW-SS Böhmen und Mähren k. 5-26 (25.9.1942). NS 19/1616. Berger vergaß nicht, seine guten Beziehungen zu Schatzmeister Schwarz hervorzuheben und auf den finanziellen Erfolg der Leithefte und Schulungsschriften des SS-Hauptamtes hinzuweisen. NS 19/1616 Bl. 6. Ebd., Bl. 23. – Am 15.10.1942 befahl das FHA die Aufstellung eines Dolmetscher-Ausbildungszuges bzw. einer Dolmetscherschule in Oranienburg. Für die Aufstellung und Ausbildung war die Abt. VI/FHA verantwortlich: NS 33/233 Bl. 191 f. NS 19/2027 (19.11.1942); NS 33/45, Bl. 23. Berger versuchte im Januar 1943 erneut ohne Erfolg, Jüttner zur Amtsenthebung Neumanns zu veranlassen: NS 19/2651. NS 19/281 (10.2.43). Die überraschende Entdeckung des russischen Kampfgeistes fand etwa um die gleiche Zeit ihren Widerhall bei den Verbänden der Waffen-SS. So beschwor beispielsweise die Führung der 10. Division in einem Appell vom 15.2.1943 den »von der nationalsozialistischen Idee ausgehenden kämpferischen Glauben« als Gegenmittel gegen den »kommunistischen Fanatismus: »Der Krieg in Russland hat klar erwiesen, dass ein politisch erzogenes Heer rücksichtsloser kämpft«. Als andere Beispiele, die als Vorbild dienen konnten, wurden die »islamitische Kampfbereitschaft der Araber und Türken«, die »Kampfstimmung der von der puritanischen Überzeugung durchdrungenen Truppen Cromwells«, der »Elan der französischen Revolutionsheere« und die »soldatischen Auswirkungen des japanischen Schinto-Glaubens« genannt: MA Fbg., N 756/330a. NS 19/3091; R 58/1100 (24.2.1943). NS 19/281 Bl. 11f.; vgl. auch die Festlegung und Abgrenzung der Aufgaben zwischen Schulungsamt und Abt. VI/FHA ebd. Bl. 36 ff.: »Die Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS ist eine Aussenstelle für den Sektor der Waffen-SS«. Siehe Anhang S. 265 f. NS 31/357 (13.5.43). Verordnungsblatt der Waffen-SS 1.4.1943 S. 29 ff. NS 33/107 Bl. 191. Bereits im Juni 1942 war für die Dauer des Krieges die Einführung von »Fachführern und -unterführern« beschlossen worden, »die zur Erledigung fachlicher Aufgaben für die Truppe notwendig sind, ihren Dienstgrad aber nicht auf Grund truppenmäßiger Ausbildung, sondern fachlicher Kenntnisse erhalten«. Daraufhin wurden für die verschiedenen Hauptämter Fachgruppen gebildet, denen im SS-Hauptamt Fachführer für Ergänzung, Erfassung oder Schulung, im RuSHA Fachführer für Siedlung angehörten. Sie trugen hinter ihrem SS-Dienstgrad ein (F). NS 19/3901 (21.6.42). Siehe S. 118 f. Der Hinweis auf den »Überprüfungslehrgang für WE-Führer« in RS Vollert, Waldemar, 22.7.17.

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MA Prag, BdW-SS BuM, 26 k. 5 (6.11.1942) In einzelnen Personalakten wird gelegentlich die Teilnahme an einem Lehrgang für Leiter der Abt. VI in Berlin erwähnt, so zum Beispiel in SSO Gampe, Hermann, 5.4.11. NS 19/3901 Bl. 155 f.; vgl. a. den Aktenbestand in NS 19/281. Roehder kam 1911 in Elberfeld als Sohn eines Lehrers zur Welt; er besuchte das Reformrealgymnasium und studierte Geschichte, Philosophie, Germanistik und Musikwissenschaften. Nach einer Ausbildung bei der Waffen-SS kam er zu Beginn des Krieges zur Totenkopf-Standarte »Brandenburg«, absolvierte einer Unterführerlehrgang in Breslau und einen Führerlehrgang in Tölz und wurde als Kommandeur in der SS-Panzer-Division »Das Reich« eingesetzt. Nach Verwundung 1944 wurde er zum SS-Hauptamt kommandiert: SSO, Roehder, Wolfgang, 17.8.1911; Hesse, Professoren und Dozenten, S. 618 f. NS 19/750 (29.4. und 21.7.1944). Es müssen aber mindestens vorbereitende Maßnahmen getroffen worden sein. Noch im August 1943 wartete Berger vergeblich auf die Freigabe Roehders durch das FHA, um ihm die Leitung der Schule übertragen zu können. In einem Schreiben vom 6.8. bat Berger Himmler, eine persönliche Entscheidung in der Personalangelegenheit zu treffen; Himmler, der den Befehl zur Errichtung der Schule bereits am 29.6.1943 gegeben hatte, meinte, es »müßte ja in der Zwischenzeit etwas veranlaßt worden sein« und forderte deshalb zunächst einen Bericht darüber an, »welche Entwicklung die Schule bisher genommen« habe; außerdem müsse auch Jüttner die Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem Personalvorschlag Roehder zu äußern (NS 19/750 Bl. 147 f.; IfZ, Fa 111, 15.8.44). In den Geschäftsverteilungsplänen des Schulungsamtes vom Juli und Dezember 1944 ist die Schule aufgeführt, aber immer noch ohne Angabe eines Leiters. Roehder war bis zu seiner Verwundung im September 1944 als Panzerjäger-Kommandeur bei der SS-Division »Das Reich« im Einsatz. Mit Wirkung vom 1.11.1944 wurde er zum Schulungsamt kommandiert und im Januar 1945 zum Sturmbannführer im Amt C I befördert (NS 31/5, Bl. 62; NS 31/6) – man kann davon ausgehen, dass er in diesem Zeitraum damit beschäftigt war, den Betrieb der Schule zu organisieren. Ein Schreiben von Ernst Fick an Berger vom 7.3.1945, in dem es um kurzfristige Maßnahmen zur Hebung der Moral der Truppe ging, legt den Schluss nahe, dass die Schule inzwischen funktionsfähig war. Fick machte darin den Vorschlag, dass jede Division 12 bis 15 der besten Truppenführer auf die »Schule für Führung und Erziehung« schickt, damit sie dort eine praktische Einweisung in die WE-Arbeit und die psychologische Truppenführung erhalten (NS 31/157). Wenn die Schule jemals in Betrieb ging, dann wird dies aber nur für kurze Zeit gewesen sein. Im April 1945 wurde Roehder als vermisst gemeldet. Himmler dachte möglicherweise daran, das Schloss Grünwald bei München für die Schule zu nutzen. Im Februar 1944 bat er Pohl »unter der Hand einmal für den Kauf dieses Schlosses zu sorgen. Ich möchte später dorthin irgendeine weltanschauliche Schule tun« (NS 19/3356). Das genaue Datum für die Bildung der Amtsgruppen ist nicht bekannt. Die Amtsgruppe C dürfte im Februar, spätestens im März 1943 gebildet worden sein: Mehner, Waffen-SS, S. 80f. Einer der führenden Mitarbeiter des Amts C I, Friedrich Oesterle, datiert den Beginn seiner Tätigkeit im Amt C I in seinem Lebenslauf für das RuSHA auf den 24.3.1943. Im Februar 1943 wurde das Amt C I.5 (Berufserziehung) gebildet; gleichzeitig war die Bezeichnung »Amt IV« aber noch in Gebrauch. NS 31/156 (29.5.1942). 1942 war mit der Errichtung von »Wehrertüchtigungslagern« für 16- und 17jährige HJ-Jungen begonnen worden; kurz zuvor hatte Hitler die Erlaubnis gegeben, Minderjährige auch ohne Zustimmung der Eltern für die Waffen-SS zu rekrutieren: Rempel, Gottlob Berger and Waffen-SS Recruitment, S. 113; Buddrus, Totale Erziehung, S. 208 und 218. SSO, Kopischke, Max, 26.3.1899; NS 31/360. SSO, von Daniels, Herbert Edler von, 31.3.1895; NS 2/71, Bl. 44f. vgl. Bahro, SS-Sport, S. 260 u. 269 f. NS 31/218. SSO Borst, Otto, 9.3.1891. NS 19/750 (6.12.1943). NS 19/750, Bl. 114 ff. VO.Bl. W-SS 15.10.44 und 1.2.45; weitere Durchführungsbestimmungen folgten am 24.1.45: NS 31/353; VO.Bl. W-SS 1.2.45. »VIa« war die Bezeichnung für den Leiter und »WE-Führer« der Abteilung. Die Namensliste befindet sich in einigen SSO-Akten, unter anderem in der SSO-Akte Gerhard Lutosch.

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Anmerkungen zu S. 138-144

Die Namen finden sich in dem Besetzungsvorschlag Bergers vom 8.1.1945: NS 19/750, Bl. 160. Die Leitung des Amtes Leibeserziehung war offen geblieben, weil von Daniels wegen der Mitgliedschaft seines Bruders im »Nationalkommitee Freies Deutschland« vorübergehend einen Fronteinsatz ableisten musste, um »die Schande, die sein Bruder über die Sippe gebracht habe, zu sühnen«: SSO Daniels, Herbert Edler v., 31.3.95 (Schreiben von Berger 8.11.1944). Himmler hatte seine Zustimmung zur Ernennung Ficks zum Inspekteur bereits im Oktober 1943 gegeben, Fick sollte nach seinem Wunsch aber nicht endgültig ernannt, sondern zunächst einmal nur beauftragt werden: NS 19/750 Bl. 92. NS 19/750 Bl. 160 ff. Den Auftrag erhielt Himmler bereits am 15. Juli; wenige Tage später, noch am Tag des Attentates am 20. Juli folgte die Ernennung Himmlers zum Chef des Ersatzheeres (Longerich, Himmler, S. 720). Im September 1944 betraute Hitler Himmler darüber hinaus mit der Aufstellung des »Volkssturms«, als dessen Stabsführer Himmler Berger einsetzte. Im Januar 1945 schließlich ernannte Hitler Himmler zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Weichsel. Ihre erweiterten Funktionen erlaubten es Himmler und Berger, ihre Überzeugung von der kriegsentscheidenden Bedeutung der weltanschaulichen Erziehung auch in Verbänden außerhalb der SS zur Geltung zu bringen. Als Stabsführer des Volkssturms erließ Berger im Oktober 1944 einen Ausbildungsbefehl, der vor der Waffen- und Geländeausbildung eine »weltanschauliche Aktivierung« vorschrieb. Für die ersten Bataillonskommandeure des Volkssturms fand noch im gleichen Monat ein Lehrgang unter Leitung von SS-Führern an der Junkerschule Tölz statt: Klaus Mammach, Volkssturm, S. 58 ff. NS 19/750 Bl. 172. Die Lehrgänge umfassten 10 Themen, die nicht durch Vorträge, sondern in kleinen Gruppen erarbeitet werden sollten, um eine »Unterrichtsführung in Form von Lehrgesprächen« zu ermöglichen; dabei sollten auch schriftliche Arbeiten angefertigt werden. Die Themen bezogen sich auf die verschiedenen Arbeitsgebiete und -aufgaben: weltanschauliche Erziehung, Truppenbetreuung, Freizeitgestaltung, Feiergestaltung, Gräberfürsorge, Sippenfragen, Menschenführung. Das Dokument findet sich in: MA Prag, SS-Pi.Ausbi.Btl. 3, k. 1 (20.2.1945). NS 19/750, Bl. 173 ff. Zum Beispiel lauteten die Hinweise für die Schulungsleiter zum Thema »Die Schutzstaffel II«: »1. HBl. 22, 2. Bro 15, 3. Lpl, 4. SS-Taschenkalender«. Ebd., Bl. 178 ff. Ebd., Bl. 182. Ebd., Bl. 181. Ebd., Bl. 140 f. Ebd., Bl. 150. Ebd., Bl. 172 f.; Bl. 175, 178. NS 31/1557 (7.3.45); vgl. Wegner, Waffen-SS, S. 200. MA Fbg., N 756/60c. Der spätere NSFO-Stabschef des OKH und Leiter der NSFO-Lehrgänge in Crössinsee Dr. Rudolf Hübner hatte bereits 1943 eine Denkschrift zur wehrgeistigen Erziehung verfasst, in der er sich auf Literatur des SS-Hauptamtes stützte. Hübner orientierte sich am Schulungskonzept der SS und setzte sich für eine Zusammenarbeit mit dem SS-Hauptamt ein. Zoepf Wehrmacht, S. 61-64; NS 19/750. Zit. n. Messerschmidt; Die Wehrmacht im NS-Staat, S. 427; vgl. Goebbels’ Tagebuch-Notiz: »Wenn die ganze Wehrmacht weltanschaulich so ausgerichtet wäre wie die SS-Waffenverbände, dann hätten wir den Krieg längst gewonnen.« Zit. n. Vossler, Propaganda, S. 170. Förster, Geistige Kriegführung, S. 624 f. NS 19/3864 (9.7.43). NS 19/3813; NS 31/357 (20.10.42). In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass die weltanschauliche Erziehung auch bei der Unterstellung von Verbänden der Waffen-SS unter die Kommandogewalt des Heeres in der Zuständigkeit der SS blieb: »Die Befugnisse des RFSS auf dem Gebiet der Weltanschaulichen Erziehung, der Besetzung der Führer- und Unterführerstellen sowie der Ersatzgestellung bleiben hierdurch unberührt«: NS 33/230 (SS-FHA 27.2.1941). MA, RS 5/471. Ähnlich hatte sich bereits Theodor Eicke 1936 geäußert: siehe S. 268. Zoepf, NS-Führungsoffiziere, S. 371 f.

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Förster, Geistige Kriegführung, S. 603. Siehe hierzu und zum Gesamtkomplex der NSFO auch Messerschmidt, Politische Erziehung der Wehrmacht; Zoepf, NS-Führungsoffiziere; Vossler, Propaganda. Zit. n. Messerschmidt, Wehrmacht im NS-Staat, S. 442. Auch in: »Führer-Erlasse«, S. 383 f. NS 19/750 Bl. 138 ff., Bl. 142. NS 31/282 (22.9.1944); vgl. NS 19/750 Bl. 148. NS 19/750 Bl. 191. NS 19/750 Bl. 135. Ebd. Bl. 140f. und 135 Näher zur Biographie Bergers siehe Schulz u. a., Generale der Waffen-SS, S. 805-815; Scholtyseck, Der »Schwabenherzog«. Wegen der Kinderlosigkeit seiner Ehe musste Webendörfer länger als üblich auf diese Beförderung warten. SSO, RS und PK Webendörfer, Horst, 4.8.07; NS 19/2651. SSO und RS Kother, Erich, 3.12.05. Baeumler selbst, Rosenbergs Dienstleiter für die »Überwachung der geistigen Schulung und Erziehung der NSDAP«, hatte Nietzsche zum Vordenker des Nationalsozialismus stilisiert; Schinke bestätigte in seiner Dissertation die »weitgehende Übereinstimmung unserer Weltanschauung« mit Nietzsches Philosophie des »Willens zu Macht«, insbesondere was das Konzept des »Übermenschen« betraf. Der »Übermensch«, schrieb Schinke, »ist der Typus des aufsteigenden Lebens. Durch den Übermenschen wird die wahre Rangordnung eines Volkes zur Macht wieder hergestellt.« Schinke befasste sich unter anderem mit dem Problem der »Entartung höherer Rassen« infolge der Mischung mit »tieferstehenden Rassen« oder der Übernahme ihrer Werte und fand die einleuchtende Erklärung: »Eine ursprünglich höhere Rasse kann sich infolge der Irrtumsfähigkeit des Bewusstseins zu den Werten einer niedrigeren Art bekennen.« Gerhart Schinke, Nietzsches Willensbegriff. Berlin 1937, S. 41-49. MA Fbg, RS 13/27. Für die weltanschauliche Schulung in den Führerlehrgängen der Junkerschulen war 1943 die Abt. VI des SS-FHA zuständig; die Abt. »WE-Führer-Nachwuchs« wurde 1943 als Hauptabteilung C I.4 »Nachwuchs und Einsatz« unter Leitung Hohmüllers ausgebaut. SSO und RS Schinke, Gerhard, 30.8.10; NS 32 II/75; NS 31/3. Ende 1944 wurde Schinke noch als Führer der Abt. VI zur Division »Handschar« kommandiert (NS 31/3). SSO und DS Eckstein, Ludwig, 26.10.04; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 263 f. – Nach dem Krieg arbeitete Eckstein als Mittelschullehrer und machte sich einen Namen als Autor von Büchern zur Erziehungsberatung. SSO Dambach, Dr. Karl, 10.12.90; NS 19/3864. Im Oktober 1944 wurde er zum Reichssicherheitshauptamt versetzt: NS 31/5 Bl. 101; SSO und RS Gschwend, Wilhelm, 12.8.01. Vor Klöcker hatte der Sport-Schriftsteller Willibald Janzowski die Leithefte redigiert. Janzowski war Sportlehrer und Schriftleiter des »Deutschen Verlags« in Berlin: RK Janzowski, Willibald, 19.6.07. Bis zu seiner Einberufung 1939 war Adolf Kleffel für die Herausgabe der Leithefte zuständig gewesen, während der Zeit seines Dienstes bei der Wehrmacht war er durch Anton Koppenwallner, den Schulungsführer des Totenkopf-Infanterie-Regiments vertreten worden. SSO und RS Klöcker, Hans, 5.12.08. SSO und RS Gaese, Heinrich, 29.1.1907; siehe S. 416. SSO Vogel, Paul, 31.10.92; NSLB; BBF. Vogel hielt im Februar 1943 einen Schulungsvortrag für Führer und Unterführer im Kameradschaftsheim des Lagers Auschwitz: NS 3/395. SSO, PK und RK Oberdorffer, Kurt, 28.4.00. Als »Generalbeauftragter für alle wissenschaftlichen Vereine« verfasste Oberdorffer 1942 eine Denkschrift über landeskundliche Forschungsanstalten des Sudetenlandes, in der er die Gründung eines sudetendeutschen Kulturinstituts für den böhmisch-mährischen Raum forderte, das als »Gegengewicht« zu dem historisch entstandenen »jüdisch beeinflussten Deutschtum« in Prag auf einen »klaren, geschlossenen und kulturbewußten Einsatz des Deutschtums der Sudetenländer« hinarbeiten sollte. Das »Deutschtum der Sudetenländer« habe »eine Reihe von rassischen Aufgliederungs- und Ausleseaufgaben mit dem Rüstzeug des Kulturkampfes zu erfüllen« (PK). In den 50er Jahren arbeitete Oberdorffer für die Historische Kommission der Sudetenländer, 1960 lebte er als Archivar in Ludwigshafen. SSO und RS Kruschinski/y, Erich, 18.11.1909. Kruschinsky war Autor der Schrift US-Amerika Handlanger der jüdischen Weltmacht, die 1944 im Rahmen der »Handblätter für den Weltanschau-

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lichen Unterricht« der Waffen-SS erschien. Noch im April 1945 hielt er einen Vortrag über »Die germanischen Freiwilligen im Kampfe gegen Bolschewismus und Plutokratie« auf einem NSFOSchulungskurs, den das Amt C I in Kulmbach durchführte: NS 31/416. SSO Pietsch, Walter, 6.2.86. Pietsch verfasste die Broschüre England stört den Frieden Europas bzw. Europa zwischen deutschem Führungs- und englischem Herrschaftsanspruch für die »Handblätter für den Weltanschaulichen Unterricht«. RS und DS Lüdemann, Hans, 12.2.10; Personalakte 19347 StA Weimar. Lüdemann hielt u. a. auch Vorträge in Schulungslagern des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht und war Mitarbeiter des Amtes Rosenberg. Er lieferte u. a. für die Zeitschrift »Vergangenheit und Gegenwart« (29/1939) den Beitrag Politische Geschichtswissenschaft und das jüdische Weltproblem und verfasste für die »Handblätter für den Weltanschaulichen Unterricht« die Broschüre Europas Todfeind – der Bolschewismus! Grashoff steuerte mehrere Beiträge zur Zeitschrift »DEVLAG« bei und nahm an den »deutschniederländischen Kulturtagungen« der DEVLAG teil: Meire, DEVLAG; siehe S. 402 ff. SSO Grashoff, Dr. Ehler, 22.10.1892. DS Kudlich, Werner, 19.11.03; RS Klein, Adalbert, 2.4.13. SSO und PK Weiss, Karl, 11.2.08. NS 31/3 Bl. 10. SSO Heß, Gerhart, 8.5.02. Von 1950 bis 1967 war Heß Geschäftsführer der Landvolkabteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft. Zur Biographie siehe Hesse, Professoren und Dozenten, S. 350. Zu Anderle gibt es nur Hinweise in NS 31/8 und NS 21/794. Vermutlich handelt es sich um den 1908 geborenen österreichischen Geologen Dr. Nikolaus Anderle, nach dem Krieg Mitarbeiter der Geologischen Bundesanstalt Österreich und Distriktgeologe für die Steiermark und Kärnten. NS 31/4 Bl. 63. Siehe z. B. NS 31/42 und NS 31/446 und 449; s.a. S. 413. Von Ziegler stammten auch die beiden Broschüren der »Handblätter für den Weltanschaulichen Unterricht«: Europa in Gefahr! und Unser Ziel – ein starkes und einiges Europa. SSO Ziegler, Hans-Willi, 25.7.99; Hesse, Professoren und Dozenten, S. 810 f. RS Vorauer, Egon, 7.12.06. Vorauer verfasste für das SS-Hauptamt unter anderen die »Richtlinien für deutsche Führer und Unterführer in Kosakeneinheiten der Waffen-SS« (R 6/580). RS Fieullien, Dr., Piet, 11.9.20; SS-Listen. SSO Hovius, Romert, 21.11.12; weitere Hinweise in NS 31/4 und 8. RS Ponthière, Fernand de, 6.1.1919; weitere Hinweise in NS 31/360, 416 und 420. SSO Furuseth, Ola, 31.5.08; Bogen, Germanske SS Norge. SSO Palm, Lorenz, 4.2.16; Sieb, Anton, 31.12.00; Tichmeneff, Boris, 14.11.95. Vermutlich identisch mit dem »Politischen Informationsdienst«, der Auszüge aus Artikeln und Berichten der deutschen Presse zur politischen und militärischen Lage zusammenstellte (NSD 41/72). 1944 gab das SS-Hauptamt außerdem ein Nachrichtenblatt für Mitarbeiter der Abt. VI heraus (»Die Abteilung VI. Nachrichtendienst zur Führung der weltanschaulichen Erziehung«), das neben praktischen Ratschlägen und Anregungen zur Schulungsarbeit auch über das politische Tagesgeschehen informierte; Himmler forderte im Dezember 1944, das Blatt einzustellen, mit der Begründung, »dass die SS dadurch groß geworden ist, dass sie sich nicht mit Tagesfragen beschäftigt hat«. Man müsse aber doch, wandte sich Gottlob Berger hilfesuchend an Himmlers Persönlichen Referenten Dr. Brandt, den Schulungsreferenten im 6. Kriegsjahr bei dem Mangel an Zeitungen und geschicktem Einsatz gegnerischer Propaganda »irgendetwas in die Hand geben, damit sie in der Lage sind, die Fragen der Soldaten zu beantworten«, und bot eine verbesserte Version an. Brandt stimmte Berger zu; die Frage sei nur, in welcher Form die Unterrichtung der Referenten VI erfolge: »Wenn es dem SS-HA jeweils gelingt, die großen allgemeinen Fragen der Zeit in den einzelnen Nachrichten einzufangen, die es den Referenten übermittelt, dann ist es bestimmt wunderbar. Ich glaube also, SS-OGruf. Berger sollte getrost den von ihm erwähnten Versuch machen.« Im Januar 1945 übersandte Berger zwei neue Exemplare des Nachrichtendienstes »Die Abt. VI« zur Vorlage bei Himmler: IfZ, Fa 111; NS 19/750 Bl. 153 f. SSO und RS Greite, Walter, 13.6.1907; Kater, Ahnenerbe, S. 98 f. SSO und RS Krellmann, Paul, 12.7.15; Thomas, Erwin, 1.10.10. RS und PK Mayerhofer, Joseph/Josef, 2.6.12; siehe auch S. 291 f.

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SSO und RS Balser, Wilhelm, 10.9.12. SSO und RS Tessendorff, Bertold, 6.10.09. SSO und RS Pröschold, Ludwig, 16.6.11. SSO und RS Anton, Ottomar, 15.12.95. – 1944 waren in der Bildstelle des Amts C I noch Georg Berberich und Adalbert Klein tätig. Berberich, Referent für Fotolabor, war selbständiger Fotograf und gehörte seit Anfang 1932 der NSDAP, seit 1933 der SS an (RS Berberich, Georg, 24.5.98). Zu Klein siehe S. 151. SSO Heitz, Bruno, 18.8.02. – Kurt Havemeister war Raumgestalter in Kiel. Er trat 1933 der SS, 1937 der NSDAP bei, wurde 1939 zur Waffen-SS eingezogen und als Schulungsführer bei den Totenkopfstandarten eingesetzt. Im November 1941 wurde er zum Schulungsamt versetzt, im Mai 1942 aber bereits wieder als Mitarbeiter der Abt. VI zur LSSAH kommandiert: SSO und RS Havemeister, Kurt, 8.9.12. – Fritz Schlotterbeck, Hauptlehrer aus Esslingen, war 1941 als Obersturmführer von der Waffen-SS zum Schulungsamt versetzt worden. Er gehörte noch 1944 als Hauptsturmführer der Fachgruppe Schulung an: SSO Schlotterbeck, Fritz, 28.2.97. Sein Vorgänger war der Lehrer Georg Poxleitner; er leitete die Abteilung Truppenbetreuung in der Hauptabteilung IV.2 von April 1940 bis Februar 1941. Poxleitner gehörte zu den Nationalsozialisten der ersten Stunde: er war Angehöriger des Freikorps Epp und des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, gehörte seit 1921 der NSDAP, seit 1922 der SA an, war aktiver Teilnehmer am Hitler-Putsch in München und danach Redner des Völkischen Blocks. Nach 1933 war er Kreisleiter, Gauredner, Bürgermeister von Vilshofen, Gauschulungsbeauftragter der NSV Bayrische Ostmark und Landesgruppenleiter des BdO. 1938 wurde er als Sturmbannführer in die SS aufgenommen. Von 1941 bis 1945 war er Vizepräsident der Böhmisch-Mährischen Filmzentrale: Poxleitner, Georg, 31.7.98; Lilla, Statisten in Uniform, Nr. 816. Daneben bestanden als weitere Abteilungen für den Einsatz der Künste und für künstlerische Gestaltung in der Hauptabteilung C 1.1. die Abteilungen Kunstgeschichte, die Bildstelle und die Graphische Abteilung. Heyd erstellte 1937 im Auftrag des SS-Abschnitts X Pläne für eine SS-Siedlungsgemeinschaft, eine Dorfanlage mit Gemeinschaftsbauten für 101 Familien verdienter älterer SS-Männer bei Stuttgart: SSO Heyd, Dr. Wilhelm, 12.3.01; NS 31/750. RK Schneider, Adam, 24.11.08; SSO Zimmer, Dr. Peter, 1.10.94. SSO und RK Landgraf, Hugo, 28.12.95. Benno von Arent, der aufgrund seiner vielfachen Funktionen das fürstliche Gehalt von 22 500 Reichsmark jährlich bezog, entwarf zahlreiche ephemere Festarchitekturen, er war für die Gestaltung von Uniformen und Orden verantwortlich und fertigte u. a. auch Entwürfe für Himmlers Porzellanmanufaktur Allach an. SSO und RK Arent, Benno von, 19.6.98; Huber, Allach. SSO und RS Kasprick, Albert, 5.3.13. Boeland unterrichte bis 1954 als Professor an der Werkkunstschule Wiesbaden: Bartkowiak, Johannes Boehland. SSO Miller, Richard, 3.7.89. Zur Abt. C I.2e »Bildende Kunst« gehörte noch das Referat »Kunstgeschichte und Archiv«, das mit Ehler Grashoff besetzt war. SSO und PK Ruppel, Richard, 9.6.09; Hinweise auf Rydlo in NS 31/2, 4 und 8; OGK Rydlo, Franz, 4.8.02; RS Mayer, Wolfgang, 30.5.18 SSO Leonhardt, Paul, 16.1.00. SSO Schmitz, Wilhelm, 10.5.07; SSO Dollhausen, Heinrich, 19.4.93; SSO und PK Ballmann, Hans, 17.9.09. SSO Götz, Wilhelm, 13.11.11. Weiterer Mitarbeiter der Abt. 3h »Truppenbetreuung im Südostraum« war der Jura-Student Hans Roth aus Siebenbürgen. Roth war Mitglied der Deutschen Jugend Rumänien, seit 1935 der Hitler-Jugend; er besuchte ein Schulungslager der Reichsjugendführung für volksdeutsche Jugendführer. 1939 meldete er sich zur Waffen-SS, im März 1944 kam er nach einer Verwundung zum Amt C I.3: SSO und RS Roth, Hans, 17.2.21. SSO und RS Hohmüller, Walter 30.7.14. SSO Anderlik, Heinrich, 7.4.08; SSO und RS Dindorfer, Ludwig, 18.7.22; RS und SSO Gerbig, Hans, 15.2.20. SSO Todt, Alfred, 13.6.05; NS 31/8. SSO Owsianowski, Harry, 10.6.10; SSO und RS Freese, Gerhard, 23.6.23. SSO und PK Wezel, Dr. Emil, 27.2.05. Wezel promovierte über das Thema »Sprache und Geist. Der Zusammenhang von Spracherziehung und Geistesbildung im Spiegel der Philosophie der Gegen-

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wart«. Die Dissertation schließt mit dem Kapitel »Sprache als Mittel völkischer Angleichung und Erziehung«. RK Metelmann, Ernst, 16.12.01. Metelmann, der später im Metzler-Verlag arbeitete, war Träger des Bundesverdienstkreuzes (Simon, »Art, Auslese, Ausmerze«, S. 35). SSO Hansen, Dr. Niels, 3.6.02; NS 31/416. Weitere Mitarbeiter der Hauptabteilung C I.5 waren für die mehr kaufmännischen Aufgaben zuständig. Karl Heinz Benthien, Fachgruppenleiter für den Lebensmittelhandel im DHV und Geschäftsführer bei der Grundmann GmbH Lübeck, leitete die Abteilung »Druckschriftenversand«; als Referent stand ihm der Büroangestellte Max Andritzke zur Seite. Benthien war zuvor als Untersturmführer im WuVHA tätig. Andritzke hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen; er gehörte seit 1930 der NSDAP, seit 1931 der SS an: SSO und RS Andritzke, Max, 4.4.92; Benthien, Karl Heinz, 8.11.11. Hinweise in RS Depenheuer, Dr. Kurt, 29.7.02; NS 31/4+8, PK Velmede, August Friedrich, 19.3.04. SSO und RK Keiser, Dr. Herbert (Wolfgang), 28.4.13; biographische Skizze in seiner Dissertation. SSO und RS Depenheuer, Dr. Kurt, 29.7.02. Weiterer Mitarbeiter der Abteilung C I.6 war Hans Pfaff, Referent für »Arbeitsgemeinschaften«; Pfaff war Redakteur der Zeitschrift »Fränkisches Volk«, die seit 1932 im NS-Kulturverlag erschien. Er hatte 1923 in Würzburg mit einer Arbeit über Bergwerke des Fichtelgebirges promoviert. SSO Abt, Hans, 21.9.96; Nieden, Erich zur, 30.9.06. NS 32 II/75; NS 31/3. SSO und RS Paulus, Peter, 31.5.15. Gleichzeitig mit Schinke und Paulus wurde der Adjudant des Ausbildungslagers Sennheim Max Teichmann zur Dienststelle Fick kommandiert: NS 31/3 Bl. 25. Als weitere Mitarbeiter der Dienststelle sind Waldemar Elschner und Wilhelm Krieg dokumentiert, die beide im August 1944 zur Inspektion versetzt wurden, sowie Gerd Biefang, der im Februar 1945 von der Inspektion zum Ausbildungslager Niemegk versetzt wurde. Biefang, von Beruf Ingenieur, gehörte seit 1930 der NSDAP und seit 1932 der SS an (SM Biefang, Gerd, 16.11.01; NS 31/6 Bl. 89). Wilhelm Krieg war Buchhalter und Registrator bei einer Automobilfirma in Straßburg, dann bei Daimler-Benz und arbeitete zuletzt beim Finanzamt Kehl. Er war 1930 der NSDAP beigetreten, 1937 der SS und war 2. Schulungsleiter der Standarte 62. Krieg war nur kurz bei der Dienststelle Ficks, denn im Oktober 1944 wurde er zu Jacobsens Abteilung »Germanische Reihe« im Amt D III versetzt, die ebenfalls in Sennheim untergebracht war (RS Krieg, Wilhelm, 29.11.05; NS 31/4 und 5). Dazu Kap. V.4. NS 2/155. Zusammengestellt nach den Plänen vom 1.6., 1.7. und 1.12.1944: NS 31/1, 8 und 9. Bis zur Überleitung des Schulungsamtes ins SS-Hauptamt erfolgte die Ernennung oder Beförderung von Schulungsleitern und Bauernreferenten auf Vorschlag des RuS-Führers durch das RuSHA; auch danach blieben die RuS-Führer an der Einsetzung der Schulungsleiter beteiligt, da sie die Anträge des Oberabschnitts an das Schulungsamt zu bearbeiten hatten: NS 31/234, NS 31/353 (29.10.1938); StA Mbg 327/2b-54 (20.9.1938), ebd. 115 (22.11.37). Im Geschäftsverteilungsplan des Oberabschnitts Südwest vom Dezember 1938 etwa untersteht dem RuS-Führer ein Schulungsreferent, der für die Aufgabenbereiche Weltanschauung, Schulung der SS und Polizei, Feiergestaltung, Schulungskontrollen, Arbeitstagungen, Lehrgänge und die Tätigkeitsberichte der Schulungsleiter zuständig war: StA Lbg, PL 506-11 (9.12.38). Wie lange die RuS-Führer und ihre Referenten während des Krieges noch für Schulungsaufgaben zuständig waren, ließ sich nicht eindeutig klären. Fritz Schwalm führte als RuS-Führer des Oberabschnitts Fulda-Werra noch im August 1939 zusammen mit seinem Schulungsreferenten Ferdinand Oehl ein Schulungslager für die Schulungsleiter des Oberabschnitts durch (StA Mbg 327/2b-113 und 242). Schulungsreferenten der RuS-Führer gab es mindestens bis 1941. Ein Arbeitsplan des RuS-Führers Nord vom November 1941 nennt neben den Aufgaben der Musterung, Sippenpflege und Siedlung auch noch die Schulung der SS und der Polizei (NS 2/83). In einer allgemeinen Aufgabenbestimmung der RuS-Führer vom April 1943 werden die Schulungsaufgaben dagegen nicht mehr genannt; die Aufgaben konzentrieren sich jetzt ganz auf die Bereiche der rassischen Auslese und Musterung, Fürsorge und Siedlung (R 69/966 Bl. 5f.). Eine Anordnung Bergers vom 10.8.1944 legte die Zuständigkeiten neu fest, indem sie eine neue Struktur schuf; danach war bei jedem HSSPF eine »Abt. VI (Weltanschauliche Führung)« zu errichten, der ein »SS-Führer für weltanschauliche Führung« vorstand. Diese Abteilung war die vorgesetzte Dienststelle der Schulungsleiter bei

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den Oberabschnitten sowie bei den Befehlshabern der Ordnungs- und Sicherheitspolizei. Die »Schulungsorgane« der BdO, BdS und der Oberabschnitte der Allgemeinen SS sollten entsprechend zu Abteilungen VI »ausgebaut« werden. Die hauptamtlichen Polizeischulungsleiter bei den BdO wurden zu Leitern der Abt. VI bei den HSSPF ernannt. In: SSO Wölfert, Ulrich, 19.3.94 (Der RFSS 10.8.44). Otto Reche, Direktor des Instituts für Rassen- und Völkerkunde in Leipzig, war einer der führenden Rassenanthropologen des Dritten Reichs. Er schlug dem RuSHA die Einführung einer Kennkarte mit Fingerabdrücken vor, um Fälschungen von Papieren durch »Juden und sonstige Gauner« zu verhindern; vor diesem Hintergrund ist seine Förderung biometrischer Arbeiten zu sehen, zu denen auch die Dissertation Erich Karls gehörte (Harten u. a., Rassenhygiene, S. 280 ff.). Noch 1944 gab Reche eine Dissertation über »morphologische Rassenunterschiede der Haut« in Auftrag, für die »möglichst frische Hautproben« von deutschen und fremdvölkischen Hingerichteten »möglichst bald nach der Exekution« entnommen werden sollten. Reche erhielt 1965 das »Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst« (Geisenhainer, Reche, S. 374 und 403). Zu Schultz siehe Droste, Der Fall Bruno K. Schultz. Heinemann, Rasse, S. 112 ff. und 125. Dienststellenleiter war der Kunst- und Porzellanmaler Karl Diebitsch, künstlerischer Leiter der 1936 von der SS erworbenen Porzellanmanufaktur Allach. Diebitsch gehörte zum Kreis der »Alten Kämpfer«; er trat 1933 der SS bei und wurde 1941 zum Standartenführer, 1944 zum Oberführer ernannt. Zu den Mitarbeitern der Dienststelle gehörten Prof. Th. Körner, als Modelleur bei Hutschenreuther ausgebildet, der eine Reihe politischer Plastiken anfertigte (SS-Fahnenträger, HitlerJunge etc.), sowie der Zeichner Friedrich Mayerhofer, der 1944 die Julteller gestaltete. Zu den wichtigsten Erzeugnissen der Manufaktur gehörten die Julleuchter, die Himmler in großer Zahl zum Julfest verschicken ließ. Mitarbeiterlisten in NS 19/3670; Huber, Porzellan-Manufaktur. Aufstellung der Angehörigen (23.11.1942) sowie Stellenplan und Arbeitsgebiete des Hauptamtes Pers. Stab Reichsführer-SS (2.6.1944) in NS 19/2881. Moors, Die SS als geistiger Stoßtrupp; Russell/Schneider, Himmlers Burg, S. 203; generell zur Wewelsburg siehe Hüser, Wewelsburg 1933-1945 und Schulte, Himmlers Wewelsburg. Seine Entlassung und Rückversetzung zum Reichsnährstand 1938 hing offenkundig mit dem Ausscheiden Darrés aus dem RuSHA zusammen. Himmer war offenbar mit seiner Arbeit nicht zufrieden; seine Ablehnung von Knobelsdorffs war einer der Gründe für Darrés Demission: Schulte, Himmlers Wewelsburg, S. 175; siehe S. 598. Zur Person siehe SSO Knobelsdorff, Manfred von, 15.6.92; ZB 6766. Zum Nachfolger ernannte Himmler den Versicherungsangestellten und Offizier des 1. Weltkriegs Siegfried Taubert. Taubert war SS-Oberführer und Stabsführer im SD-Hauptamt. RS Des Coudres, Dr. Hans Peter, 27.9.1905; Russel/Schneider, Himmlers Burg, S. 128. Zu des Coudres siehe auch Moors, Die SS als geistiger Stoßtrupp. Als Bibliothekar wurde außerdem Hermann Spengler eingestellt. Er hatte vorher bei der Stadtbücherei Darmstadt gearbeitet und war als »politischer Schulungshelfer« des Nationalsozialistischen Studentenbundes in Ostpreußen aktiv. 1943 wurde er zum Untersturmführer im Persönlichen Stab RFSS ernannt: RS und SSO Spengler, Hermann, 7.3.12. SSO Jordan, Wilhelm, 11.1.03; Russel/Schneider S. 209; zu Jordan siehe auch die Beiträge von Beate Herring und Frank Huismann in Schulte, Himmlers Wewelsburg. SSO Frank, Dr. Bernhard, 15.7.13; Russel/Schneider S. 128 und 161. Von Frank sind Ausbaupläne für die Wewelsburg erhalten, die Vortrags- und Festsäle, wissenschaftliche Abteilungen, ein Wappen- und Heroldsamt, ein Museum, eine Bibliothek und ein »Haus der Natur« vorsahen (Moors, Von der »SS-Schule Haus Wewelsburg« zum »Kommandostab RFSS«). Offensichtlich standen Ebrechts Vorschläge für die Reorganisation des RuSHA 1938 (siehe S. 76) im Zusammenhang mit diesen Ausbauplänen. Aus Franks Feder stammte der Beitrag »Mythos und Landschaft«, der 1941 in der »Germanischen Gemeinschaft« erschien. RS Illich, Dr. Hans, 18.5.04; Illich erhielt später eine Anstellung beim Institut zur Erforschung der Judenfrage (Hüser, Wewelsburg, S. 31). Daneben existierte eine von Rudi Bergmann geleitete Abteilung für Sippenforschung, die sich speziell mit den Ahnentafeln von Himmler und Darré beschäftigen sollte, und eine im Aufbau befindliche »Kulturabteilung«, für die August Harbaum zuständig war; Harbaum wurde 1939 als Adjudant zum KZ Flossenbürg versetzt und arbeitete ab 1940 in der für die weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung zuständigen Abt. D I 5 der Inspektion der Konzentrationslager.

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Er sollte im Rahmen des Ahnenerbe-Forschungsvorhabens »Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte« das Thema »Das Holz in seinem Einfluß auf die bildenden Künste der Germanen« bearbeiten, trat aber später wegen größerer architektonischen Aufgaben von dem Projekt wieder zurück. DS und RS Franzius, Walter, 28.11.06. Lilienthal, »Lebensborn e.V.«, S. 66 f.; vgl. a. Heinemann, Rasse, S. 105; NS 2/70 Bl. 82. NS 2/65, Bl. 115. NS 2/65, Bl. 80 ff. Lilienthal, »Lebensborn e.V.«, S. 66. NS 19/1127 (20.3.1940); NS 2/56 Bl. 200 ff. NS 2/70 (16.7.1942). NS 2/70 (16.7., 24.7., 27.7., 4.8.1942); Lilienthal, »Lebensborn e.V.«, S. 66. NS 2/54 (20.6.1938). Das »Ordensamt« dachte sich Ebrecht als eine Art Adelsamt mit den Abteilungen »Ordensgesetzgebung, Ordensbrauchtum, Sippengemeinschaft, Sippenkunde und Ältestenrat«, als Leiter schlug er K.H. Bürger vor. NS 21/683 (15.7.1938). Im Januar 1938 hatte Ebrecht Himmler noch vorgeschlagen, Ellersiek zum Nachfolger Cäsars als Chef des Schulungsamtes zu ernennen (NS 2/40; siehe S. 74). Siehe S. 66 f. Persönlicher Stab SS-Mannschaftshäuser, Schreiben vom 20.1.39 an den Inspekteur der SS-Junkerschulen. In: SSO Karl-Heinz Bürger, 16.2.04. Vorangegangen war im März 1938 ein Lehrgang in Tölz, an dem etwa 120 Studenten teilnahmen: NS 2/52 und 54. Mbg 327/2b-116; 54; 114. Pfannenstiel, Leiter der Ortsgruppe Marburg der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene, war Direktor des Hygiene-Instituts in Marburg und beratender Hygieniker der SS. Jaensch war Professor für Psychologie und Pädagogik in Marburg, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und Herausgeber der Reihe »Rassenkunde und psychologische Anthropologie«. Nelis, Schulungsreferent der Gaudozentenbundführung Hessen-Nassau, war Professor für Pädagogik und Philosophie in Frankfurt am Main. Otmar von Verschuer, der als Doktorvater von Mengele bekannt wurde, lehrte Erbbiologie und Rassenhygiene an der Universität Frankfurt, Heinrich Wilhelm Kranz leitete das Institut für Erb- und Rassenpflege an der Universität Giessen. Zu den Personen siehe Harten u. a., Rassenhygiene, passim. Zu den Studiengemeinschaften siehe auch den Hinweis bei Hein, Elite, S. 163. SSO Bürger, Karl Heinz, 16.2.04. NS 2/68 (Der Reichsführer-SS, 11.1.1941); Gliederungsplan in SSO Ellersiek; wiedergegeben bei Ueberhorst, Elite, S. 167f. Der Plan befindet sich zusammen mit weiteren Materialien zum HA Nationalpolitische Erziehung auch in der SSO-Akte Karl Heinz Bürger. Entgegen der Vermutung von Harald Scholtz (Ausleseschulen, S. 130) trat der Stellenplan unter der anderen Bezeichnung »Hauptamt Dienststelle Heißmeyer« auch in Kraft, da sich danach entsprechende Amtsbezeichnungen finden. So wurde zum Beispiel Konrad Ellersiek im Februar 1941 zunächst mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Amtschefs und am 30.12.1941 mit Wirkung zum 1.10.41 zum Chef des Amtes IV im Hauptamt Dienststelle Heißmeyer ernannt. Siehe die entsprechenden Dokumente in SSO Ellersiek. Himmler schlug Anfang 1942 vor, die Inspektionen der Napolas, Mannschaftshäuser und Heimschulen »zu einer großen Dienststelle« zusammenzulegen und Ellersiek zusätzlich das Amt eines Vizeinspekteurs der Napolas zu verleihen. Vielleicht trug er damit Ellersieks Klagen Rechnung, sein Gehalt würde zur Bestreitung seiner laufenden Ausgaben nicht ausreichen (NS 19/2651). Neben seiner neuen Funktion als »Vizeinspekteur« behielt Ellersiek sein Amt als Kommandeur der Mannschaftshäuser bei. Stabsführer der Inspektion für die Deutschen Heimschulen war der Oberstudienrat und Leiter der Napola Rufach Dr. Erich Schmidt, als Sachbearbeiter gehörte der Studienrat und HfL-Dozent Otto Scharnweber der Inspektion an. SSO und RS Adam, Dr. Gerhard, 23.11.07. Bürger, im Frühjahr 1940 noch stellvertretender Chef des Schulungsamtes gewesen, war im November 1940 als »Sachbearbeiter für Weltanschauungsfragen« zur Inspektion der Napolas unter Leitung Heißmeyers versetzt worden und hatte diese Versetzung offenbar als eine Degradierung empfunden. Während der Einweihung der Dienstvilla Heißmeyers im Januar 1941 hatte er an einer »großen Sauferei« teilgenommen und dabei »offenkundig ziemlich die Besinnung und Selbstbeherrschung verloren« und mit einer Pistole geschossen. Als er später von Himmler deswegen zur Rede gestellt wurde, gab er als Erklärung an: »Diese Leichtigkeit hat mir damals innerlich schwer zu

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schaffen gemacht, und ich konnte sie nur damit erklären, dass das tiefe Gefühl des Unbefriedigtseins, das ich während meiner Kommandierung zur Dienststelle SS-Obergruppenführer Heißmeyer hatte, sich gewaltsam Luft verschaffte.« Himmler ermahnte Bürger, in Zukunft »gepredigte Weltanschauung, Stil und Haltung im Leben – besonders im Alkohol – miteinander in Einklang zu bringen« (SSO Bürger 16.2.1942; vgl. Longerich, Himmler, S. 334). Bürger hatte auch danach mit Alkoholproblemen zu kämpfen und wurde später wegen Alkoholmissbrauchs vom Kommandostab RFSS zum Ers.Btl. »Ost« an die Ostfront versetzt. NS 2/64 und NS 2/1/243. Vgl. a. den Hinweis auf eine »rassenbiologische Schulung« der Anstaltsleiter bei Scholtz, Ausleseschulen, S. 149. Zur Rekrutierung von Napola-Erziehern für die Führerausbildung NS 33/126 (22.11.1937). NS 2/68 Bl. 39. NS 33/233 Bl. 208 (31.10.1942); SSO Baumann, Christian, 19.11.13 (7.9.1940). SSO und RS Lottmann, Dr. Werner, 10.4.09; Harten u. a. S. 179 f. RS und SSO Faltz, Dr. Walter, 22.1.14; siehe S. 565 u. 646. RS Gils, Dr. Günther, 4.10.13; SSO und RS Schmidt, Dr. Gerhard, 13.9.12. SSO und RS Hans Rühle von Lilienstern, 9.1.15. Bevor Rühle von Lilienstern hauptamtlich bei der SS beschäftigt wurde, war er nach Abschluss des Studiums als Diplomvolkswirt für kurze Zeit in der wirtschaftsrechtlichen Abteilung bei Bayer tätig. Nach dem Krieg nahm er zunächst eine leitende Tätigkeit im Verlagswesen wahr, 1963 wurde er zum Lehrbeauftragten, 1969 zum Honorarprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der TH bzw. Universität Stuttgart berufen; 1970 lebte er als Geschäftsführer des Rationalisierungskuratoriums der Deutschen Wirtschaft in Frankfurt am Main: Who is Who 1970. So Heißmeyer in einem Beförderungsantrag für Ellersiek im März 1941: in SSO Ellersiek. NS 3/1472 Bl. 5ff. (Ellersiek an Pohl 13.10.1941). MA Fbg RS 2-3/2; Wegner, Pangermanische Armee, S. 127. Bericht der Germanischen Leitstelle, Finanzen, Wirtschaft und Vermögensverwaltung für Juli 1943 (NS 1/524). NS 2/82; siehe S. 390. Pohl stattete Ellersieks Amt relativ großzügig aus: im April 1942 stellte er ihm einen Dispositionsfonds von 100.000 Reichsmark bereit (NS 3/1472). Zu ihnen gehörte u. a. der Diplomingenieur und Architekturstudent Jürgen Lassmann vom Mannschaftshaus Wien, der vor dem »Anschluss« die Architektenschaft im Nationalsozialistischen Bund in Österreich organisiert hatte; Lassmann war Schulungsleiter und stellvertretender Studentenführer der TH Wien und gehörte seit 1933 der SA, seit 1937 der SS an. 1941 wurde er zum Untersturmführer in der Dienststelle Heißmeyer ernannt (SSO und RS Lassmann, Jürgen, 3.7.14 Wien; NS 33/24). 1943 waren allerdings die meisten Abteilungen offenbar noch unbesetzt (Madajczyk, Zamojszczyna, Bd. II, S. 289 ff., Bd. I, S. 29; vgl. a. Esch, Das SS-Mannschaftshaus in Lublin, S. 206 f.; Heinemann, Rasse, S. 381 ff.; Schulte, Zwangsarbeit, S. 265 ff.). Bartling wurde 1939 kaufmännischer Leiter in einem Berliner Industriebetrieb: SSO Bartling, Dr. Klaus-Andreas, 21.12.11. RS Franz, Dr. Heinz, 14.6.10; siehe auch S. 541 f. Zu Quadflieg siehe S. 57. RS, SSO und DS Brügmann, Dr. Arnold, 14.3.12. SSO und RS Hartmann, Kurt, 7.2.08; NS 31/4. Hartmanns Nachfolger als Mannschaftshausführer in Hamburg war der Jurist Kurt Witten. Er kam aus der völkischen und nationalsozialistischen Jugendbewegung, war Assistent am Seminar für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg und promovierte 1939 mit der Arbeit »Völkisch-politische Dezentralisation und Reichsgliederung«. Während der Zeit seines Studiums in Hamburg war er gleichzeitig Sturmbannschulungsleiter der SS. 1937 wechselte er an die Universität Heidelberg und übernahm dort die Mannschaftshausführung von Brügmann, der in den Dienst des SD übergetreten war. RS Witten, Kurt, 11.12.13; SSO Faltz. RS, SSO und PK Schultze, Dr. Heinz, 17.11.11. SSO und RS Amberger, Ludwig, 8.11.1912; Zu Ambergers Eignungsprüfer-Praxis siehe das Schreiben vom 27.5.1944 in SSO Zwickler, Walter, 30.12.04. Heinemann, Rasse, S. 93. Chef RuSHA, Aufgaben des Rassenamtes, 27.3.1940 (NS 2/56 Bl. 203). Siehe hierzu Heinemann, Rasse, S. 195 ff.; Materialien in R 69/426.

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Anmerkungen zu S. 179-181

Siehe etwa Hofmanns Bericht über die Ukraine-Fahrt vom 10.-22.9.1942: NS2/82 Bl. 217 ff. Er wurde mehrfach zu Vorträgen und Musterungen auf Lehrgängen für Eignungsprüfer herangezogen, fiel aber zu Beginn des Krieges. Erich Karl hatte Anthropologie, Anatomie und Volkskunde in Greifswald und Leipzig studiert. Er wurde Anfang 1937 zum Untersturmführer im RuSHA und Abteilungsleiter für Rasse- und Erbflege im Rassenamt ernannt. Im Januar 1940 wurde er von der Waffen-SS angefordert und kam kurz darauf, im März 1940 ums Leben. RS Karl, Dr. Erich, 15.11.08; Lebenslauf in der Dissertation im NA Prag URP dod. 2-61; Hinweise auf seine Arbeit für das RuSHA in NS 2/54, 64, 77, 78 und 101. Im SS-Leitheft erschien von ihm der Beitrag Rassenfragen in den Vereinigten Staaten (4/1938 H. 2); im 1938 geplanten Schulungshandbuch »Der SS-Mann« sollte er über »Bevölkerungspolitik und Rassenpflege« schreiben (NS 31/111). Möglicherweise ist Erich Karl mit dem Unterabteilungsleiter im Stabsamt des Reichsnährstands »Dr. Karl« identisch, der dort bis November 1936 für den Bereich »Blutsfragen des deutschen Bauerntums« zuständig war (Dienstnachrichten des Reichsnährstandes Jg. 4/1937, S. 5). NS 2/21 und NS 2/152 (25.2.1939; 26.5.1939). StA Mbg 56. Das Rundschreiben ging erneut im Oktober und November 1940 hinaus: NS 33/240, Bl 32. Schreiben Hofmanns an Himmler 20.9.40 in SSO Beger, Bruno, 27.4.11. NS2/87 (27.10.41). Zum Plan einer »Fachschule«, die die mittlere Laufbahn des »Eignungsprüfers« begründen sollte, siehe auch die Überlegungen des RuS-Beauftragten in Oslo, Fritz Castagne, in einem Brief an Ellersiek vom 11.7.1942. Der Brief gibt eine Kontroverse mit Ellersiek wieder; Castagne kritisierte vor allem Ellersieks Auffassung, die Aufgaben des RuSHA würden »in absehbarer Zeit mit der Beendigung der Aussortierung bestimmter Völkerschaften beendet sein«. Offenbar hatte Ellersiek deshalb die Institutionalisierung eines eigenständigen Ausbildungsgangs für Eignungsprüfer und Rasseexperten abgelehnt, weil diese Laufbahn keine Zukunft für Voll-Akademiker eröffnete, um die es ihm ja als Mannschaftshausführer zu tun war; die rassenkundlich-anthropologische Arbeit könne stattdessen von Ärzten mit übernommen werde. »Diese Aussortierung, die einstweilen mit unzulänglichen Kräften notdürftig in Angriff genommen worden ist«, entgegnete Castagne, »stellt nur die Aufräumungsaufgabe dar. Wenn sie beendet ist, fängt die richtige Arbeit erst an, nämlich die Züchtung.« Daher sah Castagne eine qualifizierte, wissenschaftlich fundierte und langfristig angelegte Arbeit als notwendig an. Über die geplante Fachschule hinaus sollte es für die Fachkräfte des RuSHA deshalb auch Anschlussmöglichkeiten wissenschaftlicher Weiterqualifizierung und Beschäftigung an den Universitäten geben. Die Institutionalisierung der Rassenkunde als Nebenfach der Medizin reiche dafür nicht aus: »Die Rassenkunde ist erst in den Kinderschuhen. Sie bedarf noch unvorstellbarer Forschungsarbeit und zahlreicher Lehrstühle verschiedenster Art und muß, wie im Mittelalter die Theologie, Zentralwissenschaft der deutschen Hochschulen schlechthin werden. Das wird sie niemals als Nebenfach der Medizin, sondern nur als erstes und zentrales Hauptfach in der philosophischen Fakultät.« NS 19/353. NS 2/151 (Dezember 1941). Im Oktober 1942 wurde Georg Rödel als Leiter der Abteilung »Wiedereindeutschung« eingesetzt. Rödel, der einen Teil seiner Jugend in den USA verbracht und dort die High-School und »BusinessManagement-Kurse« besucht hatte, war von Beruf Auslandskorrespondent. Er gehörte seit 1933 der SS an, war Stuba-Schulungsleiter und wurde nach einer Ausbildung zum Eignungsprüfer 1942 bei Musterungen in Slowenenlagern eingesetzt; 1943 wurde er zum RuS-Führer Rhein-Westmark ernannt. Zeitweise leitete er auch die RuS-Stelle in Nordfrankreich (SSO und RS Rödel, Georg Albert, 26.1.90; Heinemann, Rasse, S. 338 und 632). Die Abteilung 1 »Auslese« wurde mit dem Kaufmann Josef Pichler besetzt; Pichler gehörte der SS seit 1930 an und war seit langem als Referent im RuSHA tätig, bevor er 1940 als Eignungsprüfer der Ergänzungsstelle Süd eingesetzt wurde (SSO und RS Pichler, Josef, 26.12.12). Die Abteilung 3 »Auslese für Ostsiedlung« leitete der Volksschullehrer Georg Harders, der schon seit 1940 »Fragen der Wiedereindeutschung von Polen, Tschechen und Slowenen« im Rasseamt bearbeitete und vorher als Standarten-Schulungsleiter und Schulungsreferent tätig gewesen war (SSO und RS Harders, Georg, 7.5.1912). Zur Stellenbesetzung im Rasseamt siehe auch den Besetzungsvorschlag Hofmanns vom 21.11.1941, der sich u. a. in den SSO-Akten von Harders befindet. Die Nomenklatur der Abteilungen wurde 1942 geändert, die Hauptabteilungen II und III trugen danach die Bezeichnung B und C. Zum Beispiel wird Harders im September 1942 als Leiter der Abt. C.2 Wiedereindeutschung, Friedrich Leo im April 1942 als Leiter der Hauptabt. B und der Abt. B.2 (Fortbildung der Eignungsprüfer) geführt: SSO-Akten Leo und Harders.

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Die Außenstelle in Prag entstand Anfang 1941. Zu den ersten Aufgaben gehörte die Vorbereitung der rassischen Untersuchungen an tschechischen Schulkindern durch Erwin Künzel. Im August 1943 wurden wegen der zunehmenden Luftangriffe auf Berlin, aber auch aus organisatorischen Erwägungen das Rassenamt und weitere Dienststellen des RuSHA nach Prag und ins Protektorat verlagert: Heinemann, Rasse, S. 155; Hoßfeld/Simunek, Kooperation, 2008 S. 79f. Die Schule war erst im April 1934 als eine Privatschule der Obersten SA-Führung durch Röhm gegründet worden und sollte das »bayrische Gegenstück zu den preußischen Napolas« bilden: Pabst, Blut und Boden, S. 959; allgemein zur Schule Scholtz, Ausleseschulen, S.83 f. und 299 ff. Im Rahmen der Kaukasus-Expedition waren unter Leitung des Ahnenerbes anthropologische Untersuchungen geplant, die Rübel gemeinsam mit seinen Kollegen Endres und Fleischhacker durchführen sollte. Nach dem Scheitern des Unternehmens erhielten sie 1943 den Auftrag, stattdessen russische Kriegsgefangene und Juden in Sachsenhausen und Auschwitz für ihre Untersuchungen auszuwählen. Dabei ging es auch um die Selektion »jüdischen Menschenmaterials« für die berüchtigte Skelettsammlung, die der Anatom Hirt damals in Straßburg aufbaute. Rübel nahm daran aber nicht mehr teil, weil er zur Waffen-SS an die Ostfront kommandiert wurde. Zu Rübel siehe Harten u. a., Rassenhygiene, S. 268 f.; vgl. a. Heinemann, Rasse, S. 200 u. a.; SSO und RS Rübel, Heinrich, 17.6.10; zu Rübels Vortragstätigkeit bei der Eignungsprüfer-Ausbildung siehe insbesondere NS 2/89. SSO und RS Tyarks, Johann, 16.7.01. SSO und RS Leo, Friedrich, 11.4.04; MA Prag: BdW-SS B-M. 4/25. SSO und PK Grohmann, Josef, Dr., 16.3.12. In »Volk und Rasse« publizierte Grohmann 1942 (Heft 4) einen Bericht über seine rassenkundlichen Untersuchungen in der Slowakei. Möglicherweise stammt von ihm auch ein Bericht über anthropologische Untersuchungen in russischen Kriegsgefangenenlagern: NA Prag, URP dod. 2, krt. 56. SSO Dietrich, Otto, 27.1.01 (15.3.1940). NS 2/70 (24.9.1942). So z. B. der Vermerk für den Dienstgebrauch vom 3.12.1943: R 69/966 Bl. 2. Im Rahmen dieses Kampfeinsatzes war er vermutlich auch an Massakern an der jüdischen Bevölkerung Lettlands im Herbst und Winter 1941/42 beteiligt: Heinemann, Rasse, S. 636 und 423 f. Heinemann, Rasse, S. 424. SSO und RS Schwalm, Fritz, 11.5.10. Nach dem Krieg wurde Schwalm zu 10 Jahren Haft verurteilt, kam aber 1951 wieder frei: Heinemann, Rasse, S. 635 f. SSO, RS, DS und PK Preuss, Hans, 10.2.1905. Zu Schwalm und Preuss siehe auch Harten u. a., Rassenhygiene, S. 271 ff. Dienststellenbesetzung der EWZ 1.12.1941: R 69/401 Bl. 199. SSO und RS Dongus, Walter, 23.11.00; siehe auch S. 531. SSO, RS und DS Fleischhacker, Dr. Hans, 10.3.12; zu Fleischhacker siehe auch Elke Thran, Hans Fleischhacker. Bereits 1941 wirkte Fleischhacker bei »rassenphysiologischen Untersuchungen an farbigen Kriegsgefangenen in einem Kriegsgefangenenlager« mit, über deren Ergebnisse 1943 in der »Zeitschrift für Rassenphysiologie« berichtet wurde (Geisenhainer, Otto Reche, S. 175). NS 2/89 Bl. 58. Zit. n. Harten u. a., Rassenhygiene, S. 277. NS 2/88 Bl. 45 ff. SSO Schmitz, Dr. Heinz, 28.11.04; SSO und PK Oevermann, Dr. Gerhard, 28.5.08; BBF; SSO und DS Hesch, Michael, 13.9.93. Hesch, engster Mitarbeiter und Protégé Otto Reches, begann seine Tätigkeit für das RuSHA 1940 mit der »wissenschaftlichen Auswertung der rassischen Untersuchungsergebnisse« über die wolhyniendeutschen Umsiedler, die Ende 1939 in Litzmannstadt ankamen. 1940 war er auch mit der Untersuchung von Juden beschäftigt und erhielt von Reche den Auftrag, sich vor allem der Ohren von Juden anzunehmen, denn über Nasen und Lippen sei schon genug bekannt: »Fotografieren Sie so viel wie irgend möglich Judenohren, so dass man alle Einzelheiten gut erkennen kann, denn ich möchte eine kleine Arbeit über Judenohren schreiben.« Reche hielt das wohl für einen besonders originellen Einfall, denn er bat ihn, darüber Stillschweigen zu wahren, »sonst werfen sich womöglich noch andere Leute drauf und kommen auf die gleiche Idee. Manche Leute sind ja wild darauf aus, neue Ideen von anderen Leuten zu schnappen« (zit. b. Geisenhainer, Otto Reche, S. 368). NS 2/89 Bl. 77 f. Ähnlich die Programmfolge für den Eignungsprüferlehrgang in Prag vom 20.7. bis 8.8.1942. Neben Schultz, Rübel und Fleischhacker waren u. a. Oevermann, Dongus und Preuß mit Vorlesungen beteiligt: ebd. Bl. 85 ff.

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Ebd. Bl. 81 ff. Harten u.a., Rassenhygiene, S. 276 ff. Zur Auflösung der Wehrmachtspsychologie siehe Geuter; Professionalisierung, S. 390 ff. NS 2/89, Bl. 16ff. Insgesamt waren nach den Lehrgängen 3 schriftliche Prüfungen in Erbbiologie, Rassenkunde und Rassengeschichte sowie eine praktische Prüfung in Musterungen abzulegen, aus den 4 Prüfungsergebnissen wurde dann eine Gesamtnote erstellt. Anschließend wurde der Einsatzort für die praktische Ausbildung festgelegt – entweder Litzmannstadt oder die Dienststelle eines RuS-Führers. Siehe das Beispiel in RS Ratzeburg, Reinhold, 23.5.12; siehe auch Hamann, Erwünscht und unerwünscht. SSO und RS Kayser-Eichberg, Ulrich, 11.3.03; SSO Obersteiner Heinrich, 1.2.05; NS 2/83. KayserEichberg arbeitete nach dem Krieg bei der Organisation Gehlen, dann als Regierungsrat beim BND: Hesse, Professoren und Dozenten, S. 412. SSO Rau, Dr. Kurt, 23.4.10. Rau fiel es aber offenbar schwer, sich in die Arbeit des Rassenamtes einzufügen. In einer Beurteilung durch die Stabsleitung des RuSHA wird ihm »innere Unsicherheit und Unklarheit«, ein »spielerisches Herangehen an anfallende Aufgaben« und mangelnde Teamfähigkeit attestiert: »Durch seine wahrscheinlich ihm selbst unbewußte Arroganz ist ein Zusammenarbeiten mit anderen Mitarbeitern erschwert. Nach Beendigung des Wehrdienstes wird von einer weiteren Verwendung … abgesehen« (ebd., 10.2.1944). Markus Leniger, Nationalsozialistische »Volkstumsarbeit«, S. 190 ff.; vgl. auch Hamann, Erwünscht und unerwünscht; zur Wehrmachtspsychologie Geuter, Professionalisierung der deutschen Psychologie. Ebd. – In der RuS-Akte von Kayser-Eichberg findet sich das Verzeichnis eines Ordners mit »Prüfanweisungen« und »wissenschaftlichen Grundlagen« für die Wehrmachtspsychologen von 1941; danach wurden den Eignungsprüfern bei der Wehrmacht folgende Materialien ausgehändigt: a) Ordner »Anweisungen für Eignungsuntersuchungen«, b) »Lebenslauf und Sippenforschungen«, c) »Wahrnehmungs- und Umweltforschung«, d) »Ausdruckskunde«, e) Geistesuntersuchungen«, f) »Rassenpsychologische Forschung«, g) »Soziologische Feststellungen und Bewährungskontrollen, Offizier-Anwärter und Offizier-Lehrgänge, Psychologisch-statistische Forschung«, h) tabellarische Übersicht zur Deutung der Handschrift, i+k) Soziologische Feststellungen, l) Reichskarte Mark Brandenburg. Die Liste von 1942 verzeichnet lediglich zwei Eignungsprüferinnen: Johanna Nott und Dr. Ilse Brand, beide bei der Außenstelle Litzmannstadt tätig: NS 2/89 Bl. 58 u. 63 ff. Ilse Brand, promovierte Juristin, war Dozentin für Rechtskunde und stellvertretende Leiterin des Reichsseminars der NSV für Volkspflegerinnen. Sie wurde 1941 beim RuSHA eingestellt und in Litzmannstadt zur Eignungsprüferin ausgebildet: SF Brand, Dr. Ilse, 20.4.14. Aly/Heim, Vordenker der Vernichtung, S. 164; Harten, De-Kulturation, S. 110 f. Heinemann, Rasse, S. 270 f. NS 47/36. NS 2/161 und NS 2/294. NA Prag, URP dod. II, Kt. 57. Vgl. a. Hoßfeld/Šimůnek, Kooperation, S. 80 ff.

II. Weltanschauliche Schulung in Verbänden und Schulen der Waffen-SS 1 2

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Das umfangreiche Aktenmaterial zur Nachrichten-Ersatzabteilung im Militärarchiv Freiburg war zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit allerdings erst in Ansätzen archivarisch erschlossen. MA Fbg, RS 4/1674, 1677, 1679, 1681, 1682, 1683, 1694. Für die Zeit nach 1937 sind keine Dokumente der Schulungsabteilung mehr erhalten. Im Militärgeschichtlichen Archiv Freiburg finden sich erst aus dem Jahr 1944 wieder Dokumente der Abt. VI der SS-Panzer-Division LSSAH: RS 4/1274, 1276 und RS 3/-1/97. Zu Eysell siehe S. 316. SSO und RS Weibgen, Georg, 24.6.07. MA Fbg, RS 4/1694. RS 4/1674. Vierteljahresbericht vom 1.10.35: RS 4/1674.

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RS 4/1682. Die Inspektion der Verfügungstruppen, die im Oktober 1936 gebildet worden war, hatte bei der Aufteilung der Aufgaben von Einheitsführern und Schulungsleitern einen breiten Ermessensspielraum gelassen: »Träger der Schulung sind die Verbandsführer. Die Schulungsleiter sind zur einheitlichen Ausrichtung des Führerkorps zu verwenden und für Vorträge, die ein bestimmtes Wissensgebiet mit oder ohne Lichtbilder einem grösseren Kreise übermitteln wollen«: NS 31/370 (16.11.1936). Die Tätigkeit der Sturmbannschulungsleiter war danach nicht auf die Lichtbildervorträge des Schulungsamtes begrenzt. Der Lehrplan befindet sich, mit stichwortartigen Untergliederungen, in der »Vorschrift für die weltanschauliche Ausrichtung des 1. Sturmbannes«: MA Fbg., RS 4/1674. RS 4/1677. Bei einer Gesamtstärke von 2526 Mann waren 62% evangelisch und 18% katholisch: MA Fbg., RS 4/1674 (1.1.1936). NS 2/86, Bl. 111. RS 4/1674: Vierteljahresbericht vom 1.10.1935, S. 9. RS 4/1682 (25.1.1937). Weibgen hatte dabei das Vorbild des Politischen Kommissars der Roten Armee vor Augen. Vgl. Wegner, Politische Soldaten, S. 188. RS Stoltz, Georg, 29.4.13; SSO und RS Siebken, Bernhard, 5.4.10; SSO und RS Hammersen, Heinrich, 22.7.07; SSO und RS Unseld, Karl, 30.4.13; SSO Wisliceny, Günther-Eberhard, 5.9.12; SSO, RS, DS und PK Krellmann, Paul, 12.7.15. SSO Kausch, Paul-Albert, 3.3.11; SSO Pastowski, Bruno, 29.4.16; SSO, RS und PK Schultze, Dr. Heinz, 17.11.11. SSO und RS Hannig, Günter, 27.10.13; RS Woith, Hans-Joachim, 25.7.10; RS Spanka, Otto, 19.10.12; SSO und RS Schmidetzki, Walter, 5.1.13. RS 4/1274. RS 3-1/97. SSO und RS Schwarz, Karl, 30.8.1912. MA, RS 4/1298, 4/1305;3-9/14; 3-9/7; NS 31/155. RS 4/1298 (7.7.1943). Als Assistent der LBA bzw. HfL Bayreuth wird Schwarz auch von Eduard Kolb beeinflusst worden sein, der in Bayreuth Erziehungswissenschaft lehrte und gleichzeitig Oberschulungsleiter der SS, Gauschulungsleiter der NSDAP für die Bayrische Westmark und Lehrer für Weltanschauung und Geschichte an der Gauführerschule Plassenburg war; Kolb hatte 1921 bei Aloys Fischer in München promoviert, der zu den Wegbereitern der Pädagogischen Soziologie gehörte. Harten u. a., Rassenhygiene, S. 169 f. MA Fbg., RS 3-9/7, S. 16 ff.; vgl. a. NS 33/237, Bl. 169 f. Das Papier ist dem Schulungsplan vom September 1944 als Anlage beigefügt. Ein Autor ist nicht angegeben, es dürfte aber von Schwarz stammen, der zu diesem Zeitpunkt noch die Abt. VI leitete. SSO Harreby, Hans, 13.1.10. Zu diesen Divisionen gehörte auch die Division »Totenkopf« unter dem Kommando von Theodor Eicke, die nach den Kämpfen in Russland im Herbst 1942 in Frankreich neu aufgestellt wurde. Für die Neuaufstellung war zuvor noch in Deutschland ein Aufstellungsstab auf dem Truppenübungsplatz Sennelager bei Paderborn gebildet worden, auf dem Rekruten für die Division ausgebildet wurden. Das SS-FHA entsandte im August 1942 Obersturmführer Christophersen zum Aufstellungsstab mit dem Auftrag, die Abt. VI dort zu errichten; für insgesamt 9 Einheiten waren jeweils ein »Führer für das Aufgabengebiet VI« und ein Unterführer als Sachbearbeiter zu bestimmen und in ihre Aufgaben einzuweisen. Christophersen brachte Richtlinien über die Durchführung der weltanschaulichen Erziehung mit, nach denen in der Woche mindestens eine Stunde weltanschaulicher und eine weitere Stunde politischer Wochenunterricht zu erteilen war: RS 5/471. – Erwähnt sei noch die Division »Hitler-Jugend«, die 1943 in Belgien aufgestellt und 1944 in die Normandie verlegt wurde. Von der Division ist eine Dienstanweisung für die Mitarbeiter der Abt. VI vom Dezember 1943 erhalten, die 2 Wochenstunden planmäßigen weltanschaulichen Unterricht durch die Einheitsführer und eine Stunde zu politischen Tagesfragen anordnete; außerdem ein Konzept des Leiters der Abt. VI Hans Musfeldt für die Feier des 30. Januar 1944: MA Fbg, RS 3-12/3; Musfeld war HJ-Bannführer gewesen: SSO und RS Musfeld, Hans, 24.9.19. SSO Groß, Dr. Kurt, 5.6.12.

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Anmerkungen zu S. 208-216

MA Fbg., RS 2-2/3 und RS 2-2/2; vgl. a. das Kriegstagebuch des SS-Panzer-Korps/Nachsch.Tr.: RS 4/1460. RS 3-10/1 (27.7.43). SSO Lutosch, Gerhard, 8.9.11. RS 3-10/33 (15.2.43); N 756/330a. NS 19/1845 (29.5.43). Im gleichen Bestand befindet sich eine umfangreiche Liste von Prüfungsaufgaben: 20 Themen für schriftliche Rahmenarbeiten, 41 Kurzthemen und 29 Themen für Kurzvorträge. RS 3-10/1 (31.7.43). RS 3-10/1 (15.2. und 12.2.44). Der Name »Karl der Große« wurde stattdessen als »Charlemagne« 1944 dem Verband aus französischen Freiwilligen der Waffen-SS verliehen, die ab 1943 zur Grundausbildung in Sennheim zusammengefasst wurden. Die »Französische SS-Freiwilligen-Sturmbrigade« wurde im August in »Waffen-Grenadier-Brigade der SS-›Charlemagne‹« und im Februar 1945 in »33. Waffen-GrenadierDivision der SS ›Charlemagne‹« umbenannt. Michaelis, Waffen-SS, S. 155 und 187 f.; zur Ausbildung der französischen Freiwilligen in Sennheim Mounine, Cernay, S. 243-352. Zur Division gehörte auch das SS-Panzer-Regiment 37, das im November 1943 in Frankreich aufgestellt und im Herbst 1944 bei Kämpfen in der Normandie aufgerieben wurde. Im Frühjahr 1944 absolvierte das Regiment einen Ausbildungsgang, in dessen Verlauf schriftliche Arbeiten in nationalsozialistischer Weltanschauung geschrieben wurden: MA Fbg., RS 4/1333 (2.3. und 5.4.1944). Für die Zeit von Januar bis April 1944 sind Schulungsunterlagen der Division erhalten; wer Leiter der Abteilung VI war, ist nicht bekannt. Im Herbst 1944 kam der Textilkaufmann Hermann Kuhn als Leiter der Abt. VI zur Division: SSO Kuhn, Hermann, 3.11.10. RS 3-17/45. RS 3-17/45 und 38; vgl. IfZ MA 237. Im April 1944 besuchte Himmler die Division und verlieh ihr im Auftrag Hitlers den Namen »Götz von Berlichingen«. Ebd. (19.3.1944 und 26.4.43). MA Fbg., RS 4/1457. NS 31/164. MA Fbg, M 603 A6. R 3001/130089. MA Prag, BdW-SS B.u.M., k. 5-28. Am 24.10.42 meldete Krellmann die Herausnahme anthroposophischer Bücher aus der Regimentsbücherei (ebd., k. 5-26). Die Aufstellung des Ausbildungsbataillons erfolgte aufgrund der Überweisung von 3000 siebzehnjährigen Rekruten zur Ausbildung nach Prag im Mai 1942. Vor diesem Hintergrund wurde Krellmann zum 1.6.42 mit der Leitung der Abt. VI beauftragt (NS 31/232, 20.4.42). Krellmann erhielt im Juli 1942 Schulungsmaterial von Otto Reche aus Leipzig zugesandt (Geisenhainer, Otto Reche, S. 242). Zu Krellmann siehe S. 154 u. 530. Im Oktober 1944 war er WS-Lehrer an der Kavallerieschule in Göttingen: SSO Friedrich, Rudolf, 4.8.19; MA Prag, BdW-SS B.u.M., k. 4-22. SSO Volkert-Rühle, Harry, 11.9.19; SSO Gartz, Hans-Joachim, 18.3.95; MA Prag, BdW-SS B.u.M., k. 4-22, 5-26. Für die Mitarbeiter der Abt. VI ließen sich keine näheren biographischen Angaben finden. BdW-SS B.u.M., k. 4-22, 4-25, 5-26, 5-28. SSO und RS Dautzenberg, Dr. Walter, 17.4.1911; siehe S. 259; zu Lotz: BdW-SS B.u.M., k. 4-25; OGK Karl Lotz, 17.9.01. PK Korb, Martin, 4.8.06; BdW-SS B.u.M., k. 4-25. Kornelia Kabusch hatte 1920 in München mit einer Arbeit über bayrische Dichter promoviert. Gaston Roman Dejmek, der 1928 mit einer musikwissenschaftlichen Arbeit über Reger in Bonn promoviert hatte, hielt im Juli 1944 auch einen Vortrag »Einführung in das Wesen und den Aufbau der Wagner-Oper« beim Genesenden-Bataillon in Wesserling. Anfang 1945 gehörte er als SSSchütze dem Amt C I an: NS 31/6. RS Lekesch, Ernst, 25.12.1911; MA Prag, BdW-SS B.u.M., k. 4-25 (Bericht vom 27.9.1944). Ebd., Monatsbericht vom 31.5.1945. SSO Kindermann, Johann/Hans, 30.9.03. Mitarbeiter waren Walther Kohl, Willi Lang und Franz Dressler. Bei Kohl dürfte es sich um den 1921 in Gablonz geborenen Walther Kohl handeln, der sich 1938 bei der SS meldete und zur Totenkopf-Standarte Brandenburg eingezogen wurde (RS

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Kohl, Walther, 21.7.21); Willi Lang, 1932 der HJ beigetreten und 1939 zur Waffen-SS eingezogen, war kaufmännischer Angestellter (RS Lang, Willi, 16.5.20). Der Kunststudent Franz Dressler stammte aus Krems an der Donau und war im Februar 1938 der SS und einige Monate später der NSDAP in Österreich beigetreten (RS Dressler, Franz, 9.6.18). Wilhelm Albert Doegen war Begründer und Direktor des Doegen-Tonbildmuseums und der Berliner Lautgesellschaft. Obwohl sein öffentliches Auftreten vom Reichserziehungsministerium für unerwünscht erklärt wurde, hatte das SS-Hauptamt keine Bedenken, ihn für Vorträge einzusetzen. Auch das Kommandoamt im Hauptamt Orpo engagierte ihn 1944 zu einem Vortrag: MA Fbg. M 765 A 26. MA Prag, BdW-SS B.u.M., k. 4-25. Spoerl war Lehrer und Kreissportlehrer in Karlsbad; er trat 1938 der NSDAP bei und meldete sich 1939 zur Waffen-SS: SSO Spoerl, Otto, 25.8.03. SSO Owsianowski, Harry, 10.6.1910; Einsatzbefehle in NS 31/1, 4 und 5. In seiner NSDAP-Mitgliedskarte (OGK) wird als Beruf »Student« angegeben. BdW-SS B.u.M, 5-26 (Bericht vom 29.10.1944). Ebd. (Bericht vom 30.12.1944). NS 33/237 Bl. 151 (13.4.1942). NS 19/3570 (Berichte von Fritsche und Borst, 10.6. und 19.6.43). NS 31/360 und 19/3570 (16.11.1943, 6.12.1943, 14.1.1944). NS 31/199 (5.3.1943). Ebd. Bl. 121. Aus der Schulungsarbeit beim SS-Genesenden-Btl.: NS 31/219 Bl. 124 ff. NS 31/199, Bl. 76. NS 31/225 (26.5.1943). NS 31/225. NS 31/158 Bl. 134 ff. NS 31/214 Bl. 133. Siehe S. 158. NS 31/214 Bl. 30; gleichzeitig erging eine Anforderung zur verbesserten Ausstattung des Ensembles mit Musikinstrumenten: NS 31/177, Bl. 96. NS 31/158 Bl. 24 f. NS 31/214 (28.8.1944). Für den Unterricht stellte Oberlehrer Blickle aus Langenau einzelne Räume seiner Schule zur Verfügung: NS 31/177, Bl. 87. NS 31/219, Bl. 74. RS Frey, Clifford, 27.10.1912; NS 31/177, Bl. 133. Das früheste Datum für Freys Tätigkeit beim Genesenden-Bataillon ließ sich für den März 1943 ermitteln. RS und PK Schweikhardt, Erich, 15.9.1908. RS Krüger, Kurt, 13.4.10; OK Koll, Herbert, 20.3.97; RS Hochsieder, Ernst, 5.11.13; SSO Chudziak, Karl, 22.1.10; NS 31/6; NS 31/196 und 199. Siehe dazu das umfangreiche Material in NS 31/196. Weitere Hilfskräfte der Abt. VI waren die Rottenführer Oskar Klein, Ludwig Albert, Gerber und Wendt sowie die Unterscharführer Löffelmann und Ludwig Doron. Klein und Doron gehörten dem Jahrgang 1921 an, waren also kurz nach Schulentlassung zur Waffen-SS eingezogen worden, die anderen Mitarbeiter ließen sich nicht identifizieren. SM Doron, Ludwig, 9.7.21; SM Klein, Oskar, 23.1.21; NS 31/208, 210, 221. NS 31/199, Monatsberichte für Januar und Februar 1945. NS 33/231. MA Fbg., RS 5/741. Hierzu wurde die für die Winterschulung 1940/41 vorgeschriebene Stoffsammlung 8 »Das deutsche Reich« herangezogen. RS 5/539. Die Männer brachten zum Teil schon einiges an Vorkenntnissen mit; so meldete die Funker-Ersatzkompanie während einer Umfrage im Oktober 1940, dass von den knapp 200 Mann der Einheit 52 Hitlers »Mein Kampf« gelesen hätten und 67 im Besitz des Buches seien: Kaienburg, Militär- und Wirtschaftskomplex, S. 235. Gegen Ende des Krieges war er Leiter der Abt. VI beim Generalkommando des II. SS-Panzer-Korps. SSO und SM Sievers, Joachim, 21.7.08.

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RS 5/469. RS 5/568 und 566. SSO und PK Mzik, Johannes, 28.8.97; SSO und PK Stastny-Hain, Erich, 26.9.10; StA Hamburg, NSDAP K 2; SSO und RS Kaus, Karl, 30.5.04. Tätigkeitsbericht der Abt. VI vom 20.8.1942: MA Fbg., RS 5/896. SSO und RS Horn, Hans, 6.6.11; SSO und RS Brummer, Karl, 15.8.13. Brummer gehörte als Jugendlicher dem Wehrsportverband »Jung-Bayern« an; 1934 war er als Gruppenführer beim Chef AW an der SA-Sportschule Coburg tätig; 1935 wechselte er von der SA zur SS und war zunächst beim Nachrichten-Sturmbann Unna, 1941 als Untersturmführer bei der Division »Das Reich« im Dienst. Ende 1943 kam er zur Nachrichtenschule Metz. In einer Beurteilung von 1943 wurde er als »Typ des politischen Soldaten« charakterisiert. MA Fbg., RS 5/896. Ebd. (Berichte vom 28. und 27.11.1942). SSO und RS Heimann, Richard, 19.7.21; SSO und RS Paruszynski, Herbert, 13.9.15. Diese und zahlreiche ähnliche Dokumente in RS 5/896 und 897. MA Fbg., RS 5/753. SS-Listen A 14 (1442). Ölheim hatte das Humanistische Gymnasium in Nördlingen mit der Mittleren Reife verlassen und anschließend die Bayrische Verwaltungsschule besucht, 1941 war er zum Verwaltungsinspektor ernannt worden. SSO und RS Oehlheim, Friedrich, 8.4.21; MA Fbg, RS 5/897. RS 5/897 (15.8.1944). SSO und RS Heumann, Franz, 2.12.11; SSO Fölsing, Friedrich, 26.7.06; SSO Gröndahl, HansEdlef, 28.3.03. RS 5/897 (17.2.1945); RS 5/761 (1.3.45) RS Grund, Gerhard, 19.9.10; RS Neitzel, Kurt, 22.2.07; SM Gerlach, Anton, 20.2.21; SM Stracke, Fritz, 7.10.02; SM Spieker, Wiegand, 22.7.11. MA Fbg., RS 5/897 (19.2.1945). SSO Mundt, Werner, 31.12.08. Von der Nachrichtenschule Metz sind nur einige Fragmente mit Notizen und Prüfungsdokumenten zur weltanschaulichen Erziehung aus dem Jahr 1944 erhalten; darunter das Thema für eine Zwischenprüfung am 30.6.44: »Welche politischen Forderungen liegen für den Nationalsozialismus in den Erkenntnissen der Lebenskunde?« MA Fbg., RS 5/397. RS 4/60 (1.12.1939). Zu den größeren Aktionen der ersten Wochen gehörte auch die Bewachung eines in der Nacht eintreffenden »Judentransportes« durch die 5. Schwadron. Im Zug lagen 40 Tote: »Bei der späteren waggonweisen Ausladung der Juden, die wg. Seuchengefahr erschossen werden sollten, wurde ein Angehöriger der 5. Schw. durch einen Bauchschuß schwer verletzt, an deren Folgen derselbe später verstarb. … Die Juden wurden erschossen.« Ebd. (12.1.1940). Zur Militärgeschichte des Verbandes siehe Rolf Michaelis, Die Kavallerie-Divisionen. Fegelein (1906-1945) hatte 1925/26 zunächst als Zeitfreiwilliger, dann nach abgebrochenem Studium der Volkswirtschaft bei der Bayerischen Landespolizei gedient. Später wurde er Kommandeur der SS-Hauptreitschule in München. Fegelein war Jockey und errang zahlreiche Turnierpreise, 1937 war er Sieger im Deutschen Springderby. Die Reitschule, die er ursprünglich auf die Teilnahme an den für 1940 geplanten Olympischen Spielen vorbereiten sollte, war aus dem Gestüt seines Vaters hervorgegangen; sie wurde 1939 den Totenkopf-Verbänden unterstellt. Gleichzeitig erhielt Fegelein das Kommando über das SS-Totenkopf-Reiter-Regiment. – Fegelein, der später Himmlers Verbindungsoffizier zum Führerhauptquartier war und 1944 die Schwester Eva Brauns geheiratet hatte, wurde in den letzten Tagen des Krieges hingerichtet, als sich Hitler von Himmler verraten sah und nachdem Fegelein versucht hatte, dem Kreis der letzten Getreuen um Hitler heimlich zu entfliehen. Trevor-Roper, Hitlers letzte Tage. Zu Fegelein und der SS-Reiterei siehe auch Bahro, SS-Sport, S. 244 ff. und 276 ff. MA, RS 4/931 (28.5.1940). Fegelein rühmte die Aktion als »außerordentliche Leistung«: »Die Einheitsführer standen in diesen Tagen z.T. vor sehr schwierigen Aufgaben und konnten sich ausnahmslos bewähren. Es wurde in jedem Fall rücksichtslos durchgegriffen. Die gestellten Aufgaben im Niederbrennen von schuldigen Dörfern als Sühneaktion und das Erledigen von üblen Elementen geschah auf eine so saubere und anständige SS-mäßige Art, dass jeder Zweifel an der Charakterfestigkeit der Truppe beseitigt werden

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musste. Insgesamt wurden während dieser Aktion erschossen: 250 Mann. Verluste: 1 Pferd, 2 Leichtverwundete.« Gefechtsbericht der 1. SS-T-Rt.Sta. vom 10.4.1940: RS 4/60; NS 19/3505; Cüppers, Wegbereiter, S. 57 f.; Müller-Tupath, Reichsführers Becher, S. 17 f. Bericht vom 23.3.1940. Die Generalinspektion der Verstärkten Totenkopf-Standarten kündigte erstmals im April 1940 die Lieferung von Stoffsammlungen für die weltanschauliche Erziehung an: MA Fbg., RS 4/366. RS 4/366 und RS 4/452. RS Rebholz, Heinz, 25.5.07. Diese Bestellung ging am 5.8.1940 an die Ersatz-Schwadron der Standarte in München, und die genannten Bücher finden sich danach in den Bücherverzeichnissen der Feldbüchereien der Schwadrone wieder. Etwas später trafen umfangreiche Sendungen an Schulungsmaterialien vom Kommandoamt der Waffen-SS in Warschau ein: »Die Kunst im Reich«, »Unseres Volkes Ursprung«, »Der Schicksalsweg des deutschen Volkes bis zum Weltkrieg«, die Stoffsammlungen 3 und 4, »Volk und Reich«, »Soldatenglaube – Soldatenehre«, alle in zahlreichen Exemplaren, außerdem Landkarten sowie Bilder und Sinnsprüche zum »Ausschmücken« der Unterkünfte. Für die »Arbeitsbücherei des WE-Beauftragten« folgte Anfang September eine Sendung der Schriften »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«, »Das Programm der NSDAP wird erfüllt«, »Grundzüge der Erb- und Rassenpflege« u. a. Trotzdem meldeten einzelne Schwadrone immer wieder einen Mangel an Materialien oder das verspätete Eintreffen von Schulungsheften. Die Feldbüchereien der Schwadrone waren sehr unterschiedlich ausgestattet. Einige verfügten über vergleichsweise umfangreiche Bestände. Im August 1940 standen im Durchschnitt 120 bis 180 Bände in den Schwadronsbüchereien (Bericht v. 2.9.40). Umfangreiches Material zur Ausstattung der Feldbüchereien mit Bücherverzeichnissen in RS 4/903. RS 4/70; der Vortrag Schinkes befindet sich in RS 4/156. Zu den Lehrgängen siehe S. 118. RS 4/70 (21.5.1940). Ebd. MA Fbg., RS 4/859. Bericht vom 2.9.1940. SSO und RS Arnhardt, Moritz, 8.10.11. SSO und RS Weckmann, Harry, 9.12.06. SSO und RS Oetzmann, Dr. Heinz, 17.4.09. MA Fbg., RS 4/931. RS 4/215 (29.4.1941). Der Plan wurde von der Abt. VI des Regiments selber ausgearbeitet, orientierte sich aber an den Stoffsammlungen für die Weltanschauliche Schulung der Waffen-SS Nr. 8 bis 10, die der zweiten Hälfte des vom Kommandoamt der Waffen-SS herausgegebenen Winterschulungsplans 1940/41 zugrunde lagen. Ebd., Bericht vom 30.5.41. MA Fbg., RS 4/907. Ebd. (30.5.1941). RS 4/215 (1.3.41). SSO, RS und PK Blauhut, Dr. Robert, 22.5.11. Blauhut ist der Verfasser eines 1966 erschienen Werks über »österreichische Novellistik im 20. Jahrhundert«. RS 4/215 (24.10.40). Cüppers, Wegbereiter, S. 48. SSO und RS Urban, Veit, 22.12.1913. – Nach der Auflösung der Unterführerschule wurde Ende Februar 1941 die Aufstellung einer Ersatzabteilung mit zwei Schwadronen in Warschau und einer dritten in München befohlen (NS 33/231). Daraus entstand später das Ausbildungs- und Ersatzregiment der Kavallerie-Division, das 1944 im Warschau und danach bis zum Ende des Krieges in der Nähe von Prag stationiert war (siehe S. 259 u. 264). »14 Tage in der Unterführerschule Lucmierz«: RS 4/623, Bl. 64 f. Am Rand neben den Versen befand sich die typisierte Zeichnung eines Ostjuden. Bei dem Kurs handelte es sich um einen 14tägigen »Überholungslehrgang« für Unterführer. RS 4/452. Zu Beginn des Lehrgangs waren zudem in einer Aufnahmearbeit bereits 36 Fragen schriftlich zu beantworten, damit sich der Lehrgangsleiter ein Bild über den Kenntnisstand der Männer machen konnte.

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RS 4/215. Zu Heyd siehe S. 156. Ebd.; zur Person: SSO Essl, Heinz, 4.10.1914. RS 4/66. RS 4/1029 (Monatsbericht vom 18.1.1941); SM Westerath, Heinrich, 10.8.05. RS 4/907 (19.4.1941). RS 4/66. RS 4/215. SSO und RS Wohlauf, Wilhelm, 4.6.08; RS Halberstadt, Wilhelm, 9.10.11. RS 4/215 (19.11.1940). Der »Heide-Chor« war bereits vom 15. bis 17.1. mit Liedern von Hermann Löns an drei Abenden in der Kantine des Polizeibataillons 30 in Lublin aufgetreten: RS 3-3/82 (14.1.1941). Weitere Opernbesuche werden zum Beispiel in den Monatsberichten der in Tarnow und Lublin stationierten Einheiten erwähnt: Eine Aufführung von Carl Maria von Webers »Abu Hassan« im November 1940 in Warschau sowie zwei »Lortzing-Abende« im Januar und April 1941. Daneben gab es zahlreiche Operetten-Darbietungen. In einigen Schwadronen wurde offenbar auch Hausmusik gepflegt, denn der Schulungsleiter des 1. Regiments bat im November 1940 um Zusendung einer Gitarre und einer Geige durch das FHA. RS 4/309; vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 54. Zu den Aufgaben der Schwadrone gehörte auch die »Sicherstellung von Ausrüstung und Verpflegung aus jüdischem Besitz«: RS 4/486. RS 4/453. RS 4/60 (o.D.). RS 4/309, Bericht vom 7.9.40. Bei den Filmaufnahmen erlitten 5 Männer Knochenbrüche, ein Pferd wurde verletzt: RS 4/538. Vgl. Harten, De-Kulturation und Germanisierung, S. 178. RS 4/453 (30.11.40). RS 3-3/82. MA, RS 4/156. MA, RS 4/907. RS 4/778. RS 4/215 (Bericht vom 16.12.1940). Schegg war Polizeischulungsleiter und Abteilungsleiter im HA Orpo/WE in Berlin. RS 4/494; RS 4/70. RS 4/453. Der Schriftsteller Karl Theodor Weigel, seit 1931 NSDAP- und SA-Mitglied, wurde 1936 als Sturmbannführer und Abteilungsleiter des Rassenamtes in die SS aufgenommen (SSO, RS, RK und DS Weigel, Karl Theodor, 3.6.92). Schleif, Diplomingenieur und Professor an der Universität Berlin, leitete die »Ausgrabungen des Führers« in Olympia; 1940 hielt er sich zur »Sicherstellung polnischen Kulturguts« in Posen auf (RS Schleif, Hans, 23.2.02; NS 3/1126, Bl. 7 f.; MA Fbg 4/453). Scharnweber wurde 1941 als »WE-Sachbearbeiter« der Abt. VI zu einem Sonderbataillon der Totenkopfverbände nach Norwegen kommandiert. Nach dem Krieg wurde er 1965 zum Oberstudienrat, 1970 zum Studiendirektor in Kiel ernannt (SSO und RS Scharnweber, Otto, 6.10.07; Hesse, Professoren, S. 641 f. RS 4/215 (9.10.40). Zu Edelmann siehe Anm. S. 604. Der Volksschullehrer Hermann Schegg, seit 1930 NSDAP-Mitglied, war Schulungsleiter in Regensburg und Polizeischulungsleiter in München, bevor er 1941 ins Hauptamt Orpo berufen wurde (SSO und RS Schegg, Hermann, 18.7.08). Cüppers, Wegbereiter, S. 47. Quellen: SSO-, RS-, SM- und PK-Akten sowie NSDAP-Mitgliederkarteien unter den angegeben Geburtsdaten; MA Fbg., RS 4/859; Hinweise in RS 4/903 (Becwar), RS 4/907 (Etzler), RS 4/908 (Fischer), RS 4/70 (Henning), SS-Listen A 7 (Hillmann), BBF (Scheel), SS-Listen A 4 (Tippelt), R 70 Norwegen 33 (Trestler). NS 33/39. Die 1. (Infanterie-)Brigade wurde von Richard Herrmann geführt, wie Fegelein ein begeisterter Sportler, Führer des deutschen Handballvereins, 1937 zum Chef des Sportamtes im SS-Hauptamt und kurz darauf zum Inspekteur für Leibesübungen in Himmlers Persönlichem Stab ernannt. Kommandeur der 2. Brigade war Gottfried Klingemann, ehemals Kurdirektor von Norderney und Besitzer einer Handelsagentur: Cüppers, Wegbereiter, S. 71 f. Bürger wollte den Schulungsleitern auch Aufgaben rassekundlicher Beobachtungen übertragen. In einem »Geheimschreiben« an die Abteilungen VI der Verbände des Kommandostabs regte er an, in

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den besetzten Gebieten aufmerksam nach nordischem Blut Ausschau zu halten: »Es ist mir bei meinen Fahrten in die neuen Ostgebiete wiederholt aufgefallen, dass sich zwischen der Bevölkerung sowohl in Städten als auch in Dörfern vereinzelt ganz hervorragende nordische Typen, Männer wie Frauen, befinden. Ich habe in einem meiner Berichte auch dem RFSS diese Beobachtung gemeldet und angeregt, dass bestimmte Musterungskommissionen diese vereinzelt vorzufindenden nordischen Menschen fremden Volkstums erfassen…. Ich bitte nun die Führer der Abt. VI besonderes Augenmerk auf die von mir beobachtete Tatsache zu lenken und erstmalig zu dem nächsten (August) Monatsbericht etwaige Beobachtungen in dieser Richtung in einem Geheimschreiben mit möglichst genauer Ortsangabe zu melden …« In einem zweiten »Geheimschreiben« wurde er etwas deutlicher: »Bei meiner am 20.7. ausgesprochenen Anregung, die neu eroberten Gebiete durchmustern zu lassen und bei dem Befehl vom 7.8. leitete mich die Überlegung, dass die für das Gouvernement befohlene Durchmusterung der politischen und militärischen Lage des Jahres 1939 entsprach und der nach dem Kriege durchzuführende Musterungsbefehl für das Gouvernement damit nicht eine grundsätzliche Linie nach Osten ziehen wollte. Unter Berücksichtigung der seit 1939 nach Osten erfolgten Machtausweitung regte ich daher die rassische Erfassung auch der ostwärts anschließenden Gebiete zwischen Ostsee und Schwarzem Meer an, um damit Nachfahren der germanischen Landnahme und der deutschen Kolonisation zu erfassen und dem deutschen Volke als wünschenswerten Blutsanteil zuzuführen. Ich würde in der Rückführung guten nordisch-germanischen Blutes aus dem Osten in das Reich einen möglichst vollständigen Ausgleich für die Opfer sehen, die dem deutschen Volk im augenblicklichen Kampf gegen den Bolschewismus und für die Rettung der östlichen Völker aus der jüdischen Herrschaft bringt.« MA Prag, Kdo.stab RFSS 27-4 und 5. 1943 wurde von dem Bachs Stellung mit der Ernennung zum »Chef der Bandenkampfverbände« weiter aufgewertet: Cüppers, Wegbereiter, S. 249. Zu Wimmer siehe S. 319. MA Prag, Kdo.stab RFSS 98-11; abgedruckt in: Matthäus u. a., Ausbildungsziel Judenmord, S. 198-201. MA Prag, Kdostab RFSS, 98 k. 11 und 48 k. 6. Zit. n. Cüppers, Wegbereiter, S. 166. Ebd. S. 174. Nach einem Bericht von Jeckeln sollen von der 1. Brigade bereits zwischen 28. und 30. Juli insgesamt 1658 Juden erschossen worden sein (ebd. S. 166). Zit. n. Cüppers, Wegbereiter, S. 139. Der »gutwilligen« Bevölkerung wurde die »Beteiligung an der Beute bei aufgebrachten Partisanen und Marodeuren« in Aussicht gestellt: NS 19/3489, Bl. 15 f.; »Unsere Ehre heißt Treue«, S. 222. Zum gesamten Vorgang siehe auch Christian Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 555 ff., sowie Cüppers, Wegbereiter, S. 137 ff. Zit. b. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 560. Gustav Lombard, 1895 als Sohn eines Gutsbesitzers geboren, hatte moderne Sprachen in den USA studiert und anschließend in Deutschland eine Banklehre absolviert. Er hatte anfangs bei American Express, dann als Betriebsleiter bei Chrysler in Berlin gearbeitet, bis er sich 1931 selbständig machte. Nach dem Krieg erhielt er eine gut dotierte Position als Versicherungskaufmann bei der Allianz. Franz Magill, 1900 geboren, Sohn eines Tagelöhners, war zunächst Berufssoldat und ab 1930 als Reitlehrer tätig; 1935 wurde er als Reitlehrer an der Junkerschule Braunschweig angestellt. Nach dem Krieg nahm er die Tätigkeit als Reitlehrer wieder auf. Siehe Cüppers, Wegbereiter, S. 316; ausführlich zu Lombard: ders., Gustav Lombard. »Unsere Ehre heißt Treue«, S. 229. Cüppers, Wegbereiter, S. 183. Ebd. S. 237 f. Lombard hatte schon in seinem Bericht nach der 1. Pripjet-Aktion die weißrussische Bevölkerung als »deutschfreundlich und ausgesprochen antisemitisch« beschrieben: »Weiterhin beteiligte sich auch die Bevölkerung gern an jeder Maßnahme gegen die Juden, weil sie, wie immer wieder betont wurde, in dem Juden den Träger des Bolschewismus erblickt«: RS 4/441, Bericht vom 11.8.41. »Aus psychologischen Gründen ist in Zukunft das von den Bolschewisten eingeführte und verherrlichte Wort ›Partisan‹ nicht mehr zu gebrauchen. Für uns handelt es sich hier nicht um Kämpfer und Soldaten, sondern um Banditen, Franktireurs und kriminelle Verbrecher« (Zit. n. Cüppers, Wegbereiter, S. 247. RS 4/420. Ebd.; Cüppers, Wegbereiter, S.221 f.; Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 566, 644 u. 822.

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Zit. n. Gerlach S. 529. Cüppers, Wegbereiter, S. 203. NS 19/3487. MA Prag, Kdo.stab RFSS 48-12. Cüppers S. 105. Cüppers, Wegbereiter, S. 284 ff. und 303 f. Dautzenberg, der bei Einsätzen in Bialystock, Minsk und im Pripjet-Gebiet dabei war, wurde mit der Medaille »Winterschlacht im Osten« ausgezeichnet. Nach der Teilnahme an einem Kriegs-Reserveführeranwärterlehrgang in Tölz wurde er im August 1942 als Leiter der Abt. VI beim SSWachbataillon in Prag eingesetzt und im darauf folgenden Jahr als Untersturmführer zum Leiter der Abt. VI der Panzer-Grenadier-Division »Reichsführer-SS« ernannt: SSO und RS Dautzenberg, Dr. Walter, 17.4.1911. RS 4/375. RS 3-8/82 RS 3-8/16. Cüppers, Wegbereiter, S. 255. MA Fbg, M 814 A 11; SSO Ranneberg, Walter, 29.4.05; SS-Listen A 6; BBF. »Zucht und Sitte« war eine von Hans Bodenstedt, zeitweise auch von Herbert Backe herausgegebene Schriftenreihe, die den Ideen Darrés verpflichtet war; unter dem gleichen Titel erschien auch eine Zusammenstellung von Zitaten aus Schriften und Reden Darrés. MA Fbg, M 814 A 11. NS 19/3569. Nach einem erneuten Bericht Freitags vom 9.4. bekundete Himmler sein Einverständnis mit den inzwischen getroffenen Anweisungen und entschuldigte sich indirekt für den harschen Ton seiner Rüge. Freitag rechtfertigte sich in dem Bericht damit, dass er bei Übernahme der Standarte keine Abt. VI mehr vorgefunden habe und es ihm darum gegangen sei, in Aussprachen zunächst eine engere Verbundenheit zwischen Führern und Männern herzustellen, dass weitergehende Richtlinien zur weltanschaulichen Erziehung aber bereits angeordnet gewesen wären, aufgrund der äußeren Umstände jedoch noch nicht hätten umgesetzt werden können. RS 3-8/78 und 82. Zit. n. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 990 f.; vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 266 ff. Gerlach S. 1023 f.; Heim, Autarkie. Das Projekt der Kinderlager wurde jedoch nicht realisiert: Gerlach S. 1025. RS 3-8/78, vgl. Cüppers S. 106. RS 4/1369. SSO Berg, Baldur, 26.5.07. Schorn trat 1932 zuerst in die SA, dann die SS ein. 1940-42 war er WSLehrer und Gerichtsoffizier an der Junkerschule Braunschweig, danach Führer der Abt. VI beim Ersatz-Bataillon »Westland«, Anfang 1943 leitete er die Abt. VI der estnischen SS-Legion, im August 1943 kam er als Hauptsturmführer zur Abt. VI der Kavallerie-Division (SSO Schorn, Willi, 27.6.07). Frese, der sein Abitur am Lübecker Katharineum abgelegt hatte, lebte als Volksschullehrer in Gömnitz/Ostholstein; er trat 1933 der NSDAP bei, war Ortsgruppen-, Propaganda- und Presseamtsleiter; 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, erhielt seine Grundausbildung beim Totenkopf-Bataillon Sachsenhausen und diente eine zeitlang als Wachmann im KZ Oranienburg. Nach mehreren Lehrgängen kam er im Juni 1943 zur Abt. VI der Kavallerie-Division. 1944 fiel er im Osten (SSO und RS Frese, Karl, 1.1.10). Zu Wimmer siehe S. 319. SSO und RS Koch, Wilhelm, 24.12.02; SSO und DS Roth, Dr. Fritz, 30.10.16. – Anfang 1943 war z. B. die Einziehung von 3000 SS-tauglichen jungen Männern aus dem Selbstschutz der TransnistrienDeutschen für die Kavallerie-Division angeordnet worden; im Sommer 1943 sollten 1200 Volksdeutsche aus Rumänien für die Aufstellung eines 4. Regiments ausgehoben werden: NS 19/3569. Major, der als Angestellter in einer nationalsozialistischen Buchhandlung arbeitete, hatte ein Hochbau-Studium an der Höheren Technischen Lehranstalt in Hamburg aufgenommen, musste es aber nach 5 Semestern aus Geldmangel abbrechen. Er gehörte in den 20er Jahren verschiedenen Wehrverbänden an und war seit 1929 für die nationalsozialistische Bewegung aktiv. 1933 trat er der SS bei, 1938 meldete er sich bei den Verfügungstruppen. Nach einer Verwundung im Kriegseinsatz der Waffen-SS schickte man ihn auf einen Versehrtenlehrgang in Tölz und zu einem weiteren Lehrgang für Führer der Abt. VI nach Braunschweig, von dort kam er Anfang 1944 zur Kavallerie-Division »Florian Geyer«: SSO und RS Major, Hans, 11.9.11.

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MA Prag, BdW-SS BuM, k. 25-4. Ebd. NS 2/155, Bl. 68. NS 2/151 (26.5.1936); NS 31/372 Bl. 11; SSO Fuhrländer, Dr. Wilhelm, 7.3.01. Zu Fuhrländer siehe auch Sydnor, Soldiers of Destruction, S. 51 f. Führer SS-TV Nr. 3, März 1937, S. 6 f. (in: NS 31/372). NS 31/372 Bl. 14. Führer SS-TV Nr. 1, 1.2.1937. Ebd., Nr. 5, Mai 1937. NS 31/370, Bl. 61-65 (6.4.36). SSO und RS Richter, Fritz, 27.4.09. NS 4 Da/32. – Zu Franke-Gricksch siehe auch Sydnor, Soldiers of Destruction, S. 337; vgl. Förster, Weltanschauliche Erziehung, S. 96. Anlaß seiner Entlassung aus der Totenkopf-Division war eine Denkschrift Franke-Grickschs über die weltanschauliche Führung in der SS, in der er die bisherige Schulungspraxis kritisierte und die er ohne Eicke zu informieren direkt an Himmler adressierte: NS 34/15. SSO und RS Koppenwallner, Anton, 11.6.1912; SSO Stadlbauer, Walter, 8.4.11; RS Grieser, Helmut, 21.6.15. NS 4 Da/32 (15.10.1937). NS 4 Da/32 (6.1. und 13.1.1939). Siehe S. 342. Ebd. (17.4.39). Sydnor, Soldiers of Destruction, S. 143f. – Ein Exemplar der Schrift befindet sich im Militärgeschichtlichen Archiv in Freiburg. Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 293f.; Broszat, Konzentrationslager, S. 393; Grimm, SS-Totenkopfverbände, S. 39 f. NS 3/397. Zu den Personen weiter unten. Edelmann war im April 1939 zum Professor für Geschichte und Direktor der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund ernannt worden. Im September bat Cäsar ihn um Mitarbeit für das Schulungsamt. Edelmann absolvierte darauf hin ab November ein dichtes Vortragsprogramm vor Einheiten der Waffen-SS und Lehrgangsteilnehmern aus SS und Polizei. Am 9., 10. und 11. November sprach er in Buchenwald und Flossenbürg, am 15.12. in Mauthausen, am 31.1./1.2.40 folgten weitere Vorträge in Buchenwald; ein für den 22.1. in Sachsenhausen geplanter Vortrag scheint wegen einer Erkrankung Edelmanns ausgefallen zu sein. In den Vorträgen standen die historische Legitimation des Nationalsozialismus und des aktuellen Krieges sowie – speziell auf die Lager bezogen – die »Notwendigkeit einer inneren Front« im Mittelpunkt, damit verbunden die »Aufgaben der SS im allgemeinen« und die »Aufgaben der SS-Männer als Wachmannschaften in den Lagern«. Für Mauthausen schlug Edelmann einen weiteren Vortrag über das Verhältnis Böhmens zum Reich vor: BA, ZA I 5182. NS 4 BU/33 und 43. Die genannten Zeitschriften und Schriften der »Lehrmittelabteilung« waren nicht im Katalog der Häftlingsbibliothek aufgeführt, sondern für die Schulung der SS reserviert. Aus einem Ausgabeverzeichnis geht hervor, dass die Schulungstexte an Josef Riederer ausgeliehen wurden. Riederer, ein Experte für Fragen der Rassenkunde und Rassenhygiene, war Studienrat für naturwissenschaftliche Fächer, Untersturmführer und SS-Abschnittsschulungsleiter in Weimar – offenbar übernahm er auch in Buchenwald Schulungsaufgaben. – Zur Häftlingsbibliothek, die von Kurt Schumacher, dem ehemaligen sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten und späteren Parteivorsitzenden geleitet wurde, siehe auch Seela, Lagerbücherei. NS 21/372 Bl 116. NS 31/425 Bl. 6. In SSO Kleffel. In SSO Dethof. NS 3/395. MA Freiburg, M 866. Zwei Stunden jeden Samstag im Herbst 1943: NS 3/410. SSO und RS Sewera, Joseph, 22.1.05; Wieben, Dunkle Tage.

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SSO und RS Bergschmidt, Robert, 1.8.93; NS3/1126. Die ersten Hinweise auf eine Tätigkeit Seweras und Knellers in der IKL finden sich im November 1940; vermutlich fällt ihre Einstellung in den Zeitraum der Errichtung der Dienststelle Kleffels. Fernsprechverzeichnis vom 15.1.1945, abgedruckt bei Tuchel, Inspektion (Dokumente), S. 204 ff. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Abteilung von Sturmbannführer Bergschmidt geleitet; als Mitarbeiter weist die Liste Oberscharführer Kneller sowie die Unterscharführer Regh, Müller und Sengewald aus. Die Umbenennung der Abt. D I/5 in »Amt D Abt. VI« wurde in einem Rundbrief des WuVHA vom 11.11.1944 verfügt: NS 4 HI/61. Möglicherweise signalisiert die Umbenennung, dass die Abteilung VI jetzt nicht mehr der Dienststelle D I im WuVHA unterstand, sondern wie eine Außenstelle des SS-Hauptamtes-C I geführt wurde, das sich ja etwa zur gleichen Zeit auch die Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS des FHA unterstellt hatte. – Von der Arbeit der Abteilung sind kaum Akten erhalten. Ein Dokument der IKL vom Februar 1942 enthält unter dem Punkt »37. Allgemeines Bildungswesen« offenbar eine Aufstellung von Aufgabenbereichen der Abt. VI: »a. Bücherei, e. Zeitschriften und Zeitungen, g. Weltanschauliche Schulung: Vorträge und Schulung, Redner, Themen für Arrestanten; l. Lehrgänge: Tagungen, Besprechungen; m. Sonderzuweisungen: Ausstellungen, Berufsförderungen, Soldatenbriefe; o. Unterrichts- und Lehrmittel: Karten und Planspiele; p. Monatsbericht (NS 4 HI/61). Eigenständige Abteilungen VI scheinen in den Konzentrationslagern erst ab Oktober 1941 eingerichtet worden zu sein. Bis dahin werden verschiedene Bezeichnungen verwendet: Abt. WE, WEFührer, WE-Sachbearbeiter oder WE-Referent. NS 3/396, Bl. 262. NS 3/396, Bl. 121. NS 3/105. NS 3/395, Bl. 14 f. In Wewelsburg war ebenfalls eine »Unterrichtsstunde« durch den dortigen »WESachbearbeiter« Hoffmeister angesetzt, musste aber wegen eines Zwischenfalls ausfallen. Die Berichte über die Reisen nach Auschwitz und Buchenwald sind nicht erhalten. NS 3/395, Bl. 11. Offenbar hatten vorher schon Tagungen stattgefunden, denn Anfang April schrieb Gustav Seifert aus Mauthausen an Sewera: »Von der Mitteilung, dass im April oder Mai in Berlin bezw. Oranienburg eine Arbeitstagung stattfinden wird, habe ich Kenntnis genommen und freue mich schon, dass wir uns mal alle wieder sehen und unsere Wünsche und Erfahrungen austauschen können«: NS 3/396, Bl. 116. Den SS-Kalender brachte das »Ahnenerbe« heraus; 1940 lag die Auflage bei 30.000. Etwa zwei Drittel nahm die SS ab, der Rest wurde über den Buchhandel verkauft. Knapp 1000 Exemplare gingen an die Konzentrationslager (NS 21/710). NS 3/425, Bl. 36 ff. (26.9.1941). Bei den »Dunkelmännerbriefen« könnte es sich um die von Kurt Eggers besorgte Ausgabe der Schrift aus der frühen Neuzeit handeln, dahinter könnte sich aber auch Alfred Rosenbergs Pamphlet »An die Dunkelmänner unserer Zeit« verbergen, das das Schulungsamt bereits 1935 als Unterrichtsmaterial versenden ließ (NS 2/151, Bl. 21). NS 3/409 Bl. 267 und 320. Autor des vierbändigen 1934 bis 1939 erschienen Werks »Entlarvte Freimaurerei« war Friedrich Hasselbacher, aus dessen Feder auch »Frankreichs Totentanz« (1940/41) stammte; »Wirtschaftsgeist – Sozialgeist – Wehrgeist« war von Eberhard Kautter verfasst worden. Kautter, ein alter Freikorps-Veteran, der zu den Gründern des Bundes »Wiking« gehörte, war auch Mitautor der »Nationalpolitischen Aufklärungsschriften«. »Über Lügen und Leichen zum Empire: Englands Blutweg zu Weltmacht und Untergang« stammte von Arnold Springborn (1941). An weiteren Schriften aus dem Verlag kamen »Wofür kämpft der deutsche Soldat« von Hanns Landes (1940) und vermutlich »Liberalismus, Marxismus, Kommunismus und das nationalsozialistische Leistungsprinzip« von Kautter (1934) zum Versand. Die »Nationalpolitischen Aufklärungsschriften« waren eine im Propaganda-Verlag Paul Hochmuth erscheinende Reihe kleiner Broschüren von jeweils 32 Seiten, die bis 1939 eine Gesamtauflage von 5 Millionen erreichten. Dr. Peter Aldag, Worüber berichten wir heute. Unsere Gegner und ihr Krieg. Berichte aus dem »Zeitgeschehen« des Großdeutschen Rundfunks in Zusammenarbeit mit der Anti-Komintern. Nordland Verlag Berlin 1941; NS 3/409, Bl. 315. Zu Aldag siehe S. Anm. S. 667. »Richtlinien zur Gestaltung der Lebensfeiern der NSDAP« und »9. November«, erstellt von der Abt. Feiergestaltung im SS-HA: NS3/409 (17.10.1942). MA Prag: BdW-SS BuM k.5-26 (25.9.42); siehe S. 132.

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Auf allen Lieferscheinen heißt es »Leibeserziehung« – ein Begriff, mit dem man wohl mehr anfangen konnte als mit »Leibeserscheinung«. NS 3/399 Bl. 4f. Der Volksschullehrer und Schriftsteller Hans Baumann war ein bekannter Liederdichter der HJ; er war auch mit mehreren Beiträgen im SS-Leitheft vertreten: Schreckenberg, Hitler-Barde. Theodor Fritschs »Handbuch der Judenfrage« war in allen Lagerbibliotheken verfügbar. Mit 300 000 Exemplaren, die bis 1944 in der 49. Auflage erschienen waren, gehörte es zu den am meisten gelesenen antisemitischen Büchern. In der letzten Auflage von 1944 wird Fritsch als »Schöpfer des praktischen Antisemitismus« gefeiert, der nicht müde geworden sei, zum Kampf gegen die Juden aufzurufen. Fritsch benutzte auch die dehumanisierende Sprache von Juden als »Ungeziefer und Unkraut« und von der »jüdischen Rassse« als »Inkarnation des Bösen«: Handbuch des Antisemitismus, Stichwort Fritsch. Siehe etwa das Beispiel der Schulungshefte, die im Oktober 1944 in Stutthof vom Lager Kauen übernommen wurden (NS 3/1571 B. 111); Stutthof erhielt bereits 1942 auch Broschüren aus der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, Broschüren aus dieser Reihe standen Ende 1944 auch in der Handbücherei von Mittelbau (s. u.). Nach Natzweiler wurden im April 1942 noch einmal die frühen Lichtbildervorträge für die Grundausbildung der SS geliefert (NS 3/399, Bl. 122) usw. NS 3/399, Bl. 15. Dies ist das letzte erhaltene Dokument des Schriftverkehrs der Abteilung. Für die Landkarten war weiterhin das SS-FHA zuständig; es sandte die Landkarten wenige Tage später zu, allerdings aufgrund von »Beschaffungsschwierigkeiten« nicht im gewünschten Umfang: NS 3/396, Bl. 7 und 398, Bl. 23. Bei Debica hatte Himmler 1940 einen Truppenübungsplatz errichten lassen, nachdem zuvor Tausende von Polen aus dem Gebiet vertrieben worden waren: Stein, Geschichte, S. 98. NS 3/397. Auch einige Werke nationalsozialistischer Pädagogikprofessoren sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen: So versandte das Schulungsamt im Dezember 1943 Karl Arnholds Schrift »Psychische Kräfte im Dienste der Berufserziehung« und Hehlmanns »Pädagogisches Wörterbuch« an die Abt. D I/5 (NS 3/409). Der Ausrüstungsnachweis vom 26.5.1944 für die Kommandantur eines Konzentrationslagers sah jetzt 300 statt 150 Bücher vor, die zusammen mit den Kompaniebüchereien durch die Abt. VI verwaltet wurden; hinzu kamen 40 SS-Liederbücher und weitere 75 Bücher für die Handbücherei der Abt. VI. Der Standort Oranienburg (die Abt. D I/5 der IKL und Abt. VI des KZ Sachsenhausen wurden verwaltungstechnisch zusammengefasst) erhielt insgesamt 650 Bücher zugeteilt, davon 50 für die Handbücherei des Chefs der Amtsgruppe D: NS 3/399, Bl. 72 ff. NS 3/399. NS 3/397 Bl. 87-89. Die Romanliteratur dürfte sich nicht nennenswert von dem unterschieden haben, was auch die Soldaten der Wehrmacht im Rahmen der Truppenbetreuung erhielten: Vossler, Propaganda, S. 220 f.; zur Verbreitung dieser Literatur siehe u. a. Schneider, Bestseller im Dritten Reich. Bücherlisten der Konzentrationslager Buchenwald, Hinzert, Dachau, Mittelbau, Vaivara u. a., in: NS 3/396-398 und NS 3/1571. Siehe z. B. NS 3/395, Bl. 93 ff., Bl. 104; zum VDA ebd., Bl. 82. NS 19/3904. In einem »Merkblatt für SS-Führer über die SS-Freiwilligen aus der Deutschen Volksgruppe in Rumänien« hieß es daraufhin: »Um jedes Gefühl der Differenzierung und verschiedenartigen Bewertung zu vermeiden und die Zusammenschweissung der Deutschen und Germanen aus allen Siedlungsgebieten und -räumen germanischen Blutes zu erleichtern, sind für die Deutschen aus dem Südosten Bezeichnungen wie ›Rumäniendeutsche‹, ›Banater Schwaben‹, ›Sachsen‹, ›Volksdeutsche‹ oder gar ›Rumänen‹ unzulässig, sie sind einfach Deutsche!« NS 4 BU/36. NS 3/395, Bl. 101. Ebd., Bl. 94 f.; vgl. Buggeln, Schulung, S. 174; ders., Arbeit und Gewalt, S. 425 f. Ebd.; Hördler, KZ-Wachmannschaften, S. 140. NS 3/395, Bl. 93. Vgl. Morsch, Organisation und Verwaltungsstruktur, S. 70. NS 3/395, Bl. 2. Die Zahl 25 wurde 1944 pauschal für Bestellungen zugrunde gelegt, tatsächlich gab es jedoch nie so viele gleichzeitig funktionierende Abteilungen VI. Relativ konstant waren jeweils 17 bis 18 Abteilungen in Funktion. Der »Ausrüstungsnachweis« an Truppenbetreuungsmitteln für

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die Konzentrationslager vom Mai 1944 legte eine Zahl von 21 Lagern zugrunde. Auf einem weiteren Blatt sind 15 Lager verzeichnet, von denen Monatsberichte der Abteilungen VI für die Monate August und September 1944 beim Amt D I/5 eingingen (ebd. Bl. 3); die Berichte selber sind aber nicht erhalten. Im Mai und Juni 1944 erhielten jeweils zwischen 18 und 21 Lager Bücherkisten und Musikschränke, im September 44 gingen noch an 17 Konzentrationslager Schulungszeitschriften für die Leiter der Abteilungen VI: NS 3/399 (6.9.44). Zusammengestellt vor allem nach Materialien in NS 3/395-399, 409, 1571 und 1579. Leiter und Mitarbeiter der Abteilungen VI in den Konzentrationslagern ließen sich in vielen Fällen nur anhand von Unterschriften ermitteln, die nicht immer zu entziffern waren, so dass nicht alle Personen identifiziert werden konnten. Aufgeführt sind nur die Lager, die als Dienststellen der KL-Verwaltung des WuVHA unterstellt waren und von der Abteilung D I/5 betreut und beliefert wurden. Theresienstadt etwa gehörte nicht dazu, sondern galt als Durchgangs- und Sammellager bzw. Ghetto. Leiter der Abteilung VI des hier stationierten Wachbataillons war 1944 der sudetendeutsche Hauptschullehrer Josef Lewinsky aus Aussig: MA Prag, BdW-SS B.u.M., k.4-25. NS 3/397, Bl. 111. Anordnung des SS-FHA vom 20.5.1942: NS 33/232, Bl.150. SSO und PK Seifert, Gustav, 11.4.1985. Vom Oktober 1944 ist eine Beurteilung seiner Arbeit durch den Kommandanten Max Pauly erhalten: Seifert widme sich seiner Aufgabe als Leiter der Abt. VI »mit viel Liebe, wenngleich seine Kenntnisse mehr den einseitig polternden Volksredner aus der Kampfzeit verraten… Seine Vortragstätigkeit verrät inhaltlich eine gewisse Einseitigkeit und wirkt durch seine schnelle Sprechweise auch ermüdend. Häufig verfällt S. in den Fehler, während eines Vortrages ein Lieblingsthema bis ins unendliche auszuspinnen und sich dabei zu wiederholen. Dadurch entsteht schon nach Anhören zweier Vorträge der Eindruck, dass sein Wissen schnell erschöpft ist. Trotzdem versteht es Seifert, die Männer, besonders die aus den Volksgruppen, durch seine ungekünstelte Sprechweise zu packen und besonders jetzt in nationalsozialistischem Denken zu belehren und zu festigen.« RS Knittel, Kurt, 23.9.10; SS-Listen A 19; GLA Karlsr. 465c/1157; Kwiet, Von Tätern zu Befehlsempfängern, S. 134; Lasik, Organisationsstruktur, S. 298 f.; DER SPIEGEL 21/1966. – Lasik vermutet, dass Knittel im September 1942 von Sachsenhausen nach Auschwitz kam, in den Standortund Kommandanturbefehlen von Auschwitz wird aber sein Dienstantritt als »neuer Leiter der Abt. VI« bereits am 17.10.1941 vermerkt. RS Heinrich Neumann, 14.5.1914. Der 1903 in Mühlheim geborene Leopold Behrends war 1940 zur Waffen-SS eingezogen, danach wegen seines Alters wieder entlassen und im Mai 1941 erneut zum Totenkopf-Sturmbann Auschwitz eingezogen worden: SM Leopold Behrends 10.8.1903; SSListen A 16; Lasik, Organisationsstruktur, S. 298 f. Weiterer Mitarbeiter war der Rumäniendeutsche Hans Mokka, von Beruf Drucker und Schriftsteller, der in Auschwitz für die Bücherei zuständig war; er kam im März 1945 als Unterscharführer der Abt. VI zum KZ Mittelbau-Dora (SS-Listen A 19: Hans Mokka, 16.5.1912). Vermutlich gehörte auch Karl Nieding der Abt. VI in Auschwitz an, bevor er als Schulungsleiter nach Neuengamme versetzt wurde; Nieding wurde am 25.1.1901 in Erfurt geboren, sein Beruf ließ sich nicht ermitteln (Auskunft Gedenkstätte Neuengamme; NS 3/399 Bl. 107). Siehe Wilhelm Seedorf/Hermann Schröder, Dem Landvolk die Landschule. Langensalza 1934. Die erste Phase des Projektes bestand offenbar in einer Fragebogen-Untersuchung zur Lage der Landschulen; den Fragebogen erstellte Schröder mit Unterstützung des Nohlschen Instituts, die Auswertung erfolgte an Seedorfs Institut. Erste Ergebnisse wurden in dem 1934 erschienen Buch veröffentlicht. Berührungspunkte zu Nohl ergaben sich durch das siedlungspädagogische Konzept, das Schröder vertrat, allerdings anders als bei Nohl verbunden mit dem Konzept des Wehrbauerntums und auch mit einer deutlich antisemitischen Akzentsetzung: »Dem Siedlungsdorf die Siedlerschule! … unsere Regierung wird dafür zu sorgen wissen, dass jedes geschäftemachende Judentum keine Gelegenheit mehr hat, mit deutschem Boden zu wuchern…« (S. 60). Das Werk enthielt zudem ein Beispiel für eine geschichtlich-politische Unterrichtseinheit zum Thema »Deutschland von 1914 bis 1933«, in dem Schröder die nationalsozialistische Sicht der Zeitgeschichte präsentierte. – Wilhelm Seedorf, der in den 20er Jahren als Professor für Betriebswirtschaft an die landwirtschaftliche Abteilung der Universität Göttingen berufen worden war, galt als Anhänger der DNVP und geriet 1936 in die Schusslinie Darrés und seiner Kollegen, nachdem er sich kritisch zur »Erzeugungsschlacht« geäußert hatte; aus Sorge um seine Professur passte er sich schließlich der »herrschenden

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Lehre« an und wurde daraufhin als »Ehrengast« zum 6. Reichsbauerntag eingeladen: Becker, Von der Nahrungssicherheit zu Kolonialträumen, S. 645 f. Das Rasse- und Siedlungsamt plante schon im Dezember 1933 Schröders Beauftragung als Schulungsleiter für die 51. Standarte: ZB 6766. SSO Schröder, Dr. Hermann, 20.11.95; BBF. Zu Beginn der 50er Jahre war Schröder Leiter des Schulausschusses der Vereinigten Industrie- und Handelskammern: Der SPIEGEL 8/1953. NS 4/BU 59; siehe S. 308 f. RS Rudolf, Johann, 4.1.99. Weitere Mitarbeiter der Abt. VI waren Oskar Hertel und der Rottenführer Volkmann; sie ließen sich biographisch nicht eindeutig identifizieren. Bei Volkmann könnte es sich um den 1911 in Grimmen geborenen Angestellten Kurt Volkmann handeln; er war seit 1933 Mitglied der SS, gehörte 1938 den Totenkopfverbänden an und wurde 1940 zum Stab der IKL in Sachsenhausen beordert (ZB 5997). Vermutlich gehörte auch der Rumäniendeutsche Martin Zilles der Abteilung an; er hatte das Konservatorium besucht, war Berufsmusiker und Leiter einer Betriebskapelle gewesen. 1940 floh er aus politischen Gründen nach Deutschland und meldete sich als Freiwilliger zur Waffen SS. Nach einem Unfall wurde er 1942 zum Wachbataillon Sachsenhausen und von dort zur Kommandantur des KZ Buchenwald versetzt: RS Martin Zilles, 7.8.13; ZB 5999; Auskunft der Gedenkstätte Buchenwald. RS Bensch, Willy/Wilhelm, 16.2.11; NS 4 NA/19. NS 4 BU/33, Kommandantur-Sonderbefehle vom 17.7., 21.7. und 26.9.1939. NS 4 BU/33, Kommandanturbefehle vom 17.4. und 24.4.1939. Grimm, Totenkopfverbände, S. 83. Schon 1936 hatte der Totenkopfsturmbann Sachsen ein »römisches Wagenrennen« veranstaltet, das, wie das »Schwarze Korps« schrieb, »durch die geschickte Kostümierung der einzelnen Teilnehmer lebhaften Beifall erweckte«: Zit. b. Tuchel, Konzentrationslager, S. 196. Schley, Nachbar Buchenwald, S. 98-105. Zur Hermann-Lietz-Schule: NS 4 BU/59 Bl. 69; zu den Häftlingsarbeiten NS 4 BU/35. – Von der Lietz-Schule kamen im März 1939 Klagen über Standortangehörige, die nachts durch den Schlosspark den Weg zum Lager benutzten »und dabei sinnlos herumschießen«: NS 4/33. Steinbacher, Dachau, S. 177. RS und SSO Rieth, Artur, 14.4.90; SSO und RS Seidensticker, Hermann, 1.6.12. Die Zuständigkeiten sind nicht ganz klar, da Seidensticker auch als Adjudant und Führer einer Wacheinheit der Standortkommandantur geführt wird. Im Schriftverkehr der Abt. VI des Konzentrationslagers taucht er aber nicht auf. – Neben Rieth war vermutlich auch der SS-Musiker Georg Stoltz in der Abt. VI in Dachau tätig. Stoltz, 1913 in Hindenburg geboren, hatte eine Musikvorschule besucht und spielte in der Stadtkapelle Crossen, die zugleich SA-Kapelle war. Er gehörte bereits 1934 der Wachtruppe in Dachau an, war zwischenzeitlich in Buchenwald stationiert und kam 1942 als Hauptscharführer der Abteilung VI nach Dachau zurück: RS Stoltz, Georg, 29.4.13; NS 3/397. SSO und PK Rink, Otto, 15.6.88; BBF; Auskunft der Gedenkstätte Flossenbürg. SM Müller, Otto, 7.4.02; OGK. Weitere Mitarbeiter waren 1943/44 der Förster und Schriftsteller Hermann Schüssler sowie die Rottenführer Sandner und Kranz. Hermann Schüssler gehörte bereits 1924 dem SA-Sturmbann Eberswalde an und war Propagandaleiter und Ortsgruppenführer der NSDAP, vermutlich in Göttingen. 1942 wurde er von Buchenwald zur KL-Verstärkung nach Sachsenhausen eingezogen und 1943 zum Totenkopf-Sturmbann Flossenbürg versetzt: PK Schüssler, Hermann, 4.5.92; NS 4/SA 26; ZB 5996; Auskunft Gedenkstätte Flossenbürg. Bei Sandner dürfte es sich um den Sudetendeutschen Adolf Sandner, von Beruf Geigenbauer, handeln: SM Sandner, Adolf, 5.2.94; ZMK. NS 3/397 Bl. 220ff.; NS 3/1571, Bl. 89. RS Ziegler, Johann, 23.1.12; SS-Listen A 16; zu Illgen weiter unten. Zentrale Stelle Ludwigsburg, AR 3681/65 IIb S. 869-873 und 65 III, S. 1332-1341, Aussagen vom 15.10. und 12.3.1968. NS 3/396. Zu diesem Vorgang siehe Schneider, Sonderlager »Hinzert«, S. 163 f. SSO, RS und DS Riek, Gustav, 23.5.00; NS 3/395, Bl.13; Lotfi, KZ der Gestapo, S. 63 f. und 68; Strobel, Institut, S. 333 ff. und 988 f.; Seeliger, Hg., Braune Universität H. 1, S. 58; Zauner, Entnazifizierung, S. 988 f. Eine Festschrift, die 1966 zum 65. Geburtstag Rieks erschien (Red. Franz Fischer/Wolfgang Kimmig, Stuttgart 1966), läßt seine NS-Vergangenheit unerwähnt.

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SSO Martin, Karl, 15.8.99. NS 4 HI/63 (24.11.1942). Weitere Hinweise auf Martins Tätigkeit in Hinzert in NS 3/396 und NS 4 HI/20. Offenbar wegen einer Affäre mit einer verheirateten Volksschullehrerin wurde Schmidetzki im Frühjahr 1944 zunächst nach Flossenbürg und dann zum KZ Herzogenbusch versetzt; von dort kam er im August 1944 als Obersturmführer nach Auschwitz, 1945 war er noch als Verwaltungsleiter und Adjudant des Kommandanten von Natzweiler tätig: NS 19/1808, Bl. 3; Schneider, Sonderlager Hinzert, S. 245; Steegmann, Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, S. 371. RS und SS-Listen Klein, Georg, 21.1.09; SSO, PK und SS-Listen Stolle, Hermann, 21.12.04; RS Rode, Otto, 24.6.03. 1940 gab es im Lager Hinzert acht »Zöglingserzieher« (NS 4 Hi/44, Bl. 14). In einem Bericht Pisters über Aufbau und Führung des Lagers vom 25.7.1940 wird erwähnt, dass die »Zöglinge« – zu diesem Zeitpunkt 600 bis 700 – »kulturell« durch den Schulungsleiter des Lagers (Obersturmführer Riek) und die DAF (KdF) betreut würden (NS 4 HI/2). Dazu wird vor allem der Kino-Besuch gehört haben (siehe zum Beispiel NS 4 HI/20, Bl. 115). Wie weit dieser Einbezug reichte und ob dies auch in den folgenden Jahren so beibehalten wurde, ist nicht bekannt. Hinzert dürfte hier ein Sonderfall gewesen sein; möglicherweise hing dies damit zusammen, dass ein Teil der Häftlinge hier für die »Eindeutschung« vorgesehen war: Schneider, Sonderlager Hinzert, S.57. Zum Konzept der »Zöglingserziehung« unter Riek siehe auch Lotfi, KZ der Gestapo, S. 63 f.; Orth, Konzentrationslager-SS, S. 193-197. Himmler auf der SS-Gruppenführer-Tagung in Posen am 4.10.1943 (IMT Bd. 29). Die »Tegernseer Bauernbühne« wurde auch bei der Betreuung der Polizeibataillone im Osten eingesetzt. Das Ensemble brachte z. B. im September 1941 ein »humoristisches bayrisches Volksstück« in Mogilew vor den Angehörigen des Polizeibataillons 322 zur Aufführung. Nur wenige Tage vorher hatte das Bataillon mehrere Hundert Juden in Minsk erschossen (R 20/60). Die Heimatbühne Millowitsch war unter anderem mit zwei Vorstellungen »Im Nachtjackenviertel« im September 1940 zu Gast (NS 4 HI/20, Bl. 143). Umfangreiches Material in NS4 Hi/20. NS 4 HI/2; vgl. Orth, Konzentrationslager-SS, S. 193 f. NS 4 HI/63 (22.6.1943), NS 4 HI/2 (22.7.1943). NS 3/398, Bl. 199 f. SM Rudolf Felbinger, 19.5.01; SS-Listen A 19; NS 4/SA 26; NS 3/1579; ZB 5971; OGK. RS Langerbein, August, 31.3.1902; Lasik, Struktura organizacyjna. Außer Langerbein gehörte zur gleichen Zeit noch der Unterscharführer R. Völker der Abteilung an; möglicherweise handelte es sich um den 1908 bei Greifenhagen geborenen Volksschullehrer Richard Völker, der seit 1933 Mitglied der SS in Demmin war: RS Völker, Richard, 3.9.08. Außerdem verfügte die Abteilung noch über einen Bücherwart: NS 4 LU/6. SSO Höcker, Karl, 11.12.11; SS-Listen A 19; SSO und OGK Müller, Erich, 28.10.04; Lasik, Struktura organizacyjna. Laut Lasik endete Müllers Dienstzeit in Stutthof am 14.12.; er wurde dort aber noch im Programm für das Julfest als Redner aufgeführt: Arch. Stutth. I-VIA-4. – Im November 1942 kam auch Wilhelm Siegmann zur Abt. VI nach Lublin; ob er dort als Leiter eingesetzt war, wie Marszalek schreibt, ist aber unklar, denn bei Lasik wird er nicht erwähnt: Marszalek, Majdanek, S. 56. Wilhelm Siegmann, 1898 in Oebisfelde geboren, war Front- und mit dem Baltenkreuz ausgezeichneter Freikorpskämpfer, er trat 1930 der NSDAP und SA, 1932 der SS bei. 1937 wurde er kurz nach der Beförderung zum Hauptsturmführer wegen Alkoholmissbrauch und beleidigender Äußerungen gegen Wehrmachtsangehörige degradiert und aus der SS ausgestoßen, 1941 aber wieder als Untersturmführer zur Waffen-SS eingezogen. Er war bereits nacheinander in Neuengamme, Ravensbrück, Auschwitz und Sachsenhausen stationiert, bis er im November 1942 nach Majdanek kam, wo er als Obersturmführer und Führer der 2. Wachkompanie eingesetzt wurde. SSO und RS Siegmann, Wilhelm, 16.8.1898. NS 4 LU/3. – Als weitere Sturmbannangehörige wurden der aus Österreich stammende Taubstummenlehrer Hans Zeller, der Chemiker Karl Schmutz vom »Deutschen Schulwesen in Kroatien«, der Kreispropagandaleiter Josef Werneth, der gleichfalls aus der deutschen Volksgruppe Kroatien kam und – als Filmvorführer – der Elektriker Josef de Certe genannt. Siehe PK Zeller, Hans, 22.6.1904, EWZ-Wehrmacht Werneth, Josef, 28.9.11. ZMK Pflaum, Paul, 2.4.03; NS 3/397, Bl. 115; ebd. Bl. 106 und 109.

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RS Herchen, Karl, 25.8.1902. – Unter den weiteren Mitarbeitern der Abt. VI in Mauthausen ließ sich nur der kaufmännische Angestellte Adolf Kulich identifizieren. Kulich trat 1938 als 17Jähriger in die SS ein und wurde sofort zu Übungen nach Buchenwald kommandiert; vom September 1939 bis 1941 war er bei der Wehrmacht und wurde vermutlich nach einer Verwundung zum TotenkopfSturmbann Mauthausen versetzt; 1944 taucht er im Schriftverkehr als Mitarbeiter der Abt. VI auf: RS Kulich, Alfred, 18.3.21. NS 3/396 Bl. 110; NS 3/398, Bl. 97-99. Die anderen drei – Carl Simon, Nikolaus Neurohr und Max Bölke – ließen sich nicht identifizieren: SS-Listen A 19. NS 3/399, Bl. 122. SSO und RS Orlich, Rudolf, 11.12.10; SM und ZMK Henne, Adolf, 24.11.06; IfZ MA 413. RS und SM Erdmann(zyk), Anton, 27.4.03; BBF; IfZ MA 413. – Zu den weiteren Mitarbeitern der Abt. VI gehörten der Oberscharführer Peter Uelzhöffer – er war als Filmvorführer für die Abteilung tätig, der Rottenführer Kühlmann und der Oberscharführer Bittner. Ueltzhöffer, von Beruf Mechaniker, war 1893 in Schwetzingen geboren worden und gehörte seit 1937 der NSDAP an (OGK; NS 4 NA/19+20; NS 3/398, Bl. 28). Kühlmann und Bittner ließen sich nicht identifizieren. 1942 war auch Wilhelm Bensch in Natzweiler beschäftigt, der vorher die Bücherei in Buchenwald geleitet hatte. RS Meinhardt, Paul, 6.11.01; BBF; Auskunft Gedenkstätte Neuengamme. RS Michel, Helmut, 11.6.09, NS 4 BU/98. RS Hoffmeister, Josef, 14.5.02; ZB 5981; BBF. Weiterer Mitarbeiter war vermutlich der Rottenführer Veith, dessen Identität sich nicht weiter klären ließ: SM Veith, Peter, 28.7.97. NS 4 RA/1, Bl. 3-5; Schwarz, Wärterinnen; dies., SS-Aufseherinnen; Mailänder Koslov, Gewalt im Dienstalltag. RS Albert Bauer, 16.2.1910; NS 31/4 und 5; ZB II 3074. Personaldaten zu Pfab in ZB 5984 und NS 4 SA/26, Bl. 171. NS 4 SA/26, Bl. 227; Arch. Stutth. I-VIA-7; NS 3/396; OGK Illgen, Herbert, 29.12.01; Sprenger, Groß-Rosen, S. 223. Arch. Sachs., LSG 1/147; siehe auch den Hinweis bei Andrea Riedle, Die Angehörigen des Kommandanturstabes im KZ Sachsenhausen, S. 63 f.; zu Mayerhofer: RS und PK Mayerhofer, Joseph/ Josef, 2.6.12; NS 3/396; NS 4 SA/26 Bl. 192. Siehe S. 454. Arch. Sachs., LSG 1/147; OGK Josef Vossen, 1.3.1905; ZB 5997. SSO und RS Erich Gossow, 13.10.1903; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 56 f. Arch. Sachs., D 1 A 1060. Es ist auch das einzige Lager, zu dem bereits kleinere Studien vorliegen: Schneider, TotenkopfSturmbann Stutthof; Buggeln, Weltanschauliche Schulung. SSO und OGK Erich Müller, 28.10.1904; Lasik, Struktura organizacyjna. Bei Knöchel wird es sich um den 1896 in Nordböhmen geborenen Friedrich Knöchel handeln (SM Knöchel, Friedrich, 15.12.1896), über den aber biographisch nichts weiter in Erfahrung zu bringen war. Im Schriftverkehr des Lagers Stutthof taucht er am 2.2.1944 als Leiter der Abt. VI auf: NS 3/396 Bl. 15. RS Alois Panhans, 28.1.1911; Buggeln, Weltanschauliche Schulung, S. 174. Arch. Stutth., I-VIA-3. 1944 gehörte noch der Rumäniendeutsche Michael Heim der Abteilung als Filmvorführer an. Im Schriftverkehr tauchen außerdem noch die Rottenführer Gustav Otto und Johannes Wiegand als Mitarbeiter auf. Biographische Daten ließen sich aber in diesen Fällen nicht ermitteln. Arch. Stutth., I-ID-9. Diese Anordnung galt auch für die Einheiten, die in Außenlagern Dienst taten. Arch. Stutth., VI A-3 (15.8.1942). Arch. Stutth. I-VIA-8; I-ID-9. Dienstpläne in: I-IB-11, I-VIA-4, I-VIA-8, I-ID-9; vgl. a. Schneider, SS-Totenkopf-Sturmbann Stutthof, S. 133. VIA-3 (29.4.1942). I-IB-11. VIA-3 (25.8.1942).

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VIA-4, VIA-10; Schneider, SS-Totenkopf-Sturmbann Stutthof. Zur Veranschaulichung der Führungshinweis vom 3.10.44: »1. Auf den Tag der Machtergreifung Francos ist nicht einzugehen. 2. Informatorisch wird mitgeteilt, dass sich im Zentrum Warschaus noch eine starke Gruppe Aufständischer mit General Bor’ eingekesselt befindet. 3. De Gaulles Rede über Frankreichs Zukunftsaufgaben ist nicht aufzugreifen. Über De Gaulle ist nur im Zusammenhang mit seiner Bolschewisierungspolitik zu reden.« VIA-11. VIA-9. I-IB-9 Schneider, SS-Totenkopf-Sturmbann Stutthof; Buggeln, Weltanschauliche Schulung. Eintrag vom 22.1.42 (siehe Anm. S. 359): »Um auch den Angehörigen des Schutzhaftlagers die Teilnahme an den weltanschaulichen Schulungen zu ermöglichen, findet die Schulung des Kommandanturstabes ab sofort jeden Montagabend von 19.00 bis 20.00 statt. Der Besuch dieser Schulungen ist Pflicht.« Vgl. a. Steinbacher, Musterstadt Auschwitz. Rekonstruiert anhand der in NS 3 (siehe Anm. S. 277) erhaltenen Quittungen und Anschreiben (kursiv gesetzt) sowie der Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz 1940-1945, herausgegeben von Norbert Frei u. a., München 2000. Die Diensstelle Rosenberg hatte erstmals im Oktober 1939 zu einer Bücherspende für die Wehrmacht aufgerufen und versorgte bis zum Winter 1943/44 die Frontbibliotheken, Lazarette und Krankenhäuser mit über 43 Millionen Bänden: Barbian, Literaturpolitik, S. 313 f. Dazu folgender Kommentar: »Dieser Abend wendet sich nicht etwa nur an ein durch Schule und Beruf vorgebildetes Publikum. Er ist so abgestimmt, dass auch der einfache Mann, dem Goethe nur wenig oder gar nicht Begriff ist, mit größtem Genuß diesen Darbietungen folgen kann. Die Volksdeutschen sollen von diesem Abend keineswegs ausgeschlossen sein, im Gegenteil, diese Veranstaltung bietet Gelegenheit, gerade die Volksdeutschen mit den höheren Gütern deutscher Kultur vertraut zu machen. Sie sollen ausdrücklich wissen, dass deutsche Kultur, von der man allenthalben in der Welt spricht und von der sie vor ihrem Eintritt so viel und Bedeutungsvolles gehört haben, nicht etwa in Variété oder den Klängen einer Tanzkapelle besteht, sondern vor allem in der künstlerisch gestalteten Aussprache des Gefühls unserer großen Dichter und Denker.« Wegner, Waffen-SS, Teil III. 1939 war in Treskau eine Standarte der Totenkopfdivisionen und 1940 ein Bataillon der LSSAH stationiert worden. In der Nähe befand sich der Truppenübungsplatz »Warthelager«. Kiekenapp, SS-Junkerschule, S. 161. Wikipedia, Stichwort »SS-Truppenübungsplatz Böhmen«. Betroffen waren vor allem die Orte Beneschau, Neweklau und Seltschan südlich von Prag. Die Unterführerschule Lauenburg wurde am 1.11.1940, die Unterführerschule Radolfzell im Februar 1941 errichtet: Stein, Geschichte der Waffen-SS, S. 99. Zur Unterführerschule Breslau siehe MA Fbg., N 756/330a. NS 31/292, Bl. 46. RMBliV 1940, S. 1698ff.(22.8.1940). NS 31/9. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch das Projekt eines weltanschaulichen Forschungs- und Schulungsinstituts verbunden mit einer germanischen Weihestätte auf dem Odilienberg, das der »Bevollmächtigte für das wissenschaftliche Bibliothekswesen im Elsass« SS-Untersturmführer Schmidt-Claden 1942 vorschlug; der Verfasser war mit der Errichtung eines Goethe-Hauses in Straßburg beauftragt (NS 21/810). Wegner, Waffen-SS, S. 110. Ebd., S. 142. Siehe Himmlers Vision eines idealtypischen Sozialisations- und Bildungsverlaufs des SS-Führers, S. 65 f. Siehe S. 67 f. NS 33/264 (16.6.1941). NS 31/375 (24.8.1942); NS 33/213. MA Fbg, RS 13/23; Wegner, Waffen-SS, S. 160 f. – Bis zum März 1945 fanden in Tölz sieben Lehrgänge für versehrte SS-Junker statt, der 7. Lehrgang lief vom 1.11.1944 bis zum 31.3.1945: NS 31/5, Bl. 61.

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RS 5/332a (SS-FHA 14.5.1942). MA: RS 5/310. Ebd. – Im gleichen Aktenbestand finden sich neben Vortragsskripten und Schulungsunterlagen der Junkerschule Braunschweig auch Materialien über Feiern und Zeremonien, u. a. das Programm für die »Stunde der SS«, die am Reformationstag 1943 im Braunschweiger Dom zelebriert wurde. MA: RS 5/350. Schnitzer, Die NS-Zeit im Altlandkreis Bad Tölz, S. 8 ff.; Städtisches Archiv Bad Tölz, I d 8. Zuerst war die Schule in der Schützenstraße inmitten eines Wohngebietes im westlich der Isar gelegenen Stadtteil untergebracht. Die neue Kaserne entstand an der am Stadtrand gelegenen Sachsenkammerstraße. In das ehemalige Hauptgebäude in der Schützenstraße zog die Reichsschule für Beamte der NSDAP ein. Abbildungen der Junkerschule in Hathaway, Perfect Formation. In SSO Peters, Dr. Herbert, 12.9.05. 1938 beauftragte das Personal-Hauptamt mit Herbert Bischoff ebenfalls einen Vertreter der Bauernschaft mit der Ausarbeitung eines Lehrplanes für den weltanschaulichen Unterricht an den Junkerschulen. Bischoff, promovierter Rechts- und Staatswissenschaftler, war 1937 Abteilungsleiter bei der Landesbauernschaft Schleswig-Holstein. SSO und RS Bischoff, Dr. Herbert, 23.2.11. SSO und RS Peters, Dr. Herbert, 12.10.05; NS 2/134. Peters wurde später wegen »grober sittlicher Verfehlung« gegen weibliche Angestellte im Reichsnährstand mit einem strengen Verweis bestraft und zur Landesbauernschaft Bayreuth versetzt. SSO und RS Plähn, Willi, 26.10.05. Plähn, seit 1931 NSDAP-Mitglied, war während des Krieges als Führer im RuS-Wesen an der »SS-mäßigen Gestaltung der niederländischen SS« beteiligt und wurde 1942 zum Infanterie-Ersatz-Bataillon der SS »Germania« in Arnheim einberufen. RS Förster, Dr. Herbert, 15.12.11. Förster war 1938/39 auch Schulungsleiter und Mitarbeiter des RuS-Führers im Oberabschnitt Fulda-Werra (StA Mbg 327/2b-121). Seine Dissertation, die Gert Heinz Fischer nach dem Tod von Erich Jaensch zu Ende betreute, wurde im Auftrag des Ahnenerbes, bei dem Förster einen Antrag auf Forschungsbeihilfe gestellt hatte, von Bruno Beger, Sigrid Hunke und Hans Endres begutachtet. Förster zitierte zwar auch Günther und Clauss, seine Arbeit war aber der Jaenschen Integrationspsychologie verpflichtet und wurde von den Gutachtern mit Zurückhaltung aufgenommen: DS-G 117; NA Prag, URP dod. 2-57. Krieger war seit 1935 auch Dozent für Wehrwissenschaft an der HfL München-Pasing gewesen: SSO Krieger, Rudolf, 31.7.83. Die Kriegsgeschichtliche Forschungsabteilung wurde mit Anordnung vom 1.8.1940 errichtet und im Stabsgebäude des KZ Sachsenhausen untergebracht. Sie sollte unter Kriegers Leitung zu einem Institut mit 30 bis 40 Mitarbeitern ausgebaut werden: ebd.; NS 33/230; zur personellen Zusammensetzung siehe MA Prag, SS-FHA k. 2. SSO und RS Hartmann, Kurt, 7.2.08. Offenbar plante man 1937 auch, Dr. Karl Buchegger als WSLehrer nach Tölz zu holen, ein Probevortrag vor Fick fiel aber ungünstig aus, und Cäsar lehnte seine Übernahme in den Schulungsdienst ab; siehe S. 579. NS 34/77. Für das erste Thema hatten die Schüler eine Stunde Zeit, den germanischen Freiwilligen konzedierte man 90 Minuten, für das zweite Thema waren 3 Stunden angesetzt. MA Fbg., N 756/60c. NS 33/264 (18.1.40). Paulsen, Dr. Peter, 9.10.02: SS-Listen A 11. MA Fbg., RS 5/340. RS 5/320 (21.3.1944); NIOD 077/293; Teilabdruck bei Schulze-Kossens, Militärischer Führernachwuchs, S. 129 f. – Da die Aufgaben der »Aufstellung, Führung und Erziehung der Germanischen SS« schon 1942 dem SS-HA übertragen worden waren, kam auch der Lehrplan für die weltanschauliche Schulung von dort. Der Prüfungskommission gehörte neben dem Kommandeur der Schule und einem Vertreter des SS-FHA auch ein Führer aus der Amtsgruppe D (Germanische Leitstelle) des SS-HA an. Eignungsprüfer des RuSHA unterzogen die Teilnehmer vor Beginn des Lehrgangs einer rassischen Musterung: MA Fbg., RS 5/639. NIOD 077/293. NS 19/3901. NS 33/264. Zit. n. Wegner, Waffen-SS, S. 163. Haushaltsvoranschlag für 1938: R 2/12178. Der Gesamtetat für das »Bildungswesen« belief sich für beide Schulen zusammen auf 132 000 Reichsmark, von denen der Hauptanteil auf die Lehrgänge

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entfiel. Eingeschlossen waren 5000 Reichsmark für »allgemeinbildenden Unterricht«, 25.000 RM für weltanschauliche Schulungsmaßnahmen, insbesondere kulturelle Veranstaltungen, Besichtigungen und »Belehrungsreisen« sowie 10.000 RM für »gesellschaftliche Erziehung« – darunter fielen vor allem »gesellige Veranstaltungen«, Tanzunterricht und ähnliches. SS-Listen A 11 (Tagesbefehl Junkerschule Tölz Nr. 55 vom 21.7.1943). SSO und RS Buhl, Hermann, 14.11.15; MA Fbg, RS 13/141. SSO und RS Eder, Lois/Alois, 17.2.19. SSO Egerter, Anton, 19.5.04. Im Mai 1944 hielt Festge vor dem Führerkorps einen Vortrag über »Das Ziel der Weltanschaulichen Erziehung an der SS-Junkerschule Tölz«. SSO und RS Festge, Hans Henning, 24.5.11; SS-Listen A 11; NS 22/1125; NS 31/4, Bl. 123. SSO Haumann, Gustav, 27.9.02. SSO und RS Karner, Dr. Hans, 12.2.06; SS-Listen A 9. SSO und RS Körwien, Arthur, 29.7.10. SSO Leysen, Siegfried, 10.5.24; SS-Listen A 11; siehe auch S. 366. SS-Listen A 11: Meierhenrich, Paul, 5.2.23. SSO und RS Ösau, Carl, 7.2.10. SSO Petzschner, Helmut, 13.6.10. SSO und RS Schreibmüller, Walther, 22.11.14. SSO Sonnleitner, Fritz, 7.4.11. RS Stössel, Dr. Werner, 31.3.10; SS-Listen A 11. SSO Weidemann, Karlheinz, 26.6.20. SSO und RS Weinsberg, Willi, 24.10.11. SS-Listen A 11 (Tagesbefehl der Führerschule Tölz 3.7.1943 u. a.). Zu Blessinger, Daube und Ney siehe Prieberg, Musik im NS-Staat, S. 184 f. und 247 ff.; Klee, Kulturlexikon. Kiekenap, SS-Junkerschule, S. 122. Die beiden hießen zuerst »SS-Führerschulen« und wurden im August 1937 in »Junkerschulen« umbenannt: Wegner, Waffen-SS, S. 150. Schon 1940 hatte in Braunschweig ein zweimonatiger Lehrgang für »WE-Führer« stattgefunden; siehe die Hinweise in SSO Mundt, Dr. Werner, 31.12.1908. SSO und RS Grobmann, Dr. Alfred, 26.12.10. Während der Tagung des Schulungsamtes im Februar/März 1944 auf der Plassenburg hielt Grobmann einen Vortrag über »Erfahrungen in der VIArbeit an der Junkerschule Braunschweig« (NS 19/2194; IfZ MA 356). Von ihm erschien 1943 im Eher-Verlag das Buch »Die Sendung des Reiches: Gedanken um die großgermanische Idee«. MA Fbg, RS 5/310. Der Lehrgruppenkommandeur Richard Pauly, von Beruf Dekorateur, hatte einen ausgeprägten Sinn für Fragen der nationalsozialistischen Feiergestaltung. Im Januar 1944 verfasste er eine umfangreiche Denkschrift für ein »Haus des Reiches«, das der »Übermittlung nationalsozialistischen Gedankengutes und nationalsozialistischen Glaubens in Schrifttum, Musik und bildender Kunst« gewidmet sein und den äußeren Rahmen für Namensgebungen, Eheweihen, Totenfeiern und nationale Gedenktage abgeben sollte. Er verband dies mit dem Plan eines nationalsozialistischen Groß-Museums mit 30 Ausstellungsräumen und einem umfangreichen täglichen Veranstaltungsprogramm, das er schon beispielhaft ausarbeitete (»Mittwoch 19-22.00 Uhr Klavierkonzert Elly Ney: Schubert und Schumann«): IfZ, MA 390 (30.1.1944). Wie sehr man auf die Pflege deutscher Hochkultur bedacht war, zeigt auch das Beispiel der Exkursion einer Gruppe von über 300 Junkern der Braunschweiger Schule nach Leipzig, wo sie vom Oberbürgermeister und lokalen SD-Führer empfangen wurden und ein Konzert des Thomanerchors mit Bach-Motteten in der Thomaskirche besuchten: Schreiber, Elite, S. 141. MA Fbg., RS 5/310; Harten, Petersen, S. 260 f. SSO und RS, Eysell, Wilhelm Otto, 12.11.1906. – Sein jüngerer Bruder Heinz war von Beruf Optiker und gehörte ebenfalls der SS an; er war 1938 Mitarbeiter im Schulungsamt. Augsberger fiel im März 1945 in Schlesien. SSO Augsberger, Franz, 10.10.05; Kiekenap, SS-Junkerschule, S. 141; NS 31/164. SSO Rieke, Wilhelm, 14.12.07. Zu Amberger, Bürger und Schultze siehe S. 118 u. 178. 1937 war außerdem der Diplomvolkswirt Dr. Herbert Bischoff als WS-Lehrer für Braunschweig vorgesehen, ob die Berufung zustande kam, ist aber nicht bekannt. Bischoff kam aus der völkischen und nationalsozialistischen Jugendbewegung und war Kreisschulungsleiter bei der NSDAP Schleswig-Holstein (siehe S. 635).

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1944 war er Sturmbannführer und Divisions-Richter bei der Division »Götz von Berlichingen«. SSO Schorn, Willi, 27.6.1907; MA Fbg., RS 3-8/78. RS 13/27. Seine Rede »Unsere europäische Aufgabe«, die er noch im Dezember 1944 bei einem Führerbewerberlehrgang in Prag hielt, fand »größte Zustimmung« und löste »ungeheure Begeisterung« aus: MA Prag, BdW-SS BuM 4/25. Im November 1941 hielt Schinke die zentrale Rede »Wir bauen und tragen das Reich« auf einer großen Abendfeier des SS-Abschnitts Böhmen-Mähren im Stadttheater von Iglau, eingerahmt von Wagner-Musik (»Huldigungsmarsch« und Vorspiel zu den »Meistersängern«), Militärmärschen, SS-Treuelied etc. (RS Lösel, Dr. Franz, 26.2.01). MA Fbg, RS 13/27. MA Fbg., RS 5/335. – Über »Das Reich als Aufgabe« sprach Schinke auch auf der ersten SonntagMorgenfeier der NSDAP im Sommer 1941 in Goslar. Schinke erwies sich auch hier schon als begnadeter Redner: »Die Morgenfeier der NSDAP hinterließ einen tiefen Eindruck bei allen Beteiligten und hob sie weit über den Alltag, indem sich die Zuhörer in die Ewigkeit ihres Volkes versenkten.« Dorfnachrichten der Kreisleitung, zit. b. Schyga, Goslar, S. 284 f. SSO Krahl, Werner, 29.7.09. SSO und RS Bockhorn, Dr. Karl-Hermann, 2.5.11; StA Mbg 327/2b-112 und 122. SSO Roski, Leo, 11.4.20. RS und SSO Reinecke, Heinrich, 13.12.10. SSO und RS Wimmer, Karl, 31.1.02. SSO Paleske, Joachim Freiherr von, 17.8.08. SSO Greb, Karl, 10.3.09. SSO Pfluger, Karl, 7.9.10. SSO und RS Rasmus, Hermann, 3.11.10. Bunge, Musik in der Waffen-SS; Prieberg, Musik im NS-Staat, S. 257. Ein Curriculum für das Fach »Reichskunde« befindet sich auch in: Martin Miederer/Franz Rühlmann, Die Notwendigkeit der Gründung von Orchesterschulen mit Schülerheimen zur Heranbildung des musikalischen Nachwuchsbedarfs für die Kulturorchester, die Wehrmacht, Waffen-SS und den Reichsarbeitsdienst. Berlin 1942. Konzept, Lehrplan und Stundentafel decken sich weitgehend mit der Musikschule der Waffen-SS. Unfug war Rektor einer Versuchsschule, Gauhauptstellenleiter Presse und Propaganda des NSLB und Hauptschriftleiter des »Niedersächsischen Erziehers«: Bei der Wieden, Vom Seminar zur NSLehrerbildungsanstalt, S. 109. WB 12 A Neu 13/19378. NS 19/750 Bl. 117 f.; IfZ: Fa 111. Allgemein zur Musikschule siehe auch MA Fbg, N 756/33b. PK und OGK Freudenstein, Georg, 22.6.04. SSO Bockhorn, Dr. Karl, 2.5.11 (Beurteilung vom 25.10.44). SSO und RS Zach, Ignatz, 19.12.12. SSO Urlen, Werner, 23.11.09; SS-Listen A9. SSO Bender, Helmut, 9.3.12; siehe S. 373. SSO Oberkersch, Valentin, 28.2.1920; SSO und RS Böckmann, Walter, 6.5.23. SSO und RS Weiß, Hatto, 28.5.06. Arbeitspsychologie in rassenkundlicher Sicht. Möglichkeiten rassenseelenkundlicher Auswertung der Methodik der Arbeitspsychologie bzw. der psychotechnischen Eignungsprüfung. In: Volk und Rasse 1942, H. 5, S. 92-95; H. 6, S. 113-116; H. 7, S. 132-136; H. 8, S. 143-149. SSO Endres, Hans, 26.2.11; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 267-269; ausführlich zu Endres Junginger, Religionswissenschaft, S. 268 ff. SSO und RS Ammon, Fritz/Friedrich von, 5.7.10. MA Fbg., RS 3/347; im gleichen Aktenbestand findet sich auch die WS-Lehrer-Besetzung für den 19. Kriegsjunkerlehrgang in Klagenfurt. RS 13/48. SSO Waber, Gustav, 21.9.11. Kaienburg, Militär- und Wirtschaftskomplex, S. 62 und 175 f. Kiekenapp, SS-Junkerschule, S. 162. Nach Mehner bestand die Unterführerschule in Laibach seit Juli 1943: Mehner, Waffen-SS, S. 306. Klietmann, Waffen-SS, S. 424. Zu Schwarz siehe S. 202 ff.

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MA Fbg., RS 5/371 Zu Bockhorn und Körwien siehe S. 319, 321, 313 f. SSO Plog, Ewald, 12.1.107. SSO Sieb, Anton, 31.12.00; NS 31/6. Sieb hielt im September 1944 einen Vortrag über die »Stellung der Deutschen im Südostraum« beim 2. Wachbataillon Böhmen-Mähren: MA Prag, BdW-SS BuM4/25. Ebenfalls vom Amt C I wurde der Abteilungsleiter für Bereichs- und Informationswesen Alfred Todt im November 1944 zur Einarbeitung in das Arbeitsgebiet VI nach Radolfzell geschickt: NS 31/6. N 756/60c. Alle Dokumente in MA Fbg., RS 5/374. MA Fbg, RS 5/777 (22.9.1944). SSO Ploner, Willi, 6.12.15. MA Fbg, RS 5/777. Ebd. R 58/3558. Zu Jacobsen als Kommandeur der SS-Totenkopf-Unterführerschule siehe NS 19/3505. Jacobsen leitete die Schule vom 1.3. bis 4.6.1940. Im Mai wurde die Schule von gut 600 Mann besucht. .SSO und RS Raubenheimer, Karl-Heinz, 5.3.09. SSO Hausmann, Viktor, 6.10.02; SSO und RS Buntrock, Karl, 18.11.21; NS 31/2. Im November 1944 war außerdem der Handelsakademiker und Abteilungsleiter der DAF in Salzburg Siegfried Trautner WS-Lehrer in Neustift: SSO Trautner, 30.12.13. Zur Hochgebirgsschule Neustift siehe auch MA Fbg., N 756/333b. SSO und RS Weishaupt, Friedrich, 2.3.09; MA Fbg., N 756/333b. Weisshaupts Assistent war ein Oberjunker Beutel – möglicherweise jener Oberscharführer Beuthel, der im Herbst 1944 der Abt. VI an der Unterführerschule Laibach angehörte. Zu Fegelein und zum SS-Reitsport siehe Anm. 109 S. 622. Siehe S. [?]. Adolf Babel dozierte in Forst über »Rassenlehre gegen Christentum, germanische Odal-Verfassung gegen römische Verwaltungsmaschine«: NS 2/85, NS 2/179. Babel, der aus der völkischen Jugendbewegung kam (»Adler und Falken«) und bereits den Freikorps Epp und Oberland angehört hatte, war promovierter Chemiker und hatte bei der Abteilung für Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfungsmittel bei der IG Farben gearbeitet, bevor er sich der Bauernschulbewegung anschloss und Leiter der Bauernschule Lorch in Württemberg wurde (SSO Babel, Dr. Adolf, 9.2.99). Ludwig Schlösser war promovierter Biologe und ab 1938 Dozent für Züchtungsforschung und Vererbungslehre an der Universität Göttuingen. Er gehörte zu den ersten Schulungsleitern des RuSA, die 1933 mit dem Aufbau der Schulungsarbeit beauftragt wurden, damals für die Standarte 1 in München. 1935 wurde er vorübergehend mit der Leitung des Sippenamtes im RuSHA beauftragt (SSO Schlösser, Dr. Ludwig Arnold, 15.9.06; ZB 6766; Heinemann, Rasse S. 84). SSO Friedrich, Rudolf, 4.8.19; NS 31/5. Der Abteilung gehörte außerdem der 1925 geborene Mathias Rometsch an. Zu den Reitschulen der SS siehe auch Bahro, SS-Sport, S. 238 ff. Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 169 ff. Ebd., S. 204 ff. – Zur Geschichte der Schule siehe auch den Bericht von Mutschler in NS 19/3334, Bl. 26 ff. Wie im SS-Schulsystem üblich, war auch der Schule in Oberehnheim ein KZ-Außenlager für Bau- und Instandhaltungsarbeiten angegliedert, in diesem Fall ein Außenlager des KZ Natzweiler: Mühlenberg, ebd., S. 181 ff.; dies., »… als junge Mädel andere Interessen hatten«, S. 115. Die rassische Untersuchung war stets geheim zu halten und als ärztliche Untersuchung zu tarnen. Aus pragmatischen Gründen wurden, um den wachsenden Bedarf an Nachrichtenhelferinnen decken zu können, drei Auslesegruppen gebildet: a) SS-geeignet, b) »nur für Kriegsdauer«, d.h. »nicht den Anforderungen entsprechend, aber noch tragbar«, c) »in rassischer Hinsicht ungeeignet«: sie wurden nicht uniformiert: NS 47/62. Zwischen beiden Schulen bestanden Koperationsbeziehungen. Im November 1943 war der Besuch des Schulleiters der Kolonialen Frauenschule Oberstudienrat Dr. Karl Körner in Begleitung einer Bewerberin für die Ausbildung in Oberehnheim angekündigt; wegen einer Erkrankung Körners musste der Besuch mehrmals verschoben werden: NS 32 II/76. In den letzten Wochen des Krieges bot Körner an, einen Lehrgang der Nachrichtenhelferinnenschule in Rendsburg aufzunehmen (siehe Anm. S. 640).

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IfZ München, MA 391; dort auch der 8-Wochen-Lehrplan für weltanschauliche Erziehung. Karl Mutschler, geboren 1891, hatte Germanistik und neuere Sprachen studiert und 1919 in Tübingen promoviert. Er war 1933 der NSDAP beigetreten, war Gaubibliothekar des NSLB, Ortsgruppenschulungsleiter, Kreisredner und Kreiskulturhauptstellenleiter. Aus seiner Feder stammte eine Darstellung zur Geschichte der »Hitlerbewegung« im Kreis Aalen. Mutschler, der schon am 1. Weltkrieg teilgenommen hatte, wurde nach der Entlassung aus der Wehrmacht 1943 zum Amt C III des SS-HA abgeordnet und dort zunächst mit der Verwaltung der Berufsoberschule der Waffen-SS in Gebweiler im Elsass betraut, bevor er zum Kommandeur der Reichsschule Oberehnheim ernannt wurde. Personaldaten in SSO Mutschler, Dr. Karl, 7.7.91. – Werner Grisard, 1906 in Essen geboren, war Studienassessor für Mathematik, Physik und Biologie und hatte an der Höheren Landwirtschaftsschule Kleve unterrichtet; während des Krieges wurde er zum Studienrat ernannt. Grisard gehörte seit 1933 der NSDAP und der SS an, war Schulungsleiter im SS-Oberabschnitt West und wurde zu Beginn des Krieges zur Waffen-SS eingezogen. 1942 war er beim Chef des Fernmeldewesens beschäftigt, am 1.6.1943 wurde er als Hauptsturmführer in Oberehnheim eingestellt: SSO Grisard, Werner, 11.10.06. Standartenführer Dilcher, der zuvor Amtschef des weiblichen Nachrichtenkorps gewesen war, hatte erst im Frühjahr 1943 die Nachfolge des erkrankten Dufais angetreten. Beide hatten die Absicht, sich im Elsass zur Ruhe zu setzen – Dilcher wurde Archivar der Stadt Oberehnheim – und weigerten sich, die Häuser, die ihnen als Kommandanten zur Verfügung gestellt wurden, zu räumen. Himmler drohte daraufhin damit, beide wegen »Feigheit« aus der SS zu entlassen. Dilcher wurde außerdem vorgeworfen, »hart und kalt« zu sein, die Mädchen »wie Rekruten« zu behandeln und sich »unritterlich« zum weiblichen Personal zu verhalten. Ein anderer Vorwurf war, Dilcher hätte den Krieg gegen die Sowjetunion als »nicht nötig« bezeichnet. Zudem liefen gegen ihn Ermittlungen, weil in seinem Dienstschreibtisch ein Buch von Sigmund Freud gefunden worden war: NS 19/3334. So die Formulierungen von Gerhard Schinke in einem Brief an Berger vom 6.5.1944 (ebd.). Als neuer Kommandeur war daher auch zunächst Brigadeführer Heider vom RuSHA vorgesehen, der dort als Chef des Heiratsamtes aber nicht entbehrt werden konnte. NS 31/4 (2.8.44). Bergers Besuch in Oberehnheim im Juni 1944 war ein Befehl Himmlers vom 31.5.44 vorausgegangen, der Berger die Nachwuchswerbung für das Helferinnen-Korps übertrug. In enger Zusammenarbeit war geplant, BDM-Nachrichtenscharen als »Vorschule« für das Helferinnenkorps aufzustellen und geeignete Kräfte in BDM-Schulungslagern zu erfassen. Beim BDM wurde damit geworben, dass Kinder in einem der Reichsschule angegliederten Kinderheim untergebracht werden können. Bewerberinnen hatten sich wie die Männer der SS einer ärztlichen Untersuchung und einer rassischen Musterung durch den RuS-Führer zu unterziehen: NS 2/154, Bl. 103 f. (16.7.1944). Gesamtbericht Mutschlers: NS19/3334, Bl. 26 ff. NS 32 II/75. SF Laun, Liesel, 21.5.14. Weitere Heimleiterin war die BdM-Gauführerin Ruth Brinkmann, die im Oktober 1943 als Lehrerin nach Oberehnheim kam; sie wurde Anfang 1945 Heimleiterin der zum SS-Kommando Obersalzberg kommandierten Helferinnen: SF Brinkmann, Ruth, 18.5.10; NS 19/3334; NS 32 II/28. Heimwartin und zugleich »Hilfsausbilderin für Kulturarbeit und weltanschauliche Erziehung« der Ausbildungsgruppe »Funk« war die SS-Helferin Gerstung. NS 32 II/71. Josias zu Waldeck und Pyrmont hatte zwei Töchter, die sich zu einer SS-HelferinnenTätigkeit verpflichteten: Die Prinzessin Alexandra, zuvor Jungmädelschaftsführerin, war im Sommer 1944 mit 20 Jahren zur »SS-Helferin« ernannt worden, nachdem sie erfolgreich einen Lehrgang in Oberehnheim absolviert hatte. Ihre ein Jahr ältere Schwester Margarethe war bereits im April 1943 nach Oberehnheim gekommen; sie wurde dort am 1.11.1943 zur »SS-Helferin-Unterführerin« ernannt und im Februar 1944 zur RFSS-Adjutantur nach München versetzt: SF Alexandra zu Waldeck und Pyrmont, 25.9.24; SF Margarethe zu Waldeck und Pyrmont, 22.5.23. NS 19/3102; SF Schaumburg-Lippe, Prinzessin Ingeborg Alix Stephan zu, 20.7.01. NS 32 II/71, Bl. 21a und 22a. IfZ, MA 391 (2.10.1944). Im Januar 1945 wurde auch noch eine Gruppe von Holländerinnen entsandt, die die Amtsgruppe D des SS-Hauptamtes (die Germanische Leitstelle) ausgesucht und überprüft hatte: NS 32 II/17; 32 II/71, Bl. 49. Darunter waren Fragen wie »Wie viel Minuten sind ¾ Stunden? Was sind Erbkrankheiten? Welcher Unterschied besteht zwischen einem Fahrrad und einem Motorrad? Wann hat der Führer die Macht übernommen?« NS 32 II/70.

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NS 19/1372; zur Unterführerinnenschule siehe auch Mühlenberg, Helferinnenkorps, S. 223-228. NS 32 II/75 (20.9.1944). Ebd. (11. und 15.11.1944). SSO und RS Wimmer, Karl, 31.1.02; BdW-SS BuM 4/25; MA, M 814 A 11. NS 32 II/75. Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 260 ff. Während der Evakuierung schrieb die Prinzessin zu Schaumburg-Lippe an Himmler: »Die Stimmung war und ist erstklassig.« Man hoffe, bald wieder nach Oberehnheim zurückkehren zu können: »Aber die Bevölkerung wollen wir lieber mit SSSiedlern auswechseln. Die taugt nichts.« NS 19/3102 (31.11.1944). Zum Standort Geislingen NS 31/5 Bl. 160. Auch die Koloniale Frauenschule in Rendsburg wurde dem SS-Hauptamt noch im Frühjahr 1945 für die Ausbildung von Nachrichtenhelferinnen zur Verfügung gestellt; da die Anreise der SS-Helferinnen aber »durch die militärischen Ereignisse im mitteldeutschen Raum … verhindert war«, in Rendsburg aber genug Platz vorhanden war, verlegte das SS-Hauptamt selbst seinen Sitz in den letzten Kriegstagen noch hierhin, so ein Bericht des Schulleiters Dr. Karl Körner vom 30.4.1945: Rautenberg/Rommel, Die Koloniale Frauenschule, S. 77. Karl Wimmer berichtete dagegen später, er habe noch in den letzten Kriegstagen die Rendsburger Schule »übernommen«: Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 347. NS 32 II/75, Bl. 210. – Zu Block und Stevens siehe S. 346. Darüber hinaus waren weitere 4000 Kriegshelferinnen für die SS tätig, die nicht in Oberehnheim ausgebildet worden waren, so dass das weibliche SS-Gefolge gegen Ende des Krieges etwa 10 000 Frauen umfasste: Seidler, Frauen zu den Waffen. Zur Übernahme der Polizeihelferinnen in die SS siehe Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 266 ff. NS 32 II/75. Alle Materialien ebd. Im gleichen Aktenbestand finden sich auch eine Reihe von Wochenstundenpläne, die das Bild einer Höheren Frauenschule mit nationalsozialistischer Ausrichtung vermitteln. Zuvor war 1941 eine Artillerieschule I in Glau/Brandenburg errichtet worden. MA Prag, Pionierschule Hradischko 12-2 (13.3.43). Am 12.8.43 meldete Tiedt als Leiter der Abt. VI den Empfang von 430 Exemplaren des »Schwarzen Korps« (BdW-SS BuM k. 5-26). Im November 1943 wurde er als Abt. VI-Führer zum Befehlshaber der Waffen-SS in den Niederlanden kommandiert, kehrte aber im Januar 1944 wieder nach Hradischko zurück. SSO und RS Tiedt, Kurt, 21.8.19; NS 31/2. MA Prag, Pionierschule Hradischko 12-5. Als weitere WS-Lehrer bzw. Mitarbeiter der Abt. VI ließen sich Walter Speike und Arno Seeber ausmachen. Speike war Maschinenschlosser und Gewerkschaftssekretär, bevor er 1932 arbeitslos wurde; danach machte er sich mit einer elektromechanischen Werkstatt selbständig. Er gehörte seit 1922 dem Deutschnationalen Jugendbund an, trat 1929 der NSDAP und der SS bei und war Gauredner der Partei für Groß-Berlin. Arno Seeber, Leutnant a.D. und Steuerinspektor beim Finanzamt Köln, hatte zunächst von 1939 bis 1943 bei der Wehrmacht gedient, bevor er als Obersturmführer in die SS übernommen und zur Abt. VI nach Hradischko überstellt wurde. SSO Seeber, Arno, 5.8.85; SSO und RS Speike, Walter, 31.5.01. MA Prag, BdW-SS BuM 25-k.4, 26-k.5; MA Fbg, RS 5/456. Die Unterrichtsmaterialien behandelten hauptsächlich Fragen der Rassen- und Vererbungslehre, die »Rassen des deutschen Volkes«, Vorund Frühgeschichte und die Geschichte der Germanen, geopolitische Fragen, Geschichte und Organisation der SS. SSO Kindermann, Johann/Hans, 30.9.03; MA Prag BdW-SS 25-k.4 und 26-k.5.; SSO und RS Hörist, Hans, 22.11.1912; Gebhard Göser, geboren am 10.10.1903, seit 1937 Mitglied der NSDAP (OGK). Im Januar 1945 gehörte der Abt. VI außerdem der Schauspieler und Musiker Kunibert Gensichen und der Stukkateur Willi Gleim an. Gensichen hatte an der Schauspielschule des Deutschen Theaters und am Konservatorium studiert: RK Gensichen, Kunibert, 16.6.12; MA Prag, BdW-SS BuM, k. 4-25. Mitte 1944 waren dies der Unterscharführer Heinz Jürgens, der als 18jähriger 1941 für die WaffenSS rekrutiert worden war, der Unterscharführer Josef Mislick und der Oberscharführer Otto Schreiber. Schreiber war von Beruf Handelsvertreter: SM Jürgens, Heinz, 20.3.23; MA Prag, BdW-SS BuM, k.4-25. 1942 waren für die Abt. VI der Pionierschule vier Planstellen genehmigt worden: eine Führer- und zwei Unterführerstellen, davon eine für einen Filmvorführer, sowie die Stelle eines Schreibers (NS 33/233, Bl. 96 f. und Bl. 112). Die WS-Lehrerstellen wurden zusätzlich eingerichtet und in der Regel mit SS-Männern im Sturmführerrang besetzt.

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SSO und RS Petzschner, Helmut, 13.6.10; SSO Specht, Jost, 6.6.21; SSO Empl, Hans, 17.2.10; MA Prag, BdW-SS BuM, k.5-25. NS 31/225. MA Prag, BdW-SS BuM. 26-k.5, 25-k.4. MA Prag, BdW-SS BuM 25-k.4; 20. SS-Div. Estland k.1 Hospach war im Mai 1932 der NSDAP beigetreten. SSO und RS Hospach, Erwin, 12.5.1908. Die Tagung für Leiter der Abteilungen VI fand vom 28.2. bis 5.3.44 unter Leitung Ernst Ficks auf der Plassenburg statt: NS 19/2194; IfZ, MA 356; siehe S. 138. SSO Esche, Fritz, 15.11.1911; NS 19/2194; SSO Makaruschka, Lubomir, 12.8.99. SSO und RS Eggers, Werner, 30.8.1918; SSO und RS Denecke, Ludwig, 26.2.05. SSO und RS Lohr, Rudolf, 25.6.1909. Von der »Bewährungsabteilung« sind einige Monatsberichte der Abt. VI erhalten, nach denen jede Woche 2 Stunden weltanschaulicher Unterricht und Sonntags eine Stunde politische Wochenübersicht gehalten wurde. MA Prag, BdW-SS BuM 25-4. »Unsere Feierstätte«: NS 31/409. Der Bericht wurde als Beitrag für die Rubrik »Am Wege unserer Divisionen« der Leithefte für den Jahrgang 1945 verfasst. SSO und RS Brixel, Hugo, 25.8.19; SSO Stark, Anton, 16.3.08; SSO Kenel, Julius, 17.6.22. Im Februar 1945 wurde noch der Sattler Oberscharführer Hans Winand vom Schulungsamt zur Sturmgeschützschule Janowitz beordert: NS 31/6; RS Winand, Hans, 14.1.19. MA Prag, BdW-SS BuM, k. 26-5; k. 25-4. Hinweis in RS Wüstenberg, Erich, 24.6.1921. Wüstenberg, von Beruf Schlosser, kam nach einer Verwundung zur »blindentechnischen Ausbildung« nach Prag. Danach wurde er als Sachbearbeiter der Abt. VI beim Befehlshaber der Waffen-SS in Prag eingestellt. NS 31/360, NS 31/156, MA Fbg., N 756/333c; SSO Gerischer, Hermann, 16.8.01. Gerischer gehörte zu den »alten Kämpfern« der NSDAP: Er war 1923 und erneut 1925 in die Partei eingetreten. Gerischer war Ortsgruppen- und Kreisleiter, SA-Obersturmbannführer und Mitglied des Reichstages. 1941 trat er in die SS ein, 1942 hielt er Schulungsvorträge im Lebensbornheim »Sonnenwiese«. Im Juli 1944 kam er als Obersturmbannführer zur LSSAH. Weltanschauliche Vorträge hielt auch der Sportlehrer und »Meisterschwimmer« Kurt von Eckenbrecher an der Prager Reichssportschule. Von Eckenbrecher war Anfang 1933 in die SS eingetreten, war Kameradschaftsführer an der Reichsakademie für Leibesübungen in Berlin und hatte in der LSSAH gedient. 1941 wurde er als Untersturmführer der Waffen-SS zum Kommandostab RFSS beordert, 1942 hielt er sich zur Abnahme von Sportprüfungen im Ausbildungslager Avegoor in den Niederlanden auf. Er leitete die Abt. C II.4 im SS-Hauptamt: SSO und RS Eckenbrecher, Kurt von, 5.2.17. Orasche gehörte 1918/1920 dem Kärntner Freikorps an. 1928 trat er der NSDAP und der SA bei und führte als Sturmführer die SA in Villach; 1933 wechselte er zur SS über: SSO Orasche, Johann, 14.5.97. Braun gehörte seit 1927 der NSDAP und der SA an, wechselte 1931 zur SS und wurde 1936 zum Untersturmführer ernannt: SSO Braun, Karl, 28.1.08; NS 2/112 Von Oktober 1939 bis Februar 40 wurde das Lager für die Aufstellung der SS-Totenkopf-Division genutzt. NS 34/94 (27.1.1937). SSO Rieke, Wilhelm, 14.12.07; SSO und PK Maierhofer, Franz, 21.12.97. NS 34/94 (14.3.1937). Kommandeur der Schule wurde dann aber SS-Oberführer Julian Scherner, Leutnant des 1. Weltkriegs und Offizier des Freikorps Oberland, seit 1931 NSDAP-Mitglied. 1940 wurde er vorübergehend zum Kommandeur der Junkerschule Tölz berufen, 1941 bis 1944 war er SSPF in Krakau. SSO Scherner, Julian, 23.9.95. Hinweise und Materialien zur Schule finden sich in NS 31/311, NS 33/126, NS 34/60, NS 19/1669 sowie in den zitierten Personalakten. SSO und RS Froebel, Hermann, 9.1.09; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 7162 und 7163. Fröbel war möglicherweise ein Nachfahre von Friedrich Froebel, denn 1982 gab er eine Ausgabe von Fröbels »Mutter- und Koseliedern« mit heraus. 1937 hatte er noch unter dem Titel »Wir kämpfen für Deutschland und Hitler« Aufsätze zur »politischen Erziehung der Jugend« veröffentlicht. Weitere 6 Tage später schrieb er einen Aufsatz über »Das Wichtigste von Disziplinar- und Straffällen«, der als »mangelhaft« beurteilt wurde: »Die schlechte Bearbeitung kann ihren Grund jedoch auch darin haben, dass Verfasser mit dem Schreiben offensichtlich auf Kriegsfuss steht«, so der Kommentar des Begutachters Dr. Reinicke vom SS-Gericht München.

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Anmerkungen zu S. 343-348

Stiebler wurde 1941 nach einer Kriegsverwundung selber als Leiter der Abt. VI in Einheiten der Waffen-SS eingesetzt. SSO Stiebler, Heinz, 12.10.04 Vgl. a. SSO Buchs, Alfred, 11.7.08. In SSO Riedel, Georg, 7.2.09. NS 31/311, Bl. 4f. NS 31/191; MA Freiburg: N 756/21a. Der »Stuba N« war bereits 1936 bei Dachau aufgestellt worden und hatte 1938 am Einmarsch in Österreich und ins Sudetenland teilgenommen; er sollte ursprünglich nach Nürnberg verlegt werden, wurde aber im Juni 1939 wieder aufgelöst: Klietmann, Waffen-SS, S. 39 f. Schulte, Zwangsarbeit und Vernichtung, S. 67 f.; SSO Baier, Hans, 4.11.93. Baier hatte sieben Semester Wirtschaftswissenschaften studiert. Er wurde 1937 zum Führer im Verwaltungsamt der SS ernannt und leitete auch den ersten Lehrgang in Tölz im gleichen Jahr. Schulte, Zwangsarbeit und Vernichtung, S. 68; NS 3/407. – In Arolsen fanden 1944 noch Kurzlehrgänge von 3 bis 4 Wochen für Hauptsturmführer statt, die für gehobene Aufgaben des Wirtschaftsund Verwaltungsdienstes vorgesehen waren (NS 33/335, Bl. 76). Zur Führerschule in Arolsen siehe auch Zimmer, Deckname Arthur. Im Januar 1942 war darüber hinaus eine Fachschule »Edda-Hof« für SS-Führer im Fürsorge- und Verwaltungswesen bei Bernau eröffnet worden, deren Betrieb im Sommer 1943 offenbar wieder eingestellt wurde: MA Fbg., N 756/333c. Unterrichtsfächer waren Kassen- und Rechnungswesen, Besoldungswesen, Bekleidungswesen, Reisekosten- und Umzugsrecht; Verpflegungs-, Haushalts-, Prüfungswesen, Unterkunfts- und Bauwesen, »die besonderen Verwaltungsaufgaben der Allgemeinen SS«, öffentliches und bürgerliches Recht, Volkswirtschaftslehre, Steuer- und Devisenrecht; Geld-, Bank- und Börsenwesen, kaufmännische und kameralistische Buchführung sowie weltanschaulicher Unterricht, Kurzschrift und Maschinenschreiben, Reiten, Fechten, Leichtathletik, Schwimmen, Turnen und Schießen. Der Plan von Pohl aus dem Sommer 1937 hatte auch noch Deutsch und deutsche Literaturgeschichte vorgesehen. NS 3/548 (Richtlinien vom 20.9.1938); NS 3/557; NS 33/335 (28.1.1938); SSO Baier. NS 31/178 (17.8.1939). Am 1.10.1939 begannen 3monatige Lehrgänge für Führer und Unterführer der Allgemeinen SS zur Ausbildung zu Verwaltungsführern in den Sturmbannen: NS 3/557. Zimmer, Deckname Arthur, S. 93. MA Fbg., RS 5/366. SSO und RS Baumgarten, Paul, 16.7.10; NS 3/407. Unter seinen akademischen Lehrern nannte er Wilhelm Flitner und den Professor für Geographie am Kolonialinstitut Passarge, dem er besonderen Dank aussprach. SSO, RS und RK Block, Dr. Magnus, 28.4.05; MA Fbg., RS 5/366. Zimmer, Deckname Arthur, S. 94. SSO und RS Stevens, Dr. Hermann, 8.1.09; SSO und RS Schubert, Dr. Willi, 4.9.07. Zimmer nennt in seinem Buch »Deckname Arthur« noch einen Untersturmführer Müller als WS-Lehrer in Arolsen. Erwähnt sei auch noch die Abteilung VI der Ausbildungs- und Ersatzabteilung der Verwaltungsdienste in Dachau, die 1943/44 von dem Volksschullehrer Helmut Knoll geleitet wurde. SSO und RS Knoll, Helmut, 4.6.11. Zimmer, Deckname Arthur. MA Fbg., RS 5/440. Das Hilfswerklager Schleißheim ist vermutlich identisch mit dem Hilfswerklager Dachau. Hier wurden 1933 aus Österreich geflohene SS-Männer aufgefangen. 1934 war das Lager eine Umschulungsstätte für arbeitslose SS-Angehörige aus dem Oberabschnitt Süd, die hier vor allem zu Hilfszollgrenzangestellten für die Verstärkung des Grenzaufsichtsdienstes ausgebildet wurden. Nach Vopersal wurde das Lager 1938 aufgelöst und danach in eine Berufsschule der Verfügungstruppen umgewandelt: MA Fbg., N 756/21a. NS 31/270; Schreiben des SS-HA vom 14.2.1938 in RS Hopfenmüller, Dr. Hans, 23.7.00. NS 31/371, Bl. 106 f.; MA Fbg, N 756/333c. NS 31/187, Bl. 32 ff.; IfZ, MA 388. StA Fbg. V 200/1 Br. 52. SSO und RS Riegler, Otto, 19.6.06. SSO und RS Hopfenmüller, Dr. Hans, 28.12.10. Thema der Dissertation war: »Der gute und der schlechte Turner. Statistische und experimentelle Untersuchungen in der Volksschule über die Stellung der turnerischen Veranlagung im Gesamtbild der Persönlichkeit« (Würzburg 1935).

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SSO und RS Gramlich, Walter, 16.2.08. Gramlich war auch mit den Vorbereitungen der Standortschule »N« in Dachau befasst: NS 317/191. Benz/Distel, Ort des Terrors, Bd. 2, S. 483 f. Der Berufsschule in Schleißheim war gleichzeitig ein Außenlager des KZ Dachau angeschlossen. Ein Rundschreiben des Amtes C I bat noch im März 1945 um Meldungen für solche Lehrgänge »an der Berufsschule des Amtes C III«: BdW-SS BuM k. 5-26. MA Fbg., N 756/333c. Zur Schulhelfer-Ausbildung siehe auch die Notiz in NS 2/90 Bl. 98 vom November 1942; danach sollte im Januar 1943 für »als Lehrer im Osten geeignete Männer« ein Umschulungslehrgang an der Gauschule Wald in Oberkrain beginnen. Offenbar entschied man sich dann aber für Mittweida als SS-eigene Ausbildungsstätte. Der Leiter der Schule Mittweida Wilhelm Matthäus, geboren 1891, hatte bereits vor dem 1. Weltkrieg als Lehrer an den Deutschen Schulen in Rom und Shanghai gearbeitet. Er wurde erst 1937 in die NSDAP und 1940 als Obersturmführer in die Waffen-SS aufgenommen, gehörte aber vor 1933 dem Stahlhelm an und wurde 1934 Bezirksleiter des VDA und Leiter der Deutschen Kolonialgesellschaft: SSO und PK Matthäus, Dr. Wilhelm, 3.7.81. NS 19/3570. NS 31/359, Bl. 3 f. Die Gebweiler Schule zog gegen Ende des Krieges noch nach Heidenheim um, die Rufacher Schule wurde vermutlich ebenfalls in der Nähe von Heidenheim, im Schloss Duttenstein bei Dischingen untergebracht. Heidenheim war auch Rückzugsort für die SS-HelferinnenSchule Oberehnheim. Nach einer Aufstellung vom Februar 1945 (in NS 31/218) bestanden zu diesem Zeitpunkt außer den Schulen in Heidenheim, Ulm und Mittweida noch eine Berufsschule in Hainspach (Sudeten) und eine Landwirtschaftliche SS-Versehrtenschule in Sontheim; außerdem der Kriegsversehrtenlehrgang der Waffen-SS an der Landwirtschaftlichen Schule Konin, die zu diesem Zeitpunkt aber wohl schon nur noch auf dem Papier existierte. N 756/333a. Vor der Errichtung des Amtes C III im März 1943 war die Berufserziehung im Februar 1943 zunächst noch als Hauptabteilung C I.5 unter der geschäftsführenden Leitung Borsts dem Amt Weltanschauliche Erziehung (C I) zugeordnet gewesen. Mit Befehl vom 9.3.1943 wies Himmler die »federführende Bearbeitung aller Berufserziehungsmaßnahmen« dem SS-Hauptamt zu; im April folgte dann die Aufstellung des Amtes C III mit den vier Hauptabteilungen »Auslese und Ausbildung«, »Berufsausbildung der Waffen-SS«, »Schulung der Kriegsversehrten und -hinterbliebenen« und »Einsatzplanung« : NS 19/3570. Geschäftsverteilungspläne in NS 31/8 und 9. SSO Fritsche, Helmut, 21.12.04; SSO und RS Schrage, Heinz, 31.10.12; SSO und RS Tasch, Peter, 13.7.08; SSO und RS Hillmann, Rudolf, 27.1.04. SSO und RS Wulle, Dr. Werner, 2.11.05; RS Wagener, Erich, 31.3.02; Springer, Willi, 1.10.00: NS 31/6. NS 31/4 Bl.102 f. – Die Ulmer Schule war 1943 als »Parallelzug der Waffen-SS« an der Technischen Oberschule in Ulm entstanden. Im Januar 1943 waren in Ulm und Stuttgart 51 Schüler aus Förderklassen an Gewerbeschulen angeworben und ausgewählt worden, aus denen eine »internatsmäßige Klasse« der Waffen-SS an der Technischen Oberschule in Ulm gebildet wurde: NS 13/3570, Bl. 46. Die Genehmigung erteilte die Abt. Fachschulen des REM in Absprache mit Gebhard Himmler, Heinrich Himmlers Bruder, der zu diesem Zeitpunkt als Ministerialdirigent für das berufliche Bildungswesen im REM zuständig war: HStA Stuttg., E 200 Bü. 170. Ebd.

III. Weltanschauliche Schulung im »Großgermanischen Reich« 1 2 3 4

Gingerich Waffen SS Recruitment, S. 818. Wegner, Pangermanische Armee, S. 103; vgl. Loock, Großgermanische Politik, S. 55 f. Gingerich, Waffen SS Recruitment, S. 821. So ordnete Himmler z. B. im April 1942 nach Beschwerden aus der Freiwilligen-Legion Flandern an: »Alle für die germanischen Legionen vorgesehenen deutschen Führer sind vorher 8-14 Tage im SS-Hauptamt oder in Sennheim durch das SS-Hauptamt auf ihre Aufgaben vorzubereiten.« NS 19/1686. Vgl. Wegner, Pangermanischen Armee, S. 105 f.; siehe auch Himmlers Befehl vom 6.12.1942

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betr. Behandlung von volksdeutschen und germanischen Freiwilligen in der Waffen-SS. In: In’T Veld, SS en Nederland, S. 878 f. Wegner, Pangermanische Armee, S. 117. Angehörige der Waffen-SS, die nicht der Allgemeinen SS angehörten und nur vorübergehend zu Kriegsdienstleistungen herangezogen wurden, also nur während der Dauer des Krieges der WaffenSS unterstanden, unterlagen zum Beispiel nicht der Pflicht zum Einholen der Heiratserlaubnis (VO. Bl. W-SS 1.12.1940; IMT Bd. 42, S. 490). Sie sind daher auch nicht in den personenbezogenen Akten des RuSHA zu finden. NS 33/213; Wegner, ebd., S. 131. Steiner an Berger, 16.9.42, in: Wegner, ebd., S. 115; vgl. das Schreiben von Riedweg vom 2.9.1942 an Berger: ebd. S. 114. Ebd. S. 127. MA: RS 2-3/2. Während man den umgewandelten Legionen noch landsmannschaftliche und nationale Symbole beließ, behandelte man sie faktisch aber bald wie wehrpflichtige deutsche Soldaten: Im März 1944 entschied Himmler, die Männer, die bei der Umwandlung der Legion Nederland in das SS-Panzer-Regiment Niederlande den neuen Eid verweigerten, zu »niedrigeren Trossdiensten« heranzuziehen; im Juni 1944 folgte die Anweisung, alle Eidverweigerer bis auf weiteres ins KZ Hinzert einzuweisen: NIOD 007/4. Die germanische Revolution. Generalkdo. III. (german.) SS-Panzerkorps, Hg. Abt. VI, o.D. SSO Eduard Friedel, 22.8.1904. Friedel berichtete auf der Plassenburger Tagung der Leiter der Abteilungen VI Februar/März 1944 über seine Erfahrungen in der »VI-Arbeit« im III. (germ.) Panzer-Korps: NS 19/2194. SSO und RS Besch, Hans, 13.4.06; MA Fbg., RS 2-2/3; SSO und RS Pehle, Carl, 13.12.11; SSO Froeter, Paul, 27.7.11. SSO Wehofsich, Franz, 13.3.01; SS-Listen A 9; Fahlbusch, Deutschtumspolitik, S. 581; Zimmermann, »Westschau«, S. 1072 u. 1081. SSO und RS Hildebrand, Wilhelm, 6.9.1908; In’T Veld, SS en Nederland, S. 175. Im März 1943 wurden die Angehörigen der bereits 1940 vom HSSPF Rauter in Zusammenarbeit mit der NSB aufgestellten Hilfspolizei zum SS-Regiment »Landwacht Nederland« zusammengefasst und dem Befehlshaber der Waffen-SS in den Niederlanden unterstellt. Im Oktober 1943 wurde der Verband in »Landstorm Nederland« umbenannt, im November 1944 als SS-Brigade«, im Februar 1945 als SS-Division neu aufgestellt (Michaelis, Waffen-SS, S. 291 ff.). SSO Pflug, Otto, 14.12.01; MA Freiburg RS 4/1203. SSO Rath, Hans, 15.6.12; NIOD 077/1843. MA Freiburg: N 756/333b; Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 96 ff. Zum Beispiel begann im Mai 1943 ein Lehrgang in Avegoor für Angehörige des Sturmbanns West/ Düsseldorf; Teilnahmevoraussetzung war eine Freistellung durch den Arbeitgeber und eine positive Beurteilung des Einheitsführers (CEGESOMA AA 155/919). Den Sturmbann leitete der Düsseldorfer Kaufmann Herbert Brenneke; er wurde im Sommer 1943 zum Leiter der Abt. VI der »Brigade Nederland« berufen. Zu Kopischke siehe S. 136. Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 69. Für das von Wyss angenommene frühe Entstehungsdatum spricht, dass Jacobsens Stellvertreter Paul Koopmann im Oktober 1940 zur »Dienststelle Jacobsen« kommandiert wurde, die zu diesem Zeitpunkt im Aufbau war und später die Hauptabteilung 3 der »Germanischen Leitstelle« bildete. Siehe den selbstverfassten Lebenslauf Koopmanns in RS Koopmann, Paul, 8.12.1911. Zit. n. In’T Veld, SS en Nederland, S. 654. Außenstellenleiter waren Friedrich Wilhelm Mai in den Niederlanden, Alarich Augustin in Flandern, Léon Degrelle in Wallonien und Hans Schwalm in Norwegen; später kam Ludwig Mühlhausen für den Aufbau des Germanischen Wissenschaftseinsatzes in Frankreich (Bretagne) hinzu: Lerchenmüller, Hans Ernst Schneiders/Hans Schwertes Niederlande-Arbeit, S. 1229. Simon/Lerchenmüller, Maskenwechsel, S. 207. DS-G 130 Plassmann, Dr. Otto,12.6.95. DS-G 135 Schneider, Dr. Hans Ernst, 15.12.09. »Entscheidend für die politische Entwicklung in den germanischen Ländern ist der richtige Einsatz der aus der Waffen-SS Entlassenen und der versehrten Kriegsfreiwilligen selbst, die das Ideengut

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der SS in sich aufgenommen haben und in entsprechende Positionen in ihren Heimatländern eingesetzt werden müssen.« Hauptziel müsse sein, die germanischen Länder weitgehend durch landeseigene Männer führen und verwalten zu lassen (NS 19/3987). In einer Rede in Tölz kritisierte Riedweg im Oktober 1943 den »nationalsozialistisch-deutschen Imperialismus« und forderte einen Staatenbund souveräner und gleicher Staaten, dem die »europäische Waffen-SS« den Weg bereiten müsse. Dies war ein direkter Angriff gegen die Politik der NSDAP; auf Intervention Bormanns musste Riedweg daraufhin seinen Posten als Chef der Germanischen Leitstelle räumen. Sein Nachfolger wurde der ehemalige RuS-Führer Erich Spaarmann, Riedweg selbst wurde zur Waffen-SS an die Ostfront versetzt, 1944 war er Adjudant beim germanischen Korps: Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 145f.; Seidler; Die Kollaboration, S. 450 ff. NS 31/375; vgl. a. NS 19/3565; In’T Veld, SS en Nederland, S. 804 f. und 946 f. Dieser »Ermächtigung« Himmlers war vermutlich eine mündliche Zusage Hitlers im Januar 1942 vorangegangen. Im Juli 1941 hatte bereits Reichsschatzmeister Schwarz zugesagt, die Germanische Leitstelle finanziell zu unterstützen; im Januar 1942 verfügte Schwarz, »dass alle Mittel, die von der Partei für die germanische Arbeit gegeben werden (HJ, Frauenarbeit, Napolas, Mannschaftshäuser) über die Germanische Freiwilligen Leitstelle gehen müssen« (zit. n. Loock, Großgermanische Politik, S. 59). Auf der Grundlage des Führer-Befehls wurde eine »AG für den germanischen Raum« gebildet, in dem die wichtigsten Dienststellen der SS und der Partei vertreten waren, die einmal im Monat zusammenkommen sollte, um die »germanische Arbeit« zu koordinieren: NS 31/375, Bl. 6. NS 31/375, Bl. 2. Eine Gruppe »Jungmannen« der Napola Bensberg, die 1941 eine Reise durch die Niederlande unternahm, zeigte sich bestürzt über den Mangel an Disziplin und Rassebewusstsein, der beim Jeugdstorm herrsche: »Von holländischen SS-Leuten hörten wir, dass die Jugend bei Mussert in falschen Händen ist.« Ueberhorst, Elite, S. 365 ff. In’T Veld, SS en Nederland, S. 812 f. und 701 f. Nachdem Schmidt die Unterstützung seines Förderers Bormann verloren hatte, verübte er offenbar Selbstmord. Für Mussert dagegen hatte die SS ihre Hand im Spiel. Hierzu und zum geschilderten Zusammenhang vgl. a. Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration, S. 33 und 217. Zit. n. In’T Veld, SS en Nederland, S. 1165; siehe auch ebd. S. 1172-1174 und NS 19/3363, Bl. 106 ff. Seyss-Inquart und Ritterbusch hatten dafür die Unterstützung Bormanns eingeholt, der SeyssInquart versicherte, »dass der Führerbefehl wegen der germanischen Arbeit des Reichsführers-SS in diesem Falle nicht zutreffe«: In’T Veld, SS en Nederland, S. 903 und 1186. Die Einflussnahme der SS auf den »Jeugdstorm« war ein Dauerproblem und blieb weiter unbefriedigend. Im Zusammenhang mit der Aufstellung eines niederländischen Bataillons in der Division »Hitler-Jugend« Ende 1944 plante Rauter eine Abspaltung vom Jeugdstorm der NSB durch die Errichtung einer »Germanischen HJ«. Noch am 15. Januar 1945 teilte er Himmler mit, der Reichskommissar sei »nunmehr bereit«, »die Germ. Hitlerjugend Nederland zuzulassen, Jeugdstorm unter schlechter Führung zu belassen und absterben zu lassen.« Zit. b. In’T Veld, SS en Nederland, S. 1473. Ebd., S. 1150 f.; Lilienthal, Lebensborn, S. 179 ff. In einer Aufstellung aller Lebensbornheime vom November 1942 ist das »Heim Gelderland« aufgeführt, aber nur mit einer Planstelle besetzt: NS 19/2881, Bl. 23. Die Schulen gehörten daher zwar zum Arbeitsbereich der Dienststelle Heißmeyer, die primäre Zuständigkeit lag jedoch bei der Germanischen Leitstelle, wie Himmler in einem Schreiben vom 23.8.1942 klarstellte; beide Ämter waren aber zur Zusammenarbeit angehalten. Heißmeyer und Berger einigten sich im September 1942 darauf, dass die Germanische Leitstelle für die Finanzierung der Schulen sowie Werbung und Auslese der Schüler und Lehrer zuständig war, während die Dienststelle Heißmeyer die Leitung und Organisation übernahm. Siehe den Briefwechsel Heißmeyer – Himmler in Ueberhorst, Elite, S.151 f.; In’T Veld, SS en Nederland, S. 808 f.; Scholtz, Ausleseschulen, S. 363. NIOD 077/4; SSO Kemper, Dr. Wilhelm, 16.11.03. Kemper hatte Deutsch und Geschichte studiert und war zuerst als Erzieher an der Napola Spandau tätig, bevor er 1938 zum Unterrichtsleiter der Napola Bensberg bei Köln ernannt wurde. Seit 1933 gehörte er der NSDAP und der SA an, 1941 wurde er zum SS-Hauptsturmführer im Stab des Oberabschnitts West ernannt. In Bensberg betätigte er sich auch in der weltanschaulichen Schulung der Polizei und Gendarmerie der Region. Die Napola Bensberg betreute den Aufbau Nationalpolitischer Erziehungsanstalten in den Niederlan-

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den, Flandern und Luxemburg, während der Napola Plön diese Aufgabe für die nordischen Länder übertragen worden war (Ueberhorst, Elite, S. 149). Zu den niederländischen Schulen siehe Scholtz, Ausleseschulen, S. 361 ff. NS 19/1558 (Seyss-Inquart an Himmler 16.3.1942); vgl. Scholtz, Ausleseschulen, S. 362. Von langer Dauer war das Schulleben nicht. Im September 1944 wurden die Schüler aus Valkenberg aufgrund der militärischen Lage in der Napola Bensberg untergebracht, die Schülerinnen aus Heijthuijsen wurden zur Napola Reichenau evakuiert; auch die Mädchen aus der in Kolmarberg/Luxemburg errichteten Napola kamen nach Reichenau: Lagebericht Heißmeyers, in Ueberhorst S. 423; Moser, Napola Reichenau, S. 82. Zur Reichsschule Heijthuijsen siehe auch Jodda-Flintrup, »Wir sollten intelligente Mütter werden«, S. 48 ff. NS 19/2458. Germanisches Leitheft 3. Jahrgang, Heft 1/2, 1943 (Impressum). In T’Veld, SS en Nederland, S. 1667. Jacobsen bat das »Ahnenerbe« außerdem um Vortragsredner für die von ihm geplanten weltanschaulichen Lehrgänge für »germanische Freiwillige«; die Vorträge sollten in Anwesenheit eines SS-Führers stattfinden, der anschließend eine »Ausdeutung« des Themas vornehmen sollte; für die Lehrgänge hatte Jacobsen eine Dauer von 3 bis 4 Wochen avisiert: DS-G 122 Jacobsen (November und Dezember 1941). Am 29.4. klang die Tagung mit einem Theaterbesuch aus – auf dem Programm stand das Volksstück »Der Gerechte« von Kurt Eggers, am 30. schloss sich noch eine Besichtigung der Junkers-Werke in Magdeburg an. Laut Einladungsschreiben Riedwegs handelte es sich bereits um die zweite Tagung des Kreises: NS 21/285; DS-G 122 Jacobsen; NS 19/2458, Bl. 13 f. NS 21/76, NS 31/375, NS 31/75, Bl. 164. Die dänische Außenstelle erhielt 5000 Exemplare, bat aber im Juli 1943 um 9000 Hefte, da die bisherige Auflage nicht ausreiche. Tatsächlich dürfte die Gesamtauflage noch höher gewesen sein, da auch Lieferungen an andere Einheiten und Privatpersonen gingen. In einer Aufstellung von Zeitschriftenlieferungen in den Niederlanden aus dem Jahr 1944 werden 9240 Exemplare der »Germanischen Reihe« genannt, davon 168 Kunstdruck-Ausführungen; hinzu kamen 4460 Exemplare der flämischen Ausgabe: NIOD 007/309. – Im November 1941 gingen auch 1000 Exemplare der »Germanischen Leithefte« über den SD Innsbruck in die Schweiz und nach Liechtenstein: NS 31/75, Bl. 97. Beispielhaft die Verteilerlisten in NS 31/75, Bl. 110, 160 und 164. Einige Hefte, darunter auch fremdsprachliche Ausgaben, befinden sich in der Bibliothek des Bundesarchivs in Berlin, einige im Institut für Zeitgeschichte München. Die dänischen Hefte erschienen unter dem Titel »Germansk Budstikke«. NIOD 007/4 (Berger an Rauter 26.6.1944). Nachweise und Materialien finden sich in: NS 31/407, 410, 411 und 417, NS 2/47 sowie NSD 38/179-181 (dänische und norwegische Hefte). Der Hinweis auf ein estnisches Leitheft in: SSHauptamt, Hg., Die Abt. VI, Nachrichtendienst zur Führung der Weltanschaulichen Erziehung, April 1944 (NSD 41/5). Riedweg plante außerdem eine Frontzeitung für die Germanische SS unter dem Titel »Wiking«. Sie sollte 14täglich mit 8 Seiten in einer deutschen und in fremdsprachigen Ausgaben erscheinen und kostenlos an die Germanischen Freiwilligen und deren Familien verteilt werden: NS 19/274 (12.2.1943). Riedweg brachte außerdem einen aufwändig gestalteten Bildband unter dem Titel »Germanische Gemeinschaft« heraus, der als Zeitschrift geplant war, aber offenbar über den ersten Band nicht hinausgekommen ist. Er enthielt großformatige Fotos, Gedichte und einige kurze Essays von Riedweg, Pastenaci, Walter Faltz und Bernhard Frank. Der Band erschien auch in dänischer und niederländischer Ausgabe; Wyss, Un suisse au service de la SS S. 105 f. Jacobsen war von Anfang Juni bis Ende August 1940 Kommandeur der Standarte Nordland. Zum 1. September wurde er als Hauptabteilungsleiter im SS-Hauptamt von Himmler mit einem Sonderauftrag betraut, bei dem es sich um den Aufbau der Germanischen Leitstelle gehandelt haben dürfte. Am 13.9.1940 legte Jacobsen einen Vorschlag zur Errichtung einer Germanischen Leitstelle vor, auf den Himmler in seinem Brief an Berger Bezug nahm. Vopersal ordnet diesem Vorschlag einen Gliederungsplan zu, der aber erst später entstanden sein kann (s. u.). Im Januar 1941 existierte eine »HAbt. VI Dienststelle Dr. Jacobsen«, deren endgültige Bezeichnung noch nicht feststand: NS 31/72; MA Fbg., N 756/330b. NS 31/96, Bl. 2, Gliederungsplan des SS-Hauptamtes. NS 31/389, Geschäftsverteilungsplan des SS-Hauptamtes vom 15.3.1942; MA Fbg: N 756/330b.

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NS 2/143, Bl. 14. Biographische Daten: SSO und RS Jacobsen, Dr. Rudolf, 1.5.89. SSO, RS und DS Koopmann, Dr. Paul, 8.12.11. Nach 1945 leitete Koopmann die Deutsche Schule in Tingleff und nahm als Gemeinderat politische Funktionen in der deutschen Minderheit in Nordschleswig wahr (Nordschleswig-Wiki). SSO und RS Petzold, Theodor, 4.3.13; NS 31/360, NS 31/42. SSO und RS Feldmüller, Karl, 20.12.03. – Weitere Mitarbeiter der Abteilung VI.3 waren nicht zu ermitteln. Rohrkamp (»Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 356) datiert die Umbenennung auf den Juni 1943; in zahlreichen Dokumenten wird die neue Nomenklatur jedoch schon im Februar und März 1943 verwendet, so dass die Umbenennung in diesem Zeitraum erfolgt sein dürfte. Siehe z. B. NS 31/96 (8.2.43); NS 31/360 (17.3.43), Arch. Stutth. I-VIA-61 (5.2.43). MA Fbg, N 756/330b. NS 31/360, Bl. 122. Boecker verfasste 1944 einen Beitrag über »Die Geburt des germanischen Europa um 500 n. Chr.« für das SS-Leitheft: PK Hanns Jörg Boecker, 5.5.15. In den Tagesbefehlen des SS-Hauptamtes wird Jacobsens verbliebene Dienststelle, die Redaktion der »Germanischen Reihe« trotzdem noch 1944 und Anfang 1945 weiter unter »Amt D III« geführt: NS 31/4, 5 und 6; siehe beispielsweise auch die Kommandierung des SS-Sturmmannes Wilhelm Krieg zum Amt D III »Germanische Reihe« vom Oktober 1944 und die Erwähnung des Sturmmannes Ewald Pelikan als Mitarbeiter der Dienststelle im Februar 1945: NS 31/5 Bl. 29, NS 31/6, Bl. 89. Niederlande-Referent war Willem Heubel, Sohn eines Bankiers und Bruder der bekannten holländischen Nationalsozialistin Florentine Rost van Tonningen (NS 31/4). Heubel, der eine Lehre bei der Deutschen Bank in Hamburg absolviert hatte, war bereits 1929 Mitglied der Hamburger SA geworden: SSO Heubel, Willem Johannes, 7.6.10. Die Referate »Schweiz« und »überstaatliche Mächte« leitete der 1893 geborene Schweizer Autor und Lehrer Hermann Weilenmann; er hatte Jura und Geschichte studiert und in Kiel mit einer Arbeit über »Die Vereinigung der Deutschen und Romanen in der Schweiz« promoviert, nach dem Krieg war er Direktor der Züricher Volkshochschule. Das Flandern-Referat leitete der belgische Chemie- und Physik-Student Theo Pasques; er hatte zuvor im Regiment »Westland« gedient, war Anfang 1943 bei der »Befehlsstelle der HitlerJugend« in der Außenstelle Brüssel (Dienststelle Jungclaus) tätig und arbeitete anschließend in der Betreuung des Sturmbanns »Flandern«: SSO und RS Pasques, Theo, 14.6.22. NS 31/8. Ebd., Geschäftsverteilungsplan vom 1.6.1944, und NS/31/1: Geschäftsverteilungsplan vom 1.12.1944; siehe auch S. 164. Der Geschäftsverteilungsplan der Amtsgruppe D vom Dezember 1944 weist nur die Stellen für die Ämter D I und D II aus sowie – ohne nähere Zuordnung – die »Hauptabteilung Staf. Jacobsen: Germanische Reihe«, das Haus Germanien und das Ausbildungslager Sennheim. Die Leitstelle »Nord« umfasste folgende Abteilungen und Verbindungsstellen: 2a Nordraum (Rabius); 2b Finnische Verbindungsstelle (Purjo; Aaltonen); 2c Estnische Verbindungsstelle (Sörensen); 2d Norwegische Verbindungsstelle (Brunaes); 2e Schwedische Verbindungsstelle, 2f Dänische Verbindungsstelle (B. Sörensen); 2g Britannien: Sonderaufträge (Dr. Kühlich), 2h Britische Verbindungsstelle (Dr. Vivian Stranders). 3a Nordwestraum (Jesch), 3b Niederländische Verbindungsstelle (Heubel, Rappard), 3c Flämische Verbindungsstelle (Pétré, Londers), 3d Wallonische Verbindungsstelle (Jean Roman, Malisart), 3e Südwestraum (Dr. Wilkening), 3d französische Verbindungsstelle (Fluhr). Im Geschäftsverteilungsplan vom 1.6.1944 waren die Aufgaben etwas schwammig so definiert: »Herstellung und Aufrechterhaltung der Zusammenarbeit mit den anderen Sektoren der germanischen Arbeit, Verbreitung des germanischen und europäischen Gedankens.« NS 31/8. Die »Germanische Mittelstelle« geht wohl auf Anregungen Jacobsens zurück, der bereits 1940 die Errichtung einer »Verwandtvölkischen Mittelstelle« vorgeschlagen hatte: Vopersal N 756/336a. SSO Minke, Paul, 10.10.00. NS 31/74 (ohne Datum). NS 21/930. SSO Leysen, Siegfried, 10.5.24.

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SSO und RS Philip(p)s, Karl, 1.10.18, NIOD 077/292; SSO Heyer, Wilhelm, 26.11.11. SSO und RS Hildebrand, Wilhelm, 6.9.1908; MA Freiburg: RS 2-3/2. Otto Plassmann vom »Ahnenerbe« bemängelte in einem Gespräch mit Rauter Hildebrands fehlendes Taktgefühl im Umgang mit Holländern; er stelle ihnen unrealistische Aufgaben und beschimpfe sie als »faule Tiere«, die »überhaupt erst einmal richtig arbeiten lernen müssten« (DS-G 135 Hans Ernst Schneider, Aktenvermerk 10.6.1942). Hildebrand sah sich dagegen als ein Opfer von Intrigen: NIOD 0787/4 (23.11.43). SSO und RS Doornik, Hendrik Jacobus van, 14.4.10. RuS-Führer in Den Haag war Herbert Aust, sein Referent der holländische Künstler Johan F.C. Schram (NS 31/1803). SSO und RS Kurz, Emil, 17.3.08. Kurz referierte am 4.3.1944 über seine Erfahrungen in der »VIArbeit in den E.-Einheiten der Niederlande« auf der Tagung über die »VI-Arbeit« in der Plassenburg (NS 19/2194; IfZ, MA 356). R 70 Norwegen 33. Siehe S. 327. SSO und RS Walli, Eldon, 28.1.13; RS Mahler, Wilhelm, 17.8.10; RS Schrade, Hans, 14.6.09. Weiterer Mitarbeiter der Abt. VI beim HSSPF Oslo war der 1904 in Erfurt geborene Unterscharführer Werner Leisering, von Beruf »Werkführer«, seit 1933 NSDAP-Mitglied: SM und OGK Leisering, Werner, 15.12.1904. Der idealtypische Weg für künftige Führer der germanischen Waffen-SS begann mit der Meldung zur SS, der Zusammmenfassung in einem Vorbereitungslager, einer etwa drei Monate dauernden Grundausbildung in Sennheim, der Zuweisung zum Dienst in einer Einheit der Waffen-SS und schließlich der Kommandierung zu einem Führerbewerberlehrgang in Tölz. Beispiele solcher Biographien finden sich in MA Fbg., RS 13/142. NS 31/8 Bl. 48. Die Ausbildungslager schlossen Anteile militärischer Ausbildung mit ein und wurden daher auch für die Ausbildung von Rekruten der Waffen-SS genutzt. NS 19/3987; Gingerich, Waffen SS Recruitment, S. 826 f. Siehe die Darstellung zur Entstehung des Lagers in: »Die Aktion«. Kampfblatt für das neue Europa. 2. Jg., Mai 1941; ausführlich zu Sennheim: Mounine, Cernay. Vopersal N 756/336b. NS 31/360. Dies betraf die in die »Deutsche Volksliste« aufgenommenen Elsässer, denen die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Dazu Heinemann, Rasse, 2003 S. 318 ff. und 341 ff. NS 19/2256 (12.6.43; das Gespräch fand am 5.6. statt). – Bei der Gelegenheit kam auch zur Sprache, dass der SS bereits das Kloster Rappoltsweier zugesprochen worden war und bis zum 1. August »freigemacht« werden sollte, um hier ein Heim des Lebensborn einzurichten. NS 19/1556 (8.7.43), 19/3570 (6.11.43). Das Genesenden-Bataillon wurde in Wesserling stationiert und dem Kommandeur des Ausbildungslagers Sennheim Ernst Fick unterstellt. Ebenfalls in der Nähe entstand die Berufsoberschule der Waffen-SS Gebweiler mit einem landwirtschaftlichen Zug in Rufach: NS 31/9; 31/360 (20.12.43). In Rufach wurde zugleich eine Napola errichtet (Reichsschule für Volksdeutsche), so dass in der Region ein dichtes Netz von Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen der SS entstand. Laut Bericht der Germanischen Leitstelle fand 1943 ein Grundausbildungs- und ein Unterführerlehrgang für Flamen sowie ein Lehrgang für Skandinavier statt; für niederländische »WA-Männer« (»Weerafdeling« der NSB, eine der SA vergleichbare paramilitärische Truppe der von Mussert geführten NSB) fand der 5., für Männer der germanischen Sturmbanne im Reich der 4. Lehrgang statt: NS 1/524. Dienstplan vom 21. bis 27.2. (wahrscheinlich 1944): IfZ, MA 356. Christensen u. a., Under hagekors og dannebrog, S. 281 ff. Siehe die zahlreichen Berichte bei Mounine, die sich allerdings nur selten anhand von Quellenverweisen überprüfen lassen. Fotos belegen die Praxis des rasse- und volkskundlichen Unterrichts anhand von Tafeln, ein Foto zeigt einen Schulungsleiter vor einer Tafel mit den Güntherschen Rasseköpfen (ebd. S. 139). Die Fotos befinden sich im MA Fbg, N 756/336a. Siehe die Berichte bei Mounine, Kapitel »Les Français«, S. 253 ff. NS 31/225. NS 31/225, 31/214. Mounine, Cernay, S. 373 ff.

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NS 31/214; siehe S. 222 f. NS 2/152; NS 2/67 (23.4.41). NS 21/285. NS 21/942 (23.1.1944); Kater, Ahnenerbe, S. 185 f.; Harten, Peter Petersen, S. 265 ff. An anderer Stelle werden zwei andere Lichtbildervorträge von Paulsen genannt: »Germanentum und Panslawismus in der Frühgeschichte« und »Urgermanische Zeit« (NS 21/43). Jacobsens Liste stammte vom 10.3.1944 und enthielt weitere geplante Vorlesungen bis Mitte April (NS 21/43); die Liste weicht nur leicht von einer früheren Aufstellung ab, die Jacobsen am 24.2. anfertigte (IfZ, MA 356). IfZ, MA 356 (24.2.44). SSO und RS Lindemann, Iver/Iwer, 10.5.15. RS Büeler, Dr. Heinrich, 12.12.01; Mounine, Cernay, S. 306 und 467; Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 126. – Büeler wurde 1946 in der Schweiz zu 12 Jahren Haft verurteilt, kam aber 1954 wieder frei und arbeitete danach als Rechtsberater für die Commerzbank. SSO Bender, Helmut, 9.3.12. – Die Ausbildung französischer Freiwilliger in Sennheim stieß übrigens bei der deutschen Zivilverwaltung im Elsass auf wenig Verständnis; im Dezember 1943 beklagte man sich beim RFSS darüber, dass »mit dem Auftreten französischer Freiwilliger« in Sennheim die französische Sprache wieder häufiger zu hören sei, obwohl sie seit 1941 im Elsass verboten war; man möge doch die Franzosen in Zukunft im Altreich ausbilden (R 83 Elsass/94). SSO und RS Paulus, Peter, 31.5.15; NS 31/3. SSO und RS Kopp, Dr. Erich, 29.5.07. NS 31/1, Bl. 65-67. NS 31/1, Bl. 65; SSO und RS Paul, Hanns, 17.4.02; biographische Skizze bei Hesse, Professoren, S. 555 f.. – 1937/38 war Paul Studienrat an den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten Spandau und Plön, danach unterrichtete er an der Oberschule in Oberursel; nach der Entnazifizierung wurde er 1950 wieder als Studienrat in Oberursel eingestellt. RK Zander, Dr. Alfred, 2.4.05; zu Zander siehe auch Seidler, Kollaboration, S. 558 ff.; Handbuch des Antisemitismus. SSO Ziebarth-Schroth, Emil, 29.1.05; SSO Wacker, Dr. Friedrich, 11.9.01; ZB 6766. Merlin war Redakteur der »Jeune Force de France«. Zur Person: Mounine, Cernay, S. 318 ff. Der Plan befindet sich zusammen mit weiteren Wochenplänen in einem Aktenbestand des Genesenden-Bataillons Wesserling, das zeitweise von der Abteilung VI in Sennheim mit betreut wurde: NS 31/196, hier Bl. 222 f. Die DNSAP war das dänische Gegenstück zur NSDAP. Sie wurde 1929 gegründet und verfügte wie das deutsche Vorbild auch über eine paramilitärische »Sturmabteilung«. Politisch blieb sie bis zum Beginn des Krieges unbedeutend; bei den Parlamentswahlen 1935 erreichte sie keinen einzigen Sitz: Nolte, Die faschistischen Bewegungen, S. 268 f. Werther, Dänische Freiwillige; Christensen u. a., Under hagekors. Der Lehrplan für Klagenfurt ist abgedruckt bei Lauritsen, I Tysk Krigstjeneste, S. 1367. NSD 38/181; BDC 31.54. Best war im Oktober 1942 zum »Reichsbevollmächtigten« für Dänemark ernannt worden. Dokumente zur Tagung in NS 21/58, 287 und 938. SSO Kam, Sören, 2.11.21. Kam verfasste auch Beiträge für das Germanische Leitheft: NS 31/75, Bl. 131. Nach dem Krieg nahm er die deutsche Staatsbürgerschaft an und ließ sich als Verkaufsleiter einer Brauerei in Kempten nieder (Internet). Siehe den Monatsbericht der Germanischen Leitstelle für Oktober 1942: NS 31/375 Bl. 6-12. NS 19/1557. NS 19/3451 Bl. 193 ff. Larsen u. a., Hg., Meldungen aus Norwegen, S. 1132. NS 19/3451 (12.10.1942); siehe auch Meldungen aus Norwegen, S. 789 und 999. NS 31/375 (Monatsbericht für Oktober 1942). 3000 Exemplare von »Germaneren« waren zu Werbungszwecken für den Straßenverkauf bestimmt. SSO Torkildsen, 21.7.1916; SSO Furuseth, Ola, 31.5.08; NS 31/8 und 31/4. Als ein weiterer Lehrer von Kongsvinger war Helge Tollefsen auszumachen, 16.2.1918 geboren; er kam vom Regiment »Germania« als Angehöriger des Ersatzbataillons »Wiking« nach Kongsvinger (SS-Listen A-20): Olav Bogen, Satans soenner.

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Kott/Rougthved, Politiutdannelse. 1942 war auch das Ersatz-Bataillon der Legion Norge in Holmestrand stationiert. Dabei kam es im Juni 1942 zu einem Skandal, als Angehörige der Legion eine Gruppe norwegischer Krankenschwester, die dort zu einer Abschiedsfeier eingeladen waren, mit Alkohol zu betäuben suchten, um sie anschließend zu vergewaltigen: NS 19/3451 (12.6.1942). J. Fink, Die Schweiz aus der Sicht des Dritten Reichs, S. 70 ff.; Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 120 ff. SSO Nikles, Alfred, 4.1.07; Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 122. SSO Schaeppi, Benno, 24.11.11. Schaeppi wurde 1947 verhaftet und zu 16 Jahren Haft in der Schweiz verurteilt. 1956 kam er frei und ließ sich als Journalist und Verlagsvertreter in Deutschland nieder. Er starb 1988 in Eckernförde (Internet). Nach Schaeppi wurde der 1915 in Triesenberg geborene Sepp Nägele von der Amtsgruppe D mit der Leitung des Planettaheims betraut. Nägele gehörte zuvor schon der Amtsgruppe D als Unterscharführer an: SM Nägele, Sepp, 24.1.15; NS 31/4, Bl. 143. RS Büeler, Dr. Heinrich, 12.12.01 ;SSO Menzi, Fridolin, 13.7.11; SSO und RS Maag, Othmar, 4.7.17. Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 128 f. und 140. Zu Büeler und Zander siehe auch die Kurzbiographien in Seidler, Die Kollaboration. NS 31/375 (24.8.1942). NS 21/989 und 285. NS 21/285 (12.3.1943). Ebd. (Kurier Tageblatt 14.5.1943). Als besonders wertvoll galt daher das niedersächsische Bauerntum. Schon 1939 hatte der Chef des RuSHA Günther Pancke vorgeschlagen, vorzugsweise »rassisch und SS-mäßig best qualifizierte niedersächsische Bauernsöhne zur Besetzung der Wehrhöfe an der Grenze« heranzuziehen (NS 2/77, Bl. 204). MA Fbg, RS 2-3/2 (18.5.1943). Harten u. a., Rassenhygiene, S. 234. Zuvor hatte es schon Pläne gegeben, die holländische Universität Leiden zu einer »Germanischen Universität« auszubauen: In’T Veld, SS en Nederland, S. 853; Gerhard Hirschfeld, Nationalsozialistische Neuordnung, S. 88 ff. Die Hildesheimer Altstadt blieb dagegen lange von Bombenangriffen verschont und wurde erst am 22.3.1945 zerstört. Die Verlegungen betrafen offensichtlich vor allem das Amt D II und die Verwaltung der Germanischen Leitstelle, denn das Amt D I war noch Ende 1944 in Berlin in der Westfälischen Straße untergebracht. MA Fbg., N 756/333b. SSO und RS, Elsen, Heinz, 28.4.1910. NS 3/1592: Raumprogramm für das »Haus Germanien« in Hildesheim. Bei dem Gebäude handelte es sich um das Kloster St. Michaelis, Klosterstr. 8. Im Frühjahr 1944 plante man, durch Umbau des Nachbargebäudes in der Klosterstr. 6 Raum für vier Dienstwohnungen zu schaffen, eine für den Kommandeur, die anderen für Lehrer der Schule (IfZ: MA 392). Ende 1943 war davon die Rede, die Lehrgangsdauer wenn möglich von sechs auf acht Wochen zu erhöhen und nach dem Krieg auf drei Monate auszudehnen. Auf mittlere Sicht plante man 200 bis 250 Männer aus den germanischen Ländern aufzunehmen (NIOD 077/293: Aktenvermerk vom 16.11.43; NS 1/524). NS 31/360, Bl. 131. NS 1/524, Berichte der Germanischen Leitstelle, Finanzen, Wirtschafts- und Vermögensverwaltung 1943/44. NS 2/70, Bl. 3 und Bl. 117-124; Hinweis auf Babelsberg auch in NS 31/375, August 1942. Nach Mounine fand noch vom 18.3. bis 19.4.1943 in Babelsberg ein »Politischer Führerlehrgang der Germanischen SS« statt (Mounine S. 144). Im September/Oktober 1943 betreute Petzold die Deutschlandreise eines »Lehrganges der Politischen Führerschule für germanische Freiwillige«; es ging unter anderem um das Programm für einen Aufenthalt in Nürnberg, den Besuch der Oper »Tannhäuser« und die Unterbringung von 32 Männern in Hotels. Vielleicht fand zu diesem Zeitpunkt noch ein Lehrgang in Babelsberg statt, möglicherweise handelte es sich hier aber auch bereits um die Teilnehmer des ersten Lehrgangs, der am 26.10. in Hildesheim begann, die zuvor eine Rundreise durch Deutschland unternahmen (in SSO Horn, Hans, 6.6.1911). NIOD 077/293 (20.8.1942); Programm für den ersten Lehrgang, 23.10.43 (ebd.). Ebd.; an anderer Stelle war nur von 26 Teilnehmern die Rede, darunter jeweils zwei Schweden, Schweizer und Wallonen: NIOD 077/293: Aktenvermerk vom 16.11.43.

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Eckert wurde 1937 NSDAP-Mitglied. Er trat 1943 als SS-Schütze in die Dienste des Hauses Germanien ein und gehörte ihm noch Ende 1944 als Oberscharführer der Fachgruppe Schulung an. Eckert war Verfasser einer von der Reichsstudentenführung herausgegebenen Schrift, die ihn als Historiker auswies: Studenten sind Soldaten. Zeugnisse von Waffentaten und Kriegsdienst deutscher Studenten in 6 Jahrhunderten, Berlin 1942: NS 31/5; PK und RK Eckert, Dr. Helmut, 1.2.11. Zwischenzeitlich leitete der Diplomkaufmann und Sturmbannführer Anton Wellbrock für sechs Wochen das Haus Germanien, bevor Paulsen sein Amt im Juni 1944 antrat (NS 31/4 und 8). SSO, RS und PK Paulsen, Dr. Peter, 9.10.1902; DS-G 129; DS-B 77; NS 31/4; Jacobs, Peter Paulsen. Paulsen war nach 1945 zunächst als Lehrer und später als Konservator tätig: Pape, Entwicklung. SSO und RK Bell, Dr. Heribert, 17.6.1911; NS 31/3. Er wird noch im Januar 1945 als Angehöriger der Fachgruppe Schulung beim Haus Germanien geführt: NS 31/4 und 6, Bl. 57; RS Stössel, Dr. Werner, 31.3.10. Anfang 1945 wurde er vom Schulungsamt noch als Dozent zu den Lehrgängen für NS-Führungsoffiziere der Wehrmacht abgeordnet. Zu Greite siehe S. 153 f. SSO, RS und DS Krellmann, Paul, 12.7.15; NS 31/2 und 4; MA Prag, BdW-SS BuM, k.5-28; siehe auch S. 530. – Im Herbst 1944 war außerdem geplant, den Historiker Kurt Schilling, Professor an der Universität München, und den Kunsthistoriker Hans W. Hegemann für das Haus Germanien zu engagieren: Aktenvermerk Hans E. Schneider 19.10.1944: IfZ MA 392. Hans Ernst Schneider arbeitete zur gleichen Zeit an Planungen, »germanische Wissenschaftler«, die aufgrund der Kriegslage gezwungen waren, nach Deutschland zu fliehen, hier unterzubringen und sinnvoll einzusetzen. Dabei kam ihm die Idee einer gemeinsamen Unterbringung »eventuell in einem nach dem 20. Juli beschlagnahmten Gutshaus in der Nähe der Universität Göttingen oder Erlangen«. Die Wissenschaftler sollten mit kulturpolitisch und propagandistisch verwertbaren Aufgaben betraut werden, und die Arbeit des Germanischen Wissenschaftseinsatzes sollte »in ihrem Gerippe wenigstens soweit organisatorisch zusammengehalten werden, dass jederzeit ein Neuanfang in den jetzt feindbesetzten Gebieten wieder möglich ist.« DS-G 135 H.E. Schneider (Vermerk 20.10.44). NS 21/791 und 794; NS 21/58; IfZ MA 392. IfZ MA 392 (Vermerk vom 25.11.1944). Zwischen Paulsen und dem »Ahnenerbe« war es schon vorher wiederholt zu Reibereien gekommen, weil Paulsen eigene Forschungsinteressen ohne Abstimmung mit dem »Ahnenerbe« durchzusetzen suchte; siehe z. B. den Schriftwechsel von Februar/März 1944 in NS 21/351. IfZ, MA 392 (Vermerk Schneiders vom 19.10.44). Zu den Konflikten zwischen Paulsen und dem Ahnenerbe siehe auch die Dokumente in NS 21/285. Die Konflikte waren letztlich in einer mangelhaften Abgrenzung der Zuständigkeiten von Germanischer Leitstelle und Ahnenerbe begründet: Im August 1942 hatte Hinmler unter Bezug auf Bormanns Anordnung vom 12.8.42 bezüglich »Verhandlungen mit allen germanisch-völkischen Gruppen« verfügt, das mit der Bearbeitung all dieser Fragen beauftragte Hauptamt sei das SS-Hauptamt; im Oktober 1942 folgte aber die Anordnung, dass die gesamte »großgermanische wissenschaftliche Arbeit« Sache des Ahnenerbe sei, wenn auch »in engster Fühlungnahme« mit der Germanischen Leitstelle: NS 21/935. Die Überschneidung der Kompetenzen wurde durch die Person und Dienststellung Hans E. Schneiders überbrückt. NS 31/2 bis 8. Hier wird auch ein 3. Führerlehrgang erwähnt, der vom 15.3. bis 26.4.1944 stattfand: NS 31/2, Bl. 108. Wyss, Un suisse au service de la SS, S. 95 f. Rundschreiben Riedwegs vom 24.8.1942: NS/31/375, Bl. 4 NS 33/213; IfZ Fa 78; Wegner, Pangermanische Armee, S. 123. In’T Veld, SS en Nederland, S. 166. NS 19/3949; Hathaway, In perfect formation, S. 137. Siehe S. 311 das Beispiel des 4. Lehrgangs für germanische Offiziere. SS-Listen A 11. Für die »germanischen Freiwilligen« wurde ein deutscher Sprachunterricht organisiert. Obergruppenführer Steiner, der kommandierende General des germanischen Panzerkorps, hatte im Mai 1943 angeregt, um den »großgermanischen Gedanken« zu fördern, solle man doch deutsche und nichtdeutsche »germanische Führeranwärter« gemeinsam ausbilden und für die Deutschen eine außerdeutsche germanische Sprache als Pflichtfach einführen. Himmler lehnte die Einführung einer Fremdsprache während des Krieges ab: Wegner, Pangermanische Armee, S. 125.

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Rühle war 1942 Sonderbeauftragter bei Seyß-Inquart und Führer des Mannschaftshauses Leiden, 1943 war er Kompanieführer in der Brigade »Nederland«. So Hans E. Schneider während der Vorbereitungen zu der Tagung, die ursprünglich in Danzig stattfinden sollte: NS 21/285 (28.11.1942). Städt. Archiv Bad Tölz, Id8: Reichsführerschule der SS in Bad Tölz 1933-1944. SS-Listen A 11. Nagel, »Mit dem Herzen, dem Willen und dem Verstand dabei«, S. 595 und 613. Roth, Heydrichs Professor, S. 306. – Ob Rühle von Lilienstern nach dem Weggang Paulsens die Vortragsreihe fortgesetzt hat, ist unklar. Für den 5. bis 8. Dezember plante er eine Vortragsreihe, auf der »namhafte Professoren« über den Südostraum sprechen sollten; der Cromwell-Spezialist Walter Faltz von der Dienststelle Heißmeyer sollte über Cromwell und »Oberst Lawrence« referieren. Ob die Vortragsreihe zustande kam, ist aber nicht gewiss. Aus einem Briefwechsel zwischen Rühle und Alfred Franke-Gricksch geht hervor, dass Franke-Gricksch für den 8.12. einen Vortrag zugesagt hatte, von Rühle aber Ende Dezember gebeten wurde, ihn in der zweiten Januar-Hälfte zu halten. IfZ, MA 390. Kwiet, Mussert-Bewegung; Müller, Formierung, S. 784; Mounine, Cerrnay, S. 56. Feldmeijer trat gegen den Willen Musserts geschlossen mit seiner Garde in die SS ein; Mussert enthob ihn daraufhin seines Postens, musste ihn aber auf Anweisung Seyss-Inquarts wieder einsetzen: Loock, Großgermanische Politik, S. 58. 1942 hatte die NSB einschließlich sog. »sympathisierender Mitglieder« etwa 101 000 Mitglieder: Loock, Großgermanischen Politik, S. 52. Zu den genannten Zahlen: NS 31/375 (Monatsbericht des Amtes VI im SS-Hauptamt für Oktober 1942); Kwiet, Mussert-Bewegung, S. 169 f. und 177; Mounine, Cernay, S. 123. In der SS dienten nach Mounine insgesamt etwa 36 000 Niederländer, davon 25.000 in der Waffen-SS, 4000 in der Germanischen SS und 7000 in den Germanischen Sturmbannen (ebd. S. 125). Rauter fügte einschränkend hinzu: »Feldmeijer macht mir allerdings grossen Kummer auf dem genussüchtigen Sektor.« In’T Veld, SS en Nederland, S. 708. Vorausgegangen war ein Gespräch Himmlers mit Mussert, in dem sich Himmler darüber beschwerte, dass in der NSB zu wenig über den großgermanischen Reichsgedanken geschult werde, und eine Umstellung auf »eindeutige weltanschauliche Führung« forderte: NS 19/1556 (8.7.43). – Gegenüber Rauter hatte Himmler schon 1942 geäußert, er habe den Eindruck, »dass Mussert eine rein niederländische egoistische Politik der Machtergreifung betreibt und ihm der Kampf im Osten gleichgültig ist«: NS 19/3363 (14.3.42). Vermutlich spielten auch Bemerkungen von Alfons Brendel, dem Kommandeur der SS-Schule Avegoor, auf der Tagung der »Germanischen AG« in Hannover im Mai 1943 darauf an, dass Mussert Feldmeijers Aufstieg und damit auch die »germanische Arbeit« in den Niederlanden behinderte: »Dr. Brendel sieht das ganze auch als ein Führungsproblem an. Die Dinge in den Niederlanden seien deshalb missglückt, weil niemand mehr dagewesen sei, der die Disziplin gehalten hätte. Es müsse ein Mann da sein, der auf Grund seiner Persönlichkeit und seines Dienstgrades in der Lage sei, die Ziele des Reichsführers durchzusetzen, der vom Reichsführer gestützt würde und auch vom Ahnenerbe die wissenschaftliche Unterstützung bekäme. Dann müsste eine Lösung möglich sein« (NS 21/989, Bl. 176 ff.). Brendels im Juli 1943 realisierter Vorschlag, Avegoor zum Zentrum für die Schulung der Germanischen SS in den Niederlanden zu machen, dürfte vor diesem Hintergrund auch als ein Schritt zu verstehen sein, die Schulungsarbeit der Germanischen SS ganz aus der Abhängigkeit von Mussert und der NSB zu lösen. NS 19/2263 und 3364; In’T Veld, SS en Nederland, S. 1170. – Van Geelkerken war Musserts Stellvertreter und Leiter des »Jeugdstorms«, Nije war Jeugdstormführer für Den Haag. Nachenius war auch mit Bernhard Kummer befreundet, mit dem er einen Briefwechsel unterhielt: NIOD 077/232. – SSO und RS Nachenius, Jan Coenraad, 12.8.90. DS-G 135 H.E. Schneider (1.7.40); Müller, Formierung des ›Grenzraums‹, S. 78. NS 21/933 (17.3.1944) Vorläuferorganisation war die Stiftung »Der Vaderen Erfdeel«, der Feldmejer, Nachenius und andere führende Vertreter der »germanischen Bewegung« in den Niederlanden angehörten: Henkes/ Rzoska, Volkskunde und ›Volkstumspolitik‹, S. 301. Henkes/Rzoska, Volkskunde und ›Volkstumspolitik‹, S. 317 f. SSO Theunisz, Johannes, 7.9.00; SSO Snijder, Geerto, 25.6.1896; In’T Veld, SS en Nederland, S. 926. NS 21/77; Lerchenmüller, Hans Ernst Schneiders/Hans Schwertes Niederlande-Arbeit, S. 1139.

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Berichte der Germanischen Leitstelle, Finanzen, Wirtschaft und Vermögensverwaltung Mai 1943: NS 1/524. Zu diesen Plänen: Bosma, Verbindungen zwischen Ost- und Westkolonisation; Fahlbusch, Westdeutsche Forschungsgemeinschaft, S. 629. – Auswahl und Eignungsprüfung der Siedlungsbewerber für Lublin begannen schon 1942, zuständig war Ostuf. Viebinger vom Mannschaftshaus Leiden: NS 2/82. 1943 waren auch etwa 2000 niederländische Bauarbeiter für die SS in der Ukraine tätig: Schulte, Zwangsarbeit, S. 370 ff. DS-G 135 Schneider, Aktenvermerk 27.1.1941. Rudolf Jacobsen plante Anfang 1942 ebenfalls, ein Heft der »Germanischen Leithefte« bevölkerungspolitischen Fragen und »der Frage der Besiedlung der neuerworbenen Ostgebiete« zu widmen: NS 31/75, Bl. 124. De Haas, 1907 in Amsterdam geboren, war von Beruf Architekt, arbeitete aber schon 1936 als Redakteur beim »Nationalen Dagblad«. Er gehörte seit März 1937 der NSB an und wurde im Mai 1942 Untersturmführer der niederländischen SS, im Juni 1944 folgte seine Beförderung zum Obersturmführer: SSO Haas, Nicolaas de, 23.6.1907; In’T Veld, SS en Nederland, S. 943. DS-G 135 Schneider, Aktenvermerk 10.10.40. NIOD 077/309; DS-G 135 Schneider (1.4.1943), NS 21/985; Henkes/Rzoska, Volkskunde und ›Volkstumspolitik‹, S. 320. Einem Bericht vom 2.6.1944 zufolge sollte der »Hamer« danach mit 15.000 Exemplaren in der niederländischen, 5000 in der flämischen und 11.000 in der deutschen Ausgabe erscheinen: NS 21/933. Zwei Exemplare gingen an die Abt. D I/5 des WuVHA, je 5 Exemplare erhielten die Konzentrationslager Riga, Sachsenhausen, Dachau, Buchenwald, Mauthausen, Flossenbürg, Auschwitz, Neuengamme, Ravensbrück, Natzweiler, Groß Rosen, Lublin, Herzogenbusch, Hinzert, Stutthof, Warschau und Bergen-Belsen; auch das Wachbataillon von Theresienstadt stand auf dem Verteiler: NS 21/941. DS-G 135 H.E. Schneider (18.11. und 14.10.1940). Unter anderem fanden im Oktober 1942 in Scheveningen und Januar 1943 in Den Haag Fortbildungsveranstaltungen speziell für Ärzte und Medizinstudenten über Fragen der Erbgesundheitslehre, Rassenkunde und Rassenhygiene statt: NIOD 007/238; NS 2/149, Bl. 166 f.; SSO Van der Hoeven, Dr. Jan van der, 28.4.12. Auf einer Tagung im Januar 1944 besprach man unter anderem die Herausgabe eine »Germanischen Märchenbuchs« und eines »Germanischen Geschichtsbuchs«; mit dem Geschichtsbuch war Studienrat Dr. Anderle vom Schulungsamt beauftragt worden: Mitarbeiterbesprechung der Abt. »Germanischer Wissenschaftseinsatz« 9.-11.1.44 in Salzburg: NS 21/985. NIOD 077/309. NIOD 007/4 (Feldmeijer an Rauter 13.6.44 und Berger an Rauter 26.6.44). NIOD 007/309. Van Houten war, als er in die Waffen-SS aufgenommen werden sollte, von drei Eignungsprüfern »malaiischer Blutseinschlag« attestiert und deshalb als SS-untauglich gemustert worden; nach Intervention Feldmeijers und einer Stellungnahme der Germanischen Leitstelle, die keinen Anhaltspunkt für »fremdvölkische« Vorfahren in der Ahnentafel fand, erteilte das RuSHA dann doch die Genehmigung (DS Houten, Reinier van, 11.5.08; NS 19/782; NS 21/58). Van Houten gehörte zusammen mit seinem Bruder Herman zu den Gründern der Volkschen Werkgemeenschap; Herman van Houten, von Beruf Landwirtschaftsingenieur und wie sein Bruder Untersturmführer der niederländischen SS, war Sekretär der Werkgemeinschaft (In’T Veld, SS en Nederland, S. 514). Ebd.; RS Etten, Hendrik Willem van, 2.9.16. Van Etten war Napola-Schüler; er gehörte 1942 der Kriegsberichter-Abteilung der Waffen-SS an und verfasste Berichte und Artikel für die nationalsozialistische niederländische Presse (MA Fbg., RS 16/8). Schneider kündigte Anfang 1941 die Veröffentlichung einer 80-Seiten-Schrift von van Etten über die niederländische Ost-Siedlung im Hamer-Verlag an (DS-G 135 Schneider). NIOD 007/309. In’T Veld, SS en Nederland, S. 282 f. NS 31/360 (17.3.1943). NIOD 007/293 Vermerk vom 24.7.43; In’T Veld, SS en Nederland, S. 1229; NS 1/524 (Bericht der Germanischen Leitstelle, Finanzen, Wirtschaft und Vermögensverwaltung für Juli 1943). Die Dissertation war eine empirische Untersuchung zu Rechtschreibefehlern in Arbeiten bayrischer Schüler, ohne weltanschaulich-ideologische Inhalte. Aloys Fischer war der Betreuer, starb aber vor Fertigstellung der Arbeit im November 1937, nachdem er im Juli des Jahres aus dem Hochschul-

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dienst entlassen worden war, weil er es abgelehnt hatte, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen. Die Betreuung wurde danach von Georg Burckhardt übernommen. Aus der Stabskompanie ging später das »Wachbataillon Nordwest« hervor, das auch für die Bewachung der Konzentrationslager in den Niederlanden zuständig war. SSO, RS und PK Brendel, Dr. Alfons, 18.3.12; NS31/360. Die Beurteilung Brendels und der Hinweis auf die Sporthalle im Schreiben des HSSPF Rauter an von Herff 12.10.1943 (SSO Brendel). In’T Veld, SS en Nederland, S. 284. SSO und RS Schwertfeger, Horst, 13.8.16. SSO Hartmann, Wilhelm, 5.9.03. Bahro, SS-Sport, S. 274 ff. Himmler reiste anschließend nach Schalkhar weiter, um das dort stationierte niederländische Polizei-Lehrbataillon zu besichtigen. In’T Veld, SS en Nederland, S. 1266 f.; NIOD 007/293. NIOD 077/293. Auch deutsches Führungspersonal in den Niederlanden beteiligte sich. Am 24.2.44 schrieb Rauter an Karl Wolff (»Liebes Wölfflein«), Brigadeführer Dr. Harster habe trotz »unerhörter dienstlicher Inanspruchnahme im niederländischen Raum die Germanische Leistungsrune in Silber als erster erworben.« NIOD 007/4. Harster, Oberregierungsrat und Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Den Haag, war gleichzeitig als Dozent an den Lehrgängen für SD-Angehörige in Avegoor beteiligt. Brendel, Jahresbericht 1943 (NIOD 077/296). Brendels erziehungspolitische Einflussnahme wird u. a. auch durch ein Schreiben belegt, das Generalkommissar Wimmer im Juni 1944 an Ritterbusch und Rauter sandte, in dem es um einen offenbar von Brendel für das Erziehungsministerium ausgearbeiteten Entwurf zur »einheitlichen staatlichen Lenkung und Förderung der außerschulischen Leibeserziehung in den Niederlanden« ging: NIOD 007/4 (15.6.1944). R 83 Niederlande 32, Bl. 123; NIOD 077/293. NIOD 007/298 (14.7.1944); 007/4 (13. und 30.6.1944). Herbert Hoops hatte Kunstgeschichte studiert und 1925 in Rostock promoviert; 1930 legte er ein Staatsexamen als Fechtmeister an der Hochschule für Leibesübungen in Berlin ab, danach eröffnete er in Berlin eine Fecht-Akademie, an der auch Heydrich das Fechten erlernte. Januar 1932 trat er der NSDAP bei. Heydrich holte ihn 1935 ins SD-Hauptamt und beauftragte ihn mit Aufbau und Durchführung des Fechtens in der SS und der Sicherheitspolizei. 1941 wurde Hoops zum Obersturmbannführer befördert, 1942/43 war er im sicherheitspolitischen Ost-Einsatz, danach gehörte er dem Stab des SS-Hauptamtes an. SSO und RS Hoops, Dr. Herbert Max Wilhelm, 1.8.01; Bahro, SS-Sport, S. 202. NS 31/5, Bl. 4; während des Rückzugs wurde auch der größte Teil der Akten der Germanischen Leitstelle verbrannt: NS 21/933, Bericht von OStuf. Dr. Mai vom 23.10.1944. Jahresbericht 1943, S. 14 (NIOD 077/296). – Im Dezember 1943 befahl Himmler außerdem den »stützpunktartigen Ausbau« des Lagers – das beinhaltete die Aufstellung von Kampfgruppen zur Vorbereitung auf den »A-Fall«. Ebd. Zu von Stokar – eigentlich Walter Stokar von Neuform – siehe Müller, Formierung, S. 789; Halle, Westforschung, S. 390 f.; Baerlecken/Tiedau, Das Deutsch-Niederländische Forschungsinstitut, S. 871; Golczewski, Kölner Universitätslehrer, S. 334-337. Materialien über das »Germanische Forschungsinstitut« in NIOD 007/21. Von Stokar beteiligte sich auch an Schulungslagern der Lehrerfortbildung in den Niederlanden und hielt u. a. in einem Ferienlehrgang für das Fach »Lebenskunde« 1943 einen Vortrag über »Angewandte Biologie in der Vorgeschichtsforschung«, während er im Ferienlehrgang »Geschichte« über Herrmann den Cherusker, Theoderich und Clodwig referierte; auf dem gleichen Lehrgang war ein Vortrag der »Behandlung der Judenfrage im Unterricht« gewidmet: R 83 Niederlande 32. Jan de Vries, der auch regelmäßig für den »Hamer« schrieb und mit dem »Ahnenerbe« zusammenarbeitete, wurde 1943 Förderndes Mitglied der SS. 1944 mußte er nach Deutschland fliehen, 1948 wurde er in den Niederlanden wegen Kollaboration verurteilt (Henkes/Rzoska, Volkskunde und ›Volkstumspolitik‹, S. 312 ff., dort auch der Hinweis auf Roskam S. 301). De Vries war auch als Mitarbeiter im »Germanischen Forschungsinstitut« (Abt. Volkskundliche Forschungen) vorgesehen. Sein Werk »Die geistige Welt der Germanen« war in der Abt. VI von Avegoor präsent: NIOD 077/21 und 293. Keuchenius hatte sich bereits 1930 durch sein Buch »Blut und Mythus als Lebensgesetz« in den Niederlanden einen Namen gemacht. Im Herbst 1940 wurde er zusammen mit Ten Cate, dem Leiter des Sippenamtes der niederländischen SS, als Hospitant nach Berlin geschickt, um dort die

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Arbeit des RuSHA kennenzulernen. Er war aber selbst bei den deutschen Stellen wegen seiner Radikalität umstritten. Rauter nannte ihn einen »Fanatiker«, der den Annäherungsprozess zwischen Deutschen und Niederländern durch »zu scharfe Forderungen« stören könne; Überlegungen, ihm eine Professur zu verleihen, würden selbst in der NSB auf Ablehnung stoßen. Wegen seines »undisziplinierten Verhaltens« sollte er vorerst nicht in der Schulung eingesetzt werden. Staatssekretär Wimmer vom Reichskommissariat äußerte sich dagegen positiv über ihn: NS 2/79 und NS 2/80 (Bl. 15 und Bl. 29); PK und DS Keuchenius, Pieter Emiel, 29.10.1886. Hauck, 1918 in Freiburg/Brsg. geboren, hatte sich unmittelbar nach dem Abitur zu den Verfügungstruppen gemeldet und war nach einer Kriegsverletzung im Mai 1942 als Ausbildungsoffizier und Untersturmführer nach Avegoor gekommen: SSO und RS Hauck, Walter, 4.6.18. Hauck wurde von Fall zu Fall auch zu weltanschaulichen Vorträgen herangezogen. Der Himmler-Protégé Rost van Tonningen, Musserts Stellvertreter und Gegenspieler, der 1941 zum Generalkommissar für Finanzen und Präsident der niederländischen Bank ernannt wurde (Kwiet, Mussert-Bewegung, S. 192), war als Redner für »niederländischen Osteinsatz« wiederholt in Avegoor zu Gast. Dr. Schwier von der NSDAP sprach über »Freimaurerei und Judentum«, Dr. Gerrit A. Schalij, Leiter der »Medizinischen Front« und bis zu seiner Amtsenthebung durch Mussert im September 1941 Leiter der Abteilung Volksgesundheit in der NSB, war für »nationalsozialistische Gesundheitsführung« und Rassenlehre zuständig, der »Tierärzte-Führer« Johan P. A. de Monyé trug den Hauptanteil der Vorträge über Rassen- und Vererbungslehre. Hendrik Jan Woudenberg sprach als Leiter und Vertreter der Niederländischen Arbeitsfront, Prof. Goedewaagen, förderndes Mitglied der SS, sprach als Präsident der Niederländischen Kulturkammer und Generalsekretär des Propagandaministeriums. Siehe Brendels Jahresbericht für 1943. Zu Schalij, de Monyé, Woudenberg und Goedewaagen: In’T Veld, SS en Nederland, S. 574 f., 701, 708 f. NIOD 077/292. NIOD 077/293 (22.4.1944). Der Plan war in 34 Einzelthemen untergliedert. Ebd. (7.7.1944). Brendel, Rahmenplan für die weltanschauliche Erziehung im SS-Ausbildungslager Avegoor der Germanischen SS in den Niederlanden und der Germanischen Sturmbanne im Reich. Avegoor 5.5.1944, S. 3 (NIOD 077/293). In der Erziehungsphilosophie des Krieck-Schülers Philipp Hördt galten »Spiel, Lehrgang, Arbeit/ Werkgestaltung und Feier« als die Grundformen »volkhafter Bildung«. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Abt. VI in Avegoor Ende 1943 zwei Exemplare von Kriecks Schrift »Heil und Kraft« beim Armanenverlag in Leipzig bestellte: Man war in Avegoor auf der Höhe des pädagogischen Diskurses der Zeit: NIOD 007/293 (29.12.43). Brendel, Rahmenplan, S. 17 und S. 4. Ebd. S. 30 und 10 f. NIOD 007/4, Rauter an Brendel 12.6.1944. Brendel, Meine Erfahrungen mit niederländischen Freiwilligen: NIOD 077/301. Ähnliche Ausführungen und Überlegungen finden sich in der Abhandlung »Erziehung germanischer Freiwilliger« von Dr. Alfred Grobmann: NS 31/455. NS 19/3080, Bl. 7. NIOD 007/292. Ebd. Die Bibliothek verwaltete Wilhelm Ohlendorf, im Zivilberuf Radioingenieur und Betriebsführer. MA Freiburg, RS 3-12/45. Das Dossier enthält eine ganze Reihe von Vortragsskripten Schwertfegers, darunter auch eines zum Thema »Rasse, Vererbung, Reinheit«, in dem Schwertfeger behauptet, der »größte Teil des Verbrecherarsenals« werde »von Mischlingen gestellt«. Ebd.; NIOD 077/293 und 294. Michaelis, Belgier in der Waffen-SS, S. 9 ff.; De Wever, ,»Rebellen« an der Ostfront. Jef van der Wiele war auch Hauptredakteur der Monatsschrift »DEVLAG«; Hauptschriftleiter war der Mitbegründer der DEVLAG Rolf Wilkening. Wilkening, der Geschichte und Erdkunde in Köln studiert hatte, war ein führender Funktionär des nationalsozialistischen Studentenbundes, Beauftragter der Volksdeutschen Mittelstelle und Abteilungsleiter im VDA, 1942 leitete er die Propagandaabteilung in Brüssel, 1944 war er Leiter der Abteilung »Nordwestraum« in der Germanischen Leitstelle. RS Wilkening, Dr. Rolf, 23.2.1911; SSO Wiele, Dr. Jef van de, 20.7.1903. Rolf Wilkening, Einsatz für das Volk. In: DEVLAG März 1943 S. 434 f. (NS 19/3566).

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CEGESOMA AA 155/692; MA Fbg, N 756/330b; vgl. auch das Schreiben Heydrichs an Berger, in dem Heydrich eine Abstimmung der Arbeit mit der Germanischen Leitstelle vorschlägt: NS 19/2197. Brenneke war zuvor Adjudant beim HSSPF West, später wurde er als Schulungsleiter der Brigade »Nederland« eingesetzt. Er hatte schon in den 20er Jahren der »Großdeutschen Jugend« und der Hitler-Jugend angehört und war Ortsgruppenleiter des VDA gewesen. Brenneke war Leiter der Lohnabteilung und der Betriebskrankenkasse der »Düsseldorfer Eisenhüttengesellschaft«. 1939 bewarb er sich um den Posten eines Geschäftsführers beim Ahnenerbe. Seit 1933 gehörte er der SS an, 1934/35 leistete er ein knappes Jahr Dienst bei der Wachtruppe des KZ Sachsenburg: SSO und RS Brenneke, Herbert, 2.10.13. – Als Pendant zur DEVLAG war auch eine »Deutsch-wallonisch Arbeitsgemeinschaft« (»DEWAG«) mit von Herff als Präsident geplant: siehe den Stellenplan der Amtsgruppe D vom Juni 1944 (NS 31/8); Loock, Großgermanische Politik, S. 62. Seidler, Die Kollaboration, S. 551. MA Fbg., N 756/21a. Führer der Allgemeinen SS waren nacheinander René Lagrou, Jef de Langhe, Raf van Hulse, Jef Francois und Antoon van Dyck. Michaelis, Belgier in der Waffen-SS, Anm. S. 9. – In der offiziellen Sprachregelung sollte das Sicherheitskorps vor allem die Familienangehörigen flämischer Freiwilliger schützen und die »Terroristen« bekämpfen: NS 19/1541, Bl. 147 ff. Ebd. – Gottlob Berger hatte schon im Oktober 1940 vorgeschlagen, die Allgemeine SS in Flandern als eine »überparteiliche Organisation« anzusehen, die allen Flamen offenstünde, die gewillt seien, sich für die Schaffung eines großgermanischen Reichs einzusetzen. Nach entsprechenden Musterungen sollten jedoch zwei Gruppen A und B gebildet werden: die SS-tauglichen Männer sollten der Gruppe A zugeordnet werden, der auch das gesamte Führerkorps angehören müsse. Der SD solle dann ein größeres Gebäude beschlagnahmen, in dem die »heranwachsenden Führer« zu Wochenendkursen zusammengeholt würden; eine Auslese käme dann zu einer längeren Ausbildung in ein Lager: MA Fbg., N 756/330b. NS 19/2140 (23.6.41). Ähnliche Untersuchungen gab es auch in den Niederlanden. 1940 hielt sich der Leiter der Abteilung »Erb- und Rassenpflege« des Hauptgesundheitsamtes Wien, Untersturmführer Dr. Arend Lang im Auftrag des SD zu Untersuchungen über die »friesische Bewegung« in den Niederlanden auf, um die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu erkunden. Lang kam zum Ergebnis, dass Friesland kulturell stark an England orientiert war und die Führer der friesischen Bewegung dem Nationalsozialismus fast durchweg ablehnend gegenüberstanden: In’ T Veld, SS en Nederland, S. 533; DS-G H.E. Schneider (8.10.1940). Etwa zur gleichen Zeit führte Dr. Grohmann vom RuSHA Untersuchungen zur Mussert-Bewegung durch; In’T Veld (SS en Nederland, S. 534) nennt an dieser Stelle den SS-Arzt Herbert Grohmann, es dürfte sich aber um den Psychologen Josef Grohmann gehandelt haben, der zu dieser Zeit als Mitarbeiter des RuS-Führers Nordwest in den Niederlanden war, um beim Aufbau der niederländischen SS mitzuhelfen. Zu Josef Grohmann siehe auch Heinemann, Rasse, S. 343; SSO Grohmann, Dr. Josef, 16.3.12. Zu den Gründen für die »rassische Verschlechterung« des Flanderntums gehörte Aust zufolge die unter Abiturienten stark ausgeprägte Tendenz zum Theologiestudium mit der »besorgniserregenden Gegenauslese« des Zölibats, sowie Jahrhunderte blutiger Fehden, die »ebenfalls vornehmlich unter den Hochwertigen der männlichen Bevölkerung aufgeräumt haben«. Dies erkläre auch, warum »die flämische Frau« ein besseres rassisches Erscheinungsbild abgebe. So Aust in einem Bericht vom 23.4.1942, in: SSO Herbert Aust, 14.5.13. Lejeune, »Des Deutschtums fernster Westen« , S. 529. DS-G 135 Schneider, Bericht einer Reise nach Flandern vom 4. bis 10.6.1942; NS 21/985, Aktenvermerk Schneiders vom 20.6.1942; SSO, RS und DS Sommer, Dr. Karl, 18.2.00. Sommer studierte Naturwissenschaften, Philosophie und Pädagogik für das höhere Lehramt und promovierte 1938 in Giessen mit einer Arbeit über »Erscheinungsformen des nationalsozialistischen Jugendführers«. Er gehörte seit 1930 der NSDAP an, war Kreis- und Propagandaleiter und trat als Politischer Redner an Führerschulen der HJ auf; 1935 wurde er in die SS aufgenommen, nachdem ihm zuvor die SD-Außenstelle Bonn übertragen worden war. 1942 wurde er zum Hauptsturmführer befördert. Michaelis, Belgier in der Waffen-SS, S. 70 ff. Am Aufbau des »Centre« war Max Ittenbach, Professor für deutsche Literaturgeschichte an der Universität Posen, maßgeblich beteiligt, der als Gastprofessor in Gent weilte, die »Außenstelle

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Flandern der Deutschen Dozentenschaft« leitete und 1944 mit der Organisation des »Germanischen Wissenschaftseinsatzes« in der Wallonei beauftragt wurde: DS-G 112 Alarich Augustin, Jahresbericht Germanischer Wissenschaftseinsatz Außenstelle Flandern, 17.11.1944; DS-G 122 Ittenbach; Lerchenmüller , Hans Ernst Schneiders/Hans Schwertes Niederlande-Arbeit, S. 1130 ff. Dabei wurde ein großer Teil der Akten verbrannt: NS 21/285 (Dr. Mai, Bericht über die Auflösung der Dienststelle Niederlande des »Ahnenerbes«, 23.10.44), DS-G 112 Augustin, Jahresbericht (17.11.44). Die »Dienststelle Flandern und Wallonien des Germanischen Wissenschaftseinsatzes« war in Personalunion mit dem Kulturpolitischen Referat der Dienststelle Jungclaus verbunden. Beide Stellen leitete Alarich Augustin. RS und DS Augustin, Dr. Alarich, 2.3.12. Augustins Dissertation trug den Titel »Sport bei Indogermanen und Germanen. Beiträge zur Geschichte der Rennbahnen, der Rennspiele und der kultischen Feiern«. Nach 1945 arbeitete Augustin als Studienrat in Wuppertal. Lerchenmüller/Simon, Maskenwechsel, S. 203 f. DS-G 112 Augustin, Jahresbericht (17.11.44). Mit dem »groß-dietschen Mythos« war das Streben nach einer »Großflämischen« bzw. »Großniederländischen« Nation gemeint. Propaganda-Abt. Belgien, Stimmungsbericht vom 1. bis zum 31.10.1943: NS 19/1541. Der Bericht hebt den »aussergewöhnlichen kulturpropagandistischen Erfolg« hervor, den das Berliner SchillerTheater unter Heinrich George mit Gastspielen in Antwerpen, Brüssel, Gent und Lille erzielte. In dem Bericht wird auch eine »antijüdische Aufklärungsaktion« mit dem Anschlag von 16 000 Plakaten »Hinter allem steht der Jude« erwähnt. In Wandzeitungen wurde u. a. für »SS-Freiwillige im Kampf gegen den Bolschewismus« und für die Zeitschrift »De SS-Mann« geworben; die Werbung wurde durch den Einsatz von 50 Schaufenstern mit Fotos von Ausbildung und Einsatz der SS unterstützt. Siehe auch die Hinweise auf die Ausstellung »Germanenerbe in Flandern« in NS 21/945. Beispiele in NIOD 077/293; Rzoska/Henkes, »Das Volk wurde neu entdeckt«, S. 468; Ehrenpreis, Religionsgeschichte und ›Westforschung‹, S. 206. Roosbroeck war außerdem Vertrauensmann des Kulturreferenten der deutschen Zivilverwaltung beim Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich Franz Petri: Pabst, Blut und Boden, S. 971. Van de Walle arbeitete auch an der flämischen Ausgabe der »Germanischen Leithefte« mit. Sein Sohn Hermann van de Walle diente in der Division »Wiking« und war 1944 Untersturmführer in der Sturmbrigade Langemarck; ein anderer Sohn besuchte die Nationalpolitische Erziehungsanstalt Rufach. Als Beruf des Vaters gab Hermann van de Walle »Fabrikbesitzer« an: SSO Hermann van de Walle 25.5.21. Henkes/Rzoska, »Das Volk wurde neu entdeckt«. – Tréfois war zugleich volkskundlicher Mitarbeiter der Flämischen »Werkgemeinschaft«. CEGESOMA AA 1417-4. Schulungsplan vom 6.3.1943: NIOD 077/292; der Plan ist von Philips und Rehmann unterzeichnet; Sommerschulungsplan: NIOD 077/293. Zu Karl Philips und Wilhelm Rehmann siehe S. 366. Zu den Schulungsleitern gehörte auch der Versicherungsmakler Jozef van Ackere; er wurde später Obersturmführer und Schulungsleiter in der Sturmbrigade Langemarck: SSO Ackere, Jozef van, 7.7.1906; de Wever, »Rebellen« an der Ostfront, S. 605f. Leysen war von August 1943 bis zur Evakuierung im Herbst 1944 bei der Dienststelle Jungclaus tätig. Zu den Mitarbeitern des Schulungsamtes der Dienststelle gehörte noch der Oberscharführer Willi Bunke, bei dem es sich vermutlich um den Dortmunder Photokaufmann und SS-Schulungsleiter Wilhelm Bunke handelt: RS Bunke, Wilhelm, 27.1.02. NIOD 007/293; CEGESOMA AA 243. Schulungsamt der DEVLAG, Monatsberichte für Dezember 1943 und Januar 1945: CEGESOMA AA 155/175 und 176. Das Propagandaamt der DEVLAG stellte auch Redner für Werbeaktionen zugunsten der Waffen-SS: AA 195/984. Namenslisten in CEGESOMA AA 155/188 ff. CEGESOMA AA 155/207: Grundschulungsplan. CEGESOMA AA 155/231 (31.1.44). Häufig vorkommende flämisch-niederländische Autoren waren van Roosbroeck, Hans Muchow, L. Meyns, van de Wiele, Jan de Vries, van de Walle und Nachenius; an deutschen Autoren sind u. a. zu nennen Gehl, Weinert, Eichenauer, Wirth, Clauss, Börger, Ley und H.F. Blunck.

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Anmerkungen zu S. 408-412

CEGESOMA AA 155/210. Im Monatsbericht für die Zeit vom 26.1. bis 25.2.1944 wird über ein Schulungswochenende berichtet: ebd. 155/177. CEGESOMA AA 155/203. CEGESOMA AA 155/695. Zur Vorschule Schoten, die wie Avegoor 1943 in »SS-Ausbildungslager« umbenannt wurde, konnten bislang keine Dokumente gefunden werden. Etwas Material findet sich in der Sammlung Verspohl (MA Fbg., N 756/21a und 330b) und in Mounines Sennheim-Monographie; dort auch der nicht verifizierbare Hinweis auf ein gegenüber dem Schloss gelegenes Institut des Lebensborns: Mounine, Cernay, S. 158. CEGESOMA AA 1912/61; NS 21/930. SSO Rudel, Fritz, 12.8.1903. Lindemann war Stadtgartendirektor in Celle und Fahr- und Reitlehrer; er trat 1933 der SS bei, gehörte dort dem Reitersturm an und war 1940 als Schwadronschef der Totenkopf-Kavallerie in Polen stationiert. 1942 wurde er als Sachbearbeiter im Kriegsgeschichtlichen Forschungsinstitut in Oranienburg beschäftigt und bearbeitete dort die Geschichte der Kavalleriebrigade: SSO und RS Lindemann, Hermann, 30.6.1889. Über das Schulungspersonal in Schoten ist nichts Näheres bekannt. Im Nachlaß Vopersal werden drei Sturmführer genannt, die die Kompanien der Schule leiteten und den Schulstab bildeten: Wouters, van Nuffel und Pouliart; im Sommer 1944 bestanden noch zwei Ausbildungskompanien, eine für die Germanische SS, eine für Rekruten der Waffen-SS (MA Fbg., N 756/330b). Offenbar gehörte auch der bereits erwähnte Willhelm Bunke der Abt. VI in Schoten an: CEGESOMA AA 1285 Bl.; im gleichen Aktenbestand finden sich mehrere Hinweise auf Angehörige des Ausbildungslagers im Zusammenhang mit Dienstreisen und Verwaltungsangelegenheiten, darunter auch der Hinweis auf einen Unterscharführer Glazemakers, »der in die Schulung eingebaut war«. NS 33/234 Bl. 44. SSO und RS Bernhard(t), Eduard, 5.12.08; SSO Esche, Fritz, 15.11.11; NS 19/2194; MA Prag, BdWSS BuM-4/25. SSO und RS Scheer, Josef, 15.3.11. Scheer hatte sich durch den Besuch von Volkshochschul-Kursen über Vererbungslehre und Rassenkunde und Vorlesungen über Vor- und Frühgeschichte und deutsche Geschichte das nötige geistige Rüstzeug für die weltanschauliche Schulungsarbeit erworben. SSO Hausmann, Viktor, 6.10.02; SS-Listen A 6. SSO Schorn, Willi, 27.6.07, MA Fbg., RS 3-8/78; SSO Gampe, Hermann, 5.4.11; SSO Sarnow, Dr. Hermann, 12.6.01. Er lieferte 1943 auch einen Beitrag über Paracelsus für die SS-Leihefte (H. 7, Jg. 8). SSO Oesterle, Dr. Friedrich, 12.7.1908. SSO und RS Horn, Hans/Johann, 6.6.1911; SSO und RS Lenhardt, Friedrich, 18.4.1921; SSO und RS Zoglauer, Karl Robert, 3.7.1907. – Hinweise auf die Abteilungen VI anderer Divisionen sind spärlich: In der »tatarischen Nr. 1« war vermutlich der Lehrer Viktor Hausmann 1944 Abteilungsleiter, in der »albanischen Nr.1« möglicherweise der Schulrat Rudolf Gerstenberger; für die »russische Nr. 1« gibt Mehner (Waffen-SS) einen Obersturmbannführer Noffz an. Von der »russ. Nr. 2« sind »WE-Hinweise« der Abt. VI vom September und Oktober 1944 erhalten, die etwa zweimal die Woche erschienen und die üblichen Themen zum Gegenstand hatten: »Warum wir siegen werden«, »Was ist der Liberalismus?«, »Warum bekämpft uns Amerika?« oder »Warum ist der Bolschewismus ein Betrug?« – mit der bündigen Antwort: »Der Bolschewismus ist im Grunde eine mit wirtschaftlichen Mitteln begründete Lehre zur Tarnung der jüdischen Weltherrschaft«: MA Fbg, RS 3-30/1. Die Abt. VI. Nachrichtendienst zur Führung der weltanschaulichen Erziehung Nr. 8, April 1944. NS 31/1 bis 8; siehe S. 164. NS 31/8 und 9; NS 31/6 Bl. 16-18. Im Nachlaß Vopersal wird auch eine »Weißruthenische Leitstelle« im SS-Hauptamt genannt. Ein in Berlin zusammengezogenes »weißruthenisches Lehrbataillon« sollte noch mit Befehl vom 9.1.1945 als Offiziers- und Unteroffiziersschule der »Weißruthenischen Brigade« angegliedert werden, deren Aufstellung Himmler befohlen hatte: MA Fbg., N 756/330b. R 6/580, Bl. 43. NS 31/446. Hinweis in »Nationalsozialistische Führung 4/44, S. 35 (NSD 41/12). NS 31/445. Ähnlich etwa die »Richtlinien für die Weltanschauliche Erziehung der flämischen Freiwilligen in der Waffen SS«: NS 31/426, Bl. 89 ff.

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NS 31/444, Bl. 18. NS 31/450, Bl. 65. Das Dokument ist ohne Autor und ohne Datierung. Im gleichen Aktenbestand befindet sich ein Konzept des Psychologie-Professors Hippius aus Prag mit dem Titel »Psychologische Untersuchungen zur Frage der Bevölkerungslenkung in der Ukraine«, das Ludwig Eckstein im März 1945 an Hans-Willi Ziegler weiterleitete. Tagesbefehl vom 9.8.1944; NS 31/4 Bl. 63. NS 31/448. NS 31/449, Bl. 4. Die Letten. Hg. SS-Hauptamt. In: NS 31/449, Bl. 5 ff. Ähnliche Schriften erschienen über »die Esten«, »die Georgier«, die »Idel-Uraler«, Kaukasier, Tataren etc.: NS 31/449-454. MA Fbg, N 756/60c. Politischer Dienst für SS und Polizei, 1. Folge, 1944, Heft 1. NS 31/400. Siehe auch S. 526. Vgl. Quinkert, Propaganda, S. 291 ff. Das Ostministerium ging noch etwas weiter als das SSHauptamt und zählte zumindestens die »Grossrussen im Norden« auch zur »Völkerfamilie der Arier«: ebd. S. 293. NS 31/41 Bl. 3. Ende 1944 existierte in der Amtsgruppe D auch eine »Russische Leitstelle« unter Leitung von Untersturmführer Hakkenberg (NS 31/5 Bl. 137). Vermutlich handelte es sich um den WS-Lehrer des »Hauses Germanien« Alfred Hakkenberg van Gaasbeck. NS 31/31 und 32; NS 31/29, Bl. 61. NS 31/40 und 42. Olzscha, Medizinalrat in Stettin, war Mitautor eines 1942 erschienenen Werks »Turkestan«. Er hatte 1938 in Würzburg mit einer medizinischen Dissertation über die Cholera in Russland promoviert, war 1930 der NSDAP beigetreten und gehörte seit 1933 der SS an: SSO, RS und PK Olzscha, Rainer, 26.7.1912. Otten, Maurice, 11.7.1918, SS-Listen A 20; Internet: lexikon-der-wehrmacht.de. Daneben existierte ein gleichfalls in mehrere Völkergruppen gegliederter »Kaukasischer Waffenverband«. In NS 31/28 bis 64 befindet sich ein umfangreicher Aktenbestand mit Materialien zur Arbeitsgemeinschaft »Turkestan« und über die Erstellung von Unterlagen für die Schulung und Truppenbetreuung der osttürkischen, der kaukasischen und der moslemischen Verbände des Balkans. IfZ, MA 366. Zu den Aufgaben der Turk-Völker in ihrem »Freiheitskampf« rechnete Dudanginski auch die Überwindung religiöser Spaltungen und Spannungen, die auch während der »MullahKurse« zu Tage traten, durch die Schaffung einer islamischen Einheitsreligion: Hoffmann, Ostlegionen, S. 142. NS 31/60; 31/40; MA Fbg., N 756/330b. Vgl. zum Thema auch Mallmann/Cüppers, Halbmond und Hakenkreuz. Veit Urban, der 1940 den weltanschaulichen Unterricht an der Unterführerschule des TotenkopfReiter-Regiments erteilt hatte, leitete im April 1943 den »Umschulungslehrgang für kroatischmuselmanische Führer und Unterführer«: SSO Urban, 22.12.13. Neulen, An deutscher Seite, S. 217; zur Aufstellung der Division siehe auch Michaelis, Waffen-SS, S. 38 f. und 174 ff. NS 19/2601. Im April 1944 wurde in Guben ein Imam-Institut zur Ausbildung islamischer Wehrgeistlicher, die mit den deutschen WE-Offizieren zusammenarbeiten sollten, errichtet, das dem SS-Hauptamt unterstand; al-Husseini hielt eine Rede zur Eröffnung, in der er Himmler und Gottlob Berger dankte. Ab Juni 1944 fanden Imam-Kurse bei Prof. Spuler am Islam-Institut der Universität Göttingen statt: NS 3/44, NS 19/2637; Mallmann/Cüppers, Halbmond und Hakenkreuz, S. 231 f.; Peter Heine, Imam-Kurse; Mufti-Papiere, S. 212. NS 19/2601 (19.5.1943). Der Lehrgang fand in der ehemaligen Villa des jüdischen Bankiers Goldschmidt statt, die seit 1938/39 als Reichsführerinnenschule der NSDAP genutzt wurde: Bernwald, Muslime in der Waffen-SS, S. 49; Rochas, La Handschar, S. 55 ff. NS 19/2601 (15.3.1944). Bernwald, Muslime in der Waffen-SS, S. 57 ff. SSO und RS Wangemann, Ekkehardt, 29.11.1908; NS 19/2194 und 2601. Zu Gaese siehe S. 149 f. SSO Kaesdorf, Julius, 10.11.11; SSO Wiegandt, Erich, 24.6.11; zu Bauer siehe S. 291; Bernwald, Muslime in der Waffen-SS, S. 59 ff.

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Anmerkungen zu S. 417-424

In Babelsberg waren 16 Imame ausgebildet worden, die anschließend auf die Division und die Bataillone verteilt wurden. Ebd., S. 71 ff.; Rochas, La Handschar, S. 56 und 197 ff. NS 19/2601, Bl. 238. Ebd., Bl. 231. Ebd., Bl. 188. NS 19/3544; R 55/20712. Die Forschungsergebnisse legten Dr. Otto Rössler und Dr. Walter Lorch vom Amt VI C 13 des RSHA vor. R. Greve, Tibetforschung im SS-Ahnenerbe (1995), S. 191; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 149 f. NS 31/171

IV. Das Schulungsmaterial 1

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Nachträgliche Lieferungen brachten Informationen zum »Kampf um die Saar«, Anleitungen zur »Jul-Feier« und ein Bücherverzeichnis: NS 2/151 Bl. 7. Hinweise auf diese Schulungsbriefe finden sich in Arbeitsberichten des Rassereferenten im Oberabschnitt Ost: NS 2/74. NS 2/151 Bl. 16; NS 2/1. NS 2/151 Bl. 20. – Nach Koehl (Black Corps, S. 116) erschienen die Leithefte ab Juli 1935; dem Juli-Heft waren aber bereits zwei andere Hefte des 1. Jahrgangs vorausgegangen. Auf diese Hefte wird im Leitheft 5 des 2. Jahrgangs verwiesen. Erhalten geblieben sind vom ersten Jahrgang aber offenbar nur die Hefte 3 bis 5, von denen sich Exemplare in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig (H. 3 und 4) und im IfZ München (H. 5) befinden. NS 2/108. Er verfasste 32 Beiträge während der Jahre 1936 bis 1939. Danach hat er wohl als Freund Darrés die Mitarbeit eingestellt. NS 2/93; NS 2/135. NS 2/151 Bl. 52 f. Die Gliederung entsprach damit weitgehend einem Vorschlag Staudingers vom 31.1.1936 zur Gestaltung der Leithefte, der neben den »Erzählungen oder Geschichten« zum Schwerpunktthema einen »wissenschaftlichen Teil« vorsah: NS 2/129, Bl. 143. 1933 erschien von ihm eine Broschüre mit dem ebenso einfachen wie unmissverständlichen Titel »Juden raus!« Bauer gehörte dem Schulungsamt seit 1935 als Mitarbeiter im Untersturmführerrang an, obwohl seine Logenzugehörigkeit während der Jahre 1924-1931 bereits bekannt war und ein Parteigericht ihm deswegen untersagt hatte, Ämter in der Partei und ihren Gliederungen zu übernehmen. Himmler beließ ihn zunächst in seiner Stellung, weil er ihn als Autor historischer Stoffe schätzte, musste ihn aber schließlich im Mai 1937 fallen lassen, nachdem auch vom RSHA und vom SS-Gericht kritische Stellungnahmen gekommen waren. Erschwerend waren weiter zurückliegende »unselige« Arbeiten Bauers über Stresemann ins Gewicht gefallen. Das Schulungsamt hatte ihm noch im März 1937 Koordinierungsfunktionen für historische Arbeiten zugedacht. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits acht neue Beiträge von Bauer für die folgenden Leithefte eingeplant, die dann nicht mehr erschienen. Die Trennung von Bauer fiel Himmler sichtlich schwer: »Ich habe mir gerade Ihren Fall hin und her überlegt und das Gute, das Ihre geschichtlichen Bücher stifteten, und das Gute Ihrer Aufsätze sehr stark in die Waagschale geworfen«, er könne aber keine Ausnahme machen und legte ihm nahe, selbst das Austrittsgesuch aus der SS einzureichen. SSO Bauer, Dr. Heinrich, 29.3.96; NS 2/51a, Bl. 38. NS 31/370; NS 31/319. So der Bericht von Motz über die Schulungsarbeit im Jahre 1936: NS 2/85, Bl. 165 ff. NS 31/253; vgl. Matthäus, Warum wird über das Judentum geschult. Vermutlich ist diese Zusammenstellung gemeint, die 1937 als Katechismus für SS-Männer in Gebrauch war: NS 2/151 Bl. 97 f. Leitheft 8, Jg. 2, 1936/37, S. 33. Leitheft 10, Jg. 2, 1936/37. NS 31/319 (27.8.1937). Ebd.; NS 31/178 (8.8.1939).

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NS 2/51, Bl. 205. Schon im Vorjahr war es zu einer Vereinbarung des Rasse- und Siedlungshauptamtes mit Heydrich gekommen, bei Veröffentlichungen über »Staatsfeinde« in den Leitheften oder in den Lichtbildvorträgen zuvor den SD zu konsultieren: NS 2/93 (7.5.1936). NS 2/64 Bl. 119 ff. NS 2/85, Bl. 298. Siehe S. 73 ff. NS 2/86 Bl. 117. NS 2/40 (Ebrecht an Klumm 27.1.1938); NS 2/54 (Ebrecht an Himmler 1.2.1938). NS 2/86, Bl. 108 ff. (19.2.38). NS 2/291. NS 2/52. Caesar, Erfahrungen in der Schulung, Vortrag auf der Gruppenführertagung im »Haus der Flieger« am 26.1.1939: NS 19/1669. Gschwend, Gedanken zur Gestaltung der SS-Leithefte in Ausführung des Erlasses des RFSS vom 1.6.1942: NS 31/415, Bl. 2-6. NS 415, Bl. 1. Der 8. Jahrgang war verkürzt, denn er begann im Frühsommer und endete im Dezember, so dass die Jahrgänge jetzt den Jahren entsprachen, während sie zuvor jeweils im Frühjahr begannen. Bayer. HStA, Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 179 (9.4.1943, Bezug auf die Anordnung des RFSS vom 26.2.1943). NS 31/415. NS 21/58 und NS 21/285 (21.5.1942 und 25.6.1942). An der Besprechung im Juni nahmen Webendörfer, Gschwend und Kother vom Schulungsamt, Pastenaci, Plassmann, Jankuhn, Schneider und Sievers vom Ahnenerbe teil. NS 21/568. NS 31/415, Bl. 7. Himmler unterließ es auch nicht, noch einmal darauf hinzuweisen, dass auch naturwissenschaftliche Zusammenhänge in Form von Erzählungen dargestellt werden können. Als Beispiel nannte er das von ihm besonders geschätzte Bucht »Stielauge der Urkrebs«, von dem er 1942 eine Sonderauflage angekauft hatte, die er in der SS verschenkte. Baptist (»Batti«) Dohm, ein Volksschullehrer und Geologe, war vor dem Krieg als Schulungsleiter und Kulturreferent für die SS und den SD in Trier tätig gewesen. Es überrascht etwas, dass Himmler ihn 1943 immer noch nannte, denn Dohm war Ende 1938 wegen Vergehens an einem minderjährigen Zögling und schwerer Kuppelei zu 2 ½ Jahre Zuchthaus verurteilt worden, die Bürgerrechte wurden ihm für 5 Jahre aberkannt, eine Wiederaufnahme in die Reichsschrifttumskammer wurde 1943 abgelehnt: RK Dohm, Dr. Baptist, 1.1.96. Noch im Februar 1943 ließ Himmler das Buch als Geschenk z. B. an das Führungspersonal der SS-Schule Avegoor in den Niederlanden versenden: NIOD 007/292. NS 31/426. Rede Himmlers auf einer Tagung der Leiter der Rassepolitischen Ämter der NSDAP am 28.1.1944: NS 19/4012, Bl. 124 ff. Wenig später erteilte Himmler Berger den Auftrag zu einer Schriftenreihe »Heldensagen«: Jedes Heft sollte maximal 10 Sagen enthalten, »sprachlich durchgefeilt bis zum letzten, erprobt, ob ein Mann sie gut auswendig lernen kann, und ob sie sich zum mündlichen Vortrag durch einen Rezitator, durch einen jungen Führer oder durch einen einfachen Mann eigne«: MA Fbg., N 756/60c (28.3.44). Die ersten Hefte des Jahrgangs 1944 folgten diesem Konzept noch weitgehend, danach verliert sich der thematische Zusammenhang, während die allgemeine Gestaltung der Hefte ähnlich bleibt. Der Plan wurde vermutlich als ein Modell-Konzept präsentiert. Im Archiv des CEGES befindet sich eine Abschrift für die flämische SS; vermutlich sollte sie als Orientierungshilfe für die Erstellung des flämischen Leitheftes dienen: CEGESOMA AA 155/928. Lehrpläne, die in den Schulen von SS und Polizei und in den Schulungsabteilungen der Einheiten, Divisionen etc. selbst ad hoc erstellt wurden, habe ich – mit Ausnahme einiger besonders prägnanter Fälle – in der Regel nicht aufgenommen, weil dies eine Auswertung nach systematischen Gesichtspunkten erschwert hätte. Zumeist handelte es sich um Ausarbeitungen und Adaptionen auf der Grundlage der vom Schulungsamt zugesandten Texte und allgemein vorgeschriebener Lehrpläne. Zumeist Zusammenstellungen, die im RSHA erstellt wurden und speziell bei der Vorbereitung auf die Untersturmführerprüfung für die Sicherheitspolizei und den SD Verwendung fanden. Die Texte habe ich mit aufgenommen, weil sie im SS-Hauptamt erstellt wurden und auch in der Schulungsarbeit der SS in Gebrauch waren.

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Von Schütt stammt auch die Tornisterschrift des OKW »Für Freiheit und Recht. Ein Taschenbuch des deutschen Soldaten«, die 1940 mit einer Auflage von 760 000 Exemplaren im Nordland-Verlag erschien. Karl Heyse war von Frühjahr 1937 bis zum Frühjahr 1938 als Referent für Polizeirednermaterial im Schulungsamt tätig, bis er im Mai 1938 als Polizeischulungsleiter zum IdO Dresden ging; Heinrich Crost war seit 1937 Referent für Rednermaterial, Karl Unseld war bis zum November 1939 als Referent mit der Zusammenstellung von Schulungsmaterial in der Abteilung Polizeischulung beschäftigt. Ursprünglich war die Sammlung offenbar auch als ein Handbuch geplant: NS 31/400 Bl. 4. – Die Sammlung muß im Frühjahr 1944 beschlossen worden sein, denn im Juni lagen die Manuskripte im Schulungsamt vor, Verfasser war ein Kollektiv von 22 Mitarbeitern des Amtes C I. Karl Dambach, der als persönlicher Referent Bergers für weltanschauliche Fragen die redaktionelle Federführung hatte, gab daraufhin alle Manuskripte mit der Aufforderung zurück, die Texte in FrageAntwort-Form, also in eine katechetische Form umzuarbeiten. Zwischenzeitlich war es aber, wie Webendörfer am 17.8.44 schrieb, »versehentlich« zu einem Ausdruck gekommen, ohne dass die Texte Berger zur endgültigen Freigabe vorgelegt worden waren (NS 31/400). Die Manuskripte wurden dann zwischen August und Oktober 1944 überarbeitet, fertig gestellt und zum Teil auch schon für den Druck genehmigt. Zwei Texte waren im Herbst auch bereits ausgeliefert worden: Die Broschüre Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas und Die Wahrheit über das Sowjetregime. Eine Neuauflage der Schrift über das »Sowjetregime« wurde im November aber von Eckstein verhindert. Sie sollte durch die schon vorher erschienene Schrift Die Wahrheit über den Bolschewismus ersetzt werden, ein Exemplar im Bundesarchiv enthält allerdings den Vermerk »abgesetzt«. Erste Nachweise für die Verwendung der »Handblätter« in der Schulungspraxis finden sich im Februar 1945. In den Lehrplänen für die Rekruten der Waffen-SS vom Februar 1945 werden acht der 16 Broschüren als Literaturgrundlage angegeben (NS 19/750), ein Ausbildungsplan für das Genesenden-Bataillon nennt 10 Broschüren. Der weitere redaktionelle Hergang lässt sich anhand der Akten aber nicht mehr rekonstruieren. Es scheint, dass man von der katechetischen Form wieder abgerückt ist und schließlich eine noch einmal vereinfachte Fassung der Reihe herausbrachte, die vermutlich erst Ende 1944/Anfang 1945 erschien, da sich die ersten Nachweise für die Verwendung der »Handblätter« in der Schulungspraxis erst im Februar 1945 finden. Andererseits existieren noch vom Dezember und Januar Entwürfe in katechetischer Form. Die beiden veröffentlichten Heftreihen, die sich in der Bibliothek des Bundesarchivs in Lichterfelde befindet, sind undatiert, können aber nicht vor 1944 erschienen sein, da sie Literaturhinweise aus diesem Jahr enthalten. In den Akten finden sich keine Hinweise auf diese Fassung, so dass der Entstehungsprozess unklar bleibt. Die veröffentlichten Hefte sind nicht in der von Dambach geforderten Frage-Antwort-Form abgefasst und könnten daher auch die im Sommer 1944 »versehentlich« versandten Hefte sein; dafür spräche auch, dass eine der beiden sonst identischen Heftreihen noch zu einem Handbuch mit eigenem Titelblatt und Inhaltsverzeichnis zusammengebunden ist. Der gesamte redaktionelle Vorgang befindet sich in NS 31/400, 403-405, 418, 419 sowie NS 31/152, die beiden veröffentlichten Fassungen unter NSD 41/75 und BDC 31.67 in der Bibliothek des Bundesarchivs Berlin. NS 19/750, Bl. 173 ff. – Einige der Broschüren erschienen auch noch in holländischer Übersetzung: NS 31/413. Rede Himmlers am 28.1.1944 auf einer Tagung der RPA-Leiter: NS 19/4012, Bl. 124ff. Zeck, Das Schwarze Korps, S. 213. NS 19/1457. NS 31/333; weitere Hinweise in NS 2/151 (Bl. 22 f.) und NS 2/38. NS 31/111. Die Texte erwähne ich an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber. Die Schulungsarbeit des RSHA werde ich im Band über die Polizeischulung behandeln. RD 19/11; NS 33/44. Aktuelles Schulungsmaterial für die Leiter von Schulungsgemeinschaften in der Sipo/SD, 1942-1943: StA Hamburg 33-1, 1/1508. Hotzel, von Beruf Volksschullehrer, war Schulungs- und Sportwart in der 14. Standarte, bevor er 1936 hauptamtlich in die Dienste des SD eintrat. Siehe S. 556 f. R 58/844.

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Heft 2 ist offenbar nie erschienen; möglich, dass hier eine Schrift über den Jesuitenorden geplant war, die dann abgesetzt wurde, weil man während des Krieges religiöse Konflikte vermeiden wollte. Über den Jesuitenorden existieren zwei nicht veröffentlichte Ausarbeitungen aus dem RSHA: NS 31/443; BDC 31.46. Das Heft über den »Rassegedanken« erschien bereits im Februar 1941 in Hamburg als »Druckbogen für eine Schulungsgemeinschaft«: StA Hamburg 33-1, 1/1501. Von dem Heft existiert noch eine andere Version, in der das letzte Kapitel (»VI. Die rassen- und bevölkerungspolitischen Maßnahmen des Staates«) fehlt. Siehe S. 265 f. Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei, Hg. SS-Hauptamt, Berlin o.D., S. 77. Der Passus zur »Judenfrage« findet sich wörtlich auch im 12wöchigen Lehrplan. Die politische Aufgabe des deutschen Führers und Unterführers in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS (1944). An dem Projekt waren Minke, Rabius, Olzscha, Dolezalek und Petzold von der Amtsgruppe D beteiligt. Dem im Oktober 1944 vorgelegten Entwurf folgte ein leicht modifizierter Ausdruck: NS 31/42 und NS 31/440. »Aus dem Hexenkessel des levantinischen Rassendurcheinanders ging ein geriebener und durchtriebener, pfiffiger und frecher, arbeitsscheuer und unkriegerischer, aufdringlicher und genusssüchtiger, grausamer und tückischer Typus hervor – eben der internationale Jude. Seit er sich gaunernd und zersetzend in andere Völker eindrängte, gibt es eine Judenfrage« (S. 29): NS 31/61. Nur der zweite Teil des Kompendiums, ein 52 Seiten umfassender Druck, ist erhalten. NS 31/449. Ebd. Ähnliche Ausarbeitungen gab es für andere Völker. Siehe z. B.: Richtlinien für das deutsche Rahmenpersonal in polnischen Einheiten der Waffen-SS: NS 31/449; Ausbildungsrichtlinien für die Weltanschauliche Führung in den ukrainischen Einheiten der Waffen-SS und Polizei (o.D.): NS 31/450; und allgemein: Grundsätze für Auswahl, Ausrichtung und Schulung des deutschen Rahmenpersonals in den Freiwilligen-Verbänden, 1944: R6/580; Richtlinien für die Erziehung ostvölkischer Einheiten, in: Politischer Dienst für SS und Polizei 1/1944 H.1. Dazu gab es länderspezifische Ausarbeitungen, die vor allem informatorischen Charakter hatten, so etwa über Kaukasien, Georgien, die Ost-Türkei, die Tataren der UdSSR, die Idel-Uraler usw.: NS 31/451-454; zahlreiche Materialien erschienen auch im »Politischen Dienst für SS und Polizei«. Verfasser waren der Schriftleiter Ernst Metelmann und der Lehrer Hans Blankenburg, beide Mitarbeiter des Schulungsamtes. NSD 41/107. NS 31/152; NS 19/264. NS 31/416, NS 19/308. Siehe S. 312. Ein Exemplar befindet sich im Hauptstaatsarchiv Hannover (122a Nr. 1522). Autor der Schrift könnte Prof. Rolf Müller vom Astrophysikalischen Institut Potsdam gewesen sein, denn er schickte im Dezember 1938 ein von ihm durchgearbeitetes Manuskript ans Schulungsamt zurück. Die Firma Zeiss/Jena lieferte Bildvorlagen zu den germanischen Sternenbildern: NS 31/165. Die Schrift war nachweislich in Auschwitz, Dachau, Flossenbürg, Natzweiler, Ravensbrück, Sachsenhausen vorhanden (siehe S. 275) und stand zum Beispiel auch in der Bücherei der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck (Bayer. H.StA: Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 179). So hielt z. B. der Polizeihauptmann Knieriem in Oldenburg im Juni 1944 einen Vortrag über »Die Überwindung der Enge«: StA Oldbg 262-1g. Ludwig Eckstein, Die Überwindung der Enge. München 1944, S. 12. Siehe S. 189. Lothar Stengel-Rutkowski, Was ist ein Volk? Erfurt 1940, S. 130. Ebd., S. 138. Ebd., S. 160. DS (B/42) Stengel von Rutkowski, Lothar, 3.9.08. So wurde etwa Martin Staemmlers vielgelesene Broschüre Volk und Rasse sowie die Schrift Heraus aus der erfolglosen Familienpolitik von einst von Wilhelm Stüwe, dem Leiter des Bundes der Kinderreichen, 1936 als Schulungsmaterial versendet: NS 2/151. NS 19/1669.

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Anmerkungen zu S. 448-457

R 58/1062. Dem Bildband folgte 1942 eine Broschüre mit dem Titel Deutschlands Kampf um die völkische Wiedergeburt des Germanentums – dem Sieg der Waffen muss der Sieg des Kindes folgen für die vom Amt Rosenberg angesetzten »Politischen Gemeinschaftsstunden« im Winterhalbjahr 1942/43 (NS 2/70 B. 35 ff.). Zur Methode der Kontrastierung von »Bild und Gegenbild« in der rassenpädagogischen Didaktik siehe Harten u. a., Rassenhygiene, S. 14 ff. Das RSHA gab eine eigene Abhandlung Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung für die Sicherheitspolizei und den SD heraus. »Amerikanismus« beinhaltete immer auch »Verniggerung«: Die politische Aufgabe des deutschen Führers und Unterführers in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS (1944): NS 31/42. Ludwig Eckstein, Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte. NS 2/67. Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung. Schriften für politische und weltanschauliche Erziehung der Sicherheitspolizei und des SD, Hg. Chef Sipo/SD H. 1 (1941), S. 43. Mit Bezug auf die Psychoanalyse merkte Eckstein an: »Es ist kein Zufall, dass jüdische Seelenkunde (›Psychologie‹) so viel von den Trieben des Menschen handelt, anstatt von den edlen rasseeigenen Instinkten.« Eckstein, Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte, S. 12. Ebd. Die Schrift hatte die Zustimmung Himmlers gefunden und sollte als »Handblatt für den weltanschaulichen Unterricht« Nr. 17 erscheinen: NS 31/405. NS 31/163. So z. B. die Bildbände Weihnachten (NS 31/160), Runen und Sinnbilder (NS 31/ 160), Der deutsche Mensch in seiner Landschaft, Deutsches Kunsthandwerk (NS 19/1669). In den Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei erschienen u. a. Ahnenerbe und Volkszukunft, Deutsche Volkskunst, Schutz der nationalen Ehre und der nationalen Symbole. In diesem Zusammenhang sind auch die vielen Schriften zum »Deutschtum« zu sehen, die zwischen 1937 und 1939 erschienen und auf die Aufwertung des bäuerlichen Brauchtums, der Volkskultur, des Landes und der deutschen Landschaft zielten. Siehe z. B. neben den unter Anm. [S.?] genannten Texten auch die Stoffsammlung Kampf gegen die Landflucht und das Textheft Heim aufs Land. NS 31/169. Die dort fehlenden Teile sind in Klammern hinzugefügt. Das Werk umfasst 106 gedruckte Blätter, danach folgen Fragmente mit anderer Nummerierung und Gliederung von ähnlichem Umfang, die vermutlich aus einer älteren Version stammen. Es war offensichtlich für den zweiten Zyklus der Grundschulung geplant und dürfte gleichzeitig die Grundlage für die geschichtlichen Einzeltexte der 1937 bis 1939 erschienen Stoffsammlungen für die weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei gewesen sein. Weitere Hinweise in NS 31/163 (Bl. 11). NS 31/169, Bl. 5. Der Weg zum Reich, Hg. SS-Hauptamt 1941, S. 1 (NSD 41/125). Die zitierte Passage wurde teilweise wörtlich aus dem Bildband Deutsche Geschichte Teil I: Germanische Frühzeit. Das Licht aus dem Norden übernommen (NSD 41/87). Das Reich. (1941), Kapitel II: Die geschichtliche Entwicklung. Erzählte Geschichte. Arbeitsbuch für den Deutschunterricht, Teil 3. Hg. SS-Hauptamt (IfZ München, Dc 29.15). Generell sollte der deutsche Sprachunterricht für volksdeutsche oder germanische Freiwillige stets auch als politischer Unterricht organisiert sein und »den Freiwilligen die Möglichkeit geben, selbständig zu den Quellen nationalsozialistischer Weltanschauung vorzudringen«: Der Reichsführer-SS. SS-Hauptamt – Schulungsamt, Richtlinien für die Durchführung der Volksbildungsarbeit in den Einheiten der Waffen-SS (NS 31/175). NS 31/431. NS 31/169 Bl. 107 f. Diesen Widerspruch thematisierten auch die von Himmler selbst verfasste Broschüre Die SS als antibolschewistische Kampforganisation (München 1936) und der Bildband Der Weg zum Gehorsam, der 1939 im Schulungsamt in Arbeit war und offenbar Himmlers Ausführungen für die Schulungsarbeit illustrieren sollte (NS 31/353 und 167). Autor des Bildbandes war vermutlich der Historiker Gerhard Schmidt, zu diesem Zeitpunkt Referent im Schulungsamt. Schmidt hatte kurz zuvor in Jena bei Franz und Maschke promoviert und das Staatsexamen abgelegt. Zur Behandlung des Themas in der Schulungsarbeit siehe die Beispiele S. 103. NS 31/169, Bl. 150. Ebd., Bl. 155 f. Ebd., Bl. 184 f. Ebd., S. 156 und 185 f.

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NS 31/458. Möglicherweise handelte es sich hier um die im gleichen Jahr veröffentlichte Rede Jankuhns »Gemeinschaftsformen und Herrschaftsbildung in frühgermanischer Zeit« (Neumünster 1939). Der Band wurde in der Abteilung »Bildtechnik und Ausstellungswesen« im Schulungsamt unter Leitung von Hans-Joachim Pietzner erstellt (NS 31/161, Bl. 46 ff.). Die Arbeit stand im Zusammenhang mit einer Umfrage 1937 unter den Schulungsleitern, in der nach Rechtsdenkmälern in den Regionen gefragt wurde (NS 2/156). Das genaue Datum der Fertigstellung ist nicht bekannt, der Band wird aber in einer Liste von Bildbänden für die Polizeischulung aus dem Jahr 1940 aufgeführt: StA Oldbg, 262-Ig Nr. 18. NS 21/375, 190 und 446. Über die Hintergründe des Zerwürfnisses ist nichts bekannt. Paul, der sich 1939 mit der Arbeit »Exegetische Beiträge zum Awesta« in München habilitiert hatte, wechselte danach zum »Institut zur Erforschung der Judenfrage« (Simon: unituebingen. de/gerd.simon/ChrPaulO.pdf). StA Hbg 331-1, I/1501. »Gegnerkunde« hieß ein reguläres Unterrichtsfach an den Schulen der Sicherheitspolizei und des SD, in dem es hauptsächlich um innenpolitische Gegner ging. Im Folgenden wird der Begriff weiter gefasst und auch auf die Kriegsgegner des nationalsozialistischen Deutschlands bezogen. NS 2/93. NS 31/458, Bl. 21 f. – Von dem Text fehlen Titel und Autor. Es handelte sich offenbar um ein umfangreicheres Werk, von dem 63 Seiten und 3 Kapitel erhalten sind: III. Die Ziele der politischen Konzeption des Reiches; IV. Die arteigenen Wege und Mittel der politischen Konzeption des Reiches; VI. Der Erfolg und die Folgen der politischen Konzeption des Reiches. Robert Körber/Theodor Pugel, Hg., Antisemitismus der Welt in Wort und Bild. Dresden 1935. Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart in Vergangenheit und Zukunft (ca. 1936), S. 3. Der Text erschien als Teil I des dreiteiligen Lichtbildervortrags Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus (NSD 41/88). Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums (1936): NS 31/163, Bl. 82. Ebd. Im veröffentlichten Text des Schulungsamtes schließt sich hier ein Zitat von Theodor Herzl und eine längere Passage zum »Ahasver-Mythos« vom »ewigen Juden« an, die in der Dokumentensammlung bei Matthäus u. a. (Ausbildungsziel Judenmord, S. 152 ff.) wie andere ähnliche Abschnitte weggelassen wurden, so dass die dort wiedergegebenen Dokumente die didaktische Struktur und Absicht der Schulungstexte nicht hinreichend vermitteln können. Dieser kritische Einwand trifft auch auf die Wiedergabe der Lehrgangsunterlage Das Judentum von Paul Zapp zu. Hier handelte es sich um eine ganz überwiegend sachlich-informatorisch gemeinte Zusammenstellung historischer und politischer Daten, Listen jüdischer Organisationen und Politiker u.ä., die allesamt weggelassen wurden, so dass im Wesentlichen nur der ideologische Rahmen übrig blieb. Die Absicht der wissenschaftlichen Legitimation bleibt dadurch unsichtbar. Ebd., S. 188 ff.; das Original befindet sich in NS 31/252. »Handblatt« Nr. 12, Thema 18: NS 31/152; NSD 41/75. Das Judentum (1936), S. 5. Zur Stereotypisierung »des Juden« und »des Judentums« in nationalsozialistischen Unterrichtsmaterialien siehe auch Schwerendt, Antisemitismus, S. 199 ff. Eckstein, Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte, S. 12: NS 2/67. Grundriss 19 (Judentum) der AG für SS-Führer-Anwärter: R 58/844; Lehrplan für 12wöchige Schulung, Hg. SS-Hauptamt, Abschnitt »Judenfrage«. Das Judentum (1936), S. 33 f. Ebd., S. 11; Die Freimaurerei, ein Werkzeug des Judentum (1936), S. 25 ff. (Bd. 2 des dreiteiligen Lichtbildervortrags Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus, den das Schulungsamt 1936 herausbrachte). Die Bedeutung der Französischen Revolution als »entscheidender Wendepunkt« wird auch hervorgehoben in: Dieter Schwarz, Das Weltjudentum. Organisation, Macht und Politik. Berlin 1939 (5. Auflage 1944). »Dieter Schwarz« war ein Kollektiv-Synonym für die Autorenschaft des SD: Hachmeister, Der Gegnerforscher, S. 170. Für Darré markierte die Französische Revolution den »Tiefstand« in einer Entwicklung, die den deutschen Bauern unter das »artfremde Joch« des Römischen Rechts stellte: »Liberalismus in Frankreich schiebt ein jüdisches Recht in den Vordergrund«. Seitdem sei die Scholle kein heiliges Gut mehr gewesen, das es zu hüten und zu pflegen gelte, sondern nur noch ein Mittel zum Geldverdienen: R 16 I 2033 (Rede anlässlich der Einweihung der nationalsozialistischen Bauernhochschule Gransee 1933).

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Anmerkungen zu S. 463-468

Das Judentum (1936), S. 16. Schwarz, Das Weltjudentum, a.a.O. Dieter Schwarz, Die Freimaurerei. Weltanschauung, Organisation und Politik. Berlin 1938 (1944 erschien die 6. Auflage im 130. Tausend). Eine weitere Arbeit aus dem RSHA erschien als Bd. 3 der Schriften für politische und weltanschauliche Erziehung der Sicherheitspolizei und des SD 1942, ausgearbeitet durch den Referenten im Amt VII des RSHA Erich Ehlers; Ehlers war von Beruf kaufmännischer Angestellter mit abgebrochenem Pädagogik-Studium. Im Rahmen der Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei erschien 1938 das Heft Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeit des 18. Jahrhunderts (A41); 1944 folgte Paul Vogel, Die Freimaurerei – Instrument des Weltjudentums. Handblätter Nr.13. Grundriss Judentum; vgl. a. Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung, Handblätter Nr. 12. Die Freimaurerei, ein Werkzeug des Judentums. 1936, S. 29 f. Ebd., S. 22. Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums, S. 3 (NSD 41/88). NS 19/750, Bl. 15 f.; vgl. Förster, Weltanschauliche Erziehung, S. 103. Vom RSHA kam daraufhin der Vorschlag, die Broschüre nur noch im Reich und im Westen, aber nicht mehr im Osten zu verteilen. Himmler reagierte entrüstet: NS 19/3635; zur Haltung des Auswärtigen Amtes siehe NS 19/2457. Ob weitere Übersetzungen erschienen, ist unklar; nachgewiesen sind holländisch-flämische Versionen: De Ondermensch (1943) und De Beestmensch (1944). Vgl. Hass, Russland-Bild. MA Prag, KdoStab RFSS, inv. 98 kr. 11, Bl. 64-66; vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 105. Grenzkampf Ost. Der Kampf um die deutsche Ostgrenze (Ein Längsschnitt von der frühgermanischen Zeit bis zur Jetztzeit). (1941), S. 38. Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus (1941), S. 23. Der Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum (1941), S. 9. Ebd., S. 5 f. Die Massaker der Französischen Revolution am »guten Blut« wiederholten sich: »2. Weiter denken wir an den Blutrausch der französischen Revolution, in der unter jüdischer Führung fast die ganze nordische Oberschicht des alten Frankreich geköpft wurde, ebenso wie es 3. in der bolschewistischen Revolution gleichbedeutend war mit dem Todesurteil, wenn einer blond, blauäugig und hochgewachsen war. 20 Millionen rassisch bester Menschen wurden in 15 Jahren in SowjetRussland vollständig ›liquidiert‹ (wie man sich dort ausdrückt). Damit ist nicht nur die von jeher den russischen Staat tragende Oberschicht restlos vernichtet, sondern mit ihr auch sonst fast alle Erbwerte nordischen Blutes innerhalb des alten Russland, aus denen vielleicht ein Wiederaufbau der völkischen Kraft Russlands möglich gewesen wäre.« Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart, S. 11 f.; ähnlich Deutsches Volk (1941). So war beispielsweise angeblich die Rüstungsindustrie vollständig in der Hand von Juden: Der Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum, S. 12. Ebd., S. 35. Die politische Erziehung in der Roten Armee (1942); Der sowjetische Soldat (1944). NS 31/419. – Zum Thema »Bolschewismus« waren bereits drei Handblätter erschienen, die nach einer Anweisung von Dambach im Sommer 1944 überarbeitet und zu einer zusammengefasst werden sollten: Europas Todfeind – der Bolschewismus, Das ist der Bolschewismus! und Völkische Lebensordnung gegen bolschewistische Vermassung, verfasst von den Studienräten bzw. Lehrern in Diensten des Schulungsamtes Lüdemann, Reimer und Wezel. Dambach forderte die Autoren auf, »jede Gefühls- und Affektäußerung, meist auch betont urteilende Wertung zu unterlassen«, notwendig sei »der Charakter einer sachlich-dokumentarischen Beweisführung.« Gleichzeitig schärfte er den Autoren aber ein, Wendungen zu unterlassen, die im Leser unbewußt Respekt vor dem Bolschewismus erregen könnten und z. B. den Ausdruck »Führung« im Zusammenhang mit dem Bolschewismus ganz zu vermeiden. Eckstein war mit dem Ergebnis dennoch nicht zufrieden und schlug stattdessen eine Neuauflage der bereits veröffentlichten Broschüre Kampf dem Bolschewismus« vor, Dambach konnte aber schon wenige Wochen später mit der Schrift Die Wahrheit über den Bolschewismus eine neue Version präsentieren, von der im Januar 1945 fertige Druckfahnen vorlagen. Ob die Schrift jemals zur Veröffentlichung gelangte, ist unklar. NS 31/419, Bl. 130. Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums (1936), S. 28 ff.

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Hitler, Mein Kampf. München 1943, S. 577. Grundriß Judentum, a.a.O. NS 31/419, Bl. 138. Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker. Das großgermanische Reich (1941), S. 4 f. – Der Paradoxie, dass ausgerechnet ein »nordisch-germanischer Staat« zu einem Hauptgegner heranwuchs, suchte man mit einer Differenzierung von Volk und (jüdisch unterwanderter) Elite Rechnung zu tragen: »Der Bedroher ist eigentlich nicht das englische Volk, sondern der britische Imperialismus: der Herrschafts- und Unterdrückungswille einer verhältnismäßig kleinen Schicht. Diese Schicht ist ebenso jüdisch wie englisch! Das Judentum stützt in England die Herrschaft der Oberschicht, geht in sie ein und führt den Kampf für seine Interessen: seinen Reichtum und seine Macht in Europa. Die englischen Führungskräfte sind also vermischt mit den Gruppen des jüdischen Volkes, in denen der Gedanke an die jüdische Weltherrschaft lebt und arbeitet.« Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung (Handblätter Nr. 12). Dazu der erläuternde Kommentar: »Aus rein materieller Zweckmässigkeit, um den Reichtum und die Geschäftstüchtigkeit der Amsterdamer Juden zu ›Nutz und Frommen‹ Englands einzusetzen, öffnet Cromwell den Juden die Pforten seines Landes. Um jüdischen Goldes willen begeht Cromwell schnöden Verrat am eigenen Volk und an der Sache Europas!« Europa zwischen deutschem Führungs- und englischem Herrschaftsanspruch (Entwurf 1944: NS 31/403, Bl. 37). Der Hinweis auf die Seelenverwandtschaft von Puritanismus und Judentum findet sich auch im Handblatt Britischer Imperialismus im Kampf gegen das Reich als europäische Ordnungsmacht (1944); siehe auch Juda in England (1941). Während Hitler in »Mein Kampf« England noch als den natürlichen Bundesgenossen Deutschlands angesehen hatte, erscheint diese Möglichkeit eines Bündnisses hier aufgrund einer bereits sehr früh erfolgten Weichenstellung eher als ausgeschlossen. Die Einstellung zu Cromwell war im übrigen ambivalent, da er bereits einen »weltanschaulichen Kampfverband« geschaffen hatte, der als Vorbild für das politische Soldatentum der SS gelten konnte: »Als Männer der Waffen-SS können wir viel von ihm lernen« (SS-Hauptamt, Hg., Die geistigen Grundlagen der englischen Weltmachtpolitik. 1942). Das Thema »Cromwell« und England und die Juden« wurde in mehreren Schriften der Zeit thematisiert, so etwa bei Heinz Krieger, England und die Judenfrage in Geschichte und Gegenwart (1938) und insbesondere in Peter Aldags zweibändigem Werk Juden in England (1939/1940), auf das sich auch die Ausarbeitungen des Schulungsamtes gestützt haben dürften. Das Werk wurde auch ins Niederländische übersetzt (NS 19/750 Bl. 14). Vermutlich hat man sich im Schulungsamt auch auf sein Werk Dollar-Imperialismus gestützt, das 1942 in der Schriftenreihe der NSDAP herauskam. Hinter dem Pseudonym »Peter Aldag« verbarg sich der Jurist Dr. Fritz P. Krüger, bis zu seiner Ausweisung aus England 1939 Rechtsberater eines deutschen Unternehmens, danach Mitarbeiter des SD, der ihm zwecks Habilitation einen Forschungsauftrag über die »Judenfrage« erteilte: R 58/6074; SM und RK Aldag, Peter/Krüger, Fritz P. 8.3.06. Aldags Publikation Worüber berichten wir heute? gelangte als Schulungsmaterial auch in die Konzentrationslager (s.o.). Europa zwischen deutschem Führungs- und englischem Herrschaftsanspruch, Bl. 37. Grundriß Judentum; Juda in England. Schwarz, Das Weltjudentum; Walter Wache, Palästina. Zur Geschichte eines »Mandates. In: SSLeitheft 4/1938, H. 7. So weit eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Gedanken, die in den Schulungsschriften zum »Amerikanismus« ausgebreitet wurden. Siehe hierzu insbesondere: Die anglo-amerikanische Welt (1941); Amerikanismus eine Weltgefahr; Der Dollar rollt (1942); US-Amerika Handlanger der jüdischen Weltmacht« (Handblätter Nr. 11). Daneben waren mehrere »externe« Schriften im Gebrauch, die zum Teil auch für die Monatsschulung vorgeschrieben wurden: Seibert, Das amerikanische Rätsel (1941); Ambrosius, Die Schlacht im Atlantik (1942); Riebe, Weltkrieg im Pazifik. USA gegen Japan (1942); Diewerge, Das Kriegsziel der Weltplutokratie (1941). Das Judentum, seine blutsgebundene Wesensart, S. 37 und 39. Die Bedeutung Palästinas für das Weltjudentum wird auch eher darin gesehen, hier ein strategisches »Aktionszentrum der jüdischen Internationale« zu schaffen: Schwarz, Weltjudentum. Grundriß Nr. 19: Judentum, o.D., S. 25 (R 58/844, Bl. 187). NS 31/61. Zum Hintergrund und zur Bedeutung der Hitler-Rede vom Januar 1939 siehe insbesondere Jersak, Entscheidungen zu Mord und Lüge. Der Jude zerstört jede völkische Lebensordnung (Handblätter Nr. 12).

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Anmerkungen zu S. 471-476

NS 31/456. Das Heft Deutschland ordnet Europa neu wurde von der Reichsorganisationsleitung der NSDAP übernommen und kam im Winterschulungsplan der Waffen-SS sowie in der Monatsschulung der Polizei zum Einsatz. Verfasser war offenbar der Jurist und Gau-Schulungsleiter von HannoverBraunschweig Karl Kieckbusch, von dem das SS-Schulungsamt bereits in einer ersten Version die Schrift Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg übernommen hatte; Kieckbusch war SA-Standartenführer. In Braunschweig wurde er vorher schon zu Vorträgen auf Arbeitstagungen für Schulungskräfte der Ordnungspolizei herangezogen: StA Wolf. 15136. Ebd., S. 85. Ebd. Das Reich und Europa (1943), S. 2; Nur ein starkes Reich rettet Europa. Thema 7 der Handblätter, verfaßt von Bernath-Antoni: NS 31/418, Bl. 43. Das Reich und Europa erschien 1944 auch in einer ungarischen Übersetzung für die Waffen-SS. Unter dem gleichen Titel war 1943 auch eine Schrift von Franz Alfred Six erschienen; darin wird der Krieg bereits als »europäischer Einigungskrieg« ausgegeben. Die politische Aufgabe des deutschen Führers und Unterführers in den nichtdeutschen Einheiten der Waffen-SS, SS-HA 1944: NS 31/42; leicht modifizierte Version in NS 31/400. Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas, Nr. 6/Thema 8 der Handblätter, verfasst von Furuseth; vom gleichen Autor Der Nationalsozialismus rettet die germanische Substanz Europas (1944): NS 31/418; siehe auch die ausführliche Darstellung Europa – unser Schicksal unsere Aufgabe. Vom Sinn der abendländischen Geschichte (um 1944). Der Dollar rollt (1942). Europa in Gefahr (Handblätter Nr. 8); Verfasser war Hans Willi Ziegler: NS 31/418. Mit dem »nationalen Sozialismus« war Deutschland, dem Eckstein gerade noch rückständige »Enge« vorgehalten hatte, schlagartig zum Avantgarde-Land aufgerückt: »Durch seinen nationalen Sozialismus hat das deutsche Volk für die Gestaltung der Zukunft einen Vorsprung gewonnen, den ihm die anderen nunmehr nicht gönnen wollen. Die Zukunft wird dem deutschen Volk in ganz anderer Weise gehören als die Vergangenheit. Mit der umfassenden Lösung der Frage der Enge ist es der Welt beispielhaft vorangegangen.« Eckstein, Die Überwindung der Enge, a.a.O., S. 17. – Das Konzept des (nationalen bzw. völkischen) Sozialismus blieb aber im Schulungsschrifttum der SS sehr vage und erfuhr auch in den institutionenkundlichen Schriften keine nähere Ausführung. Eckstein setzte den »Rangverhältnissen des Besitzes bei den Plutokraten« und der »Gleichmacherei des Marxismus« die »lebendige Gerechtigkeit unserer sozialen Revolution« entgegen: »Unser Sozialismus will jedem das Seine geben, aber nicht im Sinne eines toten und ein für allemal garantierten Besitzes, sondern als ständige Aufgabe und Aufforderung zur Bewährung.« Lebendige Tugend (1944): NS 31/451. Ebd.; Wir sind Sozialisten (Handblätter Nr. 4). Kampf ums Mittelmeer (1940); Norwegen (1940); Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland (1940.) Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit (1940); Deutschlands Schicksalskampf im Westen (1940). Auch hier waren es (neben Missionaren) wieder Juden gewesen, die als »Gegner deutscher Kolonialpioniere« auftraten: Deutschlands Recht auf Kolonien (1940). Der deutsche Lebensraum (1941), S. 23. Die ausführlichste Rechfertigung für die Besetzung und Annektierung der polnischen Gebiete findet sich in »Grenzkampf Ost« (1941). Hier wird auch auf die »üblen Zustände« der »polnischen Wirtschaft« hingewiesen, die ihre »tiefsten Wurzeln« wiederum im Judentum und der »jüdischpolnischen« Zusammenarbeit hätten. Die Polen hätten ihr Recht auf den Boden verwirkt. Deutsche Bauern würden das Land besiedeln und bebauen, die Sanierung werde Dorf für Dorf vor sich gehen. »Der völlig verluderte Boden muss neu hergerichtet werden, in weiten Gebieten muss totale Neuanpflanzung einsetzen. Dadurch wird es gelingen, diesen Gebieten das Gesicht der trostlosen Kultursteppe zu nehmen.« Ebd. Grenzkampf Ost (1941); Europa und der Bolschewismus (1941). Von dieser Schrift waren französische, flämische, niederländische, ukrainische, russische und kroatische Ausgaben in Vorbereitung: Die Abteilung VI. Nachrichtendienst zur Führung der weltanschaulichen Erziehung, Nr. 8, April 1944, S. 36.

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Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg (Handblätter Nr. 14). Unter dem gleichen Titel war bereits im Januar 1942 eine Stoffsammlung für den Winterschulungsplan der Waffen-SS herausgekommen; der Text stellte die Bearbeitung einer Schrift des Hauptschulungsamtes der NSDAP dar, die Ende 1941 an die Orts- und Kreisschulungsleiter der Partei versandt wurde (NS 22/878; siehe Anm. 155). Zu diesem »paranoiden, jedoch in sich konsistenten Mythos« siehe Herf, »Der Krieg und die Juden«. Das Bedrohungsszenario war hier gegenüber einer ursprünglichen Fassung abgemildert worden. Dort hieß es noch: »Hinter den kapitalistischen Plänen steht ebenso der Jude wie hinter den bolschewistischen Absichten. Gleich ob der Bolschewismus oder der Kapitalismus siegen würden, in beiden Fällen wäre der Sieg in den Händen des Juden. Was aber der Jude mit dem deutschen Volk vorhat, hat uns der amerikanische Jude Kaufmann verraten, als er seine Pläne zur Sterilisation des gesamten Deutschen Volkes veröffentlichte. Die Bolschewisten beabsichtigen die Deportation sämtlicher wehrfähiger Männer des deutschen Volkes nach Sibirien. Das ist das Gesicht des Hasses, das das Judentum der Welt bietet. Diesem Haß kann nur ein Volk begegnen, das in gleicher Weise zu hassen gelernt hat und bereit ist, Tod und Leben gegen die verbrecherischen Methoden der Gegner einzusetzen.« NS 31/152. Ebd.; Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas, Handblätter Nr. 6. Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg. NS 31/405, Bl. 32. Unsere stärkste Waffe – unser fanatischer Glaube an den Sieg. Handblätter 16, Thema 25, verfasst von Walter Hohmüller. Davon sind 77 Personen zugleich in der Datei des Schulungspersonals enthalten. Bezogen auf eine Gesamtzahl von 252 Personen, zu denen sich biographische Daten fanden. Die Autorenschaft des »Leitheftes« unterschied sich deutlich von der des »Schwarzen Korps«, für das hauptsächlich Journalisten und Schriftsteller sowie Propagandisten der Kriegsberichterabteilungen schrieben. Das »Schwarze Korps« war nicht als Schulungsperiodikum sondern als Illustrierte mit Propaganda- und Unterhaltungsfunktion konzipiert und richtete sich nicht ausschließlich an SS-Männer; 1939 lag die Auflage bei 1,08 Millionen Exemplaren (Zeck, Das Schwarze Korps, S. 94 f.). Unter den wichtigsten Autoren des »Schwarzen Korps« waren nur wenige auch mit einer größeren Zahl von Beiträgen im Leitheft vertreten, wie der Journalist Valentin Schuster. Schuster war Chefredakteur der Zeitschrift »Die Deutsche Polizei« und Schriftleiter beim »Schwarzen Korps«; er gehörte seit 1931 der NSDAP an, trat 1937 der SS bei und wurde 1938 zum Polizeischulungslehrer und Untersturmführer im Schulungsamt ernannt (SSO und RS Schuster, Valentin J., 9.1.00). Zu den Autoren des »Schwarzen Korps« siehe Combs, Voice of the SS, S. 44 ff.; Zeck Das Schwarze Korps, S. 74 ff. Eine empirische Bestandsaufnahme und Analyse der Autorenschaft des »Schwarzen Korps« steht jedoch noch aus. Einige Autoren liessen sich nicht eindeutig identifizieren. So ist unklar, wer sich unter dem Kürzel »Bz.« verbarg. Möglicherweise handelte es sich um den Geschichtslehrer und Polizeischulrat Otto Buchholz, der auch mit vier namentlich gekennzeichneten Beiträgen im Leitheft vertreten war. Buchholz war 1933 aufgrund seiner früheren SPD-Mitgliedschaft in den Ruhestand versetzt worden und lebte danach als freier Schriftsteller und Übersetzer aus dem Holländischen und Französischen. Unter »Bz.« erschienen im Leitheft eine Reihe von Beiträgen zur Geschichte und Außenpolitik, darunter Artikel über die Niederlande, England, Frankreich und das Elsass. RK und PK Buchholz, Otto, 22.12.89. Unklar ist auch, ob Schmidt-Rohr in diese Liste gehört: im November 1944 meldete er die Fertigstellung von sechs Aufsätzen über die nationale Bedeutung der Sprache für das Leitheft, fünf weitere hatte er in Vorbereitung; vermutlich kam es nicht mehr zur Veröffentlichung, denn in den letzten erschienen Heften sind sie nicht zu finden. Georg Schmidt-Rohr, Studienrat in Frankfurt am Main, war Ende 1942 mit dem Aufbau einer Sprachsoziologischen Abteilung im Ahnenerbe beauftragt worden. Er arbeitete außerdem an einer »Ganzheits-Fibel« für ein »BasicDeutsch« für die »Durchdringung Europas« (NS 21/39 und 41; Simon, Materialien). SSO, RS und DS Wache, Walter, 17.1.09; siehe auch Harten u. a., Rassenhygiene, S. 262 f. SSO und RS Lorenz, Fritz Wilhelm (= Lo., F.W.), 20.1.13. SSO und RS Schuster, Valentin Josef, 9.1.00. PK Klampen, Erich zu, 30.12.08; RK Püllmann, Dr. Alfred, 22.4.08; RK Pastenaci, Kurt, 28.9.94. SSO Caprivi, Dr. Leopold von, 3.5.06; siehe auch DS-G 126 Löffler. RK Hagen, Dr. Hans W., 9.5.07; RK und DS Mössinger, Friedrich, 6.8.98; siehe auch NS 31/420. Zu Vesper NS 31/422; Schneider,

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Bestseller. Anfang 1945 waren außerdem mehrere Beiträge des »Altpräsidenten« der Reichsschrifttumskammer Hans Friedrich Blunck für die Leithefte und andere Schulungstexte in Vorbereitung (NS 31/424). Longerich, Himmler, S. 87. SSO Jansen, Dr. Werner, 5.2.90; MA Prag, SS-FHA k.1; Kim, Ende des historischen Romans, S. 53 ff. Reichsschrifttumsstelle beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Vortragsamt: Vorschlagsliste für Dichterlesungen. Berlin 1941. Zum Vortragsamt siehe Barbian, Literaturpolitik, S. 180 ff.; zu den Autoren im Einzelnen auch Sarkowicz/Metzner, Literatur in NaziDeutschland. Einige Texte, die weder als Einzelpublikationen noch in den Schriftenreihen nachweisbar sind, sind verschiedenen Listen für den Versand lieferbarer Schulungsmaterialien der SS entnommen: Verzeichnis von Bildbänden für SS-Verfügungstruppen und Polizei (= Bildbd. SS-VT u. Pol., NS 31/163); Listen von Bildbändern und Textheften des Schulungsamtes 1937/38 und 1939 (NS 31/160, NS 19/1669), Verzeichnis von Bildbändern des Kommandoamts der Waffen-SS September 1941 (MA Prag, SS-FHA k.1, zit. als »Vz. 1941«); Liste »A« der vorhandenen Bildbänder und Liste »B« der Bildvorträge der Polizei 1940 (StA Oldbg., 262-1G); Verzeichnis von Schriften, die vom Amt C I SS-HA im September 1944 herausgegeben wurden (NS2/47); Liste von Schriften des SS-Hauptamtes für die Weltanschauliche Erziehung (Verordnungsblatt der Waffen-SS 1.10.1944). Der Bildband wurde 1937 als Ergänzung zum Lichtbildervortrag »Bolschewismus« empfohlen. Rundschreiben Darrés Juni 1937: »… ist insbesondere bei der Schulung zur Kenntnis und zur Verteilung zu bringen. Es soll jeder Rassereferent das Heft besitzen« (NS 2/40, Bl. 41). Mit einem Anhang »Können Völker sterben?« Aus: SS-Schulungsbrief OA Weichsel, Ausgabe 4/5. 25 Themen in 16 Broschüren: NS 31/400, Bl. 4; NS 31/152; NSD 41/75; BDC 31.67.

V. Himmlers Lehrer – sozialisationsgeschichtliche Analysen 1

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Rasse- und Schulungsreferenten habe ich der Einfachheit halber der Hauptgruppe der Schulungsleiter zugeordnet. Polizeischulungsleiter und -lehrer wurden mit einbezogen, wo es sich um SSAngehörige handelte, die im Auftrag der SS Schulungsaufgaben in der Polizei übernahmen. Zu den Akademikern habe ich auch die Volksschullehrer gerechnet. Die Volksschullehrerausbildung war in der Weimarer Republik bereits weitgehend akademisch ausgerichtet, wenn auch uneinheitlich geregelt: in einigen Ländern wie Sachsen und Thüringen war sie in die Universitäten integriert, in Preußen fand sie an speziellen Pädagogischen Akademien statt, nur in Bayern und Baden-Württemberg bestand noch die alte seminaristische Ausbildung fort. 1926 wurde für alle angehenden Volksschullehrer das Abitur zur Voraussetzung gemacht. Während des Dritten Reichs wurde die akademische Lehrerausbildung reichseinheitlich eingeführt und erst während des Krieges mit der Errichtung der Lehrerbildungsanstalten wieder abgeschafft. Für die SS nach Zahlen von Ende 1937: Hein, Elite, S. 157; für die Gesamtbevölkerung Titze u. a., Datenhandbuch, S. 172. Auf 1.000 Männer im Alter von 19 bis 23 Jahren kamen 1933 in Preußen 31 Studenten: ebd. S. 73. nach Zahlen von 1938 (Statistisches Jahrbuch der Schutzstaffel der NSDAP). Rechnet man die 3,5% Professoren und Dozenten hinzu, waren 7,5% wissenschaftlich tätig; etwa die Hälfte der Professoren und Dozenten arbeiteten in der Lehrerbildung und wurden von mir der Berufsgruppe der Lehrer zugeordnet. Unter Berücksichtigung von Mehrfachzugehörigkeiten: eine nicht unerhebliche Zahl von Personen wechselte im Verlauf des Lebens den Beruf. Hinzu kommen hauptberufliche Sportlehrer, Musiklehrer, Polizeischullehrer, Professoren und Dozenten der Lehrerbildung, Erziehungsleiter u.ä. Rassenbiologie oder Rassenkunde habe ich den Naturwissenschaften zugeordnet. »Pädagogik« umfasst sowohl das Studium an den Pädagogischen Akademien und Hochschulen als auch das Hauptfach Erziehungswissenschaft an den Universitäten. Unter Geisteswissenschaften fallen Geschichte, Germanistik, alte und neuere Sprachen. Unter den Begriff »völkisch« habe ich der Einfachheit halber auch Freikorps und Wehrverbände subsumiert; zwar unterhielten auch SPD und KPD eigene paramilitärische Verbände, ihnen gehör-

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te aber niemand aus unserer Untersuchungsgruppe an. Bei den politischen Daten handelt es sich durchweg um Mindestzahlen, da die Zugehörigkeit zu einer politischen Organisation oder das Jahr des Eintritts nicht immer bekannt ist. Prozentangaben beziehen sich immer auf die Gruppe, für die überhaupt politische Daten verfügbar sind. Um die Zusammenhänge der politischen Sozialisation besser darstellen zu können, habe ich Beitritte zur NSDAP oder einer nationalsozialistischen Organisation vor der Machtübernahme, d.h. vor dem 31.1.1933 als »vor 1933« gezählt, ebenso Beitritte in Österreich vor dem »Anschluss«. Auch hier handelt es sich nur um Mindestzahlen, da die Religionszugehörigkeit oft nur aus den SSO-Akten hervorgeht. 1937/38 waren 25,8% aller SS-Angehörigen »gottgläubig«, 51,4% evangelisch und 22,6% katholisch: Statistisches Jahrbuch der Schutzstaffeln der NSDAP 1938. Berlin 1939. Banach, Heydrichs Elite, S. 81. Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«. ebd. S. 62. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Müller in einer Vergleichsstudie von Soldaten der Waffen-SS und der Wehrmacht (Müller, Elite des »Führers«). Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 317 ff. u. 337 f. Siehe die Geschäftsverteilungspläne vom 15.3.1942 (NS 31/389), 1.6. bzw. 1.7.1944 und 1.12.1944 (NS 31/1 und 8). Die Zuordnungen zum Amt C I sind allerdings ab Oktober 1944 nur begrenzt interpretierbar, da jetzt nicht immer eindeutig zwischen Zuweisungen zum Schulungsamt und zu den Abteilungen VI unterschieden werden kann. Landwirte, Unternehmer, Ingenieure, Architekten, Ärzte, Apotheker, Dentisten, Rechtsanwälte, Techniker, Arbeiter, Soldaten und Wehrmachtsoffiziere, Polizisten, Verwaltungsangestellte usw. – Berufsgruppen, auf die jeweils nur sehr kleine Anteile entfallen. Ein Unterschied zwischen Schulungsleitern und Mitarb. VI liegt entsprechend auch darin, das die Abteilungen VI Aufgaben der Schulung und Truppenbetreuung wahrnahmen und in der Regel Teams aus 5 bis 11 Mitarbeitern bildeten, die für verschiedene Aufgaben zuständig waren, während die Schulungsleiter der Allgemeinen SS alleine arbeiteten oder als Schulungsreferenten der RuSFührer allenfalls einen Mitarbeiter hatten. Nach Rohrkamp gehörten knapp 65% der Männer der Waffen-SS den Jahrgängen 1921-1928 an: »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer«, S. 62. Ende 1938 lag das Durchschnittsalter in der SS insgesamt bei 28,7 Jahren (Statistisches Jahrbuch der SS 1938, S. 19); die Schulungsleiter waren zu diesem Zeitpunkt im Durchschnitt 30 Jahre alt. Siehe das Beispiel des Oberabschnitts Fulda-Werra: StA Mbg, 327/2b-121. Pyta, Ländlich-evangelisches Milieu. »Erfahrungen in der Schulung«: NS 19/1669. Die weltanschauliche Schulung und Erziehung in der Ordnungs- und Sicherheitspolizei (einschließlich Sicherheitsdienst) habe ich in dieser Arbeit ausgeklammert; sie soll Gegenstand einer gesonderten Publikation sein. 30,1% der Gesamtgruppe und 38,1% der Männer, die vor der »Machtergreifung« einer nationalsozialistischen Organisation beitraten, gehörten zuvor einer völkischen Organisation an. Der Jungdeutsche Orden ist allerdings nur mit Einschränkungen in die erste Gruppe einzuordnen, weil er nur für die ersten Jahren seines Bestehens als Wehrverband angesehen werden kann. Unter »andere Wehrverbände« fallen Einwohnerwehren, Organisation Escherich, Grenz- und Selbstschutzverbände, Studentenbataillone, Bund Scharnhorst, Wehrverband Jung-Bayern, Wehrbund Ostmark, österreichische Heimwehr u.ä. Zu den völkischen Jugendverbänden zählen etwa die Jugendverbände der DNVP und ihr nahe stehende Gruppen (Jungnationaler Bund, Großdeutscher Jugendbund, Bismarck-Jugend) sowie Ludendorffs Tannenbergbund; unter »andere völkische Verbände« fallen volksdeutsche rechts- und deutschnationale Verbände in Westpolen, im Sudetenland, Österreich usw. Unter »rassenaristokratische Jugendbünde« habe ich der Kategorisierung von Stefan Breuer folgend die »Adler und Falken«, den »Bund Artam« und den »Jungnordischen Bund« eingeordnet (Breuer, Radikale Rechte, S. 231 ff.). Von allen Personen unserer Untersuchung, zu denen politische Daten vorliegen, gehörten mindestens 33% schon vor dem 21., etwa 4% schon vor dem 14. Lebensjahr einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation an. SSO und RS Müller, Herbert, 19.11.99; SSO Merk, Dr. Sebastian, 5.1.09; R 16 I/2006.

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Anmerkungen zu S. 522-544

SSO Körner, Hellmut, 16.2.04 SSO und RS Baier, Dr. Hans, 25.9.01; SSO und RS Berkmann, Dr. Max, 30.11.89. SSO und RS Riederer, Josef, 1.12.98; ZB 6766. SSO Bavendamm, Dr. Hans, 29.5.96. SSO Knobelsdorff, Manfred v., 15.6.92; ZB 6766. SSO und RS Hofmann, Otto, 16.3.96; SSO und RS Ebrecht, George, 24.7.1895; zu Fick siehe S. 56. SSO und RS Cäsar, Dr. Joachim, 30.5.01. SSO Bauer, Otto, 15.8.05. RS Hennewig, Dr. Rudolf, 17.2.97; SSO und RS Herrmann, Dr. Traugott, 14.12.01; RS Wille, Fritz, 11.12.08; SSO und RS Paul, Hanns, 17.4.02. SSO und RS Schnorrbusch, Johannes, 14.10.08; SSO und RS Rudolph, Georg, 25.1.13; SSO und RS Kühne, Hermann, 20.12.13. SSO und RS Künzel, Erwin, 20.3.08. SSO und RS Schwalm, Fritz, 11.5.10. SSO und RS Rüdiger, Herbert, 20.1.07; SSO und RS Gurrath, Karl, 3.10.02; SSO und RS Pudelko, Alfred, 9.2.99. SSO und RS Krellmann, Paul, 12.7.15; SO, RS und PK Dickescheid, Heinrich, 14.11.97; RS Schmidt, Hans-Emil, 28.3.03; Zu Henschel, Leo und Spaarmann siehe S. 108 u. 182. Zu Reinöhl, der auch Rassenbiologie an der HfL Esslingen unterrichtete, siehe Harten u. a., Rassenhygiene, S. 26 und 451. StA Lbg, PL 506-4. Heinemann, Rasse, S. 516; SSO und RS Dongus, Walter, 23.11.00; NS 2/78. Nach dem Krieg arbeitete Dongus wieder als Lehrer in Reutlingen: Heinemann, Rasse, S. 614. Michael Grüttner, Machtergreifung, S. 340. Der NSDStB erreichte 1928 mit 12% erstmals einen größeren Stimmenanteil bei den ASTA-Wahlen, während die NSDAP bei den Reichstagswahlen noch unter 3% lag – dies verdeutlicht die Avantgarde-Funktion junger akademischer Eliten. Bei den Asta-Wahlen der frühen 30er Jahre erreichte der NSDStB über 40% der Stimmen, der Anteil der Mitglieder unter den Studenten lag allerdings nur bei 4 bis 5%: ders., Studenten, S. 21 f. und 51 ff. Hornung, Der Jungdeutsche Orden. Breuer/Schmidt, Die Kommenden, S. 256; Breuer, Radikale Rechte, S. 238. RS und DS Holler, Dr. Kurt, 21.4.01; ZB 6766; Breuer/Schmidt, Die Kommenden, S. 350 f. SSO und RS Tack, Dr. Rudolf, 19.5.06. Auf Tacks Schreibtisch landete unter anderem ein von der Nordischen Gesellschaft in Auftrag gegebenes psychologisch-anthropologisches Forschungsprojekt von Gert Heinz Fischer und seinem Assistenten Wolfgang Fahr, die »Eigenart der Dänen« zu erforschen, das Tack mit einer positiven Stellungnahme an die Germanische Leitstelle weiterleitete: NA Prag, URP dod. 1-56. DS-A 190 Ellersiek. Der Tannenbergbund war von Erich Ludendorff als völkischer Frontkriegerund Jugendverband mit gegründet und geführt worden, zu dem die Nationalsozialisten inzwischen auf Distanz gegangen waren; 1933 wurde der Bund verboten. SSO und RS Ellersiek, Konrad, 5.4.01. NS 26/1358. Zu Leers siehe die umfangreiche Biographie von Marco Sennholz. SSO und RK Eggers, Kurt, 10.11.05. SSO und RS Eckhardt, Dr. Karl August, 5.3.01; RS Fabian, Dr. Herbert, 22.12.00; SSO und RS Wagner, Dr. Richard, 2.12.02; RS Kasper, Dr. Herbert, 27.6.03; SSO, RS und DS Frankenberg, Dr. Richard, 29.9.1902. Zu Wangemann, Schüssler und Grobmann siehe S. 416, 552 u. 316. SSO und RS Gramss, Ernst, 17.12.99; Roth, Herrenmenschen, S. 156-172. SSO und RS Klumm, Friedrich, 15.5.95. SSO und RS Stahlecker, Dr. Rudolf, 25.11.98; Stahlecker war ein Bruder des SD-Brigadeführers, BdS Norwegen und Einsatzkommandochefs Dr. Walther Stahlecker. SSO und PK Schleyer, Dr. Hanns, 1.5.15; NS 2/112, NS 2/64; die RuS-Akte Schleyers ist nicht mehr auffindbar. RS Franz, Dr. Heinz, 14.6.10; Hachmeister, Schleyer. SSO Roth, Albert, 10.9.93; SSO Urban, Karl Heinz, 17.10.01, MA Fbg, M 814 A.11; Mayer, Dr. Kurt, 27.6.03 RS Licht, Dr. Ludwig, 26.7.06; SSO Grünewald, Georg, 24.3.96. SSO und RS Barnert, Walter, 20.3.06; SSO und RS Bürger, Karl Heinz, 16.2.04. Nach mehrjähriger Kriegsgefangenschaft konnte Bürger in Ibbenbühren wieder als Volksschullehrer arbeiten (Klee, Personenlexikon, S. 82). SSO und RS Eysell, Otto, 27.2.10.

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SSO und RS Schädler, Walter, 24.5.1902; SSO und RS Staudinger, Dr. Wilhelm, 4.12.02. SSO und RS Bayer, Otto, 6.11.1900; RS und PK Grillmayer, Max, 1.8.08; SSO und RS König, Herbert, 8.2.13; RS Pfeiffer, Georg, 14.12.09. SSO Mangold, Heinrich, 9.3.09; SSO und RS Cellbrot, Dr. Gerhard, 10.3.13; SSO, PK und RK Oberdorffer, Kurt, 28.4.00; SSO und RS Fussek, Dr. Erich, 4.2.11; SSO und RS Heitz, Georg, 18.5.95; ZB 6766. Heitz war außerdem SD-Außenstellenleiter in Karlsruhe: GLA Karlsr. 465/1282; SSO und PK Grohmann, Dr. Josef, 16.3.12. Zu Frey und Zander siehe S. 223 u. 374. SSO Schachl, Dr. Josef, 27.1.12; RS Dungl, Gottfried, 16.6.11; SSO und RS Ploner, Wilhelm, 6.12.15; SSO und RS Bachheimer, Otto, 26.2.06; RS Jesionek, Erwin, 13.10.06; SSO und RS Augsberger, Franz, 10.10.05; SSO Orasche, Johann, 14.5.97. SSO und RS Zoglauer, Karl Robert, 3.7.07; RS Becwar, Hans, 25.12.09; SSO und RS Kloepfer, Dr. Hans, 5.10.04; zu Wache siehe S. 480 f. Harten u. a., Rassenhygiene, S. 86 ff. Ebd., S. 140; Rüdiger Stutz, Im Schatten von Zeiss, 1995; Zur Rolle und Bedeutung Günthers an der Universität Jena siehe insbesondere Uwe Hoßfeld, Die Jenaer Jahre, 1999. Die ersten Lehrgänge in Egendorf waren rassenhygienische Kurse für Ärzte, danach folgten Kurse für Juristen, Politische Leiter und Amtsträger der Partei und vor allem für Lehrer – bis 1935 hatte bereits der größte Teil der Thüringer Lehrerschaft an einem dieser Kurse teilgenommen. 1933/34 fanden mindestens 3 Lehrgänge speziell für Schulungsleiter der NSDAP, der SA und der SS statt, an denen auch einige der im Folgenden genannten Schulungskräfte teilnahmen: HStA Weimar, PA Volksbi.Min. A 419. Zum Wirken Astels, zur Arbeit des Thüringischen Landesamtes für Rassewesen und zu den Lehrgängen in Egendorf siehe auch Harten u. a., Rassenhygiene, S. 43 u. 305 ff.; Peter, Landesamt; Lesanovsky, Schulreformerische Traditionen; Jensen, Karl Astel; Kraas, Lehrerlager, S. 54 ff. HStA Weimar, PA Volksbi.Min. A. 419. Astel bemühte sich seit 1936 um eine Berufung Kummers auf eine Professur in Jena, die vor allem nach Interventionen des Ahnenerbe-Spezialisten Otto Höfler immer wieder verzögert wurde: Hamann, »Männer der kämpfenden Wissenschaft«. Franz war selber zuvor Schulungsmann in Heidelberg gewesen; in Jena leistete er ab 1937 »mit Genehmigung« des Sturmbannschulungsleiters Kurt Bürger Schulungsarbeit im 7. Sturm der 47. Standarte, war aber kein offiziell bestätigter Schulungsleiter: StA Mbg 327/2b-111 und 113. Zu Franz siehe auch Behringer, Bauern-Franz. 1928 war dem Landwirtschaftlichen Institut der Universität ein Pädagogisches Seminar unter Leitung von Wolfgang Wilmanns angegliedert worden. Damit wurde Jena zu einem Zentrum für die Ausbildung von Diplom-Landwirtschaftslehrern. Als Wilmanns 1934 nach Leipzig wechselte, löste ihn Asmus Petersen ab. Astel rechnete Asmus Petersen 1938 zum Kreis der Jenenser Professoren, die der SS angehörten oder ihr nahe standen: Hendel u. a., Wege der Wissenschaft, S. 200 ff. Die Ausbildung der Landwirtschaftslehrer wurde jedoch 1936 in die Hochschulen für Lehrerbildung integriert und von Jena nach Leipzig verlegt: HStA Weimar, PA Volksbi.Min. C 406. SSO und RS Cartellieri, Dr. Ernst, 4.2.06. SSO und RS Kuchenbäcker, Dr. Karl, 24.9.07; Heinemann, Rasse, S. 624. Kuchenbäcker gehörte 1942 als Leiter des Hauptlandamtes der Regierung des Generalgouvernements an. Als RuS-Führer Ost leitete er unter anderem die Überprüfung der Bevölkerung von Zamosc auf ihren »rassischen Wert« (ebd. S. 390 und 412). SSO und RS Leonhard, Dr. Heinz, 9.8.04; Hinweise zur Polizeischulung in SM Döhler, Karl, 17.4.94; siehe auch S. 30 f. 1937 wurde Schüssler zum Fürsorgereferent ernannt und im folgenden Jahr zum Untersturmführer befördert. Während des Krieges war er Bataillonskommandeur bei der Totenkopfdivision: SSO und RS Schüssler, Emil, 8.9.05; ZB 6766. Zu Fleischhacker siehe S. 184. HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 2361. Sein Wunsch, eine Stelle im nahe gelegenen Loberschütz zu erhalten, wurde Bloß 1939 gewährt, 1940 wurde die Stelle in eine Planstelle umgewandelt. 1933 befand sich das Schulungswesen noch im Aufbau. Otto Bloß hatte zu diesem Zeitpunkt offenbar schon einen guten Ruf in der Thüringer SS, denn das Rassenamt erteilte ihm bereits im März 1933 als »Günther-Schüler« die Erlaubnis zum weltanschaulichen Unterricht in der Standarte 47.

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Anmerkungen zu S. 553-557

Mit dem Aufbau und der Organisation des Schulungswesens im damaligen SS-Abschnitt XVIII (Thüringen, mit Sitz in Weimar) hatte das RuSA im Sommer 1933 den Studienrat und Leiter der Deutschen Heimatschule Arnstadt Josef Riederer und als seinen Stellvertreter den Diplomlandwirt Josef Lang ernannt, die Bloß zur endgültigen Bestätigung als Schulungsleiter vorgeschlagen haben dürften. Lang, ab 1934 Hauptschulungsleiter des Abschnitts, besuchte im Juni 1934 ein Schulungslager in Egendorf und fungierte danach auch als Mitarbeiter Astels in Egendorf. Ebd.; RS Bloß, Otto, 26.1.1912. Im August 1945 wurde Bloß ohne Versorgungsbezüge aus dem Schuldienst entlassen, weil er vor dem 1.4.1933 der NSDAP angehört hatte. HStA Weimar, Reichsstatth. Thür., Akte 220; RS und PK Bürger, Dr. Kurt, 20.8.06; Lebenslauf und Danksagung in Bürgers Dissertation »Göttern, eine anthropologische Untersuchung aus Thüringen« (Jena 1939). Im Unterschied zu den meisten anderen seiner Kollegen aus der Allgemeinen SS ging Bürger im 2. Weltkrieg nicht zur Waffen-SS, sondern zur Luftwaffe. 1943 arbeitete er als Lehrer bei der Kampffliegerschule Tutow in Vorpommern. Zit. n. Harten u. a., Rassenhygiene, S. 77. RS und DS Lüdemann, Dr. Hans, 12.2.10. Aus Münster kam auch Friedrich Goddemeyer. Er studierte zuerst in Münster, dann in Jena Medizin und Rassenanthropologie bei Günther, brachte das Studium aber nicht zum Abschluss. Vor seinem Wechsel nach Jena war er Anfang 1933 noch als Hauptschulungsleiter der SS im Oberabschnitt XVII in Münster tätig gewesen. Er wurde 1935 aus unbekannten Gründen aus der SS entlassen: RS Goddemeyer, Friedrich, 10.12.03. Harten u. a. S. 141, 309, 423, 446. Zu Neumann siehe das Rednerverzeichnis der Staatsschule Egendorf (HStA Weimar PA Volksbi.Min. A 419); Grabolle u. a., Ur- und Frühgeschichte. Unter Günthers Jenaer Schülern ist noch Roderich Müller zu nennen, der 1935 bei Günther und dem Pschologen Friedrich Sander promovierte. Müller hatte Erziehungswissenschaft, Pschologie und Germanistik in Jena studiert, 1927 das Staatsexamen abgelegt und anschließend als Volksschullehrer gearbeitet. In seiner Dissertation stellte er »Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Kopfform und geistiger Leistung an 932 Knaben des 4. Schuljahres zu Halle a.S.« an, fand aber keine signifikanten Unterschiede, die als Beleg für vermeintlich größere geistige Fähigkeiten des »langschädeligen nordischen« gegenüber dem »kurzköpfigen ostischen Menschen« dienen konnten. Aber die Schulnoten, die Müller als Indikator geistiger Leistungsfähigkeit herangezogen hatte, würden, so die einleuchtende Erklärung, die er hinterherschob, der geistigen Leistungsfähigkeit des Norders auch nicht gerecht: er reife später und seine Intelligenz habe mit Schulbegabung und Schulfleiß wenig zu tun. Schon Clauss habe festgestellt, dass »Zettelkastengelehrtentum« nicht seine Sache sei, und Günther selbst habe die mangelnde Schulleistung des Norders auf seinen »bezeichnenden Jugendleichtsinn« zurückgeführt. Müller hätte sich seine Arbeit also sparen können. RS Schirmer, Dr. Erwin, 20.3.08, R 16 I 2006. Noch im März 1939 wurde Schirmer als Mitarbeiter des RuS-Führers Fulda-Werra bestätigt: StA Mbg 327/2b-121. Harten, Petersen. SSO und RS Adam, Ernst, 8.9.09; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 65 und 66. Das Staatsexamen legte Adam vor einem Prüfungsausschuß bestehend aus Petersen, Weiß, Barth und Johannsen ab. Während des Krieges diente er als Obersturmführer bei der Waffen-SS; nach dem Krieg wurde er aus dem Beamtenverhältnis entlassen und in einem französischen Kriegsgefangenenlager interniert. RS Carstensen, Dr. Christoph, 16.5.14. HStA Weimar, Reichsstatth. Thür. 220 (Rassehygienische Schulungskurse). Mit Fürsprache Petersens bewarb er sich 1944 noch um die Übernahme in den höheren Strafvollzugsdienst und die Übertragung einer Anstaltsleitung. 1947 wurde er als ehemaliger NSDAPAngehöriger aus dem thüringischen Justizdienst entlassen. HStA Weimar, PA Min. d. Justiz 4500; RS Herr, Rudi, 19.9.11. Ruppert hatte während des Studiums an Exkursionen zu thüringischen Strafanstalten teilgenommen und im Wintersemester 1930/31 ein Praktikum an Landesheilanstalten absolviert. RS Ruppert, Herbert, 18.7.07; HStAWeimar, PA Volksbi.Min. 25834. Nach Kriegsende geriet Hotzel zunächst in amerikanische, dann englische Gefangenschaft, 1934 wurde er zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt, unter Anrechnung der inzwischen verbrachten Zeit in einem Internierungslager aber wieder frei gelassen. Danach ließ er sich als Glasermeister in Bad Hersfeld nieder, wo er 1983 starb. SSO und RS Hotzel, Rudolf, 14.5.09; HStA Weimar, PA Volksbi. Min. 12411; Wildt, Generation, S. 483 u. 577. RS Knoop, Karl, 22.5.11.

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SSO und RS Hössrich, Rudi, 9.10.09. SSO und RS Rascher, Fritz. Lorbeer: StA Mbg 327/2b-116; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 19164. RS Kahl, Ferdinand, 23.2.02; StA Weimar, PA Volksbi.Min. 15766 und 13577. – Kurt Walther, Sohn eines Maschinenschlossers, arbeitete nach dem Studium am Pädagogischen Institut in Jena ab 1935 zunächst als Schulhelfer, erhielt 1940 eine Anstellung als Volksschulanwärter und 1942 schließlich eine Planstelle. Er trat während des Studiums der SA bei, war Ortsgruppenschulungsleiter der NSDAP, meldete sich 1938 zur SS und kam 1940 zur »Kampfgruppe Nord«, danach zur Totenkopf-Reiter-Standarte der Waffen-SS: RS Walther, Kurt, 22.9.12; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 32847. 1933 war Schnitzlein die »Dietarbeit« für den Saalekreis der Deutschen Turnerschaft übertragen worden. Die »Dietwarte« waren im Reichsbund für Leibesübungen für die Volkstumsarbeit – völkische Erziehung, Rassenpflege, Festgestaltung usw. – zuständig. HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 28801 und 28802; StA Mbg, 327/2b-113 und 122; ZB 6766. RS Haugk, Hermann, 25.12.06; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 10060 und 10061. RS Seidler, Paul, 14.4.03; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 26277. SSO und RS Hansen, Hans, 10.4.94. SSO Linssner, Hans, 20.6.03. RS Schreiner, Dr. Rolf, 5.8.05; NSD 41/22. SSO und RS Thole, Heinrich, 7.5.02; Heinemann, Rasse, S. 209, 386 ff. und 638 f. RS Kopmann, Dr. Heinrich, 3.4.02; RS Metz, Dr. Ehrhard, 31.5.00; RS Sailer, Dr. Rudolf, 23.4.00; StA Mbg 327/2b-116 und 122, ZM 218 A. 1; RS Wenkel, Dr. Otto, 24.9.01, StA Mbg 327/2b-111 u. 122. SSO und RS Kermann, Dr. Karl, 1.5.97; SSO und RS Isecke, Dr. Erich, 15.2.01. Weiterhin wären Georg Sommerkamp, Paul Lammers, Urich Gaede und Arthur Bonnemann zu nennen. Sommerkamp promovierte 1932 in Jena, war aber beim Wirtschaftsministerium in Sachsen tätig; während des Krieges leitete er die Liegenschaftshauptverwaltung bei der Regierung des Generalgouvernements in Krakau, 1942 war er Hauptabteilungsleiter der Landesbauernschaft Rowno in der Ukraine. Sommerkamp gehörte 1919/20 dem Freikorps Lichtberg an, trat 1933 der NSDAP, 1934 der SS bei und wurde 1936 zum Sturmbannschulungsleiter in der 46. Standarte (Dresden) ernannt (SSO Sommerkamp, Georg, 2.7.01). Lammers studierte in Jena, arbeitete aber danach in Oldenburg und schließlich bei der Landesbauernschaft Baden; 1934-36 war er Standartenschulungsleiter im Raum Oldenburg, 1937 Bauernreferent in Baden (SSO und RS Lammers, Paul, 7.5.02). Gaede promovierte 1926 mit einer Arbeit über das »grauwollige pommersche Landschaf« in Jena, arbeitete anschließend als Landwirtschaftslehrer, danach als Berufsberater beim Arbeitsamt Torgau; er war zunächst als Schulungsleiter für die 47. Standarte vorgesehen, wurde dann aber als Schulungsleiter im Oberabschnitt Mitte und schließlich im Oberabschnitt Elbe eingesetzt (RS Gaede, Dr. Ulrich, 15.1.01). Bonnemann absolvierte das Landwirtschaftsstudium in Jena, wurde aber dann Landwirtschaftsschulleiter in Sachsen-Anhalt und später (1939) Landwirtschaftsschulrat in Düsseldorf. Er war bereits in den frühen 20er Jahren in der nationalsozialistischen Bewegung aktiv. Seit 1933 war er Schulungsleiter im Oberabschnitt Mitte, 1937 bis 1939 war er Polizeischulungsleiter in Haldensleben: SSO und RS Bonnemann, Arthur, 18.2.96. SSO und RS Schollmeyer, Dr. Paul, 11.2.02; StA Mbg 327/2b-113 u. 122, ZB 6766. – An weiteren Diplomlandwirten aus Jena sind zu nennen: Friedrich Wacker, seit Anfang 1932 Parteimitglied und 1933 zum Schulungsleiter für die 47. Standarte ernannt; er war wissenschaftlicher Assistent in Jena, hatte aber in Halle promoviert. Wacker war während des Krieges Referent in der Abt. VI im SSAusbildungslager Sennheim (SSO und RS Wacker, Dr. Friedrich, 11.9.01; NS 31/1; ZB 6766). Heinrich Vahl studierte in Jena, promovierte aber in Königsberg, arbeitete danach als Landwirtschaftsbeamter und -lehrer in Ostpreußen und wurde als Schulungsleiter im Oberabschnitt Nordost eingesetzt (NSD 41/22). Hermann Korte, Landwirt im Emsland, promovierte bei Wilmanns in Jena und kehrte danach nach Ostfriesland zurück; er bekleidete zahlreiche Ämter, unter anderem war er Bürgermeister von Nordhorn, Kreisbauernführer in Bentheim und Hauptabteilungsleiter im Reichsnährstand. Korte war 1932 in die NSDAP, 1935 in die SS eingetreten, wurde als Schulungsleiter der 24. Standarte eingesetzt und 1937 zum Sturmbannführer ernannt: SSO und RS Korte, Dr. Hermann, 30.7.04; ZB 6766. SSO und RS Pohl, Dr. Erich, 22.3.05; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 23467; NS 31/ 4 u. 1; StA Mbg 327/2b-113 und 121; siehe auch S. 104.

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Anmerkungen zu S. 562-568

SSO und RS Pohl, Dr. Werner, 12.7.08. Zu den Aufgaben des »Bauernkontors« in Goslar gehörte die Zusammenarbeit mit den Bauernbewegungen in Skandinavien (Lutzhöft, Der Nordische Gedanke, S. 311). Hier erwarb Thoss Kenntnisse, die er später für die Arbeit bei der Germanischen Leitstelle verwerten konnte. MA Fbg., RS 16/8: Einsatzgruppe Dr. Thoss. SSO, RS, RK und DS Thoss, Dr. Alfred, 13.3.08; Leniger, »Volkstumsarbeit«, S. 140; Kaden, Das Wort als Waffe, S. 100; HStAWeimar: Landesamt für Rassewesen, PA 4393. SSO und RS Schlegel, Martin, 20.1.07. HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 9887. RS Hartmann, Dr. Karl, 18.12.09; St.-A. Mbg 327/2b-116. Im Mai 1939 hielt ein Dr. Hartmann einen Vortrag im KZ Buchenwald, bei dem es sich um Karl Hartmann gehandelt haben könnte: NS 4 Bu/8 33. RS Eichhorn, Walter, 1.8.08; ZB 6766. Puls war der letzte kommissarische Bundesführer des BDO und Leiter des Hauptamtes Deutscher Osten im Außenpolitischen Amt der NSDAP. Er gab nach dem Krieg als Studiendirektor unter anderem die Fischer-Länderkunde heraus. SSO Puls, Dr. Willi Walter, 9.1.08; Hesse, Professoren und Dozenten, S. 588 f. RS und OGK Grimm, Rudolf Otto, Dr., 12.10.09; SSO und RS Eikermann, Reinhard, 15.10.11; MA Fbg., RS 13/141; HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 5540. PK Rödel, Dr. Rudolf, 7.12.03; ZB 6766. RS Ortleb, Martin, 21.10.05; HStA Weimar, PA Volksbildungsmin. 22426; ZM 126 A. 18. Astel protestierte heftig, als das Schulungsamt Faltz einsetzte, musste seinen Mitarbeiter und Vertrauten Stengel-Rutkowski aber wieder zurückziehen (DS Astel). Faltz wurde 1937 als Mitarbeiter des Schulungsamtes nach Berlin berufen und dort zum Mannschaftshausführer ernannt, kehrte aber danach noch einmal als Mannschaftshausführer nach Jena zurück, bevor er 1939 als Referent in der Dienststelle Heißmeyer eingestellt wurde. In Jena herrschte eine hohe Fluktuation in der Besetzung der Mannschaftshausführung: 1937 hatten der Jura-Student Franz Mayr und für kurze Zeit Gustav Hanelt dieses Amt inne, 1938 Siegfried Ludwig und der Landwirtschaftsstudent Werner Eschner. 1944 diente Schmidt als Obersturmführer der Waffen-SS bei der Französischen Brigade und der Freiwilligen Division »Wallonien«. SSO und RS Schmidt, Dr. Gerhard, 13.9.12. RS Ludwig, 8.3.16; StAMbg 327/2b-111; SSO Keppel, Karl, 12.7.12. SSO und RS Hanelt, Gustav, 21.9.14; NS 2/23; siehe S. 176. Erwähnt seien außerdem Hermann Trog, der 1934 mit einer Arbeit über die »Religionstheorie der Psychoanalyse« in Jena promovierte, und Heinrich Segelken, der 1931 in Jena mit einer Arbeit über die Grafschaft Oldenburg promovierte. Trog war Oberstudienrat für Deutsch und Klassische Philologie und Schulungsreferent beim IdS in Hamburg (StA Hbg Pol. Beh. I: 331-1 I/1504; RS Trog, Dr. Hermann, 30.5.93). Segelken hatte Geschichte, Latein, Englisch und Mathematik studiert. Er stammte aus Oldenburg und kehrte nach dem Studium als Studienassessor dorthin zurück. Segelken gehörte seit Anfang 1932 der NSDAP an. Er war zwar kein SS-Mitglied, wurde aber als Polizeischulungslehrer und -leiter in Oldenburg eingesetzt (Lebenslauf in der Dissertation; PhilologenJahrbuch; OGK). Auch der Studienassessor Jürgen Rausch promovierte in Jena und erteilte neben dem Schuldienst Unterricht in Geschichte und Nationalpolitik an der Polizeischule Jena; er gehörte zwar der NSDAP, aber nicht der SS an: HStA Weimar, PA Volksbi.Min. 24156. SSO, RS und DS Löffler, Hermann, 13.2.08; Lerchenmüller, Geschichtswissenschaft. Löffler wurde 1962 Professor für Geschichte und Didaktik an der PH Heidelberg. Zu Brügmann siehe S. 177. SSO und RS Heumann, Hans, 16.12.14. Heumann war nach dem Krieg Direktor der Carl-SchurzRealschule Bonn-Bad Godesberg und verfasste zahlreiche Schulbücher für den Geschichts- und Gemeinschaftskundeunterricht, die noch bis weit in die 80er Jahre verlegt wurden. PK und DS Crämer, Dr. Ulrich, 11.12.07; ZB 6766. Crämer trat im August 1930 der SA bei und wechselte bereits im Dezember 1930 als »inoffizielles« Mitglied zur SS, bis er im März 1932 auch offiziell in die SS aufgenommen wurde. 1934 wurde er zum Unterscharführer ernannt. Crämer gehörte zu jenen jungen Intellektuellen, die sich im März/April 1933 dem nationalsozialistischen Staat als »Hilfspolizisten« zur Verfügung stellten: Jedlitschka, Wissenschaft und Politik, S. 47 ff. Rüdiger Stutz, Im Schatten von Zeiss (1995). Zit. n. Neliba, Experimentierfeld, S. 87 f. Ebd., S. 88 f.; Lutzhöft, Der Nordische Gedanke, S. 54. Bendick, Kriegskulturen, S. 416.

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Zur Situation der Lehrer siehe Lamberti, German Schoolteachers; Breyvogel, Volksschullehrer und Faschismus; Nath, Studienratskarriere. Zum allgemeinen bildungs- und sozialgeschichtlichen Hintergrund siehe Titze, Akademikerzyklus; Jarausch, Not der geistigen Arbeiter. Nath, Lehrerzyklus, S. 57 ff. Die Landwirtschaftslehrer sind nur bedingt vergleichbar, da sie als Diplomlandwirte immer schon alternative Berufseinsatzmöglichkeiten hatten. Von 13 Landwirtschaftslehrern arbeiteten später 7 in politischen Ämtern oder in der staatlichen Verwaltung. Auch die soziale Herkunft unterscheidet sich durch eine größere Heterogenität von den Volksschullehrern, für die das Lehramt durchweg einen sozialen Aufstieg bedeutet. Einige Landwirtschaftslehrer hatten einen Guts- oder Hofbesitzer zum Vater, in einem Fall war der Vater Arzt, in einem anderen Universitätsprofessor. Auch die Studienassessoren vollzogen fast alle einen sozialen Aufstieg; in zwei Fällen traten sie in die Fußstapfen der Väter. Erwähnt sei noch der bekannte Leichtathlet Otto Peltzer, der 1926 in der Freien Schulgemeinde Wickersdorf angestellt war, mit einer rassenhygienischen Arbeit promovierte und 1933 Schulungsleiter in der 47. SS-Standarte war; Peltzer wurde allerdings 1934 wegen Verstosses gegen § 175 wieder aus der SS ausgestoßen: ZB 6766; Kluge, Otto der Seltsame. – Auch der Schulungsleiter Rudolf Beck war Studienassessor in Wickersdorf, allerdings erst nach 1933. Politischer Dienst für SS und Polizei, 1944, Heft 5. Befehlsbl. Chef Sipo/SD Nr. 2/1940, S. 7. Vgl. zum Beispiel Schmerbach, Gemeinschaftslager; Pomp, Bauernhochschule. Oswald Kroh, Völkische Anthropologie als Grundlage deutscher Erziehung. Esslingen 1934; ders., Deutsches Menschentum. In: Zeitschrift für pädagogische Psychologie und Jugendkunde 38, H. 5-6, 1937. Wie an allen Hochschulen für Lehrerbildung wurde in den folgenden Jahren der Besuch einer zweistündigen Lehrveranstaltung in Rassenbiologie für alle Studenten Pflicht; am Schluss des Semesters veranstaltete man in Esslingen ein »Studienlager«, um die Landschaft und die »rassische Struktur der Bevölkerung« zu studieren: Hermann Kommerell, Biologie an der Hochschule für Lehrerbildung Esslingen. In: Der Biologe 6, H. 6, 1937, S. 190 f. Finger, Gaue und Länder, S. 170. SSO Borst, Dr. Otto, 9.3.91. Ebenfalls aus Stuttgart kam der Leiter der Hauptabteilung »Kulturelle Arbeit« im Amt C I Dr. Wilhelm Heyd (siehe S. 156). Gschwend wurde 1942 noch zum Regierungsdirektor befördert. Nach dem Krieg wurde er als Belasteter eingestuft und mit einem Berufsverbot belegt; erst 1957 konnte er in den Schuldienst zurückkehren, 1960 wurde er von Kiesinger im Rahmen einer Gnadenentscheidung zum Studienrat, drei Jahre später zum Oberstudienrat ernannt: Völker, Wilhelm Gschwend. Oesterle war bereits ein Jahr nach der Promotion bei Kroh 1936 zur Heerespsychologie nach Stuttgart gegangen. SSO Oesterle, Dr. Friedrich, 12.7.08; NS 31/2. Zu Ziegler und Wezel S. 152 u. 160. SS-Handblätter für den weltanschaulichen Unterricht. Anweisung für die Benutzung der Handblätter. Herausgeber: Der Reichsführer-SS, SS-Hauptamt (NSD 41/75). Siehe die Manuskripte in NS 31/403; S. 662 Anm. 43 Hehlmann, Pädagogisches Wörtbuch. Stuttgart 1943, S. 259. MA Fbg., RS 5/374. NS 47/69. Ein anderes Beispiel für ein herbartianisches Unterrichtskonzept findet sich in einem Vorlesungsskript über die »dorische Wanderung« aus dem Schulungsamt von 1944 (NS 31/424): Thema (45 Min.): Der sozialistische Kriegerstaat Sparta Einführung: Das Vordringen der Dorer auf den Peleponnes Darbietung: Die Gründung der dorischen Spartaner … [sechs Gliederungspunkte] Verknüpfung: Die nordische Haltung der Spartiaten und das nationalsozialistische Ideal: der deutsche Mensch Erkenntnis. R 58/3558 (Ausbildungsplan für die Schützenkompanien, 8.4.1940). MA Prag, BdW-SS BuM, 26-5 (29.10. und 30.11.1944). NS 2/151 (16.10.1934). SSO Eysell, Otto, 12.11.06; SSO Augsberger, Franz, 10.10.05.

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Anmerkungen zu S. 578-584

Siehe S. 339. Statistisches Jahrbuch der Schutzstaffeln der NSDAP 1938, Berlin 1939, S. 221; siehe auch S. 502. Politischer Dienst für SS und Polizei, 1944, Heft 5. Siehe S. 333 f. MA Fbg., RS 3-9/7 (30.10.1944). NS 34/65, NS 2/63. Buchegger, gegen den es auch grundsätzliche Einwände gab, weil er 1929 wegen Untreue seinen Anwaltsberuf hatte aufgeben müssen, wurde jedoch 1938 als Schulungsleiter bei der Totenkopfstandarte in Dachau eingesetzt. Siehe S. 204 f. MA Fbg., RS 3-9/7 (30.10.1944. RS 3-10/1 (27.7.1943); siehe S. 208 f. MA Fbg, RS 3-10/33 (Ausbildungsrichtlinien der 10. SS-Division, 15.2.1943). Vgl. hierzu auch Bartov, Hitlers Wehrmacht. In dieser Hinsicht bestand eine Differenz zwischen Berger als Chef des SS-Hauptamtes und Jüttner als SS-FHA-Chef. Jüttner hielt die Schulung eher für tendenziell verzichtbar. Auf einer Rede vor SS-Führern in Prag erklärte er im März 1944: »Lassen Sie das Wort Schulung wegfallen. Wir haben keine weltanschauliche Schulung, sondern wir haben eine weltanschauliche Erziehung. Wenn das Wort Erziehung in jeden einzelnen Führer hineingeht – ich wünsche, dass das in den einzelnen hineingeht – dann weiß er schon – das Wort sagt es ihm – was er zu tun und zu machen hat. Zu schulen, stur zu schulen, darauf kommt es nicht an. Es kommt auf den Geist an, und den Geist bekomme ich durch Erziehung und vor allen Dingen durch Vorleben, und draußen, wenn es sein muß, durch Vorsterben« (NS 33/31 Bl. 21). Auch wenn dieser Differenz nur begriffliche Unklarheiten zugrunde gelegen haben mögen, da Schulung und Erziehung im SS-Hauptamt immer zusammengedacht und oft auch wie austauschbare Begriffe verwendet wurden, so war sie doch offenkundig und dürfte einen Hintergrund für ständige Querelen zwischen beiden Ämtern gebildet haben, die damit beendet wurden, dass die Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS 1944 ganz an das SS-Hauptamt zurückfiel. Siehe S. 339 f. In Kübler, Hg., Chef KGW, S. 179 und 189. In SSO Bockhorn, Dr. Karl-Hermann, 2.5.11. MA Fbg., RS 4/1457. NIOD 077/293. Unsere Ergebnisse bestätigen und ergänzen daher Ansätze der Täter-Forschung, die die Bedeutung der selbständigen Initiative einzelner hervorheben; beispielhaft dazu Mallmann, Fußvolk; Matthäus, Weltanschauliche Erziehung; Birn, Die SS, S. 69 ff. Ludwig Eckstein, Die Überwindung der Enge. München 1944, S. 13. Ähnlich äußerte sich L.F. Clauss anläßlich seiner Beobachtungen deutscher Truppen in Bosnien, siehe S. 418. Eckstein, Die Sprache der menschlichen Leibeserscheinung. Leipzig 1943, S. 316 f.; siehe auch Geuter, Professionalisierung der deutschen Psychologie, 184 ff. Eckstein, Die Sprache…, S. 330 ff. Ebd., S. 333 u. 335. »Die Rassenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte« und »Rassenleib und Rassenseele«. In: NS 2/67 und NS 31/405. Lothar Stengel-Rutkowski, Was ist ein Volk? Erfurt 1940, S. 149. Auch wenn es eine kanonisierte Lehre nicht wirklich gab, herrschte doch die Vorstellung vor, dass den Schulungstexten eine solche Lehre zugrunde lag; die Texte wurden in diesem Bewußtsein verfasst. Alf Lüdtke hat am Beispiel eines Lehrers der Zeit darauf hingewiesen, dass reformpädagogische Konzepte, die etwa auf die Förderung der Eigentätigkeit abzielten, als Konzepte einer »modernen« Pädagogik mit den Anforderungen des Nationalsozialismus vereinbar waren, wenn sie »zu einer gebunden-disziplinierten Arbeitsamkeit führten«: Lüdtke, Funktionseliten, S. 585. Siehe S. 311. Dies gilt vor allem für den Übergang in die Führerlaufbahn, das heißt die Beförderung vom Scharführer zum Untersturmführer. Nebenbei war jede Beförderung in der Ranghierarchie der SS für die hauptamtlichen Mitglieder stets auch mit einer Einkommensverbesserung verbunden, die etwa um das Zehnfache differierte: die Gehaltsskala reichte von 130 RM für einen Sturmmann bis zu 1230 RM für einen Obergruppenführer (NS 3/465).

Anmerkungen zu S. 585-586 185 186 187 188 189 190 191

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NS 2/184; NS 2/75. SSO Jacobsen; Hein, Elite, S. 121. Siehe das Beispiel der »Kampfgruppe zur besonderen Verwendung« beim HSSPF Ost (»Kampfgruppe Matingen«): NA Prag, URP dod. 1-82. NS 33/231 (19.2.1941). NS 2/2, Bl. 93. NS 19/687 und NS 19/359 (25.4.1944). Zur Einrichtung für Entziehungskuren Seidler, Alkoholismus. MA Prag, BdW-SS BuM 25-4.

ANHANG: ARCHIVQUELLEN UND SEKUNDÄRLITERATUR1 BENUTZTE ARCHIVE: Bundesarchiv Berlin N 2168/ 61-68 Nachlass v. Leers NS 1 Reichsschatzmeister NS 2 RuSHA NS 3 WuVHA NS 4 Konzentrationlager NS 8 Dienststelle Rosenberg NS 12 NSLB NS 15 Amt Rosenberg NS 16 Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund NS 19 Persönlicher Stab Reichsführer SS NS 21 Ahnenerbe NS 22 Reichsorganisationsleitung NS 26 Hauptarchiv der NSDAP NS 31 SS-HA NS 32 II SS-Helferinnenschule Oberehnheim NS 33 SS-FHA NS 34 SS-Personal-HA NS 47 Allgemeine SS (div.) NS 48 Sonstige Dienststellen und Einrichtungen der NSDAP R 2 Reichsfinanzministerium R 6 Reichsminister für die besetzten Ostgebiete R 14 = R 3601 Reichsernährungsministerium R 16 Reichsnährstand R 16 I Reichsbauernrat R 58 RSHA R 59 Volksdeutsche Mittelstelle R 69 EWZ Litzmannstadt R 70 Besetzte Gebiete: Norwegen; Niederlande R 83 Niederlande R 83 Elsass Zwischenarchiv: ZA; ZB; ZR Personenbezogene Akten: RuS-Akten (RS); SS-Officer-Akten (SSO); SS-Unterführer (SM); SS-Listen; SS-Helferinnen (SF) Parteikorrespondenz (PK); Reichskulturkammer (RK); DS; NSLB; Oberstes Parteigericht (OPG) Ortsgruppenkartei (OGK) und Zentrale Mitgliederkartei der NSDAP (ZMK) 1

Die Archivangaben habe ich nur pauschal aufgeführt, en detail in den laufenden Anmerkungen. Alle Anmerkungen zu Archivakten und -beständen ohne Angabe des Archivs stammen aus dem Bundesarchiv Berlin. Veröffentlichungen aus der Zeit des Dritten Reichs, die in den Anmerkungen erwähnt werden, habe ich nicht noch einmal extra im Literaturverzeichnis zusammengestellt.

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Druckschriftenreihen aus der Bibliothek des Bundesarchivs: NSD 38 Germanische Leithefte (fremdspr. Ausg.) NSD 41 diverses NSD 74/4 SS-Kalender RD 18 HA Orpo RD 19 RSHA BDC diverses Bundesarchiv/Militärgeschichtliches Archiv Freiburg RS 1 bis 5 Verbände der Waffen-SS RS 8 Junkerschule Tölz RS 13 Junkerschulen RS 16 Kriegsberichterstandarte Kurt Eggers M 603 und 814 Mikrofilme aus dem Militärarchiv Prag N 756 Nachlass Vopersal Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin (BBF) Archivdatenbank preussischer Lehrer Staatsarchiv Freiburg (StA Fbg.) V 200/1 NSDAP, Verbände und Polizei 1933-1945 Staatsarchiv Hamburg (StA Hbg) Pol. Beh. I: 331-1 I Polizei NSDAP K 2 Staatsarchiv Oldenburg (StA Old.) Best. 136 Oldenburgisches Innenministerium Best 262-1 G Nr. 18 Weltanschauliche Schulung der Polizei Staatsarchiv Wolfenbüttel (StAWolf.) 12 Neu 13 Nr. 15136 Weltanschauliche Schulung der Polizei 12 Neu 13 Nr. 45549 Musikschule der Waffen-SS Hauptstaatsarchiv Hannover (HStA. Hann.) Hann. 122a: Polizei Archiv Gedenkstätte Sachsenhausen (Arch. Sachs.) LSG 1/147; D 1 A 1060 Stadtarchiv Goslar Nachlass Darré Kl. Erwerbungen Zg. 27/89 zu Eichenauer; Akten betr. Bauernhochschule Goslar Staatsarchiv Marburg (StA Mbg.) 327/2a SS-OA Rhein, 327/2b OA Fulda-Werra Hauptstaatsarchiv Weimar (HStA Weim.) SS-Abschnitt XXVII Weimar (o. Sign.) SS-Stuba II/47 (1931-44) (o. Sign.) Akten Reichsstatthalter: 116, 220, 352, 363, 366, 371, 372 Diverses A 416-420, 424, 425 Führerschule Egendorf B 2384 + 2385 NS-Mitglieder der Oberschullehrer C 65 Mitgliedschaft der Beamten und Lehrer in der NSDAP 1935-42 C 294 Astel-Institut C 406-408 Ausbildung Lehramt der Landwirtschaftslehrer Uni Jena 1926-44

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Personalakten (PA) des Thür. Volksbildungs-, Innen- und Justizministeriums und des Landesamtes für Rassewesen/LAR Kassenärztliche Vereinigung Thür. 238: LA Rassewesen Bundesarchiv/Zentrale Stelle Ludwigsburg: Johann Ziegler, Abt. VI Groß-Rosen: Aussagen 15.10.68: Zst.405 AR 3681/65IIb S. 869-73 u. 12.3.1968: 3681/65 III S. 1332-1341 Hauptstaatsarchiv Stuttgart (HStA Stuttg.) E 200b Bü 170 Berufsoberschule für Führerbewerber der Waffen-SS Ulm Generallandesarchiv Baden (GLA Karlsr.) 465 SS-Standarte 62 Karlsruhe 465c SS 465d NSDAP, Verbände und Polizei 1933-45 Staatsarchiv Ludwigsburg (StA Lbg.) PL 506 SS-Oberabschnitt Südwest PL 516 NSLB F 400 HfL Esslingen Stadtarchiv Bad Tölz Dokumentensammlung im Städtischen Archiv Bad Tölz, I d 8: Reichsführerschule der SS in Bad Tölz 1933-1944 Institut für Zeitgeschichte, München (IfZ) ED Nachlässe Fa 76, Fa 111, Fb 104, F-37/3 MA Mikrofilme Bayerisches Haupsstaatsarchiv, München (Bayr. HStA) Akten der Polizeischule Fürstenfeldbruck Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam (NIOD) 077 Generalkommissariat für das Sicherheitswesen (HSSPF Nordwest) 250g-92 KL Herzogenbusch Centre d’Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés contemporaines, Brüssel (CEGESOMA) CEGES AA 155, 242, 243, 155, 414, 1285, 1417, 1471, 1912 CEGES BC Ra 066 Allg. SS Vlaanderen Staatsarchiv Prag (Státní ústrední archiv v Praze) (NA Prag) RUP Fonds 110, 114, 211 RUP-dodatky I/II Zentrales Militärarchiv Prag (Vojenský ústrední archiv) (MA Prag) Kdostab RFSS = Kommandostab RFSS BdW-SS BuM = Befehlshaber der Waffen-SS Böhmen und Mähren Pionierschule der Waffen-SS Hradischko SS-FHA SS-Division Estland SS-Pionier-Ausbildungsbataillon 3 Museum Gedenkstätte Stutthof (Arch. Stutth.) I-VIA-1, 3, 4, 5, 6, 7, 9,10, 11 Abt. VI I-IB-9, 11 und 18 Dienstpläne, Nachrichtendienst, Trauerfeier

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Abkürzungen

ABKÜRZUNGEN Ab.-SL Abt. BDO BdO BHS BR Btl. DEVLAG DNSAP DNVP DVP EWZ FAD FHA FKL ggl. HA H.Abt. HfL HSL HSSPF IdO IdS IKL IMT KdF Kdr. Kpf. KWI LBA Lh LSSAH MdL MdR Mitarb. VI Napola NSB NSBO NSDStB NSF NSFO NSLB NSV OA OKW OKH Orpo OSAF OSL PG RAD

Abschnittsschulungsleiter Abteilung Bund deutscher Osten Befehlshaber der Ordnungspolizei Bauernhochschule Bauernreferent Bataillon Deutsch-Flämische Arbeitsgemeinschaft steht sowohl für den dänischen als auch den sudetendeutschen Ableger der NSDAP Deutschnationale Volkspartei Deutsche Volkspartei Einwandererzentrale Freiwilliger Arbeitsdienst SS-Führungshauptamt Frauen-Konzentrationslager gottgläubig Hauptamt Hauptabteilung Hochschule für Lehrerbildung Hauptschulungsleiter Höherer SS-und Polizeiführer Inspekteur der Ordnungspolizei Inspekteur der Sicherheitspolizei Inspektion der Konzentrationslager International Military Tribunal Kraft durch Freude Kommandeur Kompanieführer Kaiser-Wilhelm-Institut Lehrerbildungsanstalt Leitheft SS-Leibstandarte Adolf Hitler Mitglied des Landtags Mitglied des Reichstags Mitarbeiter der Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS/SS-FHA Nationalpolitische Erziehungsanstalt Nationaal-Socialistische Beweging Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation Nationalsozialistischer deutscher Studentenbund Nationalsozialistische Führung Nationalsozialistischer Führungsoffizier Nationalsozialistischer Lehrerbund Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Oberabschnitt Oberkommando der Wehrmacht Oberkommando des Heeres Ordnungspolizei Oberste SA-Führung Oberschulungsleiter Parteigenosse Reichsarbeitsdienst

Abkürzungen RAS Rassenamt RBF Reichsbauernführer Ref. Referent REM Reichserziehungsministerium RFSS Reichsführer SS RJF Reichsjugendführung RKFDV; RKF Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums RKK Reichskulturkammer RMEL Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft ROL Reichsorganisationsleitung RPA Rassepolitisches Amt RSHA Reichssicherheitshauptamt RuS Rasse- und Siedlungswesen RuSA RuS-Amt = Rasse- und Siedlungsamt RuSHA Rasse- und Siedlungshauptamt SAR SA-Reserve Schupo Schutzpolizei SD Sicherheitsdienst SdP Sudetendeutsche Partei Sipo Sicherheitspolizei SL Schulungsleiter SM Schulungsmann SS-Pers.HA SS-Personal-Hauptamt SSPF SS- und Polizeiführer SSOA SS-Oberabschnitt SS-HA SS-Hauptamt Stuba Sturmbann TV Totenkopfverbände UWZ Umwandererzentrale VDA Verein für das Deutschtum im Ausland VNV Vlaamsche Nationaal Verbond VO.Bl. W-SS Verordnungsblatt der Waffen-SS VoMi Volksdeutsche Mittelstrelle VT Verfügungstruppen WE Weltanschauliche Erziehung WF Weltanschauliche Führung WS Weltanschauliche Schulung WS-Lehrer Lehrer für weltanschaulichen Unterricht WuVHA SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt

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NAMENSREGISTER2 Aaltonen, Antti 647 Abt, Hans 161 Ackere, Jozef van 696 Adam, Gerhard 173 Adam, Ernst 555, 674 Aldag, Peter = Krüger, Fritz P. 275, 391, 628, 667 Al-Husseini, Mohammed Amin 415, 659 Amberger, Ludwig 178, 317, 574 Ambrosius, Hans Heinrich 487, 667 Ameln, Konrad 46 Ammon, Friedrich von 323 Amsler, Rudolf 247, 251 Anderle, Nikolaus 152, 164, 610, 653 Anderlik, Heinrich 159, 165 Anton, Ottomar 155 Arauner, Richard 27, 588 Arent, Benno von 157, 163 f., 611 Arnhardt, Moritz 236-238, 251, 259, 264 Arnhold, Karl 629 Astel, Karl 31, 446, 549 f., 554 f., 557, 563-566, 591 f., 673, 676 Augsberger, Franz 316 f., 548, 578 Augustin, Alarich 366, 405 f., 644, 657 Aust, Herbert 359, 367, 404, 648, 656 Babel, Adolf 328 Bachheimer, Otto 547 Bach-Zelewski, Erich von dem 255-258 Backe, Herbert 26 f., 588, 626 Baeumler, Alfred 147, 609 Bähr, Ludwig 101, 601 Baier, Hans 522 Baier, Johannes 344 f. Ballauf, Werner 213 Ballmann, Hans 158 Balser, Wilhelm 154, 164 Barnert, Walter 33, 79, 118, 343, 543 f. Barthel, Ludwig Friedrich 71, 84 f. Bartling, Klaus-Andreas 177 Bauer, Albert 279, 290 f., 416-418 Bauer, Heinrich 56, 423, 660 Bauer, Josef Martin 482 Bauer, Otto 525 f. Baumann, Hans 222, 276, 482, 629 Baumann, Christian 615 Baumgarten, Paul 345 Bavendamm, Hans 47, 523 Bayer, Otto 65, 70 f., 81 f., 85, 118, 123, 129, 149, 416, 506, 545, 596, 599 f. Beck, Alfred 106, 552, 602 2

Beck, Rudolf 233, 251, 677 Becwar, Hans 251, 549 Beger, Bruno 184, 418 Beiersdorf, Heinz 70, 82 f., 421 Belder, J. de 408 Bell, Heribert 313, 385, 387 f. Bender, Helmut 321 f., 340, 373 Bensch, Wilhelm 283, 633 Benthien, Karl Heinz 166 Berberich, Georg 164, 611 Berg, Baldur 263 Berger, Friedrich 178, 574 Bergschmidt, Robert 273 Bergstedt, Hermann 88 Berkmann, Max 523 Bernath-Antoni 484, 488, 494, 668 Bernhard, Eduard 410 Besch, Hans 535 Best, Walter 482 Best, Werner 105, 378, 649 Beyer, Hans Joachim 339, 388 Beyer, Wilhelm 30 Birke, Fridolin 251 Bismarck 16, 32, 146, 206, 212, 217, 227, 239, 244250, 260, 265, 337, 441, 454, 457, 473, 604 Bischoff, Herbert 635 f. Blankenburg, Hans 155, 163 f., 487, 494, 663 Blauhut, Robert 239, 251, 623 Blessinger, Karl 315 Block, Magnus 335, 345 f. Bloß, Otto 552 f., 673 f. Blüher, Hans 109 Blunck, Hans Friedrich 278, 657, 670 Bochmann, Georg 270, 345 Bockhorn, Karl-Hermann 33, 318 f., 321, 323 f., 581, 590 Böckmann, Walter 322 Boecker, Hanns Jörg 364, 647 Boehland, Johannes 157 Bohm, Walter 35, 53, 194, 422 f., 594 Bolling, Robert 91, 601 Bonnek, Dirck 377 Bonnemann, Arthur 675 Bormann, Martin 358, 645, 651 Borst, Otto 135-138, 349 f., 573, 643 Bouhler, Philipp 277, 401 Boysen, Bruno 373 Brand, Ilse 618 Braun, Karl 342, 641

Die häufig vorkommenden Namen Himmler, Hitler, Darré und Gottlob Berger sind nicht aufgeführt.

Namensregister Brecht-Bergen, Richard 214 Brehm, Bruno 278, 360, 480, 482 Brendel, Alfons 362, 392-402, 580, 652, 654 Brenneke, Herbert 403, 644, 656 Bresgen, Cesar 222 Brinkmann, Heinz 267 Brinkmann, Ruth 639 Brixel, Hugo 341 Brügmann, Arnold 177, 566 Brummer, Karl 226, 622 Brüning, Werner 64 Brunner, E.C.G. 395-398 Buchegger, Karl 213, 579, 635, 678 Buchholz, Otto 480, 669 Büchler, Otto 484, 490, 494 Buchs, Alfred 642 Büeler, Heinrich 373, 380, 649 Buhl, Hermann 313 Bunke, Wilhelm 657 f. Buntrock, Karl 327 Burgdörfer, Friedrich 65, 587 Bürger, Karl Heinz 33, 48, 93, 118, 121, 146, 173 f., 250, 255 f., 317, 543 f., 593, 599, 604 f., 614 f., 672 f. Bürger, Kurt 103, 553, 674 Buss, Onko 29, 589 Butz, Friedrich 252 Caesar, Joachim 69-71, 74, 77, 79, 81 f., 85 f., 92, 102, 118, 121, 139, 146, 426 Calvin 399 Caprivi, Leopold von 480 f. Carlyle, Thomas 469 Carstens, Peter 46, 106-110, 552, 602 Carstensen, Christoph 555 Cartellieri, Alexander 550 f., 562, 566 Cartellieri, Ernst 47, 550 f. Cäsar, Joachim 69-71, 74, 77, 79, 81 f., 85 f., 92, 102, 118, 121, 139, 146, 426 Castagne, Fritz 596, 616 Cellbrot, Gerhard 546 Chamberlain, Houston St. 108, 362, 371, 389, 401, 523, 587 Christophersen, Hans 124, 127, 132, 605, 619 Chudziak, Karl 223 Claudius, Hermann 482 Clausen, Frits 360 Clauss, Ludwig Ferdinand 106 f., 182 f., 187, 277, 401, 418 f., 523, 532, 587, 657, 674, 678 Coruzza, Heinz 487 Crämer, Walter 347 Crämer, Ulrich 566, 676 Croll, Walter 221 Cromwell, Oliver 142, 175, 208, 211, 311, 468, 565, 606, 652, 667 Crost, Heinrich 83, 437, 662 d’Alquen, Gunter 439, 563

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Daluege, Kurt 131 Dambach, Karl 131, 143 f., 147-149, 162, 461, 467, 506, 572-575, 662, 666 Daniels, Herbert Edler von 135 f., 608 Darré, Erich 42 Daube, Otto 315 Dautzenberg, Walter 214, 252, 259, 626 Deetjen, Hanns 591 Degrelle, Léon 404 f., 644 Dejmek, Gaston Roman 215 f., 620 Denecke, Ludwig 340 Depenheuer, Kurt 160 f., 166 Des Coudres, Hans Peter 168 Dethof, Hermann 53-59, 272, 421, 584, 592 f. Dickescheid, Heinrich 530 Diebitsch, Karl 167, 613 Dietrich, Otto 48, 106, 182 f. Diewerge, Wolfgang 401, 483, 667 Dilcher, Rudolf 329 f., 639 Dindorfer, Ludwig 159, 165 Doegen, Wilhelm Albert 216, 621 Dohm, Baptist 661 Dolezalek, Alexander 365, 386, 663 Dollhausen, Heinrich 158, 165 Dongus, Walter 109, 183-185, 187, 531 f., 617, 672 Doornik, Hendrik J. van 367 Dormann, Carl 113 Dorrer, Oskar 124, 132, 605 Drager, Willi 448, 488 Dressler, Franz 620 f. Dücker, Walter 55, 57, 70, 81 f. Dufais, Wilhelm von 329 f., 639 Dungl, Gottfried 547 Dwinger, Edwin Erich 247, 278 Dzozo, Husein 416 Ebel, Wilhelm 186, 406 Ebrecht, George 68, 72, 74, 76, 93, 166, 171, 328, 525, 598, 613 f. Eckenbrecher, Kurt 641 Eckert, Helmut 383, 651 Eckhardt, Karl August 536 Eckstein, Ludwig 131, 147-149, 152, 162 f., 209, 263, 275, 445 f., 449-451, 462, 467, 480, 486 f., 489, 494, 506, 572-574, 581-583, 609, 659, 662, 664, 666, 668 Edelmann, Moritz 119, 194, 213, 251, 271, 318, 627 Eder, Alois 313 Egerter, Anton 313, 323, 387 Eggers, Kurt 71, 84, 223, 360, 401 f., 480-482, 489, 536, 646 Eggers, Werner 340 Ehlers, Erich 487, 666 Ehlers, Gerhard 70 Eichenauer, Richard 34 f., 37, 46, 534, 590-593, 657

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Namensregister

Eichhorn, Walter 564 Eichler, Hans 103, 601 Eichmann, Adolf 594 Eichstädter, Albert-Leo 307 Eicke, Theodor 43, 98, 118, 266-270, 490, 608, 619, 627 Eikermann, Reinhard 564 Eisenhardt, Ludwig (?) 165, 483, 493 Ellersiek, Konrad 27, 55 f., 67, 74, 82, 86, 171, 173, 175-177, 534 f., 565, 597, 599, 614-616 Elling, Georg 48, 109, 593 Elsen, Heinz 364, 381 f. Empl, Hans 339 Endres, Claus 30 Endres, Hans 322 f., 617, 635 Entleitner, Hans 252 Erdmann(zyk), Anton 290 Ermler, Hugo 252 Ernst, Albert 47 Esche, Fritz 340, 410 Eschner, Werner 676 Essl, Heinz 242, 252 Etten, Hendrik Willem van 391, 653 Etzler, Gustav 252 Evert, Emil 440, 484 Eysell, Otto 107, 192, 316, 543 f., 577 Eysell, Heinz 636 Fabian, Herbert 536 Fahr, Wolfgang 672 Fahrenkrog, Ludwig 537, 552 Faltz, Walter 175, 565, 646, 652, 676 Fatalibeyli-Dudanginski 414 Fegelein, Hermann 234, 236 f., 255-259, 262, 328, 622 Feininger, Lyonel 568 Felbinger, Rudolf 279, 287, 289 Feldme(i)jer, Johannes-Hendrik 358, 360, 388 f., 652 f. Feldmüller, Karl 362 f. Festge, Hans Henning 313, 323, 387, 636 Fick, Ernst 55 f., 137-139, 142, 148, 161, 166, 219 f., 308 f., 315, 317, 342, 369, 373, 524, 579, 607 f., 635, 641, 648 Fieullien, Piet 153, 164 Finger, Otto 28 Fink, Fritz 229 Fischer, Aloys 392, 619, 653 Fischer, Gert Heinz 635, 672 Fischer, Herbert 252, 259 Fischer, Konrad 105 Fleischhacker, Hans 110 f., 184 f., 382, 552 f., 617 Flitner, Wilhelm 642 Floritsch, Georg 416-418 Fölsing, Friedrich 230 f. Forster, Albert 188 Förster, Herbert 308, 635

Frank, Bernhard 168 f., 646 Franke-Gricksch, Alfred 269, 627, 652 Frankenberg, Richard 537 Franz, Günther 177, 388, 410, 555, 564-567, 604, 664, 673 Franz, Heinz 177, 328, 541 f. Franzius, Walter 169, 614 Frederking 252 Freese, Gerhard 159, 165 Freitag, Fritz 261 f., 626 Frese, Karl 263, 626 Freud, Sigmund 639 Freudenstein, Georg 252, 321 Frey, Clifford 222-224, 547 Frick, Wilhelm 18, 549, 567 f. Friedel, Eduard 353, 644 Friedrich d. Gr. 146, 178, 206, 210, 212, 246, 249, 337, 438, 457, 488, 491 Friedrich, Rudolf 213, 328 f. Friehe, Albert 24-26, 32, 588 Friese, Kurt 49 Fritsch, Theodor 194, 276 f., 302, 587, 595, 629 Fritsche, Helmut 219, 349 f. Froebel, Hermann 343, 558, 641 Froeter, Paul 353 Fuhrländer, Wilhelm 82, 118, 266 f., 269-271 Furuseth, Ola 153, 164, 377, 379, 484, 493, 668 Fussek, Erich 124 f., 132, 322 f., 546 Gaede, Ulrich 675 Gaese, Heinrich 149 f., 163, 274, 416, 421, 480 Gampe, Hermann 410 Ganghofer 107 Gartz, Hans-Joachim 213 Geelkerken van 389, 652 Gensichen, Kunibert 640 George, Heinrich 244, 657 Gerbig, Hans 159, 165 Gerischer, Hermann 171, 342, 641 Gerlach, Anton 232 Gerstenberger, Rudolf 658 Gerstung, Luise (?) 639 Gesell, Heinrich 214 Gienanth, Ulrich von 49 Gieseler, Wilhelm 109-111, 184, 186, 552, 572, 602 Gils, Günther 175 Glattes, Lothar 10-17, 20, 537 Glazemakers, Karl 407, 658 Globocnik, Odilo 176, 243, 251, 565 Glücks, Richard 272, 278, 286 Gmelin, Hermann 483 Goddemeyer, Friedrich 674 Goebbels, Josef 143 f., 262, 277, 287, 414, 421, 482, 608 Goedewaagen, T. 176, 396, 655 Goethe, J. W. v. 235, 277, 299, 316, 326, 478, 634 Goetze, Friedemann 316 f.

Namensregister Gohdes, Otto 41 Göring, Hermann 21, 421, 549 Göser, Gebhard 338, 640 Gossow, Erich 274, 276, 278 f., 292 f. Götz, Wilhelm 158 Graew, Erik 252, 259 Graf, Otto 30 Grafstedt, Christian 88-90, 93 f. Gramlich, Walter 344, 348, 643 Gramss, Ernst 538 f. Grashoff, Ehler 151, 164 f., 610 f. Greb, Karl 320 Greite, Walter 153 f., 164, 385, 486 f., 493, 651 Grieser Helmut 269 Grillmayer, Max 70, 545 Grimm, Rudolf 252, 564 f. Grisard, Werner 330, 639 Grobmann, Alfred 316, 319, 537 f., 636, 655 Grohmann, Josef 180, 182, 188, 547, 617, 656 Gröndahl, Hans-Edlef 230 f. Gross, Walter 250, 318 Groß, Kurt 207, 324 Grund, Gerhard 232 Grünewald, Georg 543 Gschwend, Wilhelm 131, 137, 149 f., 162 f., 416, 421, 428-430, 476, 480, 487, 494, 506, 572-574, 580, 609, 661, 677 Günther, Hans F.K. 17-19, 24, 30, 34, 44, 49, 65, 103 f., 107, 111, 182, 184, 186 f., 250, 277, 282, 362, 372, 448 f., 523, 530, 532 f., 537, 549-554, 560, 566-568, 585, 587, 590, 595, 602, 635, 674 Günther, Richard 92 Gurrath, Karl 107-110, 114, 529, 603 Gütt, Arthur 68, 597 Haacke, Ulrich 455, 485 Haas, Hermann 30 Haas, Nico de 390, 396, 401, 653 Hägele, Walter 349 f. Hagen, Hans W. 480 f. Hahn, Werner 48 f., 593 Haidn, Matthias 27, 589 Hakkenberg van Gaasbeck, Alfred 383, 659 Halberstadt, Wilhelm 243, 252 Hammersen, Heinrich 199 Hanelt, Gustav 176 f., 565, 676 Hannig, Günther 200 Hansen, Hans 560 Hansen, Niels 92-94, 160, 165 Harbaum, August 273, 613 Harders, Georg 616 Hardy, Johannes 252 Harmsen, Hans 44 Harreby, Hans 205, 207 Harster, Wilhelm 654 Hartl, Albert 54, 595 Hartmann, Horst 71, 85, 129, 149, 338

699

Hartmann, Karl 564, 570, 676 Hartmann, Kurt 177 f., 308 Hartmann, Wilhelm 393-396 Hasselbacher, Friedrich 628 Hauck, Leander 320 Hauck, Walter 396, 655 Hauer, Jakob 322 Haugk, Hermann 103, 559 Haumann, Gustav 313, 323 Hausmann, Viktor 327, 410, 658 Häußler, Herbert 332 Havemeister, Kurt 130, 156, 611 Hayn, Friedrich 47 Heberer, Gerhard 550, 567 Hegemann, Hans W. 651 Hehlmann, Wilhelm 629 Heigl, Josef 94 Heimann, Richard 227 Heinrich I. 212, 227, 232, 230, 242, 247, 263, 294, 337, 344, 348, 441, 452, 563, 597 Heißmeyer, August 74, 76, 79, 117, 121, 128, 147, 173 f., 235, 394, 421, 425, 606, 645 f. Heitz, Bruno 130, 156, 158, 160, 165 Heitz, Georg 546 f., 673 Henne, Adolf 290 Hennewig, Rudolf 526 Henning, Karl August 252 Henschel, Theodor 48, 108-110, 531, 593 Hentschel, Willibald 18 Herchen, Karl 279, 288 Herff, Maximilian von 656 Hergenröder, Adolf 603 Herr, Rudi 555 f. Herrmann, Richard 624 Herrmann, Traugott 526 Hesch, Michael 185 f., 617 Heß, Rudolf 421 Heß, Gerhart 152, 330, 332, 610 Heubel, Willem Johannes 647 Heumann, Franz 230 Heumann, Hans 566, 676 Heyd, Wilhelm 137 f., 156, 162, 164, 241 f., 252, 611, 677 Heydrich, Reinhard 67, 131, 136, 394, 421, 440, 448, 486, 594 f., 654, 656, 661 Heyer, Wilhelm 367 Heyse, Karl 70 f., 81-83, 437, 662 Hildebrand, Wilhelm 233, 354, 367, 648 Hildebrandt, Richard 188 Hillmann, Rudolf 252, 350 Himmler, Gebhard 643 Hintmann, Richard 30 Hippius, Rudolf 659 Hirt, August 107, 172, 184, 372, 617 Hochsieder, Ernst 224 Höcker, Karl 279, 288

700

Namensregister

Hoeven, Jan van der 653 Hoff, Richard von 371 Hoffmeister, Josef 279, 290, 628 Höfler, Otto 401, 673 Hofmann, Otto 64, 93, 119, 166, 169-171, 180, 185, 188, 332, 369, 447, 524, 551, 594, 604, 616 Höhenberger, Fritz 252, 257 Hohmüller, Walter 134, 137, 139, 159, 165, 266 f., 490, 494, 609, 669 Höhn, Reinhard 106 f. Holler, Kurt 35, 37, 533, 590 Holm, Heinrich 252 Hönigswald, Richard 49 Hoops, Herbert 394, 654 Hopfenmüller, Hans 348, 642 Hoppe, Rudolf 83, 155, 164, 421, 600 Hoppe, Werner 30 Hördt, Philipp 398, 655 Hörist, Hans 338 f., 578 Horn, Oskar 589 Horn, Hans/Johann 226, 411 Hornung, Alois 110, 603 Hospach, Erwin 340, 641 Hössrich, Rudi 253, 557 Hotzel, Rudolf 440, 556 f., 662, 674 Houten, Herman van 653 Houten, Reinier van 391, 653 Hovius, Romert 153, 164 Hubacek, Otto 253 Hübner, Herbert 108, 110 f., 603 Hübner, Rudolf 608 Huffmann, Fritz Robert 103 Hunke, Sigrid 635 Hussmann, Erich 93 f., 601 Illgen, Herbert 36, 590 Illgen, Herbert 279, 285, 291 Illich, Hans 168 f., 613 Isecke, Erich 561 Ispert, Wolfgang 395 f. Ittenbach, Max 409, 656 f. Jacht, Karl 173 Jacobsen, Rudolf 48, 50, 135, 327, 334, 355, 359365, 369, 372 f., 377, 391, 527, 585, 590, 593, 605, 612, 638, 646 f., 649, 653 Jaensch, Erich 172, 178, 308, 614, 635 Jankuhn, Herbert 457, 489, 661, 665 Jansen, Werner 277 f., 480-482 Janzowski, Willibald 129, 420 f., 480, 609 Jeckeln, Friedrich 183 Jesionek, Erwin 548 Jordan, Wilhelm 168 Jungclaus, Richard 366, 392, 403-405 Junghanss, Fritz 55, 58, 71 Jürgens, Heinz 640 Jüttner, Hans 131 f., 135, 138, 606 f., 678 Just, Günther 174, 532

Kaaserer, Richard 183 Kabusch, Kornelia 215, 221, 296, 620 Kadner, Siegfried 119, 480, 604 Kaesdorf, Julius 416 Kaether, Hans-Hermann 304 Kahl, Ferdinand 558 Kaindl, Anton 292 f. Kam, Sören 377 f., 649 Kamradek, Hans 253 Kandinsky, Wassily 568 Karajan, Herbert von 320 Karg, Georg 200 Karl d. Gr. 31, 154, 210, 231, 239, 248-250, 398, 407, 454, 620 Karl, Erich 167, 179, 613, 616 Karner, Hans 313, 387 Kasper, Herbert 12-14, 16, 537 Kasprick, Albert 157, 165 Kästner, Herbert (?) 64 Käthner, Georg 48, 593 Kaus, Karl 226 Kausch, Paul-Albert 200 Kautter, Eberhard 628 Kayser-Eichberg, Ulrich 186, 618 Keilberth, Josef 213 f. Keiser, Herbert 160, 166 Keller, Josef 482 Kellerkühne, Waldemar 157, 165 Kemper, Wilhelm 359, 395, 645 Kempmann, Joachim 64 Kempmann, Ernst-Günter 64 Kenel, Julius 341 Kermann, Karl 561 Keuchenius, Pieter Emiel 395, 654 f. Kieckbusch, Karl 668 Kiesinger, Kurt Georg 281, 677 Kindermann, Johann 216, 338 Kirchner, Alfred 104 Klampen, Erich zu 480 f. Kläning, Georg 90 Klapp, Ernst 106, 551, 602 Kleffel, Adolf 69 f., 83, 123, 129 f., 146, 154, 156, 208, 269, 272-274, 292, 421, 609 Klein, Adalbert 151, 164, 611 Klein, Georg 286 f. Klein, Oskar 261 Klemann, Siegfried 124, 605 Klement, Friedrich 221, 296, 302, 339 Klett, Eugen 107 Klingemann, Gottfried 624 Klinger, Erwin 55, 70, 179, 181 Klöcker, Hans 149, 162 f., 421, 480 Klöpfer, Hans 253, 549 Klumm, Friedrich 46 f., 539, 551, 588 Kneißl, Franz 215 Kneller, Hermann 273, 628

Namensregister Knittel, Kurt 274, 279, 281, 298-303, 630 Knobelsdorff, Manfred von 168, 524, 598, 613 Knöchel, Friedrich 279, 294, 633 Knoll, Helmut 642 Knoll, Josef 106, 602 Knoop, Karl 557 Koch, Karl 283 Koch, Wilhelm 263 Kohl, Walther 620 Kolb, Eduard 619 Kolb, Richard 550 Koll, Herbert 224 Köllerer, Alfred 32 König, Herbert 70, 82, 155, 212, 444, 465, 485, 489, 545 f. Koopmann, Paul 353, 362 f., 644, 647 Kopischke, Max 136, 342, 355, 364 Kopmann, Heinrich 561 Kopp, Erich 370 f., 373 f. Koppenwallner, Anton 269, 609 Körner, Hellmut 522 Körner, Karl 638, 640 Korte, Hermann 218, 675 Körwien, Arthur 313, 324 Kother, Erich 129, 147, 163, 661 Kotz, Alfred 480 Krahl, Werner 317 f. Kranz, Bruno 298 Kranz, Heinrich W. 173, 614 Kreitz, Erwin 253 Krell, Erich 247, 253 Krellmann, Paul 154, 164, 200, 213, 314, 385, 387, 530, 620 Krieck, Ernst 135, 322, 398, 409, 541, 557, 572, 602, 655 Krieg, Wilhelm 612 Krieger, Heinz 667 Krieger, Rudolf 292, 308, 635 Kroh, Oswald 148 f., 152, 160, 162, 411, 572, 574, 677 Kropp, August 95, 97 Krüger, Fritz P. 667 Krüger, Kurt 224 Kruschinski/y, Erich 150, 152, 163 f., 411, 490, 494, 609 Kuchenbäcker, Karl 550 f., 673 Kudlich, Werner 151, 164 Kuhn, Hermann 620 Kühne, Hermann 527 Kulich, Alfred 321 Kummer, Bernhard 401, 550, 567, 652, 673 Kummer, Kurt 588 Künzel, Erwin 528 f., 617 Kunzmann, Willi 94 f., 98, 102, 602 Kurth, Gottfried 554 Kurz, Emil 367

701

Lagarde, Paul de 316 Lammers, Paul 87, 113, 675 Lancken, Klaus von der 48, 593 Landes, Hanns 628 Landgraf, Eduard 28, 36 Landgraf, Hugo 156, 164 Lang, Arend 656 Lang, Josef 674 Lang, Walter 170 f. Lang, Willi 620 f. Langbehn, Julius 316 Lange, Herbert 484 Langerbein, August 279, 288, 632 Langhe, Jef de 407, 656 Lassmann, Jürgen 615 Laun, Liesel 331 f. Lauterbach, Helmut 47 Leers, Johann von 21 f., 88, 92, 119, 235, 250, 422 f., 479 f., 535, 550, 567 Leisering, Werner 648 Lekesch, Ernst 215 f. Lenhardt, Friedrich 411 Lenz, Fritz 184, 523, 532, 586, 591 Leo, Friedrich 180, 182, 188, 190, 340, 531, 616 Leonhard, Heinz 30 f., 115, 550 f. Leonhardt, Paul 158, 165 Leonhardt, Rudolf 253 Lepel, Henning von 32 f., 105 Lettow-Vorbeck, Hans Albert von 48, 50, 68, 193 f., 593 Lewinsky, Josef 215 f., 630 Ley, Robert 19, 657 Leysen, Siegfried 314, 366, 407, 657 Licht, Ludwig 33, 543 Lieben, Hans Henning von 56 Lienau, Walter 55, 57, 70 Lindemann, Hermann 409, 658 Lindemann, Iver/Iwer 373, 377 Linssner, Hans 560 Lippe, Ernst 73 Löffler, Hermann 480, 566, 588, 676 Lohr, Rudolf 340 Lombard, Gustav 257 f., 625 Lorbeer, Hermann 558 Lorenz, Fritz Wilhelm 480 f. Lottmann, Werner 174 f. Lotz, Karl 214 Lüdemann, Hans 150-152, 163 f., 329, 411, 488, 494, 554, 610, 666 Ludendorff, Erich 13, 562, 587, 671 f. Ludwig, Kurt 343 Ludwig, Siegfried 565, 676 Luserke, Klaus 55, 57, 71, 84 f., 595 Luserke, Martin 57, 527 Luther, Martin 197, 316, 456, 485, 491, 579 Lutosch, Gerhard 208-210, 274, 279, 282, 580

702

Namensregister

Lutze, Viktor 213 Lützeler, Eugen 49 Maag, Othmar 380 Maaß, Werner 589 Magill, Franz 248, 257, 625 Mahler, Gustav 315 Mahler, Wilhelm 367 Mai, Friedrich Wilhelm 644, 654, 657 Maierhofer, Franz 342 Major, Hans 264, 626 Makaruschka, Lubomir 340 Malko , Halim 417 Mangold, Heinrich 546 Manns, Erich 35 Maquis, Karl 39 Martin, Karl 279, 286, 632 Marx, Karl 453, 467, 556 Maschke, Erich 175, 177, 565 f., 664 Matthäus, Wilhelm 349, 643 Mayer, Kurt 543 Mayer, Wolfgang 158 Mayerhofer, Friedrich 613 Mayerhofer, Josef 154, 164, 271, 274, 279, 291 f., 445, 483, 493 Mayr, Franz 676 Meierhenrich, Paul 314 Meinberg, Wilhelm 194 Meinhardt, Paul 279, 290 Melsum, Old 377 Menzi, Fridolin 380 Mergenthal, Christian 572 Merk, Sebastian 522 Merlin, Philippe 375 f., 649 Metelmann, Ernst 160, 165 f., 483, 494, 612, 663 Metz, Ehrhard 561 Metzner, Erwin 24, 26 f., 588 Meyer, Heinrich 91, 601 Meyns, L. 408, 657 Michel, Helmut 279, 290 Miller, Richard 157, 165 Minke, Paul 365 f., 663 Mjöen, Jon Alfred 532 Modersohn, Otto 525 Mokka, Hans 289, 630 Möller, Eberhard Wolfgang 482 Mollison, Theodor 184, 552 Montua, Max 258 Monyé, Johan P.A. de 395 f., 655 Mörtel, Heinrich 36, 590 Mössinger, Friedrich 480 f. Mössler, Gottlieb 217 Motz, Karl 21 f., 24, 26-28, 54-59, 61 f., 67, 69 f., 85, 177, 194, 422, 506, 535, 588, 590, 594 f., 597 f. Muchow, Hans 657 Mühlbach, Ernst 215, 296

Mühlhausen, Ludwig 644 Müller, Roderich 674 Müller, Rolf 663 Müller, Erich 279, 288, 293-296, 632 Müller, Herbert 522 Müller, Otto 285 Muhasilovic, Abdullah 416-418 Mundt, Werner 233 Musfeld, Hans 619 Mussert, Anton Adriaan 357-359, 370, 378, 388 f., 645, 648, 652, 655 Mutschler, Karl 330, 639 Mzik, Johannes 226 Nachenius, Jan Coenraad 389-392, 395 f., 401 f., 652, 657 Nägele, Sepp 650 Nebe, Artur 258 Neitzel, Kurt 232 Nelis, Heinrich-Josef 172, 614 Neumann, Gotthard 554 Neumann, Heinrich 281 Neumann, Walter 124, 127, 131 f., 134, 606 Ney, Elly 315, 636 Nieden, Erich zur 161, 163, 166 Nietzsche, Friedrich 147, 161, 201, 218, 322, 360, 609 Nije 389, 652 Nikles, Alfred 379 f. Nohl, Hermann 35, 282, 590, 630 Nott, Johanna 618 Nuffel, van 658 Oberdorffer, Kurt 150, 163, 329, 546, 609 Oberkersch, Valentin 322 Obersteiner, Heinrich 186 Oehlheim/Ölheim, Friedrich 230, 233, 622 Oesterle, Friedrich 162, 410 f., 573, 607, 658, 677 Oetzmann, Heinz 237, 239, 243, 246, 251, 253, 314 Oevermann, Gerhard 185, 617 Ohlendorf, Wilhelm 655 Olzscha, Rainer 414 f., 659, 663 Orasche, Johann 342, 548, 641 Orlich, Rudolf 279, 289 f. Ortleb, Martin 565 Ösau, Carl 314, 340 Ostendorff, Werner 211 Otten, Maurice 414 Otto, Gerhard 595 Owsianowski, Harry 159, 165, 218, 621 Pacyna, Günther 591 Paleske, Joachim Freiherr von 319 Palm, Lorenz 153, 164, 411 Pancke, Günther 75, 166, 170, 589, 650 Panhans, Alois 271, 279, 294, 296 f. Paruszynski, Herbert 227 Pasques, Theo 647

Namensregister Passarge, Siegfried 642 Pastenaci, Kurt 278, 480-482, 646, 661 Pastowski, Bruno 200 Pattet 321 Paul, Alexander 109, 602 Paul, Gustav 73 f., 598 Paul, Otto 457 f., 486 f., 665 Paul, Hanns 526, 649 Paulsen, Peter 310, 313 f., 372, 381-388, 649, 651 Paulus, Peter 161, 372-376 Pauly, Max 630 Pauly, Richard 316, 636 Pehle, Carl 353 Pelikan, Ewald 647 Peltzer, Otto 677 Peters, Herbert 307 f., 635 Petersen, Asmus 673 Petersen, Peter 316, 554-557, 562, 566, 571 f., 674 Petmecky, Adelheid 483 Petzold, Theodor 362-364, 373, 381-384, 650, 663 Petzschner, Helmut 314, 339 Pfaff, Hans 612 Pfannenstiel, Wilhelm 172, 614 Pfaul, Berthold 554 Pfeiffer, Georg 55, 70, 546 Pflaum, Paul 279, 288 Pflug, Otto 354 Pfluger, Karl 320 Philipps, Karl 366 f., 407, 657 Phleps, Hellmuth 12 f. Pichler, Josef 616 Pietsch, Walter 150 f., 154, 163 f., 487 f., 494, 610 Pietzner, Hans-Jochem 55, 58, 71, 83, 484, 665 Piske, Willi 253 Pittermann, Emil 253 Plähn, Willi 308, 315, 635 Plassmann, Otto 356, 388, 395, 648, 661 Ploetz, Alfred 523 Plog, Ewald 324 Ploner, Wilhelm 326, 547 Pohl, Oswald 67-69, 72, 75, 175, 344, 594, 607, 615 Pohl, Erich 561 f., 570 Pohl, Werner 562, 570 Ponthière, Fernand 153, 164 Poppendieck, Helmut 174 Popp-Madsen, Carl 388 Porsche, Ferdinand 171 Possnig, Josef 253 Poxleitner, Georg 611 Preusch, Hermann 12 Preuss, Hans 182 f., 185 Pröschold, Ludwig 130, 155, 201, 444, 465, 485, 489 Pudelko, Alfred 529 f. Pugel, Theodor 483, 665

703

Püllmann, Alfred 480 f. Puls, Willi Walter 564, 676 Quadflieg, Franz Herbert 55, 57, 177 Quelprud, Thordar 377 Rabius, Wilhelm 365, 647, 663 Ranneberg, Walter 260, 324 Rascher, Fritz 558 Rasmus, Hermann 320 Rath, Hans 354 Rathje, Erich 253 Ratzeburg, Reinhold 618 Rau, Kurt 186 f., 618 Raubenheimer, Karl-Heinz 327, 367 f. Rausch, Jürgen 676 Rauscher, Erwin 213 Rautenfeld, Götz von 104, 596 Rauter, Hanns Albin 357-359, 367, 389, 394, 399, 644-646, 648, 652, 654 f. Rebholz, Heinz 234-236, 238, 242, 253, 257 Reche, Otto 42, 167, 179, 185, 613, 617, 620 Rechenbach, Horst 26 f., 42, 307, 523, 530, 592 Rediess, Wilhelm 367 Reemtsma, Alwin 93 Regh, H. 273, 628 Rehmann, Wilhelm 366, 657 Reich, Fritz 377 Reimer 165, 483, 494, 666 Reinecke, Heinrich 319, 338 Reinhardt, Fritz 25 f. Reinke, Helmut 35 Reinöhl, Friedrich 532, 672 Reischle, Hermann 23, 26 f., 69, 166, 539, 588 Repschläger, Max 387 Ribbentrop, Joachim von 171 Richter, Fritz 268 f. Riedel, Georg 344 Riederer, Josef 104, 523, 558, 602, 627, 674 Riedweg, Franz 175, 352, 355-357, 360-362, 369, 377, 380, 387 f., 488, 644-646, 651 Riegler, Otto 348 Riek, Gustav 274, 279, 285 f., 631 f. Rieke, Wilhelm 70, 81 f., 317, 342 Rieth, Artur 271, 279, 284 Rink, Otto 279, 284 Ritterbusch, Wilhelm 358, 645, 654 Rittershaus, Ernst 277 Rode, Otto 286 Rödel, Rudolf 565 Rödel, Georg Albert 616 Roehder, Wolfgang 135, 166, 607 Röhm, Ernst 181, 536, 617 Rohr, Hanns 247, 251 Rohrbacher, Hans 34 Römmele, Otto 34 Roosbroeck, Robert van 388, 406 f., 657 Roosevelt, Franklin D. 128, 204, 468

704

Namensregister

Rösch, Gustav Adolf 106, 109 f. Rosenberg, Alfred 49, 128, 171, 197 f., 235, 277, 371, 401, 421, 523, 587, 597, 605 f., 609, 628 Rösinger, Ludwig 13-15, 94, 532 Roskam, E. J. 395 f., 654 Roski, Leo 319 Rost van Tonningen, Meinoud 397 f., 401 Rost van Tonningen, Florentine 647 Roth, Albert 113, 543 Roth, Fritz 263 Roth, Hans 165, 611 Rübel, Heinrich 180 f., 185, 188, 382, 594, 617 Rudel, Fritz 362, 366, 409 Rudolf, Johann 279, 282 f. Rudolph, Georg 71, 84 f., 527, 600 Rühle von Lilienstern, Hans 67, 104, 175-177, 213, 314, 387, 615, 652 Runge, Friedrich Wilhelm 27, 55, 58, 70 f., 82 f., 85, 328, 421, 483 Ruppel, Richard 157 f., 165, 274 Ruppert, Herbert 556, 674 Ruttke, Falk 550 Rydlo, Franz 158, 165 Sailer, Rudolf 561 Sander, Friedrich 674 Sandner, Adolf 631 Sarnow, Hermann 410 Schachermeyer, Friedrich 554 Schachl, Josef 547 Schade, Hans 113, 603 Schädler, Walter 236, 253, 544 Schaeppi, Benno 380, 650 Schaffner, Jakob 222, 371 Schalburg, Christian Frederik von 377 Schalij, Gerrit A. 396, 655 Schaper, Ernst 27 Schaper, Karl 480 Scharnweber, Otto 251, 614, 624 Schäufele, Johannes 113 f. Schaumburg-Lippe, Ingeborg Alix Stephan zu 331-334, 640 Scheel, Willi 254 Scheer, Josef 410, 658 Schegg, Hermann 119, 247 f., 251, 624 Schellenberg, Walter 415 Schenkendorff, Max von 258 Scherner, Julian 79, 172, 213, 599 Scheu, Erwin 251 Schiller, Friedrich von 18, 160, 218, 221, 235, 316, 360 Schilling, Kurt 651 Schinke, Gerhard 128-130, 134, 147 f., 150, 152, 159, 161, 218, 235, 247, 250, 292, 317-319, 329, 331, 334, 480, 506, 609, 637, 639 Schirmer, Erwin 104, 554, 674 Schlegel, Martin 563

Schleif, Hans 251, 624 Schlemmer, Oskar 568 Schleyer, Hanns Martin 541 f. Schlitter, Otto 88, 93 Schlösser, Ludwig Arnold 27, 49, 328, 638 Schlotterbeck, Fritz 130, 156, 611 Schmalfuß, Hannes 235 Schmidetzki, Walter 200, 279, 286, 632 Schmidt, Erich 614 Schmidt, Ernst A. 47 Schmidt, Franz 320 Schmidt, Fritz 357 f., 645 Schmidt, Gerhard 175, 565, 664, 676 Schmidt, Wilhelm 254 Schmidt, Hans-Emil 531 Schmidt-Claden 634 Schmidt-Rohr, Georg 669 Schmitz, Heinz 12 f., 15 f., 107-109, 185 f., 188 Schmitz, Wilhelm 158, 165, 222 Schmutz, Karl 632 Schnauber, Rudolf 555 Schnegg, Walter 32 Schneider, Hans Ernst 356, 365, 381, 386, 389 f., 401, 404-406, 651-653, 656, 661 Schneider, Adam 156, 164 Schnitzer, Otto 109 Schnitzlein, Johannes 558 f., 675 Schnorrbusch, Johannes 55, 57, 71, 83, 527 Schoene, Werner 485 Schollmeyer, Paul 561 Scholtz, Walter 48, 593, 596 Schorn, Willi 263, 317, 410, 626, 637 Schrade, Hans 367 Schrage, Heinz 350 Schram, Johan F.C. 648 Schreibmüller, Walther 314 Schreiner, Rolf 560 Schröder, Hermann 271, 279, 281 f., 630 f. Schubert, Willi 346 Schüle, Albert 112 f. Schultz, Bruno K. 15, 42, 167, 174, 183-188, 401, 528-530, 591 f. Schultz, Wolfgang 49 Schultze, Heinz 178, 200, 317 Schultze-Naumburg, Paul 277, 537, 552, 567 f. Schulz, Karl 596 Schulz, Siegfried 164 Schulz, Walther 277 Schulze, Roland 26 f., 588 Schumacher, Kurt 627 Schumann, Gerhard 223 Schuricke, Rudi 402 Schüssler, Emil 537, 552, 592, 673 Schüssler, Hermann 631 Schuster, Valentin J. 480 f., 669 Schütt, Werner 71, 81-83, 436 f., 600, 662

Namensregister Schwalm, Hans 644 Schwalm, Fritz 48, 104 f., 167, 183, 528 f., 593, 598, 612, 617 Schwaner, Wilhelm 555 Schwartz-Bostunitsch, Gregor 194 Schwarz, Dieter 483 f., 486, 665 Schwarz, Karl 202-207, 324, 579, 584, 619 Schweikhardt, Erich 223 f. Schwertfeger, Horst 393-397, 401 f., 409, 655 Seeber, Arno 640 Seedorf, Wilhelm 281 f., 630 Segelken, Heinrich 676 Segler, Karl Ferdinand 53, 55 f., 67, 70, 81 f., 86, 177 Seibert, Theodor 276, 288, 483, 493, 667 Seidensticker, Hermann 284, 631 Seidler, Paul 559 Seifert, Gustav 279-281, 288 f., 628, 630 Seißl/Seissl, Adolf 71, 83 Seitz, Felix 12 Sengewald, R. 273, 628 Sewera, Joseph 272-274, 278, 285, 628 Seyss-Inquart, Arthur 175, 357-359, 390, 395, 645, 652 Sieb, Anton 153, 325, 411, 638 Siebken, Bernhard 199 Siedentopf, Edgar 320 Siegmann, Wilhelm 279, 632 Siemens, Hermann Werner 44, 65, 532, 587 Siemsen, Anna 567 Sievers, Joachim 225 Sievers, Wolfram 171, 597, 661 Sinning, Karl 105 Six, Franz Alfred 171, 597, 668 Snijder, Geerto 390 f. Sobolak, Karl 248, 254 Sommer, Karl 404, 656 Sommer, Otto 602 Sommerkamp, Georg 675 Sonke, Paul 132 Sonnleitner, Fritz 314 Sörensen, Bendix 647 Spaarmann, Erich 48, 106, 108, 531, 593, 645 Spanka, Otto 200 Specht, Jost 339 Speer, Albert 262, 287 Speike, Walter 640 Spengler, Hermann 613 Spengler, Oswald 18 Spieker, Wiegand 232 Spoerl, Otto 216-218 Spreither, Franz (?) 480 Springer, Willi 350 Spuler, Bertold 659 Stadlbauer, Walter 269 Staemmler, Martin 282, 490, 587, 595, 663

705

Stahlecker, Rudolf 110 f., 539 f., 672 Stahlecker, Walther 672 Stahlmann, Albert 48, 63 f., 118, 593 Stark, Anton 341 Stastny-Hain, Erich 226 Staudinger, Wilhelm 27, 421, 545, 660 Steche, Otto 277 Steguweit, Heinz 278, 482 Steiner, Felix 352, 381, 651 Stellrecht, Helmut 298, 300 Stengel-Rutkowski, Lothar 27, 42, 189 f., 235, 275, 445-449, 490, 550, 554 f., 565, 583, 676 Stevens, Hermann 335, 346 Stiebler, Heinz 343, 642 Stock, Jürgen 57 f., 421 Stokar von Neuform, Walter 395-397, 654 Stoll, Kurt 95-97 Stolle, Hermann 286 Stoltz, Günther 199 Stoltz, Georg 631 Stössel, Werner 314, 385, 387, 651 Stracke, Fritz 232 Stranders, Vivian 647 Strasser, Otto 186 Strauss, Richard 422 Strobel, Hans 54, 372, 423, 451, 480, 483 Stüwe, Wilhelm 488, 663 Suchsland, Erich 42 Tack, Rudolf 534, 672 Tasch, Peter 350 Taubert, Siegfried 613 Teichmann, Max 612 Tessendorff, Bertold 155, 164, 482, 493 Theunisz, Johannes 390, 395 f., 401 Thole, Heinrich 48, 169, 308, 367, 560 Thoma, Hans 109 Thomas, Jakob 254 Thomas, Erwin 154, 164 f. Thoss, Alfred 27, 53, 562 f., 594, 676 Tichmeneff, Boris 153, 164, 411 Tiedt, Kurt 338, 640 Tippelt, Alois 254 Todt, Alfred 159, 165, 490, 493, 638 Tollefsen, Helge 649 Torkildsen, Egil Holst 379 Tratz, Eduard Paul 429 Trautner, Siegfried 638 Tréfois, Clemens 406, 657 Trestler, Josef 254 Trog, Hermann 676 Trummler, Hans 28 f. Turowski, Ernst 326 Tyarks, Johann 181 f., 185, 188 Uelzhöffer, Peter 633 Uhlmann, Johannes 254 Unfug, Georg 321, 637

706

Namensregister

Unseld, Karl 84, 199, 437, 662 Unverzagt, Wilhelm 65, 596 Urban, Veit 240 f., 246, 254, 584, 659 Urban, Karl Heinz 543 Urlen, Werner 321 f. Vahl, Heinrich 675 Veith, Peter 633 Velmede, August Friedrich 137, 160, 166 Vercammen, Emiel 406 Verschuer, Otmar von 173, 377, 614 Vesper, Will 160, 278, 480 f., 669 Viebinger 653 Vogel, Paul 150, 152, 155, 163 f., 274, 299, 486, 494, 609 Volk, Otto 195 f. Völker, Richard 317 Volkmann, Kurt 631 Vorauer, Egon 152 f., 164, 610 Vossen, Josef 291 Voye, Robert 246 f., 254 Vries, Jan de 395, 401, 654, 657 Waber, Gustav 323 f. Wache, Walter 480 f., 548 f., 667 Wacker, Otto 107 Wacker, Friedrich 224, 374-376, 675 Wäckerle, Hilmar 284 Wagener, Erich 350 Wagner, Richard 161, 214-216, 218, 222, 223, 315 f., 389, 394, 402, 620, 637 Wagner, Richard 536 f. Waldeck und Pyrmont, Josias Erbprinz zu 331, 381, 639 Waldeck und Pyrmont, Alexandra zu 331, 639 Waldeck und Pyrmont, Margarethe zu 331, 639 Waldschmidt, Arno 84 f., 600 Walle, Hermann van de 657 Walle, Maurits van de 366, 408, 657 Walli, Eldon 367 Walther, Kurt 558, 675 Waltz, Kurt 214, 395 Walz, Reinhard 419 Wangemann, Ekkehardt 416 f., 537 Wangenheim, Alexander von 30, 34, 590 Webendörfer, Horst 129, 134 f., 138, 147 f., 157, 162 f., 329, 506, 573, 609, 661 f. Weckmann, Harry 236, 254 Wegener, Hermann 113 Wehofsich, Franz 353 Weibgen, Hans 53, 55, 58, 60, 70, 82 f., 213, 421 f., 600 Weibgen, Georg 192-199, 619 Weidemann, Karlheinz 314 Weigel, Karl Theodor 241, 250, 395 f., 401, 406, 423, 489, 624 Weilenmann, Hermann 647 Weinsberg, Willi 315, 319

Weishaupt, Friedrich 328 Weiß, Georg 557 f., 674 Weiß, Hatto 322 Weiss, Karl 152, 164, 480 Weißbach, Herbert 29, 36 Weissenböck, Johann 254 Wellbrock, Anton 651 Wellershaus, Hans 55, 57, 70, 81 f. Wenkel, Otto 561 Wenzel, Bernd 254 Werdenbach, Eckbrecht 70 f., 81 f. Werner, Johann 249, 254 Werneth, Josef 632 Westerath, Heinrich 242, 254 Westerkamp, Hans 114 Wezel, Emil 137, 160, 162, 165, 490, 494, 573, 611, 666 Wiegandt, Erich 416 f. Wiele, Jef de 402 f., 408, 655, 657 Wildfeuer, Hugo 104 Wilhelm, Friedrich 46 Wilkening, Rolf 647, 655 Wille, Fritz 526 Willer, Harry 33 f., 65, 596 Wilmanns, Wolfgang 561, 673, 675 Wimmer, Friedrich 654 f. Wimmer, Karl 255, 260, 263, 319, 332, 334, 338, 640 Winand, Hans 641 Winter, Erich 26 Winter, Kurt 35, 589 Wirth, Hermann 401, 534, 657 Wisliceny, Dieter 595 Wisliceny, Günther-Eberhard 199 Witt, Max 550 Wittek, Erhard 278, 482 Witzleben-Wurmb, Alfred von 593 Witten, Kurt 615 Wohlauf, Wilhelm 243, 254 Woith, Hans-Joachim 200 Wolff, Karl 654 Wolff, Wilhelm 137, 156, 165 Woudenberg, Hendrik Jan 396, 655 Wouters, Ludwig 658 Wrege, Hans-Joachim 110 Wulf, Heinrich 91 Wulle, Werner 350 Wüllenweber, Fritz 35, 37, 590 Wurm, Ernst 480 f. Wüst, Walther 171, 342, 388, 597 Wüstenberg, Erich 641 Zach, Ignatz 321-323 Zander, Alfred 371, 374, 380, 458, 488, 547 Zapp, Paul 275, 483, 665 Zdunek, Kurt 254 Zeller, Hans 632

Namensregister Zetto, Matthias 165, 278 Ziebart(h)-Schroth, Emil 374-376 Ziegler, Hans-Willi 152, 162, 164, 413, 444, 487, 490, 494, 573, 610, 659, 668 Ziegler, Johann 279, 285 Ziegler, Theo 223 Zilles, Martin 631

Zimmer, Peter 156, 164 Zimmermann, Hugo 165 Zitnik, Walter 248 f., 254 Zöberlein, Hans 278, 401 Zoglauer, Karl Robert 411, 548 Zweig, Stefan 422

707