Die Waffen-SS: Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda 9783657786886, 9783506786883

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Die Waffen-SS: Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda
 9783657786886, 9783506786883

Table of contents :
Die Waffen-SS: Geburt einer Legende
INHALT
DANKSAGUNG
VORWORT DER REIHE
EINLEITUNG
1. GRUNDLAGEN VORBEMERKUNG
1.1 Ideologie der SS
1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda
a) Mythos: Definition und Funktion
b) Grundlagen des mythischen Heldenkultes im Nationalsozialismus
c) Spezifische Elemente des nationalsozialistischen Heldenmythos
d) Bedeutung und Anpassung des Heldenmythos in der NS-Propaganda
1.3 Weltanschauungskrieger? Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz der Waffen-SS
a) Notwendigkeit einer weltanschaulichen Ausrichtung der Waffen-SS
b) Umsetzung der ideologischen Prägung in der Waffen-SS unter Kriegsbedingungen
c) Hinweise auf den Grad der ideologischen Prägung in der Waffen-SS
1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS
1.5 Zwischenergebnis
2. DIE ORGANISATION DER DEUTSCHEN KRIEGSPROPAGANDA
2.1 Organisation von Kriegspropaganda und Medienlenkung im Dritten Reich
2.2 Die militärische Propaganda: Goebbels, die Wehrmacht und die Propagandakompanien
3. DIE KRIEGSPROPAGANDA DER SS
3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS: Interessen, Maßnahmen und Organisation
a) Die Öffentlichkeitsarbeit der SS in den Vorkriegsjahren
b) Motive für eine eigenständige Propaganda der SS für die Waffen-SS
c) Maßnahmen
d) Exkurs: Die Bedeutung der Uniformierung der Waffen-SS für ihr Image
e) Eine Nachrichtenagentur für die SS
f) Ergebnis
3.2 Die SS-Propagandakompanie in Organisation und Ausstattung
a) Grundlagen, Aufstellung
b) Organisation
c) Ausrüstung
d) Personal, Ausbildung und Einsatz
e) SS-PK und der NS-Ungeist
f) Zusammenfassung
3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS: Exemplarische Angehörige der SS-PK
a) Gunter d’Alquen: Kommandant und Organisator
b) Johannes Schwarz van Berk: Starjournalist
c) Franz Roth: Bildreporter
d) Wilhelm Petersen: Frontmaler
e) Eberhard Wolfgang Möller: Dichter
3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung in den deutschen Medien
a) Wortbeiträge
b) Fotografien
c) Kunstwerke
d) Filmberichterstattung
e) Radioberichte
f) Zusammenfassung
3.5 Das Umfeld: Externe Einflüsse auf die Präsenz der Waffen-SS in der Berichterstattung des Dritten Reiches
a) Hitler
b) Goebbels
c) Reichspressechef Otto Dietrich
d) Wehrmacht
e) Ergebnis
4. INHALTSANALYSEN: UMFANG UND INHALT DER BERICHTERSTATTUNG ÜBER DIE WAFFEN-SS IN AUSGEWÄHLTEN ZEITUNGEN DES DRITTEN REICHES
4.1 Methode und Vorgehensweise
4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen
a) Völkischer Beobachter
b) Frankfurter Zeitung
c) Deutsche Allgemeine Zeitung
d) Das Reich
e) Das Schwarze Korps
f) Berliner Illustrirte Zeitung
g) Illustrierter Beobachter
4.3 Quantitative Analyse: Charakteristika der untersuchten Berichterstattung
4.4 Quantitative Analyse: Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung
a) Beschriebene Einheiten, Orte und Nationalitäten
b) Aussagen zum Kriegseinsatz der SS
4.5. Qualitative Analyse: Merkmale des politischen Soldaten von der Waffen-SS in der Darstellung der SS-PK
a) Der gemeinsame Geist der Waffen-SS
b) Innere Einstellung und Merkmale der Soldaten der Waffen-SS
c) Ideologische Eigenschaften
d) Militärische Eliteeigenschaften
e) Mythische Heldengeschichten
4.6 Qualitative Analyse: Die Waffen-SS in der NS-Propaganda. Wandlungen im Laufe des Krieges
a) Die Bewährung: Vom Polenfeldzug 1939 bis zum Sieg im Westen 1940
b) Stoßkeil des Angriffes: Vom Balkanfeldzug 1941 bis zur Winterkrise 1941/42
c) Waffen-SS hält: Das Jahr 1942
d) Die Trumpfkarte des Führers: Von Charkow 1943 bis zum Frühjahr 1944
e) Das Vorbild: Von der Invasion 1944 bis zum Untergang Mai 1945
5. AUSBLICK: DER WEG DER SS-PROPAGANDA IN DIE WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
5.1 Vorbemerkungen
5.2 Die Waffen-SS in den Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität
5.3 Das Bild der Waffen-SS in den ersten deutschen Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg
5.4 Die Darstellung der Waffen-SS in den ersten Standardwerken zu ihrer Geschichte
5.5 Die Darstellung der Waffen-SS in den Werken der »Ehemaligen«
5.6 Zwischenergebnis
6. SCHLUSSBETRACHTUNG
7. ANHANG
7.1 Verzeichnis
7.2 Anhang Codebuch
7.3 Anhang Tabellen
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
PERSONENREGISTER

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KRIEG IN DER GESCHICHTE (KRiG)

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KRIEG IN DER GESCHICHTE (KRiG) HERAUSGEGEBEN VON STIG FÖRSTER · BERNHARD R. KROENER · BERND WEGNER · MICHAEL WERNER

BAND 100

DIE WAFFEN-SS: GEBURT EINER LEGENDE HIMMLERS KRIEGER IN DER NS-PROPAGANDA

FERDINAND SCHÖNINGH Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

Jochen Lehnhardt

Die Waffen-SS: Geburt einer Legende Himmlers Krieger in der NS-Propaganda

FERDINAND SCHÖNINGH Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

Der Autor:

Jochen Lehnhardt, Dr. phil., ist freiberuflicher Historiker und u. a. für die HolocaustGedenkstätte Yad Vashem und in der politischen Bildung tätig.

Titelbild:

oben: Adolf Hitler im Führerhauptquartier ,Wolfsschanze‘ bei Überreichung des Eichenlaubs zum Ritterkreuz und der Goldenen Nahkampf-Spange an den belgischen SS-Führer Leon Degrelle, Kommandeur der Division ,Wallonie‘ am 18. September 1944; in der Mitte: General der Waffen-SS Felix Steiner, ausgezeichnet mit den Schwertern zum Eichenlaub. ullstein bild -ullstein bild unten: Ausstellung von Fotografien der Waffen-SS in Paris an den Champs-Elysées, Januar 1944. ullstein bild - Roger-Viollet

Reihensignet: Collage unter Verwendung eines Photos von John Heartfield. © The Heartfield Community of Heirs/VG Bild-Kunst, Bonn 1998.

D77 (Dissertation Universität Mainz 2015) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages nicht zulässig. © 2017 Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: www.schoeningh.de Umschlaggestaltung: Evelyn Ziegler, München Printed in Germany Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn ISBN 978-3-506-78688-3

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INHALT DANKSAGUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

VORWORT DER REIHE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 EINLEITUNG

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1. GRUNDLAGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.1 Ideologie der SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mythos: Definition und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundlagen des mythischen Heldenkultes im Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Spezifische Elemente des nationalsozialistischen Heldenmythos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bedeutung und Anpassung des Heldenmythos in der NS-Propaganda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Weltanschauungskrieger? Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Notwendigkeit einer weltanschaulichen Ausrichtung der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umsetzung der ideologischen Prägung in der Waffen-SS unter Kriegsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinweise auf den Grad der ideologischen Prägung in der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS. . . . . . . . . . . . . 1.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 41 41 43 48 51 55 55 59 65 71 78

2. DIE ORGANISATION DER DEUTSCHEN KRIEGSPROPAGANDA . . . . . . . . . . . . . . 80 2.1 Organisation von Kriegspropaganda und Medienlenkung im Dritten Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.2 Die militärische Propaganda: Goebbels, die Wehrmacht und die Propagandakompanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. DIE KRIEGSPROPAGANDA DER SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS: Interessen, Maßnahmen und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Die Öffentlichkeitsarbeit der SS in den Vorkriegsjahren . . . . . . 110

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Inhalt

3.2

3.3

3.4

3.5

b) Motive für eine eigenständige Propaganda der SS für die Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Exkurs: Die Bedeutung der Uniformierung der Waffen-SS für ihr Image . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eine Nachrichtenagentur für die SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die SS-Propagandakompanie in Organisation und Ausstattung. . . a) Grundlagen, Aufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausrüstung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Personal, Ausbildung und Einsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) SS-PK und der NS-Ungeist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Propagandisten der Waffen-SS: Exemplarische Angehörige der SS-PK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gunter d’Alquen: Kommandant und Organisator . . . . . . . . . . . b) Johannes Schwarz van Berk: Starjournalist . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Franz Roth: Bildreporter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wilhelm Petersen: Frontmaler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eberhard Wolfgang Möller: Dichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung in den deutschen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fotografien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kunstwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Filmberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Radioberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Umfeld: Externe Einflüsse auf die Präsenz der Waffen-SS in der Berichterstattung des Dritten Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hitler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Goebbels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Reichspressechef Otto Dietrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wehrmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 121 123 128 132 133 133 138 145 147 154 157 158 158 165 170 173 175 177 178 190 193 197 198 201 203 203 209 217 221 230

4. INHALTSANALYSEN: UMFANG UND INHALT DER BERICHTERSTATTUNG ÜBER DIE WAFFEN-SS IN AUSGEWÄHLTEN ZEITUNGEN DES DRITTEN REICHES . . . . 232 4.1 Methode und Vorgehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Völkischer Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Frankfurter Zeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Deutsche Allgemeine Zeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232 242 242 244 247

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Inhalt

4.3 4.4

4.5.

4.6

d) Das Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Schwarze Korps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Berliner Illustrirte Zeitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Illustrierter Beobachter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quantitative Analyse: Charakteristika der untersuchten Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quantitative Analyse: Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschriebene Einheiten, Orte und Nationalitäten . . . . . . . . . . . . b) Aussagen zum Kriegseinsatz der SS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitative Analyse: Merkmale des politischen Soldaten von der Waffen-SS in der Darstellung der SS-PK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der gemeinsame Geist der Waffen-SS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innere Einstellung und Merkmale der Soldaten der Waffen-SS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ideologische Eigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Militärische Eliteeigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mythische Heldengeschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitative Analyse: Die Waffen-SS in der NS-Propaganda. Wandlungen im Laufe des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bewährung: Vom Polenfeldzug 1939 bis zum Sieg im Westen 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stoßkeil des Angriffes: Vom Balkanfeldzug 1941 bis zur Winterkrise 1941/42 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Waffen-SS hält: Das Jahr 1942. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Trumpfkarte des Führers: Von Charkow 1943 bis zum Frühjahr 1944 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Vorbild: Von der Invasion 1944 bis zum Untergang Mai 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249 251 254 256 256 271 271 300 360 360 363 367 376 380 387 387 406 426 445 469

5. AUSBLICK: DER WEG DER SS-PROPAGANDA IN DIE WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 5.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die Waffen-SS in den Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Das Bild der Waffen-SS in den ersten deutschen Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Die Darstellung der Waffen-SS in den ersten Standardwerken zu ihrer Geschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Die Darstellung der Waffen-SS in den Werken der »Ehemaligen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

494 495 501 509 524 541

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Inhalt

6. SCHLUSSBETRACHTUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 7. ANHANG

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552

7.1 Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 7.2 Anhang Codebuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 7.3 Anhang Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606 PERSONENREGISTER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626

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„Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer.“ Aischylos (525-456), griechischer Dichter.

DANKSAGUNG Zum Gelingen des vorliegenden Buches haben viele Menschen beigetragen An erster Stelle sind hier die Betreuer meiner diesem Buch zugrundeliegenden Dissertation zu nennen. Prof. Dr. Sönke Neitzel hat mich überhaupt erst auf das Thema meiner Arbeit verwiesen und mir in der langen Zeit der Bearbeitung immer hilfreich zur Seite gestanden. Mein Dank gilt zudem auch Herrn Prof. Dr. Michael Kißener. Unschätzbar hilfreich waren auch die Anregungen und Hinweise meiner geschätzten Kollegen Mathias Friedel, Dr. Jens Westemeier, Dr. Nils Weise, Dr. Dr. Karl Günther Zelle und Katharina Straub, die zudem, wie Patrick Walz und Anette Neder, am Lektorat beteiligt war. Auch Euch allen mein herzlicher Dank. Mein besonderer Dank gilt aber meiner Familie. Ohne die vielfältige Unterstützung meiner Eltern, Evelyn und Peter Lehnhardt, wäre diese Arbeit sicher nie möglich gewesen. Auch mein Bruder Jan Lehnhardt und Andrea Schenk haben mir mit ihrem Fachwissen unersetzliche Hilfestellungen gegeben. Widmen aber möchte ich diese Arbeit meinen Kindern Diego, Sarah und Aline und meiner Ehefrau Regina. Meine Dankbarkeit für die Geduld, mit der sie die zahlreichen Einschränkungen der letzten Jahre nicht nur ertragen, sondern mich im Gegenteil immer ermutigt und unterstützt haben, ist kaum in Worte zu fassen.

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VORWORT ZUR REIHE »Der Krieg ist nichts als die Fortsetzung der politischen Bestrebungen mit veränderten Mitteln. [...] Durch diesen Grundsatz wird die ganze Kriegsgeschichte verständlich, ohne ihn ist alles voll der größten Absurdität.« Mit diesen Sätzen umriss Carl von Clausewitz im Jahre 1827 sein Verständnis vom Krieg als historisches Phänomen. Er wandte sich damit gegen die zu seiner Zeit und leider auch später weit verbreitete Auffassung, wonach die Geschichte der Kriege in erster Linie aus militärischen Operationen, aus Logistik, Gefechten und Schlachten, aus den Prinzipien von Strategie und Taktik bestünde. Für Clausewitz war Krieg hingegen immer und zu jeder Zeit ein Ausfluss der Politik, die ihn hervorbrachte. Krieg kann demnach nur aus den jeweiligen politischen Verhältnissen heraus verstanden werden, besitzt er doch allenfalls eine eigene Grammatik, niemals jedoch eine eigene Logik. Dieser Einschätzung des Verhältnisses von Krieg und Politik fühlt sich Krieg in der Geschichte grundsätzlich verpflichtet. Die Herausgeber legen also Wert darauf, bei der Untersuchung der Geschichte der Kriege den Blickwinkel nicht durch eine sogenannte militärimmanente Betrachtungsweise verengen zu lassen. Doch hat seit den Zeiten Clausewitz’ der Begriff des Politischen eine erhebliche Ausweitung erfahren. Die moderne Historiographie beschäftigt sich nicht mehr nur mit Außen- und mit Innenpolitik, sondern auch mit der Geschichte von Gesellschaft, Wirtschaft und Technik, mit Kultur- und Mentalitätsgeschichte und, nicht zuletzt, mit der Geschichte der Beziehungen zwischen den Geschlechtern. All die diesen unterschiedlichen Gebieten eigenen Aspekte haben die Geschichte der Kriege maßgeblich mitbestimmt. Die moderne historiographische Beschäftigung mit dem Phänomen Krieg kann deshalb nicht umhin, sich die methodologische Vielfalt der gegenwärtigen Geschichtswissenschaft zunutze zu machen. In diesem Sinne ist Krieg in der Geschichte offen für die unterschiedlichsten Ansätze in der Auseinandersetzung mit dem historischen Sujet. Diese methodologische Offenheit bedeutet jedoch auch, dass Krieg im engeren Sinne nicht das alleinige Thema der Reihe sein kann. Die Vorbereitung und nachträgliche »Verarbeitung« von Kriegen gehören genauso dazu wie der gesamte Komplex von Militär und Gesellschaft. Von der Mentalitäts- und Kulturgeschichte militärischer Gewaltanwendung bis hin zur Alltagsgeschichte von Soldaten und Zivilpersonen sollen alle Bereiche einer modernen Militärgeschichte zu Wort kommen. Krieg in der Geschichte beinhaltet demnach auch Militär und Gesellschaft im Frieden. Geschichte in unserem Verständnis umfasst den gesamten Bereich vergangener Realität, soweit sie sich mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft erfassen lässt. In diesem Sinne ist Krieg in der Geschichte (abgekürzte Zitierweise: KRiG) grundsätzlich für Studien zu allen historischen Epochen offen, vom Altertum bis unmittelbar an den Rand der Gegenwart. Darüber hinaus ist Geschichte für uns nicht nur die vergangene Realität des sogenannten Abendlandes. Krieg in der Geschichte bezieht sich deshalb auf Vorgänge und Zusammenhänge in allen his-

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Vorwort zur Reihe

torischen Epochen und auf allen Kontinenten. In dieser methodologischen und thematischen Offenheit hoffen wir den spezifischen Charakter unserer Reihe zu gewinnen. Stig Förster

Bernhard R. Kroener

Bernd Wegner

Michael Werner

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EINLEITUNG Obwohl es nun schon mehr als 75 Jahre her ist, dass Hitlers Wehrmacht Polen überfiel, gibt es noch immer kaum ein Thema, welches die deutsche Öffentlichkeit so intensiv und anhaltend beschäftigt wie der Zweite Weltkrieg. Das gilt auch und gerade für die berühmt-berüchtigte Waffen-SS. Publikationen über sie füllen Regalmeter,1 so viele Fernsehdokumentationen oder auch Webseiten behandeln sie, dass man überspitzt wie Jürgen Förster formulieren könnte: »Die Waffen-SS kennt jeder«.2 Man erinnere sich z. B. nur an das gewaltige, monatelange Medienecho, das im Jahr 2006 auf das Eingeständnis von Günter Grass folgte, in seiner Jugend der Waffen-SS angehört zu haben!3 In dieser Diskussion wurde aber auch deutlich, welches festgefügte Bild noch heute von der bewaffneten SS weit verbreitet ist, auch abseits der leider unzähligen Apologeten und Kriegsverherrlicher: Sie wird, grob zusammengefasst, allgemein als elitäre, gut gerüstete, aber durch den NS-Ungeist ideologisierte Kampftruppe beschrieben, berühmt-berüchtigt durch ihren Fanatismus in der Schlacht und durch ihre Kriegsverbrechen.4 Dies deckt sich mit der Darstellung in den älteren wissenschaftlichen Standardwerken zu ihrer Geschichte. So ist bei George Stein, Heinz Höhne, Charles Sydnor, James W. Weingartner, aber auch Bernd Wegner zu lesen, dass durch die zahlreichen Einsätze an Brennpunkten der Front zumindest einige Divisionen der Waffen-SS, wie etwa die »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹«, »Das Reich«, »Wiking« oder »Totenkopf«, den Ruf einer »Feuerwehr der Ostfront« erworben hätten, obwohl sie von unqualifizierten Offizieren schlecht geführt worden seien und unverhältnismäßig hohe Verluste gehabt hätten. Die Ausrüstung zumindest ihrer Kerndivisionen wird jedoch durchgehend als außergewöhnlich gut beschrieben. Die Anstrengungen der SS-Divisionen hätten die deutsche Niederlage um Jahre verzögert, überhaupt hätten diese Verbände einen »Inbegriff soldatischer Standhaftigkeit« dargestellt, in denen ein ideologisiertes Kriegertum gekämpft habe, dass von keiner anderen Truppe erreicht oder gar übertroffen worden wäre.5 Diese lange Zeit einhellige Sichtweise von der Waffen-SS als einer der Wehrmacht überlegenen militärischen Elite bekam erst Ende der neunziger Jahre Risse, als Rüdiger Overmans empirisch nachwies, dass sich die Verluste von Heer und 1 2 3 4

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Vgl. Neitzel, Forschens, S. 404. Förster, Erziehung, S. 87. Vgl. für einen ausführlichen Überblick der Debatte: Kölbel, Buch, passim. So lassen sich z. B. die Hintergrundartikel in Kölbels Buch zusammenfassen, vgl. ebd., S. 246-273. Auch für Grass war die Waffen-SS »eine Elite-Einheit, die immer dort eingesetzt wurde, wo es brenzlig war und die, wie es sich herumsprach, auch die meisten Verluste hatte.« Zitiert nach: Kölbel, Buch, S. 21. Vgl. Stein, Geschichte, S. 179 f, 185-188, 191; Höhne, Orden, S. 432 f, 437; Weingartner, Story, S. 62; Wegner, Soldaten, S. 277 f.; Sydnor, Soldaten, S. 162-165. Daneben schreibt auch Peter Longerich in seiner 2008 erschienen Biographie Heinrich Himmlers von den hohen Verlusten, dem »Feuerwehr«- Charakter und dem Mythos von der Waffen-SS als überlegener Elitetruppe, vgl. ebd, Himmler, S. 621.

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Einleitung

Waffen SS weder insgesamt noch am östlichen Kriegsschauplatz prozentual gesehen merklich voneinander unterschieden haben.6 Damit war klar, dass ein wesentliches Element in der bisherigen Darstellung der Waffen-SS als außergewöhnliche Truppe nicht auf Fakten beruhen kann. In der Folge konnten weder Bernd Wegner noch Sönke Neitzel bei exemplarischen Vergleichen signifikante Unterschiede zwischen den Spitzenverbänden von Heer und Waffen-SS feststellen. Das galt sowohl für die Häufigkeit der Frontverlegungen von einzelnen Divisionen, deren Bewaffnung, wie auch für die Zahl der an Angehörige der jeweiligen Verbände verliehenen höheren Orden.7 Schon zuvor hatte Wegner in »Hitlers politische Soldaten«, seiner grundlegenden Arbeit zur Struktur- und Sozialgeschichte der Waffen-SS, festgestellt, dass die besonders starke Indoktrination aller Angehörigen der Waffen-SS mit den kämpferischen Idealen des Nationalsozialismus zwar durchaus angestrebt, aber unter Kriegsbedingungen kaum erfolgreich gewesen sein kann.8 Durch die zu Recht als Meilenstein in der Erforschung der Waffen-SS beurteilte9 Studie von Jean-Luc Leleu aus dem Jahr 2007 verdichteten sich diese Zweifel weiter. Nach der überzeugenden Beweisführung dieses Autors hatten nur wenige Divisionen der Waffen-SS einen so hohen militärischen Wert, dass für sie das Label »elitär« gerechtfertigt wäre. Das umfasst im Wesentlichen die Einheiten »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹«, »Totenkopf«, »Das Reich«, »Wiking« und die später entstandene »Hitlerjugend«. Dies galt aber nur in bestimmten Phasen des Krieges, nämlich erst nach ihrer Motorisierung 1942/1943 bis zur alliierten Invasion in der Normandie Mitte 1944. Davor zeigten sie meist schlechte Leistungen auf dem Schlachtfeld, danach waren sie infolge ihrer hohen Verluste zu sehr geschwächt, um als elitär zu gelten. Die Waffen-SS war für Leleu auch keineswegs eine einzigartig ideologisierte NS-Truppe, zum einen weil auch das Heer eine politische Indoktrination der Soldaten betrieb, zum anderen weil die ideologische Beeinflussung der SS-Truppen in der Praxis des Krieges nicht den von Reichsführer SS Heinrich Himmler erwünschten Umfang erreichte. Überhaupt ist Aufstellung und Ausbau der Waffen-SS in erster Linie als ein politischer Akt zu verstehen, mit dem sich Himmler seinem Traum von der Schaffung einer nationalsozialistischen Volksarmee nähern wollte. Der immense Aufwand, der in diesem Rahmen für den Aufbau der bewaffneten SS betrieben wurde, wird nach Leleus Urteil nur durch diesen politischen Willen gerechtfertigt, führte aber nicht zu den entsprechenden militärischen Erfolgen.10 Allerdings ist die Debatte um den militärischen Wert der Waffen-SS noch im Fluss. So stellte Peter Lieb im Rahmen seiner Studie über deutsche Besatzungspolitik und Kriegführung in Frankreich Ausbildungsstand und Bewaffnung der

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Vgl. Overmans, Verluste, S. 257, 293-296. Vgl. Wegner, Anmerkungen, S. 414-417; Neitzel, Forschens, S. 415 f. Vgl. Wegner, Soldaten, insbes. S. 201-203. So das Urteil von Peter Lieb, vgl. dessen Rezension von Jean-Luc Leleu, La Waffen-SS. Soldats Politiques en Guerre, Paris 2007, in: Sehepunkte 8 (2008), online unter: www.sehepunkte.de/2008/ 06/14597.html (acc. 20.12.2014). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 719-771.

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1944 dort stationierten SS-Verbände ein gutes Zeugnis aus.11 Ebenso attestierte Roman Töppel den bei Kursk im Juli 1943 eingesetzten SS-Divisionen ein professionelles Kampfverhalten.12 Jens Westemeier hingegen kam in seiner jüngst erschienenen Biographie des SS-Standartenführers Joachim Peiper zu einem gegenteiligen Ergebnis. Nach seinen Erkenntnissen war zumindest die »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹« keineswegs eine militärische Elitetruppe und insbesondere die Ausbildung ihres Führerkorps mehr als mangelhaft.13 Vertieft geführt wurde in letzter Zeit auch die Diskussion über den Grad, den die von der SS angestrebte Ideologisierung der Waffen-SS im Vergleich zur Wehrmacht erreicht hat, wie auch, welche Auswirkungen dies auf die Art und Weise ihres Kriegseinsatzes hatte. Dabei wurde verschiedentlich ein Einfluss der Leitbilder der NS-Ideologie auf das Verhalten der SS-Männer an der Front festgestellt. So meinte René Rohrkamp in den reichsdeutschen SS-Divisionen gar »weltanschaulich gefestigte Kämpfer« zu erkennen, was er u. a. darauf zurückführte, dass die SS-Rekruten im Vergleich zu denen vom Heer deutlich häufiger bereits vor Dienstantritt Mitglied einer NS-Organisation gewesen sind. Bei solchen »Vorgebildeten« wäre nach Rohrkamp die weitere Indoktrination mit den Leitbildern der NS-Ideologie vielfach erfolgreich verlaufen.14 Diesem Ergebnis wurde jedoch zu Recht widersprochen. Letztlich kann wohl nur anhand des jeweiligen Einzelfalles untersucht werden, ob eine vormilitärische Prägung Einfluss auf das Verhalten an der Front gehabt hat.15 Neitzel und Harald Welzer jedoch konnten anhand der von ihnen ausgewerteten Protokolle von in alliierten Gefangenenlagern abgehörten deutschen Kriegsgefangenen ein in den reichsdeutschen SS-Divisionen herrschendes »Amalgam von Rassismus, Härte, Gehorsam, Opferkult und Brutalität« erkennen, was es in dieser Homogenität in der Wehrmacht nicht gegeben hat. Die Folge eines solchen Härtekultes war aber für sie eher ein vermehrtes Vorkommen von Verbrechen an wehrlosen Gefangenen oder der Zivilbevölkerung,16 wie sie etwa Martin Cüppers für Polen und die Sowjetunion17 oder Carlo Gentile in seiner Arbeit über die Untaten der Angehörigen der SS-Division »Reichsführer-SS« in Italien eindrucksvoll nachgezeichnet haben.18 Auf dem Schlachtfeld hingegen ist solch ein ideologischer Fanatismus, selbst wenn er verschiedentlich zu einem großen Opferwillen in Angriff und Verteidigung geführt haben mag,19 sicher nicht ein Merkmal einer militärischen Elite. Schließlich bemisst sich militärische Professionalität auch da-

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Vgl. Lieb, Krieg, S. 112-118, 424-431. Vgl. Töppel, Kursk, S. 373-378; Töppel, Legendenbildung, S. 381-387. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 641. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 69-77. Vgl. Bremm, Klaus-Jürgen: Magere Resultate, Rezension zu Rohrkamp: Weltanschaulich gefestigte Soldaten, online abrufbar unter http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id= 15222 (acc. 01.12.2014). Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 389 f. Vgl. Cüppers, Wegbereiter, etwa S. 46-60, 147-187. Vgl. Gentile, Wehrmacht, S. 211-304. Als Bsp. sei etwa auf die Berichte über die Selbstopfer von Angehörigen der SS-Division »Totenkopf« in der Sowjetunion 1941 bei Sydnor verwiesen, vgl. ebd., Soldaten, S. 141 f.

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ran, ob ein Verband bei der Erfüllung der ihm aufgetragenen Einsätze möglichst geringe Verluste erlitten hat.20 Alle neueren Studien zeigen so, dass die gemeinhin verbreitete Vorstellung von der Waffen-SS als militärisch-ideologischer Elitetruppe keineswegs eine gesicherte Erkenntnis darstellt, sondern vielmehr in all ihren Einzelaspekten einer Differenzierung bedarf. Zwangsläufig stellt sich damit die Frage, woher dann der offensichtlich bis heute wirksame Ruf der Waffen-SS eigentlich herrührt, wieso sie bis in unsere Tage von so »simplen Legenden umhüllt«21 ist. Auf der Suche nach den Wurzeln dieses Bildes stößt man schnell auf erstaunliche Kontinuitäten, die sich selbst über die Zäsur des 8. Mai 1945 hinweg erstrecken. So zeigen viele zeitgenössischen Quellen, dass schon im Krieg der Waffen-SS der Ruf vorauseilte, eine elitäre, bevorzugt mit Material ausgestattete, immer rücksichtslos gegen den Feind vorgehende, aber auch sich selbst nicht schonende und deshalb hohe Verluste erleidende Truppe zu sein. So urteilten etwa deutsche Kriegsgefangene in ihren von den Alliierten abgehörten Gesprächen über sie.22 In gleicher Weise fasste schon 1942 eine Analyse des SD die von ihren Informanten aus dem ganzen Reich berichteten »Stimmungsäußerungen zur Waffen-SS«23 zusammen. Besonders prägnant ist hier das Fazit: Die Waffen-SS sei ganz hervorragend bei der Bekämpfung des feindlichen Untermenschentums tätig geworden und habe auch vor Grausamkeiten nicht zurückgeschreckt. [...] Die Waffen-SS sei die radikalste Truppe, die überhaupt keine Gefangenen mache, sondern jeden Gegner restlos vernichte.24

Dieses Bild ist so einheitlich, dass Neitzel und Leleu dessen Ursprung in der Darstellung der Waffen-SS durch die NS-Propaganda vermuteten.25 Dies liegt nahe, wurde in der zeitgeschichtlichen Forschung doch schon vielfach festgestellt, dass die mit den Bildern, Frontberichten oder auch Filmen der NSPropaganda verbreiteten Botschaften bis heute ihre Wirkungsmacht entfalten. Beispiele finden sich allerorten, selbst in geschichtswissenschaftlichen Studien: So etwa die Deutung des Ergebnis der Landtagswahlen in Lippe vom 15. Januar 1933. In der Forschung war lange Zeit unbestritten, dass diese wegen einer massiven Propagandakampagne zugunsten der NSDAP entschieden wurde und jene Abstimmung so ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu der wenige Tage später erfolgten »Machtergreifung« der Nationalsozialisten gewesen sei. Tatsächlich aber war die Abstimmung kein Erfolg für die NSDAP und ihrer Stimmungsmache gewesen. Dennoch wurde die offizielle Version der NS-Geschichtsschreibung nach dem Krieg übernommen und weiter verbreitet.26 20 21 22 23 24 25 26

Vgl. Neitzel, Forschens, S. 409. Förster, Wehrmacht, S. 75. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 366-373. Vgl. »Stimmungsäußerungen zur Waffen-SS« [März 1942], in: BArchB, NS 19/1430, pag. S. 2-4. Ebd., pag. S. 3 f. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 406; Leleu, Waffen-SS, S. 810 f. Die NSDAP erreichte mit 39,5 Prozent der Stimmen zwar gut fünf Prozent mehr als bei den letzten Wahlen, verfehlte aber das von ihr angestrebte Rekordergebnis vom Sommer 1932 deutlich, vgl. Ciolek-Kümper, Wahlkampf, S. 282 f. Als Beispiel der zeitgenössischen Darstellung des NS-Wahl-

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Offensichtlich wird der Einfluss der damaligen Propaganda auch immer wieder aufs Neue in populärwissenschaftlichen TV-Dokumentationen zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Hier werden, mangels Alternativen, fast immer zur visuellen Illustration der damaligen Schlachten Ausschnitte aus zeitgenössischen Wochenschauen verwendet.27 Dabei sind gerade solche Sequenzen denkbar ungeeignet, ein objektives Bild von den damaligen Kämpfen zu geben. Schließlich sind die zugrunde liegenden Filmaufnahmen zeitgenössisch sorgsam ausgewählt, geschnitten und komponiert worden, um eine bestimmte Propagandabotschaft zu vermitteln. Wie wenig hingegen das wahre Geschehen an der Front eine Rolle spielte, zeigt sich schon daran, dass solche Sequenzen vielfach auf Truppenübungsplätzen im Reich inszeniert worden sind.28 Selbst bis in die Erinnerungen von Zeitzeugen, die im Fernsehen und auch noch im privaten Umfeld vom Krieg erzählen, sind Einflüsse von Deutungen der NSKriegspropaganda festgestellt worden, etwa wenn diese Zeitzeugen die alliierten Luftangriffe auf Deutschland als »Terrorangriffe« bezeichnen oder für die Kälte während des Russlandfeldzuges das Synonym »General Winter« verwenden.29 Ob es einen Einfluss der NS-Propaganda auch auf das Bild von der Waffen-SS in der frühen Forschungsliteratur gegeben hat, konnte bisher nur vermutet werden, denn es fehlte an einer grundlegenden wissenschaftlichen Aufarbeitung der Art und Weise der Präsentation der SS-Truppen in den damaligen Medien.30 Eine solche Grundlage zu liefern ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Hier soll untersucht werden, wie intensiv die Propaganda um die Waffen-SS in der Zeit des Dritten Reiches sowohl insgesamt als auch in den einzelnen Kriegsphasen gewesen ist und ob die Waffen-SS dabei tatsächlich und unter Verwendung der eben genannten Stereotype als eine militärische wie ideologische Elitetruppe dargestellt worden ist. Gegenstand dieser Arbeit sind zudem auch Genese und Nachwirkungen dieser zeitgenössischen Berichterstattung. Wenn auch nur in Form eines Ausblicks, soll auch aufgezeigt werden, wie ein durch die NS-Propaganda kreiertes Image der Waffen-SS Einfluss auf ihre Darstellung durch Stein und Höhne hatte nehmen können. Bereits bekannt ist dagegen, wer das Bild von der Waffen-SS in den zeitgenössischen Medien wesentlich mitbestimmen konnte: Schon einige Autoren haben hierfür die SS-Propagandakompanie (SS-PK), eine spezielle Einheit der Waffen-SS, verantwortlich gemacht.31 Dass eine solche Propagandakompanie (PK) mit ihren in den Kampf an der Front eingebundenen Journalisten sicher das richtige Instrument war, um das Image von der Waffen-SS als militärisch-ideologische Elite des Dritten Reiches zu formulieren und in den damaligen Medien umfassend zu verbreiten, hat die

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kampfes in Lippe vgl. Dietrich, Hitler, S. 175 f. Zu den Kontinuitäten in der Nachkriegsdarstellung dieses vermeintlichen Erfolges der Nationalsozialisten vgl. Krings, Dietrich, S. 135 f. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 426 f. Vgl. Bartels, Wochenschau, S. 176-180. Vgl. Philipp, Hitler, S. 473 f. Eine solche wissenschaftliche Aufarbeitung mahnte Neitzel schon 2002 an, vgl. Neitzel, Forschens, S. 406, FN 11. Vgl. Leleu, Waffen-SS S. 639-677; Uziel, Propaganda, S. 113 f, 280 f, 313 f; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 107-110; Zeck, Korps, S. 38-42, 295-301.

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Studie von Daniel Uziel aus dem Jahr 2008 über diese Propagandatruppen der Wehrmacht gezeigt. Nachdem schon Manfred Messerschmidt die von der Abteilung Wehrmachtpropaganda im OKW (OKW/WPr) betriebene Truppenbetreuung als einen der Schlüssel für die innere Gleichschaltung der Wehrmacht beschrieben und so auch den ideologischen Charakter der von ihr erstellten Berichterstattung belegt hatte,32 ging Uziel ins Detail und konnte aufzeigen, wie diese aus eingezogenen Journalisten bestehenden Propagandaeinheiten organisiert waren, wie sie ihre Propaganda im Reich verbreiteten und dass sie letztlich eine Art Gemeinschaftsprojekt von Wehrmacht und Propagandaministerium darstellten. Damit hat er die Forschung auf einen zeitgemäßen Stand gebracht und die bereits 1962 erschienene, vom ehemaligen Kommandeur der Propagandatruppen Hasso von Wedel verfasste Studie zum gleichen Thema abgelöst. Dennoch, das letztgenannte Buch liefert noch heute wichtige Informationen zu Detailfragen der Organisation dieser Propagandakompanien. Gleiches gilt auch für eine Reihe von Beiträgen aus der Zeitschrift »Die Wildente«, obwohl auch dieses Mitteilungsorgan der ehemaligen Angehörigen der PK wie im Übrigen auch das Werk von Wedels erkennbar apologetische Interessen verfolgte.33 Eine Gesamtdarstellung der Propagandakompanie der Waffen-SS gibt es hingegen noch nicht. Diese wurde zum ersten Mal in der Studie von Wedels am Rande behandelt.34 Einige Jahre später ging Ortwin Buchbender erstmals näher auf diese SS-PK ein. Aufgrund des Schwerpunktes seiner Studien, er beschäftigte sich mit der die Moral der feindlichen Truppen angreifenden, sog. »Aktivpropaganda«, behandelte dieser Autor aber nur die Tätigkeit dieser späteren SS-Standarte »Kurt Eggers« auf diesem Feld und ließ ihre publizistischen Aktivitäten im Reich und den besetzten Gebieten fast völlig außen vor.35 Wie erfolgreich letztgenannte Anstrengungen gewesen sind, wurde erstmals im Jahr 2000 in einer von Werner Augustinovic und Martin Moll verfassten Kurzbiographie des Kommandanten der SS-PK, Gunter d’Alquen, deutlich. Hier wird etwa auf einen Eintrag im Tagebuch von Propagandaminister Joseph Goebbels verwiesen, nach dem in der ersten Phase des Russlandfeldzuges dreißig bis vierzig Prozent der in den deutschen Medien veröffentlichten Kriegsberichte von der Waffen-SS berichtet hätten.36 Da der eben genannte d’Alquen bereits vor dem Krieg Chefredakteur des »Schwarzen Korps« gewesen war, beschäftigten sich daneben auch verschiedene Studien über diese Hauszeitung der SS mit seiner Person und seiner Tätigkeit für die SS-PK. Hervorzuheben ist hier insbesondere die 2002 veröffentlichte Studie von Mario Zeck, die neben weiteren biographische Details zu d’Alquen und einigen seiner Mitarbeiter auch Informationen zu dem Inhalt der im »Schwarzen Korps« veröffentlichten SS-Kriegspropaganda enthält.37 32 33

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Vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 239-245, 315-336. Über die apologetischen Tendenzen bei von Wedel wie auch in »Die Wildente« informiert umfassend Uziel, Propaganda, S. 357-380, 390-392. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 83-87. Vgl. Buchbender, Erz, S. 45-57; Buchbender/Schuh, Heil, S. 16 f. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 107. Für diesen Eintrag vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/2, S. 285 (14.11.1941). Vgl. Zeck, Korps, S. 38-88, 295-301.

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Eric Kaden lieferte in seiner Magisterarbeit, die in einer erweiterten Fassung 2009 auch als Buch erschien, weitere wichtige Erkenntnisse über Erstellung und Erfolg der von der SS-PK betriebenen Propaganda um die Waffen-SS.38 Allerdings legte auch er den Fokus auf die Aktivitäten dieser Einheit auf dem Feld der psychologischen Kriegsführung,39 vor allem aber müssen seine Ergebnisse wegen seiner bekannt revisionistischen Absichten mit Vorsicht behandelt werden.40 Die wahre Bedeutung der SS-PK für die Präsentation der Waffen-SS als militärisch-ideologische Elite in den Medien des Dritten Reiches erkannte letztlich erst Leleu, der den Aufgaben und Organisation dieser Einheit wie auch dem Inhalt und Erfolg der von ihr produzierten Propaganda ein Kapitel seines neuen Standardwerkes zur Geschichte der Waffen-SS widmete und sich dabei, wie auch die vorliegende Arbeit, ausschließlich auf die Öffentlichkeitsarbeit der SS im Reich konzentrierte.41 Dennoch konnten alle diese Untersuchungen zentrale Fragen nicht beantworten. So ist noch keineswegs ausreichend geklärt, wie erfolgreich die SS-PK dabei war, die von ihr erstellte Berichterstattung in allen Medien des Reiches zu verbreiten und wie ihr dieser Erfolg trotz Regulierungsbestrebungen aus dem Propagandaministerium wie auch gegen den Widerstand der Wehrmacht gelingen konnte. Leleu und auch Kaden lieferten diesbezüglich nur erste Hinweise, indem sie im Wesentlichen aus zeitgenössischen Erfolgsmeldungen und Überblicksdarstellungen der SS-PK Rückschlüsse auf die Verbreitung von deren Artikeln, Bildern und Rundfunksendungen in den Medien des Reiches zu gewissen Zeiten zogen.42 In der vorliegenden Arbeit konnte dieser Forschungsstand erheblich erweitert werden. Ein Schlüssel hierfür waren die Akten der SS-PK, welche von der Forschung bisher nur zu einem ganz geringen Teil genutzt worden sind. Während sich Augustinovic und Moll, Uziel, Zeck, Kaden wie auch Leleu im Wesentlichen auf nur sieben bis neun zeitgenössische Akten dieser SS-Einheit43 sowie einigen Dokumenten aus dem Aktenfundus des Persönlichen Stabes des Reichsführers SS stützten oder auch Nachkriegsbefragungen Gunter d’Alquens heranzogen, konnte der Autor dieser Arbeit in der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg ca. 30 weitere Akten der SS-PK recherchieren. Dazu wurden aus dem Bundesarchiv in Berlin ca. 40 Akten aus dem Bestand Persönlicher Stab des Reichführers SS, die SS-O-Akten aller bekannten Führer der SS-PK sowie, aus dem 38 39 40

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Vgl. Kaden, Kriegsberichterstattung, S. 19-39; ebd., Wort, S. 20-39. Vgl. ebd., Kriegsberichterstattung, S. 40-100. Eric Kaden ist ein Aktivist der NPD, dessen Biographie über den NS-Dichter Kurt Eggers 2009 indiziert wurde, vgl. Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/1298 v. 1.4.2010, Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 29. März eingegangenen Antworten, S. 2; Niemann, Laura: Die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, in: DemokratiePolitik H. 4 (2008), S. 43 f. (online unter: http://www.hubertus-buchstein.de/DP2008_Heft4_Niemann_NPDimLandtagMV.pdf, acc. 01.12.2014). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 639-677. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 640-649, 659-677; Kaden, Wort, S. 30-38, ders., Kriegsberichterstattung, S. 31-38. Das umfasst die Bestände BA-MA, RS 4/42-47, vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 116; Kaden, Wort, S. 12; Zeck, Korps, S. 459 f; Leleu, Waffen-SS, S. 1031-1038. Uziel zog zusätzlich noch die Bestände BA-MA, RS 4/40 und RS 4/41 heran, vgl. ebd., Propaganda, S. 175 f.

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Archiv des Instituts für Zeitgeschichte in München, die schon angesprochenen Nachkriegsbefragungen d’Alquens ausgewertet. Dabei erwiesen sich insbesondere fünf dieser Akten als wertvolle Informationsquellen für die hier verfolgte Fragestellung. Zunächst ein d’Alquen verfasster »Arbeitsbericht« aus dem Jahr 1943,44 in dem dieser wahrscheinlich dem Reichsführer SS Himmler einen Überblick über die Arbeit der zu diesem Zeitpunkt drei Jahre bestehenden SS-PK gibt und dabei wertvolle Informationen über Organisation und Arbeitsweise der SS-PK, ihre technische Ausstattung und vor allem über die von dieser Einheit bis dahin erzielten publizistischen Erfolge liefert. Soweit bekannt, wurde zudem das Diensttagebuch des zeitweiligen Leiters des Amtes Presse im Persönlichen Stab des Reichsführers SS, Gerhard Radke,45 noch nie ausgewertet. Hier werden bisher unbekannte Details zu Konflikten mit den für Propaganda zuständigen Dienststellen der Wehrmacht oder die zeitweilige Zusammenarbeit der SS-PK mit dem Reichspressechef Otto Dietrich geschildert. Dazu konnten auch drei Aktenbände der SS-PK recherchiert werden, in denen im Ganzen 602 Beurteilungen von in den Lektoraten dieser Propagandaeinheit bearbeiteten Artikel der SS-Kriegsberichter enthalten sind.46 Mittels dieser Beurteilungen ließ sich erstmals umfassend und bis ins Detail analysieren, wie weit SS-PK-Artikel in der damaligen Presse verbreitet waren, welche Methoden die SS-PK anwandte, um dies zu erreichen, aber auch, in welcher Weise die Waffen-SS durch die Journalisten der SS dargestellt wurde bzw. werden sollte. Dennoch, welche Botschaften in der Propaganda für die Waffen-SS zeitgenössisch verbreitet wurden, wie bestimmend der Einfluss der SS-PK dabei war und welche Intensität diese Propaganda zu welchem Zeitpunkt annahm, kann aus diesen Akten wie aus anderen Quellen nur ansatzweise und dazu nur aus der Perspektive der Zeitgenossen heraus abgelesen werden. Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass in der Geschichtswissenschaft der Charakter dieser Propaganda um die Waffen-SS bisher höchst unterschiedlich beschrieben worden ist: So schrieb 1948 der vormalige Verbindungsoffizier der Abteilung Wehrmachtpropaganda im OKW zum Propagandaministerium, Arthur Rathke, dass gegen Ende des Krieges die SS-Propagandisten die Berichterstattung über die militärischen Vorgänge nur noch als Anlass zu politischer Propaganda genutzt hätten.47 Auch Jürgen Schröder kam in den sechziger Jahren in seiner Dissertation über die Kriegsberichte der deutschen Wehrmacht zu dem Ergebnis, dass sich in den Reihen der SS-PK fanatische Nationalsozialisten befunden hätten, welche die SS-Kriegsberichte zu einem Sprachrohr der NS-Dogmatik gemacht hätten, während sich die PK-Berichte der Wehrmacht weitgehend auf die Wiedergabe militärischer Ereignisse beschränkt hätten.48 Kaden meinte zwar noch 2009 erkennen zu können, dass auch die Kriegsberichte der SS-PK »der 44 45

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht«, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099. Es handelt sich um die Bestände BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. Vgl. Rathke, Oberkommando, S. 4. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 69, 83, 214 f.

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Wahrheit verpflichtet« gewesen wären.49 Dabei hatte Manfred Messerschmidt schon 1969 klargestellt, dass jegliche damals veröffentlichte Kriegsberichterstattung nur als ein weiteres Instrument des nationalsozialistischen Meinungslenkungsapparates anzusehen ist.50 Die Studie von Uziel über die Propagandatruppen der Wehrmacht bestätigte dann auch letzteres Ergebnis. Dieser Autor konnte aufzeigen, dass auch die Kriegsberichter der PK der Wehrmacht fast immer der NSDAP angehört und den Anweisungen aus dem Propagandaministerium zu folgen hatten, weshalb ihre Berichterstattung strikt an den Vorgaben der NS-Ideologie und den propagandistischen Interessen des Regimes ausgerichtet war. Das tatsächliche Geschehen an der Front spielte demgegenüber eine nur geringe Rolle.51 Allerdings kam Uziel bezüglich der Propaganda um die Waffen-SS zu einem abweichenden Ergebnis. Seiner Ansicht nach seien hier noch am wenigsten weltanschauliche Inhalte zu finden gewesen, vielmehr habe eine Berichterstattung über die militärischen Einsätze der SS-Truppen im Mittelpunkt gestanden. Hintergrund dafür sei ein Bemühen gewesen, der Waffen-SS eine militärische Reputation zu geben.52 Leleu konnte hingegen aufzeigen, dass die in eigener Regie erstellte Kriegsberichterstattung von der SS bewusst eingesetzt wurde, um die Existenz der WaffenSS zu legitimieren. Nach ihm sei ihre Präsentation als militärisch-ideologische Elite die Basis dieser Rechtfertigung gewesen, was eine starke Orientierung dieser Berichterstattung an den Vorgaben der NS-Weltanschauung natürlich voraussetzte. Dazu sei zumindest ab 1942 die Waffen-SS auch durch das NS-Regime besonders herausgestellt worden, weshalb die Propaganda um die Waffen-SS in den letzten Kriegsjahren eine große Intensität erreicht hätte und sie dabei sogar als Vorbild für die Wehrmacht präsentiert worden sei.53 Obwohl Leleus Ausführungen überzeugen, kann auch er sich letztlich nur grob an den tatsächlichen Umfang wie auch die Art und Weise der Präsentation des Kriegseinsatzes der SS-Truppen in den damaligen Medien annähern. Für ein wirklich belastbares Ergebnis fehlt es bei ihm aber an einer Untersuchung der damals in den Medien veröffentlichten Propagandabilder, -schriften oder -filme über die Waffen-SS. Auch die anderen hier aufgeführten Autoren haben die zeitgenössische Berichterstattung selbst nicht als Quelle genutzt. Damit fehlt ihren zum Teil weitreichenden Schlussfolgerungen letztlich die empirische Basis.54 Eine Ausnahme bildete lediglich die Dissertation von Schröder. Dessen Ergebnisse lassen aber kaum einen Rückschluss auf das damalige Propagandabild von der Waffen-SS zu. Nicht nur, weil der Gegenstand seiner Analyse die PK-Berichterstattung aller Wehrmachtteile in verschiedenen Zeitungen ist und er nur sehr selten speziell auf den Inhalt 49 50 51 52 53 54

Kaden, Wort, S. 108. Vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 239-245. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 420-424. Vgl. ebd., S. 384. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 648-677. So auch die Kritik an der Studie von Uziel, vgl. Kiesling, Eugenia C: Review of Daniel Uziel, The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Cons0lidation of the German Home Front, online verfügbar unter: http://www.miwsr.com/2009/20090402.asp (acc. 22.12.2014).

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der SS-PK-Berichte eingeht. Sondern auch, weil Schröder andere Beiträge wie etwa Meldungen der damaligen Presseagenturen etc. nicht berücksichtigt, nur bestimmte Phasen des Krieges untersucht und seine Fragestellung auf einem längst überholtem Forschungsstand beruht.55 Grundsätzlich jedoch hat Peter Longerich erst kürzlich die Tagespresse der NS-Zeit als eine der wichtigsten Quellen über die Jahre zwischen 1933 und 1945 bezeichnet. Aber auch für ihn sind diese Zeitungen so etwas wie die letzte »Geheimquelle des Dritten Reiches«, weil sie bislang für die Zeitgeschichtsforschung nur relativ selten herangezogen worden seien.56 Bezüglich der Propaganda um die Waffen-SS besteht somit weiterhin das Desiderat der Forschung, auf welches Neitzel bereits im Jahr 2002 verwiesen hatte.57 Noch nie wurde anhand der in den zeitgenössischen Medien veröffentlichten Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS untersucht, wie intensiv diese Propaganda insgesamt wie auch in den einzelnen Phasen des Krieges gerade auch im Vergleich zu der über die Wehrmacht gewesen ist. Ebenso sind die Details dieser Darstellung noch unbekannt, also etwa, welche Rolle die ideologischen Leitbilder der SS hier spielten, ob, in welcher Weise und ab wann die SS-Truppen als eine militärische Elite dargestellt wurden, ob, wie und wann eine Bevorzugung durch das NS-Regime erkennbar wurde etc. Dabei können nur dann Aussagen darüber getroffen werden, ob und inwiefern diese Propagandadarstellung mit dem Nachkriegsbild von der Waffen-SS übereinstimmt, wenn diese Details der Darstellung bekannt sind. Diese Lücke zu schließen ist ein Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit. Dafür wurde ein möglichst repräsentativer Teil der damaligen Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz systematisch erfasst. Ausgewählt wurden hierfür fünf der damaligen Zeitungen, wobei das zentrale Kriterium war, dass sie die unter den Bedingungen der NS-Diktatur ohnehin kaum vorhandene Vielfalt an veröffentlichten Meinungen noch am besten repräsentierten: Der »Völkische Beobachter« stand so hier stellvertretend für die Berichterstattung der Parteiorgane, die »Deutsche Allgemeine Zeitung« und die »Frankfurter Zeitung« für die Reste der bürgerlich-konservativen bzw. liberalen Presse. Dazu kam »Das Reich« als Beispiel einer anspruchsvollen Wochenzeitung, während das von der SS selbst herausgegebene »Das Schwarze Korps« ausgewählt wurde, weil gerade hier eine intensive Propaganda um die Waffen-SS zu erwarten war. Dabei mag der Einbezug der »Frankfurter Zeitung« in diese Untersuchung überraschen, kam doch gerade dieser Zeitung ein Sonderstatus in der NS-Publi55

56 57

Schröder beschränkte sich in seiner Untersuchung auf die Berichterstattung über den Polenfeldzug 1939, den Westfeldzug 1940, die Besetzung Norwegens und Dänemarks 1940, verschiedene Phasen des Russlandfeldzuges 1941 und 1943, die Kämpfe in Italien 1943 und die alliierte Invasion 1944, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 2-5. Dabei geht er davon aus, dass die PK der Wehrmacht die Kriegsberichterstattung unabhängig vom Propagandaministerium gestalten konnte und dabei bemüht gewesen sei, trotz aller Durchhalteparolen das Geschehen an der Front wirklichkeitsgetreu abzubilden. Davon ausgehend versucht er gar, in den Berichten offenkundig werdende Tendenzen eines Widerstandes gegen die NS-Herrschaft zu belegen, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 21-30, 90-96, 135-141, 206-209. Longerich, NS-Propaganda, S. 15. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 406, FN 11.

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zistik zu. Sie war im Dritten Reich dafür bekannt, nicht von NS-Redakteuren gemacht zu werden,58 und soll sogar, u. a. durch eine doppeldeutige Tarnsprache, in ihren Spalten eine Art von »Widerstand zwischen den Zeilen« betrieben haben. Zwar ist noch immer umstritten, ob solche Abweichungen wirklich als ein Akt des Widerstandes anzusehen sind,59 unbestritten ist jedoch der andere, zurückhaltende Ton in der Frankfurter Zeitung, der sich auch auf ihre Kriegsberichterstattung erstreckte.60 Zwar kann vorab nur vermutet werden, dass sich die oppositionelle Haltung der Redaktion dieser Zeitung auch auf den Umfang der hier veröffentlichten SS-Kriegspropaganda ausgewirkt hat.61 Dennoch soll gerade die Berichterstattung dieser Zeitung eine doppelte Funktion im Rahmen dieser Untersuchung erfüllen. Neben der Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS in einem liberalen Umfeld soll mit ihr eine Einschränkung in der Aussagekraft der Ergebnisse dieser Untersuchung ausgeglichen werden. Schließlich müssten für eine valide Interpretation an sich zunächst die von Seite des Propagandaministeriums ergangenen, jeweils einschlägigen Presseanweisungen zur Behandlung der Waffen-SS ausgewertet werden. Nur so könnte exakt bestimmt werden, wann den Medien welches Thema zur Behandlung jeweils vorgegeben worden ist. Dies würde hier aber den Rahmen unzweifelhaft sprengen.62 Deshalb wurde sich in dieser Arbeit zum einen darauf beschränkt, für die Interpretation lediglich die aus der Literatur bekannte Bedeutung und ggf. zeitlichen Schwerpunkte bestimmter Themen in der NS-Propaganda insgesamt wie auch in der Berichterstattung der WM-PK zu berücksichtigen. Zum anderen wurde gerade die Frankfurter Zeitung genutzt, um erkennen zu können, ob und wann offensichtlich ein Zwang bestand, über die Waffen-SS zu berichten. Ein weiteres Problem war die Masse an Bildern, Meldungen, PK-Berichten etc. über die Waffen-SS, die in den hier untersuchten Zeitungen im Laufe des Krieges erschienen sind. Um diese bewältigen zu können, musste der Untersuchungsgegenstand reduziert werden. Einbezogen wurden nur schriftliche Meldungen über den Kriegseinsatz der SS abseits des Wehrmachtberichtes und dessen Erläuterungen. Auch wörtliche Wiedergaben von Reden oder Tagesbefehlen Hitlers wurden nicht berücksichtigt, sowie beim »Schwarzen Korps« nur deren auf die Waffen-SS bezogene Rubrik untersucht. Trotzdem bildeten schließlich 2.829 Beiträge aller Zeitungen die Basis für die Untersuchung. Um die Vielzahl der in dieser noch immer enormen Menge an Beiträgen enthaltenen Informationen adäquat erfassen und interpretieren zu können, reichten die in den Geschichtswissenschaften üblichen Methoden nicht aus. Angewendet wurde deshalb ein Instrument der Kommunikationswissenschaften, die Inhalts58 59

60 61

62

Vgl. Gillessen, Zeitung, S. 296. Günther Gillessen geht von der Existenz eines solchen Widerstandes aus, vgl. ebd., Zeitung, S. 199203. Bernd Sösemann dagegen zweifelt daran. Er hält das für einen nachträglichen Rechtfertigungsversuch der Redaktion dieser Zeitung, vgl. ebd., Journalismus, S. 25-27, 37. Vgl. Gillessen, Posten, S. 414. Dem konnte nicht weiter nachgegangen werden, weil die Akten der Frankfurter Zeitung im Krieg vernichtet worden sind, vgl. ebd., S. 9. Es sei daran erinnert, dass insgesamt im Dritten Reich zwischen 80.000 und 100.000 Presseanweisungen ergangen sind, vgl. Bohrmann, Einführung, S. 24.

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analyse. Schließlich ermöglicht allein sie es, unter Ausschaltung subjektiver Einflussfaktoren das Vorkommen von bestimmten Begriffen, Fakten oder Argumenten in einem bestimmten Kontext festzustellen.63 Eine solche Inhaltsanalyse kann auf zwei Arten durchgeführt werden, quantitativ und qualitativ. Beide Möglichkeiten kamen hier zur Anwendung. Denn mittels der quantitativen Methode, bei der das Auftreten bestimmter Merkmale der Beiträge wie auch vorab festgelegte, mögliche Inhalte der Berichterstattung erfasst und interpretiert wird, konnte zunächst der Umfang ermittelt werden, den die Propaganda um die Waffen-SS in den einzelnen Kriegsphasen und Zeitungen jeweils annahm. Mittels eines separat durchgeführten Vergleiches mit dem Umfang der PK-Propaganda um die einzelnen Wehrmachtteile konnte hier zudem erstmals untersucht werden, ob die Waffen-SS tatsächlich in der NS-Propaganda überrepräsentiert war. Dazu konnte auf diese Weise erfasst werden, welche Themen in der Propaganda um die Waffen-SS besonders wichtig waren, ihr damaliges Bild bestimmten bzw. trotz ihrer realen Bedeutung für den Fronteinsatz der SS kaum je erwähnt wurden. Eine solche Untersuchung ist zwar das einzige Instrument, mit dem gesicherte Erkenntnisse über die Merkmale und formalen Strukturen der zeitgenössischen Berichterstattung über die Waffen-SS erlangt werden können.64 Dennoch würde diese Methode alleine nicht den besonderen Qualitäten einer Zeitungsberichterstattung gerecht werden. Deshalb wurden die Beiträge der hier untersuchten Zeitungen auch einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. Dieses Verfahren dient an sich der Interpretation eines Einzelfalles, hier also eines einzelnen Beitrages, dessen volle Komplexität mittels der Methoden der objektiven Hermeneutik erfasst wird.65 Um diese Methode auf die hier erfassten 2.829 Beiträge anwenden und aus ihnen ein facettenreiches und differenziertes Bild von der Waffen-SS in der NS-Propaganda gewinnen zu können, wurden die Ergebnisse der quantitativen Inhaltsanalyse als Rechercheinstrument genutzt. Auf diese Weise konnten die wichtigsten Merkmale der Darstellung der Waffen-SS durch die SS-PK zusammengefasst werden. Ebenfalls war es so möglich aufzuzeigen, wie sich das der Öffentlichkeit präsentierte Bild von der Waffen-SS im Laufe des Krieges wandelte. Hintergrund dieser Wandlungen war der rasante Bedeutungszuwachs der SSTruppen, ihre immer deutlicher werdende Bevorzugung durch die NS-Führung, aber vor allem natürlich der tatsächliche Verlauf des Krieges. Dennoch, diese militärischen Ereignisse bildeten letztlich nur den Anlass, den Kriegseinsatz der Waffen-SS in der von der NS-Führung gewünschten Weise darzustellen. Da der Fokus dieser Arbeit auf eben dieser Propaganda liegt, werden solche Schlachten, Feldzüge etc. nur in speziellen Fällen genauer beleuchtet, ansonsten aber nur angesprochen und mit Hinweisen auf weitergehende Untersuchungen versehen werden. Aus dem gleichen Grund wird auch die institutionelle Geschichte der Waffen-SS, ihr Aufbau und ihr Aufstieg von einer Leibwache ausgewählter NS63 64 65

Vgl. van Buiren, Kernenergie, S. 17. Vgl. Merten, Inhaltsanalyse, S. 50. Vgl. Mayring, Inhaltsanalyse, S. 16-18.

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Führer zu einer Massenarmee hier nur insoweit behandelt werden, wie es für das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit von Bedeutung ist. Insgesamt wird in dieser Arbeit folgendermaßen vorgegangen: Im ersten Kapitel werden zunächst in einem ersten Abschnitt die ideologischen Leitbilder skizziert, von denen anzunehmen ist, dass sie die Darstellung der Waffen-SS in der NS-Propaganda prägten. Dies ist unerlässlich, um später in dieser Arbeit die Berichterstattung über den Kriegseinsatz der Waffen-SS interpretieren zu können. Schließlich werden die eigentlichen Botschaften der zeitgenössischen Frontberichterstattung erst erkennbar, wenn bekannt ist, dass eine unbedingte Pflichterfüllung zwingende Konsequenz des ideologischen SS-Ideales »Treue« war oder Kameradschaft in der SS mehr war als ein selbstverständlicher gegenseitiger Beistand an der Front. Dies wird ergänzt durch einen Exkurs über die Merkmale eines mythischen Erzählschemas. Schließlich wurde dieses nach den Erkenntnissen von Sabine Behrenbeck in der NS-Propaganda überaus häufig verwandt66 und dürfte so auch die Berichte über die Waffen-SS geprägt haben. Um die Darstellung des Kriegseinsatzes der SS in der NS-Propaganda richtig einschätzen zu können, muss aber auch der wirkliche Charakter und militärische Wert der Waffen-SS bekannt sein. Nur wenn vor Augen geführt wurde, dass eine Konditionierung der SS-Soldaten mit den Leitsätzen der NS-Ideologie meist nur sehr eingeschränkt gelungen ist, ein militärischer Elitestatus nur wenigen SS-Divisionen zugebilligt werden kann und selbst deren militärische Erfolge keineswegs einzigartig waren, wird offensichtlich, was der Hintergrund der zeitgenössischen Jubelmeldungen über die Siege der aufopferungsvoll kämpfenden politischen Soldaten von der Waffen-SS gewesen ist: Nicht die »Wahrheit« über den Fronteinsatz der SS zu berichten, sondern einen Beitrag dazu zu leisten, dass die »Volksgenossen« die in der SS vermeintlich verwirklichten »Werte« des Nationalsozialismus verinnerlichten. Deshalb wird in einem dritten und vierten Abschnitt der eingangs skizzierte Forschungsstand über den Grad der Ideologisierung der SS-Soldaten wie auch der über den militärischen Wert der Waffen-SS weiter ausgeführt. Das zweite Kapitel zeigt auf, welche Möglichkeiten sich der SS-Führung boten, um das von ihr gewünschte Bild vom Kriegseinsatz der Waffen-SS in den damaligen deutschen Medien zu verbreiten. Dabei wird in einem ersten Abschnitt dargelegt, mittels welcher Maßnahmen gewährleistet wurde, dass die Berichterstattung aller Medien des Dritten Reiches von staatlichen bzw. parteiamtlichen Stellen gelenkt und als Mittel der Volkserziehung genutzt werden konnte. Dies ist auch deshalb unerlässlich, weil die daraus folgende Einheitlichkeit der Darstellung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS überhaupt erst die Voraussetzung dafür bildete, dass mittels einer Untersuchung eines an sich winzig kleinen Ausschnittes der damaligen Presse Rückschlüsse auf das Gesamtbild in der Propaganda gezogen werden konnten. Wichtig ist aber auch eine Darstellung der im Bereich der Medienlenkung aufgetretenen, sich überschneidenden Kompetenzen verschiedener Akteure. Wie noch genauer erläutert werden wird, ermöglichten erst diese für die nationalsozialistische Herrschaft typischen polykratischen Herrschaftsstrukturen

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Vgl. Behrenbeck, Kult, insbes. S. 197-200.

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es der SS überhaupt, auf verschiedenen Wegen Einfluss auf die zeitgenössische Darstellung des Kriegseinsatzes ihres bewaffneten Armes zu nehmen. Am wichtigsten dafür waren sicher die Propagandakompanien. Ein zweiter Abschnitt verdeutlicht deshalb, inwiefern hier Propagandaministerium und Wehrmacht zusammenarbeiteten, wie sie organisiert und ausgestattet waren und wie genau ihre Berichterstattung zensiert wurde und in die Medien gelangte. Nur so können diese PK der Wehrmachtteile anschließend mit der SS-PK verglichen und die außergewöhnliche Ausstattung und Organisation letztgenannter Einheit verdeutlicht werden. Aufgaben, Organisation und Erfolg dieser SS-PK werden im dritten Kapitel behandelt, wobei die Forschung durch die hier gesammelten Erkenntnisse auf eine neue Grundlage gestellt werden konnte. Dabei wird in einem ersten Abschnitt dargestellt, aus welchen Gründen die SS selbst eine Propaganda um den Kriegseinsatz der Waffen-SS betrieben hat und warum dafür die Neuaufstellung der SS-PK eine Notwendigkeit gewesen ist. Im zweiten Abschnitt werden dann Aufstellung, Organisation, Ausrüstung, Personal und Charakter der SS-PK rekonstruiert. Daran schließen sich biographische Skizzen sowohl ihres Kommandanten d’Alquen wie auch von vier weiteren wichtigen Angehörigen seiner Einheit an. Damit wird in diesem Kapitel auch den Möglichkeiten einer solchen biographischen Herangehensweise Rechnung getragen. Die Anwendung dieser im deutschsprachigen Raum in der Geschichtswissenschaft erst kürzlich zu Ansehen gelangte Methode67 erscheint wegen der schon angesprochenen, polykratischen Herrschaftsstruktur im Dritten Reich, in der gerade persönliche Beziehungen eine große Rolle spielten, angebracht. Wie gezeigt werden wird, trugen solche Verbindungen, aber vor allem auch die fachlichen Fähigkeiten der Angehörigen der SS-PK in nicht unwesentlichem Maße zu dem Erfolg der Propaganda für die Waffen-SS bei. Insbesondere mittels der hier neu ausgewerteten Akten ließ sich rekonstruieren, wie erfolgreich die SS-PK darin war, die von ihr produzierte Propaganda in allen damaligen Medienbereichen unterzubringen. Dieser Erfolg und die dabei angewandten Methoden werden im vierten Abschnitt rekonstruiert, auch um einschätzen zu können, ob und inwieweit die Ergebnisse der in dieser Arbeit durchgeführten Inhaltsanalyse für die gesamte damalige Berichterstattung stehen. Wie sehr die Waffen-SS in den Medien des Dritten Reiches herausgestellt wurde, hing aber selbstverständlich nicht allein von den diesbezüglichen Maßnahmen der SSPK ab. So wäre im Dritten Reich eine umfassende Propaganda um die Waffen-SS sicher nicht gegen die Interessen Hitlers erfolgt. Deshalb wird im fünften Abschnitt erläutert, welche Interessen des »Führers« zu welchem Zeitpunkt zu einer besonderen Berücksichtigung des Kriegseinsatzes der SS-Truppen in den Medien des Reiches führten. Dazu wird hier auch erklärt, wie die SS bald auftretende Widerstände von Goebbels gegen eine zu massive Propaganda um die Waffen-SS mit Hilfe des Reichspressechefs Otto Dietrich umgehen konnte. Außerdem wird eine Darstellung der konfliktreichen Beziehung der SS-PK zu der Propagandaab-

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Vgl. Krings, Dietrich, S. 25 f.

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teilung der Wehrmacht aufzeigen, wie sehr sich die Machtverhältnisse zwischen diesen beiden Konkurrenten im Laufe des Krieges zugunsten der SS verschoben. Im vierten Kapitel werden dann die Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Inhaltsanalysen vorgestellt. Dabei werden in einem ersten Abschnitt die hier angewendeten Methoden und Techniken detaillierter erläutert, auch weil diese Methode der Kommunikationswissenschaften bisher in der Geschichtswissenschaft nur selten angewendet worden ist. Im zweiten Abschnitt werden dann die Charakteristika der untersuchten Presseorgane vorgestellt. Danach werden zunächst in einem eigenen Abschnitt die quantitativ ermittelten, gleichsam äußeren Merkmale der Berichterstattung über die Waffen-SS dargestellt, was etwa die Zahl der in den einzelnen Zeitungen festgestellten, einschlägigen Artikel betrifft. Mittels einer separat durchgeführten Auszählung der in den untersuchten Zeitungen veröffentlichten PK-Artikel über die einzelnen Wehrmachtteile soll hier auch ermittelt werden, welchen Umfang die Propaganda um die Waffen-SS insbesondere im Vergleich zu der um das Heer in den einzelnen Jahren des Krieges erreichte. Im vierten Abschnitt werden dann die ebenso quantitativ ermittelten, inhaltlichen Charakteristika der Berichterstattung vorgestellt und interpretiert. Das umfasst Merkmale wie Protagonisten, Handlungsorte oder Gegner der SS-Truppen, aber auch die Zahl der Beiträge mit Aussagen, die sich etwa Vorgaben der NSIdeologie zuordnen ließen oder sich auf den militärischen Einsatz der SS-Truppen bezogen. Im fünften und sechsten Abschnitt folgt dann der eigentliche Kern dieser Inhaltsanalyse wie auch dieser Arbeit. Hier werden mittels einer qualitativen Analyse zunächst die wichtigsten Merkmale der Waffen-SS in der Darstellung der SS-PK zusammengefasst vorgestellt. Anschließend wird in einem eigenen Abschnitt dargelegt, wie sich das in den Zeitungen zu findende Image der SS-Truppen aufgrund verschiedener externer Faktoren, wie etwa ihren immer weitergehenden Ausbau oder der immer deutlicher werdenden Bevorzugung durch die politische Führung des Reiches, im Laufe des Krieges änderte. Auch hier wird insbesondere ihre Charakterisierung durch die SS-PK im Mittelpunkt stehen, daneben werden aber auch die anderen Meldungen der Zeitungen wie auch, um zumindest einen Eindruck von dem Gesamtbild in den damaligen Medien zu vermitteln, auch nicht systematisch erfasste Beispiele ihrer bildlichen wie filmischen zeitgenössischen Darstellung mit einbezogen. Damit ist die eigentliche Zielsetzung dieser Arbeit erfüllt. Dennoch soll, um den Bogen zu schließen, in einem abschließenden fünften Kapitel im Rahmen eines Ausblickes noch aufgezeigt werden, wie das Bild einer ideologisch wie militärisch elitären Waffen-SS in die Nachkriegsliteratur gelangen konnte. Dafür wird in den beiden ersten Abschnitten anhand von exemplarischen Untersuchungen aufgezeigt, dass dieses Bild keineswegs ab Kriegsende, sondern erst ab den sechziger Jahren mit den Arbeiten von Stein und Höhne in der Wissenschaft zu finden war. In einem dritten Abschnitt werden die Quellen überprüft, mit denen beide Autoren ihre Darstellung der Waffen-SS belegten. Da hier interessengeleitete Nachkriegsdarstellungen ehemaliger Führer der Waffen-SS eine wichtige Rolle spielten, wird im vierten Abschnitt aufgezeigt, dass gerade letztere nicht nur

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das auch von der SS-Propaganda verbreitete Bild von der Waffen-SS, sondern mitunter auch direkt Texte und Bilder der SS-PK in ihre Werke übernommen haben. Indem die vorliegende Studie Methoden der Geschichtswissenschaften mit denen der Kommunikationswissenschaften vereint, können erstmals Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS in der NS-Propaganda umfänglich und unabhängig von den Angaben Beteiligter rekonstruiert wie auch die zeitgenössischen Erfolgsmeldungen über den Umfang dieser Propaganda in den damaligen Medien dargestellt und verifiziert werden.

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1. GRUNDLAGEN

VORBEMERKUNG Um das Bild der Waffen-SS in der NS-Propaganda untersuchen zu können, ist es unabdingbar die Grundlagen zu kennen, welche die Art und Weise der damaligen Berichterstattung bestimmt haben. Gerade bezüglich der Waffen-SS liegen diese auf der Hand: Als die Verkörperung des militärischen Anspruches der SS mussten ihre der Öffentlichkeit präsentierten Eigenschaften einen starken Bezug zu den Leitbildern der NS-Ideologie aufweisen. Schließlich war die Existenz einer Waffen-SS vor allem ein Ausdruck der besonderen Stellung der SS in der Machtstruktur des Dritten Reiches.1 Darüber hinaus bildet diese Orientierung an den ideologischen Leitbildern auch einen Ansatzpunkt, ein Fortwirken der NS-Propaganda über das Kriegsende hinaus zu vermuten. Schließlich, das wurde in der Einleitung zu dieser Arbeit immer wieder deutlich, wurde lange Zeit und zum Teil bis heute wegen des besonderen ideologischen Fanatismus ihrer Angehörigen auf eine bedeutende Rolle der Waffen-SS in der Kriegsführung des Dritten Reiches geschlossen. Deshalb soll nachfolgend zunächst der theoretische Inhalt dieser Leitbilder erläutert werden. Wichtig ist aber auch ein Abgleich mit der Realität, also zum einen Hinweisen nachzugehen, ob diese Leitbilder auch einen Einfluss auf das praktische Verhalten und den militärischen Wert der SS-Angehörigen an der Front haben konnten, zum anderen darzustellen, ob die bisher verfügbaren Forschungsergebnisse es überhaupt zulassen, die Waffen-SS als militärische Elite des Dritten Reiches anzusehen. Schließlich kann eine Propagandadarstellung nur als solche erkannt werden, wenn die dahinter stehenden Absichten wie auch die Wirklichkeit bekannt sind.

1.1 IDEOLOGIE DER SS Dass die SS überhaupt eine besondere Stellung im Dritten Reich einnehmen konnte, war zunächst in ihrer besonderen Nähe zu Hitler begründet. Sie war 1923 als dessen Leibwache gegründet worden und galt schon in dieser Zeit als eine Eliteformation der NSDAP, in der nur die besten und zuverlässigsten Parteimitglieder versammelt und dem späteren Diktator bedingungslos ergeben sein sollten.2 Mithin konnte Hitler sie, neben Einsätzen bei den Saalschlachten der Kampfzeit, auch bei innerparteilichen Querelen wie etwa während des sogenannten »Stennes1 2

Vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 182; Wegner, Soldaten, S. 201. Vgl. Höhne, Orden, Orden, S. 23-29; Besgen, Befehl, S. 128.

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1. Grundlagen

Putsches« 1931 zu seinem Vorteil einsetzen. Dafür dankte er ihr mit symbolischen Gesten wie der Verleihung ihres Ehrenkodexes »Meine Ehre heißt Treue« oder der Übergabe der »Blutfahne« des gescheiterten Putsches von 1923 vor der ganzen Partei.3 Wirklich umgesetzt wurde dieser elitäre Anspruch jedoch erst, nachdem Himmler Anfang 1929 der Reichsführer SS (RFSS) geworden war. Nun begann »die eigentliche Geschichte der SS«.4 Erst er schuf durch den gewaltigen Ausbau der Schutzstaffel5 die Voraussetzung ihrer späteren Bedeutung.6 Vor allem aber setzte mit ihm eine rasante Wandlung der SS von der Leibwache Hitlers zur Parteipolizei der NSDAP, nach der Machtübernahme dann bald zur »Führerexekutive« und allein von Hitler legitimierten innenpolitischen Schlüsselgewalt des Dritten Reiches ein. Im Krieg wurde schließlich ihr bewaffneter Arm, die Waffen-SS, zu einem wichtigen Teil der deutschen Kriegsführung, andere ihrer Teile zu Tätern des Holocaust. Dieses hier nur angedeutete, krakengleiche Ausgreifen der SS in alle Teile von Staat und Gesellschaft des Dritten Reiches ist nur zu verstehen, wenn man sie als organisatorische Verkörperung der totalen Kampfgemeinschaft des Nationalsozialismus begreift. Diese Sichtweise ging auf die Grundannahme dieser Ideologie zurück, dass die arische Rasse einem prinzipiell immer gleichen Feinde gegenüberstehe, den es ultimativ zu bekämpfen galt. Als Hitler bedingungslos ergebene Führerexekutive und Eliteorganisation des neuen Deutschlands war es die Aufgabe der SS, diesen Kampf zu führen, daher war auch sie vom Grundsatz multifunktional. Allerdings war dieser absolute Machtanspruch des Nationalsozialismus in der Realität organisatorisch kaum zu verwirklichen. Vielmehr machte die Verschiedenartigkeit der von der SS ausgeübten Tätigkeiten es notwendig, sie nach arbeitsteiligen Gesichtspunkten zu organisieren. Ihr skizzierter rascher Funktionswechsel und Vordringen in immer weitere Bereiche des Staates bedingte ein sich ständig wandelndes institutionelles Gefüge mit ständig neuen Unterorganisationen und Aufgabenverteilungen, welche oft nur lose miteinander verknüpft waren.7 Solchen Strukturen wohnt jedoch immer die Gefahr inne, dass sich die einzelnen Teile voneinander entfremden, ein Eigenleben beginnen und so letztlich die Gesamtorganisation auseinander brechen könnte. Dies war die ständige Sorge Himmlers. Schon 1938 mahnte er etwa seine Untergebenen: Zuerst sind wir Nationalsozialisten, und dann sind wir SS-Männer. Und für jeden einzelnen von den genannten Zweigen möge das gelten: Jeder ist zuerst SS-Mann, dann gehört er der Allgemeinen SS, der Verfügungstruppe und den Totenkopfverbänden oder dem SD an.8

Um den Zusammenhalt der Schutzstaffel zu sichern, sorgte Himmler zunächst für eine gemeinsame strukturelle Basis. So führte er ein einheitliches System von 3 4 5 6 7 8

Vgl. Höhne, Orden, S. 29, 66 f. So stellte es selbst die SS offiziell dar, vgl. d’Alquen, SS, S. 6. Deren Mitgliederzahl stieg von 280 im Jahre 1929 auf ca. 50.000 1933, vgl. Besgen, Befehl, S. 129. Hitler war voll des Lobes über diese Leistung Himmlers, vgl. Jochmann, Hitler, S. 169 f. (3./4.1.1942). Vgl. Wegner, Soldaten, S. 129 f.; Wegner, Aristocracy, S. 431-440. Himmler am 8.11.1938 anlässlich einer Gruppenführerbesprechung, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 29. Für andere Beispiele vgl. Longerich, Himmler, S. 265 f.

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1.1 Ideologie der SS

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Diensträngen für die gesamte SS ein.9 Darüber hinaus gab es auch eine einheitliche Laufbahn für alle SS-Männer. So wurden vom Grundsatz her in ihren Junkerschulen nicht primär Offiziere für die Waffen-SS ausgebildet. Es war vielmehr vorgesehen, dass hier Führer der SS unterrichtet wurden, die in allen Zweigen des Schwarzen Ordens einsetzbar waren und schon während ihrer Ausbildung die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der gesamten SS kennen lernen sollten.10 Vor allem aber suchte Himmler alle SS-Unterorganisationen an gemeinsamen ideologischen Grundsätzen der SS11 auszurichten. Wie dabei im Einzelnen diese SS-Ideologie ausgestaltet war und welche Ziele die SS verfolgte, ging im Wesentlichen auf Himmler selbst zurück. Neben der NS-Weltanschauung als festem Fundament spielten dafür seine persönlichen Vorlieben wie z. B. ein Germanenkult oder seine Fixierung auf das Soldatische eine Rolle. Hinzu kamen aber auch ganz pragmatisch solche Inhalte, mit denen die SS ihren immer neuen Aufgaben im NS-Staat gerecht werden konnte.12 Zentral blieb u. a. die Idee einer höhergestellten nordisch-germanischen Rasse, welche sich, als führendes Volk der weißen Rasse, in einem Jahrtausende währenden Kampf mit rassisch minderwertigen Gegnern befände. Dadurch, dass die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, bestünde nun die historisch einmalige Chance, diese Auseinandersetzung zu gewinnen.13 Damit verband Himmler, wie Hitler, von Anfang an als Ziel die Gewinnung und Besiedelung eines »Lebensraumes im Osten«. Dieser Expansionsanspruch war insbesondere bei der SS eng verbunden mit »Blut und Boden«-Mythen, nach denen die »Gesundung des nordischen Blutes« eng mit der Rückkehr zur Scholle, also dem Bauerntum, zusammenhinge.14 Am wichtigsten war es dem Reichsführer-SS jedoch, dafür zu sorgen, dass die SS dem Anspruch gerecht wurde, die Elite der »Volksgemeinschaft« darzustellen und die NS-Weltanschauung auch vorzuleben.15 So sollte die SS schon rassisch die führende Rolle einnehmen, was Himmler mittels vielerlei Maßnahmen zu gewährleisten suchte. Durch intensive körperliche Untersuchungen und auch dem Nachweis einer »Rassenreinheit« bis ins 18. Jahrhundert meinte er, nur die »rassisch Besten« aus den SS-Bewerbern für eine Aufnahme in die Schutzstaffel auswählen zu können.16 Selbst als SS-Männer war ihre Eheschließung nach dem »Heiratsbefehl« der SS von 1931 genehmigungspflichtig, 9 10 11

12 13 14 15 16

Vgl. Wegner, Aristocracy, S. 441 f. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 139-141, 161-166; Förster, Erziehung, S. 92. Das bedeutet nicht, dass es eine weltanschauliche Eigenrolle der SS gegenüber der NS-Bewegung gab. Vielmehr deckte sie sich grundsätzlich mit der NS-Ideologie. Da es dort aber offensichtlich einen Spielraum in der Auslegung gab, war die SS-Ideologie in dessen Rahmen, wegen der Radikalität der durch sie verfolgten Ziele, in einer »besonders exponierten Stellung«. Vgl. dazu Wegner, Soldaten, S. 25, FN 1. Vgl. Longerich, Himmler, S. 274; Buchheim, Befehl, S. 231-234. Vgl. Longerich, Himmler, S. 271. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 195-203. Vgl. Wegner, Aristocracy, S. 434. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 114 f; Longerich, Himmler, S. 312 f. Diesem theoretischen Anspruch stand aber schon vor dem Krieg eine eher laxe Handhabung in der Praxis gegenüber. So wurden bis zu 80 Prozent aller Bewerber in die SS aufgenommen, vgl. Longerich, Himmler, S. 313.

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1. Grundlagen

womit auch die zukünftige Frau rassischen Kriterien genügen musste.17 Folgerichtig beschrieb Himmler die SS nicht als einen Männerbund, sondern schloss ausdrücklich die jeweiligen »Sippen« in diese Gemeinschaft mit ein. Der Hintergrund all dessen ist in der Vorstellung der führenden Nationalsozialisten zu suchen, dass im deutschen »Volkskörper« das nordisch-germanische Blut nur noch zum Teil vorhanden sei. Himmler hoffte mittels eines regelrechten Zuchtprogramms diesen Anteil in »seiner« SS kontinuierlich zu erhöhen und so zu gewährleisten, dass die SS aufgrund ihrer »rassischen« Qualität nicht nur gegenwärtig, sondern auch in Zukunft die Elite des NS-Staates darstellen würde.18 Die Elitestellung der SS sollte sich auch in der Konsequenz widerspiegeln, mit der ihre Angehörigen die Grundsätze des Nationalsozialismus befolgten. Himmler beschrieb die SS »als ein nationalsozialistischer, soldatischer Orden nordisch bestimmter Männer«.19 Hier hätte sich, so eine Definition der SS-Leithefte, eine enge Gemeinschaft zusammengefunden, deren Glieder der NS-Weltanschauung »in ihrem Leben totale Macht einräumen und sich in gleicher Bereitwilligkeit zur Befolgung ihrer Gesetze verpflichten« 20 würden. Diese »Gesetze«, waren ein umfangreicher Katalog an Tugenden und weiteren »Grundgesetzen« der SS, mit denen Himmler beabsichtigte, das Verhalten seiner Untergebenen umfassend zu steuern.21 Deren Kern waren die Ideale »Treue«, »Gehorsam«, »Kameradschaft«, »Pflichterfüllung«, »Ehre« und »Kameradschaft«, Werte, die nach heutigem Verständnis im Kontext der SS sicher nicht zu erwarten sind. Sie hatten hier aber eine andere, spezifisch weltanschauliche Bedeutung.22 So war Treue im Sprachgebrauch der SS auf Hitler als Verkörperung der deutschen Nation und ihrer Werte bezogen. Sie bedeutete Vertrauen in die Unfehlbarkeit der Führerentscheidungen, damit die vollkommene Unterstellung unter die Befehlsgewalt des »Führers« und lieferte somit den SS-Mann jeglichem Befehl Hitlers und, davon abgeleitet, des unmittelbar Vorgesetzten, bis zum Tode bedingungslos aus.23 In diesem Sinne ist auch ihr Ehrenkodex, »SS-Mann, deine Ehre heißt Treue«, zu verstehen. Die praktische Konsequenz von Treue war der absolute Gehorsam, die zweite Säule in Himmlers Tugendlehre.24 Welche besondere Bedeutung einem solchen aus Treue erwachsenen Gehorsam hier zukam, lässt sich aus einem Vergleich mit dem traditionellen Charakter von militärischen Befehlen erschließen. Dort wird gleichfalls der unbedingte Gehorsam der Soldaten verlangt. Der Geltungsbereich dieser Befehle der Vorgesetzten unterliegt hier jedoch Beschränkungen: Zum einen durch ihre ausschließliche Anwendbarkeit zur Verfolgung militärischer Zwecke, zum anderen durch die Einbettung der militärischen in die sie umfassende staatliche Ordnung, deren 17 18 19 20 21 22 23 24

Vgl. für Details Longerich, Himmler, S. 366-381. Vgl. Zelle, Elite, S. 22 f, 180; Longerich, Himmler, S. 365 f. Himmler, Schutzstaffel, S. 31. Longerich, Himmler, S. 266. Vgl. Longerich, Himmler, S. 314, 321 f; Leleu, Waffen-SS, S. 414. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 41 f. Vgl. ebd., S. 41-44. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 42 f.; Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 31 f.

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1.1 Ideologie der SS

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Prinzipien ein Befehl grundsätzlich nicht verletzen darf und deren Zwecksetzung er dienen muss. Damit darf ein militärischer Befehl etwa nicht bürgerliche Strafgesetze verletzen, falls doch, ist er in der Theorie nicht gültig. Dagegen wurde in der SS, wie in der gesamten, seit 1925 nach militärischen Grundsätzen geführten NSDAP, eine aus der Tradition der Freikorps und Wehrverbände der Weimarer Republik erwachsene, neue soldatische Tradition gesetzt. Hier wurde das BefehlGehorsam-Verhältnis ausschließlich weltanschaulich begründet. Das bedeutete für die Befehlsempfänger, dass es für sie keinen Ermessensspielraum mehr gab, denn weder konnten sittliche Normen zu einer Abwägung herangezogen werden, noch galt eine Einschränkung nur auf den militärischen Sektor. Demgemäß kam den Befehlen von SS-Führern absolute Geltung zu,25 konnten also auch etwa den Mord an Zivilisten in einem KZ umfassen. Da hier der Gehorsam aber nicht staatlich legitimiert war, konnte die Befolgung solcher Befehle nicht, wie beim Militär, als staatsbürgerliche Pflicht eingefordert werden. Die einzige Basis blieb der freiwillige Entschluss, sich ihnen zu unterstellen. Dieser ideologische Konsens wurde durch den Eintritt in eine NS-Organisation ausgedrückt26. Dieser Konsens war selbst nach 1933 etwas Besonderes, denn, obwohl ab diesem Zeitpunkt der die staatliche Ordnung überragende »Führerwille«27 die Ausweitung dieses absoluten Gehorsamsanspruches auf das gesamte öffentliche Leben ermöglicht hätte, blieben in der Praxis jedoch Staat und NS-Bewegung voneinander getrennt. Der Bürger musste auch im Dritten Reich nur seine aus der staatsbürgerlichen Loyalität erwachsenden Pflichten erfüllen und allenfalls durch kleinere Konzessionen an die »Bewegung« beweisen, dass er sich nicht gegen sie stellte.28 Folglich ist die große Bedeutung, welche die Waffen-SS dem Prinzip der Freiwilligkeit einräumte, als Ausdruck dieser weltanschaulich begründeten Gehorsamspflicht anzusehen. In dieser Weise wurde Freiwilligkeit auch in den Schulungsmaterialien und Werbeschriften der Waffen-SS interpretiert, z. B. in einem SS-Leitheft: »Freiwilligkeit wurde ein Gradmesser der inneren und äußeren Macht der Bewegung. Die Waffen-SS als die letzte Vollendung des nationalsozialistischen soldatischen Gedankens ist nichts anderes als eine Weiterführung der soldatischen Macht dieser Idee.«29 So erklärt sich, wieso die SS offiziell nie davon abging, eine spezielle Freiwilligentruppe zu sein30 und vorgeblich immer bemüht war, »mehr zu tun als die Pflicht es erfordert.«31 Da Treue und Gehorsam nach dem Willen Himmlers nicht nur äußerlich gezeigt, sondern die gesamte Persönlichkeit der SS-Männer bestimmen sollten, wurde seitens der SS-Führung immer wieder an die notwendige Verinnerlichung 25 26 27

28 29 30 31

Vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 216-220; Wegner, Soldaten, S. 42. Vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 222. Zu dem Nebeneinander von Führergewalt und Staat im Dritten Reich vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 15-29. Vgl. Buchheim, Befehl, S. 222 f. SS-Leithefte, Heft 2/1942, S. 22 f, zitiert nach Buchheim, Befehl, S. 225 f. Vgl. Wegner, Aristocracy, S. 447. Eines der Mottos der SS, vgl. z. B. »Eine Handvoll SS-Männer«, in: SK 27 v. 4.7.1940, S. 10.

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1. Grundlagen

dieser Tugenden erinnert. In der Interpretation durch die SS mahnten dabei Appelle an das »Pflichtgefühl« einen inneren Zwang zur Erfüllung der speziellen Treue- und Gehorsamspflichten der SS an. Die in Himmlers Reden und Schriften allgegenwärtige »Anständigkeit« meinte die Willfährigkeit gegenüber den Normen der SS und war nur in zweiter Linie verknüpft mit einer großzügigen, verständnisvollen und selbstlosen Verhaltensweise, natürlich immer nur gegenüber der »Volksgemeinschaft«. »Bescheidenheit« hieß, dass die eigenen, persönlichen Bedürfnisse den Ansprüchen des Kollektivs unterzuordnen seien, »Kameradschaft« bedeutete hier nicht nur gegenseitigen Beistand, sondern war auch ein Instrument wechselseitiger weltanschaulicher Kontrolle und Erziehung.32 In der Kameradschaft, also der Gemeinschaft der SS, sollten so alle Mitglieder auf die unbedingte Einhaltung der gemeinsamen Grundsätze durch jeden einzelnen SSMann achten. Himmler formulierte das einmal besonders radikal: Der Kamerad soll des Kameraden Erzieher sein, und wenn sich einer unwürdig benimmt, dann gehört er aus dieser Kameradschaft ausgestoßen. Und es wird die Aufgabe von Kameraden sein, wenn einer ganz unwürdig ist, dem dann zu sagen: Hier hast Du die Pistole und nun mach Schluß.33

Kameradschaft konnte auch wichtig sein im Rahmen der nachfolgend noch eingehend erläuterten weltanschaulichen Schulung der SS. Hier war ein Leitgedanke, dass der Schulungsleiter bzw. der SS-Führer der beste Kamerad der SS-Männer sein und zu ihrer Gemeinschaft dazugehören solle. Nur so könne er durch sein beispielhaftes Verhalten als Vorbild wirken und die NS-Weltanschauung am besten vermitteln.34 Treue und Gehorsam und damit die nur ideologisch legitimierte Befehlsgewalt Hitlers waren die Grundlage dafür, dass die SS-Angehörigen spezielle, politische Soldaten waren. Über sie konnte der »Führer«, oder von ihm abgeleitet, seine Vertreter vor Ort, frei verfügen und sie jederzeit, an jedem Ort und über den militärischen Bereich hinaus auch in jedem anderen Bereich der Gesellschaft einsetzen.35 Gerade diese politischen Soldaten sollten aber auch, nach der auf den Thesen des Sozialdarwinismus beruhenden NS-Weltanschauung, spezielle Fähigkeiten in sich vereinen. Den SS-Männern wurde das Grundprinzip der NS-Ideologie gelehrt, wonach Kampf Grundgesetz der Natur sei, er allein gewährleiste, dass alles Schwache und Minderwertige vernichtet werde und nur das Starke überlebe.36 Um die erfolgreiche Durchführung dieses Kampfes zu gewährleisten, wurde geplant, aus den SS-Männern im Rahmen des angesprochenen »Zuchtprogramms« neue Menschen entstehen zu lassen, welche die höchsten körperlichen, seelischen und geistigen Qualitäten in sich vereinen sollten.37 Die »Schwachen« hingegen sollten schon 32 33 34

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Vgl. Wegner, Soldaten, S. 42, 44; Longerich, Himmler, S. 318-321. Rede Himmlers am 26.7.1944 in Bitsch, zitiert nach Wegner, Soldaten, S. 44. Vgl. Dienstanweisung des Chefs des Rasse- und Siedlungshauptamtes für die Schulungsleiter der SS vom 16. Oktober 1934, zitiert nach Matthäus u. a., Ausbildungsziel, S. 143-148, hier 144. Vgl. Buchheim, Befehl, S. 222; Wegner, Aristocracy, S. 432 f. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 122. Vgl. ebd., S. 108-113.

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1.1 Ideologie der SS

vorab ausgeschieden werden, in der Waffen-SS z. B. durch eine überharte militärische Ausbildung.38 Die politischen Soldaten der SS sollten sich eben nicht als Soldaten sehen, die das »Kriegshandwerk« gelernt und es nur im Krieg als ihren Beruf ausübten. Vielmehr sollte das »Kämpfer-Sein« ihre Grundeinstellung zum Leben bilden und auch in Situationen angewandt werden, die normalerweise nichts mit Kampf zu tun hatten. Der Kampf sollte somit nicht Extremsituation, sondern Dauerzustand sein. Dies hatte in der SS die praktische Folge, dass der SS-Mann immer angespannt und bereit zum Kampf zu sein hatte, wohingegen jegliches »Gelöst-Sein« zu einer Sünde wider den SS-Geist erklärt wurde. Der SS-Mann sollte sich also als immer im Dienst befindlich fühlen und sozusagen nach dem Kampf »den Helm fester binden«. Überdies wurde in der SS gelehrt, dass der SS-Mann sein Wesen umso vollkommener verwirklichen und seine Qualitäten beweisen könne, je mehr er auf sich selbst gestellt sei und je aussichtsloser der Kampf würde, denn umso reiner könnten dann seine kämpferischen Qualitäten hervortreten und sich bewähren.39 Hier darf jedoch nicht übersehen werden, dass dieses Leitbild zwar in der SS propagiert wurde, aber in der Praxis dem SS-typischen Pragmatismus unterlag. Der Führung kam es gerade nicht auf einen zweckfreien, selbst bestimmten Kampf der SS-Männer an, sondern auf die unbedingte Erfüllung der erteilten Aufträge. Ein »Unmöglich« durfte es bei ihr nicht geben. Die Folge war, dass an die Stelle der Bewährung im Kampf die Leistungsfähigkeit der maßgebende Wert wurde. Erteilte Aufträge mussten unbedingt erfüllt werden, gleich ob durch Können, Schläue oder Rücksichtslosigkeit, nur das Ergebnis zählte. Insgesamt wohnte so den Prinzipien der SS eine im Grund magische Komponente inne. Anstatt in einem unmöglich erfolgreichen Kampf das Ideal zu sehen, war es in der Literatur der SS gerade der Heroismus der Kämpfer, der das Unmögliche möglich machen würde.40 Um eine solche Einstellung zu erreichen, war es in den Augen der SS-Führung erforderlich, die SS-Männer zu bedingungsloser Härte zu erziehen. Dies schlug sich auch in der militärischen Ausbildung der Angehörigen der Waffen-SS nieder und zwar buchstäblich. So erzählte ein SS-Mann noch im Gefangenenlager von seiner Zeit als Rekrut: »Da konntest du bei der Waffen-SS nichts machen, wenn dich ein Unterführer in der Ausbildung geschlagen hat. Bei der Ausbildung, da solltest du gerade so werden, das ist purer Sadismus.«41 Härte, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber, sollten den SS-Mann befähigen, die eigenen physischen Grenzen zu überwinden.42 In diesem Zusammenhang sind etwa Gefechtsübungen der Waffen-SS mit scharfer Munition und Artilleriefeuer zu sehen, mit denen »der Mann daran gewöhnt wurde, an den Einschlag […] der Granaten seiner Artillerie auf 70, 50 Meter heranzugehen.«43 Das galt auch für Grenzen des Gewissens und der Moral. Hier wurde Gefühllo38 39 40 41 42 43

Vgl. Buchheim, Befehl, S. 254 f. Vgl. Buchheim, Befehl, S. 234-237; Ackermann, Himmler, S. 123. Vgl. Buchheim, Befehl, S. 239-241. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 387. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 488-490. Himmler in einer Rede am 16.1.1943, zitiert nach Stein, Geschichte S. 12.

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1. Grundlagen

sigkeit, Unbarmherzigkeit und Unmenschlichkeit gegenüber allen Gegnern gefordert.44 Das schloss zudem ausdrücklich die Bereitschaft zum Selbstopfer ein. So schwor der RFSS 1944 stellvertretend für die gesamte SS: »Wir geloben, dass wir niemals eigenes und niemals fremdes Blut schonen werden, wenn es das Wohl der Nation verlangt.« 45 In ähnlich kompromissloser Weise wurde der SS auch ihr Gegner vorgegeben. Entsprechend der zentralen Rolle, welche der Antisemitismus in der NS-Weltanschauung einnahm,46 war dies die idealtypische Figur des »Juden«. So lernten die SS-Führeranwärter: »Die Feinde des Deutschen werden vom Judentum geführt oder sind dessen geistige Kinder.«47 Dieser Jude verkörperte damit das Böse schlechthin, den Urstoff alles Negativen. Schon in »Mein Kampf« stellte Hitler ihn gleich einem Parasiten dar, der unfähig zur Staatsgründung in den Kulturvölkern lebe. Seine Art des Lebenskampfes würde im Versuch bestehen, diese Völker in seine Hand zu bekommen und schließlich die Weltherrschaft zu erlangen, was aber dann das Ende der Menschheit bedeuten würde.48 Der Jude vereinte alle Feindbilder der SS, seien es Freimaurer, Kirchen, Liberalismus oder Kapitalismus. Eine spezielle Feindschaft bestand in der Lehrmeinung der SS aber mit dem Kommunismus. Es wurde verbreitet, dass dessen vermeintlich jüdische Führer planen würden, mit Hilfe der Lehren des Juden Marx alle judenfeindlichen Kräfte in der Welt zu beseitigen. Das Ziel des Kommunismus sei so letztendlich, eine weltweite Schreckensherrschaft zu errichten. Gerade dagegen kämpfe die SS, weshalb sie sich selbst als »antibolschewistische Kampforganisation«49 bezeichnete. Diese Allgegenwart eines mit derart vielen Gesichtern auftretenden, letztlich jedoch immer gleichen Feindes war es, die die SS glauben machte, jede Unterscheidung zwischen einer inneren und äußeren Front, zwischen Krieg und Frieden oder militärischen oder zivilem Leben sei überflüssig. Deshalb kämpfte der politische Soldat der SS an allen Fronten gegen diesen Gegner, sei es als Aktivist der Kampfzeit, KZ-Aufseher oder Soldat der Waffen-SS während des Krieges.50 In diesem Feindbild gab es indes Differenzierungen. Der schlimmste Feind der SS war der sog. »Rassefeind«, also neben den Juden prinzipiell alle Angehörigen von »Fremdrassen« wie Slawen oder »Neger«. Wegen ihrer angenommenen rassischen »Minderwertigkeit« wurden sie als »Untermenschen« oder »Blutsauger« herabgesetzt und als naturgegebene Konkurrenten und damit als Bedrohung des deutschen Volkes angesehen. Auch deren Bekämpfung sollte daher besonders 44 45 46

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Vgl. Buchheim, Befehl, S. 247. Rede Himmlers am 14.5.1944 in Salzburg, zitiert nach Ackermann, Himmler, S. 145. Für einen Überblick über den Hintergrund der Judenfeindschaft im Nationalsozialismus: Mühlen, Peter: Rassenideologie. Geschichte und Hintergründe, Berlin 1977. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 68. Vgl. Syring, Hitler, Kampf, S. 41-43. Eine entsprechende Stelle in »Mein Kampf« lautet: »Er [der Jude, Anm. des Verfassers] ist und bleibt der ewige Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazillus sich immer mehr ausbreitet, sowie nur ein günstiger Nährboden dazu einlädt. Die Wirkung seines Daseins gleicht aber ebenso der von Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Gastvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab.« Siehe: Hitler, Kampf, S. 334. Himmler, Schutzstaffel, S. 1. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 70; Wegner, Aristocracy, S. 433 f.

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1.1 Ideologie der SS

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kompromisslos erfolgen, Ziel war hier die Ausrottung oder Versklavung.51 Daneben stieg Anfang der vierziger Jahre in Himmlers Reden insbesondere der »Asiate« zu einem umfassenden, auch den »Juden« einschließenden Feindbild auf. Himmler zufolge befänden sich die Germanen in einer ewigen Auseinandersetzung mit diesen »Asiaten«, die immer wieder in der Geschichte aufgebrochen seien, um Europa zu erobern und die »Germanen« zu vernichten. Auch im damals aktuellen Krieg würde der »jüdische Bolschewismus« versuchen, die Massen des asiatischen Kontinents gegen die Germanen zu mobilisieren.52 Der als rassisch gleichwertig angesehene, bloße weltanschauliche Gegner wurde hingegen in der SS-Ideologie mit weniger Härte behandelt. Seine »falsche« ideologische Haltung galt als umkehrbar, schließlich gehöre er der gleichen Rasse an, womit seine Geisteshaltung nicht »blutsbedingt« sein könne. Daher musste dieser Gegner nicht zwangsläufig physisch vernichtet werden, da man immer hoffen konnte, ihn doch noch für die nationalsozialistische Sache zu gewinnen. Vernichtet werden sollte hier nur die feindliche Ideologie. Bedeutsam wurde diese Unterscheidung von Rasse und gesellschaftlich bedingter Weltanschauung im nationalen Rahmen etwa in Bezug auf die ehemals kommunistischen Wähler, die für Himmler während der »Systemzeit« durchaus nur dieser Ideologie zum Opfer gefallen sein konnten. Gleiches galt auch für die von der SS als »reaktionär« angesehenen Kreise. In Einzelfällen machten sogar selbst ehemalige Sozialdemokraten in der Waffen-SS noch Karriere.53 Diese Unterscheidung war auch wichtig bezüglich der Einschätzung der »germanischen« Völker der westeuropäischen Demokratien durch die SS. Sie wurden, in einer für die SS typischen radikalen Interpretation der NS-Rassenlehre, grundsätzlich als gleichwertiger Teil der germanischen »Rassegemeinschaft« angesehen. Laut Himmler sei die Bildung von Nationalstaaten im germanischen Raum lediglich ein historischer Irrweg gewesen, den es zu korrigieren galt.54 Folgerichtig konnten auch solche »Germanen« gleichsam umerzogen und für die deutschen Ziele, welche schließlich der gesamten »Rassegemeinschaft« dienen würden, gewonnen werden. Als Konsequenz waren die »germanischen« SS-Angehörigen aus den Niederlanden, Flandern, Norwegen oder Dänemark mit ihren deutschen Kameraden zumindest offiziell vollkommen gleichberechtigt. Ebenso wurde auch in den besetzten nord- und westeuropäischen Ländern eine »Allgemeine SS« gegründet, welche als integraler Teil der Ordensgemeinschaft der SS angesehen wurde. Den Freiwilligen aus diesen Ländern standen alle Laufbahnen innerhalb der Waffen-SS offen. Diese »Germanen« sollten sogar die gleichen Siedlungsrechte in dem »Lebensraum im Osten« erhalten wie ihre deutschen Kameraden. Die SS war darüber hinaus die treibende Kraft in einem Neuordnungsprozess, in welchem die »germanischen« Länder nach dem »Endsieg« in einem germanischdeutschen Reich integriert werden sollten. Auch hier sollte, unter Einschluss

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Vgl. Wegner, Soldaten, S. 71. Vgl. Longerich, Himmler, S. 272. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 72, 253, FN 125. Vgl. Rede Himmlers v. 9.6.1942, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 159; Wegner, Armee, S. 103.

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1. Grundlagen

dieser »Germanen«, die SS die Führungselite stellen.55 Der RFSS Himmler soll sogar geschwärmt haben, dass ein Flame, Däne oder Holländer sein Nachfolger sein könnte.56 Trotz all dieser Regeln, wer aufgenommen werden konnte und wer als »Rassefeind« zu betrachten war, trotz aller Ermahnungen Himmlers, sich an bestimmten Werten zu orientieren, war die SS-Ideologie weit davon entfernt, eine klare Struktur aufzuweisen. Vielmehr ist sie und ihre Leitbilder eher als mythisch-unbestimmt zu charakterisieren. Tragendes Element dieser Leitbilder war, dass die SS-Männer eine bestimmte Geisteshaltung entwickelten. So war es nur folgerichtig, dass Himmler bei der Vermittlung dieser Ideologie nicht nur auf den Verstand setzte, also keineswegs ausschließlich Schulungen mit Textstudium in NS-Weltanschauung betreiben ließ.57 Zwar wurden solche Schulungen durchaus in den SS-Einheiten durchgeführt. So verfügte jeder SS-Sturm ab 1934 über einen eigenen Schulungsleiter, an dessen Unterricht teilzunehmen jeder SS-Mann einmal wöchentlich verpflichtet war. In der Waffen-SS wurden die jeweiligen Einheitsführer ab September 1940 mit der Durchführung solcher Schulungen betraut.58 Deren Inhalt wurde zwar zentral gesteuert, u. a. mittels der SS-Leithefte, welche dafür mehrmals jährlich Richtlinien und Materialien bereitstellten. Doch mit einem strengen ideologischen Lehrbetrieb wie im Kommunismus war das keinesfalls zu vergleichen. Dagegen sprachen schon die Rahmenbedingungen, welche die tatsächliche Umsetzung viel zu sehr von den jeweiligen Einheitsführern abhängig machte.59 Der Vermittlung von theoretischem Wissen wurde allerdings viel weniger Bedeutung beigemessen als einer mentalen Konditionierung der SS-Männer mit der NS-Ideologie.60 Deshalb war die Vorgabe seitens des Kommandoamtes der Waffen-SS, dass eine weltanschauliche Erziehung der SS-Soldaten immer und überall zu erfolgen habe und deren »Denken und Haltung« unablässig auf die Grundsätze der NS-Ideologie auszurichten sei.61 Der SS-Führer selbst sollte etwa ein Beispiel für jedes seiner Worte sein und jede sich bietende Gelegenheit zu einer ideologischen Unterweisung seine Untergebenen ausnützen. Das schloss auch Kameradschaftsabende mit ein.62 Auch mit kulturellen Angeboten wurde auf die SS-Männer eingewirkt. So wurden sie zur Lektüre der SS-Leithefte wie auch des Schwarzen Korps, der hier noch eingehender vorgestellten Hauszeitung der SS,63 55

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Vgl. Ackermann, Himmler, S. 181; Wegner, Soldaten, S. 47 f, 71 f, 298-301. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dieses Ziel auch aus praktischen Erwägungen propagiert wurde, nämlich um den potenziellen Freiwilligen aus diesen Ländern eine Zukunftsperspektive zu bieten, die mit den deutschen Kriegszielen in Einklang zu bringen war, vgl. Wegner, Soldaten, S. 300. Das berichtete jedenfalls SS-General Felix Steiner gegenüber Heinz Höhne, Orden, vgl. Höhne, Orden, S. 462, 573, FN 85. Für eine Einschätzung des Quellenwertes der Aussagen Steiners vgl. aber Abs. 5.5 dieser Arbeit. Vgl. Longerich, Himmler, S. 296. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 189. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 424-426; Cüppers, Wegbereiter, S. 98. Vgl. Neitzel/Welzer, S. 386. Vgl. Dienstanweisung des Kommandoamts der Waffen-SS im SS-Führungshauptamt v. 14.9.1940, zitiert nach Matthäus u. a., S. 185-187, hier 187. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 190 f. Vgl. Abs. 4.2.e) dieser Arbeit.

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1.1 Ideologie der SS

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animiert, Broschüren aus SS-Produktion wie »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« oder »Der Untermensch« an sie verteilt oder es wurden gemeinschaftlich Filme wie etwa die antisemitische Hetze »Jud Süß« oder »Der ewige Jude« angeschaut.64 Eine zentrale Rolle in dem Bemühen der SS, eine emotionale Bindung der SSMänner an den Schwarzen Orden zu erreichen und dessen soziales Selbstverständnis erfahrbar zu machen, spielten auch anschauliche Vorbilder, zeichenhafte Ausdeutungen und Rituale. Insbesondere auf den RFSS ging so ein ganzes Bündel an Riten, übergebenen symbolischen Gegenständen und Feiern zurück.65 So sollte den SS-Männern schon durch Rituale bei ihrer Aufnahme das Bewusstsein gegeben werden, dass es eine große Ehre sei, der SS anzugehören. Ein Neumitglied musste z. B. zunächst eine zweieinhalbjährige Lehrzeit als Anwärter absolvieren, bevor es sich SS-Mann nennen durfte. Die Aufnahme erfolgte dann traditionell in großer Zeremonie am höchsten Feiertag der NS-Bewegung, dem 9. November, mit einer bewusst ähnlich wie die Schwertleite im Mittelalter gestalteten Übergabe des SS-Dolches.66 Symbolträchtige Geschenke pflegte Himmler auch danach in der SS zu verteilen, um den SS-Männern die Werte des Schwarzen Ordens vor Augen zu führen. Beispiele wären der »Julleuchter«, der an den vermeintlichen Ursprung in germanische Zeiten erinnern sollte, der »Totenkopfring« als Mahnung der Opferbereitschaft der SS oder das bei einer Geburt in einer SS-»Sippe« überreichte »blaue Band der Treue«. Dazu kamen diverse SS-Zeremonien zu Anlässen wie Taufe, Eheschließung oder Begräbnis, alles inklusive spezieller Rituale und die jeweilige symbolische Bedeutung erläuternden Sinnsprüchen. Besonders viel Mühe in dieser Richtung gab sich Himmler bei der Ausgestaltung der Sonnenwendfeiern, die als höchstes Fest des Schwarzen Ordens vor dem Krieg von der SS im ganzen Reich durchgeführt wurden.67 Die SS sollte von den SS-Männern als »Volk, Stamm, Sippe, Gemeinschaft«, als »Ritterschaft aus der man nicht austreten kann, in die man blutmäßig aufgenommen wird«68 wahrgenommen werden. Deshalb gab es im SS-Orden auch eine Art Sozialhilfesystem, mit der die Solidarität zwischen den Mitgliedern dieser »Blutgemeinschaft« ausgedrückt wurde und das in persönlichen Notlagen den SSMännern neben finanziellen Leistungen auch praktische Hilfen wie etwa Umschulungen von Kriegsinvaliden anbot.69 Himmler ging sogar so weit, diese angestrebte totale Indienstnahme der Persönlichkeit der SS-Männer durch eine quasi-religiöse Terminologie zu unterstützen. Er brachte so nicht nur seine grundsätzliche Gegnerschaft zum Christentum zum Ausdruck, sondern entwarf damit auch eine Gegenmoral zu den christlichen Tugenden, welche ja den seinen diametral widersprachen.70 Langfristig plante er sogar, die noch in der deutschen Kultur vorherrschenden christlichen Elemente 64 65 66 67 68 69 70

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 441-444; Förster, Erziehung, S. 98; Cüppers, Wegbereiter, S. 104 f. Vgl. Longerich, Himmler, S. 296, 323 f; Behrenbeck, Kult, S. 502-504; Buchheim, Befehl, S. 231. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 106 f; Höhne, Orden, S. 139 f; Westemeier, Krieger, S. 60 f. Vgl. Longerich, S. 297-304; Zelle, Elite, S. 181, 242; Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 195. Himmler am 19.1.1935 und am 8.11.1937, zitiert nach: Longerich, Himmler, S. 365 f. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 449-455. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 51. So sind z. B. Treue und Härte als Gegennormen zum christlich geprägten Gewissensbegriff zu begreifen, vgl. ebd.

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1. Grundlagen

endgültig durch ein modifiziertes nordisches Heidentum zu ersetzen. Solche Überlegungen sind auch bei Hitler zu finden, womit die SS auch bei der Überwindung des Christentums und der Wiederherstellung einer »germanischen« Lebensweise die Rolle der Avantgarde übernahm. Damit ist die Ausgestaltung von Anlässen wie Geburt oder Eheschließung mit SS-eigenen Riten quasi als Vorgriff auf diese kommenden Zeiten zu verstehen. Aber auch kirchliche Feste wurden von der SS umgedeutet und konsequenterweise mit neuen Namen versehen, z. B. indem statt Weihnachten ein »Julfest« gefeiert wurde.71 Himmler präsentierte seiner SS sogar einen Gott,72 der parteiisch, hart und grausam war und Deutschland den »Führer« gesandt habe. Dass er auf eine »Gottgläubigkeit« in seiner Organisation bestand, erwies sich wiederum als eine pragmatische Maßnahme mit der Funktion einer vorsorglichen Disziplinierung. Denn ohne einen Glauben an Gott ist der Mensch selbst Maß aller Dinge und schwieriger zu beherrschen als derjenige, der sich in einen als naturgegeben vorausgesetzten Weltzusammenhang existentiell eingebunden fühlt. Zudem konnte Himmler so, indem er Hitler als den obersten Dienstherren der SS zu einem dem deutschen Volk unmittelbar von Gott gesandten Führer stilisierte, die SS als Auserwählte erscheinen lassen, welche den Diktator bei seinen »großen« Aufgaben unterstütze.73 Himmler bot seinen SS-Männern aber auch Antworten auf die Frage nach der menschlichen Vergänglichkeit: Diese seien in einer Ahnenverehrung zu finden. Damit sollte beim Einzelnen das Bewusstsein wachsen, mit seinem Leben in der Kontinuität der Generationenfolge eingebunden zu sein. So wurde die Vergänglichkeit des Lebens in der Unsterblichkeit des Volkes aufgehoben.74 Ein wesentliches Element der Bemühungen Himmlers um die geistige Konditionierung der SS-Männer war zudem die möglichst lebendige Propagierung heroischer Vorbilder. So veranlasste der RFSS persönlich, dass gerade in den SSLeitheften mythischen Heldengeschichten ein großer Platz eingeräumt wurde. Schon vor dem Krieg sollten sich die SS-Männer in einer Phalanx von Helden sehen, welche zu allen Zeiten zum Schutz ihrer Familien und ihres »Blutes« in einem ewigen Kampf gegen die »Untermenschen« gestanden hätten.75 Diese Methode wurde auch nach 1939 beibehalten. Die hier präsentierten, nachahmenswerten Vorbilder entstammten aber nun, das lässt sich anhand exemplarischer Einblicke in die SS-Leithefte dieser Zeit erkennen, zumindest zum Teil aus den eigenen Reihen, nämlich den Frontformationen der Waffen-SS.76 Ob die Angehörigen der Waffen-SS auch in den übrigen damaligen Medien in dieser Weise dargestellt wurden, muss sich erst noch zeigen. Es gibt jedoch Hin71

72 73 74

75 76

Vgl. Steiner, Glaubensbekenntnis, S. 211, 219; Ackermann, Himmler, S. 84-88; Longerich, Himmler, S. 274. Himmler nannte ihn u. a. »Uralter«, vgl. Heiber, Reichsführer, S. 158. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 53 f; Steiner, Glaubensbekenntnis, S. 206, 215. Vgl. Longerich, Himmler, S. 277. Himmler stellte aber auch Überlegungen über eine individuelle Unsterblichkeit wie auch einer Wiedergeburt an, vgl. Longerich, Himmler, S. 278 f. Vgl. ebd., S. 325. Vgl. z. B.: »Zwei SS-Männer sprengen einen Sowjetpanzer«, in: SS-Leithefte, Folge 5a (1941); »Geschützbedienung ausgefallen – nein!«, in: SS-Leithefte, Folge 6b (1941); »Berichte von beispielhaftem Einsatz«, in: SS-Leithefte, Folge 7a (1941). Alle Artikel befinden sich in Kopie in: BA-MA, N 756/300b.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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weise darauf. Leleu berichtet von entsprechenden Forderungen des RFSS an die hier zentrale SS-Propagandakompanie (SS-PK),77 Zeck erwähnt in seiner Untersuchung des »Schwarzen Korps« (SK) solche heldenhaften Geschichten als ein wichtiges Merkmal der dort zu findenden Kriegsberichterstattung.78 Deshalb sollen nun die Bedeutung und generellen Merkmale des heroischen Mythos in der nationalsozialistischen Propaganda skizziert werden.79

1.2 DER HELDENMYTHOS IN DER NS-PROPAGANDA a) MYTHOS: DEFINITION UND FUNKTION

Im Gegensatz zu vielen Werken der Geschichtswissenschaft wird »Mythos« hier nicht in der Bedeutung von »Legende« oder »Aberglauben« verwendet, ebenso wenig soll er irrationale Faktoren des historischen Prozesses kennzeichnen.80 Vielmehr wird der Mythos hier als ein unverzichtbarer Teil des menschlichen Lebens und Kultur betrachtet. Das erfordert zunächst eine Erläuterung, welche Merkmale er aufweist, was seine Funktion ist, kurz, was ihn überhaupt ausmacht.81 Grundsätzlich werden als Mythen Geschichten bezeichnet, die einen Glaubensinhalt mit übersinnlichem Bezug vermitteln und den Zweck haben, dem menschlichen Leben Sinn und Bedeutung zu verleihen. Mythen gehören wie Sagen oder Märchen zu den Volkserzählungen. Damit werden sie an sich mündlich überliefert, können aber auch verschriftlicht werden und dann als Drama, Epos oder Dichtung vorliegen.82 Ereignisse werden hier nicht dokumentiert und damit aneinandergereiht, sondern mittels eines Raffens, Weglassens, Ausschmückens oder Wiederholens bildhaft-dramatisch in einen Spannungsbogen integriert.83 Als ordnende Interpretation von Erfahrungen beruhen sie auf einem Denkprozess, sprechen allerdings, im Gegensatz zum rational-logischen Denken, Erkenntnis und Gefühl in einem Akt an. Im Mythos wird sozusagen das Überindividuelle, die kollektiv wichtige Wirklichkeit in Bilder gefasst, wobei die dafür verwendeten, 77 78 79

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82 83

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 723. Vgl. Zeck, Korps, S. 397. Dabei soll hier nur auf den Inhalt dieser Mythen eingegangen werden bzw. welche Ziele die »Produzenten« dieser Mythen mit diesen erreichen wollten. Die immer möglichen Diskrepanzen zwischen dem Mythos und seiner zeitgenössischen Rezeption hingegen werden hier außer Acht gelassen. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 35 f. Beispielsweise verwendet Leleu den Begriff »Mythos« in dieser Bedeutung bei der Beurteilung des Kampfwertes der Waffen-SS, vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 725, 735. Ein anderes Beispiel findet sich schon im Titel von: Kershaw, Ian: Der Hitler-Mythos. Volksmeinung und Propaganda im Dritten Reich, Stuttgart 1980. Dabei kann hier nur ein grober Überblick gegeben werden. Für weiterführende Informationen vgl. die Definition von Behrenbeck, Kult, S. 40-48, 65-76. Vgl. Burkert, Denken, S. 17 f; Stierle, Mythos, S. 455. Vgl. Speth, Nation, S. 28 f.

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1. Grundlagen

vieldeutigen Bilder und Symbole dennoch Raum für das an sich Unbegreifliche lassen. Den Mythos kennzeichnet eine komplexe Logik und bildhafte Auslegung, deren Bedeutungen mit abstrakten Formeln kaum zu erfassen sind, sondern sich eher intuitiv erschließen. Dennoch ist der Mythos neben Wissenschaft, Philosophie und »common sense« Teil des Gesamtkomplexes der tradierten Kulturmuster, welche der Mensch zur Verortung der empirischen Welt, also zur Erklärung dessen, was nach Erklärung verlangt, zur Verfügung hat. Mit seiner Hilfe kann die Überzeugung aufrechterhalten werden, dass Alles, auch das Seltsame, Befremdliche oder Unheimliche, auf der Welt erklärt werden kann, womit der menschlichen Urangst vor dem Chaos begegnet wird. Durch das Erzählen einer deutenden Geschichte wird die Furcht vor bedrohlichen Phänomenen oder Ereignissen gemildert, denn diese werden z. B. in Handlungen mythischer Figuren verwandelt, womit das an sich Unbegreifliche Name und Gestalt bekommt und in einen Handlungsablauf integriert wird. Ein Beispiel dafür ist die griechische Götterwelt, aber auch bei vielen anderen Religionen wird über deren jenseitige Welt in der Form von Mythen erzählt.84 Was einen Mythos jedoch inhaltlich ausmacht, ist kaum zu definieren, da die unterschiedlichsten Aussagen in mythischen Formen gekleidet werden können. Es gibt aber typische Themen, die kulturübergreifend mythologisiert werden, meist Grunderfahrungen menschlicher Existenz wie z. B. Geburt, Leid oder Tod. Aufgrund dessen lassen sich bei Mythen häufig gemeinsame Grundstrukturen erkennen, z. B. bei den so genannten »Gründungsmythen«. In diesen wird das aktuell Bestehende mit einem Ereignis in der »Urzeit« verknüpft und so begründet, der Inhalt dieser Geschichte aber hat normative Geltung für die Gesellschaft, in der er überliefert wird. Die von den Zeitgenossen erlebte Geschichte wird so eingefügt in ein zyklisches Geschichtsbild, nach dem die Endzeit gleich der Urzeit sein wird. Da eine solche Erzählung immer von einer besseren Vergangenheit berichtet, ist sie gleichzeitig auch eine Prophezeiung einer erfüllten Zukunft. Ihre eigentliche Aufgabe ist aber, gegenwärtige Erfahrungen der Menschen von Mangel und Not für diese plausibel und damit erträglich zu machen, indem sie auf die eine oder andere Weise begründet, weshalb derzeit ein Gegensatz zur Urzeit besteht. Grundsätzlich benutzen Mythen aber auch Handlungsfolgen, berichten von Schuldigen und Erlösern, bieten personelle Vorbilder und Sinnzusammenhänge und stellen so insgesamt ein Werte- und Handlungsmodell dar. 85 Da der Mensch durch den Mythos eine nachvollziehbare Kontinuität von der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft geboten bekommt, hat der Mythos eine entscheidende Bedeutung für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Der Mensch kann so das komplexe Geflecht des sozialen Verbandes, dem er angehört, als eine handlungsfähige und sinnvolle Einheit wahrnehmen. Entscheidende Unterstützung erhalten Mythen durch Rituale, welche durch eine stets gleichbleibende Wiederholung eine kollektive Vergangenheit lebendig halten.86

84 85 86

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 40-43, 51 f; Burkert, Denken, S. 33; Geertz, Beschreibung, S. 61-63. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 41-44. Vgl. Speth, Nation, S. 12; Sprenger, Landsknechte, S. 32.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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Der Mythos ist zudem für politische Zwecke einsetzbar. Dabei nutzen die Eliten die Glaubensbereitschaft der Massen, um diese mittels des Mythos in ihrem Sinne zu manipulieren und Herrschaftsansprüche durchzusetzen. Der Nutzen ist jedoch nicht einseitig, denn Mythen bieten zumindest denen, die an sie glauben, Sinn, Orientierung und Identität. Zugleich sorgen Mythen auch für eine Reduzierung politischer Komplexität, da sie Entscheidungsverfahren abkürzen können, eine Darstellung eindeutiger Handlungsalternativen sichern, wertorientiertes Verhalten moralisieren und ästhetisieren und darauf hinwirken, dass der Einzelne seine persönliche Interessen zurückstellt. Wendet man den Mythos auf politische Zusammenhänge an, gelten dort auf einmal die Gesetze des Schicksals als einer übermenschlichen Instanz. Auf diese Weise wirken Mythen als eine Art Wahrnehmungsfilter, durch den unter den Gläubigen der Konsens gefördert und so deren Handlungsfähigkeit erhöht wird.87 Der moderne Mythos erlebte gerade vom 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine Blütezeit. Er bediente in dieser Epoche der Säkularisierung einen Bedarf an Sinndeutungen, der durch den Bedeutungsverlust des christlichen Glaubens entstanden war. Moderne politische Mythen machten es z. B. möglich, den Anpassungsdruck an die sich damals für Viele rasant wandelnde Lebensbedingungen zu mildern, indem sie bestimmte Werte und Normen zu ewig gültigen Maßstäben erklärten, die es zu erfüllen und nicht zu verändern galt. Sie boten auch Abhilfe bei der für viele irritierenden Erkenntnis, dass politische Entwicklungen in der Regel kompliziert und mehrdeutig sind. Gereift war diese Erkenntnis durch die nun verfügbare, ungeheure Menge an Informationen, welche die Massenmedien lieferten, abgemildert wurde sie eben durch angebotene mythische Deutungen, welche die politischen Handlungsspielräume im Bewusstsein der an den Mythos Glaubenden auf schroffe Gegensätze wie gut - böse oder ehrenvoll - verachtenswert reduzierten.88 b) GRUNDLAGEN DES MYTHISCHEN HELDENKULTES IM NATIONALSOZIALISMUS

Als Erfolgsrezept der nationalsozialistischen Mythenbildung erwies sich deren Verfahren, zum Gegenstand ihrer Mythen die Gegenwart bzw. die jüngste Vergangenheit und aktuelle Probleme der Zeit zu wählen. Dadurch gewannen diese Geschichten an Aktualität und Lebensnähe, gleichzeitig wurde so verhindert, dass sie vom Publikum bewusst als Mythos wahrgenommen und dann durch rationales Wissen infrage gestellt werden konnten.89 Die archaischen Elemente der NSMythen, also etwa Sprachsymbole wie »Held«, »Opfer« oder »Blut« konnten so ungehindert zum Tragen kommen, an das Unbewusste appellieren und die psychischen und sozialen Funktionen des Mythos wirksam werden lassen.90 87 88 89

90

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 44 f; Speth, Nation, S. 115. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 45 f. Schließlich erwartete das Publikum gemäß der gewohnten Struktur eines Mythos dessen Verortung in einer mythischen Urzeit, vgl. Behrenbeck, Kult, S. 47. Vgl. ebd., S. 47 f.

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1. Grundlagen

Um diese Wirkung zu erzielen, wandten die Nationalsozialisten die Methode der »bricolage« an, das heißt, sie bedienten sich bei alten mythischen Vorlagen, lösten aber die dort vorgefundenen Inhalte aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang, ordneten sie durch neue Kombinationen ihren Intentionen unter und schufen so ihre eigenen Heldenmythen. 91 Was jedoch für die Nationalsozialisten die charakteristischen Eigenschaften eines Helden waren, ist nicht einfach zu beantworten. Von ihnen selbst gibt es diesbezüglich keine systematische Abhandlung, selbst in »Mein Kampf«, der primären Quelle für Hitlers Heldenbild, sind die Bemerkungen hierzu über das ganze Buch verstreut und dazu äußerst kompliziert und widersprüchlich. Eine theoretische Erläuterung ihres Heldenbildes war für die Nationalsozialisten allerdings auch überflüssig. Schließlich wollten sie nicht etwas Neues erschaffen, sondern dadurch, dass sie ihre Geschichten so erzählten, dass sie an Heldensagen erinnerten, nach Innen und Außen Glauben erwecken und den heroischen Mythos so politisch nutzen. Zwar waren viele verschiedene Heldengeschichten im Dritten Reich im Umlauf, die aber durchaus als Spielarten desselben mythischen Grundschemas zu erkennen sind.92 Deshalb soll hier zunächst auf besonders geläufige Merkmale des Helden im Mythos stichpunktartig eingegangen werden, bevor dann dessen spezifisch nationalsozialistische Sinngebungen dargestellt werden. Grundsätzlich wird als Held ein mutiger Kämpfer für die Ordnung und gegen das Chaos bezeichnet, dessen Aufgabe es ist, Land und Kultur zu beschützen.93 Er ragt deshalb aus der Menge der gewöhnlichen Menschen heraus, weil er eine Tat begangen oder eine Entscheidung getroffen hat, welche seinen Verehrern als nützlich, vorbildlich und schwierig zugleich gilt. Schon weil solch ein Handeln stets mit Mut und Selbstüberwindung verbunden ist, wird dem Helden Bewunderung gezollt. Im Mythos stellt der Held darüber hinaus oft ein personifiziertes Tugendideal dar. Den Schilderungen seiner Heldentaten kommt so eine sinnstiftende Funktion zu.94 Zum Inhalt haben Heldengeschichten entweder den Kampf des Helden gegen die Mächte der Finsternis, der Zerstörung, des Chaos oder aber seinen Kampf gegen die Götter bzw. das Schicksal. Dabei kann er scheitern und so dem Publikum die Begrenztheit des Menschen vor Augen führen oder aber die Gemeinschaft vor einer großen Gefahr erretten und so ein Beispiel eines nachahmungswertes Verhalten geben. Zum Wesen eines Helden gehören eine starke Vitalität, große Leidensfähigkeit und Todesverachtung, ein starker Wille und eine große Entschlusskraft.95 Da sich der Held von der Idee des in einer bestimmten Situation Notwendigen leiten lässt, verhält er sich oft einseitig, radikal, leidenschaftlich oder gewalttätig, was häufig mit dem Moralkodex nicht vereinbar ist. Was seine Leistung bewundernswert macht, ist, dass er sein Leben wagt und typischerweise sogar für die gute Sache, etwa das Gemeinwohl, opfert, wodurch gezeigt wird, 91 92 93 94 95

Vgl. dazu Stierle, Mythos, insbes. S. 457. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 79-82, 99. Vgl. Best, Held, Sp. 1043-1049. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 65. Vgl. Linares, Held, S. 13.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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dass Letzteres einen höheren Wert hat als das persönliche Wohlergehen des Einzelnen. Zu der Heldentat gehört notwendigerweise die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, ebenso darf der Held den eigenen Tod nicht fürchten. Überhaupt ist mythisches Denken grundsätzlich dualistisch. Der Held hat typischerweise einen Anti-Held als Gegenspieler, der das Prinzip des Bösen, des Unheils oder der Zerstörung verkörpert und mit dem der Held stellvertretend für die Gemeinschaft kämpft. Mit seinem Sieg wird der Held zum Erlöser und Heilsbringer. Allerdings ist hier die häufig zyklische Geschichtsvorstellung des mythischen Denkens zu berücksichtigen. Aus diesem folgt, dass sich die Ausgangssituation, also der notwendige Kampf gegen den Antihelden, wiederholen kann. Deshalb ist das Verhalten des Helden auch als ein Leitbild zu sehen, durch dessen Befolgung man diesen Kampf selbst gewinnen kann.96 Dennoch, grundsätzlich gibt es keine lebenden Helden, vielmehr können nur die Toten Helden werden.97 Damit der siegreiche Held dennoch den Dank und die Verehrung der Geretteten empfangen kann, wird ihm rühmend gedacht. Darin besteht gleichzeitig die Unsterblichkeit des Helden, er wird quasi im Mythos als vollkommen gewordener Mensch wiedergeboren. Damit ist der Heldentod ein Qualitätssprung. Das Leben des Helden ist vollendet, er ist nun vergöttlicht, seine kultische Verehrung beginnt. In einem solchen Kult haben die Feiernden durch symbolische Handlungen und Gegenstände Anteil am Heil, welches aus der Heldentat erwächst, durch das Erzählen des Mythos aber können die Zuhörer die Erfahrungen des Helden bei seinen Taten nachvollziehen und sollen so zu seiner Nachfolge befähigt und begeistert werden. Als Anreiz, dem Leitbild des Helden zu folgen, spielt auch der ewige Ruhm des Helden eine Rolle. Die Unsterblichkeit des Helden steht auch für die Unantastbarkeit der Werteskala, die durch ihn bestätigt wurde. Deshalb wird das Gedächtnis an ihn wachgehalten, etwa durch rituelle Feiern zu seinem Gedächtnis oder durch Benennung von Gebäuden und ähnlichem.98 Objekt solcher Ehren kann im modernen Mythos jeder werden. War in den Mythen früher Zeiten der Held häufig eine Herrschergestalt, welcher die Hierarchie des Gemeinwesens symbolisierte, so konnte er schon damals auch ein revolutionäres Ideal verkörpern, indem er etwa eine unterdrückte Gruppe von einem Tyrannen erlöste. Gerade letzteres Heldenbild prägte dann viele nachfolgende Mythen.99 Auf der Grundlage des Motivs des Kampfes gegen Chaos oder Unterdrückung trug der Held nun im modernen Mythos etwa Züge eines Ritters oder in moderner Zeit eines Soldaten, er konnte einem Heiligen oder Märtyrer ähneln oder er war gar ein Gelehrter, der die Menschen durch sein Genie erleuchtet.100 Endgültig wurde im 19. Jahrhundert die Idee des Heldentodes als revolutionäres Opfer für die Regeneration der Menschheit säkularisiert. Der Held war nun keine Herrschergestalt mehr, sondern wurde verbürgerlicht. Er fand selbst Eingang in den Marxismus, wo der moderne Held »das Proletariat« war und die 96 97 98 99 100

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 65 f. Vgl. Linares, Held, S. 19. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 67 f. Vgl. Naumann, Strukturwandel, S. 41-43. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 69; Best, Sp. 1045 f.

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1. Grundlagen

Heldentat die Weltrevolution. Neu an diesem Heldenbild, das wird hier noch wichtig werden, war dabei die Verlegung der erlösenden Heldentat von der Vergangenheit in die Zukunft. Da die Marxisten von einem gesetzmäßigen Geschichtsablauf ausgingen, stand das Stattfinden dieser Heldentat für sie fest und erfüllte so in ihren Mythen den Helden mit gläubiger Zuversicht, vor allem aber wurde so sein vorausgehendes Verhalten gerechtfertigt.101 Grundsätzlich ist eine gemeinsame Grundstruktur im Ablauf der Heldenmythen ableitbar: Der Held ist vom Schicksal oder höheren Mächten für eine wichtige Aufgabe auserwählt worden, was oft schon anhand von Zeichen bei seiner Geburt erkennbar wird. Nach einer außergewöhnlichen Kindheit kommt der Moment der Erleuchtung oder Berufung, der Held wird sich seiner Aufgabe bewusst. Bald erlebt der Held das »große Abenteuer«, oder er begibt sich auf einen »Weg der Prüfungen«, wobei er häufig von seiner Umgebung unerkannt bleibt und daher Verfolgung etc. zu erdulden hat. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Kräfte gelingt ihm der Sieg, er kehrt verwandelt zurück, um sein Geheimnis, seine Lehre oder seine heilbringende Kraft in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Seine Herrlichkeit ist nun offenbar und trägt ihm die Verehrung der Gemeinschaft ein. Im Nationalsozialismus wurde diese Heldengeschichte in einem Punkt variiert: Hier kehrt der Held nach seinem Sieg typischerweise nicht zur Gemeinschaft zurück, sondern erringt den Sieg, indem er sich für diese opfert. 102 Diese Variante ist jedoch keine Erfindung der Nationalsozialisten, sondern fußt in sehr alten Traditionen und Motiven und kann so auf Akzeptanz bei den Adressaten dieser Geschichten hoffen. So ist das Opfer Element aller alten Religionen wie auch des Alten Testamentes. Dabei kann den Göttern aus vielerlei Anlässen geopfert werden, etwa als Dank, Bitte, Huldigung oder auch Sühne. Bei dem hier zentralen Sühneopfer soll nun das durch Sünde gestörte Verhältnis zu Gott oder den Göttern erneuert werden. Dabei wird insbesondere dem Opferblut sühnende Kraft zugeschrieben.103 Hier wird stellvertretend für einen schuldig Gesprochenen ein Opfertier getötet, womit das Leben des Opfers der Gottheit zurückgegeben und so die durch den Sünder verletzte, ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt. Überhaupt fließen im Opfer Tun und Leiden, Hingabe und Empfangen zusammen. Schließlich wird ein kultisches Opfer immer jemandem dargebracht, meist einer Gottheit, im Gegenzug möchte der Opfernde etwas erlangen, etwa Gnade, die Sühnung einer Schuld oder Hilfe in einer Notlage. Ebenso wird aber auch ein unschuldiger Mensch, der sterben muss, weil er seine Ideale nicht preisgeben will, als Opfer bezeichnet, obwohl an sich Märtyrer das zutreffende Wort wäre. Durch seinen Tod zeigt er den Wert dieser Ideale und leistet damit eventuell Überzeugungsarbeit zu deren Verbreitung. In der jüdisch-christlichen geprägten Vorstellungswelt wurde das Bild vom Helden im Laufe der Zeit eng mit einem solchen unschuldig Leidenden verknüpft, da im christlichen Europa vor der Aufklärung ein Heldenkult nur in diesem Gewand eines Heiligen überhaupt denkbar war. Dazu trat das Sühneopfer 101 102 103

Vgl. Naumann, Strukturwandel, 74-76, 83-96; Behrenbeck, Kult, S. 69 f. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 71. Vgl. Lorenz/Schröder, Opfer, Sp. 1223-1225.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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als das zentrale Motiv des Christusgeheimnisses, denn im Tod Jesu fallen beide Vorstellungen zusammen. Er ist ein Sühneopfer, welcher für die Sünden der Welt getötet wird und so die Schuld der Menschen sühnt und zugleich der leidende Unschuldige, der für die von ihm vertretenen Prinzipien stirbt. Weiter sah man im Christentum im Laufe der Zeit das Opfer immer mehr auch als ein ethisches Verhalten, Verzicht zugunsten Anderer oder ein selbstloser Einsatz wurden zum wahren Opfer erklärt.104 Aus allen diesen Elementen entstand das freiwillige Selbstopfer, wo Subjekt und Objekt der Handlung identisch sind, als das Hauptmerkmal des Heroismus im 20. Jahrhundert.105 Insbesondere der Kriegstod wurde bereits im 19. Jahrhundert mit dem Opfertod Christi gleichgesetzt, diese religiöse Verbrämung des Soldaten als Märtyrer wurde in den folgenden Jahren immer intensiver und war in der Zeit des Ersten Weltkriegs längst Teil des Ensembles kollektiver Mentalitäten. Hier war nun das Vaterland der oberste ethische Wert, der jedes Opfer rechtfertigt bzw. sogar erfordert.106 Dies ging so weit, dass selbst in der damaligen Jugendliteratur der Soldatentod als das begehrenswerte Ziel eines jeden echten deutschen Jungen ausgegeben wurde.107 Allerdings setzt die Bereitschaft, freiwillig auf ein Weiterleben zugunsten der existentiell bedrohten Gemeinschaft zu verzichten, unausgesprochen eine magische Funktionsweise des Opfers voraus. Schließlich wird es nicht zweckfrei dargebracht, sondern soll das bewirken, was der Spender beabsichtigt. Von dieser Überzeugung gingen die Anhänger dieser Opfermagie in Deutschland selbst 1918 nicht ab, als der »Nutzen« des millionenfachen Massensterbens, der Sieg im Weltkrieg, nicht eintrat. Im Gegenteil wurde durch diese Krise die Opferbereitschaft zu einer Tugend an sich erhöht, ohne dass nach dem »Wofür« gefragt worden wäre.108 Die Popularisierung von Niederlage und Untergang zur Stunde der Helden nach dem Ersten Weltkrieg war insbesondere das Werk von nationalistischen Kriegsschriftstellern.109 Ernst Jünger forderte in dieser Zeit z. B. die Erziehung eines Kriegertyps, der vermöge, »seine höchste Freiheit im Untergang zu sehn«.110 Auch für Hitler war die mythische Gestalt des »Verdunkämpfers« das nachzueifernde Idealbild. In der Version der Nationalsozialisten zeigte dieser vermeintlich in den Materialschlachten des Ersten Weltkrieges geborene »Neue Mensch« in sich Härte, Kaltblütigkeit, eisernen Willen und eine maschinenhafte Funktionalität. Dieser Kämpfer wankte auch in der Hölle der Front nicht, sondern setzte vielmehr alles daran, den Feind und überhaupt alles Schwache unbarmherzig zu vernichten.111

104 105 106 107 108 109 110 111

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 71-74. Vgl. Best, Held, Sp. 1047 f. Vgl. Latzel, Sterben, S. 98-100. Vgl. Müller, Kinderbücher, S. 23. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 76. Vgl. Wegner, Hitler, S. 510 f, 515 f. Jünger, Arbeiter, S. 38. Vgl. dazu Hüppauf, Schlachtenmythen, insbes. S. 59-79.

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1. Grundlagen

Dass ein solches Heldenideal überhaupt denkbar war, lag daran, dass in dieser Zeit der ursprünglich dem Adel vorbehaltene Ehrenkodex gerade in Deutschland noch große gesellschaftliche Bedeutung hatte. Denn hier waren weite Bevölkerungsteile wie das Bürgertum, das Offizierskorps, Akademiker oder auch Studentenverbindungen satisfaktionsfähig geworden.112 Dies bedeutete, dass auch diese nach einem Angriff auf ihre Ehre, etwa durch eine Beleidigung, dieser durch den Einsatz ihres Lebens in einem Duell Genüge tun mussten. Andernfalls wurde dem Entehrten die Zugehörigkeit zur Elite entzogen. Es hatte aber auch ein Wandel stattgefunden: Die Quelle der Ehre war nun kaum mehr der Souverän, sondern die Nation, daher musste deren unversehrte Ehre mit allen Mitteln aufrechterhalten werden. Insbesondere galt das im Krieg, womit auch der Erste Weltkrieg als eine Art Duell satisfaktionsfähiger Nationen interpretiert wurde. Nur so ist zu verstehen, dass sich die Verteidiger der nationalen Ehre das »Ehrenkleid des Soldaten« anlegten und auf dem »Feld der Ehre« starben. Aus deutscher Sicht fand dieser Krieg aber nicht einen diesem Ehrenkodex würdigen Abschluss. Im Gegenteil wurde mit dem Frieden von 1918, dem bezeichnenderweise zeitgenössisch oft so genannten »Schanddiktat von Versailles« die deutsche Ehre nicht erneuert, sondern diese, zumindest sahen das so viele Zeitgenossen, durch die Aufbürdung von Kriegsschuld und Reparationen auf die deutschen Schultern weiterhin durch die Feindmächte verweigert. Das betraf auch die deutschen Gefallenen, obwohl diese doch dem Ehrenkodex Genüge getan und den Tod einem Leben in »Schande« vorgezogen hatten. Auch ihre Ehre war durch die ausgebliebene Wiederherstellung der nationalen Ehre nicht wiederhergestellt. Das konnte in dieser Denkweise nur durch die Anerkennung Deutschlands als gleichberechtigte Macht durch die übrigen Nationen geschehen, was als Aufgabe der Überlebenden galt.113 c) SPEZIFISCHE ELEMENTE DES NATIONALSOZIALISTISCHEN HELDENMYTHOS

Indem die NSDAP von Anfang an eine »Politik der Ehre« vertrat, gegen das »Schanddiktat von Versailles« und für die Wiedergewinnung der deutschen Ehre kämpfte, stellte sie sich eindeutig in die Tradition dieser Vorstellungen.114 So ist verständlich, dass auch im Heldenbild Hitlers das Opfer eine zentrale Stellung einnahm. Wesentlich für die Ausgestaltung der Eigenschaften des NS-Helden waren aber auch drei Grundannahmen der NS-Weltanschauung: Zunächst die sozialdarwinistische Überzeugung, dass das Grundprinzip des Daseins ewiger Kampf sei, dann die These, dass die Rasse bzw. das Volk im Zentrum aller Überlegungen und Handlungen zu stehen habe, schließlich der Gedanke, dass eine Einzelpersönlichkeit oder eine Minderheit die Geschichte bestimme und der Masse ihren Willen aufzwingen könne. Dementsprechend war der Held Hitlers vor allem ein Kämpfer oder Krieger, versehen mit der Aufgabe, das Überleben oder die Vorherrschaft seines Volkes zu sichern. Hitler entwickelte zwei Versionen 112 113 114

Vgl. Elias, Studien, S. 66-76. Vgl. Weinrich, Mythologie S. 342 f, 352 f; Behrenbeck, Kult, S. 90 f. Vgl. Weinrich, Mythologie S. 354.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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eines heldischen Ideals: Er selbst präsentierte sich als ein »Führerheld«, welcher handelnd die Geschichte bestimme.115 Er konstruierte aber auch den »Opferheld«, welcher ihm, dem »Führerheld«, für sein heroisches Handeln als eine Art Werkzeug zu dienen habe. Diese Rolle war für die Anhänger Hitlers vorgesehen. Bezüglich dieses »Opferhelden« betonte Hitler insbesondere die sozialdarwinistische Überzeugung vom Leben als Kampf ums Dasein. Um das, nach ihm, immer in seiner Existenz bedrohte deutsche Volk zu retten, bedürfe es möglichst vieler Idealisten, also dieser »Opferhelden«. Durch ihre Bereitschaft, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben Abwehrmaßnahmen zur ergreifen, würden sie das Heil für die Volksgemeinschaft erwirken.116 In diesem vermeintlichen Kampf ums Dasein war es nach Hitlers Ansicht notwendig, Stärke zu zeigen. Wer sich schwach zeige, sei verloren und habe die Niederlage auch verdient. Wer hingegen als tapferer Kämpfer gelten wolle, müsse unbedingt ausharren und bis zum Letzten weiterkämpfen. Zwar war »heldisch« für die Nationalsozialisten eine rassische Qualität des »erbgesunden nordischen Menschen«.117 Die Bereitschaft jedoch, heldisch zu handeln, war nach Hitler im Volkskörper ungleich verteilt. Hier gebe es drei Klassen von Menschen, das Extrem des »besten Menschentums«, das sich durch Mut und Opferfreudigkeit auszeichne, das Extrem des »schlechtesten Menschenauswurfs« mit einer »gemeinsten Verbrechergesinnung«, deren Herrschaft den Niedergang eines Volkes bedeute und eine »breite mittlere Schicht«, womit Hitler das von ihm verhasste Bürgertum bzw. das Prinzip der Mäßigung, Anpassung und des Kompromisses meinte. Während die »Besten« mit den »Schlechtesten« sich im Kampf um die Macht befänden, würde sich die Mitte immer dem jeweiligen Sieger anschließen. Da nach Hitler nur durch die absolute Führung des extrem besten Teiles ein Volkskörper in seinem Wert steigen könne, kam dieser Elite die Pflicht zu, den Durchschnitt des Volkes durch ihr Vorbild zu Heldentaten und Opfern mitzureißen.118 Der zu bekämpfende Gegenspieler war in Hitlers Ausführungen die Figur »des Juden«. Diesem schrieb der spätere »Führer« nur negative Eigenschaften zu, verteufelte ihn so zu einem »Sinnbild alles Bösen« und damit zu einem Anti-Helden. Mit ihm stehe der arische Held in einem immerwährenden Kampf auf Leben und Tod, wobei der Sieg des »Juden«, also der Macht der Zerstörung, die völlige Vernichtung des Ariers und zugleich auch das Ende der Menschheit überhaupt bedeuten würde.119 Hitler wollte somit sein Volk vor der Vernichtung bewahren, ansonsten hat er keine weiterreichenden Ziele formuliert. Selbst das angestrebte »Dritte Reich« hat er in seiner Gestalt kaum je genauer beschrieben. Das zeigt nach Behrenbeck deutlich die Absichten, welche Hitler mit der Erzählung seines Mythos verfolgte. Im Gegensatz zu klassischen Mythen wollte er seine Anhänger durch das Ausmalen eines paradiesischen Endzustandes nicht aufrichten, damit diese eine ge115 116 117 118 119

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 100. Vgl. ebd., S. 100, 108. Vgl. Schmitz-Berning, Vokabular, S. 306-308. Vgl. Hitler, Kampf, S. 580 f; Behrenbeck, Kult, S. 108 f. Vgl. Hitler, Kampf, S. 317, 355, 630-633; Behrenbeck, Kult, S. 115 f.

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1. Grundlagen

genwärtige Leidenszeit noch weiter ertragen, bis schließlich die Rettung naht. Sein Ziel war es vielmehr, diesen Endzustand durch die Vernichtung des »Antihelden« Jude in einem »Weltgericht« aktiv und in der Realität herbeizuführen.120. Obwohl dieser Heldenmythos Hitlers bei einer näheren, systematischen Betrachtung sich als äußerst kompliziert erweist und zudem voller Widersprüche ist,121 gestaltete er ihn nach 1925 kaum noch weiter. Dies überließ er vielmehr den Propagandisten der Partei. Selbstverständliche Grundlage auch hierfür war aber die Weltanschauung Hitlers bzw. seine eben skizzierten heroischen Leitbilder. Dennoch kam es nicht zu einer Dogmatisierung, Mythen etwa über Tote der Partei mussten also keinesfalls immer nach demselben Schema ablaufen. Ebenso waren auch andere Parteistellen, also auch die SS, Künstler wie auch die Parteibasis damit beschäftigt, eigene Mythos-Varianten zu produzieren. Die hierbei erstellten Spielarten etwa des NS-Heldenkultes wurden aber von der Propagandaleitung dahingehend kritisch begutachtet, ob sie sich der hohen Wertschätzung des heroischen Mythos als würdig erwiesen. War das nicht der Fall, wurden sie zensiert oder verboten.122 Im Laufe der Zeit kam es so zu einigen Weiterentwicklungen im Kanon der NS-Mythen. Einige von diesen werden sich im Laufe dieser Arbeit noch als wichtig erweisen: Zunächst ist die Darstellung des Helden als »Christussozialist« zu nennen, dessen grundsätzliche Bestandteile, Aggression und Opferbereitschaft, der spätere Propagandaminister Joseph Goebbels ab den zwanziger Jahren bis zum Ende seiner Karriere in seinen Reden und Schriften nutzte und so als heldische Eigenschaften in die NS-Propaganda einführte. Auch für Goebbels gehört zum Triumph des Helden notwendigerweise sein auf das christliche Opferschema zurückgehender Opfertod. Hinzugefügt wurde aber eine Selbsterlösung durch das vorhergehende Töten des Gegners durch den Helden, womit die Gottähnlichkeit und Allmacht des Heroen aufgezeigt wurde. Dabei wurde von Goebbels aber auch die profane Variante des sakralen Helden rezipiert, der sozialistische Revolutionär. Dessen Tod wurde als revolutionäres Opfer interpretiert, mit dem die Regeneration der ganzen Menschheit erreicht werden sollte. Das umwälzende Ereignis, welches das Opfer rechtfertigt, war im Sozialismus die Weltrevolution und wurde in die Zukunft verlegt. Obwohl sie als gesetzmäßig eintretend erwartet wurde, war ihr Zustandekommen an weitere Opfer gebunden. Damit ergibt sich auch hier eine Ungereimtheit: Das Opfer des NS-Helden wird durch den Anbruch des Dritten Reiches mit Sinn erfüllt, zugleich wird aber behauptet, dass es für dessen Errichtung notwendig sei. Auch hier war die logische Stimmigkeit nicht entscheidend, jedenfalls klärten die Nationalsozialisten diesen Widerspruch nie, sondern man vertraute darauf, dass die beabsichtigte Wirkung dieses mythischen Erzählelements durch den Bezug auf die christliche Vorlage erzielt werde. Denn auch 120 121

122

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 116 f. Vgl. ebd., S. 99, 119. Ein Beispiel ist der Gegensatz zwischen dem von Hitler propagierten gesetzmäßigen Erfolg des Stärkeren und dem fruchtbringenden Opfertod. Nach Hitler fallen immer nur die Besten und beweisen mit ihrer Opferwilligkeit ihre heroischen Tugenden. Gleichzeitig soll nach ihm aber auch gelten, dass der Stärkere sich immer gegen den Schwächeren durchsetzt, vgl. ebd., S.100-102. Vgl. ebd., S. 84, 147 f, 242, 502-504.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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hier wird zwar grundsätzlich von der Auferstehung und Wiederkehr des Helden erzählt, die Grundaussage bezieht sich jedoch weniger auf das Schicksal des Helden, sondern auf seine Erlösungsfunktion für die Gemeinschaft. Klarer tritt der Zweck dieser mythischen Überhöhung des Todes zutage, es sollte ein Vorbild geschaffen werden, denen neue Kämpfer für die »Bewegung« nacheifern konnten.123 Hierfür stellte die von Goebbels erstmals erfolgte Formulierung eines personenbezogenen Heldenmythos der NSDAP, darunter am bekanntesten der um Horst Wessel, einen wichtigen Beitrag dar. Hier musste aber eine in dem hier verfolgten Zusammenhang wichtige Grundregel beachtet werden. Solche neu zu etablierenden Mythen mit einem Bezug auf zeitgenössische Ereignisse durften sich nicht zu sehr von dem realen Geschehen entfernen, denn der reale Mensch und sein Handeln musste erkennbar Grundlage der Heldengeschichte bleiben. Gerade solche »neuen« Mythen mussten also mögliche Beobachtungen von Zeitzeugen berücksichtigen, ansonsten taugten sie nicht dazu, dem Publikum die Lebbarkeit des heroischen Ethos zu beweisen. Gleichzeitig musste es aber auch möglich bleiben, diese überprüfbaren Fakten in die Grundstruktur des Mythos einzufügen, damit eine Erfahrung sinnvoll erklärt werden konnte und nicht eine absurde Fantasiegeschichte erzählt wurde. Gerade im Krieg mussten also mythische Deutungen in der Berichterstattung stets die eigenen Erfahrungen von Kriegsteilnehmern einkalkulieren. 124 d) BEDEUTUNG UND ANPASSUNG DES HELDENMYTHOS IN DER NS-PROPAGANDA

Nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten geriet ihr Mythos von Opfer und Sieg in eine Krise. Denn bis dahin war dort die zukünftige Kanzlerschaft Hitlers die paradiesische Endzeit, in der das Volk wiederauferstehen und seine Ehre zurückerlangen werde. Zudem erwarteten die »alten Kämpfer« nun, mit den »Früchten des Sieges« für ihr Engagement in der »Kampfzeit« entschädigt zu werden.125 Die SA etwa wollte ihre Angehörigen materiell versorgt wissen und eine führende Rolle im Staat übernehmen. Dies hätte aber die konservativen Kräfte aus Wirtschaft, Beamtentum und insbesondere Reichswehr, die gerade erst begonnen hatten, sich der NSDAP zur Verfügung zu stellen, verprellt. Eine Maßnahme, um diese Gefahren abzuwenden war, neben der Entmachtung der SA im Sommer 1934, die vom Mythos der Nationalsozialisten angebotenen Sinndeutungen zu verändern: Dies geschah, indem man die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zum Anfang einer Entwicklung erklärte, an deren Ende das »Neue Reich« und der »Neue Mensch« stehen würde. Bisher sei nur der Feind im Inneren besiegt worden, der Kampf jedoch gegen die auswärtigen Mächte, welcher 1918 lediglich unterbrochen worden sei, müsse noch zu einem siegreichen Ende gebracht werden. Um hier unbesiegbar zu sein, müsse aber zunächst das Reich im Innern geeint 123 124 125

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 122 f, 138-140; Naumann, Strukturwandel, S. 52. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 130-134, 451 f. Vgl. ebd., S. 197.

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1. Grundlagen

werden, um einen zweiten »Dolchstoß« wie 1918 zu verhindern. Das könne geschehen, indem die gesamte Bevölkerung zum Nationalsozialismus bekehrt und eine reinrassige »Volksgemeinschaft« geschaffen werde.126 Der mythische Heldenkult wurde in der Folge zu einem wichtigen Instrument zur Verwirklichung dieses Zieles. Eine der dabei ergriffenen Maßnahmen war, die toten Helden der NSDAP als neue Leitbilder zu präsentieren. Dafür wurden etwa deren individuelle mythische Heldengeschichte literarisch, aber auch in Theaterstücken oder Filmen mit zum Teil großen Aufwand neu erzählt. Der heroische Mythos wurde aber auch sinnlich erfahrbar gemacht: Das geschah im Rahmen von pseudoreligiöse Feiern anlässlich von über das ganze Jahr verteilten, neuen Festtagen der Nationalsozialisten, wie etwa dem 9. November, dem Jahrestag des gescheiterten Hitler-Putsches von 1923. In zum Teil eigens errichteten Festbauten wurde der Mythos in symbolische und kultische Handlungen übersetzt und so zu einem Gemeinschaftserlebnis gemacht. Da aber auch hier die Botschaft war, dass durch das Opfer der Helden der Sieg des »Führers« ermöglicht worden ist, wurde an die toten Helden nicht mit Gesten der Trauer, sondern mit denen des Sieges erinnert.127 So war es nur konsequent, dass bereits 1934 der Volkstrauertag in Heldengedenktag umbenannt wurde und an diesem Datum nicht mehr die Toten des Krieges betrauert, sondern sie vielmehr als Saat für eine bessere deutsche Zukunft gefeiert wurden. Damit hatte die exzessive Heldenverehrung auch die Funktion, in der Bevölkerung eine positive Einstellung zu Aggression und gewaltsamem Tod und damit einen »Wehrwillen« zu erzeugen.128 Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, musste auch das Deutungsschema des Mythos ein weiteres Mal neu orientiert werden. Nun kam ihm die Aufgabe zu, Kriegsopfer sinnvoll zu erklären, Trauer zu bewältigen und die allgemeine Kriegsbereitschaft zu sichern. Mythischen Deutungen kamen in der NS-Kriegspropaganda in der Folge eine überragende Bedeutung zu. So wurde etwa zur Rechtfertigung des Krieges »das Volk« bzw. »das Reich« bewusst als ein höherer, absoluter und religiöser Wert präsentiert, dessen Ehre es zu verteidigen galt. Zugleich wurde behauptetet, Deutschland müsse aus der unerträglichen Umklammerung durch den Westen befreit werden, welcher die Überlebensfähigkeit der Heimat bedrohe. Den konkreten Nachweis blieb man schuldig, weil gemäß der NS-Weltanschauung sich das Volk ja generell im Kampf gegen den jüdischen »Weltfeind« befand. Denn auch die westlichen Feindmächte wurden danach von diesem mythischen Antiheld gelenkt. »Der Jude« sei für die Bildung der antideutschen Koalition verantwortlich zu machen und trete somit in der Uniform sämtlicher Kriegsgegner auf. Sein Plan sei nicht weniger als die Vernichtung Deutschlands als Staat, die Ermordung oder Versklavung seiner Bevölkerung und die

126 127

128

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 197-201; Longerich, Geschichte, S. 179-191. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 210 f, 275, 333,454 f. Auf die kultischen Feiern des Dritten Reiches kann hier nicht weiter eingegangen werden, für umfassende Informationen hierzu vgl. Behrenbeck, Kult, S. 195-446. Vgl. Latzel, Sterben, S. 91; Behrenbeck, Kult, S. 455.

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1.2 Der Heldenmythos in der NS-Propaganda

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Auslöschung aller Träger arischen Blutes.129 Dazu stilisierte sich Hitler mit jedem deutschen Erfolg mehr zum »Führer-Helden«, der als Einziger in der Lage sei, das deutsche Volk zum »Endsieg« zu führen. Aber auch die Siege der Wehrmacht wurden von ihm wie auch der NS-Propaganda als Beweis des gesetzmäßig zu erwartenden Erfolgs des arischen Helden dargestellt.130 Die größte Bedeutung innerhalb der NS-Kriegspropaganda erlangte der heroische Mythos schließlich im Feldzug gegen die Sowjetunion. Das war zunächst eine Folge des generell ideologischen Charakters dieses »eigentlichen Krieges«131 Hitlers. Schließlich versuchte er hier, zentrale Punkte der NS-Ideologie zu verwirklichen, »Lebensraum im Osten« zu erobern und den »jüdischen Bolschewismus« zu vernichten.132 Dementsprechend unterlagen in der Darstellung des Krieges durch die NS-Propaganda alle Entscheidungen und Prognosen der Führung dem mythischen Schema von Kampf und Triumph des arischen Helden. Ein Beispiel hierfür ist die Darstellung des sowjetischen Gegners. Er bildete den weltanschaulichen Gegenpol zum Nationalsozialismus, verschmolz als dieser völlig mit »dem Juden« zu dem mythischen Antiheld des »jüdischen Bolschewismus« und musste somit als Voraussetzung für die eigene nationale Erlösung vernichtet werden.133 Diese hohe Bedeutung behielt der Mythos in der NS-Propaganda selbst dann, als er an die für das Reich immer ungünstiger werdende Kriegslage angepasst werden musste. So kamen schon zur Erklärung des Scheiterns des Blitzkrieges gegen die Sowjetunion im Winter 1941 Mythologeme zum Einsatz. Dabei nutzte man verschiedene Vorgehensweisen: Klar zu beobachten ist z. B., dass die Geschichte der NSDAP in der »Kampfzeit«, längst selbst zum Mythos geronnen, nunmehr als Modell genutzt wurde, um die Gegenwart und Zukunft zu begreifen und zu meistern.134 So wurde argumentiert, dass auch die »Bewegung« in der »Kampfzeit« Rückschläge habe verkraften müssen, ebenso wie sich auch damals ihre Anhänger im Kampf um die Macht geopfert hätten. Ihr Antrieb sei ihr fester Glauben an den künftigen Sieg der NSDAP gewesen, obwohl 1923 und den Jahren danach die Situation der NS-Bewegung völlig aussichtslos gewesen sei. Gerade in der NS-Propaganda der letzten Kriegszeit bemühte man sich, vorgebliche Parallelen der »Kampfzeit« zu der gegenwärtigen hoffnungslosen militärischen Lage aufzuzeigen. Insbesondere wichtig war auch der Hinweis auf die Gleichartigkeit der Feinde, damals wie gegenwärtig Juden und der Bolschewismus. So meinte man die Gewissheit auf den »Endsieg« zu bekräftigen, da die Geschichte in der Logik der Nationalsozialisten ja nach »ehernen Gesetzen« ablief. So wurde die »Machtergreifung« von 1933 zu einem Nachweis, dass sich alle großen Siege 129

130 131 132 133 134

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 458-460; Baird, World, S. 10. Hitler rechtfertigte z. B. den Angriff auf Polen vor dem Reichstag als »Kampf um die Ehre und die Lebensrechte des wiedererstandenen deutschen Volkes«, siehe Domarus, Hitler, S. 1307 (1.9.1939). Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 463 f. Förster, Wehrmacht, S. 59. Vgl. Wette, Rußlandbild, S. 59 f. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 533, 538-540. Damit kam auch hier die zyklische Struktur des mythischen Weltbildes zur Anwendung, man erklärte die Gegenwart zum »Abbildgeschehen«, welches sich nach dem Schema des mythischen »Urbildereignisses« entwickeln werde, vgl. Behrenbeck, Kult, S. 542.

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1. Grundlagen

durch vorherige Rückschläge ankündigen. Letztere hätten den Sinn von Prüfungen.135 Schließlich würde gemäß Hitler die Vorsehung den Sieg nach den ewigen Gesetzen des Kampfes nicht verschenken, sondern nur dem gewähren, der die Prüfung bestanden habe.136 Das beste Beispiel für die nun so häufige Anwendung des mythischen Schemas in der NS-Propaganda ist aber die der Öffentlichkeit angebotene Sinngebung für den Untergang der 6. Armee im Kessel von Stalingrad 1943. Hier zog Hermann Göring schon vor Ende der dortigen Kämpfe in seiner Rede zum 30. Januar 1943 Parallelen zwischen dem Geschehen in Stalingrad und dem Nibelungenlied wie auch dem antiken Mythos vom Kampf Leonidas an den Thermophylen.137 So hoffte die NS-Führung zu vermitteln, dass es sich bei dem Untergang der 6. Armee um ein tragisches Geschehen von mythischer Qualität gehandelt habe, welches vom Schicksal gewollt und nicht etwa von der Führung durch strategische Fehler verursacht worden sei. Daneben ist hier auch die Funktion des Mythos erkennbar, das Volk zu einem bestimmten Tun zu veranlassen. Schließlich hätte sich laut Göring wie an den Thermophylen auch in Stalingrad ein Ansturm von Horden am nordischen Menschen gebrochen, die Heimat sei also mit diesem Opfer gerettet worden. So sollten die Deutschen nicht nur noch in ferner Zukunft in Ehrfurcht davon sprechen, sondern dieses, eigentlich unfreiwillige, Opfer der Soldaten wurde in der Folge zu einer Verpflichtung der Heimat gemacht, weiter durchzuhalten, dem NS-Regime die Treue zu halten und sich so den Toten würdig zu erweisen.138 Nimmt man die ideologischen Leitbilder der SS und die gerade beschriebene Bedeutung des heroischen Mythos in der NS-Propaganda zusammen, dann spricht schon an dieser Stelle vieles dafür, dass gerade die Beschreibung der Waffen-SS im Kriegseinsatz in den Medien des Dritten Reiches vielfach Merkmale von Opferhelden aufgewiesen hat. Schließlich lässt sich schon der Anspruch der SS, die Elite des Nationalsozialismus darzustellen, auf Hitlers Idee der heroischen Minderheit zurückführen, welche durch ihr Vorbild die Geschichte verändert. Diese Rolle war, vom Regime durch symbolische Gesten unterstrichen, auch offiziell spätestens nach der Entmachtung der SA 1934 auf die SS übergegangen.139 Das schließt überdies ein, dass dieser Anspruch nicht nur als internes Leitbild der SS diente, sondern auch nach außen offensiv vertreten wurde. Denn laut Hitler war es ja gerade die Aufgabe der heroischen Minderheit, den breiten Durchschnitt 135

136 137 138 139

Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 542 f. Die Deutung als Prüfung stellt eine deutliche Parallele zur alttestamentarischen Geschichte von Hiob dar, dem Gott als Prüfung seiner Glaubensfestigkeit Versuchungen und Plagen schickt, vgl. ebd., S. 543. Hitler verwendete dieses Element des mythische Schema z. B. zur Erklärung des Scheiterns vor Moskau 1941/42. In seiner Rede v. 30.9.1942 behauptete er, das damalige Wetter sei verantwortlich und sei eine schicksalhafte Prüfung gewesen, in welcher das deutsche Volk von der Vorsehung gewogen worden sei, vgl. Domarus, Hitler, S. 1915. Vgl. Hitlers Proklamation zum 30.1.1943, in: Domarus, Hitler, S. 1976-1981, hier 1979. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1975 f (30.1.1943). Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 553-558. Ursprünglich hatte die SA diese Rolle beansprucht. Nach 1933 und der Entmachtung der SA nahm aber die SS eindeutig diese Stellung ein, indem sie z. B. die Ehrenwache vor der Feldherrnhalle stellte und so die ewige Wache der NS-Helden schlechthin, den Toten des gescheiterten Putsches vom 9. November 1923, repräsentierte, vgl. Behrenbeck, Kult, S. 171, 311, FN 387.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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des Volkes durch ihr Vorbild zu Heldentaten und Opfern mitzureißen. Auch deshalb legte Himmler so viel Wert darauf, dass die SS als »Aristokratie des Nationalsozialismus«140 dem Volk dessen Werte und heroisches Menschenbild lehre und vorlebe. Bevor nachfolgend die Organisation der NS-Kriegspropaganda wie auch die Einflussmöglichkeiten der SS selbst auf das dort präsentierte Bild der Waffen-SS erläutert werden wird, soll noch untersucht werden, ob und inwiefern die der SS präsentierten Leitbilder und Theorien überhaupt eine Wirkung auf die SS-Männer an der Front entfalten konnten. Schließlich könnte man aus der Aufgabe von Leitbildern, also ein nachahmenswertes Vorbild zu liefern, schließen, dass sich die SS-Soldaten allgemein an der Front wirklich wie von der SS-Führung gewünscht verstanden und verhalten haben.141 Genau davon gingen Forschung und Öffentlichkeit jahrzehntelang aus.142 In diesem Fall wäre zudem auch ein reziproker Effekt denkbar, also eine Wirkung der heldischen Propagandaberichte über die Waffen-SS auf das tatsächliche Verhalten der SS-Männer an der Front.143 Überdies wurden schon zeitgenössisch die militärischen Erfolge der Waffen-SS, neben ihrer »rassischen Auslese«, auch mit ihrer besonderen weltanschaulichen Erziehung begründet.144 Deshalb soll auch untersucht werden, ob ein solcher Zusammenhang überhaupt hergestellt werden kann, ob also die bisher bekannten Fakten darauf hinweisen, dass die Waffen-SS ganz oder in Teilen wirklich eine militärische Elite war. Es geht im Folgenden also darum, vorab zu überprüfen, inwieweit diese Kriegsberichte der Realität des Fronteinsatzes der Waffen-SS nahekamen.

1.3 WELTANSCHAUUNGSKRIEGER? HINWEISE AUF DIE BEDEUTUNG DER IDEOLOGIE IM KRIEGSEINSATZ DER WAFFEN-SS a) NOTWENDIGKEIT EINER WELTANSCHAULICHEN AUSRICHTUNG DER WAFFEN-SS

Grundsätzlich besteht kein Zweifel, dass Himmler alles daran setzen musste, seine SS-Männer so zu beeinflussen, dass sie sich auch an der Front als weltanschauliche Krieger verstanden und wie solche agierten. Schließlich war die Waffen-SS der Teil des Schwarzen Ordens, welcher die Bekämpfung des äußeren Feindes der »Bewegung« mit militärischen Mitteln übernahm. Jegliche Abkehr von den ideologischen Prinzipien der SS hätte so unweigerlich den Verlust der Legitimation ihrer Existenz als wehrmachtsunabhängige Institution bedeutet und 140 141 142 143

144

Wegner, Aristocracy, S. 434. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 596. Vgl. als Bsp. Buchheim, Befehl, S. 242; Wegner, Soldaten, S. 59. Nach Kepplinger machen reziproke Effekte bewusst, dass man durch die Berichterstattung Gegenstand der Beurteilung eines Massenpublikums ist, was Einfluss auf das eigene Verhalten hat, vgl. ebd., Demontage, S. 146-152. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 420-423.

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1. Grundlagen

sie zu nichts mehr als einer »zufällig schwarz angezogenen Division des Heeres«145 gemacht. Damit wird die Vehemenz verständlich, mit welcher der RFSS von Anfang an darauf bestand, in weltanschaulichen Fragen die Kontrolle über die Waffen-SS zu behalten und der Wehrmacht in diesem Bereich keinerlei Befehlsgewalt zuzubilligen.146 Überdies waren die Sorgen Himmlers vor Verselbstständigungstendenzen der Waffen-SS, sowohl intern wie auch gegenüber dem Gesamtorden, nicht unbegründet. So war der bewaffnete Arm der SS schon frühzeitig organisatorisch eigene Wege gegangen. Um die für den militärischen Anspruch der SS notwendigen soldatischen Qualifikationen zu erlangen, waren bereits die Keimzellen der späteren Waffen-SS, die »SS-VT« wie auch die Totenkopfverbände, aus der engen Verzahnung mit der Allgemeinen SS gelöst und unter einer fachlich kompetenten Inspektion zusammengefasst worden.147 Dennoch entwickelte sich ein Korpsgeist, also ein gemeinsames Selbstverständnis über Wesen und Funktion der Waffen-SS, nur zögerlich. Als besonders hinderlich erwies sich die Heterogenität schon der SS-Kernverbände, sichtbar anhand der Bandbreite ihres Führerkorps nach Herkunft, Bildung, Persönlichkeit und militärischem Können. SS-Divisionen wie die »LAH«, »TK« oder »DR« waren von Kommandeuren geprägt worden, die ganz unterschiedlichen historischen Leitbildern folgten. Sepp Dietrich pflegte in der Leibstandarte mit Vorliebe die Erinnerung an die preußischen Garden, Felix Steiner suchte an die Sturmbataillone des Ersten Weltkriegs anzuknüpfen,148 während Theodor Eicke die Totenkopfverbände und später auch die SS-Division »TK« als die Träger der NS-Revolution sah und zu einer Art besonders fanatischen »Superelite« innerhalb der SS zu formen suchte.149 Solche Differenzen waren selbst »in schwerster Kriegszeit« noch spürbar. So sah sich Himmler Ende 1942 gezwungen, die SSBefehlshaber zu mahnen, mehr an ihre gelobte Treue und übernommenen Pflichten zu denken, als weiter ihre »persönlichen Eigenarten und Allüren« zu pflegen.150 Dieser nur schwache Korpsgeist der Waffen-SS erwies unter den Kriegsbedingungen als nicht besonders belastbar. Als der überwiegende Teil der SS-Truppen fern der Heimat eine rein militärische Funktion ausübte, begann man vor allem in deren Führerkorps vielfach damit, sich den im Heer üblichen, althergebrachten Verhaltensmustern anzupassen. Das war schon angesichts der Herkunft eines nicht unbeträchtlichen Teils der SS-Führer aus dem Heer nachvollziehbar.151 So wurden in vielen SS-Einheiten SS-Führer als »Offiziere« bezeichnet. Im Dienstverkehr der SS-Division »Wiking« wurden sogar alle SS-Dienstgrade durch die 145

146 147 148 149 150

151

So die Einschätzung von Himmler selbst in einer Rede auf der Gruppenführertagung in Posen am 4.10.1943, zitiert nach Wegner, Anmerkungen, S. 410. Vgl. auch Wegner, Soldaten, S. 197. Vgl. Förster, Erziehung, S. 92. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 130. Vgl. ebd., S. 179. Vgl. Sydnor, Soldaten, S. 30; Wegner, Soldaten, S. 175-177, 179. Befehl an alle Befehlshaber und Kommandeure der Waffen-SS und Polizei v. 9.12.1942, zitiert nach Förster, Wehrmacht, S. 80. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 181, 239.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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entsprechenden Bezeichnungen des Heeres ersetzt.152 Auf der anderen Seite wuchs die Entfremdung zu den nicht-militärischen Teilen der SS. Über diese waren spöttische oder abschätzige Bemerkungen in den meisten Verbänden der WaffenSS an der Tagesordnung.153 Selbst Entscheidungen vorgesetzter SS-Dienststellen, darunter sogar die des RFSS, wurden im Führerkorps zumindest einiger SS-Divisionen kritisiert.154 Himmler versuchte solchen Tendenzen entgegenzuwirken, indem er den Angehörigen der Waffen-SS ihre Rolle als integralen Teil der Schutzstaffel und damit die zwingend notwendige Befolgung der SS-Lebensordnung immer wieder vor Augen führte. Das galt gerade auch für ihre Kampfeinsätze. Bei jeder Gelegenheit hielt der RFSS seine SS-Männer an, die Eigenschaften des politischen Soldaten zur Grundlage ihres Verhaltens an der Front zu machen. So forderte er etwa vor den Ersatzmannschaften und Führern der SS-Kampfgruppe »Nord« im Juli 1941 nicht nur eine Bereitschaft zum Selbstopfer, sondern schärfte den SS-Führern noch ein, im Sinne der SS »Kameradschaft« zu zeigen und die SS-Männer notfalls zu unbedingter Pflichterfüllung und Heldentod zu zwingen: Sie [stehen] da als Wächter der Ehre, als Wächter der Kampfkraft der Division. Und sie haben dann die Pistole gegen den eigenen Mann zu ziehen und ihn zu zwingen, die Angst zu überwinden, auch wenn ein noch so großer Tank daherkommt. Es kann weiter sein, dass ein Regiment [...] auf ein Viertel oder ein Fünftel seines Bestandes zusammenschmilzt. Daß aber dann dieses eine Viertel oder Fünftel nicht immer noch wieder einmal angreifen kann oder will, ist nicht möglich.155

Im Juni 1942 unterstrich er die Bedeutung von »Härte« für den Kampf der SS besonders deutlich: Und wenn es noch so verzweifelt ist – mehr als Sterben kann man nicht. Letzten Endes haben wir den dickeren Schädel. Wir haben das bessere Blut, das stärkere Herz und die besseren Nerven. […] Solange noch ein Mann an irgendeiner Stelle […] steht, solange ein Finger den Hahn am Gewehr krumm machen kann, ist überhaupt nichts verloren. […] Wir müssen uns bloß über etwas klar sein, wir müssen hart gegenüber uns selbst bleiben.156

Im April 1943 unterstrich er vor Führern der Waffen-SS in Charkow, dass es einzige Aufgabe der SS sei, zu stehen und den Rassekampf gegen die sowjetischen Truppen erbarmungslos zu führen157 und 1944 pries er das in der Waffen-SS un152 153 154

155

156

157

Vgl. Wegner, Soldaten, S. 181; Buchheim, Befehl, S. 245. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 182, FN 250; Förster, Wehrmacht, S. 80. So Himmlers Klage in einem Schreiben an den SS-Obergruppenführer Hausser, vgl. Heiber, Reichsführer, Dok. 151 b (7.11.1942), S. 153. Ähnliche Beispiele für Kritik aus dem Umfeld Felix Steiners aus den Jahren 1940, 1942 und 1943 bei Wegner, Soldaten, S. 182. Himmler vor der Ersatzmannschaft der Kampfgruppe Nord und vor deren Offizieren am 13.7.1941, zitiert nach Zelle, Elite, S. 209. Dabei ist aber mit einzubeziehen, dass diese Kampfgruppe »Nord« Tage zuvor eine schwere Niederlage gegen sowjetische Truppen erlitten hatte und SS-Soldaten z. T. vor russischen Panzern davongelaufen waren, vgl. Stein, Geschichte S. 117. Allerdings äußerte er sich auch 1944 ähnlich, vgl. Lieb, Krieg, S. 441, FN 116. Rede vor Oberabschnittsführern und Hauptamtchefs am 9.6.1942, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 152. Vgl. Rede vor SS-Korpsführern in Charkow am 24.4.1943, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 189.

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1. Grundlagen

erhört gute, brüderliches Verhältnis von Führern, Unterführern und Männern.158 Himmler war offenbar wirklich davon überzeugt, dass eine weltanschauliche Schulung eine unverzichtbare Voraussetzung sei für militärische Höchstleistungen.159 So soll er z. B. laut den Nachkriegserinnerungen seines Masseurs Felix Kersten die besondere Ideologisierung der SS-Soldaten als Erklärung für deren Erfolge angeführt haben.160 Auch der fanatische Widerstand der sowjetischen Truppen bestätigte für ihn die Effektivität einer ideologischen Schulung von Soldaten.161 Aber nicht nur zu Motivationszwecken oder um ein Auseinanderbrechen der Schutzstaffel zu verhindern bestand der Reichsführer SS darauf, Ideologisierung und Korpsgeist der bewaffneten SS auch unter den Kriegsbedingungen zu sichern. Darüber hinaus wurde auch ihre weltanschauliche Führungsrolle, also letztlich die Legitimation für ihre Existenz, von Maßnahmen der Wehrmacht auf gleichem Gebiet zunehmend infrage gestellt. Denn der traditionelle Waffenträger stellte schon vor dem Krieg die Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus und die Treue zum »Führer« nicht nur offiziell heraus, sondern betrieb auch eine ideologische Schulung von Offizieren und Mannschaften.162 In der zweiten Kriegshälfte setzte sich zudem in der Wehrmachtführung die Ansicht durch, dass nur ein ideologisch geschulter Soldat im Kampf gegen die »fanatische« Rote Armee bestehen könne.163 Im Laufe der letzten Kriegsjahre unterschieden sich so die Weisungen zur Intensität der ideologischen Indoktrination zwischen Wehrmacht und Waffen-SS immer weniger. Man hoffte also auch in der Wehrmachtführung darauf, dass die Soldaten eine höhere Motivation bei der Abwehr der übermächtigen Gegner hätten, wenn sie diesen als einen Feind ansähen, der, von Juden gelenkt, in der Gestalt von Plutokraten oder Bolschewisten die Vernichtung Deutschlands anstrebe.164 Den Wehrmachtsoldaten wurde u. a. durch spezielle Frontredner, seit November 1943 auch durch entsprechend geschulte »NS-Führungsoffiziere«, aber auch durch die Frontkommandeure das Leitbild des politischen Soldaten präsentiert, in dem Nationalsozialismus und echtes Soldatentum eine Einheit bilden würden.165 In der Reichsführung SS sah man dies denn auch als Gefährdung der weltanschaulichen Führungsrolle der Waffen-SS. Meinte SS-Hauptamt-Chef Gottlob Berger im Oktober 1942 noch eine klare Trennlinie zwischen weltanschaulicher Führung in der SS und »wehrgeistiger Erziehung« in der Wehrmacht

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163 164 165

Vgl. Rede vor dem Offizierskorps einer Grenadierdivision auf dem Truppenübungsplatz Bitsch am 26.7.1944, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 227. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 197. Vgl. Kersten, Totenkopf, S. 301 f, 310. Wegen verschiedener Unstimmigkeiten und nachweislichen Ausschmückungen sind diese Erinnerungen Kersten allerdings nicht als authentische Quelle anzusehen, vgl. Longerich, Himmler, S. 394, 972. Vgl. Förster, Erziehung, S. 106; Wegner, Soldaten, S. 197, FN 328. Vgl. Förster, Wehrmacht, S. 25 f; 37-39. Sichtbarster Ausdruck dieser Verbundenheit war das Tragen des Hoheitszeichen der NSDAP an Dienstmütze, Stahlhelm und Uniformrock ab 1934, vgl. ebd., S. 26. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 420 f; Förster, Kriegführung, S. 542. Vgl. Förster, Erziehung, S. 112 f; ebd., Führerheer, S. 321 f. Vgl. Förster, Kriegführung, insbes. S. 562-571, 590-612.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

59

ziehen zu können,166 so stellte er im April 1944 bezüglich der neuen Dienstvorschrift des Heerespersonalamtes fest: Von Wehrgeistigkeit ist nichts mehr zu spüren. Vor zwei Jahren wäre etwas Derartiges ausgeschlossen gewesen. Zeile um Zeile atmet den Geist des weltanschaulichen Schrifttums der SS […] Man verschreibt sich genau denselben weltanschaulichen Idealen wie die SS […] wenn wir so weiter machen, verlieren wir unsere führende Stellung.167

b) UMSETZUNG DER IDEOLOGISCHEN PRÄGUNG IN DER WAFFEN-SS UNTER KRIEGSBEDINGUNGEN

War es somit für die SS eine zwingende Notwendigkeit, auch unter Kriegsbedingungen die Angehörigen der Waffen-SS zu »einer gefestigten weltanschaulichen Haltung auf nordisch-rassischer Grundlage«168 zu erziehen, so bedeutet das nicht, dass dieser Anspruch auch tatsächlich umgesetzt werden konnte. Schließlich war schon die Sozialstruktur der Waffen-SS in relativ kurzer Zeit massiven Änderungen unterworfen. So kann vorausgesetzt werden, dass die Angehörigen der Waffen-SS der ersten Kriegsjahre in der Mehrzahl überzeugte Nationalsozialisten gewesen sind. Schließlich hatten sich diese vielfach noch vor dem Krieg freiwillig zur SS gemeldet.169 Allerdings erlitten die bis 1942 aufgestellten SS-Divisionen von Anfang an und insbesondere ab Beginn des Russlandfeldzuges so massive Verluste, dass diese personale Verbindung zur Vorkriegs-SS im Laufe des Krieges zumindest zu einem großen Teil buchstäblich abstarb.170 Um die entstandenen Lücken füllen zu können, wie auch um das Personal für die vor allem ab 1942/43 neuaufgestellten SS-Divisionen zu erlangen, konnte das SS-Ergänzungsamt im Krieg bei der Anwerbung neuer Rekruten auf das ideologisch so wichtige Prinzip der Freiwilligkeit weitgehend keine Rücksicht mehr nehmen. Man ging vielmehr bereits ab 1940 dazu über, bei den Werbungen auf den potenziellen Nachwuchs aus dem Reichsgebiet immensen psychischen Druck auszuüben.171 Gegen Ende des Krieges wurden neue Rekruten sogar vielfach einfach ausgehoben oder Soldaten anderer Wehrmachtteile in die Waffen-SS versetzt.172 An sich lässt diese Praxis erwarten, dass damit auch die personelle Basis für eine ideologisch führende Stelle der Waffen-SS im Laufe der Zeit verloren ging. Nach den Ergebnissen der Dissertation von René Rohrkamp war dies jedoch keineswegs der Fall, vielmehr blieben in der Sozialstruktur zumindest der aus Reichsdeutschen bestehenden SS-Verbände trotz allem große Unterschiede zum Heer 166 167 168

169 170 171

172

Vgl. Wegner, Soldaten, S. 198 f. Zitiert nach Wegner, Soldaten, S. 199. Dienstanweisung des Chefs des Rasse- und Siedlungshauptamtes Richard Walter Darré v. 16.10.1934, abgedruckt in Matthäus u. a. (Hg.), Ausbildungsziel, S. 143-148, hier 143. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 332 f, 526; Straub, Wahrnehmungen, S. 319, 336. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 449 f; Wegner, Soldaten, S. 283. Vgl. Rempel, Recruitment, S. 108 f, 113-116. Für die Methoden, die dabei angewandt wurden, siehe z. B. Knopp/Neitzel, S. 292 f.; Höhne, Orden, S. 439 f; Rempel, Children, S. 211-217. Vgl. Boberach, Überführung, S. 185-188. So bestanden z. B. die Mannschaften der SS-Divisionen »Hohenstaufen« und »Frundsberg« hauptsächlich aus zwangsweise ausgehobenen RAD-Angehörigen des Jahrgangs 1925, vgl. Lieb, Krieg, S. 112.

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1. Grundlagen

erhalten.173 Dies wird durch Gespräche abgehörter Kriegsgefangener der WaffenSS bestätigt. Auch hier zeichnete sich ab, dass es neben den »unfreiwillig Freiwilligen«174 auch in den letzten Kriegsjahren noch Viele gegeben hat, die sich wegen ihrer politischen Überzeugungen oder der Reputation der Waffen-SS als Elitetruppe freiwillig zu dieser gemeldet haben.175 Vor allem aber bewirkte die schon seit 1935 mit der Wehrmacht vereinbarte und weitgehend eingehaltene Beschränkung der Freiwilligenwerbung für die WaffenSS im Reich auf die jeweils jüngsten wehrpflichtigen Jahrgänge, dass zumindest in den von Reichsdeutschen geprägten SS-Divisionen bis Kriegsende stets die jüngste Altersgruppe dominierte.176 Schon dies bedeutet, dass die hier Versammelten weit häufiger als bei der Wehrmacht bereits einen großen Teil ihres Lebens unter den Bedingungen des Dritten Reiches verbracht hatten. Dazu hatten die Angehörigen der Waffen-SS aber auch viel öfter als ihre Kameraden vom Heer schon vor ihrer Rekrutierung Nähe zur NS-»Bewegung« bewiesen. Rohrkamp stellte fest, dass drei Viertel der Angehörigen der Waffen-SS, aber nur ca. ein Drittel der Heeressoldaten vor Dienstantritt Mitglied in einer NS-Organisation gewesen sind. Dieser Unterschied bei dem von Rohrkamp so genannten »NSFaktor« ist zu groß, als dass er nur auf den Altersunterschied zurückzuführen wäre, also darauf, dass für mehr Angehörige der Waffen-SS als des Heeres bereits eine Pflicht zur Mitgliedschaft in der HJ bestand.177 Für Rohrkamp wird vielmehr, trotz aller Zwangsmaßnahmen, ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Beitritt zu einer NS-Organisation und der Bereitschaft zur Meldung zur Waffen-SS sichtbar.178 Er schließt aus dieser im Schnitt häufigeren und längeren Mitgliedschaft der SS-Rekruten vor allem in der HJ, dass die SS bei deren weiterer Ausbildung auf ein in weltanschaulicher Hinsicht bereits »bestelltes Feld« gestoßen sei, dass die Unterführer und Führer nur gleichsam weiter pflegen und aktivieren mussten.179 Dieser These kann hier aber nicht gefolgt werden. Nicht nur, weil die zeitgenössische Quellen ein anderes Bild zeichnen: Selbst das SS-Hauptamt beklagte im Mai 1943 ein restloses Versagen der HJ bei der ideologischen Indoktrination ihrer Angehörigen. Bei diesen würde es an Idealismus und einem Verständnis für die Größe der Zeit fehlen.180 Aber auch generell kann wohl nur im Einzelfall untersucht werden, ob eine vormilitärische Indoktrination der SS-Soldaten stattgefunden hat und ob diese einen Einfluss auf deren Verhalten an der 173 174

175 176

177

178 179 180

Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, insbes. S. 531 f. In dieser Weise bezeichnete selbst Himmler zwangsrekutierte RAD-Angehörigen des Jahrgangs 1925, siehe Rede Himmlers vor den Reichs- und Gauleitern in Posen am 6.10.1943, in: Himmler, Geheimreden, S. 162-183, hier 179. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 316 f. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 174, 452, 517. Diese und die folgenden Erkenntnisse schloss Rohrkamp aus einer Analyse einer Stichprobe von 2.555 Wehrstammbüchern von Soldaten der Waffen-SS, die er mit einer Stichprobe von 9.902 solchen Wehrstammbüchern von Heeressoldaten verglichen hat, vgl. ebd., S. 22-36. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 53 f, 69 f, 73. Die HJ war im Dezember 1936 zur Staatsjugend erhoben worden, so dass die Jahrgänge ab 1923 auch beim Heer zu mehr als drei Vierteln bereits Mitglied der HJ gewesen waren, vgl. ebd., S. 72 f. Vgl. ebd., S. 72-76. Ebd., S. 70. Zitiert nach ebd., S. 77, FN 44.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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Front hatte.181 Angenommen werden kann so nur eine bereits vorhandene Vertrautheit mit Prinzipien der NS-Weltanschauung bei den Rekruten der reichsdeutschen SS-Divisionen. Dennoch bleibt zu bedenken, dass diese Reichsdeutschen nur ungefähr die Hälfte der ca. 900.000 bis eine Million Mann ausmachten, welche im Laufe des Krieges der Waffen-SS angehört hatten.182 Die anderen ca. 400.000 Mann waren Volksdeutsche und Ausländer,183 bei denen, wenn überhaupt, nur zu einem ganz geringen Teil eine vergleichbare ideologische »Vorbildung« bzw. Motivlage zum Eintritt in die SS-Truppen zu vermuten ist. So hatte es zwar bezüglich der Volksdeutschen schon vor dem Krieg durchaus Versuche gegeben, sie in ihren Heimatländern zu erfassen und weltanschaulich im Sinne des Nationalsozialismus zu beeinflussen,184 wobei zumindest die völkischen Aspekte der NS-Ideologie bei Teilen der Volksdeutschen durchaus Anklang gefunden zu haben scheinen.185 Allerdings konnten Schulungen der Volksdeutschen im Ausland wohl nur selten ein Niveau wie im NS-Deutschland erreichen.186 Vor allem aber war nur ein geringer Teil der Volksdeutschen der Waffen-SS wirklich freiwillig beigetreten. In der weit überwiegenden Mehrheit waren sie hingegen Zwangsverpflichtete oder Einberufene, die in der Masse nicht den rassischen Anforderungen der SS genügten.187 Zudem scheint es allem Anschein nach vielfach in der Praxis nicht gelungen zu sein, diese Volksdeutschen in die Waffen-SS zu integrieren: Wie zahlreiche Berichte über Schikanen und Beleidigungen im Umgang mit ihnen zeigen, betrachteten zumindest viele ihrer reichsdeutschen Vorgesetzten und Kameraden die Volksdeutschen nicht als würdig, der Elite SS anzugehören.188 Auch die Inkorporation der ausländischen Angehörigen der Waffen-SS ohne deutsche Wurzeln kann nur zu einem geringen Teil gelungen sein. Ein in dieser Hinsicht positives Beispiel scheinen die Verhältnisse in der im Dezember 1940 aufgestellten SS-Division »Wiking« gewesen zu sein. Hier soll unter dem Kommando des SS-Generals Felix Steiner zwischen den SS-Männern aus Belgien, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden und denen aus dem Reich und den deutsch besiedelten Gebieten ein bemerkenswertes Maß an Zusammenhalt und Kameradschaft geherrscht haben. Diese Einheit galt auch als integraler Teil der SS-Elitedivisionen.189

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Vgl. Bremm, Klaus-Jürgen: Magere Resultate, Rezension zu Rohrkamp, Kämpfer: Weltanschaulich gefestigte Soldaten, online unter http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=15222 (acc. 01.12.2014). Vgl. Overmans, Verluste, S. 215, 257. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 14. Insbesondere die Volksdeutsche Mittelstelle der SS entfaltete hier Aktivitäten, für einen Überblick vgl. Lumans, Auxiliaries, insbes. S. 76-130. Vgl. ebd., S. 27-30. Vgl. Casagrande, Division, S. 180-184. Vgl. Stein, Geschichte S. 152-157; Wegner, Anmerkungen, S. 415; Förster, Wehrmacht, S. 89; Rohrkamp, Kämpfer, S. 517. Vgl. Casagrande, Division, S. 184, 218 f, 310, FN 82; Stein, Geschichte S. 152-157, 172 f. Vgl. Gingerich, Steiner, S. 434; Wegner, Soldaten, S. 315.

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1. Grundlagen

Die weit überwiegende Mehrzahl der SS-Freiwilligen aus den »germanischen« Ländern war der Waffen-SS allerdings erst beigetreten, als mit dem Feldzug gegen die Sowjetunion die europäische Aufgabe der SS und die Abwehr der aus dem Osten drohenden Gefahr in den Mittelpunkt der Freiwilligenwerbung gestellt worden war. Zugleich war die Möglichkeit geschaffen worden, in als nationale Verbände organisierten SS-Legionen den Kampf gegen die Sowjetunion zu führen. Diese unterstanden zwar dem Kommando des RFSS, waren aber nicht Teil des Schwarzen Ordens.190 Vielmehr stellten diese Verbände eine Art Propagandainstrument dar. Der gemeinsame Kampf gegen den Bolschewismus sollte die jeweiligen Völker für die Sache der SS gewinnen, kurzfristig mehr Freiwillige zum Eintritt in die Waffen-SS motivieren und langfristig den Grundstein für den Aufbau einer zukünftigen pangermanischen Armee legen. In der Praxis gab es jedoch ständig Querelen mit dem deutschen Führungspersonal, welches die Einheiten statt der versprochenen eigenen Offiziere befehligte. Aufgrund dessen wurden die Legionen schließlich aufgelöst und größtenteils in die SS-Division »Nordland« bzw. eigenen Einheiten der Waffen-SS überführt.191 In dem hier interessierenden Zusammenhang ist entscheidend, dass diese »germanischen« Soldaten sich eher den SS-Legionen angeschlossen hatten, um gegen den Kommunismus und für die Interessen ihrer Heimatländer an der Ostfront zu kämpfen und weniger, weil sie überzeugte Nationalsozialisten gewesen wären.192 Noch mehr ist bezüglich der Soldaten der ab 1943 aufgestellten ost- und südosteuropäischen SS-Einheiten zu vermuten, dass solche nationalen Interessen den Hintergrund für ihren Einsatz und Kampf gegen die Sowjetunion im Rahmen der Waffen-SS gebildet haben. Das zeigt sich schon daran, dass ihre zum Teil recht hohe Motivation und Kampfkraft schnell nachließ, als ihre Heimatländer, wie etwa die Ukraine, von der Roten Armee erobert worden waren. Überhaupt hatte sich die Reichsführung SS zum Teil gehörig verbiegen müssen, um die Aufstellung solcher »fremdrassiger« SS-Verbände offiziell rechtfertigen zu können.193 Pläne, sie zu irgendeinem Zeitpunkt in die SS zu integrieren, bestanden jedoch nie. Vielmehr wurden ihre Angehörigen als eine Art »Menschenmaterial« benötigt, um den Krieg weiter fortführen zu können.194 Dass Soldaten solcher Einheiten nicht als Teil des Rasseordens SS angesehen wurden, wurde sogar symbolisch sichtbar gemacht. Nur die Minderheit der nach 190

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Vgl. Wegner, Armee, S. 104. Aufgestellt wurden schon ab Ende Juni 1941 ein »Freikorps Danmark«, eine »Freiwilligen-Legion Flandern«, eine »Freiwilligen-Legion Niederlande« und eine »SS-Freiwilligen-Legion Norwegen«, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 357-370. Für eine Überblick über deren Einsätze vgl. ebd. Vgl. Wegner, Armee, S. 104-110; ebd., Soldaten, S. 312-316. Diese Einheiten bildeten dann das III. (»germanische«) Panzerkorps, welches aber zum Großteil aus Volks- und Reichsdeutschen bestand, vgl. ebd., Armee, S. 108-111. Die sie tragenden Kollaborationsbewegungen in den jeweiligen Ländern hofften mit diesen Legionen den Nukleus für eigene Streitkräfte in einem Nachkriegseuropa zu legen, vgl. Wegner, Armee, S. 107 f. So hielt Himmler der SS zugute, rund 250.000 Ausländer für Deutschland gewonnen zu haben und aus ihnen »immerhin anständige Divisionen« formiert zu haben. Das wäre unmöglich gewesen, wenn die SS nicht so eine »politisch erzogene Truppe« gewesen wäre. Vgl. dessen Rede vor Generalen in Sonthofen am 24.5.1944, in: Himmler, Geheimreden, S. 207. Vgl. Casagrande, Division, S. 323-335; Stein, Geschichte S. 124-130, 162, 166-169.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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rassischen Gesichtspunkten ordensfähigen SS-Männer wurde, selbst in aus Volksdeutschen bestehenden Einheiten wie etwa der SS-Division »Prinz Eugen«, mit den klassischen SS-Runen am Kragenspiegel ausgestattet. Bei allen anderen befand sich dort dagegen ein spezielles Divisionszeichen, was meist ihre ethnische Besonderheit betonte, so z. B. bei der 13. SS-Division »Handschar« das traditionelle bosnische Krummschwert oder bei der 21. SS-Division »Skanderberg« der albanische Doppeladler.195 1944 wurde gar eine Dreiteilung der Waffen-SS eingeführt. Neben die ordensfähigen Verbände aus SS-tauglichen Deutschen und Germanen trat eine zweite Kategorie aus Einheiten, die aus nicht ordensfähigen Deutschen und Germanen bestanden und eine dritte Kategorie mit Divisionen, deren Angehörige weder als Deutsche noch als Germanen angesehen werden konnten.196 So überrascht nicht, dass man in der SS nur bei den reichsdeutschen bzw. germanischen Angehörigen der Divisionen erster Ordnung großen Wert auf eine einheitliche ideologische Ausrichtung der Rekruten legte. Nur bei diesen war nach Himmlers kruder Weltsicht zudem überhaupt die Voraussetzung für eine erfolgreiche ideologische Schulung gegeben: Ausschließlich diese nach rassischen Kriterien SS-Tauglichen verfügten seiner Ansicht nach über eine entsprechende Lernfähigkeit.197 Allerdings ist selbst bei diesen, auf die sich in der Folge beschränkt werden soll, fraglich, ob eine solche Konditionierung unter den Kriegsbedingungen überhaupt effektiv umgesetzt werden konnte. Ein formaler weltanschaulicher Unterricht scheint jedenfalls wenig dazu beigetragen zu haben. Zwar blieb er auch im Krieg Teil der Ausbildung von SS-Mannschaften wie auch des Führernachwuchses und wurde auch im Feld betrieben.198 Gerade an der Front aber mangelte es weithin zu sehr an qualifiziertem Personal, geeignetem Unterrichtsmaterial und schlichtweg Zeit, um eine systematische Schulung betreiben zu können. Wenn er überhaupt stattfand, so beschränkte sich der Unterricht in den meisten Einheiten auf einen Vortrag der Einheitsführer in der Woche vor den Kompanien oder einer sporadischen gemeinsamen Lektüre von SS-Schrifttum.199 Allerdings sollte die weltanschauliche Erziehung in der SS ja gerade nicht nur durch Unterricht erfolgen, vorgesehen waren vielmehr ohnehin weitere Formen pädagogischer Einwirkung, damit die SS-Soldaten jene Haltung entwickelten, wie sie der RFSS in seinen Reden immer wieder einforderte.200 Schon in Vorläufern der Waffen-SS, also der »LAH«, der »SS-VT« wie auch den Totenkopfstandarten, hatte diese gemeinsame soziale Praxis wie auch die kameradschaftliche Erziehung durch das Führer und Unterführerkorps eine Hauptrolle für das Ziel, die Angehörigen der Waffen-SS zu »weltanschaulich gefestigten Kämpfern« zu formen, gespielt.201 Dieser Konditionierung wurde auch im Krieg große Bedeu195 196 197 198

199 200 201

Vgl. Stein, Geschichte S. 167; Casagrande, Division, S. 325. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 315. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 524; Ackermann, Himmler, S. 114 f. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 164-168, 193 f; Rohrkamp, Kämpfer, S. 439-442; Westemeier, Krieger, S. 295. Vgl. Förster, Erziehung, S. 97-105; Wegner, Soldaten, S. 193 f. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 320. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 221-223, 226-230, 241.

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1. Grundlagen

tung beigemessen. Himmler befahl etwa Anfang 1943, als »hervorragendstes Mittel weltanschaulicher Beeindruckung« das Vorbild des Truppenführers verstärkt zum Einsatz zu bringen.202 Dazu ließ sich die, ja bei jeder Gelegenheit zu erfolgende, ideologische Unterweisung der SS-Männer gerade an der Front gut umsetzen, etwa in der Form eines zwanglosen Zwiegesprächs über weltanschauliche Fragen in Gefechtspausen, im Graben, am Biwakfeuer oder im Ruhequartier.203 Allerdings musste eine solche Indoktrination der SS-Soldaten insbesondere in den späten Kriegsjahren inhaltlich weit hinter dem zurückbleiben, was der Reichsführer SS 1938 noch als Ideal SS-mäßiger Bildung verstanden hatte.204 Im Mittelpunkt stand nunmehr die Motivation zu militärischen Höchstleistungen, während die Truppenführer an einer umfassenden Persönlichkeitserziehung selten interessiert oder befähigt waren. Vielmehr bemühte man sich, ein bipolares FreundFeind-Schema zu stärken, dass einerseits die eigene Überlegenheit, anderseits die Unterlegenheit und Kulturlosigkeit des Feindes aufzeigen sollte. Gefragt waren so keine Einsichten in Details der NS-Weltanschauung, sondern »Erkenntnisse« über die vermeintlichen Leistungen Hitlers, die Aufgabe der SS im Krieg oder dass jedem Gegner mit unbändigem Hass zu begegnen sei.205 Daneben blieb die Erziehung zur Härte wichtig in der militärischen Ausbildung der SS-Rekruten. Die SS-Männer hatten offensichtlich auch in Kriegszeiten die schon angesprochenen Misshandlungen durch die Ausbilder zu erdulden, jedenfalls wurde die Freiwilligenwerbung der Waffen-SS noch 1943 durch Gerüchte um den bei ihr herrschenden scharfen Drill behindert.206 Besonders wichtig für die mentale Konditionierung des Nachwuchses war aber, dass trotz aller Verluste bis zum Ende des Krieges ein Stamm an Veteranen der frühen SS-Divisionen vorhanden war. Denn solche altgedienten SS-Soldaten stellten selbst in neugebildeten SS-Divisionen vielfach das organisatorische Gerippe. So bildeten etwa Führer, Unterführer und Spezialisten der »LAH« den Kern der Division »HJ«, welche auch ganz offiziell als eine Art Ableger der Leibstandarte beschrieben wurde.207 Gleiches galt für die ab November 1943 aufgestellte SS-Division »Reichsführer SS«, welche ebenso von SS-Führern der ersten Stunde kommandiert wurde.208 Auch bei der Neuaufstellung der SS-Panzerdivision »Das Reich« ab März 1944 wurden die kampferprobten Veteranen des Führer- bzw. Unterführerkorps damit

202

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206

207 208

Befehl des Reichsführer SS über verstärkte weltanschauliche Erziehung v. 24.2.1943, zitiert nach Wegner, Soldaten, S. 190. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 191. Vgl. ebd., S. 193. Vgl. ebd., S. 192 f; Förster, Erziehung, S, 109 f. Der SS-General Kurt Meyer sprach im Herbst 1943 davon »dass der Soldat zum heidnischen, fanatischen Kämpfer [werden müsse], der auf jeden Franzosen oder jeden Engländer oder jeden Amerikaner […] einen Hass hat, dem an die Gurgel springt und dem das Blut aussaugt. Jeden muss er hassen, jeder muss sein Todfeind sein; nur so können wir den Krieg gewinnen.« Zitiert nach Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 371. Vgl. eine Zusammenfassung der Berichte des SS-Führungshauptamt betr. Einsatz von Rednern für die RAD-Aktion [Anfang 1943], in: BArchB, NS 19/3871, pag. S. 13. Vgl. Stein, Geschichte, S. 184; Lieb, Krieg, S. 114. Vgl. Gentile, Soldaten, S. 550-552, 555 f.

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betraut, den hauptsächlich elsässisch-lothringischen Nachersatz zu fanatischen Nationalsozialisten zu erziehen.209 Gerade bezüglich diesem Führer- und Unterführerkorps der Waffen-SS ist eine tendenziell größere Radikalisierung als beim Heer vorauszusetzen. Nicht nur wegen ihrem frühen Beitritt zur SS, sondern auch, weil gerade bei diesen eine politische Zuverlässigkeit wie auch ihre Härte die wichtigsten Kriterien für ihren Aufstieg gewesen waren.210 Viele der überdies ja sehr jungen SS-Rekruten standen also unter dem Einfluss und Befehl von überzeugten Nationalsozialisten vom Schlage eines SS-Oberführers Kurt Meyer, Kommandeur der SS-Division »HJ«, oder dem Standartenführer Hans Lingner, Kommandeur der SS-Division »Götz von Berlichingen«. Solche Männer beschrieben sich noch in der Gefangenschaft als überzeugte Nationalsozialisten und politische Soldaten, versehen mit der Aufgabe, ihre Männer weltanschaulich zu erziehen. Meyer etwa war stolz darauf, dass in seiner Division Opfergeist und Fanatismus geherrscht habe.211 Noch stärker dürfte im internen Beziehungsgeflecht der Züge oder Kompanien der Einfluss weltanschaulich gefestigter Veteranen zum Tragen gekommen sein. Denn auf diesen unteren Ebenen bildeten die Subalteren und Unterführer einen Personalkernbestand, an dem sich die hinzukommenden Rekruten orientieren konnten. Hier kamen somit Primärgruppenbeziehungen zum Tragen. Schon lange bekannt ist, dass gerade an der Front solche Beziehungen von großer Wichtigkeit sind, wird doch das Verhalten der Soldaten von ihrer Integration in solche Primärgruppen geprägt. Letztere bilden den Kern des sozialen Gefüges militärischer Einheiten, denn hier gehen die Soldaten mit ihren Kameraden auf Basis ihres Sozialprofils und ihres gemeinsam erlebten Schicksals ein sehr enges Netz an sozialen Beziehungen ein, aus denen ein erhöhtes Maß an Gruppenloyalität und Leistungsbereitschaft resultieren kann.212 c) HINWEISE AUF DEN GRAD DER IDEOLOGISCHEN PRÄGUNG IN DER WAFFEN-SS

Ob auf diese Weise wirklich, wie von Rohrkamp behauptet,213 eine homogene Ideologisierung auch des Nachwuchses der SS-Divisionen erreicht wurde, ist gleichsam von Außen, im Abstand von mehr als siebzig Jahren und vor allem allgemeingültig nur schwer bestimmbar. Denn trotz aller Erziehungsbemühungen war die Waffen-SS zweifellos ein sehr heterogener Verband, in dem der ehemalige 209 210

211 212 213

Vgl. Förster, Erziehung, S. 110 f. Vgl. Lieb, Krieg, S. 113 f; Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 388. Rohrkamp macht das zudem an der, im Vergleich zum Heer, häufigeren Mitgliedschaft in NS-Organisationen vor Eintritt auch dieser älteren Generation in die Waffen-SS fest, vgl. ebd., S. 70-72, 524 f. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 371 f, 385 f; Straub, Wahrnehmungen, S. 317; Müllers, Elite, S. 7. Vgl. Rass, Sozialprofil, S. 723. Wie schon ausgeführt ist eine homogene weltanschauliche Vorbildung der SS-Rekruten fraglich, für Rohrkamp bildete sie aber die Grundlage, welche die Bildung von Primärgruppen in den SS-Einheiten überhaupt erst ermöglichte. Die SS-Veteranen hätten nach ihm in den Köpfen der jungen Soldaten verkapseltes ideologisches Rüstzeug stimuliert, so dass dies auch an der Front oder bei Verbrechen umgesetzt worden sei, vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 70 f, 524-532.

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1. Grundlagen

KZ-Kommandant Theodor Eicke ebenso diente wie der junge Günther Grass.214 Das wird auch in den von Sönke Neitzel und Harald Welzer ausgewerteten Abhörprotokollen deutscher Kriegsgefangener215 wie auch der auf einen Teil dieses Bestandes fußenden Arbeit von Katharina Straub216 sichtbar, wenn selbst SSFührer eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung des Krieges zeigen.217 Dennoch lassen sich einige in die gleiche Richtung führende Tendenzen im Denken und Verhalten der SS-Soldaten feststellen, die auf deren Beeinflussung durch die ideologischen Leitbilder der SS zumindest hinweisen. Diese sollen nun anhand von Beispielen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit vorgestellt werden. Dass zumindest im Führer- bzw. Unterführerkorps der Waffen-SS eine Tendenz zu einer radikalen Befolgung der von der SS angebotenen ideologischen Leitbilder vorhanden war, lässt sich an erster Stelle daran ablesen, dass sie, nach ihren abgehörten Gesprächen in Gefangenschaft zu urteilen, viel länger als ihre Gegenüber von der Wehrmacht von der Möglichkeit eines deutschen »Endsieges« überzeugt waren oder zumindest selbst in der hoffnungslosen Situation der letzten Kriegsmonate keinen Defaitismus zeigten. So hielt keiner der achtzig in britischen und amerikanischen Abhörlagern gefangengehaltenen SS-Führer und Unterführer den Krieg vor Februar 1945 verloren.218 Weiter bezeichnete sich, wenn sie sich dazu äußerten, der Großteil der SS-Männer auch in Gefangenschaft selbst als »Nationalsozialisten« oder zeigten Anzeichen einer Verinnerlichung nationalsozialistischer Denkmuster.219 Aber auch an der Front scheinen sich die Angehörigen der Waffen-SS vielfach anders verhalten zu haben als ihre Kameraden von der Wehrmacht. So waren sie auffallend häufig an Verbrechen beteiligt. Schon Angehörige des personalen Ursprunges der Waffen-SS, der »SS-VT«, der »LAH« und vor allem die Totenkopfstandarten begingen im Polenfeldzug 1939 zahlreiche, auch rassistisch motivierte Gräueltaten.220 Das setzte sich in Frankreich 1940 fort, wo insbesondere die nunmehrige SS-Division »TK« eine ganze Reihe von Massakern an der Zivilbevölkerung beging.221 Auch für den Ostfeldfeldzug finden sich bei Westemeier viele Beispiele von Gefangenenerschießungen und sonstiger Beteiligungen der »LAH« an den Massenverbrechen des NS-Regimes.222 Aber auch die in der Mehrzahl aus ganz jungen Rekruten neu aufgestellten SS-Einheiten wie die 1944 in Italien eingesetzte Division »RFSS« oder die Division »HJ« an der Invasionsfront begingen 214 215 216 217 218 219

220 221 222

Vgl. Neitzel/Welzer, S. 387. Vgl. ebd., S. 361-390. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, passim. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 375. Vgl. ebd., S. 388 f.; Straub, Wahrnehmungen, S. 321 f. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 318 f; Müllers, Elite, S. 57-65. Eine solche Verinnerlichung national-sozialistischer Denkmuster zeigte sich etwa daran, dass die gefangenen SS-Männer regelmäßig davon ausgingen, von Juden in amerikanischen Uniformen verhört zu werden, vgl. Müllers, Elite, S. 62-65. Vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 49-60; Merkl, General, S. 138-141; Westemeier, Krieger, S. 140 f, 144. Vgl. Merkl, General, S. 169-188; Leleu, Division, S. 822-827, 831. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 283 f, 290. Auch viele andere Autoren nennen Beispiele von Verbrechen der »LAH« aber auch anderer SS-Divisionen an der Ostfront, etwa Stein, vgl. ebd., Geschichte, S. 245-247; Sydnor, vgl. ebd., Soldaten, S. 136; oder Neitzel, vgl. ebd., Forschens, S. 425.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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auffallend viele Verbrechen an gefangenen Gegnern und an der Zivilbevölkerung.223 Gerade bei diesen Aktionen der letztgenannten SS-Divisionen zeigt sich exemplarisch der Einfluss, den das Führer- und Unterführerkorps früher SS-Divisionen auf das Verhalten der Mannschaften selbst in neuaufgestellten Einheiten haben konnte: Bei der Division »HJ«, ohnehin einer der am stärksten nationalsozialistisch indoktrinierte Verband der Wehrmacht, waren die aus der »LAH« stammenden Offiziere offenbar an führender Stelle an Massakern beteiligt.224 Für die grausamen Verbrechen der Division »RFSS« in Italien macht Gentile den Einfluss von aus der Division »TK« versetzten, vielfach noch aus den Totenkopfverbänden stammenden und jahrelang intensiv indoktrinierten Führer- und Unterführerkorps verantwortlich.225 Dass ein solches Verhalten innerhalb der Wehrmacht ungewöhnlich war, lässt sich daran erkennen, dass schon in den Gefangenenlagern unter den Wehrmachtsoldaten unzählige Geschichten über in Polen, Frankreich oder der Sowjetunion von SS-Angehörigen ermordete Kriegsgefangene und von diesen begangene Massaker an Zivilisten kursierten.226 Zwar dürfte in diesen von den Alliierten abgehörten Gesprächen der Wehrmachtsoldaten das Motiv eine Rolle gespielt haben, durch Erzählungen über die Untaten der Waffen-SS die eigene Organisation von dem Anschein des Verbrecherischen abzugrenzen.227 Schließlich wurden unzweifelhaft auch durch Wehrmachtangehörige Kriegsverbrechen begangen. Als Beispiel sei nur auf den zu Beginn des Russlandfeldzuges 1941 ergangenen Befehl verwiesen, sowjetische Kommissare nach ihrer Gefangennahme zu töten. Obwohl klar im Widerspruch zum Völkerrecht, stieß diese Praxis fast nie auf Widerspruch von Seiten der Generalität, des Offizierskorps oder auch den Mannschaften.228 Auch insgesamt wurde gerade der Krieg im Osten von beiden Kriegsparteien mit größter Härte und Rücksichtslosigkeit geführt, was häufig auch massive Völkerrechtsverletzungen wie Gefangenenmisshandlungen und -tötungen bedeutete.229 Dennoch lässt schon die Art und Weise, wie die Wehrmachtsoldaten das Verhalten der Waffen-SS beurteilten, darauf schließen, dass die Angehörigen der Waffen-SS ein anderes Verhältnis zu extremer Gewalt hatten. Denn das traditionelle Militär erregte sich übereinstimmend über die Grausamkeit der von den SS-Einheiten begangenen Untaten, überdies wurde die SS mit der als besonders abscheulich bewerteten Ermordung von Frauen und Kindern in Verbindung gebracht.230 Dagegen äußerte keiner der abgehörten SS-Männer jemals Kritik an den Verbrechen der Wehrmacht, vielmehr unterhielten sich diese Angehörigen der Waffen-SS ganz offen und wie selbstverständlich über die von ihnen begangenen Grausamkeiten. Beides sind deutliche Zeichen, dass solche Taten im Schwarzen 223 224 225

226 227 228 229 230

Vgl. Gentile, Soldaten, S. 536-549; Lieb, Krieg, S. 158-163, 170, 177. Vgl. Lieb, Krieg, S. 159, 162. Vgl. Gentile, Soldaten, S. 550-556. Für Informationen zum Werdegang der Führungsspitze der Division »RFSS« vgl. Merkl, General, S. 256-262. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 376-384. Vgl. ebd., S. 378. Vgl. Römer, Kommissarbefehl, S. 52-88. Vgl. dazu ebd., S. 226-274. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 376-379, 383 f.

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1. Grundlagen

Orden, im Gegensatz zur Wehrmacht, als normal, notwendig oder gar gefordert angesehen wurden.231 Ein entscheidender Unterschied zwischen Wehrmacht und Waffen-SS war auch, dass die SS-Verbände ihre Gräuel nicht auf die Ostfront beschränkten. Dass die Waffen-SS auch westalliierte Gefangene ermordete, wurde von den Wehrmachtsoldaten in den Gefangenenlagern vielfach ebenso missbilligt bzw. als Verbrechen beurteilt.232 Auch dies kann als ein Ausfluss einer in der Waffen-SS herrschenden Gewaltkultur gesehen werden. Zumindest denkbar ist aber auch, dass die Lehre von dem im Prinzip gleichen, im Osten und im Westen nur unter verschiedenen Gesichtern die Vernichtung Deutschlands anstrebenden Gegner das Begehen solcher Verbrechen zumindest erleichtert hatte.233 Dazu passt auf den ersten Blick, dass es auf dem westlichen Kriegsschauplatz auch zu einem »Kampf bis zur letzten Patrone« einiger SS-Einheiten kam, der von vergleichbaren Heereseinheiten so nicht geführt worden ist.234 Zwar kann dies nicht das generelle Merkmal des Kampfes der Waffen-SS gewesen sein. Schließlich hat die Waffen-SS im Kriegseinsatz im Vergleich zum Heer keineswegs außergewöhnlich hohe Verluste erlitten.235 Mit einzubeziehen bei der Bewertung dieses Verhaltens ist zudem die Angst vor einer Gefangennahme, die zumindest bezüglich des westlichen Gegners nicht bei der Wehrmacht,236 sondern so nur bei der Waffen-SS beobachtet worden ist.237 Natürlich werden bei dieser Furcht vor Gefangennahme noch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben, vor allem ist bezüglich der Invasionsfront an den Umstand zu denken, dass die alliierten Soldaten gefangene SS-Männer offenbar tatsächlich häufiger töteten.238 Eine Angst vor Gefangennahme war ohnehin so etwas wie eine Tradition der Waffen-SS. Bereits zu Beginn des Russlandfeldzuges wurde sie auf Befehl Himmlers bewusst zum Zwecke einer höheren Kampfmotivation in den SS-Verbänden geschürt, indem man etwa der Truppe Meldungen über verstümmelt aufgefundene SS-Soldaten bekannt gab. Man griff dabei auf die Lehren der SS von der Primitivität der gegenüberliegenden »Untermenschen« zurück, um eine solche Brutalität glaubhaft werden zu lassen.239 Vieles deutet darauf hin, dass diese Angst mit den Ostfrontveteranen der Einheiten an die Westfront transportiert und sich hier u. a. in Furcht vor Kastration oder Erwartung einer Hinrichtung bei Gefangennahme durch die angelsächsischen Gegner niederschlug. Auch ganz junge SS-Soldaten waren davon 231 232

233 234 235

236 237 238 239

Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 384, 389; Straub, Wahrnehmungen, S. 330-335, 337. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 376-379; Straub, Wahrnehmungen, S. 329, 335. Zumindest in den Kämpfen in Frankreich im Jahr 1944 beschränkten sich solche Verbrechen tatsächlich fast ausschließlich auf SS-Verbände, vgl. Lieb, Krieg, S. 170-174. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 337. Vgl. Lieb, Krieg, S. 435-448; Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 372. So hat die Waffen-SS bei einer Personalstärke von ca. 900.000 Mann ca. 310.000 Verluste zu verzeichnen und damit eine Verlustquote von ca. 34,4 Prozent. Das Heer hingegen hatte bei einem Gesamtpersonalbestand von 13,6 Millionen 4,2 Millionen Ausfälle. Das ergibt eine Verlustquote von 30,9 Prozent und damit keinen bedeutsamen Unterschied, vgl. Overmans, Verluste, S. 215, 257. Vgl. Shils/Janowitz, Cohesion, S. 313 f. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 330. Vgl. Lieb, Krieg, S. 165, 168, FN 192. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 433 f.

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1.3 Hinweise auf die Bedeutung der Ideologie im Kriegseinsatz

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überzeugt, dass sie wegen ihrer SS-Ränge eine schlechte Behandlung in Gefangenschaft zu erwarten hatten. 240 Wenn aber selbst junge SS-Rekruten glaubten, allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Waffen-SS anders behandelt zu werden als ihre Kameraden von der Wehrmacht, wird hier auch das Selbstverständnis der Waffen-SS sichtbar, eine militärische wie ideologische Elite des Dritten Reiches darzustellen.241 Diesen Anspruch musste die Waffen-SS, als Teil der gesamtgesellschaftlichen Elite SS, der Versammlung der »rassisch Besten«, immer vertreten. Sie musste ihn aber auch mit militärischen Großtaten untermauern, damit ihre Existenz neben dem traditionellen Waffenträger Heer auch dauerhaft im Volk als berechtigt angesehen blieb. Durch die Schlachtenerfolge ihrer Kernverbände ab 1941 scheint ihr das auch gelungen zu sein. Die Waffen-SS als Ganzes umgab ab diesem Zeitpunkt der Ruf als einer militärischen Elite, der auch auf ihre neuaufgestellten Einheiten ausstrahlte und deren Selbstsicht bestimmte.242 Damit scheint es dem Führerkorps und den übrig gebliebenen Freiwilligen früher SS-Divisionen tendenziell gelungen zu sein, zumindest in den reichsdeutschen Kerndivisionen der Waffen-SS selbst »zwangsfreiwilligen«, jungen, unerfahrenen, aber auch bereits im Dritten Reich sozialisierten Nachersatz in den hier herrschenden Härtekult einzubinden und zu einer Selbstsicht als der Elitetruppe des »Führers« zu bringen. Die Folge war ein durchaus von der Wehrmacht unterschiedliches Verhalten an der Front. Neitzel und Welzer beschrieben das treffend als »ein in dieser Form einmaliges Amalgam von Rassismus, Härte, Gehorsam, Opferkult und Brutalität«.243 Dennoch ist das kaum als ein einheitliches Wirken idealtypischer ideologischer Lehrsätze der SS zu bezeichnen, die schließlich unter den Bedingungen des Krieges kaum mehr als oberflächlich vermittelt werden konnten. Viel eher war ein solches Verhalten Resultat von Kameradschaft, Gehorsamsprinzip und der sozialen Verpflichtungen in den Primärgruppen der Einheiten. Das beantwortet jedoch noch nicht die Frage, ob aus diesem speziellen Ungeist auch auf ein besonderes und vor allem erfolgreiches Kampfverhalten wenigstens der reichsdeutschen SS-Divisionen zu schließen ist. Vielfach finden sich in der Literatur Berichte, dass gerade die Angehörigen dieser »Kerndivisionen« der Waffen-SS ein geradezu selbst zerstörerisches Verhalten im Gefecht gezeigt hätten. Beispiele dafür wären die Gefechte der Division »TK« im Frankreichfeldzug 1940244, der »LAH« in Russland245 oder der »HJ« an der Invasionsfront 1944.246 Ein solches Verhalten wird auch in zahlreichen zeitgenössischen Quellen beschrieben, etwa in abgehörten Gesprächen von Wehr-

240 241 242 243 244 245 246

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 516 f; Straub, Wahrnehmungen, S. 330. Vgl. Straub, Wahrnehmungen, S. 330; Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 387. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 519-527. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 389. Vgl. Sydnor, Soldaten, S. 84-87. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 281-283. Vgl. Lieb, Krieg, S. 439 f.

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1. Grundlagen

machtssoldaten in den Gefangenenlagern. Auch hier wurde immer wieder berichtet, dass SS-Männer ganz offen ins feindliche Feuer marschiert seien und dabei geradezu »irrsinnige« und »entsetzliche« Verluste in Kauf genommen hätten.247 Genauso meldete der SD 1942, im Reich sei man der Meinung, die Waffen-SS würde in Gefechten sinnlos vorstürmen, weil sie der Wehrmacht etwas »vormachen wolle« oder sie von ihren Offizieren »leichtsinnig hingeopfert« worden seien. Deshalb habe sie in allen Feldzügen besonders große Verluste gehabt.248 Dennoch, so naheliegend eine solche Selbstopfermentalität dieser politischen Soldaten auch sein mag, ein generelles Merkmal des Kampfes der Waffen-SS kann dies nicht gewesen sein. Dagegen sprechen schon die bereits erwähnten, ungefähr gleich hohen Verlustziffern von Heer und Waffen-SS. Dazu lassen sich genauso Beispiele von Einsätzen finden, in denen SS-Verbände sehr erfolgreich kämpften, ohne außergewöhnliche Verluste verkraften zu müssen. So verloren die SS-Divisionen »LAH« und »DR« in der Schlacht bei Prochorovka am 12. Juli 1943 »nur« ca. 620 Mann und fünf Panzer, während die Verluste der sowjetischen Seite ca. 3.200 Mann und 256 Panzer betrugen.249 Wenige Tage zuvor hatten verschiedene Heeresverbände am gleichen Ort noch z. T. massive Verluste an Mensch und Material erlitten, u. a. deshalb, weil ihnen ein geradezu selbstzerstörerisches Vorgehen befohlen worden war. So fielen bei der 19. Panzerdivision vom 5. bis 9. Juli 1.728 Soldaten aus, bei der 7. Panzerdivision waren es 1.284 und bei der 6. Panzerdivision 792 Mann. Der ursprünglich am besten ausgerüstete Angriffsverband auf deutscher Seite, die Panzerbrigade 10, verlor wegen der rücksichtslosen Führung ihres als Draufgänger bekannten Kommandanten Oberst Hyazinth Graf Strachwitz sogar fast alle ihrer 335 Panzer und eine Vielzahl der Besatzungen.250 Angesichts dessen ist Neitzel und Welzer beizupflichten, die hinter dem schon zeitgenössisch so allgemeinen Ruf von den auf einen missverstandenen Schneid zurückgehenden, hohen Verlusten der Waffen-SS vor allem das Wirken des von der NS-Propaganda sorgsam aufgebaute Image des Schwarzen Ordens vermuteten.251 Dazu ist die hier entscheidende Frage, ob ein selbstzerstörerisches Vorgehen überhaupt militärisch sinnvoll war und ein entscheidender Faktor für Erfolge von SS-Divisionen gewesen sein kann. Das ist ohne weiteres zu verneinen. Schließlich ist es eines der wichtigsten Merkmale militärischer Professionalität, dass ein Verband bei der Erfüllung der ihm aufgetragenen Einsätze möglichst geringe Verluste erleidet.252 Wichtig ist auch eine grundsätzliche Überlegung, die schon Leleu angestellt hat. Er zitiert den General der Infanterie Günther Blumentritt, der 1946 Glaube oder Esprit für den Erfolg eines Infanterieangriffes für zweitrangig erklärte. Schließlich 247 248 249 250 251 252

Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 368 f. »Stimmungsäußerungen zur Waffen-SS« [März 1942], in: BArchB, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier 3. Vgl. Töppel, Kursk, S. 373-378; ebd., Legendenbildung, S. 381-387. Vgl. Töppel, Kursk, S. 368-373. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 372 f. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 409.

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1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS

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vernichte ein feindlicher Bombenteppich »gute« und »schlechte« Divisionen gleichermaßen. Entscheidend sei vielmehr, welche Feuerunterstützung an Panzern, Sturmgeschützen etc. den Verbänden zur Verfügung stehe.253 So erscheint es angebracht, nachfolgend die neuesten Erkenntnisse der Forschung über Ausrüstung, Ausbildung, Verluste und Kampfwert der SS-Verbände darzulegen, um zu ermitteln, welchen militärischen Wert die Waffen-SS tatsächlich hatte.

1.4 HINWEISE AUF DEN MILITÄRISCHEN WERT DER WAFFEN-SS Dabei ist an erster Stelle zu beachten, dass auch in der älteren Literatur nie ein Elitecharakter der Waffen-SS an sich, also aller ihrer 38 Divisionen, behauptet worden ist. Vielmehr schätzte schon Stein nur die SS-Divisionen »LAH«, »TK«, »DR«, »Wiking« sowie die später aufgestellten Einheiten »HJ«, »Frundsberg« und »Hohenstaufen« als militärische Elite ein.254 Dem ist ohne weiteres zu folgen. Schließlich verfügten nur diese SS-Divisionen überhaupt über eine einem solchen Status entsprechende Ausrüstung. So waren die »LAH« wie auch die »SS-VT« schon vor dem Krieg motorisiert und, über das Plansoll einer solchen Einheit hinaus, u. a. mit leicht gepanzerten Radfahrzeugen ausgestattet worden.255 Vor Beginn des Westfeldzuges 1940 wurde auch die neuaufgestellte SS-Division »TK« voll motorisiert und alle bereits bestehenden SS-Divisionen auf Hitlers persönlichen Befehl mit schwerer Artillerie ausgerüstet.256 Am Vorabend des Angriffs auf die Sowjetunion zeichnete sich dann gar eine bevorzugte Ausstattung der damals bestehenden SS-Divisionen ab. Neben den erfolgreichen eigenen Aktivitäten der SS, etwa durch Kauf von Waffen oder auch Beschlagnahmen in den besetzten Gebieten,257 ist auch dafür der Wunsch Hitlers ausschlaggebend gewesen, »seine« SS mit den besten und modernsten Waffen auszustatten.258 Mit einer solchen Ausrüstung waren die Kerndivisionen der Waffen-SS im Westfeldzug 1940, auf dem Balkan 1941 und der ersten Phase des Russlandfeldzuges in der Lage, entlang der Straßen schnell vorzustoßen und so immer wieder eine wichtige Rolle in der Spitze der deutschen Angriffsverbände im Rahmen des »Blitzkrieges« zu spielen.259 Dennoch, ein wirklicher Faktor für die deutsche Kriegsführung wurde die Waffen-SS erst, als ihre drei Divisionen »LAH«, »DR« und »TK« im Laufe des Jahres 1942 zu Panzergrenadierdivisionen und schließlich, wie auch weitere SS-Verbände, zu Panzerdivisionen umgerüstet worden waren. Dabei ist insbesondere die Ausstattung der SS-Kerndivisionen, mit Abstrichen auch die der beiden SS-Panzerdivisionen »Hohenstaufen« und 253 254 255 256 257 258 259

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 732, 1052, FN 57. Vgl. Stein, Geschichte S. 187. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 120; Westemeier, Krieger, S. 137. Vgl. Stein, Geschichte S. 46 f; Sydnor, Soldaten, S. 55. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 368-372. Vgl. ebd., S. 361, 386 f. Vgl. ebd., S. 728; Stein, Geschichte S. 81, 103-109; Frieser, Blitzkrieg, S. 184-186.

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1. Grundlagen

»Frundsberg«260 als hervorragend zu bewerten. Dazu ist die generell große personelle Stärke der SS-Verbände zu bedenken.261 Die übrigen SS-Divisionen hingegen waren zwar zum Teil als Panzergrenadierdivisionen ebenfalls recht gut ausgerüstet, werden aber insgesamt nicht als militärisch elitär beurteilt.262 Eine bedeutende Rolle im Rahmen der deutschen Kriegsplanungen spielten die Kernverbände der Waffen-SS ab 1942 aber nicht allein aufgrund ihrer guten Bewaffnung, sondern weil Hitler sie ab dieser Zeit zum Teil einer strategischen Reserve machte. Die Bildung einer solchen Reserve war nach dem Scheitern des deutschen Blitzkriegskonzepts im Winter 1941/42 nötig geworden. Hatte man bis dahin stets alle schlagkräftigen Einheiten in die Schlacht geworfen, um möglichst schnell einen Sieg zu erringen, so sollten nun einige kampfstarke und mobile Einheiten zurückbehalten werden, die im Falle einer plötzlichen militärischen Krise schnell zusätzlich in die Frontlinien geworfen werden konnten.263 Dass gerade SS-Divisionen diese Rolle erfüllen sollten, ging auf Hitlers Überzeugung zurück, die Waffen-SS habe sich aufgrund ihrer weltanschaulichen Prägung in den bisherigen Kämpfen besser bewährt als die Wehrmacht.264 Die SSVerbände »LAH«, »DR« und später auch »TK« wurden im Rahmen dessen 1942 zunächst in Frankreich stationiert, um dort im Falle einer möglichen alliierten Invasion rechtzeitig in die Verteidigung eingreifen zu können. Anfang 1943 kehrten sie dann an die Ostfront zurück, wurden als II. SS-Panzerkorps zunächst im März 1943 bei Charkow, dann ab Juli 1943 bei Kursk und in der Folge in den immer häufiger auftretenden militärischen Krisen an den verschiedensten Fronten eingesetzt.265 Dabei erweiterte Hitler den Umfang seiner Reserve deutlich. Die Entscheidung jedoch, welche Einheit Teil dieser Reserve werden sollte, hing weiterhin in der Hauptsache davon ab, ob Hitler die entsprechenden Verbände als ideologisch gefestigt genug ansah. Neben immer mehr SS-Divisionen wie etwa auch »Wiking« traten so auch die als »Leibstandarte des Heeres«266 angesehene Heeres-Division »Großdeutschland« (GD) und die als ebenso politisch zuverlässig geltende Fallschirm-Panzerdivision der Luftwaffe »Hermann Göring« (HG).267 Zwar ist nicht zu übersehen, dass diese Auswahl nach ideologischen Gesichtspunkten zu Lasten der Effektivität dieser Reserve ging. So wurden als eine solche im Sommer 1944 auch SS-Divisionen mit eher durchschnittlichem Kampfwert 260

261

262 263 264

265

266 267

Bei den SS-Divisionen »Hohenstaufen« und »Frundsberg« gab es bereits deutliche Probleme bei der Ausstattung mit Fahrzeugen, vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 387-390. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 729. Aufschlussreich ist etwa ein Vergleich von Ausrüstung und Stärke der SS-Divisionen an der Invasionsfront bei Lieb, vgl. ebd., Krieg, S. 113. Vgl. Stein, Geschichte S. 187. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 544-546. Vgl. ebd., S. 546. Auf die genauen Hintergründe wird in Abs. 3.5.a) dieser Arbeit noch weiter eingegangen werden. Vgl. ebd., S. 546 f. So berichtet Goebbels von Plänen, die SS-Divisionen »LAH« und »DR« Stalingrad entsetzen zu lassen, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 46 f (5.1.1943). Siehe dazu auch: Weingartner, Guard, S. 73. Bei der Operation »Zitadelle« Juli 1943 bildeten die drei SS-Divisionen »LAH«, »DR« und »TK« einen der südlichen Stoßkeile, vgl. Stein, Geschichte S. 192. Selbst im Anfang 1945 wurden die letzten deutschen Angriffsoperationen in Ungarn in der Hauptsache von SS-Divisionen ausgeführt, vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 547, 677, Stein, Geschichte S. 209-213. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 367. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 548 f. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 549, 1004, FN 27.

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1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS

73

verwendet, obwohl durchaus Panzerdivisionen des Heeres vorhanden gewesen wären, die diese Rolle weit besser hätten ausfüllen können.268 Ebenso führte der immer wieder spürbare Willen Hitlers, deutsche Angriffe bevorzugt durch die Panzerdivisionen der Waffen-SS durchführen zu lassen, vielfach zu widersinnigen, Zeit und Ressourcen verbrauchenden Verlegungen von SS-Einheiten von einer Front zur anderen. Besonders folgenreich war das etwa im Frühjahr 1944, als der Diktator SS-Verbände zur selben Zeit bei Krisen im Osten verwenden und gleichzeitig im Westen stationieren wollte.269 Gerade diese häufigen Verlegungen an die Brennpunkte der Front waren es, welche die frühe Forschungsliteratur dazu brachte, die Waffen-SS als die »Feuerwehr« Hitlers zu beschreiben, die immer dort erschien, wo die Gefahr eines feindlichen Durchbruchs am Größten war.270 Trotz der Vorliebe des »Führers« für »seine« SS kann dieses Bild aber so nicht stimmen, sondern nur zu gewissen Zeiten und nur bezüglich gewisser Einheiten wirklich zugetroffen haben. So wurden, neben den genannten Divisionen »GD« und »HG«, auch Panzerdivisionen des Heeres oder auch Fallschirmjägereinheiten zwischen den Frontabschnitten hin und her geschoben.271 Zumindest was die Häufigkeit dieser Verlegungen angeht, stachen die SS-Divisionen dabei keineswegs heraus: So wurde die SS-Division »DR« sechzehn Mal im Laufe des Kriegs in einen neuen Einsatzraum verlegt, die Divisionen »TK«, und »Wiking« jeweils zwölf Mal und die Division »LAH« sogar zweiundzwanzig Mal. Letztere pendelte siebenmal zwischen Ost- und Westfront.272 Aber auch die Division »GD« wurde siebzehn Mal im Laufe des Krieges in neue Einsatzräume verlegt.273 Ähnliche Werte erreichten auch einige andere Panzerdivisionen des Heeres: So kam auch die 11. Panzer-Division auf siebzehn Verlegungen, die 12. sogar auf achtzehn. Ebenso wurden die 5. und die 9. Panzer-Division sechzehn Mal aus der Front herausgelöst, die 1. und die 6. Panzer-Division jeweils dreizehn Mal.274 Von den Luftwaffe-Erdkampfeinheiten wurde die Division »HG« zwölf Mal an einen neuen Frontabschnitt verlegt und wechselte dabei viermal den Kriegsschauplatz.275 Daneben wurde auch die 1. Fallschirmjäger-Division, für die wie für alle Fallschirmjäger-Einheiten ein »feuerwehrartiger« Einsatz im Erdkampf in der zweiten Hälfte des Krieges typisch war,276 im Ganzen vierzehn Mal an einen anderen Abschnitt verlegt.277

268 269 270 271 272

273 274

275 276 277

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 551 f. Vgl. ebd., S. 554-556. Vgl. etwa Stein, Geschichte S. 260; Höhne, Orden, S. 432. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 416. Eigene Untersuchung auf der Grundlage der Angaben von Schmitz u. a, Divisionen, Bd. 1, S. 472483; 520-537, 596-607, 646-657, 696-705; Bd. 2, S. 318-321. Eigene Untersuchung aus den Angaben bei Spaeter, Panzerkorps, passim. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von Schmitz u. a., Divisionen, Bd. 1, S. 440-455, 674-687; ebd., Bd. 2, S. 290-311, 440-461; ebd., Bd. 3, S. 264-281, 314-327. Eigene Untersuchung aus den Angaben bei Otte, Spiegel, passim. Vgl. Stumpf, Luftwaffe, S. 870 f. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von Schmitz u. a., Divisionen, Bd. 1, S. 468 f; Bd. 2, S. 360379.

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1. Grundlagen

Nicht vergessen werden darf überdies, dass die motorisierten Waffen-SS-Verbände immer nur einen kleinen Teil der entsprechend ausgerüsteten Verbände der Wehrmacht ausmachten. So kamen selbst Ende 1943 nur zehn der einundvierzig motorisierten Divisionen auf deutscher Seite von der Waffen-SS.278 Erst als die SS-Einheiten »Hohenstaufen«, »Frundsberg« und »HJ« im Frühjahr 1944 einsatzbereit waren, kann so überhaupt davon gesprochen werden, dass die WaffenSS ein wirklich bedeutsamer Faktor im Rahmen der deutschen Kriegsführung war.279 Nun stellte sie immerhin sieben der insgesamt dreißig deutschen Panzerdivisionen.280 An der Invasionsfront war sie dann erstmals wirklich von Gewicht, als von den zehn dort eingesetzten Panzer- oder Panzergrenadierdivisionen sechs zur Waffen-SS gehörten.281 Insgesamt jedoch können somit die SS-Divisionen auch rein zahlenmäßig keinesfalls die alleinige »Feuerwehr« Hitlers gewesen sein. Dazu wurde ihre Bedeutung im Rahmen der deutschen Kriegsanstrengungen auch dadurch herabgemindert, dass gerade ihre Panzerverbände immer wieder bevorzugt aus der Front genommen und in ruhigen Frontbereichen konzentriert wurden, während die Heereseinheiten die Hauptlast der Kämpfe zu tragen hatten. Nach dem Willen des »Führers« sollten gerade sie keinesfalls aufgerieben werden, weshalb er immer wieder ihren Abzug befahl, wenn ihre Einkesselung durch den Feind drohte.282 Trotzdem hatte die von diesen SS-Verbänden ausgefüllte Rolle als strategische Reserve natürlich ihren Einsatz in einer Vielzahl an kurzen, aber heftigen Gefechten mit hohen Verlusten zur Folge, weswegen bei den einzelnen SS-Angehörigen durchaus das Gefühl entstehen konnte, gerade die Waffen-SS habe auch insgesamt einen außergewöhnlich hohen Blutzoll zu entrichten.283 Die objektiven Zahlenwerte stützen diese Annahme jedoch nur eingeschränkt. So stiegen die Verlustzahlen der SS-Divisionen 1943 im Vergleich zu 1942 zwar um 16.000 auf 33.000, dennoch machten diese 33.000 Mann »nur« 10,52 Prozent ihrer Gesamtverluste aus, während das Heer im gleichen Jahr 16,70 Prozent seiner Verluste zu verzeichnen hatte. Erst 1944 und 1945 schnellten die Zahlen nach oben, in dieser Zeit hatte die Waffen-SS ungefähr siebzig Prozent ihrer gesamten Verluste zu verzeichnen, dabei übertraf sie die Quote des Heeres um ca. zehn Prozent.284 Allerdings ist die Waffen-SS auch erst in dieser Zeit zu einer Massenorganisation ausgebaut worden. Ende 1943 umfasste sie siebzehn Divisionen mit 350.000 Mann inklusive Ersatz und Ausbildungseinheiten, und da auch danach ihr Ausbau weiterging, waren es Ende des Krieges wahrscheinlich ca. 500.000 Mann, die in ihren nominell 278

279 280 281 282

283 284

Davor war das Verhältnis sogar noch ungünstiger: Mitte 1940 waren 2 von 16 motorisierten deutschen Divisionen Teil der Waffen-SS, Mitte 1941 4 von 35 und Anfang 1943 4 von 43, vgl. die Angaben bei Leleu, ebd., Waffen-SS, S. 1149 f (Anhang 36). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 558 f. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 275. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 415. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 561-564. Leleu nennt als Beispiel u. a. ein Bericht des Inspekteurs der Panzertruppen Guderian vom März 1944, wonach zu diesem Zeitpunkt 32 der 35 gepanzerten Heereseinheiten an der Front im Einsatz waren, aber nur 5 der 11 entsprechenden SS-Divisionen, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 562. Vgl. ebd., S. 239, 525 f. Vgl. Overmans, Verluste, S. 270.

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1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS

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38 Divisionen kämpften.285 Vor allem sind für diese Zeit auch die Effekte der zu Kriegsende stark verkürzten Ausbildungszeiten der SS-Rekruten, des sich dramatisch verschärfenden Mangels an fronterfahrenen Führungspersonal und der allgemein vielfach unzureichende Ausrüstung zu berücksichtigen.286 Ebenso muss man auch die Dimensionen bedenken. So waren auch die Verluste der Wehrmacht 1944 und 1945 gerade in den Rückzugsschlachten an der Ostfront wie auch im Westen extrem hoch. In dieser Zeit waren mehr als sechzig Prozent der deutschen Verluste zu verzeichnen, beim Heer fielen in diesen beiden Jahren mit 1,4 bzw. 1,1 Millionen Mann ca. zwölf bzw. zehnmal so viele Soldaten wie bei der WaffenSS mit ihren 121.000 bzw. 98.000 Mann aus. In den letzten Kriegsmonaten waren gar tägliche Verluste von ca. 10.000 Soldaten zu verzeichnen.287 Angesichts dessen ist ein alleiniger Zusammenhang zwischen den erhöhten Verlusten der Waffen-SS in den letzten Kriegsjahren mit der Rolle einiger ihrer Verbände als einer in den Brennpunkten eingesetzten »Feuerwehr« schwerlich zu ziehen. Neben der Ausrüstung und ihrer Bedeutung in den strategischen Planungen der obersten Führung können noch andere Faktoren für eine Beurteilung des Wertes militärischer Einheiten herangezogen werden. Äußerst wichtig ist auch die Ausbildung der Soldaten und hier insbesondere der Offiziere. Gerade auf diesem Feld hat Jens Westemeier erhebliche Mängel bei der Waffen-SS feststellen können. Er kam nach einer kollektivbiographischen Untersuchung des ersten Braunschweiger Junkerlehrgangs der Waffen-SS zu dem Ergebnis, dass annähernd der Hälfte dieser SS-Führer von der Reichswehr die Eignung zum Offizier abgesprochen worden war.288 Vor allem aber hätten sie in den Junkerschulen eine äußerst mangelhafte, mit den Kriegsakademien der WM keinesfalls vergleichbare Ausbildung durchlaufen.289 Zumindest die Führer der Leibstandarte hätten sich nach Westemeiers Analyse ihrer Gefechtsberichte im Felde dann auch als militärische Amateure erwiesen, die mit ihrem primitiven Gefechtskonzept und einer ideologisch motivierten Art und Weise der Kampfführung geradezu verschwenderisch mit dem Leben ihrer Männer umgegangen seien. Westemeier führt als Beispiel u. a. die Wiedereroberung von Charkow im März 1943 an, bei der die drei SS-Divisionen »LAH«, »TK« und »DR« fast 11.000 Mann vielfach unnötig verloren hätten.290 Dennoch stellt sich die Frage, ob solche Mängel nicht durch die im Laufe des Krieges wachsende Erfahrung der SS-Verbände bzw. ihrer Führer zumindest teilweise ausgeglichen worden sind. So werden die im Polenfeldzug eingesetzten SS-Verbände auch von anderen Autoren größtenteils als unzureichend geschult

285 286 287 288 289

290

Vgl. ebd., S. 214 f; Stein, Geschichte S. 182. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 284-288; ebd., Anmerkungen, S.417. Vgl. Overmans, Verluste, S. 268-270, 283. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 50-52. Westemeier stellt etwa fest, dass in den Junkerschulen von unqualifizierten Ausbildern eher antiquierte Weltkriegserfahrung und Freikorpsromantik als moderne Strategie und Taktik gelehrt worden sei, vgl. ebd., Krieger, S. 47-50, 54-59, 73 f. Vgl. ebd., S. 245, 372, 640.

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1. Grundlagen

eingeschätzt291 und auch im Balkanfeldzug wurde schon zeitgenössisch von der Wehrmachtführung mehr der Schwung der SS-Divisionen »LAH« und »DR« und weniger ihr militärisches Können gelobt.292 Angesichts ihres Versagens in ihrer ersten Abwehrschlacht kann auch eine mangelhafte Ausbildung zumindest der damaligen SS-Kampfgruppe »Nord« zu Beginn des Russlandfeldzugs angenommen werden.293. Leleu kommt in seiner Studie für die Zeit ab 1942 jedoch zu dem Ergebnis, dass die Einheiten der Waffen-SS durchaus aus den Erfahrungen des Ostkrieges lernten, ihre Ausbildung anpassten, vernünftiger mit ihren personellen Ressourcen umgingen und sich insgesamt zunehmend professionalisierten.294 Wie oben schon angeklungen, bescheinigt auch Töppel in seinen Studien über die Schlacht bei Kursk im Juli 1943 den dort eingesetzten SS-Divisionen ein professionelles Kampfverhalten.295 Nach Leleu hatte in den Kämpfen an der Invasionsfront ab Juni 1944 das im Ostkrieg erfahrene Führerkorps der SS-Division »DR« sogar großes taktisches Geschick gezeigt, gleiches stellt dieser Autor für die Führer der SS-Division »Götz von Berlichingen« fest.296 Leleu nennt zwar durchaus auch Gegenbeispiele, wo etwa Führer der Division »HJ« schwere taktische Fehler begingen.297 Insgesamt jedoch scheint der Ausbildungsstand der 1944 im Westen zusammengezogenen Panzerdivisionen von Heer und Waffen-SS gleichwertig und gut gewesen zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Lieb in seiner Studie.298 Die hier gesammelten Indizien zeigen, dass die Diskussion über den militärischen Wert der Waffen-SS noch im Fluss ist und hier sicher nicht entschieden werden kann. Überhaupt muss bedacht werden, welche Schwierigkeiten einem Vergleich »des« militärischen Wertes der Waffen-SS im Vergleich zu dem der Wehrmacht entgegenstehen. Dass gleich ausgerüstete Einheiten der Wehrmacht wegen der von Westemeier festgestellten Ausbildungsmängel der Waffen-SS grundsätzlich überlegen waren, ist jedenfalls nicht im Vorhinein anzunehmen. Schließlich wimmelt es in den Akten aus dem Zweiten Weltkrieg geradezu von Beispielen abstrusen Fehlverhaltens auch von Verbänden des Heeres oder der Luftwaffe.299 Überhaupt ist ganz grundsätzlich der militärische Wert einer Einheit sehr schwierig einzuschätzen. So kann ein Sieg über gravierende Mängel oder taktische Fehler einer Truppe hinwegtäuschen, eine Niederlage auf Fehler der übergeordneten Stellen zurückgehen.300 Dazu spielen auch die Verfassung und Ausrüstung des Gegners oder auch die taktischen Bedingungen vor Ort eine entscheidende Rolle für Erfolg und Misserfolg und mindern die Aussagekraft eines Vergleichs von Verlustzahlen, Gefangenen, Erfolgsmeldungen etc. stark.301 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301

Vgl. Kroener, Ressourcen, S. 832. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 522. Vgl. Stein, Geschichte S. 117 f. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 708-711. Vgl. Töppel, Kursk, S. 373-378; ebd., Legendenbildung, S. 381-387. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 730 f. Vgl. ebd., S. 732-735. Vgl. Lieb, Krieg, S. 112-118, 424-431. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 375. Vgl. Straub, Waffen-SS, S. 63. Vgl. Töppel, Ritterkreuz, S. 188.

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1.4 Hinweise auf den militärischen Wert der Waffen-SS

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Selbst der Vergleich von an Angehörige ausgewählter Divisionen von Heer, Waffen-SS und auch Erdkampfverbände der Luftwaffe verliehenen höheren Auszeichnungen, den schon einige namhafte Historiker nutzten, um den militärischen Wert von Waffen-SS und Wehrmacht zu vergleichen,302 läuft letztlich ins Leere. Es stellt sich hier nicht nur die Frage, ob und inwieweit die Angehörigen der Waffen-SS hierbei vom NS-Regime bevorzugt worden sind.303 Darüber hinaus hat Töppel kürzlich nachgewiesen, dass für einen solchen Vergleich insbesondere das von diesen Forschern oft genutzte Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (RK) ungeeignet ist. Denn dessen Verleihung war bei Heer und Waffen-SS nicht wie bei der Luftwaffe oder Marine an angesammelte Erfolge wie etwa einer bestimmten Zahl an Panzerabschüssen gebunden, sondern erfolgte in der Regel für eine Einzeltat, die aus eigenem Entschluss geschah und den Ausgang eines Gefechtes entscheidend beeinflusst hatte. Ob also ein Soldat für ein RK vorgeschlagen wurde, hing sehr stark von einer individuellen Bewertung der Tat ab. Dazu kamen noch andere Unsicherheiten im Verleihungsverfahren, bei dem viel zu häufig Glück oder Zufall eine Rolle spielten. Töppel konnte tatsächlich deutlich unterschiedliche Verleihzahlen bei ähnlich ausgestatteten und eingesetzten Divisionen nachweisen.304 Auch auf andere, scheinbar auf kumulativen Werten beruhenden Auszeichnungen wie etwa die Nahkampfspange kann nicht ausgewichen werden, denn auch hier stellte Töppel starke Unregelmäßigkeiten im Verleihverfahren fest.305 Selbst Nennungen von Einheiten im Wehrmachtbericht waren nach seinen Erkenntnissen für einen wirklichen Erkenntnisgewinn viel zu oft Glücksache.306 So lässt von den hier betrachteten Faktoren lediglich die gute Bewaffnung einiger SS-Divisionen zu, diese als eine militärische Elite zu betrachten. Damit war ab 1943 der Einsatz dieser SS-Verbände als strategischer Reserve des Dritten Reiches verbunden, im Rahmen dessen sie immer wieder an neue Brennpunkte der Front geworfen wurde. Jedoch waren Ausmaß und militärische Bedeutung dieser Einsätze nicht so einzigartig wie lange angenommen, genauso wenig wie die letztlich kaum merkbaren Unterschiede in den Verlustzahlen von Heer und SS-Truppen auf einen speziellen Opfergeist als allgemeines Kennzeichen der Waffen-SS wie auch speziell ihrer sog. Kerndivisionen hinweisen.307

302

303 304

305

306 307

Vgl. z. B. Neitzel, Forschens, S. 411-413; Wegner, Anmerkungen, S. 414-417; Lieb, Krieg, S. 424-427, 581-583. Leleu nennt einige Hinweise hierauf, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 719-724. Vgl. Töppel, Ritterkreuz, passim. Ebenso stellt Westemeier am Beispiel der Auszeichnungspraxis des SS-Standartenführers Joachim Peiper fest, dass zumindest bei diesem nicht militärische Leistung, sondern sein Wohlwollen die Voraussetzung für einen von ihm unterzeichneten Vorschlag zur Verleihung des Ritterkreuzes gewesen ist, vgl. ebd., S. 355 f. Vgl. Töppel, Ritterkreuz, S. 183 f. Die Vorschrift für die Verleihung der Nahkampfspange war an sich an »harte Fakten« gebunden: Für ihre höchste Stufe, in Gold mussten 50 Tage im Nahkampf nachgewiesen werden, bei denen ein Soldat das »Weiße im Auge des Gegners« sehen konnte, vgl. Kirchner, Orden, S. 230; Dörr, Träger, S. XIII, 3 f. Vgl. Töppel, Ritterkreuz, S. 187. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 372.

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1. Grundlagen

1.5 ZWISCHENERGEBNIS Die in diesem Kapitel erlangten Erkenntnisse stellen eine wichtige Voraussetzung für die Erforschung der NS-Propaganda um die Waffen-SS dar, sowohl speziell für die Vorbereitung der hier durchgeführten Inhaltsanalyse, als auch allgemein für die Einordnung und Bewertung der in den zeitgenössischen Medien verbreiteten Berichte über die Erfolge der SS-Kampfverbände auf den Schlachtfeldern. Dabei können unzweifelhaft die in den damaligen Zeitungen zu findenden Beiträge über den Fronteinsatz der Waffen-SS nicht als Kriegsberichterstattung im wörtlichen Sinn angesehen werden. Vielmehr ergibt es sich schon aus dem Status der SS im Dritten Reich als eine die NS-Ideale vorlebende und lehrende gesamtgesellschaftliche Elite, dass der Fronteinsatz der bewaffneten SS-Einheiten streng nach den Vorgaben der SS-Ideologie geschildert werden musste, wobei insbesondere die Merkmale des mythischen Opferhelden immer wieder eine große Rolle gespielt haben dürften. Ebenso kann auch vorausgesetzt werden, dass schon aufgrund des elitären Anspruchs der SS in der NS-Propaganda der Eindruck einer hohen militärischen Effektivität der Waffen-SS immer angestrebt wurde. Es ist so davon auszugehen, dass diese beiden Elemente in der NS-Propaganda vielfach miteinander verknüpft wurden, es also so dargestellt wurde, als ob der ideologisch motivierte, heldische Kampf der Waffen-SS immer wieder die Voraussetzung für ihre militärischen Erfolge gewesen sei. Dennoch ist nicht anzunehmen, dass durch die damaligen Medien nur reine Phantasiegeschichten von den Taten der SS-Verbände an der Front verbreitet worden wären. Das hätte die Glaubwürdigkeit der Propaganda schnell zerstört und wäre damit dem Motiv einer Erziehung der »Volksgenossen« zuwidergelaufen. So trifft es wohl eher den Kern anzunehmen, dass zur Darstellung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS Begebenheiten ausgesucht wurden, die im Idealfall zu den angestrebten Botschaften passten oder zumindest aus einem ganz bestimmten Blickwinkel geschildert werden konnten. Die Realität der Front mit allen ihren Facetten wird dagegen mehr oder weniger nur eine notwendige Rahmenhandlung für die zu erzählende Geschichte gewesen sein.308 Schließlich mögen in der Waffen-SS zwar viele weltanschauliche Fanatiker versammelt gewesen sein, welche zum Teil auch den oftmals sehr jungen Nachersatz ihren »SS-Geist« vermitteln konnten. Entgegen den Hoffnungen von Himmler hatte dieser spezielle Geist aber nicht zwangsläufig eine heldische Kampfführung der SS-Soldaten zur Folge. Nach allem was wir wissen war das Resultat viel eher ein anderes Verhältnis zu extremer Gewalt und damit eine stärkere Neigung zu Verbrechen. Und selbst wenn Angehörige der Waffen-SS gemäß der SS-Ideale rücksichtslos angegriffen haben sollten, zeugt das zwar von Schneid, war aber keinesfalls Kennzeichen einer militärischen Elite, sondern eher Resultat einer mangelhaften Ausbildung und ideologischen Verblendung. Die Siege der Waffen308

So heisst es 1944 in einem PK-Bericht über die Aufgaben eines Kriegsberichters: »Seine Pflicht und Aufgabe ist es, das aus dem Frontgeschehen auszuwählen und zu schildern, was die Kraft der Heimat zum Durchhalten stärkt.«, zitiert nach: Schröder, Kriegsbericht, S. 209.

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1.5 Zwischenergebnis

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SS beruhten vielmehr im Wesentlichen auf der guten Ausrüstung ihrer Kerneinheiten mit schweren Waffen oder auf der ihr von der Führung zugewiesenen Rolle in den Schlachten, also traditionellen Voraussetzungen für einen militärischen Erfolg. Damit erweist sich schon jetzt, dass die vor allem in der älteren Literatur zu findende Charakterisierung der Waffen-SS als ein homogen ideologisiertes, ungemein erfolgreiches Kriegertum eine viel deutlichere Ähnlichkeit zu den Leitbildern und Annahmen der NS-Ideologie als zu den tatsächlichen Fakten aufweist. Darüber hinaus lieferten die hier zusammengetragenen Erkenntnisse für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Inhaltsanalyse der Darstellung der WaffenSS in der NS-Propaganda eine unverzichtbare Grundlage. Denn eine solche Inhaltsanalyse erfordert, wie hier nachfolgend noch genauer erläutert werden wird,309 vorab die Erstellung eines Kategorienschemas, mittels dessen die für diese Analyse wichtigen inhaltlichen Themen aus den untersuchten Texten herausgefiltert werden können. In diesem Kapitel hat sich erwiesen, dass dieses Schema Verweise auf zentrale ideologische Werte der SS wie Treue, Ehre, Härte, Rasse oder Kameradschaft enthalten muss, ebenso aber auch Merkmale einer militärischen Elitestellung wie etwa der Einsatz in Brennpunkten, eine entscheidenden Rolle in den Schlachten des Krieges oder auch ihre besondere Ausrüstung. Allerdings kann nicht einfach vorausgesetzt werden, dass der Kriegseinsatz der SS-Verbände in den Medien des Reiches gemäß den Wünschen des Reichsführers SS dargestellt wurde. Schließlich war die Waffen-SS ja keineswegs einziger Waffenträger der Nation, sondern konkurrierte Zeit ihres Bestehens mit der Wehrmacht und deren Interessen auch auf propagandistischem Gebiet. Zudem waren für Erstellung und Kontrolle der durch die Medien des Reiches verbreiteten Informationen und Propagandaparolen ganz andere Stellen zuständig. Ob und auf welchem Wege die SS hier Einfluss nehmen konnte, soll in dem nun folgenden Kapitel geklärt werden.

309

Vgl. dazu Abs. 4.1 dieser Arbeit.

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2. DIE ORGANISATION DER DEUTSCHEN KRIEGSPROPAGANDA

2.1 ORGANISATION VON KRIEGSPROPAGANDA UND MEDIENLENKUNG IM DRITTEN REICH Die Bedeutung von Propaganda als Instrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Herrschaft kann kaum unterschätzt werden. In den Medien des Dritten Reiches war ausschließlich eine dem Nationalsozialismus konforme »Ersatzwirklichkeit« zu finden, in der vorgegaukelt wurde, das deutsche Volk sei in seiner Gesamtheit vom Nationalsozialismus überzeugt und es käme dem Regime weiterhin auf die freiwillige Volksbeteiligung und plebiszitäre Zustimmung an. Letztlich sollte so eine Entpolitisierung der Öffentlichkeit1 durch ideologische Konformität erreicht werden,2 man hoffte dadurch, so Goebbels, »das Volk insgesamt zu erobern.«3 Der Stil der NS-Propaganda sollte nach Hitlers Willen dem seiner Agitation folgen.4 Wie er schon in »Mein Kampf« ausführte, sollte sich jede Propaganda an die breite Masse richten,5 und weiter: Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein.6

Propaganda sollte für ihn einige wenige Thesen ständig wiederholen und insgesamt nur auf das Gefühl abgestimmt werden. Sie diene nicht der objektiven Wahrheit, sondern nur der Vermittlung ihrer eigenen Sichtweise.7 Er griff dabei auf damals gängige Theorien der Massenpsychologie von Autoren wie Gustav Le Bon, Gabriele Tarde und Scipio Sighele zurück. Nach diesen sei der Mensch komplett irrational veranlagt und Sachargumenten kaum zugänglich. Er reagiere viel eher auf visuelle Reize und griffige Parolen. Großen Einfluss auf Hitler hatte 1

2 3 4 5 6 7

Mit Öffentlichkeit ist hier die bürgerliche Öffentlichkeit gemeint, in der Ideen, Entscheidungen und Informationen auf einer rationalen und pluralistischen Grundlage ausgetauscht, diskutiert und in Frage gestellt werden können, vgl. Kallis, Deutungsmacht, S. 206. Grundlegend dazu: Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Öffentlichkeit. Frankfurt a.M. 1990. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 130. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/2, Teil 2, S. 113 (22.1.1932). Vgl. Koszyk, Presse, S. 429; Boelcke, Krieg, S. 15 f. Vgl. Hitler, Kampf, S. 196, 376. Ebd., S. 197. Vgl. ebd., S. 198-203.

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2.1 Kriegspropaganda und Medienlenkung im Dritten Reich

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zudem Friedrich Schönemann, der lehrte, dass Propaganda die Massen mit möglichst einfachen Mitteln beeinflusse. Da im Dritten Reich alle Äußerungen Hitlers quasi Gesetzeskraft hatten, waren auch diese Thesen bald die Grundlage der Meinungslenkung im Dritten Reich.8 Dementsprechend übernahm auch Goebbels in seiner Zeit als Propagandaminister vordergründig diese Ansichten Hitlers. Dennoch kann man die Propagandakonzeptionen von Hitler und Goebbels nicht einfach gleichsetzen, wie es die Forschung lange Zeit getan hat.9 Eher richtig ist, dass sich Goebbels fortwährend auf Hitlers Ansicht berief, um zu kaschieren, dass er in seiner praktischen Arbeit eine andere Konzeption verfolgte. Diese lief auf eine weitaus komplexere Theorie sozialer Kontrolle hinaus. Bildhaft gesprochen wollte er dabei sein Publikum nicht wie Hitler überwältigen, sondern es mittels feinsinniger Botschaften und beeindruckender Effekte verführen. Propaganda war für ihn nicht nur die Großkundgebung, sondern subtiler.10 Goebbels führte selbst aus, dass er es vermeiden würde, bei seinen Botschaften die Gesinnung auf den Präsentierteller zu legen. Die Empfänger der Propaganda sollten von den dahinter stehenden Absichten erfüllt werden, ohne es zu bemerken.11 Um dies zu erreichen, hatte er ein vielfältiges Repertoire an Propagandatechniken, welche er je nach dem zu erreichenden Ziel flexibel einsetzte. So soll eines seiner Mottos gewesen sein: »Zur Agitation benutzen wir, was wirksam ist.«12 In der »Kampfzeit« ging es ihm vor allem darum, möglichst viel Krawall zu schlagen und so seiner »Bewegung« ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit zu sichern. Nach der Machtergreifung war er hingegen bemüht, mittels einer Art Integrationspropaganda die Menschen an den neuen Staat heranzuführen, langfristig die ersehnte »Volksgemeinschaft« zu erreichen und jegliche Opposition zu ersticken.13 In der für diese Arbeit zentralen Kriegszeit verfolgte er aber ein auf kurzfristige Effekte angelegtes Konzept. Es ging nun vor allem darum, zu welchem Zeitpunkt welche Nachricht in welcher Aufmachung welchem Publikum vorgesetzt werden sollte und ob sich damit der Gegner täuschen oder demoralisieren ließ. Grundlegende wie auch ideologische Ziele traten dabei, obwohl weiterhin vorhanden, eher in den Hintergrund. Auch vom Stil her änderte sich die von Goebbels gewollte Meinungsmache. An die Stelle des Pomps der Vorkriegszeit traten bei ihm nun die meiste Zeit nüchterne, kühle Meldungen in schlichter Aufmachung, was diesen eine zusätzliche Glaubwürdigkeit geben sollte.14 Diese umfassende Beeinflussung der Bevölkerung setzte aber eine absolute Kontrolle der öffentlichen Kommunikation voraus. Dem diente eine 1933 so8 9

10 11

12 13 14

Vgl. Bussemer, Propaganda, S. 49 f.; Schieder/Dipper, Propaganda, S. 108. Vgl. Bussemer, Propaganda, S. 49 f. Ein Beispiel für diese Gleichsetzung findet sich bei Hale, Presse, S. 40 f. Vgl. Bussemer, Propaganda, S. 50 f. Vgl. Ansprache Goebbels an die Intendanten und Direktoren der Rundfunkgesellschaften am 25.3.1933 , in: Heiber, Goebbels Reden, S. 82-107, hier: 94 f. Zitiert nach: Stephan, Goebbels, S. 46. Vgl. Bussemer, Propaganda, S. 50, 53, 57. Vgl. ebd., S. 57 f. Diese Methode Goebbels ist schon in der Kriegszeit von den alliierten Analysten der deutschen Propaganda erkannt und in ihren Ergebnissen miteinbezogen worden, vgl. George, Propaganda, S. 153.

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2. Die Organisation der deutschen Kriegspropaganda

gleich errichtete, zentrale Lenkungsinstanz: das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP). Seine Aufgabe war die Steuerung von Presse, Rundfunk, Theater, Film und aller anderen Formen von literarischer oder künstlerischer Äußerungen wie auch das Unterbinden abweichender Meinungen. Hier spiegelte sich der totalitäre Charakter des Regimes, denn das RMVP sollte alle Gebiete kontrollieren, bei denen eine Einwirkung auf die Nation möglich war.15 Um das durchzusetzen, bediente man sich einer Reihe von Maßnahmen. Schon im ersten Jahr der NS-Herrschaft schuf man mit einer Folge von Gesetzen und Vorschriften die Voraussetzung für einen gleichförmigen Kulturbereich. So übertrug Hitler die bisherige Zuständigkeit der Länder für den Rundfunk auf das Reich und unterstellte das Rundfunkwesen dem RMVP. Ähnlich wurde im Juli die Verantwortung für das Filmwesen an die Reichsfilmkammer gegeben, die ebenso Goebbels Ministerium unterstand. Dazu wurde im September 1933 per Gesetz eine Reichskulturkammer geschaffen,16 eine berufsständische Zwangsorganisation, der man beitreten musste, um im Medienbereich arbeiten zu dürfen. Damit war es möglich, alle Mitglieder lückenlos zu kontrollieren sowie alle zu entfernen, die der neuen Führung aus politischen oder ideologischen Gründen missliebig waren. Ergebnis war eine umfassende Säuberung des Medienbereiches, ohne dass eine rigorose Verbotspolitik nötig gewesen wäre. Goebbels war ebenfalls Vorsitzender der Reichskulturkammer. Sie untergliederte sich in sieben Einzelkammern, die für Presse, Rundfunk, Film, Theater, Musik, Bildende Künste und Schrifttum zuständig waren.17 Im Bereich der Presse erforderte die Lenkung und Monopolisierung der dezentral organisierten, vor der Machtergreifung äußerst vielseitigen deutschen Zeitungslandschaft18 besondere Maßnahmen auf einer institutionellen, ökonomischen und inhaltlichen Ebene.19 Deshalb und angesichts der Bedeutung insbesondere der Presse im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll nachfolgend detaillierter auf die dort erfolgten Schritte der Nationalsozialisten eingegangen werden. Schon in »Mein Kampf« hatte Hitler es als notwendig beschrieben, die Presse in den Dienst des Staates zu stellen, zu überwachen und als Mittel zur Volkserziehung zu nutzen, da sie mit ihrer andauernden Berichterstattung den stärksten Einfluss auf die Massen habe.20 Ähnlich äußerte sich 1933 auch Propagandaminister Goebbels mit der eingängigen Formel: »Wer die Presse hat, der hat die öffentliche Meinung. Wer die öffentliche Meinung hat, der hat Recht. Wer Recht hat, der kommt in den Besitz der Macht.«21 Nach der sog. »Machtergreifung« ließen dann auch die ersten Kontrollmaßnahmen nicht lange auf sich warten. Auf der ökonomischen Ebene wurde im Laufe 15 16 17 18

19 20 21

Vgl. Kundrus, Unterhaltung, S. 94; Kallis, Deutungsmacht, S. 206 f; Krings, Dietrich, S. 211. Vgl. RGBl. 1933/I, Nr. 105 v. 26.9.1933, S. 661 f. Vgl. Pürer/Raabe, Presse, S. 82 f; Kallis, Deutungsmacht, S. 207. So gab es 1932 ca. 4.700 Tages- und Wochenzeitungen in Deutschland, 1944 nur noch ca. 900, vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 23; Krings, Dietrich, S. 123. Die Unterscheidung dieser drei Ebenen folgt Bohrmann, Einführung, S. 23. Vgl. Hitler, Kampf, S. 264. Goebbels, Nationalsozialismus, S. 17.

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der Jahre ein fast die ganze deutsche Presse umfassender Pressetrust geschaffen. Dieser stand unter der Leitung von Max Amann, Präsident der Reichspressekammer und auch »Reichsleiter für die Presse der NSDAP«. Dabei wurden als erstes mittels der Verordnungen »Zum Schutz des deutschen Volkes« und »Zum Schutz von Volk und Staat« vom 4. bzw. 27. Februar 193322 insbesondere die politisch links stehenden Zeitungen, aber auch einige bürgerliche Blätter verboten. Deren Vermögen, Druckereien etc. wurden beschlagnahmt23 und an die NS-Blätter übereignet bzw. zu Spottpreisen verkauft. Auch viele andere Zeitungen wurden in dieser Zeit bei nicht genehmer Berichterstattung das Opfer massiver Terrormethoden der Nationalsozialisten. Im Jahr 1935 folgte eine weitere Konzentrationswelle, als die sog. »Amann-Anordnungen«24 die Möglichkeit boten, zahlreiche Verlage und Zeitungen zu schließen bzw. zusammenzulegen.25 Das diente vor allem der Ausschaltung der Konkurrenz der NSDAP-eigenen Blätter. Die dann noch verbliebenen privaten Zeitungen und Verlage wurden sukzessiv über Tarngesellschaften für den parteieigenen Eher-Verlag und andere NS-Gesellschaften aufgekauft. So kontrollierten die Nationalsozialisten bald ca. siebzig Prozent des Marktes.26 Im Privatbesitz blieben von den großen Zeitungen nur die, die vor allem gegenüber dem Ausland eine bestimmte propagandistische Funktion zu erfüllen hatten.27 Ebenso wurden auf dem Feld der Nachrichtenagenturen der wichtigste Konkurrent des im Reichsbesitz befindlichen »Wolffschen Telegraphen-Büro«, die »Telegraphen-Union«, in NS-Besitz überführt und Ende 1933 zum marktbeherrschenden »Deutsches Nachrichtenbüro«(DNB) vereinigt.28 Die zum Teil versteckte Vorgehensweise bei diesen Übernahmen diente vor allem dazu, eine weitere Kritik des Auslands an radikalen Maßnahmen des Regimes zu vermeiden.29 Im Krieg kamen dann noch weitere Konzentrationsmaßnahmen hinzu. In drei Wellen erhielten 1941, 1943 und 1944 weit über tausend Blätter ihren Stilllegungsbescheid wegen vorgeblicher oder tatsächlich kriegsbedingter Rationalisierungen. Gegen Ende des Krieges waren auf dem deutschen Markt so fast nur noch Parteizeitungen zu finden.30 Rechtlich-institutionell wurde die deutsche Presse durch subtilere Kontrollinstrumente beherrscht, die auf dem zum 1. Januar 1934 in Kraft getretenen 22

23

24

25 26 27 28 29 30

Vgl. RGBl. 1933/I, Nr. 8 v. 6.2.1933, S. 35-40, insbes. S. 36-38 (»Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz des deutschen Volkes«); RGBl. 1933/I, Nr. 17 v. 28.3.1933, S. 83 (»Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat«). Im Nachhinein legitimiert durch das »Gesetz zur Einziehung kommunistischen Vermögens«, vgl. RGBl. 1933/I, Nr. 55 v. 26.5.1933, S. 293 und durch das »Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens«, vgl. RGBl. 1933/I, Nr. 81 v. 15.7.1933, S. 479. Diese umfassen die »Anordnung zur Beseitigung der Skandalpresse«, »Schließung von Zeitungsverlagen zwecks Beseitigung ungesunder Wettbewerbsverhältnisse« und »Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens«, vgl. Pürer/Raabe, Presse, S. 88 f. Vgl. Koszyk, Presse, S. 354-362, 367, 389. Vgl. Hale, Presse, S. 34-38. Ein Beispiel ist die im Abs. 4.2 b) dieser Arbeit vorgestellte Frankfurter Zeitung. Vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 57-60. Vgl. Krings, Dietrich, S. 224. Vgl. Hale, Presse, S. 26, 36, 68, 87 f, 99, 283, 305; Koszyk, Presse, S. 391-403; Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 29.

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»Schriftleitergesetz«31 und dem schon erwähnten »Reichskulturkammergesetz« basierten. Darin wurde bestimmt, dass jeder, der an der Gestaltung einer Zeitung mitwirkte, Mitglied in der neugegründeten Reichspressekammer, einem Teil der Reichskulturkammer, zu sein hatte. Diese Tätigkeit machte die Journalisten und Pressefotografen als »Schriftleiter« zu Trägern einer öffentlichen Erziehungsaufgabe, welche im Einklang mit der nationalsozialistischen Weltanschauung zu verrichten war. Die Journalisten hatten folglich nicht mehr Beobachter und Kritiker des öffentlichen Lebens, sondern Propagandisten des neuen Staates zu sein. Der Beruf war nun auch nicht mehr jedem zugänglich. Die Voraussetzungen umfassten ein Mindestalter von 21 Jahren, deutsche Staatsangehörigkeit und eine »arische« Abstammung. Schon dadurch erhielten ca. 1.300 Journalisten ein Berufsverbot. Dazu kam, dass die verbliebenen Redaktionsmitglieder bei einem unbotmäßigen Verhalten mit den Strafen des ebenfalls neu eingeführten Berufsgerichtes rechnen mussten. Möglich waren Geldstrafen oder die Streichung von der »Berufsliste« der Reichspressekammer, was einem Berufsverbot gleichkam. Ebenso entschied die Kammer über die Bedingungen des Betriebes, der Eröffnung oder Schließung von Presseunternehmungen. Auch auf die Verleger wurde Druck ausgeübt. Sie waren im Februar 1934 in dem Reichsverband der deutschen Verleger zusammengefasst worden. Auch hier war die Mitgliedschaft Zwang, die Verleger unterlagen so den Weisungen der Reichspressekammer. Nach dem Schriftleitergesetz war nun jeder Einfluss der Verleger auf die inhaltliche Gestaltung der Blätter verboten. Die Chefredakteure hatten ausschließlich den Anweisungen des RMVP zu folgen und die Verleger sich nur um die wirtschaftliche Seite ihres Gewerbes zu kümmern sowie ihren guten Namen und das Ansehen ihrer Zeitung beizusteuern. Wurde dies nicht befolgt, drohte der Verlust der Verlagsrechte, was dann auch knapp 1.500 Verleger traf.32 Weiter wurden die Redakteure dazu verpflichtet, alles aus den Zeitungen fernzuhalten, was etwa »eigennützige Zwecke mit gemeinnützigen in einer die Öffentlichkeit irreführenden Weise« vermenge, oder was geeignet sei, »den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen« oder »die Ehre und Würde eines Deutschen« verletzte.33 Eine den Nationalsozialisten nicht genehme Berichterstattung sollte so vermieden werden. In der Praxis tauchte danach das Problem auf, dass die zahlreichen Beschränkungen dieses Gesetzes die journalistische Arbeit quasi lähmten. Deshalb ersann man im RMVP neue spezifische inhaltliche Lenkungsmittel, die Presseanweisungen.34 Diese wurden täglich in der Pressekonferenz der Reichsregierung den anwesenden ca. 150 Journalisten nach Art einer Befehlsausgabe erteilt. Der Ablauf war dabei immer gleich. Zunächst erfolgte die Verlesung der »Sprachregelungen«. Sie beinhalteten bis ins Detail gehende Weisungen und Verbote bezüglich der Berichterstattung. Damit wurden der deutschen Presse verbindlich Nachrichten und 31 32

33 34

Vgl. RGBl 1933/I, Nr. 111 v. 7.10.1933, S. 713-717. Vgl. Hale, Presse, S. 92-94, 97; Koszyk, Presse, S. 364-367, 390; Hagemann, Publizistik, S. 37; Unger, Illustrierte, S. 91 f. Zitiert nach: Koszyk, Presse, S. 365. Vgl. Abel, Presselenkung, S. 36 f.

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Kommentare vorgeschrieben und sogar die Behandlung der Themen nach Tendenz, Umfang, Überschriften, Ausdrucksweise und Aufmachung geregelt. Ebenso gab es Anweisungen, wo Eigenrecherchen verboten waren und welche Themen vollständig zu unterdrücken waren. Bedeutsam wurden dann ab November 1940 noch die von dem unten eingehender behandelten Reichspressechef Otto Dietrich35 eingeführten sog. »Tages- und Wochenparolen«, die verbindlich für alle Lebensgebiete die Tendenz der Berichterstattung festlegten. Auch Vertreter anderer Reichsbehörden nahmen an der Pressekonferenz teil, ebenso im Krieg ein Vertreter des OKW für einen täglichen Lagebericht. Vor allem hatte auch die Pressestelle der NSDAP einen Vertreter in der Konferenz, um die Wünsche und Nachrichten der Partei und ihrer Untergliederungen, also auch der SS, zu kommentieren. Die »Tagesparole« und die darüber hinaus gehenden Anordnungen auch anderer Institutionen wurden als »Vertrauliche Informationen« schriftlich den nicht in Berlin vertretenen Zeitungen übermittelt. Das geschah über den lokalen Unterbau des RMVP, den Reichspropagandaämtern, die noch lokale Weisungen und Informationen hinzufügten. Insgesamt sind ca. 80.000 bis 100.000 Presseanweisungen ergangen.36 Dabei gab es auch eine Nachzensur. Über alle Zeitungen wurden umfassende Wirkungsanalysen und solche über politische Zuverlässigkeit erstellt. Ihr Verhalten wurde auf der Reichspressekonferenz bis ins Detail erörtert und bei festgestellten Verstößen gegen die Anweisungen teilweise heftig gerügt und z. B. mit dem Verbot des Erscheinens für einen bestimmten Zeitraum bestraft.37 Neben der Reichspressekonferenz gab es noch eine Fülle von weiteren Konferenzen bzw. schriftliche Anweisungen für bestimmte Teile der Presselandschaft. Als Beispiele sind etwa die Konferenz für ausländische Journalisten, die Sportpresse-Konferenz, die Wirtschafts-Pressekonferenz oder die »Zeitschriften-Information« mit dem schriftlichen Resümee der »Kulturpresseund Zeitschriftenkonferenz« zu nennen. Auf die Bildberichterstattung hingegen wurde in den Pressekonferenzen nur selten eingegangen, sie wurde durch das Hauptreferat Bildpresse des RMVP kontrolliert. Hier fanden regelmäßige »Bildpressebesprechungen« statt, in denen die »Bildberichter« in ähnlicher Weise wie auf der Pressekonferenz eingehend über die gewünschten Themen ihrer Serien und Reportagen instruiert wurden. Auch hier gab es weitgehende Richtlinien zu genehmigungspflichtigen oder verbotenen Bildthemen, zudem wuchs auch hier der Einfluss der NS-Bildnachrichtenbüros wie etwa die »Korrespondenz Hoffmann« der NSDAP.38 Selbst die Versorgung der Medien mit Agenturnachrichten war stark beschränkt und unterlag einer strikten Kontrolle. Am wichtigsten waren hier die Meldungen des DNB, die von allen Zeitungen zu beziehen waren und in ca. der Hälfte der Fälle wörtlich abgedruckt werden mussten, sowie die ebenfalls von diesem Büro herausgegebenen Glossen. Die übrigen kleinen Agenturen arbeiteten komple35 36 37

38

Vgl. Abs. 3.5 c) dieser Arbeit. Vgl. Bohrmann, Einführung, S. 24. Vgl. Wilke, Presseanweisungen, S. 124-135; Martens, Reich, S. 21; Hale, Presse, S. 248, 317 f.; Koszyk, Presse, S. 369-372. Vgl. Unger, Illustrierte, S. 91; Bohrmann, Einführung, S. 37-39; Abel, Presselenkung, S. 54; Wilke, Pressekonferenzen, S. 135-138.

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mentär, d. h. sie ergänzten sich in ihren Meldungen. Von diesen ist im Zusammenhang dieser Arbeit die »Nationalsozialistische Korrespondenz« (NSK) am wichtigsten. Über sie wurden ab 1931 die Verlautbarungen der Parteileitung und ihrer Untergliederungen, also auch der SS, verbreitet. Da die Nationalsozialisten gerade der Nachrichtenbeschaffung, -auswahl und -verarbeitung eine stark meinungsbildende Funktion beimaßen, unterstanden alle Nachrichtenagenturen der strikten Kontrolle des RMVP. Gerade ihre Meldungen sollten der Erziehung zum NS-Gedankengut und der aktiven Propaganda für das NS-Regime dienen, also ihre Tendenz schon in sich tragen. Ihre eigentliche Aufgabe, die Verbreitung von Nachrichten aus dem In- und Ausland, war hingegen zweitrangig. 39 Da auch die Wochenschauen schon kurz nach der Machtergreifung einer umfassenden Kontrolle unterworfen worden waren und zur Vermittlung der NSIdeologie und weltanschaulichen Ausrichtung der Bevölkerung genutzt wurde,40 war gewährleistet, dass die Propaganda des NS-Regime im Kriege in allen Medien je nach Bedarf einheitlich gesteuert werden konnte. Dennoch, gerade die Presse sollte nach dem Willen Goebbels »monoform im Willen« aber »polyform in der Ausgestaltung des Willens« 41 sein, es war also erwünscht, dass keine Zeitung wie die andere aussah und jede die Tendenz behielt, die sie vor 1933 vertreten hatte. Der unerwünschte, aber folgerichtige Nebeneffekt einer weitgehenden Uniformität der Meldungen trat dennoch bald auf. Neben den zahlreichen Regieanweisungen lag das vor allem am Fehlen jeglicher Form von Kritik auch an lokalen Missständen sowie dem vermehrten Auftreten plump trommelnder Parteiorgane. Das alles wirkte sich so deutlich auf die allgemeine journalistische Qualität der Presse aus, dass sie, wie die NS-Propaganda überhaupt, in der Bevölkerung deutlich an Ansehen verlor. Bemerkbar war dies z. B. durch einen stetigen Rückgang der Leserzahlen vor dem Krieg.42 So ist es als Maßnahme zur Gegensteuerung zu sehen, dass die Machthaber einigen Zeitungen mit einem auch internationalen Ansehen einen streng kontrollierten, aber doch etwas eigenständigen Kurs zugestanden. Mit der Wochenzeitung »Das Reich« schufen sie sogar eine NS-Wochenzeitung mit hohem Anspruch. Sogar das berüchtigte »Schwarze Korps«, die Hauszeitung der SS, kann als Teil dieser Maßnahmen gesehen werden, denn es bot die Möglichkeit, ihm als einer Art »Reichsbeschwerdestelle« beobachtete Missstände in der NS-Herrschaft zu berichten.43 Im Rahmen dieser Arbeit ist die Einheitlichkeit der durch diese Anweisungen festgelegten Inhalte aller Medien in der Kombination mit der Untersuchung von Zeitungen mit einem möglichst unterschiedlichen Leserkreis aber von Vorteil. So ist es überhaupt erst möglich, aus einem an sich winzig kleinen Ausschnitt der damaligen Medien Rückschlüsse auf das Gesamtbild in der Propaganda zu ziehen. Wichtig in dem hier verfolgten Zusammenhang ist noch ein weiterer Aspekt: Trotz des im Wesentlichen einheitlichen Inhaltes der NS-Propaganda war die 39 40 41

42 43

Vgl. Longerich, Propaganda, S. 298; Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 60, 93, 259 f, 310. Vgl. Bartels, Wochenschau, S. 168 f. Rede Goebbels am 4.10.1933 anlässlich der Verkündung des Schriftleitergesetzes, zitiert nach Frei/ Schmitz, Journalismus, S. 35. Vgl. Longerich, Propaganda, S. 299. Vgl. für den Charakter dieser Zeitungen Abs. 4.2 dieser Arbeit.

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Kontrolle der dort vermittelten Aussagen keineswegs einheitlich geregelt. Wie schon allgemein typisch für die Herrschaft Hitlers,44 bestand auch auf diesem Feld ein administratives Chaos aus nicht klar abgegrenzten Kompetenzen und persönlichen Netzwerken. Der daraus resultierende andauernde Wettbewerb verschiedener rivalisierender Institutionen und Personen führte zu häufig unvorhersehbaren Ergebnissen der Propaganda-Aktionen.45 Die Kontrolle über die Inhalte der NS-Propaganda lag also keineswegs immer bei Goebbels, obwohl er, durch die Befehlsgewalt über die Reichspropagandaleitung der NSDAP wie auch über das staatliche RMVP, an sich hier im Zentrum der Macht saß. Vor allem der Rundfunk, den er als das wichtigste Propagandamittel ansah, und größtenteils die Wochenschau standen unter seiner alleinigen Kontrolle. Ebenso hatte er großen Einfluss auf die Struktur der Nachrichtenagenturen des Dritten Reiches gehabt.46 All dies hatte er nach der Machtergreifung 1933 erreicht, indem er, noch ohne ernsthafte Konkurrenten auf diesem Gebiet, sein RMVP mit umfassenden Vollmachten ausstatten ließ und sein Parteiamt zur Absicherung als zweites Standbein nutzte. Charakteristisch war z. B., dass seine Mitarbeiter der Presseabteilung der Reichspropagandaleitung auf der lokalen Ebene gleichzeitig auch die gleiche Funktion im lokalen Unterbau des RMVP, den Reichspropagandaämtern, ausübten. Dazu hatte er auch über persönliche Verbindungen seinen großen Einfluss im Bereich der Propaganda abgesichert. Im Laufe der Zeit aber versuchten immer mehr einflussreiche Konkurrenten aus Staat und Partei sich hier ebenfalls Einfluss zu sichern. Insbesondere im Bereich der Presselenkung und der Gestaltung der Meldungen der Nachrichtenagenturen kam es bis 1945 immer wieder zu Konflikten. In der ersten Phase des Krieges kam noch dazu, dass der Propagandaminister in Berlin verblieb und so einer Flut von schon verarbeiteten und zusammengefassten Informationen wie auch ad-hoc Entscheidungen aus dem Führerhauptquartier (FHQ) ausgesetzt war. So war das RMVP oft nur das ausführende Organ von unkoordinierten Propaganda-Initiativen, die im FHQ und sonst wo erdacht worden waren. Erst ab 1943 fiel die Vorherrschaft im Bereich der Propaganda wieder an Goebbels, da er nun wieder zu dem inneren Kreis um Hitler gehörte. Sein Wiederaufstieg war begleitet von der Übertragung einiger wichtiger Positionen an ihn, etwa als »Bevollmächtigter für den totalen Kriegseinsatz«. Dadurch wurde er in der späten Kriegszeit, als Hitler sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückzog, auch persönlich in der medialen Außendarstellung des Dritten Reiches einer ihrer wichtigsten Repräsentanten. Dazu hatte auf der anderen Seite der Einfluss seiner Gegenspieler auf dem Feld der Propaganda spürbar nachgelassen.47 44

45 46 47

Für eingehende Informationen über Hitlers Herrschaftssystem, welches neben der Bürokratie des Staates ein konkurrierendes Netz von persönlichen Vollmachten beinhaltete, vgl.: Ruck, Michael: Führerabsolutismus und polykratisches Herrschaftsgefüge – Verfassungsstrukturen des NS-Staates, in: Bracher, Karl u. a. (Hg.): Deutschland 1933-1945. Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft (Studien zur Geschichte und Politik, Bd. 314). Bonn 1992, S. 32-56. Vgl. Kallis, Deutungsmacht, S. 205, 208; Abel, Presselenkung, S. 69 f. Vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 265; Kallis, Propaganda, S. 43 f. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 43-46, 59-62; Brozsat, Staat, S. 388 f.

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Unter diesen war lange Zeit das Auswärtige Amt (AA) unter Reichsaußenminister von Ribbentrop am bedeutsamsten. Dieser hatte 1939 das Recht erhalten, eine eigene Presse- und Rundfunkabteilung in seinem Haus einzurichten. Damit konnte das AA einige Jahre lang eine eigene Rolle neben dem RMVP auf dem Gebiet der Auslandspropaganda spielen.48 Andere wichtige Konkurrenten waren etwa Alfred Rosenberg, der als Minister für die besetzten Ostgebiete auch die dortige Propaganda koordinieren wollte oder auch Rudolf Heß in Fragen der Volksdeutschen. Ebenso hatte Goebbels auch mit Martin Bormann nach dessen Aufstieg zum mächtigen Sekretär des »Führers« in Propagandafragen, vor allem die Partei betreffend, seine Auseinandersetzungen.49 Wichtig im Rahmen dieser Arbeit ist aber die auch konfliktbeladene, vor allem aber fruchtbare Zusammenarbeit mit dem OKW in dem Bereich Wehrmachtpropaganda. Dies wird ausführlicher im Rahmen der Darstellung der Organisation der PK und der militärischen Berichterstattung behandelt werden.50 Einen seiner Hauptkonkurrenten aber hatte Goebbels im eigenen Haus: Insbesondere im Bereich der Presse und in der Nachrichtenverteilung war dies der erwähnte Otto Dietrich. Dessen Macht gründete sich auf zwei Standbeine. Zum einen sein Parteiamt, er war seit 1931 Reichspressechef der NSDAP, zum anderen seine staatlichen Ämter, da er seit 1938 Staatssekretär im RMVP und Pressechef der Reichsregierung war.51 Aufgrund seiner staatlichen Ämter war er an der Entstehung der Presseanweisungen beteiligt, die er, oder später im Krieg seine Mitarbeiter, in der Reichspressekonferenz auch verkündete. Am wichtigsten war dabei, dass die oben beschriebenen »Tagesparolen« unter seiner Verantwortung entstanden und so Anweisungen an die Pressekonferenz nur nach Absprache mit ihm gegeben werden konnten. Selbst Goebbels musste so die in seiner Ministerkonferenz festgelegten Anweisungen vor der Reichspressekonferenz erst durch seine Mitarbeiter in der sog. »Tagesparolenkonferenz« mit Dietrichs Leuten besprechen und von Dietrich selbst absegnen lassen. Ebenso war es Dietrich möglich, als Staatssekretär des RMVP auf Konferenzen des Ministeriums den Vorsitz zu führen oder deren Ergebnisse durch Anweisungen an seine Untergebenen zu beeinflussen. Ferner war er als Pressechef der Reichsregierung für die öffentliche Darstellung der Regierungsangelegenheiten wie auch der gesamten deutschen Verwaltung zuständig. Schon dadurch hatte er großen Einfluss auf die Gestaltung der Meldungen der Nachrichtenagenturen. Hier konnte er aufgrund seiner Amtsstellung konkret die Veröffentlichung einzelner Meldungen anordnen oder verbieten und Sprachregelungen oder kurzfristige Propagandaschwerpunkte festlegen. Alle Meldungen, auch die Nachrichten des OKW und der Wehrmachtbericht, liefen über Dietrich, der sie nach Einsichtnahme an die Agenturen und die Presseabteilung weiterleitete. Obwohl bei der Masse dieses täglichen Nachrichtenmaterials eine Einflussnahme nur in Einzelfällen und allgemein nur über eine Nachzensur 48

49 50 51

Die intensiven Auseinandersetzungen zwischen Goebbels und dem AA über diese Zuständigkeiten werden eingehend geschildert bei Longerich, Propagandisten, insbes. S.126-148. Vgl. Kallis, Deutungsmacht, S. 209; ebd., Propaganda, S. 49-56. Siehe Abs. 2.2. dieser Arbeit. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 110.

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und allgemeine Anweisungen möglich war, übte er insbesondere nach Ausbruch des Krieges seine Macht auch intensiv aus, so dass es für Goebbels immer schwieriger wurde, seine konkreten Anweisungen gegen Dietrich durchzusetzen.52 Diese starke Machtposition im Bereich der Presse und der Agenturmeldungen begründete sich in Dietrichs direktem Zugang zu Hitler. Er gehörte von 1933 bis 1945 zu dessen persönlichem Stab und musste entweder selbst oder über einen Mitarbeiter jederzeit für den »Führer« erreichbar sein. Deshalb war er im Krieg ständig im FHQ anwesend. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Hitler mit aktuellem Nachrichtenmaterial zu versorgen und von ihm mündliche Presseanweisungen zur Weiterleitung an das RMVP und die Agenturen entgegen zu nehmen. Durch seinen persönlichen Umgang mit dem Diktator war es ihm möglich, von Hitler immer wieder Entscheidungen zu seinen Gunsten zu erwirken und so seine Zuständigkeiten im Propagandaapparat weiter auszubauen und abzusichern. Zudem konnte er sich im Dritten Reich ungeheuren Respekt verschaffen, indem er immer wieder die genaue Kenntnis der Wünsche des Diktators an die Presse zu erkennen gab.53 Das machte es u. a. für Goebbels schwierig zu erkennen, welche Weisungen durch den »Führerwillen« gedeckt waren. Zudem ermöglichte es seine starke Stellung in der Nachrichtenübermittlung der Agenturen Dietrich, Meldungen direkt und damit an der Kontrolle des RMVP vorbei an die Zeitungen und Radiostationen zu übermitteln. Bekannte Fälle dieser unmittelbaren Einflussnahme sind die zwölf Sondermeldungen vom 28. Juni 1941 zu Beginn des Russlandfeldzuges, die Dietrich vollkommen unabhängig von Goebbels initiiert hatte. Ebenso war er es, der zum stärksten Missfallen von Goebbels am 9. Oktober 1941 das bevorstehende Ende des russischen Widerstandes verkündete und damit in der Folge der Glaubwürdigkeit der deutschen Propaganda einen empfindlichen Schlag versetzte.54 Dazu kam sein Parteiamt. Als Reichspressechef im Range eines Reichsleiters oblag Dietrich hier die Aufgabe, mittels der Reichspressestelle alle Presseveröffentlichungen der Partei inhaltlich zu lenken und zu kontrollieren. Das betraf neben den Verlautbarungen der parteieigenen Blätter auch die Pressearbeit der Partei und aller ihrer Untergliederungen, also auch die der SS. Zu diesem Zweck gab das Amt verbindliche Richtlinien und Sprachregelungen für die Behandlung jeglicher Parteiangelegenheiten heraus, die auch den überregionalen bürgerlichen Tageszeitungen zugingen und deren Einhaltung überwacht wurde. Um zudem bis in die Provinz wirken zu können, arbeitete das Reichspresseamt mit den Gaupresseämtern zusammen. Parteiamtliche Bekanntmachungen konnte der Reichspressechef aber auch über den parteieigenen Nachrichtendienst, die »Nationalsozialistische Korrespondenz« (NSK), verbreiten. Deren Repertoire umfasste auch 52 53 54

Vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 261, 265-273. Vgl. Krings, Dietrich, S. 401-405, 412; Speer, Erinnerungen, S. 311; Stephan, Goebbels, S. 167-169. Vgl. Kallis, Deutungsmacht, S. 208 f., 217; Krings, Propaganda, S. 31 f.; Longerich, Propagandisten, S. 112. Andere Fälle einer von Goebbels abweichenden Propagandakonzeption Dietrichs sind etwa die Erklärung des England-Fluges von Rudolf Heß im Frühjahr 1941 mit dessen »geistigen Umnachtung« oder die nach Meinung von Goebbels zu frühe und zu offensive Verwendung des Begriffes »Vergeltung« nach dem Beginn des Einsatzes der V-Waffen am 15. Juni 1944, vgl. dazu Abel, Presselenkung, S.20 f.; Hölsken, S. 103 f.

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fertige Reportagen über die Arbeit einzelner Parteiorganisationen.55 Insbesondere durch diesen »Service« der NSK war die Möglichkeit gegeben, Propaganda um die SS weit zu verbreiten, zumal die Zeitungen diese Meldungen abdrucken mussten.56 Weitere Einwirkungsmöglichkeiten des Reichspresseamtes auf die Berichterstattung bestanden zudem durch zwei Pressekonferenzen, die vollkommen unabhängig vom RMVP wöchentlich bzw. alle zwei Wochen stattfanden. Auch hier wurden Meldungen der Parteipressestelle bekanntgegeben, darüber hinaus aber auch streng geheim über die zukünftigen Ziele der Partei informiert. Daneben hatte Dietrich auch ein Einspruchsrecht bei allen personellen Entscheidungen auf dem Gebiet der Parteipresse und konnte somit jeden NS-Pressefunktionär oder Parteijournalisten beurlauben lassen. Zuletzt gehörte zu seiner Zuständigkeit auch die Auslandspressestelle der NSDAP, welche sowohl die Berichterstattung über Deutschland auswertete wie auch das Ausland mit Publikationen und Informationen zu beeinflussen suchte. Gleiches tat er auch als Staatssekretär im RMVP, womit auch er in Konflikt mit dem AA geriet.57 Der Stern Dietrichs begann erst zu sinken, als er ab Anfang 1943 Hitler immer weniger zu Gesicht bekam, während Goebbels gleichzeitig immer mehr an Ansehen und Zugang bei Hitler gewann. Ende März 1945 schließlich wurde der Reichspressechef von Hitler beurlaubt.58 Es bleibt aber festzuhalten, dass es in den Auseinandersetzungen zwischen Dietrich und Goebbels stets um taktische Fragen, etwa um die propagandistische Behandlung einzelner Ereignisse oder die jeweilige »Dosierung« einzelner Themen ging, nicht aber um grundsätzlich unterschiedliche Inhalte der Propaganda. Diese war bei beiden gleich, jedenfalls ist kein Versuch Dietrichs zu erkennen, den Themen Goebbels eine Alternative gegenüberzustellen. Ihre Konflikte resultierten eher auf ihren unterschiedlichen Konzeptionen. Dietrich wollte seinem »Chef« Hitler am nächsten Tag Schlagzeilen vorlegen, während Goebbels eher die langfristigen Auswirkungen seiner Aktionen auf die allgemeine Stimmung im Volk im Auge hatte.59 Für die vorliegende Arbeit sind diese organisatorischen Mängel in der Propaganda vor allem im Hinblick auf Inhalt und Umfang der Berichterstattung über die Waffen-SS wichtig. Die aufgezeigte polykratische Struktur in der Medienlenkung des Dritten Reiches bot der SS gleich mehrere Kanäle, um das von ihr gewünschte Bild ihrer Kampfverbände in den damaligen Medien möglichst weit zu verbreiten. Dies war insbesondere im Bereich der Presse gegeben, wo neben den Möglichkeiten des RMVP unter Goebbels noch die Verbindungen Dietrichs wie auch dessen parteiamtlichen Meldungen der Reichspressestelle im Sinne der SS genutzt werden konnten. Hinweise darauf, ob der Schwarze Orden auf diese 55 56 57

58 59

Vgl. Krings, Dietrich, S. 111 f, 231-241. Vgl. ebd., S. 238. Vgl. ebd., S. 108, 226 f., 377-388. Die Definition der Befugnisse Dietrichs als Reichspressechef in einer Anordnung Hitlers an alle Reichs- und Gauleiter v. 28.2.1934 ist abgedruckt in: Wulf, Presse, S. 113 f. Vgl. Krings, Dietrich, S. 376 f, 420, 437-440. Vgl. Longerich, Propagandisten, S. 115.

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Weise wirklich selbst Einfluss auf die Propaganda um die Waffen-SS nehmen konnte, wird in Abschnitt 3.5 dieser Arbeit nachgegangen werden. Den potentiell größten Einfluss aber hatte die SS jedoch auf einem Feld der Propaganda, welches für die Kriegsberichterstattung im Dritten Reich zentral gewesen ist: die Berichterstattung der Propaganda-Kompanien der Wehrmacht (PK). Hier verfügte die SS über eine eigene Organisation, die SS-Propagandakompanie (SS-PK), die speziell über die Waffen-SS berichtete. Bevor aber auf diese genauer eingegangen wird, soll zunächst die Organisation und Bedeutung dieser damals neuartigen Form der Kriegsberichterstattung dargestellt werden.

2.2 DIE MILITÄRISCHE PROPAGANDA: GOEBBELS, DIE WEHRMACHT UND DIE PROPAGANDAKOMPANIEN In den Medien des Dritten Reiches wurden Informationen über den Kriegsverlauf auf verschiedene Weise vermittelt. Zahlen und Fakten zu dem gerade aktuellen Geschehen an den Fronten wurden täglich im Wehrmachtbericht (WMB) verkündet,60 für die Darstellung der Art und Weise des Kampfgeschehens wurden jedoch fast ausschließlich die Reportagen, Bilder und Filme der Propagandakompanien der Wehrmacht genutzt. Letztere Art der Kriegsberichterstattung war zu diesem Zeitpunkt revolutionär. Eingezogene Journalisten waren zugleich in den Kampf eingebundene Soldaten und konnten so direkt aus den Frontlinien berichten. Resultat war ein realistisch anmutendes Bild vom Krieg. Dienen sollte diese Berichterstattung als ein »Mittler zwischen Front und Heimat«,61 durch welche eben diese Heimat einen Eindruck vom Kampf, aber auch Alltag ihrer Angehörigen, Bekannten oder Nachbarn an der Front erhalten und sich so mit diesen verbunden fühlen sollte. Mittels dieser PK-Berichte hoffte man also die Moral im Reich positiv zu beeinflussen. Schon aus diesem gewollten Effekt auf die öffentliche Meinung ergibt sich die Wichtigkeit der Berichterstattung der PK für diese Arbeit. Dazu kommt die Wirksamkeit bis in die Gegenwart. Das von den PK produzierte Material ist das einzige in professioneller Qualität, mit dem die damaligen Kämpfe veranschaulicht werden können. Deshalb wird es bis heute in fast jeder Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg verwendet.62 Zudem waren diese Propagandatruppen der Wehrmacht zugleich Vorbild und Konkurrenz für die SS-PK, so dass die Besonderheiten letztgenannter Einheit sich erst im Vergleich mit der Wehrmacht-PK wirklich erschließen lassen. All dies rechtfertigt, dass im Folgenden näher auf die Entstehungsgeschichte, Organisati-

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Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 33. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 32. So wurde ihre Aufgabe im Dritten Reich offiziell dargestellt, siehe etwa den Bericht »Was bedeutet der Heimat der PK-Wortbericht?«, in: Deutsche Presse 34 (1944), Nr. 6 v. 11.3.1944, S. 65. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 426.

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on und Personal der PK wie auch den Charakter und publizistischen Erfolg ihrer Berichterstattung eingegangen wird. Das Interesse der Wehrmacht an einer selbst gestalteten militärischen Propaganda lässt sich auf mehrere Wurzeln zurückführen. Eine war die Tradition. Eine Kriegsberichterstattung und -propaganda war schon immer Teil einer jeden bewaffneten Auseinandersetzung und ist bereits in der frühesten Literatur zu finden.63 Deren Bedeutung hatte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts massiv erhöht. Da Kriege nun nicht mehr bloß auf den Schlachtfeldern ausgefochten wurden, sondern die Mitwirkung aller Bereiche der mittlerweile hoch technisierten Gesellschaft erforderten, waren sie ohne eine Unterstützung der Öffentlichkeit nicht mehr zu führen. Diesem Zusammenhang wurde an sich in Deutschland schon früh Rechnung getragen, z. B. als das Tirpitzsche Flottenbauprogramm von einem nie da gewesenen Werbefeldzug begleitet wurde.64 Dennoch war die deutsche Propaganda im Ersten Weltkrieg nur unzureichend ausgestaltet. So waren schon die Verlautbarungen von militärischer und politischer Führung oftmals nicht aufeinander abgestimmt und mussten so immer wieder ihre beabsichtigte Wirkung auf die Bevölkerung verfehlen. Dazu beschränkte man sich von offizieller Seite weitestgehend auf die Herausgabe des amtlichen Heeresberichtes, dem erst ab 1918 ein Kommentar beigegeben wurde. So blieben wichtige Mittel zur Beeinflussung der Öffentlichkeit wie z. B. der Film faktisch ungenutzt, vor allem aber überließ man in der Presse die Berichterstattung von der Front zivilen Reportern, die meist noch nicht einmal in die Nähe der Schlachtfelder gelassen wurden, sondern bei den weit entfernten Stäben die militärische Meldungen verwerten mussten und dazu einer strengen Zensur unterlagen. All dies trug dazu bei, dass sich im Kaiserreich ein unzutreffendes Bild von der militärischen Lage entwickelte, noch verschlimmert durch die fehlende mediale Abschottung. Selbst die Meldungen der Kriegsgegner durften gedruckt werden, wodurch diese feindliche Propaganda auch im Inneren des Reiches Wirkung entfalten konnte.65 Diese Versäumnisse wurden nach Kriegsende von Vielen als einer der Hauptgründe für den vermeintlichen »Dolchstoß« und damit der deutschen Niederlage gesehen. Das galt sowohl für führende Militärs, wie insbesondere General Erich Ludendorff,66 aber auch Hitler, der in »Mein Kampf« ein ganzes Kapitel den Mängeln der deutschen Kriegspropaganda und seinen Lehren daraus widmete.67 In zukünftigen Ausein-

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Beispiele einer antiken Kriegsberichterstattung wären die »Ilias« von Homer, die Schilderungen der Kriege König Davids im Alten Testament oder, im deutschen Kulturbereich, das »Lied von der Hunnenschlacht« aus dem Jahr 451, vgl. Binski, Vorläufer, S. 32 f. Zur Verwirklichung dieses gewaltigen Aufrüstungsprojektes, mit dem Ende des 19. Jahrhunderts eine konkurrenzfähige deutsche Marine geschaffen wurde, waren, etwa über Steuererhöhungen, große Opfer der Bevölkerung nötig. Um das einfacher durchsetzen zu können, betrieb das »Nachrichtenbureau« des Reichsmarineamtes eine umfangreiche Propagandakampagne, vgl. Schwengler, Marine, S. 35. Für eine Gesamtdarstellung siehe: Deist, Wilhelm: Flottenpolitik und Flottenpropaganda. Das Nachrichtenbureau des Reichsmarineamtes 1897-1914. Stuttgart 1976. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 33-35; Murawski, Wehrmachtbericht, S. 16-25; Schröder, Kriegsbericht S. 19 f. Vgl. Paul, Aufstand, S. 26-29. Vgl. Hitler, Kampf, S. 193-204.

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andersetzungen müsste es unbedingt gelingen, so Hitler wörtlich, »die Menschen vom Sterben zu berauschen«68. Folgerichtig kam, insbesondere nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, der geistigen Kriegsführung in den militärischen Planungen der zukünftigen Konflikte ein höherer Stellenwert zu.69 Zugleich bestand für die Reichswehr bald auch ein praktisches Erfordernis für eine verstärkte »Imagepflege«: Sie sah sich ab 1933 einer Vielzahl von NS-Organisationen wie dem RMVP, der SA, der HJ und auch der SS gegenüber, die jeweils eine eigene Propaganda produzierten. Die Militärs mussten so befürchten, in diesem »Getöse« kein Gehör mehr für ihre Mitteilungen zu finden.70 Beides führte dazu, dass die schon bestehenden Dienststellen der Weimarer Reichswehr zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung nun zügig ausgebaut und bald in das Wehrmachtamt eingegliedert wurden.71 In den ersten Jahren hatte die von den Militärs produzierte Propaganda so vor allem den Zweck, den eigenen Status im Dritten Reich abzusichern. Sie sollte als eigener Faktor im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit verankert werden, zugleich trachtete man danach, durch Herausstellung der Treue zum neuen Regime Angriffe auf die eigene Stellung im NS-Staat, etwa durch die SA, abzuwehren.72 Nach der Errichtung der Wehrmacht im Mai 1935 und dem damit verbundenen Ende der Restriktionen des Versailler Vertrages wurde dann die Vorbereitung der Bevölkerung auf einen neuen Krieg zur Hauptaufgabe der militärischen Propaganda. Durch sie sollte die Wehrmacht populär werden, nicht nur, um möglichst viele Rekruten für die neu aufzustellenden Einheiten zu erlangen, sondern auch, um frühzeitig die Unterstützung der gesamten Bevölkerung im Kriegsfall sicherzustellen. Die konkreten Maßnahmen dafür umfassten z. B. eine möglichst große Berichterstattung über Manöver, Paraden und andere militärische Ereignisse, die Gründung einer eigenen Zeitschrift »Die Wehrmacht« oder die Intensivierung der Kontakte zur HJ. Nach der Einrichtung des OKW wurde die Propaganda sogar als legitimes Kriegsmittel definiert. In einer Denkschrift vom Februar 1938 wurde die Einheit von Volk, Staat und Nation als Grundvoraussetzung für einen Sieg in einem zukünftigen Krieg genannt. Die Propaganda sollte diese gewährleisten.73 Koordiniert wurde die gesamte Presse- und Propagandaarbeit der Wehrmacht zentral von der Abteilung Wehrmachtpropaganda beim OKW (OKW/WPr), welche am 1. April 1939 gegründet wurde und dem Major Hasso von Wedel unterstand.74 Ihr Aufgabengebiet umfasste die Berichterstattung von der Front durch 68 69 70 71 72 73 74

Hitler, Kampf, S. 202. Für Details hierzu vgl. Förster, Kriegführung, insbes. S. 469-505. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 53; Schwengler, Marine, S. 44. Vgl. Schwengler, Marine, S. 43-45. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 54. Vgl. ebd., S. 63-67. Der konkrete Anlass waren die Mängel in der Organisation der militärischen Propaganda während des »Anschlusses« und des Einmarsches in das Sudetenland. Die Stellung von OKW/WPr wurde aber erst durch einen Führererlass vom 10.2.1941 endgültig festgelegt. Zuvor hatte es insbesondere von Heer und Luftwaffe Bestrebungen gegeben, eigene Propagandaorganisationen zu gründen, vgl. Uziel, Propaganda, S. 163-167, 190-196. Der Erlass Hitlers ist abgedruckt in: Moll, Führer-Erlasse, S. 159 (Dok. 71).

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die PK, die Erstellung des WMB, aber auch andere Aufgaben, wie etwa die Truppenbetreuung, z. B. durch die Herausgabe von Feldzeitungen und Schulungsmaterial.75 Ein wichtiges Arbeitsgebiet war zudem die psychologische Kriegsführung, also die Einwirkung auf die feindlichen Truppen zum Zwecke ihrer Demoralisierung.76 Unzweifelhaft ist mittlerweile der Charakter der hier produzierten Berichterstattung. Der ehemalige Kommandeur von Wedel hatte nach dem Krieg erklärt, in der Propagandatruppe habe man die extremen Punkte der NS-Parteidoktrin wie etwa den Antisemitismus abgelehnt, aus der Arbeit der Propagandatruppen ferngehalten und deshalb ununterbrochen Konflikte mit dem Propagandaministerium austragen müssen.77 Wie viele Aussagen und Memoiren anderer ehemaliger Offiziere in den ersten Jahren nach dem Krieg sollten auch diese Worte aber dazu dienen, zu dem Bild von einer »sauberen Wehrmacht« beizutragen.78 Man muss nur das unter der Verantwortung von OKW/WPr produzierte Material genauer betrachten, um zu erkennen, dass natürlich auch die Wehrmachtpropaganda den Interessen des NS-Regimes diente und mit dem RMVP intensiv zusammenarbeitete.79 So informierte schon der WMB keineswegs nur nüchtern und knapp über die jeweils aktuelle militärische Lage, vielmehr war auch er von ideologische Färbungen, Manipulationen oder einseitige Darstellungen geprägt. Die Übereinstimmung mit dem Willen der NS-Führung war zudem durch eine Kontrolle von höchster Stelle garantiert. Der WMB durfte erst veröffentlicht werden, wenn Änderungswünsche des Führerhauptquartiers (FHQ) berücksichtigt worden waren.80 Weiter war selbst das von OKW/WPr herausgegebene Schulungsmaterial für die eigenen Soldaten von den Thesen der NS-Ideologie geprägt. In den »Mitteilungen für die Truppe« bzw. »Mitteilungen für den Offizier« wurde etwa regelmäßig gegen den »jüdisch-bolschewistischen Weltfeind«, die sowjetischen Kommissare wie auch gegen die »Plutokraten« gehetzt. Dem wurde u. a. das Idealbild vom politischen Soldaten und dem NS als »Quelle der völkischen Kraft« entgegengestellt.81 Sichtbar wurde die Mitwirkung von OKW/WPr bei der Durchsetzung der propagandistischen Absichten der NS-Führung auch bei der sog. »Flüsterpropaganda-Aktion«. Dabei wurde in der Endphase des Krieges 1944/45 das Vertrauen der Bevölkerung in die Frontsoldaten genutzt, um mit Hilfe ausgewählter Militärangehöriger unauffällig Durchhalteparolen im Reich zu verbreiten. Die Federführung lag dabei beim RMVP, OKW/WPr war aber von Anfang an einge75 76 77 78 79

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Für eingehende Informationen vgl. Vossler, Propaganda, insbes. S. 104, 113. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 121. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 148, 151. Vgl. Vossler, Propaganda, S. 110. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 38 f; Schwengler, Marine, S. 45 f; Uziel, Propaganda, S. 102 f. Die Darstellung durch v. Wedel wird auch durch seine eigenen zeitgenössischen, äußerst regimefreundlichen Schriften ad absurdum geführt, vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 116. Vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 347-353; Hagemann, Publizistik, S. 412, 414 f; Murawski, Kriegsberichterstattung, S. 159. Vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 322-336.

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bunden und schlug u. a. die zu verwendenden Soldaten vor.82 Angesichts all dessen ist es nicht überraschend, dass auch bei der Organisation und Tätigkeit der PK Wehrmacht und RMVP intensiv zusammenarbeiteten. Vom Propagandaministerium wurde die Kriegspropaganda ohnehin von Anfang an als Teil ihres eigenen Betätigungsfeldes angesehen. So richtete man schon 1933 im Ministerium ein »Reichsverteidigungsreferat« unter der Leitung des Majors Alfred von Wrochem ein.83 Folgerichtig versuchte Goebbels am Vorabend des Krieges, eigene, zivile Kriegsreporter mit der Kriegsberichterstattung zu beauftragen. Insofern ist die Einrichtung der PK auch als eine Reaktion der Wehrmacht auf diese Pläne zu sehen.84 Der Propagandaminister reagierte zunächst entsprechend empört.85 Als sich jedoch bei entsprechenden Tests in Manövern zeigte, dass eine Eingliederung der Reporter in die Kampftruppen die Effektivität und Glaubwürdigkeit der Kriegsberichterstattung deutlich erhöhen würde,86 einigte man sich noch vor Kriegsbeginn auf eine Kompetenzabgrenzung. Im Winter 1938/39 unterschrieben Goebbels für das RMVP und General Wilhelm Keitel für das OKW ein »Abkommen über die Durchführung der Propaganda im Kriege«, in dem die Wehrmacht Goebbels erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf diesem Felde zubilligte.87 Hierin wurde bestimmt, dass sich RMVP und Wehrmacht bei der Führung des Propagandakrieges an der Front eng abstimmen. Dafür wurden vom OKW die Propagandakompanien aufgestellt und mit eingezogenen Journalisten und anderen Fachleuten aus dem Medienbereich ausgestattet. In den PK sollten aber nur solche Spezialisten dienen können, die auf einer eigens erstellten »Fachliste« des RMVP aufgeführt waren. Zudem wurde vereinbart, dass die Kriegsberichter die Anweisungen bzw. Parolen des RMVP zu berücksichtigen hatten. Damit hatten diese Journalisten selbst im Fronteinsatz nicht mehr Freiheiten als ihre Kollegen im Reich. Dazu wurde alles von den PK erstellte Material vor seiner Abgabe an die Medien nicht nur militärisch, sondern vom RMVP auch politisch zensiert. Hierbei wurde überprüft, ob die derzeit gültigen Parolen beachtet wurden und das Material generell mit der NS-Weltanschauung in Einklang stand.88 Diese Aufgabenteilung blieb bis zum Ende des Krieges bestehen und funktionierte in der Praxis im Ganzen reibungslos. So wurde etwa sämtliches für eine Berichterstattung notwendige Material wie Kameras, Aufnahmegeräte etc. bereits 1938/39 vom RMVP an die WM geliefert, weil dort solches Spezialgerät zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden war.89 82

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Vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 336 f. Grundlegend hierzu: Berghahn, Volker R.: Meinungsforschung im »Dritten Reich«: Die Mundpropaganda-Aktion der Wehrmacht im letzten Kriegshalbjahr, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, H. 1 (1967), S. 83-119. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 38. Vgl. ebd., S. 47; Murawski, Grüblertruppe, S. 26; Uziel, Propaganda, S. 82. Die Einträge im Tagebuch von Goebbels zeigen das deutlich, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/4, S. 321 (21.9.1937). Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 47; Murawski, Grüblertruppe, S. 26 f. Der Originaltext dieses Abkommens ist nicht überliefert. Hasso von Wedel fasste aber dessen wichtigste Punkte in seinen Erinnerungen zusammen, vgl. ebd., Propagandatruppen, S. 22 f. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 22 f., 30; Uziel, Propaganda, S. 255. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 89 f., 149 f; Vossler, Propaganda, S. 111.

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2. Die Organisation der deutschen Kriegspropaganda

Grundsätzlich aber kollidierte der oben geschilderte Totalitätsanspruch Goebbels im Bereich des deutschen Verlautbarungsapparates90 mit einer eigenständigen Rolle der Wehrmacht in der Kriegspropaganda. Daher versuchte er beständig, hier seinen Einfluss zu erhöhen bzw. die Wehrmachtpropaganda idealerweise ganz zu übernehmen. Trotzdem er vermeintliche Missstände bei den WM-PK beständig anprangerte91 und einige Male in dieser Angelegenheit auch bei Hitler vorstellig wurde,92 konnte das OKW diese Vorstöße z. B. 1943 durch Interventionen bei Hitler93 oder Ende 1944 sogar mit der Hilfe der SS94 immer wieder abwehren. Die Kritik Goebbels bezog sich aber nur auf die Organisation, jedoch nie auf die inhaltliche Tendenz der von den PK erstellten Propaganda für die deutsche Bevölkerung. Der Grund dafür ist nicht nur in dem Zensurrecht des RMVP zu suchen, vielmehr bestanden hier auch enge personelle Verflechtungen. So stellte schon die Kommandierung von Verbindungsoffizieren der Wehrmacht ins RMVP eine enge Zusammenarbeit beider Organisationen sicher.95 In dieser Hinsicht wohl am wirksamsten waren aber die nach dem Polenfeldzug im OKW/WPr. für die einzelnen Zweige der Berichterstattung installierten Fachprüfer. Diese hatten die Aufgabe, die Arbeit der einzelnen PK-Angehörigen zu begutachten, gegebenenfalls auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen wie auch Weiterbildungen durchzuführen. Befehligt wurden diese Fachprüfer von eingezogenem Personal aus der Führungsebene des RMVP. So war der Inspektor für den Bereich »Wort« der Ministerialrat Werner Stephan, der für den Bereich »Rundfunk« Eugen Hadamowsky und der für »Film« Eberhard Fangauf.96 Daneben konnte das RMVP nach dem Abkommen mit dem OKW von 1939 ja auch maßgeblich mitentscheiden, wer in einer PK überhaupt tätig werden durfte. Das dafür in Frage kommende Personal wurde durch die Reichspropagandaämter bzw. das RMVP erfasst. Zentrale Auswahlkriterien waren Qualifikationen, die zu einer Berichtertätigkeit befähigten und vor allem die politische Zuverlässigkeit, die einer gründlichen Überprüfung unterzogen wurde. Eine militärische Ausbildung hingegen konnte auch nachgeholt werden.97 Am wichtigsten war die politische Zuverlässigkeit bei der Auswahl des Führungspersonals der PK. Das Vorschlagrecht für die Besetzung von deren einzelnen Kommandeursstellen lag zwar 90 91

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Vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. etwa Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 342 f. (14.2.1943), S. 362 (17.2.1943); Bd. II/9, S. 83 (11.7.1943). Vgl. etwa ebd., Bd. I/7, S. 154 f. (15.10.1939), S. 170 (27.10.1939), S. 228 (12.12.1939), S. 229 (13.12.1939), S. 250 (29.12.1939); Messerschmidt, Wehrmacht, S. 243. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 261 (10.5.1943), S. 291 (13.5.1943); Bd. II/9, S. 578-580 (23.9.1943); Uziel, Propaganda, S. 170, 199-203; Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 111. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 204-206. Besonders wichtig war dabei der Oberstleutnant Martin, der als Verbindungsoffizier des OKW diente. Er wurde zum Bewunderer und militärischen Berater Goebbels und half, dessen Gedankengut zusätzlich in OKW/WPr. zu verbreiten, da er dort Abteilungsleiter blieb, vgl. Messerschmidt, Wehrmacht, S. 241. Vgl. Heysing, Boden, S. 54; ebd., »PK-Film-Schule«, S. 30; Cleinow, PK-Filmberichterstattung, S. 70; Vossler, Propaganda, S. 113; Uziel, Propaganda, S. 161-163. Ein weiterer Inspektor war der Regierungsrat Heiner Kurzbein für den Bereich Fotos, daneben leitete der Major Walter Titel die Aktivpropaganda, vgl. Uziel, Propaganda, S. 161-163. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 125-134. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 48 f.

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bei OKW/WPr, aber Goebbels musste persönlich der Ernennung zustimmen. So überrascht nicht, dass alle diese Kommandeure zumindest in der ersten Kriegshälfte Mitglieder der NSDAP waren und bereits hohe Positionen in den Medien oder Propagandaorganisationen bekleidet hatten.98 Ebenso waren auch in den niedrigeren Rängen viele Propagandaspezialisten und Funktionäre der NSDAP und ihrer Organisationen zu finden.99 Dazu versah eine Vielzahl von Fachleuten des RMVP, etwa Ende 1940 rund achtzig Prozent der Rundfunksprecher, ihren Dienst bei der WM in den PK.100 Sie alle waren so in der Lage, schon während seiner Entstehung auf vielfältiger Weise Einfluss auf den Inhalt des hier produzierten Materials zu nehmen. Auch als in späteren Kriegsphasen mangels verfügbarer Fachleute der Ersatz von der Wehrmacht in Zusammenarbeit mit dem RMVP ausgebildet wurde, blieb die politische Zuverlässigkeit ein zentrales und intensiv überprüftes Kriterium für eine Übernahme in eine PK.101 Uziel sieht hierin und dem hohen Anteil von Parteifunktionären unter den PK-Angehörigen einen weiteren Grund für die Übereinstimmung der Inhalte von Wehrmacht- und NS-Propaganda.102 Inwieweit diese häufige Zugehörigkeit der PK-Angehörigen zum NS-System sich auf deren Berichterstattung von der Front auswirkte, muss hier offenbleiben.103 Fraglos gab es bei der PK auch fanatische Nationalsozialisten.104 Vor allem aber werden auch hier die gleichen praktischen Zwänge wie in der Heimat zu einer Ausrichtung an den Vorgaben des RMVP geführt haben. Auch an der Front hatte eine Nichtbeachtung dieser Vorgaben die Konsequenz, dass das Material des betreffenden Journalisten gesperrt und nicht verwendet wurde. Die daraus resultierende faktische Unproduktivität konnte zu einer Versetzung zu den Kampfeinheiten führen, was die meisten Journalisten sicher vermeiden wollten.105 Die Frage der Zugehörigkeit der PK-Angehörigen zum NS-System erscheint aber zweitrangig gegenüber der Vielzahl von Änderungen und Vorgaben, die das PK-Material von seiner Entstehung bis zur Präsentation vor der deutschen Öf98 99

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Vgl. Uziel, Propaganda, S. 134-137. Vgl. ebd., S. 138; Vossler, Propaganda, S. 106. Dies nahm solch einen Umfang an, dass die propagandistische Arbeit der NSDAP gefährdet wurde. Deshalb wurde ein personeller Austausch zwischen Wehrmacht und Partei vereinbart, nach dem die wichtigsten Spezialisten zumindest in der ersten Kriegshälfte abwechselnd sechs Monate einer Organisation zur Verfügung standen, vgl. Uziel, Propaganda, S. 139. Vgl. Vossler, Propaganda, S. 112. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 140 f, 147 f. Vgl. ebd., S. 422. Dagegen spricht eine bei Vossler zitierte Denkschrift des Arbeitsstabes der NSO von Ende 1943, in der von einer geringen politischen Tätigkeit der Politischen Leiter in den PK die Rede ist, vgl. Vossler, Propaganda, S. 106, FN 167. Insgesamt wäre eine Untersuchung des Grades der Befolgung der zahlreichen Vorschriften für die Arbeit der PK nötig, z. B. durch eine Korrelation der Bewertung der Berichte mit der Parteizugehörigkeit der Autoren, vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 136. Das zeigt auch ein bei Uziel, Propaganda, S.142 angeführter Sachverhalt aus den Goebbels-Tagebüchern. Im Mai 1943 plante der Propagandaminister, die Krisenstimmung in der deutschen Bevölkerung mit einer antisemitischen Kampagne zu bekämpfen. Dafür holte er »in größerem Umfang« Redakteure aus den PK zurück, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 255 (10.5.1943). Vgl. Ranke, Kriegsberichterstattung, S. 71; Bartels, Wochenschau, S. 186.

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2. Die Organisation der deutschen Kriegspropaganda

fentlichkeit unterworfen war. Am deutlichsten wird das anhand der Wochenschau. Die dort gezeigten Beiträge können wohl am wenigsten als das Werk der PK der Wehrmacht bezeichnet werden, eher sie sind das Ergebnis einer im RMVP durchgeführten, sorgfältigen Komposition aus den von der Wehrmacht gelieferten Filmsequenzen und Tonaufnahmen. Aus diesen wurden die optisch wirksamsten ausgewählt, geschnitten und montiert. Dies geschah so planvoll, dass Nachkriegsuntersuchungen grundlegende Gemeinsamkeiten aller Wochenschauen feststellen konnten: Beispielsweise wurden hier alle militärischen Handlungen, wie Vormärsche, Flugzeugstarts und sogar Rückzüge von deutschen Streitkräften immer als geordnet, planvoll und zielgerichtet präsentiert. Auch die Aufnahmen von Panzern, Geschützen und auch den Gesichtern der deutschen Soldaten unter dem Stahlhelm tauchten in immer gleicher Weise auf und wurden so zu einer Art Chiffre für die deutschen Kriegsanstrengungen. Der Gegner hingegen blieb fast immer unsichtbar. Von 1939 bis 1945 gleich blieb auch die Art und Weise der Berichterstattung. Mittels Sequenzen von vielen kleinen Siegen an allen Fronten wurde der Anspruch erhoben, den Krieg in seiner Gesamtheit zu repräsentieren und den heldenhaften Vormarsch der deutschen Truppen zu zeigen. Dieses Leitthema blieb selbst unverändert, als Raumgewinn und ein Zurückweichen des Gegners bloß noch Episode waren.106 Dass solche Kompositionen aus dem Material der PK überhaupt möglich waren, hat seine Ursache in der generell gegebenen, objektiven Uneindeutigkeit solcher Aufnahmen. Wo und unter welchen Bedingungen diese Filme, Fotos oder Radiosendungen entstanden waren, war für das Publikum fast nie zu erkennen. So erhielten sie ihren Sinnzusammenhang erst durch die begleitende Beschreibung, den Kommentar bzw. die Bild-Legende, die gewählten Ausschnitte, die Montagen und den Kontext, in den die Aufnahmen gestellt wurden.107 Die Aufnahmen der PK stellten somit eher das Rohmaterial dar, aus dem nach der Bearbeitung durch das RMVP propagandistische Darstellungen des Kampfes, des Sieges und des Heldentums deutscher Soldaten wurden. Wichtig war hier also nicht die Wiedergabe des realen Geschehens, sondern, dass der Zuschauer von dem Gezeigten emotional betroffen war.108 Die Arbeit der PK-Angehörigen wurde überdies schon an der Front in eine bestimmte Richtung gelenkt: Allgemein war hier etwa als »eiserne« PK-Regel bekannt, dass Aufnahmen von gefallenen deutschen Soldaten in keiner deutschen Zeitung oder Wochenschau gezeigt werden durften. Überhaupt hatten nur positive, d. h. »sieghafte« Bilder oder Filme, etwa von vorwärtsstürmenden Soldaten, eine Chance veröffentlicht zu werden.109 In gleicher Weise funktionierte auch die inhaltliche Ausrichtung der von den PK-Angehörigen geschriebenen Artikel. Die Anweisungen des RMVP, bestimmte Themen zu bearbeiten wie auch die 106 107

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Vgl. Prümm, Modellierung, passim; Bucher, Goebbels, S. 54. Vgl. Enzensberger, Einzelheiten, S. 122 f, 127; Ranke, Kriegsberichterstattung, S. 62, 64, 67-69; ebd., Deutsche Geschichte, S. 7 f. Als Bsp. siehe auch die Schilderung eines ehemaligen PK-Angehörigen, wie aus seinem Bild von einer Gruppe englischer Soldaten ein »Beleg« für die Gefangennahme von 88.000 Briten in Dünkirchen wurde, vgl. Schmidt-Scheeder, Reporter, S. 162 f, 166. Vgl. Bucher, Goebbels, S. 55; Bartels, Wochenschau, S. 180. Vgl. Beer, Propagandatruppe, passim; Bartels, Wochenschau, S. 186.

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Kontrolle und Bewertung der gelieferten Berichte durch die politische Zensur gewährleisteten, dass nur dem Propagandaministerium gerade genehme Arbeiten an die Presse weitergegeben wurden. Entscheidend war auch hier allein die beabsichtigte Wirkung, die genaue Faktenlage demgegenüber zweitrangig. Denn einer Nachprüfbarkeit waren auch die PK-Artikel entzogen. Genaue Details zu Ort, Zeitpunkt und Hintergrund der beschriebenen Handlung durften aus Gründen der militärischen Zensur normalerweise nicht genannt werden. Sogar die Protagonisten erschienen aus gleichem Grund nur in seltenen Ausnahmefällen mit richtigem Namen, normalerweise aber nur in mehrdeutigen Abkürzungen.110 Unter diesen Umständen war es dem RMVP immer möglich, aus der Masse des von den PK erstellten Materials das gerade Benötigte auszuwählen. Die nötigen Qualifikationen brachten die PK-Angehörigen mit: Schließlich war hier so gut wie jeder Fachmann aus dem Gebiet der Publizistik versammelt, also Journalisten, Fotografen, Kameramänner etc., aber auch Vertreter verwandter Berufe wie etwa Schriftsteller, Verleger oder Kunstmaler. Darunter waren einige damals bekannte Namen, viele andere machten nach dem Krieg Karriere. Als Beispiele wären Ernst Jünger, Rudolf Hagelstange, Ernst Rowohlt, Henri Nannen, Werner Höfer, Peter von Zahn oder Lothar Buchheim zu nennen.111 So hoch die journalistischen Qualitäten der Kriegsberichter also offensichtlich vielfach waren, die NS-Propaganda wollte dennoch glauben machen, dass die Kriegsberichter in erster Linie als Soldaten anzusehen seien. Goebbels kleidete das 1941 in folgende Worte: Der PK-Mann ist kein Berichterstatter im herkömmlichen Sinne, sondern ein Soldat. Neben Pistole und Handgranate führt er noch andere Waffen mit sich, die Filmkamera, die Leica, den Zeichenstift oder den Schreibblock. Er ist in der Truppe ausgebildet worden, er lebt als Soldat unter Soldaten, kennt ihr Milieu, weil es das Seine ist, spricht die Sprache, denkt in ihrem Denken und fühlt in ihrem Fühlen. Während der Stoßtrupp-Pionier todesverachtend und mit gelassener Kaltblütigkeit seinen Flammenwerfer einsetzt [...] steht der PK.-Mann ebenso todesverachtend und kaltblütig daneben, um diesen dramatischen und erregenden Vorgang im Wort oder Bild festzuhalten. Der Einsatz ist in beiden Fällen genau der gleiche.112

In zahllosen weiteren Artikeln und Reportagen wurde der deutschen Öffentlichkeit immer wieder dieses Bild von dem soldatischen und eben nicht journalistischen Charakter der PK vermittelt und als Beleg für deren Einsatz an vorderster Front ihre hohen Verlustzahlen angeführt.113 Dazu wurde auch eine Verbindung zu den Idealen der NS-Ideologie hergestellt: Kriegsberichter entsprächen der 110 111 112 113

Vgl. Boehm, Kriegsbericht, S. 33 f. Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 137; Schmidt-Scheeder, Reporter, S. 12. Goebbels, Joseph: »P.K.«, in: DR 20 v. 18.5.1941, S. 1 f, hier: 2. Vgl. z. B. »Deutsche Kriegsberichterstatter sind Soldaten«, in: BIZ 2 v. 11.1.1940, S. 29; »Der letzte Bericht: Seine Ehre hieß Treue!«, in: BIZ 24 v. 18.6.1942, S. 350 f. Letztgenannter Artikel ist in Teilen abgedruckt in Ferber, Jedermann, S. 374. Der Dienst in den PK war tatsächlich alles Andere als ungefährlich. Laut einem Überblick der Personalabteilung des RMVP fielen bis Ende Dezember 1944 705 PK-Angehörige, 610 wurden verwundet und 253 blieben vermisst, vgl. Schreiben des Leiters der Personal-Abteilung des RMVP an den Minister betreff Propaganda-Kompanien v. 30.12.1944, in: BArchB, R 55/399.

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unbedingten Folgerichtigkeit, die dem Nationalsozialismus als kämpferischer Weltanschauung zu Eigen sei. Als Vorbild für die PK wurde kein geringerer als der italienische »Duce« Mussolini präsentiert, welcher tatsächlich während seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg für seine Zeitung »Popolo d’Italia« von der Front berichtet hatte.114 Der Sinn dieser Betonung des soldatischen Charakters der PK lag zweifellos darin, ihre Berichterstattung authentisch und damit glaubwürdig erscheinen zu lassen. Dies geschah auch durch eine demonstrative Abgrenzung zu den »Kriegskorrespondenten« der Feindstaaten. Während die PK-Angehörigen als Soldaten unter Soldaten leben und wie diese denken, fühlen und handeln würden, wären diese »Kriegskorrespondenten« auch an der Front weiter bloße Journalisten ohne Verständnis für die wahren Zusammenhänge.115 Diese Darstellung der PK hatte durchaus einen wahren Kern. Die deutschen Kriegsberichter sammelten ihre Eindrücke tatsächlich regelmäßig in vorderster Front und nahmen auch z. B. an Panzeroperationen, Feindfahrten von U-Booten, Landungsoperationen und auch Luftangriffen teil.116 Infolge militärischer Erfordernisse beteiligten sich die Reporter dabei auch direkt am Kampf. So mussten z. B. aufgrund des begrenzten Platzes in den Kampfmaschinen der Luftwaffe die mitfliegenden Reporter gleichzeitig auch die Aufgaben der Bord- bzw. Bombenschützen übernehmen.117 Daneben gab es aber auch eine andere Wahrheit. So waren, wie im Ersten Weltkrieg, auch in der Frontberichterstattung der PK Reportagen zu finden, die offensichtlich auf Hörensagen beruhten und so z. B. nur Erzählungen der Piloten über ihre Luftkämpfe beinhalteten.118 Dazu kam die von den PK-Fotografen aus der damaligen Illustrierten-Praxis übernommene Methode, verpasste Begebenheiten nachzustellen oder das gewünschte Motiv ganz zu konstruieren. Die PK-Führung wie auch das RMVP nahmen keinen Anstoß daran, wenn die Fälschung nicht zu offensichtlich war.119 Für die Filmberichte der Wochenschauen, wo Originalaufnahmen aus dem direkten Kampfgeschehen nur selten möglich waren, wurde das Geschehen sogar standardmäßig auf Truppen114 115

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119

Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 46. Vgl. ebd., S. 46 f. Bsp. von zeitgenössischen Beschreibungen dieser Art sind: »Kriegsberichter sind Frontsoldaten«, in: SK 8 v. 20.2.1941, S. 3; Goebbels, Joseph: »P.K.«, in: DR 20 v. 18.5.1941, S. 1 f; »Wie sie sich selbst fotografieren«, in: BIZ 4 v. 28.1.1943, S. 42. Vgl. die Schilderung der Landung in Dänemark und Norwegen, in: Beer, Propagandatruppe, passim. Bei der Einnahme von Kreta 1941 sprangen PK-Reporter mit den ersten Wellen der Fallschirmjäger ab, vgl. Beer, Lied, passim. Vgl. als Bsp. auch das Bild einer an einen Panzer montierten Filmkamera in: BIZ 38 v. 18.9.1941, S. 979. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 146 f; Heysing, Boden, S. 52, 54. Vgl. z. B.: »Wie britische Bomber abgeschossen wurden, in: DAZ 602 v. 18.12.1939, S. 3; »Messerschmitt gegen Spitfires«, in: DAZ 234 v. 15.5.1940, S. 3; »Mit schwerem Halsschuss am Steuer«, in: DAZ 282 v. 12.6.1940, S. 3. Vgl. Ranke, Geschichte, S. 35. Ranke weist als Beispiel auf ein offensichtlich gestelltes, da von vorne fotografiertes Bild eines Torpedoschützen im Einsatz hin, vgl. ebd., Kriegspropaganda, S. 61 f. Dieses Bild ist zu finden in: BIZ 1 v. 2.1.1941, S. 6. Ein anderes Bsp. ist eine Aufnahme von auf einem Panzer des Afrika-Korps gebratene Spiegeleier zur Veranschaulichung der dort herrschenden Hitze. In Wirklichkeit wurde die Stelle für das Bild mit einer Lötlampe erhitzt, vgl. die Schilderung von Schmidt-Scheeder, Reporter, S. 347 f. Das entsprechende Bild findet sich auf dem Titel von BIZ 38 v. 18.9.1941.

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Abb 1: Zeitgenössisches Schmähgedicht auf »Demokratische Kriegsberichter«, veröffentlicht in »Das Schwarze Korps« im Juni 1940.

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übungsplätzen nachgespielt und in die echten Aufnahmen eingefügt.120 Auch andere journalistische Gepflogenheiten waren bei den PK gang und gäbe: So waren die Kriegsberichter im Gegensatz zu der Darstellung der NS-Propaganda nicht ein anonymer, weiterer Teil der »Wehrgemeinschaft«, vielmehr wurden ihre Berichte, Filmbeiträge und Bilder namentlich gekennzeichnet. Zumindest theoretisch sollte das die Grundlage von Honoraransprüchen bilden. Außerdem sollte so verhindert werden, dass sich die Verbundenheit zwischen dem Publikum und ihren »Lieblingsjournalisten« lockerte. Man bemühte sich zudem, einen Wettbewerb unter den Journalisten anzufachen. Die Zensoren bewerteten die eingehenden Arbeiten mit Noten von »sehr gut«, »gut«, »brauchbar« bis »unbrauchbar« und »unzensierbar« und machten dies auch intern bekannt. Dabei wurden die guten Leistungen belohnt, etwa indem besonders eindrucksvolle Bilder für Titelseiten empfohlen oder als »unvergessliches Bilddokument« gewürdigt wurden, während »unbrauchbare« oder »unzensierbare« Arbeiten nicht veröffentlicht wurden und einen Makel für die Autoren darstellten.121 Insgesamt scheint so eher das Bild von Journalisten in Soldatenkleidung zu passen, die auch an der Front an ihren gewohnten Verhaltensmustern und Praktiken festhielten. Dazu passt, dass, wenn auch nicht auf den höchsten Ebenen,122 offenbar in weiten Kreisen des Offizierskorps Vorurteile gegenüber Presse und Propaganda bestanden. Sie soll hier als »unfein« abgelehnt worden sein, zumal deren noch in der Tradition der alten Reichswehr verhafteten Teile nur selten mit den Möglichkeiten einer psychologischen Kriegsführung vertraut gemacht worden waren. Deshalb kam es vor, dass die Berichterstatter bei den Kampfeinheiten wie störende Zivilisten behandelt und deren Berichte immer wieder als zu schönfärberisch oder auch zu offenherzig beurteilt wurden. Ebenso wurde die Arbeit der Aktivpropagandisten oftmals misstrauisch betrachtet, da deren Einsatz von Lautsprechern oder Flugblattwerfern fast immer feindliches Feuer zur Folge hatte und so ehemals ruhige Frontabschnitte in eine »Hölle« für die Soldaten verwandelt wurden.123 Auf der anderen Seite gab es aber auch »progressive« Offiziere, die um den großen Vorteil wussten, den die PK-Berichter ihnen persönlich verschaffen konnten. Einige von ihnen sollen sogar Kriegsberichter quasi als zusätzliche Ordonnanz ständig in ihrer unmittelbaren Begleitung gehabt haben. Deren Berichterstattung nutzten sie, um ihr eigenes »Image« aufzupolieren und so für eine anhaltende Popularität in Front und Heimat zu sorgen. Gut belegt ist das insbe-

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Vgl. Bartels, Wochenschau, S. 179. Vgl. Ranke, Kriegsberichterstattung, S. 70 f.; Uziel, Propaganda, S. 364-366. »Vorlage für den Herrn Minister [Goebbels] betreff Nennung der Namen von PK-Berichterstattern« v. 18.8.1942, in: BArchB, NS 18/1012. Bezüglich der Honorare für die PK-Angehörigen siehe auch Goebbels, Bd. I/9, S. 173 (6.3.1941), S. 174 (7.3.1941), S. 192 (18.3.1941). Für das Bewertungssystem vgl. Kaden, Kriegsberichterstattung, S. 29. Die Einbindung der Abteilung Wehrmachtpropaganda in die Kommandostrukturen des OKW ließ nichts zu wünschen übrig. In den propagandistischen Vorbereitungen der Feldzüge waren sie bspw. voll eingebunden, vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 135. Ebenso beurteilten sie auch die Armeeoberkommandos als unentbehrlich, vgl. Vossler, Propaganda, S. 104. Vgl. Martin, Mann, S. 8, 20, 122-126; Murawski, Wehrmachtbericht, S. 7 f.; Heysing, PK-Filmschule, S. 31 f.

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sondere bezüglich für Erwin Rommel.124 Aber auch andere Panzergeneräle wie Erwin Rommel, Heinz Guderian, Hans-Valentin Hube oder Walter Model wie auch die Offiziere Eduard Dietl, Fritz Lindemann oder Walter Reichenau, sollen ausgesprochen PK-freundlich eingestellt gewesen sein.125 Ihr Umfang gestattete der PK-Organisation jedenfalls eine umfassende Berichterstattung von den deutschen Operationen. Trotzdem diese neuartige Truppe erst ab dem 16. August 1938 aufgestellt worden war, standen zu Kriegsbeginn der Wehrmacht sieben PK des Heeres, vier PK der Luftwaffe und zwei PK der Marine zur Verfügung.126 In der Regel wurde so jeder Armee und jeder Luftflotte eine solche Berichtereinheit zugeteilt.127 Daneben reagierte man aber auch flexibel auf die Erfahrungen, die man im Laufe des Krieges machte. So erwies es sich als zweckmäßig, dass speziellen Einheiten eigene Berichtereinheiten erhielten. Das betraf etwa die der SA zugeordnete Division »Feldherrnhalle« (FHH) oder die Division »Großdeutschland« weil diese für ihre Freiwilligenwerbung eine höhere Präsenz in den Medien erhalten sollten.128 Das galt aber auch für die Panzertruppen, welchen wegen der Geschwindigkeit ihres Vormarsches leichtere Einheiten mit speziellen Fahrzeugen zugeordnet wurden.129 Daneben gab es auch eine Berichterstaffel zur besonderen Verfügung des Oberbefehlshabers des Heeres und auch sog. »Höhere Heeresberichter«, die von den Kommandobehörden zu besonders wichtigen Schlachten geschickt wurden bzw. von höherer Warte die Lageentwicklung beschrieben oder auch die Oberbefehlshaber bei ihren Frontfahrten begleiteten.130 In der ersten Phase des Krieges nahm die PK-Organisation so parallel zum Ausbau der Wehrmacht einen immer größeren Umfang an. Auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung Ende 1942 bestand sie aus 21 PK des Heeres, ca. 26 Luftwaffen-Kriegsberichterzügen, einer Kompanie und neun Halbkompanien der Marinekriegsberichter plus diversen Spezialtrupps.131 Dabei bestand eine »normale« PK zu diesem Zeitpunkt aus zwei leichten Zügen, diese wiederum untergliedert in zwei Trupps, einem schweren Zug mit zusätzlichen Rundfunk- und Filmjournalisten, einem »Propagandazug«, zuständig für die Truppenbetreuung und Gegnerbeeinflussung, ein »Auswertezug« zur Verarbeitung des anfallenden Materials sowie einer Arbeitsstaffel, die den organisatorischen Rahmen bildete. In jedem Trupp befanden sich zwei bis drei Wortberichter und ein bis zwei Filmberichter. Zusammen mit den Radioberichtern und dem Filmteam des schweren Zuges waren so in jeder PK ca. 30-35 Journalisten für die Herstellung von Nachrichten von der Front zuständig. Dazu kamen noch die Zensuroffiziere, Lautsprechertrupps und diverse Fachleute bspw. für Flugblattherstellung, Filmvorführer oder Dolmetscher sowie das Rahmenpersonal, 124 125 126 127 128 129 130 131

Vgl. Remy, Mythos, S. 60-63; Reuth, Rommel, S. 468-470. Vgl. Beer, Glanzstück, passim; Heysing, Führungstruppe«, S. 20 f. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 26; Uziel, Propaganda, S. 90. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 22, 54. Vgl. Heysing, Großdeutschland, S. 86-88; ebd., Schwert, S. 56. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 120. Vgl. ebd., S. 116 f. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 63. Dazu kamen noch die Propagandaeinsatzabteilung, die Ausbildungs- und Ersatzabteilung, die Propagandaabteilungen für die besetzten Gebiete, die Zensuroffiziere, und verschiedene Ostpropagandaeinrichtungen, vgl. ebd., S. 63 f.

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bestehend aus Fahrern, Küchenangestellten etc. Eine PK des Heeres umfasste so in den ersten Jahren des Krieges durchschnittlich 150-200 Mann, bei der Luftwaffe mit einer etwas anderen Gliederung etwa 120 Mann.132 Ende 1942/Anfang 1943 erfolgte eine umfassende Umgliederung der Propagandatruppen der Wehrmacht. Organisatorisch wurden sie aufgewertet. Statt als Abteilung den Nachrichtentruppen zugeordnet zu sein, wurde OKW/WPr im Sommer 1943 zu einer Amtsgruppe der Wehrmacht, ausgestattet mit einer eigenen, silbergrauen Waffenfarbe. Ihr Kommandeur v. Wedel wurde am 1. September 1943 zum Generalmajor befördert. All dies zeigte den Stellenwert, den die militärische Führung der Propaganda beimaß. Als Amt hatte OKW/WPr nun im OKW den gleichen Status wie etwa die Kriegswirtschaft und beschäftigte in seiner Zentrale ca. 300 Mann. Auf der Truppenebene jedoch verlor die Kriegsberichterstattung in der Folge rasant an Bedeutung. Der Grund war der Personalmangel der Wehrmacht infolge der in der Sowjetunion erlittenen Verluste. Insbesondere nach dem Untergang der 6. Armee in Stalingrad wurden entbehrliche Soldaten aus den PK in die Kampfeinheiten überführt. Schon deshalb reduzierte sich das Personal der PK aller Wehrmachtteile. Dazu wurden die verbleibenden Propagandaeinheiten größtenteils mit neuen Aufgaben betraut. Der Grund war ebenso die gewaltige Übermacht der Roten Armee. Zu ihrer Bekämpfung intensivierte man die sog. Aktivpropaganda. War sie bisher nur eine Nebenaufgabe der PK gewesen,133 wurde sie nun, als effektive und zugleich blutsparende Waffe, zu ihrem Hauptaufgabenfeld. Für die Kriegsberichterstattung hingegen blieb nur wenig Personal übrig: Jeder PK waren nun nur noch zwei Pressereporter und ein Fotograf zugeordnet. Um dennoch einigermaßen effektiv von der Front berichten zu können, wurden beim Heer die besten Reporter in sieben »Heereskriegsberichterzügen« zusammengefasst. Jeder dieser Züge hatte je vier Reporter für die Sparten Wortberichte, Fotos, Radio und Film, dazu kamen vier Fachprüfer. Diese neuen Züge wurden bei den sieben Heeresgruppen stationiert, um von dort zu den jeweils wichtigsten Schauplätzen geschickt zu werden. Dazu wurde eine »Propagandaeinsatzabteilung« gegründet, deren Reporter von OKW/WPr ebenfalls zu den für die Propaganda gerade wichtigsten Ereignissen entsandt wurden. Eigene Reporter besaßen beim Heer nun nur noch das Panzerkorps »GD« und die Division »FHH«. Ende 1944 wurden die Einheiten weiter reduziert und in der »Kriegsberichterabteilung« zusammengefasst, die anfangs für alle Wehrmachtteile etwa 450 Journalisten umfasste.134 Ein Grund dafür war auch, dass es nun kaum noch Abnehmer für das PK-Material gab. Nur die wichtigsten Zeitungen erschienen überhaupt noch und hatten bald Flugblatt-Charakter. Ebenso konnte die Wochenschau wegen des intensiven Bombenkrieges viel seltener aufgeführt werden, hinzu wurde ihre Län132

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134

Vgl. die differierenden Angaben bei v. Wedel, Propagandatruppen, S. 27, 65 f; Heysing, Boden, S. 52; ebd.,Volderauer, S. 48. Letzterer zeigt auch die Gliederung einer Luftwaffen-PK. Vorgesehen waren für die PK jedoch wesentlich mehr Angehörige. Laut Uziel sah der Kriegsstärkenachweis im Dezember 1939 204 Mann pro PK, darunter 106 Spezialisten, vor, vgl. ebd., Propaganda, S. 112. Noch Januar 1943 hatten nur ca. 15 Prozent der 3.382 PK-Spezialisten Aktivpropaganda betrieben, während ca. 77 Prozent von der Front berichten, vgl. Uziel, Propaganda, S. 170. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 170-176; v. Wedel, Propagandatruppen, S. 61 f., 123; Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 128 f; Heysing, Schwert, S. 60 f.

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ge wegen des immer größer werdenden Mangels an Rohfilms stark gekürzt.135 Dennoch wurde die Kriegspropaganda grundsätzlich als so wichtig angesehen, dass OKW/WPr bis über das Kriegsende hinaus seine Arbeit fortführte. Ihr offizielles Ende kam erst mit der Verhaftung der Regierung Dönitz am 23. Mai 1945.136 Bis dahin hatten die PK eine fast unüberschaubare Menge an Propagandamaterial erstellt. Insgesamt sollen von ihnen ca. 70-80.000 Presseberichte, zwei Millionen Fotos, fünf Millionen Meter Film und 6.000 Kriegsgemälde angefertigt worden sein.137 Gleich blieb über die ganze Zeit des Krieges die praktische Arbeit der Propagandakompanien wie auch die Zensur des von ihnen erstellten Materials. In der Regel täglich erhielten die Kommandeure der einzelnen PK über OKW/WPr die Anweisungen des RMVP, welche Ereignisse oder Themen in nächster Zeit zu behandeln seien. Danach wurden die einzelnen Züge bei den einzelnen Korps, seltener bei den Divisionen eingesetzt, wobei in der Regel Kampfschwerpunkte bevorzugt wurden. Die hier erstellten Artikel, Bilder und Filme wurden noch an der Front durch die Fachprüfer des Auswertezuges auf ihre journalistische Qualität hin überprüft, bzw. die Filme in den jeweils einer Kompanie vor Ort zur Verfügung stehenden Feldlabors entwickelt und mit einer groben Inhaltsangabe versehen. Danach erfolgte zum Teil bereits eine militärische Zensur durch die den Armeeoberkommandos bzw. Luftflotten oder Marinestandortkommandos beigeordneten Zensuroffiziere. Zumeist wurde das Material aber schnellstmöglich in die Heimat gebracht. Dafür stand den PK anfangs das Nachrichtenverbindungsnetz der operativen Führung zur Verfügung. Als sich dieses als unzureichend erwies, entwickelte man einen eigenen Kurierdienst. An Hauptverkehrsknotenpunkten wurden Verbindungsstellen eingerichtet, die durch Telefon, Funk, Eisenbahn und sogar eine eigene Fliegerstaffel Kontakt zur Heimat hielten. Das Material kam von vorgeschobenen Meldeköpfen, wo die anfallenden Berichte und Filme der PK gesammelt wurden.138 Die militärische Zensur erfolgte in der Heimat meist innerhalb des RMVP, im Rundfunksendehaus oder auch in den Redaktionsräumen der Wochenschau. Dafür wurden Zensuroffiziere der Wehrmacht abgestellt. War das Material für die lokale Presse der einzelnen Gaue gedacht, wurde es den Kommandos der Wehrkreise übermittelt und dort zensiert. Der Zensur unterlag im übrigen nicht nur die PK-Berichterstattung, sondern grundsätzlich alle Medieninhalte, die in irgendeiner Weise die Kriegsführung berührten. Infolgedessen waren die Verbote recht weit gefasst. Es durfte nichts veröffentlicht werden, was dem Feind Rückschlüsse auf die Führung militärischer Operationen erlauben könnte, also etwa Angaben über die Lage oder die Aufgaben von Rüstungsbetrieben, erlittene Verluste, Erfolge feindlicher Operationen, aber auch Wetterberichte etc.139 Danach 135 136 137

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139

Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 55 f, 63; Bucher, Goebbels, S. 63. Vgl. Uziel, Propaganda, S. 180. Vgl. Heysing, PK-Produktion, S. 188; Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 47; Bartels, Wochenschau, S. 186, FN 115. Zu der Zahl der Rundfunkberichte ließen sich keine Angaben finden. Vgl. Hesse, Kurt: »Die deutsche Wehrmachtpropaganda im zweiten Weltkrieg«, pag. S. 5 f, in BAMA, N 558/64; Schröder, Kriegsbericht, S. 24. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 43 f.

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folgte die politische Zensur durch Spezialisten des RMVP im Ministerium oder den Reichspropagandaämtern nach den hier schon genannten Prämissen.140 War das Material schließlich freigegeben, wurde es vom RMVP an die Nachrichtenagenturen verteilt, an Wochenschau und Radioredaktionen übermittelt, an die lokalen Reichspropagandaämtern zur Verbreitung abgegeben oder größeren Blättern direkt übermittelt.141 Daneben spielten hierbei auch die Presseoffiziere der lokalen Wehrkreiskommandos eine wichtige Rolle. Sie versorgten die Zeitungen vor Ort mit PK-Berichten über aus den jeweiligen Regionen stammende Wehrmacht-Einheiten.142 Genauso konnte auch die SS-PK die von ihren Kriegsberichtern geschriebenen Artikel bestimmten Zeitungen zur Verfügung stellen.143 Das Material durfte dann vier Wochen verwendet werden. Problematisch bei diesem Verfahren war für die Redaktionen die zeitliche Verzögerung durch die Zensur wie auch, dass durchaus vorkommende Fehler der Zensoren ihnen angelastet wurden.144 Denn die Einhaltung der Zensurbestimmungen wurde ebenso kontrolliert. Die wichtigsten Zeitungen von OKW/WPr und RMVP, alle weiteren durch die jeweils zuständigen Wehrkreiskommandos bzw. Reichspropagandaämter des Erscheinungsortes.145 Das RMVP förderte massiv die Verbreitung der PK-Artikel und Bilder. Eine Vielzahl an Presseanweisungen betrafen deren häufige, korrekte und effektive Verwendung. So war ihre nur auszugsweise Veröffentlichung verboten, genauso wie inhaltliche Änderungen oder das Versehen mit einer selbstgewählten Überschrift. Die Beiträge und Bilder mussten immer als Arbeiten der PK gekennzeichnet werden, während dies bei anderen Arbeiten, etwa Erlebnisberichte von Soldaten auf Heimaturlaub, keinesfalls geschehen durfte. Die Zeitungen wurden auch immer wieder angewiesen, die PK-Arbeiten trotz der Papierknappheit in großem Umfang und in einer guten Platzierung zu veröffentlichen. Schon zu Beginn des Krieges war so die Vorgabe, mindestens einen PK-Artikel pro Tag zu bringen. Bei außergewöhnlichen militärischen Aktionen wurde auf die zu erwartenden PKBerichte extra hingewiesen. Dazu wurde überprüft, ob die einzelnen Zeitungen die PK-Berichte in einem für das RMVP ausreichendem Maße verwendeten. Kleine Zeitungen mussten dafür eine monatliche Liste der von ihnen verwendeten PK-Berichte an das Gaupresseamt schicken, größere regelmäßig Belegexemplare übersenden.146 Welche PK-Berichte die Zeitungen letztlich abdruckten, war ihnen jedoch im Allgemeinen selbst überlassen. Diese Wahlmöglichkeit, die einen Konkurrenzkampf der PK von Wehrmacht und Waffen-SS überhaupt erst ermöglichte, sollte die SS-PK bald für ihre Zwecke nutzen.147

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Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 30; Uziel, Propaganda, S. 255. Vgl. Kohlmann-Viand, Journalisten, S. 23-25; ebd., Pressepolitik, S. 50. Vgl. Uziel, Propaganda, S.154-156; 210-214. Vgl. Abs. 3.4 a) dieser Arbeit. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 43-46; Hesse, Kurt: »Die deutsche Wehrmachtpropaganda im zweiten Weltkrieg«, pag. S. 6, in BA-MA, N 558/64. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 39. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 50-52; dies., Journalisten, S. 25; Uziel, Propaganda, S. 210. Vgl. dazu Abs. 3.4 dieser Arbeit.

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Dass die von den PK gelieferten Artikel und Bilder bis zum Ende des Krieges in allen Zeitungen regelmäßig zu finden waren, lag aber auch daran, dass diese vorgefertigten Arbeiten den Bedürfnissen der Redaktionen entgegen kamen. Mit ihnen war man in der Lage, ohne großen Aufwand täglich die Seiten zu füllen. Da aufgrund der zahlreichen Einberufungen allgemein ein großer Personalmangel herrschte, war gerade der letzte Aspekt für die weite Verbreitung dieses vorgefertigten Materials mitentscheidend.148 Die Allgegenwart der PK-Berichterstattung in den damaligen Medien traf aber auch zumindest zeitweise auf große Zustimmung im Reich. Ausweislich zahlreicher »Meldungen aus dem Reich« wurden die PK-Artikel der Zeitungen bis Ende 1941 »geradezu verschlungen«,149 die Rundfunk-Reportagen von der Front fanden bei den Hörern »regstes Interesse«150 und der Erfolg der Wochenschau veranlasste Goebbels im Juli 1941 zu geradezu euphorischen Kommentaren.151 Die PKBerichte beherrschten in dieser Zeit oft den öffentlichen Diskurs. Es herrschte sogar Verärgerung, wenn bestimmte Zeitungen wenig oder keine PK-Berichte brachten.152 In den Kinos wurde die Zahl der Besucher, die sich nur für die neueste Wochenschau interessierten, zeitweise so groß, dass man Sondervorführungen und sogar reine Wochenschaukinos einrichtete.153 Als Grund für diesen Erfolg wurde, ganz im Sinne der Erfinder, der so ermöglichte enge Kontakt zwischen Front und Heimat angegeben, wie er im Ersten Weltkrieg ganz unmöglich gewesen sei. Durch die Aktualität der Berichte entstünde eine große »Erlebnisnähe«, die den Berichten eine »packende Überzeugungskraft« gäbe.154 Sie seien so eine wertvolle Ergänzung zum Wehrmachtbericht.155 Als sich das Kriegsglück aber mit der Niederlage vor Moskau Ende 1941 wendete, in der PK-Berichterstattung dennoch weiterhin nur Siegeszuversicht verbreitet und deutsche Niederlagen verschwiegen wurden, verlor die PK-Berichterstattung wie die deutsche Propaganda insgesamt an Glaubwürdigkeit. Das wurde z. B. in den Meldungen des SD sichtbar, wenn auf Urlaub befindliche Frontsoldaten PK-Berichte als »Phantasieprodukte« abtaten, deren Schilderungen »nach Karl May rieche«.156 Unglaubwürdigkeit aber macht jede Propaganda zunichte,157 was im Fall der PK-Berichterstattung zur Folge hatte, dass das Interesse an ihr in den letzten Kriegsjahren immer weiter abnahm. Dabei spielte sicherlich auch eine Übersättigung des Publikums durch die jahrelang hier zu findenden recht gleichförmigen Inhalte eine Rolle.158 Dennoch wird auch in den Zeiten der deutschen Rückzüge die PK-Berichterstattung nicht ohne Einfluss gewesen sein. Schließlich stellten sie für die deutsche 148 149 150 151

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Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 49 f. Boberach, Meldungen, S. 1154 (20.5.1941). Ebd., S. 950 (3.4.1940). In seinem Tagebuch schrieb er etwa »Die Wochenschau ist augenblicklich das beste Volksführungsmittel, das wir besitzen.«, in: Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/1, S. 110 (23.7.1941). Vgl. Boberach, Meldungen, S. 2611 [o. D., Anfang August 1941]. Vgl. Bucher, Goebbels, S. 54. Boberach, Meldungen, S. 950 f. (3.4.1940). Vgl. ebd., S. 2594 (31.7.1941). Ebd., S. 6068 f. (29.11.1943). Vgl. Hundhausen, Propaganda, S. 14-18. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 48, 52 f; v. Wedel, Propagandatruppen, S. 123.

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2. Die Organisation der deutschen Kriegspropaganda

Bevölkerung im Krieg die einzige Möglichkeit dar, sich über das Geschehen auf den Schlachtfeldern anschaulich zu informieren. Im deutschen Machtbereich hatte sie zudem eine Monopolstellung, nachdem Hitler Berichte ziviler Reporter von der Front, die noch im Polenfeldzug vereinzelt u. a. für den VB tätig gewesen waren, verboten hatte.159 Dazu kam, dass eine Berichterstattung aus Quellen des neutralen bzw. feindlichen Auslandes in den Zeitungen und der Wochenschau verboten und damit nicht zu finden war. Umgehen konnte das die Bevölkerung nur durch das Abhören feindlicher Radiosender, hier aber nur unter Inkaufnahme immer drakonischer werdender Strafandrohungen.160 Aus allen diesen Gründen konnte die Berichterstattung der PK bis zum Kriegsende ihren Teil dazu beitragen, dass das vor 1939 gesteckte Ziel, einen Zusammenbruch wie 1918 zu verhindern, erreicht wurde.161 Nachzutragen bleibt noch, dass der deutschen PK-Berichterstattung zeitweise auch im neutralen Ausland eine hohe Aufmerksamkeit zukam. Natürlich spielten die anfänglichen deutschen Erfolge hierfür eine wichtige Rolle, daneben aber hatte gerade zu Beginn des Krieges die Gegenseite diesem Material nur wenig entgegenzusetzen: Während sich nur wenige »war correspondents« privater Zeitungen 1940 bei den englischen oder französischen Truppen befanden, gingen die Bilder und Berichte der deutschen PK vom Kampf um Narvik, dem Sieg gegen Frankreich 1940 oder auch dem Einmarsch in die Sowjetunion 1941 um die Welt.162 Das Reich tat auch alles, um das PK-Materials in den verbündeten und neutralen Staaten weit zu verbreiten: So schrieb Goebbels im Mai 1941 in DR: Unsere Kommuniqués [rasen] mit Windeseile um den Erdball und sind in Tokio schon […] zu lesen, ehe man in London überhaupt Kenntnis von dem in Frage stehenden Vorgang hat, unsere Bilder werden funktelegraphisch in die Hauptstädte aller Kontinente übermittelt, unsere Rundfunkberichte gehen über unsere Sender, von denen zeitweilig über sechzig in über dreißig Sprachen arbeiten, in alle Länder der Erde, unsere Wochenschauen, in einem Tage […] geschnitten, in einer Nacht besprochen […] und in weit über 2000 Kopien abgezogen, fliegen schon am nächsten Morgen in alle Himmelsrichtungen, so daß der Einmarsch in Athen , der sich an einem Sonntag abspielte, bereits am Freitag danach von Millionen Menschen im Reich, in allen europäischen Ländern und wenige Tage später auch in Uebersee im Bilde gesehen werden kann.163

Bestes Beispiel für diese gewollte Wirkung in den neutralen und verbündeten Staaten ist die von OKW/WPr in Zusammenarbeit mit dem AA nur für das Ausland produzierte Zeitschrift »Signal«. Sie wurde in zwanzig Sprachen in einer Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren vertrieben. Besonderen Wert legte man auf ihr hochmodernes Layout, aber auch auf aktuelle Bilder der Kriegsberichter vom Kampfgeschehen, gerade sie sollten der ganzen Welt die Überlegenheit der deutschen Militärmacht vor Augen führen.164 Aber auch die Medien der deutsch be159 160 161 162 163 164

Vgl. Koszyk, Presse, S. 432-434. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 28. Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 138. Vgl. Beer, Feuertaufe, passim; ebd., September, passim; ebd.,Wende, passim. Goebbels, Joseph: »PK«, in: DR 20 v. 18. Mai 1941, S. 1 f, hier: 1. Vgl. Moll, Signal, S. 365-367, 372 f, 381 f, 387-391.

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2.2 Die militärische Propaganda

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setzten Gebiete waren von PK-Berichten, Filmen und Bildern durchsetzt, um Sympathien für die Besatzungstruppen zu wecken, aber auch, um der Bevölkerung die Sinnlosigkeit eines Widerstandes gegen die deutsche Militärmacht vor Augen zu führen. 165 Diese Anstrengungen scheinen in den neutralen Ländern zeitweise nicht ohne Erfolg geblieben zu sein: Noch im September 1941 beurteilte eine New Yorker Zeitung die Glaubwürdigkeit der deutschen Berichterstattung mit 100 Prozent, während die Reuters-Agentur null Prozent erhielt.166 Das änderte sich jedoch mit der Wende des Krieges zu Ungunsten des Reiches. Auch hier erwies sich wieder, dass selbst die beste Propaganda auf ein für sie günstiges Umfeld angewiesen ist. Das Konzept der PK jedoch, direkt aus den vordersten Frontlinien zu berichten, wurde im Laufe des Krieges vom Gegner schnell als nachahmenswert betrachtet und für die eigene Kriegsberichterstattung übernommen.167 Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Berichterstattung der PK ein zumindest zeitweise sehr effektives Propagandamittel des Dritten Reiches gewesen ist. In enger Kooperation suchten hier Wehrmacht und RMVP die Verbindung von Front und Heimat zu festigen, die Moral der Bevölkerung aufrecht zu erhalten und auch den allgemeinen Zielen der deutschen Propaganda zu dienen. Gerade durch die Integration der PK in der Wehrmacht und ihre scheinbar realistische Schilderung des Geschehens an der Front kam ihren Artikeln, Bildern und Filmen der Anschein einer hohen Glaubwürdigkeit zu. Zeitgenössisch war die Folge zumindest phasenweise ein großes Interesse des Publikums an der deutschen Kriegsberichterstattung, nicht nur im Inland, sondern sogar in den neutralen Ländern. Zwar ließ dieses Interesse nach der Wende des Krieges offenbar stark nach, ebenso wurden die Zweifel an dem Wahrheitsgehalt des PK-Materials immer lauter. Grundsätzlich aber ist von einer anhaltenden Wirkung auf das Publikum auszugehen. Schließlich hatten die PK gleichsam ein Monopol auf jegliche, über bloße Fakten-Meldungen hinausgehende Berichterstattung von der Front. Vor allem im Bereich der Bilder und Filme wurde durch dieses Monopol die Grundlage dafür geschaffen, dass dieses Material bis heute zur Illustration des damaligen Kampfgeschehens verwendet wird und so weiter seine Wirkung entfalten kann. Der Erfolg der PK-Berichterstattung erklärt auch, weshalb von Seiten der SS schon bald ein großes Interesse an der Einrichtung einer eigenen SS-PK bestand. Auf die Organisation und Erfolge dieser SS-PK sowie ihre Stellung im NS-Herrschaftsgefüge soll im nun folgenden Abschnitt eingegangen werden.

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Das wird z. B. für die Niederlande von Hirschfeld berichtet, vgl. ebd., Propaganda, S. 150 f, 157. Für Frankreich vgl. Garcon, Film, S. 171-174. Bezüglich der Sowjetunion vgl. »Soldatensender«, S. 4 f. Ein Bsp. der praktischen Durchführung dieser Propaganda ist der Bildbericht »In einem Vorort von Leningrad«, in: BIZ 44 v. 30.10.1941, S. 1091, der eine Vorführung der Wochenschau für die sowjetische Zivilbevölkerung zeigt. Vgl. Kris/Speier, Radio, S. 94. Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 136.

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3. DIE KRIEGSPROPAGANDA DER SS

3.1 DIE ÖFFENTLICHKEITSARBEIT DER SS: INTERESSEN, MASSNAHMEN UND ORGANISATION In den wenigen Untersuchungen, die sich bisher mit der Propaganda der SS beschäftigt haben, sind zwei konträre Einschätzungen zu finden. So ist etwa Knut Stang der Ansicht, dass Himmler einer Öffentlichkeitsarbeit für die SS kaum eine Bedeutung beigemessen habe. Er hätte es vorgezogen, dass seine Schutzstaffel eine Aura des Rätselhaften umgebe und insbesondere ihre Ziele und ihre Ideologie nur Eingeweihten bekannt sein dürften. Eine Darstellung für die Öffentlichkeit sei so nur wegen der wachsenden Bedeutung der Waffen-SS erfolgt und hauptsächlich vom RMVP zu verantworten gewesen.1 Andere Autoren wie vor allem Leleu2 vertreten hingegen die Meinung, dass sich die Reichsführung SS sehr wohl der Bedeutung des Rufes der Waffen-SS in der Öffentlichkeit bewusst gewesen sei und diesen auch aktiv beeinflusst habe. Tatsächlich lassen sich zahlreiche Gründe dafür finden, dass die SS eine eigene Öffentlichkeitsarbeit betrieb und versuchte, gerade die Waffen-SS mit einem von ihr bestimmten Image auszustatten. a) DIE ÖFFENTLICHKEITSARBEIT DER SS IN DEN VORKRIEGSJAHREN

Eine solche selbstbestimmte Außendarstellung war schon aufgrund der Rolle der SS als einer »Aristokratie des Nationalsozialismus«3 notwendig, zum einen, um den alle gesellschaftliche Bereiche umfassenden Machtanspruch der SS zu untermauern, zum anderen aber auch, um die Gewalt, welche die SS von Anfang an wie keine andere NS-Organisation verkörperte, zu verklären und ihr den Anschein einer höheren Legitimität zu geben.4 Die Bemühungen in dieser Richtung waren vielfältig. So suchte die SS ab 1933 ihr soziales Prestige zu erhöhen, indem sie in großem Stil Angehörige der alten Eliten Adel, Militär und Bürgertum aufnahm oder Ehrenführertitel an hohe Beamte, Diplomaten und Wissenschaftler verlieh.5 Ein elitäres Image suchte man hier aber auch durch ein entsprechendes äußeres Erscheinungsbild zu erreichen. Gerade dafür war die spezielle schwarze Uniformierung der SS inklusive einem System von abgestuften Rangzeichen und Symbolen gut geeignet.6 1 2 3 4 5 6

Vgl. Stang, Ritter, S. 84-87. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 640. So der Titel eines wegweisenden Aufsatzes von Bernd Wegner, vgl. ebd., Aristocracy. Vgl. Reichel, Schein S. 223. Vgl. ebd., S. 225; Höhne, Orden, S. 125-131. Vgl. Reichel, Schein S. 224.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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Gleichzeitig musste sich die Schutzstaffel auch bemühen, die Grundlagen ihrer ideologischen Sonderrolle, ihrer Aufgaben im NS-Staat wie auch allgemein das Weltbild des NS der Bevölkerung bekannt zu machen. Schließlich war es Aufgabe der SS, die NS-Ideologie und dessen heroisches Menschenbild zu lehren und vorzuleben.7 Damit fiel ihr eine wichtige Rolle zu in dem allgemeinen Bemühen des NS-Staates, die bis 1933 gültigen Werte und Normen in ihrem Sinne umzudeuten und für breite Teile der deutschen Gesellschaft erstrebenswert erscheinen zu lassen.8 Zugleich agierte die SS spätestens ab 1936 institutionell außerhalb des Apparates der NSDAP. Sie hatte sich faktisch zu einem neuen Herrschaftsträger im Dritten Reich entwickelt, der vor allem im militärischen und polizeilichen Bereich aktiv war.9 So war es nur folgerichtig, dass die SS ihre Darstellung gegenüber der Öffentlichkeit nicht allein dem RMVP oder der Partei überlassen wollte, sondern auch selbst tätig wurde. Die SS entfaltete so eine Vielzahl an kulturellen und (pseudo)wissenschaftlichen Aktivitäten, in deren Rahmen sie etwa ideologische Schriften veröffentlichte, das »Ahnenerbe« als Forschungseinrichtung oder auch die »Lebensborn«-Heime gründete.10 Ebenso sorgte die Reichsführung-SS aktiv dafür, dass im Reich die Aufgaben, Organisation und Ideologie der Schutzstaffel bekannt wurden, z. B. durch eine, 1939 im Auftrag des RFSS herausgegebene, offizielle Broschüre »Die SS« oder auch die 1937 erschienene Schrift »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«.11 Diese Öffentlichkeitsarbeit fand schon vor dem Krieg auch in den Medien des Reiches statt. In der Presse fanden sich immer wieder Artikel aus der Produktion der SS, in denen gleichfalls über deren grundlegende Aufgaben und Prinzipien informiert wurde.12 Sozusagen das »Zentralorgan« für ihre selbst produzierte Propaganda war ab 1935 die unten noch eingehender vorgestellte,13 offizielle Zeitung der SS, »Das Schwarze Korps«. Ursprünglich sollte sie als eine Art »Vereinsblatt« lediglich den SS-Männern den elitären Charakter der Schutzstaffeln vor Augen führen, war also als ein Instrument zur Verfestigung der inneren Geschlossenheit des Schwarzen Ordens geplant gewesen.14 Vor allem aufgrund der unermüdlichen Arbeit ihres recht eigensinnigen Chefredakteurs Gunter d’Alquen war dem Blatt von Beginn an aber ein großer Erfolg auf dem Zeitungsmarkt beschieden. Aufgrund dessen konnte die SS das Blatt nutzen, um auch der externen Leserschaft den elitären Charakter des »Schwarzen Korps Adolf Hitlers« vor Augen zu führen, sich als Verfechter der reinen Lehre des NS und damit als moralische Instanz zu präsentieren und breit über die vielfältigen Tätigkeiten ihrer einzelnen Unterorganisationen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu berichten.15 7 8 9 10 11 12

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Vgl. Kershaw, Nazi Propaganda, S. 180; Wegner, Aristocracy, S. 434. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 42-44. Vgl. Nolzen, Freimaurerei, S. 42, 44. Vgl. Wegner, Aristocracy, S. 435; Rohrkamp, Kämpfer, S. 44. Vgl. d’Alquen, SS, passim; Himmler, Schutzstaffel, passim. Beispiele wären etwa: »Die Sonderaufgabe der SS«, in: DAZ 548 v. 23.11.1935, S. 3; DAZ 551 v. 25.11.1935, S. 3. Darüber hinaus wird dort auf weitere Artikel aus der Produktion der SS verwiesen, welche u. a. im VB erschienen sein sollen. Vgl. Abs. 4.2.e) dieser Arbeit. Vgl. Combs, Voice, S. 26. Vgl. Zeck, Korps, S. 89-92, 102-105, 283-294, 394 f; Heiber/v. Kotze, Querschnitt, S. 20.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Freundlich war das von ihr selbst der Öffentlichkeit vermittelte Bild der Schutzstaffel freilich nicht.16 Im Gegenteil verlangten schon die ideologischen Leitbilder dieser politischen Soldaten eine Präsentation als eine Garde strenger Puritaner, die über Wohl und Wehe des NS-Staates wachen würden.17 Dazu kam die brutale Verfolgung der politischen Gegner des Regimes durch verschiedene SS-Formationen. Solche Aktionen wurden der Bevölkerung nicht etwa verheimlicht, sondern durch eine umfassende Berichterstattung schon vor dem Krieg bekannt gemacht. So fanden sich etwa ab 1933 immer wieder größere Reportagen über die KZs in den Medien.18 Dem so zwangsläufig entstehenden Ruf der SS als Verkörperung der Gewalt des NS-Regimes steuerte Himmler keineswegs entgegen. Im Gegenteil sah er ein solch negatives Image der Schutzstaffel sogar als nützlich an und förderte dies entsprechend. Falsche Gerüchte um das Treiben der »Bluthunde« von der SS, diesen »Ruf des Schreckens und des Terrors«19, sah er sogar als eine präventiv wirkende Waffe, mit der die Macht der SS psychologisch noch ausgeweitet werden konnte.20 Zudem glaubte er, dass der Schwarzen Orden durch diese Aura der Furcht umso mehr einen Ruf von Prinzipientreue, Unbestechlichkeit und gnadenloser Strenge erlangen könne.21 Er thematisierte diesen negativen Ruf der SS sogar in der unter seinem Namen herausgegebenen Schrift »Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation«: Ich weiß, dass es manche Leute in Deutschland gibt, denen schlecht wird, wenn sie diesen schwarzen Rock sehen; wir haben Verständnis dafür und erwarten nicht, dass wir von allzu vielen geliebt werden. Achten werden und sollen uns alle, denen Deutschland am Herzen liegt, fürchten sollen uns die, die irgendwie und irgendwann dem Führer und der Nation gegenüber ein schlechtes Gewissen haben müssen.22

Trotzdem es auch propagandistisch nur den einen Typus des SS-Mannes geben durfte,23 führten die unterschiedlichen Aufgaben der Untergliederungen der SS dennoch erkennbar dazu, dass je nach Funktionsbereich gewisse Aspekte der gemeinsamen SS-Ideologie in der Öffentlichkeitsarbeit mehr im Vordergrund standen als es bei anderen Teilen des Schwarzen Ordens der Fall war. So wurde etwa bezüglich der Polizei versucht, deren Verbundenheit mit der Volksgemeinschaft bei allen sich bietenden Gelegenheiten zum Ausdruck zu bringen. Um im Volk als »Freund und Helfer« zu gelten, wurden groß angelegte Aktionen gestar16 17 18

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Vgl. dafür auch Zeck, Korps, S. 290-304. Vgl. Höhne, Orden, S.126. Anfangs wurde die KZ-Haft verharmlost und die gute Behandlung der gefangenen »Kommunisten« wie auch der erzieherische Charakter ihrer Haft herausgestellt. Das änderte sich noch vor dem Krieg, als die KZs in den Medien als Aufenthaltsort von »Volksschädlingen« dargestellt wurden. Im Krieg wurde weniger über sie berichtet, aber immer wieder gemeldet, dass »Verbrecher« dort exekutiert worden seien, vgl. Gellately, Hingeschaut, S. 77-86, 94-101, 283-285. Rede Himmlers vor Vertretern der deutschen Justiz in Kochem am 25.5.1944, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 189 f, hier: S. 190. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 144 f; Auch für die Waffen-SS sah er solch einen Ruf als sinnvoll an, vgl. Rede vor SS-Korpsführern in Charkow am 24.4.1943, in: Himmler, Geheimreden, S. 189. Vgl. Fest, Einführung, S. 17. Himmler, Schutzstaffel, S. 29. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 55 f.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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tet, an erster Stelle der 1934 bis 1942 reichsweit durchgeführte »Tag der Deutschen Polizei«, aber auch durch eine spezielle Zeitung, »Die deutsche Polizei«.24 Vergleichsweise wenig präsent in der Öffentlichkeit war hingegen der RFSS Himmler. Dieser lehnte vielmehr zeitlebens eine über das Notwendigste hinausgehende Herausstellung grundsätzlich ab. So redete er etwa im Gegensatz zu allen anderen Größen des Regimes nur sehr selten in der Öffentlichkeit, sondern fast nur vor ausgewähltem Publikum.25 Was in seiner Persönlichkeit und seinem Äußerem begründet gewesen sein mag, die so gar nicht zu dem Ideal eines SSMannes passen wollten, wurde zeitgenössisch zu einem vorbildlichen Zurücknehmen der eigenen Person zugunsten der Tat, also als Bescheidenheit im Sinne der SS-Tugendideale, verklärt.26 Auch zugunsten der militärischen Verbände der SS fand eine an ihren speziellen militärischen Charakter angepasste Öffentlichkeitsarbeit der SS statt, kontinuierlich war aber bis 1938 offenbar allein die »LAH« in den deutschen Medien präsent. Anlass dafür waren die von ihr übernommenen repräsentativen Pflichten als Leibwache Hitlers, durch die immer wieder über ihre Angehörigen als Wachen vor der Reichskanzlei oder dem Berghof in Berchtesgaden oder ihre Teilnahme an Paraden berichtet werden konnte. Damit füllte die »LAH« eine traditionell Gardetruppen vorbehaltene Rolle aus. Eine solche Verknüpfung war offensichtlich gewollt. Nur bei dieser SS-Einheit wurde die Ikonographie der schwarzen SSUniform durch ein weißes Koppelzeug verstärkt, darüber hinaus bestand sie nur aus besonders großen Soldaten, eine offenbar bewusste Anspielung auf die berühmten »Langen Kerls« Friedrich des Großen.27 In der Berichterstattung um die »LAH« kamen aber auch ideologische Funktionen zum Tragen, welche der SS als Ganzes nützten. Zum einen führten sie die ursprüngliche Aufgabe der SS aus der Kampfzeit, Hitler zu schützen, auch in seinem Staatsamt weiter aus und symbolisierten so den Fortbestand des besonderen Treueverhältnisses der SS zum nunmehrigen Führer des Großdeutschen Reiches. Zum anderen waren insbesondere diese »jungen Riesen«28 gut geeignet, das rassistische Leitbild der vorgeblichen physischen Vollkommenheit und Überlegenheit der »nordischen Herrenmenschen«,29 welche gerade in der SS versammelt sein sollten, symbolisch zu verkörpern.

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Vgl. Wilhelm, Polizei, S. 71 f; Gellately, S. 67-70. Vgl. die Angaben in Himmler, Geheimreden, S. 253. Vgl. Zeck, Korps, S. 292 f.; Longerich, Himmler, S. 146-148. Die Abneigung Himmlers gegen eine Herausstellung seiner Person zieht sich auch durch die Aufzeichnungen des Leiters des Amtes Presse RFSS. So zitiert dieser z. B. am 30.3.1942 einen Brief Dr. Brandts betreff eines Lexikonartikels: »Dem Reichsführer-SS hat der vorgelegte Aufsatz u. a. deswegen nicht gefallen, weil er zu oft, wie er sich ausdrückte, ›beweihräuchert‹ wurde. Sie wissen doch, dass der Reichsführer derartige Dinge nicht liebt.«, in: »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BArchB, NS 19/4099, pag, S. 67a. Ähnlich auch die Aussage Gunter d’Alquens nach dem Krieg, vgl.: d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 17-19. Vgl. Weingartner, Guard, S. 2, 5-8, 27 f; Stein, Geschichte, S. 4 f. Stein, Geschichte, S. 4. Reichel, Schein, S. 231.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Daneben wurde die »LAH« in der NS-Propaganda schon vor dem Krieg immer wieder auch als eine militärisch-ideologische Elitetruppe dargestellt. So war etwa die hochmoderne Ausstattung ihrer Kaserne in Berlin-Lichterfelde immer wieder Gegenstand der Berichterstattung, wobei die dort stationierten SS-Soldaten als Beispiel einer verwirklichten NS-Kampfgemeinschaft beschrieben wurden.30 Symbolisch wurde ihr Elitestatus auch durch ihren Einsatz an der Spitze der zwischen 1936 und 1939 in das Saarland, nach Österreich, dem Sudetenland und der Tschechei einrückenden deutschen Verbände unterstrichen.31 Eigene Propagandaaktionen der SS zugunsten ihrer bewaffneten Verbände scheinen aber vor dem Krieg weitgehend auf das SK begrenzt gewesen zu sein, obwohl anlässlich etwa von Manövern durchaus über die SS-Truppen in der lokalen Presse wie auch im VB berichtet wurde.32. Im SK jedoch wurden seitenlange Beiträge veröffentlicht, z. B. wenn »LAH« und Einheiten der »SS-VT« gemeinsam mit der WM in der Öffentlichkeit, u. a. bei den Reichsparteitagen auftraten oder sich bei anderen Gelegenheiten eine Anerkennung von Militärs über den soldatischen Charakter der neuen Truppe propagieren ließ.33 Dennoch waren Details über die »SS-VT« vor dem Krieg der Öffentlichkeit offenbar kaum bekannt. Der RFSS musste noch im Juli 1938 in einer Rede vor Schülern einer Napola einen ausführlichen Überblick über die Aufgaben der in der »SS-VT« versammelten SS-Männer geben. Seine Erklärung dafür war, dass er solche Informationen bisher nicht an die Presse gegeben habe.34 Erst als nach dem August 1938 die Frontverwendung der bewaffneten SS-Verbände beschlossen worden war, fand eine erste größere Propagandaaktion um Einheiten der »SS-VT« statt: In einem Tagesbefehl des OKW, der im Oktober 1938 den Abschluss Besetzung des Sudetenlands ankündigte, wurde sie auch extra aufgeführt.35 b) MOTIVE FÜR EINE EIGENSTÄNDIGE PROPAGANDA DER SS FÜR DIE WAFFEN-SS

Mit Beginn des Krieges wurde eine möglichst intensive Propaganda um den Kriegseinsatz ihrer bewaffneten Verbände für die SS schnell zu einer zwingenden Notwendigkeit. Dies ergab sich schon aus der offiziellen Begründung für den Fronteinsatz der bewaffneten SS. 1938 und auch noch 1940 wurde dafür eine Bewährung des »Staatsschutzkorps« SS an der Front angegeben, damit dieses auch in Zukunft im Reich, z. B. bei inneren Unruhen, mit der notwendigen Autorität 30 31

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Vgl. Weingartner, Guard, S. 7, 9, 16-18. Vgl. »Ansprache des Reichsführers SS aus Anlass der Übergabe der Führerstandarte an die Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹ am 7. September 1940«, in: BArchB, NS 19/4007, pag. S. 111; Stein, Geschichte, S. 7. Vgl. Merkl, General, S. 97. Vgl. Reitlinger, SS, S. 85 f. Hier wird auch eine Berichterstattung des SK über die gemeinsame Eröffnung eines neuen Übungslagers für die Standarte »Deutschland« durch Himmler und des damals hoch angesehenen Reichswehr-Generals Ritter von Epp erwähnt, vgl. ebd., S. 88. Vgl. »Rede vor den 6.-8. Klassen der Napola am 3.7.1938«, zitiert nach: Himmler, Geheimreden, S. 70. Vgl. Stein, Geschichte, S. 22.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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auftreten könne.36 Das setzte zwingend eine Berichterstattung über diese Bewährung voraus.37 Diese Sicherung einer Legitimation für ihren Einsatz im Innern war jedoch nicht der wahre Grund für die nun beginnende und sich bald radikal steigernde Ausweitung des militärischen Potentials der SS wie, soviel sei vorweggenommen, auch der entsprechenden Berichterstattung. Schließlich hätte, um eine aktive Beteiligung der Schutzstaffel an den Kriegsanstrengungen zu zeigen, auch ein symbolischer Einsatz von ein bis zwei Divisionen plus einiger darüber berichtenden Journalisten ausgereicht. So wurde es schließlich auch von anderen NS-Organisationen praktiziert.38 Da diese Expansion der Waffen-SS aber letztlich ein politischer Schritt der Reichsführung-SS war, welcher der Ausweitung der Macht der SS im Reich diente und dessen Endziel die Schaffung einer nationalsozialistischen Volksarmee war, verfolgte die SS auch in der Propaganda um den Fronteinsatz ihrer Truppen von Anfang an weiterführende Interessen. Mit Hilfe einer umfassenden Propaganda um die Großtaten der Waffen-SS beabsichtigte sie, gegenüber der Führung des Reiches wie auch der Öffentlichkeit die Existenz, Frontverwendung und den Ausbau von SS-Truppen neben dem Heer, dem traditionellen Waffenträger, zu legitimieren.39 Ebenso konnte eine Propaganda um die wichtige Rolle der Waffen-SS in den Kämpfen an der Ostfront die bereits angelaufenen Bemühungen der SS, sich für die Zeit nach dem Krieg einen »begründeten« Herrschaftsanspruch auf den eroberten »Lebensraum« im Osten zu schaffen, nur unterstützen.40 Daneben waren Berichte über die Erfolge der Waffen-SS auch ein Element der Absicht des RFSS, seiner Truppe eine eigene Tradition zu verschaffen, diesem Kern der zukünftigen NS-Volksarmee also ein nachzueiferndes historisches Vorbild zu geben.41 Sein Persönlicher Stab hatte diesbezüglich bereits Maßnahmen ergriffen. Schon im Februar 1940 wurde der SS-General Paul Hausser von Himmler beauftragt, für die Nachkriegszeit nützliche Unterlagen über Einsätze und Kampferfolge der SS-Angehörigen zusammenzustellen,42 ähnliche Befehle gab Theodor Eicke seiner Division »TK« während des Frankreichfeldzu-

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So steht es auch in den offiziellen Dokumenten, welche die Aufgaben der bewaffneten SS gegenüber der Wehrmacht darlegen. Vgl. Verfügung Hitlers über die Stellung der bewaffneten SS-Verbände vom 17.8.1938, in: Müller, Heer, S. 222-224; »Äußerungen über die zukünftige Staatstruppenpolizei« vom 6.8.1940, in Auszügen bei Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 171 f. Dieser Meinung war auch Hitler, vgl. Jochmann, Hitler, S. 46 (24./25.7.1941), S. 169 (3./4.1.1942). Vgl. Wegner, Soldaten, S. 263 f. In solch symbolischer Weise war z. B. die SA mit der aus ihr rekrutierten Heeres-Division »FHH« an der Front vertreten, Propaganda wurde auch um die Einheiten von RAD, OT etc. im Kriegseinsatz betrieben, vgl. ebd., S. 264, FN 5; Stumpf, Luftwaffe, S. 893 f. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 520-527, 640, 809 f; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 107. Wegner nennt als andere Maßnahmen die Alleinzuständigkeit der SS in Fragen der Siedlungs- und Umsiedelungsprojekte, die Etablierung eines SS- und Polizeisystems in den Ostgebieten sowie deren dominierende Rolle bei der Liquidierung und Versklavung der dortigen Bevölkerung, vgl. ebd., Soldaten, S. 296. Dass mit der fortlaufenden Herausstellung der Waffen-SS im WMB die Grundlage für eine Geschichtslegende um die entscheidende Rolle der Waffen-SS gelegt werden sollte, soll von weiten Kreisen der WM schon im Krieg erkannt worden sein, vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 100. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 128, FN 277.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

ges.43 Ab Mai 1941 liefen dann sogar Vorbereitungen zur Gründung eines Museums über die Schlachterfolge der SS-Truppen, um so der Öffentlichkeit »für alle Zeiten« deren besondere Kampfkraft vor Augen zu führen.44 Ebenso lassen öffentlichen Äußerungen des RFSS solche Ambitionen erkennen. Vor hohen SSFührern führte er am 9. Juni 1942 aus: Insgesamt hat aber dieser Winter für uns die Bewährungsprobe abgegeben. Wir haben sie nach dem Urteil des Führers bestanden und haben uns den Ruf, Namen und, was für die kommenden Generationen so unendlich wichtig ist, Tradition geschaffen. Heute weiß jeder im deutschen Volk, was Waffen-SS ist. Es weiß jeder, was SS ist.45

Neben diesen auf die zukünftige Stellung von SS und Waffen-SS im NS-Staat abzielenden Überlegungen machte auch das praktische Erfordernis einer Freiwilligenwerbung für die Waffen-SS eine intensive Propaganda um deren elitären Charakter und die von ihr erzielten Erfolge nötig. Das galt Zeit ihres Bestehens, denn schon aus den oben geschilderten ideologischen Gründen konnte die Waffen-SS nie den Anspruch aufgeben, ein Verband aus Freiwilligen zu sein.46 Solche standen der SS aber schon vor dem Krieg nicht in einem ausreichenden Maße zur Verfügung,47 erst recht galt das, als die Waffen-SS ab 1943 endgültig zu einem Massenheer ausgebaut wurde. Die Hauptursache hierfür waren die Reglementierungen durch die WM, deren eigene Ersatzlage sich zunehmend verzweifelt darstellte und schon deshalb dem Zustrom neuer SS-Rekruten aus dem Reich enge Grenzen setzte. Das änderte sich erst, als der RFSS Himmler in der Folge des Attentats auf Hitler im Juli 1944 zum Befehlshaber des Ersatzheeres ernannt worden war.48 Das SS-Ergänzungsamt suchte diesem Problem zuvor zu begegnen, indem es die Rekrutierungsbasis der Waffen-SS auf das Ausland ausdehnte,49 aber auch die Werbung im Reichsgebiet immer weiter intensivierte. Solche Kampagnen zugunsten der Waffen-SS waren umso nötiger, als der Dienst in ihr bei weitem nicht so beliebt war wie von der SS erhofft und verkündet.50 Im Gegenteil hatte man schon 1940 einen so geringen Zulauf, dass man in den SSErgänzungsstellen begann, Werbung und Musterungen von Freiwilligen unter starkem moralischen Druck durchzuführen. Ab Ende 1942 wurde dies dann mehr und mehr zum Normalfall. Die jungen Männer im Ausland, aber auch im Reich

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Vgl. Merkl, General, S. 182 f. Schreiben Hans Schedelmann betreff Gründung eines SS-Museums v. Mai 1941, in: BArchB, NS 19/498, pag. S. 4-6. Das dieser Vorschlag die Zustimmung des RFSS erhielt und Vorbereitungen getroffen wurden, zeigt u. a. ein Schreiben des SS-FHA, vgl. Rundschreiben SS-FHA, Kommandoamt der Waffen-SS betreff SS-Traditionssammlung v. 12.12.1941, in: BArchB, NS 19/498, pag. S. 14 f. Rede Himmlers vor den SS-Oberabschnittführern und SS-Hauptamtchefs im Haus der Flieger in Berlin am 9.6.1942, zitiert nach Himmler, Geheimreden, S. 147. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Buchheim, Befehl, S. 308. Vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 991-995; Rohrkamp, Kämpfer, S. 341. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 274; Rempel, Recruitment, S. 112. Himmler sprach 1942 vor SS-Junkern davon, dass ein Viertel jedes Jahrgangs sich freiwillig zur Waffen-SS melden würde, vgl. Stein, Geschichte, 183.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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wurden nun vielfach zum Eintritt in die Waffen-SS geradezu gezwungen51 oder, was vor allem die Volksdeutschen betraf, mehr oder minder direkt eingezogen.52 Wie diese Werbung im Reich organisiert war, kann hier nachfolgend nur anhand eines Überblicks aufgezeigt und nur anhand einiger Details veranschaulicht werden.53 So baute die SS im ganzen Reich ein zentral gelenktes Netz von 17 lokalen Ergänzungsstellen auf, welches parallel zu dem Ergänzungswesen der WM organisiert war und auch nach dessen Grundsätzen arbeitete. Diese Ergänzungsstellen der SS begannen ab 1940 mit groß angelegten Werbekampagnen, bei denen nie Rücksicht auf die von der WM angeordnete Begrenzung der Freiwilligenzahl genommen, sondern im Gegenteil immer versucht wurde, möglichst viele neue SS-Rekruten zu gewinnen.54 Im Rahmen dessen kamen schon 1940 Flugblätter, Plakate und Postwurfsendungen massenhaft zum Einsatz.55 Auch in den darauffolgenden Jahren waren Werbeplakate für den Eintritt die Waffen-SS im ganzen Reich, »auf allen Bahnhöfen und Postämtern, in Kaufläden und auf Reklamewänden, in Riesenstädten und einsamen Gebirgsdörfern«,56 in Straßenbahnen und Hauptverkehrspunkten kurzum, überall und in immer kürzer werdenden Zeitabständen zu finden.57 In diesen Kampagnen wurde dem persönlichen Kontakt zu den potenziellen Rekruten von Anfang an höchste Wichtigkeit eingeräumt. Die Werber der SS warteten also nicht darauf, dass an der Waffen-SS Interessierte zu ihnen kamen, sondern suchten selbst den Kontakt. Beispielsweise führten sie im ganzen Reich Veranstaltungen in den Schulen durch oder mieteten für Annahmeuntersuchungen lokal Räume an. Dazu gelang es, flächendeckend selbst in den kleinsten Städten und Gemeinden durch Vertrauensleute vertreten zu sein. Meist waren diese selbst Mitglieder der Allgemeinen SS, zur Hilfe angehalten wurden aber auch die 51

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Vgl. Rempel, Recruitment, S. 108 f, 113-116; Stein, Geschichte, S. 183; Für die Methoden, die dabei angewandt wurden, siehe z. B. Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 292 f.; Höhne, Orden, S. 439 f, Rempel, Children, S. 211-217. Für Details vgl. Casagrande, Division, S. 188-211. Für tiefergehende Informationen vgl. Rempel, Recruitment, passim; ebd., Children, S. 205-223; Rohrkamp, Kämpfer, S. 301-311, 360-395. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 274 f; Rempel, Recruitment, S. 107. Vgl. Stein, Geschichte, S. 40. »Freiwillige für die SS-Gebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4. Wie intensiv diese Kampagnen jeweils waren, verdeutlichen exemplarisch Anweisungen der SSErgänzungsstelle im Wehrkreis IX. So wurden schon 1940 alle Polizeidienststellen angewiesen, Plakataktionen sorgfältig durchzuführen. An allen »verkehrsreichen Plätzen [...] müssen diese Plakate ins Auge fallen.«, vgl.: Rundschreiben des HSSPF bei den Reichsstatthaltern u. a. im Wehrkreis IX betr. Werbung von Freiwilligen für die Ordnungspolizei und Waffen-SS v. 11.6.1940, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2318, pag. S. 24. 1943 sollte die nächste Großwerbeaktion »jedes Dorf erfassen«, siehe: Rundschreiben des Ergänzungsamtes der Waffen-SS, Ergänzungsstelle Fulda-Werra (IX) an die Kreisführer der Gendarmerie im Wehrkreis IX o.D. [1943], in: HStAD, G 15 Lauterbach 2348, pag. S. 487. Andere Beispiele: Rundschreiben des Ergänzungsamtes der Waffen-SS, Ergänzungsstelle Fulda-Werra (IX) an alle Gendarmeriebeamten usw. im Wehrkreis IX betr. Werbung für die Waffen-SS und Polizei v. 9.9.1941, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2348, pag. S. 501; Rundschreiben des HSSPF bei den Reichsstatthaltern u. a. im Wehrkreis IX betr. Großwerbung für den Eintritt in die Waffen-SS v. 13.7.1943, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2348, pag. S. 488.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Abb. 2: Werbeplakat für den Eintritt in die Waffen-SS 1943.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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Angehörigen der Schutzpolizei.58 Gerade Letztere wurden intensiv in die Werbung eingespannt. Jedem von ihnen wurde es schon 1940 zu einer persönlichen »Ehrenpflicht« gemacht, möglichst viele Freiwillige für die Waffen-SS zu gewinnen.59 Selbst den offiziellen Dienstbetrieb sollten sie dafür nutzen, etwa, indem sie HJ-Angehörige in die Polizeistationen60 vorluden. um sie dort von Rekrutierungsoffizieren der SS in Empfang nehmen zu lassen. Auch bei der Erstellung der Wehrstammrollen im Rahmen der Wehrerfassung sollte der junge Nachwuchs von den Polizisten mittels Propagandamaterial und Vortrag über die Waffen-SS »aufgeklärt« werden.61 Die ganz jungen, noch nicht gemusterten Männer waren aber auch insgesamt bald die Hauptzielgruppe des SS-Ergänzungsamtes, da das OKW eine Werbung bei den älteren Jahrgängen lange Zeit sperrte und das der Waffen-SS zugebilligte Reservoir der ungedienten Angehörigen der Allgemeinen SS kriegsbedingt schrumpfte.62 Vor allem die Jugendorganisationen der NSDAP, also die HJ und der RAD, wurden von der SS als eine Art Reservoir an Nachwuchs für die SSDivisionen gesehen.63 Eine Heraushebung der speziellen Verbindung der WaffenSS zu diesen beiden Organisationen ist deshalb als ein Hinweis auf diese Freiwilligenwerbung zu werten. Auch dies wird in der Inhaltsanalyse dieser Arbeit mit einbezogen werden. Vor allem zur HJ hatte die SS bereits in Friedensjahren eine besondere Verbindung aufgebaut.64 Die bereits indoktrinierten HJ-Angehörigen wurden so eine der Hauptquellen für den reichsdeutschen Ersatz der Waffen-SS. Auch im Umgang mit ihnen setzte das SS-Ergänzungsamt ausgefeilte Methoden ein. Neben umfassenden Großwerbeaktionen vor allem in der zweiten Kriegshälfte, z. B. vom 27. Februar bis 14. März 1943 oder im Frühling und Sommer 1944 unter dem Motto »Gerade du«65, umfasste dies wieder die persönliche Ansprache. Beispielsweise köderte man HJ-Führer mit der Aussicht auf eine verkürzte Offiziersausbildung zum Eintritt in die Waffen-SS und gab so den Jugendlichen ihnen bekannte Vorbilder, denen sie nacheifern konnten. Auf die gleiche Weise nutzte die Waffen-SS auch die »Wehrertüchtigungslager« der HJ für Werbezwecke. Diese Lager waren ab Mai 1942 als eine vormilitärische Ausbildung eingerichtet worden. Das dreiwöchige intensive Zusammensein stellte eine hervorragende Gelegenheit dar, die Jugendlichen für die Waffen-SS zu begeistern oder zumindest 58 59

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Vgl. Rempel, Recruitment, S. 108. Rundschreiben des Reichsstatthalters in Hessen, Abt. II (Polizei) an die staatliche Polizeiverwaltung in Darmstadt, Mainz, Worms betr. Werbeaktion für die Einstellung in die Waffen-SS einschl. Polizei v. 4.5.1940, in: HStAD, G 15 Heppenheim Q 553. Diese waren zumindest im Wehrkreis IX ab 1942 offizielle Meldestellen für die Waffen-SS, vgl. Rundschreiben des Reichsstatthalters in Hessen, Abt. II (Polizei) an die Landräte in Alsfeld u. a. betr. Werbung für den Eintritt in die Waffen-SS v. 7.10.1942, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2348, pag. S. 490. Vgl. Schreiben des Ergänzungsamtes der Waffen-SS, Ergänzungsstelle Rhein (XII) an das Landratsamt Heppenheim betr. Werbung für die Waffen-SS bei der Erfassung des Geburtsjahrganges 1922 v. 10.10.1940, in: HStAD, G 15 Heppenheim Q 553; Rempel, Recruitment, S. 120, FN 37. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 343, 351-353, 521. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 131. Für eine allgemeine Darstellung dieser vielfältigen Zusammenarbeit vgl. Rempel, Children, passim. Vgl. Rempel, Recruitment, S. 114 f; ebd., Children, S. 220 f.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

genug Gruppendruck zu erzeugen, um neue Freiwillige für die SS-Divisionen zu werben. Der Waffen-SS gelang es, zeitweise in 42 der über 200 Lager die Ausbilder, zumeist verwundete SS-Soldaten, zu stellen.66 Um die Jugendlichen für die Waffen-SS zu begeistern, sollten die Werber der SS, neben der Erläuterung des Konzeptes des politischen Soldaten und der Sonderaufgaben der SS, vor allem auf die Taten der SS-Verbände in den bisherigen Feldzügen verweisen, ihre gute technische Ausstattung betonen und insbesondere die Taten ihrer Ritterkreuzträger schildern.67 Solche hochdekorierten SS-Veteranen sprachen aber auch vor den Jugendlichen, ebenso führte man Filme über die Erfolge der Waffen-SS auf.68 Das SS-Ergänzungsamt organisierte daneben sogar extra Ausstellungen mit Propagandabildern über Einsatz und Erfolg der Waffen-SS. Dadurch sollte den Jugendlichen, aber auch ihren Eltern ein Bild vom Wesen, Wollen und den Idealen der SS vermittelt werden.69 Das gleiche Konzept wendete man auch gegenüber den RAD-Angehörigen an, denn auch in deren Lagern war es der SS nach einem Abkommen zwischen Reichsarbeitsführer Hierl und dem RFSS ab 1942 erlaubt zu werben.70 Neben Werbevorträgen, Plakaten und Schriften kamen auch hier Vorträge von Ritterkreuzträgern der Waffen-SS zum Einsatz.71 Es zeigt sich somit immer wieder, dass in der mit einem gewaltigen Aufwand betriebenen Freiwilligenwerbung der SS gerade die außergewöhnlichen Erfolge der Waffen-SS und die Taten ihrer RK-Träger eine äußerst wichtige Rolle spielte. Das setzt aber eine allgemeine Kenntnis von diesen Taten voraus, welche am besten durch eine entsprechende Berichterstattung in den Medien erreicht werden konnte. Welche Bedeutung generell eine Präsenz in den Medien für die Gewinnung von Freiwilligen hatte, zeigt exemplarisch ein Schreiben der Ergänzungsstelle Nordost der Waffen-SS an Gottlob Berger vom Januar 1940. Dort wird ausgeführt, dass anlässlich einer Einstellungsuntersuchung in vierzehn ostpreußischen Städten über siebzig Prozent der SS-Freiwilligen durch Meldungen in Presse und Rundfunk geworben worden seien,72 und das, obwohl das OKW zu dieser Zeit eine Werbung in den Medien nur nach Antrag und nur mit einem mit ihm abgespro66

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Vgl. Rempel, Recruitment, S. 108-113; ebd., Children, S. 184-188, 205-210; Leleu, Waffen-SS, S. 132. In der Praxis sollen die dort angewendeten Methoden der SS-Veteranen aber eher kontraproduktiv gewesen sein, vgl. Rempel, Hitlers Children, S. 188-199. Vgl. Rempel, Recruitment, S. 109 f; ebd., Children, S. 206. Vgl. Rempel, Children, S. 216 f. Vgl. die im SK zitierte Eröffnungsansprache von Berger, in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: SK 4 v. 27.1 1944, S. 3. Vgl. Vereinbarung zwischen dem RFSS und dem Reichsarbeitsführer v. 9.12.1941, in: BArchB, NS 19/1533, pag. S. 3 f. Siehe auch Rempel, Recruitment, S. 113 f. So das allgemeine Verfahren in der Freiwilligenwerbung der RAD-Lager, vgl. Schreiben Reichsarbeitsführer Hierl an OKW-Wehrmachtführungsstab betreff Werbung im Reichsarbeitsdienst, in: BArchB, NS 19/1863; Rundbrief des Reichsarbeitsführers v. 7.1.1943, in: ebd.; Schreiben des Reicharbeitsführers Hierl an den RFSS v. 9.3.1943, in: ebd. Vgl. Abschrift Schreiben Ergänzungsamt der Waffen-SS, Ergänzungsstelle Nordost (I) an den Chef des SS-Ergänzungsamtes der Waffen-SS v. 11.1.1940, in: BArchB, NS 19/1863, pag. S. 10-15, hier: 15.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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chenen Text erlaubte.73 Zudem ist schon jetzt nachweisbar, dass die Werbung der SS-Ergänzungsstellen nicht nur durch entsprechende Anzeigen,74 sondern auch durch eine Berichterstattung in den Medien unterstützt wurde. Beispielsweise wurden die erwähnten Plakataktionen immer wieder von entsprechenden Artikeln in der Tagespresse begleitet.75 Zudem war als eine Art ständige Werbemaßnahme vor vielen Polizeistationen ein Aushangkasten aufgestellt, in dem eine Ausgabe von »Das Schwarze Korps« mit Werbeplakaten für den Eintritt in die SS-Truppen kombiniert wurde.76 Darüber hinaus wurde diese Zeitung auch an potenzielle Freiwillige verteilt.77 c) MASSNAHMEN

Schon mit Kriegsbeginn bestand somit für die SS gleich mehrfach die Notwendigkeit, eine möglichst umfassende Öffentlichkeitsarbeit um die militärischen Erfolge ihrer bewaffneten Verbände zu betreiben. Dass dies von der SS auch erkannt und umgesetzt wurde, lässt sich beispielhaft an verschiedenen Maßnahmen des RFSS Himmler festmachen. So zeigte dieser schon ein großes Interesse an den Aktionen seiner Propagandisten. Insbesondere zu Gunter d’Alquen, dessen zentrale Rolle auf diesem Gebiet hier noch erläutert werden wird, hielt Himmler regen Kontakt. Allein in den Jahren 1941/42 traf er ihn siebzehn Mal und ließ sich u. a. über die Arbeit der SSPK berichten.78 Ebenso kontrollierte er offensichtlich das öffentliche Erscheinungsbild der Waffen-SS. Zumindest ließ er sich regelmäßig die Kriegswochenschauen vorführen79 und begutachtete auch die Propagandafilme der SS.80 Darüber hinaus zeigte er auch persönliches Engagement, wenn es darum ging, die 73 74

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Vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 166; Rempel, Recruitment, S. 109. Solche waren von Kriegsbeginn an gang und gäbe, vgl. z. B. Schreiben des Ergänzungsamtes der Waffen-SS an alle Ergänzungsstellen betr. Ersatzgestellung für die Waffen-SS v. 12.10.1940, in: BArchB, NS 19/1711, pag. S. 118. Vgl. z. B. Rundschreiben des HSSPF bei den Reichsstatthaltern u. a. an den Reichsstatthalter von Hessen, Abt. II (Polizei) u. a. betreff Nachwuchswerbung für Waffen-SS und Ordnungspolizei v. 3.2.1941, in: HStAD G 15 Heppenheim Q 553. Vgl. auch den schon erwähnten Artikel »Freiwillige für die SS-Gebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4. Vgl. Rundschreiben des RFSS an die Reichsstatthalter u. a. betr. Aushängkästen für das »Schwarze Korps« v. 6.10.1938, in: HStAD, G 15 Heppenheim, pag. S. 106; Rundschreiben des HSSPF bei den Reichsstatthaltern u. a. im Wehrkreis IX betr. Großwerbung für den Eintritt in die Waffen-SS v. 24.9.1943, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2318, pag. S. 3. Vgl. Schreiben RFSS an den Reichsstatthalter in Hessen v. 29.10.1943, in: HStAD G 15 Lauterbach 2318, pag. S. 66. Vgl. Dienstkalender, S. 156 (19.5.1941); S. 188 ( 24.7.1941); S. 220 (26.9.1941); S. 253 (3.11.1941); S. 278 (30.11.1941); S. 337 (3.2.1942); S. 381 (16.3.1942); S. 383 (19.3.1942); S. 448 (3.6.1942); S. 590 (19.10.1942); S. 591 (20.10.1942); S. 597 (24.10.1942); S. 601 (28.10.1942); S. 602 (29.10.1942); S. 624 (30.11.1942). Vgl. ebd., S. 197 (19.8.1941); S. 228 (8.10.1941); S. 243 (22.10.1941); S. 261 (14.11.1941); S. 285 (6.12.1941); S. 395 (8.4.1942); S. 420 (6.5.1942); S. 467 (25.6.1942); S. 500 (26.7.1942); S. 520 (16.8.1942); S. 582 (6.10.1942); S. 646 (14.12.1942); S. 653 (25.12.1942). So sah er ausweislich seines Dienstkalenders am 26.12.1942 den Propagandafilm der SS-PK »Junker der Waffen-SS«, vgl. ebd., S. 654.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Erfolge seiner SS-Truppen öffentlich herauszustellen. So nahm er etwa mehrfach detaillierte Änderungen an einem Buch über den Einsatz der »SS-VT« in Polen vor und legte dieses Werk dann seinem »Führer« vor,81 oder zeigte sich empört, als die Waffen-SS einmal nicht an der alljährlichen Sonderausstellung der Wehrmacht zum Heldengedenktag im Zeughaus Unter den Linden beteiligt wurde.82 Insbesondere achtete er aber penibel darauf, dass die Taten der SS-Verbände auch in einem, in seinen Augen, ausreichenden Maße im WMB gewürdigt wurden. Der Leiter der dafür zuständigen Stelle im OKW, Erich Murawski, berichtete nach dem Krieg, dass es diesbezüglich »ständig« Anrufe aus dem Persönlichen Stab des RFSS gegeben hätte.83 Der Kommandeur der SS-PK, Gunter d’Alquen, schickte einmal sogar einen Sonderführer zum Chef der Propagandatruppen der WM, um diesem vier Fälle vorzutragen, wo der RFSS Taten von SS-Einheiten nicht im WMB gewürdigt gesehen hatte.84 Himmler sorgte sogar persönlich dafür, dass im März 1943 ein großer Propagandarummel um die Taten des gerade gefallenen Theodor Eicke und seiner SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk in der Presse stattfand.85 Der RFSS wie auch andere hohe SS-Führer zeigten zudem ein großes Engagement bei ihren Bemühungen, die Taten der Waffen-SS in Parteikreisen, der Staatsführung und der Öffentlichkeit bekannt zu machen und im Gedächtnis zu halten. So waren die Kriegserfolge der SS-Verbände schon ab Kriegsbeginn das Hauptthema der Reden Himmlers vor Partei- und Staatsfunktionären. Gleiches galt auch für Gottlob Berger, den Chef des SS-FHA Hans Jüttner, oder auch den SS-General Sepp Dietrich.86 Dabei kann aus den Vorstellungen über die zukünftige Rolle der Waffen-SS, aus der Ideologie der SS wie auch aus der Notwendigkeit ihrer Freiwilligenwerbung geschlossen werden, welche Leitlinien eine Propaganda für die Waffen-SS folgen musste. Schon um auf ihren potentiellen Nachwuchs anziehend zu wirken, ordnete Berger an, sie im Rahmen der Freiwilligenwerbung als eine Gardetruppe zu präsentieren. Dieser Anspruch wurde dabei mit der weltanschaulichen Rolle der SS verknüpft. Die Werber sollten vermitteln, dass es eine besondere Ehre darstelle, in diesem »ideologischen Krieg« in einem »nationalsozialistischen Korps« wie der SS zu dienen und dies unter Rückgriff auf das Konzept vom politischen Soldaten zu veranschaulichen.87 Eine Darstellung nach den Idealen der NS-Ideologie war auch geboten, um glaubhaft vermitteln zu können, dass die Waffen-SS eine bessere Alternative zum Heer darstellen würde. Im Geschichtsverständnis der SS geschah dies, indem man die militärische Geschichte Deutschlands seit den preu81

82 83 84 85 86 87

Vgl. Schreiben RFSS an Peter Hansen v. 11.12.39, in: BArchB, NS 19/1355, S. 3; Schreiben RFSS an Hansen vom 15.3.1940, in: BArchB, NS 19/1355. Das letztgenannte Schreiben ist abgedruckt in: Heiber, Reichsführer, S. 73 f. (Nr. 61). Vgl. Heiber, Reichsführer, S. 206 (Brief Nr. 223 v. 29.3.1943). Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 144. Vgl. »Aktennotiz für den Kommandeur« v. 17.2.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. Merkl, General, S. 205. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 648-654. Vgl. Rempel, Recruitment, S. 109 f. Berger forderte dies ausdrücklich in einem Schreiben an die SS-Ergänzungsstellen vom Februar 1940, vgl. Stein, Geschichte, S. 41.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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ßischen Soldatenkönigen über den Ersten Weltkrieg und unter Einschluss der »Kampfzeit« als einen Prozess permanenter Erneuerung darstellte. Der politische Soldat der SS wurde so zu einer zeitgemäßen Verkörperung alter soldatischer Tugenden. Ein solcher Anspruch musste aber auch untermauert werden. Zwangsläufig musste das durch eine Herausstellung der aus ihrer ideologischen Prägung resultierenden, hervorragenden kämpferischen Leistungen und Erfolge geschehen.88 Tatsächlich zog sich diese Art der Darstellung der SS-Truppen durch die Reden und Äußerungen des RFSS wie auch der SS-Generäle. Nach Leleu thematisierten sie vor allem ab 1942 immer wieder die Unbesiegbarkeit der Waffen-SS. In ihrer Darstellung hätten die SS-Truppen immer gehalten, was sie versprachen, für sie gäbe es kein »Unmöglich«. »Bewiesen« wurde das anhand von Beispielen, die, wie Leleu zeigt, meist nichts mit der manches Mal recht dürftigen Kampfleistung von SS-Verbänden zu tun hatten. Auch in den Meldungen und Berichten Himmlers und seiner Untergebenen reihten sich auf die NS-Ideologie ausgerichtete Klischees aneinander, in denen SS-Soldaten die Stellung bis zum letzten Atemzug hielten oder die Missionen um jeden Preis erfüllt wurden.89 d) EXKURS: DIE BEDEUTUNG DER UNIFORMIERUNG DER WAFFEN-SS FÜR IHR IMAGE

Es erwies sich zudem schnell als Vorteil, dass die Waffen-SS auch durch ihre spezielle Uniformierung in der Kriegsberichterstattung von Bildpresse und Wochenschau leicht zu erkennen war. Dies lässt sich an erster Stelle dadurch erklären, dass bei der Gestaltung dieser Uniformen die Ikonographie der SS beibehalten worden war. Das war eine Folge ihrer Doppelnatur. Zwar war sie dem Heer taktisch unterstellt, gleichzeitig aber Organ der Führergewalt und Teil der SS.90 Infolgedessen galten für Bekleidung und Ausrüstung der Waffen-SS nicht die Bestimmungen des OKH, sondern die Befehle des RFSS bzw. des Kommandoamtes der Waffen-SS. Für die Ausstattung der SS-Divisionen mit Uniformen und sogar für deren Produktion war so nicht die WM, sondern das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt zuständig.91 Indem die Waffen-SS auch im Felde die Uniform und Rangabzeichen der SS trug, war ihre weiter bestehende Einbindung in den Schwarzen Orden auch optisch augenfällig. Gleichzeitig war die 1938 angeordnete Übernahme des Feldgraus als Grundfarbe der Uniform der Waffen-SS im Felddienst gut geeignet, ihre Einfügung in das deutsche Militär zu symbolisieren.92 Insofern gingen hier Elemente der Symbolpropaganda des Nationalsozialismus generell und der SS im Besonderen mit den Symbolen des Militärs eine Verbindung ein. Das hatte weitreichende Auswirkungen, denn gerade die SS-Uniform war ja schon im zivilen 88 89 90

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Vgl. Wegner, Soldaten, S. 65 f; Leleu, Waffen-SS, S. 648. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 36 f, 648-653. So hatte es Hitler 1938 festgelegt, vgl. Verfügung Hitlers über die Stellung der bewaffneten SSVerbände vom 17.8.1938, abgedruckt in: Müller, Heer, S. 222-224. Vgl. Mollo, Uniforms, S. 7-12. Vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 11, 165, 186; Wegner, Soldaten, S. 119.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Bereich durch ihre schwarze Farbe und eindeutig militärischen Zuschnitt darauf angelegt gewesen, die Träger als martialisch und bedrohlich erscheinen zu lassen.93 So ist nachvollziehbar, dass die Symbolik dieser Uniform die Angehörigen der Waffen-SS auch in der militärischen Welt als besonders leistungsfähig erscheinen lassen konnte. Das fing schon mit der Doppelrune der SS an, welche bei den »ordensfähigen« Angehörigen der Waffen-SS auf dem Kragenspiegel und bis 1943 auch auf dem Helm zu finden war. Sie stellte einen Verweis auf die germanische Sigrune dar, war aber auch ein wirkungsvolles Symbol. Schon die Zeitgenossen verbanden damit einen malerischen Ausdruck für Blitze und somit die Verkörperung von Energie und Schnelligkeit. Gleichzeitig konnte man darin einen gleichsam expressionistischen Ausdruck für das Adjektiv »zackig« sehen, was als Soldatenausdruck des Ersten Weltkriegs einen disziplinierten Energieaufwand ausdrückt.94 Alles in allem ergab sich daraus »etwas Siegbewußtes, Schlagkräftiges, auch Drohendes.«95 Ebenso war auch die Beschriftung des Koppelschlosses der Waffen-SS mit dem vom Hitler verliehenen SS-Motto »Meine Ehre heisst Treue« mehrdeutig.96 Neben dem Verweis auf die Eigenschaft der SS als politische Soldaten wurde so zugleich auch auf die Werte des friderizianischen Offizierskorps angespielt und so die Verwirklichung dieser »ewigen« Soldatentugenden in der SS behauptet.97 Gleichzeitig wurde die SS so in ein spezielles Verhältnis zu dem Oberbefehlshaber gestellt, also ein weiteres Mal symbolisch zu Gardetruppen gemacht. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch das Design der von ihr getragenen SS-Uniform. Diese war von 1932 bis 1938 schwarz gewesen, dazu verwendete man schon seit 1923, wahrscheinlich in der Tradition verschiedener Freikorps, einen Totenkopf als Zeichen todbereiten Einsatzes auf der Kopfbedeckung.98 Der ursprüngliche Sinn war gewesen, die SS äußerlich von den »Braunhemden« der SA abzugrenzen, aber auch, sie als Elite der NSDAP zu kennzeichnen.99 Dazu war aber auch in der Tradition des deutschen Militärs eine solche Symbolik Kennzeichen einer Elitetruppe. Insbesondere mit der bis 1910 getragene Uniform der »Totenkopfhusaren«, den preußischen Leibhusaren-Regimenter 1 und 2, bestanden auffallende Gemeinsamkeiten. Mit diesen teilte die SS nicht nur die schwarze Uniformfarbe, sondern auch das dem Totenkopf zugeschriebene Motto. Für die Totenkopfhusaren stand er für »Kein Pardon zu geben noch zu empfangen«, bei 93 94

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Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 420 f. Vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 31 f. Die Verknüpfung der Doppelrune mit Blitzen und deren symbolische Bedeutungen wurden auch von der SS-Propaganda hervorgehoben, z. B. durch die Wiedergabe von Gefangenenaussagen, als Bsp. vgl. »Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3. Rabbow, Lexikon, S. 225. Vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 207 f. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 63 f. Vgl. Mollo, Uniforms, S. 7, 17; Weißmann, Fahnen, S. 171 f; Ackermann, Himmler, S. 98. Rabbow, Lexikon, S. 216; Longerich, Himmler, S. 146. Die Bedeutung des Totenkopfes als Elitezeichen seiner SS wurde auch von Himmler im Juni 1931 betont: »Erst wenn wir behaupten können, der besten aktiven Truppe Konkurrenz zu machen, erst dann tragen wir den Totenkopf zu Recht, erst dann sind wir die Garde.«, vgl. Referat Himmlers auf einer SS-Führerkonferenz in München am 13./14. Juni 1931, zitiert nach Longerich, Himmler, S. 132 f.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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Abb. 3: Besonderheiten in der Uniformierung der Waffen-SS.

der SS für die Bereitschaft »den Tod nehmen und geben«. Zudem war auch die Gestaltung des von beiden Truppen benutzten Totenkopfes bis 1936 gleich.100 Diese Merkmale waren auch an der Front bei der Waffen-SS zumindest symbolisch noch präsent: die schwarze Uniformfarbe z. B. auf dem Kragenspiegel oder dem Mützenrand,101 der Totenkopf auf allen Mützen der Waffen-SS bzw. auf dem Kragenspiegel der Angehörigen der SS-Division »TK«.102 Obwohl sich ein direkter Bezug der SS auf diese Totenkopfhusaren nicht nachweisen lies, dürfte der damaligen Öffentlichkeit die Analogie nicht entgangen sein. Schließlich waren Leibhusarenregimenter der preußischen Armee erst 1919 aufgelöst worden, wobei einige WM-Einheiten deren Tradition noch durch die Verwendung des Totenkopfs hochhielten.103 Vor allem aber tauchten diese Husaren auch im Krieg immer wieder in den damaligen Medien auf, v.a. im Zusammenhang mit dem damals hoch verehrten, greisen Generalfeldmarschall August von Mackensen, welcher als symbolische Verbindung zum Kaiserreich eine wichtige Rolle in der Propaganda des Regimes spielte und dort auch immer wieder in seinem Markenzeichen, eben der Uniform der Totenkopfhusaren, gezeigt wurde.104 100

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Er wurde danach mit einem Unterkiefer versehen, Grund war, dass die WM den alten Totenkopf für ihre Panzertruppen beanspruchte, vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 148. Für Abbildungen der Uniformen der »Totenkopfhusaren« vgl. z. B. Kraus, Armee, S. 358 f, 361, 364. Vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 23 f, 165, 183-185. Im Frieden sollten die SS-Truppen die schwarze Uniform der SS tragen, vgl. ebd., S. 165. Vgl. ebd., S. 148, 184. Vgl. Schlicht/Angolia, Wehrmacht, S. 290 f. Vgl. Schwarzmüller, Kaiser, insbes. S. 363-369.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Daneben spielte auch die Ausstattung selbst nachrangiger SS-Einheiten mit einem Ehrennamen und insgesamt 46 verschiedenen Ärmelstreifen105 eine wichtige Rolle dabei, dass die Waffen-SS schon durch ihre äußeren Merkmale als eine Elite wahrgenommen wurde. An sich stellten diese Namen, wie auch die Ärmelstreifen, im Gegensatz zu den Ärmelbändern keine Auszeichnung dar,106 sondern galten, jedenfalls nach den entsprechenden Vorschriften der WM, als ein Erinnerungsabzeichen zur Wahrung der Tradition bestimmter Truppenteile oder aber als Zugehörigkeitsabzeichen zu bestimmten Spezialverbänden. Während unter Letztgenannte z. B. die Angehörigen der PK oder der Feldgendarmerie fielen, gab es in der WM ursprünglich als Erinnerungszeichen nur den Ärmelstreifen »Gibraltar« einiger ehemals hannoverscher Verbände. Der Anspruch eine Elite darzustellen war damit aber an sich nicht verbunden.107 Hier setzte jedoch im Laufe des Krieges ein Bedeutungswandel ein, welcher sein Vorbild offensichtlich in der innerhalb der Waffen-SS geübten Praxis hatte. Dabei lässt sich die Ausstattung vieler SS-Einheiten mit Namen und Ärmelstreifen auf eine Gepflogenheit der Allgemeinen SS zurückführen. Dort waren 1929 solche Abzeichen eingeführt worden, wieder, um sich optisch von der SA abzusetzen. Dabei war schon frühzeitig die Vergabe eines Namens an einzelne SSEinheiten nicht unüblich, meist um im Rahmen des Opferkultes der SS »Gefallene« der »Kampfzeit« zu ehren, in anderen Fällen aber auch, um einen regionalen Bezug herzustellen.108 Aus diesem Grund trugen auch die ersten bewaffneten SS-Einheiten einen Namen,109 was dann auch bei den SS-Divisionen fortgeführt wurde. Man vergab Namen, die etwa an Größen der NS-Bewegung wie auch der SS erinnerten,110 einen regionalen Bezug hatten111 oder auf germanische oder deutsche Mythen112 verwiesen. Diesen Namen wurde zwar innerhalb der SS eine programmatische Bedeutung zugeschrieben,113 zudem sollten sie den SS-Männern das elitäre Selbstverständnis der SS vor Augen führen.114 Dennoch waren sie, wie auch die dazugehörenden Ärmelstreifen, wie gesagt keine militärischen Ehren- oder Elitezeichen. 105 106

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Vgl. Williamson, Waffen-SS, S. 116 f. Ärmelbänder als Tapferkeitsauszeichnung wurden in der WM nur viermal an Teilnehmer bestimmter Feldzüge oder Schlachten verliehen, es gab »Kreta«, »Afrika«, »Metz« und »Kurland«, vgl. Schlicht/Angolia, Wehrmacht, S. 295. Vgl. ebd., S. 295, 298 f, 320. Vgl. Mollo, Uniforms, 27-35; Davis/Turner, Uniforms, S. 175. Beispiel solcher Ehrennamen wären die der Toten des 9.11.1923, aber auch »Ostfriesland« oder »Oberhessen«, vgl. Mollo, Uniforms, S. 34 f. Schon die ersten Regimenter der SS-VT hießen »Deutschland« und »Germania«, vgl. Stein, Geschichte, S. 8. Die »LAH« wurde am 3.9.1933 als »Adolf-Hitler-Standarte« gegründet, ihren endgültigen Namen erhielt sie bereits am 9.11.1933, vgl. Westemeier, Krieger, S. 35. Beispiele wären »Horst Wessel« oder »Reichsführer SS«, vgl. Stein, Geschichte, S. 270. Beispiele wären »Nord«, »Wallonien« oder »Nederland«, vgl. ebd., S. 269 f. Beispiele wären »Wiking«, »Nordland«, »Nibelungen« oder »Prinz Eugen«, vgl. ebd., S. 269 f. So trug z. B. die volksdeutsche SS-Division »Prinz Eugen« ihren Namen, um an die alte Tradition der deutschen Kolonisation im Südosten anzuknüpfen, vgl. Casagrande, Division, S. 188. Im Oktober 1943 erklärte Himmler zudem, dass Hitler zwei neuaufgestellten SS-Divisionen die Namen »Frundsberg« und »Götz von Berlichingen« gegeben hätte, als »trutzige und humorvolle Kampfansage«, siehe Rede Himmlers am 6.10.1943, zitiert nach: Himmler, Geheimreden, S. 181. Vgl. Lieb, Krieg, S. 117.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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Diese Verknüpfung entstand erst, als im Laufe des Krieges die NS-Führung und auch die WM den propagandistischen Wert dieser Abzeichen entdeckten. Hatte man schon vor bzw. zu Beginn des Krieges einen Ärmelstreifen zur Erinnerung an den Einsatz der »Legion Condor« im spanischen Bürgerkrieg eingeführt oder mit der Vergabe des Namens »List« ein Traditionsregiment der Einheit Hitlers im Ersten Weltkrieg geschaffen,115 so folgte man im Falle der Einheit »Großdeutschland« in der Ikonographie dem Rezept der Waffen-SS. Dieser Verband war vom OKH schon in bewusster Konkurrenz zur Waffen-SS als »Leibstandarte des Heeres« geplant worden,116 und rekrutierte sich wie diese aus Freiwilligen. Um ihm in diesem Wettbewerb mit der SS eine erhöhte Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit zu verschaffen, war im Juni 1939 die Verleihung des Ehrennamens »Großdeutschland« erfolgt. Dazu kamen, ebenfalls nach dem Vorbild der SS-Verbände, spezielle Kragenspiegel wie auch Ärmelstreifen.117 Gleiches geschah im August 1942 auch bei der Division »Feldherrnhalle«, um eine Traditionslinie zur SA herzustellen, aus deren Reihen man Freiwillige zu gewinnen hoffte 118 und ebenso bei der Erdkampf-Paradetruppe der Luftwaffe, der Division »Hermann Göring«.119 Man hoffte also in diesen Fällen mit der Vergabe von Ärmelstreifen hauptsächlich sichtbarer in der Öffentlichkeit zu werden und so einen Vorteil bei der Gewinnung neuer Freiwilliger zu erlangen, folgte also eindeutig propagandistischen Erwägungen. Im Krieg wurde die Vergabe von Ehrennamen zunehmend als eine außergewöhnliche Ehre dargestellt. So erfolgte noch die Vergabe des Namens und Ärmelstreifens »Feldherrnhalle« an das Infanterie-Regiment 271 am 25. September 1942 nicht wegen einer militärischen Leistung, sondern »in Würdigung des Einsatzes der SA im Kampf um Großdeutschlands Zukunft.«120 Die Heeresdivision »Hochund Deutschmeister« erhielt dagegen Anfang Juni 1943 bereits als Würdigung des »heldenhaften Einsatzes« ihrer Angehörigen in Stalingrad von Hitler diesen Namen,121 ebenso das Regiment »List« Anfang 1944 »in Anerkennung hoher infanteristischer Leistungen« einen Ärmelstreifen.122 Hitler selbst maß der Ikonographie der Waffen-SS offensichtlich eine höhere Bedeutung bei, allerdings nicht nur als Zeichen einer militärischen Elite. Vielmehr scheint er die politische und militärische Rolle der Waffen-SS vermischt zu haben. So hatte er in der frühen »Kampfzeit« den SA-Männern seines Saalschutzes angedroht, bei einem »feigen« Zurückweichen ihnen persönlich die Armbinde und Abzeichen herunterzureißen.123 Diese Drohung verwirklichte er auffallend analog im ersten Zorn auf die Verbände der 6. SS-Panzerarmee, welche Ende März 1945 in Ungarn eine letzte deutsche Offensive gegen die sowjetische Übermacht nicht 115 116 117

118 119 120 121 122 123

Vgl. Schlicht/Angolia, Wehrmacht, S. 295 f. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 367. Vgl. Heysing, »Großdeutschland«, S. 86 f; Skorpil, Kriegsberichterzug, S. 53; Spaeter, Panzerkorps, S. 7. Vgl. Schlicht/Angolia, Wehrmacht, S. 296. Vgl. Davis/Turner, Uniforms, S. 168. »Infanterie-Regiment ›Feldherrnhalle‹«, in: VB 269 v. 26.9.1942, S. 1. Vgl. »›Hoch- und Deutschmeister‹«, in: DAZ 261 v. 2.6.1943, S. 2. »Stolze Tradition des Infanterie-Regiments ›List‹«, in: VB 18 v. 18.1.1944, S. 5. Vgl. Ansprache an die SA vom 4.11.1921, in: Jäckl, Hitler S. 513.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

erfolgreich abschließen konnte, sondern sich vielmehr schnell zurückziehen musste.124 Für ihn war insbesondere die »LAH« unwürdig, seinen Namen zu tragen. Darüber hinaus erkannte er aber auch allen anderen SS-Divisionen ihre Namen und die Ärmelstreifen ab.125 Aber auch im Militär wurde im Verlauf des Krieges offenbar das Tragen eines Namens und Ärmelstreifens als Ehre angesehen,126 was nachvollziehbar macht, dass sie verschiedentlich bis heute als äußeres Zeichen des elitären Status der Waffen-SS angeführt werden.127 Die wichtigste Folge dieser speziellen Uniformierung war aber der hohe Wiedererkennungswert der Waffen-SS in den damaligen Medien, selbst unter den Bedingungen der militärischen Zensur. Durch die Runen auf dem Helm und, zusammen mit den SS-Rangabzeichen, auf den Kragenspiegeln, der Platzierung des Hoheitsadlers bei der SS auf dem linken Arm statt wie bei der WM auf der Brust,128 dem Totenkopf auf der Feldmütze wie auch dem speziellen Tarnanzug der Waffen-SS,129 waren die SS-Soldaten auf Bildern und vor allem auch in der Wochenschau sofort auszumachen und deutlich abgesetzt vom großen Rest der WM-Truppen. Sie mussten so dem Publikum als »andere« Truppe erscheinen, fielen also in eine Kategorie mit den ebenso mit einer speziellen Uniform ausgestatteten Sondereinheiten der WM wie z. B. den Fallschirmjägern.130 Selbst in den Zeitungen trat ein solcher Effekt auf. Zum einen ermöglichten dies die besagten Ehrennamen vieler SS-Divisionen, die sie wiederum aus der Masse der namenlosen WM-Einheiten heraushoben. Zum anderen sorgte schon allein die spezielle Typographie der Doppelrune der SS dafür, dass die Nennung von SS-Einheiten und -Angehörigen in den Meldungen der Zeitungen sofort ins Auge stach.131 e) EINE NACHRICHTENAGENTUR FÜR DIE SS

Alle diese Maßnahmen und Bemühungen mussten aber letztlich wirkungslos bleiben, wenn es nicht gelang, die Berichterstattung über den Einsatz der SSTruppen zu einem dauerhaften und mehr als nebensächlichen Phänomen in den 124 125 126

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131

Vgl. Westemeier, Krieger, S. 363 f. Vgl. Zelle, Elite, S. 239 f. Darauf deutet jedenfalls ein in der Gefangenschaft abgehörtes Gespräch des Generals Ludwig Crüwell hin, worin sich dieser darüber empörte, dass eine SS-Division den Namen »Prinz Eugen« erhalten hatte. Seiner Ansicht nach hätte die von ihm kommandierte Panzerdivision diesen Namen eigentlich verdient, vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 365 f. Selbst d’Alquen sagte nach dem Krieg aus, eine Namensverleihung sei »die dollste Auszeichnung, die eine Einheit bekommen konnte«, siehe d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 19. Vgl. z. B.: Williamson, Waffen-SS, S. 116. Vgl. Mollo, Waffen-SS, S. 145. Vgl. ebd., S. 72-76. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, Soldaten, S. 365, 367. Für die Besonderheiten von deren Uniformen Davis/Turner, Uniforms, S. 172. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 663-665. Die Verwendung des Runenzeichens der SS in Texten war seit 1937 Pflicht, vgl.: Ministerialblatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern Nr. 15 v. 14.4.1937, S. 553.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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deutschen Medien zu machen. Um dieses Ziel einer möglichst großen Popularität der SS-Truppen zu erreichen, das hatte sich am Erfolg der WM-PK im Polenfeldzug erwiesen, war die Organisation der Propaganda für die Waffen-SS nach diesem Vorbild am erfolgversprechendsten. Die dafür notwendigen Strukturen und Ressourcen waren aber anfangs bei der bald Waffen-SS genannten Truppe gar nicht und selbst innerhalb der SS bis dahin nur spärlich vorhanden. Zwar waren mit den SS-Hauptämtern, den SS-Oberabschnitten und dem Persönlichen Stab des RFSS alle wichtigen SS-Zentralinstanzen mit Pressestellen oder Pressereferenten ausgestattet.132 Diese Ämter waren aber nicht das Ergebnis einer einheitlichen Planung gewesen, sondern eher Resultat der auch bei der SS zu findenden typischen Wucherung von immer weiteren Ämtern, Untergliederungen und Führergewalten im NS-Herrschaftssystem. Eine einheitliche Führung hatte es so in der von diesen Dienststellen betriebenen Propaganda für die SS nie gegeben, obwohl der Leiter der Pressestelle im persönlichen Stab des RFSS durchaus Bemühungen in dieser Richtung entfaltet hatte.133 Wie schon der geringe Personalbestand dieser Pressestellen zeigt,134 war eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit für die SS aber auch gar nicht deren Aufgabe. Ihr Sinn war eher eine Dokumentation des Bildes von der Schutzstaffel in der in- und ausländischen Öffentlichkeit. Die meisten Mitarbeiter waren so damit beschäftigt, Artikel über die SS oder deren Gegner zu sammeln und daraus Pressespiegel zu erstellen.135 Fand im Krieg eine Öffentlichkeitsarbeit dieser Dienststellen statt, so war sie meist auf den Tätigkeitsbereich des jeweiligen Amtes beschränkt. So begleiteten die maximal vier Journalisten des Amtes Presse im persönlichen Stab des RFSS Himmler auf seinen Reisen oder erstellten Lexikonartikel über die SS, Lebensläufe höherer SS-Führer und verbreiteten offizielle Portraitaufnahmen von SS-Führern.136 Auch eine Kriegspropaganda fand von Seiten dieser Pressestellen nur punktuell und nicht koordiniert statt. Das Hauptamt Ordnungspolizei gab z. B. ein Buch »Polizeireiter in Polen« heraus, dessen Vorwort so schädlich für die Interessen der SS als Ganzes erachtet wurde, dass der RFSS die Veröffentlichung

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135 136

Vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 4; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 4 (4.1.1941). Die Tätigkeit dieser SS-Dienststellen ist weitgehend unerforscht. Lediglich für den Aufbau und die Tätigkeit der Pressestelle des SD-Hauptamtes liegen Informationen vor, vgl. Hachmeister, Gegnerforscher, insbes. S. 157 f, 162-164. Einzelne Informationen auch in Zeck, Korps, S. 25-29 und Stang, Ritter, S. 87. Selbst in offiziellen Verlautbarungen der SS wie z. B. d’Alquen, SS, wird nur die Existenz der Presseabteilung im persönlichen Stab des RFSS erwähnt, vgl. ebd., S. 24. Vgl. Broszat, Staat, S. 345; Zeck, Korps, S. 27. Letztlich gelang es dem Leiter des Amtes Presse im Persönlichen Stab des RFSS im November 1941 immerhin, eine Zensur aller Berichterstattung der SS durch sein Amt durchzusetzen, vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 26, 30. So wurde z. B. das Amt Presse im Persönlichen Stab des RFSS erst ab Anfang 1941 zu einem größeren Apparat ausgebaut, umfasste selbst Ende 1942 aber nur 69 Mitarbeiter. Dessen Leiter Radke blieb dabei in Personalunion Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des SD, vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 22, 28, 31, 33. Vgl. ebd., pag. S. 23, 27; Zeck, Korps, S. 26-29; Leleu, Waffen-SS, S. 640. Vgl. ebd., pag. S. 28, 31, 33 f.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

erst nach erheblichen Änderungen erlaubte.137 Ähnlich eigensüchtig handelte auch der Chef von Gestapo und SD Reinhard Heydrich. Laut den Aufzeichnungen seines Pressesprechers war er unzufrieden darüber, dass über die Tätigkeit der Einsatzgruppen und des SD in Russland nichts der deutschen Öffentlichkeit berichtet worden sei. Er ordnete deshalb im August 1941 den Einsatz zweier Berichterkolonnen an, welche im September 1941 in Russland weilten und unter Mühen zur Veröffentlichung geeignetes Material sammelten. Nach Aktenlage war das Resultat des ganzen Aufwands lediglich, dass in der »Berliner Morgenpost« Mitte Februar 1942 ein Aufsatz über die Einsatzgruppen erschien.138 Diese Pressestellen waren somit in keinster Weise vorbereitet, eine umfassende Kriegsberichterstattung über die Einsätze der SS-Truppen zu leisten. Auch der Wehrmachtpropaganda wollte die Reichsführung-SS dies sicher nicht überlassen. Schließlich hatten deren PK im Polenfeldzug keine Anstalten gemacht, über die in ihren Verbänden kämpfenden SS-Regimenter der »SS-VT« bzw. über die »LAH« zu berichten und so vor Augen geführt, dass sich die Konkurrenz zwischen WM und SS auch auf das Gebiet der Propaganda erstreckte.139 So blieb nur die Gründung einer eigenen SS-PK, welche im März 1940 dann auch aufgestellt wurde.140 Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass ab diesem Zeitpunkt auch die Voraussetzung für eine umfangreiche wie einheitliche Propaganda um die Waffen-SS bestand. Noch im Polenfeldzug hatten die bewaffneten SSEinheiten noch breit gestreut in verschiedenen Armeen des Heeres gekämpft. Ab Oktober 1939 wurden aber die SS-Divisionen »SS-VT«, »TK« und die SS-Polizeidivision aufgestellt sowie die »LAH« erheblich verstärkt. Nachdem diese ab November 1939 als »Waffen-SS« galten, hatte man seitens der SS auch eine griffige Formel, mit der man die Taten dieser nun für eine effektive Propaganda auch ausreichend großen Streitmacht beschreiben konnte.141 Ein Nebeneffekt der Aufstellung der SS-PK war in gewisser Weise eine organisatorische Vereinheitlichung der SS-Propaganda. Die Kriegsberichterstattung der SS-PK über die immer größer werdende Zahl der SS-Kampfverbände hatte die Bildung eines weitverzweigten Apparates zur Folge, der den kleinen Pressestellen der anderen SS-Ämter offensichtlich in Ausstattung, Fachpersonal und Organisation schnell weit überlegen war. Dies zeigt sich deutlich daran, dass anderen Stellen in der SS ihre Öffentlichkeitsarbeit immer häufiger von den Fach137

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Vgl. Schreiben Gunter d’Alquen an Dr. Brandt v. 4.8.1940, in: BArchB, NS 19/2243, pag. S. 17 f; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführer Radke«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 8 (10.2.1941). Laut den Akten soll der Artikel in besagter Zeitung am 15.2.1942 erschienen sein, er war jedoch vom Autor dieser Arbeit dort nicht aufzufinden. Vgl. für diesen Vorgang »Diensttagebuch des SSObersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 5 f (10.2.1941), S. 29 f (28.8.1941), S. 50 (15.2.1942); »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 28. Die SS-Führung unterstellte OKW/WPr sogar ein absichtsvolles Verschweigen der SS-Verbände, vgl. »Besprechung bei der SS-Inspektion« v. 15.4.1940, in: BA-MA, RS 4/47. Siehe dazu Abs. 3.5.d) dieser Arbeit. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o. D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 126-128.

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3.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der SS

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leuten der SS-PK ausführen ließen. Die SS-Kriegsberichter waren also keineswegs nur an der Front tätig, sondern begleiteten vielmehr bis Kriegsende alle Bereiche der SS publizistisch. Das galt nicht nur für die Freiwilligenwerbung, wo Berichte, Filme und Bilder der SS-PK wie gesehen oft eingesetzt wurden. Vielmehr sind zahlreiche weitere Sondermissionen der SS-Kriegsberichter in den Akten dokumentiert. Das fing bei der Polizeidivision an, welche erst 1942 in die Waffen-SS übernommen wurde, aber schon ab Juni 1940 von einem Zug der SS-PK ständig begleitet wurde.142 Ebenso waren es z. B. Journalisten der SS-PK, die im September 1940 im Auftrag der »Volksdeutschen Mittelstelle« die Umsiedelung von Volksdeutschen aus Bessarabien ins Reich begleiteten und darüber mehrere Artikel verfassten.143 Auch die Berichterstattung über die Beerdigung des Gestapochefs Heydrich, an sich eine Aufgabe des Amtes Presse im persönlichen Stab RFSS, lag federführend in den Händen von Gunter d’Alquen und wurde im Wesentlichen von den Angehörigen der SS-PK ausgeführt.144 Ein anderes Beispiel ist die berüchtigte, vom SSHauptamt herausgegebene Broschüre »Der Untermensch«. Die rassische Unterlegenheit der sowjetischen Völker wurde hier in 21 Fällen mit Bildern der SS-Kriegsberichter »belegt«.145 Allem Anschein nach kam dem RFSS Himmler diese Zentralisierung in der Öffentlichkeitsarbeit der SS nicht ungelegen. In dieser Weise kann jedenfalls sein 1942 erteilter Befehl an den Kommandanten der SS-PK d’Alquen verstanden werden, sich Kenntnisse aus allen SS-HA anzueignen. Zudem übergab er diesem ab 1943 auch die Leitung der Presseabteilung seines persönlichen Stabes.146 Darüber hinaus nutzte er die Möglichkeiten der SS-Kriegsberichter selbst für vielfältige publizistische Spezialaufträge. So befahl der RFSS z. B. Anfang August 1943 d’Alquen, ein Befehlsblatt über die Land- und Stadtwacht147 herauszugeben, im Stile einer »unbürokratische[n] und nicht zum Sterben langweilige[n] Zeitschrift«, die in illustrierten Aufsätzen Themen wie Luftschutz allgemein verständlich erläutern sollte.148 Bei einer anderen Gelegenheit ließ er einen in der Südukraine bei der SS-Kavallerie-Division eingesetzten SS-PK-Kameramann in das »Tierparadies ›Askania Nova‹« schicken, 142

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Förster, Wehrmacht, S. 89; Schreiben Kommando der Waffen-SS, Ia v. 6.6.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben Gunther Heysing an Wolfgang Vopersal v. 6.9.1969, in: BA-MA, N 756/300 a. Für einen Augenzeugenbericht vgl. Reinecker, Zeitbericht, S. 100-105. Ein Bsp. eines dabei erstellten Artikels ist: »Den Bessarabien-Deutschen entgegen«, in: VB 267 v. 23.9.1940, S. 2. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 127 (9.6.1942). Vgl. Der Untermensch, S. 51; Longerich, Himmler, S. 650. Vgl. Schreiben Gunter d’Alquen an Kurt Daluege, Chef der Orpo v. 9.2.1942, in: BArchB, SSO/009: d, Alquen, Gunter (24.10.10). Dass Gunter d’Alquen dieses Amt übernahm, ergibt sich aus einer Nachkriegsbefragung Gottlob Bergers, vgl. »Vernehmung des Gottlob Berger durch Mr. Meyer am 4.3.1947, in: IfZ, ZS 427/1, pag. S. 126. Dabei handelt es sich um eine ab Januar 1942 aufgestellte Polizeiverstärkung, welche der Orpo unterstand, vgl. Nolzen, Freimaurerei, S. 39. Vgl. Schreiben des RFSS an d’Alquen u. a. vom 17.9.1943, in: BA-MA, RS 4/1154. Siehe auch Zeck, Korps, S. 29.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

um dort Aufnahmen herzustellen.149 Selbst in die Aufzeichnung und Archivierung der Tonaufnahmen seiner Reden waren ab 1942 die Fachleute der SS-PK involviert.150 Auch auf der europäischen Ebene nutzte der RFSS die organisatorischen Möglichkeiten der SS-PK für seine Zwecke. So ließ er sog. »Auslandskommandos« dieser Standarte aufstellen, die u. a. folgende Aufgaben hatten: 1.) Die Unterbringung von bestimmten Artikeln, die die Auffassungen des Reichsführers-SS zu politischen oder weltanschaulichen Dingen in vorsichtiger Form widerspiegeln. Diese Artikel müssen deshalb meist von Strohmännern geschrieben werden, die aber im Ausland ein Begriff sind. 2.) Die Herausgabe von illegalen Zeitungen bzw. Betrieb von Sendern, die sich parteipolitisch tarnen (z. B. Herausgabe einer sozialdemokratischen illegalen Zeitung in Kopenhagen).151

Selbst Anfang 1945 bestanden in sechs europäischen Städten noch solche Auslandskommandos.152 Ebenso lässt sich exemplarisch zeigen, dass auch das Reichssicherheitshauptamt die Möglichkeiten der SS-PK, im Ausland Nachrichten zu verbreiten, für seine Zwecke nutzte. So ließ es im November 1944 d’Alquen mitteilen, »daß es wünschenswert ist, daß im Ausland bekannt wird, daß die Familie des bayrischen Exkronprinzen Rupprecht solange in Haft behalten wird, bis er zurückkehrt. [...] Ich bitte, wie besprochen, um Veranlassung und Mitteilung, auf welchem Weg (möglichst einschlägige Gesellschaftsschichten) diese Nachricht lanciert worden ist.«153 Ebenso griffen auch andere staatliche oder parteiamtliche Stellen des Dritten Reiches auf die Möglichkeiten der SS-Kriegsberichter zurück. Fassbar sind in den Akten z. B. Einsätze für den RAD, das AA und das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete.154 f) ERGEBNIS

Es ist deutlich geworden, dass die SS nicht nur aus ihrem Selbstverständnis als Elite des NS-Deutschlands heraus bestrebt sein musste, die Waffen-SS gegenüber der Öffentlichkeit als eine militärisch-politische Elitetruppe darzustellen. Das war 149 150

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Vgl. Kaden, Wort, S. 37. Vgl. Schreiben SS-Standarte »KE«, Adj. an Parteikanzlei der NSDAP v. 21.4.1944, in: BA-MA, RS 4/1154; Schreiben Kommandant Ordensburg Sonthofen an SS-Standarte »KE«, Adj. v. 10.5.1944, in: BA-MA, RS 4/1154. Der dafür Hauptzuständige Werner Alfred Venn war aber kein Angehöriger der SS-PK, vgl. Himmler, Geheimreden, S. 252, 311. Schreiben der SS-Standarte »KE«, Stellvertreter in Kommando, an RFSS, Persönlicher Stab, z.Hd. SS-Hstuf. Ackthun betr. Auslandskommando der SS-Standarte »Kurt Eggers« vom 2.1.45, in: BArchB, NS 19/3274, S. 3 f. Dies waren Kopenhagen, Oslo, Agram, Budapest, Mailand und Triest, vgl. Mitteilung an SS-Obersturmbannführer Mohr vom 8.1.1945, in: BArchB, NS 19/3274, pag. S. 4. Vgl. Schreiben des Reichssicherheitshauptamt, Amt VI-VI C 2 B an den Kommandeur der SSStandarte »Kurt Eggers«, SS-Standartenführer d’Alquen v. 2.11.1944, in: BA-MA, RS 4/46. Vgl. »RAD. Mit dem Panzer voran!«, in: BA-MA, RS 4/1158; Schreiben der Gruppe Aktiv-Propaganda des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete betreff: Partisanenbekämpfung v. 1.9.1942, in: BA-MA, N 756/300a; »Ein Spiegel Serbiens«, in: BA-MA, RS 4/1159.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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auch eine Notwendigkeit im Hinblick auf der ihren bewaffneten Verbänden zugedachten Rolle als Kern einer zukünftigen NS-Volksarmee wie auch der Werbung um freiwilligen Nachwuchs. Alle diese Ziele erforderten eine selbst gestaltete, möglichst umfassende und professionelle Propaganda um den Kriegseinsatz der Waffen-SS. Im Polenfeldzug hatte sich erwiesen, dass die für diese Ziele notwendigen Journalisten am besten als Propagandakompanie organisiert waren. Die Aufgabenstellung dieser SS-PK umfasste aber bald mehr als eine bloße Kriegsberichterstattung über die Waffen-SS. Mit ihrer schnell vorhandenen personellen und strukturellen Übermacht übernahm sie vielmehr bald weitestgehend die Öffentlichkeitsarbeit der gesamten SS und wurde so faktisch zu einer Art Nachrichtenagentur der Schutzstaffel.

3.2 DIE SS-PROPAGANDAKOMPANIE IN ORGANISATION UND AUSSTATTUNG Welche Bedeutung eine möglichst umfangreiche Berichterstattung über die Waffen-SS für den Schwarzen Orden hatte, zeigt sich auch an der imposanten Größe und Ausstattung der zu diesem Zwecke gegründeten SS-Einheit: die SS-Kriegsberichterkompanie (SS-PK). Gleichzeitig lag gerade in der professionellen Organisation dieser späteren »Kurt Eggers«-Standarte die überaus starke Verbreitung begründet, welche die SS-Propaganda schließlich erreichte. Vor allem aber ist angesichts der generellen Bedeutung der PK in der deutschen Kriegspropaganda schon jetzt davon auszugehen, dass von dieser SS-PK das zeitgenössische mediale Image der Waffen-SS wesentlich mitbestimmt wurde, dessen Ausgestaltung und Wirkungsmacht zentrales Thema dieser Arbeit ist. All dies macht die ausführliche Darstellung von Organisation, Ausstattung und Personal der SS-PK an dieser Stelle unverzichtbar, zumal das bisher noch nie umfassend erfolgt ist.155 a) GRUNDLAGEN, AUFSTELLUNG

Die Ende 1939 konkret gewordenen Pläne, eine eigene Kriegsberichtereinheit für die Waffen-SS zu schaffen, wurden schnell umgesetzt. Nach seiner eigenen Aussage im November 1939,156 in Wirklichkeit wohl erst ab Januar 1940157 trat der für 155

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Die Darstellungen dieser Thematik bei Zeck, Leleu und Kaden behandeln diesbezüglich nur einzelne Aspekte und nutzen zudem nur einen Teil des verfügbaren Aktenmaterials der SS-PK, vgl. Zeck, Korps, S. 43-55; Leleu, Waffen-SS, S. 641-677; Kaden, Wort, S. 20-58. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 6. Das geht aus einem Schreiben in seiner Personalakte vom 16.1.1940 hervor. In diesem heißt es: »Der Reichsführer SS hat entschieden, dass SS-Standartenführer d’Alquen möglichst bald zu einem Unterführerlehrgang einberufen werden soll.« Siehe: Schreiben des Persönlichen Stab des Reichsführers SS an Chef des SS-Personalhauptamtes, SS-Gruppenführer Schmitt v. 16.1.1940, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.1910). Hintergrund war, dass d’Alquen befürchtete, ohne einen

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3. Die Kriegspropaganda der SS

die Leitung der neuen Einheit vorgesehene Gunter d’Alquen eine militärische Ausbildung zum Untersturmführer in dem damaligen Standort der »LAH« in Berlin-Lichterfelde an. Zur gleichen Zeit wurde auch der institutionelle Rahmen für die SS-PK geschaffen. Nachdem die grundsätzliche Genehmigung für ihre Aufstellung von Hitler erteilt und dies im Januar 1940 von Major Walter Titel, einem ins RMVP abgeordneten Fachprüfer von OKW/WPr, im Namen beider Institutionen bestätigt worden war,158 besprachen Himmler und d’Alquen sofort die notwendigen Vorarbeiten wie die militärische Ausbildung der SS-Kriegsberichter.159 Anfang März 1940 erteilte der RFSS schließlich den offiziellen Befehl zu der Aufstellung dieser neuen SS-Einheit.160 Diese begann schon ab dem 5. März, gleichfalls in der Kaserne der »LAH«, mit der Auswahl des Rahmenpersonals. Ab dem 11. März absolvierten dort die ersten für diese Einheit vorgesehenen Journalisten eine vierwöchige militärische Ausbildung.161 Am 19. des gleichen Monats begannen die Verhandlungen zwischen SS- und Wehrmachtführung über den Charakter und die Befugnisse dieser neuen Einheit der Waffen-SS.162 Das Ergebnis war ein von SS-Oberführer Hans Jüttner und dem stellvertretenden Kommandanten von OKW/WPr, Major Rolf Kratzer, Mitte April 1940 unterzeichnetes Abkommen. Danach sollten für die SS-PK grundsätzlich die gleichen Vorschriften gelten, wie sie 1938 in einer Dienstanweisung für die PK der Wehrmacht festgelegt worden waren.163 Ihr Tätigkeitsfeld wurde aber auf »die Berichterstattung über die militärische Tätigkeit der SS-Kampfverbände für die Propaganda des RMVP« beschränkt, ebenso wurde ihr eine Aktivpropaganda ausdrücklich untersagt. Es war vorgesehen, dass sie im Einsatz der von ihr betreuten SS-Einheit unterstellt werden sollte und mit dieser auch dem übergeordneten Armeekommando. Dort sollte auch das Filmmaterial der SS-Propagandisten entwickelt werden und die militärische Zensur erfolgen. Der SS wurde lediglich zugebilligt, dass ein Verbindungsmann gegenüber dem Stab von OKW/WPr ihre Sonderbelange bei dieser Zensur vertreten durfte. Dies sollte aber im Einvernehmen mit der WM geschehen, welche auch insgesamt großen Wert auf ihre Weisungsbefugnis gegenüber der SS-PK legte. So mussten selbst Wünsche über eine bevorzugte Verwendung des Berichtermaterials in einzelnen Zeitungen den Fachprüfern von OKW/WPr vorgelegt werden.164 Grenzen für die personelle Stärke

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militärischen Rang Autoritätsprobleme in seiner Einheit zu haben, vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 6. Vgl. Schreiben SS-Hauptsturmführer [unleserlich] an SS-Standartenführer d’Alquen v. Januar 1940, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.1910); Uziel, Warriors, S. 113, 430. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 154, 686, FN 434. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o. D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben der Inspektion E der SS-VT an Ersatz-Btl. der LAH u. a. betreff der Aufstellung einer Kriegsberichter-Komp. v. 5.3.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben OKH, Chef Abteilung H Rüst und BdE an Inspektion (E) der SS-Verfügungstruppe betreff Forderungen der SS v. 2.4.1940, in: BArchB, NS 19/3521, pag. S. 279 f. Diese sind abgedruckt bei v.Wedel, Propagandatruppen, vgl. ebd., S. 20 f. Vgl. »Zusammenarbeit von OKW/WPr. mit Reichsführer-SS bezüglich SS-Propagandakompanie« o.D., in: BA-MA, RS 4/47. Das Dokument kann auf Mitte April 1940 datiert werden, da sich ein weiteres Schriftstück auf dieses bezieht, vgl. »Besprechung bei SS-Inspektion« v. 15.4.1940, in: BAMA, RS 4/47.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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der SS-PK wurden in diesem Abkommen jedoch nicht festgelegt, was sich für die WM noch bitter rächen sollte. Von Seiten des RMVP ergingen hingegen keine solchen strikten Vorgaben. Im Gegenteil scheint Goebbels angetan von dem Plan gewesen zu sein, den unter Befehlsgewalt der Wehrmacht stehenden PK eine PK der Waffen-SS zur Seite zu stellen. Schließlich war dem Propagandaminister die Tätigkeit der WM in »seinem« Tätigkeitsbereich immer ein Dorn im Auge.165 Eine eigene PK der WaffenSS scheint er hingegen nicht als Gefahr für seine Machtposition eingeschätzt zu haben, vielmehr ging er offenbar von einer Zusammenarbeit unter »Gleichgesinnten« aus. Darauf weisen gleich mehrere Anzeichen hin: So beanspruchte die SS-PK bezüglich der allgemeinen Propagandaanweisungen des RMVP keine Sonderrolle. Wie bei den PK der WM üblich, gingen sie über OKW/WPr auch an die SSPropagandisten.166 Goebbels hatte mit Himmler Mitte April 1940 sogar vereinbart, dass d’Alquen einige Zeit in seiner unmittelbaren Umgebung verbringen sollte. Tatsächlich trat schon zwei Wochen später d’Alquen in das Ministerbüro Goebbels ein, um dort die SS-PK zu betreuen und mit dem Minister die Aufgaben der SS-Propagandaeinheit zu besprechen.167 Was Goebbels von dem Kommandanten der SS-PK wie auch von Himmler erfuhr, stellte ihn offensichtlich zufrieden. Am 4. Mai 1940 schrieb der Propagandaminister in sein Tagebuch: »Mit Himmler Aufgabe der Prop. Komp. der SS und d’Alquens besprochen. Wir gehen da ganz einig.«168 Auch in den folgenden Monaten war das Verhältnis der entstehenden SS-PK zu Goebbels gut. So ließ der Propagandaminister den SS-Propagandisten nicht nur freie Hand bei der Auswahl ihres Personals,169 er stellte ihr sogar einen seiner wertvollsten Mitarbeiter, den unten eingehender beschriebenen Hans Schwarz

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Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. So wurde es in genanntem Abkommen zwischen OKW/WPr. und dem RFSS vereinbart, vgl. »Zusammenarbeit von OKW/WPr. mit Reichsführer-SS bezüglich SS-Propagandakompanie« o.D. [April 1940], in: BA-MA, RS 4/47. Die Umsetzung beweist das Geheimtagebuch des 1. SS-PKZuges, welches zwischen dem 25.6.1941 und dem 22.5.1943 die Vernichtung von 128 Propagandaanweisungen des RMVP nachweist, eigene Auswertung der Daten in: »Geheimtagebuch des 1./ SS-KB-Zuges«, in: BA-MA, RS 4/49. So wurden vom Autor folgende Einträge im Tagebuch von Goebbels gedeutet: »Mit Himmler die Aufstellung einer Prop. Kompanie für die S.S. besprochen. Er ist einverstanden und stellt mir d’Alquen zur Verfügung.«, in: Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 45 (10.4.1940); »Gunther d’Alquen: er soll ins Ministerbüro eintreten, um die Prop. Komp. der S.S. zu betreuen. Für uns eine wertvolle Bereicherung. Ich weise ihn ein.«, in: ebd., Bd. I/8, S. 69 (23.4.1940). Für Leleu weisen diese Textstellen darauf hin, dass die SS Goebbels in dem Glauben gelassen hätte, er selbst sei auf den Gedanken der Gründung der SS-PK gekommen, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 640. Dies erscheint aber angesichts der bereits geschaffenen Fakten wenig wahrscheinlich: Zu diesem Zeitpunkt war das Abkommen zwischen WM und SS über die Aufstellung einer SS-PK bereits geschlossen, zudem hatte die SS-PK ihre Arbeit bereits aufgenommen. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 91 (4.5.1940). Vgl. »Zusammenarbeit von OKW/WPr. mit Reichsführer-SS bezüglich SS-Propagandakompanie« o.D. [April 1940], in: BA-MA, RS 4/47, sowie die Ergänzungen dazu in dem Schreiben der Inspektion E der SS-VT an das OKW betr. SS-Kriegsberichterkompanie v. 23.4.1940, in: BA-MA, RS 4/1157.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

van Berk, zur Verfügung.170 Anfang Juni 1940 kehrte d’Alquen sogar für einen Monat in das Ministerbüro von Goebbels zurück, um dort den persönlichen Referenten von Goebbels, Werner Naumann, zu vertreten.171 Konflikte gab es erst ab Mitte 1941, als die publizistischen Erfolge der SS-PK die übergeordneten Absichten von Goebbels gefährdeten.172 Dem neuen Kommandanten der SS-PK wurde aber auch von Seiten des RFSS, der Inspektion (E) und später des SS-Führungshauptamt bei der Aufstellung der »jüngsten Waffengattung der Waffen-SS«173 ein hohes Maß an organisatorischer Freiheit eingeräumt, d. h. er konnte, nach seinen Worten, ohne einengende Vorschriften eine Organisation nach den Gesichtspunkten des natürlichen Menschenverstandes aufbauen, dieser langsam feste Formen geben und die »beim Heer und anderen Wehrmachtsteilen längst vorhandenen Erfahrungen nun aus eigener Anschauung nachholen, [...] erweitern und verbessern.«174 Einengen ließ er sich selbst von dem gerade unterzeichneten Abkommen mit der Wehrmacht nicht: Dies betraf an erster Stelle die Unterstellungsverhältnisse. Die nach der Vereinbarung mit OKW/WPr vorgesehene Kommandogewalt der jeweiligen Befehlshaber über die ihre Einheiten begleitenden SS-Kriegsberichter sah d’Alquen als Fehler an. Er sah voraus, dass die Kommandeure der jeweiligen SS-Divisionen so in Versuchung kommen könnten, zu befehlen, was über sie berichtet werden sollte. Diverse Vorkommnisse bei der Wehrmacht sollten später zeigen, dass diese Befürchtungen nicht unbegründet waren.175 Um das zu vermeiden, legte er seinem RFSS den Plan für eine völlig andere Organisationsform vor, welche er nach dem Krieg zu Recht als eine entscheidende Frage seines Erfolges176 bezeichnete. Von Beginn an wurde die SS-PK als eine selbständige Einheit der Waffen-SS geplant. Ihre einzelnen Züge sollten den Divisionen der Waffen-SS jeweils leihweise zur Verfügung gestellt werden, aber in allen Belangen, selbst disziplinär, von diesen unabhängig bleiben. Sogar die Zensur sämtlichen von ihnen angefertigten Materials erfolgte nicht vor Ort, vielmehr wurde dieses direkt an die Zentrale der SS-PK in der Heimat übersandt, dort überarbeitet und erst danach der politischen und militärischen Zensur vorgelegt. Es gelang d’Alquen, Himmler 170

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Vgl. die Erinnerungen von Schwarz van Berk in: BArchK, N 1373/14; Martens, Reich, S. 112 f. Siehe zu diesem Vorgang eingehender Abs. 3.3.b) dieser Arbeit. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 152 (3.6.1940), S. 206 (5.7.1940); »Befragung von Herrn Gunther d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber«, in: IfZ, ZS 2; »Vernehmung des Gunther d’Alquen durch Dr. Herbert H. Meyer am 17.2.1948«, in: IfZ, MA 1569/2. Vgl. Abs. 3.4.b) dieser Arbeit. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Die Aufgaben der Inspektion (E) der SS-VT wurden im Oktober 1940 vom SS-FHA übernommen, vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 414. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. So sollen etwa die Generäle der Panzereinheiten die PK-Berichte immer wieder dazu genutzt haben, ihr persönliches Ansehen in der Heimat und an der Front aufzupolieren, vgl. Beer, Glanzstück, passim. Vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 7.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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von dieser Art Aufbau der SS-PK zu überzeugen.177 Damit war eine zentrale Steuerung der Berichterstattung der SS-PK ohne hemmende Zwischeninstanzen möglich. Man war so von Anfang an in der Lage, äußerst schnell Schwerpunkte für die Berichterstattung festzulegen oder auf Spezialanforderungen zu reagieren.178 Anfangs gab es keine Proteste von Seiten OKW/WPr gegen diese Praxis.179 Erst als im Laufe des Jahres 1941 die in den Medien des Reiches zu findende Propaganda der SS-PK massiv zunahm, beschwerte sich OKW/WPr über diese so nicht vereinbarte Organisation der SS-PK. Vor allem wurde daran Anstoß genommen, dass die SS-PK-Berichte vor der Weiterleitung nach Berlin nicht den Zensuroffizieren der Armeeoberkommandos vorgelegt wurden. OKW/WPr argumentierte, dass so die sachliche Richtigkeit der in den PK-Berichten geschilderten Vorgänge nicht verbürgt, sowie die Wünsche der Befehlshaber der Armeen nicht berücksichtigt werden könnten.180 Zwar hielten die Beschwerden der Wehrmachtbefehlshaber in dieser Angelegenheit auch in der Folge an, wobei sogar das SS-FHA zum Eingreifen aufgefordert wurde,181 die SS-PK aber legte bis Kriegsende das Berichtermaterial nicht vor Ort vor. Ebenso änderte sich bis 1945 nichts an dem Charakter der SS-PK als eigenständiger, den SS-Divisionen gleichgestellter Einheit. Hintergrund dafür war ein Ausgleich, den der RFSS mit von Wedel Mitte Oktober 1941 schloss. In diesem wurde nun die Struktur der SS-PK von OKW/WPr akzeptiert und vereinbart, dass die militärische Zensur des Materials der SS-PK in Berlin stattfinden sollte.182 Dennoch hielten die Konflikte von SS-PK und OKW/WPr bis Kriegsende an, worauf in dieser Arbeit noch weiter eingegangen werden wird.183

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S.6-8. Dass die SS-PK von Anfang an so organisiert war, wird durch ein Schreiben aus dem Juni 1940 bestätigt. Hier heißt es: »Die Kriegsberichter-Züge bleiben Teile der SS-Kriegsberichterkompanie« siehe: Schreiben Kommandoamt der Waffen-SS, Ia v. 6.6.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Dokumentation »Kriegsberichter«, in: BA-MA, N 756/300a. Im Gegenteil beschrieb es der Zugführer des II. Zuges der SS-PK am 14.7.1941 als die bisherige Praxis, dass die gesammelten Berichte der SS-PK erst in Berlin durch die Zentrale der SS-PK an OKW/WPr zur militärischen Zensur übergeben worden sei und OKW/WPr wöchentlich einen Zensurbericht an den Stab der SS-PK übermittelt habe, vgl. Schreiben des Zugführers des II. Zug SS-PK an das Kommando der Panzergruppe 4 betr. Zensur der Wort- und Bildberichte von SSKriegsberichtern v. 14.7.1941, in BArchB, RW 4/430. Vgl. Entwurf eines Schreibens von OKW/WPr. an das SS-Führungshauptamt betr. Militärische Zensur v. 4.8.1941, in: BA-MA, RW 4/430. Vgl. z. B. Schreiben des Stellv. Generalkommando Wehrkreis IV an OKW/WPr. v. 17.5.1941, in: BA-MA, RW 4/430; Schreiben des Kommandos der Panzergruppe 4, Abt. Ic an das OKW, Wehrmachtsführungsstab /WPr. betr. Zensur von PK-Berichten von SS-Kriegsberichtern v. 18.7.1941, in: BA-MA, RW 4/430; Entwurf eines Schreibens OKW/WPr. an das SS-Führungshauptamt betr. Militärische Zensur v. 4.8.1941, in: BA-MA, RW 4/430. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 33 f. (18.10.1941). Vgl. Abs. 3.4.d) dieser Arbeit.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

b) ORGANISATION

Die Zentrale der SS-Propagandisten, zunächst im SS-Führungshauptamt, dann ab Januar 1942 in Berlin-Zehlendorf angesiedelt,184 hatte kaum etwas von einer herkömmlichen militärischen Befehlsstelle, sondern vielmehr den Charakter einer Redaktion oder Nachrichtenagentur:185 So gab es hier zwar militärische Strukturen wie einen Stab, bestehend aus dem Kommandeur Gunter d’Alquen, seinem Stellvertreter, einer Adjutantur und Verbindungsoffizieren zu dem RMVP und dem OKW. Ebenso war auch eine Ersatzkompanie vorhanden, in welcher die zukünftigen Berichter ausgebildet wurden. Daneben bestand in der Zentrale der SS-PK aber auch für jedes journalistische Feld, auf dem die Einheit tätig war, eine eigene Fachabteilung, hier »Gruppe« genannt. Diese hatten eine ähnliche Aufgabe wie die Fachprüfer von OKW/WPr, hatten aber einen weit größeren Einfluss auf Form und Inhalt der von den Kriegsberichtern angefertigten Artikel, Fotos oder Filme und verfügten zudem über eine weit bessere Ausstattung. Wie gesehen, hatten die Fachprüfer im Rahmen von OKW/WPr die Aufgabe, die journalistische Qualität der von den PK erstellten Berichterstattung zu überwachen. Vorgenommen wurde diese Prüfung meist vor Ort im Rahmen der einzelnen PK. Bei der SS-PK hingegen wurde sämtliche Berichterstattung zentral gesteuert und optimiert. Dafür waren Untereinheiten zuständig, etwa die Gruppe »Wort« für die Presseberichte, daneben entsprechend »Bild«, »Film«, »Rundfunk«, und »Zeichnen« für die jeweiligen anderen Medieninhalte. Später kamen noch die Gruppen »Ausland« für die Propaganda in den besetzten Gebieten und »Kampfpropaganda« für die Gegnerbeeinflussung hinzu.186 Diese Gruppen waren äußerst gut ausgestattet. So stand der Gruppe »Wort« ein eigenes Lektorat zur Verfügung, in dem alle eingehenden Presseberichte nach journalistischen und politischen Gesichtspunkten bewertet, falls nötig verbessert und nach den jeweiligen Einsatzmöglichkeiten beurteilt wurden. Dabei hatte man ganz Europa im Visier. Neben Deutsch gab es hier Abteilungen für insgesamt vierzehn Sprachen und Länder.187 Die gemeinsame Leitlinie war, unter Einbeziehung der Absichten des Berichters, in den Arbeiten die »stilistischen Mängel auszumerzen und propagandistische Gesichtspunkte stärker herauszuarbeiten oder umgekehrt Schiefliegendes und Unerwünschtes zu beseitigen.«188 Auch die Fotoauswertung war bei der SS-PK zentralisiert. Es bestand die Anordnung, die Bilder nicht an der Front, sondern nur in der Heimat entwickeln zu 184

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Vgl. »Gliederung der SS-Kriegsberichterkompanie« v. 21.8.1941, in: BA-MA, RS 4/1157; »Die neue Unterkunft der SS-Kriegsberichterabteilung« o.D., in: BA-MA, N 756/300a. In letzterer Akte ist auch ein Foto und Lageplan des Gebäudes abgebildet. So auch Leleu, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 645. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 20; »Gliederung der SS-Standarte Kurt Eggers«, in: BA-MA, N 756/300a. So gab es hier im Dezember 1942 Abteilungen für Norwegen, Flandern, Frankreich, die baltischen Länder, Schweden, Rumänien und Ungarn, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. »Redigier-Probearbeiten Vierbücher«, o.D. [ca. 1942], in: BA-MA, RS 4/1158.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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lassen.189 Dafür stand der Gruppe »Bild« ab März 1942 ein hochmodernes Großlabor inklusive der notwendigen Spezialisten zur Verfügung, in dem vom einfachen Pressebild bis zum »Großbild in Edeldruckverfahren« alle Arten von Abzügen in hoher Stückzahl erzeugt werden konnten. Um mögliche Zeitverluste zu minimieren, wurde dem Labor die »Bildschriftleitung« der Standarte räumlich angegliedert. Man war hier somit nicht nur in der Lage, die von der Front einlaufenden Filme innerhalb von zwölf Stunden zu entwickeln und Abzüge zu erstellen, sondern konnte die Fotos in eigener Regie zu Serien zusammenstellen, mit einer Beschriftung versehen und eine jeweils passende Vergrößerung auswählen.190 Damit konnte man, im Gegensatz zu den Aufnahmen der Wehrmacht, den Redaktionen der Zeitungen und Illustrierten Bilder liefern, die zwar vom RMVP freigegeben, aber nicht ausschließlich von diesem komponiert und kommentiert worden waren. Selbst die Gruppe »Film« der SS-PK hatte ein vergleichsweise hohes Maß an Einfluss über die Art und Weise, wie die Waffen-SS in der Wochenschau präsentiert wurde, denn auch diese Gruppe entwickelte und bearbeitete die eingehenden Filmstreifen der Kameraleute der SS-PK selbst. Dafür beschäftigte sie Vorführer und Cutter in eigens eingerichteten Werkstätten und Filmvorführräumen. Man war so in der Lage, aus dem eingehenden Material selbst Beiträge zu erstellen und der Wochenschau vorzulegen, die sie dann »bei Bedarf und Eignung« verwendete. Bei der Gelegenheit schuf man auch ein Filmarchiv, mit dessen Hilfe man in der Lage war, auch selbst Streifen wie »Junker der Waffen-SS« oder Lehr- und Schulfilme zu produzieren.191 In der »Gruppe Rundfunk« wurden die Radioreportagen der SS-PK gesammelt, bewertet, auf technische Mängel überprüft, umgeschnitten und schließlich dem Großdeutschen Rundfunk zur Verfügung gestellt. Zudem wurden auch hier die Aufnahmen in einem Tonarchiv gesammelt, um je nach Bedarf Sondersendungen oder Schallplatten herstellen zu können.192 Die Möglichkeit, in die Propagandaberichte über die Waffen-SS die jeweils aktuell gewünschte Tendenz der Berichterstattung durch eine Überarbeitung in den Labors, Schneideräumen bzw. Lektoraten vor einer Veröffentlichung einfließen lassen zu können, bedeutete einen enormen Vorteil der SS-PK gegenüber den Wehrmacht-PK. Das wurde flankiert oder überhaupt erst ermöglicht durch ein weiteres, entscheidendes Privileg. Der SS-PK war es ab dem 1. November 1941 erlaubt, eine politische Zensur ihres Propaganda-Materials durch ihre eigenen Mitarbeiter durchzuführen. Zwar bewertete das RMVP die Berichte weiterhin endgültig, der große Vorteil für die SS-Propagandisten bestand aber an erster Stelle in ihrer stark verbesserten Infor189

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So heißt es in einem Schreiben der Standarte: »Ein Beweis für die Richtigkeit der Anordnung, [...] das gesamte Filmmaterial nur in dem eigenen Berliner Labor zu entwickeln.«, vgl. »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51. Dabei soll die höchste Tagesproduktion über 11.000 Bilder betragen haben, vgl. »Drei Jahre SSKriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Das Labor galt als das »besteingerichteste und leistungsfähigste in Berlin«, siehe »Bericht anlässlich der Übernahme der ehemaligen Bildstelle im Presseamt des Persönlichen Stabes durch die Völkischer Kunstverlag G.m.b.H.« v. 15.7.1943, in: BArchB, NS 3/1452. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. ebd.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

mationslage. Die Zentrale der Einheit erhielt zumindest ab Juli 1942 alle Presseanweisungen des RMVP wie auch die Zensurbestimmungen der WM.193 Damit war es der SS-PK möglich, ihr Material den jeweils besonders nachgefragten Propagandathemen schon vor einer Weitergabe an das RMVP anzupassen bzw. Aussagen zu vermeiden, die ansonsten zu einer Sperrung oder Verzögerung der Weitergabe an die Medien geführt hätten und so die Bearbeitungszeit ihres Materials effektiv zu verkürzen. Schon dadurch sei laut d’Alquen die Berichterstattung der SS-PK höchst aktuell gewesen, was sich spürbar auf deren Verbreitung in den damaligen Medien ausgewirkt habe.194 Im Rundfunk, dem damals zeitnahesten Medium, konnte die SS-PK zumindest zeitweise auch auf kurzfristige Änderungen in der gewollten Tendenz der Berichterstattung reagieren, denn der von ihr ins RMVP entsandte politische Zensor war zumindest ab ca. 1942 gleichzeitig auch Redakteur in der Redaktion Frontberichte der Reichsrundfunkgesellschaft.195 Eine hohe Aktualität der von der SS-PK produzierten Medieninhalte stellte aber auch ein eigenes Kuriersystem für den Transport der Filme, Berichte und Radioreportagen der an der Front befindlichen SS-Kriegsberichten sicher. Nach guten Erfahrungen während des Balkanfeldzuges 1941196 war es am 3. Februar 1942 für die gesamte SS-PK eingerichtet worden.197 Der Grund für diese Organisation in Eigenregie war, dass sich bei der anfänglichen Benutzung der Verbindungen der Wehrmacht-PK für die SS-Propagandisten untragbare Unsicherheiten und Verzögerungen ergeben hatten.198 Es wurde ein beträchtlicher Aufwand betrieben. Alle Züge der SS-PK verfügten über mehrere Kuriere, welche, ausgestattet mit den entsprechenden Sonderausweisen des OKW, mit den schnellsten verfügbaren Verkehrsmitteln zwischen der Zentrale und den Feldeinheiten hin und her pendelten.199 Zudem konnten die SS-Kriegsberichter auch auf eine eigene Funkstati193

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Vgl. »Rechenschaftsbericht Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 26; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 143a (29.7.1942). Für nähere Informationen zu diesen Vorgängen vgl. Abs. 3.5 d) dieser Arbeit. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. ebd. Während des Balkanfeldzuges nutzte die SS-PK die Kurierflugzeuge der SS-Divisionen, um Material schnellstmöglich in die Heimat zu transportieren. Die Folge war offenbar eine weite Verbreitung ihrer Berichte v.a. in der illustrierten Presse, vgl. Uziel, Warriors, S. 280 f. Vgl. »Sonderbefehl Nr. 8« des Kommandoamt der Waffen-SS, SS-Kriegsberichter-Abteilung v. 3.2.1942, in: BA-MA, RS 4/1157. Die Kuriere der SS-PK mussten das Material persönlich begleiten, da sich bei einer Übergabe an die Luftwaffe zur Weiterleitung vielfach erwiesen haben soll, dass es die Zentrale der SS-PK gar nicht bzw. sehr spät erreichte, vgl. Schreiben des Zugführers des 5. Zug der SS-PK an Gunter d’Alquen v. 19.7.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Noch im September 1942 ergab ein Test des Luftwaffen-Kurierweges durch die SS-PK, dass ein Brief unannehmbare 26 Tage von der Ostfront nach Berlin benötigt habe, vgl. »Aktennotiz des Kommandeurs der SS-Kriegsberichterabteilung« v. 29.9.1942, in: BAMA, RS 4/42. Vgl. den Überblick über die Soll- und Iststärke der einzelnen Züge der SS-Kriegsberichter-Abteilung, angefertigt von der SS-Kriegsberichter-Abteilung für OKW/WPr, Oberst v.Wedel, Propagandatruppen, Chef der Propagandatruppen v. 1.5.1942, in: BA-MA, RS 4/1157; »Sonderbefehl Nr. 8« des Kommandoamt der Waffen-SS, SS-Kriegsberichter-Abteilung v. 3.2.1942, in: BA-MA, RS 4/1157.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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on zurückgreifen.200 Bei besonderen Anlässen kamen dazu auch Sonderkuriere zum Einsatz. Das konnte anlässlich der Verleihung eines Ritterkreuzes in einer SS-Division geschehen oder nach bedeutsamen Siegen der Waffen-SS wie etwa der Einnahme von Rostow durch die SS-Division »Wiking«.201 Standen Großereignisse an, war eine effektive Kurierverbindung von höchster Priorität. Zeigen lässt sich das an der Situation im Sommer 1942. Zu der in den Kaukasus vorgestoßene SS-Division »Wiking«, die damals »das A und O« der Berichterstattung der SS-PK bildete,202 wurden gleich fünf Sonderkuriere gesandt. Zudem wurde wegen der großen Entfernung eine Kurierstaffel eingerichtet. So war es der SS-PK-Zentrale möglich, wöchentlich Kontakt mit ihren Journalisten vor Ort zu halten.203 Solche Kurierstaffeln gab es bei der SS-PK immer wieder, etwa im Vorfeld der alliierten Invasion 1944, als das in der Normandie erstellte Material der SS-Kriegsberichter in einer Kurierstelle in Metz den aus Berlin kommenden Kurieren der SS-PK übergeben wurde.204 Ein ähnlicher Knotenpunkt existierte auch in Wien für die Berichter des Südostraumes.205 Die außerordentliche Effektivität dieses Kuriersystems der SS-PK zeigte sich gerade während der alliierten Invasion, als die ersten SS-PK-Berichte schon am 7. Juni 1944 als »höchst aktuell« an die Nachrichtenagenturen bzw. den VB ausgegeben wurden.206 Ebenso passierten erste Berichte über den Einsatz der WaffenSS zur Wiedereroberung von Charkow am 10. bzw. 16. März 1943 das Lektorat der SS-PK und wurden z. T. noch am gleichen Tag den Abendausgaben der Berliner Zeitungen übermittelt.207 Damit zeigte sich die Organisation der SS-PK den Kurieren der Wehrmacht-PK immer wieder überlegen, etwa während des Balkanfeldzug 1941 oder in der Be200 201

202

203

204

205

206

207

Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 416. Vgl. Meldung des 5. Zuges der SS-PK v. 27.7.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des 5. Zuges der SS-Kriegsberichter-Abteilung an die SS-Kriegsberichter-Abteilung, Berlin betr. Allgemeiner Bericht v. 26.4.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Andere Nachweise eines Einsatzes von Sonderkurieren: Schreiben des Zugführers des 5. Zuges der SS-Kriegsberichter-Abteilung an die SS-KriegsberichterAbteilung, Berlin v. 27.7.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des SS-Kriegsberichter-Abteilung, Adjutant an den Kommandierenden General Serbien, Wehrmachtstreifendienst betreff: Meldung über den SS-Sturmmann Obrowski v. 1.7.1943, in: BA-MA, RS 4/40. Schreiben der SS-Kriegsberichter-Abteilung an SS-Ustf. Nachrodt v. 10.8.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. Schreiben des Kommandeurs der SS-Kriegsberichter-Abteilung an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 2.9.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des Zugführers des 5. Zuges der SS-Kriegsberichter-Abteilung an die SS-Kriegsberichter-Abteilung, Adjutant SS-Untersturmführer Berndt v. 6.10.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des Zugführers des 5. Zuges der SS-KriegsberichterAbteilung an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 3.8.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. Schreiben SS-Standarte »Kurt Eggers«, Adjutant betr. Kurierstelle Metz v. 2.6.1944, in: BA-MA, RS 4/51. Vgl. Schreiben der Adjutantur der SS-Standarte »Kurt Eggers« an die Kurierstelle Wien v. 31.8.1944, in: BA-MA, RS 4/1155. »Der erste Invasionstag«, in: BA-MA, RS 4/1160. Ähnlich auch »Im Angesicht der Invasion«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »Auf dem Schlachtfeld von Charkow«, in: BA-MA, RS 4/1160; »Ausbruch aus der Abwehr«, in: BA-MA, RS 4/1158. Die SS-Divisionen »LAH«, »DR« und »TK« begannen ab dem 1. März 1943 mit den Angriffen zur Wiedereroberung von Charkow, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 79, 93, 114.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

richterstattung um die Schlacht von Kursk Juli 1943.208 Das hatte deutliche Auswirkungen auf den Umfang der Berichterstattung über die Waffen-SS, wie sich an einem Eintrag im Tagebuch von Propagandaminister Goebbels zeigen lässt. Dieser schrieb am 26. Juli 1943: »Die SS findet immer wieder Wege, ihr Berichtermaterial nach Berlin zu transportieren, während das Heer offenbar dazu nicht in der Lage ist. Infolgedessen kommt die SS bei der Wochenschau viel mehr zur Geltung als das Heer.«209 Wie erfolgreich das Kuriersystem der SS-PK war, zeigt sich auch daran, dass ihre Organisation intern als »Fabrikgeheimnis« bezeichnet wurde und offenbar den Neid der Kollegen von der Wehrmacht erregte.210 Die SS-PK hatte somit eine großzügig ausgestattete Zentrale, welche über ausgezeichnete Verbindungen zu den Berichtern vor Ort verfügte. Sie war aber auch, im Vergleich zu den Verhältnissen bei der Wehrmacht, mit einem komfortablen Unterbau an Zügen im Fronteinsatz ausgestattet. War, wie gesehen, beim Heer nur jeder Armee eine Propagandakompanie zugeteilt, wurde bei der Waffen-SS fast jede Division durch einen eigenen Zug der SS-Kriegsberichter begleitet. Da eine Armee im Schnitt aus etwa zehn Divisionen bestand und eine PK der WM aus drei Zügen, waren somit bei der SS-PK im Verhältnis dreimal mehr Einheiten eingesetzt als beim Heer.211 Dazu kam die außergewöhnliche Größe dieser Züge bei der SS. Bestand bei den PK des Heeres bis Ende 1943 nur der schwere Zug neben vier bis fünf Wortberichtern und Fotografen noch aus Rundfunk und Filmteams und die beiden leichten Züge hingegen nur aus Fotografen und Wortberichtern,212 waren bei der SS-PK Film- und Radioteams in allen Zügen vorhanden. Dazu verfügten sie über jeweils bis zu elf Wortberichter und fünf Fotografen.213 Auf diese Weise konnte der Einsatz jeder einzelnen SS-Division umfassend in Wort, Bild, Funk und Film dokumentiert werden. Dass dies von Anfang so geplant war, zeigt sich an dem fortgesetzten Wachstum der SS-PK. Schon im Mai 1940, nur zwei Monate nach dem Beginn ihrer Aufstellung, nahmen zwei Züge der SSPK am Westfeldzug teil und berichteten von den Einsätzen der SS-Divisionen »TK« und »SS-VT«.214 Ab Anfang Juni 1940 kamen zwei weitere Züge für die »LAH« und die Polizeidivision hinzu.215 Auch danach folgte die Entwicklung der SS-PK der der Waffen-SS. So wurde am 10. April 1941 ein Zug zu der gerade aufgestellten SS-Division »Wiking« in Marsch gesetzt sowie schon am 20. April 1941 ein 6. Zug »für den Osten« geplant.216 Im August 1941 hatten auch die Frei208 209 210

211 212 213 214

215 216

Vgl. Uziel, Warriors, S. 280 f; Leleu, Waffen-SS, S. 643. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/9, S. 164 f. (26.7.1943). Vgl. Schreiben des SS-Gruppenführers [Berger?] an Gunter d’Alquen betr. SS-PK-Ausstellung v. 23.10.1942, in: BArchB, NS 19/2402. Vgl. auch Abs. 3.5.d) dieser Arbeit. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 24; Leleu, Waffen-SS, S. 641. Vgl. v. Wedel, Propagandatruppen, S. 27. Siehe auch Abs. 2.2 dieser Arbeit. Vgl. z. B. »Personelle Zusammenstellung für den 5. Zug« v. 18.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben Kommando der Waffen-SS, Ia v. 6.6.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Aktennotiz der SS-PK v. 10.4.1941, in: BA-MA, RS 4/1157. Der 4. Zug wurde zum gleichen Zeitpunkt zur Kampfgruppe »Nord« versetzt, vgl. ebd. Die Division »Wiking« war erst Dezember 1940 gebildet worden, vgl. Stein, Geschichte, S. 96 f.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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willigenlegionen der Niederländer, Dänen, Norweger und der Finnen je einen Halbzug erhalten, so dass inklusive einem für die SS-Brigade »Nord« nun sieben Züge und vier Halbzüge der SS-PK bestanden.217 Schon zu diesem Zeitpunkt war OKW/WPr der Meinung, die SS-PK verfüge über unverhältnismäßig viele Journalisten,218 ihre Proteste blieben aber offensichtlich folgenlos. Denn auch den in der Folge aufgestellten SS-Verbänden wurden meist auch entsprechende Einheiten der SS-PK beigeordnet, so dass auf dem Höhepunkt der Entwicklung im Sommer 1943 schließlich 27 Züge der SS-Propagandaorganisation mit ca. 1.750 Mann im Einsatz waren. Infolge dieser Entwicklung wurde die SS-Kriegsberichtereinheit organisatorisch immer weiter aufgewertet. Im August 1941 wurde sie zu einer Abteilung und im November 1943 zu einer SS-Standarte umgegliedert. Im Zuge dessen wurden die in den nun existenten SS-Korps tätigen SS-PK-Züge jeweils zu Kompanien zusammengefasst.219 Dazu kam, dass die SS-PK von dem allgemeinen Personalabbau bei den Propagandatruppen ab Ende 1943 offenbar ausgenommen blieb.220 Allerdings waren viele der SS-Kriegsberichter nun nicht mehr journalistisch tätig, sondern betrieben an der Front eine psychologische Kriegsführung gegen die feindlichen Truppen. Die Bedeutung der SS-PK im Propagandaapparat der WM nahm in der Folge immer weiter zu. Auf dem Feld der psychologischen Kriegsführung leistete sie offenbar recht erfolgreiche Arbeit221 und übernahm hier ab Ende 1943 zunehmend die Federführung von OKW/WPr. Verschiedene Aktionen, etwa unter dem Codenamen »Südstern« im Frühjahr 1944 in Italien oder eine »Skorpion« genannte in der Ukraine im Mai 1944 wurden bereits unter dem Kommando der SS-PK durchgeführt. Schließlich kam es auf diesem Gebiet zu einer Art Verschmelzung beider PK-Organisationen. Ab Januar 1944 arbeiteten die Spezialisten zur Gegnerbeeinflussung der Wehrmacht im Gebäude der SS-PK, ab Dezember 1944 hatte der SS-Sturmbannführer Anton Kriegbaum sogar das Kommando über die entsprechende Abteilung von OKW/WPr inne.222 Ihren Abschluss fand diese Entwicklung mit der Übernahme des Kommandos über OKW/WPr durch d’Alquen am 2. Mai 1945.223 Aber auch in der Kriegsberichterstattung lief die SS-PK der Wehrmachtpropaganda ab 1943 zunehmend den Rang ab. Schon im Juli 1943 mussten ihre Kame217 218

219

220

221 222

223

Vgl. Gliederung der SS-Kriegsberichterkompanie v. 21.8.1941, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Aktennotiz des Zugführers des 8. Zug der SS-KBK betr. Berliner Besprechung bezüglich Aufbau des 8. Zuges der SS-PK vom 5.8.-15.8.1941, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108; Klietmann, Waffen-SS, S. 416; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag, S. 8. Vgl. Uziel, Warriors, S. 172 f; v.Wedel, Propagandatruppen, S. 124. Klietmann gibt an, am 30. Juni 1944 habe die Stärke der SS-PK 1.180 Mann betragen, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 509. Die Angabe des Letzteren, am 31. Dezember 1943 habe die SS-PK nur 141 Mann umfasst, fällt dagegen so sehr aus dem Rahmen, dass sie auf einem Irrtum beruhen muss, vgl. ebd., S. 507. Vgl. Buchbender, Erz, S. 16 f. Vgl. Uziel, Warriors, S. 173 f; Klietmann, Waffen-SS, S. 416 f. Diese sog. »Aktivpropaganda« zur Beeinflussung der feindlichen Truppen durch Flugblätter, Lautsprecherdurchsagen usw. ist das bisher in der Literatur meist behandelte Tätigkeitsfeld der SS-PK. Für eine Darstellung dieser Aktionen und der Aktivpropaganda von Wehrmacht und SS-PK insgesamt vgl. Buchbender, Erz, passim; Kaden, Kriegsberichterstattung, S. 59-110; ebd.,Wort, S. 80-107. Vgl. Uziel, Warriors, S. 179 f.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

raleute auf Befehl Himmlers helfend einspringen, als es dem RMVP vor allem für die Wochenschau an Aufnahmen über Einsätze der Wehrmacht mangelte. SSKriegsberichter sollen danach auf U-Booten mitgefahren sein. Sie berichteten auch über die Einsätze des RAD wie auch zumindest zeitweise über die von Heereinheiten.224 Dennoch blieb, selbst als 1944/45 ca. drei Viertel des Personals der SS-PK im Rahmen der Aktivpropaganda tätig gewesen sein soll,225 und anders als vielfach behauptet, die Berichterstattung über die Einsätze der Waffen-SS für die SS-PK bis zum Kriegsende weit mehr als eine nur am Rande erledigte Nebenaufgabe.226 So versuchte man in der Zentrale der SS-PK Ende 1943 die psychologische Kriegsführung so zu organisieren, dass die Berichtertätigkeit nicht darunter leiden musste.227 Das scheint tatsächlich gelungen zu sein. Auch wenn die Züge der SS-PK nun nicht mehr die gewohnte Stärke aufwiesen, waren dennoch selbst am 1. Juli 1944 noch 17 von ihnen bei den verschiedenen SS-Divisionen ausdrücklich mit einer Kriegsberichterstattung beschäftigt, zudem waren die in der Zentrale SS-PK die Berichte, Filme und Bilder von der Front bearbeitenden Gruppen noch immer vollbesetzt.228 Auch danach ging diesen offensichtlich die Arbeit nicht aus. Vier Wochen später waren Bilder von 38 Fotografen der SS-PK in der Zentrale eingelaufen.229 Selbst Anfang 1945 waren noch 46 Filmberichter bei der SS-PK aktiv, während für die Heeres-PK nur noch 85 berichteten.230 Es wurden sogar weiterhin neue Berichter-Einheiten aufgestellt. So erhielten z. B. auch die erst 1944 aufgestellten galizischen Divisionen der SS, die 1. und 2. Kosaken-KavallerieDivisionen der SS oder sogar noch im Februar 1945 das erste rumänische Regiment der SS eigene SS-Kriegsberichter.231 In der gleichen Zeit waren bei Heer, Luftwaffe und Marine zusammen nur noch ca. 450 PK-Angehörige journalistisch tätig.232 224

225 226

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232

Vgl. Schreiben des Stellvertreters i.K. Kriegbaum an alle Züge v. 26.7.1943, in: BA-MA, RS 4/41; Sonderbefehl Nr.5 des Kommandos der SS-Kriegsberichter-Abteilung v. 8.1.1942, in: BA-MA, RS 4/47; Schreiben des 6. Zuges der SS-Kriegsberichter-Abteilung an den Kommandeur der SS-Kavallerie-Division v. 10.10.1943, in: BA-MA, RS 4/47; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 21. Vgl. Schreiben Günther Heysings an Wolfgang Vopersal v. 25.4.1975, in: BA-MA, N 756/300b. So auch Leleu, Waffen-SS, S. 641. Für die Beschreibung als Nebenaufgabe siehe z. B. Klietmann, Waffen-SS, S. 417; Kaden, Wort, S. 108. Vgl. Schreiben des Stellvertreters i.K. an den Chef der 2. SS-Kriegsberichter-Kompanie Akemann v. 14.12.1943, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. »Führerstellenbesetzungsliste« der SS-St. »Kurt Eggers« v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/1157; Schreiben des Stellv. im Kommando der SS-St. »KE« an Einsatzkommando 7. Zug v. 24.11.1943, in: BA-MA, RS 4/42. Eigene Auswertung aus den Angaben in »Befundmeldung Nr. 85« der SS-St. »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51. Vgl. v.Wedel, Propagandatruppen, S. 62. Vgl. Schreiben des Stellvertreters i.K. bei der SS-Standarte »Kurt Eggers« an SS-Oberscharführer Meyer v. 10.2.1944, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des SS-Führungshauptamtes an die SS-Standarte »Kurt Eggers« v. 16.11.1944, in: BA-MA, RS 4/46; Schreiben des SS-Hauptamtes an die SSStandarte »Kurt Eggers« v. 19.2.1945, in BA-MA, RS 4/45. Im Sommer 1944 wurde auch der bisherige Halbzug bei der 20. Waffen-Grenadier Division der SS (estn. Nr.1) zu einem vollen Zug aufgestockt, vgl. »SS-Kriegsberichterzug/20. Waffen-Gren.Division der SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Vgl. Uziel, Warriors, S. 172.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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Organisatorisch waren die SS-Propagandisten so für eine umfassende Berichterstattung über die Waffen-SS hervorragend aufgestellt. Gleiches galt aber auch für ihr technisches Gerät. c) AUSRÜSTUNG

Aus den Akten der SS-PK lässt sich eine hervorragende und in Teilen sogar exklusive Ausrüstung ihrer Züge rekonstruieren. An erster Stelle galt das für ihre Ausstattung mit Kraftfahrzeugen, die zumindest für einige Züge notwendig war, um den motorisierten Einheiten der Waffen-SS im Einsatz folgen zu können. Die ersten vier Züge der SS-PK aber waren bei ihrer Aufstellung vom SS-FHA so großzügig mit Fahrzeugen versehen worden, dass die SS-Kriegsberichter teilweise besser ausgestattet waren, als die Divisionen, über die sie berichteten. Bei einer Stärke von insgesamt 268 Mann verfügten sie im Feld im November 1940 über 119 Fahrzeuge, darunter 16 Lkw, 57 große und 36 kleine Pkw. Selbst der 4. Zug, welcher die bespannte Polizeidivision begleitete, verfügte über 14 Pkw, zwei Lkw und zwei Motorräder.233 Die Verhältnisse beim 2. Zug, welcher die SS-Division »TK« im Westfeldzug 1940 begleitete, waren geradezu luxuriös zu nennen. Bei ihr wurde ein Wortberichter in einem Ford V8 von einem Fahrer der SS-PK chauffiert, ebenso die Filmberichter und ihre Assistenten. Letztere getrennt, allerdings jeweils »nur« in einem Ford Eifel.234 Diese Zustände weckten sogar die Begehrlichkeiten des Kommandeurs der SS-Division »TK«, Theodor Eicke, der gerade zu dieser Zeit bemüht war, die Mobilität und das Tempo seiner Division zu erhöhen.235 Eicke ordnete kurzerhand an, den Zug seiner Division zu unterstellen und dessen überzählige Kraftfahrzeuge seinen Kampfeinheiten zu übergeben. Nur mit Mühe konnte d’Alquen dies verhindern.236 Auch in späteren Kriegsphasen blieb die Motorisierung der SS-PK-Züge durch immer neue Zuweisungen von Fahrzeugen durch das SS-FHA eindrucksvoll.237 Vor dem Beginn des Russland-Feldzuges waren selbst die neuaufgestellten Einheiten der SS-PK mit durchschnittlich 21 Fahrzeugen ausgestattet,238 und im Mai 1942 waren bei jedem Zug der SS-PK bis zu 19 Fahrer im Einsatz.239 Selbst 1944 verfügte man vielfach noch in einem Zug über sechs Pkw, einen Lkw, ein Motor-

233 234 235 236

237

238 239

Vgl. »Iststärkenachweis« v. 26.11.1940, in: BA-MA, RS 4/1157; Stein, Geschichte, S. 47. Vgl. »Anlage zu Divisionsbefehl v. 4.5.40« betr. 2. Zug der SS-K.B.K., in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Sydnor, Soldaten, S. 117 f. Vgl. »Divisionstagesbefehl Nr. 163« der SS-Totenkopf-Division v. 20.8.1940, in: BA-MA, RS 4/1157; Schreiben Gunter d’Alquen an die SS-T-Division, Abteilung Ia v. 2.9.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Gliederung der SS-Kriegsberichterkompanie« v. 21.8.1941, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Soll- und Iststärke gem. K.St.N. des 1. bis 7. Zug der SS-Kriegsberichter-Abteilung, angefertigt von der SS-Kriegsberichter-Abteilung« für OKW/WPr, Oberst v.Wedel, Propagandatruppen, Chef der Propagandatruppen, Stand 1.5.1942, in: BA-MA, RS 4/1157. 19 Fahrer war die allgemeine Sollstärke, welche aber nur die Züge bei der »LAH« und der Polizei-Division erreichten, vgl. ebd.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

rad und ein Spezialfahrzeug für die Rundfunkaufnahmen.240 Auch als durch die jahrelange Beanspruchung an der Front die Zahl der Fahrzeuge abnahm, blieb die Mobilität der Berichter im Großen und Ganzen gewährleistet. Dafür war eine Eigeninitiative des Stabes der SS-PK mit ausschlaggebend. Durch eine direkte Zusammenarbeit der Führung der SS-PK mit dem Heeres-Kraftfahrpark in Berlin war es ihr möglich, die Feldeinheiten mit Ersatzteilen zu beliefern.241 Sogar die Verknappung der Kraftstoffe hatte man rechtzeitig mit einkalkuliert. Als eine der ersten Dienststellen baute die SS-PK Lkws auf Holzgasbetrieb um.242 Solche Selbsthilfe war auch in den anderen Teilen der SS-PK gang und gäbe. So hatte man hier eigene Werkstätten geschaffen, in denen das Spezialgerät wie Kameras etc. durch selbst ausgebildete Fachkräfte gewartet wurden. Ursprünglich aus der Not geboren, weil die Wehrmacht zwar solches Gerät oft versprochen, aber nur selten geliefert hatte, wandelten sich diese Werkstätten im Laufe der Zeit zu wahren Entwicklungslabors. Mittels der im Kriegseinsatz gesammelten Erfahrungen wurden hier eigene Erfindungen vorangetrieben, die dann den Kriegsberichtern der SS exklusiv zur Verfügung standen. Die Kameraleute der SS-PK erhielten tragbare Akkus und immer weiter verbesserte Bruststative. Im Bereich »Rundfunk« boten hier entwickelte kleinere Wagen für Tonaufnahmen in den vorderen Linien kein so großes Ziel mehr und lieferten durch ebenfalls neu eingesetzte Magnetofon-Aufnahmegeräte auch unter Beschuss und den damit verbundenen Erschütterungen gutes Material für Rundfunksendungen. Sogar in drei Panzerspähwagen hatte man selbst Tonaufnahmegeräte eingebaut.243 Die Fotografen profitierten neben den schon erwähnten Möglichkeiten des SS-eigenen Fotolabors von einem neuentwickelten Verfahren der Agfa, das schwarz-weiße und bunte Bilder auf demselben Film ermöglichte. Diese Erfindung stand samt dem fachkundigen Personal der SS-PK exklusiv zur Verfügung. Unter anderem dadurch war es den SS-Propagandisten möglich, die damals noch seltenen Farbaufnahmen relativ häufig herzustellen.244 Diese Ausstattung erlaubte es den SS-Propagandisten, ein qualitativ hochwertiges Material zu liefern, was der Verbreitung ihrer Propaganda sicher förderlich war. Entscheidend für Inhalt wie Erfolg waren jedoch die Qualifikationen ihres Personals. 240

241

242

243

244

Vgl. »Stellenbesetzung des 2. SS-KB.-Zuges bei der SS-Panzer-Division Das Reich o.D. [1944], in: BA-MA, RS 4/51; Schreiben des Propaganda-Abschnittführers Lettland der SS-St. »Kurt Eggers« v. 14.5.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. ebd.; Aktennotiz der Abt. V betr. Meldung über den SS-Strm. Schneider v. 19.10.1942, in: BAMA, RS 4/38. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 21. Die Herstellung von Farbaufnahmen durch die SS-PK ergibt sich etwa aus: »Reporter gegen Kriegsberichter«, in: BA-MA, RS 4/50; »Berichtertätigkeit in der Zeit vom 6.9.42«, in: BAMA, RS 4/42; »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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Abb. 4: SS-Kriegsberichter spricht Rundfunkbeitrag an der Front, 1942.

d) PERSONAL, AUSBILDUNG UND EINSATZ

Auf diesem Gebiet war es den SS-Propagandisten gelungen, eine recht große Zahl an gutausgebildeten und talentierten Fachleuten zu gewinnen. Sowohl die deutschen wie auch die ausländischen Angehörigen der SS-PK wurden von d’Alquen nach dem Krieg als »erhebliche Massierung europäischer intellektueller Kräfte«245 bezeichnet, eine Einschätzung, die ehemalige Angehörige der Standarte teilten246 und die auch, basierend auf d’Alquens Nachkriegsaussagen, einige Autoren übernahmen.247 Im folgenden Abschnitt dieser Arbeit wird anhand von fünf Biographien bedeutender Angehöriger der Standarte exemplarisch aufgezeigt werden, dass diese Sichtweise nicht jeder Grundlage entbehrte.248 Man war hier somit auch personell in der Lage, qualitativ hochwertige Propaganda herzustellen.249 Die Anstrengungen der SS-PK, in ihren Reihen möglichst bekannte Namen zu versammeln, sind aber vor allem als Teil ihres Bemühens zu sehen, die von ihr erstellte Propaganda möglichst weit im Reich und den deutsch besetzten Gebieten zu verbreiten. Gun245 246 247 248 249

d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 9. Vgl. Reinecker, Zeitbericht, S. 108. Vgl. Zeck, Korps, S. 45-47; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108 f. Vgl. Abs. 3.3 dieser Arbeit. Laut d’Alquen wurden im Jahr 1942 61,5 Prozent aller Wortberichte der SS-PK vom RMVP als »gut« oder besser beurteilt und nur 1,5 Prozent als ungeeignet abgelehnt, vgl. »Drei Jahre SSKriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157.

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ter d’Alquen hoffte so offensichtlich die Bindungen nutzen zu können, welche die Leser in den Vorkriegsjahren zu ihren jeweiligen »Favoriten« aufgebaut hatten.250 Aus dem gleichen Grund hatte das RMVP ja auch beschlossen, die PKBerichte grundsätzlich namentlich zu kennzeichnen.251 So waren »Stars« des NSKulturbetriebes wie die nachfolgend eingehend vorgestellten Hans Schwarz van Berk, Eberhard Möller, Franz Roth oder Wilhelm Petersen, aber auch Joachim Fernau, ein bekannter Schriftsteller und Journalist von DR,252 Felix Lützkendorf, Chefdramaturg der Berliner Volksbühne und Drehbuchautor,253 Ewald von Demandowsky, Reichsfilmdramaturg, Produktionschef der Tobis und kulturpolitischer Redakteur beim VB,254 Herbert Reinecker, Oberbannführer in der Reichsjugendführung und Autor zahlreicher Beiträge in den HJ-Zeitschriften255 oder auch Erich Kern, Gaupresseamtsleiter in Wien256 in den Reihen der SS-PK zu finden. Auch Gunter d’Alquen stellte seine damals recht große Bekanntheit in die Dienste der SS-PK, indem er bis zum Balkanfeldzug 1941 selbst für sie von der Front berichtete.257 Das gleiche Konzept ist auch bei der Auswahl der ausländischen Mitarbeiter der SS-PK erkennbar. Für die politische Propagandaarbeit in den »germanischen« Ländern schätzten es die SS-Propagandisten ausdrücklich als von entscheidender Wichtigkeit an, hervorragende und bekannte Kräfte aus diesen Staaten in ihren Reihen zu haben.258 In Lettland war nach der Gründung der SS-Freiwilligenlegion im März 1943 sogar das Erscheinen der dortigen Tagespresse gefährdet. Die SS hatte, um diese neue Einheit sofort mit einem SS-Kriegsberichterzug ausstatten zu können, die führenden Redakteure und Mitarbeiter dieser Zeitungen einfach ausgehoben und der SS-PK zur Verfügung gestellt.259 Im Laufe der Zeit kamen so SS-Propagandisten aus insgesamt fünfzehn Nationen Europas. SS-Kriegsberichter wurden etwa der Sohn des norwegischen Dichters Knut Hamsun, Arild Hamsun, der Sohn des isländischen Staatspräsidenten, Björn 250

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Dass dieses Konzept wahrscheinlich auf d’Alquen zurückgeht, erweist sich aus einer Liste, in der er schon im März 1940 für jeden Arbeitsbereich der SS-PK die dafür vorgesehenen Mitarbeiter aufführte. Schon zu diesem Zeitpunkt waren darunter damalige Prominente wie u. a. Eberhard Wolfgang Möller oder Wilhelm Petersen zu finden, vgl. »Liste der für die SS-KBK vorgesehenen, bzw. bereits eingerückten Männer« [März 1940], in: BA-MA, RS 4/1157. Für weitere Informationen zu Möller und Petersen vgl. Abs. 3.3.d) und 3.3.e) dieser Arbeit. Vgl. »Vorlage für den Herrn Minister [Goebbels] betreff Nennung der Namen von PK-Berichterstattern« v. 18.8.1942, in: BArchB, NS 18/1012. Siehe auch Abs. 2.2. dieser Arbeit. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 150; Personalverfügung des SS-FHA o.D., in: BArchB, SSO/202: Fernau, Joachim (11.9.09). Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 381. Vgl. ebd., S. 110. Vgl. Aurich u. a., Reineckerland, S. 32, 36-42; Schreckenberg, Erziehung, S. 363. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 301. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108; Zeck, Korps, S. 44. Von ihm verfasste Artikel sind z. B.: »Mit der Leibstandarte in Rotterdam«, in: VB 139 v. 18.5.1940, S. 3, »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5 oder »Sprung über den Golf«, in: SK 20 v. 15.5.1941, S. 9. Vgl. Schreiben SS-Kriegsberichterabteilung, 5. Zug an Sturmbannführer Gunter d’Alquen v. 17.6.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. Schreiben d. 2. SS-Inf. Brig. (mot.), KB-Zug v. 8.3.1943, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben SSUnterscharführer Ergensmann an den Kommandanten der SS-Standarte »Kurt Eggers« v. 13.4.1943, in: BA-MA, RS 4/42.

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Björnsson, der norwegische Justizminister Sverre Riisnaes oder der bekannte französische Kommentator Paquis wie auch andere berühmte Autoren, Musiker oder Zeichner.260 Die meisten Mitarbeiter der SS-PK kamen aber aus der Schutzstaffel. So wurde d’Alquen schon bei der Errichtung seiner Einheit durch die Inspektion (E) der »SS-VT« alle in der SS vorhandenen Fachleute zur Verfügung gestellt, die diesem von Nutzen erschienen. Das Rahmenpersonal wie Fahrer, Rechnungsführer etc. warb dabei d’Alquen z. T. selbst aus dem Ersatzbataillon und der Genesenden-Kompanie der »LAH«. Andere wurden von den SS-Regimentern »Deutschland«, »Der Führer« und »Germania« zur SS-PK versetzt. Auch die Polizeireserve gab Personal ab.261 Die Journalisten der Einheit stammten z. T. aus der Redaktion des SK262 oder anderen Bereichen der SS, z. T. waren es aber auch Fachleute, die bisher aus vielerlei Gründen von der Wehrmacht nicht angesprochen worden waren oder sich aus ideologischen Gründen zu der neuen SS-Einheit versetzen ließen.263 Dazu ging man im In- und Ausland regelrecht auf Werbetour. Einige Redaktionen überließen ihre bisher gehorteten Spezialisten der SS-PK, da diese unbürokratisch versprach, dass diese auch an der Front für ihre Heimatzeitung tätig werden konnten.264 Auch in den germanischen Ländern durchsuchte man die zivilen Medienbetriebe nach geeigneten Männern, um diese für die SS-PK zu gewinnen.265 Im Laufe der Zeit bedingten dann aber die umfangreicher werdenden Aufgaben der SS-PK zusammen mit Neuaufstellungen von SS-PK-Zügen und Verlusten eine ständige Aufnahme von Nachersatz.266 Dabei ging das hier zuständige SS-FHA267 dazu über, Freiwillige der Waffen-SS aus dem In- und Ausland, die aufgrund ihrer Ausbildung oder anderer Fähigkeiten für die SS-PK geeignet erschienen, zu der SS-Propagandaeinheit zu versetzen.268 Daneben gab es zumindest einmal im 260

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Vgl. d’Alquen, Gunter »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 12. Vgl. d’Alquen, Gunter »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 6; Klietmann, Waffen-SS, S. 415; Schreiben der Inspektion (E) der SS-VT an die SS-PK betr. Abgabe an die SS-Kriegsberichterstatter-Komp. V. 30.3.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. So etwa Rolf d’Alquen, Walter Best, der Pressezeichner Walter Hoffmann alias »Waldl« und der Graphiker Erich Palmowski vgl. Zeck, Korps, S. 71-75, 78; Kaden, Wort, S. 36; »›Waldl‹ ist tot«, in: BA-MA, N 756/300b. Vgl. d’Alquen, Gunter, »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 6; Zeck, Korps, S. 44 f.; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108. Cornelius v.d.Horst etwa war bis zum 15.3.1940 bei der Luftwaffe, vgl. »Beförderungen in der Waffen-SS« v. 19.2.1943, in: BArchB, SSO/116A: van der Horst, Cornelius (01.05.06). Karl Wicklmayr, Redakteur beim VB, war bis zum 10.3.1940 beim Heer, vgl. Personangaben, in: BArchB, SSO/241: Wicklmayr, Karl (12.10.09). Vgl. Dokumentation »Kriegsberichter«, in: BA-MA, N 756/300a. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben Gunter d’Alquen an Heinrich Himmler v. 14.2.1944, in: BArchB, NS 19/2447. Bis Anfang 1943 waren schon 611 SS-PK-Angehörige neu ausgebildet worden, vgl. »Drei Jahre SSKriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Für die generelle Zuständigkeit des SS-FHA im Personalersatz der SS-Fronttruppen vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 415 f. Darauf deuten verschiedene Vorgänge hin: Ein ehemaliges Mitglied berichtet, er sei von der »LAH« zur SS-PK gekommen, weil er einen Malwettbewerb für Abiturienten gewonnen hatte, vgl. »Leser-

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Reich eine richtiggehende Werbeaktion für die SS-PK unter Angehörigen der HJ. Deren Reichsführung stellte der SS-PK im März 1944 ein spezielles Ausleselager zur Verfügung, in das 94 vorher ausgewählte HJ-Angehörige anreisten und von denen 78 nach der Prüfung ihrer Fähigkeiten in die SS-PK übernommen wurden.269 Bei dem Nachersatz handelte es sich also nicht um Prominente, zudem war er im Laufe der Zeit auch immer weniger vorgebildet. Man versuchte aber dennoch, auch mit diesen einen gewissen Standard in der SS-PK zu halten. Dafür durchliefen alle neuen SS-PK-Angehörigen eine ausgefeilte Ausbildung. Zunächst musste ein Anwärter durch Arbeitsproben seine journalistischen Fähigkeiten beweisen.270 Hier war Vorgabe, dass sie über ein »Versammlungsberichterstattungsniveau« hinausgingen.271 Viel Wert wurde auch darauf gelegt, dass die SS-PK-Anwärter zunächst das Gesicht des Krieges in Theorie und Praxis kennen lernten. Alle ungedienten Bewerber mussten sich zuerst einer regulären militärischen Rekrutenausbildung bei der Ersatzkompanie der SS-PK unterziehen. Diese war keineswegs eine Formalie. Diese Ausbildung dauerte anfangs acht und 1944 sogar 16 Wochen und beinhaltete Übungen im Gelände wie auch Gefechtsdienst. Danach mussten alle Bewerber sich einer sechswöchigen »infanteristischen Bewährung« als MG- oder Gewehrschütze an der Front unterziehen, lange Zeit als »Grabenkommando« bei der SS-Polizeidivision vor Leningrad, später bei einer Kampfeinheit des III. germanischen SS-Panzerkorps.272 Der Unterschied zur Ausbildung der PK-Angehörigen der WM lag vor allem in diesem verpflichtenden Fronteinsatz. Begründet wurde er damit, »den Männern einen Begriff vom Leben und vom Einsatz des Frontsoldaten zu vermitteln.«273 Laut d’Alquen lag der Zweck darin, dem bei der WM vielfach bestehenden Problem der mangelnden Akzeptanz der PK durch die Truppe entgegenzuwirken. Insbesondere die bei der Wehrmacht-PK zu findenden, ungedienten »Sonderführer« sollte es bei der SS-PK nicht geben.274 Zudem wurde durch die Kenntnis des Ablaufes von militärischen Vorgängen von Anfang

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brief Funck, Hans-Jürgen«, in: BA-MA, N 756/300a. Ähnlich z. B. auch: »Lebenslauf des Rudolf Reimers«, in: BA-MA, RS 4/1156; Vernehmung Hans König v. 14.11.1943, in: BA-MA, RS 4/40. Für die Auswahl der ausländischen SS-Kriegsberichter aus den SS-Freiwilligen vgl.: »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben Gunter d’Alquen an Heinrich Himmler v. 14.2.1944, in: BArchB, NS 19/2447; »Abschlussbericht über das Reichsausleselager der Hitler-Jugend für SS-Kriegsberichternachwuchs« v. 20.3.1944, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Arbeitsprobe zur Bewerbung Heinz Zimmermann« v. 10.6.1942, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. Schreiben Adjutant der SS-Standarte »Kurt Eggers« an Franz Moraller v. 13.3.1944, in: BA-MA, RS 4/1154; Schreiben Adjutant der SS-Standarte »Kurt Eggers« an Einsatzkommando bei der SSPolizei-Division v. 13.11.1943, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben SS-Standarte »KE«, 3. Kompanie an SS-Standarte »KE«, Adjutant betr. Grabeneinsatz v. 10.3.1944, in: BA-MA, RS 4/1152; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 7. Schreiben der Adjudantur der SS-Standarte KE an das Einsatzkommando der SS-Polizei-Division v. 4.12.1943, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 7; Dokumentation »Kriegsberichter«, in: BA-MA, N 756/300a. Vgl. auch Abs. 2.2 dieser Arbeit.

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an gesichert, dass auch die Berichterstattung des Nachwuchses der SS-PK ein realistisch erscheinendes Bild von der Waffen-SS im Einsatz aufwies.275 Diese Maßgabe schlug sich deutlich im fachlichen Teil der Ausbildung des SSPK-Nachwuchses nieder. In Kursen von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten wurden die Anwärter hier je nach Vorbildung und Sparte der Berichterstattung mit ihrem Arbeitsgerät und den Besonderheiten ihrer Aufgabe vertraut gemacht.276 Geleitet wurden diese Kurse von den Profis des SK oder den erfahrensten SS-PK-Angehörigen.277 Neben eher praktischen Hinweisen für eine erfolgreiche Arbeit unter den besonderen Bedingungen der Front278 wurde hier vor allem gelehrt, den Krieg nicht ideenlos, sondern in seinen »tieferen politischen Zusammenhängen« darzustellen. Maßgebliche Leitlinie waren »die Grundsätze und politischen Richtlinien der SS«. Dieses sollte aber offensichtlich eher unterschwellig zum Tragen kommen, denn den zukünftigen SS-Kriegsberichtern wurde vor allem vermittelt, wie man ideologisch geprägte Propaganda so verpackt, dass sie zielbewusst eingesetzt werden kann und nicht plump wirkt.279 Damit folgte man in diesen Schulungen grundsätzlichen Überlegungen, wie sie auch Propagandaminister Goebbels vertrat. Dieser hatte den Filmschaffenden der Reichskulturkammer schon 1937 vor Augen geführt: Es ist im allgemeinen ein wesentliches Charakteristikum der Wirksamkeit, daß sie [der nationalsozialistische Charakter der Kunst, Anm. des Autors ] niemals als gewollt in Erscheinung tritt. In dem Augenblick, da eine Propaganda bewusst wird, ist sie unwirksam. Mit dem Augenblick aber, in dem sie als Propaganda, als Tendenz, als Charakter, als Haltung im Hintergrund bleibt und durch Handlung, durch Ablauf, durch Vorgänge, durch Kontrastierung in Erscheinung tritt, wird sie in jeder Hinsicht wirksam.280

SS-Propaganda sollte aber auch gern gelesen werden, also erfolgreich sein. Um dies zu gewährleisten, wurden den Nachwuchsberichtern der Gruppe »Wort« Statistiken zur Verfügung gestellt, aus denen sie ersehen konnten, welche Art zu schreiben und welche Themen die Leser in der Vergangenheit besonders ange-

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Das Ziel eines realistisch erscheinenden Bildes vom Kampf der Waffen-SS in der Berichterstattung der SS-PK ergibt sich aus: »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 642. Da die SS-PK keine Kameramänner von der WM erhalten hatte, musste sie ihre »Filmberichter«Anwärter komplett selbst ausbilden. Daher absolvierten diese einen vier Monate langen Lehrgang, vgl. »Dienstleistungszeugnis für SS-Rottenführer Johann Rijksen« v. 9.10.1943, in: BA-MA, RS 4/39. Die meist vorgebildeten »Wortberichter« absolvierten hingegen nur einen Lehrgang von vier Wochen, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 644. Der gesamte Nachwuchs der SS-PK-Photoreporter soll bis 1943 von dem damals berühmten Franz Roth ausgebildet worden sein, so zumindest die Angaben in einem zeitgenössischen Pressebericht, vgl. »…trifft mich die fdl. Kugel…«, in: IB 18 v. 6.5.1943, S. 4 f. Für Angaben zu Roth vgl. Abs. 3.3.c) dieser Arbeit. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Ebd. Rede Goebbels vor der Reichsfilmkammer am 5.3.1937, zitiert nach: Behrenbeck, Kult, S. 239 f.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

sprochen hatten. Dem gleichen Zweck dienten auch besonders gelungene Arbeiten bewährter SS-Kriegsberichter, welche den Anwärtern zur Nachahmung zur Verfügung gestellt wurden.281 Die Schulung der SS-Propagandisten endete aber nicht mit ihrer Ausbildung, sondern wurde während ihrer Einsätze kontinuierlich fortgeführt. Im Einsatz erhielten so etwa die Wortberichter regelmäßig individuelle Rückmeldungen, wie stilistische Unarten, Fehler und thematische Pannen in ihren Artikeln zu vermeiden seien, bzw. wie sie ihre Stärken weiter ausbauen könnten. Gleiches geschah auch in den anderen Sparten der SS-PK-Berichterstattung. Insbesondere für die Fotografen war diese Rückmeldung wichtig, da deren Material ja in Berlin entwickelt wurde und sie es nicht mehr zu Gesicht bekamen. Um die Erfolge zu maximieren, erhielten zudem alle Berichter regelmäßig Hinweise auf besonders nachgefragte Themen und Informationen über die jeweils aktuelle politische Lage und Anforderungen der Propaganda.282 Durch all diese Maßnahmen wurde gewährleistet, dass das von den SS-Kriegsberichtern erstellte Material schon bei seinem Entstehen die für die SS wichtigen Tendenzen aufwies und in den Lektoraten schnell und effektiv weiterverarbeitet werden konnte. Die Grundlagen für eine einheitliche Berichterstattung über die SS im Kampf waren somit schon in der Auswahl und Ausbildung des Personals der SS-PK gelegt worden. Die an der Front befindlichen SS-PK-Einheiten wurden auch immer wieder von ihrem Stab angewiesen, für ein anhaltend gutes Verhältnis zu den Führern und Mannschaften der SS-Divisionen zu sorgen.283 Schließlich war eine effektive Berichterstattung von den Einsätzen ohne eine Hilfestellung der Fronteinheiten kaum möglich, zu denken wäre hier etwa allein an Informationen über die zu erwartenden Schwerpunkte der Kämpfe. Vielerlei von der SS-PK getroffene Maßnahmen sollten dafür sorgen, dass ihre Kriegsberichter vor Ort von der Truppe akzeptiert und unterstützt wurden. Dabei war schon durch die feste Zuteilung der einzelnen SS-PK-Züge zu bestimmten SS-Divisionen eine beim Heer weitgehend nicht vorhandene Basis für ein kameradschaftliches Verhältnis gelegt worden.284 Unterstützt wurde das durch eine regelmäßige Versorgung der Kriegsberichter an der Front mit Belegexemplaren ihrer Arbeit durch die Zentrale der

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. ebd. Die Umsetzung, auch in den anderen Sparten der SS-PK, wird bewiesen durch zahlreiche solcher »Befundmeldungen« in den Akten der SS-PK, z. B. »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe »Bild« v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51; »Wochenrundschreiben an alle Rundfunkberichter« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk v. 17.10.1944, in: BA-MA, RS 4/1078. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 644 f. Vgl. etwa Schreiben des Stellv. i. K. Der SS-St. »KE« an Einsatzkommando St. »KE« bei SS-PolizeiDivision v. 12.11.1943, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben des Zugführers d. 5.Zug SS-Kriegsberichterabteilung an Gunter d’Alquen v. 14.3.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Da die Heeres-PK den einzelnen Armeen zugeteilt waren, kamen deren einzelne Züge somit nur zur Berichterstattung in Kontakt zu den einzelnen Divisionen, vgl. v.Wedel, Propagandatruppen, S. 22.

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SS-PK. So konnten die Journalisten vor Ort den Kommandeuren und Mannschaften die Schilderungen der gemeinsam erlebten Einsätze vorlegen. Bei der Wehrmacht hingegen erhielten nur die höheren Berichter der Berichterstaffel z.b.V. des OBH Belege, während die normalen PK-Berichter niemals etwas von den Ergebnissen ihrer Arbeit erfuhren.285 Zur Vertiefung der Kameradschaft trugen auch Maßnahmen der Truppenbetreuung bei. Die SS-PK-Angehörigen brachten regelmäßig Zeitungen und Bücher in die Frontlinien, organisierten Filmabende, spielten Weihnachtsmann etc.286 So überrascht nicht, dass vielfach von einem guten Verhältnis zwischen den SS-Kriegsberichtern und den Angehörigen der Kampfverbände berichtet wird. So bezeichnete Kurt Meyer in seinen Erinnerungen den Fotografen Franz Roth als »einen unserer besten Bildberichter [Hervorhebung durch den Autor]«.287 Besonders beeindruckt hatte Meyer an Roth, dass jener keine »Extrawurst« für sich verlangte, sondern sich »einsatzfreudig« zeigte und sich auch an den Gefechten beteiligte.288 Auch allgemein wurde es von der SS-PK-Führung gern gesehen, wenn die SS-Kriegsberichter »schneidige« Kampfeinsätze an die Zentrale meldeten.289 Ob sich jedoch die SS-Kriegsberichter häufiger als ihre Kameraden von den WM-PK an der Front auch soldatisch einsetzten, kann mangels Daten hier nicht geklärt werden. So gab es auch unter den SS-Kriegsberichtern einige, denen ein mangelhafter militärischer Einsatz vorgeworfen wurde.290 Viele andere setzten für die Reportagen von der Front ihr Leben aufs Spiel, was allein schon die an Mitglieder der SS-PK verliehenen Auszeichnungen, aber auch die Verluste in ihren Reihen deutlich zeigen. So wurden an sie schon in den ersten drei Jahren ihres

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157; Heysing, »Schwert und Feder«, S. 59. In einem Bericht der SS-Kriegsberichter bei der SS-Division »Wiking« hieß es: »Allgemein darf ich feststellen, dass unsere sämtlichen Berichter sowohl bei den Stäben als auch bei den Männern der vordersten Linie sehr gut und mit erfreulichem Interesse und kameradschaftlicher Hilfsbereitschaft aufgenommen worden sind. Wir bringen den Einheiten regelmässig Zeitungen, Zeitschriften, Bücher […] mit nach vorn […] was uns hoch angerechnet wird.«, Schreiben 5. Zug SS-KBA an Gunter d’Alquen, Kommandeur SS-KBA v. 25.2.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. auch: Schreiben 5. Zug der SS-KBA an Gunter d’Alquen, Kommandeur SS-PK, v. 18.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42; »SS-PK lädt ein«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 11. Vgl. Meyer, Grenadiere S. 182. Allerdings hat dieser Bericht einen nur eingeschränkten Quellenwert, da nach dem Krieg offenbar ein enger Kontakt zwischen Meyer und Gunter d’Alquen bestand, vgl. dazu Abs. 5.5 dieser Arbeit. So die Schilderung des Verhaltens Roths durch Meyer, vgl. ebd., Grenadiere S. 181 f. Beispielsweise hob der Zugführer des der SS-Division »Wiking« zugeteilten SS-PK-Zuges das Verhalten seiner Männer besonders heraus: »Das Ansehen unseres Zuges [wurde] geschaffen durch die Leistungen unserer Berichter und gefestigt durch ihren hier restlos anerkannten tapferen Einsatz und die dabei gebrachten Opfer« siehe Schreiben 5. Zug SS-KBA an Gunter d’Alquen, Kommandeur SS-KBA v. 25.2.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. auch die Schilderung der Kämpfe an der Front durch Wilhelm Petersen, der 1943 in Charkow schwer verwundet wurde, in: Christiansen/Petersen, Petersen, S. 17. Vgl. z. B. »Beurteilung des SS-Untersturmführers d.R. Heinrich Dwinger« durch die 8. SS-Kavalleriedivision »Florian Geyer, in: BArchB, SSO/166: Dwinger, Heinrich (12.4.1913); Schreiben des Befehlshabers der Orpo an den RFSS v. 20.8.1943 betr. Einsatz des SS-Kriegsberichters Rijksen, in: BA-MA, RS 4/39.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Bestehens 137 EK II und sieben EK I verliehen. Im gleichen Zeitraum fielen 34 SS-Kriegsberichter.291 Diese Zahl steigerte sich insgesamt auf mindestens 109.292 Es deutet somit alles darauf hin, dass die Journalisten der SS-PK an der Front tatsächlich eine Berichterstattung schufen, welche die SS im Kampf möglichst realistisch, aber immer unter einem weltanschaulichen Blickwinkel präsentierte. Diese Erkenntnis steht im Widerspruch zu der Annahme von Uziel, die SS-PK hätte sich sogar mehr als die WM-PK auf eine rein militärische Berichterstattung konzentriert, um der Waffen-SS eine größere militärische Reputation zu geben. Zudem hätten ihr nicht die geeigneten Journalisten für eine politische Propaganda zur Verfügung gestanden.293 Diese Darstellung verkennt aber den Charakter der SS-PK als integraler Bestandteil des Schwarzen Ordens. e) SS-PK UND DER NS-UNGEIST

Auf diesen Aspekt wurde nach dem Krieg vielfach nicht eingegangen, vielmehr verleugneten die ehemaligen Angehörigen der SS-PK sogar diese Einbindung in die Schutzstaffel. Herbert Reinecker schrieb z. B., dass sie sich nicht im Geringsten von den PK der WM unterschieden habe.294 d’Alquen selbst bestritt in seinen Befragungen nach dem Krieg zwar nicht die tiefe Verwurzelung vieler der von ihm ausgesuchten Männer im Nationalsozialismus, stilisierte sie aber als Eliteeinheit und einer Art innerer Opposition im NS-System: »Rein physisch gesehen waren sie das bessere Material. Eigene Auffassung. Kritik an Himmler und Hitler. Die Leute waren untereinander von einer beinahe tragisch zu nennenden Offenheit und einer klaren Erkenntnis der wirklichen Zusammenhänge.«295 Eine Beteiligung oder auch nur Ahnung von den Verbrechen des NS-Regimes und der SS stritt er dagegen ab. Er habe von den Exzessen gegen Juden oder Partisanen persönlich keine Ahnung gehabt, nie etwas von den Einsatzgruppen gehört und von der »Endlösung« erst im April 1945 erfahren.296 Schon die zahlreichen Reisen d’Alquens an die Ostfront, seine Berichte an Goebbels über Judenmassaker im Baltikum wie auch über den schlechten Ruf des deutschen Soldaten297 entlarven diese Einlassungen als Schutzbehauptung. Zudem hatte er nachweislich schon während des Krieges Kenntnis von einem von WaffenSS-Einheiten begangenen Kriegsverbrechen. Er nahm die Leichen der britischen Kriegsgefangenen, die dem Massaker einer Kompanie der SS-Division »TK« in 291

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Heysing, Verlustliste, passim. Diese Liste enthält allerdings auch die in Gefangenschaft nach Kriegsende Verstorbenen und soll zudem wegen der schwierigen Nachrichtenlage nur knapp die Hälfte aller Gefallenen der SS-PK umfassen, vgl. ebd. Vgl. Uziel, Warriors, S. 384. Vgl. Reinecker, Zeitbericht, S. 100. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 15. Vgl. »Vernehmung des Guenther d’Alquen durch Walter H. Rapp am 16.2.1948 v. 14:30h bis 16:00h«, in: IfZ, ZS/2. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 110.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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Le Paradis Ende Mai 1940 zum Opfer gefallen waren, kurz nach der Tat in Augenschein.298 Vor allem aber impliziert eine Darstellung wie die von d’Alquen und Reinecker, dass die SS-Propagandaeinheit fachlich professionell über die Waffen-SS berichtete, aber ansonsten quasi losgelöst neben ihr existierte und vor allem mit den Verbrechen und dem Ungeist der SS nichts zu tun gehabt habe. Die zeitgenössischen Akten der SS-PK zeigen jedoch, wie falsch dieses Bild ist: So war die SS-PK schon organisatorisch klar ein Teil der Waffen-SS, zuletzt als selbständiger Regimentsverband, was auch das Führen von Ärmelstreifen und ab Ende Oktober 1943 sogar des SS-typischen Ehrennamens mit einschloss.299 Dabei betonte selbst die SS-PK-Führung, dass selbstverständlich auch in dieser Einheit die Gesetze dieses »Ordens von Männern, die sich freiwillig zusammengefunden haben«300 Gültigkeit hätten. Das betraf sowohl die Notwendigkeit einer rassischen »Tauglichkeit«, die von Anfang an und noch im März 1944 zumindest von deutschen Bewerbern gefordert wurde,301 wie auch die hier gültige Sondergerichtsbarkeit der SS.302 Auch hier konnte man das Pech haben, den Zorn des RFSS persönlich zu erregen und wegen »Heuchelei« eine dreimonatige Versetzung zu der berüchtigten Einheit Dirlewangers zu erleiden.303 Daneben wurde auch im Stab der SS-PK in Berlin zweimal wöchentlich eine weltanschauliche Schulung durchgeführt, in der insbesondere den Angehörigen aus den »germanischen Ländern« die Grundgedanken der NS-Weltanschauung näher gebracht wurden.304 Bezeichnend ist auch der Ehrenname, welcher der SS-PK zum 8. November 1943 verliehen wurde. Nach eigenem Bekunden will d’Alquen »Dietrich Eckard« vorgeschlagen haben. Schon mit einem solchen Bezug zu diesem Förderer und Lehrer Hitlers305 hätten sich die SS-Propagandisten symbolisch zu einer Kriegsberichterstattung im Sinne der NS-Weltanschauung bekannt. Aber auch die 298

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Vgl. Reitlinger, SS, S. 150 f. Die Anwesenheit d’Alquens am Ort des Geschehens wird bestätigt durch seine zeitgenössische Meldung, er habe sein »großes Ehrenzeichen« der NSDAP beim Übergang über den La Bassée-Kanal verloren, vgl. Schreiben der Reichsleitung der NSDAP an das Hauptmitgliedschaftsamt v. 21.12.1940 in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10). Für Informationen zu den Vorgängen in Le Paradis vgl. Sydnor, Soldaten, S. 89-93. Vgl. »Sonderbefehl Nr. 20 der SS-Kriegsberichter-Abteilung« v. 9.6.1942, in: BA-MA, RS 4/47. Rundschreiben der Waffen-SS-KBA an die Führer der Waffen-SS-Kriegsberichterabteilung betr. Disziplinarstraf- und Gerichtswesen v. 19.11.1942, in: BA-MA, RS 4/39. Vgl. »Liste der für die SS-KBK vorgesehenen, bzw. bereits eingerückten Männer« o.D. [März 1940], in: BA-MA RS 4/1157; »Abschlußbericht über das Reichsausleselager der Hitler-Jugend für SSKriegsberichternachwuchs« [März 1944], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Rundschreiben der Waffen-SS-KBA an die Führer der Waffen-SS-KBA betr. Disziplinarstrafund Gerichtswesen v. 19.11.1942, in: BA-MA RS 4/39. Schreiben des SS- und Polizeigericht III Berlin an die SS-KBA betr. SS-Oberscharführer Walter Urgast vom 5.8.1943, in: BA-MA, RS 4/37. Es ist bekannt, dass Himmler sich auch mit Banalitäten und Trivialitäten in »seiner« SS befasst hat, ebenso kümmerte er sich geradezu pingelig um die Disziplin seiner SS-Männer, vgl. dazu Heiber, Reichsführer, S. 22-24, 248. Zum Charakter und den Untaten dieser Einheit Dirlewangers vgl.: Michaelis, Rolf: Das SS-Sonderkommando Dirlewanger. Ein Beispiel deutscher Besatzungspolitik in Weißrussland. 2. A., Berlin 1999. Vgl. »Vorschlag für die Durchführung der weltanschaulichen Schulung« v. 24.6.1943, in: BA-MA, RS 4/1155. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 125. Hitler hatte Eckard sogar den zweiten Teil von »Mein Kampf« gewidmet, vgl. Hitler, Kampf, S. 781.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

schlussendliche Benennung als SS-Standarte »Kurt Eggers«, was von Himmler ausgegangen war,306 wies deutlich auf die Rolle hin, welche der RFSS der SS-PK zugedacht hatte. Im Gegensatz zu Eckhard, der bereits Ende 1923 gestorben war, hatte Kurt Eggers einen direkten Bezug zur Waffen-SS. Er war als Angehöriger der SS-Division »Wiking« einige Wochen zuvor an der Ostfront gefallen.307 Zudem war er ein im Dritten Reich relativ bekannter Dichter, dessen schriftstellerisches Werk geprägt war vom Bewusstsein des »rassisch Erwählten« und dem zentralen Thema Kampf und Krieg, was sich in seinen Schriften mit Titeln wie etwa »Vom mutigen Leben und tapferen Sterben« oder »Von der Freiheit des Kriegers« zu einer pathetischen Verherrlichung des kämpfenden NS-Kriegers vereinte.308 So schrieb Eggers schon 1935: »Stirb stolz! [...] denke daran, dass dein Tod die Erfüllung des Gesetzes ist und das der Tod die Erfüllung der Pflicht ist.«309 Mit dieser Namenswahl vereinten sich die Eigenschaften des politischen Soldaten mit der Dichtung, oder wie es d’Alquen in seiner Feierrede anlässlich der Namensverleihung an seine Einheit ausdrückte: »Er [Hitler, Anm. des Autors] gab uns einen Namen, der in seiner Einheit von Wort und Tat ein heiliges Gebot verkündet.«310 Die Aufgabe der SS-PK, den Kampf der Waffen-SS gemäß den ideologischen Leitsätzen des Schwarzen Ordens zu verklären, wird so endgültig offenkundig. Groß herausgestellt wurde der neue Name von der Standarte jedoch kaum,311 ja man veröffentlichte, sogar im SK, weiter zum allergrößten Teil als »SS-PK«. Über die Gründe kann man nur vermuten.312 Anzumerken bleibt, dass der Rassismus des Schwarzen Ordens und dessen Verstrickung in Verbrechen des NS-Unrechtsstaates auch im Alltag der SSKriegsberichter präsent war. Das zeigen die zeitgenössischen Akten an vielen Stellen, etwa wenn von dem gewaltsamen Heranziehen polnischer und russischer »Hilfswilliger« zum Stiefelputzen berichtet wird,313 Angehörigen der Standarte 306

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Vgl. Schreiben des Kommandeurs der SS-St. »KE« an den RFSS v. 8.11.1943, in: BArchB, SSO/174: Eggers, Kurt (10.11.05). Vgl. Notiz bezüglich Eggers, Kurt, in: BAB, SSO/174: Eggers, Kurt (10.11.1905); »Vom mutigen Leben und tapferen Sterben«, in: SK 46 v. 18.11.1943, S. 6 f. Im letztgenannten Artikel werden Details zu seinem Tod genannt. Dass er bei der Bergung eines Verwundeten starb, wie Zeck schreibt, dürfte auf die idealisierte Nachkriegsdarstellung d’Alquens zurückgehen, vgl. d’Alquen, Gunter »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 19 mit Zeck, Korps, S. 46. Vgl. Hillesheim/Michael, Lexikon, S. 151-157; Sarcowicz/Mentzer, Literatur, S. 149-151. Im VB wie auch in DR wurden kontinuierlich Gedichte und Erzählungen von Eggers wie auch lobende Besprechungen seiner Werke veröffentlicht, vgl. etwa »Wikingerfahrt«, in: DR 27 v. 5.7.1942, S. 9; »Vom werdenden Reich«, in: DR 12 v. 22.3.1942, S. 11 f; »Das Gespräch vom Tode«, in: VB 112 v. 21.4.1940, S. 8. Eggers, Leben, S. 67. »Standarten-Tagesbefehl Nr. 1«, in: BA-MA, N 756/300a. Die in der DAZ wie auch im VB veröffentliche Meldung umfasste gerade einmal einen Satz, vgl. »SS-Standarte ›Kurt Eggers‹«, in: DAZ 534 v. 8.11.1943, S. 1; »SS-Standarte ›Kurt Eggers‹«, in: VB 312 v. 8.11.1943, S. 2. Denkbar wäre, dass die Verknüpfung mit diesem die kämpferischen Werte der SS so offensiv propagierenden Autor der hier schon dargelegten Absicht der SS-PK zuwiderlief, die »Werte« der NS-Weltanschauung in ihrer Propaganda gleichsam versteckt zu verbreiten. Sonderbefehl des Adjutanten der SS-Standarte »Kurt Eggers« betr. Hilfswillige v. 20.1.1944, in: BA-MA, RS 4/47.

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3.2 Organisation und Ausstattung

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eine Zugfahrt in einem Abteil mit Polen unzumutbar war oder Russen im Schriftverkehr mit absoluter Selbstverständlichkeit als »vertierte und verkommene Menschen« beschrieben wurden.314 Zudem ist für die Jahre 1942, 1944 und 1945 die Beschäftigung von KZ-Häftlingen auf dem Gelände der Standarte in Berlin nachweisbar, z. T. zur Errichtung von Unterkunftsbaracken, wobei sie von Angehörigen der SS-PK selbst bewacht wurden.315 Gleiches galt bei Bauarbeiten im Rahmen der Errichtung des von der SS-PK genutzten Bildlabors im Sommer 1941.316 Dazu lässt sich nachweisen, dass auch an der Front SS-Kriegsberichter zumindest als Beobachter an verbrecherischen SS-Aktionen beteiligt waren. Ein Beispiel ist das Unternehmen »Weichsel« vom Sommer 1943, welches vorgeblich der »Bandenbekämpfung« diente, in Wirklichkeit aber eine der großen Mordaktionen der SS-Kavallerie-Division und der Einsatzgruppe D im heutigen Weißrussland war. Der Führer des dieser Division zugeteilten 6. Zuges der SS-PK berichtete am 20. Mai 1943, dass seine Berichter für dieses Unternehmen sämtlich auf die Regimenter aufgeteilt seien und sich bei Choiniki, etwa 70 km südlich Retschina befänden. Er fügt hinzu, dass »die Kampfhandlungen nicht so [sind], dass sie irgendwie berichtermässig auszuwerten sind.«317 f) ZUSAMMENFASSUNG

Die Bedeutung, welche die Führung der Schutzstaffel der Propaganda für die Waffen-SS beimaß, spiegelte sich somit deutlich in den Ressourcen der SS-PK. Die Journalisten dieser Einheit waren hoch qualifiziert, ihnen wurde das beste erreichbare Material zur Verfügung gestellt, dazu fand ihre Arbeit in einem professionell organisierten Umfeld statt. Gerade beim letzterem Punkt hatte d’Alquen den Nachteil des späteren Starts gegenüber der WM-PK in einen Vorteil verwandelt, denn er konnte die dort aufgetretenen Schwierigkeiten sorgsam analysieren und in der SS-PK vermeiden. Dass man dafür in Konflikt mit der WM geraten musste, nahm man seitens der SS offensichtlich in Kauf. Auch das zeigt den hier vorhandenen Willen, für die Waffen-SS zeitgenössisch eine größtmögliche Medienpräsenz zu erreichen.

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Vgl. Schreiben des Adjutanten der SS-KBA an den Kommandanten des Streifendienstes im Wehrkreis XX betr. SS-Oberscharführer Arnold Markmann v. 2.7.1943, in: BA-MA, RS 4/40; Vernehmungsniederschrift des SS-Unterscharführers Kurt Soutschek vom 18.6.1943, in: BA-MA, RS 4/39. Brief von Gunter d’Alquen an Dr. Rudolf Brandt v. 1.9.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Schreiben Adjutantur der SS-Standarte »Kurt Eggers« an den Kommandeur d. SS-Standarte »Kurt Eggers« v. 21.1.1944, in: BA-MA, RS 4/47; Aktennotiz des Geschäftszimmer für den Adjutanten der SSStandarte »Kurt Eggers« v. 8.1.1945, in: BA-MA, RS 4/38, S. 230. Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführers Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 38. Schreiben des Zugführers des 6. Zug der SS-Kriegsberichter-Abteilung an den Ia der SS-Kriegsberichter-Abteilung v. 20. Mai 1943, in: BA-MA, RS 4/47. In dem Gebiet, in dem sich die SS-PKMänner zu diesem Zeitpunkt befanden, wurden in dieser Zeit 26 Dörfer zerstört und entsprechend viele Menschen ermordet. Im Ganzen starben allein bei dieser Aktion über 4.000 Menschen, über 18.800 wurden als Arbeitskräfte deportiert, vgl. Gerlach, Morde, S. 902, 989 f, 1019 f.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Dennoch sind auch die größten Ressourcen und die beste Organisation letztlich nur Hilfsmittel für die Journalisten an der Front. Dass die SS größten Wert auch auf diesen »human factor« legte, klang schon in der Auswahl und Ausbildung des Personals für die SS-PK an. Es soll aber im Folgenden anhand von biographischen Skizzen ausgewählter Mitarbeiter der Standarte weiter verdeutlicht werden.

3.3 DIE PROPAGANDISTEN DER WAFFEN-SS: EXEMPLARISCHE ANGEHÖRIGE DER SS-PK a) GUNTER D’ALQUEN: KOMMANDANT UND ORGANISATOR

Im vorangegangenen Abschnitt deutete sich schon an, dass Organisation und Erfolg der SS-PK in nicht geringem Maße auch als die persönliche Leistung eines SS-Mannes gesehen werden kann, der bis heute auf journalistischem Feld als »das beste Pferd im Stall«318 Himmlers gilt: der SS-Standartenführer Gunter d’Alquen. Dieser am 24. Oktober 1910 in Essen geborene spätere Kommandant der SS-PK kam als Sohn eines wohlhabenden Wollhändlers aus bürgerlichen Verhältnissen. Seine Bildung entsprach seinem Milieu. Nach dem Besuch von Realgymnasium und Oberrealschule bestand er 1930 das Abitur und begann, von seinem Vater ermöglicht, ein Studium der Philologie mit den Schwerpunkten Deutsch und Englisch in Marburg, später in Berlin.319 Bereits zu dieser Zeit zeigten sich bei ihm die Eigenschaften, welche seine bemerkenswerte Karriere im Dritten Reich mitbestimmen sollten: Zum Ersten war das seine Leidenschaft für den Journalismus, den er als Beruf schon früh bewusst ansteuerte. Schon in Schüler- wie auch örtlichen Zeitungen hatte er erste Artikel veröffentlicht. Selbst auf seinem Abiturzeugnis stand: »Er will Journalist werden«. Er wurde zudem früh gefördert von einem Freund seines Vaters, der bei einer großen bürgerlichen Tageszeitung tätig war. Dazu hörte er in seiner Zeit in Berlin auch Vorlesungen des berühmten Zeitungswissenschaftlers Emil Dovivat.320 Zum Zweiten war das der Fanatismus, mit der er für die Ziele der NS-»Bewegung« eintrat. So hatte er zwar schon früh die Überwindung der sozialen Gegensätze in der Gesellschaft als Thema für sich entdeckt, wobei sein Engagement so weit ging, dass er als Siebzehnjähriger freiwillig in den Zechen und Stahlwerken des Ruhrgebietes als Schlepper arbeitete. Wohl aufgrund seiner Herkunft aus der bürgerlichen Welt schloss er sich aber keineswegs der KPD an, sondern 318 319

320

Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 107. Vgl. »Gunter d’Alquen. Lebenslauf (kurze Fassung)«, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10); »Vernehmung des Gunter d’Alquen durch Herbert H. Meyer am 17.2.1948«, in: IfZ, MA 1569/2. Vgl. »Vernehmung des Gunter d’Alquen durch Herbert H. Meyer am 17.2.1948«, in: IfZ, MA 1569/2; d’Alquen, Gunter »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14. 3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 83.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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Abb. 5: Gunter d’Alquen, ca. 1941.

trat, gegen den Willen seines Vaters, 1925 der HJ, 1926 der SA und schließlich 1927 der NSDAP bei. Hier zeigte er bis zum Ende des Dritten Reiches die immer gleiche, kompromisslose Ergebenheit gegenüber der nationalsozialistischen Ideologie, die er stets vor jeglicher Verwässerung zu bewahren suchte.321 Mit diesen beiden Eigenschaften stieg er in der, gerade an journalistischen Talenten äußerst armen, NS-»Bewegung«322 schnell auf. Nach ersten Ämtern als Jugendführer in der HJ oder als »Kreispressewart« der NSDAP in Marburg trat er 1931 der kleinen »Bremer Nationalsozialistischen Zeitung« als Volontär bei. In deren winziger Redaktion lernte er als »Mädchen für alles« die Grundlagen seines 321

322

Vgl. »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14. 3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pa. S. 83; Augustinovic/ Moll, d’Alquen, S. 100 f, 114. Den Mangel an Talenten in der NS-Presse beklagte schon zeitgenössisch Goebbels, vgl. ebd., Kaiserhof, S. 17.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Berufs. Schnell gelang es ihm, Kontakte zum VB zu knüpfen, in dessen Redaktion in München er bereits 1932 eintrat. Dort stieg der gerade Einundzwanzigjährige in kürzester Zeit zum Leiter des Ressorts Innenpolitik auf. Am Ende des gleichen Jahres erfolgte der nächste Karrieresprung. Er wurde vom Reichspressechef Dietrich angefordert, um Hitler auf seinen Deutschlandflügen im damaligen Wahlkampf als Teil eines Teams von Sonderberichterstattern zu begleiten.323 Drei Wochen hielt er sich so im engsten Umfeld des späteren Diktators auf. Neben der persönlichen Bekanntschaft mit seinem »Führer« konnte d’Alquen dort wie auch generell in der Redaktion des VB tiefe Einblicke in die Herrschaftsstrukturen der inneren Zirkel um Hitler nehmen. Schnell schätzte er das Wesen der NS-Herrschaft richtig ein: Was von Außen betrachtet wie ein einheitlicher Block aussah, war in Wirklichkeit ein Konglomerat von verschiedenen Gruppen, Cliquen und Tendenzen, die miteinander um Einfluss bei Hitler rangen. Zwar ließ ihn das zweifeln, ob auf dieser Grundlage Chancen für eine Machtübernahme in Deutschland bestünden,324 aber für sein persönliches Fortkommen war das Wissen darum, wer in der Partei gegen wen stand, von großem Nutzen. Schnell hatte er durchschaut, auf welche Weise man in diesem Kampf um Einfluss Erfolg haben konnte. Er sicherte sich fortan stets für seine Pläne die Unterstützung der jeweils entscheidenden Männer der Partei. So war schon zuvor sein Eintritt in die Redaktion des VB auf den Einfluss Alfred Rosenbergs zurückgegangen. Zu diesem entwickelte er eine jahrelange Freundschaft und wurde in der Folge von Rosenberg protegiert. Rosenberg war es auch, der ihm nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Ende 1933 seinen Wunsch erfüllte und in die Berliner Redaktion des VB mitnahm.325 Dank seiner offenbar recht einnehmenden Persönlichkeit,326 gepaart mit seiner nie angezweifelten Überzeugung von der NS-Weltanschauung konnte er seine Erfolgsmethode schon vor dem Krieg perfektionieren. Nach seiner eigenen Aussage jonglierte er nun bei seinen Aktionen zum Teil mit sechs bis sieben Dienststellen, die er jeweils zu seinem Nutzen gegeneinander ausgespielt haben will.327 Auch wenn er in diesen Nachkriegserinnerungen übertrieben haben mag, sicher ist, dass er das Wohlwollen fast aller für ihn wichtigen NS-Größen hatte. Neben Hitler, Rosenberg und Dietrich galt das auch für den »Reichsleiter für die Presse« Amann, der ihm 1934 die Leitung der damals schwächelnden Wochenzeitung

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Vgl. Zeck, Korps, S. 17-19, Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 101 f. Zu der Propaganda-Aktion im Rahmen der (erfolglosen) Kandidatur Hitlers 1932 um das Amt des Reichspräsidenten siehe Krings, Dietrich, S. 118-122. So urteilte d’Alquen jedenfalls nach dem Krieg, vgl.: »Befragung von Herrn Gunther d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber«, in: IfZ, ZS 2. Als Grund für diesen Wechsel gab d’Alquen an, dass er näher an der »Zentrale der Macht« sein wollte, vgl. »Befragung von Herrn Gunther d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber«, in: IfZ, ZS 2. Zumindest beurteilte die Publizistin Margarete Boverie, die als Mitarbeiterin der FZ mit ihm vor dem Krieg in Kontakt gekommen war, ihn noch nach dem Krieg äußerst positiv, vgl. ebd., Hauptstadtzeitung, S. 560-563. Vgl. »Befragung von Herrn Gunther d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber«, in: IfZ, ZS 2. Vgl. auch Zeck, Korps, S. 37.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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»Angriff« anbot.328 Zudem wurde er als so vertrauenswürdig eingeschätzt, dass er auch Funktionen im Presselenkungsapparat bekam. Er wurde Mitglied des kleinen Führerrates des Reichsverbandes der deutschen Presse wie auch des Präsidialrates der Reichspressekammer.329 In dieser Zeit machte d’Alquen seine wichtigste Bekanntschaft. Das SS-Mitglied seit 1931 und Mitarbeiter des SD seit 1933 lernte den RFSS Himmler persönlich kennen und entwickelte auch zu diesem ein offenes, persönliches Vertrauensverhältnis, das nach verschiedenen Quellen bis zum Kriegsende diesen Charakter behielt.330 Schnell war der »Jungstar der NSPublizistik«331 vornehmlich bei der SS beschäftigt. Dabei war vor dem Krieg seine wichtigste Aufgabe die Konzeption und Herausgabe der SS-eigenen Zeitschrift »Das Schwarze Korps« (SK). Abweichend von den ursprünglichen Vorstellungen Himmlers machte er aus diesem weit mehr als ein SS-»Vereinsblatt«. Er gab ihr ein unverwechselbares Profil mit einem Anschein einer besonderen Informiertheit und einem Image als einer Art »Reichsbeschwerdestelle«, was die Grundlage für den enormen Erfolg des Blattes bildete. Schon hier zeigte er einen unermüdlichen Einsatz und einen ungewöhnlichen Nachdruck, mit dem er gegen alle Widerstände sein Konzept durchsetzen konnte.332 Daneben war er im persönlichen Stab des RFSS beschäftigt und wurde dort im Laufe der Zeit Himmlers Mann für wichtige oder delikate Aufgaben im journalistischen Bereich. So erstellte er die Reden Himmlers in Broschürenform, war 1939 mit »Die SS, Geschichte, Aufgabe und Organisation der Schutzstaffeln der NSDAP« Herausgeber der offiziellen Geschichte der SS wie auch 1941 von »Das ist der Sieg« oder im gleichen Jahr von dem Bildband »Waffen-SS im Westen«.333 Zugleich war er es, der höchstwahrscheinlich auf Himmlers Vorschlag Ende 1939 einen abschließenden Kommentar zu dem Münchner Attentat auf Hitler verfasste. Dieser wurde in »riesigster« Aufmachung in der gesamten deutschen Presse veröffentlicht.334 Folgerichtig war er ab 1943 auch Leiter des Amtes Presse im persönlichen Stab des RFSS.335 All diese Tätigkeiten waren mit einem schnellen Aufstieg in der SS verbunden. Schon Anfang 1937 wurde er zu einem Standartenführer der Allgemeinen SS ernannt.336 Die ihm von Partei und SS entgegengebrachte Wertschätzung äußerte sich in der Verleihung des goldenen Parteiabzeichens wie auch des »SS-Ehrendegens« oder 1935 des »Totenkopfringes«.337 d’Alquen gehörte nun zum erweiterten Führungs328 329 330 331 332

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Vgl. Zeck, Korps, S. 22. Vgl. Wulf, Presse, S. 186. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 101 f; Zeck, Korps, S. 11, 19 f, 128. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 103. Vgl. Heiber/v. Kotze, Querschnitt, S. 7; Zeck, Korps, S. 9. Zum Charakter des SK vgl. auch Abs. 4.2.e) dieser Arbeit. Vgl. Zeck, Korps, S. 22 f. Vgl. Sündermann, Tagesparolen, S. 86. Vgl. Zeck, Korps, S. 27 f, der jedoch keinen Nachweis dafür bringt, dass d’Alquen das Amt auch tatsächlich übernahm. Das dem so war, geht aus einer Nachkriegsbefragung Gottlob Bergers hervor, vgl. »Vernehmung des Gottlob Berger durch Mr. Meyer am 4.3.1947«, in: IfZ, ZS 427/1, pag., S. 126. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 103. Auch in der Waffen-SS bekleidete d’Alquen ab dem 21.6.1944 diesen Rang, vgl: »Dienstrangliste der Waffen-SS-Standarte ›Kurt Eggers‹« v. 11.12.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. Führerkartei, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10); Schreiben RFSS, 2. Adjutant an das SS-Hauptamt, (SS-Personalamt) betreff: Schreiben vom 21.5.35, in: ebd.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

zirkel der Schutzstaffel, was sich u. a. daran zeigte, dass er an einer Sitzung des »Freundeskreises Himmler« teilnahm oder als Mitglied der Delegation den RFSS 1941 auf Auslandsreisen begleitete.338 Auch auf persönlicher Ebene zeigte sich die Verbundenheit des Reichsführers SS. 1937 war dieser sein Trauzeuge und 1940 der Pate eines seiner Kinder.339 Nach all diesem ist es verständlich, dass Himmler d’Alquen 1939/1940 mit der Aufstellung und Führung der SS-PK betraute, eine Aufgabe, die er mit seinem charakteristischen Elan anging. Wie gesehen konnte er dafür sorgen, dass seine Einheit trotz der Kriegslage mit exzellenten Fachleuten ausgestattet wurde sowie eine hervorragende Ausrüstung und effektive Organisation erhielt. Wie sehr er sich engagierte, wird auch daran deutlich, dass er, um seine Autorität in dem soldatischen Umfeld fürchtend, eine militärische Ausbildung durchlief und für die SS-PK bis 1941 sogar selbst von der Front berichtete.340 Auch um der Berichterstattung »seiner« SS-PK eine möglichst große Verbreitung zu sichern, nutzte er die Möglichkeiten seines bis in die höchsten Kreise des NS-Staates geknüpften Beziehungsnetzwerkes. Dass dieses trotz seiner vielfältigen Tätigkeiten für die SS weiterhin bestand, zeigt sich in der Zeit des Polenfeldzuges, als er zum zweitenmal Hitler mehrere Wochen begleiten durfte, dieses Mal in dessen mobilem Hauptquartier. Er berichtete von dort in groß angelegten Zeitungsartikeln und arbeitete dabei im Team mit dem Reichspressechef und dessen führenden Mitarbeitern Wilfrid Bade, Helmut Sündermann und Heinz Lorenz.341 Zudem gelang es ihm ab etwa 1937 auch zu Propagandaminister Goebbels ein persönliches, vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Zuvor hatte er mit diesem wegen verschiedener Berichte im SK eine Vielzahl harter Auseinandersetzungen gehabt, bei denen er »einen Weltrekord an Beschimpfungen« erhalten haben will.342 Ein Zeichen ihrer verbesserten Beziehungen war, dass Goebbels ihn im Krieg als Informationsquelle von den Zuständen an der Front nutzte und ihn öfter auch privat einlud.343 Ihr gutes Verhältnis zeigte sich besonders 1940, als d’Alquen, wie erwähnt, von Himmler an Goebbels zweimal »ausgeliehen« wurde. Einmal vertrat er ab Anfang Juni 1940 einen Monat lang den persönlichen Referenten Goebbels, Werner Naumann, im Ministerbüro und übernahm dessen Aufgaben.344 Schon davor war es ja Teil der Kooperation von Himmler und Goebbels bei der Aufstellung der SS-PK gewesen, dass d’Alquen ab Mitte April 1940 für 338

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343 344

Vgl. Führerkartei, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10); Wildt, Terminkalender, S. 679 f. Vgl. Zeck, Korps, S. 12; »Hochzeit Gunter d’Alquen«, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10); Schreiben Gunter d’Alquen an Reichsführer SS v. 21.8.1940, in: ebd. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108; Zeck, Korps, S. 44. Vgl. Härtel, Stromlinien, S. 94 f. Das Führerhauptquartier war zu dieser Zeit noch in einem Eisenbahnzug untergebracht, mit dem Hitler zwischen dem 3. und dem 27. September verschiedene Schauplätze des Feldzuges ansteuerte, vgl. Kershaw, Hitler, S. 328 f. So d’Alquen nach dem Krieg, vgl. »Vernehmung des Gunther d’Alquen durch Herbert H. Meyer am 17.2.1948«, in: IfZ, MA 1569/2. Vgl. ebd.; Zeck, Korps, S. 24, 134-137. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 152 (3.6.1940), S. 206 (5.7.1940); »Befragung von Herrn Gunther d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber«, in: IfZ, ZS 2; »Vernehmung des Gunther d’Alquen durch Dr. Herbert H. Meyer am 17.2.1948«, in: IfZ, MA 1569/2.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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kurze Zeit Teil des Ministerbüros von Goebbels wurde.345 Aber auch auf andere Weise nutzte Goebbels die von ihm geschätzten Talente d’Alquens. So spielte dieser im März 1939 mit dem Gedanken, d’Alquen die Leitung der Filmabteilung seines Hauses zu übergeben. Daneben arbeitete letztgenannter z. B. an dem Drehbuch des antisemitischen Hetzfilms »Der ewige Jude« mit und sprach desöfteren im Rundfunk.346 Insgesamt gesehen wurde der Kommandant der SS-PK so ein entscheidendes Glied in der Kommunikation zwischen dem Propagandaminister und Himmler.347 Kurze Zeit darauf ging der Personaltausch aber auch in die andere Richtung. Einer der wichtigsten Mitarbeiter von Goebbels, der unten noch eingehender beschriebene Hans Schwarz van Berk, wurde ab dem 6. Juni 1940 für die SS-PK tätig.348 Damit hatte d’Alquen mit Dietrich und Goebbels engen Kontakt zu entscheidenden Akteuren im NS-Presselenkungsapparat, ein Umstand, der ihm schon bei der Gründung der SS-PK sehr von Nutzen gewesen ist und auch in der Folge für das Ziel einer möglichst weiten Verbreitung der SS-Propaganda noch eine Rolle spielen sollte. Dennoch war der Tatendrang des »unruhigen Demagogentalents«349 d’Alquen mit der erfolgreichen Etablierung der SS-PK noch nicht erschöpft. Obwohl in einem Abkommen mit dem OKW von 1940 eigentlich ausgeschlossen,350 weitete er die Tätigkeit seiner Einheit auch auf die psychologische Kriegsführung aus. Ab Herbst 1943 fanden mehrere Kampfpropagandaaktionen statt, mit denen die feindlichen Soldaten zum Überlaufen gebracht werden sollten. Wieder war es d’Alquen, der mit ausgefeilten Denkschriften die Zustimmung Hitlers zu diesen Plänen erreichte, wieder sorgte er persönlich an vorderster Front für deren Umsetzung und soll mit seinen ständig neuen Ideen selbst in der letzten Kriegsphase so erfolgreich gewesen sein, dass Tausende zu den deutschen Linien überliefen. Ein Nebeneffekt dabei war, dass die Abteilung OKW/WPr, die bislang für die Gegnerbeeinflussung zuständig gewesen war, sukzessive in den Schatten gestellt wurde. Ab 1944 verschmolzen diese beiden Propagandaeinheiten aufgrund der Kriegslage und des damit verbundenen Personalmangels immer mehr. So war es nur folgerichtig, dass noch in den letzten Kriegstagen Gunter d’Alquen die Nachfolge von Wedels als Chef von OKW/WPr antrat und damit theoretisch den Befehl über alle deutschen Propagandatruppen übernahm.351 Letztlich scheinen so alle Projekte, die d’Alquen im Dritten Reich geleitet hatte, erfolgreich verlaufen zu sein. Eine Ausnahme gab es jedoch auch: Sein Plan, mit Hilfe des kriegsgefangenen russischen Generals Wlassow eine auf deutscher 345 346 347 348

349 350

351

Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 69 (24.4.1940). Vgl. Zeck, Korps, S. 59 FN 239, 138. Vgl. Combs, Voice, S. 33. Vgl. Personalbericht der SS-Kriegsberichterkompanie, in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02). Höhne, Orden, S. 208. Vgl. »Zusammenarbeit von OKW/WPr. mit Reichsführer-SS bezüglich SS-Propagandakompanie« o.D. [April 1940], in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 108-110; Zeck, Korps, S. 52-54.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Seite kämpfende russische Armee zu aufzubauen. Auf den Gedanken war er während seiner zahlreichen Reisen an die Ostfront gekommen. Er war zu der Überzeugung gelangt, dass die brutale deutsche Herrschaft und primitive Propaganda nach der Art wie z. B. in der Broschüre »Der Untermensch« kontraproduktiv für die deutsche Sache waren. Mit seiner immer wieder Goebbels und Himmler vorgetragenen Kritik erreichte er jedoch wenig und stieß so zum ersten Mal an die Grenzen seiner Macht. Die deutsche Ostpolitik wurde nicht geändert, und dass es im September 1944 doch noch zur Aufstellung der Wlassow-Armee kam, hing eher mit der tristen Kriegslage zusammen als dass sie das Ergebnis von d’Alquens Drängen gewesen wäre.352 Trotz dieser Enttäuschung blieb er für das NS-Regime aktiv und suchte als Befehlshaber der Propagandatruppen bis in die letzten Tage des Regimes propagandistische Aktivitäten zu entfalten. Erst am 15. Mai 1945 ging er im Bereich der imaginären »Alpenfestung« mit seinem Reststab in britische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser wurde er erst 1948 entlassen. Angeblich soll er danach die amerikanische Regierung in Propagandafragen beraten haben.353 Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft wurde er 1950 in den Entnazifizierungsverfahren als Hauptschuldiger eingestuft und 1955 und 1958 zu Geldstrafen, temporärem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und andauernden Berufsverboten belegt. Bestraft wurde hiermit seine besonders aktive Tätigkeit für das NS-Regime, für das er im SK gegen Juden, die Demokratie etc. gehetzt und den SS-Staat und den Hitler-Nimbus verherrlicht habe. Die Spruchkammern werteten dies wegen seiner großen Bekanntheit in der deutschen Öffentlichkeit als Anstiftung zum Mord. Als Journalist durfte Gunter d’Alquen in der Folge offiziell nicht mehr tätig sein. Vordergründig führte er nur noch ein Leben als Unternehmer und zeigte ein weiteres Mal sein organisatorisches Talent, als er mit einem Möbelstoff-Unternehmen im Nachkriegs-Deutschland zu großem Wohlstand kam.354 Im Geheimen hat der zeitlebens überzeugte Nationalsozialist355 jedoch weiter mit den alten Gesinnungsgenossen zusammengearbeitet. So war er Mitglied der sog. »Deutsche Bruderschaft«, einer Organisation ehemaliger NS-Propagandisten, welche sich etwa mittels koordinierten Leserbriefen für die inhaftierten deutschen Kriegsverbrecher einsetzten.356 Dabei soll er auch Kontakt zu den SS-Generälen Hausser, Steiner, Gille und Kumm gehalten haben.357 Sicher ist, dass er eng mit dem früheren SS-General und zeitweiligen Vorsitzenden des EhemaligenVerbandes der Waffen-SS (HIAG), Kurt Meyer zusammenarbeitete358 und auch das Referat Kriegsgeschichte dieser HIAG bei der Erstellung ihrer apologetischen 352 353

354

355 356 357 358

Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 110-112; Zeck, Korps, S. 55-59. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S.113 f; Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 131; »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 68. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S.113 f.; »Spruchkammerurteil gegen ehemaligen Chefredakteur des ›Schwarzen Korps‹«, in: Tagesspiegel Nr. 3001 v. 26.7.1955, S. 2. Vgl. Zeck, Korps, S. 36-43. Vgl. ebd., S. 66. Vgl. Tauber, Eagle, S. 122-124. Vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 74 f. Auf diesen Aspekt wird in Abs. 5.5 dieser Arbeit weiter eingegangen werden.

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Darstellungen der Waffen-SS beriet.359 Gestorben ist d’Alquen am 15. Mai 1998 in Mönchengladbach.360 Mit seiner offensichtlich hohen Begabung, die ihm wohl auch unabhängig vom politischen System eine Karriere ermöglicht hätte, war er gerade im NS-Deutschland dem Durchschnitt der Elite des neuen Staates weit überlegen und hatte zudem durch die speziellen Umstände die fast einmalige Gelegenheit, selbst in jungen Jahren verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen und nach seinem Willen durchzuführen. Das war allerdings nur möglich, weil er sich bei aller internen Kritik niemals auch nur ansatzweise von den Dogmen der nationalsozialistischen Weltanschauung distanzierte. Im Gegenteil tat er alles in seiner Macht stehende, um das NS-Regime zu stützen, was sich in seinem Fall vor allem durch eine skrupellose Hetze gegen die ideologischen Feinde der SS in der von ihm verantworteten Berichterstattung zeigte.361 Sein Engagement und seine Verbindungen bis in höchste Sphären des NS-Regimes, waren jedoch eine nicht unwesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Propaganda um die Waffen-SS. Die Grundlage dafür bildete aber, trotz aller inhaltlicher Vorgaben und Überarbeitungen seitens der Standarte, die Artikel, Bilder und Filme der in der SS-PK versammelten Journalisten. Anhand der Lebensläufe und fachlichen Qualitäten von vier ihrer führenden Vertreter soll im Folgenden exemplarisch veranschaulicht werden, welche biographischen Hintergründe das Werk der Mitarbeiter der SS-PK prägte und welch fachliches Können hier vorhanden war. Aus diesen Einzelfällen kann zwar kein Gesamtbild konstruiert werden. Trotzdem sagen die hier präsentierten Lebensläufe viel darüber aus, welches Geistes Kind die Journalisten waren, die d’Alquen für seine Einheit bevorzugte. Dazu hatten die hier Beschriebenen großen Einfluss in der SS-PK, da sie ihre Methoden als Ausbilder dem Nachwuchs weitergaben oder es ihre Werke waren, die hier als Beispiel für gelungene Arbeiten dienten. b) JOHANNES SCHWARZ VAN BERK: STARJOURNALIST

Johannes Schwarz van Berk, geboren am 8. August 1902 in Wermelskirchen,362 gilt als einer der begabtesten und bekanntesten Journalisten des Dritten Reiches363 und war damit ein wichtiges Aushängeschild der SS-PK. Sein Werdegang gleicht dem so vieler späterer NS-Anhänger: Für den Kriegseinsatz zu jung, erlebte er laut eigenem Zeugnis den Zusammenbruch 1918 in der Heimat und die zwanziger Jahre vor allem als Zeit bitterer Not. Als Ursache dieser Leidenszeit sah er die Revolution von 1918 an und schlug sich auf die Seite der übrig gebliebenen vermeintlichen Repräsentanten der alten Ordnung. 364 Seit 1920 war er Angehöriger 359 360 361 362

363 364

Vgl. Merkl, General, S. 170, 181, 187. Vgl. Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 114. Vgl. ebd., S. 115. Vgl. »Personalfragebogen Hans Schwarz van Berk«, in: BArchB, R 55/N 23445; »Kurzer Lebensabriss«, in: BArchK, N 1373/11. Vgl. Martens, Reich, S. 112 FN 378, 114; Boverie, Hauptstadtzeitung, S. 9 f. Vgl. »Kurzer Lebensabriss«, in: BArchK, N 1373/11.

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politischer und militärischer Gruppierungen der nationalen Rechten, u. a. der Freikorps »Brigade Erhardt« und »Lettow-Vorbeck« und kämpfte mit diesen im Baltikum, an der Ruhr und in Oberschlesien.365 1930 trat er dann als ein Anhänger Otto Strassers der NSDAP bei. Zu diesem Zeitpunkt war er schon Chefredakteur einer Tageszeitung. Sein nach dem Abitur begonnenes Studium der Zeitungswissenschaften und der Geschichte hatte er zugunsten einer praktischen Tätigkeit abgebrochen. 1932 stellte er seine Fähigkeiten dann vollends in den Dienst der NSDAP. Er gründete das NS-Parteiorgan in Pommern, die »Pommersche Zeitung«, und schrieb Bücher, in denen er die Nationalsozialisten als die Erben des preußischen Geschichtsauftrages beschrieb und mit denen er die preußischen Junker für den NS zu gewinnen hoffte.366 Es dauerte nicht lange und Schwarz van Berk war in den höheren Zirkeln des NS-Apparates angekommen. Seit 1934 hatte er als einer von nur ganz wenigen Journalisten ein enges, persönliches Verhältnis mit Propagandaminister Goebbels. Bald häuften sich die Zeichen von dessen Gunst. So schrieb er das Vorwort für eine Aufsatzsammlung des Propagandaministers und wurde in den Präsidialrat der Reichspressekammer wie auch in den Pressegerichtshof berufen.367 Dazu gab ihm Goebbels noch den Posten des »Reichsschulungsleiter der deutschen Presse«. Als solcher war er ab Ende 1934 mitverantwortlich für die Konzeption und Gründung der Reichspresseschule, der zentralen Ausbildungsstätte für Journalisten im NS-Staat.368 Aber auch andere Projekte zeigten das Wohlwollen des Propagandaministers. So sollte Schwarz van Berk ab 1935 als Chefredakteur die damals angeschlagene Zeitschrift »Angriff« wieder für die Leser attraktiv machen369 und 1937 eine Sendereihe im Rundfunk durchführen, die sich mit innenpolitischen Themen und Gerüchten beschäftigen und der Abwehr der ausländischen Propaganda dienen sollte.370 Trotzdem war und blieb er eine schillernde Figur, gerade im NS-Pressebetrieb. Er erlaubte sich kleine Eigenwilligkeiten, die für andere in seiner Position gefährlich geworden wären. Mindestens einmal musste er wegen unbotmäßigen Äußerungen vor dem NSDAP-Parteigericht erscheinen und entging einer ernsten Bestrafung nur dank Goebbels Intervention bis hinauf zum

365 366

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368 369

370

Vgl. Westemeier, Krieger, S. 552. Martens, Reich, S. 112; Müsse, Reichspresseschule, S. 119 f; »Personalfragebogen Hans Schwarz van Berk«, in: BArchB, R 55/N 23445; »Ergänzungsfragebogen Hans Schwarz van Berk«, in BArchB, R 55/N 23445; »Kurzer Lebensabriss«, in: BArchK, N 1373/11. Bei dem genannten Buch handelt es sich um: Schwarz van Berk, Hans: Preußentum und Nationalsozialismus. Stettin 1932. Vgl. »Bescheinigung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda« v. 19.12.1935, in: BArchB, R 55 /N 23445; Müsse, Reichspresseschule, S. 121; Stephan, Goebbels, S. 176 f. Für ein gutes persönliches Verhältnis sprechen die zahlreichen Einträge in den Tagebüchern von Goebbels, vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/3 Teil I, S. 36 (20.4.1934); ebd., Bd. I/4, S. 366 (19.10.1937); ebd., Bd. I/8, S. 71 (24.4.1940); ebd., Bd. II/13, S. 453 (10.9.1943). Ebenso war er auch zu der letzten Geburtstagsfeier des Propagandaministers am 29.10.1944 eingeladen, vgl. Boelcke, Krieg, S. 113. Müsse, Reichspresseschule, S. 118. Für eine Darstellung dieser Reichspresseschule vgl. ebd., passim. Vgl. »Personalfragebogen Hans Schwarz van Berk«, in: BArchB, R 55 /N 23445; Martens, Reich, S. 112; Westemeier, Krieger, S. 554. Für eine Charakterisierung von »Der Angriff« vgl. Lemmons, Russel: Goebbels and Der Angriff. Lexington, 1994. Vgl. Bonacker, Mann, S. 63.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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»Führer«.371 Ebenfalls wird berichtet, dass in seinem Unterricht an der Reichspresseschule auch offen damals »ketzerische« Meinungen vertreten werden konnten.372 Zeichen seiner Unangepasstheit ist auch die auf vier Jahre geplante Weltreise, die er samt Familie 1937 antrat und mit der er nach eigener Aussage der Enge des Berliner Pressebetriebes entfliehen und seinen geistigen Horizont erweitern wollte. Dabei lernte er den arabischen Raum inklusive Palästina wie auch Indien, Indonesien und Australien kennen.373 Bei Kriegsausbruch heimgekehrt, kam er Anfang Dezember 1939 in eine Stellung, die seinem ungewöhnlichen Wesen entsprach. Er leitete eine bei der Auslands-Presseabteilung des Propagandaministeriums bestehende Sonderredaktion, die »Büro Schwarz van Berk« genannt wurde. Die Verbindung zum RMVP war jedoch streng geheim, nach außen erschien das Büro als gut informiert, aber unabhängig. Es lieferte so den ausländischen Korrespondenten in Berlin Berichte, die sie aus anderen offiziellen Quellen vorgeblich nicht erhalten konnten. So war es dem Propagandaministerium möglich, Berichte über Deutschland in neutralen Staaten zu lancieren, ohne dass deren zweifelhafte Herkunft erkennbar war.374 Daneben spielte das Büro bzw. sein Leiter Schwarz van Berk eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung der V-Waffen-Propaganda, u. a. durch eine gezielte Ausstreuung von Gerüchten über deren Existenz. Zu Hilfe kamen ihm dabei seine guten Verbindungen zu Rüstungsminister Speer, an dessen Konferenzen im Rüstungsministerium er als einziger Journalist teilnehmen durfte.375 Ebenso wirkte er bei den Ministerkonferenzen im Propagandaministerium mit, so dass Schwarz van Berk als einer der am besten unterrichteten Journalisten im Dritten Reich bezeichnet werden kann. Dies nutzte er u. a. auch für seine Artikel für »Das Reich«, wo er von Herbst 1940 bis 1945 tätig war. Die Palette seiner Beiträge reichte hier von Glossen über realistische Kriegsberichte, weltpolitische Analysen bis zu Artikeln über Innenpolitik.376 Die Leser waren ausweislich der »Meldungen aus dem Reich« von seinen Arbeiten immer wieder beeindruckt.377 Das lag vor allem an dem Stil dieser Berichte. Sie waren weitestgehend frei von offensichtlich diskriminierender Polemik und Phrasenhaftigkeit, aber auch frei von den vielfach verkrampften Wendungen der bürgerlichen Autoren, die immer eine Maßregelung befürchten mussten. Seine Artikel waren so leicht lesbar und erschienen sachlich. Die NS-Färbung kam nur unterschwellig

371

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375 376 377

Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 168 f.; Boverie, Hauptstadtzeitung, S. 569 f; Wulf, Presse, S. 128 f. Vgl. Müsse, Reichspresseschule, S. 122-125. Vgl. die Erinnerungen Schwarz van Berks in: BArchK, N 1373/11-14. Er beschrieb dabei seine Eindrücke laufend in Artikeln für die deutsche Presse. Aus diesen ist die beabsichtigte Propagandawirkung etwa gegen Juden oder das englische Kolonialsystem deutlich herauszulesen, vgl. die Sammlung dieser Artikel in BArchK, N 1373/30. Vgl. »Entwurf einer Bescheinigung«, in: BArchB, R 55/N 23445; »Honorarvertrag zwischen dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und Hans Schwarz van Berk« vom. 23.12.1939, in: BArchB, R 55/N 23445; Gilessen, Posten, S. 489; Martens, Reich, S. 112 f. Vgl. Hölsken, V-Waffen, S. 96 f, 106, 111. Vgl. Martens, Reich, S. 113 f; Boelcke, Krieg, S. 208; Plank, Reich, S 46. Vgl. z. B.: Boberach, Meldungen, S. 4825 (18.2.1943); ebd., S. 5798 (23.9.1943); ebd., S. 6558. (25.5.1944).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

zur Geltung, so dass durch diesen »Nationalsozialismus im Frack«378 auch die Intelligenzschicht der Bevölkerung angesprochen werden konnte, die ansonsten einer platten Propaganda im Stil des VB nicht zugänglich war. Gerade darin bestand die Gefährlichkeit des Hans Schwarz van Berk wie auch seine besondere Nützlichkeit für Goebbels. Wie sehr der Propagandaminister ihm vertraute, zeigte sich dann noch mal im Januar 1943. Als in DR die Stelle des Chefredakteurs frei wurde, versuchte Goebbels ihm diese Position zu verschaffen, vor allem in der Absicht, mehr Einfluss auf diese Wochenzeitschrift zu bekommen.379 Die Tätigkeit Schwarz van Berks für die SS-PK ging ebenso auf die Initiative Goebbels zurück.380 Obwohl als Beleg dafür nur die Erinnerungen Schwarz van Berks selbst vorliegen, machen die Begleitumstände diese Darstellung glaubhaft. So ist bekannt, dass der Propagandaminister eine Fronterfahrung seiner leitenden Mitarbeiter schätzte. Deshalb war etwa auch der Ministerialrat im RMVP und Vertrauter von Reichspressechef Dietrich, Wilfrid Bade, 1942, wenn auch anfangs recht widerwillig, kurzzeitig bei der SS-PK an der Ostfront im Einsatz.381 Schwarz van Berk hingegen war schon im Polenfeldzug als Sonderführer bei einer Wehrmacht-PK im Einsatz gewesen und war dann zum 6. Juni 1940 zur SS-PK gekommen. Dieser Wechsel ist wahrscheinlich nicht aufgrund einer Verbundenheit zum Schwarzen Orden erfolgt, da er der SS erst sehr viel später, zum 9. November 1941, beitrat.382 Dass dieser Wechsel vielmehr aufgrund einer Absprache mit Goebbels stattfand, wird auch durch den Umstand wahrscheinlich, dass es Schwarz van Berk möglich war, während seiner Einberufung zur SS-PK weiter für das Propagandaministerium und auch DR tätig zu sein. Sein Einsatz für die SS-PK beschränkte sich auf relativ kurze Zeiträume: In den Akten lässt sich seine Tätigkeit dort vom 6. Juni 1940 bis Ende des Westfeldzugs, vom 21. April 1941 bis zum 15. Mai 1941 und vom 24. Juni bis zum 10. November 1941 nachweisen. Dabei begleitete er, zusammen mit dem unten noch ausführlicher behandelten Fotografen Franz Roth, jeweils die Aufklärungs-Abteilung der »LAH«.383 Seine Berichte von diesen Einsätzen wurden dann auch jeweils in großer Aufmachung in DR

378

379 380

381 382

383

So das Urteil Carl Linferts über »Das Reich« insgesamt, zitiert nach Frei/Schmitz, Journalismus, S. 119. Für Informationen zu dieser Zeitung vgl. Abs. 4.2.d) dieser Arbeit. Vgl. Plank, Reich, S. 46; Frei/Schmitz, Journalismus, S. 170. Vgl. die Erinnerungen von Schwarz van Berk in: BArchK, N 1373/14. Siehe auch Martens, Reich, S. 112 f. Vgl. Härtel, Stromlinien, S. 190-197. Vgl. »Anlage zum Beförderungsvorschlag für SS-Untersturmführer Hans Schwarz van Berk, geb. 7.8.1902« in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02); Personalfragebogen Hans Schwarz van Berk«, in: BArchB, R 55/N 23445; Personalbericht der SS-Kriegsberichterkompanie, in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02). Vgl. Schreiben Johannes Schwarz van Berk an den Leiter Abt. AP im Propagandaministerium vom 1.10.1940, in: BArchB, R 55/N 23445; Schreiben Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda an Leiter AP betr. Bezüge Hauptschriftleiter Schwarz van Berk v. 15.5.1941, in: BArchB, R 55/N 23445; Schreiben Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda an Abt. H. v. 24.5.1941, in: BArchB, R 55/N 23445; Schreiben Büro Schwarz van Berk an Haushaltsabteilung Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda v. 25.6.1941, in: BArchB, R 55/N 23445; Schreiben Büro Schwarz van Berk an Haushaltsabteilung Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda v.14.11.1941, in: BArchB, R 55/N 23445.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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veröffentlicht.384 Auch in späteren Kriegsphasen ist er regelmäßig, aber jeweils für nur relativ kurze Zeit für die SS-PK an der Front im Einsatz gewesen.385 Hier galt er »als einer der besten SS-Kriegsberichter«386 und wurde bis zum SS-Obersturmführer befördert. Zudem erhielt er auch hier Schutz nach seinen offenbar für ihn charakteristischen Fehltritten. Gunter d’Alquen sorgte, u. a. durch einen Vortrag beim RFSS Anfang 1942 dafür, dass der damalige Chef des SD Heydrich persönlich Ermittlungen gegen Schwarz van Berk wegen nicht SS-mäßigen Verhaltens einstellen ließ.387 Schwarz van Berk, bis zuletzt überzeugter Nationalsozialist, überlebte den Krieg und zog sich nach außen völlig vom Journalismus zurück. Er arbeitete als Vertreter und später als Inhaber einer Werbeagentur.388 Daneben war aber auch er unter der Hand weiter publizistisch tätig. Er veröffentlichte unter falschem Namen unpolitische Betrachtungen in einzelnen Zeitungen,389 überarbeitete aber auch die Memoiren von Hans Kehrl, einem ehemals engen Mitarbeiter von Albert Speer.390 Daneben war auch er mit Gunter d’Alquen Teil der bereits erwähnten »Deutschen Bruderschaft«.391 Verstorben ist Schwarz van Berk 1973.392 Dieser Autor ist ein herausragendes Beispiel für das hochqualifizierte Personal, welches d’Alquen in »seiner« SS-PK versammeln wollte und konnte. Gerade Schwarz van Berk war hier von besonderem Nutzen, denn auch als SS-Kriegsberichter schrieb er Artikel, die mit ihrem Realismus und ihrer mitreißenden, bilderreichen Sprache großen Eindruck machten.393 Gerade durch seine Artikel erhielt die Berichterstattung über die Waffen-SS in dem Paradeblatt der NS-Presse DR einen breiten Raum und die SS-PK so größeres Renommee. Noch mehr als d’Alquen symbolisiert Schwarz van Berk dazu die im Ganzen guten Verbindungen der SS-Propagandisten zu Goebbels, denn es ist bezeichnend, dass dieser einen von ihm hochgeschätzten und in seiner Tätigkeit höchst wert384 385

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Vgl. z. B. »Die Leibstandarte setzt über«, in: DR 19 v. 11.5.1941, S. 3 f. Seine Personalakte verzeichnet nach dem November 1941 lediglich wechselnde Einsätze beim I. und II. SS-Panzerkorps ohne genaue Daten, vgl. Schreiben der SS-St. »Kurt Eggers« an das SSFührungshauptamt bezügl. Beförderung in der Waffen-SS v. 10.3.1944, in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02). Nach seinen eigenen Nachkriegs-Aussagen war Schwarz van Berk während des Krieges die meiste Zeit in Berlin, vgl. Baird, War poets, S. 21. Dies ist angesichts seiner zahlreichen Tätigkeitsfelder glaubhaft. Vgl.: Schreiben der SS-St. »Kurt Eggers« an das SS-Führungshauptamt bezügl. Beförderung in der Waffen-SS v. 10.3.1944, in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02). Vgl. Schreiben des Kommandeurs der SS-Kriegsberichter-Abteilung an das Kommandoamt der Waffen-SS vom 24.2.1944, in: BArchB SSO/122B: Schwarz van Berk, Hans (7.8.02); Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD an Gunter d’Alquen betr. Schreiben vom 15.1.1942 vom 21.2.1942, in: ebd.; Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD an Staatssekretär Dr. Stuckart betreff Schreiben vom 24.12.1941, o.D., in: ebd. Vgl. Martens, Reich, S. 113; Frei/Schmitz, Journalismus, S. 170. So z. B. »Aufforstung des Familienlebens« in: Christ und Welt v. 10.3.1960, vgl. BArchK, N 1373/31. Ebenso veröffentlichte er auch Beiträge in der Westdeutschen Zeitung, vgl. ebd. Vgl. den Brief von Karl Bertrams an Hans Schwarz van Berk v. 5.8.1970, in: BArchK, N 1373/6. Das genannte Buch ist: Kehrl, Hans: Krisenmanager im Dritten Reich. 6 Jahre Frieden – 6 Jahre Krieg. Düsseldorf 1973. Zur Kehrls Rolle im Dritten Reich vgl. Klee, Personenlexikon, S. 302. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 553. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 559. Vgl. Boberach, Meldungen, S. 2581 (28.7.1941); ebd., S. 2593 (31.7.1941).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

vollen Mitarbeiter des Ministeriums immer wieder monatelang der SS-PK zur Verfügung stellte. c) FRANZ ROTH: BILDREPORTER

Franz Roth wurde am 5. April 1911 in Wien geboren, wo er auch sein Abitur machte und ein Studium begann, bevor er schließlich eine Ausbildung zum Fotografen absolvierte. Daneben hatte er sich, offenbar seinem Vater folgend, der österreichischen NS-Bewegung angeschlossen. Sein Beitritt zur SA lässt sich für April 1933 nachweisen.394 Dass er sich im Folgenden auch aktiv an dem damaligen Kampf der österreichischen Nationalsozialisten gegen die Regierungen Dollfuß und Schuschnigg beteiligt hatte, lässt sich aus seinen mehrfachen Verhaftungen wegen »nationalsozialistischer Umtriebe« in diesen Jahren schließen. Ab Oktober 1934 saß er wegen Betätigung für die NSDAP sogar zwei Monate im Gefängnis.395 Wie viele seiner österreichischen Parteigenossen zu dieser Zeit emigrierte er nach Verbüßung seiner Strafe nach Deutschland und wurde dort Mitglied des SSSturmbannes »Österreichischen Legion«.396 Nun begann auch seine Karriere als Fotoreporter. Er wurde beim deutschen Zweig der amerikanischen Nachrichtenagentur »Associated Press« in Berlin angestellt. Schon kurze Zeit später war er, zum Teil buchstäblich, an der Front im Einsatz. Er berichtete für die Agentur ein Jahr lang vom Abessinischen Krieg, dann von den Olympischen Spielen in Berlin und anschließend vom Spanischen Bürgerkrieg. Seine damaligen Aufnahmen sollen sowohl in den führenden deutschen Illustrierten wie auch weltweit abgedruckt worden sein.397 Diese zu der Zeit in Deutschland noch seltene Erfahrung als Reporter eines modernen Krieges, kombiniert mit seiner unzweifelhaften nationalsozialistischen Überzeugung weckte offensichtlich das Interesse des RMVP. So berichtete er schon 1938 für eine der noch zivilen Vorläufer-Einheiten der Propaganda-Kompanien vom Einmarsch der deutschen Truppen im Sudetenland. Nach Kriegsausbruch wurde er im Juli 1940 zunächst zu einer Wehrmacht-PK eingezogen, wechselte aber schon im August des gleichen Jahres zur SS-PK.398 In den folgenden drei Jahren begleitete er die Aufklärungsabteilung der »LAH« unter ihrem Kommandeur Kurt Meyer durch Griechenland und Russland. Daneben unterrichtete er aber auch den Nachwuchs an SS-PK-Fotografen. Das Kriegsende erlebte Roth nicht. Er starb infolge einer an der Ostfront erlittenen schweren Verwundung am 17. März 1943.399 394 395 396

397

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Vgl. »Lebenslauf«, in: BAB, SS-0/049B: Roth, Franz (5.4.1911). Vgl. »Personalangaben Roth, Franz«, in: BAB, SS-0/049 B: Franz Roth; »Lebenslauf«, in: ebd. Vgl. »Lebenslauf«, in: BAB, SS-0/049B: Franz Roth. Zur Geschichte der Österreichischen Legion vgl. Schafranek, Hans: Söldner für den Anschluss. Die österreichische Legion 1933-1938. Wien 2010. Vgl. »Personalangaben Roth, Franz«, in: BAB, SS-0 /049 B: Franz Roth; »Lebenslauf«, in: ebd.; »… trifft mich die fdl. Kugel…«, in: IB 18 v. 6.5.1943, S. 4 f. Vgl. »Lebenslauf«, in: BArchB, SSO/049B: Roth, Franz (5.4.1911). Vgl. ebd.; Todesanzeige im SK vom 6.5.1943, in: ebd. Ein Kurs Roths für SS-Bildberichter wird erwähnt in: Schreiben SS-Strm Heinz Nussbaumer an den Gerichtsoffizier der SS K.B.A. betreff Meldung des 7. Zuges über SS-Strm Nussbaumer v. 15.12.1942, in: BA-MA, RS 4/38. Siehe auch

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

171

Die besondere Bedeutung von Franz Roth für die SS-Propaganda ist allein schon aus der Zahl seiner abgedruckten Fotos ersichtlich. Es waren bis 1943 vielfach seine Arbeiten, die hohe Abdruckzahlen in den NS-Paradeblättern VB und besonders IB erzielten. Seine Bilder wurden aber auch weitgestreut in der restlichen deutschen Presse veröffentlicht. Letzteres lässt sich aus einer Beurteilung seitens der SS-PK aus dem Jahr 1942 ableiten: SS-Oberscharführer Franz Roth ist nach seinen Erfolgen zur Zeit der beste und erfolgreichste Bildberichter der SS-Kriegsberichter-Abteilung. Er hat durch seine ausgezeichneten Arbeiten, die nur durch schneidigen persönlichen Einsatz zu erreichen waren, einen großen Anteil an der planmässigen Werbung für die Waffen-SS in der gesamten deutschen illustrierten Presse.400

Mit welchen Mitteln diese »Werbung für die Waffen-SS« durchgeführt wurde, lässt sich aus der erwähnten Lehrtätigkeit Roths in der Ausbildung der SS-PKFotografen schlussfolgern. Laut einem internen Bericht der SS-PK wurde diese Ausbildung »beherrscht von den Grundsätzen und politischen Richtlinien der SS, wodurch die Bildberichter gehalten und in der Lage sind, nicht nur ideenlos zu knipsen, sondern das Geschehen auch in seinen tieferen politischen Zusammenhängen darzustellen.«401 Roth selbst lehrte diese Grundsätze nicht nur, er übernahm sie auch in seine praktische Arbeit. Von ihm stammte eine Fotoserie von Leichen der im Juli 1941 in Lemberg von sowjetischer Seite hingerichteter Ukrainer, die so gut ihren propagandistischen Zweck erfüllte, dass sie, jedenfalls laut Roths eigener Aussage, auf Anordnung Hitlers in allen deutschen Zeitungen abgedruckt wurden.402 Ebenso erstellte er unzählige Portraits sowjetischer Kriegsgefangener mit ausgeprägt semitischen oder asiatischen Gesichtszügen, die in der Folge immer wieder in der deutschen Propaganda eingesetzt wurden und, wie seine Bilder aus Lemberg, auch in dem berüchtigten, vom SS-Hauptamt herausgegebenen Machwerk »Der Untermensch« zu finden waren.403 Auch aus seinen eigenen Worten wird der von ihm gewollte propagandistische Effekt seiner Bilder deutlich. So beschrieb er in einem Manuskript zu einem von ihm geplanten Fotoband seine Bilder etwa mit: »Russland! Zwei Welten stehen sich gegenüber. Untermensch gegen Zivilisation.« Oder »Ein Kämpfer der Waffen-SS, ein gefangener Sowjetrusse, sie zeigen den Geist, für den sie kämpfen.« 404

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den Bericht im IB anlässlich seines Todes: »…trifft mich die fdl. Kugel…«, in: IB 18 v. 6.5.1943, S. 4 f. Die Umstände des Todes von Roth werden geschildert in: Meyer, S. 181 f. »Beförderungen in der Waffen-SS« von der SS-PK an SS-FHA bezüglich des SS-Oberscharführers Franz Roth v. 27.9.1942, in: BArchB, SSO/049B: Roth, Franz (5.4.1911). »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Roth behauptet dies in seinem unveröffentlichten Buch »Reporter gegen Kriegsberichter«, vgl. ebd., BA-MA, RS 4/50 pag. S. 38. Eine solche Anordnung Hitlers konnte nicht nachgewiesen werden. Ein Beispiel der Verwendung dieser Bilderserie ist etwa: »So ›arbeitete‹ die GPU in Lemberg«, in: IB 28 v. 10.7.1941, S. 2 f. Vgl. Trang, Kriegsberichter, S. 37 f.; Der Untermensch, S. 5, 10, 44-48. Weitere Beispiele ihrer Verwendung: DAZ 325 v. 9.7.1941, S. 8; FZ 347 v. 10.7.1941, S. 8. »Reporter gegen Kriegsberichter«, in: BA-MA, RS 4/50.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Abb. 6: Im »Illustrierten Beobachter« Juli 1941 veröffentlichte Fotos von Franz Roth.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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Wie wenig seine Bilder als Abbild eines realen Geschehens, sondern vielmehr schon bei ihrem Entstehen als bewusste Komposition anzusehen sind, zeigt sich auch an seinem Unterricht für den SS-Bildberichter-Nachwuchs. Hier lehrte er, dass die Fotografen ein Recht auf das Stellen von Bildern hätten.405 Auch er hatte keine Skrupel, gute Motive zumindest ab und an selbst zu kreieren. Das lässt sich selbst bei einigen seiner damals berühmtesten Fotos z. B. anhand der Position des Fotografen in der möglichen feindlichen Schussbahn unschwer schlussfolgern.406 Seinem Status als dem unbestrittenen »Star« der SS-PK-Fotografen407 schadete das keineswegs. Die Karriere von Franz Roth ist so ein weiterer Beleg für den propagandistischen Charakter, den die Berichterstattung der SS-PK, bei allen technischen Fähigkeiten, auch im Bereich der Fotografie hatte. Besonders im Falle Roth zeigt sich aber auch exemplarisch das Fortwirken der SS-Propaganda bis in die heutige Zeit. So sind viele der bis heute verwendeten Bilder des berühmt-berüchtigten Kurt Meyer alias »Panzermeyer« das Werk des ihn und seine Einheit jahrelang begleitenden Roth.408 d) WILHELM PETERSEN: FRONTMALER

Wilhelm Petersen wurde am 10. August 1900 in Elmshorn geboren und war Maler und Bildhauer von Beruf. Auch er war ein Freikorpskämpfer gewesen und hatte als Angehöriger der »Brigade Erhardt« 1919-20 am sog. »Kapp-Putsch« teilgenommen.409 Als Künstler wurde er erst mit der nationalsozialistischen Machtübernahme wirklich erfolgreich, als seine Bilder germanischer Heldengestalten und -szenen oder des »Volkslebens« die Aufmerksamkeit von Reichsleiter Alfred Rosenberg erregten. In der Presse nun u. a. als »Maler der nordischen Schönheit« gefeiert, wurden ihm bald Ausstellungen in ganz Deutschland gewidmet. Göring wie auch Hitler erwarben Gemälde von ihm, Letzterer verlieh ihm 1938 als besondere Ehrung den Professorentitel für bildende Künste.410 Noch vor Ausbruch des Krieges war Petersen bereits für die SS tätig. Seine Illustrationen waren etwa fester Bestandteil des SK,411 zudem war er 1937 einige 405

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Dieses Motto Roths wird erwähnt in: Schreiben SS-Sturmmann Heinz Nussbaumer an den Gerichtsoffizier der SS-PK. betreff Meldung des 7. Zuges über SS- Sturmmann Nussbaumer v. 15.12.1942, in: BA-MA, RS 4/38. Vgl. Trang, Kriegsberichter, S.50 f., 82 f., 98, welcher zu der gleichen Schlussfolgerung gelangt. Die damalige Bekanntheit zumindest einer dieser Serien Roths folgt aus: »…trifft mich die fdl. Kugel…«, in: IB 18 v. 6.5.1943, S. 4 f. So wird Roth in den Akten der SS-PK u. a. auch als »einer der besten deutschen Fotografen« bezeichnet, vgl. Brief des Kompanie-Chef der SS-PK an den Ia der SS-Division »Totenkopf« v. 2.9.1940, in: BA-MA, RS 4/1157. Das wohl bekannteste Beispiel ist das Bild Roths von Kurt Meyer aus dem Balkanfeldzug 1941, welches auf dem Titel des IB veröffentlicht und u. a. auf dem Einband seiner Nachkriegserinnerungen verwendet wurde, vgl. IB 19 v. 8.5.1941, Titelblatt. Für Beispiele anderer bis heute verwendeter Bilder Roths von Meyer vgl. Trang, Kriegsberichter, S. 93. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 8. Vgl. ebd., S. 11-15; Seegers, Rhein S. 184 f. Vgl. Zeck, Korps, S. 80.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Monate im Stab des SS-Hauptamtes beschäftigt.412 Den Polenfeldzug absolvierte er allerdings nicht in einer PK oder bei der SS, sondern als Maschinengewehrschütze in einer Landwehr-Einheit.413 Seine dort privat gefertigten Zeichnungen veröffentlichte er unter dem Titel »Totentanz in Polen« in Buchform. Einzelne Bilder daraus wurden u. a. im VB abgedruckt414 und äußerst lobend besprochen. Man urteilte später etwa, Petersen habe mit diesen Zeichnungen die Art und Weise der Darstellung des Krieges mit einem Schlag auf ein höheres Niveau gehoben415 oder, dass seine Arbeiten den Vergleich mit Schlachtdarstellungen vergangener Jahrhunderte nicht zu scheuen bräuchten.416 Seine Bilder hatten auch das Interesse d’Alquens geweckt. Nachdem Petersen schon ab dem 1.November 1939 hauptberuflich für die SS tätig geworden worden war,417 gehörte er im März 1940 zu den ersten drei Kriegsmalern der gerade entstehenden SS-PK.418 Für diese begleitete er im Westfeldzug 1940 die »SS-VT«, danach und für die restliche Zeit des Krieges die SS-Divivison »Wiking«.419 Seine Zeichnungen von der Front wurden bis 1945 im großen Umfang in den verschiedensten Zeitungen veröffentlicht.420 Daneben wurden seine Bilder auch in mehreren ihm gewidmeten Ausstellungen gezeigt.421 Petersen wurde so zu einem der bekanntesten Frontzeichner der gesamten deutschen Propagandatruppen.422 Welchen Charakter die Bilder hatten, die zu diesem Ruhm führten, ist eindeutig. Zwar betonten Familie und Verehrer des Malers bis in unsere Tage seine unpolitische, realistische Abbildung des Krieges, die auch das Leid der Verwundeten wie auch das der Zivilbevölkerung nicht ausgespart hätte.423 Laut der wissenschaftlichen Literatur ist jedoch den Werken Petersens die propagandistische Stoßrichtung deutlich anzumerken. So werden z. B. in seinem Bild »Kriegsgräber« tote deutsche Soldaten durch Kreuze symbolisiert, umgeben von blühenden Weidekätzchen. Durch die Darstellung von Fußspuren, die von den Gräbern wegführen, könne die gewollte Wirkung als Symbol des soldatischen Vorbildes leicht erkannt werden.424 Ein anderes Beispiel ist seine Darstellung toter Soldaten: Malte Petersens deutsche Gefallene, so hätten diese durchweg einen friedlichen und keineswegs verzerrten Gesichtsausdruck, während in seinen Abbildungen toter polni412 413 414 415 416 417 418

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Vgl. die Eintragungen in seinem Personalblatt, in: BArchB, SSO/373 A: Petersen, Wilhelm (10.8.00). Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 16 f. Vgl. »Totentanz in Polen«, in: VB 44 v. 13.2.1940, S. 3. Vgl. »Dokumente des Kämpfertums«, in: VB 277 v. 4.10.1942, S. 2. Vgl. »Kriegsberichter Wilhelm Petersen«, in: VB 63 v. 4.3.1943, S. 3. Vgl. Personalblatt, in: BArchB, SSO/373 A: Petersen, Wilhelm (10.8.00). Vgl. »Liste der für die SS-KBK vorgesehenen, bzw. bereits eingerückten Männer« [März 1940], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 17-19. Vgl. etwa »Vorm Feinde gezeichnet«, in SK 2 v. 9.1.1941, S. 3; »Kameraden«, in: SK 43 v. 28.10.1943, S. 1; »Die große Strasse«, in: DAZ 159 v. 3.4.1942, S. 6; »Kriegsberichter Wilhelm Petersen«, in: VB 63 v. 4.3.1943, S. 3. Vgl. auch die Angaben in Christiansen/Petersen, Petersen, S. 28, FN 42. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 18 f. Vgl. Manitz, Darstellung S.175 f. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 17 f. So auch: »Er ging an meiner Seite«, in: Der Freiwillige 1/1981, S. 6-8, auch in: BA-MA, 756/300b. Vgl. Schmidt, Maler, S. 663.

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3.3 Die Propagandisten der Waffen-SS

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scher Soldaten Charakteristika eines »toten Wildes« zu erkennen seien.425 Dieser Interpretation ist ohne weiteres zuzustimmen, zumal schon die Titel der Bilder Petersens wie etwa »Gen Ostland woll’n wir reiten«426, seine Darstellung als einen unpolitischen Kriegschronisten ad absurdum führen. Petersen war auch nach dem Krieg weiter erfolgreich als Maler und Illustrator, jetzt allerdings mit unverfänglichen Motiven. So zeichnete er z. B. viele Jahre für die Zeitschrift »Hör Zu« die berühmte Igelgestalt »Mecki«. Politisch blieb er den rechtsextremen Kreisen verbunden, u. a. war er Mitglied der neonazistischen »Deutschen Akademie für Kultur und Bildung.«427 Wolfgang Petersen ist ein gutes Beispiel für das große Interesse der SS an einer möglichst umfassenden Propaganda um die Waffen-SS, denn die zeitgenössische Popularität dieses Malers sicherte eine weite Verbreitung seiner Zeichnungen vom Fronteinsatz der SS-Divisionen in der damaligen Medienlandschaft. An seinem Beispiel zeigt sich aber auch, wie versteckt die eigentlichen Botschaften in allen Formen der damaligen Berichterstattung übermittelt wurden. Zumindest Petersens Darstellung des Krieges mutete so realistisch an, dass sie selbst nach dem Krieg als unpolitisch galten und immer wieder in den Ausstellungen des Malers gezeigt wurden.428 e) EBERHARD WOLFGANG MÖLLER: DICHTER

Eberhard Wolfgang Möller wurde am 6. Januar 1906 in Berlin geboren. Er war Dichter und Autor und schon in der Zeit der Weimarer Republik mit seinen ersten Bühnenstücken recht bekannt geworden. Wirklichen Erfolg hatte er aber erst nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Dies ist leicht auf die von ihm behandelten Themen zurückzuführen. Das Leitmotiv seiner Werke war immer wieder das heroische Handeln in einem tragischen Kontext, dazu war für ihn ein dezidierter Antisemitismus wie auch Antikapitalismus sowie ein großes Interesse an germanischen Mythen typisch. Dennoch, Möller verfügte auch über ein großes dichterisches Talent, welches z. B. schon 1930 zu seiner Berufung in die exklusive internationale PEN-Vereinigung geführt hatte. Im Dritten Reich verlief die Karriere des NSDAP-Parteigenossen seit 1932 zunächst sehr steil. Goebbels, der in ihm ein »wahres Sprachgenie«429 sah, verlieh ihm 1935 den Nationalen Buchpreis und ließ ihn laufend mit bedeutenden Aufträgen versorgen. So schrieb Möller das Thingspiel »Das Frankenburger Würfelspiel«, dass anlässlich der Olympischen Spiele 1936 im großen Rahmen uraufgeführt wurde. Ebenso war er an dem Drehbuch zu dem antisemitischen Hetzfilm »Jud Süß« beteiligt. Daneben standen zeitweise elf seiner Bühnenwerke in über 200 Theatern des Deutschen Reiches auf dem Spielplan. Er wurde auch in eine Vielzahl von Ämtern berufen, unter anderem in den Reichskultursenat oder als Theaterreferent ins Propagandaministerium, 425 426 427 428 429

Vgl. Manitz, Darstellung S.175 f. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 15. Vgl. Seegers, Rhein S. 185 f. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 22-24. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/3, Teil II, S. 62 (15.4.1936).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

womit er in die unmittelbare Umgebung von Goebbels aufrückte. Ebenso war er Dank seiner Freundschaft zu Baldur von Schirach Mitglied der Reichsjugendführung der HJ.430 Ab ca. 1938 jedoch begann sein Stern zu sinken. Streitigkeiten mit verschiedenen Parteistellen häuften sich, weil Möller, der sich als puristischer Verfechter der nationalsozialistischen Weltanschauung sah, seine Verachtung für die geistige Armut und Korruption vieler führender Leute im Dritten Reich in seinen Werken immer deutlicher zu Tage treten ließ. Dazu kam, dass er die Autorität einiger hoher Parteistellen missachtete. Am folgenreichsten war sein Konflikt mit Alfred Rosenberg, den er als einen Pseudo-Intellektuellen ansah und offen verachtete. Als er im Auftrag der Reichsjugendführung eine Biographie über Hitler verfasste und diese nach ihrer Fertigstellung nicht Rosenbergs SchrifttumsAmt vorlegte, kam es zu einem offenen Konflikt, der Kreise bis in höchste Parteistellen zog. In der Folge galt er in Parteikreisen als ein »enfant terrible« .431 Dass er im März 1940 zu den ersten SS-Kriegsberichtern gehörte,432 erscheint angesichts all dessen als folgerichtig, hatte sich doch auch deren Kommandeur Gunter d’Alquen als Herausgeber des SK als ein ähnlich puristischer Verfechter der NS-Weltanschauung erwiesen.433 Hier verfasste Möller zahlreiche PK-Berichte434 wie auch ein Buch435, in denen er auf hohem sprachlichem Niveau die Kriegsrealität ästhetisierte und den Soldatentod heroisierte. So spickte er z. B. seine Berichte und Gedichte immer wieder mit Zitaten klassischer Autoren.436 Damit trug er dazu bei, dass die SS-PK auch literarisch höchst anspruchsvolle Texte in ihrem Repertoire hatte. Wie wertvoll dieser Autor für die SS-PK war, zeigt sich daran, dass d’Alquen sich für ihn einsetzte, wenn Möller aufgrund seines weiter unangepassten Verhaltens z. T. schwerste disziplinarische Maßregelungen drohten.437 1941 etwa wurde ihm vorgeworfen, in einem Gedicht für die SS-PK den Leichnam eines deutschen Soldaten so unangebracht beschrieben zu haben, dass damalige Kritiker ihm sogar eine »ästhetisierende Leichenschändung« vorwarfen. Obwohl Himmler deshalb seine weitere Tätigkeit als Kriegsberichter verboten und stattdessen »Frontbewährung« für Möller angeordnet hatte, konnte er dank d’Alquens Fürsprache schließlich doch weiter für die SS-PK arbeiten und bis 1944 Beiträge zumindest im SK veröffentlichen.438 Danach entwarf er für die Kampfpropaganda-Unternehmungen der SS-PK u. a. Texte für Flugblätter.439 Er überlebte den Krieg, eine Nachwirkung seiner Werke über das Kriegsende hinaus 430

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Vgl. Hillesheim/Michael, Lexikon, S. 335; »Personalblatt«, in: BArchB, SSO/322B: Möller, Eberhard Wolfgang (6.1.1906). Vgl. Baird, War poets, S. 185-189; Busch, Deutschland, S. 149. Vgl. »Liste der für die SS-KBK vorgesehenen, bezw. bereits eingerückten Männer« [März 1940], in: BA-MA, RS 4/1157. Schon vor dem Krieg hatte dieser wie auch der Rest der Redaktion des SK jegliche Abweichung von der reinen Lehre des NS bekämpft. Vgl. dazu Abs. 4.2.e) dieser Arbeit. Vgl. z. B.: »Erste Feindberührung«, in: SK 21 v. 23.5.1940, S. 9; »Der unerschütterliche Grenadier«, in: SK 8 v. 25.2.1943, S. 7; »Abschied und Wiedersehen«, in: SK 11 v. 16.3.1944, S. 7. Es handelt sich um Möller, Wolfgang: Die Maske des Krieges. Berlin 1941. Vgl. Busch, Deutschland, S. 165 f. Vgl. Baird, War poets, S. 204. Vgl. ebd., S. 199-201; Busch, Deutschland, S. 168. Vgl. »Führerstellenbesetzungsliste« der SS-St. »KE« v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/1157.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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beschränkte sich jedoch auf rechtsextreme Kreise. In der breiten Öffentlichkeit geriet er dagegen schnell in Vergessenheit.440 Möller ist so wie d’Alquen oder Schwarz van Berk ein gutes Beispiel dafür, welch hohes fachliches Können die Autoren zum Teil in die SS-PK einbrachten. Dies lässt schon jetzt eine ausgefeilte Propaganda um die Waffen-SS erwarten. Ebenso zeigt sich am Beispiel Möllers exemplarisch, welche Konflikte d’Alquen bereit war einzugehen, um das tatsächlich beste Fachpersonal für seine Einheit zu gewinnen.

3.4 INHALTE DER SS-PROPAGANDA UND IHRE VERBREITUNG IN DEN DEUTSCHEN MEDIEN Die Analyse von Ausstattung, Arbeitsweise und Personal der SS-PK hat gezeigt, dass die SS-PK zweifellos über die erforderlichen Ressourcen verfügt hat, um dem Kriegseinsatz der Waffen-SS eine größtmögliche mediale Aufmerksamkeit zu verschaffen. Bisher musste aber offen bleiben, welchen Erfolg sie dabei hatte. Dies herauszufinden, ist ein Ziel der hier noch folgenden Inhaltsanalyse der Darstellung der Waffen-SS in ausgewählten zeitgenössischen Medien. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung an sich keine Aussage über die Verbreitung und Inhalt der SS-PK-Artikel in den zeitgenössischen deutschen Zeitungen insgesamt erlauben. Schließlich wurde mit fünf Zeitungen nur ein verschwindend kleiner Ausschnitt aus der damaligen Presselandschaft untersucht. Das gilt sowohl quantitativ angesichts der knapp tausend Presseerzeugnisse, die selbst gegen Kriegsende im Reich noch erschienen,441 als auch qualitativ, denn alle hier untersuchten Zeitungen waren reichsweit erhältlich und hatten eine dementsprechende Berichterstattung und Leserschaft. Daneben gab es aber fast bis zum Ende des Dritten Reiches auch zahlreiche Zeitungen mit nur regionaler Verbreitung und geringer Auflage, ebenso auch zahlreiche Zeitschriften, die nur die Interessen eingeschränkter Leserkreise bedienten. Allerdings ist schon eine umfassende Untersuchung der gesamten damaligen Presselandschaft nach dem unten angewandten Verfahren utopisch, überdies war die Presse ja auch damals schon nur ein Teil der Medienlandschaft. Wegen des in diesem Rahmen nicht zu leistenden zusätzlichen Analyseaufwandes wurde die Radioberichterstattung in dieser Arbeit jedoch gar nicht und die in der Presse veröffentlichten Fotografien und sonstigen Bilder wie auch die Filmaufnahmen der Wochenschau nur punktuell und nicht systematisch untersucht.442 Zumindest Hinweise auf die Verbreitung der von der SS-PK produzierten Propaganda in allen damaligen Medienbereichen konnten hier dennoch gesammelt werden. Möglich machten dies die in den Akten der SS-PK zu findenden Veröf440 441 442

Vgl. Busch, Deutschland, S. 144. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 38. Vgl. dazu ausführlich Abs. 4.1 dieser Arbeit.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

fentlichungsnachweise und Tätigkeitsberichte aus dem Arbeitsalltag dieser SSEinheit. Allerdings ist hier die Informationslage je nach Medientyp stark unterschiedlich. Am besten ist sie bei den Presseberichten, weitaus schlechter jedoch bei den Film- und Radioberichten sowie den Fotografien und Zeichnungen. Deshalb werden nachfolgend Informationen über Umfang, Verteilung und Charakteristika der Berichterstattung über die Waffen-SS in den Printmedien an erster Stelle vorgestellt und am meisten Raum einnehmen. a) WORTBEITRÄGE

Schon die Akte »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht«, welche Gunter d’Alquen im März 1943 erstellt hatte, legt nahe, dass die SS-Propaganda weit in der deutschen Presse verbreitet war. Er führt dort aus: Die Entwicklung der Gruppe Wortpresse in der SS-Kriegsberichter-Abteilung findet ihren deutlichsten Ausdruck in der Zahl der veröffentlichten PK-Berichte […] In den 2 ¾ Jahren ihres Bestehens konnte die Gruppe Wortpresse eine Veröffentlichung von 3.158 Berichten in 13.213 Zeitungen und Zeitschriften der europäischen Presse erzielen.« […] Es [ist] uns in steigendem Umfang gelungen, die PK-Berichte der Waffen-SS nicht nur in führenden grossen Zeitungen, sondern auch mit entsprechender Breitenund Tiefenwirkung in kleineren Blättern in den entlegendsten Teilen des Reiches unterzubringen. Abdrucke eines einzelnen Artikels in mehr als 100 Zeitungen gehören nicht zu den Seltenheiten.443

Eine umfassende Versorgung der gesamten deutschen Presse bis tief in die Provinz mit SS-PK-Artikeln war somit tatsächlich das Ziel der SS-Propagandisten und wurde, zumindest nach diesen Angaben, auch erreicht. Dazu berichtet d’Alquen in gleicher Akte von einer stark ansteigende Tendenz bei diesen Veröffentlichungszahlen. Seien im Jahr 1940 353 Berichte an das Propaganda-Ministerium abgegeben worden, von denen 282 im Ganzen 1.716 mal veröffentlicht wurden, wären 1941 bereits 585 SS-PK-Berichte 4.300 mal veröffentlicht worden und 1942 dann 1.084 Berichte 7.197 mal in Zeitungen und Zeitschriften zu finden gewesen. Dieser starke Anstieg sei trotz der zwischenzeitlich angelaufenen Papier-Einsparungsmaßnahmen erreicht worden, dazu sei im zweiten Halbjahr 1942 die Zahl an Veröffentlichungen um weitere 80 Prozent gestiegen. Da er in diesem Bericht auch die Zahl der Veröffentlichungen im europäischen Ausland genau ausführt, lässt sich die im Deutschen Reich aus den Angaben errechnen: 1940 wären es 1.716 Veröffentlichungen, 1941 schon 4.036 und 1942 5.036, im Ganzen wären damit bis Ende 1942 10.788 mal SS-PK Artikel in der deutschen Presse erschienen. Nach diesen Zahlen wurde also schon in dieser Phase des Krieges in der gesamten deutschen Presse recht häufig von der Waffen-SS berichtet, und das, obwohl ihre Entwicklung zu einem bedeutsamen Faktor in der deutschen Kriegsführung erst noch bevorstand. 443

»Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

179

Abb. 7: Beispiel eines Beurteilungsblattes des Lektorats der SS-PK.

Dank weiterer erhaltener Akten der SS-PK lässt sich aber auch die Verbreitung von deren Artikeln in den späteren Kriegsjahren rekonstruieren. Zudem kann so auch die Zuverlässigkeit der Angaben d’Alquens in seinem »Arbeitsbericht«444 überprüft werden. Die dafür notwendigen Informationen konnten in Akten gesammelt werden, die Beurteilungen der in den Lektoraten der SS-PK bearbeiteten Artikel enthalten.445 Diese Beurteilungsblätter beinhalten jeweils Angaben zu dem Namen des Berichters, den Titel des Artikels, vielfach das Datum der Bearbeitung und eine kurze Inhaltsangabe. Am meisten Raum nimmt eine inhaltliche Bewertung des jeweiligen Artikels ein, dazu kommt oftmals eine Angabe, in welcher Zeitung er verwendet werden sollte. Diese Akten umspannen die Jahre 1942 bis 1944 und beziehen sich auf Artikel von insgesamt 27 SS-Kriegsberichtern, deren Nachnamen mit V bis Z beginnen. Es konnten, relativ gleichmäßig über diese drei Jahre verteilt,446 602 Beurteilungen, die sich auf 445 Artikel bezogen, analysiert werden. 444

445 446

Die Einleitung dieses »Arbeitsberichts« legt nahe, dass er zur Vorlage beim RFSS erstellt wurde, was eine auf dessen Wünsche abgestimmte Darstellung möglich macht, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Es handelt sich um die Bestände BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. Aus dem Jahr 1942 stammen 101 Bewertungen, aus dem Jahr 1943 174 und aus dem Jahr 1944 160 Berichte. Zehn Bewertungen waren aufgrund fehlender Angaben nicht eindeutig einem Jahr zuzuordnen, eigene Auswertung auf der Grundlage von BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Aus diesen ließen sich nicht nur zahlreiche Hinweise auf die Hauptpersonen, Themen und Verbreitung der SS-PK-Berichte in diesem Zeitraum gewinnen. Darüber hinaus ist es anhand der Bewertungen und Kritiken der Lektoren auch möglich nachzuvollziehen, in welcher Weise die Waffen-SS in diesen Artikeln dargestellt werden sollte. Dabei wurde an erster Stelle auch hier deutlich, dass die SS-PK nicht nur im Reich tätig war, sondern vielmehr offensichtlich die Presse des gesamten besetzten Europas belieferte: Von den genannten 445 Artikeln wurden nur 337 auf Deutsch verfasst. 85 weitere Artikel waren auf Flämisch bzw. Holländisch, 18 auf Französisch, drei auf Dänisch und zwei auf Norwegisch und damit sicher für die Presse im Ausland bestimmt.447 Aus den Bewertungsblättern lässt sich aber auch herauslesen, dass die SS-PKBerichte nicht nur in Westeuropa, sondern auch in den hier allein interessierenden deutschsprachigen Zeitungen weit verbreitet waren: Obwohl in den meisten Fällen als Verwendungsvorschlag lediglich »nach Berichterwunsch«448 angegeben wurde, wurden dennoch bei den in Deutsch geschriebenen Artikeln im Ganzen 96 Presseorgane konkret von den Lektoren für eine Veröffentlichung empfohlen. Dies umfasst Tageszeitungen aus allen Teilen des damaligen Deutschlands, neben dem reichsweit erscheinenden VB, der DAZ oder der FZ449 etwa das in Berlin erscheinende »12 Uhr Blatt«450, die »Köllnische Zeitung«, die »Münchner Neuesten Nachrichten« oder das »Hamburger Fremdenblatt«.451 Dazu kamen deutschsprachige Zeitungen aus dem Ausland wie z. B. die »Pariser Zeitung«, die »Brüsseler Zeitung« oder die in Belgrad erscheinende »Donauzeitung«.452 447

448 449

450 451

452

Eigene Auswertung auf der Grundlage der Angaben in BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. Ein Beispiel ist die Bewertung des Artikels »Doswidanja«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. für den VB vgl.: »Schleuse zur Front«, in BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für die DAZ vgl. »Die seltene Stunde«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für die FZ vgl. »Dunkle Tage«, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. Stöber, Pressegeschichte, S. 168. Als Bsp. für das 12 Uhr Blatt vgl. »Kanadier«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für die Köllnische Zeitung vgl. »Über die Haltung«, in RS 4/1159; als Bsp. für die Münchner Neuesten Nachrichten vgl. »Mit der Leibstandarte nach Italien«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für das »Hamburger Fremdenblatt vgl. »Regen«, in BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. für die »Pariser Zeitung« vgl. »Der beste Sergeant der Welt« in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für die Brüsseler Zeitung vgl. »Italienische Fassade«, in BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für die Donauzeitung vgl. »Zwei in einem hohlen Baum«, in: BA-MA, RS 4/1159. Hier wird auch der Erscheinungsort Belgrad erwähnt. Daneben werden in den Akten genannt: AEG-Hauszeitung, Berliner Morgenpost, Berliner Börsenzeitung, Berliner Volkszeitung, Bonner Generalanzeiger, Braunschweiger Tageszeitung, Breslauer Neueste Nachrichten, Bromberger Rundschau, Deutsche Zeitung im Ostland, Danziger Neueste, Danziger Sonntagspost, Danziger Sonntagszeitung; Danziger Vorposten, Deutsche Zeitung in Kroatien, Deutsche Zeitung in Norwegen, Dresdner Anzeiger, Dresdner Zeitung, Der Führer, Freiheitskampf, Hamburger Tageblatt, Hannoversche Zeitung, Hohensalzaer Zeitung, Kieler Zeitung, Krakauer Zeitung, Kronstädter Zeitung, Leipziger Neueste, Litzmannstädter Zeitung, Neues Wiener Tagblatt, Nordische Rundschau, Ostdeutscher Beobachter, Preussische Zeitung, Der Ruhrarbeiter, Siemens-Hauszeitung, Signal, Schlesische Tageszeitung, Stettiner Generalanzeiger, Schwäbische Rundschau, Schwäbische Zeitung, Schlesischer Kurier, Thorner Freiheit, Wacht am Rhein, Waldecksche Landeszeitung, Westdeutscher Beobachter, Wiener Mittag. Eigene Auswertung auf Grundlage der Akten: BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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Unter den konkret genannten Zeitschriften ergibt sich das gleiche Bild. Es wurden damals reichsweit erhältliche, auflagenstarke Blätter wie »Das Reich«, »Berlin-Rom-Tokio«,453 das Familienblatt »Die neue Gartenlaube«454 oder die Illustrierte »Die Woche«455 genannt, dazu SS-eigene Zeitschriften wie das SK oder die »SS-Leithefte«.456 Vorgeschlagen wurden aber auch Zeitschriften, die wohl nur einen speziellen Leserkreis bedienten wie z. B. »Der Kleingärtner«.457 Schon dieses Ergebnis ist ein deutliches Indiz dafür, dass die SS-PK-Artikel tatsächlich in der gesamten Presse des Reiches zu finden waren. Das wird noch weiter dadurch untermauert, dass oftmals keine konkreten Zeitungen vorgeschlagen, sondern der beurteilte Artikel nur für eine bestimmte Zeitungsart empfohlen wurde: Das konnte auf den Ort bezogen sein wie bei »Wiener Tageszeitung«,458 auf die Auflage oder Verbreitung bezogen wie bei »mittlere Zeitung«, »kleinere Tageszeitung« oder »Lokalanzeiger«459, oder auf spezielle Lesergruppen verweisen wie etwa bei »Bauernzeitung im Reich« oder »Schüler/Jugendzeitschrift«.460 Weitere mögliche Kriterien waren das Niveau, z. B. wenn ein Artikel an eine »gute deutsche Tageszeitung« bzw. an die »Asphaltpresse«461 gehen sollte oder auch der Erscheinungsort wie etwa »Schleswig-Holsteinische Zeitung« oder »volksdeutsche Presse des Südostens«.462 Im Ganzen 27 solcher konkret genannter Zeitungsarten wurden in den Empfehlungen der SS-Lektoren gefunden.463 453

454

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Als Bsp. vgl »Norwegische Skizzen«, in BA-MA, RS 4/1160. Diese Zeitung wurde von der Presseabteilung des AA herausgegeben, vgl. Benz, Carell, S. 19. Als Bsp. vgl.: »Katzenidyll im Schützengraben«, in BA-MA, RS 4/1158. Für Informationen zu dieser Zeitschrift vgl. Stöber, Pressegeschichte, S. 267-269. Als Bsp. vgl.: »Diepper Impressionen«, in: BA-MA, RS 4/1159. Für Informationen zu dieser Zeitschrift vgl. Stöber, Pressegeschichte, S. 270-273. Als Bsp. für das SK vgl. »Junges Führertum«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für die »SS-Leithefte« vgl. »Männer« in: BA-MA, RS 4/1159. Genannt werden daneben: Der Angriff, Der Aufbruch, Arbeitsmann, Balmig – DEVLAG, Freiheitskampf (Dresden), Die grüne Post, Das illustrierte Blatt, Junge Welt, KB-Kurier, Die Koralle, Reichskriegerzeitung Kyffhäuser, Die Nachtausgabe, NSKK-Mann, NS-Leithefte, NSZ-Westmark, Prepa, Der Silberspiegel, Stimme der Heimat, Die Straße, Der Türmer, »Unser Einsatz«, Volk und Wehr, Die völkische Wacht, Die Wehrmacht, Westermannsche Monatshefte. Eigene Auswertung auf Grundlage der Akten: BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. Vgl. »Auf der Straße nach der Heimat«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp für »mittlere Zeitung« vgl. »Ich fuhr durch London«, in BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für »kleinere Zeitung« vgl. »Der Stahlhelm« in BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für »Lokalanzeiger« vgl. »Entweder sind wir Kerle oder…«, in: BA-MA, RS 4/1160. Als Bsp. für »Bauernzeitung« vgl. »Die Ernte des Südostens« in BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für »Schüler/Jugendzeitschrift« vgl. »Ein Lausejunge«, in BA-MA, RS 4/1159. Als Beispiel für »gute deutsche Tageszeitung« vgl. »Erstickte Menschlichkeit«, in BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für »Asphaltpresse« vgl. »Der Ritt auf dem Feindpanzer«, in BA-MA, RS 4/1158. Als Bsp. für »Schleswig-Holsteinische Zeitung« vgl. »Das feldgraue Herz«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für »volksdeutsche Presse des Südostens« vgl. »Deutschland ruft«, in BA-MA, RS 4/1159. Eigene Auswertung auf Grundlage der Akten BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BAMA, RS 4/1160. Neben den bereits angeführten werden dort genannt: Volksdeutsche Presse, Bilderzeitungen, »Gruppe 16«, Frontzeitung, Sonntagsblätter, deutsche Presse in nordischen Ländern, Frauenzeitschrift, Gauzeitungen, Motorzeitschrift, Soldatenzeitungen, Polizeizeitung, Presse der deutschen Schwerindustriegebiete, volksdeutsche Presse im Banat, Serbien, Ungarn und Rumänien, Berliner Abendpresse, Zeitschriften der Orpo, Tageszeitung in den luftgefährdeten Gebieten, NSPresse Württemberg.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Es kam mit 39 Fällen aber auch recht häufig vor, dass lediglich eine Nachrichtenagentur, Korrespondenz oder ein Materndienst464 für die Verbreitung des von der SS-PK erstellten Materials vorgeschlagen wurde. Auch hier ist ein Wille zu einer möglichst breiten Streuung erkennbar: Man beschränkte sich nicht auf das marktbeherrschende »Deutsches Nachrichten Büro« oder die Agentur für Parteimeldungen »Nationalsozialistische Korrespondenz«, sondern es finden sich auch Korrespondenzen wie der auf Auslandsmeldungen spezialisierte »Graf Reischach-Dienst« in den Beurteilungen,465 ebenso Materndienste wie der »Deutscher Matern-Verlag« und der »Deutsche Provinz Verlag«. Dazu gibt es auch immer wieder den ergänzenden Vorschlag »Zweitdruck«.466 Letztere Ergebnisse bestätigen die Angaben im »Arbeitsbericht« von d’Alquen, zudem decken sie sich auch mit gelegentlichen Angaben in den damaligen Medien. So hieß es z. B. schon im April 1941 in einem Artikel über die Waffen-SS: »Aus zahlreichen PK-Berichten der Zeitungen und aus den Wochenschauen des Films ist jedem Deutschen die Waffen-SS zu einem Begriff geworden, zu einem Begriff des Kampfes«467 Eine weite Verbreitung der SS-PK-Artikel in der damaligen deutschen Presse im In- und Ausland kann somit als sicher angenommen werden. Dabei bleibt jedoch weiter erklärungsbedürftig, wie diese hohen Abdruckzahlen von SS-PK-Berichten zustande kamen. Wie hier schon ausgeführt,468 dürfte ein Grund sicher die von der SS-PK mit allen Mitteln angestrebte, hohe Aktualität ihrer Berichterstattung gewesen sein.469 Eine mögliche Erklärung wäre aber auch ein nur temporär intensiver Einsatz solcher Artikel in den Zeitungen, um gerade anstehende Kampagnen der WaffenSS zur Werbung von Freiwilligen gleichsam zu flankieren. Darauf lassen die hier ausgewerteten Bewertungen der Lektoren allerdings nicht schließen. Nur elf der 445 Artikel wurden eindeutig zum Einsatz in dieser Werbung geschrieben und waren zudem in der Mehrzahl für ausländische Medien vorgesehen.470 Zudem rieten die Lektoren eher zu einem zurückhaltenden Einsatz von werbenden Pa464

465 466

467 468 469 470

Eine Korrespondenz stellt eine Art Mittelding zwischen Nachrichtenmaterial und Redaktionswerk dar. Hier werden Nachrichten zu Überblicken zu bestimmten Themen zusammengestellt oder mit Hintergrundinformationen angereichert und geben so den Redaktionen die Grundlage für die eigene Arbeit, vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 160 f. Dabei hatte auch das DNB Korrespondenzen im Angebot, vgl. ebd., S. 161. Materndienste stellen den Zeitungen bereits fertig gesetzte Meldungen zur Verfügung, meist für die kleinen Provinzzeitungen, vgl. ebd., S. 161 f. Vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 171-175. Das war 19 Mal der Fall, eigene Auswertung auf Grundlage der Akten: BA-MA, RS 4/1158, BAMA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: BA 88 v. 16.4.1941, S. 2. Vgl. Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. So auch Leleu, vgl. ebd.,Waffen-SS, S. 643. Vgl.: »Kameraad, sla toe!«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Eine Begegnung«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Dappere Nederlanders«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Aber es ist doch ein Divisionskabel«, in: BAMA, RS 4/1158; »Schweizer Jodler am Hartmannsweiler Kopf«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Aufbruch in Bosnien«, in: BA-MA, RS 4/1158; »100.000 volksdeutsche Freiwillige in der Waffen-SS«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Un SS de six ans«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Madame, ein Brief für Sie«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Deutschland ruft!«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Meine Letten-Kompanie«, in: BA-MA, RS 4/1159.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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rolen in den Berichten, ihrer Meinung nach würde dieser Effekt eher indirekt durch die Herausstellung der Taten der europäischen Freiwilligen oder durch die Bedrohung aus dem Osten eintreten.471 Äußerst wichtig für ihre erhöhten Abdruckzahlen scheinen dagegen die informellen Kontakte von Angehörigen der SS-PK abseits der normalen Vertriebskanäle gewesen zu sein. So waren im Ausland verschiedene SS-Dienststellen der SS-PK dabei behilflich, deren Artikel in den dortigen Zeitungen unterzubringen.472 Im Inland wurden für die gleiche Gefälligkeit immer wieder persönliche Kontakte ins RMVP genutzt. Auf diese vielfältigen Verbindungen der SS-PK bis in die höchsten Ebenen des Propagandaministeriums wird hier noch eingegangen werden.473 An erster Stelle aber trugen offensichtlich weiter bestehende Verbindungen zu den einzelnen Redaktionen zu der weiten Verbreitung der SS-Propaganda bei. So wurde der ehemalige Arbeitgeber der Berichter, ihre sog. »Heimatzeitung«, immer wieder besonders im Verteilungsvorschlag der Lektoren berücksichtigt.474 Über was für ein Beziehungsnetzwerk die Journalisten der SSPK zum Teil verfügten, zeigt sich beispielhaft an dem Leiter des Amtes Presse im Persönlichen Stab RFSS, Gerhard Radke. Dieser arbeitete nebenberuflich u. a. für die Nachrichtenagentur »Graf Reischach«, die Zeitungen »Die Zeit«, die »Essener Nationalzeitung« und den VB. Den Letzteren hatte er zudem regelmäßig in der Reichspressekonferenz vertreten. Seinen Angaben zufolge war er schon deshalb mit vielen Redakteuren anderer Zeitungen persönlich bekannt. Ebenso hätte aber auch seine Tätigkeit als Leiter des Informationsdienstes des VB eine Zusammenarbeit mit allen Redaktionen des Zentralverlags der NSDAP mit sich gebracht.475 Neben solchen Seilschaften setzte man bei der SS-PK aber vor allem auf eine ausgefeilte Methode, um möglichst die gesamte deutsche Presse zu erreichen. Gunter d’Alquens erläuterte diese in seinem »Arbeitsbericht«: Durch Berücksichtigung der Mentalität der einzelnen Zeitungen und Zeitschriften, durch persönliche Fühlungsnahme mit den Redaktionen der grossen und mittleren 471

472

473 474

475

Am deutlichsten wird das in der Bewertung eines Artikels, mit dem in Frankreich für die Waffen-SS geworben werden sollte. Hier riet der Lektor sogar dazu, das SS-PK-Zeichen wegzulassen, da so die »Werbewirkung eindringlicher« wäre, vgl. »Madame, ein Brief für Sie«, in: BA-MA, RS 4/1159. So wurden Artikel über den Einsatz volksdeutscher SS-Angehöriger regelmäßig über die »Volksdeutsche Mittelstelle« der SS an die volksdeutsche Presse weitergeleitet, vgl. Schreiben der SS-KBA, Gruppe Wortpresse an den Führer des 6. Zuges v. 21.5.1943, in: BA-MA, RS 4/47. Bsp. dafür sind: »Die vorbildliche Tat«, in: BA-MA, RS 4/1158 oder »Der Zugführer Dambach«, in: BA-MA, RS 4/1159. 1940 wurde gar der 4. Zug der gerade aufgestellten SS-PK für die Berichterstattung über die Umsiedelung der Volksdeutschen aus Rumänien, Bessarabien etc. der Volksdeutschen Mittelstelle zur Verfügung gestellt, vgl. Brief Günther Heysing vom 6.9.1969, in: BA-MA, N 756/300. In den besetzten Niederlanden konnte man auf die Organisation des dortigen Höheren SS und Polizeiführers zurückgreifen, vgl.: »Bericht des SS-Unterscharführers Votel« [1943], in: BA-MA, RS 4/1158. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Vgl. z. B. Schreiben SS-Unterscharführer Alois Zimmermann an die SS-PK, Abt. Wortreferat vom 30.3.1943, in: BA-MA, RS 4/1160; »Solange solche Männer kämpfen…«, in: BA-MA, RS 4/1160; »RAD. mit dem Panzer voran!«, in: BA-MA, RS 4/1158. Vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführers Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 24; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 2 (4.1.1941).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Blätter, durch Absprache gewisser Themen mit den Hauptschriftleitern und durch Vermittlung fester Aufträge an die im Einsatz befindlichen Berichter ist erreicht worden, dass jeder Bericht an die Zeitung kommt, die seinem Inhalt und seinen Stil gemäß ist.476

Nach Günter d’Alquens Aussage war diese Methode recht erfolgreich. Er ging davon aus, dass zwanzig Prozent der Veröffentlichungen des Jahres 1942 auf den engen Kontakt mit der deutschen Presse und auf das verbesserte Vorschlags- und Vertriebsverfahren zurückzuführen gewesen seien.477 Diese Methode der SS-PK lässt sich in den Bewertungsblättern der Lektoren der SS-PK auch in den folgenden Jahren nachweisen und bis ins Detail nachvollziehen: So waren einige Artikel richtiggehende Auftragsarbeiten verschiedener Redaktionen. Ein Beispiel ist der Artikel »100.000 volksdeutsche Freiwillige in der Waffen-SS«, der laut Lektor von der »Berliner Börsen Zeitung« »bestellt«478 wurde, »Norwegische Skizzen«479, welcher für die Zeitschrift »Berlin-Rom-Tokio«, herausgegeben von der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes,480 geschrieben wurde oder »Der Kampf um Charkow« der offensichtlich nach Absprache mit der deutschsprachigen »Pariser Zeitung«481 verfasst wurde. In diesen Akten finden sich noch Hinweise auf weitere sechs solcher Auftragsarbeiten für ausdrücklich genannte Zeitungen.482 Wie von d’Alquen angeführt, war aber auch der Stil der einzelnen Zeitungen maßgeblich dafür, welche Artikel ihnen von der SS-PK angeboten wurden. So wurde etwa ein Bericht, der nach der Meinung der Lektoren ein ideologisch gefestigtes Publikum erforderte, für die SS-Leithefte empfohlen,483 der Bericht »An einen Weltkriegskameraden« an das Organ des Reichskriegerbundes »Reichskriegerzeitung Kyffhäuser«484 und eine historisch-philosophische Betrachtung über eine russische Strasse, die als »zu abstrakt für eine Tageszeitung« beurteilt wurde, folgerichtig an den »NSKK-Mann« oder »Die Straße«.485 Ein gutes Beispiel ist auch die Beurteilung eines Artikels über die sowjetische Industrie, in der es wörtlich heißt: »Ein [...] Bericht, der ganz besonders von den führenden Zeitungen der deutschen Schwerindustrie-Gebiete sicher gern abgedruckt werden wird. [...] Auch die ganz beachtlichen Hauszeitungen von AEG und Siemens dürften dann

476 477 478 479 480 481 482

483 484

485

»Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht«, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht«, in: BA-MA, RS 4/1157. »100.000 volksdeutsche Freiwillige für die Waffen-SS«, in: BA-MA, RS 4/1158. Vgl. »Norwegische Skizzen«, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. Benz, Carell, S. 19. Vgl. »Der Kampf um Charkow«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »Artikel über den Einsatz der Volksdeutschen in der Waffen-SS für die DAZ« in: BA-MA, RS 4/1158, »Die Höhle in der roten Wand«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Lemberg – Wegekreuz des Ostens«, in: BA-MA, RS 4/1159, »Waffen-SS – Abbild des künftigen Europa«, in: BA-MA, RS 4/1159, »Die Unbeugsamen«, in: BA-MA, RS 4/1159, »Kameraden im grünen Rock«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »Männer«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »An einen Weltkriegskameraden«, in: BA-MA, RS 4/1158. Zu Informationen zu dieser Zeitung, vgl. Fricke, Parteien, S. 296, 310. »Auf einer russischen Heerstraße«, in: BA-MA, RS 4/1160.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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noch damit beliefert werden können.«486 Die Liste solcher Beispiele ließe sich noch um einiges verlängern.487 Für die folgende Inhaltsanalyse ist das Wissen um diese Methode der SS-PK von großer Bedeutung. Es ergibt sich die Möglichkeit, durch die Untersuchung von Zeitungen mit einem möglichst unterschiedlichen Charakter in einem noch bearbeitbaren Rahmen die offenbar entwickelten Facetten des Bildes von der Waffen-SS in der damaligen Presse zumindest annähernd zu erfassen. Dazu können unterschiedliche Häufigkeiten und Inhalte der SS-PK-Artikel in den jeweils untersuchten Zeitungen besser erklärt und durch die Herausarbeitung der überall zu findenden Gemeinsamkeiten auf den Kern des von der SS angestrebten »Images« der SS-Truppen in der damaligen Berichterstattung geschlossen werden. Die Empfehlungen der Lektoren zeigen, dass auch die nachfolgend untersuchten Zeitungen von der SS-PK mit Berichten unterschiedlichen Stils beliefert wurden. Auf der einen Seite wurden für die drei niveauvollen Blätter mit bürgerlicher Leserschaft FZ, DR und DAZ488 durchweg nur Artikel empfohlen, die nach der Meinung der Lektoren einen anspruchsvollen, da lyrischen, nachdenklichen oder feuilletonistischen Charakter hatten.489 An das SK sollten hingegen die als besonders gelungen angesehenen Berichte gehen, etwa äußerst heroische Schilderungen der Kämpfe der Waffen-SS wie auch epische Würdigungen ihrer neuen Ritterkreuzträger.490 Bezüglich des VB scheint man sich hingegen kaum nach irgendwelchen Qualitätskriterien gerichtet zu haben. Der einzig feststellbare gemeinsame Nenner war hier eine gewisse Aktualität der anzubietenden Arbeiten.491 Durch diese Bewertungen ist es überdies schon an dieser Stelle möglich, einen ersten Überblick über die von den SS-Propagandisten behandelten Themen zu gewinnen. Auffallend ist hier vor allem deren große Bandbreite. Am häufigsten wurde, wenig überraschend, der Kampf der Waffen-SS dargestellt. Er wurde in allen möglichen Stilformen wie Reportagen, Ritterkreuz-Arti486 487

488 489

490

491

»Sowjetwerk arbeitet für Deutschland«, in: BA-MA, RS 4/1159. So wurde z. B. ein Bericht über die Heldentat eines HJ-Jungen für eine »Schülerzeitschrift« empfohlen, vgl. »Ein Lausejunge«, in: BA-MA-RS 4/1159. Einem als »zu düster« bewerteten Artikel wurden gute Chancen in der dänischen demokratischen Presse gegeben, vgl. »Die endlose Nacht«, in: BA-MA, RS 4/1160. Für eine eingehende Charakterisierung der hier untersuchten Zeitungen vgl. Abs. 4.2 dieser Arbeit. Vgl. die Bewertungen von »Stille Stunden«, in: BA-MA, RS 4/1160; »Herz vor dem Feind«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Regen«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Dunkle Tage«, in: BA-MA, RS 4/1160; »Das Haus der Schatten«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Einem gefallenen Kameraden«, in: BA-MA, RS 4/1159 oder, als Gegenbeispiel, der als »nicht abgerundet genug« für DR beurteilte Artikel: »Das Gesetz«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. als Bsp. für einen ausführlichen RK-Bericht: »Das Ritterkreuz für SS-Sturmbannführer Peiper«, in: BA-MA, RS 4/1158 oder »Unser Kommandeur«, in: BA-MA, RS 4/1159. Ein gutes Beispiel ist auch eine Besprechung eines Artikels, in dem ein SS-Soldat eine Riegelstellung trotz Verwundung hält. Bei ihm sollte auf Kürzungen verzichtet werden, da er für das SK vorgesehen sei, vgl. »Das tapfere Herz«, in: BA-MA, RS 4/1159. Ebenso: »Der Weg nach hinten«, in: BA-MA, RS 4/1158. So wurden in den untersuchten Bewertungen sowohl als »ausgezeichnet« bewertete Leitartikel wie »Bolschewistische Sicherheitstaktik«, in: BA-MA, RS 4/1158 als auch ein Bericht, der nach »sorgfältiger Bearbeitung […] um der Aktualität willen […] gerade ausgabereif« war, für den VB empfohlen, siehe »Italiens schwarze Stunde«, BA-MA, Best, RS 4/1159.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

keln, Anekdoten, Kurzberichten, Leitartikeln, Feuilleton-Erzählungen etc.492 beschrieben. Thematische Beschränkungen ließen sich dabei nicht erkennen. So wurden z. B. Großereignisse wie die Einnahme von Charkow beschrieben, aber auch die Trauer um einen gefallenen Kameraden, ebenso wie Nahkämpfe, Panzereinsätze, Episoden aus der Ausbildung, heitere Momente etc.493 Dabei wurde lediglich die Division »LAH« mit vierzehn Nennungen auffällig häufig beschrieben, ansonsten ist eine Beschränkung auf bestimmte SS-Einheiten nicht festzustellen.494 Es scheinen vielmehr fast immer undifferenziert Angehörige der Waffen-SS im Mittelpunkt der Berichte gestanden zu haben. Ebenso beschränkte sich die Berichterstattung keineswegs auf die an vorderster Front eingesetzten Kampfeinheiten wie etwa Panzer-Abteilungen, Aufklärer oder Pioniere,495 es sind im Gegenteil in nicht unerheblichen Umfang auch Artikel über eher unspektakuläre Einheiten wie bspw. Trosse, ausländische SS-Truppen, Funker oder auch Ärzte bewertet worden.496 In einigen Berichten wurden sogar nichtmilitärische SS-Einheiten wie z. B. die Feuerschutzpolizei oder die Polizei in der Heimat497 beschrieben. Sogar die Arbeit der SS-PK selbst war mehrfach Gegenstand von Artikeln.498 Ebenso fanden sich Hinweise, dass die SS-PK tatsächlich auch für andere Institutionen des NS-Staates arbeitete. So wurde z. B. auch eine Artikelserie aus dem Jahr 1944 über die »Serbische Staatswache«499 bewertet, in welcher deren Aufgaben umrissen und ihr Kampf gegen »bolschewistische Banden« geschildert wurde. Sie 492

493

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497

498 499

Als Bsp. für Ritterkreuz-Bericht vgl. »Das erste Ritterkreuz für Tiger-Kommandanten«, in: BAMA, RS 4/1159; als Bsp. für Reportage vgl. »Waffen-SS im Hochgebirge«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Anekdote vgl. »Stuka-Trichter-Panzerfalle«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Kurzbericht vgl. »Deutscher Stahl ist doch was wert!«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Leitartikel vgl. »Bolschewistische Sicherheitstaktik«, in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für Feuilleton vgl. »Das Leben gibt keine Freikarten«, in: BA-MA, RS 4/1160. Als Beispiel für die Einnahme von Charkow vgl. »Ausbruch aus der Abwehr«, in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für Trauer vgl. »Der gefallene Kamerad«, in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für Nahkämpfe vgl. »Haß«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Panzereinsatz vgl. »Schützenpanzer Lilo fährt auf eine Mine«, in: RS 4/1158; als Bsp. für Ausbildung vgl. »Schweizer Jodler am Hartmannweiler Kopf«, in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für Humor vgl. »Der entlauste Füllfederhalter«, in: BA-MA, RS 4/1158. So handelten von der »LAH« vierzehn, von der Division »Wiking« aber nur drei Artikel, genauso viele wie z. B. die Division »Prinz Eugen«, eigene Untersuchung auf der Grundlage der Akten: BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BA-MA, RS 4/1160. Bezeichnend ist eine Beurteilung, in der gemahnt wird, die »LAH« nicht zu sehr zu glorifizieren. Das verbäte die Bescheidenheit der SS, außerdem seien die anderen SS-Divisionen zweifellos nicht weniger tapfer, vgl. »Der Ia der Leibstandarte«, in: BA-MA, RS 4/1158. Als Beispiel für Panzereinheiten vgl. »Mit den Panzern nördlich Bjelgorod«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Aufklärer vgl. »120 km hinter dem Feind«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Pioniere vgl. »Des Pioniers Alltag«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. für den Einsatz von Trossen vgl. »Trosse wehren sich«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für ausländische SS-Truppen: »Oom en neef ann het Ostfront«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Meine Letten-Kompanie«, in: BA-MA, RS 4/1159; als Bsp. für Funker vgl. »qzi - Spruch ist gelöst«, in: BA-MA, RS 4/1158; als Bsp. für Ärzte vgl. »Unser Doktor führt die Kompanie«, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. z. B. »Der Brückenposten«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Ein kleiner weißer Spitz«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Germanische Freiwillige auf dem Speicher«, in: BA-MA, RS 4/1158. Die »Serbische Staatswache« war eine nationale Gendarmerieformation im besetzten Serbien, die ab April 1942 dem HSSPF vor Ort unterstellt war, vgl. Schmider, Kriegsschauplatz, S. 1087.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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umfasste sechs Artikel500 und war laut den SS-Lektoren als Thema vom Auswärtigen Amt bestellt worden.501 Die SS-PK war aber auch für den RAD tätig502 oder schilderte Heldentaten von HJ-Angehörigen.503 Berichtete die SS-PK somit nicht nur über die SS im Kriegseinsatz, so ging ihre Berichterstattung auch thematisch weit über eine Darstellung von Kampfhandlungen hinaus: In den Lektoraten wurden auch Hetzartikel über die sowjetische Bevölkerung bzw. Herrschaft,504 gegen Juden505 wie auch eine Gräuelpropaganda gegen die westalliierten Truppen506 bearbeitet. Daneben kamen aber auch Beschreibungen der östlichen Landschaften inklusive ihrer Nutzbarmachung für das Reich,507 der Sehnsucht der Soldaten nach ihren Frauen oder Müttern508 oder der Wirkung neuer Waffen wie der V1 vor.509 Wie bereits bezüglich der PK der Wehrmacht bekannt,510 beschränkte sich somit auch die SS-PK keineswegs auf eine rein militärische Propaganda, sondern verfasste vielmehr auch Berichte über an sich zivile Ereignisse oder Institutionen. Der Anteil solcher Berichte, die, den Beschreibungen der Lektorate nach zu urteilen, ihren Schwerpunkt abseits des reinen Kampfgeschehens hatten, war allerdings mit 65 von 445, also ca. fünfzehn Prozent, relativ gering.511 Zudem muss mit einbezogen werden, dass durch das vorangestellte SS-PK-Kürzel auch solche Artikel für den damaligen Leser klar erkennbar von der Schutzstaffel stammte. Damit konnten auch diese Berichte, etwa durch eine besondere Schärfe in der Darstellung der Gegner, das Bild von der Waffen-SS indirekt beeinflussen. Deshalb werden auch diese nachfolgend in die Inhaltsanalyse miteinbezogen werden. Überhaupt wird in den Anmerkungen der Lektoren immer wieder deutlich, dass die allein maßgebliche Leitlinie der SS-Propaganda die beabsichtigte Wirkung der Darstellung war und nicht etwa die Realität. So lassen sich zahlreiche Hinweise auf eine bewusste Komposition der Artikel finden, was aber nur dann negativ beurteilt wurde, wenn dies dem Leser auffallen musste oder den übergeord500

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Es handelt sich um: »Zum Teufel, ich bin nur verwundet«, »Auf Serbiens Straßen gegen Schmuggler und Schwarzhandel«, »Ein Spiegel Serbiens«, »Ein Korporal und sechs Mann«, »Serbien räumt auf«, »Serbe und Europäer« und »In eurem Rücken stehen die Deutschen«, in: BA-MA, RS 4/1159. In einem Bewertungsblatt heißt es wörtlich: »Die Arbeit wurde auf Anregung und nach den Wünschen des A.A. geschrieben. Sie übertreibt mit Absicht. Von einer Veröffentlichung in der Reichspresse kann abgesehen werden.«, siehe »Ein Spiegel Serbiens«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl.:»RAD. mit dem Panzer voran!«, in: BA-MA, RS 4/1158 sowie »Pommersche Arbeitsmänner«, in: BA-MA, RS 4/1158. Eine Zusammenarbeit von SS-PK und der Propaganda-Abteilung des RAD war Anfang 1942 vereinbart worden, vgl. Sonderbefehl Nr. 5 des Kommandeurs der SS-KBA vom 8.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. »Ein Lausejunge«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Der Sowjethölle entkommen«, in: BA-MA, RS 4/1158; »Die Schule des Grauens«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Nadja, die fremde Arbeiterin«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Der ewige Jude«, in: BA-MA, RS 4/1158. Als Bsp. vgl. »Britischer Mord an französischen Zivilisten«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Sowjetwerk arbeitet für Deutschland«, in: BA-MA, RS 4/1159; »Ein Land, das auf uns wartet«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Die seltene Stunde«, in: BA-MA, RS 4/1159. Als Bsp. vgl. »Ich fuhr durch London«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. Uziel, Warriors, S. 258. Eigene Auswertung auf Grundlage der Akten: BA-MA, RS 4/1158, BA-MA, RS 4/1159 und BAMA, RS 4/1160.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

neten Leitlinien der Propaganda widersprach. Insofern hatte man also auch hier das gleiche taktische Verhältnis zur Wahrheit, wie es hier schon bezüglich der Fotos und Filmaufnahmen der PK dargelegt worden ist.512 Zum Beispiel wurde ein Artikel über einen infanteristischen Angriff auf einen feindlichen Panzer als »zumindest gut erfunden« 513 beurteilt, während ein anderer für den Lektor »den Stempel der Erfindung an der Stirn« 514 trug. Ein Bericht über die Lage in Bosnien wurde zwar als nicht den politischen Wahrheiten entsprechend beurteilt, konnte aber dennoch weitergeleitet werden, da die meisten Leser nichts darüber wissen würden.515 An anderer Stelle wurde die Darstellung des Elends der russischen Zivilbevölkerung als viel zu abstoßend kritisiert, unter dem Schutz der deutschen Waffen habe es ihnen in der Berichterstattung gut zu gehen.516 Entscheidendes Kriterium bei der Bewertung eines Artikels war immer, ob die gewollte ideologische oder zumindest propagandistische Tendenz enthalten war und auch ansprechend vermittelt wurde. Die Orientierung an der NS-Weltanschauung wurde von d’Alquen sogar als Ursache für den Erfolg der SS-PK präsentiert. In seinem »Arbeitsbericht« schrieb er, dass die »bereitwilligste« Aufnahme von Kriegsberichten mit dem SS-PK-Zeichen seitens der deutschen Redaktionen auch ihrer »klaren politischen Haltung« zu verdanken gewesen sei.517 Entsprechend fielen auch die Kommentare der Lektoren aus, besonders in einer Beurteilung einer abgelehnten Probearbeit: Die Tatsache, daß der Kriegsberichter in erster Linie den Auftrag hat, den Kampf der Front weltanschaulich zu erklären, zu versinnbildlichen und zu heiligen, erscheint nicht. Gerade das aber ist sein politischer Auftrag! Der Bericht ist ihm nur Mittel zum Zweck. Von diesem Kern aus wirken die PK-Berichte […] auf die Heimat u n d auf die Front – und nicht zuletzt auf das Ausland. [Hervorhebung im Original – Anm. d. Autors] 518

In anderen Bewertungsblättern wurde etwa ein Artikel über den ersten Einsatz von volksdeutschen SS-Freiwilligen von den Lektoren mit dem neuen Titel »Bewährung des Blutes«519 versehen oder die Beschreibung des strammen Abmeldens eines tödlich verwundeten niederländischen SS-Legionärs als »weltanschaulich sehr gut« bezeichnet.520 Ebenso wurde ein Bericht über einen SS-Mann, der seine Pflicht bis zu seinem Tod erfüllt haben soll, als »vorbildlich« beurteilt,521 ein anderer über das Selbstopfer eines Soldaten der Waffen-SS zur Verteidigung seiner Stellung als »von starker Wirkung« beschrieben, da er »von aller Wehleidigkeit 512 513 514 515 516 517

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Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. »Der Ritt auf dem Feindpanzer«, in: BA-MA, RS 4/1158. »Stuka-Trichter – Panzerfalle«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »Aufbruch in Bosnien«, in: BA-MA, RS 4/1158. Vgl. »Flüchtlinge«, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Aktennotiz der Gruppe Wortpresse der SS-PK zur Vorlage an den Kommandeur der SS-PK vom 17.4.1942, in: BA-MA, RS 4/1158. »Bewährung des Blutes«, in: BA-MA, RS 4/1159. »Voor Nederland…«, in: BA-MA, RS 4/1158. »Der Weg nach hinten«, in: BA-MA, RS 4/1158.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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frei« sei.522 Selbst in der Darstellung nichtmilitärischer SS-Einheiten im Kriegseinsatz kam diese weltanschauliche Versinnbildlichung zum Einsatz, etwa wenn der Einsatz eines verwundeten Polizisten während eines Luftangriffs als »eindrucksvolles Beispiel von der stillen Pflichterfüllung der Polizei« bewertet wird.523 Die gewollten Inhalte eines SS-PK-Berichts werden aber auch in den Ablehnungen sichtbar. So heißt es z. B. über einen als nicht zu verwendenden eingeschätzten Artikel, dass sezierende Gedankengänge über die Angst vor einem Angriff nichts in einem SS-PK-Bericht zu suchen hätten.524 Ein anderer ist zu »selbstquälerisch«, um als SS-PK-Bericht verwendbar zu sein.525 In der SS-Propaganda scheint eine so einheitliche Atomsphäre geherrscht zu haben, dass in den Bewertungen immer wieder die Furcht spürbar ist, einen gewissen Ruf zu verlieren. So durften abgelehnte Artikel zwar ab und an als Privatarbeit des Autors veröffentlicht werden, auf keinen Fall durfte dabei aber das Kürzel der Organisation verwenden werden.526 Aus den kritischen Anmerkungen ist aber auch eine allgemeine Leitlinie in der SS-Propaganda ablesbar, die Ausrichtung an den ideologischen Leitbildern der SS nicht zu offensichtlich werden zu lassen. So wurde es in den Bewertungsblättern bemängelt, wenn die »gewollte politische Tendenz« nicht unmerklich oder in kleinen Anmerkungen eingeflossen war.527 Ein anderer Artikel wurde negativ beurteilt, weil er zum Teil einer »Blockleiterrede« gleiche.528 Besonders prägnant aber fiel folgende Kritik aus: »Ein Holzhammer ist noch ein gelindes Instrument im Vergleich zu diesem Propagandainstrument! So geht es natürlich nicht.«529 Damit bestätigt sich insgesamt die Angabe von d’Alquen in seinem »Arbeitsbericht« über eine weite und bis in die Provinzpresse reichende Verbreitung der SS-PK-Berichterstattung in den Zeitungen des Reiches. Die SS-PK konnte das erreichen, indem sie zentral den jeweiligen Bericht je nach seinem Stil und Thema den dafür passenden Zeitungen anbot bzw. direkt Auftragsarbeiten ausfüllte. Zwar deutet sich eine große thematische Bandbreite dieser Berichte an. Da sie aber das Geschehen immer gemäß den Prämissen der SS-Ideologie schilderten, ist es realistisch, trotzdem einen gemeinsamen Kern der Darstellung der Waffen-SS durch die SS-Propaganda in dieser Arbeit zu ermitteln. Zuvor sollen jedoch noch die Indizien zur Verbreitung der Propaganda der SS-PK in den anderen Medien präsentiert werden. So soll überprüft werden, ob die Ergebnisse für den Bereich der Presse als repräsentativ für die deutsche Propaganda insgesamt angesehen werden können.

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»Einem gefallenen Kameraden«, in: BA-MA, RS 4/1159. Einen fast gleichen Inhalt hat z. B. auch: »Das tapfere Herz«, in: BA-MA, RS 4/1159 oder »Signal für die Artillerie«, in: BA-MA, RS 4/1159. »Der Brückenposten«, in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. »Die schweren Stunden«, in: BA-MA, RS 4/1159. »Die endlose Nacht«, in: BA-MA, RS 4/1160. Vgl. »Is het wel waar? – Ist das wahr?«, in: BA-MA, RS 4/1158 und »Begegnung mit einem italienischen Arbeiter«, in: BA-MA, RS 4/1159. »Tansnistrien, - beseeltes Land im Osten«, in: BA-MA, RS 4/1159. »Der alte Bauer«, in: BA-MA, RS 4/1160. »Soldaten-Lektüre«, in: BA-MA, RS 4/1160.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

b) FOTOGRAFIEN

Wie bei den meisten der anderen Medienarten ist auch für diesen Bereich der »Arbeitsbericht« d’Alquens für die erste Kriegszeit hier die zentrale Quelle. Nach den hier enthaltenen Angaben sind zwischen dem 1. November 1940 und März 1943 von der Bildredaktion der Einheit 1.912 bearbeitete Serien an die illustrierte Presse weitergeleitet worden, wovon 1.646 erschienen seien. Weiter ist dort von 11.361 Veröffentlichungen von Fotos der SS-PK in Illustrierten und Tagespresse in diesem Zeitraum die Rede, 162 Mal seien bis dahin SS-PK-Bilder auf dem Titelblatt einer Zeitschrift verwendet worden. Dazu sei man auch im Ausland relativ erfolgreich gewesen, hier hätte es insgesamt 1.200 Veröffentlichungen von Bildern der SS-Kriegsberichter gegeben.530 Im Durchschnitt sind danach somit in jedem dieser 28 Monate ca. 400 Fotos, 58 Serien und 6 Titelbilder der SS-PK in der deutschen Presse abgedruckt worden. Bedenkt man die noch geringe Zahl an SS-Verbänden in dieser Zeit, bedeutet dies eine recht weite Verbreitung von Bildern der SS-PK in der damaligen Presse. Die Bestätigung dieser Angaben ist hier jedoch ungleich schwieriger, denn es ließen sich abseits des »Arbeitsberichtes« nur vereinzelte Meldungen in den erhaltenen Akten der SS-PK finden, die einen Rückschluss auf die Verbreitung von deren Fotografien erlaubten. Eine gleiche Tendenz ist aus diesen Akten dennoch ablesbar. So wird in einem SS-internen Schreiben an d’Alquen Ende Oktober 1942 als bekannte Tatsache vorausgesetzt, dass die SS-Verbände »in allen Bilderzeitungen im Verhältnis zur Zahl [...] unerhört stark herausgestellt ist.«531 Ebenso sollen 54 Bilder des SSKriegsberichters Vermeer von Dezember 1942 bis März 1943 in 81 verschiedenen Zeitungen abgedruckt worden sein, und dies, obwohl er nach eigener Aussage Anfänger hinter der Kamera gewesen ist.532 Erinnert werden soll zudem an die dienstliche Beurteilung des schon erwähnten SS-PK-Fotografen Franz Roth: »Er hat […] einen großen Anteil an der planmäßigen Werbung für die Waffen-SS in der gesamten deutschen illustrierten Presse [Hervorhebung im Original – Anm. d. Autors].«533 In einer anderen Akte findet sich die Angabe, dass im Juni 1944 in 1.344 Zeitungen 1.084 Bilder und 104 Serien der SS-PK-Fotografen erschienen seien.534 Scheint sich somit die Zahl der in der deutschen Presse veröffentlichten SS-PKBilder zum Ende des Krieges hin stark erhöht zu haben, bleibt zu bedenken, dass 530

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Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben eines SS-Gruppenführers [ohne Unterschrift] an Gunter d’Alquen v. 23.10.1942, in: BArchB, NS 19/2402. Vgl. Schreiben J. Vermeer an Gunter d’Alquen vom 19.4.1943, in: BA-MA, RS 4/42. Schreiben Waffen-SS, SS-Kriegsberichter-Abteilung an SS-Führungshauptamt betr. Beförderungen in der Waffen-SS vom 27.9.1942, in: BArchB, SSO/049: Roth, Franz (5.4.11). Vgl. Schreiben der Waffen-SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild vom 21.7. 1944 bezüglich »Gesamt-Übersicht der Bildveröffentlichungen im Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 52-54, hier: S. 54.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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dieser Wert wegen der zahlreichen SS-Verbände, die zu dieser Zeit zur Abwehr der alliierten Invasion in der Normandie eingesetzt wurden,535 nicht repräsentativ für die späte Kriegszeit sein könnte. Eine andere Akte der SS-Propagandaeinheit lässt aber das Gegenteil vermuten. Hier wurde die Verwendung der Fotos von SS-PK-Angehörigen in verschiedenen Illustrierten und Zeitschriften jeweils getrennt für April, Mai und Juni 1944 aufgeführt.536 Aus diesen Angaben lässt sich schließen, dass zumindest in den hier aufgeführten Publikationen die Bilder der SS-PK in diesen drei Monaten in etwa gleich verteilt erschienen: im April 1944 waren es 8 Titelbilder, 26 Einzelbilder und 44 Serien mit 229 Bildern, im Mai 1944 9 Titelbilder, 22 Einzelbilder und 36 Serien mit 223 Bildern, im Juni schließlich 12 Titelbilder, 46 Einzelbilder und 37 Serien mit 175 Bildern. Dazu wird für Juni noch ein Sonderheft der »Stuttgarter Illustrierten« aufgeführt, in der 88 Bilder der SS-PK erschienen seien. Im Ganzen druckten somit allein diese zwanzig Blätter in drei Monaten in 121 Ausgaben Bilder der SS-Fotographen 29 mal auf dem Titel, 199 mal als Einzelbilder und in 117 Serien mit 627 Aufnahmen.537 Im Schnitt waren also in jeder Ausgabe dieser Zeitungen ein Bild und eine Serie der SS-PK zu finden. Aus den Titeln der hier genannten Illustrierten kann zudem auf eine weite regionale Streuung dieser Zeitungen geschlossen werden. Es werden neben den reichsweit erhältlichen SK oder »Die Wehrmacht« u. a. mit der Berliner, Münchner, Kölnische, Hamburger, Wiener und Stuttgarter Illustrierte sowie dem »Illustrierter Kurier Krakau« und der »Schlesisches Sonntagsblatt« alle damals noch erscheinenden Illustrierten wie auch Zeitungen aus allen Teilen des damaligen Reiches genannt.538 Was die Bilder darstellten, ist nur schwierig zu ermitteln, da sie selbst nicht in den Quellen wiedergegeben sind. Zumindest einige Hinweise können aber aus den eben zitierten Akten betreffend der Veröffentlichungen im April, Mai und Juni 1944 gewonnen werden, da dort in über der Hälfte der Fälle wenigstens der Fototitel angegeben wurde. Ergänzt werden kann das durch die Angaben einer

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In der Normandie waren 6 von 10 dort eingesetzten deutschen Panzerdivisionen Teil der Waffen-SS, vgl. Lieb, Krieg, S. 424-444. Genannt werden: Berliner Illustrierte, Münchner Illustrierte, Kölnische Illustrierte, Illustrierter Beobachter, Hamburger Illustrierte, Wiener Illustrierte, Stuttgarter Illustrierte, Welt Illustrierte, Illustrierte Zeitung, Koralle, Die Woche, Das Schwarze Korps, Schlesisches Sonntagsblatt, Illustrierter Kurier Krakau, Das Reich, Die Wehrmacht, Auf der Wacht, Deutsche Illustrierte, Wochenschau, Munin. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43 f.; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 45-47; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 48-51. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43 f.; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 45-47; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 48-51. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43 f.; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 45-47; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 48-51. Für eine Aufstellung der damals noch erscheinenden Illustrierten vgl. Hagemann, S. 216.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

internen »Befundmeldung« der SS-PK aus dem Juli 1944,539 in der die Bilder von 37 ihrer Fotografen eingehend besprochen wurden. Danach wurde auf den veröffentlichten Bildern, natürlich, in der Hauptsache die Waffen-SS im Fronteinsatz dargestellt. Von den 178 veröffentlichten Bildern und Serien, bei denen ein Titel angegeben war, hatten 116 einen eindeutigen Bezug auf Kämpfe.540 Gleiches lässt sich auch bei den Befunden der SS-PK feststellen. Hier hatten von 66 beschriebenen Bildern nur neun eindeutig ein anderes Motiv.541 Eine Konzentration der Bildberichterstattung auf die elitären Kerndivisionen der SS lässt sich dabei nicht nachweisen, im Gegenteil ist bei den veröffentlichten Bildern nur eines der Division »Wiking« eindeutig zuzuordnen.542 Gleiches gilt auch für die gezeigten Truppenteile. Neben den zu erwartenden Bildern von Frontformationen wie z. B. Panzer, Pioniere oder auch SS-Fallschirmjägern 543 tauchen auch nebensächliche SS-Einheiten wie der Landschutz oder der Zoll in den Nachweisen auf.544 Zudem zeigen die Akten, dass wie die die Wortberichter auch die Fotografen der SS-PK nicht ausschließlich über die SS im Kriegseinsatz berichteten. So zeigten einige Bilder offensichtlich Formationen abseits der SS,545 andere offenbar Alltagsszenen. Wieder andere dürften eine antisowjetische bzw. antisemitische Hetze dargestellt haben.546 Solche Bilder scheinen aber eher die Ausnahme gewesen zu sein. Denn insgesamt zeichnet sich auch hier als Ziel der SS-PK ab, für eine möglichst große Popularität der Waffen-SS zu sorgen: So verlangte etwa die Zentrale von den SS-Kriegsberichtern immer wieder Bilder, die eine möglichst weite Verbreitung in der Presse erwarten ließen. Ein Bildberichter wurde z. B. heftig für ein in dieser Hinsicht nicht verwertbares Motiv von der Invasionsfront kritisiert:

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Vgl. »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BAMA, RS 4/51. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43 f.; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 45-47; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 48-51. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 26-31. Vgl. »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43. Vgl. »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 51. Vgl. »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 44; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 51. So hatte ein Bild den Titel »Eisenbahner auf Fahrt«, vgl. »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Juni 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 48. Daneben wurden innerhalb der SS-PK Serien über ein OT-Heim oder über Flakhelferinnen der Luftwaffe besprochen, vgl. »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 2631, hier 28, 30. Das lässt sich aus Titeln schließen wie z. B. »Gäste aus Japan«, »Straßenrennen in Paris«, »Flämische Mädchen helfen beim Roten Kreuz«, »Nix verstehn Germanski«, »Kampf gegen den Todfeind Europas«, »Oberste Kommissare« und »Kampf gegen das Judentum«, vgl. hierfür: »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 45, 47; »Veröffentlichungen in den Illustrierten Zeitungen April 1944«, in: BA-MA, RS 4/51, pag. S. 43.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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J. muss beachten, dass idyllische Landschaftsaufnahmen […] von der Invasionsfront keine Aussicht auf eine pressemässige Auswertung haben. Die Zeitungen wollen Aufnahmen sehen vom harten Einsatz unserer Grenadiere, von den ernsten Kämpfen, kurzum, Einsatzaufnahmen.547

Die vielen anderen Arbeiten, die »sicher Abnehmer«548 finden oder sie sich gut in der Presse verschiedener Länder unterbringen lassen würden 549 wurden dagegen gelobt. Insgesamt spricht alles dafür, dass auch die Fotos der SS-PK in der gesamten deutschen Presse in breiter Streuung und großem Umfang zu finden waren und wie die Presseberichte detailliert und umfassend den militärischen Einsatz der SS-Formationen zu dokumentieren vorgaben, allerdings auch, in geringerem Umfang, auch andere Themen behandelten. Für die visuelle Darstellung des Frontgeschehens sorgten bei der SS-PK neben den Fotografen aber auch Frontmaler. Auch zu den von diesen behandelten Themen wie auch der Verbreitung ihrer Werke ließen sich Hinweise finden: c) KUNSTWERKE

Solche Informationen sind allerdings in der Literatur und in den Akten der SS-PK nur vereinzelt vorhanden. So enthält der hier bisher so vielzitierte »Arbeitsbericht« von Gunter d’Alquen dazu keine Angaben. Dass die Kriegsmalerei dennoch als ein wichtiges Arbeitsfeld der SS-PK angesehen werden muss, lässt sich schon an der personellen Zusammensetzung der einzelnen Züge der SS-PK ablesen. Hier war ein Kriegsmaler fest vorgesehen.550 In welchen Umfang die Gemälde und Zeichnungen der SS-PK in der deutschen Presse zu finden waren, lässt sich so an dieser Stelle nur mutmaßen. Zumindest die Bilder des oben portraitierten SS-PK-Malers Wilhelm Petersen scheinen aber weit verbreitet gewesen zu sein: In seiner Biographie heißt es, seine Skizzen und Handzeichnungen als Kriegsberichter seien im Dritten Reich »ziemlich häufig« genutzt worden. Als Beispiel werden Veröffentlichungen in im Ganzen elf Zeitungen und Zeitschriften aus dem In- und Ausland genannt, unter anderem in den »Nationalsozialistische Monatshefte« vom Juni 1942, in der »Deutsche Arbeit« vom Dezember 1942, den »Kasseler Neuesten Nachrichten« vom 7. März 1943, der »Pommersche Zeitung« vom 9. April 1943 oder »De Zarte Soldat« vom 4. April 1945.551 Gerade die Gemälde wie auch andere Kunstwerke aus der Produktion der SSPK wurden aber auch in Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert. Auch dies 547

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»Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51, pag. 26-31, hier 27. Ähnlich auch ebd., S. 28, 30, 31. »Befundmeldung Nr. 85« der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Bild v. 26.7.1944, in: BA-MA, RS 4/51, S. 28. Ähnlich auch S. 26, 27, 29. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang die lettische, flämische, galizische, ungarische und volksdeutsche Presse, vgl. ebd., S. 29, 31. Vgl. z. B. »Personelle Zusammenstellung für den 5. Zug« v. 18.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 19, 28 (FN 42).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

dürfte nicht ohne Einfluss auf das Image der Waffen-SS im Dritten Reich gewesen sein. Zumindest wird in den »Meldungen aus dem Reich« behauptet, dass solche Ausstellungen beliebt in der Bevölkerung gewesen seien, zudem soll das Hauptinteresse der Besucher nicht in einem künstlerischen Erlebnis gelegen haben. Vielmehr habe man primär dokumentarische Bilder vom Kriegsgeschehen erwartet.552 Solche Ausstellungen gab es offenbar recht häufig: So wird allein in der Biographie des eben erwähnten Wilhelm Petersen von drei Ausstellungen in Flensburg, Kiel und Hamburg berichtet, in denen 1941 dessen für die SS-PK angefertigte Kriegszeichnungen gezeigt wurden.553 Zumindest von Ende 1942 bis 1944 richtete aber auch die SS-Propagandatruppe selbst Schauen ihrer Bilder aus: So wurde am 1. Oktober 1942 in der Berliner Kunsthalle die Ausstellung »Waffen-SS im Bild« eröffnet, in welcher neben ca. 230 zum Teil farbige Photos in Monumentalgröße rund 60 Zeichnungen und Gemälde der SS-Frontmaler zu sehen waren. Bis zum Ende dieses Jahres soll die Ausstellung ca. 50.000 Besucher gehabt haben.554 Dazu wird in der zeitgenössischen Presse im April 1943 eine Schau für SS-PKKriegszeichnungen in Dortmund erwähnt,555 Anfang 1944 eine weitere mit dem Titel: »SS-PK-Zeichner« in Posen. Hier wurden über 250 Arbeiten gezeigt.556 Ausstellungen der SS-PK gab es auch im Ausland: Laut einer Meldung in der DAZ war eine Schau mit Bildern der SS-Kriegsmaler Ende 1943 in den rumänischen Städten Hermannstadt, Bukarest, Temesburg und Kronstadt zu sehen.557 Ebenso wird im VB von einer Bildausstellung der Waffen-SS in Paris im Frühjahr 1944 berichtet. Sie soll an repräsentativer Stelle auf dem Champs-Elysees stattgefunden haben und zeigte Bilder von der Ausbildung in der Waffen-SS, von ihren europäischen Freiwilligen, ihren soziale Einrichtungen und ihrem Kriegseinsatz.558 Im Reich befand sich zudem in Räumen des Amtes Presse des RFSS eine kleinere Dauerausstellung mit Bildern und Zeichnungen der SS-PK, die, laut den Aufzeichnungen dieses Amtes, ein ständiges reges Interesse des Publikums hervorgerufen haben soll.559 Am besten dokumentiert ist aber eine weitere Schau der SS-Propagandisten aus dem Jahr 1944: Sie trug den Titel »Deutsche Künstler und die SS« und wurde im SK als eine »künstlerisches Bekenntnis zur weltanschaulichen Gesinnung« angepriesen. Es war geplant, diese mit über 500 Exponaten recht umfangreiche Ausstellung nach ihrer Eröffnung in Breslau auf eine Tournee durch alle deutschen 552 553 554

555 556

557 558 559

Vgl. Boberach, Meldungen, S. 4803 f (15.2.1943). Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 18. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Beispiele für den Charakter der dort gezeigten Bilder und Zeichnungen finden sich in: »Waffen-SS im Bild«, in: SK 41 v. 8.10.1942, S.3; DAZ 471 v. 2.10.1942, S. 6; DAZ 483 v. 9.10.1942, S. 6; VB 278 v. 5.10.1942, S. 3. Vgl. »›Gegen den Feind‹«, in: DAZ 173 v. 11.4.1943, S. 8. Vgl. »Das Gesicht des Krieges«, in: DAZ 106 v. 17.4.1944, S. 2; »›Die Abwehrstellung‹«, in: DAZ 104 v. 15.4.1944, S. 6; Christiansen/Petersen, Petersen, S. 20. Vgl. »Ausstellung der SS-Standarte Kurt Eggers«, in: DAZ 588 v. 9.12.1943, S. 2. Vgl. »Eine Bildausstellung der Waffen-SS in Paris«, in: VB 24 v. 24.1.1944, S. 2. Vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführers Radke« vom 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 22-40, hier: S. 37.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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Gauen zu schicken.560 Dazu kam es aller Wahrscheinlichkeit nach aber nicht. In der Presse wurde sie nur noch einmal erwähnt, als sie Ende Juni 1944 in einer nochmals erweiterten Fassung in Salzburg gastierte.561 Weitere Stationen scheint das sich rasch nähernde Kriegsende verhindert zu haben.562 Zwar sind die hier gezeigten Bilder weitestgehend nicht dokumentiert, dennoch liefern zeitgenössische Besprechungen einige Indizien zu deren Motiven: So war auch die Schau »Waffen-SS im Bild« vor allem dem Kriegseinsatz der SS-Truppen gewidmet. Zu sehen waren laut der DAZ »Stürmende Infanterie, zerschossene Panzerwerke und Feldbefestigungen, von Granaten zerfetzte […] Wälder, Ruinen von brennenden Dörfern, und Gefangenentypen sowie zahlreiche Kampfhandlungen aller Art.«563 Dazu seien als »weihevolle Zugaben« Ehrentafeln für alle SS-Divisionskommandeure wie auch für den RFSS gekommen, aber, ausdrücklich um der Gefahr der Einseitigkeit zu entgehen, auch menschlich-humorvolle Bilder aus dem Einsatz.564 Hier wurden somit offensichtlich die gleichen Themen wie in den Zeitungsartikeln behandelt. Dafür spricht auch die in der DAZ abgedruckte Eröffnungsrede des SS-Obergruppenführers Hans Jüttner, damals Chef des SS-FHA. Laut ihm würde die Ausstellung aufzeigen, wie sich die Waffen-SS aus kleinen Anfängen zu einer Elitetruppe entwickelt habe. Auch sollte in der Schau das »kämpferische Gesicht der unter den Gesetzen der Schutzstaffeln gewachsenen Waffen-SS vermittelt werden.«565 Den gleichen Tenor hatten auch die anderen Artikel über diese Ausstellung der SS-PK. So wurden im VB die dortigen Exponate als »Dokumente des Kämpfertums«566 bezeichnet oder in der DAZ ausdrücklich auf den Kampf der Waffen-SS an den Brennpunkten der Front verwiesen.567 Details zu den Motiven der SS-Kriegsmaler liefert aber insbesondere ein erhaltener Katalog der Schau »Deutsche Künstler und die SS« in Salzburg.568 Hier zeigt sich, dass auch die SS-Kriegsmaler den Kriegseinsatz der SS äußerst facettenreich darstellten. So weisen viele Titel auf Fronteinsätze als Motiv hin,569 ebenso waren allen Ländern, in denen die SS im Einsatz gewesen war, hier Bilder gewidmet.570 Es fanden sich Titel, die auf abgebildete Spezialabteilungen der SS571 wie auch auf 560 561

562 563 564 565 566 567 568 569

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Vgl. »Deutsche Künstler und die SS«, in: DAZ 18 v. 19.1.1944, S. 3. Vgl. »›Deutsche Künstler und die SS‹«, in: VB 166 v. 14.6.1944, S. 5; »Die Gnade des Werkes«, in: DAZ 170 v. 22.6.1944, S. 3. Vgl. Christiansen/Petersen, Petersen, S. 20. »Waffen-SS im Bild«, in: DAZ 470 v. 1.10.1942, S. 4. Vgl. ebd. Ebd. »Dokumente des Kämpfertums«, in: VB 277 v. 4.10.1942, S. 2. Vgl. »Ausstellung der SS-Standarte Kurt Eggers«, in: DAZ 588 v. 9.12.1943, S. 2. Vgl. »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Vgl. z. B.: »Nach der Schlacht von Smolensk«; »Kriegsbrücke über die Beresina«; »Verwundeter Soldat«; »Schneesturm im Osten« , alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Vgl. z. B. »An der Adria«; »Landschaft bei Orel«; »Norwegen«; »Die Akropolis«; »Das Tor ›Prinz Eugen‹, Belgrad«, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Vgl. z. B.: »Gebirgsjäger der Waffen-SS«; »SS-Pioniere«; »SS-Reiter«; »SS-Panzergrenadiere«; »SSSanitäter labt einen Verwundeten«, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Panzer der SS572 hinwiesen. Zudem wurden auch in dieser Schau hohe SS-Führer mit eigenen Portraits gewürdigt,573 dazu kamen klare Bezüge zu Kameradschaft, Ausbildung, gefallenen Helden der SS, den europäischen Freiwilligen, aber auch zu der Umsiedelung von Volksdeutschen.574 Auffallend ist zudem der hohe Anteil von Darstellungen aller Arten von Polizeitruppen im Fronteinsatz.575 Es waren aber auch zahlreiche Kunstwerke zu finden, deren Titel Motive abseits des Kriegsgeschehens vermuten lassen und wohl eher weltanschauliche Leitsätze der SS wie die »Blut und Boden« - Ideologie versinnbildlichen sollten.576 Aufgeführt werden z. B. Darstellungen bäuerlichen Lebens, deutscher Landschaften, von Müttern und germanischen Mythen.577 Dazu kamen die üblichen Huldigungen Hitlers und seiner engsten Mitarbeiter.578 Schon diese spezielle Zusammenstellung weist darauf hin, dass die Schau nicht bloß dem Publikum die Art und Weise des Kriegseinsatzes der Waffen-SS vor Augen führen, sondern vielmehr diesen Kampf an der Front als Konsequenz der SS-Ideologie und seiner Leitsätze präsentieren sollte. Eine solche Zielsetzung fand sich tatsächlich in zeitgenössischen Beschreibungen der Ausstellung. So wurde sie etwa in der »Politischmilitärische[n] Wochenübersicht« der Waffen-SS-Division »Frundsberg« folgendermaßen kommentiert: Mit großer Eindringlichkeit wird dargestellt, dass die von der SS erstrebten höchsten sittlichen Werte Ehre, Treue und kämpferische Haltung nicht nur soldatische Ideale und auf die Dauer des Krieges beschränkt sind, sondern Lebensprinzipien darstellen, die das gesamte völkische Leben einheitlich durchdringen.579

Ebenso hieß es in dem Katalog wörtlich: Wie der SS-Mann sich als Kämpfer und Künder zugleich fühlt, so sieht er in der deutschen Kunst nicht nur eine musische Verschönerung des Lebens, sondern eine schöpferische Widerspiegelung der Werte, um die der Krieg geht.[...] Neben den Bildern des Krieges, die vom Einsatz der Freiwilligen der Waffen-SS an allen Fronten Europas künden, stehen die Bilder der Heimat, der deutschen Frau und der deutschen Kinder, des Segens der Arbeit.580 572

573

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579 580

Das zeigt sich an Titeln wie »Panzer voran« wie auch »Der Tiger«, vgl. »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Verschiedene Bilder hatten Titel wie: »SS-Obergruppenführer Eicke«, »SS-Obergruppenführer Heydrich«, »Der Reichsführer-SS«, in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Als Bsp. vgl.: »Rückwanderung Wolhyniendeutscher«; »SS-Freiwilliger Norweger«; »SS-Sturmbannführer Kremenovicz gefallen bei Smolensk«; »Kameradschaft«; »Schießstand der Waffen-SS Dachau«, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Als Bsp. vgl. »Polizei-Artillerie fährt auf«; »Ein Panzerjäger der SS-Pol.-Div.«; »Polizei-Handgranatenwerfer«; »Polizeigebirgsjäger in Bosnien«, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BAMA, N 756/300b. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Zur propagandistischen Wirkung auch von Landschaftsbildern aus der NS-Zeit vgl. Mittig, Umgang, S.16 f. Als Bsp. vgl. »Bildnis einer jungen Mutter«; »Bauernmahl«; »Kampf in Etzels Saal«; »Hünengrab auf Rügen«; »Watzmann, Berchtesgaden«; »Winter in Salzburg«, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Als Bsp. vgl.: »Der Führer« von Josef Thorak; »Reichsminister Dr. Goebbels« und »Reichsminister Prof. Speer« von Arno Breker, alle in: »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b. Politisch-militärische Wochenübersicht, 2. Jhg., Nr. 5 (27.1.- 2.2.1944), in: BA-MA, N 756/300a. »Deutsche Künstler und die SS«, in: BA-MA, N 756/300b.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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Diese Ausstellung verknüpfte somit den Fronteinsatz der Waffen-SS mit den kämpferischen Idealen der SS und ihrem gesamtgesellschaftlichen Führungsanspruch, stellte sie also, wie in den Zeitungsartikeln, als eine kampfstarke und ideologisierte, im Kontext des Dritten Reiches somit elitäre Truppe dar. Im Folgenden sollen einige Hinweise auf Umfang und Inhalt der SS-Propaganda in den bewegten Bildern, dem Film, präsentiert werden. d) FILMBERICHTERSTATTUNG

Über die Arbeit der Gruppe »Film« der SS-PK liefern die Akten der Einheit kaum Informationen, einzig dem »Arbeitsbericht« von d’Alquen konnten hier für die Jahre 1940 bis 1942 einige Indizien entnommen werden. Hier wird aufgeführt, dass das von der SS-PK produzierte Material 1941 in 50 der 52 Wochenschauen diesen Jahres mit 139 Berichten und 1942 in 51 der 52 Wochenschauen mit 100 Berichten zu sehen gewesen sei. Dazu wären in beiden Jahren ca. 90 Berichte in der Auslandswochenschau verwendet worden. Auch 1940 seien schon Berichte der SS in den Wochenschauen zu sehen gewesen, genauere Zahlen seien damals aber nicht übermittelt worden.581 Nach diesen Angaben sind Beiträge der SS-PK zumindest 1941 und 1942 in nahezu jeder Ausgabe der Wochenschau mehrfach zu sehen gewesen. Zwar kann daraus an sich nicht auf eine intensive Berichterstattung über die Waffen-SS in diesem Medium geschlossen werden, wurde doch, wie schon dargelegt,582 gerade in der Wochenschau das eingehende Bild- und Tonmaterial der Kriegsberichter im RMVP je nach Notwendigkeit zu einer Komposition zusammengestellt, die meist wenig mit den ursprünglichen Aufnahmen zu tun hatte.583 Allerdings behauptet d’Alquen in gleicher Akte, dass von seiner Einheit das Prinzip der »Story«, also kleiner, in sich geschlossener Filme mit eigener Handlung, für die Wochenschau entwickelt worden sei. Die Standarte hätte diese in der Regel schon fertig geschnitten an die Redaktion der Wochenschau geliefert.584 Falls dies zutrifft, hatte die SS-PK auch im Bereich des Filmes zumindest einen Einfluss auf die Art und Weise, wie die Waffen-SS der damaligen Öffentlichkeit präsentiert wurde. Mangels weiterer Informationen kann dem hier nicht weiter nachgegangen werden, fest steht jedoch, dass die Angehörigen der Waffen-SS auf den Leinwänden wegen ihrer speziellen Uniformierung auffallen mussten585 und somit nur schwerlich Teil einer Montage vieler unterschiedlicher Einzelsequenzen sein konnten. Bekannt ist daneben nur, dass die Fachleute der SS-PK neben Schul- und Lehrfilmen für den eigenen Bedarf zwei längere Propagandafilme über die Waffen-SS 581

582 583 584

585

Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA RS 4/1157. Für die Zahl der 1941 und 1942 produzierten Wochenschauen vgl. Bucher, Wochenschauen, S. 103-127. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Vgl. Bartels, Wochenschau, S. 177-181. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Abs. 3.1.d) dieser Arbeit.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

produziert haben. Im Jahr 1941 war das »Die Leibstandarte SS Adolf Hitler im Einsatz«, der die Kampfeinsätze dieser Einheit von Polen bis Griechenland überschwänglich feiert und auch in der Freiwilligenwerbung eingesetzt wurde.586 1943 folgte dann der Film »Junker der Waffen-SS«, der hervorragende Qualitäten des SS-Offiziersnachwuchses bezüglich Kampferfahrung, Ausbildung und auch Rasse propagierte.587 Zumindest bei diesen beiden ist so eine Darstellung der »LAH« als militärischer Elite wie auch die Ausrichtung dieser Darstellung an der NSIdeologie bzw. den SS-Idealen deutlich erkennbar. Abschließend kann noch auf ein weiteres Feld der SS-Propaganda eingegangen werden, welches gerade in der ja noch fernsehlosen Zeit des Dritten Reiches sicher eines der wichtigsten Propagandamittel war: die Radioberichte der SS-PK. e) RADIOBERICHTE

Laut dem »Arbeitsbericht« von d’Alquen war die SS-PK gerade auf diesem Feld der Propaganda besonders erfolgreich. Ihm zufolge seien seit Bestehen der SS-PK, zu dem damaligen Zeitpunkt also von März 1940 bis Februar 1943, 1.343 deutsche Rundfunkberichte angefertigt worden, von denen 509 zur Sendung gelangt seien.588 Im gleichen Bericht führt d’Alquen zusätzlich an, dass die im Aufbau befindliche Gruppe »Rundfunk« seiner Standarte erst im Balkan-Feldzug des Aprils 1941 »die ersten größeren Erfolge« zu verzeichnen hatte. Zudem sei eine Aufwärtsentwicklung der Zahl an Sendungen festzustellen. Diese habe dazu geführt, dass ab Herbst 1942 durchschnittlich mehr Berichte über die Waffen-SS als über die Luftwaffe und Marine im Radio zu hören gewesen seien und man ab Jahresbeginn 1943 »ziemlich nahe an das Ergebnis des Heeres« gekommen sei.589 Es deutet so alles darauf hin, dass zumindest ab Ende 1942 Berichte über die SS im Kriegseinsatz alltäglich im Großdeutschen Rundfunk zu hören gewesen sind. Überdies lassen in diesem Medienbereich weitere Akten darauf schließen, dass sich diese Entwicklung auch in späteren Kriegsphasen fortsetzte. Ablesen lässt sich das vor allem anhand erhaltener »Monatsmeldungen« der Gruppe »Rundfunk« der SS-PK für Mai und Juni 1944. Sie bieten einen Überblick über die von den Berichtern gelieferten Beiträge, ihr Sendedatum sowie, mittels ihres Titels und einzelnen kritischen Bemerkungen, auch Hinweise zu deren Inhalt.590 Auch hier lassen die Angaben auf eine hohe Präsenz der SS-PK-Berichte im Radioprogramm dieser Zeit schließen: Zu Beginn heißt es, im Mai 1944 sei mit siebzehn Beiträgen eine der schlechtesten Ergebnisse des letzten Jahres erreicht worden, während im Juni 1944 bisher unerreichte 67 Beiträge der SS-PK gesendet 586

587

588

589 590

Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943]; Bericht der Ergänzungsstelle Spree (II), Berlin [ca. Februar 1943], in: BArchB, NS 19/3871, pag. S. 16. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Der Inhalt wird geschildert in »Junker der Waffen-SS«, in: SK 48 v. 26.11.1942, S. 6 f. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Ebd. Vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43.

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worden seien. Somit war es zu diesem Zeitpunkt schon ein schlechtes Ergebnis, wenn SS-PK-Berichte im Schnitt nur jeden zweiten Tag im Radio zu hören waren. Äußerst bemerkenswert ist die äußerst hohe Zahl für den Juni 1944, denn damit war die Waffen-SS, zumindest nach Aussage der SS-PK, in diesem Monat im Radio präsenter als alle anderen Wehrmachtteile.591 Dass die SS-PK-Berichte einen großen Anteil an der deutschen Radioberichterstattung von der Invasionsfront hatten, ergibt sich aber auch aus den Sendedaten und Anmerkungen zu den Beiträgen. Während im Mai die siebzehn Berichte an neun relativ gleichmäßig auf den Monat verteilten Tagen gesendet wurden, gab es allein in der ersten Woche der Invasion sechs Sondersendungen des Großdeutschen Rundfunks, in denen zwölf Beiträge der SS-PK gesendet wurden. Dabei kamen sowohl die ersten Beiträge als auch die ersten Kampfberichte von dieser Front von der SS-PK, zudem waren die Berichte dieser SS-Standarte bis zum Ende dieses Monats fast täglich im Radio zu hören.592 Ein Grund für die hohe Präsenz der SS-PK-Berichte im Rundfunk zu diesem Zeitpunkt war sicherlich ihre hohe Aktualität. Laut den SS-Propagandisten wurde ein Bericht über den Abschuss einer Vielzahl von Feindpanzern durch den SS-Hauptscharführer Wittmann schon am 16. Juni, also drei Tage nach der Tat593 gesendet, ebenso ging auch ein Bericht über den Tod des Kommandeurs der SSDivision »HJ«, Witt, schon nach drei Tagen auf Sendung.594 Allerdings ist zu bedenken, dass sich die SS-PK auf die erwartete Landung der Alliierten vorbereitet hatte. Dafür hatte sie nicht nur die hier schon erwähnte Kurierstaffel595 aufgebaut, sondern auch schon im Vorfeld ihre Berichter weitestgehend an der Küste der Normandie konzentriert. Deshalb waren im Mai 1944 weniger SS-PKBerichte als üblich im Radio zu hören gewesen, was die Einheit aber schon mit einkalkuliert hatte.596 Zudem konnte gerade in dieser Zeit die SS-PK auch persönliche Beziehungen nutzen. Nach einer Liste der Radio-Sondersendungen im Mai und Juni 1944 war bei den dort aufgeführten einundzwanzig Sondersendungen sechzehnmal der SSHauptscharführer Abel, nebenher auch SS-Kriegsberichter, der verantwortliche Redakteur.597 Inhaltlich wiesen die Frontberichte offensichtlich eine ähnliche Bandbreite auf, wie sie hier schon bei anderen Sparten der SS-Propaganda beobachtet wurde. Das ergibt sich aus den erwähnten Einzelkritiken zu den von den SS-Reportern in Mai und Juni 1944 abgelieferten Arbeiten, selbst unter Berücksichtigung des damaligen Schwerpunktes, der Invasion. 591 592

593 594

595 596

597

Vgl. ebd. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von: Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 261 f. Vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Vgl. Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Vgl. ebd.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

So wurde auch hier der Kampf der Waffen-SS sehr facettenreich dargestellt. Es fanden sich etwa Schilderungen von Panzerbekämpfungen, Infanterieangriffen, Anti-Partisaneneinsätze oder Interviews mit einzelnen Angehörigen der WaffenSS etwa anlässlich einer Ordensverleihung.598 Eine Konzentration auf bestimmte Einheiten ist auch hier nicht feststellbar. Zwar wurde im Zusammenhang mit der Invasion der Division »HJ« offenbar eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet,599 daneben kamen aber auch andere SS-Verbände wie etwa die Divisionen »Wiking« oder »Frundsberg« in den Berichten vor, ebenso auch ausländische SS-Einheiten. Relativ häufig wurde aber auch hier lediglich vom Einsatz der Waffen-SS berichtet.600 Eine Konzentration der Berichterstattung auf besonders angesehene Truppenteile ist auch hier nicht festzustellen, vielmehr kamen auch hier neben Panzerabteilungen oder Pionieren z. B. Lazarette, die Ausbildung, Trauer um Kameraden usw. im Programm vor.601 Es fanden sich aber auch hier Hinweise auf Themen abseits der Kampfeinsätze oder auch der Waffen-SS. Vorgestellt wurden etwa ausländische Verbündete, es wurde von alliierten oder sowjetischen Gräueltaten berichtet und auch V-Waffen- oder Europa-Propaganda betrieben.602 Der Anteil solcher Beiträge war aber relativ gering, er umfasste 31 der 187 in dieser Monatsmeldung genannten Beiträge, also ca. sechzehn Prozent.603

598

599

600

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603

Bsp. für Panzerbekämpfung: »Ein T-34 wird vernichtet«; Bsp. für Infanterieangriff: »Stosstrupp«; Bsp. für Partisanenbekämpfung: »Mit Sturmgeschützen gegen Tito-Banden«; Bsp. für Ordensverleihung: »Die Schwerter für Gruf. Priess«, alles in: Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Alleine fünf Berichte haben deutlich erkennbar die SS-Division »HJ« zum Thema: »Brigadeführer Witt’s letzter Kampftag«; »Bei einer Batterie der HJ-Division«; »Panzervorstoss der Engländer«; »Aus Jungen wurden Soldaten«; »Eine junge Division«, vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Bsp. für Berichte über die SS-Division »Wiking«: »Die Wikinger und ihr General«; Bsp. für die SS-Division »Frundsberg«: »Frundsberglied«; Bsp. für ausländische SS-Einheiten: »Männer aus Bosnien im grauen Waffenrock«; Bsp. für Berichte mit Thema »Waffen-SS«: »Waffen-SS nimmt ein Dorf«; »Waffen-SS wartet auf den Feind«; »Waffen-SS macht erfolgreichen Gegenstoss«, vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Bsp. für Panzer: »Deutsche Panzer greifen an«; Bsp. für Pioniere: »4 Panzer, 4 Pioniere«; Bsp für Ausbildung: »Ausbildung junger Rekruten«; Bsp. für Trauer: »Die Birkenkreuze«; Bsp. für Lazarette: »Gespräch mit einem Arzt«, vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/ Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BAMA, RS 4/43. Bsp. für Bericht über ausländische Unterstützer: »Gespräch mit dem Führer ›Grüner Kader‹«; »Ungarische Offiziere erhalten das EK«; Bsp. für V-Waffen-Propaganda: »Wie unsere Soldaten von der Vergeltung hören«; Bsp. für Europa-Propaganda: »Die Geburt Europas«, »Was sagt der Franzose zur Invasion?«; Bsp. für alliierte Gräuel: »Soldat oder Gangster«; Bsp. für sowjetische Gräuel: »Asiens wilde Horden«, vgl. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43. Eigene Untersuchung auf der Grundlage von Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43.

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3.4 Inhalte der SS-Propaganda und ihre Verbreitung

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Dass dieses breite Spektrum an Themen nur wegen der Invasion in den SS-PKBerichten zu finden war, ist schon durch die gleichartigen Ergebnisse in den anderen Tätigkeitsfeldern der SS-PK unwahrscheinlich. Zudem zeigt ein Zufallsfund, dass die SS-Propagandisten schon früh auch politische Propaganda für das Radio erstellten. Im August 1940 wurde eine von ihnen gefertigte Serie von sechs Hörberichten mit dem bezeichnenden Titel »Frankreich sagt nein zum Leben« im Großdeutschen Rundfunk gesendet. Sie war Teil einer großangelegten Propagandakampagne der Zeit, mit der das RMVP Hassgefühle gegenüber dem westlichen Nachbarn wecken und ein negatives Gegenbild zu den vorgeblichen Errungenschaften des NS-Deutschlands schaffen wollte.604 Dementsprechend berichteten die Propagandafachleute der SS von in Frankreich vorherrschenden »Oed- und Brachlandstrecken«, Schlössern, die sich in der Hand von moralisch verdorbenen Juden befänden, einer gebärunwilligen Bevölkerung und einem allgemeinen Verfall aller Werte und Traditionen.605 Dennoch, trotz aller Themenvielfalt war auch in den Radioberichten der SS-PK immer die Propaganda für die bewaffnete SS das Ziel. So lautet eine Anweisung im genannten Monatsbericht der SS-PK aus dem Juli 1944: »Es ist natürlich notwendig, dass wir bei allen unseren Berichten darauf achten, dass wenigstens ein oder zwei mal im Bericht etwas von der Waffen-SS gesagt wird; wenn dies nicht bereits aus dem militärischen Dienstgrad hervorgeht.«606 Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch im Radio die SS-Propaganda in großem Umfang und mit einer ähnlichen thematischen Bandbreite wie in den anderen Medienbereichen vertreten war. Damit ergeben sich genügend Hinweise für ein zusammenfassendes Bild vom Erfolg und Inhalt der SS-Propaganda in den Medien des Dritten Reiches. f) ZUSAMMENFASSUNG

Die Analyse der Akten der SS-PK lieferte eine Vielzahl an Indizien für eine zumindest zeitweise überaus große Präsenz der Propaganda um die Waffen-SS in den Medien des Dritten Reiches. Insbesondere wurde dies im Bereich der Presse deutlich. Dort stand die Zahl der Bilder und Artikel der SS-PK offensichtlich schon 1940 in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Anteil der SS-Verbände an den Kämpfen. Dazu stieg die Zahl dieser Veröffentlichungen in den folgenden Jahren stark an. Fast noch wichtiger ist die von d’Alquen berichtete und durch die Analyse der Bewertungen der SS-Lektoren bestätigte Breitenwirkung in der Unterbringung dieser Artikel und Bilder. Über die Waffen-SS konnte/musste man eben nicht nur in den besonders regimenahen Blättern etwas lesen, sondern ihre Propaganda war von den Reichszeitungen bis zu den Provinzblättern und von den Jugendzeitschriften bis zu »Das Reich« überall vertreten. Gleiches galt auch 604 605

606

Vgl. Uziel, Warriors, S. 265-269. Vgl. »Frankreich sagt nein zum Leben«, in: Hier Berlin und alle deutschen Sender 34 v. 18.8.1940, S. 3; »Frankreich sagt nein zum Leben«, in: DAZ 374 v. 5.8.1940, S. 4. Bericht der SS-Standarte »Kurt Eggers«, Gruppe Rundfunk/Inland betr. Erfahrungsbericht und Monatsmeldungen für Mai und Juni 1944 v. 1.7.1944, in: BA-MA, RS 4/43.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

für Radio und Wochenschau. Im Radio soll zeitweise sogar öfter über die WaffenSS als über die Luftwaffe und Marine berichtet worden sein, ja, man will sogar ähnlich hohe Zahlen an Berichten wie über das Heer erreicht haben. Dazu wurde das vorgebliche Wesen und Wollen der Waffen-SS auch in Kunstausstellungen im ganzen Reich der Öffentlichkeit präsentiert. Erreichen konnten die SS-Propagandisten das offensichtlich durch eine hohe Aktualität ihrer »Produkte«, aber auch, indem es ihnen gelang, Beziehungen zu den Redaktionen in den verschiedenen Medienbereichen zu knüpfen. Dass zudem im Bereich der Presse bei der Verteilung der Artikel der Stil des jeweiligen Blattes berücksichtigt wurde, ist eine für die folgende Inhaltsanalyse wichtige Erkenntnis: Es steht zu erwarten, dass durch die Auswahl möglichst unterschiedlicher Zeitungen für diese hier noch folgende Untersuchung eine große thematische wie stilistische Bandbreite der damals zu findenden SS-PK-Artikel erfasst werden kann. Die hier gesammelten Hinweise zu den Inhalten der Berichte waren aber auch von großer Bedeutung für die Entwicklung des für die Durchführung dieser Inhaltsanalyse notwendigen Analyserasters. So steht nun fest, dass das Hauptthema der SS-eigenen Propaganda um die Waffen-SS eindeutig die Darstellung des Kampfes der SS-Truppen an der Front war. Davon ist umfassend und allgemein berichtet worden, d. h. es ließ sich keine Konzentration auf bestimmte Einheiten, Schauplätze oder Truppenarten feststellen. Im Gegenteil sollte offensichtlich auch das allgemeine Leben der SS-Männer an der Front, sogar heitere Momente etc., also jeder noch so kleinen Aspekt des Fronteinsatzes, in den damaligen Medien zu finden sein. Solche Themen müssen somit ebenso Teil der späteren quantitativen Inhaltsanalyse sein. Dass diese Elemente aber nicht zum Zwecke einer wirklichkeitsgetreuen Berichterstattung verwendet wurden, wurde ebenso deutlich. Es ergaben sich vielmehr starke Hinweise auf eine bewusst komponierte Darstellungsweise, die als gemeinsamen Kern eine Orientierung an den Idealen der Weltanschauung der SS erkennen ließ. Da somit in den Kriegsberichten der SS-PK Beispiele der Umsetzung der kämpferischen Ideale dieser Ideologie wie Treue, Härte oder unbedingte Pflichterfüllung eine zentrale Rolle gespielt haben dürften, werden gerade diese Elemente im Rahmen der nachfolgenden Inhaltsanalyse eine wichtige Rolle spielen. Dass daneben auch Begebenheiten abseits des Frontgeschehens thematisiert wurden und einige Artikel sogar nicht von der SS berichteten, steht dazu nicht im Widerspruch. Zum einen machten solche Beiträge in allen Medienbereichen nur einen recht geringen Anteil der SS-Kriegsberichterstattung aus. Zum anderen konnte die auch hier vermutlich gegebene ideologische Schärfe das »Image« der SS als besonders fanatische Anhänger des Nationalsozialismus nur verstärken. Deshalb werden in der nachfolgenden Inhaltsanalyse auch die nicht die Waffen-SS behandelnden SSPK-Artikel erfasst werden. Zuvor soll aber noch auf die verschiedenen, gleichsam äußeren Einflüsse auf Umfang und Inhalt der Berichterstattung über die Waffen-SS in der NS-Propaganda eingegangen werden.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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3.5 DAS UMFELD: EXTERNE EINFLÜSSE AUF DIE PRÄSENZ DER WAFFEN-SS IN DER BERICHTERSTATTUNG DES DRITTEN REICHES Die letzten Kapitel haben gezeigt, dass die Reichsführung SS ein von ihr bestimmtes Image der Waffen-SS in der NS-Kriegspropaganda anstrebte und offensichtlich auch erfolgreich verbreiten konnte. Dazu hat die effektive Organisation und gute Ausstattung der SS-PK an Mensch und Material sicher beigetragen. Dennoch, welchen Anteil die von der SS selbst produzierte Propaganda um die Waffen-SS insgesamt in den Medien des Dritten Reiches erreichen konnte, hing aber nicht allein davon ab, ob es den SS-Propagandisten gelang, möglichst viel von ihrem Material an die einzelnen Redaktionen zu liefern. Entscheidend war vielmehr, ob dieses Interesse der SS auch auf der Führungsebene des Dritten Reiches berücksichtigt worden ist. Um dem nachzugehen, ist es für die hier allein interessierende Inlandspropaganda nicht nur wichtig herauszufinden, wie Hitler zu einer Herausstellung der Waffen-SS stand. Dazu muss, angesichts ihrer starken Stellung im Propagandaapparat des NS-Regimes, auch der Bewertung der Öffentlichkeitsarbeit der SS durch Propagandaminister Goebbels und Reichspressechef Dietrich nachgespürt werden. Bei ihren Konkurrenten von der Wehrmacht ist fast vorauszusetzen, dass sie einer besonderen Herausstellung der Waffen-SS ablehnend gegenüberstand. Ihre Reaktion auf die Propaganda um die SS-Truppen ist so eher ein wichtiges Indiz für den publizistischen Erfolg, den die SS-PK gehabt hat. a) HITLER

An erster Stelle muss der Meinung Hitlers zu einer verstärkten Propaganda um die Waffen-SS nachgegangen werden, denn ohne seinen erklärten Willen wären die SS-Truppen dort sicher nie besonders hervorgehoben worden. Eine Bevorzugung der Waffen-SS durch den »Führer« ist hingegen ein sicheres Zeichen für ihre starke Präsenz in den damaligen Medien.607 Dabei kann grundsätzlich eine besondere Beziehung Hitlers zu seiner ihm treu ergebenen »Führergarde« SS ohne weiteres angenommen werden. Wie hier schon dargelegt,608 stand zumindest eine Einheit der Waffen-SS in einem speziellen Verhältnis zu dem Diktator. Die »LAH« wurde mit Sepp Dietrich nicht nur von einem engen Vertrauten Hitlers609 kommandiert, sondern führte die Tradition der SS als Leibgarde Hitlers fort. Die »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹« wurde so schon allein wegen ihres einzigartigen Namens aus den WM-Einheiten hervorgehoben und in die Nähe des Diktators gerückt. Auch im Krieg wurde die speziel607

608 609

Göring formulierte treffend, dass nach einem einmal gefassten Beschluss Hitlers die anderen Machtträger des Dritten Reiches »nicht mehr als der Boden unter seinen Füßen« gewesen seien, vgl.: Trevor-Roper, Tage, S. 70. Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Vgl. Clark, Dietrich, S. 121.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

le Verknüpfung dieser Einheit mit dem »Führer« nicht nur durch die repräsentativen Aufgaben des als Wachbataillon in der Umgebung Hitlers verbliebenen Teils der »LAH« fortlaufend im Gedächtnis der Bevölkerung gehalten, sondern, zumindest in der ersten Phase des Krieges, durch spezielle Propagandaaktionen auf die ganze Leibstandarte übertragen.610 Eine Berichterstattung über den Kampf der Waffen-SS entsprach auch aus grundsätzlichen Erwägungen den Interessen Hitlers. Schließlich hatte er zu Beginn des Krieges das Begehren der SS nach einem Fronteinsatz unterstützt, um dem Volk die militärische Leistungsfähigkeit der SS vor Augen zu führen. So konnten seiner Ansicht nach deren mögliche Einsätze im Innern als ein »Staatsschutzkorps« legitimiert und idealtypisch das nationalsozialistische Verständnis vom Soldatentum präsentiert werden.611 Dafür musste der Einsatz der SS-Truppen aber auch bekannt werden. Auf der anderen Seite erlaubte Hitler bis Ende 1941 nur ein moderates Wachstum der SS-Frontverbände, einerseits um den Elitestatus der Schutzstaffel zu wahren, vor allem aber mit Rücksicht auf die ablehnende Haltung der Wehrmacht.612 So hatten die wenigen SS-Truppen in der ersten Kriegszeit nur geringen Anteil an den Kämpfen und Erfolgen der deutschen Streitkräfte, womit an sich nur wenig Anlass für ihre Berücksichtigung in den deutschen Medien gegeben war. Hitler selbst war zudem in seinen öffentlichen Äußerungen über die Rolle der Waffen-SS in den ersten Feldzügen des Krieges weit davon entfernt, sie besonders herauszustellen. So erwähnte er in seiner Rede nach Beendigung des Polenfeldzuges vom 6. Oktober 1939 die SS-Truppen gar nicht, während er die Erfolge der einzelnen WM-Teile im Detail würdigte.613 In der Reichstagsrede vom 19. Juli 1940 anlässlich des Sieges im Westfeldzug tauchte die Waffen-SS nur gleichsam unter »ferner liefen« auf: Sie wurde lediglich im Rahmen der Würdigung des Anteils von Einheiten wie Nachrichtentruppen oder Eisenbahnbautruppen genannt.614 Selbst nach dem Balkanfeldzug wurden die Leistungen der SS-Truppen in der Rede des »Führers« vom 4. Mai 1941 nur summarisch gemeinsam mit denen des Heeres aufgeführt.615 Als jedoch in der Winterkrise 1941/42 das Scheitern von Hitlers Blitzkriegkonzept gegen die Sowjetunion wie auch seiner Gesamtkriegsplanung deutlich sichtbar wurde, änderte sich sein Verhalten gegenüber der Wehrmacht bzw. deren Führung grundsätzlich. Der Diktator hatte zwar zuvor schon verschiedentlich 610

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612 613 614 615

Vgl. Weingartner, Guard, S. 138. Solche speziellen Propagandaaktionen waren z. B. zwei Frontbesuche Hitlers bei der »LAH« zu Weihnachten 1939 und 1940, vgl. Westemeier, Krieger, S. 149; Domarus, Hitler, S. 1434 (23.12.1939), 1641 (26.12.1940). Ebenso ließ er ihr im September 1940 die »Führerstandarte« als Feldzeichen übergeben, vgl. »Leibstandarte unter neuem Feldzeichen«, in: VB 254 v. 10.9.1940, S. 2; Himmler, Geheimreden, S. 225. Vgl. die Äußerungen Hitlers diesbezüglich in Jochmann, Hitler, S. 46 (24./25.7.1941); 168 f. (3./4.1.1942). Vgl. Stein, Geschichte, S. 91 f. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1377-1393. Vgl. ebd., S. 1540-1559, insbes. 1549, 1559. Vgl. ebd., S. 1697-1709, insbes. 1703, 1705 f. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 30 f.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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sein tiefes Misstrauen gegen die in seinen Augen »reaktionäre« höchste Heeresführung geäußert. Da die Oberbefehlshaber aber seine Pläne willfährig erfüllten, ja es sogar akzeptierten, dass auch die Wehrmacht ihren Teil zu dem rassenideologischen Vernichtungsprogramm des Diktators beitrug und zudem die deutschen Truppen in ersten Kriegsjahren von Sieg zu Sieg eilten, hatte dieses Misstrauen bis dahin keine Konsequenzen.616 In der Winterkrise aber reagierte Hitler nicht nur mit Befehlen zu einem fanatischen Widerstand, sondern vor allem mit einem Vertrauensentzug gegenüber der Heeresführung. Sichtbare Zeichen hierfür waren die Entlassung einer Reihe von höheren Offizieren, dass er sich selbst an die Stelle des bisherigen Oberbefehlshabers des Heeres, Walther von Brauchitsch, setzte und vor allem, dass er von nun an in kritischen Situationen selbst über die kleinsten Truppenbewegungen entschied.617 Zudem schätzte Hitler auch in der Folge die traditionelle deutsche Militärelite nur gering. Er machte den von ihr verkörperten Geist als Ursache für die nun immer häufigeren Niederlagen verantwortlich. Auf welchem Niveau sich diese Vorwürfe bewegten, ist etwa an den Aufzeichnungen von Goebbels ablesbar. Danach warf der Diktator der Generalität etwa u. a. geistigen Hochmut, Unbelehrbarkeit und die Unfähigkeit, das Wesentliche zu erkennen vor.618 Eine der Maßnahmen Hitlers um das Blatt wieder zu wenden, war eine verstärkte Durchdringung der Wehrmacht mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus. Er wollte Glaube, Fanatismus und erfolgreiches Krisenmanagement an der Front zum Markenzeichen des deutschen Offiziers machen und so dem Heer inneren Halt geben.619 Sozusagen als äußere Stütze stellte er ihm dazu Sonderheere zur Seite, von denen er glaubte, dass sie, aufgrund ihrer von ihm angenommenen stärkeren Verwurzelung im NS, eher seinen Idealen für eine erfolgreiche Kampfführung folgen würden. Ein Beispiel dafür ist die im Ergebnis wenig erfolgreiche Aufstellung der Luftwaffenfelddivisionen Ende 1942.620 Vor allem aber gewann die Waffen-SS nun für den »Führer« an Bedeutung. Schon die Erfolge der »LAH« beim Vormarsch durch die Sowjetunion im Sommer 1941 hatten ihn tief beeindruckt.621 Insbesondere aber das Verhalten der SS-Verbände in den militärischen Krisen ab Winterbeginn 1941 hatte ihn überzeugt, dass bei der Waffen-SS genau die weltanschaulichen Qualitäten verwirklicht seien, die er beim Heer vermisste und die er für unerlässlich hielt, um den Krieg noch zu gewinnen. So begeisterte er sich laut Goebbels schon im November/Dezember 1941 für das heldenhafte Verhalten der Waffen-SS an der Front. Er habe erklärt, die SS-Soldaten seien ausgerichtet und erzogen um zu sterben.622 In der Folge häuften sich solche Aussagen. Anfang Januar 1942 führte der »Führer« in privater Runde aus, dass die Waffen-SS die stärkste Weltanschauungstruppe darstelle,

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Vgl. Kershaw, Hitler, S. 342, 369 f; Hürter, Heerführer, S. 609-616. Vgl. Kershaw, Hitler, S. 606, 609 f; Hürter, Heerführer, S. 612. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 176 (23.1.1943), S. 511 (9.3.1943); Bd. II/15, S. 522 (17.3.1945). Vgl. Förster, Wehrmacht, S. 317 f. Vgl. Stumpf, Luftwaffe, S. 874-883. Vgl. Weingartner, Guard, S. 68 f. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/2, S. 338 (22.11.1941); 500 (13.12.1941).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

unbändig in ihrem Willen sei, beispielhaft zu kämpfen wisse und der »Idee« treu sei bis in den Tod.623 Später soll er sie als »Eckpfeiler« der Verteidigung im Osten bezeichnet haben.624 Insbesondere die Berichte der SS-Führer über den buchstäblich aufopferungsvollen Kampf der SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk 1941/1942 scheint Hitler überzeugt zu haben, dass bei der Waffen-SS genau die Willenskraft vorhanden sei, die er für eine erfolgreiche Kriegsführung benötigte.625 Zu dieser Sichtweise Hitlers vom Einsatz der Waffen-SS mag darüber hinaus auch die jahrelange eifrige Propaganda Himmlers und der SS-Generäle ihm gegenüber beigetragen haben. Immer wieder hatte der RFSS seinem »Führer« Berichte und auch SS-PK-Artikel zu kommen lassen, in denen die Leistungsfähigkeit, Todesbereitschaft und der fanatische Kampf der SS-Verbände glorifiziert wurden.626 Von den SS-Generälen war es vor allem, aber nicht allein Sepp Dietrich, der immer wieder vor Hitler die Erfolge seiner »LAH« in den Himmel hob.627 So war es nur folgerichtig, dass Hitler nach der Niederlage vor Moskau immer weniger Rücksicht auf die Befindlichkeiten des Heeres nahm. Die drei SS-Kerndivisionen »LAH«, »DR« und später auch »TK« wurden im Juli 1942 von der Ostfront abgezogen, im Westen zu Panzergrenadierdivisionen, später Panzerdivisionen umgerüstet und bildeten dort eine Reserve für den Fall eines angloamerikanischen Angriffs auf die Kanalküste.628 Die deutliche Hinwendung Hitlers zur Waffen-SS lässt zudem schlussfolgern, dass er ab dieser Zeit eine verstärkte Herausstreichung der Erfolge der Waffen-SS wie auch deren Darstellung als vorbildliche, da besonders nationalsozialistische Soldaten in der Propaganda befürwortet hat. Tatsächlich war er schon im Januar 1942 im privaten Gespräch dafür, dass die »Blutlast« dieser Verbände bekannt würde.629 Zudem machte er öffentlich aus seiner Bevorzugung der Waffen-SS nun keinen Hehl mehr. Schon in seinem Aufruf nach der Übernahme des Oberbefehls über das Heer vom 19. Dezember 1941 nannte Hitler erstmals ausdrücklich auch

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Vgl. Jochmann, Hitler, S. 168 (3./4.1.1942). Mit dem gleichen Tenor gibt auch Goebbels in seinem Tagebuch die Meinung Hitlers wieder, vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/5, S. 360 f (20.8.1942). Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/4, S. 358 (24.5.1942). Vgl. Merkl, General, S. 226-228. So übersandte Himmler Hitler ein Buch über den Einsatz der »SS-VT« im Polenfeldzug, vgl. Schreiben RFSS an Hansen vom 15.3.1940, in: BArchB, NS 19/1355, auch in: Heiber, Reichsführer, S. 73 f. (Nr. 61). Ebenso ließ er einen Bericht des SS-Generals Steiner über Selbstopfer von SSSoldaten in einem Gefecht des Westfeldzuges Hitler vorlegen, vgl. Stein, Geschichte, S. 68. Dazu wurde 1944 der als besonders gelungen angesehene SS-PK-Bericht »Der Wettlauf mit dem Tode« handgezeichnet Hitler überreicht, vgl.: »Aufstellung der bearbeiteten und veröffentlichten Wortberichte des SS-Kriegsberichters Rupert Rupp/Kampfgruppe ›Das Reich‹, November 1943 – Mai 1944«, in: BA-MA, RS 4/43. Vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/3, S. 181 (25.1.1942); Bd. II/5, S. 352 f (20.8.1942). So auch Leleu, Waffen-SS, S. 653. Verwiesen sei auch auf eine Gefechtsübung des SS-Regiments »Deutschlands« im Frühsommer 1939, der Hitler und der RFSS beiwohnten. Die dort von SS-General Steiner vorgeführte Stosstrupptaktik soll Hitler tief beeindruckt haben, dieser Ausbildungsstand war aber selbst zu diesem frühen Zeitpunkt keineswegs repräsentativ für die SS-Truppen, vgl. Wegner, Soldaten, S. 176 f. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 387 f; 544-546. Vgl. Jochmann, Hitler, S. 168 f (3./4.1.1942).

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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die Waffen-SS, was von der Bevölkerung genauestens registriert wurde.630 In seiner Reichstagsrede vom 26. April 1942 würdigte er dann die Leistungen und ideologischen Eigenschaften der SS-Verbände in der Winterkrise 1941/42 in deutlichen Worten: Wenn ich von dieser Infanterie spreche, dann möchte ich heute aber auch zum ersten Male besonders hervorheben die stets gleiche und vorbildliche Tapferkeit und Härte meiner braven SS.-Divisionen und SS.-Polizeiverbände. [Hervorhebung auch im Original, Anm. d. Autors] Ich habe sie von vornhinein als eine unerschütterliche Truppe angesehen, gehorsam, treu und tapfer im Krieg, wie sie es im Frieden zu sein gelobt hatten.631

Allerdings nahm an der deutschen Sommeroffensive 1942 effektiv nur die SSDivision »Wiking« teil, da alle anderen Kerndivisionen im Westen umgegliedert und aufgefrischt wurden.632 Für eine großangelegte Propaganda über die Schlachterfolge der Waffen-SS dürfte es so in dieser Zeit zu wenig Anlässe gegeben haben. Solche Gelegenheiten waren aber bald zuhauf gegeben, nachdem sich in den letzten Monaten desselben Jahres in Stalingrad und Nordafrika das Kriegsglück allgemein sichtbar gewendet hatte. Denn nun konzentrierte Hitler seine Hoffnungen auf einen Sieg in immer steigendem Maße auf den Einsatz von SS-Truppen. Nun begann ihr massiver Ausbau, der die Waffen-SS schließlich zum Kriegsende zu einem Massenheer mit einem Umfang von ca. 600.000 Mann machte. Dabei wurden einige weitere SS-Divisionen mit besonders leistungsstarken Panzern ausgestattet.633 Dazu erhielten die Kernverbände der Waffen-SS in Hitlers Planungen nun die hier schon beschriebene, wichtige Rolle einer Eingreifreserve und kamen so bis zum Kriegsende an immer neuen Brennpunkten der deutschen Fronten zum Einsatz.634 Schon diese beiden Aspekte alleine lassen erwarten, dass ab Ende 1942 in den deutschen Medien in großem Umfang auf die Erfolge der SS-Truppen eingegangen worden ist, wie auch, dass dort nun auch eine intensive Freiwilligenwerbung betrieben worden ist. Dazu war Hitler nun aber auch entschlossen, die Waffen-SS besonders in der Propaganda herauszustellen. Erstmals sichtbar wurde dies, als nach der Wiedereinnahme von Charkow im März 1943 unter Beteiligung der SS-Divisionen »LAH«, »TK« und »DR«635 eine regelrechte Medienkampagne um diesen Erfolg einsetzte. Dieses Ereignis, knapp einen Monat nach der Katastrophe von Stalingrad von großer propagandistischer Bedeutung, wurde auf Hitlers ausdrücklichen Wunsch hin in Sondermeldungen, mittels zahlreicher Ordensverleihungen und durch eine umfangreiche Berichterstattung vor allem als ein Sieg der Waffen-SS 630

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Vgl. »Aufruf an die Soldaten des Heeres und der Waffen-SS« v. 19.12.1941, in Domarus, Hitler, S. 1813-1815. Die Reaktion der Bevölkerung ist beschrieben in: »Stimmung zur Waffen-SS« v. 6.3.1942, in: BArchB, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier 2. »Sieg das höchste Gesetz für Front und Heimat«, in: VB 118 v. 28.4.1942, S. 2-4, hier 3. Siehe auch Domarus, Hitler, S. 1872. Vgl. Stein, Geschichte, S. 180. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 387-390. Vgl. ebd. S. 544-547. Vgl. ausführlich dazu: Schwarz, Stabilisierung, insbes. S. 285-328.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

dargestellt.636 Versuche des Heeres dagegen, von deren zahlreichen beteiligten Verbänden wenigstens den, im übrigen ebenso entscheidenden, Anteil der für sie im Rahmen der Freiwilligenwerbung wichtigen Division »GD« herauszustellen, ließ der Diktator unterbinden.637 Sein Vertrauen in den propagandistischen Wert der SS-Divisionen ging in dieser Zeit so weit, dass er nach der Absetzung Mussolinis Ende Juli 1943 darauf bestand, die SS-Divisionen »LAH« und ursprünglich auch »DR« von der Ostfront abzuziehen und an der Besetzung Italiens zu beteiligen. Er war davon überzeugt, dass diese SS-Einheiten durch ihre politische Rolle als Vorbild und Beispiel einer Verwirklichung der kämpferischen Ideale des NS eine solche Anziehungskraft auf die faschistisch gesinnten italienischen Soldaten ausüben würden, dass diese sich in Kürze freiwillig um sie in neuen Divisionen sammeln würden.638 Auch in der Folge sollte die Waffen-SS auf Hitlers ausdrücklichen Wunsch hin eine wichtige Rolle in der Propaganda spielen.639 Dass dies fast bis zum Kriegsende galt, lässt sich z. B. an der Verwendung Sepp Dietrichs in immer höheren Kommandopositionen wie auch dessen Auszeichnungen mit den höchsten Orden festmachen. Ist diese Karriere des militärisch recht Ungebildeten auch als Affront gegenüber dem Heer zu sehen, war es auch der immer wieder geäußerte Wunsch Hitlers, der Bevölkerung an seinem Beispiel vor allem in den letzten Kriegsjahren die Überlegenheit des nationalsozialistischen Soldatentums über die herkömmliche Kriegskunst des Heeres aufzuzeigen.640 Gleiches gilt für die schon ab 1941 einsetzenden, unverhältnismäßig häufigen Nennungen von Taten der Waffen-SS im WMB.641 Da fast bis zuletzt kein solcher Bericht ohne Hitlers Genehmigung an die Öffentlichkeit gelangt ist,642 ist vorauszusetzen, dass der Diktator auch diese Art der Hervorhebung der SS-Truppen zumindest gebilligt hat. Die Haltung Hitlers zur Waffen-SS hatte nicht nur einen direkten Einfluss auf Art und Intensität der um sie betriebenen Propaganda. Weitaus bedeutender war, dass sich auch Andere aus der Führung des Reiches sich dieser Meinung des »Führers« anpassten. Das galt z. B. für Göring, der Anfang 1942 bei seiner Geburtstagsfeier Sepp Dietrich als »Pfeiler der Ostfront« in die Mitte gezogen und sich anschließend abfällig über die Heeresgeneralität geäußert haben soll.643 Am wichtigsten für die im Rahmen dieser Arbeit allein interessierende inländische Propaganda war jedoch, dass der Waffen-SS auch von Goebbels in den letzten Kriegsjahren hier eine wichtige Rolle zugedacht worden ist: 636

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Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 667. Dies wird in Abs. 4.6.d) dieser Arbeit noch eingehender behandelt werden. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 266 (10.5.1943). Für den Anteil der Division »GD« an diesem Erfolg vgl. Schwarz, Stabilisierung, S. 285-288, 297, 301-303, 314-319. Vgl. Heiber, Lagebesprechungen, S. 207 (19.5.1943); 371, 373 f (26.7.1943); Leleu, Waffen-SS, S. 639; Töppel, Kursk, S. 382 f. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 580 (18.3.1943). Vgl. Clark, Dietrich, S. 119, 123, 125 f; Leleu, Waffen-SS, S. 675 f. Dieser Wunsch Hitlers ist regelmäßig in den Tagebüchern von Goebbels zu finden, vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 580 (18.3.1943); Bd. II/14, S. 333 f (2.12.1944). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 662; Murawski, Wehrmachtbericht, S. 99 f. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 58-60, 99 f. Vgl. Hassell, Deutschland, S. 200 f.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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b) GOEBBELS

Dieser teilte mit Hitler fast bis Kriegsende die euphorische Beurteilung der Leistungen der SS-Verbände auf dem Schlachtfeld wie auch ihre tiefe Verwurzelung im Nationalsozialismus.644 Dies ist um so höher zu bewerten, wenn man bedenkt, dass er in anderen Fällen privat durchaus anderer Meinung als der Diktator gewesen ist.645 Dazu stimmten die Interessen von SS und Goebbels auf dem Gebiet der Propaganda die meiste Zeit des Krieges überein bzw. widersprachen sich zumindest nicht. So hatte der Propagandaminister schon in der ersten Kriegsphase erkennbar nichts gegen eine gewisse Präsenz der SS-Truppen in der deutschen Kriegsberichterstattung. Das lässt sich schon aus seiner hier bereits dargelegten Unterstützung bei der Gründung der SS-PK im März 1940 schließen.646 Auch in der Folge bestand offenkundig ein gutes Verhältnis zwischen den SS-Kriegsberichtern und dem Propagandaminister. So konnte sich, zumindest laut den Angaben von d’Alquen, Goebbels während des Westfeldzuges 1940 persönlich an den Kommandeur der SS-PK wenden, um für die WS Aufnahmen aus Amsterdam zu erlangen, welche die WM-PK nicht liefern hatte können. d’Alquen will daraufhin extra mit einem Filmteam in die niederländische Hauptstadt gereist sein, um die gewünschten Einstellungen anzufertigen.647 Anfang 1941 wurde in den Tageszeitungen von einem Besuch einer Frontabordnung der SS-PK beim Propagandaminister berichtet und dies mit einem gemeinsamen Gruppenfoto unterlegt.648 Im SK erschien zu diesem Anlass gar ein längerer Artikel in einem schmeichlerischen Tonfall, in dem sich die SS-Propagandisten selbst als »Gesellen und Lehrlinge« ihres »Meisters« Goebbels beschrieben und das RMVP als ihren »Generalstab« bezeichneten.649 An der inhaltlichen Ausrichtung der SS-Kriegsberichte an den ideologischen Idealen der SS hatte der Propagandaminister sicher nichts auszusetzen. Im Gegenteil vereinbarte er sogar mit Himmler eine Reihe von Propagandamaßnahmen für die SS.650 Aber auch aus anderen Gründen war für Goebbels schon in dieser Zeit eine gewisse Präsenz von Kriegsberichten der Waffen-SS in den deutschen Medien von Nutzen. Denn diese konnten dazu beitragen, den Auswirkungen einer temporär recht effektiven britischen Propagandaaktion entgegenzuwirken. In abgeworfenen Flugblättern hatten die Briten im Reich das Gerücht verbreitet, die Parteifunktionäre würden sich einem Fronteinsatz entziehen. Goebbels hatte im Dezember 1939/Januar 1940 alle Hände voll zu tun, dieser sog. »Heimkrieger«644

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Vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/3, S. 568 (28.3.1942); Bd. II/7, S. 392 (22.2.1943); Bd. II/8, S. 266 (10.5.1943); Bd. II/11, S. 436 (8.3.1944); Bd. II/15, S. 295 (1.2.1945). Vgl. Zelle, Elite, S. 88. Vgl. Abs. 3.2.a) dieser Arbeit. Vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14. 3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 8. In den Tagebüchern von Goebbels ist ein entsprechender Eintrag allerdings nicht zu finden. Vgl. »Kriegsberichter der Waffen-SS bei Dr. Goebbels«, in VB 15 v. 15.1.1941, S. 2, DAZ 24 v. 14.1.1941, S. 1. Das Bild ist u. a. abgedruckt in: VB 16 v. 16.1.1941, S. 3; DAZ 25 v. 15.1.1941, S. 8. Vgl. »SS-Kriegsberichter bei Reichsminister Dr. Goebbels«, in SK 4 v. 23.1.1941, S. 9. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 277 (17.8.1940).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Abb. 8: Bild im »Völkischen Beobachter« zum Besuch der SS-PK bei Propagandaminister Josph Goebbels, 1941.

Aktion effektiv zu begegnen.651 Da die WM-PK bisher allem Anschein nach nichts über den Einsatz der SS-Einheiten berichtet hatte,652 war die Existenz einer SSeigenen Berichtereinheit so eine sinnvolle Maßnahme, um in Zukunft solchen feindlichen Zersetzungsversuchen dauerhaft zu begegnen. Allerdings war Goebbels in der ersten Kriegsphase der Meinung, dass die Berichterstattung über die Waffen-SS ein gewisses Maß nicht überschreiten sollte. So wurde eine besondere Hervorhebung des Einsatzes der SS an der Front nach den erhaltenen Quellen zu urteilen vom RMVP nicht angeordnet.653 Im Gegenteil, der Propagandaminister äußerte scharfe Kritik, als im Laufe des Jahres 1941 der Anteil der Berichte über die Waffen-SS in den deutschen Medien offenbar stark anstieg. Er kündigte sogar an, das Ausmaß der SS-Propaganda zu begrenzen.654 Aus seinem Tagebuch ist ersichtlich, dass Goebbels fürchtete, eine zu starke Propaganda für die Waffen-SS könnte negative Auswirkungen auf die Moral des Heeres haben. So schrieb er am 25. September 1941: »Es ist nicht zu bezweifeln, daß die übermäßige Propaganda für die SS beim Großteil des Heeres verstimmend wirkt, und das kann unter keinen Umständen in der derzeitigen Lage geduldet werden.«655

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Vgl. Uziel, Warriors, S. 262 f; Boelcke, Krieg, S. 239, 243, 276. Zumindest war dies der Anlass für die Gründung der SS-PK gewesen, vgl. Abs. 3.1.e) dieser Arbeit. Zumindest in den veröffentlichten Protokollen der Minister-Konferenzen im Propagandaministerium wie auch in einer Auswertung der Presseanweisungen finden sich kein Hinweise auf eine solche Anordnung, vgl. Boelcke, Krieg, passim; Sündermann, passim. Vgl. Zeck, Korps, S. 139. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/1, S. 494.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Ähnliche Gedanken bewegten ihn auch während der Winterkrise 1941/42. Er schrieb am 12. Dezember 1941: Im übrigen ermahne ich d’Alquen eindringlich, die Frontpropaganda der Waffen-SS nicht zu übersteigern und zu überspitzen, da sie sich sonst viele Sympathien in den breiten Bevölkerungsmassen, vor allem im Heer, verscherzt. Denn jetzt haben Offiziere, die aus ihrem Innern heraus gegen die SS eingestellt sind, die beste Möglichkeit, für diesen Standpunkt auch ihre Soldaten zu gewinnen.656

Dabei hatte Goebbels zumindest einen der Gründe für die zu diesem Zeitpunkt offenbar stärkere Präsenz der Waffen-SS in den deutschen Medien selbst veranlasst. Es ist anzunehmen, dass insbesondere sie von der im Rahmen des Feldzugs gegen die Sowjetunion inszenierten sog. »Europa-Propaganda« profitierte. Hierbei wurde der plötzliche Überfall auf den vormaligen Verbündeten zu einem Abwehrkampf des ganzen Kontinents gegen den bolschewistischen Feind umgedeutet, der, so erklärte Hitler öffentlich, die Zerstörung Europas zum Ziel gehabt habe.657 Die in die Sowjetunion einmarschierenden Soldaten wurden dabei als die Retter der europäischen Kultur dargestellt. Ein wichtiges Element jener Propaganda war, die Rolle der mitkämpfenden Verbündeten der Deutschen über die Maßen zu betonen.658 Da die Waffen-SS gleichzeitig ihre Pläne umsetzen konnte, auch das Ausland als Rekrutierungsbasis zu nutzen, kämpften viele dieser Verbündeten aus den »germanischen« Ländern, später auch aus anderen Staaten, in den SS-Divisionen bzw. in eigenständigen Legionen unter dem Kommando der SS.659 Damit dürften zumindest diesen SS-Verbänden eine verstärkte Aufmerksamkeit in den damaligen Medien zugekommen sein. Insgesamt aber änderte Goebbels seine Meinung zu einer besonderen Herausstellung der SS-Truppen erst, als Hitler nach der Winterkrise Ende 1941 keine größere Rücksicht mehr auf die Befindlichkeiten des Heeres nahm. In seinem Tagebuch fand sich von nun an keine Kritik mehr an einer übermäßigen Präsenz der Waffen-SS in den Medien. Das galt schon, als im Februar/März 1942 die Leistungen der SS-Divisionen offenbar in Presse und Rundfunk ein weiteres Mal stärker hervorgehoben wurden.660 Im Gegenteil äußerte er sich nun beeindruckt von der Qualität der SS-Kriegsberichte.661 Seine geänderte Einstellung bezüglich einer Propaganda für die Waffen-SS wurde deutlich sichtbar, als er im Sommer 1942 Frontverlegungen von SS-Divisionen nutzte, um im Reich bestehende Befürchtungen vor der Eröffnung einer zweiten alliierten Front entgegenzuwirken.662 Obwohl eigentlich primär das Ausland

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Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/3, S. 485. Den gleichen Tenor hat ein Eintrag v. 14.11.1941, vgl: ebd, Bd. II/2, S. 285. Vgl. Hitlers »Proklamation an das deutsche Volk« v. 22.6.1941, abgedruckt bei Domarus, Hitler, S. 1726-1732, insbes. 1731. Vgl. Baird, World, S. 155. Vgl. Wegner, Armee, S. 101-111; Stein, Geschichte, S. 124-130, 162, 166-169. Darauf weist ein Bericht des SD v. 6.3.1942 hin, vgl. »Stimmung zur Waffen-SS«, in: BArchB, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier 2. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 665. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/3, S. 255 (5.2.1942). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 665.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

damit beeinflusst werden sollte,663 wurde eine Parade der »LAH« in Paris auch im Rahmen einer, offenbar recht erfolgreichen, Propagandakampagne zur Beruhigung der deutschen Bevölkerung herausgestellt. Ihre Anwesenheit in Frankreich sollte auch das Inland von der Stärke der deutschen Position im Westen überzeugen.664 Trotzdem war in dieser Zeit des Vormarsches der WM in den Kaukasus die Infanterie in Propaganda und auch Öffentlichkeit noch immer primär die Garantie des deutschen Sieges.665 Es weist aber vieles darauf hin, dass die Waffen-SS nach der Niederlage von Stalingrad im Februar 1943 in der deutschen Propaganda diese Rolle übernommen hat. Dies geht aus der Studie von Leleu hervor, der sich in seiner wegweisenden Arbeit auch mit der Propaganda für die Waffen-SS beschäftigt hat.666 Nach seiner schlüssigen Argumentation sprechen für eine solche Rolle der Waffen-SS drei Gründe: Erstens wurde sie nun in den Medien als eine Art Geheimwaffe des Dritten Reiches charakterisiert. Der Beginn dieser Kampagne lässt sich unschwer an der Wiedereroberung von Charkow im März 1943 festmachen. Wurde dieser Sieg nicht nur von Hitler, sondern auch von Goebbels tatsächlich als Leistung der beteiligten SS-Divisionen beurteilt,667 so kam er auch genau zum richtigen Zeitpunkt, um der nach der Niederlage von Stalingrad im deutschen Volk verbreiteten Niedergeschlagenheit entgegenzuwirken. Ein Übriges tat auch die anschauliche Wichtigkeit des Besitzes Charkows für den Zusammenhalt der Ostfront und die Tatsache, dass nach einer Serie von Rückzügen nicht nur ein Abwehrerfolg errungen wurde, sondern sogar die Initiative wieder auf deutscher Seite zu liegen schien.668 Zudem stand die Waffen-SS durch eine fast gleichzeitig stattfindende zweite Propagandaaktion gleich doppelt im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung. Anlässlich des am 26. Februar 1943 abgeschlossenen Rückzugs der WM aus dem Frontvorsprung von Demjansk669 wurde im März 1943 an die einjährige erfolgreiche Verteidigung dieses zeitweiligen Kessels erinnert, auch hier vor allem, um die angeschlagene Moral der Bevölkerung wiederherzustellen. Diese Propagandaaktion wurde aber auch durch eine intensive Lobbyarbeit von Himmler und d’Alquen zu einem Loblied auf die SS-Division »TK«, deren gerade gefallenen 663 664

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Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/5, S. 212 f. (30.7.1942), S. 219 (31.7.1942), S. 226 (1.8.1942). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 665 f. Dass durch diese Aufnahmen in Deutschland offenbar tatsächlich der gewünschte Effekt einer Beruhigung eintrat, zeigt ein zeitgenössischer Lagebericht des SD, vgl.: Boberach, Meldungen, S. 4072 (13.8.1942). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 665; Boberach, Meldungen, S. 4072 f (13.8.1942). Goebbels selbst soll nach der Aussage eines seiner Vertrauten, des Verbindungsoffiziers der WM zum RMVP Hans-Leo Martin, zu diesem Zeitpunkt der Meinung gewesen sein, dass eine Herausstellung der Elitetruppen des Reiches wie der Waffen-SS kontraproduktive Effekte haben könnte, vgl. Martin, Mann, S. 107. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 640-677. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 556 (15.3.1943); ebd., Bd. II/8, S. 266 (10.5.1943), 531 (25.6.1943). Bezüglich der Proteste der Luftwaffe über die geringe Berichterstattung über ihren Anteil an der Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/10, S. 41 (2.10.1943). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 667 f; Boberach, Meldungen, S. 4821 (15.3.1943), S. 5002 (25.3.1943). Vgl. dazu Wegner, Krieg, S. 1092 f.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Kommandeur, SS-General Theodor Eicke und sogar dessen Nachfolger Max Simon umgedichtet. Dem steuerte Goebbels keinesfalls entgegen, sondern arbeitete im Gegenteil an der Fortentwicklung dieser Legende im Sinne der SS mit.670 Auch für die folgende Zeit lassen sich schon jetzt viele Hinweise finden, dass Goebbels weiter seiner Mitte März 1943 geäußerten Absicht folgte, die SS »stärker als bisher« in der Propaganda herauszustellen:671 So wurde etwa im Juli 1943 zumindest in der WS mehrfach auf den Anteil der SS-Divisionen an der Angriffsoperation »Zitadelle« bei Kursk verwiesen,672 die SS-Führer Herbert Gille und Léon Degrelle schilderten auf seine Initiative hin im Februar 1944 vor der in- und ausländischen Presse den Kampf im Kessel von Tscherkassy673 und vor der alliierten Invasion im Mai 1944 wollte Goebbels auch mittels einer intensiven Berichterstattung über die in Frankreich versammelten SS-Divisionen im Reich Zuversicht verbreiten.674 Leleu schließt daraus, dass die Waffen-SS in der deutschen Propaganda vor dem Hintergrund der sich häufenden militärischen Krisen den Status eines Hoffnungsträgers eingenommen hätte. Unterschwellig sei durch die Berichte über sie die Botschaft vermittelt worden: »Wo die Waffen-SS auftaucht, hält die Front«. Damit ist ihr hier seiner Ansicht nach in der zweiten Kriegshälfte eine ähnliche moralerhaltende Funktion zugekommen wie etwa der vorgeblich unbezwingbare Atlantikwall oder die Andeutungen über bald zur Verfügung stehende V-Waffen.675 Zweitens soll nach Leleu für die nun gesteigerte Präsenz der Waffen-SS in der Propaganda des Reiches die besondere Eigenart der SS-PK beigetragen haben, dass sie in ihren Artikeln und Filmen den Krieg besonders nüchtern und ungeschminkt präsentierte bzw. inszenierte. Es soll so besonders ihr zugute gekommen sein, dass im Rahmen des »Totalen Krieges« von Goebbels ab 1943 eine realistische, die Härten des Krieges besonders betonende Berichterstattung gefordert wurde.676 Die bisherigen Erkenntnisse dieser Arbeit deuten tatsächlich in diese Richtung. So sprechen die der SS-PK zur Verfügung stehenden Spezialisten wie auch die intensive Überarbeitung ihrer Berichterstattung dafür, dass die Voraussetzung einer hohen journalistischen Qualität dieses Materials gegeben war. Ebenso dürfte die im Bereich der SS-PK geltende Vorgabe, sich bei der Kriegsberichterstattung immer an den Leitbildern der SS-Ideologie zu orientieren, dazu beigetragen haben, dass gerade die von der SS-PK erstellten Medieninhalte der Forderung Goebbels nach einer besonders harten Schilderung des Kampfgeschehens entsprachen. Tatsächlich sollen solche Schilderungen vom »Tod nehmen und geben«, also eines brutalen, eigene Opfer erfordernden, aber immer siegreichen Kampfes der SS-Truppen so sehr mit den Erwartungen des Volkes über die Natur 670 671 672

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Vgl. Merkl, General, S. 204-206. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/7, S. 580 (18.3.1943). Vgl. Uziel, Warriors, S. 314. Laut Goebbels waren dafür aber auch die besseren Transportverbindungen der SS-PK verantwortlich, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 164 f (26.7.1943). Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/11, S. 330 (23.2.1944). Für die Umsetzung vgl. »Wahrheit über Tscherkassy«, in: VB 54 v. 3.2.1944, S. 2. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 669. Vgl. ebd. Leleu weist zudem darauf hin, dass auch das alliierte Lager zu solchen Propagandamaßnahmen griff, indem sie z. B. die Bedeutung der Maginotlinie weit überhöhte, vgl. ebd, S.669 f. Vgl. ebd., S. 669, 671.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

der neuen Art der Kriegführung im »Totalen Krieg« übereingestimmt haben, dass gerade die Berichte der SS-PK eine hohe Glaubwürdigkeit erreicht hätten.677 Drittens kam der Waffen-SS auch zugute, dass ab 1943, als Reaktion auf entsprechende Wünsche in der Bevölkerung, aber auch, um der feindlichen Überlegenheit an Mensch und Material etwas entgegenzusetzen, die Leistung des einzelnen deutschen Soldaten in der Propaganda stärker hervorgehoben wurde. Auch im WMB wurde nun in steigendem Umfang auf besondere Einzelaktionen verwiesen oder besonders verdiente Soldaten namentlich erwähnt. Da ein fester Bestandteil solcher Meldungen immer auch die Nennung der Einheit des Soldaten war, wurden die SS-Divisionen mittels ihres Ehrennamens ein weiteres mal aus der Masse der anonymen Heeresdivisionen herausgehoben und in ihrer Bedeutung überhöht.678 Nach Leleu kam zudem bei dieser Würdigung des Einzelkämpfers wie auch insgesamt ein neues Propagandakonzept zum Tragen, welches insbesondere dem öffentlichen Ansehen der Waffen-SS genutzt haben soll. In dieser Kriegsphase wurde allgemein im Reich der politische Wille Hitlers vorangetrieben, die kämpferischen Ideale der NS-Ideologie an der Stelle der traditionellen militärischen Werte nicht nur in der Wehrmacht, sondern im ganzen Volk zu verankern. Im Rahmen dessen wurde die Waffen-SS nicht mehr allein deswegen als vorbildlich dargestellt, weil sie den bewaffneten Stoßtrupp der Partei darstellte. Weit darüber hinausgehend wurde sie nun mehr und mehr als militärische Elite der deutschen Volksgemeinschaft präsentiert, um so der traditionell verbreiteten Hochachtung des Volkes vor seiner Armee einen spezifischen NS-Wert entgegenzusetzen.679 Die Waffen-SS war tatsächlich gut geeignet, vermeintliche Errungenschaften des NS wie etwa die für alle gleiche Chance eines sozialen Aufstiegs zu demonstrieren: Gerade hier wurde von Anfang an bewusst ein großer Teil der höchsten Auszeichnungen an niedrige Ränge verliehen, zudem bestanden hier gute und von der Herkunft unabhängige Karrieremöglichkeiten. Das wurde nun immer mehr in der Propaganda hervorgehoben. So tauchten etwa in den Berichten zu Ordensverleihungen neue biographische Details auf. Gerade bei Soldaten der Waffen-SS waren solche Informationen über ihre soziale Herkunft und ihre Karriere in der Partei zu finden. Zudem sollen die SS-Soldaten nun grundsätzlich in diesen Berichten vor den Ausgezeichneten des Heeres genannt und ausführlicher als diese beschrieben worden sein.680 Insbesondere der schon erwähnte Sepp Dietrich wurde in der deutschen Propaganda dieser Zeit als ein solcher NS-Vorzeigesoldat präsentiert. Auch bei ihm wurde seine einfache Herkunft, seine fehlende Schulbildung, aber auch sein enges, väterliches Verhältnis zu seinen Untergebenen immer wieder hervorgehoben. Gerade er soll aber auch als ein hervorragender Feldherr beschrieben worden sein. Zumindest gibt es in den Tagebüchern von 677 678 679 680

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 671. Vgl. ebd., S. 670. Für solche Wünsche der Bevölkerung vgl. z. B. Boberach, S. 5004 (25.3.1943). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 670, 672, 677. Vgl. ebd., S. 672-674. Die guten Aufstiegschancen in der Waffen-SS waren allerdings vor allem dem durch die rasche Vergrößerung der SS-Truppen hier herrschenden Personalmangel geschuldet, vgl. Wegner, Soldaten, S. 209-213.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Goebbels Hinweise, dass Hitler Dietrich im Falle einer erfolgreichen Ardennenoffensive als eine Art »Volksmarschall« präsentiert haben wollte.681 Durch ihre Präsentation als spezifisch nationalsozialistische Soldaten konnte die Waffen-SS zudem ein weiteres Mal dazu beitragen, die Moral der Heimat zu stützen. Durch Berichte über den aufopferungsvollen Kampf der Waffen-SS soll nach Leleu 1943/44 der unter dem Bombenkrieg leidenden Bevölkerung vor Augen geführt worden sein, dass die Elitetruppe Hitlers ihre Not nachempfinden könne, sich aber dennoch für »Führer« und Volk dem Feind entgegenstelle und dies implizit auch von der Heimat erwarte. Schließlich schloss Volksgemeinschaft auch eine Kampfgemeinschaft mit ein.682 Es wird hier noch untersucht werden, ob mit dieser Betonung des Opfer-Gedankens der NS-Ideologie sogar die Mobilisierung der verbliebenen wehrfähigen Bevölkerung in den Volksgrenadierdivisionen und schließlich im Volkssturm vorbereitet wurde.683 Insgesamt ist damit festzustellen, dass eine Präsentation der Waffen-SS als der militärischen Elite des Dritten Reiches sich gut in die grundlegenden Leitlinien der deutschen Propaganda in den letzten Kriegsjahren einfügen lässt.684 Da Goebbels in dieser Zeit wieder in den engeren Kreis um Hitler aufgerückt war, ist es zudem legitim, ihn als die gestaltende Kraft hinter diesen Leitlinien wie auch der NS-Propaganda insgesamt anzunehmen.685 Dagegen war in den ersten vier Jahren des Krieges der Einfluss von Goebbels auf die Gestaltung gerade der Kriegspropaganda weit geringer gewesen. Da sein Ministerium wie auch er selbst fest in Berlin verankert war, war er seit Beginn des Krieges aus dem »inneren Kreis« des FHQ ausgeschlossen gewesen. Besonders nachteilig wirkte sich auf seine praktische Arbeit aus, dass er in der Heimat abhängig war von den Informationen aus dem FHQ, die man ihm zur Verfügung stellte. Diese kamen aber nicht unbearbeitet bei ihm an, sondern wurden bereits von den Stellen seiner Konkurrenten, d. h. vor allem dem Dietrich-Netzwerk, zusammengefasst, manipuliert und umformuliert.686 Daher muss hinterfragt werden, ob die von Goebbels im Jahr 1941 angekündigte Einschränkung der Propaganda für die Waffen-SS tatsächlich erfolgt ist. Denn von der SS durchgeführte Gegenmaßnahmen sind durchaus denkbar. Schließlich hat sich hier schon mehrfach erwiesen, dass die SS-PK gewillt war, die sich aus der polykratischen Organisation der NS-Propaganda ergebenden Mög681 682 683 684

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Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 675 f; Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/14, S. 333 f (2.12.1944). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 675 f. Vgl. Abs. 4.6.e) dieser Arbeit. Dennoch ist die nachfolgende Inhaltsanalyse keineswegs überflüssig: Schließlich stützt Leleu seine Überlegungen auf Akten, dem Tagebuch von Goebbels, einzelnen Zeitungsmeldungen und vor allem auf die in den »Meldungen aus dem Reich« berichteten zeitgenössischen Reaktionen der deutschen Bevölkerung, vgl. ebd., S. 665-677, 1035-1038. Die Berichterstattung über die SS selbst wurde dagegen von ihm nicht systematisch untersucht, so dass seine Thesen erst durch diese Arbeit bestätigt werden können. Vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 350; Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 313, 356 f. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist, dass sich Goebbels in dieser Zeit über Bekannte wie d’Alquen über die Lage an der Ostfront informieren ließ, vgl. z. B. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/8, S. 165 (18.5.1940), S. 186 (2.6.1940); ebd., Bd. I/9, S. 466 (14.1.1941), S. 651 (21.5.1941).

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3. Die Kriegspropaganda der SS

lichkeiten für ihre Zwecke zu nutzen. Die Voraussetzungen dafür waren günstig: Sie hatte mit Gunter d’Alquen einen gewieften Netzwerker als Kommandeur und konnte sich generell der Unterstützung des mächtigen RFSS sicher sein. Zudem waren im RMVP Anknüpfungspunkte für eine Einflussnahme der SS gegeben. Neben den offiziellen Verbindungsmännern der SS im RMVP hatte die Reichsführung SS, wie in allen Schaltstellen der Macht des Dritten Reiches, auch hier planvoll ein Netz von SS-Angehörigen aufgebaut.687 Ungefähr vierzig Prozent der Führungsebene des Propagandaministeriums waren so zugleich Angehörige der SS oder des SD. Besonders enge Beziehungen zur Schutzstaffel hatte der einflussreiche persönliche Referent von Goebbels, Werner Naumann, als Angehöriger des »Freundeskreis RFSS«, seinem Rang als SS-Brigadeführer und seinem Kriegseinsatz als Freiwilliger der »LAH«. Hans Hinkel, im RMVP Ministerialdirektor und hier u. a. verantwortlich für »Kulturpersonalien« war SS-Gruppenführer.688 Andere Beispiele sind der Personalchef des RMVP, Erich Müller, der Leiter der Abteilung Propaganda, Ministerialdirektor und SS-Brigadeführer Alfred-Ingemar Berndt oder auch Staatssekretär und SS-Brigadeführer Leopold Gutterer.689 Dabei waren diese Verbindungen von ganz unterschiedlicher Intensität. Einige Beamte RMVP bekleideten in der SS bloße Ehrendienstränge ohne praktische Führungsaufgaben. 690 Andere waren auch aktiv für verschiedene Teile der SS tätig. So arbeitete etwa Erich Müller vor seiner Zeit im RMVP als SD-Führer für die Gestapo und wurde im Jahr 1942 nochmals ein halbes Jahr zur Führung der berüchtigten Einsatzgruppe D auf die Krim abkommandiert.691 Andere waren zumindest zeitweise aktive Angehörige der Waffen-SS. Das betrifft z. B. den Leiter der Abteilung Reichsverteidigung im RMVP, Walter Titel oder den Leiter der Abteilung Inlandspresse im RMVP, Alfred-Ingmar Berndt, der auf eigenen Wunsch ab 1944 bei ihr im Fronteinsatz war.692 Selbst in der SS-PK waren bedeutende Angehörige des RMVP zeitweilig aktiv. Neben dem schon genannten Hans Schwarz van Berk war z. B. Wilfrid Bade, ab 1942 Leiter der Zeitschriftenabteilung im RMVP, einige Monate als SS-Kriegsberichter tätig.693 Ein anderes Beispiel ist der »Reichsdramaturg« Ewald von Demandowsky, der ab Sommer 1942 die Filmabteilung der SS-PK leitete,694 oder der Referent im RMVP Hans Weidemann, der ab Winter 1941/42 sogar nur noch für die SS-PK im Einsatz war und dort später die Abteilung »Kampfpropaganda« leitete.695

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Vgl. Krings, Dietrich, S. 46; Schellenberg, Memoiren, S. 263 f. Krings, Dietrich, S. 348 f; Boelcke, Krieg, S. 54, 87. Vgl. Krings, Propaganda, S. 32 f, 37 f, 43-45; ebd., Dietrich, S. 333-336. Vgl. Krings, Propaganda, S. 46. Vgl. ebd., S. 43-45. Vgl. Härtel, Stromlinien, S. 188-190, Kallis, Propaganda, S. 34. Vgl. Krings, Dietrich, S. 337-340, 347, 483. Vgl. Zeck, Korps, S. 26-29. Vgl. Lebenslauf, in: BArchB, SSO/226B: Weidemann, Hans (22.5.04); Schreiben des SS-Oberabschnittes Spree an das SS-Personalhauptamt betreff SS-Führer im Wehrdienst vom 13.8.1944, in: ebd.; Antrag der Waffen-SS Standarte »Kurt Eggers« an das SS-Führungshauptamt betreff Beförderung in der Waffen-SS v. 1.5.44, in: ebd.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Goebbels sah die vielfältigen Möglichkeiten der SS, in seinem Haus Einfluss zu nehmen tatsächlich sehr kritisch. Es war ihm bewusst, dass sein innerparteilicher Gegner Himmler ihn durch diese Bindungen vieler seiner Mitarbeiter an den Schwarzen Orden immer weiter einkreiste. Er konnte aber dieses Problem bis zum Untergang 1945 nicht lösen.696 Belege einer systematischen Besserstellung der Waffen-SS in der Berichterstattung durch dieses SS-Netzwerk ließen sich in den erhaltenen Akten nicht finden. Das ist auch angesichts der dargestellten, ablehnenden Haltung des Propagandaministers hierzu und des, soviel sei vorweggenommen, vehementen Widerstands der Wehrmacht unwahrscheinlich. Die Indizien weisen eher darauf hin, dass auch hier die persönlichen Verbindungen einiger dieser SS-Männer bei der Verbreitung der SS-Propaganda punktuell genutzt wurden. Gunter d’Alquen hatte die Art und Weise seiner Einflussnahme nach dem Krieg treffend so charakterisiert, dass man unter »Logenbrüdern« Wünsche nicht mit Gewalt durchsetzen musste.697 Als Beispiel sei an den hier bereits erwähnten SS-Hauptscharführer Abel erinnert, der als verantwortliche Redakteur im Mai und Juni 1944 auffällig häufig Radioberichte der SS-PK im Großdeutschen Rundfunk senden ließ.698 Ebenso sorgte für die Verbreitung der von Wilfrid Bade 1942 bei der SS-Division »Wiking« erstellten SS-PK-Berichte dessen Bekannter Werner Stephan, der in dieser Zeit im RMVP für die PK und hier insbesondere für die Zensur und Freigabe der Berichte zuständig war. Seine Verhandlungen mit dem VB führten dazu, dass dort im September 1942 eine ganze SS-PK-Artikelserie Bades abgedruckt wurde.699 Die beiden Letztgenannten waren aber nicht nur Teil des Beziehungsnetzwerks der SS im RMVP, sondern darüber hinaus auch Statthalter des zeitweise höchst einflussreichen Reichspressechefs Otto Dietrich. Da es den SS-Propagandisten gelungen war, auch zu diesem eine besondere Beziehung aufzubauen, war ihr Einfluss im RMVP gleich auf zwei Kanälen gegeben. Darüber hinaus war Dietrich aber auch bereit, mit der SS zeitweise selbst gegen die Interessen der Wehrmacht wie auch von Goebbels zusammenzuarbeiten, so dass die Wichtigkeit dieser Verbindung kaum zu unterschätzen ist. c) REICHSPRESSECHEF OTTO DIETRICH

Vor allem für 1941 liegen vielerlei Hinweise vor, dass Otto Dietrich einer umfassenden Propaganda um den Kriegseinsatz des Schwarzen Ordens weitaus positiver gegenüberstand als Goebbels. So war er der Schutzstaffel zu diesem Zeitpunkt schon lange verbunden. Bereits im Dezember 1932 war er der SS beigetreten und 696

697

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Vgl. Krings, Propaganda, S. 46 f. Für ein Beispiel der Kritik Goebbels am Einfluss der SS in seinem Haus vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/13, S. 485 f (15.9.1944), S. 511 (18.9.1944). Vgl. Befragung von Herrn Gunter d’Alquen am 13./14. Januar 1968 in Mönchen-Gladbach durch Helmut Heiber, in: IfZ, ZS 2. Vgl. Abs. 3.4.e) dieser Arbeit. Vgl. Härtel, Stromlinien, S. 195 f; Stephan, Goebbels, S. 257 f. Die damals veröffentlichte Serie umfasst die Artikel: »Rostow heute schon Etappe«, in: VB 257 v. 14.9.1942, S. 2; »Quer zu den Rollbahnen«, in: VB 258 v. 15.9.1942, S. 3; »Kampf im Gebirge«, in: VB 260 v. 17.9.1942, S. 3.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

dort bis in den Rang eines SS-Obergruppenführers aufgestiegen. Damit stand er auf einer Stufe mit Männern wie Reinhard Heydrich, Martin Bormann oder Rudolf Heß. Dieser Rang hatte zwar, wie auch bei den beiden Letztgenannten, einen rein repräsentativen Charakter und war nie mit einem aktiven Dienst verbunden. Dietrich nutzte ihn dennoch, hauptsächlich zur Aufwertung im dienstlichen Verkehr mit anderen Reichsstellen. So ist überliefert, dass er z. B. gern in seiner SSUniform bei der Reichspressekonferenz auftrat. Sein hoher Rang zeigt aber auch, welche Bedeutung man innerhalb der SS dieser Verbindung beimaß. So erhielt seine SS-Karriere einen auffallenden Schub, als am 28. Februar 1934 durch Erlass Hitlers die Zuständigkeit des Reichspressechefs für die Parteimeldungen und damit auch für die Öffentlichkeitsarbeit der SS festgelegt wurde. Nachdem er zum 1. Januar 1934 gerade erst zum SS-Brigadeführer befördert worden war, stieg er bereits vier Wochen später zum SS-Gruppenführer auf.700 Zudem folgte man seitens der SS gern dem Wunsch Dietrichs, auch die Mitglieder seines Netzwerkes im RMVP in die SS aufzunehmen bzw. mit relativ hohen SS-Rängen auszustatten. Das geschah im Rahmen von Dietrichs ständigem Bemühen, die ihm loyalen Mitarbeiter zu belohnen und sich ihrer langfristigen Unterstützung zu versichern. Dazu hoffte er sie so gegen Angriffe seiner Gegner, also vor allem Goebbels, zu schützen. Auf Fürsprache Dietrichs wurde z. B. Helmut Sündermann SS-Obersturmbannführer. Als enger Vertrauter und späterer Stellvertreter des Reichspressechefs sorgte dieser dann während des Krieges dafür, dass im RMVP die Interessen Dietrichs gewahrt blieben. Andere Beispiele wären Erich Fischer, der stellvertretende Leiter der Abteilung Deutsche Presse, und Wilfrid Bade, seines Zeichens ab 1942 Leiter der Zeitschriftenabteilung.701 Während so diese und andere Mitglieder des Dietrich-Netzwerkes in der SS Karriere machten, war es Himmler möglich, seinen Einfluss auf das RMVP wie auch auf das Reichspresseamt auszubauen. Von Seiten der SS-PK war es wieder der »Netzwerker« d’Alquen, der mit dem Reichspressechef persönliche Kontakte pflegte. Beide hatten sich ja schon 1932 kennengelernt und bereits eng zusammengearbeitet, als d’Alquen, als Vertreter des VB, mit den engsten Mitarbeitern Dietrichs ein »Team« bildete, dass 1939 während des Polenfeldzugs aus dem damals noch mobilen FHQ berichtete.702 In der 1940 in Buchform herausgegebenen Sammlung dieser Artikel wurde d’Alquen sogar als »Mitarbeiter« Dietrichs bezeichnet.703

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Vgl. Krings, Dietrich, S. 346 f, 346, FN 107. Für die Befugnisse des Reichspressechefs vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. Krings, Dietrich, S. 337-340, 347, 483. Weitere Bsp. wären Rolf Hoffmann, Max Freiherr von du Prel und Henrich Hansen, vgl. ebd., S. 347 f. Vgl. Krings, Propaganda, S. 45; ebd., Dietrich, S. 120, 402 f.; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 101 f; Stephan, Goebbels, S. 166. Die anderen Mitarbeiter Dietrichs im FHQ waren Helmut Sündermann, Wilfrid Bade und Heinz Lorenz. Für Informationen zu dem in einem Zug untergebrachten FHQ des Polenfeldzuges vgl. Seidler/Zeigert, S. 124-130. Vgl. Dietrich, Otto: Auf den Straßen des Sieges. Erlebnisse mit dem Führer in Polen. Ein Gemeinschaftsbuch von Reichspressechef Otto Dietrich und seinen im Führerhauptquartier tätigen Mitarbeitern Helmut Sündermann, Wilfried Bade, Günter d’Alquen, Heinz Lorenz. München 1940.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Dennoch gab es im Verhältnis der SS zu Dietrich vor und zu Beginn des Krieges auch Spannungen. So berichtet der Leiter des Amtes Presse im persönlichen Stab des RFSS, Gerhard Radke, dass vor dem März 1941 die Verbindungen zu den Dienststellen Dietrichs z. T. »abgerissen« gewesen seien.704 Der Grund lag offenbar in der Unbotmäßigkeit des SK. Zumindest hatte diese »Hauszeitung« der SS in der Vergangenheit immer wieder gegen die Tagesparolen des ihnen gegenüber Kraft seines Amtes weisungsbefugten Reichspressechefs verstoßen.705 Im April 1941 erzwangen die im Anschluss geschilderten, von der SS-PK angesichts des angelaufenen Balkanfeldzuges als unerträglich empfundenen Beschränkungen ihrer Arbeit durch Verzögerungen bei der militärischen Zensur allerdings ein Einlenken der SS-Propagandisten. Radke schloss deshalb mit Dietrich eine Übereinkunft, die zwar nicht direkt überliefert ist, aber aus den Aufzeichnungen Radkes rekonstruiert werden kann. Der Leiter des Amtes Presse im persönlichen Stab RFSS sicherte darin zu, dass sich alle Publikationen aus dem Bereich der SS in Zukunft strikt an die Tagesparolen von Dietrich halten werden. Um das zu gewährleisten, wurde vereinbart, dass alle Veröffentlichungen der SSHauptämter vor ihrer Weitergabe an die großen Zeitungen und Nachrichtenagenturen vom Amt Presse des RFSS nochmals überprüft und so die gesamte Öffentlichkeitsarbeit der SS zentral von dort aus gelenkt werden würde.706 Für Dietrich entstand so der Vorteil, dass damit eine zentrale Stelle für seine Anweisungen betreffend der Propaganda der weitverzweigten SS bestand. Ein weiteres Zugeständnis der SS an Dietrich auf der persönlichen Ebene ist wegen des zeitlichen Zusammenhangs denkbar. Laut dem Diensttagebuch Radkes fanden die Verhandlungen beider Seiten am 12. April 1941 statt, fast genau eine Woche, bevor der Reichspressechef am 20. April 1941 zum SS-Oberführer befördert wurde.707 Im Gegenzug versprach Dietrich, sich für die Lösung des Konfliktes der SS-PK mit der Führung von OKW/WPr einzusetzen. Ob Dietrich seinen allgemein bekannten direkten Draht zum »Führer« nutzte, damit OKW/WPr zu einer besseren Zusammenarbeit mit den SS-Propagandisten ermahnt wurde oder ob er selbst auf den Kommandanten der Wehrmachtpropaganda von Wedel oder dessen Vorgesetzten Generalmajor Alfred Jodl zuging, geht aus den Akten nicht hervor. Zumindest waren alle Genannten unmittelbar greifbar, da diese Übereinkunft zwischen Radke und Dietrich im FHQ »Frühlingssturm« bei Mönchkirchen geschlossen wurde, von wo zu diesem Zeitpunkt der Balkanfeldzug geleitet wurde.708 Sicher ist jedenfalls, dass die Vermittlung Dietrichs erfolgreich war, denn 704

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Vgl. »Rechenschaftsbericht Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 3. Vgl. Krings, Dietrich, S. 350 f. Beispielsweise erteilte Anfang 1938 Dietrich in dieser Angelegenheit dem SK eine scharfe, öffentliche Rüge, vgl. Hagemann, Publizistik, S. 109. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 19 f (12.4.1941). Vgl. ebd.; Krings, Dietrich, S. 346, FN 107. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 20 f (13.4.1941). Details zu dem FHQ »Frühlingssturm« in: Seidler/ Zeigert, Führerhauptquartiere, S. 130-134.

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kurz darauf konnte Radke vermelden, dass er mit von Wedel »auf einer vernünftigen Basis einen guten Ausgleich gefunden« hatte.709 Die von Radke nun als »gut« bezeichnete Zusammenarbeit mit dem Reichspressechef trug aber noch weitere, entscheidende Früchte. Ende September 1941, als Goebbels beabsichtigte, die Propaganda für die Waffen-SS einzudämmen, brachte wieder eine Vereinbarung der SS-Führung mit Dietrich die Lösung des Problems. Obwohl die entscheidenden Dokumente fehlen, legen das auch hier zeitliche Zusammenhänge nahe: Nachdem der Reichspressechef Gast bei Himmlers Geburtstagsfeier am 7. Oktober 1941 gewesen war,710 übertrug der RFSS während eines Fluges nach Smolensk am 24. Oktober 1941 Radke die politische Zensur aller die SS betreffenden Berichte, also auch die der SS-PK. In Radkes Rechenschaftsbericht heißt es, dass diese SS-Zensur ab dem 1. November 1941 »in Vereinbarung mit den Dienststellen des Reichspressechefs als ein Bestandteil der politischen Zensur des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda durchgeführt [wurde].«711 Obwohl das RMVP hier beteiligt blieb,712 wird so verständlich, wie die SS die in dieser Zeit von Goebbels gewünschte Reduzierung des Umfangs der Propaganda für die Waffen-SS abwehren konnte: Schließlich ist leicht einsichtig, dass eine Sperrung in der politischen Zensur das geeigneteste Mittel für Goebbels darstellte, um die Verbreitung des SS-PK-Materials zu minimieren. Indem die SS-Propagandisten nunmehr selbst vorab das Material ihrer Berichter zensierten, hatten sie die bei der WM nicht gegebene Möglichkeit in der Hand, alle Stellen zu überarbeiten, die sonst möglicherweise zu einer Sperrung geführt hätten. Darüber hinaus hatten durch diese Kenntnis der aktuell gültigen Zensurbestimmungen Proteste der SS-PK gegen unbegründete Sperrungen eine ganz andere Grundlage. Die Übereinkunft zwischen Dietrich und der SS hatte auch unmittelbar sichtbare Konsequenzen. Der Reichspressechef verhalf der Waffen-SS zu ihrem bis zu diesem Zeitpunkt wohl größten propagandistischen Erfolg. Als sich während des Balkan-Feldzuges am 12. April 1941 der SS-Hauptsturmführer Klingenberg der SS-Division »DR« in Belgrad besonders ausgezeichnet hatte, war Radke wegen der eben genannten Verhandlungen im FHQ anwesend. Da diese Tat im FHQ großes Aufsehen erregt hatte und Hitler mit einer besonderen Herausstellung Klingenbergs einverstanden war,713 nutzte zumindest das Umfeld des RFSS die Gelegenheit zu einer großen Propaganda-Aktion für die Waffen-SS. SS-Gruppenführer Karl Wolff, Chefs des persönlichen Stabes des RFSS und Verbindungsmann 709

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»Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 19 f (12.4.1941); »Rechenschaftsbericht Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 26; Siehe auch Krings, Dietrich, S. 349 f., der allerdings nur den »Rechenschaftsbericht« berücksichtigt. Vgl. Dienstkalender, S. 227 (7.10.1941). »Rechenschaftsbericht Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985, pag. S. 26. Die Teilnahme Radkes an diesem Flug wird bestätigt durch einen Eintrag in den Dienstkalender Himmlers, vgl. ebd., S. 307. Dies zeigt allein eine Übersicht in d’Alquens Arbeitsbericht, in dem er einen Überblick über die Bewertungen der SS-PK-Berichte durch das RMVP für das Jahr 1942 gibt, vgl.: »Drei Jahre SSKriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. für Details Abs. 4.6.b) dieser Arbeit.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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des RFSS im FHQ,714 beauftragte Radke, ein Interview mit einem vorgeblichen Augenzeugen, dem deutschen Gesandten in Belgrad, zu führen. Der Reichspressechef half Radke nicht nur, dieses Interview zu arrangieren, sondern sorgte darüber hinaus dafür, dass jenes in fast allen 2.500 deutschen Zeitungen veröffentlicht wurde und die Proteste der OKW/WPr dagegen mit dem Hinweis abgebügelt wurden, dass Material stamme aus dem FHQ.715 Das Verhältnis zwischen Dietrich und den SS-Propagandisten blieb allerdings nur solange gut, wie Dietrich ein für die SS nützlicher Machtfaktor in der Propaganda war. Das Amt Presse im persönlichen Stab RFSS führte zwar die SS-Zensur der Pressearbeit der SS-Hauptämter durch, eine Unterstellung der gesamten Öffentlichkeitsarbeit der Schutzstaffel unter dieses Amt fand, obwohl mit Dietrich vereinbart, jedoch nie statt und wurde vom RFSS Ende September 1942 endgültig abgesagt.716 Für die folgenden Jahre gibt es keine Hinweise mehr, die auf ein besonderes Verhältnis der SS-Propagandisten zu dem Reichspressechef schließen lassen. Angesichts des nun wieder stärkeren Einfluss von Goebbels und dem damit korrespondierenden Bedeutungsverlust Dietrichs dürften diese Beziehung nun, wenn überhaupt, nur noch geringen Einfluss auf die Präsenz der Waffen-SS in den Medien gehabt haben. Das wechselvolle Verhältnis zum Reichspressechef unterstreicht, wie wichtig der Reichsführung SS eine umfassende Berichterstattung über den Fronteinsatz der Waffen-SS in den Medien des Dritten Reiches gewesen ist. Sie war dafür bereit, die Entscheidungen der hier Verantwortlichen nicht nur hinzunehmen, sondern sogar aktiv zu beeinflussen. Besonders deutlich offenbarte sich das in dem Konkurrenzkampf, den sich die SS-PK mit der Wehrmachtpropaganda fast den ganzen Krieg über lieferte. d) WEHRMACHT

Es ist in dieser Arbeit schon mehrfach angeklungen, dass das Verhältnis zwischen den Propagandisten von WM und SS nicht von so guter Zusammenarbeit geprägt gewesen sein kann, wie es durch d’Alquen und andere,717 aber auch in der For714 715

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Vgl. Simms, Wolff, insbes. S. 444 f. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 20 f (13.4.1941). Der Grund für diese Propaganda-Aktion lag ausweislich dieses Berichts in der Entrüstung darüber, dass besagter SS-Hauptsturmführer Klingenberg in der Meldung des WMB als »Hauptmann« bezeichnet worden sei, vgl. ebd., S. 20 (13.4.1941). In der veröffentlichten Fassung des WMB v. 13.4.1941 ist jedoch von »Hauptsturmführer Klingenberg« die Rede, vgl. WMB v. 13.4.1941. Sogar eine Beteiligung von Himmler ist denkbar, zumindest sprach er später Radke seine Anerkennung für die erfolgreiche Durchführung dieser Aktion aus, vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 21 (13.4.1941). Vgl. ebd., pag. S. 191 f (30.9.1942). Vgl. »Kriegsberichter«, in: BA-MA, N 756/300a; d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 30; Reinecker, Zeitbericht, S. 100. Auch von Wedel schildert eine gute Zusammenarbeit, diese Darstellung wurde allerdings von d’Alquen verfasst, vgl. ebd., Propagandatruppen, S. 83-87, insbes. 83.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

schungsliteratur718 bisher immer wieder dargestellt worden ist. Vielmehr lässt sich aus einer Vielzahl an bisher unbeachteten Hinweisen in den Akten der SS, aber auch in anderen Quellen ein Konkurrenzkampf rekonstruieren, den der Schwarze Orden schlussendlich für sich entscheiden konnte. Dabei ist ohne weiteres einsichtig, dass insbesondere das Heer an einer Propaganda um die Heldentaten ihrer Konkurrenten an der Front grundsätzlich kein Interesse haben konnte. Dieser Interessengegensatz lässt sich auch aus Äußerungen in Nachkriegsdarstellungen ehemals führender WM-Propagandisten herauslesen: So seien laut Erich Murawski die Taten der Waffen-SS in der Propaganda des Dritten Reiches so über Gebühr herausgestellt worden, dass man seitens der WM die Entstehung einer »Geschichtslegende« über den entscheidenden Anteil der Waffen-SS am Krieg befürchten und dagegen vorgehen musste.719 Nach Arthur Rathke sei gegen Ende des Krieges die Kriegsberichterstattung in die Hände der SS gefallen, welche die militärischen Vorgänge nur noch als Anlass für politische Propaganda genutzt hätte.720 Günther Heysing schließlich schildert, dass die wachsende Popularität der Waffen-SS in der Öffentlichkeit zu einem Problem in der Freiwilligenwerbung des Heeres geworden sei und Gegenmaßnahmen erfordert hätte.721 Daneben scheinen, zumindest zu Beginn, aber auch persönliche Abneigungen zu einem schlechten Verhältnis beider Organisationen beigetragen zu haben. So geht aus den Aufzeichnungen des Leiters des Amtes Presse im Persönlichen Stab RFSS, SS-Obersturmbannführer Radke, hervor, dass schon vor der Aufstellung der SS-PK im Februar 1940 ein gespanntes Verhältnis mit OKW/WPr bestanden hat. Grund sei die »sehr scharfe Klinge« gewesen, die d’Alquen im SK seit 1935 gegen »reaktionäre Tendenzen« in der weltanschaulichen Ausrichtung und Erziehung des Offizierskorps geführt hätte.722 Auch eine andere Quelle berichtet, dass insbesondere der stellvertretenden Kommandant von OKW/WPr, Major Rolf Kratzer,723 keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die SS gemacht hätte.724

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Vgl. Uziel, Warriors, S. 281; Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 130 f. Auf Konflikte verweisen ansatzweise Moll/Augustinovic, d’Alquen, S. 109 f; Kaden, Wort, S. 108 f. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 99 f. Murawski war innerhalb von OKW/WPr für den Bereich Radio und die Kommentierung der Wehrmachtberichte zuständig gewesen, vgl. Uziel, Warriors, S. 271, 387. Vgl. Rathke, Oberkommando, S. 4. Rathke war u. a. Verbindungsoffizier von OKW/WPr zum RMVP, vgl. Uziel, Warriors, S. 383. Vgl. Heysing, Kriegsberichterzug, S. 86 f. Heysing war einer der berühmtesten PK-Reporter der WM und nach dem Krieg Herausgeber der Zeitschrift der PK-Veteranen, »Die Wildente«, vgl. Uziel, Warriors, S. 142, 357-370. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985 pag. S. 25; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 19 (12.4.1941). Welche Berichte des SK genau gemeint sind, geht aus der Akte nicht hervor. Angesichts des Charakters der Berichterstattung im SK, wo selbst Parteifunktionäre von Kritik nicht verschont blieben, ist die Information aber glaubhaft. Vgl. dafür Abs. 4.2.e) dieser Arbeit und Zeck, Korps, S. 129, 266-283. Zur Funktion Kratzers in OKW/WPr vgl. Martin, Mann, S. 21; Murawski, Wehrmachtbericht, S. 47; Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 100 f, 430. Vgl. Sommerfeldt, Oberkommando, S. 49.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die SS-Führung bezüglich der Nichtberücksichtigung des Einsatzes der bewaffneten SS in der Berichterstattung der PK über den Polenfeldzug 1939 sogar ein planvolles Handeln von OKW/WPr vermutete. In einer Aktennotiz über eine Besprechung in der SS-Inspektion vom 15.4.1940, an der SS-Oberführer Jüttner, d’Alquen wie auch Major Kratzer, damals in OKW/WPr zuständiger Leiter für den Einsatz der Propagandatruppen, teilnahmen, wird jedenfalls folgende Reaktion von Kratzer genannt: »Er könne versichern dass von ihm bestimmt, da er fast 99,9 % aller Anweisungen an die Truppe gegeben habe, kein Befehl an die PK gegeben worden ist, dass über die SS nichts gebracht werden dürfe.« 725 Die Errichtung einer SS-PK musste OKW/WPr, vermutlich wegen der bereits erteilten Genehmigung durch Hitler,726 hinnehmen. Die schon dargelegten Richtlinien, die anlässlich der Aufstellung der SS-PK zwischen dem RFSS und OKW/ WPr vereinbart wurden, zeigen jedoch deutlich, dass Letztere diese Konkurrenzorganisation unter seiner Kontrolle zu halten beabsichtigte. Anders ist die vereinbarte Weisungsbefugnis von OKW/WPr, die Unterstellung der Feldeinheiten der SS-PK unter die jeweiligen Armeeoberkommandos, das bei der Wehrmachtpropaganda liegende Recht der militärische Zensur und der endgültigen Entscheidung über die Art der Verwendung des SS-Materials, sowie das für die SS-PK geltende Verbot, eine Aktivpropaganda zu betreiben, nicht deutbar.727 Was wie eine Anerkennung der Kommandogewalt der Wehrmachtpropaganda durch die SS wirkte, war jedoch von Letzterer offensichtlich nur zum Schein akzeptiert worden. Wie hier schon ausgeführt, widersprach schon der einige Wochen zuvor erlassene Befehl des RFSS über die Aufstellung der SS-PK zentralen Punkten dieser Abmachung. Weder war dort eine Eingliederung der Züge der SS-PK in die Hierarchie der WM noch eine militärische Zensur direkt an der Front vorgesehen. Dieser Befehl des RFSS wurde dennoch ohne Änderung umgesetzt.728 Dennoch sind in den ersten Monaten nach Aufstellung der SS-PK deshalb keine Konflikte mit OKW/WPr. quellenmäßig fassbar.729 Trotzdem waren die Beziehungen beider Seiten von Anfang an wenig kameradschaftlich. Die SS soll nach d’Alquen Darstellung in der Aufbauphase ihrer Propagandaeinheit von der WM kaum Unterstützung erhalten haben, sondern musste vielmehr ihr Material und Fachpersonal selbst beschaffen.730 Am sichtbarsten waren jedoch die beste725 726 727

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»Besprechung bei der SS-Inspektion« v. 15.4.1940, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2. Vgl. »Zusammenarbeit von OKW/WPr. mit Reichsführer-SS bezüglich SS-Propagandakompanie«, [April 1940], in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. auch Abs. 3.2.a) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 3.2.a) dieser Arbeit. Im Gegenteil beschrieb es der Zugführer des II. Zuges der SS-PK am 14.7.1941 als die bisherige Praxis, dass die gesammelten Berichte der SS-PK erst in Berlin durch die Zentrale der SS-PK an OKW/WPr zur militärischen Zensur übergeben worden sei und OKW/WPr wöchentlich einen Zensurbericht an den Stab der SS-PK übermittelt habe, vgl. Schreiben des Zugführers des II. Zug SS-PK an das Kommando der Panzergruppe 4 betr. Zensur der Wort- und Bildberichte von SSKriegsberichtern v. 14.7.1941, in BArchB, RW 4/430, pag. S. 260. So war laut d’Alquens »Arbeitbericht« die Zusammenarbeit mit zuständigen Dienststellen außerhalb der SS anfangs »in keiner Weise« zufriedenstellend. So dauerte es zwei Jahre, bis die Filmberichter der SS-PK die ersten Kameras vom Heer geliefert bekamen, Kameraleute wurden gar nicht

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3. Die Kriegspropaganda der SS

henden Spannungen bei der militärischen Zensur des Materials der SS-PK. Hier soll es von Anfang an immer wieder vorgekommen sein, dass die Sachbearbeiter von OKW/WPr SS-PK-Artikel grundlos sperrten oder die Freigabe von RKBerichten der Waffen-SS, deren zeitnahe Veröffentlichung natürlich äußerst wichtig war, oftmals tage- und wochenlang verzögerten. Die Klagen über solche Schikanen731 häuften sich derart, dass schließlich die SS am 12. April 1941 das oben beschriebene Abkommen mit Reichspressechef Dietrich schloss. Damit nutzten die SS-Propagandisten zum ersten Mal einen entscheidenden Vorteil aus, den sie gegenüber OKW/WPr besaßen: die guten Kontakte namentlich ihres Chefs Gunter d’Alquen bis in die Führungszirkel des Dritten Reiches. Am wichtigsten war dabei die immer wieder gewährte Unterstützung durch den mächtigen RFSS bzw. dessen Dienststellen.732 Dabei war OKW/WPr. nicht so einflusslos, wie es Gunter d’Alquen nach dem Krieg darstellte.733 Im Gegenteil schrieb man in der militärischen Führung der Wehrmachtpropaganda einen so hohen Stellenwert zu, dass sie ab Sommer 1940 direkt dem Wehrmachtführungsamt und damit Generalmajor Jodl unterstellt wurde. Gerade hier zeigte man ein intensives Interesse an der Arbeit von OKW/ WPr. Nicht nur, weil Jodl von der Wichtigkeit ihrer Arbeit überzeugt war, sondern weil sie auch in die Kommandostrukturen von OKW und Wehrmachtführungsstab eingebunden wurde. So war OKW/WPr etwa intensiv an der Vorbereitung des Westfeldzuges beteiligt. Vor dem Balkanfeldzug und bei den Planungen des Unternehmens »Barbarossa« war OKW/WPr im Februar 1941 sogar in den Verteiler von Hitlers »Weisungen für die Kriegsführung« aufgenommen worden und somit lange vor Goebbels über den bevorstehenden Angriff informiert. Auch als sich die deutsche Kriegsführung 1942 auf einen langen Abnützungskrieg umstellen musste, behielt die Wehrmachtpropaganda ihre Bedeutung. Sie wurde immer weiter institutionell aufgewertet, war im September 1943 schließlich eine eigene Waffengattung und wurde zu einer Amtsgruppe im Wehrmachtführungsstab umgegliedert. Zudem wurde von Wedel und sein Stab nun im FHQ angesiedelt, um mit den höchsten militärischen und politischen Stellen schnell Kontakt aufnehmen zu können.734 Darüber hinaus verfügte OKW/WPr auch über ein Machtinstrument, dessen praktische Bedeutung in diesen Kriegszeiten nicht zu unterschätzen ist. Als militärische Organisation stand ihr ein Verfügungsrecht über das von ihr benötigte Personal zu. Das ermöglichte ihr eine Ballung an Propagandaspezialis-

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freigegeben, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Nachfragen der SS-PK sollen von den Zensoren der WM abgebügelt worden sein mit Bemerkungen wie: »Ich verstehe nicht, dass Sie die Sache so eilig haben, das hat doch bei Euch Zeit«, siehe: »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 19. Gunter d’Alquen sagte selbst nach dem Krieg aus, dass er immer bemüht gewesen sei, mit Himmler Kontakt zu halten, weil »über ihn gewisse Entscheidungen, die ich brauchte, schneller zu erreichen waren wie beim Heer«, siehe: »Vernehmung des Gunter d’Alquen durch Mr. Walter Rapp am 16.2.1948 v. 14:30h bis 16:00h«, in: IfZ, ZS 2. Vgl. d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 2. Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 116, 118, 122, 128 f, 135; Uziel, Warriors, S. 103.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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ten, dem z. B. das AA und sogar das RMVP wenig entgegensetzen konnte. All dies ermöglichte es OKW/WPr, mit dem RMVP auf Augenhöhe zu verkehren und alle von dort kommenden Übernahmeversuche abzuwehren.735 Dennoch machte sich bei den WM-Propagandisten deutlich das Fehlen einer politischen Hausmacht bemerkbar.736 So hatten sie meist das Nachsehen, wenn die SS ihre Beziehungen spielen ließ. Insofern war der schon geschilderte mediale Rummel um die Einnahme Belgrads durch den SS-Hauptsturmführer Klingenberg im April 1941 auch eine Demonstration der Macht dieser Verbindungen. Aber nicht nur deshalb begann OKW/WPr zu diesem Zeitpunkt offensichtlich, die SS-Propagandaorganisation als ernsthafte Rivalen zu betrachten. Angesichts der auch wegen ihrer hohen Aktualität in den deutschen Illustrierten weitverbreiteten Bilder der SS-PK fürchteten die Wehrmachtpropaganda, dass in der Heimat der Eindruck entstanden sein könnte, die SS habe einen weit größeren Anteil am Sieg auf dem Balkan gehabt, als es der Wirklichkeit entsprach.737 Als dann vor und zu Beginn des Russlandfeldzuges der geschilderte massive Ausbau der SSPropagandatruppen738 einsetzte und SS-PK-Berichte offenbar bald wieder überproportional häufig in den deutschen Medien zu finden waren, scheint OKW/ WPr die bei Murawski angesprochenen Maßnahmen zu einer Reduzierung der Berichterstattung über die Waffen-SS739 wieder angegangen zu sein. Dass man in der Führung von OKW/WPr. alles andere als begeistert über den Ausbau der SS-PK und die von ihr betriebene, intensive Propaganda war, ist jedenfalls sicher. Bände spricht ein Bericht des Zugführers des neuaufgestellten 8. Zugs der SS-PK über ein Treffen mit dem stellvertretenden Leiter von OKW/ WPr, Major Kratzer, im August 1941. Dabei nahm Kratzer in deutlichen Worten Anstoß an der vorgesehenen Größe dieses neuen Zuges für die niederländische SS-Legion, aber auch insgesamt an der Zahl der SS-Journalisten: Hierauf antwortete mir Herr Oberstleutnant Kratzer ziemlich schroff, […] dass die Waffen-SS schon viel zu viel Berichterstatter habe im Hinblick auf ihre Stärke im Verhältnis zur Wehrmacht. Die Stärke der SS-KBK. betrüge im Hinblick auf das Stärkeverhältnis der Waffen-SS zur Wehrmacht ungefähr das 8-fache der PK der Wehrmacht. ›Es gibt doch auch noch eine deutsche Armee! Man liest fast nur noch Berichte der SS-KBK.!‹ sagte Herr Oberstlt. Kratzer u. a. wörtlich.740

Dieser Konflikt hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Folgen gezeigt. Als an der Front Zensuroffiziere der Wehrmacht auf der ursprünglich vereinbarten Zensur des Wort- und Bildmaterials der SS-PK vor Ort bestanden,741 verwies OKW/WPr in 735

736 737 738 739 740

741

Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 121, 134 f. So wurden die WM-Propagandisten bei der Abwehr eines Versuchs von Goebbels im Juni 1943, OKW/WPr zu übernehmen, von Jodl unterstützt, vgl. Uziel, Warriors, S. 201 f. Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S. 121. Vgl. Uziel, Warriors, S.280 f. Vgl. Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 100. Aktennotiz des Zugführers des 8. Zug der SS-PK betr. Berliner Besprechung bezüglich Aufbau d. 8. Zuges der SS-KBK vom 5.8.-15.8.1941, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Schreiben Kommando Panzergruppe 4 an OKW/WPr betr. Zensur von PK-Berichten von SS-Kriegsberichtern v. 18.7.1941, in: BA-MA, RW 4/430, pag. S. 259.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

seiner Stellungnahme Anfang August 1941 nicht auf die bisher von ihr selbst mitgetragene bisherige Praxis, sondern wies die SS-PK ausdrücklich an, »wie alle anderen Heeres-PK-Berichte« auch ihr Material den Armeeoberkommandos vorzulegen.742 Allem Anschein nach beschwerte sich die WM auch bei Goebbels über die übermäßige Propaganda um die Waffen-SS. Zumindest zeigte der Propagandaminister gerade in dieser Zeit, im September 1941, ausweislich seines Tagebuches Verständnis für die Position der WM und war ebenfalls gewillt, das Ausmaß der SS-Berichterstattung zu reduzieren. Aber auch dagegen ging man seitens der SS-PK vor. Nachdem mehrfache Versuche d’Alquens, Goebbels persönlich umzustimmen,743 gescheitert waren, sorgte schließlich der RFSS Himmler nicht nur im Oktober 1941 mittels der schon beschriebenen zweiten Übereinkunft mit Reichspressechef Dietrich dafür, dass die Absichten von Goebbels ins Leere liefen. Darüber hinaus traf er sich im gleichen Monat auch mit von Wedel.744 Mit diesem kam es schnell zu einer Einigung. Im Rahmen eines »Ausgleichs« wurde im Oktober 1941 vereinbart, dass das Amt Presse im Persönlichen Stab RFSS auch eine militärische Zensur der SS-PK-Berichte ausführte. Dafür erhielt man nun auch die militärischen Zensuranweisungen des OKW. Von einer Zensur an der Front war dagegen keine Rede mehr.745 Das Material wurde zwar weiterhin auch von der WM überprüft und nötigenfalls gesperrt.746 Da aber als Teil des »Ausgleichs« auch ein ständiger Verbindungsführer aus dem persönlichen Stab des RFSS in der Zensurabteilung von OKW/WPr im Einsatz war,747 ist einsichtig, dass es wie im RMVP nun auch für die Zensoren des OKW ungleich schwieriger war, Geheimhaltungsgründe für eine Sperrung einer Anzahl an SS-Kriegsberichten vorzuschieben. Dennoch, obwohl Radke Anfang November 1942 schrieb, dass das gesamte Material hier nun »rasch und reibungslos« freigegeben würde,748 war der Konflikt insgesamt keineswegs gelöst. Goebbels notierte z. B. am 5. Februar 1942 in sein Tagebuch: »Die SS kracht sich mit dem Heer herum über die Prozentzahlen der

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Entwurf eines Schreibens OKW/WPr, von Wedel an das SS-FHA, SS-Pr. betr. Militärische Zensur v. 4.8.1941, in: BA-MA, RW 4/430, pag. S. 260. So heißt es in Goebbels Tagebuch am 25.9.1941: »d’Alquen schreibt mir einen Brief von der Front, in dem er mich eindringlich bittet, die Propaganda für die SS nicht zurückzudämmen, sondern nach dem Grundsatz zu verfahren, dass der, der das beste Propagandamaterial liefert, auch am meisten in der Propaganda zu Gehör kommen soll. […] Man darf hier natürlich nicht nur nach der Leistung, sondern muß auch nach der Wirkung gehen; und es nicht zu bezweifeln, dass die übermäßige Propaganda für die SS beim Großteil des Heeres verstimmend wirkt.« Siehe: Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/1, S. 494. Eine weitere Kontaktaufnahme d’Alquens dokumentiert: Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/2, S. 285 (14.11.1941). Vgl. Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 33 f. (18.10.1941). Vgl. ebd., pag. S. 33 f (18.10.1941), 143a (29.7.1942), 143b (29.7.1942), 194 f (1.10.1942). Das geht aus dem Rechenschaftsbericht von Radke hervor, vgl.: »Rechenschaftsbericht des SSObersturmbannführer Radke« v. 1.11.1942, in: BArchB, NS 19/2985 pag. S. 5. Vgl. ebd. Ebd.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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Frontberichte. Die SS bringt in der Tat die besseren Berichte, aber das OKW sucht diese nach Möglichkeit etwas zurückzuhalten.«749 Ebenso beklagte sich Gunter d’Alquen im Juni 1942 bei Radke, dass man bei OKW/WPr ihm jeden von der Presseabteilung des RFSS gesperrten SS-PK-Bericht mit »hämischer Freude« als Beweis für die schlechte Arbeit der SS-Propagandisten unter die Nase halte.750 Auch im Mai und Ende September 1943 protestierten die WM-Propagandisten bei Goebbels wegen der ihrer Ansicht nach zu umfangreichen Berichterstattung über die SS-Truppen.751 Fassbar ist die Missgunst noch während der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944, als von Wedel die massive Überrepräsentation von Material der SS-PK in der Wochenschau beklagte.752 Selbst an der Front hörten die Zusammenstöße nicht auf. Die Bitten von Kurieren der SS-PK, das Kuriersystem der WM-PK mit benutzen zu dürfen, wurden im August 1942 »trotz Platz in der Maschine geradezu hohnlachend«753 zurückgewiesen und die Weitergabe von Kuriergut der SS-PK von WM-Stellen in gleicher Zeit immer wieder wochenlang verzögert.754 Eine plastische Beschreibung, wie weit die Konkurrenz von Wehrmacht- und SS-Propaganda ging, findet sich in einem Schreiben eines SS-Gruppenführers an d’Alquen vom Oktober 1942. Darin zeigte sich Ersterer entsetzt, dass in einer Ausstellung der SS-PK auch die Organisation von deren Kuriersystem vorgeführt wurde: Lieber Gunter, ich halte das Aufdecken unseres Fabrikgeheimnisses […] für falsch auf Grund einer Bemerkung Ihres Kollegen [von der Wehrmacht, Anm. d. Autors], der in Zivil zu gleicher Zeit wie ich die Ausstellung besuchte. Er sagte nur: ›aha’, klemmte sein Einglas hinein, machte sich einige Notizen und verschwand. Die Folge davon wird nun sein, dass entweder das OKW sich umstellt und es so macht wie wir. Dann sind wir bestimmt die Dummen! Oder aber dass es unseren Kurieren etwas in den Weg legt und damit die ganze Sache erschwert.755

OKW/WPr beschränkte sich aber nicht nur darauf, Erfolge der SS-PK zu verhindern. Im Gegenteil kopierten sie auch die offensichtlich erfolgreichen Methoden der SS-Propaganda, um insbesondere in der Freiwilligenwerbung gegen 749 750

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Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/3, S. 255 (5.2.1942). Das berichtete Gunter d’Alquen im Juni 1942 dem Leiter der Presseabteilung im Persönlichen Stab des RFSS, Radke. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass d’Alquen mit diesem Argument seine Absicht begründete, die SS-Zensur durch seine Organisation durchzuführen, was ihm schließlich auch erlaubt wurde, vgl.: »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 194 (1.10.1942). Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 266 (10.5.1943); ebd., Bd. II/9, S. 164 f (26.9.1943). Vgl. Uziel, Warriors, S. 322. Schreiben des Zugführers des 5. Zug der SS-PK an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 3.8.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Mitte Juli 1942 schrieb ein Zugführer der SS-PK, dass unbegleitetes Kuriermaterial der SS-PK vielfach gar nicht bzw. sehr spät die Zentrale der SS-PK in Berlin erreiche, vgl. Schreiben des Zugführers des 5. Zuges der SS-PK an Gunter d’Alquen betr. Künftige Kurierverbindung v. 19.7.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Ähnlich auch: Schreiben der SS-KBA an den SS-Oberscharführer Böhmer betr. Stützpunkt 5. Zug SS-KBA v. 29.9.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Schreiben SS-Gruppenführer [Berger?] an Gunter d’Alquen betr. SS-P.K.-Ausstellung v. 23.10.1942, in: BArchB, NS 19/2402.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

diese ankommen zu können. Das betraf nicht nur die schon geschilderte Übernahme der Ikonographie der Waffen-SS-Einheiten bei den FreiwilligenEinheiten des Heeres wie »GD« oder »FHH« inklusive dem Ehrennamen und Ärmelstreifen. Um die Präsenz in der Berichterstattung zu erhöhen, wurde diesen Divisionen, wie bei der SS-PK üblich, ab Mai 1942 jeweils ein eigener Kriegsberichterzug zugeteilt, der die Einheiten dann auch für den Rest des Krieges ständig begleitete. Diese wurden außergewöhnlich gut ausgerüstet. Das Personal kam bei »GD« aus der Elite der Kriegsberichter, der Berichterstaffel z.b.V. des Heeres. Dieser Zug wurde mit fünfzehn Kfz und sogar mit Panzerfahrzeugen ausgestattet, um der voll motorisierten Einheit folgen und so ständig von deren Einsätzen berichten zu können. Dazu wurde hier, um eine ähnlich hohe Aktualität der Berichterstattung wie bei der SS zu gewährleisten, auf die Auswertung vor Ort verzichtet. Kuriere brachten das Material sofort nach Berlin.756 Aber auch bei der SS-PK wurden immer wieder Überlegungen angestellt, wie eine möglichst umfangreiche Berichterstattung über die SS-Truppen im Vergleich zu den Rivalen von den WM-PK sichergestellt werden könne, etwa vor Beginn des RusslandFeldzuges 1941757 oder auch im Winter 1942.758 Selbst im Sommer 1944 wurde in Erwartung der alliierten Invasion seitens der SS-PK eine Kurierstaffel über Paris ins Reich eingerichtet und die besten SS-Kriegsberichter in Frankreich konzentriert, um »propagandistisch gegen die starke Konkurrenz ankommen zu können«759 Dabei kam den SS-Kriegsberichtern zugute, dass sich spätestens ab Ende 1943 die Machtverhältnisse zwischen beiden Organisationen spürbar zu ihren Gunsten verlagerten. Neben dem schon länger bei Hitler wie auch Goebbels vorhandenen Willen, der Waffen-SS einen wichtigen Platz in der Propaganda des Dritten Reiches einzuräumen, war dafür auch die Reduzierung des Personals der Wehrmachtpropaganda verantwortlich. Die hiervon weitestgehend ausgesparte SS-PK konnte sich so für die WM unentbehrlich machen. Neben der ab Juli 1943 beginnenden Berichterstattung der SS-PK auch über WM-Einheiten galt das vor allem für den Bereich der Aktivpropaganda. In diesem nunmehrigen Schwerpunkt der Tätigkeit der militärischen Propaganda kam es tatsächlich zu der nach dem Krieg beschriebenen intensiven Zusammenarbeit beider Organisationen, die nun z. T. sogar im gleichen Gebäude residierten.760 Die Führung lag hier bei der SS-PK, deren Tätigkeit bald höchste Anerkennung erhielt. Wohl auch durch kalkuliert euphorische Berichte d’Alquens an Hitler über die außerordentliche Wirkung der Me756

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Vgl. Heysing, Kriegsberichterzug, S. 86 f; ebd., Schwert und Feder, S. 55 f, 66; Skorpil, Kriegsberichterzug, S. 53. Der Chef des Amtes Presse im Persönl. Stab RFSS, Radke, mahnte Anfang Mai 1941 eine höhere Effektivität des Bildlabors der SS an, damit die Würdigung der Waffen-SS in der Öffentlichkeit nicht mehr gegenüber der der WM abfalle, vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 22. Gunter d’Alquen ordnete Februar 1942 die Einrichtung einer Kurierstaffel und höchsten Arbeitseifer an, um gegenüber den PK der WM »zumindest angeglichene Mengen an Material« zu erreichen, siehe: »Sonderbefehl Nr. 8« der SS-KBA v. 3.2.1942, in: BA-MA, RS 4/1157. Schreiben d. Adjutanten der SS-St. »KE« an SS-Unterstf. Krüger v. 5.7.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Siehe Abs. 3.2.b) dieser Arbeit.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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thoden der SS-PK beeinflusst,761 zeichnete dieser d’Alquen für diese Erfolge Ende 1944 mit dem Deutschen Kreuz in Silber aus.762 Wie sehr sich die Machtverhältnisse nun geändert hatten, zeigt sich beispielhaft an dem schon erwähnten Vorgang Anfang 1944. Ein Sonderführer der SS-PK, der von Wedel im FHQ über die ersten Erfolge der Aktivpropaganda-Aktionen der SS berichten sollte, legte diesem zunächst Himmlers Beanstandungen wegen der Nichterwähnung von Taten einiger SS-Divisionen im WMB vor. Es ist anzunehmen, dass 1941 ein solches Vorgehen noch heftige Proteste von Seiten des OKW/ WPr ausgelöst hätte. Nun aber entschuldigte sich von Wedel nicht nur wortreich. Sein Einfluss gegenüber der SS war offensichtlich so gesunken, dass er sogar darum bat, in Zukunft ihn unmittelbar und ausdrücklich unter Umgehung des normalen Dienstweges über das OKH über »hervorragende Leistungen« der Waffen-SS zu unterrichten, die im WMB genannt werden sollten.763 Kurz darauf übernahm die SS-PK auch die militärische Zensur ihrer Berichterstattung komplett selbst. Welche Möglichkeiten dies eröffnete, berichtete im März 1944 plastisch ein SS-Offizier, der offenbar aus den praktischen Erfordernissen der Kriegslage heraus diese Aufgabe in Riga zu diesem Zeitpunkt bereits übernommen hatte: »Neben den geschriebenen Gesetzen, nach denen sich der Zensor zu richten hat, wird doch in großem Ausmaße an den gesunden Menschenverstand des Zensierenden appelliert, so daß es für die SS-Kriegsberichte nur von Nutzen sein kann, wenn wir auch in diese Sparte einsteigen.«764 Nur einen Monat später wurde auf Befehl des RFSS die Stelle eines Zensurführers der Waffen-SS geschaffen. Dieser verantwortete ab 17. April 1944 als »Gruppenleiter IV (SS)« bei OKW/WPr die militärische Zensur der SS-Berichterstattung in »Wort, Bild, Film und Funk«.765 In den folgenden Monaten gewann die SS-PK gegenüber OKW/WPr weiter an Oberhand. Zwar arbeitete man nun gut in der Aktivpropaganda zusammen, etwa bei Unternehmen wie »Skorpion-West«, »Skorpion-Ost« oder »Südstern«.766 Im Zuge dessen gelang es der SS-PK Ende 1944 aber auch, tief in die personellen Strukturen von OKW/WPr einzudringen und hier u. a. den SS-Sturmbannführer Anton Kriegbaum als Abteilungsleiter zu installieren. Die nun herrschenden 761

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So erinnerte sich d’Alquen nach dem Krieg, er habe Hitler allerlei schön verpackte Statistiken diesbezüglich vorgelegt, vgl.: d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./ 14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 26 f. Vgl. Fernschreiben des Reichsführers SS an das SS-Personalhauptamt v. 21.12.1944, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10); d’Alquen, Gunter: »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 19. »Aktennotiz für den Kommandeur« v. 17.2.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Schreiben SS-Obersturmführer Herbert Bonda an Regimentsadjutant SS-Obersturmführer Best v. 24.3.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. Verordnungsblatt der Waffen-SS Nr. 11 v. 1.6.1944, Ziffer 260. Eine Kopie befindet sich im Bundesarchiv, vgl. »Zensuroffizier der Waffen-SS«, in: BA-MA, N 756/300a. Vgl. auch Leleu, Waffen-SS, S. 643. Dabei handelt es sich um deutsche Kampfpropaganda-Unternehmen, die 1944 an der italienischen Front (»Südstern«), an der Ostfront (»Skorpion-Ost«) und an der Westfront (»Skorpion-West«) durchgeführt wurden und die das Ziel hatten, die Moral der feindlichen Truppen durch einen konzertierten Einsatz von Flugblättern, Lautsprecherdurchsagen etc. zu schwächen bzw. diese zum Überlaufen zu motivieren, vgl. Buchbender/Schuh, Beil, S. 17, 20.

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3. Die Kriegspropaganda der SS

Machtverhältnisse zeigen sich plastisch daran, dass nun die SS-Propagandafachleute gegenüber ihren Kollegen von der WM die Kompetenz beanspruchten, diesen vom RFSS ausgegebene Sprachregelungen in der Berichterstattung vorzuschreiben.767 Obwohl für die praktische Kriegsberichterstattung bedeutungslos, war es dann ein symbolischer Schlusspunkt für den Verlauf der Beziehungen zwischen der SS-PK und OKW/WPr, dass Gunter d’Alquen in den letzten Kriegstagen noch das Kommando über OKW/WPr übernahm und sich so an die Stelle von Hasso von Wedel setzte.768 Die Spätgründung SS-PK hatte sich tatsächlich gegen die anfangs viel besser an Mensch und Material ausgestattete WM-Organisation auf dem Gebiet der militärischen Propaganda durchsetzen können. e) ERGEBNIS

Die hier zusammengetragenen Hinweise zeigen insgesamt deutlich, dass der immer gegebene Wille der Reichsführung SS nach einer großen Präsenz der von ihren eigenen Journalisten produzierten Propaganda in den Medien des Dritten Reiches zumindest nach der Winterkrise von 1941/42 mit den Absichten von Hitler und Goebbels gleich lief. Beide glaubten, dass die bei der Waffen-SS zu findenden, heldischen Eigenschaften der politischen Soldaten die Kriegswende bringen könnte. Hitler ließ deshalb die Waffen-SS zu einem Massenheer ausbauen, setzte ihre Panzerdivisionen als strategische Reserve in den Brennpunkten der Front ein und schuf so erst die Voraussetzung für eine wirklich umfassende Berichterstattung über die SS-Verbände. Zudem wollte er das Volk mit der Herausstellung der Erfolge der SS-Verbände beruhigen, zugleich ihm die Überlegenheit der NS-Weltanschauung plastisch vor Augen führen und fest im Bewusstsein verankern. Goebbels, der nun uneingeschränkt das Feld der Propaganda beherrschte, setzte diesen Willen Hitlers auch um, so dass eine umfassende Berichterstattung über die Waffen-SS in den letzten Kriegsjahren schon jetzt sehr wahrscheinlich ist. Aber auch in den Jahren zuvor ist eine, zumindest im Vergleich mit der tatsächlichen militärischen Bedeutung der SS-Truppen, unverhältnismäßige Propaganda für die Waffen-SS in den deutschen Medien anzunehmen. Das ging allem Anschein nach nicht auf Hitler oder Goebbels zurück. Schließlich nahm Hitler in dieser Zeit noch Rücksicht auf die Befindlichkeiten des Heeres und war nicht gewillt, die Waffen-SS öffentlich herauszuheben. Goebbels fürchtete wegen dieser übermäßigen SS-Propaganda sogar negative Effekte auf die Moral von Bevölkerung und Truppe. Zum Tragen kam in dieser Zeit vor allem die gute Vernetzung der SS mit den entscheidenden Stellen des Dritten Reiches. So war es ihr möglich, nicht nur den andauernden und vehementen Widerstand der Wehrmacht gegen diese Entwicklung letztlich bedeutungslos zu machen, sondern durch ein geschicktes Paktieren mit dem Reichspressechef Dietrich sogar die Absicht des Propaganda767 768

Vgl. Moll, Wehrmachtpropaganda, S.130 f; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 109. Vgl. Uziel, Warriors, S. 179 f.

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3.5 Externe Einflüsse auf die Berichterstattung

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ministers nach einer Reduzierung der SS-Propaganda zu unterlaufen. Insbesondere diese Erfolge der SS in der ersten Kriegszeit illustrieren plastisch den Willen des RFSS nach einer umfassenden Propaganda für die Waffen-SS. Ohne dessen Unterstützung hätten sich die SS-Propagandisten wohl kaum gegen die zahlreichen Widerstände in der Führungsebene des Reiches durchsetzen können. Weiter untermauert werden sollen diese Erkenntnisse nun durch eine Inhaltsanalyse ausgewählter Medien des Dritten Reiches.

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4. INHALTSANALYSE: UMFANG UND INHALT DER BERICHTERSTATTUNG ÜBER DIE WAFFEN-SS IN AUSGEWÄHLTEN ZEITUNGEN DES DRITTEN REICHES

4.1 METHODE UND VORGEHENSWEISE In den folgenden Abschnitten soll die zeitgenössische Berichterstattung über die SS-Truppen in den Medien des Dritten Reiches untersucht und so in diese Arbeit einbezogen werden. Dies soll geschehen, obwohl insbesondere die Akten der SSPK bereits erkennen ließen, welche Elemente die Darstellung der Waffen-SS geprägt haben müssen. Zu denken wäre etwa an die Ideale der SS-Ideologie wie Treue, Pflichterfüllung oder Gehorsam, die Selbstsicht der SS als gesamtgesellschaftliche und damit auch militärische Elite oder auch die immer gegebene Notwendigkeit einer Freiwilligenwerbung. Dennoch ist eine Inhaltsanalyse noch immer notwendig, ist doch weiter nicht bekannt, in welchen Umschreibungen die weltanschaulichen Leitsätze der SS in den damaligen Artikeln auftauchten, wie deutlich und am Beispiel welcher Einheiten die Waffen-SS als militärische Elite beschrieben wurde etc. Ebenso wenig ist so ablesbar, ob es in der Darstellung der Waffen-SS auch Veränderungen gab. Von solchen Wandlungen ist, zumindest in Teilaspekten, jedoch sogar auszugehen. Das wird nicht die Orientierung an grundlegenden ideologischen Prinzipien der SS oder Verweise auf deren elitären Anspruch betreffen, vielmehr ist eine Auswirkung der in der Realität erheblichen Evolution der SS-Truppen im Laufe des Krieges zu erwarten. Zu denken ist etwa an deren gewaltiges personelles Wachstum, die Aufstellung von nationalen SS-Verbänden, ihre Ausdifferenzierung in kampfstarke und weniger kampfstarke Divisionen oder auch ihre immer weiter verbesserte Bewaffnung. Dazu ist anzunehmen, dass auch die im vorgehenden Kapitel angesprochenen, gleichsam externen Faktoren zu Anpassungen in Inhalt und Umfang der Propaganda um die Waffen-SS geführt haben. Das betrifft vor allem ihre wachsende Bedeutung in den strategischen Planungen Hitlers wie auch ihre Präsentation als vorbildliches deutsches Soldatentum in der zweiten Kriegshälfte. Schlussendlich hatte der sich stetig verändernde Charakter des Krieges sicher auch Auswirkungen, allein schon durch die wechselnden Gegner und Kriegsschauplätze, Phasen deutscher Siege und Niederlagen usw. Es geht also auch darum herauszufinden, ob und inwieweit sich diese Veränderungen wann auf die Darstellung der Waffen-SS ausgewirkt haben. Ganz grundsätzlich stellt sich zudem die Frage, welchen Einfluss ein von der SS-PK verbreitetes Bild von der Waffen-SS in der NS-Propaganda insgesamt überhaupt nehmen konnte. Gewiss, alle bisherigen Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass die SS-Propaganda weit verbreitet war. Dennoch, die Artikel, Bilder und Filme der SS-Kriegsberichter waren ja nur ein Teil der damaligen Berichter-

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4.1 Methode und Vorgehensweise

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stattung. Es ist davon auszugehen, dass die Einsätze der SS-Truppen daneben auch in einer Vielzahl anderer Meldungen verschiedenster Art und Ursprunges beschrieben worden sind. Sich nur auf die Erfolgsmeldungen der SS-Propagandaorganisation zu verlassen, greift somit zu kurz. Schließlich bezieht sich diese Arbeit auf die Waffen-SS in der NS- und nicht in der SS-Propaganda. Ein solcher Einbezug der tatsächlichen Berichterstattung über die Waffen-SS in den damaligen Medien kann im Rahmen dieser Arbeit selbstverständlich nicht umfassend geschehen, sondern nur einen kleinen Ausschnitt betreffen, der zugleich aber möglichst aussagekräftig sein sollte. Es bot sich an, hier die systematische Untersuchung auf einige der im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Reich am meisten gelesenen und/oder meinungsbildenden Zeitungen zu beschränken. Zum einen, weil im Bereich der Printmedien noch am ehesten ein Rest an unterschiedlichen veröffentlichten Meinungen vorhanden war, welche durch eine Auswahl möglichst unterschiedlicher Zeitungen zumindest annäherungsweise erfasst werden können. Zum anderen sprachen auch praktische Gründe für diese Beschränkung: Im Gegensatz zu anderen Medieninhalten aus der Zeit des Dritten Reiches wie etwa die Radioberichte sind eine Vielzahl an infrage kommenden Zeitungen in diversen Bibliotheken überliefert oder zumindest über deren Fernleihsystem erreichbar und somit ohne größeren Aufwand zugänglich. Zeitungen werden deshalb in der folgenden Analyse die Hauptrolle spielen, während von den sonstigen Medienarten die Kriegsausgaben der Wochenschau1 wie auch Illustrierte nur zum Teil und nicht systematisch und Radioberichte gar nicht einbezogen werden. Gegenstand der Analyse der Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz waren die Beiträge der folgenden Zeitungen: An erster Stelle war der Einbezug des »Völkische Beobachter« angesichts seines Status als Leitmedium der marktbeherrschenden Parteiorgane unumgänglich. Stellvertretend für die Reste des Segments der liberalen und bürgerlich-konservativen Presse wurden, da sie als eine der letzten eine erkennbare eigene redaktionelle Linie in der Berichterstattung verfolgen durften, die »Frankfurter Zeitung« und die »Deutsche Allgemeine Zeitung« ausgewählt. Für die Wochenzeitungen stehen das anspruchsvolle NS-Paradeblatt »Das Reich« und das auflagenstarke, von der SS selbst herausgegebene »Das Schwarze Korps«, welches eine umfassende Propaganda um die Waffen-SS erwarten ließ. Im nächsten Abschnitt dieser Arbeit werden diese Zeitungen und ihr jeweiliger Charakter noch eingehender vorgestellt werden.2 Obwohl damit nur ein verschwindend kleiner Ausschnitt aus der damaligen Presselandschaft untersucht und sich angesichts der Fragestellung auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges beschränkt wurde, erzwang die Masse an zu erwartendem Material eine weitere Reduktion des Untersuchungsgegenstandes. Komplett erfasst wurden nur Artikel der SS-PK, auch wenn zu erwarten ist, dass sie manches Mal gar nicht über die Waffen-SS berichteten, sondern etwa das Umfeld der Front oder, später im Krieg, gar Einheiten abseits der Waffen-SS beschrieben. Schließlich 1

2

Bedingt durch frühere Ausstrahlungen im Fernsehen waren dem Autor zumindest 170 der 286 Kriegsausgaben der Wochenschau zugänglich. Mittels der Angaben bei Bucher konnten deren Zensurdatum und Nummer ermittelt werden. Für diese Daten vgl. Bucher, Wochenschauen, passim. Vgl. Abs. 4.2.a)-e) dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

kann bei dieser originären SS-Propaganda davon ausgegangen werden, dass sie grundsätzlich Einfluss auf das »Image« der Waffen-SS in der Öffentlichkeit hatte. Durch das stets den Berichten vorgestellte SS-PK-Zeichen war sie für den Leser immer als Sichtweise der SS erkennbar. Daneben wurde in allen Zeitungen grundsätzlich nach jeglicher, über bloße Überschriften hinausgehende, schriftliche Berichterstattung über Einheiten oder Einzelpersonen der SS im Kriegseinsatz gesucht, die zwischen dem 1. September 1939 und maximal dem 8. Mai 19453 erschienen ist. Indikator war dabei ein auch nur weitläufiger Bezug zu militärischen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs.4 Nicht berücksichtigt wurden aber Reden Hitlers und anderer hoher Parteifunktionäre wie auch die Wehrmachtberichte und die dazugehörigen Kommentare. Gerade letztere wären zwar im Rahmen dieser Untersuchung unzweifelhaft von Wichtigkeit gewesen, da ihre Erwähnung in dieser von oberster Stelle herausgegebenen, täglichen Bilanz der militärischen Führung5 sicher gut geeignet war, die öffentliche Meinung über die Waffen-SS insgesamt zu beeinflussen. Sie aber hier ebenfalls systematisch zu untersuchen, hätte einen in diesem Rahmen nicht zu bewältigenden Analyseaufwand bedeutet. Schließlich sind im Laufe des Krieges 2.080 Wehrmachtberichte erschienen6, die zudem meist von recht umfänglichen Kommentaren begleitet wurden. Gleiches galt auch für die zwar selteneren, dafür aber meist sehr langen Reden Hitlers und anderer NS-Funktionäre. Die inzwischen vollständig publizierten und daher leicht verfügbaren Wehrmachtberichte wurden aber punktuell in die qualitative Analyse der Propaganda um die Waffen-SS mit einbezogen, ebenso auch die erwähnten Reden, die dafür aus den Zeitungen abfotografiert wurden. Wegen ihrer schieren Masse wurden auch die bildlichen Darstellungen der SSTruppen in den Zeitungen nicht systematisch analysiert. Hier werden nur einzelne Beispiele der Berichterstattung der damaligen illustrierten Massenpresse die Bedeutung des Visuellen in der Propaganda um die SS-Truppen veranschaulichen. Entnommen wurden diese Beispiele den damals führenden Illustrierten, dem »Illustrierten Beobachter« und der »Berliner Illustrirten Zeitung«. Auch die Merkmale dieser beiden Zeitungen werden nachfolgend noch genauer vorgestellt werden.7 In den systematisch untersuchten Zeitungen fanden sich trotz all dieser Einschränkungen im Ganzen 2.829 Beiträge, welche die Basis für die Untersuchung bildeten. Diese enorme Menge erforderte ein methodisches Vorgehen. Dafür wurde hier ein Instrument der Kommunikationswissenschaften angewendet: die Inhaltsana3

4

5 6 7

Der 8. Mai 1945 wurde als Endpunkt gewählt, um den Anspruch zu signalisieren, in diese Untersuchung die Berichterstattung der Zeitungen über die gesamte Kriegszeit einzubeziehen. Die FZ wurde jedoch bereits am 31. August 1943 eingestellt, wegen des zunehmenden Chaos am Kriegsende wie auch der teilweise mangelnden Überlieferung endet der Untersuchungszeitraum auch bei allen anderen Zeitungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Für Details dazu siehe die Angaben im Quellenverzeichnis dieser Arbeit. Dabei wurde eine Berichterstattung über die Waffen-SS grundsätzlich als im Zusammenhang mit der SS im Kriegseinsatz stehend definiert. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 163. Vgl. ebd. Vgl. Abs. 4.2.f)-g) dieser Arbeit.

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4.1 Methode und Vorgehensweise

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lyse. Diese Methode wurde zwar schon umfänglich und von Anfang an in der kommunikationswissenschaftlichen Erforschung der NS-Propaganda eingesetzt, aber bisher nur selten in der Geschichtswissenschaft.8 Deshalb soll dieses Vorgehen zunächst erläutert werden. Grundsätzlich ist die Inhaltsanalyse eine empirische Methode der Sozialforschung und basiert auf dem Sachverhalt, dass menschliche Kommunikation soziale Prozesse abbildet.9 Somit kann eine soziale Wirklichkeit erhoben werden, indem man von den Merkmalen eines manifesten Textes auf die Merkmale eines nicht manifesten Kontextes schließt.10 Das bedeutet in dem hier verfolgten Zusammenhang, dass es grundsätzlich möglich ist, durch die Analyse der vorliegenden Zeitungsartikel auf das in der NS-Propaganda zu findende Bild von dem Kampf der Waffen-SS zu schließen. Aber nicht nur dies: Sprache hängt gleichermaßen von historischen und sozioökonomischen Bedingungen wie auch situativen Kontexten ab, hat aber auch die Möglichkeit, soziale Prozesse ihrerseits zu beeinflussen.11 Das Image der Waffen-SS in der deutschen Bevölkerung kann also aus theoretischer Sicht durchaus von dieser Propaganda beeinflusst worden sein. Obwohl sprachliche Kommunikation vieldeutig ist, kann man das Vorkommen von bestimmten Begriffen, Fakten oder Argumenten in einem bestimmten Kontext feststellen. Das ist ein Arbeitsvorgang, der mit Hilfe eines präzisen Erhebungsinstruments unter weitestgehender Ausschaltung subjektiver Einflussfaktoren vollzogen werden kann.12 Dieses präzise Erhebungsinstrument zur Erforschung der Kommunikationsinhalte ist die Inhaltsanalyse, denn sie vereint eine empirische Methode und eine systematische Vorgehensweise. Sie ist auf ein auszuwertendes Material bezogen, das die tatsächlichen Begebenheiten abbildet und folgt in der Analyse ausdrücklichen Regeln, die theoriegeleitet aufgestellt und auf das gesamte Untersuchungsmaterial angewandt worden sind. Dabei muss die ganze Vorgehensweise wie auch die Ergebnisse der Analyse nachvollziehbar und reproduzierbar sein.13 Eine solche Inhaltsanalyse lässt sich in zwei Verfahren unterteilen, ein quantitatives und ein qualitatives. Bernard Berelson definierte in einer klassisch gewordenen Beschreibung die quantitative Inhaltsanalyse als Untersuchungstechnik, die der objektiven, systematischen und quantitativen Beschreibung manifesten Inhalts von Kommunikation dient.14 Dieses Vorgehen dient der Untersuchung von großen Textmengen, dessen Strukturen formaler oder inhaltlicher Art beschrieben und zueinander in Beziehung zu setzen sind. Hierfür wird das Material in Kategorien untergliedert 8

9 10 11 12 13 14

Es gingen sogar entscheidende Impulse für die Entwicklung der Methoden der Inhaltsanalyse von amerikanischen Untersuchungen der NS-Propaganda aus, vgl. Blumenauer, Erforschung, insbes. S. 258-262, 265-270, 281 f. Ein Beispiel für die Anwendung in den Geschichtswissenschaften ist die Arbeit von Marc Philipp, der damit einen Zugang zu der Erforschung eines Bestandes an Zeitzeugeninterviews fand. Für eine Beschreibung seines Vorgehens, welches von großem Einfluss für die hier angewandten Methoden war, vgl. ebd., Hitler, S. 105-112. Vgl. Friedrichs, Methoden, S. 315. Vgl. Merten, Inhaltsanalyse S. 15. Vgl. ebd. Vgl. van Buiren, Kernenergie-Kontroverse, S. 17. Vgl. Maurer/Reinemann, Medieninhalte, S. 36; Mayring, Inhaltsanalyse, S. 46. Vgl. Berelson, Analysis, S. 18.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

und codiert, also zumeist in Zahlenwerte überführt.15 So entsteht eine Vergleichbarkeit der Untersuchungseinheiten, womit sie nach ihren Merkmalen oder auch formalen Strukturen untersucht werden können.16 Allerdings wäre dies allein in dem hier verfolgten Zusammenhang nicht angebracht. Würde man etwa nur die einzelnen in den Untersuchungseinheiten vorkommenden Begriffe auszählen, wäre als Ergebnis beispielsweise die Zahl der im Völkischen Beobachter im Jahr 1940 beschriebenen Gefallenen der Waffen-SS bekannt, nicht aber, ob und unter welchen Umständen diese als Zeichen einer besonderen Opfermutes der SS beschrieben worden sind, ob diese Toten als Beweis eines entscheidenden Anteiles der Waffen-SS an bestimmten Gefechten angeführt wurden, etc. Die alleinige Anwendung einer solchen Methode führt also zu Ergebnissen, welche die besonderen Qualitäten einer Zeitungsberichterstattung verfehlen. Um diesen gerecht zu werden, ist die Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse notwendig, da sie die hier zu findenden Zusammenhänge und Prozesse nicht nur analysiert, sondern auf konkrete Deutungsmuster hin interpretiert.17 Diese Methode ist somit ein verstehendes und kein beschreibendes Verfahren, welches der Interpretation des Einzelfalls dient, dessen volle Komplexität es zu erfassen gilt.18 Die Grundlage dafür bildet die objektive Hermeneutik, welche die Theorie des Verstehens und Auslegens mit universellem Anspruch bezeichnet. Dieses hermeneutische Verfahren sieht eine kritische Würdigung des zu bearbeitenden Textes vor. Berücksichtigt werden hier Entstehungssituation, beteiligte Personen mit ihren Motivationen und Absichten und der inhaltliche Gesamtzusammenhang, danach wird der Text in Form, Herkunft und Stellung im Kontext bestimmt. Das bildet die Basis für eine im Gegensatz zur quantitativen Analyse extensiv ausgelegten Auswertung, das heißt, nicht nur der erste Eindruck wird verdichtet, sondern auch unwahrscheinliche Lesarten werden geprüft.19 Das kann jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht bei allen 2.829 Artikeln geschehen. Marc Philipp stand in seiner Arbeit über Zeitzeugenerinnerungen an den Nationalsozialismus vor der gleichen Problematik. Auch er musste eine Masse an Quellenmaterial bewältigen, um daraus ein inhaltlich facettenreiches und differenziertes Bild zu erarbeiten. Durchaus in Übereinstimmung mit der Theorie der Inhaltsanalyse entschied er sich als Ausweg für eine pragmatische Lösung, bei der er im Hinblick auf die Fragestellung und dem vorliegenden Quellenmaterial die Vorteile beider Verfahren kombinierte. Das soll auch hier geschehen. Mittels der quantitativen Inhaltsanalyse soll vornehmlich ein Zugang zu den in den Zeitungen enthaltenen Informationen geschaffen werden, welche danach qualitativ ausgewertet werden. Das inhaltsanalytische Verfahren wird also in erster Linie zu einer Recherchestrategie umfunktioniert, die es ermöglicht, das Material zu strukturieren und auf die einzelnen inhaltlichen Aspekte der Propaganda um die Waffen-SS zuzugreifen.20 15 16 17 18 19 20

Vgl. Maurer/Reinemann, Medieninhalte, S. 36. Vgl. Merten, Inhaltsanalyse S. 50. Vgl. Reiter, Empirie, S. 19. Vgl. Mayring, Inhaltsanalyse, S. 16-18. Vgl. Philipp, Hitler, S. 106 f. Vgl. ebd., S. 107 mit weiteren Nachweisen.

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4.1 Methode und Vorgehensweise

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Dafür wurden, entsprechend der von Philipp Mayring entwickelten Regeln für das methodische Vorgehen einer Inhaltsanalyse,21 folgende Arbeitsschritte durchgeführt: Am Anfang steht die Ausgangsfrage, im Rahmen dieser Arbeit ist es eher ein Fragenkomplex. Da hier erforscht wird, ob die Darstellung der Waffen-SS in der frühen Forschungsliteratur von ihrer Charakterisierung in der NS-Propaganda und hier an erster Stelle durch die Beiträge der SS-PK beeinflusst sein könnte, umfasst das, neben der allgemeinen Frage nach der Art und Weise der Darstellung des Kriegseinsatzes der SS, speziell auch die Aspekte: Wurden die zur SS im Fronteinsatz gehörende Einzelpersonen oder Einheiten wie in der frühen Forschungsliteratur auch in der NS-Propaganda als eine ideologische wie militärische Elite dargestellt? Gibt es Hinweise auf eine einheitliche Darstellung? Welchen Einfluss hatte die Tätigkeit der SS-PK? Mayring fordert als ersten Arbeitsschritt eine genaue Festlegung des Ausgangsmaterials, aus dem eventuelle Stichproben repräsentativ nach einem bestimmten Modell gezogen werden. Das zu untersuchende Material sind hier die schriftlichen Meldungen über die SS im Kriegseinsatz mit den erwähnten Einschränkungen in den vorgestellten Zeitungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Festlegungen bezüglich einer Stichprobe waren dabei nicht nötig, da, außer dem WMB, den dazugehörigen Kommentaren und den Reden Hitlers wie auch anderer NSFührer, alle Beiträge erfasst wurden, welche SS-Einheiten im Kriegseinsatz beschrieben oder SS-PK-Artikel darstellten, also gleichsam eine Vollerhebung durchgeführt worden ist. Die weiter von Mayring geforderte Analyse der Entstehungssituation des Materials erfolgte bereits implizit in den vorherigen Abschnitten dieser Arbeit. Um alle für die hier verfolgte Fragestellung relevanten Aspekte der untersuchten Berichterstattung beschreiben zu können, wurde gemäß der Forderungen Mayrings22 ein auf den Gegenstand der Analyse bezogenes, fest umschriebenes und nachprüfbares Kategorienschema entwickelt. Dabei beinhaltet jede verwendete Kategorie einen eigenständigen Gedanken in einem spezifischen Zusammenhang. Nach diesen konnten die Einheiten des Untersuchungsmaterials in problemrelevante Dimensionen codiert und so die für diese Arbeit wichtigen inhaltlichen Themen aus dem Text herausgefiltert werden. Dieses Schema ist in dem vom Verfasser dieser Arbeit entwickelten Codebuch detailliert aufgeführt. Es enthält aus Gründen der Nachvollziehbarkeit alle Handlungsanweisungen an die Codierer, wie mit dem Text umzugehen ist. Hier sind zudem die Dimensionen in Kategorien und diese wiederum in Unterkategorien aufgegliedert worden.23 Das Schema umfasst zum einen auf die formalen Merkmale der aufgefundenen Artikel bezogene Kategorien, also etwa Angaben zum Ort der Veröffentlichung, des Umfangs des Artikels und dessen journalistische Stilform. Wichtig ist hier zudem das Datum, an dem der jeweilige Fund veröffentlicht wurde, denn so sind zeitliche Gruppierungen der Artikel möglich. Weitere Kategorien sind schon auf 21 22 23

Vgl. Mayring, Inhaltsanalyse, S. 46-53. Vgl. ebd., S. 43-48, 53. Vgl. Anhang 1 dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

den Inhalt der Artikel bezogen, wie der Ort des beschriebenen Geschehens, die Protagonisten und deren Nationalitäten. Zum anderen wurden auch die Aussagen24 über die SS im Kriegseinsatz in den jeweiligen Artikeln erfasst und einer thematischen Kategorie zugewiesen. Dabei spielte es keine Rolle, ob bei dem jeweiligen Beitrag ein Ereignis25 den Anlass für den jeweiligen Beitrag geliefert oder ein ereignisunabhängiges Thema26, etwa als Hintergrundbericht, den Berichtsgegenstand27 dargestellt hatte. Dieses von den äußeren Merkmalen somit separate Kategorienschema gliedert sich in die fünf Themenbereiche oder Dimensionen, die sich im Laufe dieser Arbeit als zentral für die Propaganda um die SS im Kriegseinsatz herausgestellt hatten:28 An erster Stelle wurde hier erfasst, ob sich die Darstellung an den Vorgaben der NS-Ideologie bzw. der SS-Ideale orientierte, also die SS-Truppen etwa eine besondere Härte im Gefecht zeigten, ihre Treue durch Selbstopfer bewiesen oder ausdrücklich als politische Soldaten charakterisiert wurden. Eine weitere Kategorie bildeten Beschreibungen des militärischen Einsatzes der SS-Truppen, die keinen erkennbaren ideologischen Vorgaben folgten. Da es Ziel der Kriegspropaganda des Dritten Reiches war, die Moral im Reich und das Vertrauen der deutschen Öffentlichkeit in die Leistungsfähigkeit der eigenen Truppen aufrechtzuerhalten,29 kann schon vorab davon ausgegangen werden, dass hier generell nur hervorragende Leistungen behauptet wurden. Um die, schon angesichts der Selbstsicht der SS als Elite im NS-Staat zu erwartenden, Beschreibungen eines in diesem Umfeld außergewöhnlichen Kampfverhaltens zu erfassen, wurde hier ein Hauptaugenmerk insbesondere auf Aussagen über ein ausdrücklich oder implizit elitären Kampf gelegt. Beispiele wären »Bezeichnung als Elite« und »Kampf gegen Elitetruppen«, daneben aber auch ihr Einsatz an entscheidenden Stellen der Front, ihr Erwerb einer eigenen Tradition, ihre Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und dergleichen mehr. Dazu wurde in diesem Kategorienschema erfasst, wenn die SS-Truppen aus der Masse der Wehrmachteinheiten herausgehoben und in eine spezielle Beziehung zum NS-Regime gesetzt wurden. Dies betraf etwa Verweise auf lobende Erwähnungen der Waffen-SS in Reden Hitlers oder im Wehrmachtbericht, an SS-Angehörige verliehene Orden, aber auch unterschwellige Andeutungen einer besonderen Nähe zum NS-Regime wie z. B. die Verwendung ihrer Einheiten zu Repräsentationszwecken. 24

25

26

27

28

29

Als Aussage werden Sätze bezeichnet, denen man einen Wahrheitswert zuordnen kann, vgl. Lewandowski, Wörterbuch, S. 113. Ein Ereignis bezeichnet ein zeitlich und räumlich begrenztes Geschehen, vgl. Kepplinger, Demontage, S. 164. Ein Thema ist ein Zustand ohne absehbarem Anfang oder Ende. Dabei kann man den Themen einzelne Ereignisse zuordnen, man kann sie aber auch ereignisunabhängig diskutieren, vgl. ebd. Der Berichtsgegenstand ist der inhaltliche Schwerpunkt eines Berichtes, der Anlass der Auslöser für einen Beitrag, vgl. ebd. Nachfolgend werden diese Dimensionen nur vorgestellt, eingehendere Erläuterungen finden sich jeweils in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit.

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4.1 Methode und Vorgehensweise

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Sicher wurde die Waffen-SS auch auf andere Weise zu einer Elitetruppe stilisiert. Schließlich bestand für sie immer die Notwendigkeit einer Freiwilligenwerbung, noch dazu in Konkurrenz zur Wehrmacht, weshalb die Waffen-SS stets auch auf potentielle Rekruten attraktiv wirken musste. Deshalb umfasste eine weitere Kategorie Aussagen, durch welche die SS-Truppen anziehend oder modern erschienen. Das beinhaltet eine mehr oder minder direkte Freiwilligenwerbung, zudem die Betonung der guten Ausrüstung der Waffen-SS etwa mit Panzern, aber auch Aktivitäten der SS auf kulturellem Gebiet wie etwa Kunstausstellungen. Daneben war die Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz natürlich auch Teil der NS-Propaganda insgesamt. Deshalb ist davon auszugehen, dass hier auch Elemente vorhanden waren, die weniger speziell die Waffen-SS charakterisieren sollten, als vielmehr auf die Weisungen des RMVP zurückzuführen waren. Das umfasste etwa Elemente der NS-Ideologie, wie Charakterisierungen des Krieges als »Rassekampf«, aber auch die Darstellung des deutschen Feldzugs gegen die Sowjetunion als europäischen »Kreuzzug gegen den Bolschewismus«, welche gerade in Berichten über die Waffen-SS mit ihrem hohen Anteil an Ausländern verstärkt vorgekommen sein dürfte. Unter diese Kategorie fällt auch die Propaganda gegen die deutschen Feinde, Beschwörungen des Zusammenhalts von Front und Heimat oder die Darstellung der SS als Ausdruck der deutschen Ordnungsmacht. Damit sind hier gleichzeitig auch Darstellungen ihrer polizeilichen Einsätze als »Staatsschutzkorps«, der offiziellen Begründung für den Einsatz bewaffneter SS-Truppen an der Front,30 abgedeckt. Alle diese inhaltlichen Aussagen über die SS im Kriegseinsatz wurden nur nach ihrem Auftreten in den jeweiligen Artikeln codiert. Dabei konnte jede Aussage in einem Artikel nur jeweils einer Unterkategorie zugewiesen werden und jede Unterkategorie pro Artikel nur einmal verwendet werden. Auf eine Einschätzung der Intensität der Darstellung wurde dabei bewusst verzichtet. Ebenso wurde auch die Valenz, also ob die Aussagen einen positiven oder negativen Charakter haben,31 nicht codiert. Gerade letzteres ist im Rahmen dieser Untersuchung nebensächlich gewesen, da durch den Charakter dieser Berichterstattung als Propaganda davon auszugehen ist, dass bestimmte Protagonisten wie die deutschen Truppen immer positiv bzw. im Falle etwa der deutschen Feinde, immer negativ dargestellt wurden. Weiter sprach ein unbestreitbarer Mangel dieser Arbeit dagegen, im Rahmen der Codierung der Artikel Skalierungen durchzuführen. Denn welche Qualität ein Kategorieschema hat, zeigt sein Maß an Validität, ob also damit dasjenige gemessen werden kann, was nach der Fragestellung der Arbeit tatsächlich gemessen werden soll. Zentrales Kriterium ist hier die so genannte Intercoderreliabilität, was meint, dass die Ergebnisse der Codierung völlig unabhängig vom jeweiligen Codierer sein müssen.32 Dies ist in der hier durchgeführten Untersuchung nicht gewährleistet, da die Codierung mangels Drittmittel vom Verfasser der Arbeit selbst durchgeführt werden musste. Der Verzicht auf 30

31 32

Vgl. »Äußerungen über die zukünftige Staatstruppenpolizei« vom 6.8.1940, in Auszügen abgedruckt bei Buchheim, vgl. ebd., Herrschaftsinstrument, S. 171 f. Siehe auch Wegner, Soldaten, S. 110112. Vgl. Kepplinger, Demontage, S. 111. Vgl. Mayring, Inhaltsanalyse, S. 46; Merten, Inhaltsanalyse S. 303-310.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Skalierungen stellt so den Versuch dar, den Einfluss subjektiver Einschätzungen auf die Ergebnisse soweit als möglich zu minimieren. Da auch das dieser Untersuchung zugrundeliegende Material vom Verfasser selbst erfasst worden ist, war zumindest überblicksartig dessen Inhalt bereits vorab bekannt. Daher konnte sichergestellt werden, dass das Kategorienschema das Kriterium der Relevanz erfüllt. Hier sind somit, wie von der Theorie gefordert, nur solche Einheiten enthalten, die für die Untersuchung von Bedeutung sind, gleichzeitig werden aber auch alle zur Beantwortung der Fragestellung notwendigen Aspekte vollständig abgedeckt.33 Ebenso wurden, auch das eine unabdingbare Forderung der Theorie,34 alle Ausprägungen der Kategorien trennscharf formuliert, schlossen sich also wechselseitig aus. Dies bedeutet, dass ein formales Merkmal oder eine Aussage nur jeweils einer Kategorie zugewiesen werden konnte. Obwohl bei der Erfassung der formalen Merkmale der Berichterstattung wie auch der darin enthaltenen Aussagen über die SS im Kriegseinsatz eine Intercoderreliabilität nicht gegeben war, wurden die so ermittelten Daten in dieser Arbeit nicht nur als Rechercheinstrument genutzt, sondern auch einer quantitativen Analyse unterzogen. Schließlich können Auswertungen äußerer Merkmale wie der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Meldungen, deren Zahl oder Umfang wertvolle Informationen für den hier verfolgten Zusammenhang liefern. So kann das Ausmaß der Propaganda für die Waffen-SS in den jeweiligen Zeitungen ermittelt und, über eine unabhängig davon stattgefundene Auszählung der sonstigen PK-Berichte, mit der für die Wehrmacht verglichen werden. Schon dieser so entstehende Bezugsrahmen ist für die nachfolgende qualitative Inhaltsanalyse von unschätzbarem Wert, zumal er auch durch die inhaltlichen Merkmale der Berichterstattung weiter ergänzt werden kann. Gemeint sind hier Analysen, über welche Einheiten vornehmlich berichtet wurde, wo sie nach den Berichten vornehmlich eingesetzt waren oder welche Nationen die Berichterstattung über die Waffen-SS prägten. Aber auch die Analysen der Häufigkeit des Auftretens der hier interessierenden Aussagen können zu diesem Bezugsrahmen beitragen. Schließlich kann auf diese Weise schon vorab ermittelt werden, welche Bedeutung die einzelnen Dimensionen für das Bild von der SS im Kriegseinsatz in der Berichterstattung jeweils hatten, ob also z. B. die Waffen-SS vornehmlich mit den Eigenschaften von politischen Soldaten im Kampfeinsatz dargestellt wurde oder eher ihre rein militärischen Leistungen im Mittelpunkt standen. Dazu kann so ermittelt werden, welchen Einfluss die Berichterstattung der SS-PK auf das Gesamtbild auch inhaltlich hatte. Daneben war die Durchführung einer quantitativen Analyse auch deshalb angebracht, weil eine solche in Bezug auf die deutsche Kriegspropaganda um die Waffen-SS bisher noch nie durchgeführt worden ist.35

33 34 35

Vgl. Merten, Inhaltsanalyse S. 99, 325. Vgl. Früh, Inhaltsanalyse, S. 80. Vgl. Kaden, Kriegsberichterstattung, S. 104.

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4.1 Methode und Vorgehensweise

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Dabei wurde folgendermaßen vorgegangen: Vorab wurden, wie von der Theorie gefordert, die Untersuchungseinheiten festgelegt. Diese sind bezüglich der formalen Merkmale die jeweiligen ganzen Berichte oder Meldungen.36 Bezüglich der Darstellung der SS im Kriegseinsatz wurde sich dagegen auf die in den Artikeln enthaltenen Aussagen bezogen, wobei diese Aussagen, unabhängig davon, wie oft sie in einem Beitrag insgesamt auftauchten, pro Beitrag nur einmal einer Unterkategorie zugewiesen, also nur einmal codiert werden konnten. Einbezogen wurde, abgesehen von den schon angegebenen Ausnahmen, jeglicher eigenständige und schriftliche Artikel mit dem Thema bewaffnete SS-Einheiten im Kriegseinsatz oder von der SS-PK, der über eine bloße Über- oder Unterschrift hinausging. Dafür wurden die entsprechenden Funde zunächst fotografiert oder in Ausnahmefällen fotokopiert und die so erstellten Kopien mittels der Angabe von Fundort, Datum und Seite eindeutig einer Stelle in einer Ausgabe einer Zeitung zugeordnet. Dann wurde das Auftreten der hier interessierenden Inhalte und Merkmale vom Verfasser in jeder dieser Analyseeinheit erfasst, den einzelnen formalen und thematischen Kategorien zugeordnet und in einer strukturierten Tabellendatei vom Typ Microsoft Excel gesammelt. Die zusammengetragenen Daten wurden zunächst mit Hilfe einer speziellen Statistiksoftware quantitativ ausgewertet, die so ermittelten Ergebnisse in Tabellen überführt und interpretiert. Diese Ergebnisse werden nachfolgend in den Kapiteln 4.3 und 4.4 vorgestellt. Um die Daten für eine qualitative Analyse nutzbar zu machen, wurde der Inhalt der Tabellendatei in ein relationales Datenbanksystem vom Typ Microsoft SQL Server 2008 übertragen. Hier wurden diese Daten unter Verwendung von T-SQL, der eigenen Programmiersprache des Datenbanksystems, erneut ausgewertet. Dabei fanden auch hier Zählungen von Häufigkeiten, jeweils bezogen auf die gesamte Extension des betrachteten Dateninhalts, statt. Dazu wurde auch das Auftreten bestimmter Kombinationen von Werten je nach Notwendigkeit ermittelt. Die Fähigkeiten der Programmiersprache T-SQL, die den weltweit etablierten Standard für Datenbankanfragesprachen SQL-92 implementiert, reichen für diese Klasse von mathematischen Funktionen bei weitem aus. Das ermöglichte es, das Material immer wieder in Tabellenform so zu ordnen, wie es sich während der qualitativen Analyse nach dem gerade betrachteten Teilaspekt als notwendig erwies. So konnten beispielsweise alle Artikel der SS-PK ermittelt und aufgelistet werden, in denen im Jahr 1942 in »Das Schwarze Korps« der militärische Einsatz von SS-Einheiten mit Ereignissen aus der »Kampfzeit« verknüpft wurde. Die einschlägigen Artikel konnten dann, dank ihrer eindeutigen Markierung, als Fotos auf dem Bildschirm angezeigt bzw. in den wenigen Ausnahmefällen einer Papierkopie aus dem Regal gezogen werden. Da das Material auf der Ebene der einzelnen Berichte oder Meldungen nur selten mehr als drei 36

Dabei fallen Kodier- und Kontexteinheit zusammen, da jeweils ein abgeschlossener Artikel ausgewertet wurde. Auswertungseinheit ist die zeitliche Reihenfolge der Funde pro Medium. Für nähere Informationen zu diesem Thema vgl. Mayring, Inhaltsanalyse, S. 53.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Spalten umfasste, konnten diese einschlägigen Artikel so im Querschnitt weiter ausgewertet werden. Dieses Vorgehen mag der sozialwissenschaftlichen Forderung nach intersubjektiver Nachvollziehbarkeit und Systematik nicht genügen. Dennoch konnte mittels dieser Methode aus der fast unübersehbaren Masse an Material die wichtigsten Merkmale und Eigenschaften der Waffen-SS in der damaligen Darstellung der SS-PK herausgefiltert werden.37 Durch den Vergleich und die qualitative Interpretation der jeweils vorgefundenen Aussagen über die SS-Truppen im Kriegseinsatz ergab sich aus den einzelnen Aspekten ein Gesamtbild, dass in Kapitel 4.5 ausführlich vorgestellt werden wird. Charakteristisch war hier aber auch ein fast beständiger Wandel in der Darstellung der Waffen-SS, der, neben gleichsam äußeren Einflüssen wie dem Kriegsverlauf und dem beständigen Ausbau der SS-Truppen vor allem auf ihre immer deutlicher werdende Bevorzugung durch die politische Führung des Reiches zurückzuführen war. Dieser Wandel wird in einem eigenen Abschnitt dargestellt. Dabei wurden, gerade um das Wechselspiel zwischen der Darstellung der WaffenSS durch die SS-Propaganda und in der allgemeinen Propaganda des Reiches darstellen zu können, auch die Artikel abseits der SS-PK in die qualitative Analyse miteinbezogen, also auch Reden, DNB-Meldungen über Einsätze der Waffen-SS, Freiwilligenwerbung etc. Dabei bot sich eine Gliederung nach Zeitabschnitten an, um die jeweils auftretenden Änderungen übersichtlich und im Bezug zu den jeweils herrschenden externen Faktoren wie vor allem dem Kriegsverlauf, der Rolle der Waffen-SS in den deutschen Planungen etc. zusammenfassen und darstellen zu können. Ein Vergleich des ermittelten Propagandabildes von der Waffen-SS mit dem von der Wehrmacht wird dabei, aufgrund der nur lückenhaft vorliegenden Informationen, nur punktuell zu finden sein.38 Zunächst sollen aber die hier untersuchten Medien vorgestellt werden. Schließlich hatte selbst die SS-PK ihre Erzeugnisse an den unterschiedlichen redaktionellen Linien der jeweiligen Zeitungen angepasst. Damit sind auch die hier ermittelten Ergebnisse nur interpretierbar, wenn der Charakter dieser Presseorgane wie auch ihre jeweilige Bedeutung in der Medienlandschaft des Dritten Reiches bekannt sind.

4.2 CHARAKTERISTIKA DER UNTERSUCHTEN ZEITUNGEN a) VÖLKISCHER BEOBACHTER

Der Völkische Beobachter (VB), zweifellos die wichtigste Zeitung des Dritten Reiches, war schon seit Dezember 1920 im Besitz der NSDAP. Da sie lange Zeit die einzig nennenswerte NS-Tageszeitung blieb, war gerade sie es, die Hitler in 37 38

Das entspricht dem Vorgehen von Philipp, vgl. ebd., Hitler, S. 112. Informationen dazu wurden zum Teil mit erfasst, zum Teil ließen sich zumindest Aspekte erschließen aus den Studien: Steinert, Krieg; Uziel, Warriors; Schröder, Kriegsbericht.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

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den Jahren der »Kampfzeit« als Plattform für seine Reden und Leitartikel diente. Ihrer Selbstbezeichnung als »Kampfblatt« entsprechend war im VB nur Agitation und Propaganda zu finden. Aber auch mit seinem besonders großen Format und seinen schon sehr früh benutzten Illustrationen und Fotos setzte sich der VB von der seriösen Presse ab. Zudem wies der Stil des VB noch die Merkmale von Flugschriften und Plakaten auf: schreiende Überschriften, reißerische Aufmachung, Radau, grobe Vereinfachungen, methodische Verunglimpfung des Gegners und eine ausgesprochene argumentative Primitivität.39 Mit seiner zudem volkstümlichderben Sprache war der VB so klar an den »kleinen Mann« gerichtet. Inhaltlich war es am wichtigsten, auf das Gemüt des Lesers zu wirken. Dieser sollte durch die zahlreich hier zu findenden, pseudoheroischen oder mystischen Elemente zu einer quasi-religiösen Haltung gebracht werden. Der tatsächliche Informationsgehalt der Zeitung war dagegen gering. Das politische Geschehen in Deutschland kam nur in einer propagandistischen Verzerrung vor, auf eine Auslandsberichterstattung verzichtete man fast vollständig.40 Auch nach dem 30. Januar 1933 änderte sich der Stil des VB nicht grundsätzlich, er hatte aber nun einen gewissermaßen amtlichen Charakter und war zudem nun das Leitmedium der gleichgeschalteten NS-Tageszeitungen. Wie alle diese hatte auch der VB bald ein grundsätzliche Problem: Er konnte die ihm zugedachte Aufgabe, als engagierte Kampfpresse das Regime und die Partei uneingeschränkt zu unterstützen und gleichzeitig für breite Leserkreise attraktiv zu sein, nicht erfüllen. Als besonders hinderlich erwies sich, dass den VB wie auch die gesamte Parteipresse eine unaufhörliche, schrille Erfolgspropaganda und Hetze gegen die Feinde des Nationalsozialismus dominierte und dies noch dazu von oftmals seitenlangen parteiamtlichen Mitteilungen oder wörtlichen Wiedergaben der Reden Hitlers begleitet wurde. Zudem blieb der VB weiterhin seinem »Kampf-Stil« treu, der mit seiner stetigen Verwendung von Superlativen, Übersteigerungen und Verzerrungen den Inhalt wenig ansprechend machte und dem Blatt ein nur geringes Prestige verlieh.41 Es half im Endeffekt nur wenig, dass namentlich der Chefredakteur des VB, Wilhelm Weiß, nach 1933 bemüht war, Stil und Inhalt der Zeitung zu ändern. Zwar versuchte man in der Folge, sie mit einer erweiterten Wirtschafts-, Sport- und Kulturberichterstattung und einigen Beilagen wie etwa »Die deutsche Frau« für die Leser attraktiver zu machen und diesen eine universellere Berichterstattung anzubieten. Im Rahmen dieser Strategie gab man schließlich fünf Nebenausgaben42 heraus, um so regionale Ereignisse und Besonderheiten besser berücksichtigen zu können. Dennoch, Zeit seines Erscheinens hatte der VB nur vergleichsweise wenige Mitarbeiter, eine dürftige Ausstattung und eine nur geringe Zahl von Korrespondenten, gerade im Ausland. Der VB war und blieb ein Blatt der Funk39

40 41 42

Vgl. Hale, Presse, S. 40 f; Unger, Illustrierte S. 13; Plewina, Beobachter S. 382 f, 386; Krings, Dietrich, S. 106 f. Vgl. Unger, Illustrierte S. 11-13. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 99-101; Noller, Beobachter, S. 11, 13 f. Es gab eine Berliner, Norddeutsche, Süddeutsche, Münchner und Wiener Ausgabe, vgl. Pürer/ Raabe, Presse, S. 97.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

tionäre, in dem alle Sparten angefüllt waren mit NS-Gedankengut in seiner reinsten Form. 43 Trotzdem erreichte die Zeitung nach der Machtergreifung eine äußerst hohe Auflage. Das lag zum einen an der Pflicht für Parteifunktionäre wie auch für die nun weit zahlreicheren einfachen Mitgliedern der NSDAP, sich ein Abonnement des VB zu halten. Zum anderen konnte man sich nun des Staatsapparates bedienen, um seinen Absatz zu erhöhen. So ordnete etwa der Reichs-Innenminister per Runderlass Ende 1935 an, die Werbung für dieses »alte Kampfblatt der Bewegung« mit allen Mitteln zu fördern. Zudem wurden die Beamten angewiesen, täglich den VB zu lesen, um so »den Geist des Nationalsozialismus […] erschöpfend zu erfassen.«44 Auch der Bevölkerung gegenüber wurde mittels immer neuer parteiamtlicher Werbeaktionen großer Druck ausgeübt, die NS-Presse und vor allem den VB zu beziehen.45 Da zudem viele »einfache« Deutsche den VB erwarben, um sich über die Ansichten der neuen Herren informieren zu können und später aus den besetzten Gebieten neue Leser hinzukamen, stieg die Auflage der Zeitung zwischen 1933 und 1945 stark an: 1933 betrug sie noch 127.500, 1939 schon ca. 740.000, 1940 schon ca. 1 Million und schließlich 1944 1,7 Millionen. Das Blatt war zu dieser Zeit die meistverbreitete Zeitung in Deutschland und die erste, die jemals eine Millionenauflage erreichte. Erschienen ist der VB bis Ende April 1945, also quasi während des gesamten hier untersuchten Zeitraums.46 b) FRANKFURTER ZEITUNG

Gleichsam den Gegenpol zum VB bildete in der Presselandschaft des Dritten Reiches die »Frankfurter Zeitung« (FZ). Sie konnte auf eine lange Tradition zurückblieben, denn ihre Vorläufer waren schon 1856 gegründet worden. Dabei hatte sie sich großes Prestige erarbeitet: Lange Zeit galt sie als »die« liberale Zeitung Deutschlands, wenn nicht sogar Europas. Vor allem ihr kompromissloses Eintreten für ihre Ideale war legendär. Schon zu Bismarcks Zeiten war sie ein Forum für den Kampf gegen dessen autoritäre Staatsführung gewesen, später, in der Weimarer Zeit, setzte sie sich etwa für die Annahme des Versailler Vertrags ein, kämpfte gegen die »Dolchstoßlegende« und verteidigte ausdauernd die zunehmend bedrohte Demokratie.47 All dies macht die tiefe Abneigung verständlich, welche die Nationalsozialisten dieser Zeitung gegenüber empfanden. Hitler etwa soll seine bekannten Wutausbrüche gehabt haben, wenn nur der Name der FZ fiel.48 In »Mein Kampf« führt er sie als Inbegriff der bürgerlich-demokratischen »Judenblätter« an.49 Dement43 44 45

46 47 48 49

Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 101; Noller, Beobachter, S. 11 f; Plewina, Beobachter S. 389. Ministerialblatt für die preußische innere Verwaltung 50 v. 11.12.1935, S. 1443. In den Lageberichten des SD wird immer wieder auf solche Werbeaktionen verwiesen, vgl. etwa Boberach, Meldungen, S. 383 (23.10.1939), S. 798 f. (23.2.1940). Vgl. Martens, Reich, S. 29 f; Hale, Presse, S. 40 f, 250 f; Noller, Beobachter, S. 11-13. Vgl. Lynar, Geschichte, S. 9 f; Paupié, Zeitung, S. 241-246, 249. Vgl. Gillessen, Posten, S. 116. Hitler, Kampf, S. 267.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

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sprechend fielen auch die Maßnahmen nach der »Machtergreifung« aus. So wurde schon 1933 ein Dossier über die FZ und ihrer Mitarbeiter bei der gerade entstehenden Gestapo angelegt. Dazu stand ihr Verlagsgebäude gleich mehrfach kurz davor, von der SA besetzt zu werden. Außerdem häuften sich die Beschwerden der lokalen Parteistellen über die Zeitung und ihren Verlag.50 Die FZ führte dennoch zumindest in der Anfangsphase der Diktatur den Kampf gegen die Nationalsozialisten weiter. So zweifelte man noch im Leitartikel der FZ vom 31. Januar 1933 die menschliche Qualifikation Hitlers an, das Amt des Reichskanzlers zu übernehmen und lehnte dessen »Regierungsexperiment« rundweg ab.51 Auch danach war diese Zeitung im Dritten Reich dafür bekannt, nach wie vor nicht von NS-Redakteuren gemacht zu werden.52 Ob sich die FZ auch in den folgenden Jahren dem NS-Regime konsequent widersetzt hat, ist jedoch umstritten. Günther Gillessen geht davon aus. Er meint, dass die Zeitung trotz der immer wirksamer werdenden Presselenkung eine Opposition »zwischen den Zeilen« betrieben hätte. Vordergründig seien hier die Presseanweisungen zwar beachtet und im Sinne des NS-Regimes berichtet worden, wenn auch mit merkbarer Distanz. Dennoch sei auch Kritik an den herrschenden Zuständen geübt worden, etwa indem die Redaktion ausländische Pressestimmen wiedergab, um zu beschreiben, was sie selbst nicht berichten konnte. Ein anderes Mittel sei nach Gillessen die gezielte Übernahme von Meldungen der NS-Presse gewesen, deren Inhalt die NSDAP der Lächerlichkeit preisgegeben hätte. Vor allem aber hätte die Redaktion der FZ ihre oppositionelle Haltung mittels einer doppeldeutigen Tarnsprache in ihren Artikeln erfolgreich dem verständigen Leser vor Augen geführt.53 Dieser Darstellung wurde jedoch auch widersprochen: Nach der Meinung von Bernd Sösemann habe die FZ allzu oft die »guten Seiten« des Regimes gefeiert, zudem habe bei heiklen Themen kein Spielraum für auch nur graduelle Abweichungen vom vorgegebenen Kurs bestanden. Die von Gillessen beschriebene Versorgung der Leser der FZ mit aufschlussreichen Informationen nach Schmugglerart ist für Sösemann nichts anderes als ein Rechtfertigungsversuch, für ihn werden so die redaktionellen Zugeständnisse und partiellen Identifikationen des Blattes mit dem NS-Regime verdrängt.54 Tatsächlich lassen sich gute Gründe finden, eine übermäßige Heroisierung der Rolle der FZ im Dritten Reich abzulehnen. Zwar spricht vieles dafür, dass es die von Gillessen berichteten kleinen Aufsässigkeiten tatsächlich gegeben hat. Schließ50

51 52 53

54

Vgl. Gillessen, Posten, S. 94, 116 f. In einem Schreiben der lokalen Gestapo-Diensstelle in Darmstadt aus dem Jahr 1935 wird etwa erwähnt, dass der Verlag der FZ, die »Frankfurter Societäts-Druckerei«, von verschiedenen politischen Stellen als »Judenverlag« bekämpft werde und Firmenschilder der FZ »mit antisemitischen Reklameblättern versehen [würden].«Siehe: Schreiben des Geheimen Staatspolizeiamtes Darmstadt an Staatspolizeistellen, Kreis- und Polizeiämter betreffend Frankfurter Societäts-Druckerei vom 2.9.1935, in: HStAD, G 15 Lauterbach 4703, pag. S. 98. Vgl. »Der Zweifel«, abgedruckt in: Lynar, Geschichte, S. 158 f. Vgl. Gillessen, Zeitung, S. 296. Vgl. Gillessen, Posten, S. 113 f, 126-133; ebd., Zeitung, S. 299-303. Gillessen nennt etwa Übernahmen von Meldungen über das Verbot von Bonbons mit Hakenkreuz oder von Waffelfiguren, die SA-Männer darstellen. Beispiele für eine doppeldeutige Tarnsprache sind bei ihm offensichtlich auf das Regime bezogene Fabeln, vgl. ebd., Zeitung, S. 295-300. Vgl. Sösemann, Journalismus, S. 25-27, 37; Gillessen, Posten, S. 537.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

lich sammelte und interpretierte die Gestapo ihre Artikel akribisch55 und auch das SK führte gleich mehrere Kampagnen gegen die Zeitung durch. Sie warf ihr dabei genau das vor, was Gillessen beschreibt: Sie würde mit ihrer versteckten Kritik das Ansehen des NS-Staates im In- und Ausland beschädigen.56 Dennoch: Möglich war ein solcher Kurs der Zeitung nur, weil sie auch auf diese Weise den Machthabern im NS-Staat von Nutzen gewesen ist. Schließlich hatte, wie schon erwähnt, die strenge Kontrolle der Zeitungen nach 1933 schnell deren inhaltliche Uniformität zur Folge gehabt, was ihrem Ansehen in der Bevölkerung schadete und so ihre Wirksamkeit als Propagandainstrument gefährdete. Deshalb war eine wohldosierte Abweichung in der Berichterstattung einzelner Blätter oder deren Nichtteilnahme an einzelnen Propaganda-Aktionen dem Regime von Vorteil. Damit konnte man, auch gegenüber dem Ausland, die Illusion einer publizistischen Vielfalt im Dritten Reich aufrechterhalten.57 Zudem war die FZ als kritisch und unabhängig eingeschätzte Zeitung ideal für Täuschungsaktionen des RMVP. Einige Stellen aus dem Tagebuch von Goebbels zeigen exemplarisch, dass dieser tatsächlich den weiterhin guten Ruf der FZ im Ausland auszunutzen verstand. Er ließ in ihr Artikel platzieren, die wie getarnte oppositionelle Meldungen wirkten und offiziell gerügt wurden, um den Feind über die wahren militärischen Absichten des Deutschen Reiches zu täuschen.58 Unbestritten ist jedoch der, gerade im Vergleich zu der Parteipresse, zurückhaltende Ton in der FZ. Der übliche NS-Jargon mit seinem Pathos und heroischen Attitüden war hier nicht zu finden, vielmehr ein gutes Deutsch für ein klassisch gebildetes Publikum.59 Selbst in der Kriegsberichterstattung soll sie eine eigene Linie verfolgt haben, was diese Zeitung so interessant für diese Arbeit macht. So sollen sich auch die PK-Berichte der drei eingezogenen FZ-Redakteure Eberhard Schulz, Karl Zimmermann und Wilhelm Rey deutlich in Stil und Qualität von den üblichen Frontberichten abgehoben haben.60 Artikeln von anderen PK-Angehörigen wurde zudem oft neben dem einleitenden Kürzel »PK« ein »DNB« vorangestellt. Gleiches galt für Meldungen der parteiamtlichen Nachrichtenagentur NSK, diese leitet man oft mit »Die NSK schreibt:« ein und grenzte sich so von ihnen ab.61 Auch bei der Behandlung der SS und ihres bewaffneten Armes benutzte man in der FZ ein solches subtiles Zeichen. Die Durchsicht dieser Zeitung ergab, dass hier bis zu 55 56 57 58

59 60 61

Vgl. Gillessen, Posten, S. 178; Krings, Dietrich, S. 187. Vgl. Gillessen, Posten, S. 265-274. Vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. Sösemann, Journalismus, S. 27 f.; Bohrmann, Einführung, S. 99, FN 342. Ein solcher Eintrag lautet etwa: »Der von uns inspirierte Artikel in der ›Frankfurter Zeitung‹, der den Blick der bevorstehenden feindlichen Öffentlichkeit von der Südfront mehr auf die Mitte ablenken soll, ist mittlerweile erschienen. Er ist offiziell gesperrt und in der Pressekonferenz gerügt.«, siehe: Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/4, S. 319 (20.5.1942). Vgl. Gillessen, Zeitung, S. 303. Vgl. Gillessen, Posten, S. 414. Vgl ebd., S. 154; Krings, Dietrich, S. 238. Auch Sösemann leugnet die Existenz dieser Zeichen nicht, vgl. ebd., Journalismus, S. 36. Tatsächlich war schon der erste PK-Bericht, der sich in der FZ jemals finden lässt, so gekennzeichnet, vgl. »Ostpreußische Kampfgruppen über Deblin«, in: FZ Nr. 460 v. 9.9.1939, S. 2.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

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ihrem erzwungenen Ende August 1943 für das SS-Kürzel die Fraktur bzw. später die lateinische Schriftart verwendet wurde, obwohl ein Runderlass des Innenministeriums schon Mitte 1937 die Verwendung der Runenzeichen zur Pflicht gemacht hatte.62 Diese sichtbare äußerliche Abgrenzung zur SS lässt einen besonderen Wert der FZ in der nachfolgenden Inhaltsanalyse erwarten. Schließlich bestand, wie hier schon dargestellt,63 bei PK-Artikeln für die Redaktionen meist die Möglichkeit, diejenigen auszuwählen, die sie zu veröffentlichen wünschten. Eine vergleichsweise geringe Berücksichtigung der SS-PK-Artikel würde somit zeigen, dass die FZ tatsächlich eine nicht nur äußerliche, sondern auch inhaltliche oppositionelle Rolle im Dritten Reich einnahm.64 Kann dies quantitativ festgestellt werden, könnten qualitativ die dennoch hier veröffentlichten Beiträge als Indizien dienen, in welchen Fällen eine Berichterstattung über den Kriegseinsatz der Schutzstaffel »von oben« befohlen worden ist. So kann die in diesem Rahmen nicht zu leistende, systematische Analyse der Presseanweisungen des RMVP aus der Kriegszeit in einem für die hier verfolgten Zwecke ausreichendem Maße ersetzt werden. Sollte hingegen ein mit den anderen hier untersuchten Zeitungen vergleichbares Auftreten der SSPK-Berichte festgestellt werden, wäre dies als Zeichen dafür zu sehen, dass zumindest zeitweise ein Zwang zur Veröffentlichung von SS-PK-Propaganda bestand. Ausfüllen kann die FZ diese Aufgabe für eine recht lange Zeit des Krieges. Trotz aller Widerspenstigkeiten blieb das Blatt bis zum 31. August 1943 bestehen. Auch darin spiegelt sich ihre propagandistische Bedeutung, denn ihre Auflage war relativ gering. Sie lag bei 90.000 zu Beginn des Krieges und stieg bis zu dem Verbot der Zeitung auf 200.000 verkaufte Exemplare.65 Ihr Ende kam vordergründig wegen einer wenig schmeichelhaften Darstellung des von Hitler hoch verehrten Dichters Dietrich Eckart. Der Diktator soll darüber so erbost gewesen sein, dass er auf der Schließung der FZ bestanden habe.66 Hauptsächlich aber war die FZ zu diesem Zeitpunkt im »Totalen Krieg« als »Feigenblatt« gegenüber dem Ausland zu unwichtig geworden, zudem konnten ihre propagandistischen Funktionen mit größerem Erfolg auch von der, noch vorzustellenden, Zeitschrift »Das Reich« wahrgenommen werden.67 c) DEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG

Als Beispiel für die bürgerlich-konservativen Presse der Zeit wurde für diese Untersuchung die »Deutsche Allgemeine Zeitung« (DAZ) ausgewählt. Auch sie unterschied sich in vielfacher Hinsicht deutlich vom VB. So konnte sie, wie die 62

63 64

65 66 67

Vgl. Ministerialblatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern Nr. 15 v. 14.4.1937, S. 553. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Der Weg, nach Hinweisen auf eine solche bewusste Ablehnung der SS-PK-Artikel in den Akten der FZ zu forschen, war nicht gangbar, da dieses Archiv zu den Kriegsverlusten zählt, vgl. Gillessen, Posten, S. 9. Vgl. ebd., S. 176. So schildert es Gillessen, Posten, S. 468-493. Vgl. Sösemann, Journalismus, S. 32 f.; S. 33 FN 73; Paupié, Zeitung, S. 252.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

FZ, 1933 schon auf eine lange Tradition zurückblicken und hatte sich bereits ein großes Prestige erarbeitet: Bereits 1861 gegründet und mit einer national-konservativen Grundhaltung versehen wurde sie in der Kaiserzeit und insbesondere im Ersten Weltkrieg als eine Art offiziöses Organ der Reichsregierung angesehen. Das begründete eine auch internationale Beachtung der Zeitung, welche noch zu Zeiten der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten spürbar gewesen sein soll. Dazu hatte die DAZ eine große Bedeutung für die inländische Presselandschaft. So wurde sie wegen ihrer außenpolitischen Berichterstattung als eine der wichtigsten Zeitungen Berlins angesehen.68 Gerade diese Rolle zog Propagandaminister Goebbels ins Kalkül, als er die DAZ 1933 vor einer drohenden Einstellung bewahrte.69 In der Folgezeit wurde sogar mittels einer staatlichen Minderheitsbeteiligung für das wirtschaftliche Überleben des Blattes gesorgt. Wie der FZ wurde auch der DAZ eine gewisse eigenständige Rolle zugestanden, die weiterging als bei den meisten anderen Zeitungen in dieser Zeit und die auch eigene journalistische Initiativen umfasste. Deshalb hatte auch dieses Blatt zeitgenössisch den Ruf, dass in ihm Nachrichten und Ansichten zu finden seien, die man in den NS-Massenblättern ansonsten vergebens suchen würde. Dennoch, allein schon das Weiterbestehen der DAZ bis zum Ende des Krieges zeigt, dass von ihm keine konsequente Distanz zum NS ausgegangen sein kann. Der Hauch von Opposition war vielmehr nur durch die sorgfältige, professionelle Machart spürbar. Inhaltlich führte es lediglich eine Art Veteranendasein, in dem kaum etwas an die Bedeutung früherer Zeiten erinnerte. Allerdings war es der DAZ nach 1933 gelungen, ihr Publikum zu erweitern. Sie wurde nicht mehr nur in Diplomaten- und Wirtschaftskreisen, sondern auch von bürgerlichen Intellektuellen gelesen.70 Wie im Falle der FZ wurde der besondere Charakter des Blattes somit vor allem ermöglicht, um den Eindruck einer gewissen Pluralität der deutschen Presse im In- und Ausland aufrechtzuerhalten. Dass der der Zeitung zugebilligte, etwas eigenständigere Kurs aber letztlich nur den propagandistischen Interessen des NS-Staates diente, will der damalige Chefredakteur der DAZ, Karl Silex, von Goebbels sogar persönlich erfahren haben. Dieser habe ihm gesagt: »Was ich vor einigen Tagen zu Rudolf Kircher [von der FZ, Anm. des Autors] gesagt habe, das müssen sie auch wissen. Sie müssen beide wissen, daß wir Kircher und Silex für unsere Zwecke gebrauchen, genau so lange, wie wir das für nützlich halten.«71 Mittels dieser Zeitung kann somit nicht nur die an eine bürgerlich-konservative Leserschaft ausgerichtete Berichterstattung der SS-PK erfasst und in die hier durchgeführte Analyse mit einbezogen werden. Wertvoll macht sie in dem hier verfolgten Zusammenhang auch, dass sie zu den wenigen Reichszeitungen gehörte, die fast bis Kriegsende erschienen. Ihre letzte Ausgabe datiert vom 24. April 68 69

70 71

Vgl. Fischer, Zeitung, S. 274 f. Ein Plädoyer für den Anschluss Österreichs in einem Leitartikel des damaligen Chefredakteurs Klein hatte im April/Mai 1933 den Zorn Hitler erregt und zu einem dreimonatigen Verbot der DAZ geführt, vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 59 f; Krings, Dietrich, S. 201. Vgl. Fischer, Zeitung, S. 280 f.; Hale, Presse, S. 259; Frei/Schmitz, Journalismus, S. 69-62. Zitiert nach Silex, Kommentar, S. 141.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

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1945.72 Auch wenn eine ähnlich sichtbare oppositionelle Haltung wie bei der FZ hier nicht zu erwarten ist, kann die seriöse DAZ so dennoch als Ersatz für die ja Ende August 1943 eingestellte FZ dienen. Ihre Berichterstattung insbesondere in den letzten knapp zwanzig Monaten des Krieges soll also Indizien liefern, wann Berichte über die Waffen-SS nicht nur im VB, sondern allgemein in der deutschen Presse weit verbreitet waren. Erweitert wurde die Basis dieser Untersuchung zudem durch zwei Wochenzeitungen. d) DAS REICH

Dabei wurde die Zeitschrift »Das Reich« (DR) hier mit einbezogen, weil sie schon aufgrund ihres Formats und ihrer wöchentlichen Erscheinungsweise eine andere Art von Berichterstattung über die Waffen-SS erwarten lässt. Zudem war auch sie an einen eher intellektuellen Leserkreis und auch nicht unwesentlich an das Ausland gerichtet. Das Abweichen von dem Massentauglichkeits-Prinzips Hitlers in der Propaganda, der sich hier eigentlich »niemals von Ästheten oder Blasierten leiten lassen«73 wollte, folgte als Konsequenz einer anderen Hauptforderung von ihm, dass »der Sieg einer Idee [...] um so eher möglich sein [wird], je umfassender die Propaganda die Menschen in ihrer Gesamtheit bearbeitet hat«.74 Entwickelt wurde das Konzept für diese Zeitung vor allem von Rolf Rienhardt, damals Stabsleiter des »Reichsleiter für die Presse der NSDAP«, Max Amann. Mit ihr wollte man den »Volksgenossen« mit höherem Anspruch wie auch den ausländischen Lesern eine ansprechende NS-Publikation bieten. Dafür wurde die Form des für Deutschland neuen Zeitungstyps einer »Wochenzeitung« gewählt. Ihre ausführlichen Kommentierungen der Zeitereignisse und kultureller Begebenheiten auf höchstem journalistischem Niveau sollten DR einen Rang wie der des englischen »Observers« verschaffen.75 Dieses Programm stieß bei den Mächtigen in der NS-Propaganda weitgehend auf Duldung, bei Goebbels sogar auf Begeisterung.76 Letzterer gestattete deshalb, dass bei der Auswahl der Journalisten für das Blatt Fähigkeiten und Ansehen die Hauptrolle spielten, während die Parteizugehörigkeit nebensächlich war. Tatsächlich reichte das Spektrum der hier Beschäftigten von liberalen Kräften wie z. B. dem freien Mitarbeiter Theodor Heuss77 bis zu Konservativen, die aus den Redaktionen bürgerlicher Zeitungen wie der DAZ oder dem Berliner Tagblatt stammten. Dazu kamen aber auch Verfechter der »reinen Lehre« des Nationalsozialismus wie der schon beschriebene Freund Goebbels und spätere SS-Kriegsberichter Hans Schwarz van Berk.78 Alle zusammen sollten, so war der ursprüngliche Plan, weitgehend selbstgesteuert dem Blatt 72

73 74 75 76 77 78

Dies war auch ein Grund für den Erfolg der DAZ auf dem Zeitungsmarkt. Wurden 1935 nur knapp 40.000 Exemplare von ihr verkauft, kamen im März 1944 375.000 zum Druck, vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 59-63. Hitler, Kampf, S. 202. Ebd., S. 653. Vgl. Hale, Presse, S. 295; Plank, Reich, S. 23; Abel, Presselenkung, S. 75 f. Vgl. Abel, Presselenkung, S. 79 f. Vgl. Martens, Reich, S. 209 f; Plank, Reich, S. 56. Vgl. Martens, Reich, S. 112-119; Müller, Porträt, S. 11; Plank, Reich, S. 30.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

eine besondere stilistische und inhaltliche Qualität geben und auch heikle Themen ansprechen. Obwohl die vorgesehene Befreiung von den Zwängen der Presselenkung nicht realisiert wurde, konnte diese Zielvorgabe weitgehend umgesetzt werden. Entsprechend der Eigenwerbung »Das Reich sieht die Welt von hoher Warte«79 war sie von ihrer ersten Ausgabe an, diese erschien am 26. Mai 1940, eine seriöse, sachliche, gut informierte80 und zuverlässige Zeitung, die das Niveau aller anderen NS-Publikationen bei weitem übertraf. So beanspruchte allein ihr Feuilletonteil in etwa die Hälfte ihres Umfanges. Ebenfalls bemerkenswert war die hier verwendete Sprache, die ohne die sonst üblichen NS-Phrasen und Schönrederei auskam. Obwohl die politische Grundhaltung eindeutig auf den Nationalsozialismus festgelegt war, kamen hier sogar Abweichungen von den in den Tagesparolen vorgegebenen Inhalten und Tendenzen der Artikel gelegentlich vor. Sehr selten äußerten einzelne Mitarbeiter sogar eine Kritik am herrschenden System, dann aber auch nur zwischen den Zeilen erkennbar.81 So etwas wurde allerdings keineswegs geduldet, sondern führte vielmehr im Laufe der Zeit zu immer schärferen Konflikten mit der Propagandaführung, die u. a. im Rücktritt des Chefredakteurs Eugen Mündler Ende 1942 kulminierten. Einige Mitarbeiter wurden wegen solcher Vorkommnisse sogar entlassen bzw. an die Front geschickt.82 Die Zeitung unterhielt ein engmaschiges Netz von Korrespondenten in aller Welt, die sachlich und, unter den gegebenen Umständen, mit einem Höchstmaß an Information aus dem Ausland berichteten. DR hatte auch deshalb den Ruf, dass hier Informationen zu finden seien, die sonst in keiner anderen Zeitung erschienen. Dies betraf sogar die Meldungen zur militärischen Lage, von denen es hieß, dass sie vergleichsweise ungeschminkt seien. Von hoher journalistischer Qualität sollen auch die hier veröffentlichten PK-Berichte gewesen seien. Sie stammten meist von Mitarbeitern der Redaktion, die als Kriegsberichter eingezogen worden waren. Für die Waffen-SS waren dabei in der Hauptsache Joachim Fernau, Felix Lützkendorf und der schon erwähnte Schwarz van Berk verantwortlich.83 Dennoch, allem Ansehen, Niveau und gelegentlicher Kritik zum Trotz war das Blatt als ein nationalsozialistisches Propagandainstrument geschaffen worden, um als »Nationalsozialismus im Frack«84 dieses Gedankengut möglichst weit in der Gesellschaft zu verbreiten. Das wird am sichtbarsten anhand der Leitartikel von DR, die ab Dezember 1940 bis zum Ende des Krieges regelmäßig von Joseph Goebbels verfasst wurden. Dieser Umstand gab DR schnell den Geruch, ein 79 80

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So ihr Slogan in Werbeanzeigen, als Bsp. vgl. VB 146 v. 25.5.1940, S. 5. Das Blatt durfte u. a. exklusiv an den täglichen Ministerkonferenzen im Propagandaministerium teilnehmen und hatte einen Vertreter in der Parteikanzlei und bei Rüstungsminister Speer; vgl. Müller, Porträt, S. 13. Ein Bsp. hierfür ist der Artikel »Dennoch« v. Theodor Heuss in der Ausgabe v. 1. 12. 1940, abgedruckt bei Müller, Porträt, S. 61. Vgl. Plank, Reich, S. 32-34, 58; Martens, Reich, S. 46, 50 f, 56 f.; Müller, Porträt, S. 7, 9, 13; Abel, Presselenkung, S. 83, 87, 97-101. Eine Zusammenstellung von Rügen, die die Zeitung erhielt bei Martens, Reich, S. 259-262. Vgl. Martens, Reich, S. 50; Müller, Porträt, S. 12 f; Plank, Reich, S. 34. So das Urteil Carl Linferts über »Das Reich«, zitiert nach Frei/Schmitz, Journalismus, S. 119.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

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Organ des RMVP zu sein. Zumindest im Ausland soll dies die Beachtung des Blattes allerdings noch eher verstärkt haben.85 Bezeichnend für die Rolle der Zeitung im Dritten Reich ist ebenso die Tatsache, dass hier die ersten Artikel zu finden waren, welche die Bevölkerung auf die Propaganda vom »Totalen Krieg« einstimmten oder Hoffnungen auf den Einsatz von »Wunderwaffen« weckten.86 Der besondere Charakter der Zeitung als lesenswerte Abwechslung in der NSPresselandschaft machte sie aber überaus erfolgreich. So sind in den Lageberichten des SD zahlreiche Meldungen zu finden, in denen die Zeitung als sehr gelungen, aber nicht ausreichend erhältlich bezeichnet wird. Ihre Artikel seien stets besonders beachtet worden.87 Auch andere Quellen berichten davon, dass sich bei ihrem Erscheinen regelmäßig lange Schlangen an den Verkaufsständen bildeten. »Das Reich« war die bevorzugte Lektüre der Bürgerstuben, Offizierskasinos, der besseren Parteikreise und auch intellektueller Kreise in der SS. Dieser Erfolg spiegelte sich auch in der Auflagenentwicklung wieder. Sie stieg von einer Startauflage von 300.000 in 1940 auf 1.421.000 Exemplare im Jahr 1943, was sie fast schon auf Augenhöhe mit dem »Völkischen Beobachter« brachte. Bedeutsam war auch ihr Erfolg im Ausland. Immerhin 250.000 Exemplare wurden zeitweise dorthin verkauft. All dies gab ihr eine so hohe propagandistische Bedeutung, dass sie als eine der wenigen Zeitungen im Reich quasi bis Kriegsende erschien. Ihre letzte Nummer datiert auf den 22. April 1945.88 e) DAS SCHWARZE KORPS

Unerlässlich war schließlich noch, das »Das Schwarze Korps« (SK), die offizielle »Zeitung der Schutzstaffeln der NSDAP«, in diese Untersuchung mit einzubeziehen, ließ doch gerade dieses »Organ der Reichsführung SS«,89 eine intensive Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS erwarten. Die erste Nummer des SK erschien im Juni 1935. Chefredakteur war schon damals der spätere Kommandeur der SS-PK, Gunter d’Alquen. Dieser hatte die Zeitung, anfangs nur unterstützt von seinem Stellvertreter Rudolf aus den Ruthen, auch quasi im Alleingang aufgebaut. Den Auftrag hierzu hatte er im März 1935 von Himmler erhalten, als Folge der Erhebung der SS zu einer eigenständigen Parteigliederung. Wie DR war auch das SK als Wochenzeitung konzipiert. In

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86

87 88 89

Vgl. Martens, Reich, S. 47-49, 216 f., 270 f.; Müller, Porträt, S. 10, 14. Die Artikel Goebbels wurden vom deutschen Rundfunk übertragen, in Lokalzeitungen übernommen, erschienen zum Teil in Buchform und wurden u. a. im englischen Rundfunk regelmäßig zitiert, vgl. Martens, Reich S. 60, 231, FN 220, 221. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 172; Gemeint sind Artikel wie: »Feuerzeichen Stalingrad«, in: DR 5 v. 31.1.1943, S. 4 f oder »Die ungeahnten Folgen«, in DR 49 v. 5.12.1943, S. 4. Bei Hölsken finden sich längere Auszüge des letztgenannten Artikels, vgl. ebd, V-Waffen, S. 100 f. Er war nach einem Monat laut den Berichten des SD sprichwörtlich, vgl. Boberach, Meldungen, S. 6186 (27.12.1943). Als Bsp. vgl.: Boberach, Meldungen, S. 1209 (3.6.1940); S. 1915 (20.1.1941). Vgl. Schmidt, Presse, S. 218; Martens, Reich, S. 48-50, 264-269; Müller, Porträt, S. 7. So die offiziellen Untertitel des SK, vgl. Zeck, Korps, S. 91.

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252

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

dieser Form erschien sie bis zum 12. April 1945, also ebenso fast bis zum Ende des Krieges.90 Auch sie war außerordentlich erfolgreich. Ihre Auflage lag ab 1937 konstant über 500.000 Exemplaren, 1939, kurz vor Ausbruch des Krieges, sogar bei 750.000. Letzteren Wert konnte sie trotz aller Rationierungsmaßnahmen bis Mitte 1944 halten. Damit war sie in dieser Zeit nach »Das Reich« die zweitgrößte politische Wochenzeitung in Deutschland. Dazu kam, dass man bei dieser Zeitung, wie sonst nur bei Streichers »Stürmer«, eher an ihrem propagandistischen Effekt als an ihrem kommerziellen Erfolg interessiert war. Sie wurde an vielen Orten ausgelegt oder in Schaukästen, etwa vor Polizeiwachen, ausgehängt. Es ist daher anzunehmen, dass das SK weit mehr Leser als Käufer hatte. Dazu wurde sie auch stark beworben, etwa im Februar/März 1937, als eine »Reichspropaganda-Aktion« zugunsten des SK durchgeführt wurde, zu deren Auftakt d’Alquen Gelegenheit bekam, im Radio die Zeitung vorzustellen. Dennoch lag ihr Erfolg vor allem darin begründet, dass sie vom besagten d’Alquen, anfangs sogar gegen den Willen Himmlers, als eine Art legale Opposition im Dritten Reich konzipiert worden war. 91 Diese Zeitschrift war also nicht bloß das Vereinsblatt der SS,92 sondern sollte vielmehr in der gesamten deutschen Gesellschaft meinungsbildend wirken. Laut ihrer eigenen Werbung war sie konzipiert als eine »volkstümliche politische Wochenzeitung.«93 Tatsächlich war sie ein technisch gut gemachtes, buntes, billiges Magazin mit vielen Fotos und Karikaturen und einer forschen, modern anmutenden Sprache.94 Man scheute sich in ihr nicht, ähnlich wie der »Stürmer«, die niederen Instinkte der Leserschaft zu bedienen, etwa indem man detailliert über Fälle von Unzucht unter Klosterbrüdern berichtete.95 Sehr verkaufsfördernd war aber auch ihr Image als einer Art »Reichsbeschwerdestelle«, da es dazu aufrief, beobachtete Missstände aus dem Alltag des Dritten Reiches an das Blatt zu melden. Wenn der Einsender Glück hatte, wurden solche Verfehlungen dann hier in sehr scharf formulierten Artikeln »bestraft«. Diese Kritik sparte auch staatliche und parteiamtliche Stellen nicht aus, wodurch die Zeitung eine in seiner Wichtigkeit nicht zu unterschätzende Ventilfunktion im NS-System erfüllte. Möglich war dies, weil sich die Redaktion des SK der Protektion des mächtigen RFSS Himm-

90 91

92

93

94

95

Vgl. Heiber/v.Kotze, Querschnitt, S. 10, 48; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 103. Vgl. Combs, Voice, S. 18, 20; Heiber/v.Kotze, Querschnitt, S. 5, 9 f; Augustinovic/Moll, d’Alquen, S. 103. Bezüglich des Aushangs bei Polizeidienststellen vgl.: Reichstatthalter in Hessen, Tagesbefehl Nr. 1 v. 17.10.1944, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2313, pag. S. 3; Rundschreiben des HSSPF im Wehrkreis IX betreff Großwerbung für den Eintritt in die Waffen-SS v. 24.9.1943, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2318, pag. S. 3. Zur Reichspropaganda-Aktion vgl. Schreiben des Chefs des SSHauptamtes, Berger betreff Reichspropaganda-Aktion für »Das Schwarze Korps« v. 8.2.1937, in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Gunter (24.10.10). Obwohl Himmler das Blatt offenbar ursprünglich als ein solches geplant hatte, vgl. Combs, Voice, S. 26. So ihr Slogan in ihren Anzeigen im VB, als Bsp. vgl.: VB 146 v. 25.5.1940, S. 8; VB 138 v. 18.5.1941, S. 9. Vgl. Combs, Voice, S. 39. Der Preis betrug 15 Pfennig, was nur die Hälfte des Preises von DR war und sogar 5 Pfennig weniger als der des VB. Vgl. ebd., S. 5.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

253

ler sicher sein konnte und das Blatt allgemein als seine Stimme galt. So war es möglich, in gewissem Umfang der Kontrolle durch die Partei und durch das RMVP zu entgehen.96 Resultat war, dass das SK der deutschen Öffentlichkeit als unabhängiger, informierter und ehrlicher als die anderen Zeitungen des Reiches erschien, was es, zusammen mit seinem lebendigen Stil und der aggressiven Werbung, sehr populär machte. Aufgabe des SK war aber auch, seine Leserschaft mit den allgemeinen geistigen Grundlagen des Nationalsozialismus und den Besonderheiten der SSIdeologie bekannt zu machen. Umgesetzt wurde dies etwa in einer Vielzahl von Artikeln voller rassistischer Hetze über »freche« Juden, einem vor allem in der Vorkriegszeit mit großem Elan geführten Kampf gegen die Kirchen, Freimaurer usw. Es gab aber auch positive Berichte über die vorgeblich so großartige Vergangenheit des deutschen Volkes etwa in der germanischen Zeit, die Bedeutung des Kinderreichtums für die deutsche Zukunft usw. Auch auf diese Weise war das »Schwarze Korps« durchaus die Stimme der SS.97 Was dieses Blatt aber speziell für diese Untersuchung besonders interessant macht, ist, dass es auch dazu diente, den SS-Männern wie auch den übrigen Lesern den besonderen Charakter der Waffen-SS vor Augen zu führen.98 So wurde das SK zur ideologischen Schulung der Angehörigen der Waffen-SS eingesetzt,99 ebenso wurde es im Rahmen der Freiwilligenwerbung für die bewaffneten SS-Verbände an Interessierte kostenlos verteilt.100 Dazu passt, dass in der Kriegsberichterstattung des Blattes nahezu ausschließlich die Taten der SS-Truppen im Felde behandelt wurden. Dafür wurde schon kurz nach Kriegsbeginn eine regelmäßige Kolumne mit dem Namen »Für die Waffen-SS« eingeführt, die bis 1945 beibehalten wurde. Hier waren Kriegsberichte der SS-PK zu finden, die Taten neuer Ordensträger der SS wurden ausführlich gepriesen sowie Briefe, Bilder, Gedichte etc. zum Thema Waffen-SS abgedruckt. Das »Schwarze Korps« bezeichnete sich selbst ab November 1939 sogar als »Bindeglied zwischen Front und Heimat« und »zentrale Frontzeitung für die Waffen-SS«.101 Infolgedessen wurden hier anfangs sogar Bücher, Spiele und Instrumente an die SS-Soldaten vermittelt.102 Zentrales Organ für die Kriegsberichterstattung der Waffen-SS war das SK natürlich auch deshalb, weil ihr Chefredakteur d’Alquen im Krieg Kommandeur der SS-PK war. Ebenso waren auch einige andere Mitarbeiter des »Schwarzen Korps« SS-Kriegsberichter.103

96

97 98 99 100

101 102 103

Kritik an der Parteiführung oder gar am »Führer« gab es hier aber natürlich nicht. Zudem wurden die Einsendungen auch an den SD zur Auswertung weitergereicht, vgl. Heiber/v.Kotze, Querschnitt, S. 10 f, 13. Vgl. Combs, Voice, S. 32-35, 40, 43, 47; Heiber/v.Kotze, Querschnitt, S. 12. Vgl. Zeck, Korps, S. 283. Vgl. Förster, Erziehung, S. 98, 102. Vgl. Schreiben des RFSS an den Reichsstatthalter in Hessen v. 29.10.1943, in: HStAD, G 15 Lauterbach 2318, pag. S. 66. »Für die Waffen-SS«, in: SK 49 v. 7.12.1939, S. 2. Vgl. »Briefe von der Front«, in: SK 51 v. 21.12.1939, S. 10. Vgl. Combs, Voice, S. 46, 48, 53 f., 57.

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254

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Gerade das SK lässt somit eine intensive Propaganda um den Kriegseinsatz der SS erwarten, die aber nicht, wie etwa in den SS-Leitheften, nur SS-intern wirken sollte, sondern vielmehr auch auf ein externes Publikum ausgerichtet war. Da somit vorausgesetzt werden kann, dass auch die hier zu findenden Berichte das allgemeine Image der Waffen-SS im Reich beeinflussen konnten, ist ihr Einbezug in die hier durchgeführte Untersuchung gerechtfertigt. Neben diesen Zeitungen wurden in der vorliegenden Untersuchung noch weitere Inhalte zeitgenössischer Medien verwendet. Diese wurden jedoch, wegen des damit verbundenen und hier nicht zu leistenden Aufwandes, nicht systematisch ausgewertet. Vielmehr sollen sie im Abschnitt 4.6 dieser Arbeit, der die Wandlungen in der Propaganda um die Waffen-SS im Laufe des Krieges zum Inhalt hat, illustrieren, welches Ausmaß die Berichterstattung um die SS-Truppen anlässlich verschiedener, für die Waffen-SS besonders wichtiger Ereignisse allgemein annahm. Neben Ausgaben der Wochenschau, deren Charakter und Aufgaben hier bereits hinreichend erläutert worden sind,104 wurden dafür die zwei führenden Vertreter der damaligen illustrierten Massenpresse immer wieder verwendet. Schließlich waren solche Illustrierten in einer Zeit ohne Fernsehen das Medium schlechthin zur Vermittlung von Bildern von Menschen und Ereignissen. Überdies machte ihre Doppelfunktion, die Vermittlung von optischer Präsentation und textlicher Aufarbeitung, sie ideal zum Transport von Propaganda.105 In der hermeneutischen Darstellung werden sich so Beispiele finden aus der »Berliner Illustrierte Zeitung« als die auflagenstärkste ihrer Art und als »Paradestück unter den unpolitischen Massenillustrierten«,106 wie aus dem »Illustrierte Beobachter« als Beispiel für die Darstellungsweise durch ein Parteiblatt. Auch deren Spezifika sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden: f) BERLINER ILLUSTRIRTE ZEITUNG

Die 1891 gegründete »Berliner Illustrirte Zeitung« (BIZ) war im Dritten Reich die mit Abstand auflagenstärkste Illustrierte. Ihre Auflage betrug 1933 1,1 Millionen und steigerte sich bis Kriegsbeginn auf 1,5 Millionen und erreichte schließlich 2,6 Millionen Exemplare zu Kriegsende. Aber nicht nur wegen dieses Verkaufserfolgs hob sie sich von allen anderen damaligen Illustrierten ab. Sie gilt zudem bis heute als Vorläuferin und Modell des heutigen Illustriertentyps, war schon ab 1904 im Straßenverkauf und galt vor 1933 sogar als führend in Europa. Später wurde sie Vorbild für die Auslands-Illustrierte »Signal«, die bis Sommer 1941 als deren Sonderausgabe erschien und schließlich in zwanzig Sprachen und in einer Auflage von 2,5 Millionen erhältlich war. Zum Kriegsende hin wurde die BIZ infolge der immer rigider werdenden Einsparungsmaßnahmen in der deutschen Presse sogar fast zur Einzigen ihrer Art.107 104 105 106 107

Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 76; Unger, Illustrierte S. 272. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 76. Vgl. ebd., S. 75 f; Unger, Illustrierte S. 81, 93; Moll, Signal, S. 362; Ferber, Jedermann, S. 5, 8.

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4.2 Charakteristika der untersuchten Zeitungen

255

Inhaltlich war die BIZ schon in der Zeit vor 1933 eher eine »optische Zeitchronik« denn ein ausführlich informierendes Medium gewesen. In ihr dominierten Fotos, Illustrationen und Kurztexte über die großen und kleinen Stars von Film und Musik, über Katastrophen, Erfindungen, Sport, Mode etc. Sie baute so auf die Faszination des Außergewöhnlichen, ohne durch Text viel zu erklären oder Zusammenhänge aufzuzeigen. Ihr Herzstück war der Fortsetzungsroman im Mittelteil, Politik war dagegen kaum ein Thema. Dennoch galt sie in der Weimarer Zeit als offenes, bürgerlich-liberales Blatt. Dass sie dennoch auch den nationalsozialistischen Machthabern schnell von großem Nutzen wurde, lag in der Art und Weise der Berichterstattung der BIZ begründet. Denn bei ihr legte man großen Wert darauf, dass in ihren Berichten und Bildern auch das Persönliche mit einbezogen, modern gesprochen also der »human touch« beachtet wurde. So wurde in ihr typischerweise nicht nur der Politiker abgebildet, sondern auch seine Ehefrau. Gerade dieses Konzept nutzten die Nationalsozialisten nach der »Machtergreifung« für ihre Zwecke: Nun erschienen in der BIZ auch die NS-Größen besonders freundlich und persönlich, z. B. »privat« am Strand oder bei der Hochzeitsfeier oder repräsentativ wie z. B. bei Autobahneröffnungen, im Gespräch mit ausländischen Staatsmännern etc. Die BIZ war aber auch deshalb ein äußerst wichtiges Propagandainstrument, weil hier in äußerlich unveränderter, dem Leser gewohnter Form bis Kriegsbeginn der Eindruck eines harmonischen und optimistischen Deutschlands unter Hitler vermittelt wurde. Beispielsweise erschienen hier Bildreportagen, in welchen die KZ als Oase der Ruhe und Ordnung erschienen. Dennoch, unterschwellig wurde ihre Leserschaft gezielt durch eine Vielzahl an Reportagen über Waffentechnik, Paraden etc. langsam auf einen neuen Krieg vorbereitet.108 Dennoch wurde auch während des Krieges in ihrer Berichterstattung die menschlich-persönliche Seite weiterhin betont, z. B. indem man Hitler beim Füttern eines kranken französischen Armeepferds zeigte oder Soldaten bei Tätigkeiten abseits der Front präsentierte. Daneben war in dem Blatt, wegen der detaillierten Anweisungen des RMVP, nun aber auch grobschlächtigere Propaganda zu finden. Es erschienen zuhauf Bildreportagen von vorwärts stürmenden oder siegreich heimkehrenden Soldaten, es wurde die deutsche Opferbereitschaft heroisiert und der Durchhaltewillen gestärkt, während das Elend des Krieges natürlich verschwiegen wurde. Daneben wurden auch die der Presse vorgeschriebenen antijüdischen, antibolschewistischen und antiplutokratischen Themen in die Berichterstattung eingeflochten. Trotzdem, den Anschein einer gewissen Seriosität behielt die BIZ weiterhin bei. Da ihre letzte Ausgabe vom 29. April 1945 datierte, deckte auch sie die ganze Kriegszeit ab.109 Zumindest das hat sie mit ihrem Hauptkonkurrent gemeinsam, dem »Illustrierte Beobachter«, der zweiten hier einbezogenen Illustrierten.

108

109

Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 76 f; Ferber, Jedermann, S. 8 f; Unger, Illustrierte S. 82 f, 271. Letztere führte eine eingehende Analyse der propagandistischen Vorbereitung der Bevölkerung auf den Krieg in der Berichterstattung der BIZ durch, vgl. Unger, Illustrierte S. 95-270. Vgl. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 78 f, 81; Unger, Illustrierte S. 273 f.; Ranke, Geschichte, S. 28.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

G) ILLUSTRIERTER

BEOBACHTER

Dieser »Illustrierte Beobachter« (IB) war im Gegensatz zur BIZ Zeit seines Bestehens ein nationalsozialistisches Propagandainstrument. Seine Gründung im Jahr 1926 war eine direkte Reaktion der NSDAP auf die wachsende Bedeutung der Illustrierten auf dem Zeitungsmarkt der Weimarer Zeit gewesen. Mittels einer eigenen, massenhaft verbreiteten Bilderzeitung hoffte man in der Partei die stark wachsende NS-Anhängerschaft, aber auch die breite Öffentlichkeit nicht nur argumentativ, sondern auch durch visuelle Eindrücke von den Zielen der NS»Bewegung« zu begeistern und zu überzeugen. Wie der VB hatte auch der IB deshalb den Charakter eines »Kampfblattes«. Das äußerte sich in einer ständig hier zu findenden, aggressiven antijüdischen Hetze, einem dezidierten Antibolschewismus, Glorifizierungen des »Führers« etc. Daneben wurde hier eine intensive Bildpropaganda um die einzelnen NSDAP-Untergliederungen betrieben. Im Gegensatz zu der BIZ wurde hier somit von Anfang an und weit offensiver für die Politik der Nationalsozialisten geworben.110 Erfolgreich war man mit diesem Konzept jedoch nicht. Vor 1933 wurde der IB weitgehend nur in Parteikreisen gelesen. Um massentauglicher zu werden, wurde deshalb auch hier schließlich die Unterhaltung in den Vordergrund gestellt. Trotzdem brachte erst die NS-»Machtergreifung« dem Blatt eine größere Leserschaft. Bis Kriegsbeginn konnte es seine Auflage auf 800.000 Exemplare steigern. Es war nun nach der BIZ die zweitgrößte deutsche Illustrierte. Im Krieg wurde hier wieder eine offensive Propaganda für den Nationalsozialismus betrieben, was sich jedoch weiterhin deutlich auf den Erfolg des IB auswirkte. Obwohl im Laufe der Zeit immer mehr Illustrierte eingestellt wurden und der IB ab Oktober 1944 neben der BIZ faktisch die einzige deutsche Illustrierte war, konnte er seine Auflage kaum steigern. Dennoch blieb auch der IB bis zum Ende des Krieges bestehen.111 Beide Illustrierte können also die Ergebnisse der qualitativen Analyse während aller Phasen des Krieges ergänzen.

4.3 QUANTITATIVE ANALYSE: CHARAKTERISTIKA DER UNTERSUCHTEN BERICHTERSTATTUNG Nachdem nun die hier angewandten Methoden erläutert sind und auch der Charakter der hier untersuchten Presseorgane bekannt ist, werden nun die Ergebnisse der quantitativen Analyse vorgestellt. Die Regeln, nach denen die Untersuchung abgelaufen ist, sind hier bereits erläutert worden.112 Bei Bedarf können sie in dem eigens dafür erstellten Codebuch113 im Detail nachvollzogen werden. 110 111 112 113

Vgl. Unger, Illustrierte S. 84 f.; Frei/Schmitz, Journalismus, S. 77. Frei/Schmitz, Journalismus, S. 75; Unger, Illustrierte S. 86, 92 f. Vgl. Abs. 4.1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 1 dieser Arbeit.

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4.3 Charakteristika der Berichterstattung

Als erster Schritt sollen in diesem wie dem nachfolgenden Abschnitt die gleichsam äußeren Merkmale der Berichterstattung über die Waffen-SS in den hier untersuchten Zeitungen vorgestellt und interpretiert werden. Dies dient dazu, in einem ersten Schritt einige der dieser Untersuchung zugrundeliegenden Arbeitshypothesen mit ersten Indizien zu untermauern: Geklärt wird hier, ob überhaupt genügend Beiträge der SS-PK in der damaligen Presse erschienen sind, um annehmen zu können, dass sie einen entscheidenden Beitrag zu dem der damaligen Öffentlichkeit präsentierten Bild von der Waffen-SS geleistet haben. Dazu soll hier untersucht werden, ob die Berichte der SS-Kriegsberichter in den hier untersuchten Zeitungen zumindest in bestimmten Kriegsphasen im Verhältnis zu denen der WM-PK überrepräsentiert gewesen sind. Daneben bildet das Wissen um das tatsächliche Ausmaß der SS-Propaganda und ihre Verteilung auf die einzelnen Zeitungen aber auch einen unverzichtbaren Bezugsrahmen, um in einem zweiten Schritt die Darstellung der Waffen-SS qualitativ untersuchen zu können.114 Für einen solchen Bezugsrahmen grundlegend ist zunächst die Klärung der Frage, wie intensiv die Berichterstattung insgesamt wie auch jeweils in den einzelnen Zeitungen war. So können gleichzeitig auch Indizien gesammelt werden, ob sich die dargelegten Unterschiede im Charakter der einzelnen Presseorgane auf die Intensität ihrer Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS ausgewirkt haben. Hier zeigt sich an erster Stelle an der Zahl der erfassten Artikel überdeutlich, wie sinnvoll es gewesen ist, die Untersuchung auf einen kleinen Teil der damaligen Medien zu beschränken und dabei den WMB und seine Erläuterungen nicht mit einzubeziehen: Trotz dieser Einschränkungen wurden in den Zeitungen VB, DAZ, FZ, DR und SK 2.829 Artikel von der SS-PK oder über die SS im Kriegseinsatz gefunden. Dabei zeigen sich tatsächlich große Unterschiede in der Zahl der in diesen Zeitungen jeweils erfassten Artikel (Tabelle 1). Tabelle 1: Zahl der Artikel pro Presseorgan (1939-1945) Zeitung

Anzahl der Artikel

Anteil am Sample

VB

844

29,83 %

DAZ

584

20,64 %

FZ

205

7,25 %

DR

61

2,16 %

SK

1.135

40,12 %

Summe

2.829

100 %

114

Ein Beispiel wäre die Frage, wie wichtig eine Nichterwähnung der Waffen-SS in der Berichterstattung der FZ über den Balkanfeldzug 1941 zu nehmen wäre.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Um die Aussagekraft dieser Werte zu erhöhen, wurde auch der jeweilige Umfang der Artikel in diese Analyse mit einbezogen (Tabelle 2). Tabelle 2: Umfang der Artikel pro Presseorgan (1939-1945) Zeitung

Größe 1 (mehr als 3 Spalten)

Größe 2 (2 bis 3 Spalten)

Größe 3 (1 Spalte)

Größe 4 (weniger als 1 Spalte)

VB n = 844

155 (18,36 %)

422 (50,00 %)

199 (23,58 %)

68 (8,06 %)

DAZ n = 584

60 (10,27 %)

201 (34,42 %)

186 (31,85 %)

137 (23,46 %)

FZ n = 205

13 (6,34 %)

74 (36,10 %)

79 (38,54 %)

39 (19,02 %)

DR n = 61

42 (68,85 %)

18 (29,51 %)

1 (1,64 %)

0

SK n = 1.135

244 (21,50 %)

713 (62,82 %)

173 (15,24 %)

5 (0,44 %)

Summe n = 2.829

514 (18,17 %)

1.428 (50,48 %)

638 (22,55 %)

249 (8,80 %)

Im VB und im SK wurden somit die meisten Artikel über die SS im Kriegseinsatz gefunden. Einen relativen hohen Wert von 584 Beiträgen wies auch die DAZ auf, während in der FZ mit 205 und vor allem in DR mit 61 Artikeln auf den ersten Blick in einem weit geringeren Maße über die SS an der Front berichtet wurde. Das Ergebnis wird in SK, DR und VB nicht durch den Umfang dieser Artikel relativiert. Über zwei Drittel der Artikel im VB umfassten mindestens zwei Spalten, im SK sogar fast sechs Siebtel. Die bloßen Kurzmeldungen fielen dagegen mit acht Prozent im VB kaum, im SK quasi nicht ins Gewicht. In DR waren zwar nur wenige Artikel zu finden, diese waren aber fast ausschließlich mindestens zwei Spalten lang. Damit war die Präsenz der SS-Truppen in dieser Zeitschrift größer, als die Zahlenwerte es zunächst vermuten ließen. Im Falle von DAZ und FZ verhielt sich das genau umgekehrt. In diesen wurde überwiegend nur in kurzen Artikeln in der Größe von einer Spalte oder sogar nur maximal einem Absatz über die Waffen-SS berichtet.115 Dieser Unterschied zum VB zeigt so schon jetzt deutlich, dass der Umfang der Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz in den Tageszeitungen tatsächlich nicht im Detail von offizieller Seite festgelegt worden sein kann, sondern auch von den Selektionskriterien der jeweiligen Redaktionen abgehangen haben muss. Eine solche Wahlmöglichkeit war in der Zeit des Zweiten Weltkrieges eigentlich nur bei den PK-Berichten gegeben, während der Abdruck der Agenturmeldungen

115

Bezüglich der FZ muss aber mit einbezogen werden, dass sie nur bis August 1943 erschien, vgl. für Details Abs. 4.2.b) dieser Arbeit.

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4.3 Charakteristika der Berichterstattung

sehr häufig vorgeschrieben war.116 Dazu hatten die hier erfassten PK-Berichte von WM und SS fast ausschließlich einen Umfang von mindestens zwei Spalten.117 Damit zeichnet sich schon jetzt ab, dass zumindest in den Tageszeitungen die Zahl der jeweils veröffentlichten SS-PK-Berichte tatsächlich ein wichtiger Faktor für die Präsenz der SS-Truppen in deren Berichterstattung gewesen ist. Wie wichtig, kann über eine Darstellung des Vorkommens der verschiedenen Berichtsformen in den jeweiligen Zeitungen aufgezeigt werden (Tabelle 3). Dabei wurden hier die Berichtsformen abweichend von den klassischen Definitionen118 festgelegt. Für die Fragestellung dieser Arbeit war nicht entscheidend, ob es sich um Nachrichten- oder Meinungsformen handelte, in denen die SS-Truppen vorkamen. Sinnvoller erschien eine Aufteilung nach Herkunft und Inhalt der Artikel. Dabei wurde zuerst überprüft, ob eine solche Untersuchungseinheit von der SSPK oder einer PK der Wehrmacht verfasst worden war. Dies war wegen der vorgeschriebenen, speziellen Kennzeichnung dieser Artikel119 immer eindeutig möglich. Die übrigen Artikel wurden nach ihrem Inhalt in spezifische Berichtsformen aufgeteilt: Es gab »Ordensberichte«, also Meldungen über an einzelne Soldaten verliehene Ehrenzeichen, dann »Kampfberichte«, welche vom direkten Kriegseinsatz der SS berichteten, ohne PK-Berichte zu sein120 und »Situationsberichte«, welche die SS-Truppen überwiegend ohne direktem Bezug zu ihren Kampfeinsätzen beschrieben.121 Die Berichtsformen wurden trennscharf angelegt und entweder nach ihrem Inhalt oder nach ihrer äußeren Kennzeichnung codiert. Jeder Artikel konnte dabei nur einmal codiert werden, wobei die äußere Kennzeichnung als SS-PK-Bericht oder PK-Bericht immer Vorrang hatte. Tabelle 3: Berichtsformen der über die SS im Kriegseinsatz berichtenden oder von der SSPK stammenden Artikel je Zeitung inklusive Anteil an der Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz je Zeitung (1939-1945) Zeitung

WM-PKBericht

SS-PKBericht

Ordensberichte

Kampfberichte

Situationsbericht

VB n = 844

45 (5,33 %)

252 (29,86 %)

159 (18,84 %)

119 (14,10 %)

269 (31,87 %)

DAZ n = 584

30 (5,14 %)

92 (15,75 %)

122 (20,89 %)

77 (13,18 %)

263 (45,03 %)

FZ n = 205

13 (6,34 %)

30 (14,63 %)

28 (13,66 %)

25 (12,20 %)

109 (53,17 %)

116 117 118 119 120

121

Vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 2 dieser Arbeit. Vgl. Schönbach, Trennung, S. 44-48. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Das umfasst alle Meldungen abseits des WMB und dessen Kommentierungen sowie abgedruckten Reden, die sich mit dem Kriegseinsatz der Waffen-SS beschäftigen, also etwa Agenturmeldungen, Veröffentlichungen verschiedener Parteistellen etc. Beispiele wären Erwähnungen der Waffen-SS bei Feierlichkeiten des Dritten Reiches, Meldungen über den Einsatz des Wachbataillons der »LAH« bei offiziellen Anlässen oder Meldungen über Aktivitäten der Ersatzeinheiten der Waffen-SS in der Heimat.

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260

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Zeitung

WM-PKBericht

SS-PKBericht

Ordensberichte

Kampfberichte

Situationsbericht

DR n = 61

11 (18,03 %)

33 (54,10 %)

0

7 (11,48 %)

10 (16,39 %)

SK n = 1.135

10 (0,88 %)

741 (65,29 %)

224 (19,74 %)

84 (7,40 %)

76 (6,70 %)

Summe n = 2.829

109 (3,85 %)

1.148 (40,58 %)

533 (18,84 %)

312 (11,03 %)

727 (25,70 %)

Tatsächlich zeigen sich deutliche Abweichungen in der Berichterstattung der einzelnen Zeitungen. So unterschied sich die Zahl an in VB und DAZ veröffentlichten Kampf- Situations- und Ordensberichten nur relativ wenig, im VB erschienen jedoch 160 SS-PK-Berichte mehr als in der DAZ. Wegen des weit kürzeren Untersuchungszeitraumes können die Ergebnisse für die FZ zwar nicht auf diese Weise mit denen für die beiden anderen Zeitungen verglichen werden. Dennoch fällt auf, dass die Anteile der einzelnen Berichtsformen in der FZ in etwa der der DAZ entsprechen, während SS-PK-Berichte auch hier weit seltener als im VB zu finden waren. In den Wochenzeitungen SK und DR dagegen wurde die Berichterstattung über die SS-Truppen sogar noch stärker als im VB von der SS-PK geprägt. Zumindest für das SK war das aber angesichts ihres Charakters als Hauszeitung der SS nicht anders zu erwarten gewesen. Trotzdem eine uneinheitliche Zahl an SS-PK-Berichten in den drei hier untersuchten Tageszeitungen festgestellt wurde, kann dennoch aus ihrer starken Präsenz im VB gefolgert werden, dass diese SS-Propaganda auch insgesamt in der damaligen deutschen Presse häufig zu finden war. Schließlich repräsentierte der VB wie keine andere Zeitung des Dritten Reiches die Meinung der Machthaber und war unzweifelhaft Leitmedium oder Vorbild der marktbeherrschenden, gleichgeschalteten Parteiblätter.122 DAZ und FZ stehen dagegen nur für ein kleines Segment der damaligen Presselandschaft und sollten dazu den Eindruck einer gewissen Pluralität der Meinungen auf dem damaligen Zeitungsmarkt erwecken. Das scheint nach diesen Zahlen eine geringere Berücksichtigung der ohne Zweifel als besonders regimenah angesehenen SS in der Kriegsberichterstattung mit eingeschlossen zu haben. Damit kann, wie vorab geplant, insbesondere die Berichterstattung der FZ tatsächlich genutzt werden, um Indizien zu erlangen, anlässlich welcher Ereignisse den Zeitungen der Abdruck von PK-Berichten über die SSTruppen vorgeschrieben worden ist. Bemerkenswert ist auch, dass die PK-Berichte der Wehrmacht in allen hier untersuchten Zeitungen nur selten den Kriegseinsatz der SS thematisierten. Die Konkurrenz der Waffen-SS zur Wehrmacht, sowohl allgemein als auch auf propagandistischem Gebiet,123 hatte damit offenkundig Auswirkungen auf die Berichterstattung der PK. Ebenso wurde aber auch in den »Kampfberichten«, also 122 123

Vgl. Abs. 4.2.a) dieser Arbeit. Vgl. dazu Abs. 3.5.d) dieser Arbeit.

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261

4.3 Charakteristika der Berichterstattung

der Berichterstattung abseits des WMB, in allen Zeitungen nur selten über den Einsatz der SS-Truppen informiert. Beides verdeutlicht, welch wichtige Rolle die SS-PK-Berichte in der Propaganda um den Kriegseinsatz der Waffen-SS tatsächlich gespielt haben. Allerdings ist, schon wegen der erst in der späteren Kriegszeit gegebenen militärischen Bedeutung der Waffen-SS, eine über die Jahre mengenmäßig gleichförmige Propaganda um sie wenig wahrscheinlich. Tatsächlich zeigen weitere Analysen, dass es hier temporäre Schwerpunkte und eine Steigerung im Laufe des Krieges gegeben haben muss (Tabelle 4). Tabelle 4: Anzahl der Artikel über die SS im Kriegseinsatz oder von der SS-PK in den untersuchten Medien pro Jahr124 Medium 1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 844

16 80 (1,90 %) (9,48 %)

130 113 241 232 32 (15,40 %) (13,39 %) (28,55 %) (27,49 %) (3,79 %)

DAZ n = 584

22 46 (3,77 %) (7,88 %)

81 105 159 148 23 (13,87 %) (17,98 %) (27,23 %) (25,34 %) (3,94 %)

FZ n = 205

9 17 (4,39 %) (8,29 %)

43 60 76 0 (20,98 %) (29,27 %) (37,07 %)

DR n = 61

0

16 6 (26,23 %) (9,84 %)

5 (8,20 %)

0

13 19 2 (21,31 %) (31,15 %) (3,28 %)

SK 35 232 219 209 187 222 31 n = 1.135 (3,08 %) (20,44 %) (19,30 %) (18,41 %) (16,48 %) (19,56 %) (2,73 %) Summe 82 380 489 493 676 621 88 n = 2.829 (2,90 %) (13,43 %) (17,28 %) (17,43 %) (23,90 %) (21,95 %) (3,11 %)

An erster Stelle wird hier der Charakter des SK als zentrales SS-Propagandaorgan nochmals deutlich sichtbar. In den Jahren 1940 bis 1944 wurde hier relativ gleichmäßig und unabhängig von Größe und Bedeutung der SS-Truppen für die deutsche Kriegführung in großem Umfang über sie berichtet. Die weitaus geringere Zahl an Artikeln in den Jahren 1939 und 1945 kann leicht mit dem kürzeren Untersuchungszeitraum, der noch fehlenden Berichterstattung der SS-PK bzw. mit der zunehmend chaotischen Lage zum Kriegsende hin erklärt werden. Für die Tageszeitungen wie auch die Wochenzeitung DR ist hingegen ein in der Tendenz gleicher Trend in dem Ausmaß der jährlichen Berichterstattung festzustellen. Dessen Verlauf lässt sich zwar grob mit der ansteigenden militärischen Bedeutung der Waffen-SS in Übereinstimmung bringen. Dies gilt aber nicht für die Zahl dieser Artikel. Hier deutet bei VB, DR und auch DAZ alles auf eine fast von Beginn an bestehende Überrepräsentation der SS-Truppen hin: 124

Die Prozentangaben in der Tabelle beziehen sich auf den Anteil der Berichterstattung eines Jahres an der gesamten Berichterstattung einer Zeitung über die SS im Kriegseinsatz.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

1939 tauchten die SS-Verbände, entsprechend ihrer damals geringen militärischen Bedeutung, in allen drei Tageszeitungen nur ganz am Rande auf.125 Auch die ungefähre Verdoppelung der Berichtzahlen im Jahr 1940 für FZ und DAZ kann noch mit dem nun dreimal längeren Untersuchungszeitraum begründet werden. Im VB dagegen war von der SS im Kriegseinsatz nun ungefähr an jedem fünften Tag etwas zu lesen, ebenso widmete auch die erst ab Juni diesen Jahres erscheinende Wochenzeitung DR ihr bereits fünf Artikel. Eine solche Aufmerksamkeit kann bei beiden schon zu diesem Zeitpunkt kaum mit der Verwendung von vier SS-Verbänden in den zwei Monaten des Westfeldzuges126 erklärt werden. 1941 stiegen die Zahlen weiter stark an. Im VB behandelte nun im Schnitt ungefähr jeden dritten Tag ein Artikel die SS im Kriegseinsatz, ebenso hatten sich auch die Zahlen für DAZ und FZ gegenüber dem Vorjahr verdoppelt bzw. sogar verdreifacht. Auch in der Berichterstattung von DR war die Waffen-SS stark präsent. Dieser Trend ist zwar vor dem Hintergrund der militärischen Ereignisse in diesem Jahr nachzuvollziehen. Schließlich hatte der am 22. Juni begonnene Feldzug gegen die Sowjetunion gerade in der zweiten Jahreshälfte grundsätzlich die Voraussetzung für eine anhaltende Berichterstattung über die Kämpfe der SSTruppen geschaffen, während sich ihre Einsätze 1939 und 1940 auf nur wenige Wochen beschränkt hatten. Dazu dürfte gerade die Waffen-SS mit ihrer multinationalen Basis von der nun einsetzenden Europapropaganda des Regimes profitiert haben.127 Bedenkt man jedoch, wie wenige SS-Einheiten noch immer in dieser Zeit im Fronteinsatz standen,128 bedeuten diese Zahlen dennoch eine, wie auch Goebbels in dieser Zeit klagte, »übermäßige Propaganda für die SS«.129 1942 blieb die Zahl der Berichte allgemein dann mehr oder minder auf dem Niveau von 1941, lediglich in DR fanden sich Artikel über die SS im Kriegseinsatz nun in einem weit geringeren Umfang. Auch in diesem Jahr können die militärischen Ereignisse allein kaum den Hintergrund gebildet haben. Die Waffen-SS war zwar in den ersten Monaten des Jahres mit ihrer gesamten Kriegsstärke in erbitterte Gefechte an der Ostfront verwickelt, umfasste aber dabei noch immer nicht mehr als sechs Divisionen sowie einige Brigaden und SS-Legionen. Überdies wurden in diesem Jahr die SS-Divisionen »LAH« »DR« und später auch »TK« Monate lang abseits der Front aufgefrischt und neu bewaffnet,130 wobei sie kaum Anlass für Berichte gegeben haben dürften.

125 126 127 128

129 130

»Das Reich« erschien erst ab Juni 1940, vgl. Abs. 4.2.d) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 56. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. In der Sowjetunion kämpften mit der »LAH«, »DR«, »TK«, »Wiking«, der SS-Polizeidivision, der SS-Kampfgruppe »Nord« und dem SS-Infanterieregiment 9 nur sieben SS-Einheiten, vgl. Stein, Geschichte, S. 108. Dazu kamen noch vier SS-Legionen mit Freiwilligen aus den »germanischen« Ländern, die aber erst ab Ende 1941 an dieser Front eingesetzt wurden, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 358, 362, 367, 370 f. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/1, S. 494 (25.9.1941). Vgl. Stein, Geschichte, S. 181; Rohrkamp, Kämpfer, S. 426 f.

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4.3 Charakteristika der Berichterstattung

263

Im Jahr 1943 stieg die Zahl der Artikel abseits des SK in allen untersuchten Presseorganen wieder stark an und verblieb dann 1944 allgemein in etwa auf diesem Niveau. In diesen beiden Jahren lag eindeutig die »Hochphase« der Berichterstattung über die SS-Truppen, in welcher etwa der Leser des VB im Schnitt fast in jeder Ausgabe über die Taten der SS im Kriegseinsatz informiert wurde. Zwar war ihre Bedeutung für die deutsche Kriegführung in dieser Zeit tatsächlich weiter angewachsen. Die Anfang 1943 an die Front zurückgekehrten Kerndivisionen der Waffen-SS waren zu schlagkräftigen Panzerverbänden umgegliedert worden und wurden von nun an als Eingreifreserve in immer neue Schlachten geworfen. Zudem fiel der militärische Beitrag der SS-Divisionen in der deutschen Kriegführung vor allem bei der Abwehr der alliierten Landung und den nachfolgenden Kämpfen ab Sommer 1944 nun wirklich ins Gewicht.131 Daneben wurde gerade in dieser Zeit eine Vielzahl an SS-Divisionen neuaufgestellt, 132 was zusätzlich Anlass für Artikel gegeben haben dürfte. Das allein kann jedoch nicht eine so massive Berichterstattung rechtfertigen. Viel eher wird gerade in diesen beiden Jahren die von Hitler gewünschte und laut Goebbels auch umgesetzte, stärkere Berücksichtigung der Waffen-SS in den Medien133 im Rahmen ihrer Instrumentalisierung als vorbildlicher NS-Volksarmee134 sichtbar geworden sein. Dass sich diese starke Berücksichtigung im Jahr 1945 nicht fortsetzte, sondern die Zahl der Berichte vielmehr in allen Zeitungen stark abfiel, ist unschwer mit den Rahmenbedingungen erklärbar. In der immer chaotischer werdenden Lage im Reich konnten die verbliebenen Zeitungen nicht mehr durchgehend und wenn nur in einem äußerst reduzierten Umfang erscheinen.135 Die Berichterstattung der hier untersuchten Zeitungen lässt somit die Entwicklung erkennen, wie sie nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeit zu erwarten war. Damit ist aber noch nicht erwiesen, dass die Zahl der SS-PK-Berichte dieser Entwicklung in allen Zeitungen folgte oder vielmehr andere Schwerpunkte hatte. Um das zu ermitteln, wurde auch das Auftreten der SS-PK in den Zeitungen pro Jahr ausgezählt und jeweils in Beziehung zu der Berichterstattung insgesamt gesetzt (Tabelle 5).

131 132 133 134 135

Vgl. Neitzel, Forschens, S. 415; Lieb, Krieg, S. 424-444. Vgl. Stein, Geschichte, S. 183-188. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 719. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 55 f, 63.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 5: Zahl der SS-PK-Berichte in den untersuchten Medien pro Jahr inklusive Anteil an der Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz136 Medium

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 252

33 (41,25 %)

42 (32,31 %)

30 (26,55 %)

65 (26,97 %)

63 (27,16 %)

19 (59,38 %)

DAZ n = 92

9 (19,57 %)

15 (18,52 %)

14 (13,33 %)

28 (17,61 %)

23 (15,54 %)

3 (13,04 %)

FZ n = 30

2 (11,76 %)

2 (4,65 %)

9 (15,00 %)

17 (22,37 %)

0

0

SK n = 741

139 (59,91 %)

182 (83,11 %)

160 (76,56 %)

131 (70,05 %)

113 (50,90 %)

16 (51,61 %)

DR n = 33

3 (60,00 %)

11 (68,75 %)

5 (83,33 %)

4 (30,77 %)

10 (52,63 %)

0

Summe n = 1.148

186 (48,95 %)

252 (51,53 %)

218 (44,22 %)

245 (36,24 %)

209 (33,66 %)

38 (43,18 %)

(von 2829 Beiträgen insgesamt)

Im für das Gesamtbild in der Tagespresse entscheidenden VB stammte somit den ganzen Krieg über mindestens jeder vierte Artikel mit einem Bezug zum Kriegseinsatz der SS von der SS-PK. Wenn man mit einbezieht, dass die sonstige Berichterstattung vielfach Kurzmeldungen mit einer Fläche von maximal einem Absatz darstellten,137 ergibt sich ein starker und anhaltender Einfluss der SS-Propaganda auf das im VB gezeichnete Bild von den SS-Truppen. In der DAZ hingegen ließ die weit geringere Zahl an SS-PK-Berichten diese tendenziell mehr in der allgemeinen Berichterstattung verschwinden, dennoch ist auch hier ihr regelmäßiges Auftreten über den ganzen Krieg hinweg zu beobachten. Bezüglich der FZ ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Hier erschienen bis 1942 nur wenige SS-PK-Berichte, allerdings gab es auch ansonsten, abseits der zum Abdruck vorgeschriebenen WMB und seiner Erläuterungen,138 kaum eine Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS. Erst in den letzten acht Monaten ihres Erscheinens 1943 traten die SS-PK-Berichte hier zahlen- und anteilsmäßig häufig genug auf, um einen größeren Einfluss der SS-Propaganda annehmen zu können. Nahe liegend wäre als Hintergrund zu vermuten, dass die von Hitler in dieser Zeit gewünschte Herausstellung der Waffen-SS in dieser Zeit auch Anweisungen zu

136

137 138

Die Prozentangaben in der Tabelle beziehen sich auf den Anteil der SS-PK-Artikel eines Jahres an der gesamten Menge an Artikeln einer Zeitung über den Kriegseinsatz der SS. Die SS-PK wurde erst im März 1940 gegründet, so dass 1939 außen vor bleiben konnte. Für die Ausgangswerte vgl. die Tabellen 3 und 4. Vgl. Anhang 2. Es sei daran erinnert, dass diese WMB wie auch deren Erläuterungen hier nicht erfasst wurden, vgl. Abs. 4.1 dieser Arbeit.

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4.3 Charakteristika der Berichterstattung

265

einem verstärkten Abdruck von SS-PK-Artikeln umfasst hatte. Ein Blick in die damalige Berichterstattung der FZ bestätigt diesen Zusammenhang jedoch nicht.139 Über die Gründe kann hier so nur spekuliert werden.140 Im SK beeinflussten offensichtlich nur die äußeren Umstände die Zahl der SSPK-Berichte. So ist der Rückgang ab 1942 mit dem durch die nun einsetzenden Papiereinsparungen immer geringer werdenden Umfang der Zeitung erklärbar, der zugleich sinkende Anteil der Berichte an der Gesamtberichterstattung mit den gerade in den letzten Kriegsjahren immer zahlreicher werdenden Ordensberichten.141 Bei DR ist hingegen kaum ein Muster erkennbar, was angesichts des geschilderten Formats und des hohen Anspruchs dieses Blattes142 ein Hinweis darauf ist, dass gerade hier die journalistische Qualität der einzelnen Berichte für die Veröffentlichung eine größere Rolle gespielt hatte als aktuelle Ereignisse. Ein starkes Anwachsen der Zahl der Artikel ist aber für sich genommen kein Nachweis, dass die Waffen-SS in den damaligen Zeitungen gegenüber den Wehrmachtteilen überrepräsentiert war. Dies erweist sich erst im Vergleich mit dem Umfang der Berichterstattung über die einzelnen Wehrmachtteile und insbesondere über das Heer. Allerdings war es angesichts des dafür notwendigen, gewaltigen Aufwandes nicht möglich, alle Beiträge über die Wehrmachtteile in den hier untersuchten Zeitungen zu erfassen. Um aber dennoch eine Aussage treffen zu können, wurde durch den Autor zumindest das Auftreten von PK-Berichten über Heer, Luftwaffe und Marine in jeder Zeitung ausgezählt. Gerade eine solche Erhebung bot sich in diesem Kontext an, denn die PK-Berichte sind leicht identifizierbar, fast immer einer bestimmten Teilstreitkraft zuzuordnen143 und traten in einer ausreichenden Häufigkeit auf, um eine Aussage über das Ausmaß der Propaganda für die verschiedenen Wehrmachtteile und die Waffen-SS in den jeweiligen Zeitungen pro Jahr zuzulassen.144 Zwar können aufgrund der so gewonnenen Daten keine tiefgehenden Analysen durchgeführt werden. Dafür hätte hier alleine schon die je-

139

140

141 142 143

144

Hier wurden z. B. selbst nach der Wiedereinnahme von Charkow März 1943 keine SS-PK-Berichte abgedruckt. Am ehesten passend erscheint, dieses plötzliche vermehrte Auftauchen von SS-PK-Artikeln als Teil der Bemühungen der Redaktion der FZ zu sehen, die seit Ende April 1943 von der Schließung bedrohte Zeitung u. a. durch eine betont systemkonforme Berichterstattung doch noch zu retten. Für Bsp. dieses Bemühens vgl. Gillessen, Posten, S. 479-482. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 279. Vgl. Abs. 4.2.d) dieser Arbeit. Im Interesse einer Vergleichbarkeit wurde dabei die Methode der Erfassung an die Charakteristika der SS-PK-Berichte angepasst, auch wenn dabei inhaltliche Unstimmigkeiten in Kauf genommen werden mussten. Konkret wurden die PK-Berichte, in denen ausländische Truppen beschrieben wurden, der jeweiligen deutschen Teilstreitkraft zugerechnet, auch wenn diese nicht, wie bei der Waffen-SS, ein organisatorischer Teil von Heer, Luftwaffe oder Marine waren. Ebenso wurden PK-Berichte der WM, die keine eigenen oder verbündeten Truppen behandelten, den Berichten über das Heer zugerechnet. Das schloss auch die wenigen PK-Berichte der WM ein, welche ausschließlich Teile der SS behandelten, vgl. dazu Anhang 6. Das SK wurde nicht untersucht, da in deren Rubrik »Für die Waffen-SS« fast ausschließlich SS-PKBerichte bzw. Ordensberichte veröffentlicht wurden, vgl. Tabelle 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

weilige Größe der Artikel mit einbezogen werden müssen.145 Es besteht deshalb nur der Anspruch, einen Trend sichtbar zu machen (Tabellen 6a und 6b). Tabelle 6a: Verteilung der PK-Berichte nach Wehrmachtteil und Waffen-SS pro Jahr im VB146 Organisation

1939

Waffen-SS 0 n = 252 Heer n = 1087

1940

1941

1942

1943

1944

1945

33 (6,71 %)

42 (8,59 %)

30 (6,88 %)

65 63 19 (13,13 %) (17,50 %) (27,94 %)

31 161 189 257 264 144 41 (60,8 %) (32,72 %) (38,65 %) (58,94 %) (53,33 %) (40,00 %) (60,29 %)

Luftwaffe 13 236 190 76 82 93 7 n = 697 (25,5 %) (47,97 %) (38,85 %) (17,43 %) (16,57 %) (25,83 %) (10,29 %) Marine n = 355

7 62 68 73 84 60 1 (13,7 %) (12,60 %) (13,91 %) (16,74 %) (16,97 %) (16,67 %) (1,47 %)

Summe n = 2.391

51 492 (100 %) (100 %)

489 (100 %)

436 (100 %)

495 (100 %)

360 (100 %)

68 (100 %)

Tabelle 6b: Verhältnis der PK-Berichte von Heer und Waffen-SS pro Jahr im VB Organisation

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Heer n = 1.087

161 (82,99 %)

189 (81,81 %)

257 (89,55 %)

264 (80,24 %)

144 (69,57 %)

41 (68,33 %)

Waffen-SS n = 252

33 (17,01 %)

42 (18,18 %)

30 (10,45 %)

65 (19,76 %)

63 (30,43 %)

19 (31,67 %)

Summe n = 1.339

194 (100 %)

231 (100 %)

287 (100 %)

329 (100 %)

207 (100 %)

60 (100 %)

Aus den Werten der Tabelle 6 a lässt sich zunächst allgemein schließen, dass im VB der Anteil der SS-PK-Berichte ab 1940 immer groß genug war, um die WaffenSS als einen bedeutsamen Faktor in der deutschen Kriegführung erscheinen zu lassen. Dazu lag erkennbar auch hier der Schwerpunkt in den Jahren 1941 und ab 1943. Der beobachtete Anstieg der Zahl der SS-PK-Berichte ist also nicht etwa Ausdruck eines, theoretisch ja denkbaren, allgemeinen Anstieg der Veröffentlichungen von PK-Berichten im VB in dieser Zeit.

145

146

Dazu variierten die verschiedenen Ausgaben des VB inhaltlich stark, vgl. Noller, Beobachter, S. 12. Vom Autor dieser Arbeit wurde durch einen exemplarischen Vergleich einzelner Tage festgestellt, dass dies auch Auswirkungen auf die Zahl der PK-Berichte über SS bzw. Wehrmacht hatte. Die Prozentangaben geben die Anteile pro Jahr an. Für die Ausgangswerte bezüglich der SS-PK vgl. Tabelle 3. Dies gilt auch für die nachfolgenden Tabellen.

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4.3 Charakteristika der Berichterstattung

267

Tabelle 6a zeigt aber auch, dass Zahl und Anteil der PK-Berichte über das Heer im Vergleich zu ihrer personellen Stärke meist relativ gering waren. Die anderen Wehrmachtteile waren hingegen immer wieder überproportional oft vertreten.147 Dieses Phänomen wurde schon von anderen Autoren festgestellt und ist mit den wechselnden Schwerpunkten der Kriegführung oder besser der damit einhergehenden Propaganda erklärbar. Beispielsweise wurde die viele Monate lange, sog. »Luftschlacht um England« der Jahre 1940/41 von eine erheblichen Zahl an PKArtikeln über die Taten der Flugzeugbesatzungen begleitet, ebenso wie aufgrund des U-Bootkrieges viel mehr PK-Berichte über die Marine erschienen, als es deren Anteil an der personellen Gesamtstärke der Wehrmacht entsprochen hätte. Das Heer gab dagegen bis zum Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion wegen der relativ kurzen Dauer der Feldzüge gegen Polen 1939, im Westen 1940 und auf dem Balkan 1941 erheblich weniger Anlass für Berichte.148 Von diesen allgemeinen, gleichsam durch die äußeren Umstände des Kriegsverlaufs bedingten, temporären Schwerpunkten in der Kriegsberichterstattung war auch die Waffen-SS in ihrer Natur als Erdkampftruppe betroffen. Deshalb wurden in Tabelle 6b zusätzlich die Werte für die SS-PK-Berichte mit denen der PK-Berichte über das Heer in Beziehung gesetzt. Allerdings muss hier bei der Interpretation auch der starke Ausbau der Waffen-SS im Laufe des Krieges mit einbezogen werden. Es zeigt sich deutlich, dass SS-PK-Artikel schon 1940, berücksichtigt man die geringe personelle Stärke der Waffen-SS zu dieser Zeit, im Verhältnis zu den PKBerichten über das Heer im VB bei weitem überrepräsentiert waren.149 Das galt tendenziell auch in den folgenden drei Jahren,150 wobei 1942 offenbar die geringere Beteiligung der SS-Kernverbände an den Kämpfen auch insgesamt ihren Anteil an der Berichterstattung beeinflusst hat. Am bedeutsamsten ist aber das Ergebnis für das Jahr 1944. In diesem Zeitraum wurden PK-Berichte über WaffenSS und Heer im VB fast in einem Verhältnis von eins zu drei veröffentlicht, obwohl noch immer nur ca. elf Prozent der deutschen Landstreitkräfte Soldaten der Waffen-SS waren.151 Diesen Anteil hielten die SS-PK Berichte selbst im zunehmenden Chaos des Jahres 1945, als über Luftwaffe und Marine kaum noch berichtet wurde. 147

148 149

150

151

Überproportional oft meint bezogen auf den gesamten Personalumfang der Wehrmachtteile. Insgesamt haben ca. 18,2 Millionen Mann die Wehrmacht durchlaufen. Im Heer dienten ca. 13,6 Millionen (74,72 %), in der Luftwaffe 2,5 Millionen (13,74 %), in der Marine 1,2 Millionen (6,59 %) und in der Waffen-SS 0,9 Millionen (4,95 %), vgl. Overmans, Verluste, S. 215. Vgl. Uziel, Warriors, S. 272-281; Schröder, Kriegsbericht S. 55, 74, 173. Im Westfeldzug wurden die SS-Verbände »LAH«, »SS-VT«, »TK« und SS-Polizeidivision eingesetzt, vom Heer 138 Divisionen, vgl. Stein, Geschichte, S. 56; Salewski, Deutschland, S. 126. Insgesamt hatte die Waffen-SS am 1.5.1940 eine Stärke von ca. 125.000 Mann, dem ca. 3.300.000 Soldaten des Heeres gegenüberstanden, vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 322; Müller-Hildebrand, Heer, Bd. II, S. 40. Das bedeutet ein Verhältnis von 3,6 zu 96,4 Prozent. 1941 waren ca. 160.000 Soldaten bei der Waffen-SS (4,0 %) und 3.800.000 (96,0 %) bei dem Heer im Dienst, 1942 waren ca. 190.000 (4,6 %) bei der Waffen-SS und 3.950.000 (95,4 %) beim Heer, 1943 ca. 350.000 (7,2 %) bei der Waffen-SS und ca. 4.500.000 (92,8 %) beim Heer, vgl. die Angaben bei Stein, Geschichte, S. 108, 182; Müller-Hildebrand, Heer, Bd. II, S. 102, Bd. III, S. 65, 109. 1944/45 haben ca. 500.000 (11,1 %) Mann bei der Waffen-SS gedient, beim Heer ca. 4.000.000 (88,9 %) vgl. Overmans, Verluste, S. 215; Müller-Hildebrand, Heer, Bd. III, S. 174.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Eine solch starke Überrepräsentation der SS-PK-Berichte ist in der DAZ nur 1943 und 1944 zu erkennen (Tabellen 7a und 7b) Tabelle 7a: Verteilung der PK-Berichte nach Wehrmachtsteil und Waffen-SS pro Jahr in der DAZ Organisation

1939

Waffen-SS 0 n = 92 Heer n = 756

1940

1941

1942

1943

1944

1945

9 (2,28 %)

15 (3,49 %)

14 (4,24 %)

28 23 3 (11,29 %) (15,33 %) (6,00 %)

18 141 176 169 128 88 36 (48,65 %) (35,79 %) (40,93 %) (51,21 %) (51,61 %) (58,67 %) (72,00 %)

Luftwaffe 13 168 145 46 30 17 4 n = 423 (35,14 %) (42,64 %) (33,72 %) (13,93 %) (12,10 %) (11,33 %) (8,00 %) Marine n = 368

6 76 94 101 62 22 7 (16,22 %) (19,29 %) (21,86 %) (30,61 %) (25,00 %) (14,67 %) (14,00 %)

Summe n = 1.639

37 (100 %)

394 (100 %)

430 (100 %)

330 (100 %)

248 (100 %)

150 (100 %)

50 (100 %)

Tabelle 7b: Verhältnis der PK-Berichte von Heer und Waffen-SS pro Jahr in der DAZ: Organisation

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Heer n = 756

141 (94,00 %)

176 (92,15 %)

169 (92,35 %)

128 (82,05 %)

88 (79,28 %)

36 (92,31 %)

Waffen-SS 9 n = 92 (6,00 %)

15 (7,85 %)

14 (7,65 %)

28 (17,95 %)

23 (20,72 %)

3 (7,69 %)

Summe n = 848

191 (100 %)

183 (100 %)

156 (100 %)

111 (100 %)

39 (100 %)

150 (100 %)

Hier fällt an erster Stelle auf, dass in der DAZ überhaupt weitaus weniger PKBerichte aller Wehrmachtteile als im VB erschienen sind. Dies erklärt aber die geringere Zahl an hier veröffentlichten SS-PK-Artikeln nur zum Teil. Denn auch der Anteil dieser SS-Kriegsberichte an der PK-Berichterstattung insgesamt war in der DAZ weitaus geringer. Mehr als nur eine Nebenrolle in der Propaganda um die Wehrmachtteile spielte die Waffen-SS hier erst ab 1943. Das wird insbesondere im Vergleich zu der PK-Berichterstattung über das Heer sichtbar. Hier bildet das Verhältnis der festgestellten PK-Artikel über beide Organisationen bis 1942 tendenziell eher die tatsächliche militärische Bedeutung der SS-Verbände ab. Dennoch ergibt sich auch in der DAZ eine deutliche Überrepräsentation der SS-PKArtikel in den Jahren 1943 und 1944. In der FZ ist aufgrund der sehr wenigen hier veröffentlichten SS-PK-Artikel ein geringer Anteil in der Berichterstattung schon vorab anzunehmen (Tabellen 8a und 8b).

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269

4.3 Charakteristika der Berichterstattung

Tabelle 8a: Verteilung der PK-Berichte nach Wehrmachtsteil und Waffen-SS pro Jahr in der FZ Organisation

1939

1940

1941

1942

1943

Waffen-SS n = 30

0

2 (1,52 %)

2 (1,32 %)

9 (4,55 %)

17 (7,98 %)

Heer n = 405

17 (39,53 %)

45 (34,09 %)

83 (54,61 %)

130 (65,66 %)

130 (61,03 %)

Luftwaffe n = 192

17 (39,53 %)

61 (46.21 %)

46 (30,26 %)

30 (15,15 %)

38 (17,84 %)

Marine n = 111

9 (20,93 %)

24 (18,18 %)

21 (13,82 %)

29 (14,65 %)

28 (13,15 %)

Summe n = 738

43 (100 %)

132 (100 %)

152 (100 %)

198 (100 %)

213 (100 %)

Tabelle 8b: Verhältnis der PK-Berichte von Heer und Waffen-SS pro Jahr in der FZ Organisation

1940

1941

1942

1943

Heer n = 405

45 (95,74 %)

83 (97,64 %)

130 (93,53 %)

130 (88,44 %)

Waffen-SS n = 30

2 (4,26 %)

2 (2,35 %)

9 (6,47 %)

17 (11,56 %)

Summe n = 435

47 (100 %)

85 (100 %)

139 (100 %)

147 (100 %)

Damit sind auch in der FZ selbst unter Berücksichtigung des kürzeren Untersuchungszeitraumes wesentlich weniger PK-Berichte aller WM-Teile als im VB, aber auch der DAZ erschienen.152 Dennoch wird dies auch hier nicht alleine den Hintergrund für den vergleichsweise geringfügigen Abdruck von SS-PK-Berichten gebildet haben. Vielmehr sind in der FZ die Berichte der SS-PK bis auf das Jahr 1943 auch im Vergleich zu der Zahl an PK-Berichten über Heer, Marine und Luftwaffe lediglich eine Ausnahme. Das gilt unabhängig von der auch hier sichtbaren Unterrepräsentation des Heeres in der PK-Berichterstattung, zumindest 1939 bis 1941. Gegen den in den anderen beiden Zeitungen festgestellten Trend verläuft nur der ab dem Jahr 1942 festzustellende Anstieg der Zahl an SS-PKArtikel, sowohl insgesamt als auch im Verhältnis zum Heer. Allerdings ist die Fallzahl von neun Artikeln für dieses Jahr noch immer sehr gering. Lediglich in den letzten acht Monaten des Erscheinens der FZ im Jahr 1943 kann man so von einer Überrepräsentation der Waffen-SS in der Berichterstattung der FZ im Vergleich zu ihrer personellen Stärke sprechen. 152

In der DAZ wurden 1939 bis 1943 1.439 PK-Berichte aller WM-Teile festgestellt, im VB im gleichen Zeitraum sogar 1.963, vgl. die Tabellen 6a und 7a.

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270

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Nun bleibt noch festzustellen, ob die wenigen Berichte der SS-PK in DR auch eine nur geringe Präsenz der SS in diesem Paradeblatt der NS-Presse bedeuteten (Tabelle 9a und 9b). Tabelle 9a: Verteilung der PK-Berichte nach Wehrmachtsteil und Waffen-SS pro Jahr in DR Organisation

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Waffen-SS n = 33

3 (11,11 %)

11 (21,57 %)

5 (9,09 %)

4 (7,02 %)

10 (17,54 %)

0

Heer n = 141

10 (37,04 %)

20 (39,22 %)

38 (69,09 %)

31 (54,39 %)

30 (52,63 %)

12 (75,00 %)

Luftwaffe n = 54

10 (37,04 %)

13 (25,49 %)

7 (12,73 %)

13 (22,81 %)

9 (15,79 %)

2 (12,50 %)

Marine n = 35

4 (14,81 %)

7 (13,73 %)

5 (9,09 %)

9 (15,79 %)

8 (14,04 %)

2 (12,50 %)

Summe n = 263

27 (100 %)

51 (100 %)

55 (100 %)

57 (100 %)

57 (100 %)

16 (100 %)

Tabelle 9b: Verhältnis der PK-Berichte von Heer und Waffen-SS pro Jahr in DR Organisation

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Heer n = 141

10 (76,92 %)

20 (64,52 %)

38 (88,37 %)

31 (88,57 %)

30 (75,00 %)

12 (100 %)

Waffen-SS n = 33

3 (23,08 %)

11 (35,48 %)

5 (11,63 %)

4 (11,43 %)

10 (25,00 %)

0 (0 %)

Summe n = 174

13 (100 %)

31 (100 %)

43 (100 %)

35 (100 %)

38 (100 %)

12 (100 %)

Diese Zahlen zeigen, dass in DR nur selten ein PK-Bericht veröffentlicht wurde. In den fast fünfeinhalb Jahren des Krieges lediglich 263, also im Schnitt nur ca. einer pro Ausgabe. Deshalb ist selbst die Gesamtsumme von 33 hier veröffentlichten SS-PK-Artikeln als eine hohe Aufmerksamkeit für die Waffen-SS zu werten. Eine, angesichts ihrer geringen personellen Stärke, starke Berücksichtigung der Waffen-SS zeigt sich auch in den einzelnen Jahren und im Vergleich zu den PK-Berichten über die Wehrmachtteile. Es fällt jedoch auf, dass hier im Gegensatz zu den anderen Zeitungen kaum ein Muster erkennbar ist. Ob hier ein PK-Artikel veröffentlicht wurde, muss also auch von anderen Faktoren abgehangen als die militärische Bedeutung der SS-Verbände oder Anweisungen, sie besonders zu berücksichtigen. Zu denken wäre gerade bei DR an die journalistische Qualität. Hier zeigt sich somit anschaulich, welche Bedeutung es im Rahmen der von der SS angestrebten weiten Verbreitung ihrer Propaganda hatte, auch einige »Starjournalisten« in ihren Reihen zu haben.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

271

Insgesamt haben sich die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel dieser Arbeit bestätigt: So wurde nicht nur im SK die erwartete intensive Propaganda um den Kriegseinsatz der SS betrieben. Die Merkmale der Berichterstattung des VB weisen vielmehr deutlich darauf hin, dass tatsächlich auch in dem vorherrschenden Teil der Printmedien intensiv und mit einem im Laufe der Jahre steigenden Umfang über die SS im Kriegseinsatz berichtet worden ist. Die SS-PK-Berichte haben dazu offensichtlich viel beigetragen. Zumindest waren sie durchgehend weit häufiger im VB zu finden waren, als es die personelle Stärke der Waffen-SS an sich gerechtfertigt hätte. Sichtbar wird aber auch eine generelle Bevorzugung der Waffen-SS in der NS-Propaganda spätestens ab dem Jahr 1943. Dass in den Jahren zuvor in DAZ und FZ nur selten ein SS-PK-Bericht erschien, sowie in DR generell kaum Berichte der PK veröffentlicht wurden, spricht dem nicht entgegen. Zum einen ist der dargelegte hohe Anspruch dieser letztgenannten Zeitungen eine plausible Erklärung dafür. Sie scheinen also generell weitaus seltener als der VB darauf angewiesen gewesen zu sein bzw. es für nötig empfunden zu haben, PKBerichte zu veröffentlichen, um ihre Seiten zu füllen. Zum anderen ist der seltenere Abdruck von SS-Propaganda zumindest in DAZ und FZ auch gut mit Sonderrolle beider Zeitungen in der damaligen Medienlandschaft in Einklang zu bringen.

4.4 QUANTITATIVE ANALYSE: INHALTLICHE CHARAKTERISTIKA DER BERICHTERSTATTUNG a) BESCHRIEBENE EINHEITEN, ORTE UND NATIONALITÄTEN

Nachdem nun bekannt ist, welchen Umfang die Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz in den hier untersuchten Zeitungen jeweils annahm, soll nachfolgend untersucht werden, welche Teile der SS dabei im Mittelpunkt standen, an welchen Orten und gegen welchen Gegner ihre Einsätze laut den Berichten vornehmlich stattfanden, sowie, ob und inwieweit dabei auch ihre ausländischen Freiwilligen berücksichtigt wurden. Dabei ist es sicher am wichtigsten zu erfahren, anhand welcher Untergliederungen des Schwarzen Ordens und welcher SS-Einheiten der Kriegseinsatz der SS in den hier untersuchten Zeitungen vornehmlich illustriert wurde. Quantitativ erfasst und analysiert wurde im Rahmen dieser Untersuchung schließlich nicht nur die Berichterstattung über Einheiten der Waffen-SS. Vielmehr ist der Untersuchungsgegenstand bewusst weit angelegt worden und schloss alle im Fronteinsatz stehenden oder zu diesem in Beziehung zu setzenden Angehörigen und Einheiten der SS wie auch alle Artikel der SS-PK mit ein. Neben denen über die Waffen-SS wurden damit auch entsprechende Beiträge über die verschiedenen Untergliederungen der Polizei und des SD erfasst.

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272

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Das geschah, obwohl solche Truppen nicht Teil der Waffen-SS waren und auch nicht einen rein militärischen Auftrag an der Front ausführten. Sie aber, analog etwa der sog. »Ehemaligenliteratur«, scharf von der Waffen-SS abzugrenzen153 und nicht in die Untersuchung mit einzubeziehen, würde die Aufgabe der politischen Soldaten der SS verkennen: Schließlich bedingte der nach der NS-Ideologie gegebene, totale Kampf zwischen Ariern und Juden eine spezifische Doppelrolle der Schutzstaffel. Neben einem militärischen Einsatz oblag ihr auch der Einsatz im »Kriegsgebiet Innerdeutschland«, wo sie ihren, in den Worten Himmlers, »natürlichen weltanschaulichen Gegner«, den »internationalen jüdisch-freimauerisch geführten Bolschewismus« bekämpfte. Indem sie Innerdeutschland so auf »Biegen und Brechen« gesund hielt, würde die SS so zum einen die WM vor einem erneuten »Dolchstoß« wie 1918 bewahren, zum anderen so schon die Voraussetzungen für einen Sieg in einem nächsten Krieg schaffen, in welchem, so die Erwartung Himmlers, die gesamten »untermenschlichen Gegner« einen Vernichtungskampf gegen Deutschland führen würden.154 Dieses »Innerdeutschland« konnte aber für die SS schon direkt hinter der Front beginnen bzw. noch gar nicht erobert sein. Schließlich wurde der Krieg von deutscher Seite mit dem idealistischen Motiv des Wohles von »Reich« oder »Volk« gerechtfertigt. Letztere hatten eine metaphysische, religiöse Qualität und wurden nicht historisch-geographisch, sondern rassisch definiert. Deshalb konnte als deutsches Kriegsziel propagiert werden, alle Gebiete, welche je von der germanischen »Herrenrasse« besiedelt gewesen waren oder wo je »deutsches Blut den Boden getränkt« hatte, »heim ins Reich« zu holen. Gerade der SS war dieser Expansionsanspruch auf diesen »Lebensraum im Osten« besonders wichtig. Zudem waren es gerade ihr zugehörige Truppen der Polizei, des SD oder der Totenkopf-Standarten, welche schon im Krieg in Osteuropa Massenverbrechen des NS-Regimes wie auch Zwangsaussiedlungen ausführten, also in dieser Logik eine Landnahme im Osten vorbereiteten.155 Aber nicht nur deshalb wurde in dieser Arbeit auch die Darstellung des Kriegseinsatzes von Verbänden des SD, der Totenkopfstandarten wie auch der, schließlich Himmler ab 1936 als »Chef der Deutschen Polizei« unterstellten und vor allem schon zu Kriegsbeginn mit der SS personell und organisatorisch stark verschmolzenen,156 Polizei in die Untersuchung mit einbezogen. Durch deren, wohl am ehesten polizeilich zu nennendes, Auftragsgebiet sind gerade solche Artikel auch gut geeignet sichtbar zu machen, ob und in welchen Phasen des Krieges die ursprüngliche Legitimation des Kriegseinsatzes der SS, also eine Frontbewährung dieses »Staatsschutzkorps«,157 in der NS-Propaganda eine Rolle spielte. Darüber hinaus ist es interessant zu erfahren, ob auch die politischen 153

154

155

156 157

Vgl. etwa Meyer, Grenadiere, S. 41 f; Hausser, Soldaten, insbes. S. 79. Vgl. dazu auch Abs. 5.5 dieser Arbeit. So Himmler in einem Vortrag auf dem ersten nationalpolitischen Lehrgang der Wehrmacht im Januar 1937, zitiert nach Förster, Kriegführung, S. 497 f. Vgl. auch Förster, Wehrmacht, S. 79, 84. Vgl. Förster, Wehrmacht, S. 79, 84, 86; Wegner, Soldaten, S. 46-50; Behrenbeck, Kult, S. 459. Für Daten und Details zu den Untaten der Verbände der Ordnungspolizei im Baltikum und Weißrußland vgl. Curilla, Ordnungspolizei, S. 125-702. Vgl. dazu Wilhelm, Polizei, insbesondere S. 73-78, 93-96. Vgl. dazu Abs. 3.1.b) dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

273

Soldaten des SD, der Totenkopfverbände etc. insbesondere von der SS-PK mit den gleichen Eigenschaften wie die Kampfverbände der Waffen-SS beschrieben worden sind. Zu beachten ist weiterhin, dass die hier erfassten Beiträge nicht unbedingt ausschließlich oder in der Hauptsache die SS im Fronteinsatz beschrieben. Vielmehr wurden in dieser Analyse auch solche Artikel mit einbezogen, in denen die SSEinheiten oder Angehörige nur in einer Nebenrolle erschienen. In solchen Fällen wurde auch die eigentliche Hauptperson codiert, damit sichtbar wurde, mit wem wie oft der Fronteinsatz der SS in Beziehung gesetzt wurde.158 Dazu steht zu vermuten, dass einige der, hier schließlich komplett einbezogenen, SS-PK-Artikel gar nicht die SS im Kriegseinsatz behandelten. Schließlich hat schon die Auswertung der in den Lektoraten der SS-PK bearbeiteten bzw. im Radio gesendeten Berichte ergeben, dass ungefähr jeder sechste von diesen fremde Völker charakterisierte, Gräuelpropaganda darstellte oder sogar den Einsatz anderer Einheiten der Wehrmacht beschrieb.159 All dies macht es notwendig, zunächst aufzuzeigen, in welchem Umfang die hier erfasste Berichterstattung überhaupt die SS im Kriegseinsatz zum Thema hatte (Tabelle 10): Tabelle 10: Anteil des Themas SS an der erfassten Berichterstattung Zahl Artikel mit

Zahl Artikel ohne

Summe

Thema SS

2.637 (93,21 %)

192 (6,79 %)

2.829 (100 %)

andere Themen

1.112 (39,31 %)

1.717 (60,69 %)

2.829 (100 %)

Damit traten auch in den hier untersuchten Zeitungen in einem merkbaren Umfang SS-PK-Artikel auf, die nicht den Kriegseinsatz der SS beschrieben. Ihr Anteil an der Gesamtmenge der hier erfassten SS-PK-Artikel entspricht dabei mit 192 von 1.148,160 also ca. siebzehn Prozent, fast genau dem Wert, der nach der Analyse der Akten der SS-Propagandaorganisation zu erwarten gewesen war. Aber auch die anderen 2.637 Artikel waren keineswegs ausschließlich der SS im Fronteinsatz gewidmet. Vielmehr wurden in 1.112 Artikeln, also fast vier von zehn, andere Personen oder Institutionen zumindest in einer Nebenrolle beschrieben.161 Da auch die Gewichtung des Themas SS in den Artikeln jeweils codiert worden ist, kann nachfolgend aufgezeigt werden, wie oft die SS in den hier erfassten Artikeln die Hauptrolle oder die Nebenrolle spielte bzw. gar nicht vorkam. Möglich war dabei auch die Codierung »Neutral«, was ein in etwa gleich starkes Gewicht von SS und einem weiteren Protagonist meint (Tabelle 11). 158 159 160 161

Vgl. für Details die entsprechenden Anweisungen im Codebuch in Anhang 1. Vgl. die Abs. 3.4.a) und 3.4.e) dieser Arbeit. Vgl. für die Gesamtmenge an hier erfassten SS-PK-Artikeln Tabelle 3. Dabei muss beachtet werden, dass hier nur Personen oder Institutionen einbezogen wurden, die nicht ausschließlich als bloße Gegner der deutschen oder verbündeten Truppen in Kampfhandlungen beschrieben wurden, vgl. für Details die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 11: Gewichtung des Themas SS in den Berichten nach Medium Medium

keine Rolle

Nebenrolle

Neutral

Hauptrolle

Artikel mit Thema SS

VB n = 844

72 (8,53 %)

159 (18,84 %)

164 (19,43 %)

449 (53,20 %)

772 (91,47 %)

DAZ n = 584

22 (3,77 %)

116 (19,86 %)

97 (16,61 %)

349 (59,76 %)

562 (96,23 %)

FZ n = 205

9 (4,39 %)

44 (21,46 %)

31 (15,12 %)

121 (59,02 %)

196 (95,61 %)

DR n = 61

5 (8,20 %)

16 (26,23 %)

11 (18,03 %)

29 (47,54 %)

56 (91,80 %)

SK n = 1.135

84 (7,40 %)

12 (1,06 %)

25 (2,20 %)

1014 (89,34 %)

1051 (92,60 %)

Total n = 2.829

192 (6,79 %)

347 (12,27 %)

328 (11,59 %)

1962 (69,35 %)

2637 (93,21 %)

Damit waren in allen untersuchten Tageszeitungen in etwa drei Viertel der erfassten Berichte der SS im Kriegseinsatz entweder allein oder gleichwertig mit einer anderen Hauptperson gewidmet. In DR war dies dagegen nur in zwei von drei Artikeln der Fall. Im SK tauchte die SS dagegen fast nie in einer Nebenrolle auf. Hier waren die Beiträge entweder ausschließlich ihr gewidmet oder die SS-PK beschrieb Akteure abseits der SS. Die Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz war somit in den hier untersuchten Zeitungen, zumindest abseits des SK, weniger intensiv, als es sich anfangs noch abgezeichnet hatte. Von zentraler Bedeutung in dem hier verfolgten Zusammenhang ist aber, wie oft in den 2.637 Artikeln, welche die SS im Kriegseinsatz beschrieben, Einheiten der Waffen-SS auftauchten (Tabelle 12): Tabelle 12: Inhalt Thema SS (summiert)162 Medium

Waffen-SS

Polizeieinheiten Sonstige SS-Untergliederungen

Total

VB

683 (88,47 %)

28 (3,63 %)

61 (7,90 %)

772 (100 %)

DAZ

478 (85,05 %)

49 (8,72 %)

35 (6,23 %)

562 (100 %)

FZ

162 (82,65 %)

20 (10,20 %)

14 (7,14 %)

196 (100 %)

DR

50 (89,29 %)

5 (8,93 %)

1 (1,79 %)

56 (100 %)

SK

1.002 (95,34 %)

29 (2,76 %)

20 (1,90 %)

1051 (100 %)

Summe

2.375 (90,06 %)

131 (4,97 %)

131 (4,97 %)

2637 (100 %)

162

Für die Zahl der Artikel mit dem Thema SS in den jeweiligen Zeitungen vgl. Tabelle 11.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

275

In allen hier untersuchten Zeitungen wurde damit in dem bei weitem überwiegenden Teil der Fälle der Kriegseinsatz der SS anhand der Waffen-SS dargestellt. Bezüglich des SK war dieses Ergebnis zu erwarten gewesen, schließlich wurden von dieser Zeitung nur Beiträge in diese Untersuchung einbezogen, welche in deren Rubrik »Für die Waffen-SS« bzw. deren den SS-Truppen gleichfalls regelmäßig gewidmeten Fotoseite erschienen sind.163 Unter Berücksichtigung dessen ist es so eher bemerkenswert, dass hier auch der Kriegseinsatz der übrigen SSBereiche zumindest am Rande Erwähnung fand. Aber auch in den anderen, immerhin komplett untersuchten, Zeitungen wurden nur wenig mehr Beiträge über den Kriegseinsatz von Untergliederungen der SS abseits der Waffen-SS gefunden. Hier fällt an erster Stelle auf, dass gerade in DAZ, DR und insbesondere FZ, also den Zeitungen, die in der Presselandschaft des Dritten Reiches eine Sonderrolle einnahmen, mit Anteilen zwischen acht und zehn Prozent an der Berichterstattung weitaus deutlicher als im VB auf die Einsätze der Polizeitruppen164 eingegangen worden ist. Hier wurde also nicht nur weniger intensiv von der SS an der Front berichtet, ihr Einsatz wurde zudem weitaus häufiger als der einer zumindest polizeiähnliche Truppe beschrieben. Sonstige Untergliederungen der SS waren hingegen in allen einbezogenen Tageszeitungen ein spürbarer Faktor in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass dies eine, mit den polizeilichen Truppen vergleichbare, eigene Rolle dieser Untergliederungen in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS in den jeweiligen Zeitungen zur Folge hatte. Das ist vor allem aus der Tatsache zu schließen, dass hier in 74 von 131 Fällen Beiträge über den RFSS Himmler im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg erfasst wurden.165 Gerade von ihm ist aber ohne weiteres anzunehmen, dass er an einem einheitlichen »Image« der SS das größte Interesse hatte. Damit ist in diesen Berichten eine eigenständige, vom »Geist« der SS abweichende Darstellungsweise am wenigsten zu erwarten. Dazu war Himmler als Oberbefehlshaber der Waffen-SS wie auch Chef der deutschen Polizei in gewisser Weise selbst Teil dieser SS-Bereiche, die Herausstellung seiner Leistungen dürfte damit dem Ansehen der SS im Fronteinsatz vielfach sogar genützt haben. Angehörige der Allgemeinen SS im Kriegseinsatz wurden mit nur zwölf Beiträgen unerwartet selten beschrieben. Obwohl insbesondere zu Beginn des Krieges solche SS-Angehörigen auch als Soldaten der Wehrmachtteile an der Front eingesetzt wurden,166 kann dieser Umstand somit in der NS-Propaganda bestenfalls temporär thematisiert worden sein. Ebenso spielten mit nur 45 Beiträgen auch sonstige Untergliederungen der SS kaum eine Rolle in der damaligen Kriegsberichterstattung. Erfasst wurden hier etwa Berichte über Einheiten der Feuer163 164

165 166

Vgl. die Anweisungen im Codebuch im Anhang 1. Das umfasste hier auch Einheiten des SD und die Totenkopfstandarten, vgl. die Anweisungen im Codebuch im Anhang 1. Vgl., auch für die nachfolgenden Details, Anhang 4. Das folgt im Umkehrschluss aus Nachkriegsangaben des Chefs des SS-Ergänzungsamtes Gottlob Berger, nach dem die SS-VT und die Totenkopfverbände bei der Mobilisierung 1939 alle Männer der Allgemeinen SS der Jahrgänge 1896 bis 1912 zur Verfügung gestellt bekamen, soweit sie nicht gedient oder nicht Offizier waren, vgl. Berger, Ausbau, S. 55.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

schutzpolizei an der Front167 oder die in dieser Arbeit schon erwähnten SS-PKArtikel über die Umsiedlung von Volksdeutschen aus Bessarabien,168 von denen sich ja erwiesen hatte, dass sie im Auftrag der »Volksdeutschen Mittelstelle« der SS erstellt wurden.169 Damit war insgesamt die Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS in den hier untersuchten Zeitungen zwar weniger umfänglich, als es nach den Ergebnissen des vorangegangenen Abschnittes dieser Arbeit den Anschein hatte. Dennoch ist für die nachfolgenden Analysen noch immer eine bei weitem ausreichende Datenbasis vorhanden. Schließlich wurde diese Berichterstattung auch abseits des Sonderfalls SK klar von der Waffen-SS dominiert, gerade auch in dem für das Gesamtbild entscheidenden Leitmedium der NS-Presse, dem VB. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Waffen-SS nur in etwas über 2.000 der sie betreffenden 2.375 Beiträgen allein oder gemeinsam mit Anderen die Hauptrolle einnahm,170 weist so weiterhin alles auf eine intensive Behandlung der SS-Divisionen in weiten Teilen der damaligen Presse hin. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wer vornehmlich zusammen mit den SSTruppen in den Beiträgen beschrieben worden ist bzw. wem die SS-PK ihre Artikel abseits des Themas SS widmete (Tabelle 13). Tabelle 13: Thema Militär, Staat, Partei, Bevölkerung (summiert)171 Medium

Militär

Staat und Partei

Bevölkerung

Sonstige Institutionen

VB n = 421

200 (47,51 %)

80 (19,00 %)

132 (31,35 %)

9 (2,14 %)

DAZ n = 223

124 (55,61 %)

48 (21,52 %)

48 (21,52 %)

3 (1,35 %)

FZ n = 74

41 (55,41 %)

14 (18,92 %)

19 (25,68 %)

0

DR n = 41

22 (53,66 %)

3 (7,32 %)

14 (34,15 %)

2 (4,88 %)

SK n = 353

166 (47,03 %)

15 (4,25 %)

172 (48,73 %)

0

Total n = 1.112

553 (49,73 %)

160 (14,39 %)

385 (34,62 %)

14 (1,26 %)

Die wichtigste Rolle neben der SS spielten somit in der hier untersuchten Berichterstattung Personen oder Institutionen aus den Bereichen Militär bzw. Bevölkerung. Von den Militärs, das zeigen die Einzelergebnisse pro Medium für die 167 168 169 170 171

Vgl. etwa »Feuerschutzpolizeiregiment ›Sachsen‹ im Einsatz«, in: DAZ 387 v. 13.8.1940, S. 4. Vgl. Abs. 3.1.e) dieser Arbeit. Vgl. etwa: »Den Bessarabien-Deutschen entgegen«, in: VB 267 v. 23.9.1940, S. 2. Vgl. Anhang 3. Für die Gesamtsumme der Artikel mit weiteren Protagonisten neben der SS vgl. Tabelle 10.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

277

hierunter zusammengefassten einzelnen Wehrmachtteile, verbündeten und feindlichen Streitkräfte, waren dies in den Tageszeitungen in jeweils über der Hälfte der Fälle Einheiten des Heeres.172 Ebenso waren, zumindest abseits des SK, in allen hier untersuchten Medien in einem merkbaren Umfang auch Bezüge zu der Wehrmacht insgesamt feststellbar. Die Luftwaffe war hier weit seltener von Bedeutung, die Marine hingegen wie auch verbündete Streitkräfte so gut wie nie. Angesichts der Natur der Waffen-SS als Erdkampftruppe war dieses Ergebnis bezüglich der Wehrmachtteile zu erwarten gewesen. Dass hingegen die an deutscher Seite kämpfenden Streitkräfte ohne Bezug zur SS in der Propaganda um den Kriegseinsatz des Schwarzen Ordens nur selten eine Rolle spielten, überrascht angesichts des großen Nachdrucks, mit dem das NS-Regime die sog. »Europapropaganda« ab dem Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion betrieben hatte. Schließlich wurde die militärische Bedeutung dieser auf deutscher Seite mitkämpfenden Ausländer hier an sich über die Maßen betont,173 zudem hat diese Propagandaparole auch in den Beiträgen über die SS im Kriegseinsatz eine recht große Rolle gespielt: Wie noch genauer aufgezeigt werden wird, enthielten in den hier untersuchten Zeitungen insgesamt 271 Beiträge Aussagen, die diesem Themenbereich zugeordnet werden konnten.174 Damit deutet schon jetzt alles darauf hin, dass diese Propagandabotschaft in den Artikeln über den Kriegseinsatz der SS vor allem anhand ihrer eigenen »germanischen« und sonstigen internationalen Einheiten veranschaulicht wurde, anstatt etwa die gute Zusammenarbeit der SS mit den verbündeten Truppen besonders zu betonen. Ebenso selten wie die deutschen Verbündeten waren aber auch die feindlichen Truppen oder Einzelpersonen, abseits von Schilderungen der Kampfhandlungen,175 Haupt- oder Nebenpersonen der Berichte. Fast ausschließlich in VB und SK fanden sich einige SS-PK-Artikel, in denen Journalisten der SS die feindlichen Truppen bzw. deren Angehörige eingehender charakterisierten.176 Bemerkenswert ist zudem noch die deutlich sichtbare Sonderrolle des SK, wo nur in 166 von den erfassten 1.135 Beiträgen Militärs beschrieben und dabei insbesondere Einheiten des Heeres nur in 82 Beiträgen eine wichtige Rolle spielten.177 Eine naheliegende Erklärung ist, dass die Rubrik des SK »Für die Waffen-SS« ausschließlich der Propaganda um SS-Einheiten gewidmet war. Dennoch, eine Messung des Vorkommens dieser sonstigen Protagonisten in den einzelnen Berichtsformen178 offenbart noch einen weiteren Zusammenhang: Gerade in den im SK besonders häufig zu findenden SS-PK-Berichten waren Truppen der Wehrmacht auffallend selten der neben der SS wichtigste Akteur auf deutscher Seite: Nur in 187 dieser 1.148 von der SS selbst produzierten Propaganda und damit

172 173 174 175

176 177 178

Vgl. Anhang 5. Vgl. Baird, World, S. 155. Siehe auch Abs. 4.6.b) dieser Arbeit. Vgl. Tabelle 27a. Nur unter dieser Bedingung wurden feindliche Truppen oder Einzelpersonen als Haupt- oder Nebenperson der Artikel erfasst, vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1. Vgl. Anhang 5 und 6. Vgl. Anhang 5. Vgl. Anhang 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

lediglich in ca. sechzehn Prozent war dies der Fall. Unter diesen kam dem Heer nur in 94 Beiträgen eine wichtige Rolle zu. Damit war die nur periphere Behandlung der jeweiligen Konkurrenzorganisation durch die Propagandisten von Heer bzw. Waffen-SS durchaus wechselseitig. Es wurde hier ja schon festgestellt, dass auch die PK der Wehrmacht die SS nur in insgesamt 109 Beiträgen berücksichtigt hatte, angesichts der 4.624 für diese Untersuchung in VB, DAZ, FZ und DR erfassten PK-Berichten der WM179 ebenso auffallend selten. Wenn die WM-PK jedoch Verbände der SS in ihren Artikeln beschrieb, dann in drei Vierteln der Fälle zusammen mit WM-Einheiten und hierbei besonders häufig mit dem Heer. Darüber hinaus beschrieben sogar dreizehn Beiträge der WM-PK ausschließlich den Einsatz von SS-Verbänden an der Front. Die Zusammenarbeit von Luftwaffe, Heer und sogar Marine mit der SS an der Front wurde von den Journalisten der WM-PK somit keineswegs vollkommen verschwiegen. Dennoch könnten die diesbezüglichen Vorwürfe der Reichsführung SS180 zumindest für die Anfangszeit des Krieges berechtigt gewesen seien. Dem wird hier noch nachgegangen. Die nur geringfügige Berücksichtigung des Heeres in den SS-PK-Berichten wird umso auffälliger, wenn man für einen Vergleich die Zahlen für die Kampfberichte wie auch die Ordensberichte heranzieht. Hier spielten ihre Angehörigen oder Verbände zumindest anteilsmäßig weitaus häufiger die wichtigste Rolle neben der SS.181 Dass in allen Zeitungen die Zivilbevölkerung außerordentlich häufig an erster Stelle neben der SS im Kriegseinsatz auftauchte bzw. ihr Beiträge von der SS-PK gewidmet wurden, ist bezüglich der Tageszeitungen auf die vornehmlich dort auftretenden Situationsberichte zurückzuführen. Denn gerade in diesen kam ihr die wichtigste Rolle neben der SS zu.182 Da in diesen Situationsberichten in fast drei von vier Fällen Ereignisse im Reich behandelt wurden,183 ist anzunehmen, dass sich in diesem Ergebnis Maßnahmen der SS und anderer Stellen spiegeln, mit denen der Kriegseinsatz der Schutzstaffel auch in der Heimat dem Volk vor Augen geführt wurde. Zu denken wäre etwa an Paraden, Vorträge, Werbeveranstaltungen zur Gewinnung von Freiwilligen und ähnliche Anlässe. Schon wegen der immer für die SS gegebenen Notwendigkeit, in der Heimat potenzielle Freiwillige für einen Dienst in der Waffen-SS zu begeistern, war eine solche Art Berichterstattung auch in diesem Umfang, durchaus zu erwarten gewesen. Zudem kam der Zivilbevölkerung auch in den SS-PK-Artikeln mit 229 Fällen184 unerwartet häufig zumindest die wichtigste Nebenrolle zu. Allerdings war das Reich in einer weitaus geringeren Zahl an Beiträgen der Ereignisraum, aus dem

179

180 181 182 183

184

Im VB wurden 2.139 PK-Berichte der WM erfasst, in der DAZ 1.547, in der FZ 708 und in DR 230, vgl. die Angaben in den Tabellen 6a bis 9a. Vgl. Abs. 3.5.d) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 6. Vgl. Anhang 6. 523 der 727 erfassten Situationsberichte, also 71,94 Prozent, behandelten Ereignisse im Reich, vgl. Anhang 17 und Tabelle 3. Vgl. Anhang 6.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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die Journalisten der SS-PK berichteten.185 Damit dürfte sich hier die Berichterstattung über die Umgebung der Front einschließlich der dort lebenden Völkerschaften wie auch Behauptungen von Gräueltaten an Volksdeutschen und der Zivilbevölkerung im Ausland abgebildet haben, die sich ja schon nach der Analyse der Akten der SS-PK als wichtiger Bestandteil der SS-Propaganda erwiesen hatte.186 Da die Zahl der Artikel mit der Zivilbevölkerung zumindest in der wichtigsten Nebenrolle die der Artikel ohne eine Beschreibung der SS übersteigt,187 muss durch die SS-PK aber auch ein Kontakt von SS und Zivilisten im Umfeld der Front beschrieben worden sein. Angesichts der ihnen zugedachten Rolle als ideologischer Hauptfeind der SS188 wurden mit nur sechs Fällen Juden erstaunlich selten charakterisiert. Sie abseits von Kampfhandlungen, was im Rahmen dieser Untersuchung per definitionem auch deutsche Verfolgungsmaßnahmen mit einschloss,189 zu behandeln, widersprach allerdings auch den ideologischen Grundsätzen der SS. Schließlich befanden sich gerade die politischen Soldaten der SS grundsätzlich immer im Kampf gegen »den« Juden.190 Das ging offensichtlich so weit, dass ein SS-Mann nur schwerlich ohne einen Bezug zu diesem Kampf in einem Artikel mit einem Juden auftauchen konnte. Personen oder Institutionen aus dem Bereich »Staat und Partei« waren allgemein nur selten die wichtigste Haupt- oder Nebenperson in den hier erfassten Artikeln. Von der Führung des Reiches wurde fast ausschließlich Hitler in dieser Rolle beschrieben, in einem bedeutenden Umfang mit 61 Nennungen allerdings nur in den Situationsberichten.191 Schon das deutet darauf hin, dass sich die gemeinsame Beschreibung von Hitler und der SS in der hier erfassten Berichterstattung in der Hauptsache auf offizielle Anlässe beschränkte. Gestützt wird diese Interpretation durch die Nennung von SS-Ehrenformationen in 68 Beiträgen.192 Damit zeichnet sich ab, dass, zumindest in den Tageszeitungen, in der Hauptsache solche Ehrenformationen oder speziell das Führerbegleitbataillon der »LAH« gemeinsam mit Hitler in den Beiträgen beschrieben worden sind. Zwar stellt auch diese Art der Berichterstattung sicherlich eine für das öffentliche Ansehen der »LAH« wie auch der Waffen-SS insgesamt wichtige Verknüpfung mit dem »Führer« dar,193 eine besondere Bevorzugung der SS-Truppen wird damit aber nicht zwingend nachgewiesen.194 185

186 187 188 189

190 191 192 193 194

122 der 1148 erfassten SS-PK-Berichte, also 10,63 Prozent, behandelten Ereignisse im Reich, vgl. Anhang 17 und Tabelle 3. Vgl. Abs. 3.4 dieser Arbeit. Schließlich hatten nur 192 SS-PK-Artikel nicht die SS im Kriegseinsatz zum Thema, vgl. Tabelle 10. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Bei der Codierung wurden auch deutsche Maßnahmen gegen Juden als Ausdruck des ideologischen »Rassenkampf« gewertet und die betroffenen Personen in einem solchen Fall nicht als Protagonist, sondern als »Gegner« aufgefasst, vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 6. Vgl. Anhang 12. Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Schließlich stellte auch das Heer ein Wachregiment für das Staatsoberhaupt Hitler, welches mit der späteren Division »GD«, verknüpft war, vgl. Spaeter, Panzerkorps, S. 7.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Von den Parteiformationen, wie etwa HJ, RAD oder auch der Volkssturm, tauchte nur die HJ in einem bedeutenden Umfang als wichtigster Akteur neben der SS in den hier erfassten Artikeln auf.195 Dabei konzentrierten sich diese Art von Beiträgen über die Hitlerjugend auf die Situationsberichte,196 also den Beiträgen mit einem nur weitläufigen Bezug zum Krieg, womit sich hier die schon beschriebene, intensive Freiwilligenwerbung der SS in dieser Staatsjugendorganisation des Dritten Reiches abbilden dürfte.197 Dagegen kam dem Volkssturm nur selten eine wichtige Rolle zu, was zu dessen nur kurzen Existenz198 und den zunehmenden Schwierigkeiten, denen sich die Presse im Chaos der letzten Kriegsphase gegenübersah,199 passt. Erstaunlich ist hingegen, dass der RAD so gut wie nie an erster Stelle gemeinsam mit der SS und nie durch die SS-PK beschrieben worden ist.200 Nicht nur, weil die SS auch in den Lagern des RAD um Freiwillige warb, sondern vor allem auch, weil schon Anfang 1942 eine Zusammenarbeit von SS-PK und der Propaganda-Abteilung des RAD vereinbart worden war201 und nachweislich entsprechende Berichte die Lektorate der SS-PK passiert hatten.202 Ebenso spielten HJ oder sonstige Partei- und staatliche Institutionen nur in einem ganz geringen Umfang zumindest eine wichtige Rolle in den SS-PK-Artikeln,203 und das, obwohl sich hier ebenso bereits erwiesen hat, dass die SS-PK für die HJ wie auch viele andere Stellen des Dritten Reiches Propaganda erstellt hat.204 Eine naheliegende Erklärung hierfür ist, dass solche Beiträge in den Zeitungen nicht als SS-PK-Artikel gekennzeichnet worden sind.205 Dies bedeutet gleichzeitig, dass die im Rahmen dieser Untersuchung erfassten SS-PK-Artikel über Themen abseits der SS im Kriegseinsatz tatsächlich vom damaligen Leser als Äußerungen der SS zu einem Thema verstanden werden sollten und nicht etwa als eine Art Auftragsarbeit und ohne einen Bezug zur SS den Kriegseinsatz des RAD beschrieben. Somit ist der Einbezug dieser Artikel in die nachfolgende qualitative Analyse gerechtfertigt.

195 196 197 198

199 200 201 202 203 204 205

Vgl. Anhang 5. Vgl. Anhang 6. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Die Aufstellung des Volkssturmes wurde erst am 18. Oktober 1944 verkündet, dessen erstes Bataillon gar erst am 12. November 1944 vereidigt, vgl., auch für dessen Charakter als Parteiorganisation, Ueberschär/Müller, Ende, S. 43-48. Vgl. Kohlmann-Viand, Pressepolitik, S. 55 f, 63. Vgl. Anhang 6. Vgl. Sonderbefehl Nr. 5 des Kommandeurs der SS-PK vom 8.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Vgl. Abs. 3.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 6. Vgl. Abs. 3.4.a) dieser Arbeit. Das kann zumindest im Falle der Beerdigung des Gestapochefs Reinhard Heydrich nachgewiesen werden. Die Berichterstattung darüber wurde im wesentlichen von Angehörigen der SS-PK ausgeführt, diese Artikel wurden aber in keinem Fall mit dem SS-PK-Zeichen versehen, vgl. etwa die drei großformatigen Artikel des VB: »SS-Obergruppenführer Heydrich nach Berlin übergeführt«, in: VB 160 v. 9.6.1942, S. 1; »Feierliche Einholung Reinhard Heydrichs in Berlin«, in: VB 161 v. 10.6.1942, S. 2; »Adolf Hitler am Sarge Heydrichs«, in: VB 162 v. 11.6.1942, S. 3 f. Für die Ausführung durch die SS-PK vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 127 (9.6.1942).

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

281

Besonders wichtig in dem hier verfolgten Zusammenhang sind aber die Ergebnisse der quantitativen Inhaltsanalyse bezüglich der in den Artikeln genannten einzelnen SS-Divisionen: Würde hier sichtbar werden, dass die geschilderten Taten meist bestimmten SS-Einheiten zugeordnet wurden, würde das gegen ein einheitliches Image der Waffen-SS in der NS-Propaganda sprechen. Wäre das Ergebnis hingegen, dass vornehmlich ohne weitere Differenzierung von Einsätzen der »Waffen-SS« berichtet worden ist, wäre das ein eindeutiges Indiz für eine einheitliche Darstellung der SS im Kriegseinsatz. Gewiss, letzteres war nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeit unzweifelhaft Ziel der SS-PK. Dennoch, die zum Teil gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen SS-Divisionen sprechen an sich dagegen. So schlossen die rassenideologischen Leitlinien der SS wie auch der vom RFSS verfügte Aufbau der Schutzstaffel nach Art eines Ordens zwar eine prinzipielle Gleichwertigkeit aller Untergliederungen der SS mit ein. Dennoch, dies bezog sich innerhalb der Waffen-SS nur auf diejenigen ihrer Angehörigen, welche den rassischen Anforderungen des Schwarzen Ordens genügten, also eben »ordensfähig« waren.206 Davon abgeleitet galt nur die Minderheit der aus Reichsdeutschen bzw. SS-tauglichen »Germanen« bestehenden SS-Divisionen als Teil des SS-Ordens. Die anderen, vorwiegend aus Volksdeutschen bestehenden SS-Verbände wie auch sämtliche, als »germanisch« geltenden SS-Legionen und deren Nachfolgeverbände waren dagegen nicht »ordensfähig«, erst recht nicht sämtliche in den letzten Kriegsjahren unter dem Dach der Waffen-SS aufgestellte, vorwiegend aus Osteuropäern bestehenden Freiwilligeneinheiten.207 Aber nicht nur in der rassenideologischen Bewertung durch die SS, sondern auch in ihrer militärischen Schlagkraft unterschieden sich die SS-Divisionen erheblich voneinander. Wie hier schon ausgeführt, hatten letztlich nur die Panzerdivisionen der Waffen-SS, also die Verbände »LAH«, »TK«, »DR«, »Wiking«, »HJ«, »Hohenstaufen« und »Frundsberg« in den letzten Kriegsjahren eine dem elitären Anspruch der SS entsprechende Bewaffnung und spielten nur in dieser Zeit als Teil der strategischen Reserve des Reiches eine wirklich wichtige Rolle in der deutschen Kriegführung.208 Die übrigen SS-Divisionen hingegen waren zwar zum Teil als Panzergrenadierdivisionen ebenfalls recht gut ausgerüstet, werden aber insgesamt nicht als militärisch elitär beurteilt.209

206

207

208 209

Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Zu der Ende 1943 erfolgten Neugruppierung und Dreiteilung der SSDivisionen in »ordensfähige«, »nicht ordensfähige« und nichtdeutsche bzw. -germanische Einheiten vgl. Wegner, Soldaten, S. 315 f. Nach der Ende 1943 erfolgten Neugruppierung der SS-Divisionen in »ordensfähige«, »nicht ordensfähige« und nichtdeutsche bzw. -germanische Einheiten umfasste das im Einzelnen die Einheiten »LAH«, »TK«, »DR«, »Polizeidivision« »Wiking«, »HJ«, »Hohenstaufen«, »Nord«, »Florian Geyer«, »RFSS«, »Götz von Berlichingen«, Polizeigrenadierdivision, »30. Januar« und »Nibelungen«. Für Details zu dieser Gruppierung vgl. Wegner, Soldaten, S. 315 f; Klietmann, Waffen-SS, S. 471 f. Vgl. Abs. 1.4 dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 187.

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282

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Daneben wurden die SS-Verbände auch zu höchst unterschiedlichen Zeitpunkten aufgestellt. Die »LAH« etwa wurde bereits im Polenfeldzug 1939 eingesetzt, ebenso wie Teile der »SS-VT«, aus der später die SS-Division »DR« hervorging. Hinzu kamen bis zum Westfeldzug 1940 die SS-Division »TK« und die SS-Polizeidivision.210 Die weit überwiegende Mehrheit der SS-Divisionen wurde dagegen erst ab 1943 aufgestellt und konnte erst in der letzten Kriegsphase in die Kämpfe eingreifen.211 Dementsprechend konnte eine Berichterstattung über letztgenannte Einheiten auch nur in einem recht kurzen Zeitraum stattfinden, während Beiträge etwa über die »LAH« bereits ab 1939 erscheinen konnten und sie, wie auch die anderen erwähnten SS-Kerndivisionen, schon allein deshalb eine größere Bedeutung in der Propaganda um die Waffen-SS erhalten haben dürfte. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, die Ergebnisse für jede einzelne SS-Einheit pro Zeitung übersichtlich darzustellen. Deshalb werden in der nachfolgenden Übersicht die Einzelergebnisse in folgender Weise zusammengefasst präsentiert: Als wichtigstes Indiz für ein einheitliches Bild von den SS-Truppen bildet die Zahl der Beiträge, in denen ohne weitere Differenzierung die »Waffen-SS« beschrieben wurde, eine erste Kategorie. Zweitens wird die Zahl der Beiträge über die einzelnen SS-Panzerdivisionen in den jeweiligen Zeitungen zusammengefasst, da anzunehmen ist, dass diese Einheiten aufgrund ihrer wichtigen Rolle in der deutschen Kriegsführung für eine Wahrnehmung der Waffen-SS als militärischer Elite entscheidend waren. Dann folgt die Summe der Beiträge, in denen die übrigen SSDivisionen behandelt wurden. Davon separat bilden die explizit ausländischen SS-Einheiten, also neben den osteuropäischen Freiwilligenverbänden auch die SS-Legionen, nicht aber die als »germanisch« betrachteten SS-Divisionen, eine eigene Kategorie. Schließlich kann aus der Summe der diese Ausländer behandelnden Beiträge geschlossen werden, welche Rolle die sog. »Europapropaganda« in der Berichterstattung der einzelnen Zeitungen jeweils spielte. Mit einbezogen und in einer eigenen Kategorie zusammengefasst wurden dazu auch Einheiten der Waffen-SS, die keiner dieser Divisionen zuzuordnen waren, wie die SS-PK selbst, Ausbildungseinheiten und Ehrenformationen (Tabelle 14). Wie häufig den wichtigsten SS-Divisionen jeweils Beiträge gewidmet worden sind, wurde aber dennoch erfasst. Diese Ergebnisse sind, geordnet nach Medium bzw. Berichtsform, im Anhang dieser Arbeit zu finden.212

210 211 212

Vgl. Stein, Geschichte, S. 25 f, 56. Vgl. ebd., S. 181-189. Vgl. die Anhänge 8 bis 13.

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283

4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

Tabelle 14: Vorkommen einzelner Waffen-SS-Einheiten in den Medien (insgesamt)213 Medium

Waffen-SS

SS-Panzerdiv.

Sonstige SS-Div.

Explizit Sonstige ausländische Waffen-SS SS-Einheiten

VB n = 683

364 (53,29 %)

171 (25,03 %)

31 (4,54 %)

58 (8,49 %)

59 (8,64 %)

DAZ n = 478

234 (48,95 %)

126 (26,36 %)

18 (3,77 %)

62 (12,97 %)

38 (7,95 %)

FZ n = 162

76 (46,91 %)

40 (24,69 %)

8 (4,94 %)

21 (12,96 %)

17 (10,49 %)

DR n = 50

28 (56,00 %)

11 (22,00 %)

2 (4,00 %)

8 (16,00 %)

1 (2,00 %)

SK n = 1.002

702 (70,06 %)

191 (19,06 %)

43 (4,29 %)

35 (3,49 %)

31 (3,09 %)

Summe n = 2.375

1404 (59,12 %)

539 (22,69 %)

102 (4,29 %)

184 (7,75 %)

146 (6,15 %)

Dieses Ergebnis weist auf eine grundsätzlich einheitliche Darstellung der WaffenSS in den hier untersuchten Zeitungen hin. Schließlich waren die allermeisten SS-Divisionen zu selten Protagonist eines Beitrages, als dass sie ein eigenständiges Profil in den damaligen Medien hätten aufweisen können.214 Mit fast siebenundvierzig bis siebzig Prozent Anteil dominierte in allen Zeitungen vielmehr eine Berichtererstattung, in der ohne weitere Differenzierung primär Einheiten oder Angehörige der »Waffen-SS« beschrieben wurden. Dieser Anteil wäre sogar noch höher ausgefallen, wenn die Ordensberichte nicht in diese Untersuchung mit einbezogen worden wären. Denn einzig hier wurde in der Mehrzahl der Fälle die Einheit des Ausgezeichneten mit aufgeführt.215 Hier hat es sicherlich auch eine Rolle gespielt, dass es die militärische Zensur vielfach unmöglich machte, in den Zeitungen vor Abschluss der Operationen die beteiligten Verbände zu benennen.216 Von diesen Bestimmungen dürften angesichts der Länge des Verleihverfahrens die Ordensberichte weitaus seltener betroffen gewesen sein.217 Es zeichnet sich aber auch ab, dass die SS-PK tatsächlich bemüht war, die Waffen-SS einheitlich darzustellen. Zwar wurde in deren Beiträgen weitaus häufiger als in den Kampf- und Situationsberichten auch eher nebensächlichen SSDivisionen, Ausbildungseinheiten oder gar der SS-PK selbst Beiträge gewidmet.218 213 214 215 216

217

218

Vgl. für die Summen pro Zeitung Tabelle 12. Vgl. Anhang 8 und 10. Vgl. Anhang 7. Wie hier schon erwähnt, durften die Zeitungen nichts enthalten, was dem Feind Rückschlüsse auf die deutschen militärischen Operationen erlauben konnte, vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Für Details zu dem Verfahren anlässlich der Verleihung eines Ritterkreuzes vgl. Töppel, Ritterkreuz, S. 181 f. Damit müssten die anlässlich der Verleihung erschienenen Berichte in der Regel den größten zeitlichen Abstand zu der auszeichnungswürdigen Tat aufgewiesen haben. Nebenbei wird hier im Umkehrschluss die vielfach große Aktualität der SS-PK-Berichte weiter nachgewiesen. Vgl. die Anhänge 7, 11 und 13.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Angesichts der Tatsache, dass nahezu jeder SS-Division an der Front SS-Kriegsberichter beigeordnet worden waren,219 traten solche Namensnennungen aber bemerkenswert selten auf. Selbst im SK war nur ca. jeder dritte Bericht einer speziellen SS-Division gewidmet, und auch insgesamt war in den Beiträgen der SS-PK in fast drei von vier Fällen ohne weitere Differenzierung Angehörige der »Waffen-SS« die Protagonisten. Bei den Kampf- und Situationsberichten konnte das nur in etwas über der Hälfte der Fälle festgestellt werden.220 Tauchten einzelne SS-Einheiten in den Beiträgen auf, dann waren es in allen hier untersuchten Zeitungen in mehr als der Hälfte der Fälle die SS-Panzerdivisionen und von diesen insbesondere die Einheiten »LAH«, »TK«, »DR« und »Wiking«221. Dies kann nicht allein auf den frühen Zeitpunkt ihrer Aufstellung zurückgehen. Denn die in dieser Hinsicht vergleichbare SS-Polizeidivision und vor allem die SS-Division »Nord« wurden nur in 40 bzw. zwei Beiträgen genannt.222 Viel eher werden sich hier die Einsätze der vier erstgenannten SS-Divisionen im Rahmen ihrer Aufgaben als strategische Reserve des Reiches ausgewirkt haben. Schließlich hatte dies ihren Einsatz in zahlreichen, auch für Propagandazwecke wichtigen Schlachten des Krieges zur Folge. So wurde schon erwähnt, dass Hitler nach der Wiedereinnahme von Charkow 1943 eine intensive Berichterstattung über den Einsatz zumindest der SS-Divisionen »LAH«, »TK« und »DR« befohlen hatte,223 oder dass Goebbels Führer der SS-Division »Wiking« vor der internationalen Presse über deren Ausbruch aus dem Kessel von Tscherkassy berichten ließ.224 Daneben hatten auch die wegen solcher Erfolge an die Angehörigen der SS-Panzerdivisionen verliehenen 264 Ritterkreuze aller Stufen225 einen deutlich sichtbaren Effekt auf das Ausmaß der Berichterstattung über diese Einheiten: Da sie damit die Mehrzahl der RK-Träger der Waffen-SS in ihren Reihen hatten, wurden sie auch entsprechend in den Ordensberichten berücksichtigt.226 Dass damit gerade die SS-Panzerdivisionen bereits im Zweiten Weltkrieg die bei weitem populärsten SS-Einheiten waren, stellt so schon an dieser Stelle ein Indiz für ein Weiterwirken der NS-Propaganda über das Kriegsende hinaus dar. Denn bis heute sind es ja gerade die »LAH«, »TK«, »DR« und »Wiking«, welche immer wieder als die Stamm- oder Elitedivisionen der Waffen-SS bezeichnet werden.227 Dennoch lässt sich aus dieser auffallend großen Berücksichtigung allein noch nicht auf eine vom Rest der Waffen-SS abweichende Darstellungsweise dieser vier SS-Divisionen schließen. Die hier ermittelten Zahlen lassen das an dieser Stelle allerdings bei drei SS-Einheiten vermuten: 219 220 221 222

223 224 225

226 227

Vgl. Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 7. Vgl. Anhang 8. Vgl. Anhang 10. Die »SS-Polizeidivision« wurde Ende 1939 aus Angehörigen der Ordnungspolizei gebildet, vgl. Stein, Geschichte, S. 30 f. Der Vorläufer der SS-Division »Nord«, die Kampfgruppe gleichen Namens, wurde im Herbst 1940 aufgestellt, vgl. Stein, Geschichte, S. 97. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Angehörigen der SS-Division »DR« wurden 72 Ritterkreuze verliehen, denen von »Wiking« 54, »LAH« 52, »TK« 46, »HJ« 15, »Frundsberg« 13 und »Hohenstaufen 12, vgl. Wegner, Soldaten, S. 279. Vgl. Anhang 7. Vgl. etwa Stein, Geschichte, S. 181; Höhne, Orden, S. 437; Wegner, Soldaten, S. 281.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

285

Zunächst betrifft das die SS-Division »HJ«, die in 40 Beiträgen der Protagonist war,228 obwohl sie erst ab Frühjahr 1943 aufgestellt worden war und ihre »Feuertaufe« erst Anfang Juni 1944 in der Normandie erlebte. Bemerkenswert wird dieses Ergebnis vor allem durch den Vergleich mit der Berichterstattung um die SS-Panzerdivisionen »Frundsberg« und »Hohenstaufen«. Obwohl deren Bewaffnung mit der der »HJ« durchaus vergleichbar war und diese auch in etwa zur gleichen Zeit in den Krieg eingriffen,229 wurde dennoch über diese Einheiten abseits des SK und der SS-PK- und Ordensberichte kaum je berichtet.230 Die recht hohe Präsenz der Division »HJ« in den SS-PK-Artikeln, aber auch in den Kampfund Situationsberichten,231 dies zeigt ein Vorgriff auf die Ergebnisse der hier noch folgenden qualitativen Analyse, ging auch nicht auf ihren relativ langen Einsatz an der Invasionsfront232 zurück. Vielmehr bildeten auch übergeordnete Absichten in der Propaganda des Reiches den Hintergrund. Gerade diese Division wurde nicht nur als Teil der Waffen-SS, sondern zugleich auch als die symbolische Frontabordnung der Hitlerjugend präsentiert. Dabei war die intensive Berichterstattung über diese SS-Einheit Teil einer längerfristigen Kampagne, in welcher ab 1944 der Einsatz der jungen Kriegsfreiwilligen in den deutschen Medien besonders hervorgehoben wurde. Im Rahmen dessen wurde gerade bei dieser Division das geringe Durchschnittsalter ihrer Angehörigen besonders betont. Wie in der qualitativen Analyse noch eingehend erläutert werden wird, hatte das, zumindest in einigen Aspekten, tatsächlich eine vom Rest der Waffen-SS abweichende Darstellungsweise zur Folge.233 Dazu wurde die »LAH« in 231 Beiträgen an erster Stelle genannt, womit sie sowohl insgesamt als auch in jeder einzelnen der hier untersuchten Zeitungen wie auch Berichtsformen weitaus häufiger als alle anderen SS-Divisionen Hauptperson eines Artikels war.234 Bei den Artikeln der SS-PK hatte sich dieses Ergebnis bereits in den Unterlagen von deren Lektoraten abgezeichnet.235 Besonders bemerkenswert ist aber ihre überaus starke Berücksichtigung in den Ordensberichten. Hier wurde den 52 Trägern des RK aller Stufen in der »LAH« insgesamt 85 solche Berichte gewidmet, während etwa die 72 RK-Verleihungen in der Division »DR« nur zu 56 Ordensberichten führten.236 Dass damit um die »LAH« offensichtlich eine besonders intensive Propaganda betrieben worden ist, überrascht nicht. Schließlich lässt sich auch aus anderen Quellen schließen, dass gerade sie schon im Krieg als die Elitetruppe der Waffen228 229

230 231 232

233 234 235 236

Vgl. Anhang 8. Die SS-Division »HJ« wurde ab dem 24.6.1943 aufgestellt und griff ab dem 7.6.1944 in die Kämpfe ein, die SS-Division »Hohenstaufen« wurde ab dem 31.12.1942 aufgestellt und Anfang April 1944 erstmals eingesetzt, die SS-Division »Frundsberg« wurde ab dem Januar 1943 aufgestellt und ebenso ab Anfang April 1944 eingesetzt, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 165 f,169 f, 181 f. Vgl. Anhang 8 und 9. Vgl. Anhang 9. Die SS-Division »HJ« war bereits ab dem 7. Juni 1944 in der Normandie im Einsatz und bis Ende des Monats die einzige SS-Panzerdivision vor Ort, vgl. Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 302. Vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. die Anhänge 8 bis 11. Vgl. Abs. 3.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 9.

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286

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

SS galt.237 Die Wurzeln dessen dürften auf ihre frühere Rolle als Leibwache Hitlers zurückgehen, die ja schon vor dem Krieg zu ihrem Ruf als einer Gardetruppe des NS-Regimes geführt hatte.238 Wie schon ausgeführt, lassen zudem zahlreiche Indizien vermuten, dass eine besondere Beziehung gerade der »LAH« zu Hitler auch nach 1939 immer wieder in der NS-Propaganda behauptet worden ist. Schon allein ihr spezieller Name war dafür sicherlich Anlass genug, daneben aber auch das besondere Verhältnis des Diktators zu dem Kommandeur der Leibstandarte, Sepp Dietrich. Schließlich wurde dieser im Laufe des Krieges in immer höhere Kommandopositionen befördert und mit den höchsten Orden ausgezeichnet.239 Unter diesen Umständen ist der Nachweis einer deutlich erhöhten Aufmerksamkeit für die Leibstandarte in den hier untersuchten Zeitungen ein Zeichen, dass ihr auch in der hier untersuchten Berichterstattung eine Sonderrolle zukam. Insbesondere einer der hier ermittelten Zahlenwerte stützt diese These weiter. Gerade in den hauptsächlich im Reich verorteten Situationsberichten240 wurde die »LAH« außergewöhnlich oft berücksichtigt, was, das zeigt ein erster Blick auf die Inhalte dieser Beiträge deutlich, tatsächlich in der Hauptsache auf die Berichterstattung über die repräsentativen Aufgaben des auch im Krieg in Berlin verbliebenen Wachbataillon der »LAH«241 zurückging.242 Ob diese spezielle Verknüpfung der »LAH« mit dem Diktator im Laufe der Zeit auf die ganze Waffen-SS übertragen wurde, wird im qualitativen Teil dieser Arbeit noch eingehender untersucht werden. Zumindest in der Berichterstattung über die repräsentativen Aufgaben der SS scheint dies der Fall gewesen zu sein, denn in den Situationsberichten der hier untersuchten Tageszeitungen wurde zu diesen Anlässen neben der »LAH« auch recht häufig von Paraden etc. von Ehrenformationen der »Waffen-SS« berichtet.243 Auffallend intensiv war, zumindest abseits des SK, aber auch die Berichterstattung über die ausländischen SS-Einheiten. Betrachtet man das Auftreten der sie beschreibenden Beiträge aufgegliedert nach den einzelnen Berichtsformen, zeigt sich, dass diese ausländische SS vor allem in Kampf- und Situationsberichten überdurchschnittlich häufig auftauchten, während die SS-PK diesen Ausländern weit weniger Aufmerksamkeit schenkte.244 Damit liegt zumindest ein starkes Indiz vor, dass die Waffen-SS, wie vermutet,245 tatsächlich auch aufgrund der vom NS-Regime betriebenen Europapropaganda in den damaligen Medien häufiger auftauchte. Dem wird im Rahmen der quantitativen Analyse der Inhalte der hier untersuchten Berichterstattung noch weiter nachgegangen werden.246 Dass dabei die ausländischen SS-Einheiten in den Beiträgen der SS-PK wie auch im SK nur 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246

Vgl. etwa Straub, Wahrnehmungen, S. 317. Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Ein Beispiel ist: »Der Führer empfing Summer Welles«, in: FZ 114 v. 3.3.1940, S. 1. Vgl. Anhang 12 und 13. Vgl. Anhang 7. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

287

unterdurchschnittlich oft beschrieben wurden, ist nur folgerichtig. Wie erwähnt, waren alle diese Einheiten prinzipiell nicht Teil der SS-Ordensgemeinschaft und konnten so in einer ideologischen Propaganda schwerlich eine große Rolle spielen. Anders lagen die Dinge allerdings bei den »germanischen« Legionen. Ein Motiv für deren Aufstellung war schließlich gewesen, durch den gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus ihre Angehörigen und letztlich auch deren Heimatvölker langfristig für die Sache der SS zu gewinnen.247 Deshalb gehörte es zu dem Aufgabengebiet der SS-PK, auch in diesen Ländern von dem Einsatz der SSFreiwilligenlegionen an der Ostfront zu berichten.248 Aber auch in der im Reich veröffentlichten Propaganda waren diese Einheiten sicherlich gut geeignet, als anschauliches Beispiel der in der SS vermeintlich verwirklichten »germanischen Schicksalsgemeinschaft« zu dienen und so den Schwarzen Orden als Vorreiter der »großgermanischen Idee« zu präsentieren.249 Deshalb ist schon jetzt anzunehmen, dass in der Propaganda der SS-PK von den ausländischen SS-Einheiten vorrangig die »germanischen« Legionen berücksichtigt worden sind. Dazu ist dies auch eine gute Erklärung dafür, dass in 35 Beiträgen der SS-PK die als zugleich »germanisch« und »ordensfähig« geltende SS-Division »Wiking« Hauptperson war.250 Diesem Aspekt kann hier nun weiter nachgegangen werden. Da im Folgenden dargestellt wird, wie oft neben den Deutschen auch Ausländer, ob als SS-Angehörige oder aus Propagandagründen, Protagonisten der Berichte waren, kann diesem Aspekt nun weiter nachgegangen werden. Schließlich können so weitere Indizien gesammelt werden, ob die erwähnte Europapropaganda in der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS tatsächlich vorrangig am Beispiel der SS-Soldaten aus den sog. »germanischen« Ländern betrieben worden ist oder doch auch andere Nationalitäten in der Waffen-SS hier eine Rolle gespielt haben könnten.251 Dazu kann über den Anteil der Erwähnungen von Volksdeutschen ergründet werden, ob diese evt. ebenfalls eine Sonderrolle in den Berichten inne hatten (Tabelle 15).

247 248

249 250 251

Vgl. Abs. 1.3.a) dieser Arbeit. Im »Arbeitsbericht« von d’Alquen heißt es ausdrücklich: »Die SS-Kriegsberichter-Abteilung hat [...] den Auftrag, den germanischen Völkern den Kampf des neuen Europas nahezubringen und besonders zu berichten über den Einsatz und den Anteil ihrer Söhne im Rahmen der Waffen-SS und der Freiwilligenlegionen.«, in: »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o.D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 9. Wie in dem dieser Untersuchung zugrunde liegenden Codebuch (Anhang 1) genauer ausgeführt, wurden hier, der Sichtweise der SS folgend, in den Beiträgen beschriebene Freiwillige aus Norwegen, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Estland und Finnland sowie die Flamen und Wallonen aus Belgien als »Germanen« angesehen. In die Gruppe der von der SS als »ideologisch neutral« Beurteilten wurden hier Freiwillige deutscher Verbündeter etwa aus Italien, Lettland, Galizien und Kroatien eingruppiert. Als »Ostvölker« wurden Bewohner der Sowjetunion, Polens und die jugoslawische Partisanen codiert, als »Westvölker« US-Amerikaner, Briten, Franzosen und sonstige deutsche Feinde aus der westlichen Hemisphäre.

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288

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 15: Nationalitätenbild der SS in den Zeitungen Medium Deutsche AusAus»Gerdrücklich drücklich manen« Volksdts. Reichsdt.

Ideol. »Ostnicht völker« bewertet

»Westvölker«

VB n = 844

650 25 (77,01 %) (2,96 %)

30 (3,55 %)

77 (9,12 %)

12 (1,42 %)

38 (4,50 %)

12 (1,42 %)

DAZ n = 584

466 7 (79,79 %) (1,20 %)

10 (1,71 %)

73 (12,5 %)

10 (1,71 %)

14 (2,40 %)

4 (0,68 %)

FZ n = 205

163 6 (79,51 %) (2,93 %)

2 (0,98 %)

30 0 (14,63 %)

4 (1,95 %)

0

DR n = 61

41 3 (67,21 %) (4,92 %)

2 (3,28 %)

12 0 (19,67 %)

1 (1,63 %)

2 (3,28 %)

SK 1041 18 n = 1.135 (91,72 %) (1,59 %)

5 (0,44 %)

51 (4,49 %)

9 (0,79 %)

5 (0,44 %)

6 (0,52 %)

Summe 2361 59 n = 2.829 (83,46 %) (2,09 %)

49 (1,73 %)

243 (8,60 %)

31 (1,10 %)

62 (2,19 %)

24 (0,85 %)

In allen hier untersuchten Zeitungen wurden somit die Protagonisten der Beiträge über die SS im Kriegseinsatz bzw. von der SS-PK in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle als von deutscher Nationalität beschrieben. Das hatte sich bereits durch die weitgehend periphere Behandlung explizit ausländischer SSEinheiten angekündigt und ist sicher auch dem Erscheinungsort der hier untersuchten Medien geschuldet.252 Dennoch überrascht, dass unter den Deutschen die Volksdeutschen nur so selten explizit berücksichtigt worden sind. Zwar wurden sie in keiner Zeitung verschwiegen, ihr Anteil an der Berichterstattung stand aber nirgends auch nur annähernd in Relation zu ihrem tatsächlichen personellen Gewicht innerhalb der SS-Truppen.253 In über der Hälfte der Fälle waren die Volksdeutschen überdies Hauptpersonen von Situationsberichten254 und wurden somit nur weitläufig mit dem Kriegseinsatz der SS in Verbindung gebracht. Hier bildet sich etwa ab, auch das zeigt ein Vorgriff auf die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse,255 wenn ab 1942 deren massenhafter und nur vorgeblich freiwillige, in Wirklichkeit aber meist erzwungene Eintritt in die Waffen-SS256 in den Tageszeitungen von einer 252

253

254 255 256

Die Akten der SS-PK bestätigen die naheliegende Vermutung, dass zumindest in deren Berichten für die volksdeutsche Presse vor allem der Einsatz eben dieser Volksdeutschen im Mittelpunkt stand, ebenso wie in den besetzten »germanischen« Ländern von der SS-PK vor allem die Taten von deren jeweiligen SS-Einheiten verherrlicht wurden, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Am Kriegsende hatten ca. 310.000 Volksdeutsche in den SS-Divisionen gedient und damit ca. ein Drittel des Personals der Waffen-SS gestellt, vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 87. Vgl. Anhang 14. Vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 154-157.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

289

temporär intensiveren Berichterstattung begleitet wurde. Beschreibungen von Kampfeinsätzen der Volksdeutschen, wie sie in den restlichen Berichtsformen zu erwarten waren, gab es hingegen nur vereinzelt.257 Selbst im SK wurden nur achtzehn Beiträge den Volksdeutschen gewidmet, damit können sie auch in dieser Hauszeitung der SS nur eine, bestenfalls temporär wichtige, Randerscheinung gewesen sein. Obwohl sie nur ungefähr die Hälfte des Anteiles der Volksdeutschen am Personal der Waffen-SS ausgemacht haben,258 war die Berichterstattung über den Kriegseinsatz der »Germanen« in der SS dagegen sowohl insgesamt als auch in allen Zeitungen und Berichtsformen weitaus intensiver.259 Den in etwa genauso zahlreichen sonstigen unter dem Dach der Waffen-SS kämpfenden Ausländern aus Osteuropa260 bzw. Italien oder Frankreich wurde hingegen in allen hier untersuchten Zeitungen kaum je ein Artikel gewidmet. Damit weist auch hier alles darauf hin, dass diese »Germanen« den hauptsächlichen Anknüpfungspunkt für eine Europapropaganda im Rahmen der Berichterstattung über die Waffen-SS dargestellt haben. Für dieses Überwiegen der »Germanen« in den Beiträgen lassen sich gleich mehrere Gründe finden: An erster Stelle ist auch hier an den frühen Zeitpunkt der Aufstellung von zumindest offiziell aus solchen »Germanen« bestehenden Einheiten zu denken. Schon 1940 gab es die ersten solcher Waffen-SS-Einheiten, dazu kamen Mitte 1941 die SS-Legionen, welche mit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion 1941 gegründet wurden.261 Die Aufstellung der »fremdvölkischen« SS-Einheiten wie auch die Übernahme von Freiwilligen anderer Nationalität von der WM erfolgte dagegen erst in den letzten beiden Kriegsjahren,262 womit über diese nur in einem relativ kurzen Zeitraum Berichte erscheinen konnten. Weitere Messungen bestätigen diesen Zusammenhang: So waren die ersten Beiträge über die »Germanen« in der SS bereits 1941 nachweisbar, Nationalitäten aus den ideologisch für die SS »neutralen« Ländern wurden dagegen in einem bedeutendem Umfang erst 1944 berücksichtigt.263 Dazu dominierten insbesondere die Norweger, Flamen, Niederländer und Dänen, also diejenigen »Germanen«, in deren Ländern zuerst SS-Legionen aufgestellt worden waren, die Berichterstattung über die explizit ausländischen SS-Einheiten.264

257 258

259 260 261

262

263 264

Vgl. Anhang 14. Insgesamt wurden ca. 150.000 »germanische« Freiwillige für die Waffen-SS rekrutiert, vgl. Wegner, Armee, S. 103. Vgl. Anhang 14. Vgl. Berger, Ausbau, S. 55. Die ersten »germanischen« SS-Einheiten »Nordland« und »Westland« wurden unmittelbar in der Folge des Westfeldzuges 1940 aufgestellt, vgl. Wegner, Armee, S. 101. Die vier SS-Legionen aus Norwegen, Flandern, der Niederlande und Dänemark folgten Ende Juni 1941, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 357, 361, 365, 369. Die erste »fremdvölkische« SS-Division, die aus Bosniern bestehende »Handschar«, wurde ab Februar 1943 aufgestellt, die galizische SS-Division ab Ende April 1943, die allermeisten osteuropäischen SS-Verbände aber erst ab Sommer 1944, vgl. Stein, Geschichte, S. 162-169. Vgl. Anhang 16. Vgl. Anhang 15.

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290

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Daneben spielten aber auch andere Faktoren eine wichtige Rolle für eine verstärkte Berücksichtigung einiger Nationalitäten in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS. So zeigt ein Vorgriff auf die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse, dass die unerwartet starke Berücksichtigung der wallonischen SS-Angehörigen, die schließlich erst Juni 1943 in die Waffen-SS übernommen worden sind,265 vor allem das Ergebnis einer personenbezogenen Kampagne um deren Kommandeur Leon Degrelle ist.266 Die ab Ende 1942 aufgestellte estnische SS-Legion267und die erst ab Anfang 1943 existenten und an sich nicht als »germanisch« angesehenen lettischen SS-Einheiten268 waren hingegen auch wegen ihrer Beteiligung an den heftigen Kämpfe während des sowjetischen Vormarsches durch das Baltikum269 vor allem 1944 häufig Gegenstand der Berichterstattung um den Kriegseinsatz der SS.270 Es spricht aber auch vieles dafür, dass die »germanischen« Einheiten deshalb so relativ stark in der Propaganda um die Waffen-SS berücksichtigt worden sind, weil an ihrem Beispiel eine vorgeblich in der SS verwirklichte, gemeinsame »germanische Idee« propagiert werden konnte. Ein starkes Indiz dafür sind die im Zusammenhang mit der SS-Division »Wiking« beschriebenen Nationalitäten: Hier tauchten zwar auch explizit Norweger, Esten oder Wallonen in den Beiträgen auf. Weitaus häufiger wurden diese Ausländer hier aber einfach nur als »Germanen« beschrieben. Dass in den Berichten über diese SS-Division daneben, im Gegensatz zu den ausländischen SS-Einheiten, in der Mehrzahl der Fälle deren deutsche Angehörigen im Mittelpunkt standen,271 ist dazu kein Widerspruch. Schließlich stellte ja gerade diese Einheit einen Versuch dar, über den gemeinsamen Kampf Bindungen zwischen Deutschen und »Germanen« zu entwickeln und so einem zukünftigen »Großgermanischen Reich« den Weg zu bahnen.272 Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass selbst in solchen Artikeln die vorgebliche »germanische Schicksalsverbundenheit« propagiert wurde.273 Tatsächlich bestätigte sich

265 266 267

268 269 270 271 272

273

Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 261. Vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 223-228. Für die Einschätzung der Esten als »germanisch« durch Himmler vgl. Stein, Geschichte, S. 158 f. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 199-201, 219-222. Vgl. Vgl. Stein, Geschichte, S. 161; Klietmann, Waffen-SS, S. 200, 219 f, 224. Vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit Vgl. Anhang 15. Vgl. Gingerich, Steiner, S. 434. Bereits 1942 betonte der Kommandant der Division, Felix Steiner, gegenüber den der Einheit zugeteilten SS-Kriegsberichtern, dass er mit dem RFSS Himmler vereinbart habe, in der Kriegsberichterstattung über »Wiking« deren Charakter als »großgermanische Einheit« besonders herauszustellen, vgl. Schreiben 5. Zug der SS-PK an Gunter d’Alquen v. 18.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Ähnlich auch »Allgemeiner Bericht« 5. Zug der SS-PK an Gunter d’Alquen v. 11.5.1942, in: BA-MA, RS 4/42. Dazu muss bedacht werden, dass gemäß den Anweisungen des Codebuches (vgl. Anhang 1) im Rahmen dieser Untersuchung nur die Nationalität der Hauptperson des jeweils erfassten Beitrages codiert worden ist. Da Waffen-SS, Polizei und sonstige SS-Bereiche aber in 347 Beiträgen (vgl. Anhang 3) nur in einer Nebenrolle beschrieben worden sind, könnten die in Anhang 15 aufgeführten Ergebnisse ein falsches Bild ergeben. Schließlich könnte die Hauptperson des jeweiligen Beitrages eine von den hier aufgeführten SS-Einheiten sich unterscheidende Nationalität gehabt haben.

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291

4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

das in der qualitativen Inhaltsanalyse.274 Ansätze einer solchen Art Propaganda sind darüber hinaus auch in der Berichterstattung über die, zumindest nominell, »germanische« SS-Division »Nordland« zu erkennen.275 Die beiden im Folgenden untersuchten Dimensionen der Berichterstattung stehen in enger Beziehung zueinander: Der Einsatzraum zeigt, wo die SS laut den hier erfassten Beiträgen im Einsatz war; die Gegnerschaft, welche Nationalitäten ihr dort feindlich gegenüberstanden. Dabei lässt die summierte jährliche Zahl der in den Berichten erwähnten Einsatzräume der SS (Tabelle 16) und die Verteilung dieser Angaben auf die einzelnen Zeitungen (Tabelle 17) sich ohne weiteres mit dem Kriegsverlauf und der über die Jahre wachsenden Bedeutung der SS-Truppen in Einklang bringen. Tabelle 16: Verteilung der in den Artikeln beschriebenen Ereignisräume nach Jahren Ereignisraum

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Polen

42 34 12 2 3 4 0 (51,86 %) (8,92 %) (2,45 %) (0,41 %) (0,44 %) (0,64 %)

Total

97 (3,43 %)

Westen 1 172 54 18 11 111 8 375 (1,23 %) (45,14 %) (11,04 %) (3,65 %) (1,63 %) (17,87 %) (9,09 %) (13,26 %) Balkan 0

0

52 2 20 36 1 111 (10,63 %) (0,41 %) (2,96 %) (5,80 %) (1,14 %) (3,92 %)

Osten

0

26 183 281 389 254 33 1.166 (6,82 %) (37,42 %) (57,00 %) (57,54 %) (40,90 %) (37,50 %) (41,22 %)

Italien

0

0

0

0

30 9 0 (4,44 %) (1,45 %)

39 (1,38 %)

Heimat 38 144 125 177 206 201 44 935 (46,91 %) (37,80 %) (25,56 %) (35,90 %) (30,47 %) (32,37 %) (50,00 %) (33,05 %) Skandi- 0 navien

4 58 12 17 4 1 96 (1,05 %) (11,86 %) (2,43 %) (2,51 %) (0,64 %) (1,14 %) (3,39 %)

Unklar 0

1 5 1 0 (0,26 %) (1,02 %) (0,20 %)

2 1 10 (0,32 %) (1,14 %) (0,35 %)

Total

381 (100 %)

621 (100 %)

274

275

81 (100 %)

489 (100 %)

493 (100 %)

676 (100 %)

88 (100 %)

2.829 (100 %)

Vgl. die Abs. 4.6.b) und 4.6.c) dieser Arbeit. Ein Bsp. ist ein SS-PK-Artikel aus dem September 1941. Hier bezeichnet die Hauptperson, ein deutscher »Soldat aus dem Weltkrieg«, die Gefallenen der SS-Division »Wiking« ausdrücklich als »SS-Männer aus Dänemark, Flandern, den Niederlanden, Norwegen und dem Reich«, siehe: »Die germanischen Kameraden« in VB 246 v. 3.9.1941, S. 3. Vgl. Anhang 15. Obwohl ursprünglich in dieser Division die »germanischen« Freiwilligen der aufgelösten SS-Legionen zusammengefasst werden sollten, bestand sie im Wesentlichen aus Reichsund Volksdeutschen und nur zu ca. 20 Prozent aus »Germanen«, vgl. Wegner, Armee, S. 108-110, 129.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 17: Beschriebene Einsatzräume in Zeitungen und Zeitschriften Medium Polen

Westen

Balkan

Osten

Italien

Heimat

Skand.

Unklar

VB n = 844

24 92 33 308 16 337 31 3 (2,84 %) (10,90 %) (3,91 %) (36,49 %) (1,90 %) (39,93 %) (3,67 %) (0,36 %)

DAZ n = 584

21 42 (3,60 %) (7,19 %)

21 150 13 305 32 0 (3,60 %) (25,68 %) (2,23 %) (52,23 %) (5,48 %)

FZ n = 205

3 18 (1,46 %) (8,78 %)

4 61 0 (1,95 %) (29,76 %)

DR n = 61

1 11 4 34 1 8 2 0 (1,64 %) (18,03 %) (6,56 %) (55,74 %) (1,64 %) (13,11 %) (3,28 %)

105 14 0 (51,22 %) (6,83 %)

SK 48 212 49 613 9 180 17 7 n = 1.135 (4,23 %) (18,68 %) (4,32 %) (54,01 %) (0,79 %) (15,86 %) (1,50 %) (0,62 %) 10 Gesamt 97 375 111 1.166 39 935 96 n = 2.829 (3,43 %) (13,26 %) (3,92 %) (41,22 %) (1,38 %) (33,05 %) (3,39 %) (0,35 %)

An erster Stelle fällt auf, dass der Einsatz von SS-Einheiten im Polenfeldzug 1939 keineswegs unerwähnt blieb, sondern vielmehr, zumindest in VB, DAZ und SK, sogar recht häufig thematisiert worden ist. Ebenso deutlich zeigt sich aber auch, dass der RFSS tatsächlich Grund gehabt hatte, mit der Art und Weise der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS in dieser Zeit unzufrieden zu sein.276 Schließlich waren die Proteste der SS-Führung über die Nichtberücksichtigung ihrer Truppen durch die PK der Wehrmacht offenbar begründet. Wie eine Messung der Häufigkeit des Auftretens dieser Ereignisräume in den einzelnen Berichtsformen zeigt,277 wurde der Einsatz von SS-Verbänden in Polen von den Propagandatruppen der Wehrmacht in den hier untersuchten Zeitungen überhaupt nur zweimal thematisiert. Nur einer dieser Berichte wurde 1939 veröffentlicht, beschrieb aber den Einsatz von Polizeieinheiten.278 Ansonsten beschränkte sich die Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz 1939 auf die ja oft recht knappen279 Kampf- und Situationsberichte. Viel mehr als eine Randnotiz kann der Einsatz des Schwarzen Ordens in Polen in den damaligen Medien so nicht gewesen sein. Daran werden auch die ersten, ab dem Jahr 1940 veröffentlichten Berichte der SS-PK nicht viel geändert haben. Diese hatten zwar, offensichtlich in Rückschauen, ab und an den Einsatz der SS in Polen zum Thema.280 Solche Beiträge

276 277 278

279 280

Vgl. dazu Abs. 3.1.e) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Es handelt sich um »Polizei aus allen deutschen Gauen schafft Ordnung in Polen«, in: VB 281 v. 8.10.1939, S. 4. Der zweite PK-Artikel der WM, der einen Einsatz der SS in Polen beschreibt, wurde erst 1944 veröffentlicht, vgl. »Der Aufstand in Warschau« in: VB 233 v. 20.8.1944, S. 2. Vgl. Anhang 2. Vgl. Anhang 17.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

293

sind, dies zeigt die qualitative Analyse, aber nur im SK erschienen.281 Es ist so anzunehmen, dass eine solche Berichterstattung für die Presseorgane abseits der Hauszeitung der SS für eine Veröffentlichung nicht aktuell genug war. Dazu gibt es erste Hinweise, dass die Beiträge über den Einsatz der SS in Polen offenbar auch inhaltlich wenig geeignet waren, von ihr das Bild einer militärischen Elite zu zeichnen. Denn gerade in den Berichten aus diesem Raum spielten die Polizeiverbände eine wichtige Rolle in der Propaganda um die SS.282 Selbst wenn diese dabei mit Eigenschaften von politischen Soldaten dargestellt worden sein sollten, wurde der Einsatz der Schutzstaffel in Polen insgesamt, das wird im Rahmen der qualitativen Analyse noch eingehend aufgezeigt werden, in den Zeitungen eher als der eines arbeitsteilig vorgehenden Staatschutzkorps charakterisiert, also eher ihre polizeilichen Aufgaben in den Mittelpunkt gestellt.283 Ab dem Westfeldzug 1940 hingegen kann der Einsatz der Polizeiverbände an der Front in den hier untersuchten Zeitungen kaum noch eine Rolle gespielt haben.284 Der in allen Zeitungen zu beobachtende Anstieg der Zahl der Artikel über die SS im Kriegseinsatz in diesem Jahr285 lässt so auf eine weitaus intensivere Berichterstattung über den Einsatz der SS-Kampfverbände in diesem Berichtsraum schließen als im Jahr zuvor. Neben gleichsam externer Faktoren wie der, im Vergleich zum Polenfeldzug, längeren Dauer der Kämpfe, der ohnehin äußerst intensiven Propaganda um die im Westfeldzug erzielten Erfolge in den deutschen Medien,286 wie auch der größeren Zahl der zudem nun als eigenständige Divisionen eingesetzten Verbände der Waffen-SS,287 bildet sich auch deutlich die nun aufgenommene Tätigkeit der SS-PK ab. Denn ihre Berichte erschienen in allen der hier untersuchten Zeitungen und machten zumindest in VB, DR wie auch im SK den Löwenanteil der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS im Jahr 1940, also höchstwahrscheinlich im Berichtsraum Westen, aus.288 Auffallend intensiv wurde in allen Zeitungen abseits der FZ auch vom Einsatz der SS im Berichtsraum Balkan berichtet, zumindest wenn man die geringe Zahl der dort aktiven Verbände der Waffen-SS bedenkt.289 Dabei widmete insbesondere die SS-PK dem Balkan eine auffallend große Aufmerksamkeit.290 Dass dieser Berichtsraum schwerpunktmäßig im Jahr 1941 in der hier untersuchten Berichterstattung auftauchte, lässt sich gut mit der von der WM in dieser Zeit beklagten 281

282 283 284 285 286 287

288 289

290

1940 erinnerten folgende SS-PK-Artikel den Einsatz von SS-Kampfverbänden in Polen: »Die letzte Probe«, in: SK 19 v. 9.5.1940, S. 3; »Im Generalgouverment wird gearbeitet«, in: SK 43 v. 24.10.1940, S. 9; »Ein Jahr Arbeit im Generalgouverment« in: SK 45 v. 7.11.1940, S. 3. Vgl. Anhang 18. Vgl. Abs. 4.6.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 18. Vgl. Tabelle 4 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Uziel, Warriors, S. 272. Im Polenfeldzug waren die SS-Kampfeinheiten noch größeren Heeresverbänden angegliedert worden, vgl. Stein, Geschichte, S. 25 f, 55. Vgl. Tabelle 5. Im Balkanfeldzug 1941 kamen nur die SS-Divisionen »LAH« und »DR« zum Einsatz, vgl. Stein, Geschichte, S. 102 f. Gegen Partisanen kämpften in diesem Gebiet ab 1943 im wesentlichen die SSDivisionen »PE«, »Handschar«, »Horst Wessel«, »Skanderbeg« und »Kama«, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 151-153, 187 f, 215 f, 229 f, 243 f. Vgl. Anhang 17.

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294

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Überrepräsentation der Waffen-SS in der deutschen Bildpresse in Übereinstimmung bringen.291 Darüber hinaus behielt dieser Berichtsraum auch in den Jahren danach eine gewisse Bedeutung in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS. Im Mittelpunkt dürfte dabei ab 1943 der Kampf der im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien stationierten SS-Verbände gegen die dortigen Partisanen gestanden haben.292 In den damaligen Medien wurde somit auch von dem Einsatz der SSTruppen auf Nebenkriegsschauplätzen berichtet, was zeigt, wie facettenreich die zeitgenössische Darstellung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS gewesen ist. Fast ebenso häufig wie der Balkan war auch Skandinavien Schauplatz der Beiträge, hier aber weisen schon die rein äußerlichen Merkmale auf einen anderen Inhalt der Berichterstattung hin. Zwar waren auch in diesen Artikeln in der Hauptsache Einheiten der Waffen-SS die Protagonisten.293 Diese können aber schwerlich als in Skandinavien im Einsatz beschrieben worden sein, schließlich war die SS in diesem Raum nicht an Kampfhandlungen beteiligt.294 Dem entspricht, dass gerade hier von den SS-Kampfeinheiten überdurchschnittlich häufig im Rahmen von Situationsberichten berichtet worden ist und sie somit nur weitläufig mit dem Krieg in Verbindung gebracht wurden. Dass Skandinavien daneben auch in Kampfberichten als Ereignisraum auftauchte,295 steht dazu nicht im Widerspruch. Vielmehr dürfte sich hier abgebildet haben, dass in späteren Kriegsjahren vielfach in Berichten über Aktivitäten einer SS-Einheit aus diesen Ländern anlässlich eines Heimaturlaubes auch deren Fronteinsatz eine Rolle spielte.296 Dass diese Berichte aus Skandinavien schwerpunktmäßig im Jahr 1941 auftraten, ist zudem ein starkes Indiz, dass über den Beitritt von »germanischen« Freiwilligen aus Dänemark und Norwegen in die Waffen-SS bzw. die SS-Legionen in der NSPropaganda ausführlich berichtet worden ist. Auch dies ist gut mit der Europapropaganda des NS-Regimes bzw. der Behauptung der in der SS verwirklichten »germanischen Schicksalsgemeinschaft« in Übereinstimmung zu bringen. Der Raum Italien war für die Propaganda um die SS nur kurzzeitig von größerer Bedeutung. Da er vor allem im Jahr 1943 als Ereignisraum der hier erfassten Berichterstattung auftauchte, dürften die Ereignisse während des Frontwechsels Italiens in diesem Jahr den Inhalt dieser Berichterstattung bestimmt haben. 291 292

293 294

295 296

Vgl. Uziel, Warriors, S. 280 f. Darauf weisen auch die erwähnten 15 Artikel über die SS-Division »PE« hin, vgl. Anhang 4. Schließlich wurde diese Division fast ausschließlich gegen jugoslawische Partisanen eingesetzt, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 151-153. Die beiden Artikel aus dem Jahr 1942 waren Rückschauen auf den Balkanfeldzug ein Jahr zuvor, vgl.: »Vor einem Jahr«, in: DAZ 163 v. 5.4.1942, S. 2; »Dank eines Dorfes«, in: SK 22 v. 28.5.1942, S. 4. Vgl. Anhang 18. Vgl. Stein, Geschichte, S. 55, FN 1. Der finnische bzw. norwegische Teil der Ostfront wurde in dieser Untersuchung als Teil des Ereignisraumes »Ostfront« definiert, vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Schließlich wurde beim Auftreten von mehreren Ereignisräumen in einem Beitrag derjenige codiert, der als erster genannt wurde, vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1. Dass diese Vermutung richtig ist, bestätigt sich bei einem Blick auf das zugrundeliegende Material schnell, Bsp. wären etwa: »Einsatz der Polizeikompanie der Norwegischen Legion«, in: DAZ 429 v. 8.9.1942, S. 2; »Der dänische Freiwilligeneinsatz«, in: DAZ 302 v. 25.6.1943, S.1; »Das Freikorps Dänemark« in: FZ 533 v. 18.10.1942, S. 2.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

295

Schließlich hatte Hitler darauf bestanden, die »LAH« wegen ihres propagandistischen Wertes an der Besetzung Italiens zu beteiligen.297 Daneben weist der relativ hohe Anteil an Berichten über Polizeitruppen298 darauf hin, dass auch der Befreiung des italienischen Diktators Benito Mussolini aus seiner Internierung auf dem Gran Sasso am 12. September 1943, welche unter Beteiligung des SDAngehörigen Otto Skorzeny stattfand,299 zumindest kurzzeitig eine intensive Berichterstattung gewidmet worden ist. Überdies war gerade bei diesem Berichtsraum der Anteil der anderen Berichtsformen neben den SS-PK- und den Ordensberichten recht hoch,300 dazu fand die Berichterstattung hauptsächlich in den Tageszeitungen DAZ und VB statt. Schon an diesen wenigen äußeren Merkmalen lässt sich ablesen, dass in den damaligen Medien intensiv über die Tat Skorzenys berichtet worden ist und dies nicht allein auf die Beiträge der SS-PK zurückzuführen war. Auf diesen Aspekt wird hier noch weiter eingegangen werden.301 Der wichtigste Berichtsraum abseits des Reiches aber war allgemein Osteuropa bzw. die Ostfront. Das gilt für alle Zeitungen, für die Jahre 1941 bis 1944, wie auch für fast alle Berichtsformen.302 Gewidmet waren diese Beiträge in mehr als neun von zehn Fällen Einheiten der Waffen-SS.303 Dies passt zu den schweren Kämpfen, in die eine Vielzahl an SS-Verbänden hier über Jahre verwickelt war. Dass allein dies zu einer gewissen Berücksichtigung der Waffen-SS in den damaligen Medien geführt hat, zeigen die 293 hier erfassten Ordensberichte mit Bezug zur Ostfront eindrucksvoll.304 Der sprunghafte Anstieg der Zahl der Berichte über den Einsatz der SS an der Ostfront im Jahr 1943 passt zudem zu der in dieser Zeit einsetzenden Verwendung der SS-Kerndivisionen als strategischen Reserve in zahlreichen Brennpunkten der Front. Offensichtlich wurden dabei nicht nur einige besondere Erfolge, wie etwa die Wiedereroberung von Charkow im März 1943, entsprechend des Willens Hitlers besonders in den deutschen Medien herausgestellt.305 Die Zahlen sprechen vielmehr für eine kontinuierliche Berichterstattung in der deutschen Propaganda über den Einsatz dieser SS-Panzerdivisionen in den Brennpunkten der Front. Ein weiterer Grund für das so häufige Auftauchen der Ostfront in der Berichterstattung über die Waffen-SS war daneben auch deren auffallend starke Berücksichtigung durch die SS-PK. Von deren 1.148 Beiträgen wurden 656, also weit über

297

298 299 300 301 302

303 304 305

Vgl. Heiber, Lagebesprechungen, S. 207 (19.5.1943); 371, 373 f (26.7.1943); Leleu, Waffen-SS, S. 639; Töppel, Kursk, S. 382 f. Vgl. Anhang 18. Vgl. für Details hierzu Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Vgl. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Dass schon 1940 26 Beiträge erfasst wurden, die von Ereignissen in Osteuropa berichteten, lässt sich mit der schon erwähnten Berichterstattung der SS-PK und anderer Stellen über die Umsiedelung der Volksdeutschen aus Bessarabien in diesem Jahr erklären. Vgl. dazu Abs. 3.1.e) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 18. Vgl. Anhang 17. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit.

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296

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

die Hälfte, hier verortet.306 Dieses Ergebnis lässt sich gut mit dem Weltbild der SS in Einklang bringen. Schließlich wollte der Schwarze Orden primär als »antibolschewistische Kampforganisation« wahrgenommen werden, sah sich also als der ideologische Gegenpol zu den von ihm als rassisch minderwertig und von Juden gelenkt angesehenen Kommunisten der UdSSR.307 Gerade für die SS war es so naheliegend, in ihrer eigenen Propaganda den Einsatz ihrer Einheiten an der Ostfront besonders herauszustellen. Dazu passt, dass der Osten auch in den Reden Himmlers der vornehmliche Einsatzort der SS-Verbände gewesen ist.308 Demgegenüber erreichte die Berichterstattung aus dem Westen im Jahr 1944 einen unerwartet geringen Umfang. Schließlich waren die SS-Verbände hier erstmals ein wirklich bedeutender Faktor im Rahmen der deutschen Kriegsführung gewesen,309 zudem hatten die Kämpfe in diesem Berichtsraum auch relativ lange angedauert.310 Trotzdem erschienen im Jahr 1944 mehr als doppelt so viele Artikel, die von dem Einsatz der SS an der Ostfront berichteten. Damit weist schon jetzt alles darauf hin, dass die Waffen-SS ab dem Beginn der Operation »Barbarossa« im Juni 1941 in der NS-Propaganda als eine vornehmlich im Osten im Einsatz stehende Truppe dargestellt wurde, eine weitere auffällige Übereinstimmung mit dem Nachkriegsruf von der Waffen-SS als der »Feuerwehr der Ostfront«.311 Daneben wurde aber auch über alle Jahre hinweg recht häufig der Kriegseinsatz der SS mit dem Berichtsraum Deutsches Reich in Beziehung gesetzt. Vor allem galt das für die Tageszeitungen und hier insbesondere für die DAZ und FZ. Zwar werden hierbei sicher auch die Einsätze zahlreicher SS-Divisionen in den Endkämpfen auf Reichsgebiet thematisiert worden sein.312 In der Hauptsache ist aber gerade bezüglich dieses Berichtraumes ein meist nur weitläufiger Bezug zu dem militärischen Kriegsgeschehen in den entsprechenden Beiträgen vorauszusetzen. Dies ergibt sich nicht nur ohne weiteres aus dem Kriegsverlauf, sondern auch aus den Schwerpunkten des Auftretens dieses Berichtsraumes in den einzelnen Berichtsformen. So wurden die eher ein direktes Kampfgeschehen schildernden Kampfberichte wie auch die PK-Berichte nur vergleichsweise selten im Reich verortet. Ebenso erklärt sich die vergleichsweise hohe Zahl an Ordensberichten mit einem Bezug zur Heimat nicht mit einer Flut von in den Endkämpfen verliehenen Auszeichnungen, vielmehr geht dies auf die Anlage dieser Untersuchung zurück: Hier wurden auch solche RK-Berichte dem Berichtsraum »Heimat« zugeordnet, die keinen eindeutigen Ortsbezug aufwiesen.313 306 307 308 309 310

311 312

313

Vgl. Anhang 17. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Zelle, Elite, S. 217. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 415; Lieb, Krieg, S. 112-118. Einschließlich der Schlacht um Frankreich und der nachfolgenden Ardennenoffensive zogen sich die Kämpfe im Westen, mit Unterbrechungen, bis in das Jahr 1945 hinein. Für einen Überblick über die Operationen vgl. Vogel, Kriegführung, S. 536-632. Vgl. etwa Stein, Geschichte, S. 181; Höhne, Orden, S. 432. 1939/40 befand sich nur die »LAH« im Operationsgebiet der Westfront, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 73. Diese grundsätzliche Zuweisung solcher Ordensberichte zum Berichtsraum »Heimat« erfolgte, weil die Ritterkreuze aller Stufen zumindest offiziell durch Hitler im FHQ und damit im Reich verliehen wurden, vgl. die Anweisungen im Codebuch im Anhang 1.

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297

4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

In mehr als der Hälfte der Fälle jedoch wurde der Kriegseinsatz der SS in Situationsberichten mit dem Ereignisraum Reich in Zusammenhang gebracht.314 Gerade in dieser Berichtsform wurden aber per definitionem überwiegend Ereignisse abseits der militärischen Kampfeinsätze geschildert.315 Ein Blick in das zugrunde liegende Material zeigt, dass es sich hierbei etwa um Berichte über die Teilnahme der Waffen-SS an Paraden, ihr Werben um Freiwillige oder über Aktivitäten in den SS-Garnisonen im Reich handelte. Damit lässt sich an den tagesaktuellen Meldungen der Zeitungen ablesen, dass der militärische Charakter und Kriegseinsatz der SS für die Leser nicht nur ein medial beschriebenes Geschehen in weitentfernten, fremden Ländern war, sondern auch in deren unmittelbaren Erlebniswelt immer wieder durch solche Aufmärsche oder Veranstaltungen ins Bewusstsein gerückt wurde. Wer hingegen der vornehmliche Gegner der SS im Kriegseinsatz war, soll nun, als Ergänzung zu den Einsatzräumen, noch durch die in den Artikeln beschriebene Nationalität der Gegner der SS-Truppen dargestellt werden. Hier ist insbesondere von Interesse, ob die West-Alliierten, nun unabhängig vom Einsatzort betrachtet, eine größere Rolle in diesen Berichten spielten (Tabelle 18). Tabelle 18: Gegnerschaft im Nationalitätenbild der SS (summiert) Medium

Deutsche

»Germanen«

Nicht bewertet

»Ostvölker«

»Westvölker«

Kein Gegner

VB n = 844

1 (0,12 %)

2 (0,24 %)

11 (1,30 %)

403 (47,75 %)

102 (12,09 %)

325 (38,51 %)

DAZ n = 584

0

2 (0,34 %)

10 (1,71 %)

230 (39,38 %)

30 (5,14 %)

312 (53,42 %)

FZ n = 205

0

1 (0,49 %)

0

88 (42,93 %)

9 (4,39 %)

107 (52,20 %)

DR n = 61

0

0

1 (1,64 %)

42 (68,85 %)

9 (14,75 %)

9 (14,75 %)

SK n = 1.135

1 (0,09 %)

6 (0,53 %)

4 (0,35 %)

676 (59,56 %)

170 (14,98 %)

278 (24,49 %)

Summe n = 2.829

2 (0,07 %)

11 (0,39 %)

26 (0,92 %)

1.439 (50,87 %)

320 (11,31 %)

1.031 (36,44 %)

An erster Stelle ist ein deutlicher Unterschied in der Häufigkeit des generellen Auftretens von Beschreibungen der Feinde der SS zwischen der Berichterstattung der Tages- und der Wochenzeitungen festzustellen. Dieses Phänomen erklärt sich schnell durch den verschiedenen Charakter der hier untersuchten Presseorgane.

314 315

Vgl. Anhang 17. Vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1.

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298

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Gerade in den fast ausschließlich in den Tageszeitungen zu findenden Situationsberichten316 wurde generell nur selten ein Gegner beschrieben, während die Kampf- und PK-Berichte in ihrer Natur als Frontberichte sehr viel häufiger auch auf der SS gegenüberliegende Feinde eingingen.317 Davon abgesehen weist auch diese Messung eindeutig die sogenannten »Ostvölker«, also in der Hauptsache die sowjetischen Truppen, als Hauptgegner der SS-Verbände aus. Mit ihnen lag die SS in allen Zeitungen und in fast allen Jahren in der Mehrzahl der Berichte im Kampf,318 ebenso dominierten sie als Gegner insbesondere die SS-PK-Berichte, aber auch die Kampf-, Ordens- und WM-PKBerichte.319 Die westalliierten Truppen wurden dagegen sowohl insgesamt als auch in der Berichterstattung der SS-PK weitaus seltener berücksichtigt. Als Hintergrund ist der Kriegsverlauf die wahrscheinlichste Ursache. Denn wenn die SSTruppen mit den westlichen Gegnern in Kontakt kommen konnten, also während des Westfeldzuges 1940, während der Invasion 1944 und den nachfolgenden Kämpfen sowie im Balkanfeldzug 1941, wurden Letztere in einer durchaus beachtlichen Zahl an Beiträgen als der der SS gegenüberliegende Feind beschrieben. Dennoch zeigt sich auch hier, zumindest 1944, eine deutliche Konzentration auf die »Ostvölker« als Hauptfeind der SS. Diese wurden selbst in diesem Jahr fast dreimal so häufig wie die westalliierten Truppen als Feinde der Schutzstaffel beschrieben.320 Andere Völker spielten dagegen als Gegner der SS nur eine nebensächliche Rolle in den Berichten. Dies lag offensichtlich vor allem daran, dass diese Nationen, wenn überhaupt, nur kurzzeitig als Gegner der SS beschrieben werden konnten, meist aber mit dem Reich verbündet oder sogar zeitweise mit Freiwilligen in der Waffen-SS vertreten waren. Damit ist bei den ideologisch für die SS »neutralen« Feinden, angesichts ihres ersten Auftretens 1943,321 in der Hauptsache an Italiener zu denken, gegen die einige SS-Verbände bei der Besetzung Italiens in diesem Jahr eingesetzt wurden und mit denen sich einige wenige SS-Verbände auch danach noch Gefechte lieferten.322 »Germanen« wurden nur zu Zeiten des Westfeldzuges 1940 bekämpft, was damit offenkundig auf Einsätze gegen niederländische bzw. belgische Soldaten bezogen war. Dass im Übrigen sogar zweimal Deutsche als Feinde der SS beschrieben wurden, geht auf die erste Kriegszeit zurück, wo im SK einmal der KZ-Wachdienst als Kriegsdienst an der inneren Front gewürdigt wurde323 bzw. in einem Artikel der SS-PK 1940 gegen deutschjüdische Emigranten im nunmehr besetzten Paris gehetzt wurde.324 316 317 318 319 320 321 322

323 324

Vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 20. Vgl. Anhang 19 und 20. Vgl. Anhang 20. Vgl. Anhang 19. Vgl. Anhang 19. Neben der bereits erwähnten »LAH« waren auch Teile der SS-Divisionen »RFSS«, »PE« sowie der 24. Waffen-Gebirgs-Division der SS und der 29. Waffen-Grenadier-Division der SS zur Entwaffnung der italienischen Streitkräfte eingesetzt bzw. auch in Kämpfe mit italienischen Partisanen verwickelt, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 80, 152, 203 f, 247 f, 267 f. Vgl. »Kriegsgebiet KZ«, in: SK 51 v. 21.12.1939, S. 9 f. Vgl. »Passage Brady – Pariser Juden kehren zurück«, in: VB 249 v. 5.9.1940, S. 5.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

299

Insgesamt haben sich schon aus der quantitativen Analyse dieser ersten inhaltlichen Merkmale der Berichterstattung einige deutliche Hinweise ergeben, wie der Kriegseinsatz der SS in den hier untersuchten Zeitungen dargestellt worden ist: Zunächst ist deutlich geworden, dass die Propaganda um den Kriegseinsatz der SS nicht so umfassend war, wie es sich noch anhand der Ergebnisse des vorherigen Abschnittes angedeutet hatte. Die SS war keineswegs in allen der hier erfassten 2.829 Beiträge der Protagonist, vielmehr tauchte sie in einem beträchtlichen Teil dieser Beiträge gar nicht oder nur in einer Nebenrolle auf. Dennoch ist weiterhin von einer umfassenden Propaganda gerade für die im Rahmen dieser Untersuchung entscheidende Waffen-SS in den damaligen Medien auszugehen. Denn diese dominierte mit insgesamt über 2.000 ihr gewidmeten Beiträgen in allen hier untersuchten Zeitungen die Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz bei weitem. Damit ist hier noch immer eine ausreichende Basis für die nachfolgende qualitative Untersuchung gegeben. Dort muss aber auch die Berichterstattung über den Fronteinsatz von Polizeitruppen berücksichtigt werden. Schließlich fanden sich über diese insbesondere in der Zeit des Polenfeldzuges 1939, aber auch 1943 im Berichtsraum Italien, unerwartet häufig Artikel, womit deren Darstellung zumindest in diesen Phasen des Krieges einen Einfluss auf das Gesamtbild von der SS an der Front gehabt haben könnte. Weiter hat sich erwiesen, dass die SS an der Front vornehmlich als eine deutsche Truppe dargestellt worden ist, ihre volksdeutschen wie auch die meisten ihrer ausländischen Angehörigen dagegen kaum je Erwähnung fanden. Eine Ausnahme stellten hier lediglich die »Germanen« in ihren Reihen dar, deren vergleichsweise sogar recht intensive Berücksichtigung sich aber gut mit der gerade von der SS propagierten Gleichwertigkeit aller »germanischen« Völker vereinbaren lässt. Das Erscheinen solch einer Anzahl an Beiträgen über die »Germanen« stand offensichtlich aber auch in Zusammenhang mit der Europapropaganda des NS-Regimes. Als wichtigster Faktor in der damaligen Berichterstattung über die SS an der Front erwiesen sich ein weiteres Mal die Artikel und Ordensberichte der SS-PK. Denn die anderen Berichtsformen waren kaum geeignet, ein umfassendes und detailliertes Bild vom Kampf der SS an der Front zu entwerfen: Die hier als »Kampfberichte« bezeichneten sonstigen Berichte von der Front waren dafür im Schnitt zu kurz und beschrieben, wie sich hier schon erwiesen hatte, nur relativ selten die SS-Truppen. In diesem Abschnitt konnte nun dazu herausgearbeitet werden, dass den Situationsberichten eine ganz andere Aufgabe als eine Frontberichterstattung zukam. Hier wurde vornehmlich über die vielfältigen Aktivitäten der SS-Truppen neben ihren Kampfeinsätzen berichtet, mittels denen direkt oder indirekt der Bevölkerung im Reich und den besetzten Gebieten der Kriegseinsatz bzw. der militärische Charakter der SS vor Augen geführt wurde. Die PK der WM schließlich erwähnte die SS nur äußerst selten und dann fast nur in einer Nebenrolle. Hierfür bildete offenbar das Konkurrenzverhältnis beider Organisationen den Hintergrund, denn auch die SS-PK ging in ihrer Berichterstattung auffallend selten auf die Truppen der WM ein. Selbst durch die recht zahlreichen Beiträge der SS-PK über Themen abseits der SS wird die Wichtigkeit der SS-Propaganda bei der Formulierung des der Öffentlichkeit präsentierten Images von der SS im Fronteinsatz nicht herabgemindert.

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300

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Schließlich waren auch diese Berichte immer als Meinung der SS erkennbar und sind so eher als ein Zeichen für eine in der SS-Propaganda zu findende, große Themenvielfalt zu sehen. Damit überrascht es nicht, dass die SS-PK schon ab dem Westfeldzug 1940 ganz offensichtlich die Art und Weise der Darstellung des Fronteinsatzes der SS in den deutschen Medien beeinflussen konnte und etwa 1941 maßgeblich dazu beitrug, dass der Eindruck einer besonders wichtigen Rolle der SS-Truppen im Balkanfeldzug entstand. Weiter haben sich klare Hinweise auf eine im Großen und Ganzen einheitliche Darstellung der Waffen-SS ergeben, auch hier an erster Stelle durch die SS-PK. Gerade in ihren Artikeln wurde in der Mehrzahl der Fälle ohne weitere Differenzierung die »Waffen-SS« beschrieben, anstatt etwa auf die Taten einzelner SSDivisionen einzugehen. Kam dies doch vor, so standen in erster Linie die sogenannten Kerndivisionen der Waffen-SS im Mittelpunkt. Deren Gewicht in der Berichterstattung über die SS scheint aber in der Hauptsache auf ihre frühe Aufstellung und ihre wichtige Rolle in der deutschen Kriegsführung zurückzuführen zu sein. Lediglich bei den drei SS-Divisionen »LAH« »Wiking« und »HJ« ist, angesichts ihres bekannt besonderen Charakters als »Führergarde«, Symbol der »großgermanischen Schicksalsgemeinschaft« bzw. des Fronteinsatzes der deutschen Jugend, aus ihrer auffallend starken Berücksichtigung auf eine eventuell vorhandene eigene Note in der Berichterstattung zu schließen. Hauptgegner der SS waren die »Ostvölker«, Hauptschauplatz der berichtenden Kämpfe die Ostfront. Hier spiegelten sich sicherlich die jahrelangen Einsätze einer Vielzahl an SS-Divisionen am östlichen Kriegsschauplatz. Vieles deutete aber auch darauf hin, dass hier auch die besondere, ideologisch begründete Feindschaft der SS mit dem »Bolschewismus« eine Rolle gespielt hat. Schließlich widmete gerade die SS-PK auffallend viele ihrer Beiträge dem Geschehen im Osten, während sie den militärisch ebenso wichtigen Kämpfen im Westen zumindest 1944 weitaus weniger Beachtung schenkte. Trotz dieser Vielzahl an Hinweisen konnte sich dennoch bisher nur grob an die Inhalte der Berichterstattung über die SS im Kriegseinsatz in den hier untersuchten Zeitungen angenähert werden. Genaueren Aufschluss soll aber nun eine quantitative Analyse der hier ebenso erfassten Aussagen ermöglichen. b) AUSSAGEN ZUM KRIEGSEINSATZ DER SS Allgemeine Merkmale

Im Folgenden wird nun dargestellt, welche Aussagen wie häufig zur Beschreibung des Kriegseinsatzes der SS in den Beiträgen der hier untersuchten Zeitungen benutzt worden sind. Damit fand an diesem Punkt der Untersuchung ein Wechsel der Analyseeinheit statt. Letztere war nun eine Aussage in jeweils einem der untersuchten Beiträge.325 Insgesamt konnten in den hier erfassten 2.829 Artikeln 13.340 Aussagen codiert werden. 325

Es sei daran erinnert, dass dabei jede Aussage in einem Beitrag nur einer Unterkategorie zugewiesen werden und jede Unterkategorie pro Artikel nur einmal codiert werden konnte, für Details vgl. die Anweisungen im Codebuch im Anhang 1.

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301

4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

Wie in Abschnitt 4.1 dieser Arbeit schon ausführlich dargelegt, wurden im Ganzen fünf Dimensionen des Bildes der SS im Kriegseinsatz in der Berichterstattung erfasst. Im einzelnen waren dies: a) Aussagen, die sich Vorgaben der NS-Ideologie zuordnen ließen; b) Aussagen, die auf eine besondere Beziehung der SS zu der Führung des Reiches verwiesen; c) Aussagen, welche die Art und Weise des militärischen Einsatzes der SS beschrieben; d) Aussagen, durch welche die Waffen-SS als besonders anziehend und modern erscheinen sollte, also etwa ihre Freiwilligenwerbung oder ihre ausgezeichnete Bewaffnung betrafen; e) Aussagen, die weniger speziell auf die SS bezogen waren, sondern aufgrund der Anweisungen übergeordneter Stellen des NS-Regimes in den Berichten behandelt wurden. An erster Stelle wird gemessen, wie viele Aussagen über die SS im Kriegseinsatz in den hier untersuchten Zeitungen jeweils erfasst wurden. Damit kann zumindest näherungsweise festgestellt werden, wie intensiv bzw. facettenreich die Darstellung der SS in der jeweiligen Zeitung war.326 Um eine Einschätzung unabhängig von der Summe der in einem Medium aufgefundenen Artikel zu ermöglichen, wurde die Gesamtsumme der Aussagen pro Zeitung mit der Summe der die SS betreffenden Beiträge in Beziehung gesetzt. Der so ermittelte Quotient stellt damit die durchschnittliche Zahl an Aussagen pro Beitrag über den Kriegseinsatz der SS in den jeweiligen Zeitungen dar (Tabelle 19): Tabelle 19: Intensität der Berichterstattung in den Zeitungen Medium

Zahl Beiträge

Zahl erfasster Aussagen

Quotient (Aussagen pro Beitrag)

VB

844

3.397

4,02

DAZ

584

1.973

3,38

FZ

205

683

3,33

DR

61

372

6,10

SK

1.135

6.915

6,09

Summe

2.829

13.340

4,72

Die hier untersuchten Zeitungen widmeten somit der SS im Kriegseinsatz nicht nur eine höchst unterschiedliche Zahl an Beiträgen, auch die durchschnittliche Menge der in den Beiträgen zu findenden Aussagen war je nach Medium stark unterschiedlich. Damit deutet alles auf eine recht unterschiedliche Intensität dieser Berichterstattung in den einzelnen Zeitungen hin.

326

Wie schon in Abs. 4.1 dieser Arbeit ausgeführt, wurde die Intensität der Darstellung in den jeweiligen Beiträgen vom Autor bewusst nicht direkt codiert, um den Einfluss subjektiver Einschätzungen auf die Ergebnisse soweit als möglich zu minimieren.

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302

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Dies lässt sich zunächst mit den hier bereits festgestellten, stark abweichenden durchschnittlichen Umfang der Beiträge über die SS in den jeweiligen Zeitungen erklären. Da die Berichterstattung von DAZ und FZ über die SS im Kriegseinsatz weit stärker von bloßen Kurzmeldungen geprägt war als die des VB,327 ist leicht nachvollziehbar, dass in den erstgenannten Zeitungen auch bedeutend weniger Aussagen über die SS-Truppen zu finden waren. In den wenigen, aber fast ausschließlich großflächigen Artikeln der Wochenzeitung DR mit dieser Thematik waren dagegen fast doppelt so viele unterschiedliche Aussagen zu finden als in den Tageszeitungen. Genauso intensiv war die Berichterstattung des SK. Auch das ist nur logisch, schließlich waren hier die Artikel im Schnitt nicht nur ähnlich großflächig wie in DR, sondern im SK wurde die SS auch weitaus häufiger in einer Hauptrolle beschrieben als in allen anderen untersuchten Zeitungen.328 Als entscheidender Unterschied zwischen den hier einbezogenen Medien hatte sich aber bereits mehrfach die Zahl der jeweils in ihnen veröffentlichten SS-PKArtikel erwiesen. Da gerade in den auffallend intensiv über die SS berichtenden SK, DR und VB diese SS-eigene Propaganda einen besonders hohen Anteil an der Berichterstattung ausmachte,329 liegt die Vermutung nahe, dass die SS-PK weit detaillierter den Kriegseinsatz der SS beschrieben hat als es in den anderen hier einbezogenen Berichtsformen der Fall war. Um dem nachzugehen, wurden hier auch die Aussagen pro Berichtsform gemessen, auch hier sollen die Unterschiede anhand eines Quotienten, der die durchschnittliche Zahl an Aussagen in einem Beitrag einer Berichtsform darstellt, sichtbar gemacht werden. (Tabelle 20): Tabelle 20: Zahl der Aussagen in Beiträgen nach Berichtsform330 Berichtsform

PK-Bericht

Zahl Beiträge

Zahl erfasster Aussagen

Quotient (Aussagen pro Beitrag)

109

449

4,12

1.148

7.109

6,19

Kampfbericht

312

1.328

4,26

Ordensbericht

533

2.458

4,61

Situationsbericht

727

1.996

2,75

2.829

13.340

4,72

SS-PK-Bericht

Summe

Damit waren tatsächlich in den SS-PK-Artikeln besonders viele Aussagen über die SS im Kriegseinsatz zu finden, im Durchschnitt zwei mehr als etwa in den Kampfberichten. 327 328 329 330

Vgl. Tabelle 2. Vgl. Tabellen 2 und 11. Vgl. Tabelle 3. Für die Zahl der Artikel pro Berichtsform vgl. Tabelle 3.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

303

Natürlich ist auch das beeinflusst von der im Durchschnitt weitaus größeren Fläche, welche die PK-Berichte im Vergleich zu allen anderen Berichtsformen aufwiesen,331 was im Falle der SS-PK-Berichte auch darauf zurückzuführen ist, dass sie im Rahmen dieser Untersuchung hauptsächlich in der Wochenzeitung SK erfasst worden sind.332 Dazu wurde die SS in der Darstellung ihrer Propagandaeinheit im Gegensatz zu den im Schnitt ähnlich umfänglichen PK-Berichten der Wehrmacht meist in der Hauptrolle beschrieben.333 Trotz alledem entspricht die sich abzeichnende, besonders facettenreiche Darstellung des Kriegseinsatzes der SS durch die SS-PK unzweifelhaft der Aufgabe solcher PK-Berichte in der deutschen Propaganda. Schließlich sollte gerade durch sie der Heimat ein realistisch anmutendes Bild des Krieges vermittelt werden.334 Dies war auch Ziel der SS-PK, die »Deutschland und der Welt ein echtes und lebenswahres Bild vom tapferen Kampf der Waffen-SS«335 geben wollte und ja einen immensen Aufwand betrieb, um auf das Image der Waffen-SS in der NS-Propaganda insgesamt Einfluss nehmen zu können. Die bisherigen Ergebnisse der quantitativen Analyse deuten darauf hin, dass ihr das insbesondere in dem für das Gesamtbild entscheidenden VB auch gelungen ist. Es ist somit schon jetzt gerechtfertigt, in der nachfolgenden qualitativen Analyse einen besonderen Fokus auf diese SS-PK-Berichte zu legen. Zuvor soll aber dargestellt werden, wie viele Aussagen den einzelnen Dimensionen der Berichterstattung jeweils zugeordnet wurden und ob sich dabei Unterschiede zwischen den hier untersuchten Zeitungen und Berichtsformen ausmachen ließen. Dabei musste berücksichtigt werden, dass diese Dimensionen zum Teil eine unterschiedliche Zahl an Kategorien und Unterkategorien aufwiesen. Um die Schwerpunkte in der damaligen Berichterstattung zu ermitteln, war es deshalb nicht möglich, einfach die Summe aller Aussagen, die den einzelnen Kategorien einer Dimension zugeordnet worden waren, zusammenzuzählen und zu vergleichen.336 Nötig war vielmehr hier, wie auch bei allen nachfolgenden Messungen, eine andere Vorgehensweise: Gezählt wurde, wie oft sich in den hier untersuchten Zeitungen bzw. Berichtsformen Beiträge fanden, welche zumindest einmal eine Aussage aufwiesen, die sich einer der hier interessierenden Dimensionen zuordnen ließ. Geordnet nach Berichtsformen (Tabelle 21a) bzw. Zeitungen (Tabelle 21b) ergaben sich so die folgenden Ergebnisse:

331 332 333 334 335

336

Vgl. Anhang 2. Vgl. Tabelle 3. Vgl. Anhang 6. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« o. D. [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Schließlich konnte eine Aussage in einem Beitrag jeder Unterkategorie einmal zugeordnet werden, vgl. Abs. 4.1 dieser Arbeit. Wie anhand des für diese Arbeit erstellten Codebuchs ersichtlich, waren bei der Dimension »Darstellung nach Vorgaben NS-Ideologie« damit etwa theoretisch 24 Einträge pro Beitrag möglich, bei der Dimension »Anziehungspunkt SS« hingegen nur 12, vgl. das Codebuch in Anhang 1.

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304

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 21a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der jeweiligen Dimension der Berichterstattung beinhalten, sortiert nach Berichtsform337 Berichtsform

Ideologische Offizielle Darstellung Anerkennung

Militärischer Themen der AnzieNS-Propahungspunkt Einsatz ganda SS

WM-PK-Bericht 61 n = 109 (55,96 %)

31 (28,44 %)

25 (22,94 %)

96 (88,07 %)

37 (33,94 %)

SS-PK-Bericht n = 1.148

902 (78,57 %)

354 (30,84 %)

475 (41,38 %)

902 (78,57 %)

657 (57,23 %)

Kampfbericht n = 312

214 (68,59 %)

131 (41,99 %)

110 (35,26 %)

186 (59,62 %)

128 (41,03 %)

Ordensbericht n = 533

243 (45,59 %)

533 (100 %)

143 (26,83 %)

318 (59,66 %)

26 (4,88 %)

Situationsbericht 363 n = 727 (49,93 %)

368 (50,62 %)

286 (39,34 %)

169 (23,25 %)

189 (25,30 %)

Summe n = 2.829

1.417 (50,09 %)

1.039 (36,73 %)

1.671 (59,07 %)

1.037 (36,66 %)

1.783 (63,03 %)

Tabelle 21b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der jeweiligen Dimension der Berichterstattung beinhalten, sortiert nach Zeitungen338 Medium

Ideologische Offizielle Darstellung Anerkennung

Anziehungs- Militärischer Themen der punkt SS Einsatz NS-Propaganda

VB n = 844

456 (54,03 %)

427 (50,59 %)

296 (35,07 %)

463 (54,86 %)

267 (31,64 %)

DAZ n = 584

261 (44,69 %)

332 (56,85 %)

213 (36,47 %)

202 (34,59 %)

166 (28,42 %)

FZ n = 205

102 (49,76 %)

122 (59,51 %)

60 (58,05 %)

82 (40,00 %)

53 (25,85 %)

DR n = 61

45 (73,77 %)

27 (44,26 %)

30 (49,18 %)

38 (62,30 %)

39 (63,93 %)

SK n = 1.135

919 (80,97 %)

509 (44,85 %)

440 (38,77 %)

886 (78,06 %)

512 (45,11 %)

Summe n = 2.829

1.783 (63,03 %)

1.417 (50,09 %)

1.039 (36,73 %)

1.671 (59,07 %)

1.037 (36,66 %)

337

338

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3. Die Prozentzahlen geben den Anteil der Beiträge je Berichtsform an, die zumindest eine Aussage der jeweiligen Dimension der Berichterstattung enthalten. Für die Gesamtzahl der Beiträge über die SS im Kriegseinsatz in den jeweiligen Zeitungen vgl. Tabelle 1.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

305

Betrachtet man zunächst nur die Gesamtzahlen, so zeigt sich deutlich, dass alle der vorab festgelegten Dimensionen der Berichterstattung tatsächlich eine wichtige Rolle im Rahmen der Darstellung des Kriegseinsatzes der SS in den hier untersuchten Medien gespielt haben. Das für diese Untersuchung erstellte Kategorienschema hat somit das Kriterium der Relevanz339 erfüllt. Dass dabei insgesamt fast zwei von drei Beiträgen einen erkennbaren Bezug zur NS-Ideologie aufwiesen, gerade diese Dimension also von größter Wichtigkeit in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS gewesen ist, überrascht nicht. War es doch schon allgemein Aufgabe der Schutzstaffel, die NS-Weltanschauung zu lehren und vorzuleben. Vor allem aber bildete das Konzept vom politischen Soldaten auch die generelle Legitimationsbasis für die Existenz und Frontverwendung einer WaffenSS neben den traditionellen Waffenträgern.340 Ebenso steht auch der Verweis auf das professionelle Agieren der SS an der Front in weit mehr als der Hälfte der hier untersuchten Beiträge grundsätzlich in einer Linie mit dem Anspruch der Waffen-SS, eine militärische Elitetruppe darzustellen. Dazu ist vorauszusetzen, dass in der deutschen Kriegspropaganda grundsätzlich immer hervorragende Leistungen deutscher Verbände behauptet wurden. Das Auftreten solcher Behauptungen war deshalb auch in diesem Ausmaß zu erwarten gewesen. In mehr als der Hälfte der Beiträge wurde auch eine besondere Beziehung der SS zur Führung des Reiches behauptet bzw. ihre Leistungen von dieser belobigt. Die hier schon geschilderten Proteste der WM, wie auch die anfänglichen Bedenken von Propagandaminister Goebbels, gegen eine Bevorzugung der SS in der NS-Propaganda scheinen damit auf den ersten Blick nicht unbegründet gewesen zu sein. Enspricht eine solche Bevorzugung auch den Absichten von Hitler in den späten Kriegsjahren,341 so muß bei der Interpretation dieses Ergebnisses aber miteinbezogen werden, dass auch Meldungen über an SS-Angehörige verliehene Orden oder über die Teilnahme der SS an Paraden als Teil dieser Dimension erfasst worden sind. Zwar bedeutet auch dies eine Herausstellung, ob durch solche Aussagen aber die Waffen-SS gegenüber der Wehrmacht tatsächlich als bevorzugt und so als die Elitetruppe des NS-Regimes erschien, muss sich erst noch in der qualitativen Analyse erweisen. Allerdings wurde die bewaffnete SS häufig auch auf andere Weise anziehend und modern dargestellt. Dass in ungefähr jedem dritten Beitrag in der einen oder anderen Weise um Freiwillige geworben, auf ihre moderne Ausrüstung verwiesen oder über ihre kulturellen Aktivitäten berichtet worden ist spricht dafür, dass eine Stilisierung der SS zu einer Elitetruppe in den damaligen Medien tatsächlich stattgefunden hat.

339 340 341

Vgl. Abs. 4.1 dieser Arbeit. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. bezüglich dieser Aspekte Abs. 3.5.a) dieser Arbeit.

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306

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Daneben waren aber auch in ca. jedem dritten Beitrag der damaligen Zeitungen über den Kriegseinsatz der SS Aussagen zu Themen zu finden, von denen anzunehmen ist, dass deren Behandlung in erster Linie auf die Anweisungen des RMVP zurückzuführen war. Damit bildet sich auch in diesem Teil der quantitativen Analyse die enge Einbindung der damaligen Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS in die im Dritten Reich praktizierte Meinungslenkung ab. Wichtig ist letzteres Ergebnis im Bezug auf die Berichterstattung der PK von Wehrmacht und SS: Auch hier waren solche Aussagen in ca. jedem dritten bzw. zweiten Beitrag zu finden. In dieser Hinsicht waren die PK-Berichte mit den Kampfberichten, also der sonstigen in den Zeitungen zu findenden Berichterstattung über das Geschehen an der Front, durchaus vergleichbar bzw. übertrafen sie sogar. Damit sind die Nachkriegsaussagen ehemaliger Angehöriger dieser Propagandakompanien über den unpolitischen Charakter der von ihnen produzierten Berichterstattung, aus der sie gar Antisemitismus oder Rassismus ferngehalten haben wollen,342 endgültig ad absurdum geführt. Ansonsten waren in den Berichtsformen die den einzelnen Dimensionen zugeordnete Aussagen jeweils dort schwerpunktmäßig zu finden, wie es aufgrund des vorab definierten Inhaltes dieser Berichtsformen zu erwarten war. So ist leicht einsichtig, dass in den hier sog. »Ordensberichten« anlässlich etwa der Verleihung eines Ritterkreuzes häufig auch über die Tat berichtet wurde, welche zu der Auszeichnung geführt hatte. Daher ist es nur logisch, dass hier eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Beiträgen Aussagen enthielten, die den Dimensionen »Offizielle Anerkennung« wie auch »Militärischer Einsatz« zuzuordnen waren. Ebenso wiesen die Situationsberichte, die per definitionem nur einen weitläufigen Bezug zu dem militärischen Geschehen des Krieges hatten und, wie sich in dieser Untersuchung bereits erwiesen hat, meist Ereignisse im Reich behandelten, ganz folgerichtig vergleichsweise häufig Aussagen auf, die als Teil der Dimensionen »Offizielle Anerkennung« und, aufgrund der Freiwilligenwerbung der SS in der Heimat, »Anziehungspunkt SS« definiert worden sind. Gleichfalls zu erwarten war, dass in den primär die militärischen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges schildernden Kampfberichten und insbesondere in den PK-Artikeln sehr häufig der Einsatz der SS an der Front thematisiert worden ist. Bemerkenswert ist jedoch, dass nicht nur in mehr als drei von vier SS-PK-Berichten in der einen oder anderen Weise ein Bezug zu der SS-Ideologie hergestellt worden ist, sondern auch alle anderen Berichtsformen in ungefähr der Hälfte der Fälle, die Kampfberichte sogar in zwei Dritteln, solche Aussagen zu finden waren. Die Beschreibung der SS mit Merkmalen des politischen Soldaten war somit Allgemeingut in den Medien des Dritten Reiches. Dies betraf selbst die wenigen PK-Berichte der Wehrmacht. Damit ist nachzuvollziehen, dass auch auf der Ebene der einzelnen Zeitungen allgemein in ca. der Hälfte der Fälle die entsprechenden Beiträge einen Bezug zur SS-Ideologie aufwiesen.

342

Vgl. etwa v.Wedel, Propagandatruppen, S. 145-148. Siehe auch Abs. 2.2 dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

307

Bezüglich der anderen Ergebnisse ist das hier schon eingehend erläuterte, recht unterschiedliche Auftreten der einzelnen Berichtsformen in den jeweiligen Zeitungen als Hintergrund naheliegend. So wurde in den Tageszeitungen und hier inbesondere in DAZ und FZ der Kriegseinsatz der SS viel häufiger im Rahmen von Situationsberichten beschrieben als im VB und insbesondere in den Wochenzeitungen DR und SK.343 Deshalb ist es nur folgerichtig, dass gerade in DAZ und FZ ein ansonsten unerreichter Anteil der Aussagen eine Anerkennung der SS von offizieller Seite bedeutete. Dass hingegen nur in ca. drei bzw. vier von zehn Berichten von DAZ und FZ auf den militärischen Einsatz der SS-Truppen verwiesen worden ist, im VB hingegen in mehr als der Hälfte, in DR in fast zwei Drittel und im SK in mehr als drei Viertel, lässt sich am besten auf die unterschiedliche Häufigkeit des Erscheinens von SS-PK-Artikeln in diesen Zeitungen zurückführen. Schließlich wurde gerade in der SS-Propaganda der militärische Einsatz der SS besonders häufig thematisiert. Damit wird noch wahrscheinlicher, dass die Frontberichterstattung der SSPK einen Einfluss darauf hatte, in welcher Weise der Kampfeinsatz der SS in den deutschen Medien dargestellt worden ist. Wie genau jedoch sich diese verschiedenen Schwerpunkte in der Berichterstattung der hier untersuchten Zeitungen auf die dort jeweils zu findende Darstellung des Kriegseinsatzes der SS ausgewirkt haben und vor allem, welche Arten von Aussagen hier besonders wichtig waren, ist weiter unklar. Hierüber kann in der Hauptsache die nachfolgende qualitative Analyse, aber auch die Häufigkeit des Auftauchens der den einzelnen Unterkategorien zuordbaren Aussagen in den Beiträgen der jeweiligen Zeitungen einen genaueren Aufschluss geben. Letztere Ergebnisse werden nun nachfolgend vorgestellt. Dabei wird aus Gründen der Übersichtlichkeit darauf verzichtet werden, die Ergebnisse für die einzelnen im Codebuch festgelegten Unterkategorien im Hauptext jeweils in Tabellenform auszuführen. Diese werden hier vielmehr zusammengefasst präsentiert werden. Die Ergebnisse für jede der Unterkategorien sind jedoch im Anhang dieser Arbeit zu finden.344 Darstellung mit Bezügen zur SS-Ideologie

An erster Stelle wird nachfolgend untersucht werden, in welcher Weise in der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS ein Bezug zur SS-Ideologie hergestellt worden ist. Als Zeichen einer solchen weltanschaulichen Darstellung wurden hier zunächst Aussagen zu den auf den Kampf bezogenen Eigenschaften des politischen Soldaten erfasst, auch wenn die SS-spezifische Konventionalität der Begriffe ihres Tugendkatalogs ihre Identifikation in den Beiträgen nicht gerade erleichtert hat. Denn Ideale der SS-Ideologie wie »Treue«, »Gehorsam«, »Ehre« oder »Kameradschaft« gehören unzweifelhaft zum militärischen Standardvokabular, Verweise auf sie waren somit gerade im Rahmen einer Kriegsberichterstattung zu erwarten. 343 344

Vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. die Anhänge 21 bis 68.

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308

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Dennoch konnte vorausgesetzt werden, dass die spezifische NS-Komponente dieser Ideale im Sprachgebrauch der SS erkannt werden konnte, vor allem durch den Kontext ihrer Verwendung.345 In dieser Untersuchung wurde angenommen, dass dies in den Beiträgen vornehmlich durch Beschreibungen eines speziellen Verhaltens der SS-Männer auf dem Schlachtfeld geschah. Schließlich sollte nach der SS-Ideologie das »Kämpfer-sein« die Grundeinstellung der SS-Männer zum Leben bilden, zudem sollten sich ja gerade im Kampf ihre Qualitäten als politische Soldaten beweisen.346 Deshalb wurde es hier als ideologische Darstellung definiert, wenn von einer besonderen »Härte« der SS-Angehörigen berichtet wurde. Diese trat zutage, wenn deren Einsatz laut den Artikeln unter extremen äußeren Bedingungen stattgefunden hätte, wenn sie ausdrücklich gnadenlos gegen die feindlichen Truppen vorgegangen seien oder der Tod von Letzteren als Merkmal ihres Erfolges angeführt wurde, aber auch wenn darauf verwiesen wurde, dass die Ausbildung der SSRekruten diese besonders »hart« gemacht hätte. Weitere auf den Kampf bezogene Aussagen mit einem ideologischen Bezug wurden in der Kategorie »Treue« zusammengefasst. Darunter fielen hier Aussagen, nach denen die SS-Männer ihr Leben für das Erreichen eines Missionsziels eingesetzt oder geopfert hätten, wie auch, wenn die SS fanatisch oder mit hoher Einsatzfreude gekämpft und so, implizit oder explizit, »mehr als ihre Pflicht« getan hätte. Codiert werden konnten dazu noch ausdrückliche Verweise auf das Motto der SS, »Meine Ehre ist Treue« sowie solche auf den Glauben der SSMänner an den »Endsieg«, Hitler, Deutschland oder den Nationalsozialismus. Als Verweise auf den Anspruch der SS-Männer, besondere, politische Soldaten darzustellen wurden zudem auch Aussagen zu der in den SS-Verbänden herrschende Kameradschaft aufgefasst. Schließlich war in der speziellen Deutung der SS auch damit mehr als nur der selbstverständliche gegenseitige Beistand der Soldaten an der Front gemeint. Für den Schwarzen Orden war Kameradschaft vielmehr Charakteristikum der NS-Volksgemeinschaft wie auch ein Kennzeichen der besonderen Gemeinschaft der SS.347 Wie gesagt ist allen diesen Beschreibungen der Art und Weise des Fronteinsatzes der SS anzunehmen, dass hier der Bezug zur NS-Ideologie nicht unbedingt offenkundig gewesen ist. So konnten Aussagen etwa über die große Zahl an durch die SS-Männer getötete Feinde oder ihre unbedingte Pflichterfüllung sicher auch als bloße Kennzeichen eines erfolgreichen Soldatentums verstanden oder geschilderte widrige äußere Umstände gerade in Beiträgen über das Geschehen an der Ostfront als bloßes Abbild der Realität gelesen werden. Ebenso ist fraglich, ob durch Aussagen über den Glauben der SS an den »Endsieg« beim damaligen Leser unbedingt der Eindruck eines besonderen, ideologisch begründeten Treueverhältnisses der SS zu Führer und Reich entstand. Schließlich ist gerade von

345 346 347

So auch Wegner, Soldaten, S. 41 f. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 153-155; Wegner, Soldaten, S. 44.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

309

dieser Propagandaformel ohne weiteres anzunehmen, dass sie in den damaligen Medien auch in Beiträgen über den Einsatz der Wehrmacht sehr oft benutzt worden ist.348 Dennoch, eine eine solche, durch ihre Doppeldeutigkeit eher versteckt ideologisch zu nennende, Darstellungsweise passt gut zu der Maxime von Propagandaminister Goebbels wie auch der SS-PK, im Interesse ihrer Wirksamkeit die weltanschaulichen Botschaften in der Propaganda unterschwellig und gerade nicht mit dem »Holzhammer« zu verbreiten.349 Deshalb erschien es letztlich als angemessen, die gerade genannten Inhalte in dieser Untersuchung als Kennzeichen einer ideologiebezogenen Darstellungsweise des Kriegseinsatzes der SS anzusehen und zu erfassen. Bei anderen Aussagen war deren Bezug zur NS-Ideologie viel offenkundiger. Dies war zweifellos der Fall, wenn in den Beiträgen ausdrücklich auf die Rolle der SS als Organisation politischer Soldaten verwiesen wurde, wenn sich Aussagen auf die Rolle der Schutzstaffel in der sog. »Kampfzeit« bezogen, wenn auf die Aufgabe des Schwarzen Ordens, das Reich zu schützen, eingegangen oder der weltanschauliche Unterricht für SS-Männer beschrieben wurde. Darüber hinaus wurde ein Bezug zur NS-Weltanschauung bei Aussagen angenommen, welche auf die kultischen Elemente der SS-Ideologie verwiesen. Darunter fielen hier Verweise auf die »Gottgläubigkeit« der SS, auf die vorgeblichen kulturellen Wurzeln der Deutschen in der germanischen Frühzeit, aber auch solche auf die Durchführung von kultischen Ritualen der SS wie etwa »Julfeiern«, zur Sonnenwende etc. Die Dimension »Ideologische Darstellung« umfasste zuletzt auch Aussagen zu den vermeintlichen »rassischen« »Qualitäten« der SS-Angehörigen. Darunter fielen hier Verweise auf die besonderen »rassischen« Anforderungen zur Aufnahme in den Schwarzen Orden, auf spezielle Maßnahmen der SS zur Förderung der »Rassenreinheit« wie der sog. »Heiratsbefehl« oder Einrichtungen wie der »Lebensborn«, wie auch auf das vorgeblich gemeinsame »Blut« von Deutschen und »Germanen«. Mit eingeschlossen waren hier zudem Verweise auf die sog. »Blut und Boden«-Ideologie, etwa durch eine Glorifizierung des Bauerntums oder Bezüge auf eine zukünftige »Ostsiedlung«.350 Beiträge, die mindestens eine Aussage dieser Kategorien enthielten, wurden in recht unterschiedlichen Anteilen in den hier festgelegten Berichtsformen (Tabelle 23a) festgestellt, gleiches galt auch für die hier untersuchten Zeitungen (Tabelle 23b).

348

349 350

So stellte Uziel fest, dass in der Propaganda der WM-PK noch 1945 behauptet wurde, unter Hitlers Führung könne der Krieg nicht verloren werden, falls genügend Opfer gebracht würden, vgl. ebd., Warriors, S. 332. Vgl. Abs. 3.2.d) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit.

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310

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 23a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Ideologische Darstellung« beinhalten, sortiert nach Berichtsform351 Berichtsform

Härte

Treue

Politische Soldaten

Kultische Elemente

Rasse

Kameradschaft

WM-PKBericht n = 109

39 (35,78 %)

25 (22,94 %)

4 (3,67 %)

0

7 (6,42 %)

8 (7,34 %)

SS-PKBericht n = 1.148

540 (47,04 %)

588 (51,22 %)

110 (9,58 %)

40 (3,48 %)

172 (14,98 %)

333 (29,01 %)

Kampfbericht n = 312

93 (29,81 %)

130 (41,67 %)

38 (12,18 %)

6 (1,92 %)

31 (9,94 %)

54 (17,31 %)

Ordensbericht n = 533

125 (23,45 %)

118 (22,14 %)

49 (9,19 %)

4 (0,75 %)

16 (3,00 %)

157 (29,46 %)

Situations- 73 bericht (10,04 %) n = 727

169 (23,25 %)

63 (8,67 %)

14 (1,93 %)

128 (17,61 %)

69 (9,49 %)

Summe n = 2.829

1.030 (36,41 %)

264 (9,33 %)

64 (2,26 %)

354 (12,51 %)

621 (21,95 %)

870 (30,75 %)

Tabelle 23b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Ideologische Darstellung« beinhalten, sortiert nach Zeitungen352 Medium

Härte

Treue

Politische Soldaten

Kultische Elemente

Rasse

Kameradschaft

VB n = 844

199 (23,58 %)

249 (29,50 %)

64 (7,58 %)

5 (0,59 %)

115 (13,63 %)

110 (13,03 %)

DAZ n = 584

93 (15,92 %)

131 (22,43 %)

41 (7,02 %)

3 (0,51 %)

65 (11,13 %)

60 (10,27 %)

FZ n = 205

40 (19,51 %)

37 (18,05 %)

19 (9,27 %)

3 (1,46 %)

25 (17,14 %)

27 (12,20 %)

DR n = 61

24 (39,34 %)

24 (39,34 %)

6 (9,84 %)

1 (1,64 %)

18 (29,51 %)

17 (27,87 %)

SK n = 1.135

514 (45,29 %)

589 (51,89 %)

134 (11,81 %)

52 (4,58 %)

131 (11,54 %)

407 (35,86 %)

Summe n = 2.829

870 (30,75 %)

1.030 (36,41 %)

264 (9,33 %)

64 (2,26 %)

354 (12,51 %)

621 (21,95 %)

351 352

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3. Für die Gesamtzahl der Beiträge je Zeitung vgl. Tabelle 1.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

311

An erster Stelle sind bei allen hier einbezogenen Zeitungen die gleichen Schwerpunkte beim Auftreten von Aussagen aus den hier festgelegten Kategorien festzustellen: Sehr häufig wurde in der ein oder anderen Weise auf die durch die SS an der Front vermeintlich bewiesene »Treue« und »Härte« verwiesen. Aussagen hingegen, die auf die Rolle der SS-Angehörigen als politische Soldaten, auf ihre rassischen »Qualitäten« oder gar auf kultische Elemente der SS-Ideologie eingingen, also einen viel eindeutigeren Bezug zur SS-Weltanschauung herstellten, waren überall in einer weitaus geringeren Zahl an Beiträgen zu finden. Ein Blick auf die Einzelergebnisse für die jeweiligen Unterkategorien353 zeigt deutlich, dass dies als Ausdruck einer grundlegenden Tendenz in der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS anzusehen ist: Auch auf dieser Ebene ließen sich die meisten Aussagen den Unterkategorien zuordnen, von denen anzunehmen ist, dass hier die Orientierung an der NS-Ideologie am wenigsten offensichtlich war. So wurden von der Kategorie »Härte« in allen Zeitungen vor allem diejenigen Aussagen sehr häufig in den Beiträgen verwendet, welche den Unterkategorien »Tod geben« und »extreme Kampfbedingungen« zuordbar waren.354 Die besondere Härte in der Ausbildung wurde dagegen, trotzdem ihr eine große Bedeutung im Rahmen der weltanschaulichen Konditionierung der SS-Rekruten beigemessen worden ist,355 weitaus seltener thematisiert. Dennoch, da von dieser harten Ausbildung in allen Zeitungen zumindest einige Male etwas zu lesen gewesen ist und ingesamt 145 Beiträge sie zumindest erwähnten,356 war auch sie ein wichtiges Element des Bildes von der Waffen-SS in der NS-Propaganda. Das war so nicht zu erwarten gewesen, behinderten doch gerade im Reich die hier weitverbreiteten Gerüchte über Mißhandlungen im Rahmen der Ausbildung der SS-Rekruten die Freiwilligenwerbung der Waffen-SS von Anfang an.357 Auch die vorgeblich von der SS an der Front bewiesene Treue wurde in allen Zeitungen vornehmlich mit Aussagen beschrieben, die den Unterkategorien »Tod nehmen« und »mehr tun als Pflicht« zugewiesen werden konnten. Auf ihr im Vergleich zu diesen kämpferischen Eigenschaften des politischen Soldaten viel eindeutiger auf den speziellen Charakter der SS verweisendes Motto, »Meine Ehre heisst Treue« wurde dagegen nur in 37 Beiträgen aller Zeitungen verwiesen. Selbst im SK kam dies nur sehr selten vor. Dazu wurde zumindest in VB, DAZ und SK recht häufig der Glaube der SS-Männer an den »Endsieg«, an Hitler, den Natio-

353 354 355 356 357

Vgl. die Anhänge 21 bis 25. Vgl. Anhang 21. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 21. So schrieb der Chef des SS-Ergänzungsamtes, Berger, dass schon ab Oktober 1938 »an Soldatenmisshandlungen, an ungerechter und unpersönlicher Behandlung bei uns das menschenmöglichste geleistet worden [ist].« Ausdrücklich weist er auf das dadurch entstehende Problem hin: »Alle diese Pannen […] werden multipliziert draußen im Land verbreitet.«, siehe: Schreiben Bergers an den Chef des persönlichen Stabes RFSS Wolff v. 13.11.1940, in: BArchB, NS 19/1711, pag. S. 161 f. Für das Fortbestehen dieses Problems und die allgemeine Kenntnis davon vgl. etwa: Schreiben Studienrat Wittmann an Berger v. 6.11.1940, in: BArchB, NS 19/1711, pag. S. 166-169; Zusammenfassung der Berichte vom SS-Führungshauptamt betr. Einsatz von Rednern für die RAD-Aktion [Anfang 1943], in: BArchB, NS 19/3871, pag. S. 13.

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312

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

nalsozialismus oder Deutschland thematisiert.358 Auch hier ist der ideologische Hintergrund sicher nicht immer zu erkennen gewesen. Ähnliches war auch bei anderen an sich im Wertekanon der SS äußerst wichtigen Themen zu beobachten. So wurden die SS-Männer allgemein und sogar im SK unerwartet selten explizit als politische Soldaten bezeichnet. Gleiches galt in dieser Kategorie für die Verweise auf die Rolle der SS in der »Kampfzeit«, obwohl sie, neben den unten noch behandelten eigenen Erfolgen und den Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs, als die dritte Traditionslinie der SS angesehen werden kann.359 Selbst Beiträge mit Aussagen bezüglich eines weltanschaulichen Unterricht für die SS-Männer wie auch über die offizielle Aufgabe der SS, dem Schutz des Reiches nach Innen, tauchten nur sporadisch auf.360 Letzteres korrespondiert aber mit der hier festgestellten, nur geringfügigen Bedeutung der Polizeitruppen in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS.361 Obwohl auf den ersten Blick in allen Zeitungen recht häufig Beiträge Aussagen zu den vorgeblichen besonderen rassischen »Qualitäten« der SS-Angehörigen enthielten, ist dennoch auch hier anzunehmen, dass dadurch nur selten der Status des Schwarzen Ordens als vorbildliche »Lehrer und Künder« der NS-Weltanschauung untermauert worden ist. So wurden, obwohl die besondere »Rassenreinheit« ihrer Angehörigen die Basis für den elitären Anspruch der SS bildete,362 allgemein kaum auf diese »Qualität« der SS-Männer eingegangen, ebenso wie damit verknüpfte Einrichtungen oder Maßnahmen, wie etwa der »Heiratsbefehl«, selbst im SK fast gar nicht erwähnt wurden.363 Dass die »Blut und Boden«-Ideologie, die dem RFSS Himmler so wichtig gewesen war,364 in den hier untersuchten Zeitungen kaum je eine Rolle spielte, war hingegen zu erwarten. Schließlich hatte Goebbels eine solche Propaganda im Krieg als unangebracht erklärt, da sie die feindliche Meinungsmache unnötig mit Argumenten versorgen würde.365 Den häufigsten positiven Bezug zur »Rasse« stellten vielmehr in dieser Kategorie Aussagen zu den vermeintlich blutbedingten Gemeinsamkeiten mit den »germanischen« Völkern West- und Nordeuropas dar. Die hier schon festgestellte, relativ hohe Bedeutung der »Germanen« in der Berichterstattung aller Zeitungen über die SS366 hatte somit auch eine Entsprechung auf der Ebene der Inhalte. Dies passt aber gut zu der von der SS selbstgewählten Rolle als Vorreiter der »germanischen« Idee.367 Ebenso ist es auf die übergeordneten Interessen der NS-Führung rückführbar, dass Beiträge mit Bezügen zu den kultischen Elementen der SS-Ideologie bzw. zu den beim Schwarzen Orden durchgeführte Riten abseits des SK in den hier un358 359 360 361 362 363 364 365 366 367

Vgl. Anhang 22. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 65 f. Vgl. Anhang 23. Vgl. Tabelle 12. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl., auch für das folgende, Anhang 25. Vgl. Ackermann, Himmler, S. 195-203. Vgl. Boelcke, Krieg, S. 338 (15.2.1943). Vgl. Tabelle 15. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 297-300.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

313

tersuchten Zeitungen quasi nicht zu finden waren.368 Schließlich hätte ein offensives Eintreten für eine »Gottgläubigkeit« oder eine intensive Berichterstattung über rituelle Feierstunden der SS-Einheiten das antikirchliche Element der SSIdeologie deutlich betont. Genau dies hatte Hitler in Kriegszeiten aber abgelehnt, weil er negative Auswirkungen auf den Zusammenhalt der inneren Front befürchtete.369 Ebenso hatte der »Führer« bereits vor dem Krieg Versuche einer Wiederbelebung des vorgeblich »germanischen« kulturellen Erbes im Rahmen der SS eine Absage erteilt.370 Damit deutet alles darauf hin, dass die Ideale der SS-Ideologie in der NS-Propaganda um den Kriegseinsatz der SS vornehmlich indirekt vermittelt wurden. Anstatt die SS-Männer an der Front also direkt als politische Soldaten zu bezeichnen, auf ihr Motto »Meine Ehre heißt Treue« oder ihre rassischen »Qualitäten« zu verweisen, standen ihre aus den weltanschaulichen Leitsätzen der SS vorgeblich resultierenden, kämpferischen Eigenschaften im Gefecht im Mittelpunkt der Berichterstattung zumindest der hier untersuchten Zeitungen. Grob und überspitzt zusammengefasst wurden die SS-Männer an der Front damit als aufopferungsvolle Kämpfer beschrieben, die, vom Glauben an den »Endsieg« erfüllt und oftmals gemeinsam mit ihren »germanischen« Kameraden widrigsten äußeren Umständen trotzend die deutschen Feinde massenweise vernichteten, wobei sie auch ihr eigenes Leben vielfach nicht schonten. Diese Art der Darstellung passt zu den bislang verfügbaren Erkenntnissen der Wissenschaft über den Inhalt der SS-Propaganda. So war ja nach Leleu eine Grundlage des großen Abdruckerfolges der SS-PK zumindest in der Zeit des »Totalen Krieges«, dass sie die Härten der Gefechte besonders realistisch und ungeschminkt darstellten.371 Genauso passt diese Art der Darstellung aber auch zu den Geschichten von einer besonderen Standhaftigkeit und Opferbreitschaft der SS-Divisionen, für die sich der RFSS Himmler nicht nur privat begeistert haben soll,372 sondern die er wie auch die SS-Generäle in ihren Reden immer wieder verbreitet haben.373 Wie bei diesen Reden liegt auch hier das Ziel auf der Hand: Durch die Herausstellung der aus ihrer ideologischen Prägung resultierenden kämpferischen Leistungen sollte die Waffen-SS als bessere und zeitgemäße Alternative zum Heer erscheinen.374 Dass die besondere ideologische Prägung der SSMänner vor allem anhand ihres Verhaltens im Gefecht dem Leser vor Auge geführt wurde, lag daneben aber sicherlich auch an dem Gegenstand der hier untersuchten Berichterstattung. Hier mussten naturgemäß Gefechtsdarstellungen eine wichtige Rolle spielen, während sich Gelegenheiten für Reflektionen über die ideologische Sonderrolle der Waffen-SS wohl weit seltener ergaben. 368 369

370 371 372

373 374

Vgl. Anhang 24. Vgl. Steinert, Krieg, S. 96 f, 300. Die extravaganten Riten der SS-Feiern hatten tatsächlich bereits in katholischen Gebieten des Reiches Unverständnis und Widerspruch hervorgerufen, vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 197. Vgl. Longerich, Himmler, S. 303. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 669-671. Vgl. Kersten, S. 298-302. Allerdings ist Kersten, wie hier schon angesprochen, nicht als eine authentische Quelle anzusehen, vgl. Longerich, Himmler, S. 394, 971. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 648-654. Vgl. ebd., S. 648.

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314

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Die starke Betonung von Härte, Treue und Kameradschaft in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS war zudem unverkennbar ideal, um von der WaffenSS das Bild einer militärischen Elitetruppe zu entwerfen, einen Status, den die SS ohnehin immer für ihren bewaffneten Arm angestrebt hat. Unverzichtbar war dafür aber, dass der Fronteinsatz der SS auch abseits der weltanschaulichen Aspekte mit Aussagen beschrieben wurde, die auf ein professionelles und effektives militärisches Agieren der SS-Truppen schließen ließen. Beschreibungen des militärischen Einsatzes der SS

In dieser Dimension wurden an erster Stelle Aussagen erfasst, welche den Einsatz der Waffen-SS als entscheidend für das Gelingen der jeweils geschilderten militärischen Operation beschrieben. Dabei konnte hier auch codiert werden, ob sich die Aussagen auf einen Angriff der SS-Verbände oder auf einen ihrer sogenannten »Abwehrerfolg« bezogen. Möglich war hier zudem auch, Aussagen zu erfassen, nach denen die SS die Nachhut eines deutschen Rückzuges gebildet hätte. Der Eindruck einer militärischen Professionalität der SS-Truppen entstand sicher auch, wenn ihr jeweiliger Einsatzort in den Berichten ausdrücklich genannt wurde. Schließlich unterlagen genaue Details zum Ort der beschriebenen Handlung normalerweise der Zensur,375 wurden sie dennoch bekanntgegeben, musste dies als Kennzeichen außergewöhnlicher Taten wahrgenommen werden. Dabei konnten hier nicht nur solche ausdrücklichen Nennungen eines Einsatzortes codiert werden. Um nachvollziehen zu können, wie groß der Propagandawirbel um einige der heute noch bekannten »Großtaten« der Waffen-SS schon zeitgenössisch war, bildeten die Bekanntgabe der Orte dieser Erfolge, also etwa Arras, Charkow oder Tscherkassy, hier eigene Unterkategorien.376 Dazu sind aufgrund des Anspruches der SS, in allen gesellschaftlichen Bereichen eine Elite darzustellen, in dieser Dimension auch Verweise auf einen solchen Status der Waffen-SS erfasst worden. Neben einer expliziten Bezeichnung der SS-Truppen als einer militärischen Elite bildeten hier auch implizite Verweise darauf eigene Kategorien. Damit sind Aussagen gemeint, die ein Lob durch WMAngehörige bedeuteten, die Sicht des Auslandes auf die Waffen-SS darlegten wie auch solche, die eine besondere Erfahrung der SS-Männer im Gefecht nahelegten. Eine Darstellung als Elite wurde zudem angenommen, wenn laut den Berichten die SS-Verbände ausdrücklich zum Einsatz in den vordersten Linien bestimmt gewesen waren. Weiter ist anzunehmen, dass auch Beschreibungen eines Kampfes gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner geeignet waren, den Eindruck einer besonderen militärischen Leistungsfähigkeit der Waffen-SS zu erzeugen. Die Schilderung eines Erfolges alleine genügte dafür nicht, kann doch ohne weiteres davon ausge375 376

Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Dabei war auch ein Kriterium, mit diesen möglichst den gesamten Krieg abzudecken. Codiert werden konnten: die Schlacht von Arras 1940, die Kesselschlacht von Demjansk 1942, die Wiedereroberung von Charkow 1943, das Unternehmen »Zitadelle« 1943, die Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso 1943, der Kessel von Tscherkassy 1944, die Invasion in der Normandie 1944 und die Ardennen-Offensive 1944/45.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

315

gangen werden, dass in der Darstellung der NS-Kriegspropaganda die deutschen Truppen grundsätzlich siegreich waren. Unterkategorien bildeten hier Aussagen über Einsätze gegen einen personell oder materiell überlegenen Gegner, über Nahkämpfe, über Gefechte mit nur geringer eigener Truppenstärke und über Einsätze gegen feindliche Elitetruppen. Da sie traditionelle Zeichen eines erfolgreichen militärischen Einsatzes darstellen, wurden in einer weiteren Kategorie auch Aussagen erfasst, nach denen die SS-Truppen Gefangene gemacht oder feindliches Material erbeutet hätten. Eine eigene Kategorie bildeten daneben Aussagen zu sog. »Heldentaten des Alltags«. Darunter sind Beschreibungen von Einsätzen in Kriegszeiten zu verstehen, welche SS-Männer zwar als militärisch professionell agierend charakterisierten, aber keinen oder nur einen geringen Bezug zu den Ereignissen an der Front hatten.377 Eine weitere Kategorie bildeten Aussagen über eine eigene Tradition der Waffen-SS, also ein ausdrücklicher Verweis auf deren zurückliegende Waffentaten in den Berichten. Schließlich erfüllten diese gleich zwei Zwecke: Zum einen entstand auch auf diese Weise unzweifelhaft der Eindruck von den SS-Verbänden als einer militärisch erfolgreichen Truppe. Zum anderen ließe eine solche Betonung einer eigenen Tradition auf ein Bemühen schließen, die Waffen-SS vom Heer abzugrenzen.378 Codiert werden konnte hier neben Verweisen auf die eigenen militärischen Erfolge der SS-Truppen auch ein Bezug auf deren militärische Vorbilder bzw. auf die Traditionslinien der SS, also die Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges wie auch die Freikorpskämpfer, als deren zeitgemäße Verkörperung sich die politischen Soldaten der SS schließlich sahen.379 Dennoch steht zu erwarten, dass auch die Zusammenarbeit von Wehrmacht und Waffen-SS an der Front in den Beiträgen der hier untersuchten Zeitungen thematisiert worden ist. Schließlich ist vorauszusetzen, dass in der Propaganda des Dritten Reiches keinesfalls der Eindruck entstehen durfte, es gäbe zwischen den verschiedenen Streitkräften ein Konkurrenzdenken. Zudem konnte ja bereits nachgewiesen werden, dass Einheiten von Heer und Luftwaffe in der Berichterstattung über die SS an der Front immer wieder eine Rolle gespielt haben.380 Zudem sind Verweise auf eine solche Zusammenarbeit unzweifelhaft als Ausweis eines professionellen Handelns an der Front anzusehen. Interessant ist hier aber auch, in welchem Verhältnis diese Art Aussagen zu denen über eine eigene Tradition der Waffen-SS in den Beiträgen der jeweiligen Zeitungen und Berichtsformen auftauchten. Denn aus diesem Verhältnis könnte geschlossen werden, ob und wo die Konkurrenzsituation von Wehrmacht und Waffen-SS gleichsam »zwischen den Zeilen« sichtbar geworden ist. Dabei wurde angenommen, dass ein überaus häufiges Auftreten von Beiträgen mit Aussagen 377

378 379 380

Aus den Inhaltsangaben von fünf in dem Lektorat der SS-PK bearbeiteten Artikeln ging hervor, dass zumindest die SS-Kriegsberichter auch solche Begebenheiten in ihren Artikeln beschrieben haben, vgl. »Ein Lausejunge«; »Der Stahlhelm«; »Ein kleiner weißer Spitz«; »Drei Feldpostsäcke«; »Brandbomben im Kuhstall«, alle in: BA-MA, RS 4/1159. Vgl. dazu Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 65 f. Vgl. Anhang 5.

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316

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

über eine eigene militärische Tradition der SS bei einem gleichzeitig eher seltenen Auftreten von solchen mit Aussagen über eine Zusammenarbeit von SS und Wehrmacht darauf hinweist, dass in einer Zeitung oder Berichtsform Wehrmacht und Waffen-SS als vornehmlich unabhängig voneinander operierend dargestellt wurden, während der umgekehrte Fall bedeuten würde, dass in einer Zeitung die Waffen-SS eher als eine weitere Untergliederung der Wehrmacht erschien. Im Kontext einer Kriegsberichterstattung außergewöhnlich, aber angesichts der von der Frontpropaganda zu erfüllenden Aufgaben zu erwarten, war aber auch das Auftreten von Aussagen, die sich zwar auch auf den Kriegseinsatz der SS, aber nicht auf deren Gefechte bezogen. Erfasst wurden hier Aussagen über den Alltag der Soldaten an der Front mit einem speziellen Augenmerk auf Anekdoten, aber auch solche über die Schauplätze der Kämpfe, also über die die Front umgebenden Länder und Völker.381 So etwas charakterisierte zwar auf den ersten Blick kein professionelles militärisches Handeln, dennoch wurden auch durch solche, eher ruhig zu nennende, Erzählelemente unzweifelhaft wichtige Anliegen der Propaganda erfüllt. Schließlich dürften gerade sie den Eindruck verstärkt haben, dass die Berichte eine realistische Darstellung des Kriegsgeschehens liefern würden. Denn durch sie konnte man in der Heimat einen Eindruck vom Alltag der Soldaten abseits der Schlachten erhalten. Damit dienten sie ebenso der hier schon erläuterten Aufgabe insbesondere der PK-Berichterstattung, als »Mittler zwischen Front und Heimat« die Kriegsmoral des deutschen Volkes aufrecht zu erhalten.382 Sollten solche Aussagen auch in einer größeren Zahl an SS-PK-Berichten festzustellen sein, wäre dies ein Zeichen, dass das in den damaligen Zeitungen zu findende Bild vom Kriegseinsatz der SS-Männer auch eher alltägliche Elemente aufwies. In diesem Fall wären sie zeitgenössisch zumindest nicht ausschließlich als »Nur-Kämpfer« dargestellt, sondern vielmehr auch als normale »Soldaten wie andere auch« charakterisiert worden. Auch hier wieder aufgegliedert nach Berichtsformen (Tabelle 24a) und Zeitungen (Tabelle 24b), tauchten die Aussagen in folgenden Häufigkeiten zumindest einmal pro Kategorie auf:

381

382

Schon Schröder beschrieb solche Themen als wichtiger Inhalt der von ihm untersuchten Kriegsberichterstattung, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 211. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

317

Tabelle 24a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Militärischer Einsatz der SS« beinhalten, sortiert nach Berichtsform383 Berichts- Entform scheid. Einsatz

Wichtiger Ort

Vorbildl. Unterle- GefanZus. »Helden- Tradition Leben Kampf- gen aber gene arbeit mit taten des an der verhalten kämpfend gemacht WM Alltags« Front

WM-PK- 24 29 34 28 8 63 0 Bericht (22,02 %) (26,61 %) (31,19 %) (25,69 %) (7,34 %) (57,80 %) n = 109

3 5 (2,75 %) (4,59 %)

SS-PK- 300 227 417 331 109 188 8 201 254 Bericht (26,13 %) (19,77 %) (36,32 %) (28,83 %) (9,49 %) (16,38 %) (0,70 %) (17,51 %) (22,13 %) n = 1.148 Kampfbericht n = 312

40 45 82 42 21 58 0 (12,82 %) (14,42 %) (26,28 %) (13,46 %) (6,73 %) (18,59 %)

23 16 (7,37 %) (5,13 %)

Ordens- 168 143 183 135 36 28 0 bericht (31,52 %) (26,83 %) (34,33 %) (25,33 %) (6,75 %) (5,25 %) n = 533

44 2 (8,26 %) (0,38 %)

Situationsbericht n = 727

12 27 69 6 2 43 1 26 24 (1,65 %) (3,71 %) (9,49 %) (0,83 %) (0,28 %) (5,91 %) (0,14 %) (3,58 %) (3,30 %)

Summe 544 471 785 542 176 380 9 297 301 n = 2.829 (19,23 %) (16,65 %) (27,75 %) (19,16 %) (6,22 %) (13,43 %) (0,32 %) (10,50 %) (10,64 %)

Tabelle 24b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Militärischer Einsatz der SS« beinhalten, sortiert nach Zeitungen384 Medium Entscheid. Einsatz

Wichtiger Ort

Vorbildl. Unterle- GefanZus. »Helden- Tradition Leben Kampf- gen aber gene arbeit taten des an der verhalten kämpfend gemacht mit WM Alltags« Front

VB n = 844

121 113 201 131 36 121 5 62 84 (14,34 %) (13,39 %) (23,82 %) (15,52 %) (4,27 %) (14,34 %) (0,59 %) (7,35 %) (9,95 %)

DAZ n = 584

51 60 91 60 13 56 3 22 24 (8,73 %) (10,27 %) (15,58 %) (10,27 %) (2,22 %) (9,59 %) (0,51 %) (3,77 %) (4,11 %)

FZ n = 205

15 14 30 15 6 32 0 (7,32 %) (6,83 %) (14,63 %) (7,32 %) (2,93 %) (15,61 %)

7 8 (3,41 %) (3,90 %)

DR n = 61

10 10 20 13 3 14 0 (16,39 %) (16,39 %) (32,79 %) (21,31 %) (4,92 %) (22,95 %)

2 15 (3,28 %) (24,59 %)

SK 347 274 443 323 118 157 1 204 170 n = 1.135 (30,75 %) (24,14 %) (39,03 %) (28,46 %) (10,40 %) (13,83 %) (0,09 %) (17,97 %) (14,98 %) Summe 544 471 785 542 176 380 9 297 301 n = 2.829 (19,23 %) (16,65 %) (27,75 %) (19,16 %) (6,22 %) (13,43 %) (0,32 %) (10,50 %) (10,64 %)

383 384

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3. Für die Gesamtzahl der Beiträge je Zeitung vgl. Tabelle 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Die den einzelnen Kategorien dieser Dimension der Berichterstattung zuzuordnenden Aussagen tauchten damit in einem jeweils deutlich unterschiedlichen Teil der Beiträge der Zeitungen auf. Insbesondere im SK, aber auch in VB und DR wurde anteilsmäßig weitaus häufiger als in FZ und DAZ ein entscheidender oder vorbildlicher Einsatz der SS-Kampftruppen behauptet, der Ort des Geschehens bekannt gemacht, ein Sieg gegen einen überlegenen Feind herausgestellt wie auch von dem Leben an der Front berichtet. Offensichtlich hing dieser Unterschied in erster Linie mit dem häufigeren Auftreten von SS-PK-Berichten in VB, DR und SK als in FZ und DAZ385 zusammen. Zumindest waren in der Propaganda der SS-PK solche Aussagen in einer besonders großen Zahl an Beiträgen zu finden. Die Hinweise auf die besondere Bedeutung dieser SS-PK-Berichte für die Ausgestaltung des in den damaligen Medien zu findende Image der SS-Truppen setzen sich damit fort. Betrachtet man die Ergebnisse für die einzelnen Kategorien genauer, fällt an erster Stelle auf, in welch einer großen Zahl an Beiträgen ein entscheidender Einsatz der SS-Verbände beschrieben worden ist.386 Das passt aber gut zu der hier ja schon festgestellten, besonderen Berücksichtigung der Kerndivisionen der Waffen-SS in der NS-Propaganda.387 Schließlich waren zumindest einige von ihnen schon im Westfeldzug 1940 wie auch im Balkanfeldzug 1941 als motorisierte Verbände in die Spitze der deutschen Truppen eingruppiert und damit tatsächlich oftmals mit der Aufgabe versehen worden, den nachfolgenden Einheiten den Weg durch die feindlichen Linien zu öffnen. Zudem waren es ja gerade die SS-Panzerdivisionen, welche ab 1943 als Teil der strategischen Reserve des Reiches an den verschiedensten Fronten in der Abwehr bzw. zum Gegenangriff eingesetzt worden sind.388 Nach den hier ermittelten Zahlen zu urteilen wurden gerade diese, an sich ja nur für einen kleinen Teil der Waffen-SS charakteristischen, Einsätze in der NS-Propaganda besonders herausgestellt. Damit war schon zeitgenössisch die Voraussetzung gegeben, dass, wenn nicht die Waffen-SS insgesamt, dann zumindest ihre Kerndivisionen als eine Art »Feuerwehr« der Fronten wahrgenommen worden sind. Ob hingegen die SS-Kampfverbände dadurch als außergewöhnlich erfolgreich erschienen, dass in SK, DR und VB recht häufig ihr Kampf gegen einen an sich überlegenen Gegner thematisiert wurde, ist zu bezweifeln. Schließlich wurde hier vornehmlich ein Einsatz gegen einen numerisch bzw. materiell überlegenen Gegner oder ein Nahkampf beschrieben.389 Gerade Aussagen dieser Art dürften aber sicher vielfach auf die reale Situation an der Front zurückgegangen sein. Schließlich war die WM schon 1941 gegen eine an Panzern, Artillerie und Flugzeugen weitaus besser ausgestatte Rote Armee angetreten und hatte sich schon während der sowjetischen Winteroffensive 1941/42 einem zumeist zahlenmäßig weit überlegenen Gegner erwehren müssen.390 Zudem ist aus anderen Untersuchungen 385 386 387 388 389 390

Vgl. Tabelle 3. Für Details vgl. Anhang 26. Vgl. Tabelle 14. Vgl. Abs. 1.4 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 33. Vgl. Hoffmann, Sowjetunion, S. 75; Wegner, Krieg, S. 778.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

319

bereits bekannt, dass diese Kampfbedingungen auch in den PK-Berichten der Wehrmacht immer wieder thematisiert worden sind.391 Die in den SS-PK-Berichten besonders häufig zu findenden Aussagen dieser Art392 sind somit eher als ein allgemein in den deutschen Medien zu findendes Element der zeitgenössischen Kriegspropaganda anzusehen. Ebenso ist bekannt, dass diesem Vorteil der Alliierten in der deutschen Propaganda die These von der Überlegenheit des deutschen Einzelkämpfers entgegengesetzt worden ist.393 Demonstriert wurde diese Überlegenheit, gerade in den Beiträgen der PK der Wehrmacht, durch zahllose Schilderungen von Kämpfen Mann gegen Mann,394 in der sich der deutsche Soldat immer wieder aufs Neue als der »beste Nahkämpfer der Welt«395 erwiesen haben soll. Obwohl zumindest das SK und der für das Gesamtbild entscheidende VB eine große Zahl an Beiträgen veröffentlichten, in denen der Fronteinsatz der SS mit genau solchen Aussagen beschrieben worden ist,396 ist damit dennoch nicht anzunehmen, dass sich die Darstellung des Kriegseinsatzes der SS deshalb von der der Wehrmacht an der Front unterschieden hat. Gleiches gilt auch für die in einem nicht unerheblichen Teil der Beiträge zu findenden Aussagen über von den SS-Verbänden gemachte Gefangene bzw. erbeutetes Material. Auch von diesen ist vielmehr ohne weiteres anzunehmen, dass solche Erfolgsmeldungen in der Propaganda der Zeit recht häufig als Zeichen für die Bedeutung der jeweils geschilderten Erfolge verwendet worden sind.397 Dennoch, dass solche Aussagen über Gefangenen der SS in der hier untersuchten Berichterstattung überhaupt und gerade in der der SS-PK besonders häufig auftraten, überrascht. Schließlich steht dies an sich im Widerspruch zu der in der SS-Propaganda so oft den SS-Truppen zugeschriebenen, besonderen, ideologisch bedingten Härte im Gefecht, die an sich auch eine ausgeprochene Gnadenlosigkeit gegenüber dem Feind bedeutete hätte. Neben diesen, eher auf die Realitäten an der Front zurückgehenden Aussagen konnten aber auch solche vermehrt festgestellt werden, die als Zeichen für eine außergewöhnliche Kampfkraft der SS-Truppen anzusehen sind. Eindeutig war das der Fall bei den überraschend häufig und dazu in allen Zeitungen festzustellenden Beiträgen, in denen vom Kampf und Sieg der SS gegen feindliche Elitetruppen berichtet wurde.398 Damit bestätigt sich eine Beobachtung von Zeck, wonach 391 392 393 394 395 396 397

398

Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 78, 102, 146. Vgl. Anhang 34. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 670. Vgl. Uziel, Warriors, S. 330 f; Schröder, Kriegsbericht, S. 146. »Zwischen Saar und Pfalz«, in: DAZ 342 v. 27.12.1944, S. 1 f, hier: 1. Vgl. Anhang 33. Zumindest den ersten Monaten des Russlandfeldzuges wurde in der deutschen Propaganda die gewaltige Zahl an gefangenen sowjetischen Soldaten als Zeichen des nahen Sieges groß herausgestellt, vgl. Boelcke, Krieg, S. 192 f (14.10.1941). Bereits im WMB vom 2.7.1941 wurde die Zahl von 160.000 Gefangenen genannt. In dieser Zeit war dies auch immer wieder Thema in PK-Berichten der WM, vgl. etwa: »Vor oberbayerischen Bataillonen gibt es kein Entrinnen«, in: VB 250 v. 7.9.1941, S. 3; »Ein Kessel wird gesäubert« in: DAZ 496 v. 16.10.1941, S. 2; »Handstreich gegen eine Batterie«, in: FZ 566 v. 5.11.1941, S. 2. Vgl. Anhang 33.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Beschreibungen eines Sieges der Waffen-SS gegen einen hartnäckigen und nicht schwachen Feind typisch für die Kriegsberichterstattung zumindest des SK gewesen sein sollen.399 Ebenso weist auch die in allen Zeitungen bemerkenswert große Zahl an Beiträgen mit Aussagen, die der Kategorie »Vorbildliches Kampfverhalten« zuzuordnen waren, darauf hin, dass die Waffen-SS in der NS-Propaganda zu einer militärischen Elitetruppe stilisiert worden ist. An erster Stelle wurde sie überaus häufig ausdrücklich als eine solche bezeichnet.400 Weniger überraschend ist, dass dies in ihrer eigenen Hauszeitung SK in 112 Beiträgen, also im Schnitt in jeder dritten Ausgabe und damit besonders intensiv geschah. Ebenso war zu erwarten, dass gerade die SS-PK die Waffen-SS besonders häufig als eine militärische Elite charakterisiert hat.401 Viel bemerkenswerter ist, dass die SS-Truppen in allen hier untersuchten Zeitungen, also auch in der FZ, immer wieder ausdrücklich in dieser Weise beschrieben worden sind. Eine weitere Messung zeigt, dass Beiträge mit dieser Art Aussagen in allen Zeitungen vor allem ab 1943 zu finden waren.402 Damit scheint die Waffen-SS tatsächlich gerade in dieser Zeit als Vorbild und Hoffnungsträger auf einen doch noch möglichen »Endsieg« präsentiert worden zu sein.403 Darüber hinaus wurde die Waffen-SS aber auch schon ab 1940 in den Zeitungen abseits der FZ ab und an als militärische Elite bezeichnet. Im SK war dies sogar ab 1939 festzustellen. Zwar konnten daneben kaum je Aussagen über eine Anerkennung von Seiten der Wehrmacht, der deutschen Verbündeten oder des Volkes festgestellt werden. Ebenso kann auch die Meinung des feindlichen oder neutralen Auslandes über die SS-Truppen allgemein bestenfalls temporär eine Rolle gespielt haben.404 Andere Attribute einer militärischen Elite waren hingegen in einer auffallend großen Zahl an Beiträgen zu finden. So wurde den SS-Truppen zumindest in den Jahren ab 1943 vielfach eine besondere Erfahrung im Gefecht attestiert.405 Zudem waren Verweise auf eine solche Erfahrung in VB, DAZ und SK bereits 1939/40 vorhanden, obwohl dies in der Anfangsphase des Krieges der offiziellen Begründung für den Kriegseinsatz der SS, also der Notwendigkeit ihrer Bewährung im Felde,406 an sich widersprach. Gleichfalls recht häufig zu finden waren allgemein auch Beiträge mit Aussagen, die auch auf andere Weise ein vorbildliches Kampfverhalten der SS den Lesern vor Augen führte, etwa durch Beschreibungen ihrer vorbildlichen Haltung oder ihrer »schneidigen« Angriffe.

399 400 401 402 403 404 405 406

Vgl. Zeck, Korps, S. 298 f. Vgl., auch für die folgenden Details, Anhang 30. Vgl. Anhang 29. Vgl. Anhang 31. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 30. Vgl. Anhang 32. Schließlich hatte Hitler noch im August 1940, also nach Ende des Westfeldzuges, betont, dass die Verwendung der Waffen-SS an der Front nur erfolge, damit sie nach dem Krieg dem Volk mit der notwendigen Autorität gegenüber stehen könne, vgl. »Äußerungen über die zukünftige Staatstruppenpolizei« vom 6.8.1940, in Auszügen abgedruckt bei Buchheim, vgl. ebd., Herrschaftsinstrument, S. 171 f.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

321

Weiter verstärkt wurde dieser Eindruck eines elitären Status der SS-Truppen sicher durch die in allen Zeitungen schließlich recht zahlreich zu findenden Verweise auf militärische Großtaten der Waffen-SS. Kann doch vorausgesetzt werden, dass Beiträge mit solchen Aussagen meist zeitnah zu dem jeweiligen Ereignis und damit in einem relativ kurzen Zeitraum gehäuft in den Zeitungen vorgekommen sind. Besonders intensiv wurde dabei in den hier untersuchten Zeitungen von der Beteiligung von SS-Verbänden an den Abwehrkämpfen im Kessel von Demjansk 1942, an der Schlacht um Charkow 1943, an der kurz darauf folgende Operation »Zitadelle« bei Bjelgorod wie auch an der Schlacht in der Normandie 1944 berichtet.407 Die in dieser Arbeit schon beschriebenen Medienkampagnen speziell um diese Ereignisse408 haben sich damit in den Ergebnissen der Analyse abgebildet. Daneben steht die allgemein starke Berücksichtigung des Einsatzes der Waffen-SS in der Normandie 1944 aber auch im Einklang mit der militärisch wichtigen Rolle von einigen SS-Verbänden an diesem Schauplatz, mit der hier schon geschilderten intensiven Vorbereitung der SS-PK auf dieses Ereignis,409 aber auch mit der vergleichsweise langen Dauer dieser Kämpfe. Dass hingegen über die Rolle der SS in der Schlacht bei Arras 1940 nur im VB etwas intensiver berichtet worden ist, dürfte mit dem für die deutsche Seite so erfolgreichen Verlauf des Westfeldzuges zusammengehangen haben. Schließlich konnte während diesem in kurzer Zeit über sehr viele deutsche Siege berichtet werden. Deshalb ist anzunehmen, dass in dieser Zeit einzelne Erfolge zwangsläufig nicht in einer Weise wie in den späten Kriegsjahren herausgestellt wurden.410 Überraschend ist jedoch, dass die Beteiligung zahlreicher SS-Verbände an der Ardennenoffensive 1944/45 offensichtlich kaum in den hier untersuchten Zeitungen thematisiert worden ist. Schließlich wurden gerade die SS-Einheiten unter dem Befehl von Sepp Dietrich bei dieser Offensive auch deswegen mit der Hauptlast der Angriffe betraut, damit Dietrich nach dem erhofften »Endsieg« einen Erfolg in den kritischen Stunden des Krieges vorweisen hätte können. Dies wäre ein wichtiges Argument im Rahmen seiner für ihn dann vorgesehenen Präsentation als einer Art Volksmarschall gewesen.411 Neben dem schnell offensichtlich werdenden Mißerfolg dieser Operation, über die zudem anfangs im Reich nicht berichtet werden durfte,412 ist eine naheliegende Erklärung für die wenigen Beiträge zudem der schon erwähnte,413 stark gekürzten Umfang der hier untersuchten Zeitungen in dieser Zeit. Schon allein deshalb dürfte eine intensive Kampagne wie etwa 1943 um die Wiedereinnahme von Charkow nicht mehr möglich gewesen sein. Dem muss und wird in der qualitativen Analyse noch weiter nachgegangen werden. Dass die Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso im September 1943 nur in den Tageszeitungen VB 407 408 409 410

411 412

413

Vgl. Anhang 27. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Vgl. dazu Abs. 3.4.a) dieser Arbeit. Gerade in der Zeit des Westfeldzuges 1940 war die Berichterstattung über die Erfolge von Heer und Luftwaffe besonders intensiv, vgl. Steinert, Krieg, S. 128-132; Schröder, Kriegsbericht, S. 53. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 676. Goebblels fürchtete anfangs, dass eine vorschnelle Berichterstattung über diese Offensive übertriebene Hoffnungen im deutschen Volk wecken könnte, vgl. Uziel, Warriors, S. 331. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit.

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322

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

und DAZ breit gewürdigt worden ist, im SK jedoch fast gar nicht, dürfte darauf zurückgehen, dass dies der einzige der hier berücksichtigten Erfolge der SS gewesen ist, über den kaum SS-PK-Berichte erschienen sind. Viel wichtiger waren in diesem Fall die Kampfberichte, also die sonstige Berichterstattung von der Front.414 Dieses deutliche Desinteresse der SS-Propaganda stellt einen weiteren, deutlichen Hinweis darauf dar, dass bei dieser speziellen Kampagne weniger die SS-Truppen als vielmehr die Person des Otto Skorzeny im Mittelpunkt gestanden hat. Auch darauf wird in der qualitativen Analyse noch einzugehen sein. Zuletzt fällt noch auf, dass in den Tageszeitungen abseits der hier speziell erfassten »Großtaten« der Waffen-SS kaum in dieser Weise, also unter Angabe des genauen Ortes, von ihrer Beteiligung an anderen Schlachten berichtet worden ist. Letzteres war fast ausschließlich dem SK vorbehalten. Somit sind bis heute die Erfolge der Waffen-SS am bekanntesten, über die zumindest in den hier untersuchten Tageszeitungen unter Angabe des Ortes berichtet worden ist. Die Indizien für eine Wirksamkeit der NS-Propaganda über das Kriegsende hinaus setzen sich also fort. Diese zeitgenössisch recht intensiven Kampagnen um die »Großtaten« der SSVerbände, vor allem aber dementsprechende Pläne des RFSS,415 ließen schon vorab erwarten, dass zumindest in der Propaganda der SS-PK auch das Bestehen einer eigenen militärischen Tradition der SS-Truppen behauptet worden ist. Tatsächlich fanden sich fast zwei Drittel der entsprechenden Aussagen in den SS-PKBerichten, ebenso wie nur hier in einem bedeutenden Umfang ein Bezug auf den Ersten Weltkrieg oder noch frühere Zeiten hergestellt worden ist.416 Diese Verweise auf die Traditionslinien der Waffen-SS konzentrierten sich aber weitgehend auf die Berichterstattung von SK und VB417 und das, obwohl gerade das politische Soldatentum der SS die zeitgemäße Verkörperung alter soldatischer Tugenden sein wollte.418 Dennoch haben sich so zumindest in der Berichterstattung des SK und ansatzweise des VB Hinweise auf ein vom Rest der Wehrmacht abgegrenztes, eigenes Profil der Waffen-SS in der Berichterstattung ergeben. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass zumindest in der von der SS selbst erstellten Propaganda eine eigene Tradition an militärischen Erfolgen der SS überaus häufig behauptet wurde, auch ein Zeichen, dass Kampagnen wie etwa die um die Wiedereinnahme von Charkow zeitgenössisch nicht ohne Wirkung geblieben sind. Schließlich machten solche Aussagen nur dann Sinn, wenn diese militärischen Erfolge der SS allgemein bekannt waren. Allerdings wurde nur im SK häufiger auf die eigene Tradition der Waffen-SS verwiesen als in Beiträgen eine Zusammenarbeit der SS mit der WM an der Front zumindest erwähnt wurde. In allen anderen Zeitungen war das Verhältnis umgekehrt. Dieses Ergebnis geht offensichtlich auf die Darstellungsweise in den PKBerichten der WM, der Kampf- und Situationsberichte zurück, wo im Gegensatz zu den SS-PK- wie auch den Ordensberichten kaum je eine eigene Tradition der 414 415 416 417 418

Vgl. Anhang 28. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 36. Vgl. Anhang 35. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 65.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

323

Waffen-SS behauptet wurde.419 Dennoch ist zweifelhaft, ob deshalb in den SS-PKBerichten und Ordensberichten die Konkurrenzsituation von WM und SS gleichsam »zwischen den Zeilen« spürbar geworden ist. Schließlich ist hier die sich vom Rest der Berichterstattung unterscheidende Aufgabe zumindest der PK-Berichte in der deutschen Propaganda mit einzubeziehen. So handelte es sich bei den Kampfwie auch Situationsberichten meist um DNB-Meldungen über aktuelle Ereignisse wie etwa gerade geschlagene Schlachten bzw. offizielle Veranstaltungen im Reich. Wenn hier von einem gemeinsamen Auftreten von Waffen-SS und WM-Verbänden berichtet worden ist, wurde, wie eine hermeneutische Betrachtung des zugrundeliegenden Materials schnell offenbart, wie im WMB420 auch hier die Formel »Verbände von Wehrmacht und Waffen-SS haben…« recht häufig verwendet.421 Die Artikel der den einzelnen WM-Teilen zugeordneten PK wie auch der SS-PK berichteten hingegen naturgemäß primär um die Einsätze von einzelnen Verbänden der jeweiligen Teilstreitkraft. Dass dabei generell nur selten die Zusammenarbeit mit anderen WM-Teilen thematisiert wurde, lässt sich aus der gleichfalls nur geringen Berücksichtigung der Waffen-SS in PK-Berichten der Wehrmacht schließen: Nur in 109 der insgesamt in VB, DAZ, FZ und DR festgestellten 4.624 PK-Berichten der WM-Teile, also gerade einmal in ca. 2,36 Prozent, wurden die SS-Truppen erwähnt.422 Ob an der nur seltenen Behandlung der Zusammenarbeit mit anderen WM-Teilen in den SS-PK-Berichten also tatsächlich das Konkurrenzverhältnis zwischen WM und Waffen-SS gleichsam »zwischen den Zeilen« ablesbar oder dies vielmehr für alle PK-Berichte der Teilstreitkräfte charakteristisch war, kann nur qualitativ weiter erforscht werden. Damit weist insgesamt alles darauf hin, dass die SS im Fronteinsatz in der Darstellung der NS-Propaganda nicht nur Attribute eines neuartigen, durchideologisierten Kriegertums aufwies, sondern hier auch sehr häufig die einer militärisch schlagkräftigen und erfolgreichen, »normalen« Truppe zu finden waren. Darüber hinaus fanden sich auch deutliche Hinweise auf die Darstellung der Waffen-SS als einer schon früh im Krieg erfahrenen, in wichtigen Schlachten erfolgreichen und auch direkt als elitär bezeichneten Truppe. Erwiesen hat sich zudem, dass gerade die SS-PK-Berichte viel zu diesem Bild beigetragen haben. Zuletzt bleibt noch festzustellen, dass auch Aussagen, die sich zwar auf den Fronteinsatz der SS, aber nicht auf Gefechte bezogen, recht häufig in den damaligen Zeitungen auftauchten. Das schloß allerdings nicht die hier so genannten »Heldentaten des Alltags« ein. Obwohl die SS-PK solche Berichte durchaus in ihrem »Angebot« hatte, wurden diese nur selten abgedruckt. Selbst im SK wurden herausragende kämpferische Leistungen der bewaffneten SS also fast ausschließlich im Zusammenhang mit ihrem Fronteinsatz behauptet.423 419 420 421

422 423

Vgl. Anhang 36. Vgl. Murawski, Wehrmachtbericht, S. 99 f. Beispiele wären: »Glänzende Siege im Osten«, in: VB 181 v. 30.6.1941, S. 1; »Höchste Kraftentfaltung für den Sieg«, in: VB 31 v. 31.1.1943, S. 1; »Alte und neue Beutestücke im Zeughaus«, in: DAZ 108 v. 4.3.1942, S. 3; »Der Wille der Nation«, in: FZ 56 v. 31.1.1943, S. 1. Vgl. die Tabellen 3 und 6 bis 9 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Eine der wenigen Ausnahmen war ein im VB veröffentlichter SS-PK-Bericht, in dem ein SSKriegsberichter die letzte Erinnerung an einen gefallenen Soldaten, eine Geige, aus der brennenden Wohnung von dessen Mutter rettet, vgl. »Die Geige«, in: VB 320 v. 16.11.1943, S. 6.

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324

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Der Alltag an der Front und vor allem die fremden Länder und Kulturen, mit denen die SS in Kontakt kam, wurden dagegen in allen Zeitungen thematisiert, wenn auch in einem stark abweichenden Umfang an Berichten.424 Zu finden war diese Art von Aussagen und hier insbesondere die Charakterisierungen fremder Kulturen fast ausschließlich in den SS-PK-Artikeln.425 Wie intensiv in einer Zeitung der Alltag der SS-Männer an der Front und die von ihnen dort vorgefundenden Realitäten beschrieben worden sind, hing somit stark davon ab, in welchem Umfang Berichte der SS-Kriegsberichter veröffentlicht worden sind. Damit erklärt sich das vergleichsweise seltene Auftreten dieser Art von Aussagen in DAZ und FZ. Dennoch sorgten diese Art SS-PK-Berichte dafür, dass in allen hier einbezogenen Zeitungen ein facettenreiches Bild vom Fronteinsatz der SS zu finden war. Sie wurde also insgesamt keineswegs ausschließlich als Organisation ideologisch fanatisierter »Nur-Kämpfer« dargestellt. Vielmehr flossen in das in den damaligen Medien von ihr zu findende Bild in einem recht großen Umfang auch Anekdoten426 wie auch Reflektionen über das Gefühlsleben der Soldaten, Beschreibungen ihrer Unterkünfte und anderer Begebenheiten aus ihrem Frontalltag ein.427 Dies bedeutet jedoch nicht, dass solche Berichte nicht auch der ideologischen Beeinflussung des Publikums dienen sollten. Es sei daran erinnert, dass es ja gerade Vorgabe für jeden SS-Kriegsberichter war, in seiner Berichterstattung den Krieg immer in seinen »tieferen politischen Zusammenhängen« nach den Grundsätzen und politischen Richtlinien der SS darzustellen.428 Zumindest bei den hier sogenannten »Reiseberichten« sind solche ideologischen Bezüge sogar vorauszusetzen. Schließlich hatte der Reichsführer SS angeordnet, auf Reisen, gerade auch im Rahmen von Kriegshandlungen, jedes Element der Umgebung, »von der Behausung bis zu den Menschen« als rassekundlichen Anschauungsunterricht zu sehen.429 Dazu ist durch die Forschung der letzten Jahre bereits bekannt, dass in der deutschen Propaganda auch insgesamt insbesondere der östliche Gegner inklusive der dortigen Zivilbevölkerung zumindest zeitweise massiv rassistisch herabgewürdigt wurde.430 Dies galt nachweislich auch für die Berichte der WMPK.431

424 425 426

427

428

429 430 431

Vgl. Anhang 37. Vgl. Anhang 38. Ein Beispiel ist der SS-PK-Artikel »Ofendienst im Bunker«, wo eingehend und recht humorvoll die Konstruktion eines Ofens für den Bunker einer SS-Einheit an der Ostfront geschildert wird. Die Hauptperson taucht hier nur mit seinem Spitznamen »Ferdl« auf, vgl. »Ofendienst im Bunker«, in: VB 10 v. 10.1.1943, S. 3 f. Als Beispiel sei auf den SS-PK-Artikel »Bilder vor dir...« verwiesen, vgl. ebd., in: VB 74 v. 15.3.1943, S. 3 f. Vgl. »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht« [März 1943], in: BA-MA, RS 4/1157. Siehe dazu auch Abs. 3.2.d) dieser Arbeit. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 446 f. Vgl. etwa Wette, Russlandbild, S. 66-68. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 36 f; 79 f; Pohl, Wehrmacht, S. 254 f; Uziel, Warriors, S. 284 f, 289. Als Beispiel sei hier nur auf einen Artikel einer Heeres-PK verwiesen: »Menschen des Ostens«, in: DAZ 224 v. 11.5.1943, S. 1 f.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

325

Gerade weil solche den Gegner diffamierenden Aussagen damit kein Spezifikum der SS-Propaganda darstellten, wurden sie im Rahmen dieser Untersuchung als Teil der inhaltlichen Dimension »Allgemeine Propaganda« erfasst und werden nachfolgend noch analysiert. Zuvor jedoch wird nun der Frage nachgegangen, ob der sich immer deutlicher abzeichnenden Darstellung der SS an der Front als militärisch erfolgreich agierender wie durchideologisierter Truppe in den damaligen Zeitungen auch Aussagen beigeordnet waren, die auf eine besondere Beziehung zur NS-Führung schließen ließen. Darstellung einer besonderen Beziehung zur Reichsführung

Um den Eindruck des Bestehens einer solchen besonderen Beziehung zu erwecken, war es unter den Verhältnissen des Dritten Reiches ohne Zweifel am Wirkungsvollsten, die SS-Truppen in der Propaganda mit Hitler, dem unbestrittenen Zentrum des NS-Staates, zu verknüpfen. Dabei kann schon angesichts des Charakters der SS als untrennbarer Teil der NS-»Bewegung« und noch viel mehr wegen ihres besonderen »Treue«-Verhältnis gerade zum »Führer«432 an sich davon ausgegangen werden, dass in den damaligen Medien eine solche besondere Beziehung des Schwarzen Ordens zu Hitler behauptet worden ist. Auf der anderen Seite ist hier wieder zu bedenken, dass das NS-Regime gerade unter Kriegsverhältnissen bestrebt sein musste, den Eindruck des Bestehens einer Rivalität der SS mit der Wehrmacht zu vermeiden. Dass in den damaligen Zeitungen von einer besonderen Beziehung der Waffen-SS zu Hitler zu lesen war, kann deshalb hier nicht einfach vorausgesetzt werden. Als Zeichen dafür wurden an erster Stelle Aussagen aufgefasst, die eine Aufmerksamkeit Hitlers für den Kriegseinsatz der SS bedeuteten. Dies umfasste im Detail zunächst Verweise auf eine lobende Erwähnung der SS-Truppen in seinen Reden, Tagesbefehlen etc. in den Beiträgen. Dazu kamen Aussagen, die sonstige persönliche Kontakte von SS-Männern zu ihrem »Führer« beschrieben. Infrage kamen hier seine Truppenbesuche, Reden vor SS-Männern etc. Mit Hitler und der NS-Führung wurde die Waffen-SS sicher auch verknüpft, wenn von dem Einsatz des Wachbataillons der »LAH« oder anderer entsprechender SS-Einheiten zu Repräsentationszwecken berichtet wurde. Schließlich wurde so fortlaufend auch an die ursprüngliche Funktion der Schutzstaffel als Leibgarde Hitlers und der NS-Führung433 erinnert. Entsprechende Aussagen konnten deshalb ebenfalls als Teil dieser Dimension codiert werden. In einer eigenen Kategorie erfasst wurden daneben auch Nennungen des speziellen Ehrennamen einer SS-Einheit. Schließlich hatten diese Ehrennamen bis Ende des Krieges primär eine politische Bedeutung und sind gerade bei der Waffen-SS als ein deutlicher Verweis auf deren weiter bestehende Einbindung in den Schwarzen Orden und damit in die NS-Bewegung insgesamt anzusehen.434 Deshalb wurde hier angenommen, dass sie indirekt ebenso das besondere Treueverhältnis der SS zu Hitler unterstrichen. 432 433 434

Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. XI f. Vgl. Abs. 3.1.d) dieser Arbeit.

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326

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Weiter wurde in dieser Dimension erfasst, wenn einzelne SS-Soldaten in den Beiträgen namentlich genannt wurden. Schließlich unterlagen auch diese Angaben im Normalfall der militärischen Zensur435 und waren so außergewöhnlich. Zudem ist der Forschung bereits bekannt, dass über einzelne deutsche Soldaten wie etwa den Kapitänleutnant Günther Prien436 oder den Generalfeldmarschall Erwin Rommel437 in den damaligen Medien überaus häufig berichtet worden ist und sie so zeitgenössisch eine recht große Popularität erreicht haben. Dass von offizieller Seite gewünscht wurde, dass auch SS-Männer zu solch volkstümlichen »Helden« wurden, hat sich zumindest im Falle des SS-Generals Sepp Dietrich hier bereits erwiesen.438 Deshalb wurden im Rahmen dieser Untersuchung alle namentlichen Nennungen von SS-Angehörigen erfasst, soweit ein Bezug zum Kriegseinsatz der SS bestand.439 Einige der bis heute bekanntesten von ihnen, was hier neben Dietrich von dem (vorgeblichen) Befreier Mussolinis, Otto Skorzeny, von dem Kommandeur der SS-Division »HJ«, Kurt Meyer alias »Panzermeyer« und dem Kommandeur der SS-Division »TK«, Theodor Eicke angenommen wurde,440 bildeten dabei eigene, speziell codierbare Unterkategorien. Der Eindruck einer Belobigung des Kriegseinsatzes der SS durch die Führung des Reiches entstand sicherlich auch durch Aussagen über die an ihre Angehörigen verliehenen Orden, wobei die Ritterkreuzberichte hier eine eigene, nun inhaltliche Unterkategorie bildeten. Dazu war es schon zeitgenössisch Gang und Gebe, die Bevorzugung der SS-Truppen durch Hitler an der unverhältnismäßig großen Zahl der an sie verliehenen Orden festzumachen.441 Zahlreiche Erwähnungen dieser Orden in den hier untersuchten Zeitungen, gerade auch in Beiträgen abseits der RK-Berichte, wären ein deutliches Zeichen, dass dieser Eindruck durch die damalige Propaganda wenn nicht verursacht, dann doch zumindest verstärkt worden sein könnte. Darüber hinaus ist der Forschung bereits bekannt, dass die Waffen-SS in einer ihre wahre Rolle überbewertenden Häufigkeit im WMB genannt worden ist.442

435 436 437 438 439

440

441 442

Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Vgl. Uziel, Warriors, S.273-275. Vgl. Reuth, Rommel, insbes. S. 468-470. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 675 f. Dabei blieben die Protagonisten der Ordensberichte unberücksichtigt, um die Ergebnisse nicht durch diese 533 Namensnennungen zu verzerren und eine Interpretation der Ergebnisse überhaupt erst zu ermöglichen. Bezüglich der großen Bekanntheit Kurt Meyers im Nachkriegsdeutschland vgl. die zahlreichen Verweise in Meyer, Geweint. Vgl. auch Abs. 5.5 dieser Arbeit. Eicke wurde wegen seiner Rolle als Gründer und Kommandant der SS-Division »TK« aufgenommen, seine Stellung als einer der wichtigsten höheren SS-Führer wird dargelegt in Sydnor, Soldaten; ders., Eicke und erst kürzlich in: Weise, Nils: Eicke. Eine SS-Karriere zwischen Nervenklinik, KZ-System und Waffen-SS. Paderborn 2013. Skorzeny ist als der vermeintliche »Mussolinibefreier« unzweifelhaft einer der bekanntesten SS-Männer, vgl. dazu Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 366; Neitzel, Forschens, S. 412, FN 30. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Im Laufe des Krieges wurden Einheiten oder Angehörige der WaffenSS 244 Mal im WMB genannt, eigene Untersuchung auf der Grundlage der Angaben von Cerff, Waffen-SS, S. 11-93.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

Auch dies war zweifellos gut geeignet, schon zeitgenössisch den Eindruck zu erwecken, sie würde durch das NS-Regime bevorzugt. Zwar konnte hier, wie bei den Reden Hitlers, gleichsam nur der Widerhall dieser Ehrungen in der damaligen Berichterstattung erfasst werden, da der WMB wie auch dessen Erläuterungen und Kommentare in diese Untersuchung nicht mit einbezogen worden ist. Aber auch dies ermöglicht zumindest Rückschlüsse, welche Bedeutung diesen Nennungen im WMB in der damaligen Propaganda beigemessen worden ist. Zumindest die Legitimität einer offiziellen Anerkennung könnte zudem auch gleichsam im Umkehrschluss suggeriert worden sein. Deshalb wurden in dieser Dimension zuletzt auch Aussagen erfasst, nach denen der Kampf der SS bisher keine öffentliche Anerkennung gefunden habe. In welcher Häufigkeit die den einzelnen Kategorien dieser Dimension zuordbaren Aussagen in den Berichtsformen bzw. Zeitungen zumindest einmal pro Beitrag auftauchten, zeigen die nachfolgenden Tabellen (Tabelle 25a und 25b). Tabelle 25a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Besondere Beziehung zur Reichsführung« beinhalten, sortiert nach Berichtsform443 Berichtsform

Aufmerk- Nennung Orden samkeit Name von Hitler

Nennung WMB

WM-PKBericht n = 109

2 (1,83 %)

20 6 (18,35 %) (5,50 %)

4 3 (3,67 %) (2,75 %)

1 3 (0,92 %) (2,75 %)

0

SS-PKBericht n = 1.148

38 (3,31 %)

192 144 56 2 (16,72 %) (12,54 %) (4,88 %) (0,17 %)

39 82 (3,40 %) (7,14 %)

2 (0,17 %)

Kampfbericht n = 312

22 (7,05 %)

75 50 11 6 (24,04 %) (16,03 %) (3,53 %) (1,92 %)

8 42 2 (2,56 %) (13,46 %) (0,64 %)

Ordensbericht n = 533

15 (2,81 %)

297 533 16 2 (55,72 %) (100,00 %) (3,00 %) (0,38 %)

1 23 (1,88 %) (4,32 %)

Repräsentation

Keine Anerkennung

Einzelne sonstiges Herausgestellt

0

7 Situations- 80 103 78 3 145 9 136 bericht (11,00 %) (14,17 %) (10,73 %) (0,41 %) (19,94 %) (1,24 %) (18,71 %) (0,96 %) n = 727 Summe n = 2.829

443

157 (5,55 %)

687 801 90 158 (24,28 %) (28,31 %) (3,18 %) (5,59 %)

58 286 11 (2,05 %) (10,11 %) (0,39 %)

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Tabelle 25b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Besondere Beziehung zur Reichsführung« beinhalten, sortiert nach Zeitungen444 Medium Aufmerk- Nennung Orden samkeit Name von Hitler

Nennung WMB

RepräKeine sentation Anerkennung

Einzelne sonstiges Herausgestellt

VB n = 844

52 (6,16 %)

214 237 21 (25,36 %) (28,08 %) (2,49 %)

60 (7,11 %)

10 (1,18 %)

79 (9,36 %)

2 (0,24 %)

DAZ n = 584

53 (9,08 %)

160 181 5 (27,40 %) (30,99 %) (0,86 %)

54 (9,25 %)

11 (1,88 %)

68 3 (11,64 %) (0,51 %)

FZ n = 205

16 (7,80 %)

44 45 5 (21,46 %) (21,95 %) (2,44 %)

33 1 (16,10 %) (0,49 %)

38 2 (18,54 %) (0,98 %)

DR n = 61

1 (1,64 %)

15 13 1 (24,59 %) (21,31 %) (1,64 %)

4 (6,56 %)

1 (1,64 %)

9 1 (14,75 %) (1,64 %)

SK 35 n = 1.135 (3,08 %)

254 325 58 (21,67 %) (28,63 %) (5,11 %)

7 (0,62 %)

35 (3,08 %)

92 (8,11 %)

Summe 157 n = 2.829 (5,55 %)

687 801 90 (24,28 %) (28,31 %) (3,18 %)

158 (5,59 %)

58 (2,05 %)

286 11 (10,11 %) (0,39 %)

3 (0,26 %)

Von den hier erfassten Aussagen könnten somit am ehesten die über an SS-Angehörige verliehene Orden den Eindruck des Bestehens einer besonderen Beziehung der Reichsführung zur Waffen-SS erweckt haben. Schließlich wurden Träger solcher Ehrenzeichen in insgesamt mehr als jedem viertem Beitrag erwähnt und kamen auch in dem hier entscheidenden VB in einem gewichtigen Teil der Berichterstattung vor. Dieses Ergebnis erklärt sich durch die allgemein recht häufigen Verweise auf Ordensträger der SS auch abseits der Ordensberichte.445 Zwar zeigt ein Blick in das zugrundeliegende Material schnell, dass diese Art von Aussagen insbesondere in den Situationsberichten fast immer nur am Rande auftauchte.446 Dennoch waren diese Verweise auf Ordensträger der SS allein schon wegen der Häufigkeit ihres Auftretens unzweifelhaft gut geeignet, den schon zeitgenössisch vorhandenen Eindruck einer Bevorzugung der Waffen-SS durch die NSFührung zu untermauern.

444 445 446

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Zeitung vgl. Tabelle 1. Vgl. Anhang 41. Ein typisches Beispiel ist eine Meldung über den Tod des SS-Gruppenführers Paul Moder an der Front, der umfassend über Einzelheiten von dessen »Heldentod«, seine Parteikarriere und Verdienste um die »Bewegung« informiert, seine militärischen Auszeichnungen aber nur am Rande anführt, vgl. »SS-Gruppenführer Paul Moder gefallen«, in: VB 45/46 v. 14./15.2.1942, S. 2. Andere Beispiele: »Eichenlaubträger SS-Oberführer Hermann Fegelein«, in: VB 31 v. 31.1.1943, S. 3; »Großspende einer SS-Division«, in: DAZ 130 v. 17.3.1941, S. 6; »SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich«, in: FZ 268 v. 29.5.1942, S. 2; »Der Soldat aus Wallonien«, in: DR 45 v. 5.11.1944, S. 4.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

329

Fast so häufig wie diese Ehrenzeichen wurde in den Beiträgen der spezielle Ehrenname einer SS-Division genannt.447 Damit waren diese auf den ersten Blick tatsächlich außerordentlich wichtig, um die Einheiten der Waffen-SS in der zeitgenössischen Berichterstattung aus der Masse der WM-Verbände herauszuheben.448 Dennoch, schon bei der Untersuchung der in den Artikeln beschriebenen Einheiten hatte sich erwiesen, dass diese Namen abseits der Ordensberichte nur unerwartet selten angeführt worden sind.449 Tatsächlich wurde selbst in den SSPK-Berichten nur in ca. jedem sechsten der Name der beschriebenen Einheit angeführt. Hierbei werden, wie oben schon angemerkt, sicherlich auch die Zwänge der militärischen Zensur eine Rolle gespielt haben. Trotzdem, in den Kampfberichten wurde der Name der jeweils beschriebenen SS-Einheit anteilsmäßig weitaus häufiger genannt. Damit weist auch auf der Ebene der Inhalte alles darauf hin, dass die Journalisten der SS-PK eher ein einheitliches Image der Waffen-SS anstrebten, als dass sie die Erfolge von einzelnen SS-Divisionen heraushoben. Wie nicht anders zu erwarten, wurde die Verwendung der Waffen-SS bei Paraden, als Leibgarde Hitlers oder sonstigen, der Repräsentation dienenden Anlässen hauptsächlich in den, schließlich meist im Reich verorteten,450 Situationsberichten beschrieben. Weil diese Berichtsform nur in den Tageszeitungen einen bedeutenden Teil der insgesamten Berichterstattung ausmachte,451 ist es nur folgerichtig, dass die Waffen-SS nur im VB, der DAZ und vor allem in der FZ recht häufig auf diese Weise als Gardetruppe des Regimes dargestellt worden ist. Dass hingegen in den sonstigen Berichtsformen solche Einsätze der SS fast gar nicht erwähnt wurden, ist wenig überraschend: Nicht nur, weil in den PK-, Kampf- und Ordensberichten der Fokus viel mehr auf den Ereignissen an der Front lag, weswegen anzunehmen ist, dass es hier nur selten Anlässe für Berichte über Paraden oder ähnlichen der Repräsentation dienenden Einsätzen der SS-Verbände gegeben haben dürfte. Darüber hinaus war es wohl kaum im Interesse zumindest der SS-PK, solche Paraden in ihrer Berichterstattung zu erwähnen. So nahestehend die Waffen-SS ihrem »Führer« auf diese Weise auch erschienen haben mag, durch solche Verweise wurde das von der SS-Führung angestrebte Image für die Waffen-SS als einer militärischen Elite in gewisser Weise konterkariert. So ist zumindest bezüglich der »LAH« bekannt, dass deren zahlreiche Paraden ihr vor dem Krieg den Ruf von »Asphaltsoldaten« eingebracht hatte.452 Aussagen, die auf eine besondere Aufmerksamkeit Hitlers für den Kriegseinsatz der SS schließen ließen, werteten hingegen zeitgenössisch die SS-Verbände 447

448 449 450 451 452

Dass hier die Zahl der Aussagen über die jeweiligen Ehrennamen der SS-Divisionen die Zahl der Beiträge übertrifft, die einer speziellen SS-Division gewidmet waren, liegt an einer Reihe von Beiträgen, die zwar den Namen einer oder mehrerer SS-Divisionen beinhalteten, aber vor allem die Waffen-SS insgesamt beschrieben. Ein Beispiel wäre der Artikel »Waffen-SS am Feind«, der zum Jahresende 1942 die Erfolge der Waffen-SS in dem abgelaufenen Kriegsjahr schildert und dabei Beispiele von verschiedenen, namentlich genannten SS-Divisionen aufführt, vgl. »Waffen-SS am Feind«, in SK 53 v. 31.12.1942, S. 6. So auch Leleu, Waffen-SS, S. 664. Vgl. Tabelle 14 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 17. Vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Höhne, Orden, S. 411.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

unzweifelhaft auf. Sie waren aber nur auf den ersten Blick zumindest in den Tageszeitungen recht häufig zu finden. Denn nur selten verwiesen sie auf Erwähnungen der SS-Truppen in den Reden Hitlers,453 und das, obwohl gerade solche öffentlichen Würdigungen in der Nachkriegsliteratur immer wieder als Beweis für den elitären Status der Waffen-SS angeführt worden sind.454 Viel häufiger traten in allen Zeitungen Beiträge mit Aussagen über sonstige Kontakte zwischen Hitler und der Waffen-SS auf. Gerade bezüglich dieser ist aber zweifelhaft, ob sie tatsächlich bei den damaligen Lesern den Eindruck erwecken konnten, die SSTruppen würden von Hitler bevorzugt. Zwar wurde über eine solche Aufmerksamkeit des »Führers« auch in einer Anzahl von SS-PK-Artikeln berichtet und dann durchaus auf »die Anerkennung des Führers für die unwandelbare Treue in den Jahren des Kampfes und für die Opfer [...] des Krieges«455 verwiesen. In mehr als der Hälfte der Fälle aber wurde auf diese Aufmerksamkeit in den Situationsberichten verwiesen.456 Behandelt wurden in solchen Beiträgen aber meist öffentliche Reden des Diktators, die sich unter anderem, aber eben nicht ausschließlich an die Waffen-SS richteten, etwa wenn dieser vor 12.000 Offizieren und Offiziersanwärtern der WM-Teile und eben auch Junkern der Waffen-SS sprach.457 Es ist anzunehmen, dass auf diese Weise eher der Eindruck erweckt wurde, bei der Waffen-SS handele es sich um einen gleichberechtigten, vierten WM-Teil. Als Hintergrund für die dagegen nur geringe Zahl an Verweisen auf eine Erwähnung der SS-Truppen in den Kriegsreden Hitlers insbesondere in den SS-PKBerichten ist anzunehmen, dass die Waffen-SS in diesen kaum je eine Rolle gespielt haben kann. Schließlich konnte hier schon aufgezeigt werden, dass sie bis Ende 1941 in den Reden des Diktators anlässlich des erfolgreichen Abschlusses eines Feldzuges kaum je erwähnt worden ist.458 In der Zeit ab 1943 dagegen, als die Waffen-SS ihre größten Erfolge feierte und der »Führer« an sich nur noch wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Wehrmacht nahm, hatte sich Hitler bereits fast vollkommen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.459 Für diesen Erklärungsansatz spricht, dass insbesondere SS-PK-Berichte mit Verweisen auf die zahlreichen Nennungen von SS-Einheiten und -Angehörigen im WMB im Vergleich dazu weitaus häufiger festgestellt wurden. Diese gleichsam offizielle Anerkennung für Leistungen der SS an der Front wurde also durchaus von den Journalisten der SS-PK als wichtiges Argument im Rahmen ihrer selbst produzierten Propaganda angesehen und zumindest in SK und mit Einschränkungen auch im VB immer wieder angeführt. In der Berichterstattung der anderen Zeitungen spielte sie jedoch, anzunehmenderweise wegen der geringeren Zahl von hier veröffentlichten SS-PK-Berichten, kaum eine Rolle.

453 454 455 456 457

458 459

Vgl. Anhang 39. Vgl. etwa Stein, Geschichte, S. 81 f; Höhne, Orden, S. 428. »Leibstandarte unter neuem Feldzeichen«, in: VB 254 v. 10.9.1940, S. 2. Vgl. Anhang 40. Vgl. etwa »Der Führer sprach zu 12000 Offizieren und Offiziersanwärtern«, in: VB 273 v. 30.9.1942, S. 1. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 148-152.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

331

Relativ häufig wurden hingegen einzelne SS-Männer in den hier untersuchten Zeitungen abseits der sog. »Ordensberichte« erwähnt. Rechnet man deren Gesamtzahl von 533460 zu den 286 erfassten Aussagen dieses Typs hinzu, wurde in mehr als einem Viertel der hier erfassten 2.829 Beiträge der Name eines SS-Soldaten genannt. Dennoch finden sich zumindest quantitativ kaum Anzeichen, dass es um einen einzelnen SS-Soldaten zeitgenössisch einen anhaltenden »Medienhype« gegeben hätte. Selbst Sepp Dietrich wurde, bedenkt man seine Beförderungen in immer höhere Kommandopositionen, seinen persönlichen Umgang mit Hitler und vor allem die erklärte Absicht des »Führers«, ihn als vorbildliche Verkörperung eines NS-Soldaten präsentieren zu lassen,461 abseits der »Ordensberichte« zwischen 1939 und 1944 zwar regelmäßig,462 aber in keiner Zeitung insgesamt mehr als sechzehn Mal erwähnt.463 Intensiver wurde in den hier untersuchten Zeitungen nur über den RFSS Himmler berichtet. Allerdings dürften dessen insgesamt mindestens 74 Erwähnungen im Zusammenhang mit dem Kriegseinsatz der SS464 vornehmlich auf seinen Status als oberster Repräsentant der Waffen-SS und Chef der deutschen Polizei zurückzuführen sein. Denn ein Blick in das zugrunde liegende Material zeigt, dass in solchen Fällen meist über seine Teilnahme an Staatsakten im Reich als Vertreter der Waffen-SS berichtet oder ein Besuch bei Ersatzeinheiten der SS-Verbände thematisiert worden ist.465 Zudem ist auch angesichts seiner Abneigung gegen eine Propaganda um ihn466 nicht zu erwarten, dass gerade er in den NS-Medien übermäßig glorifiziert wurde. Trotzdem, temporäre Kampagnen um einzelne SS-Männer hat es offensichtlich gegeben. So wurde über den SS-General Theodor Eicke wie auch über den SDAngehörigen Otto Skorzeny fast ausschließlich im Jahr 1943 berichtet,467 also genau in der Zeit, als die der Forschung bekannten Medienkampagnen anlässlich des Todes von Eicke468 bzw. der Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso469 stattgefunden haben. Kurt Meyer wurde dagegen unerwartet selten erwähnt. Insbesondere gilt das für das Jahr 1944, also der Zeit, in der er zum Kommandeur470 der ja an sich in der NS-Propaganda besonders berücksichtigten471 SS-Division »HJ« aufgestiegen war. Erwähnt wurde er vielmehr schwerpunktmäßig in den Jahren 1941 und 1943. Was dafür den Anlass gebildet hat, denkbar wären seine Erfolge 460 461 462 463 464

465

466 467 468 469

470 471

Vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 43. Vgl. Anhang 42. Vgl. Anhang 4. Hier muss bedacht werden, dass je Beitrag nur ein der SS zugehöriger Protagonist im Rahmen dieser Untersuchung erfasst worden ist, vgl. die Anweisungen im Codebuch in Anhang 1. Der RFSS könnte somit in einer größeren Zahl an Beiträgen erwähnt worden sein. So etwa in: »Himmler empfing spanische Polizei-Abordnung«, in: VB 244 v. 31.8.1940, S. 2; »Heinrich-Himmler-Kaserne in Krakau«, in: DAZ 518 v. 28.10.1940, S. 4; »Himmler besucht General Dietl« in: DAZ 81 v. 16.2.1941, S. 2. Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 43. Vgl. Merkl, Simon, S. 205. Zu näheren Informationen über die Kampagne um die Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Eberbach, Meyer, S. 362. Vgl. Anhang 4.

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332

4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

als Kommandeur der Aufklärungsabteilung der »LAH« während des Balkanfeldzuges bzw. seine Unternehmungen in Russland und der Ukraine,472 muss erst noch qualitativ untersucht werden. Auffällig ist hingegen schon jetzt, dass Meyer der Einzige der hier erfassten SS-Männer ist, der fast ausschließlich durch die SS-PK und vornehmlich durch das SK bekannt gemacht worden ist.473 Von allen anderen wurde weitaus häufiger in den Tageszeitungen wie auch in den Berichtsformen abseits der SS-Propaganda berichtet. Insbesondere gilt das für Otto Skorzeny, über den nur vier SS-PK-Berichte erschienen und über den nur zweimal im SK berichtet wurde. Die in den allermeisten Fällen bestenfalls temporäre Glorifizierung einzelner SS-Angehöriger wurde dazu weder insgesamt noch in SK oder den SS-PK-Berichten durch Verweise auf den Einsatz der SS ohne eine öffentliche Anerkennung ausgeglichen. Die SS-Tugend »Bescheidenheit« war also offensichtlich nicht der Hintergrund für die auffallende Zurückhaltung der SS-Propaganda bei der Erschaffung ihrer eigenen Helden. Insgesamt lässt sich so an den hier ermittelten Zahlenwerten zumindest keine offensichtliche und anhaltende Bevorzugung der Waffen-SS von offizieller Seite in der NS-Propaganda ablesen. In den hier einbezogenen Zeitungen wurde, durch die vielen Beiträge mit Verweisen auf an SS-Männer verliehene Orden, eher indirekt auf eine besondere Beziehung der Waffen-SS zur NS-Führung verwiesen. Dazu traten zumindest ab und an Verweise auf eine Erwähnung der Waffen-SS im WMB oder in den Reden Hitlers. Dennoch, auch solch ein eher unterschwelliges Lob war im Dritten Reich von Bedeutung. Schließlich hatten sich die Menschen unter den damaligen Bedingungen einer allgegenwärtigen Zensur und Meinungslenkung schnell angewöhnt, aus den geringsten Verschiebungen in der ihr präsentierten Ersatzwirklichkeit Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verhältnisse zu ziehen.474 Inwieweit sich aus einem gemeinsamen Auftreten von solchen Aussagen mit denen, die eine weltanschauliche wie militärische Spitzenstellung der SS nahe legten, das Bild von der Waffen-SS als der Elitetruppe des Dritten Reiches ergab, muss der nachfolgenden qualitativen Analyse überlassen bleiben. Anziehungspunkt Waffen-SS

Zuvor wurden als eine weitere Dimension der Berichterstattung noch Aussagen erfasst, welche abseits von militärischen Leistungen, ideologiegeprägter Darstellung und offizieller Anerkennung noch geeignet waren, die Waffen-SS zeitgenössisch aufzuwerten. Eine erste Kategorie umfasste dabei Aussagen, welche sich direkt oder indirekt auf die Freiwilligenwerbung der SS bezogen. Schließlich ist hier ein Bemühen, die Waffen-SS oder vielmehr den Dienst in ihr attraktiv erscheinen zu lassen, vorauszusetzen.

472

473 474

Zumindest wurde er für die Eroberung des Klissura-Passes mit dem Ritterkreuz und für verschiedene Unternehmungen in der Ukraine und auf der Krim mit dem Eichenlaub ausgezeichnet, vgl. Weingartner, Guard, S. 53; Eberbach, Meyer, S. 362. Vgl., auch für das folgende, die Anhänge 42 und 44. Vgl. Gillessen, Posten, S. 529 f.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

333

In einer ersten Unterkategorie wurden hier Beiträge erfasst, in denen direkt auf Einstellungsuntersuchungen der Waffen-SS verwiesen wurde. Ein Bezug zu der Gewinnung von Nachwuchs wurde weiter angenommen, wenn die Aussagen auf einen Kontakt der SS mit den Hauptzielgruppen ihrer Freiwilligenwerbung, also den jungen Angehörigen von HJ und RAD,475 schließen ließen. Das war etwa der Fall, wenn die HJ, entsprechend der Sichtweise des SS-Ergänzungsamtes, als Nachwuchsorganisation der SS bezeichnet wurde476 oder auch wenn über die Ausbildung von HJ- bzw. RAD-Angehörigen durch SS-Männer in den hier schon erwähnten »Wehrertüchtigungslagern« berichtet wurde.477 Als Freiwilligenwerbung im weitesten Sinne wurden hier zudem Aussagen definiert, nach denen ganz junge, frisch ausgebildete SS-Soldaten bei ihren ersten Einsätzen an der Front, also während ihrer oft so genannten »Feuertaufe«, ein lobenswertes Kampfverhalten gezeigt hätten. Denn es wurde angenommen, dass der Adressat solcher Aussagen insbesondere der potenzielle Nachwuchs der Waffen-SS war. Schließlich wurde auch in den Werbeschriften der Waffen-SS immer wieder behauptet, dass man bei den Frontsoldaten der SS durch entsprechende Leistungen im Einsatz schnell zu einem anerkannten Mitglied dieser »Garde des Führers« werden könne.478 Ebenso bildeten Aussagen, welche die Freiwilligkeit des Beitritts zur Waffen-SS betonten bzw. SS-Angehörige ausdrücklich als »Freiwillige« bezeichneten, hier eine speziell codierbare Unterkategorie. Allerdings ist, trotz der scheinbaren begrifflichen Klarheit, hier der Bezug zu einer Freiwilligenwerbung noch am uneindeutigsten. Schließlich konnte dieser Terminus, gerade wenn er zur Beschreibung der SS genutzt wurde, als einer der Eigenschaften des politischen Soldaten auch eine ideologische Bedeutung haben.479 Ebenso ist denkbar, dass auf diese Weise die Waffen-SS als Elitetruppe gekennzeichnet werden sollte, war doch Freiwilligkeit für weite Teile der damaligen Öffentlichkeit ein plausibles Zeichen für einen solchen Status.480 Zudem könnte über die Freiwilligkeit des Dienstes in der Waffen-SS auch aus anderen Gründen in der NS-Propaganda berichtet worden sein, etwa um dem deutschen Volk zu »beweisen«, dass die ausländischen Angehörigen der SS-Kampfverbände keineswegs zum Kriegsdienst gezwungen worden seien. Auf der anderen Seite trug selbst in allen diesen Bedeutungen die Betonung der Freiwilligkeit des Dienstes in der Waffen-SS unzweifelhaft dazu bei, das Prestige der SS-Truppen zu erhöhen und sie auf diese Weise für einen potenziellen Nachwuchs attraktiv zu machen. Diese Aussagen als Teil dieser Kategorie zu erfassen bleibt so gerechtfertigt, lediglich bei der Interpretation, gerade im Rahmen der 475 476 477 478

479 480

Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 517. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Dieser Aspekt fand sich immer wieder in der Freiwilligenwerbung der Waffen-SS. So betonte man seitens des SS-Ergänzungsamtes etwa in dem Begleitheft zur Ausstellung »Deutsche Künstler und die SS«, dass sich die Reihen der Waffen-SS jedem Jungen öffnen würden, der bereit sei, allen Gefahren und Gegnern nicht nur zu trotzen, sondern sie unerschrocken, kühn und mannhaft zu bewältigen, vgl. »Deutsche Künstler und die SS«, in BArchB, N 756/300b. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Vgl. Rohrkamp, Kämpfer, S. 523.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

qualitativen Analyse, muss diese Mehrdeutigkeit von Freiwilligkeit im Zusammenhang mit der Waffen-SS berücksichtigt werden. Erfasst wurden in dieser Dimension daneben auch Aussagen zu den Aktivitäten der SS auf kulturellem Gebiet. Damit sind nicht ihre, hier schon erfassten und dazu weitgehend intern zelebrierten, rituellen Feiern gemeint, sondern künstlerische Veranstaltungen der SS für die Öffentlichkeit, zumindest soweit sie einen Bezug zu ihrem Kriegseinsatz aufwiesen. Gerechtfertigt erschien das, weil auch auf diese Weise zumindest die Existenz von bewaffneten SS-Einheiten der damaligen Öffentlichkeit vor Augen geführt wurde. Zu denken sind hier an erster Stelle an die z. T. von der Schutzstaffel selbst organisierten Kunstausstellungen, die überdies ja explizit dazu dienten, die SS-Truppen zu einer militärischen wie ideologischen Elite zu stilisieren.481 Ebenso ließ sich schon vorab die Beteiligung der Musikabteilungen der SS-Divisionen an Rundfunksendungen nachweisen.482 Als prestigesteigernd für die Waffen-SS insgesamt wurden in dieser Kategorie zudem auch Aussagen über sportliche Erfolge von deren Angehörigen bzw. Abordnungen codiert.483 Dies geschah schon alleine wegen des hohen Stellenwertes des Sportes in der Ideenwelt der SS. Da Himmler davon ausging, dass er u. a. den Angriffsgeist der SS-Männer wecken, ihren Willen härten und den Korpsgeist der Truppe fördern würde, war Sport hier ein wichtiger Teil der weltanschaulichen Erziehung484 und ist so auch als eine weitere ihrer kriegsvorbereitenden bzw. -begleitenden Maßnahme zu sehen.485 Vor allem aber ist bekannt, dass der RFSS Erfolge von SS-Männern im Spitzensport nutzte, um das Prestige der Schutzstaffel in der Öffentlichkeit zu erhöhen.486 Welche wichtige Rolle Himmler dem Sport in dieser Hinsicht beimaß, zeigt sich etwa daran, dass die SS im Krieg zahlreiche internationale Sportverbände zu übernehmen versuchte,487 aber auch daran, dass der RFSS eine Spitzenstellung der SS auf diesem Gebiet nicht erst für die Zukunft angestrebt hat,488 sondern vielmehr bereits vor dem Krieg zu verwirklichen suchte. Dafür wurden einige der berühmtesten Sportler der Zeit, wie z. B. Helmut Schön, Max Schmeling oder der Rennfahrer Bernd Rosenmeyer, gedrängt, der SS 481 482

483

484 485 486

487

488

Vgl. Abs. 3.4.c) dieser Arbeit. In den, allerdings nur selten detaillierten, Programmübersichten der zeitgenössischen Rundfunkzeitung »Hier Berlin und alle deutschen Sender« wurden zwischen dem 3.9.1939 und dem 16.2.1941 Radiokonzerte des »Trompeterkorps der 4. SS-Reiterstandarte«, des »Musikkorps der SS-Verfügungstruppe«, des »Musikkorps der SS Leibstandarte ›Adolf Hitler‹« und des »Chor einer Kompanie der Waffen-SS« ermittelt, vgl. Hier Berlin und alle deutschen Sender Nr. 36 v. 3.9.1939, S. 5; Nr. 38 v. 17.9.1939, S. 5; Nr. 16 v. 14.4.1940, S. 13; Nr. 1 v. 29.12.1940, S. 15; Nr. 8 v. 16.2.1941, S. 13. Der Bezug zu kriegerischen Ereignissen war hier zumindest über die Angabe der Zugehörigkeit zur Waffen-SS bei den Protagonisten gegeben. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 169 f. So auch Zeck, vgl. ebd., Korps, S. 291 f. Vgl. Zeck, Korps, S. 170, FN 179. So wurde schon vor dem Krieg im VB ausgeführt, dass sportliche Erfolge der SS der Öffentlichkeit die Überlegenheit der bei ihr (vermeintlich) versammelten rassischen Elite auch im körperlichen Bereich vor Augen führen sollte, vgl. »Sport als politische Aufgabe«, in: VB 189 v. 8.7.1937, in Kopie in: BArchB, SSO/009: d’Alquen, Rolf (4.8.12). Dementsprechende Versuche der SS gab es etwa im Bereich des Fechtens oder im Reitsport, vgl. Teichler, Sportpolitik, S.354 f; 371. Vgl. »Rede des Reichsführers SS bei der Gruppenführerbesprechung in München im Führerheim der SS-Standarte ›Deutschland‹ am 8. November 1938«, in: BArchB, NS 19 /4003, pag. S. 283.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

335

beizutreten.489 Der bekannteste Sportler der SS war jedoch ein »Eigengewächs«. Der berüchtigte Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, war als Leichtathlet, Schwimmer sowie Tennisspieler und insbesondere als Fechter erfolgreich.490 Tatsächlich wurde er in den zeitgenössischen Medien auch ausdrücklich als »Synthese von Sportler und Soldat« bezeichnet, der, als überzeugter Nationalsozialist, auch auf dem Gebiet des Sports den Willen des Führers zur leistungsfähigen und einsatzbereiten Einheit von Geist, Körper und Seele verwirklicht habe.491 Trotzdem, eine besondere Herausstellung der sportlichen Erfolge von SS-Soldaten in der hier untersuchten Berichterstattung ist nicht im Vorhinein anzunehmen, denn dafür dürfte es schlichtweg an Anlässen gefehlt haben. Zum einen fanden internationale Großereignisse auf sportlichem Gebiet im deutschen Machtbereich oder in neutralen Ländern zwischen 1939 und 1945 generell nicht besonders häufig und wenn, dann mit nur geringer Beteiligung von Ausländern statt, ebenso wie der lokale Sportbetrieb unter den Kriegsbedingungen schnell fast vollständig zum Erliegen gekommen war.492 Zum anderen waren die sportlichen Leistungen der Abordnungen der SS so manches Mal wenig geeignet, ihre aus ihrer besonderen »Rassenreinheit« vermeintlich resultierende körperliche Überlegenheit tatsächlich zu veranschaulichen. Als Beispiel mag der Fußball genügen. Hier hatte die SS nach dem Sieg gegen Frankreich 1940 extra einen Straßburger Fußballverein übernommen, ihn in »SS Sportgemeinschaft Straßburg« umbenannt, mit guten Spielern aus ganz Großdeutschland bestückt und auf Weisung Himmlers in der damals höchsten Liga, der Gauliga, angemeldet. Diesem Fußballverein der SS gelang zwar 1942 und 1943 die Qualifikation zur Endrunde der deutschen Meisterschaft, dort verlor er dann aber jeweils im Viertelfinale sangund klanglos.493 Teil dieser Dimension der Berichterstattung waren schließlich auch Aussagen über eine außergewöhnliche Ausrüstung der SS-Divisionen. Schließlich war schon in der Freiwilligenwerbung der SS die Motorisierung einiger SS-Divisionen wie auch ihre Ausstattung mit Panzern das Mittel, um die Modernität der Waffen-SS zu betonen und somit ihr Ansehen zu erhöhen. Welche Bedeutung solchen Aussagen zeitgenössisch beigemessen wurde, zeigt sich etwa daran, dass die Werbeoffiziere der SS gehalten waren, in ihren Vorträgen immer auch die gute technische Ausstattung der SS-Divisionen zu betonen.494 Ebenso hob auch das SS-Ergänzungsamt in ihren Werbeanzeigen immer wieder hervor, dass die SS-Verbände vollmotorisiert seien,495 genauso wie auch in den eben angesprochenen Kunstaus-

489 490 491 492 493

494 495

Vgl. Fischer/Lindner, Stürmer, S. 42 f; Klee/Trede, Rekordjagd, passim. Vgl. Sydnor, Heydrich, S. 216. Vgl. »Dem Gedenken Heydrichs«, in: DAZ 270 v. 6.6.1942, S. 3. Für einen Überblick vgl. Teichler, Sportpolitik, S. 269-372. 1942 lautete das Endergebnis gegen Schalke 04 0:6, 1943 sogar 1:15 gegen 1860 München, vgl. dazu Fischer/Lindner, Stürmer, S. 242 f; Eichler, Lexikon, S. 309. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Als Bsp. vgl. »Freiwillige für die Waffen-SS« in: DAZ 170 v. 9.4.1942, S. 3; »Laufend Aufnahme in die Waffen-SS«, in: VB 6 v. 6.1.1941, S. 6; »Die Leibstandarte ruft«, in: FZ 7 v. 4.1.1942, S. 9.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

stellungen der SS eine Vielzahl an Bildern die Panzer, Sturmgeschütze, Lastwagen etc. der SS-Truppen zum Thema hatte.496 Gewiss, gerade solche Aussagen könnten unzweifelhaft auch anderen Zwecken in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS gedient haben, etwa um auf diese Weise die militärische Elitestellung der SS-Truppen zu unterstreichen. Ebenso ist die vermeintlich bevorzugte Ausstattung der Waffen-SS mit Waffen und Gerät schon zeitgenössisch497 wie auch nach dem Krieg etwa durch Stein und Höhne498 als Zeichen ihrer Bevorzugung durch das NS-Regime interpretiert worden. Gerade diese Uneindeutigkeit war aber ein weiteres Argument, Aussagen über eine außergewöhnliche Ausrüstung der SS hier primär als ein Mittel zur Steigerung ihres Ansehens anzusehen und diese dementsprechend im Rahmen dieser Dimension zu erfassen. Als Zeichen für eine solche außergewöhnliche Ausrüstung wurde an erster Stelle Angaben über der SS zur Verfügung stehende Panzer definiert. Gleiches wurde auch bei Angaben über eine Motorisierung der SS-Verbände angenommen. Schließlich war beides in der Zeit des Zweiten Weltkriegs keineswegs alltäglich.499 Eine eigene Unterkategorie bildeten hier zudem auch Aussagen über bei den SSEinheiten vorhandene Spezialabteilungen wie etwa Pioniere oder zur Aufklärung. Nachfolgend wird zunächst aufgezeigt, wie häufig die den einzelnen Kategorien dieser Dimension zuzurechnenden Aussagen zumindest einmal in den Beiträgen auftauchten. Aufgeschlüsselt ist dieses Ergebnis wieder nach Berichtsformen (Tabelle 26 a) und Zeitungen (Tabelle 26 b). Tabelle 26 a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Anziehungspunkt/Modernität der Waffen-SS« beinhalten, sortiert nach Berichtsform500 Berichtsform

Freiwilligenwerbung Ausrüstung

Kultur/Sport

WM-PK n = 109

11 (10,09 %)

16 (14,68 %)

0 (0,00 %)

SS-PK n = 1148

217 (18,90 %)

307 (26,74 %)

29 (2,53 %)

Kampfberichte n = 312

68 (21,79 %)

47 (15,06 %)

8 (2,56 %)

Ordensberichte n = 533

43 (8,07 %)

104 (19,51 %)

0 (0,00 %)

Situationsberichte n = 727

207 (28,47 %)

35 (4,81 %)

77 (10,59 %)

Summe n = 2.829

546 (19,30 %)

509 (17,99 %)

114 (4,03 %)

496 497 498 499

500

Vgl. Abs. 3.4.c) dieser Arbeit. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 366 f. Vgl. Stein, Geschichte, S. 185 f; Höhne, Orden, S. 437. So waren nur 15 der 152 deutschen Divisionen, die am 22. Juni 1941 zum Angriff auf die Sowjetunion antraten, motorisiert. Nur 19 weitere waren Panzerdivisionen, vgl. Salewski, Deutschland, S. 195. Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

337

Tabelle 26 b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Anziehungspunkt/Modernität der Waffen-SS« beinhalten, sortiert nach Zeitung501 Medium

Freiwilligenwerbung Ausrüstung

Kultur/Sport

VB n = 844

151 (17,89 %)

141 (16,71 %)

41 (4,86 %)

DAZ n = 584

129 (22,09 %)

70 (11,99 %)

39 (6,68 %)

FZ n = 205

42 (20,49 %)

18 (8,78 %)

7 (3,41 %)

DR n = 61

20 (32,79 %)

13 (21,31 %)

0

SK n = 1.135

204 (17,97 %)

267 (23,52 %)

27 (2,38 %)

Summe n = 2.829

546 (19,30 %)

509 (17,99 %)

114 (4,03 %)

Insgesamt gesehen war somit in fast jedem fünften der hier erfassten Beiträge Aussagen zu finden, die sich in der einen oder anderen Weise auf die Freiwilligenwerbung der SS bzw. die Ausrüstung der SS-Einheiten bezogen. Beide Themen stellten damit, zumindest auf den ersten Blick, die erwartet wichtigen Elemente der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS dar. Die Berichterstattung über kulturelle oder sportliche Aktivitäten von entsprechenden Abordnungen bzw. Angehörigen der Waffen-SS war dagegen allgemein nur geringfügig und wird so kaum dazu beigetragen haben, das Image der Waffen-SS in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Bezieht man aber die Ergebnisse für die einzelnen Unterkategorien jeweils in die Analyse mit ein, ergibt sich ein weitaus differenzierteres Bild: So kam in der Kategorie »Freiwilligenwerbung« die eindeutig auf den gewünschten werbenden Effekt verweisende Bekanntgabe von Einstellungsbedingungen und/oder -terminen nur in einer geringen Zahl an Beiträgen vor. Solche Aussagen waren zudem in der weit überwiegenden Mehrheit der Fälle in den Situationsberichten bzw. Tageszeitungen zu finden.502 Ein Blick in das zugrundeliegende Material bestätigt die naheliegende Vermutung, dass es sich hierbei fast ausschließlich um kurze Meldungen handelte, in denen, meist im Lokalteil einer der untersuchten Tageszeitungen, auf anstehende Einstellungsuntersuchungen der Waffen-SS verwiesen worden ist.503 In längeren Artikeln wurde hingegen fast nie so direkt um Nachwuchs geworben: So fand sich diese Art von Aussagen lediglich fünf Mal in SS-PK-Artikeln und nur neunmal in Kampfberichten.504 501 502 503

504

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Zeitung vgl. Tabelle 1 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 45 und 46. Vgl. als Bsp.: »Auch Du zur Waffen-SS!«, in: VB 99 v. 9.4.1942, S. 3; »Aufnahmeuntersuchung für die Waffen-SS«, in: DAZ 287 v. 17.6.1943, S. 4; »Aufnahmeuntersuchung für die Waffen-SS und Schutzpolizei«, in: FZ 124 v. 8.3.1940, S. 8. Vgl. Anhang 45.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Dieses Ergebnis passt allerdings zu den Maximen, nach denen zumindest die SS-PK arbeitete. Wie hier schon ausgeführt, sollte deren Berichterstattung in erster Linie die Taten der SS-Verbände an der Front der Allgemeinheit bekannt machen und nur durch eher unterschwellige Tendenzen und Botschaften in den Beiträgen die Freiwilligenwerbung des SS-Ergänzungsamtes unterstützen.505 Ein direkter Verweis auf Einstellungstermine in ihren Artikeln wäre diesen Absichten unzweifelhaft zuwidergelaufen. Diese Arbeitsweise der SS-PK lässt sich ebenso an den Ergebnissen für die anderen Unterkategorien ablesen: So verzichteten die SS-Kriegsberichter auch fast vollständig darauf, ein besonderes Verhältnis der Waffen-SS zu RAD oder HJ zu behaupten. Solche Aussagen fanden sich vielmehr meist in den von anderen Stellen inner- und außerhalb der SS verfassten Situationsberichten, etwa anlässlich der Berichterstattung über die »Wehrertüchtigungslager«.506 Aber auch hier tauchten sie nicht besonders häufig auf. Im VB etwa wurde nur neunzehn Mal im Laufe des Krieges ein spezielles Verhältnis von HJ und SS behauptet.507 Ein spezielles Verhältnis zwischen Waffen-SS und HJ scheint somit in der hier untersuchten Berichterstattung weitgehend nur während der 1944 stattgefundenen Kampagne um die SS-Division »HJ«508 behauptet worden zu sein. Auch auf andere Weise wurde vergleichsweise selten in der SS-Propaganda eindeutig um Freiwillige geworben. Zusammengenommen waren Aussagen, die etwa besonders gute Aufstiegschancen in der Waffen-SS behaupteten,509 nur in 51 SS-PK-Artikeln aller Zeitungen zu finden.510 Auch in den anderen Berichtsformen tauchten Aussagen dieser Art nur in einer vergleichsweise geringen Zahl an Artikeln auf, weshalb diese anderen Formen von Freiwilligenwerbung in allen Zeitungen eine nur nebensächliche Bedeutung hatten.511 Subtiler auf eine Gewinnung von Freiwilligen zielende Aussagen waren dagegen zumindest in den Beiträgen der SS-PK wesentlich häufiger festzustellen. So wurde fast ausschließlich in der Propaganda der SS behauptet, dass die ganz jungen Rekruten der Waffen-SS ihre »Feuertaufe« an der Front in hervorragender Weise absolviert hätten. Diese Art der Darstellung war hier sogar auffallend intensiv: Ungefähr jeder elfte Beitrag der SS-PK beinhaltete eine solche Aussage.512 Ebenso gingen die Journalisten der SS-PK auch bemerkenswert oft auf die Freiwilligkeit des Fronteinsatzes der SS-Männer ein. Allerdings fanden sich solche Aussagen in den Kampf- und Situationsberichten sogar noch häufiger.513 Schon

505 506 507 508

509

510 511 512 513

Vgl. Abs. 3.1.b) und 3.4 a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 45. Vgl. Anhang 46. Für die intensive Berichterstattung um die SS-Division »HJ« vgl. Anhang 4. Da die Division »HJ« Teil der Waffen-SS war, wurden sie behandelnde Beiträge nicht als Kontakt zur HJ und damit nicht als Freiwilligenwerbung codiert, vgl. die Anweisungen des Codebuches in Anhang 1. Vgl. etwa »SS-Panzergrenadiere gegen zwanzigfache Übermacht«, in: VB 222 v.10.8.1943, S. 3; »Der Weg einer Division«, in: DAZ 91 v. 22.2.1941, S. 3 f. Vgl. Anhang 45. Vgl. Anhang 46. Vgl. Anhang 45. Vgl. Anhang 45.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

339

diese starke Betonung der Freiwilligkeit in dieser allgemeinen Propaganda des NS-Regimes lässt einen Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausländer in der Waffen-SS vermuten. Eine weitere Messung offenbart, dass Aussagen zu Freiwilligkeit tatsächlich mehrheitlich dann in der Beiträgen aller Zeitungen abseits des SK auftauchten, wenn ausländische SS-Angehörige und hier vor allem »Germanen« die Protagonisten gewesen sind.514 Ob so wirklich verdeutlicht wurde, dass diese Ausländer keineswegs zum Kriegsdienst in der Waffen-SS gezwungen worden seien, kann nur qualitativ erforscht werden. Gleiches gilt für die mögliche Verwendung von Freiwilligkeit als Kennzeichen des elitären Charakters der Waffen-SS wie auch als Merkmal des politischen Soldaten in den Beiträgen. Sicher ist jedoch schon jetzt, dass die Freiwilligkeit ihres Fronteinsatzes eines der wichtigsten Merkmale der SS in der NS-Propaganda gewesen ist, was ohne Zweifel gut geeignet war, ihr Prestige zeitgenössisch zu steigern. Eine solche Wirkung kann auch von der guten Ausrüstung der SS an der Front angenommen werden, da sie gleichfalls auffallend stark betont worden ist. Schließlich war dies nicht nur in der Berichterstattung der Hauszeitung der SS, dem SK, der Fall, wo in fast jedem vierten Beitrag Panzer, Motorisierung, Spezialabteilungen oder ähnliches der SS-Einheiten zumindest erwähnt worden sind. Viel wichtiger ist, dass darüber hinaus auch in einem bedeutenden Teil der Beiträge des VB wie auch von DR auf die außergewöhnliche Ausrüstung der SS-Verbände eingegangen worden ist. In DAZ und noch mehr in der FZ war diese hingegen viel seltener ein Thema. Als Hintergrund für diese Unterschiede zwischen den Zeitungen ist wieder die stark abweichende Zahl an dort jeweils veröffentlichten SS-PK-Artikeln wahrscheinlich. Schließlich wurde gerade in diesen, die ja in den ersten drei genannten Zeitungen besonders häufig zu finden waren,515 anteils- wie mengenmäßig weitaus häufiger auf alle Aspekte einer hervorragenden Bewaffnung der SS-Divisionen eingegangen als in den gleichfalls von der Front berichtenden PK-Berichten der WM wie auch den Kampfberichten. Neben Panzern, die in ca. jedem neuntem Beitrag der SS-PK zumindest erwähnt worden sind, fanden sich in ca. jedem zehnten SS-Kriegsbericht Aussagen über die Motorisierung von SS-Einheiten und in ca. jedem elften Angaben über die bei der Waffen-SS vorhandene Spezialabteilungen wie etwa Pioniere.516 Aussagen über den Einsatz von Panzern bei der SS waren aber auch abseits der vom Schwarzen Orden selbst produzierten Propaganda in allen Berichtsformen recht häufig zu finden.517 Dass über sie dennoch kaum je in der FZ, wohl aber in der DAZ etwas zu lesen war,518 lässt sich unschwer auf die Schließung der FZ Ende August 1943 zurückführen. Denn der Schwerpunkt dieser Art Berichterstattung lag allgemein in den Jahren ab 1943,519 also in einer Zeit, als schlussendlich sieben

514 515 516 517 518 519

Vgl. Anhang 47. Vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 49. Vgl. Anhang 49. Vgl. Anhang 48. Vgl. Anhang 51.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

SS-Panzerdivisionen im Einsatz waren520 und die recht intensiven Kampagnen um die Wiedereinnahme von Charkow im März 1943, um die Beteiligung von SSPanzerdivisionen an der Operation »Zitadelle« im Juli des gleichen Jahres wie auch um die (versuchte) Abwehr der Invasion in der Normandie 1944 stattfanden.521 Die weitgehende Konzentration dieser Art von Berichterstattung auf die letzten Kriegsjahre bedeutet aber auch, dass über den Einsatz von Panzern durch die SS in diesem Zeitraum allgemein überaus häufig zu lesen war. So wurden etwa im Jahr 1943 im VB in 35 von den 241522 in diesem Jahr veröffentlichten Beiträgen über die SS im Kriegseinsatz, also in ca. jedem siebenten, auch deren Panzer zumindest erwähnt. Im Jahr 1944 war das hier sogar in 43 von 232 Beiträgen und damit in ca. 18,5 Prozent der Fall. Ähnliches ist auch bei den anderen Zeitungen festzustellen.523 Darüber hinaus wird gerade an dem Auftauchen von Aussagen zu Panzern in der Berichterstattung über die Waffen-SS sichtbar, dass dem nicht nur der tatsächliche Ausrüstungsstand einiger SS-Divisionen zugrunde lag, sondern darüber hinaus so auch das Prestige der Waffen-SS erhöht werden sollte. Denn erste Verweise auf das Vorhandensein von Panzern bei den SS-Verbänden tauchten in SK, VB und DAZ schon ab 1939 auf,524 zu einer Zeit also, als in der Waffen-SS lediglich die »LAH« über einige leicht gepanzerte Radfahrzeuge verfügte.525 Ein Blick in das zugrundeliegende Material zeigt zwar, dass sich das anfangs auf diese Panzerspähfahrzeuge der »LAH« bezog526 bzw. ein SS-Mann glorifiziert wurde, der als Panzerführer beim Heer eingesetzt war.527 Aber schon in der Zeit des Westfeldzuges 1940 wurde in SS-PK-Berichten mehrfach der Eindruck erweckt, die Waffen-SS verfüge bereits über Kampfpanzer,528 was sich dann auch 1941 in der Berichterstattung über die Taten der SS im Balkan- wie auch im Russlandfeldzug 520

521 522 523

524 525

526

527 528

Die SS-Divisionen »LAH«, »TK«, »DR« und »Wiking« erhielten zwar schon Anfang bzw. Mitte 1942 Panzereinheiten, erstgenannte drei Divisionen wurden aber im Laufe des Jahres 1942 monatelang im Westen aufgefrischt und griffen erst 1943 wieder in die Kämpfe ein, vgl. Stein, Geschichte, S. 181. Im Laufe des Jahres 1943 wurden noch die SS-Divisionen »Hitlerjugend«, »Hohenstaufen« und »Frundsberg« mit Panzereinheiten ausgerüstet und alle diese sieben Verbände im Oktober 1943 in SS-Panzerdivisionen umbenannt, vgl. Stein, Geschichte, S. 187. Vgl. Anhang 27. Vgl. Tabelle 4 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. In der DAZ waren es 1943 16 von 159 Beiträgen, also in ca. 10 Prozent, 1944 22 von 148 Beiträgen was ca. 15 Prozent sind. In DR beschrieben 1943 2 von 13 Beiträgen, gleich ca. 15 Prozent, 1944 4 von 19 Beiträgen, also 21 Prozent Panzer der SS. Im SK waren es 1943 38 von 187, also in ca. 20 Prozent, 1944 in 35 von 222 Beiträgen, also in ca. 15 Prozent. Sogar in der FZ war bis August 1943 in 8 von 76 Beiträgen und damit in ca. 10 Prozent von Panzern der SS zu lesen. Vgl. für die zugrundeliegenden Zahlenwerte Tabelle 4 und Anhang 51. Vgl. Anhang 51. Zumindest verfügte die »LAH« bereits vor dem Krieg über einen Panzerspähzug, der mit leicht gepanzerten Radfahrzeugen ausgestattet war, vgl. Westemeier, Krieger, S. 137. Vgl. »Die SS-Leibstandarte in Prag«, in: DAZ 475 v. 5.10.1939, S. 2; »Prag grüsst die siegreiche Standarte des Führers«, in SK 41 v. 12.10.1939, S. 3. Vgl. »SS-Mann Reinhold Siemes«, in: SK 9 v. 29.2.1940, S. 5. Vgl. etwa »Kampf um ein Dorf«, in: SK 24 v. 13.6.1940, S. 10; »2000 Meter ums Leben gerobbt«, in: SK 40 v. 3.10.1940, S. 10; »Hinter der anderen Front«, in: FZ 306 v. 18.6.1940, S. 2; »Hinter der Loire«, in: VB 177 v. 25.6.1940, S. 6.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

341

fortsetzte.529 Als dann ab Anfang 1942 zunächst die beiden SS-Divisionen »LAH« und »DR«, später dann auch »TK« und »Wiking« mit Panzerabteilungen versehen wurden,530 wurde dies fast unmittelbar in den Beiträgen der SS-PK erwähnt.531 Aber auch abseits der Panzer wurde zumindest in VB und ansatzweise auch DAZ schon ab 1940 regelmäßig eine außergewöhnliche Ausrüstung der SS-Divisionen behauptet. In der Wochenzeitung SK fand sich eine entsprechende Aussage sogar im Schnitt in jeder ihrer Kriegsausgaben.532 Insbesondere das Ergebnis für den VB zeigt, dass der schon zeitgenössisch vorhandene Eindruck einer bevorzugten Ausstattung der Waffen-SS schon früh im Krieg eine Entsprechung in der Darstellung der NS-Propaganda hatte. Eine Berichterstattung über Aktivitäten der SS-PK im kulturellen Bereich, über Konzerte wie auch über sportliche Leistungen von Angehörigen der Waffen-SS fand dagegen weder insgesamt noch in der Propaganda der SS-PK besonders häufig statt. Insbesondere galt das für das Thema »Sport«, das lediglich in einigen Situationsberichten und in den Tageszeitungen VB und DAZ eine etwas größere Rolle spielte.533 Bei diesen Beiträgen, das zeigt auch hier ein Blick in das zugrundeliegende Material, handelte es sich aber fast ausschließlich um bloße Kurzmeldungen über eher nebensächliche Sportveranstaltungen,534 weshalb nicht anzunehmen ist, dass das Prestige der Waffen-SS davon zeitgenössisch merkbar beeinflusst worden ist. In der Propaganda der SS-PK wurde nur in drei Beiträgen auf herausragende sportliche Leistungen von Angehörigen der Waffen-SS eingegangen oder sie als Merkmal des politischen Soldaten aufgeführt, spielte hier also fast keine Rolle. Die Hintergründe dafür können nur vermutet werden. Am ehesten passt, dass es der Waffen-SS für eine solche Propaganda schlichtweg an berühmten Sportlern in ihren Reihen gemangelt hat. Schließlich wurde die Popularität von Sportlern zeitgenössisch etwa von der WM-PK durchaus für Propagandazwecke eingesetzt. In diesem Zusammenhang das beste Beispiel hierfür ist Max Schmeling, dessen Einsatz als Fallschirmjäger im Rahmen der Eroberung von Kreta im Mai 1941 in allen hier untersuchten Tageszeitungen groß herausgestellt worden ist.535 Von den 529

530 531

532 533 534

535

Vgl. etwa »Auf dem Marsch gegen Moskau«, in: VB 337 v. 3.12.1941, S. 1; »Jeder Widerstand wird gebrochen«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 10; »Es gibt keine Kampfpause«, in: SK 32 v. 7.8.1941, S. 5 f. Vgl. Stein, Geschichte, S. 181. Vgl. etwa »Kaukasischer Krieg – Kampf im Gebirge«, in: VB 242 v. 30.8.1942, S. 4; »Panzer der Waffen-SS«, in: SK 31 v. 30.7.1942, S. 3; »Kampf im Walde«, in: SK 39 v. 24.9.1942, S. 6 f; »›WaffenSS im Bild‹«, in: FZ 534 v. 19.10.1942. Vgl. Anhang 50. Vgl. Anhang 52 und 53. Als Bsp. vgl. »Reitturnier in Warschau« in: VB 160 v. 9.6.1941, S. 5; »Winterwehrkämpfe in Salzburg«, in: VB 82 v. 22.3.1944, S. 6; »Ein SS- und Polizei-Boxabend in Warschau«, in: DAZ 436 v. 11.9.1942, S. 3. In einem dieser Beiträge hieß es etwa einleitend: »Der Name Max Schmeling ist für die ganze Welt zu einem Begriff des wahrheitsliebenden und fairen Sportsmannes geworden«, um ihn dann die vorgeblich feige und verbrecherische Kampfführung der die Insel verteidigenden englischen Soldaten und einheimischen »Heckenschützen« schildern zu lassen, siehe »Fallschirmjäger Max Schmeling«, in VB 152/153 v. 1./2.6.1941, S. 2. Ähnlich auch »Max Schmeling als Fallschirmjäger auf Kreta«, in DAZ 258 v. 30.5.1941, S. 1; »Max Schmeling als Fallschirmspringer«, in FZ 275 v. 31.5.1941, S. 2. Für eine Darstellung der Zeit Schmelings als Fallschirmjäger, seine Rolle in der NS-

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

SS-Männern konnte hingegen, neben Heydrich,536 nur der zeitweilige Kommandeur der SS-Kavalleriedivision Hermann Fegelein auf eine einigermaßen erfolgreiche Karriere als Sportler zurückblicken.537 Seine Erfolge als Springreiter wurden tatsächlich auch in einem SS-PK-Bericht aufgeführt,538 waren aber für eine größere Propagandaaktion offenbar nicht eindrucksvoll genug. Zumindest spielten sie in der Folge in den hier untersuchten Zeitungen keine Rolle mehr. Die Berichterstattung über die Aktivitäten der SS-PK oder sonstiger SS-Einheiten im kulturellen Bereich war zwar jeweils nur wenig intensiver als die über den Sport und beschränkte sich überdies weitestgehend auf VB, DAZ und SK.539 Es ist aber bei der Interpretation mit einzubeziehen, dass die hier erfassten Beiträge nur einen Bruchteil der in den damaligen Zeitungen abgedruckten und im weitesten Sinne künstlerisch zu nennenden Berichterstattung der SS-PK ausmachten. Schließlich konnte in dieser Arbeit bereits aufgezeigt werden, dass die im Rahmen dieser Analyse nicht erfassten Fotos und Gemälde der Fotografen und Frontmaler der SS-PK zumindest zeitweise recht häufig in den damaligen Zeitungen zu finden waren.540 Der Kriegseinsatz der SS wurde somit weitaus intensiver auch mit künstlerischen Mitteln der damaligen Öffentlichkeit nähergebracht, als es nach den hier ermittelten Zahlen den Anschein hat. Sichtbar wird an dem Ergebnis zudem auch, dass Veranstaltungen unter Beteiligung der SS-PK wie etwa ihre Kunstausstellungen zeitgenössisch als zumindest so bedeutsam eingeschätzt worden sind, dass über sie auch in den reichsweit erhältlichen VB und DAZ immer wieder berichtet worden ist.541. Musik- oder sonstige Veranstaltungen unter Beteiligung der Waffen-SS spielten hingegen nur auf den ersten Blick eine größere Rolle in den damaligen Zeitungen. Der wahre Umfang und vor allem die Wirkung dieser Aussagen sind hingegen als nur gering einzuschätzen. Schließlich wurde hier jeglicher Hinweis auf die Teilnahme von Abordnungen bewaffneter SS-Einheiten oder ihrer Angehörigen an dem Bereich der Kultur zuzurechnenden Veranstaltungen erfasst. Ein Blick in das zugrundeliegende Material zeigt schnell, dass diese Teilnahme in den allermeisten Fällen jedoch in nur wenigen Zeilen abgehandelt wurde und auch inhaltlich kaum je über die bloße Erwähnung der entsprechenden SS-Einheit hinausging.542 Insgesamt ist die wichtigste Erkenntnis aus diesem Teil der Analyse, dass zumindest in der Propaganda der SS-PK nur selten direkt um Freiwillige geworben

536

537 538 539 540 541 542

Kriegspropaganda wie auch die intensive Berichterstattung im In- und Ausland über seinen Einsatz im Rahmen der Eroberung von Kreta vgl. Kluge, Schmeling, S. 326-347. Da Heydrich kein Angehöriger der Waffen-SS und ebenso nicht an der Front im Einsatz gewesen ist, wurde die Berichterstattung über ihn nur erfasst, wenn sie im Zusammenhang von militärischen Ereignissen des Zweiten Weltkrieges stand oder sie ausdrücklich durch die SS-PK erfolgte, vgl. diesbezüglich die Anweisungen des Codebuches in Anhang 1. Aus diesem Grund wurden die erwähnten Artikel anlässlich seiner Beerdigung hier nicht erfasst. Vgl. Riess, Fegelein, S. 162. Vgl. »Der Reiter Hermann Fegelein«, in: SK 3 v. 21.1.1943, S. 6 f. Vgl. Anhang 52 und 53. Vgl. Abs. 3.4.b) und c) dieser Arbeit. Für Bsp. vgl. Abs. 3.4.c) dieser Arbeit. Als Bsp. vgl. »Veilchenredoute im Wunschkonzert«, in: DAZ 106 v. 3.3.1941, S. 6; »›Faust‹ vor der Waffen-SS«, in: DAZ 64 v. 6.2.1942, S. 3. Eine der wenigen Ausnahmen: »SS und Polizei stehen jederzeit ihren Mann«, in VB 11 v. 11.1.1940, S. 2.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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worden ist, sondern dieser werbende Effekt vielmehr in der Hauptsache als Konsequenz oder Nebeneffekt aus dem primär angestrebten »Image« der Waffen-SS als ideologischer wie militärischer Elitetruppe des Dritten Reiches entstehen sollte. Denn direkte Verweise auf eine Freiwilligenwerbung fehlten bei ihr weitgehend, während gerade in den Beiträgen der SS-PK die Waffen-SS vielfach als eine exzellent ausgerüstete Truppe dargestellt wurde, in die sich die ganz jungen Soldaten schnell integrieren und unmittelbar an der Front auszeichnen würden. Selbst die ungemein häufig zu findenden Verweise auf den Charakter der WaffenSS als eine Freiwilligenorganisation sprechen nicht gegen diese Interpretation. Vielmehr wurde diese Art der Aussagen von den SS-Kriegsberichtern, aber auch allgemein in der NS-Propaganda allem Anschein nach eher als ein Kennzeichen des elitären Charakters der Waffen-SS und des Idealismus der in ihr versammelten Ausländer verwendet. Deutlich ist zudem auch geworden, dass nur ihr Fronteinsatz der Waffen-SS ein elitäres »Image« geben sollte, kulturelle oder sportliche Aktivitäten der SS in der NS-Propaganda dagegen kaum je eine Rolle spielten. Als eine weitere, letzte Dimension der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS wurden schließlich noch Aussagen erfasst, von denen aufgrund ihres Inhaltes schon vorab angenommen werden konnte, dass das Ausmaß ihrer Verwendung primär von den Anweisungen übergeordneter Stellen des Dritten Reiches abgehangen hat. Themen der NS-Propaganda

Schließlich unterlag sämtliche hier untersuchte Berichterstattung den Weisungen des RMVP wie auch deren politischer Zensur und musste auf Grund dessen im Laufe des Krieges eine Vielzahl an Themenfeldern temporär oder auch permanent besonders berücksichtigen bzw. diese verschweigen. Diese Themen konnten hier natürlich nicht in ihrer Gesamtheit erfasst werden. Vielmehr musste sich auf diejenigen beschränkt werden, von denen vorab angenommen werden konnte, dass das Ausmaß ihres Auftretens für das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit, also das Bild von dem Kriegseinsatz der SS in der NS-Propaganda, von Bedeutung sein würde. Eine weitere Einschränkung betrifft die Aussagekraft der Ergebnisse gerade dieses Teils der Untersuchung. Um hier eine valide Interpretation durchführen zu können, müssten an sich zunächst die von offizieller Seite ergangenen, jeweils einschlägigen Presseanweisungen ausgewertet werden. Nur so könnte bestimmt werden, wann den Medien welches Thema zur Behandlung möglicherweise sogar unter besonderer Berücksichtigung einer Berichtsform wie den PK-Berichten vorgegeben worden ist. Dies würde aber den Rahmen dieser Arbeit unzweifelhaft sprengen.543 Deshalb wurde sich nachfolgend darauf beschränkt, für die Interpretation lediglich die aus der Literatur bekannte Bedeutung und ggf. zeitlichen Schwerpunkte dieser Themen in der NS-Propaganda insgesamt wie auch speziell in der Berichterstattung der WM-PK zu berücksichtigen. 543

Es sei daran erinnert, dass insgesamt im Dritten Reich zwischen 80.000 und 100.000 solcher Presseanweisungen ergangen sind, vgl. Bohrmann, Einführung, S. 24.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Als ein solches für das Gesamtbild von dem Kriegseinsatz der SS wichtiges Thema wurden hier an erster Stelle Diffamierungen insbesondere des Gegners im Osten angesehen. Schließlich wäre ein vermehrtes Auftreten von Beiträgen mit Aussagen dieser Art unzweifelhaft gut geeignet, zu dem Bild von einer ideologisch fanatischen Waffen-SS beizutragen. Als eine solche Diffamierung wurde zunächst die sogenannte »Gräuelpropaganda« aufgefasst. Diese wurde hier als Behauptungen von Verbrechen des Feindes an einer Zivilbevölkerung deutscher Nationalität definiert. Schließlich ist bekannt, dass die Behandlung dieses Themas zu Beginn und vor allem gegen Ende des Krieges allen deutschen Medien vorgegeben war. Dabei sollten Meldungen über polnische Gräuel an Volksdeutschen 1939 helfen, den deutschen Angriff auf Polen zu rechtfertigen,544 während sie ab 1944, als die Rote Armee und die westalliierten Truppen sich den deutschen Grenzen näherten, Furcht erzeugen und so dazu beitragen sollten, die letzten Kräfte im Reich zu mobilisieren. 545 Solche Gräueltaten wurden dabei in der deutschen Propaganda allen deutschen Feinden angelastet und nicht etwa nur den sowjetischen Truppen.546 Um zu ermitteln, ob dies auch für die Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS galt, konnten solche Aussagen deshalb je nach Gegnergruppe separat codiert werden. Die deutsche Presse war aber schon weit vorher, ab Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion im Juni 1941, angewiesen, gerade diesen Gegner fortlaufend zu diffamieren.547 Da überdies, angesichts der Selbstsicht des Schwarzen Ordens als der »antibolschewistischen Kampforganisation«,548 insbesondere in der Berichterstattung über und noch mehr von der SS solche Abwertungen in einem besonderen Maße zu erwarten waren, bildete auch speziell auf den östlichen Feind bezogene Abwertungen hier eine eigene Kategorie. Es war möglich, Aussagen zu codieren, die eine Kulturlosigkeit der sowjetischen Gesellschaft behaupteten, von einer unehrenhaften, barbarischen Kampfführung der Roten Armee berichteten, eine Anti-Kommissar-Propaganda darstellten oder sich auf die vorgeblichen Leiden der sowjetischen Zivilbevölkerung unter Verbrechen der eigenen Führung bzw. unter der rücksichtslosen Kriegsführung der eigenen Truppen bezogen, also die nach der Literatur hier wichtigsten Themen,549 speziell zu codieren. In einer eigenen Kategorie wurden zudem auch Herabwürdigungen der Westalliierten erfasst. Schließlich hat sich hier schon erwiesen, dass dieser Feind zumindest in der Zeit des Westfeldzuges 1940 und insbesondere in der Folge der alliierten Invasion in der Normandie 1944 vielfach als Gegner der SS-Divisionen beschrieben worden ist.550 Da zudem gerade in diesen Zeiträumen großangelegte Diffamierungskampagnen gegen die Westalliierten angeordnet worden sind,551 544 545 546 547 548 549 550 551

Vgl. Steinert, Krieg, S. 93, 102 f; Sündermann, Tagesparolen, S. 23-27, 37. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 89. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 70 f; Uziel, Warriors, S. 334-336; Schröder, Kriegsbericht, S. 150-152. Vgl. Boelcke, Krieg, S. 183 (5.7.1941). So beschrieb Himmler die SS, vgl. ebd., Schutzstaffel, S. 1. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 64-66; Steinert, Krieg, S. 209-211. Vgl. Tabelle 18. Vgl. Uziel, Warriors, S. 265-269; Schröder, Kriegsbericht, S. 152 f. Auch Lieb verweist auf eine solche, im Vorfeld der Invasion 1944 innerhalb der deutschen Verbänden betriebenen Propaganda, die einen Hass auf die alliierten Truppen erzeugen sollte, vgl. Krieg, S. 137-141.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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steht zu erwarten, dass solche Abwertungen auch in den Beiträgen über die SS an der Front zu finden waren und so zu deren »Image« in der damaligen Berichterstattung beigetragen haben könnten. Besonders intensiv soll dabei eine Rücksichtlosigkeit der angolamerikanischen Truppen gegenüber der Bevölkerung der Normandie behauptet worden sein,552 weshalb solche Aussagen in einer speziellen Unterkategorie erfasst werden konnten. Da die Rassentheorie den Kern der NS-Weltanschauung bildete, wurden rassistische Herabwürdigungen der deutschen Gegner in den Beiträgen über die SS an der Front nicht als spezifische Konsequenz der SS-Ideologie, sondern als ein allgemein in der NS-Propaganda zu findendes Thema aufgefasst. Dabei bildeten antisemitische Propagandainhalte hier eine erste Unterkategorie. Schließlich war »der Jude« immer das Feindbild schlechthin in der NS-Ideologie gewesen, der auch im Krieg und in einer Zeit des millionenfachen Mordes in allen Medien des Reiches fortlaufend als eigentlicher Urheber des Krieges und treibende Kraft hinter den »plutokratischen« wie »bolschewistischen« deutschen Feinden verteufelt worden ist.553 Ebenso gehörte auch die Annahme einer Minderwertigkeit der »slawischen Rasse« schon in »Mein Kampf« zu den Grundlagen von Hitlers Weltbild und damit auch der NS-Ideologie,554 stellte somit ebenso kein Spezifikum der SS dar und bildete so hier eine weitere Unterkategorie. Dabei ist allerdings bekannt, dass in der NS-Propaganda die slawischen Völker der Sowjetunion keineswegs durchgehend rassistisch diffamiert worden sind. Vielmehr änderte sich hier deren Darstellung aufgrund der politisch-taktischen Anforderungen der Zeit mehrfach. So war in den dreißiger Jahren die vorgebliche Wesensgleichheit von Judentum und Bolschewismus die Grundlage der antisowjetischen Propaganda des Reiches, rassistisch abgewertet wurden Slawen jedoch kaum.555 Das änderte sich auch nach der Zwangspause in der Zeit des Hitler-Stalin-Paktes zwischen 1939 und 1941 zunächst nicht, vielmehr wurden die vorgeblich in der Sowjetunion von den deutschen Soldaten vorgefundenen primitiven Verhältnisse dem bolschewistischen Herrschaftssystem angelastet. Rassistische Diffamierungen der Slawen blieben dagegen verboten.556 Erst als die Stimmung in der deutschen Bevölkerung zum Jahresende 1941 absank, ordnete der Propagandaminister Goebbels an, die Slawen in den deutschen Medien als animalische »Untermenschen«, also rassenideologisch herabzusetzen. Ein solches Bild ließ sich aber angesichts der Niederlage von Stalingrad und der auch insgesamt immer schlechter werdenden militärischen Lage ab Anfang 1943 nicht glaubwürdig aufrechterhalten. Die deutsche Propaganda behauptete deshalb ab dieser Zeit, man sei nicht gegen »Untermenschen«, sondern gegen das erbarmungslose, inhumane System des »Bolschewismus« in die Defensive geraten, das die östlichen Menschen zu Fanatikern geformt hätte. Letztere würden nun in der Gestalt von »asiatischen Horden« das Reich bedrohen. Damit wurden die rassistischen Diffamierungen der Slawen in der NS-Pro552 553 554 555 556

Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 152 f. Vgl. Steinert, Krieg, S. 243-263; Kallis, Propaganda, S. 71-92. Vgl. Hitler, Kampf, S. 586, 742 f. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 55, 63. Vgl. ebd., S. 65 f; Kallis, Propaganda, S. 112.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

paganda bis Kriegsende von der Gräuelpropaganda abgelöst.557 Eine rassistische Herabsetzung der Slawen ist somit in der hier untersuchten Berichterstattung nur in dem relativ kurzen Zeitabschnitt zwischen Ende 1941 und Anfang 1943 zu erwarten. Allerdings ist anzunehmen, dass diese Diffamierungen gerade in der Propaganda um den Rasseorden SS besonders häufig zu finden waren. Schließlich wurde 1942 vom SS-Hauptamt auch das berüchtigte Machwerk »Der Untermensch« herausgegeben, an dessen Enstehen der RFSS sogar persönlich beteiligt war. Eine solche infame Propaganda scheint Himmler also ein wichtiges Anliegen gewesen zu sein.558 Auch in der Propaganda gegen die Westalliierten fanden sich rassistische Elemente, waren aber, durch die erwähnte Verknüpfung der hier so bezeichneten »englisch-amerikanischen Plutokratie« mit »dem Weltjudentum« vor allem antisemitisch geprägt.559 Generell »entmenscht« wurden die Soldaten der Westalliierten in der deutschen Medienberichterstattung allerdings nicht.560 Eine Ausnahme bildete allerdings die Darstellung der afrikanischen Kolonialtruppen, deren rassistische Herabwürdigung zumindest im Jahr 1940 zentrales Element einer massiven antifranzösischen Kampagne in den deutschen Medien gewesen ist.561 Da Angehörige der SS-Division »TK« gerade an diesen Soldaten zahlreiche Kriegsverbrechen begangen haben,562 war es insbesondere als Vorbereitung für die nachfolgende qualitative Analyse von Interesse herauszufinden, ob auch die SS-PK Beiträge zu dieser Kampagne beigesteuert hat. Neben denen von Juden und den Völkern der Sowjetunion bildeten deshalb auch Herabwürdigungen Afrikaner hier eine eigene Unterkategorie. Neben diesen negative Emotionen schürenden Inhalten wurden hier aber auch einige zeitgenössisch positiv besetzte Propagandathemen erfasst, zumindest soweit ihr verstärktes Auftreten im Rahmen einer Propaganda um den Kriegseinsatz der SS zu erwarten gewesen ist. Angesichts der vielen Ausländer, die in den Reihen der Waffen-SS gekämpft haben, wurde dies an erster Stelle von der, in dieser Arbeit schon eingehend erläuterten, »Europa-Propaganda«563 angenommen. Gerade hier könnten sich zudem auch weitere Hinweise auf ein Fortwirken der damaligen Darstellung über das Kriegsende hinaus ergeben. Das wäre der Fall, wenn sich auf der Aussagenebene bestätigen sollte, was sich schon bei der Analyse der in der Berichterstattung über die SS vorkommenden Nationalitäten564 angedeutet hatte: Sollte sich hier die Propagandaformel von dem in der Waffen-SS vereint gegen 557 558

559 560 561 562 563 564

Vgl. Wette, Russlandbild, S. 66-72. Vgl. Hass, Russlandbild, S. 221; Longerich, Himmler, S. 650. Auf die Beteiligung Himmlers wird in dem Heft extra verwiesen, vgl. Der Untermensch, S. 2. Diese war keineswegs nur formal. Im Diensttagebuch des Leiters des Amtes Presse im persönlichen Stab RFSS heisst es: »Bei dem Heft ›Der Untermensch‹ sind mindestens 60% der Gedanken von [sic] Reichsführer SS unmittelbar.« Siehe: »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BArchB, NS 19/4099, pag. S. 95a (20.4.1942). Vgl. Lieb, Krieg, S. 132-141. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 56. Vgl. Uziel, Warriors, S. 266-269. Vgl. Scheck, Victims, S. 37-40. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Vgl. Tabelle 18 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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den östlichen Feind kämpfenden Europa als ein bestimmendes Thema der damaligen Berichterstattung erweisen, kann angenommen werden, dass dies die Glaubwürdigkeit von apologetischen Nachkriegsdarstellungen der Waffen-SS als einer Art erster NATO565 zumindest begünstigt hat. Hier bildeten Aussagen, die eine notwendige Verteidigung des Kontinents gegen den östlichen, aber auch gegen den westlichen Gegner behaupteten, jeweils eine eigene Unterkategorie. Unzweifelhaft positiv besetzt und dazu bekanntermaßen von Wichtigkeit zumindest in der Propaganda der Wehrmacht war auch die Behauptung, die deutschen Soldaten hätten der ausländischen Zivilbevölkerung Schutz vor den Kriegsfolgen gewährt bzw. die feindlichen Überläufer und Gefangenen gut behandelt.566 Falls das auch in der Berichterstattung der hier untersuchten Zeitungen über den Kriegseinsatz der SS verstärkt behauptet worden sein sollte, wäre dies ein weiteres Zeichen dafür, dass die SS-Männer zeitgenössisch mit Merkmalen normaler »Soldaten wie andere auch« präsentiert worden sind. Ein weitgehendes Fehlen dieser Art Beschreibung wäre hingegen ein Indiz für eine zeitgenössische Präsentation der Waffen-SS als radikalste, rücksichtsloseste Truppe des NS-Regimes. Erfasst wurden zudem Aussagen, welche in den Beiträgen auf den Zusammenhalt bzw. das Zusammenwirken von Front und Heimat verwiesen. Da gerade dieses Thema den eigentlichen Zweck jeglicher Kriegsberichterstattung darstellte,567 ist zu erwarten, dass es auch in der Propaganda um die Waffen-SS eine wichtige Rolle spielte. Hier ist so vor allem von Interesse, ob sich sein über die Jahre verstärkter Gebrauch in den hier untersuchten Zeitungen feststellen ließ. Schließlich könnte dies Indizien liefern, ob die Waffen-SS tatsächlich, wie von Leleu angenommen,568 insbesondere in der zweiten Hälfte des Krieges zunehmend als die militärische Elite der deutschen Volksgemeinschaft präsentiert worden ist. Grundsätzlich positiv erscheinen musste die SS zuletzt auch, wenn ihre Einheiten in den Beiträgen als Garanten einer besseren, »deutschen« Ordnung in den besetzten Gebieten dargestellt, also mit einem eher polizeilichen Aufgabengebiet beschrieben worden sein sollten. Schließlich ist bereits bekannt, dass auch dies zumindest in der Zeit des Polenfeldzuges 1939 ein wichtiges Thema der deutschen Propaganda gewesen ist. So war der Schutz der Volksdeutschen auf polnischem Gebiet ein wichtiges Argument im Rahmen der Rechtfertigung des deutschen Einmarsches in das Land, zudem wurde so die Notwendigkeit eines Vorrückens deutscher Polizeiverbände in die besetzten Gebiete erklärt.569 Ob dieses Thema auch in der restlichen Zeit des Krieges eine Rolle in der deutschen Propaganda gespielt hat, ist hingegen noch nicht bekannt. Die bisherigen Ergebnisse dieser Arbeit sprechen jedenfalls auf den ersten Blick dagegen. Hier hat sich vielmehr bereits gezeigt, dass die Truppen und Angehörige von Polizei und SD nur 1939/40 und anlässlich der Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso 1943, also nur temporär, von Bedeutung für das Gesamtbild von dem Kriegsein565 566 567 568 569

Vgl. dazu Stein, Geschichte, S. 123 f. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 78-80; 108 f. Vgl. Abs. 2.1 dieser Arbeit. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 670, 672, 677. Vgl. Gellately, Hingeschaut, S. 69 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

satz der SS in den hier untersuchten Medien gewesen sein können.570 Auf der anderen Seite ist durchaus denkbar, dass auch Einheiten oder Angehörige der Waffen-SS in den Beiträgen als ordnungsschaffend beschrieben worden sind. Insbesondere ist das in der Berichterstattung über Einsätze gegen Partisanen zu vermuten. Denn es ist bekannt, dass diese in der NS-Propaganda als Verbrecher diffamiert worden sind,571 weshalb hier auch deren Bekämpfung als eine polizeiliche Tätigkeit definiert worden ist. Zwar wurden Verbände der Ordnungspolizei tatsächlich gegen diese Partisanen eingesetzt, vielfach wurden hierfür aber auch Einheiten des Heeres und der Waffen-SS verwendet.572 Daneben wurden hier auch, da sie klassische Polizeiaufgaben darstellen, Aussagen erfasst, nach denen der Kriegseinsatz der SS auch die Bewachung von Häftlingen eingeschlossen habe. Gerade solche Aussagen, aber auch die bezüglich einer Verbrechensbekämpfung wie auch die über eine Bekämpfung von Partisanen dürften, angesichts des realen Charakters solcher Einsätze,573 zudem vielfach weniger Beschreibungen des polizeilichen Aufgabengebietes der SS, als vielmehr Verbrämungen von deren Massenverbrechen dargestellt haben. Deshalb soll die Häufigkeit der ordnungsschaffende Aufgaben der SS beschreibenden Beiträge in den hier untersuchten Zeitungen auch erste Rückschlüsse darauf geben, ob, wann und in welcher Intensität diese Verbrechen hier zumindest angedeutet worden sind. Nachfolgende Tabellen zeigen, wie oft die den einzelnen Kategorien dieser Dimension zuordbaren Aussagen in den Berichtsformen (Tabelle 27a) bzw. Zeitungen (Tabelle 27b) zumindest einmal in einem Beitrag auftauchten.

570 571 572 573

Vgl. Tabelle 12 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit und Anhang 18. So die Anweisungen von Goebbels, vgl. Boelcke, Krieg, S. 219 (27.2.1942). Vgl. Gerlach, Morde, S. 884-1035; Curilla, Ordnungspolizei, S. 703-744. Für Informationen zu dem grausamen Wüten der Totenkopfstandarten und Verbänden der Polizei in Polen vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 33-60. Für Daten zu den Einsätzen und Mordtaten der Verbände der Ordnungspolizei in Weißrussland und dem Baltikum vgl. Curilla, Ordnungspolizei, S. 703-744. Für eine Beschreibung des ebenso verbrecherischen Vorgehens von Verbänden des Heeres und der SS gegen Partisanen in den »Großunternehmungen« in Weißrussland ab 1942 vgl. Gerlach, Morde, S. 884-1035.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

349

Tabelle 27a: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Einbindung in die NS-Propaganda« beinhalten, sortiert nach Berichtsform 574 Berichts- Gräuel- Prop. form berichte gegen »Bolschew.«

Prop. gegen »Plutokrat.«

Rassismus

Front – Heimat

Europa- Schutz SS als Prop. Zivilisten Ordnungsmacht

Sonstiges

WM-PK- 6 15 1 5 3 7 9 10 3 Berichte (5,50 %) (13,76 %) (0,92 %) (4,59 %) (2,75 %) (6,42 %) (8,26 %) (10,54 %) (2,75 %) n=109 SS-PKBerichte n=1148

78 252 135 103 100 132 105 73 96 (6,79 %) (21,95 %) (11,76 %) (8,97 %) (8,71 %) (11,50 %) (9,15 %) (6,36 %) (8,36 %)

Kampfberichte n=312

6 15 3 25 22 44 12 38 9 (1,92 %) (4,81 %) (0,96 %) (8,01 %) (7,05 %) (14,10 %) (3,85 %) (12,18 %) (2,88 %)

Ordensberichte n=533

4 10 1 0 0 9 1 6 2 (0,75 %) (1,88 %) (0,19 %) (0,00 %) (0,00 %) (1,69 %) (0,19 %) (1,13 %) (0,38 %)

Situationsberichte n=727

12 7 8 24 66 79 8 20 12 (1,65 %) (0,96 %) (1,10 %) (3,30 %) (9,08 %) (10,87 %) (1,10 %) (2,75 %) (1,65 %)

Summe n=2829

106 299 148 157 191 271 135 147 122 (3,75 %) (10,57 %) (5,23 %) (5,55 %) (6,75 %) (9,58 %) (4,77 %) (5,20 %) (4,31 %)

Tabelle 27b: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Dimension »Einbindung in die NS-Propaganda« beinhalten, sortiert nach Zeitungen575 Medium

Gräuel- Prop. berichte gegen »Bolschew.«

Prop. gegen »Plutokrat.«

Rassismus

Front – Heimat

Europa- Schutz SS als Prop. Zivilisten Ordnungsmacht

Sonstiges

VB n=844 40 76 26 50 27 88 40 44 23 (4,74 %) (9,00 %) (3,08 %) (5,92 %) (3,20 %) (10,43 %) (4,74 %) (5,21 %) (2,73 %) DAZ n=584

15 34 7 21 29 69 24 36 8 (2,57 %) (5,82 %) (1,20 %) (3,60 %) (4,97 %) (11,82 %) (4,11 %) (6,16 %) (1,37 %)

FZ n=205 3 19 1 9 3 18 12 19 2 (1,46 %) (9,27 %) (0,49 %) (4,39 %) (1,46 %) (8,78 %) (5,85 %) (9,27 %) (0,98 %) DR n=61 9 30 3 4 2 17 8 5 2 (14,75 %) (49,18 %) (4,92 %) (6,56 %) (3,28 %) (27,87 %) (13,11 %) (8,20 %) (3,28 %) SK n=1135

40 150 111 73 130 81 51 43 87 (3,52 %) (13,22 %) (9,78 %) (6,43 %) (11,45 %) (7,14 %) (4,49 %) (3,79 %) (7,67 %)

Summe n=2829

106 299 148 157 191 271 135 147 122 (3,75 %) (10,57 %) (5,23 %) (5,55 %) (6,75 %) (9,58 %) (4,77 %) (5,20 %) (4,31 %)

574 575

Für die Gesamtzahl der Beiträge je Berichtsform vgl. Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Für die Gesamtzahl der Beiträge je Zeitung vgl. Tabelle 1 in Abs. 4.3 dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Zunächst ist festzustellen, dass insgesamt gesehen alle in dieser Dimension erfassten Propagandathemen eine zumindest merkbare Rolle in der Berichterstattung über den Fronteinsatz der SS in den hier untersuchten Zeitungen gespielt haben. Allerdings erreichten manche von diesen Themen dabei nicht die vorab erwartete Bedeutung. Insbesondere galt das für Aussagen, die als Gräuelpropaganda des NS-Regimes im engeren Sinne anzusehen waren. So wurden nur in 65 der hier erfassten 2.829 Beiträge Verbrechen der sowjetischen Truppen an der deutschen Zivilbevölkerung behauptet, womit dieses Thema nur in DR und VB von mehr als marginaler Bedeutung war. Von Gräueltaten der Westalliierten und Polen wurde nur in insgesamt 31 bzw. 11 Beiträgen und damit sogar noch seltener etwas geschrieben.576 Dies lag nicht etwa daran, dass die SS-Kriegsberichter solche Verbrechen nicht für ihre Propaganda genutzt hätten: Wenn solche Aussagen auftauchten, dann in mehr als drei von vier Fällen in den PK-Berichten und hier insbesondere in denen der SS-PK. Dieses Ergebnis passt zu den Ergebnissen von Uziel und Schröder, welche beide eine zumindest phasenweise intensive Gräuelpropaganda in den PK-Berichten der WM festgestellt haben.577 Abseits der PK-Berichte wurde jedoch offensichtlich nur sehr selten im Zusammenhang mit dem Kriegseinsatz der SS von Gräueltaten der deutschen Gegner berichtet. Nicht zu erwarten war auch der frühe Zeitpunkt, an dem diese Art Propaganda in fast allen hier untersuchten Zeitungen einsetzte. Schließlich konnten Gräueltaten der sowjetischen Truppen auf Reichsgebiet ans sich erst gegen Ende des Krieges in der NS-Propaganda behauptet werden. In der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS aber waren solche Aussagen schon ab dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion 1941 und dann allgemein relativ gleichförmig über die Jahre verteilt zu finden und stellten so eher eine Konstante in der Charakterisierung dieses Feindes dar.578 Untaten von Westalliierten an Deutschen wurden dagegen, wie es zu erwarten war, in der Hauptsache erst ab 1944 behauptet. Aber auch hier setzte diese Art von Propaganda bereits ein, bevor die feindlichen Truppen überhaupt das Reichsgebiet erreicht hatten.579 Deren vereinzeltes Auftreten im Jahr 1943 lässt sich noch auf Beiträge über die Folgen feindlicher Luftangriffe auf das Reichsgebiet zurückführen.580 Das Ergebnis für die Jahre zuvor ist jedoch nur durch einen Blick in das zugrundeliegende Material nachvollziehbar. Hier zeigt sich, dass in SS-PKArtikeln vereinzelt schon ab 1940 Untaten westalliierter und später auch sowjetischer Truppen an volksdeutschen Zivilisten behauptet worden sind.581 576 577 578 579 580

581

Vgl. Anhang 55. Vgl. Uziel, Warriors, S. 334 f; Schröder, Kriegsbericht, S. 150-152. Vgl. Anhang 56. Vgl. Anhang 57. Solche Aussagen wurden hier ebenso als Zeichen einer Gräuelpropaganda erfasst. Denn nach den Angaben von Schröder soll zumindest ab der alliierten Invasion 1944 der Tenor der Beiträge der WM-PK über die vorgeblichen Verbrechen der Roten Armee mit denen über das Leid der Zivilbevölkerung unter dem Bombenkrieg vergleichbar gewesen sein, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 151. Gleiches galt auch für die übrige Propaganda des Reiches, vgl. Kallis, Propaganda, S. 87. Vgl. als Beispiel: »Sonntagsgarn«, in: VB 214 v. 2.8.1941, S. 3; »Volksdeutsche Schicksale«, in: DR 32 v. 9.8.1942, S. 11. Als Bsp. für die Gräueltaten an Deutschen im Westen 1940 behauptenden Beiträge vgl. »5 Francs für jeden toten Deutschen!«, in: SK 22 v. 30.5.1940, S. 10.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

351

Aber auch auf andere Weise wurde gerade der sowjetische Gegner insbesondere in der Propaganda der SS-PK auffallend intensiv herabgesetzt. Obwohl solche Inhalte in den deutschen Zeitungen überhaupt erst ab dem Einfall in die Sowjetunion Mitte 1941 möglich geworden waren, behauptete man im Schnitt in mehr als jedem fünften SS-PK-Bericht eine dort herrschende Kulturlosigkeit oder einen unehrenhaften Kampf der sowjetischen Soldaten, beschrieb die Leiden der dortigen Zivilbevölkerung oder diffamierte die Kommissare der Roten Armee. In den anderen Berichtsformen musste man so etwas, sowohl insgesamt als auch was die einzelnen Aspekte anging, hingegen weitaus seltener lesen.582 Dieses Ergebnis dürfte auch auf die spezielle Aufgabe gerade der PK-Berichterstattung zurückgegangen sein, ein detailliertes und scheinbar realistisches Bild von den Geschehnissen an der Front zu liefern. Schließlich machte dies gerade sie zu einem idealen Ort, um der Heimat die vermeintliche Niederträchtigkeit der sowjetischen Kriegsführung vor Augen zu führen. Tatsächlich fanden sich auch in den wenigen über die SS berichtenden PK-Berichte der WM überdurchschnittlich viele solcher Herabwürdigungen. Dazu passt, dass auch Schröder und Uziel zumindest für bestimmte Zeitabschnitte bereits eine solch brutale Hetze gegen die sowjetische Kultur und Soldaten in der Wehrmachtpropaganda beschrieben haben.583 Ist damit anzunehmen, dass die SS-Kriegsberichter die Sowjets auch wegen der allgemein gültigen Presseanweisungen so oft in ihren Beiträgen diffamierten, so passt diese Art der Darstellung dennoch unzweifelhaft zu der speziellen, ideologisch begründeten Feindschaft, die in der Sicht der SS den Schwarzen Orden mit dem Bolschewismus verband. Ein anderer Hintergrund dürfte die ohnehin besonders große Zahl an Berichten der SS-Propagandaorganisation über den Kampf der SS-Divisionen im Osten gewesen sein.584 Zudem ist denkbar, dass diese negativen Charakterisierungen noch weitergehenden Zwecken dienten. An erster Stelle ist an eine Darstellung der sowjetischen Soldaten als alles Negative in sich vereinende »Antihelden« im Rahmen des mythischen Schemas und damit als Gegenpol des heldischen Rasseordens SS zu denken.585 Auf diese Weise wäre gerade die Waffen-SS als besonders geeignet für den Kampf gegen diesen Feind erschienen.586 Ob dem wirklich so war, kann und wird erst im qualitativen Teil dieser Analyse ermittelt werden.587 Die Diffamierung des westlichen Gegners hatte dagegen in der Berichterstattung um den Kriegseinsatz der SS allgemein nur eine nebensächliche Bedeutung. Da sie sich im Wesentlichen auf die Berichterstattung des SK konzentrierte, liegt auf den ersten Blick die Vermutung nahe, dass dies ein Resultat des bekannt radikalen Charakters dieser Hauszeitung der SS gewesen ist. Eine weitere Messung macht jedoch einen anderen Zusammenhang wahrscheinlicher: Danach wurden

582 583 584 585 586 587

Vgl. Anhang 58. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 75 f, 79-81, 107 f; Uziel, Warriors, S. 283 f. Vgl. Anhang 17. Vgl. Abs. 1.2 dieser Arbeit. Davon geht Leleu aus, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 648. Vgl. Abs. 4.6.b) dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Beiträge mit solchen Aussagen im SK in der Hauptsache in den Jahren 1940 und 1941 veröffentlicht.588 Dazu hatten sie im Gegensatz zu den anderen Zeitungen kaum je das vorgebliche Leid der ausländischen Zivilbevölkerung unter der Kriegsführung der alliierten Truppen zum Inhalt.589 Da es in der Zeit zwischen Westfeldzug 1940 und dem Balkanfeldzug 1941 keine Kampfeinsätze der WaffenSS gegeben hat, weist so alles darauf hin, dass im SK mangels anderer Themen in dieser Zeit weiter über die Taten der Waffen-SS in Frankreich, aber auch über die dort stationierten SS-Divisionen590 und über Land und Leute berichtet worden ist. Weil Propagandaminister Goebbels nach der französischen Kapitulation das Entstehen von freundschaftlichen Gefühlen im Reich für den geschlagenen »Erzfeind« verhindern bzw. bekämpfen wollte und es deshalb keine frankophilen Äußerungen in der Kriegspropaganda geben durfte,591 erklärt sich dieser Ausreißer also damit, dass im SK fast ausschließlich SS-PK-Artikel erschienen. In den anderen Zeitungen gab es solche Propaganda sicher auch, sie konzentrierte sich nur nicht wie im SK auf die Berichterstattung von und über die SS. Mit den Vorgaben von offizieller Seite nur teilweise erklärbar ist jedoch, dass die Diffamierung der »Rassenfeinde« der SS nicht eines der bestimmenden Themen der hier untersuchten Berichterstattung gewesen ist, sondern entsprechende Aussagen vielmehr vergleichsweise selten in der Berichterstattung über den Fronteinsatz der SS auftauchten. Schließlich hatte die Bekämpfung dieser »Rassenfeinde« eine zentrale Bedeutung gerade in der SS-Ideologie. Dennoch wurden Juden insgesamt nur in vier von hundert der hier erfassten Beiträge rassistisch herabgesetzt. Selbst in den SS-PK-Berichten592 wie auch in SK und VB593 trat diese Art von Aussagen anteilsmäßig kaum häufiger auf. Damit ist zweifelhaft, ob sich die Berichterstattung insbesondere der SS-PK diesbezüglich von der der WM-PK unterschieden hat. Denn in Letzterer war eine rassistische Propaganda gegen »den« Juden immer wieder zu finden, wie etwa die von Uziel angeführten Belege zeigen.594 Eine Erklärung hierfür ist, dass die dieser Analyse zugrundeliegende Frontberichterstattung einfach zu wenige Gelegenheiten zumindest für eine massive Diffamierung der Juden geboten hat. Schließlich kämpften die Frontverbände der Waffen-SS nicht direkt gegen jüdische Einheiten, sondern, in der Sichtweise der Nationalsozialisten, gegen Werkzeuge des Judentums, also die sowjetischen wie auch westalliierten Truppen. Juden konnten hier allenfalls als einzelne Soldaten der feindlichen Armeen, in der Gestalt von vorgeblich jüdischen Kommissaren

588 589 590

591 592 593 594

Vgl. Anhang 61. Vgl. Anhang 60. Nach der Kapitulation Frankreichs versahen dort die SS-Divisionen »TK« und »DR« sowie die SS-Polizeidivision Besatzungsaufgaben vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 89, 110, 130; Sydnor, Soldaten, S. 104-108, 117-126. Ebenso war die »LAH« in Lothringen stationiert, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 76. Vgl. Steinert, Krieg, S. 135, 138-141. Vgl. Anhang 62. Vgl. Anhang 63. Vgl. Uziel, Warriors, S. 259 f, 278-280, 284-290.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

353

der Roten Armee595 oder als Antreiber hinter den Partisanen596 in den Beiträgen über die Schlachten der SS diffamiert werden.597 Dabei die Rolle der Juden in den feindlichen Streitkräften ganz unabhängig von der Realität über alle Maße aufzubauschen, dürfte nicht in Frage gekommen sein. Schließlich beruhte der erhoffte Propagandaeffekt der PK-Berichte darauf, das in ihnen geschilderte Geschehen möglichst authentisch und glaubwürdig erscheinen zu lassen.598 Da die wahren Verhältnisse an der Front im Reich etwa durch die Erzählungen der Urlauber der WM durchaus bekannt gewesen sind,599 konnte solche Übertreibungen auf Dauer nur kontraproduktiv sein. Zudem nahm »der« Jude auch insgesamt in den Mythen des Dritten Reiches schon vor dem Krieg nur selten in die Rolle des zu bekämpfenden »Antihelden« ein. Dafür hätte man ihm Mut oder Opferbereitschaft zubilligen müssen.600 Damit ist die auf den ersten Blick überraschend geringe Berücksichtigung der Juden in der Propaganda um die Waffen-SS gut erklärbar. Sogar noch seltener musste man rassistische Herabwürdigungen der Völker der Sowjetunion in den hier erfassten Beiträgen lesen, etwa in der gesamten Zeit des Krieges im VB nur dreizehn und selbst im SK nur einundzwanzig Mal.601 Da aber aufgrund der Anweisungen des RMVP eine solche Art der Darstellung im Wesentlichen nur im Jahr 1942 möglich war, weisen diese Zahlen dennoch auf eine temporär recht intensive Kampagne um die Minderwertigkeit der slawischen »Untermenschen« in der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS hin. Ebenso wurden auch Afrikaner fast ausschließlich 1940 in einigen Beiträgen des SK rassistisch herabgewürdigt, in einer Zeit also, als die Diffamierung dieser Soldaten der deutschen Presse auch allgemein von Seiten des RMVP vorgegeben worden ist. In der Zeit nach der Invasion 1944 hingegen, als die Waffen-SS zumindest potentiell auf schwarze Soldaten der westalliierten Truppen treffen konnten, waren solche Berichte fast gar nicht zu finden.602 Damit weist alles darauf hin, dass die Herabwürdigung dieser Gruppe an feindlichen Soldaten den 1940 ergangenen Anweisungen des RMVP geschuldet gewesen ist. Wie es angesichts der hier schon festgestellten, relativ wichtigen Rolle der ausländischen SS-Einheiten in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS zu erwarten war, wurde die massive Herabwürdigung zumindest des sowjetischen Gegners tatsächlich von einer recht intensiven Europapropaganda begleitet. Diese war nicht nur in den SS-PK-Berichten stark vertreten, sondern auch in fast allen anderen Berichtsformen und dazu im besonderen Maße in der ja nicht un595

596

597

598 599 600 601 602

In der Wehrmacht wurden die politischen Kommissare der angeblich jüdisch dominierten Herrschaftskaste der Sowjetunion zugerechnet und ihnen eine jüdische Herkunft vielfach a priori unterstellt, vgl. Römer, Kommissarbefehl, S. 299-301. So wurde die Rolle der Juden in der Partisanenbewegung in der WM dargestellt, vgl. Steinert, Krieg, S. 251. Es hat sich in dieser Untersuchung bereits erwiesen, dass sie in den Beiträgen über das Umfeld der Front praktisch nie auftauchten, vgl. Anhang 6. Vgl. Abs. 2.2 dieser Arbeit. Vgl. Kallis, Propaganda, S. 138. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 273. Vgl. Anhang 63. Vgl. Anhang 64.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

wesentlich auf das Ausland gerichtete Berichterstattung von DR.603 Ebenfalls zu erwarten war deren hauptsächliche Ausrichtung auf den östlichen Feind, während eine gemeinsame Verteidigung der europäischen Werte gegenüber dem westlichen Feind fast nur in einigen wenigen SS-PK-Berichten und hauptsächlich in SK und VB behauptet wurde.604 An den Zahlen ist sogar ablesbar, dass diese Propagandaformel wahrscheinlich in der Hauptsache bei Beschreibungen des Einsatzes der zahlreichen ausländischen Einheiten und Angehörigen der Waffen-SS verwandt worden ist. Denn insgesamt stimmt die Zahl der Beiträge, die eine Europapropaganda enthielten, in etwa mit der Summe der Beiträge über die ausländischen SS-Einheiten sowie der nominell aus Ausländern bestehenden SS-Divisionen »Wiking« und »Nordland« überein.605 Zudem weist alles darauf hin, dass sich diese Art von Aussagen abseits der Propaganda der SS-PK offensichtlich eher auf die explizit ausländischen SS-Einheiten bezogen hat. Zumindest stimmt die Zahl der Kampfberichte, Situationsberichte und auch der PK-Berichte der WM, die eine solche Europapropaganda beinhalteten, jeweils in etwa mit der Zahl an Beiträgen überein, die über eine explizit ausländische SS-Einheit berichteten.606 Damit bewahrheitet sich die eingangs dieser Arbeit aufgestellte These, dass die Waffen-SS auch wegen ihres teilweise internationalen Charakters besonders in der NS-Propaganda herausgestellt worden ist,607 auch auf der inhaltlichen Ebene. In der Propaganda der SS-PK überstieg die Zahl an Beiträgen, die eine Europapropaganda beinhalteten, die mit explizit ausländischen SS-Einheiten als Protagonisten jedoch deutlich. Damit ist mehr als wahrscheinlich, dass diese Propagandaformel hier vielfach im Zusammenhang mit der SS-Division »Wiking« verwandt worden ist. Angesichts von deren Rolle als vorbildliches Beispiel der deutschgermanischen Waffenbrüderschaft608 ein nachvollziehbares Ergebnis. Zumal ein Blick auf die Ergebnisse für die einzelnen Unterkategorien dieser Europapropaganda zeigt, dass gerade in den Berichten der SS-PK in einer ansonsten unerreichten Häufigkeit das Ziel der Errichtung eines »Neuen Europas« angesprochen worden ist.609 Gerade dies passt gut zu dem Anspruch der SS, Vorreiter der »großgermanischen Idee« zu sein.610 Dagegen war eine überaus starke Betonung der Zusammengehörigkeit von Front und Heimat in der Berichterstattung über die SS an der Front nicht festzustellen. Sicher, solche Aussagen waren in mehr als jedem zehnten SS-PK-Artikel, Situations- und Kampfbericht zu finden. Trotzdem aber spielte diese Propagandaformel nur im SK eine mehr als periphere Rolle. Vor allem aber liefert eine 603 604 605

606

607 608 609 610

Vgl. Abs. 4.2 dieser Arbeit. Vgl. Anhang 66 und 67. Explizit ausländische SS-Einheiten tauchten 184 Mal in den hier untersuchten Zeitungen auf, »Wiking« 93 Mal und »Nordland« 2 Mal, was 279 ergibt, vgl. die Angaben in Tabelle 14. Die Kampfberichte hatten 44 Mal ausländische SS-Einheiten als Protagonisten, was genau der Zahl an Beiträgen mit einer solchen Europapropaganda entspricht. Die WM-PK beschrieb diese Einheiten 7 Mal und beinhaltete ebenso häufig Aussagen zu diesem Thema. Bei den Situationsberichten war das Verhältnis 67 zu 79, vgl. Tabelle 14 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 3.5.b) dieser Arbeit. Vgl. Gingerich, Steiner, S. 434. Vgl. Anhang 66. Vgl. hierzu Abs. 1.1 dieser Arbeit.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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Messung des Auftretens dieser Art Aussagen in den einzelnen Jahren keine Hinweise, dass sie dazu dienen sollte, die Waffen-SS als eine Art militärischer Arm der NS-Volksgemeinschaft zu glorifizieren.611 Schließlich wurden in der NS-Propaganda erst ab 1943 die kämpferischen Ideale des Nationalsozialismus mehr und mehr anstelle der traditionellen militärischen Werte gesetzt,612 daher sollte sich gerade in dieser Zeit zumindest ein Anstieg des Gebrauchs der Aussagen über eine Zusammengehörigkeit von Heimat und Waffen-SS zeigen. Dies ist hier aber nicht der Fall. Damit weist alles darauf hin, dass diese Propagandabotschaft ohne einen speziell auf die Waffen-SS bezogenen Hintergrund in der damaligen Berichterstattung benutzt worden ist. Als relativ fürsorglich wurde das Verhalten der SS-Kampfverbände gegenüber der feindlichen Zivilbevölkerung insbesondere in den SS-PK-Berichten dargestellt. Zumindest kam in jedem elften Bericht der SS-Kriegsberichter eine entsprechende Aussage vor, zudem machten sie einen ungefähr gleich großen Anteil an der Berichterstattung aller hier untersuchten Zeitungen aus. Hier ist aber wieder die allgemeine Aufgabe der Berichterstattung der PK mit einzubeziehen, das Geschehen an der Front mit dem größtmöglichen Anschein von Authentizität zu beschreiben. Dies machte diese Berichte zu dem idealen Ort, um in der Phase der beständigen Rückzüge der WM zu behaupten, dass sich auch der zurückgehenden Waffen-SS zahlreiche Zivilisten aus Furcht vor der Roten Armee angeschlossen hätten. Dennoch ist das relativ häufige Auftauchen dieser Art Aussagen, wie schon im Falle der nicht selten zu findenden Anekdoten, ein Indiz, dass die Angehörigen der Waffen-SS in den damaligen Medien keineswegs ausschließlich als weltanschauliche Fanatiker, sondern im Gegenteil durchaus auch mit einer menschlichen Seite dargestellt worden sind. Die Beiträge mit Aussagen über die von der SS an der Front erfüllten polizeilichen Aufgaben trugen in allen Zeitungen eher am Rande zum Bild von der SS in der damaligen Kriegspropaganda bei. Auffällig ist vor allem, dass diese Aussagen anteilsmäßig weitaus häufiger in den Artikeln der WM-PK und den Kampfberichten als in denen der SS-PK zu finden waren und dazu in DAZ, DR und FZ eine wichtigere Rolle spielten als in VB und SK. Zumindest letztere Erkenntnis passt gut zu der in dieser Analyse schon festgestellten, auffällig starken Berücksichtigung der zumindest polizeiähnlichen Truppen gerade in diesen Zeitungen.613 Dennoch kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, die SS-Truppen wären hier weitaus stärker als »Staatsschutzkorps« präsentiert worden als durch VB und SK. Denn die Ergebnisse für die einzelnen Unterkategorien zeigen, dass die ordnungssichernde Aufgaben der SS in allen Zeitungen vor allem durch Einsätze im Rahmen der Partisanenbekämpfung verdeutlicht worden sind, während Beschreibungen einer eigentlichen Polizeiarbeit überall und gerade in DAZ, FZ und DR nur eine Nebenrolle in der Berichterstattung spielten.614 Zudem ist festzustellen, dass die Summe der Beiträge mit Aussagen über eine Verbrechensbekämpfung und der, kaum je erwähnten, Häftlingsbewachung abseits von DR in allen Zeitun611 612 613 614

Vgl. Anhang 65. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 670-677. Vgl. Tabelle 12 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 68.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

gen die Zahl der Beiträge, in denen Polizei oder SD die Protagonisten waren, meist deutlich unterschritt.615 Damit müssen in den damaligen Zeitungen die Polizeitruppen im Fronteinsatz in der Hauptsache im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Partisanen in der Berichterstattung aufgetaucht sein. Somit liegt der Schluss nahe, dass die Darstellung der SS-Truppen in den damaligen Medien weniger polizeiähnliche Aspekte aufwies als vielmehr die Polizei hier in der Hauptsache als militärische Truppe erschien. Ob das auch ihre Darstellung mit den Merkmalen eines politischen Soldaten bedeutete, kann sich nur in der nun folgenden, qualitativen Analyse erweisen. Ergebnis

Aus diesem Teil der Untersuchung konnten einige wichtige Rückschlüsse auf die Art und Weise der Darstellung des Kriegseinsatzes der SS in den hier untersuchten Medien gezogen werden: An erster Stelle hat sich nun auch auf der Ebene der Aussagen erwiesen, dass die Berichterstattung der SS-Kriegsberichter ein wichtiger, wenn nicht entscheidender Faktor für die Ausgestaltung des in der NS-Propaganda gezeichneten Bildes von der Waffen-SS gewesen ist. Denn gerade die Beiträge der SS-PK beschrieben den Kriegseinsatz der SS in einem ansonsten nicht zu findenden Facettenreichtum und erreichten so regelmäßig eine große Intensität. In den Kampfberichten, also der sonstigen Berichterstattung von der Front, wurde dagegen ihr Einsatz meist nur wenig detailliert geschildert, in den Beiträgen der WM-PK wurde sie gar kaum je erwähnt und die Situationsberichten behandelten in der Hauptsache Paraden, Truppenbesuche, Werbeveranstaltungen etc. im Reich und den besetzten Gebieten, womit an ihnen an sich nur die Effekte ablesbar waren, welche die vorgeblich wichtige Rolle der SS an der Front und im NS-Staat in der Heimat hatte. Welche Bedeutung die Berichterstattung der SS-PK, zu der im übrigen auch die schließlich von deren Autoren verfassten, längeren Ordensberichte zu rechnen sind, bei der Formulierung des Images der Waffen-SS hatte, wird gerade daran sichtbar, dass die Intensität in der Darstellung des Kriegseinsatzes der SS in den jeweiligen Zeitungen offensichtlich direkt mit der Zahl an dort veröffentlichten Beiträgen der SS-Kriegsberichter zusammenhing. Dass die SS-Truppen dabei in den SS-PK-Artikeln, aber auch in den anderen Berichtsformen überaus häufig gemäß der Leitsätze der SS-Ideologie dargestellt worden sind, war zu erwarten gewesen. Schließlich entsprach dies dem Selbstverständnis des Schwarzen Ordens, zudem war dies die einzige Legitimation für die Existenz einer Waffen-SS neben den traditionellen Waffenträgern.

615

So waren im VB 28 Mal Polizeieinheiten Protagonisten der Beiträge, Verbrechensbekämpfung und Häftlingsbewachung tauchte aber zusammen nur in 21 Beiträgen auf. In der DAZ waren es 49 Beiträge über Polizeieinheiten, aber nur 9 mit Verbrechensbekämpfung, in der FZ 20 Beiträge über Polizeieinheiten und 3 mit Verbrechensbekämpfung bzw. Häftlingsbewachung und im SK 29 Beiträge über Polizeieinheiten, aber nur 12 mit Verbrechensbekämpfung und Häftlingsbewachung, vgl. Tabelle 12 in Abs. 4.4.a) und Anhang 68.

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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Dennoch, insgesamt wurde nur selten plakativ die ideologisch bedingte Sonderrolle der SS-Truppen herausgestellt, etwa durch eine direkte Bezeichnung der Waffen-SS als Organisation politischer Soldaten, Bezugnahmen auf die »Kampfzeit« oder einer Glorifizierung der rassisch bedingten Eigenschaften ihrer Angehörigen. Verdeutlicht wurde ihr spezieller Charakter vielmehr durch eine überaus häufig zu findende Orientierung an den idealtypischen kämpferischen Eigenschaften des politischen Soldaten in der Darstellung der Art und Weise ihres Einsatzes an der Front. Gerade von diesen, insbesondere in der SS-PK-Propaganda nahezu konstant verwendeten, Verweisen auf die von den SS-Männern in den Gefechten gezeigte Treue, Kameradschaft oder Härte war aber nicht anzunehmen, dass sie immer als Komponenten eines weltanschaulichen Vorgaben folgenden Idealbildes zu erkennen waren. Schließlich war eine solche Propaganda in einer Linie mit dem, was schon vor dem Krieg von der SS erzählt und auch in den Zeitungen geschrieben worden ist,616 also dem, was man von einer SS an der Front erwarten konnte. Dazu wurde der Heimat ein solches Kampfverhalten der Waffen-SS auch durch das plausibel gemacht, was sie aus den Erzählungen der WM-Soldaten erfuhr:617 Wurde der Krieg gerade im Osten von beiden Seiten tatsächlich äußerst rücksichtslos geführt, war dennoch auch in der Realität gerade die Art und Weise des Kampfeinsatzes zumindest einiger SS-Einheiten, wenn auch keineswegs die der Waffen-SS insgesamt, durch eine besondere Brutalität wie auch einen ausgesprochenen Opferkult gekennzeichnet.618 Da sowohl in der NS-Kriegspropaganda insgesamt wie gerade auch in der der SS-PK aber sehr häufig lediglich von den Taten »der« Waffen-SS berichtet wurde, waren alle Voraussetzungen gegeben, dass auch in der Heimat das geschah, was Neitzel und Welzer für die Wahrnehmung vieler Soldaten der WM nachweisen konnten:619 Die Waffen-SS insgesamt wurde vielfach als eine opferwillige und fanatische Kampftruppe angesehen, ihre nach weltanschaulichen Idealen modellierte Darstellung in der NS-Propaganda also geglaubt. Weiter haben Neitzel und Welzer aber auch beobachtet, dass die Soldaten der WM immer wieder die Verluste der Waffen-SS als unnötig beschrieben haben, um so die Tapferkeit ihrer Konkurrenten in ihren Geschichten nicht zu wirkungsmächtig werden zu lassen.620 Das zeigt plastisch, dass Umschreibungen der kämpferischen Ideale der SS bei ihrer Verwendung zur Charakterisierung der Art und Weise ihrer Kampfeinsätze auch gut geeignet waren, den Anschein einer hohen militärischen Qualität der SS-Verbände zu erwecken. Zudem wurden, nun nachweislich, auch ohne weltanschaulichen Hintergrund in der NS-Propaganda sehr häufig hervorragende militärische Leistungen der SS an der Front nahe gelegt. Insbesondere in den SS-Kriegsberichten und vor allem im hier entscheidenden VB wurde immer wieder beschrieben, wie »die« Waffen616 617

618 619 620

Vgl. Abs. 3.1.a) dieser Arbeit. Zumindest in der zweiten Kriegshälfte waren solche Erzählungen für die Heimat eine der wichtigsten Informationsquellen zur wahren militärischen Lage, vgl. Kallis, Deutungsmacht, S. 220. Vgl. Abs. 1.3.c) dieser Arbeit. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 368-372. Vgl. ebd., S. 372 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

SS sich auch gegen Massen an Feinden wie auch gegen Elitetruppen in überdies häufig als entscheidend beschriebenen Schlachten durchsetzen und sich so schnell Erfahrung und eine eigene Tradition erarbeiten konnte. Nimmt man noch die gleichfalls recht intensive Berichterstattung über die hervorragende Bewaffnung der SS-Verbände wie auch ihre häufige Beschreibung als Freiwilligenorganisation hinzu, weist alles darauf hin, dass die Waffen-SS in der damaligen Propaganda generell, aber insbesondere in der der SS-PK als eine ideologische wie militärische Elite dargestellt worden ist. Ebenso wurde auch deutlich, welches Ziel die SS mit der von ihr selbst produzierten Propaganda verfolgte: Da gerade hier Verweise auf eine direkte Freiwilligenwerbung weitgehend fehlten, kann geschlossen werden, dass diese so nur indirekt unterstützt werden sollte. Viel wichtiger war offensichtlich, die Existenz einer Waffen-SS zu legitimieren und den für sie nach dem Krieg angestrebten Status einer NS-Volksarmee bereits vorab zu untermauern und so zu legitimieren. Es war zu erwarten, dass eine solche Darstellungsweise zumindest nicht durchgängig von einer demonstrativen Wertschätzung der Reichsführung für die Waffen-SS begleitet worden ist. Schließlich konnte es nicht in deren Interesse sein, dass das Bestehen von Rivalitäten verschiedener Gruppierungen innerhalb der WM in der Berichterstattung der deutschen Medien sichtbar geworden wäre. So ist es nur folgerichtig, dass die auf den ersten Blick recht häufig berichtete Aufmerksamkeit Hitlers für die SS-Truppen meist nicht ausschließlich auf diese bezogen und so nur selten geeignet war, ihr den Anschein einer Gardetruppe des Regimes zu verleihen. Ebenso gab es zwar offensichtlich temporär Kampagnen um einzelne SS-Soldaten, populäre Helden wie einen Prien oder Rommel hatte die Waffen-SS aber nie in ihren Reihen. Dazu wurde selbst durch die SS-PK die Zusammenarbeit von WM und SS an der Front auffallend häufig betont. Dennoch war an den quantitativen Ergebnissen ablesbar, dass eine besondere Wertschätzung der Reichsführung für die SS-Truppen durchaus für den damaligen Leser zu erkennen gewesen sein dürfte. Welch wichtige Rolle die Meldungen des WMB dabei gespielt haben müssen, ist schon an der Zahl der Verweise auf ihn vor allem in den SS-PK-Berichten ablesbar. Dazu trat die auffallend intensive Berichterstattung über ihre gute Ausrüstung und über die zudem sehr zahlreich an die SS-Angehörigen verliehenen Orden. Das wichtigste Indiz ist aber ihre überaus starke Berücksichtigung in den damaligen Medien vor allem in den letzten Kriegsjahren, die auch und gerade eine unverhältnismäßig große Zahl an SS-PK-Berichten in dieser Zeit einschloss. Es trifft so wohl am Besten die Art und Weise der Bevorzugung der Waffen-SS in der deutschen Propaganda, sie als nur »zwischen den Zeilen« erkennbar zu beschreiben. Da unter den Bedingungen einer Diktatur aber die Bedeutung solcher scheinbar nebensächlichen Andeutungen und Nuancen in der Darstellung nicht zu unterschätzen ist, kann dennoch davon gesprochen werden, dass der damaligen Bevölkerung diese besondere Wertschätzung der Waffen-SS in den damaligen Medien zumindest in den letzten Kriegsjahren vor Augen geführt worden ist. Zuletzt wurde anhand der Themen, die zwar ebenso wichtig für das Bild von der Waffen-SS in der NS-Propaganda gewesen sind, von denen aber angenommen werden kann, dass die Intensität von deren Behandlung stark von den Anweisun-

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4.4 Inhaltliche Charakteristika der Berichterstattung

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gen des RMVP abgehangen hat, deutlich sichtbar, wie sehr auch der SS übergeordnete Interessen die Darstellung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS in gewisse Bahnen gelenkt hat. So konnte die SS-PK zwar den bolschewistischen Feind mit Schmähungen überziehen, ihn aber auch rassistisch herabzusetzen, war ihr nur in einem relativ kurzen Zeitraum möglich. Genauso war auch in SS-Kriegsberichten zu lesen, dass die Bevölkerung der besetzten Gebiete sich dem Rückzug der SSTruppen angeschlossen habe, sie also Schutz von diesen erhalten hätte. Dadurch wurde das Bild von der Waffen-SS zwar unzweifelhaft freundlicher, ihrer Eigendarstellung als »Nur-Kämpfer« widersprach dies aber an sich. Auf anderen Feldern allerdings profitierte die Waffen-SS auch deutlich von diesen Anweisungen. So wurden zumindest die als »germanisch« angesehenen SS-Einheiten eindeutig auch aufgrund der Europapropaganda des NS-Regimes besonders in den damaligen Medien berücksichtigt, was eine größere Aufmerksamkeit für die Waffen-SS insgesamt bedeutete und ihr zugleich auch die Möglichkeit gab, sich als Vorreiter der »großgermanischen Idee« zu präsentieren. Da zugleich von den sonstigen Ausländern und selbst von den Volksdeutschen in den SS-Kampfverbänden nur selten und wenn dann meist nur wenig intensiv berichtet worden ist, ist nicht davon auszugehen, dass sich aus dem, vor allem in den letzten Kriegsjahren stark ansteigenden, Anteil »Fremdvölkischer« in der Waffen-SS zeitgenössisch ein Glaubwürdigkeitsproblem im Rahmen ihrer Darstellung als politische Soldaten ergeben hat. Selbst die, zumindest temporär, recht wichtige Rolle der Polizeiverbände hatte offenbar kein uneinheitliches Bild vom Kriegseinsatz der SS in der NS-Propaganda zur Folge. Schließlich stand auch in der Berichterstattung über diese vor allem ihr militärischer Einsatz im Mittelpunkt, vor allem aber sind diese Beiträge in ungefähr der Hälfte der Fälle von der SS-PK verfasst worden. Es ist nicht anzunehmen, dass gerade die SS selbst den Fronteinsatz dieser Angehörigen des Schwarzen Ordens abweichend von dem ihrer übrigen Kampftruppen dargestellt hat. Vorbehaltlich der Ergebnisse der qualitativen Analyse ist so davon auszugehen, dass auch die Polizisten, SD-Angehörigen und sonstige SS-Männer an der Front in der NS-Propaganda die Merkmale von politischen Soldaten aufgewiesen haben. Die Anweisungen des RMVP zwangen somit die SS-PK sicherlich, in ihrer Darstellung der SS an der Front so manchen Kompromiss einzugehen. Ebenso hatten gewiss auch andere Stellen im Reich etwa durch DNB-Meldungen oder auch den Wehrmachtbericht einen Einfluss auf das der damaligen Öffentlichkeit präsentierte Bild von der Waffen-SS. Bei der Analyse der Berichterstattung der hier erfassten Berichtsformen abseits der SS-Propaganda hatte sich aber kein Hinweis auf eine dort grundsätzlich andere Darstellungsweise der Waffen-SS ergeben. Da Erwähnungen im Wehrmachtbericht oder in Reden Hitlers zudem unzweifelhaft immer auch ein Lob bedeuteten, kann davon ausgegangen werden, dass auch diese hier nicht untersuchten Meldungen dem von der SS-PK entworfenen und glaubwürdigen Bild von den SS-Truppen als einer militärisch-ideologischen Elite nicht widersprachen, sondern es vielmehr immer wieder bestätigten. Ausformuliert und mit entscheidenden Details versehen wurde dieses einheitliche Image von der Waffen-SS aber wesentlich von der SS-Propaganda selbst. Deshalb soll im folgenden, qualitativen Teil der Analyse der Fokus auf die Darstellung

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

der Waffen-SS durch die SS-PK und die Wandlungen dieses so erzeugten Bildes im Laufe der Jahre gelegt werden. Die übrigen Beiträge der hier untersuchten Zeitungen werden hingegen nur einbezogen, wenn sie einen erkennbar wichtigen Beitrag zu der Berichterstattung über die Waffen-SS zu dem jeweiligen Zeitpunkt darstellten. In einem ersten Schritt werden nun, auch um anschließend Wiederholungen zu vermeiden, die wichtigsten Merkmale der Darstellung des politischen Soldaten von der Waffen-SS durch die SS-PK zusammengefasst vorgestellt.

4.5 QUALITATIVE ANALYSE: MERKMALE DES POLITISCHEN SOLDATEN VON DER WAFFEN-SS IN DER DARSTELLUNG DER SS-PK Liest man die zwischen 1939 und 1945 in den hier untersuchten Medien veröffentlichten Beiträge der SS-PK über den Kriegseinsatz der SS, bestätigen sich schnell die Ergebnisse des quantitativen Teiles der hier durchgeführten Inhaltsanalyse. Trotz aller durchaus spürbaren Anpassungen an den Stil der jeweiligen Zeitung wurde der Kriegseinsatz der Waffen-SS tatsächlich von den Kriegsberichtern der SS-PK über die Jahre hinweg mit grundsätzlich gleichen inhaltlichen Merkmalen beschrieben. Dem spricht auch nicht entgegen, dass sich bezüglich einiger Aspekte im Laufe der Zeit deutliche Änderungen feststellen ließen. Vielmehr sind solche Änderungen darauf zurückzuführen, dass die Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS auch von den jeweils aktuellen Erfordernissen der allgemeinen Meinungslenkung, und damit von den Anweisungen des RMVP, dem im Laufe der Zeit sich wandelnden Charakter der Waffen-SS, ihrer wachsenden Bedeutung im Rahmen der deutschen Kriegsführung und nicht zuletzt natürlich auch vom realen Geschehen an der Front abhing. Auf diese Änderungen wird im nachfolgenden Kapitel dieser Untersuchung noch eingegangen werden. Dennoch, aus der quantitativ festgestellten, starken Orientierung in der SS-PK-Berichterstattung an den kämpferischen Idealen der NS-Ideologie wie auch der fast konstant hier zu findende Behauptung herausragender militärischen Fähigkeiten und Taten der SS-Soldaten entstand tatsächlich in den damaligen Medien eine Art Image der Waffen-SS im Kriegseinsatz. Dessen wichtigste Merkmale werden nun nachfolgend vorgestellt werden. a) DER GEMEINSAME GEIST DER WAFFEN-SS

Zuvor muss noch ein Widerspruch zu den Ergebnissen der quantitativen Analyse aufgelöst werden. Schließlich hatten sich dort ja durchaus Anzeichen ergeben, dass damals selbst in der Propaganda der SS-PK zumindest drei SS-Divisionen in einer vom Rest der Waffen-SS abweichenden Weise charakterisiert worden sein könnten.621 Ein Indiz dafür war, dass der »LAH« in allen hier untersuchten Zei621

Vgl. Abs. 4.4.a) und 4.4.b) dieser Arbeit.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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tungen insgesamt und hier entscheidend, auch durch die SS-PK, weitaus mehr Beiträge gewidmet worden sind als allen anderen SS-Divisionen.622 Dazu wurde bei ihr offensichtlich weitaus häufiger als bei anderen SS-Einheiten eine speziellen Beziehung zu Hitler behauptet. Ebenso haben sich Hinweise auf eine Doppelrolle der SS-Division »HJ« wie auch der SS-Division »Wiking« in der NS-Propaganda ergeben, welche zugleich auch als eine symbolische Frontabordnung der deutschen Jugend bzw. Symbol der germanischen Schicksalsverbundenheit im europäischen Kampf dargestellt worden sind. Dazu wurden auch den SS-Divisionen »TK« und »DR« recht häufig speziell auf sie bezogene Beiträge gewidmet.623 Dennoch entstand in der hermeneutischen Betrachtung keineswegs der Eindruck einer vom Rest der Waffen-SS abweichenden Darstellungsweise dieser Einheiten. Vielmehr wiesen auch sie in den Berichten grundsätzlich die gleichen Charakteristika wie die anderen SS-Divisionen bzw. die Waffen-SS an sich auf. So wurden Angehörige der »LAH« zwar in der gesamten hier untersuchten Tagespresse in Berichten über offizielle Feierlichkeiten, wie insbesondere Staatsbesuche, sehr häufig als Ehrengarde Hitlers dargestellt. Allerdings beschränkten sich solche Meldungen in den allermeisten Fällen auf einen charakteristischen Satz: »Bei der An- und Abfahrt erwies eine Formation der Leibstandarte militärische Ehrenbezeigungen.«624 Gewiss trugen auch solche Informationen durch die jahrelange Wiederholung zu dem Image der »LAH« als der Gardetruppe des Regimes bei. Dazu wurde sie auch bei anderen Gelegenheiten durch Berichte über eine besondere Aufmerksamkeit Hitlers ihr gegenüber immer wieder herausgehoben, etwa wenn der Diktator die Leibstandarte Anfang des Krieges zweimal an der Front besuchte, ihr 1940 seine »Führerstandarte« als »Feldzeichen« überließ oder ihr Kommandeur Sepp Dietrich generell eine spezielle Aufmerksamkeit in der NS-Propaganda genoss.625 So überrascht nicht, dass auch die SS-PK speziell ihr immer wieder Artikel gewidmet hat.626 Dennoch folgte daraus kein eigenständiger Charakter der »LAH« in der Berichterstattung. Das betrifft selbst ihre besondere Nähe zu Hitler. Es fanden sich durchgehend ebenso viele Beschreibungen, die eine spezielle Beziehung der Waffen-SS insgesamt zu Hitler wie auch zur NS-Bewegung behaupteten und das mit ihrer Eigenschaft als Organisation politischer Soldaten begründeten. So verwiesen die Journalisten der SS-PK 1941 in der DAZ darauf, dass »es doch auch heute noch zu der vornehmsten Pflicht der Schutzstaffel [gehört], das Leben des Führers zu schützen.«627 Auch später im Krieg hieß es immer wieder in den SS-PK-Berichten, die Waffen-SS sei die »kampferprobte Gemeinschaft der besten und treu622 623 624 625

626

627

Vgl. Anhang 4. Vgl. die Anhänge 8 und 9. »Der Führer empfing Summer Welles«, in: FZ 114 v. 3.3.1940, S. 1. Vgl. »Mit Adolf Hitler unterwegs«, in: DAZ 614 v. 27.12.1939, S. 3; »Führerstandarte als Feldzeichen der Leibstandarte SS«, in: DAZ 435 v. 10.9.1940, S. 1; »Der Weihnachtsbesuch des Führers«, in: FZ 660 v. 27.12.1940, S. 1 f. Zu den Hintergründen für diese spezielle Rolle Dietrichs vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. etwa »Kameraden der Leibstandarte erzählen«, in: SK 39 v. 28.9.1939, S. 10; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f. »Besuch bei der Waffen-SS«, in: DAZ 137 v. 21.3.1941, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

esten Gefolgsmänner des Führers und seiner Bewegung«628 auch insgesamt die »Garde des Führers«629 oder der »sichtbarste wehrhafte Ausdruck« des Nationalsozialismus.630 Gleiches galt auch für die Darstellung der vorgeblich germanischen SS-Division »Wiking«, wo zwar durchaus den Norwegern, Dänen, Holländern etc. in ihren Reihen eine spezielle Aufmerksamkeit gewidmet und der vorgeblich gesamteuropäische Charakter des deutschen Kampfes besonders betont wurde. Dennoch, das wird nachfolgend noch genauer ausgeführt werden,631 zentrales Anliegen aller dieser Berichte war, die Wesensgleichheit dieser Germanen mit ihren deutschen Kameraden den Lesern vor Augen zu führen. Deshalb wurden auch sie mit den Eigenschaften des politischen Soldaten dargestellt. Von den im Rahmen der SS kämpfenden Ausländern wurden überhaupt nur die »fremdvölkischen« Freiwilligen abweichend vom Rest der Waffen-SS dargestellt, was aber, da diese nicht zum Orden der SS gehörten, schon vorab zu erwarten gewesen war.632 Ebenso wurde gerade durch die SS-PK die jugendliche Begeisterung der Angehörigen der SS-Division »HJ« immer wieder besonders hervorgehoben. Dennoch war auch hier erkennbar die zentrale Botschaft, dass auch bei diesen ganz jungen Soldaten der spezielle Geist der SS schnell ihr Denken und Handeln bestimmt habe. Auch darauf wird nachfolgend noch eingegangen werden.633 Mögen somit einzelne SS-Divisionen durchaus stärker in der Propaganda der SS-PK berücksichtigt worden sein als andere und sind graduelle Unterschiede oder verschiedene Schwerpunkte in ihrer jeweiligen Darstellung durchaus feststellbar, so wiesen in den Kriegsberichten der SS dennoch alle SS-Männer an der Front die grundsätzlich gleichen Eigenschaften auf, gleichgültig ob sie nun ausdrücklich in der »LAH« kämpften oder der ja viel häufigere Fall vorlag, dass einfach nur der Sieg von Einheiten »einer« SS-Division oder »der« Waffen-SS beschrieben worden ist.634 Die diesem gemeinsamen Geist zugrundeliegenden »Werte« der SS dem Leser vor Augen zu führen war es, was die Journalisten der SS-PK anstrebten. In einem ihrer Beiträge über die Leibstandarte wurde das sogar offen angesprochen: Es wäre freilich falsch, diese Division als Verkörperung der Waffen-SS überhaupt zu nennen, denn Divisionen wie »Das Reich«, [...] »Totenkopf«, »Wiking« und andere haben sich [...] durchaus ihre eigene, nicht weniger ruhmvolle Tradition erkämpft und sind nicht weniger mitbestimmend geworden für den Geist, der die Waffen-SS beseelt und für den Ruf der kämpferischen Bewährung, der ihr vorausgeht.635

628 629 630 631 632 633 634 635

»Treu sein wie die Besten an der Front«, in: VB 152 v. 1.6.1943, S. 2. »Sie wollen einmal zur Waffen-SS«, in: VB 316 v. 12.11.1942, S. 4. »Europa lebt«, in: SK 52 v. 28.12.1944, S. 3. Vgl. Abs. 4.6.b) dieser Arbeit. Dies wird unten noch genauer ausgeführt werden, vgl. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Abs. 4.6.e) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 3. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

363

So war es nur folgerichtig, dass gerade in der Propaganda der SS-PK zunächst noch einer bestimmten SS-Division zugeschriebene Erfolge in späteren Rückschauen vielfach als Siege der Waffen-SS insgesamt dargestellt worden sind.636 b) INNERE EINSTELLUNG UND MERKMALE DER SOLDATEN DER WAFFEN-SS

Schon die Fähigkeiten und Qualitäten, welche die SS-Soldaten auf das Schlachtfeld mitbrachten, wurden in den SS-PK-Berichten so grundsätzlich gleich beschrieben, dass sie einen festen Bestandteil des Images der Waffen-SS darstellten. Zunächst galt das für die von den Journalisten der SS-PK ja immer wieder hervorgehobene Freiwilligkeit des Beitrittes zur Waffen-SS.637 Wie schon in der quantitativen Analyse angeklungen ist, war diese Freiwilligkeit auch deshalb ein so wichtiges Element des Images der Waffen-SS, weil sie in gleich drei Bedeutungszusammenhängen in der Propaganda der SS auftauchen konnte. Zunächst in einer ideologischen Bedeutung, etwa wenn es in einem Artikel des SK aus dem Jahr 1944 hieß: Wehrpflichtige Jahrgänge einzuziehen, wäre kein Kunststück, auch im 5. Kriegsjahr nicht. Die Waffen-SS ergänzt sich jedoch nach dem Grundsatz der Freiwilligkeit, der den Divisionen unter den Sigrunen den unwiderstehlichen Schwung und die gefürchtete Härte gibt [...]. Sie werden die letzten Bataillone auf dem Schlachtfeld sein, weil sie wie keine andere Truppe dem Führer und seinem Reiche verschworen sind.638

Die Freiwilligkeit war aber in den Beiträgen auch ein Zeichen dafür, dass Idealismus und nicht etwa irgendeine Form von Zwang die in der SS dienenden Ausländer zu dieser geführt habe. So hieß es etwa in einem im VB 1941 veröffentlichten Beitrag der SS-PK über die »Germanen« der SS-Division »Wiking«: Sie kamen zu uns, bedingungslos [sic] als Soldaten des deutschen Führers für das neue, große Germanien zu kämpfen. Jeder Feind Deutschlands ist ihr Feind. Der Marsch nach Osten ist ihnen ein Weg zur letzten Entscheidung. Sie kamen damals zu uns, von ihren Landsleuten missverstanden, nicht in stolzen Kolonnen, sondern einzeln, entschlossen und klar, oft gegen Vater, Mutter und Familie.639

Gleiches wurde auch von den Volksdeutschen640 und auch von den »fremdvölkischen« SS-Angehörigen641 behauptet. 636

637 638 639 640 641

So wurde z. B. der Übergang der »LAH« über den Kanal von Korinth während des Balkanfeldzugs im Mai 1941 als Tat der Leibstandarte geschildert, während im Dezember des gleichen Jahres diese Tat »der« Waffen-SS zugeschrieben wurde, vgl. »Sprung über den Golf«, in: SK 20 v. 15.5.1941, S. 9; »Zwei Ritterkreuz-Träger der Waffen-SS gefallen«, in: SK 50 v. 11.12.1941, S. 7. Gleichfalls wurde die Einnahme von Cherson im September 1941 in einem Artikel des SK als Tat der Waffen-SS und einige Seiten weiter als die der »LAH« geschildert, vgl. »Kampf um Cherson«, in: SK 37 v. 11.9.1941, S. 3; »Waffen-SS am Schwarzen Meer«, in: SK 37 v. 11.9.1941, S. 6. Vgl. Anhang 45. »Freiwillige für die Waffen-SS«, in: SK 19 v. 11.5.1944, S. 7. »Die germanischen Kameraden«, in VB 246 v. 3.9.1941, S. 3. Als Bsp. vgl.: »Deutsche aus dem Südosten in der Waffen-SS«, in: VB 73 v. 13.3.1944, S. 6. Als Bsp. vgl.: »Das französische SS-Freiwilligen Grenadierregiment«, in: VB 343 v. 9.12.1943, S. 6; »SS-Männer mit rotem Fez«, in: VB 15 v. 15.1.1944, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Die Freiwilligkeit des Dienstes in der Waffen-SS war zudem auch immer wieder Kennzeichen der hier herrschenden, besonderen Leistungsbereitschaft, etwa wenn es in einem im SK 1940 veröffentlichten Beitrag der SS-PK hieß: Es gibt einen Ausdruck in der Waffen-SS, der typisch ist für diese Freiwilligentruppe. Er heißt: »Los, los!« Los, los heißt es tausendmal im täglichen Dienst, im Frieden wie im Krieg, mit los, los werden die Kradmelder an [sic] den Weg geschickt, los, los sagen die Unterführer, wenn es zum Angriff vorgeht, los, los sagen aber die Kameraden auch untereinander, wenn sie den Entschluß zu besonderen Vorhaben fassen, wenn es gilt, als Einzelkämpfer versprengt, auf sich selbst gestellt vorm Feind oder auch in der Ruhe, solange noch nicht Zapfenstreich ist. Und los, los sagt oft genug einer zu sich selbst allein, aber er fühlt es nur im Unterbewusstsein und handelt danach. – los, los.642

Ebenso war die vorgeblich hervorragende Ausbildung der Angehörigen der Waffen-SS ein wichtiger, regelmäßig hervorgehobener Teil ihres Images. So bezeichnete ein Beitrag des SK schon im November 1939 die »harte soldatische Zucht« wie auch die »bis ins kleinste gepflegte militärische Vorbildung« in der Waffen-SS als Grundlage ihrer Erfolge in Polen.643 In den SS-PK-Artikeln der Tageszeitungen VB und DAZ wurde gleich mehrfach darauf verwiesen, dass die SS-Truppen ihre Feuertaufe im Westfeldzug 1940 freudig, ruhig und vor allem gut ausgebildet erlebt hätten.644 Auch danach wurde immer wieder auf die gute Ausbildung der SS-Soldaten eingegangen, etwa in der Zeit des Balkanfeldzuges 1941, als es im VB hieß: »Im Kampfe um die Macht im Innern gehärtet, waren alle Voraussetzungen gegeben, daß die SS auch als Formation des Heeres eine der schärfsten Waffen des Führers ist. Dafür bürgt auch die Ausbildung der Männer, die bei den Ersatzeinheiten hart an sich arbeiten müssen.« 645 Gleiches galt in der Zeit des Feldzuges gegen die Sowjetunion, etwa wenn die Aufstellung der SS-Kompanien vor einem Gefecht als »wie auf dem Exerzierfeld«646 beschrieben oder deren Bewegung im Gelände als ausgezeichnet gelobt wurde.647 Noch im März 1944 war in der DAZ von einer »sagenhaft erscheinenden Härte der militärischen Ausbildung«648 in der »LAH« die Rede, gleiches wurde im Juni 1944 im VB von der neuaufgestellten SS-Division »HJ« behauptet.649 Die SS-Männer erschienen sogar nicht nur als dem Heer gleichwertig ausgebildet, vielmehr klang von Anfang an in den SS-PK-Berichten immer wieder an, dass es sich gerade bei der Waffen-SS um dass vorbildliche Modell für ein deutsches Soldatentum der Zukunft handeln würde.650 Deutlich sichtbar wurde das zum 642

643 644

645 646 647 648 649 650

»Statt Wasser – 50 Gefangene«, in: SK 30 v. 25.7.1940, S. 10. Ähnlich etwa auch: »Ernste und frohe Wirklichkeiten«, in: VB 269 v. 26.9.1941, S. 3. »Kameraden mit dem EK«, in: SK 44 v. 2.11.1939, S. 3 f, hier 4. Vgl. »Wir liegen in einem Hohlweg«, in: VB 148 v. 27.5.1940, S. 1. Andere Bsp. wären z. B. »Stoßtrupp bereit«, in: SK 17 v. 25.4.1940, S. 3; »Wilde Jagd auf französische Panzer«, in: SK 23 v. 6.6.1940, S. 9; »Die Schule der Junker«, in: SK 19 v. 9.5.1940, S. 9. »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: VB 105 v. 15.4.1941, S. 3. »Das war etwas für uns«, in: SK 31 v. 31.7.1941, S. 5. Vgl. »Leibstandarte ›Adolf Hitler‘ greift an«, in: VB 305 v. 1.11.1941, S. 3. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Vgl. »Der Kampf ohne Gnade«, in: VB 160 v. 12.6.1944, S. 1. Vgl. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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einen, wenn immer wieder auf die bei der SS üblichen Auswahl ihrer Offiziersanwärter nach ihren charakterlichen Eigenschaften und ihrer Bewährung auf dem Schlachtfeld verwiesen wurde, anstatt wie bei der WM hauptsächlich auf Schulbildung oder gar Abstammung zu achten. Besonders prägnant in dieser Hinsicht wurde dies ausgeführt in einem Artikel des SK aus dem Jahr 1942 über die »Junker der Waffen-SS«: Offensichtlich waren sie trotz ihrer jungen Jahre mit einem erstaunlichen Tatsachensinn begabt und ganz dem Gegenständlichen hingegeben. […] Sie waren beste, junge deutsche Mannschaft, gesund an Körper und Geist und von zuverlässigem Charakter, wie es überhaupt eine vollkommene Zuverlässigkeit war, die sich bei ihnen in Wort und Haltung ausdrückte. […] Auf den Schlachtfeldern Europas haben sie sich das Maß an Reife und das Können erworben, das sie nun zum Führertum berief.651

Zum anderen wurde in der SS-Propaganda immer wieder behauptet, dass die SSVerbände mit der von ihnen angewandten Stosstrupptaktik herausragende Erfolge erzielt hätten.652 Damit zeigt sich hier eine Parallele zum Bild der Waffen-SS in der frühen Forschungsliteratur, wo diese Stoßtrupptaktik ebenso als Grundlage für den elitären Charakter der Waffen-SS aufgeführt wurde.653 Aber auch allgemein war laut den SS-Propagandisten zumindest ab etwa 1941 die Basis für die Erfolge der Waffen-SS immer wieder, dass ihre Angehörigen sich bewusst abseits der alten Kriegsregeln bewegen und dabei große Improvisationskünste und Risikobereitschaft zeigen würden. So wurde z. B. der Einsatz der »LAH« in Griechenland 1941 in einer großen Reportage in DR genau auf diese Weise charakterisiert, dort kulminiert in der ausführlichen Schilderung ihrer Überquerung des Golfs von Korinth.654 Später wurde es gar zur Tradition der Leibstandarte wie auch der Waffen-SS insgesamt erklärt, dass sie durch ihr rasches, rücksichtsloses Handeln auch mit den schwierigsten Lagen fertig werden würden. Im VB hieß es so 1943: Und so wurde es zur Tradition, daß überall dort, wo die Lage schwierig war und nur rasches Handeln sie lösen konnte, auch die Leibstandarte in den Kampf geworfen wurde. Sie durchstieß Polen, oftmals von ihren rückwärtigen Verbindungen völlig abgeschnitten, bis Modlin und stiftete Verwirrung in den Reihen der Feinde, die auf eine derartige Kampfführung nicht gefaßt waren.655

Solche Aktionen lagen den SS-Soldaten laut der Darstellung der SS-PK gleichsam im Blut. Denn hier wurde fast standardmäßig behauptet, der Erfolg von SS-Sol651

652

653

654 655

»Junker der Waffen-SS«, in: SK 48 v. 26.11.1942, S. 6 f. Ähnlich etwa auch: »Freiwilligenmeldungen ohne Ende«, in: SK 11 v. 14.3.1940, S. 9; »SS-Führer in der Waffen-SS«, in: VB 278 v. 5.10.1942, S. 3. Vgl. etwa »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5; »Stoßtrupp bereit«, in: SK 17 v. 25.4.1940, S. 3; »Stoßtrupp nach Belgrad«, in: VB 108 v. 18.4.1941, S. 4; »So sind sie alle«, in: SK 48 v. 2.12.1943, S. 4; »Stoßtrupp vor Nettuno«, in: VB 106 v. 15.4.1944, S. 3. Vgl. als Bsp. Stein, Geschichte, S. 11 f, FN 30 f. Tatsächlich waren wohl nur die ersten Angehörigen der Standarte »Deutschland« so ausgebildet, vgl. Wegner, Soldaten, S. 177. Vgl. »Die Leibstandarte setzt über«, in: DR 19 v. 11.5.1941, S. 3. »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2. Andere Bsp.: »Neun Mann zwangen Belgrad zur Übergabe«, in: DAZ 182 v. 16.4.1941, S. 1 f; »Der schwere Weg«, in: SK 36 v. 3.9.1942, S. 6; »Die Erben der Revolution«, in: VB 218/219 v. 5./6.8.1944, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

daten habe auf ihrem eigenen Entschluss, also ihrem instinktiv richtigen Handeln im Gefecht, beruht.656 Hinzu trat, wie sich in der quantitativen Untersuchung ja erwiesen hat, schon früh im Krieg und überaus häufig in den SS-PK-Berichten die Behauptung einer großen Erfahrung der Waffen-SS in der Schlacht.657 So wurde schon in der Berichterstattung über den Westfeldzug 1940 mehrfach auf das Ansehen verwiesen, welches sich die SS-Verbände in Polen verdient hätten.658 Das setzte sich auch im Balkan-Feldzug 1941 fort.659 Ab dem Beginn des Russlandfeldzuges war es dann normal, die große Kampfkraft der SS-Verbände mit ihren zahlreichen Einsätzen zu begründen. So hieß es etwa 1942 im SK, dass die dort beschriebenen SS-Männer durch »die Glut vieler Schlachten [...] zu makelloser menschlicher Reinheit gebrannt« worden wären,660 oder 1943 an gleicher Stelle, dass sie den »Instinkt der alten Soldaten« besäßen, die »unzählige Male dem Tod Aug in Auge gegenübergestanden«661 wären. Gegen Ende des Krieges waren sie dann die »tausendfach Gesiebten«,662 welche sich dem Feind entgegenwarfen. Dagegen hatte sich schon quantitativ gezeigt, dass die durch strenge Eingangsuntersuchungen vorgeblich gewährleistete besondere rassische »Qualität« der SS-Männer nur kurz eine wichtige Rolle in der SS-Propaganda gespielt haben kann.663 Tatsächlich war zu Beginn des Krieges im SK noch zu lesen, dass die scharfe Auswahl dazu geführt habe, dass nur ein kleiner Teil der Bewerber, nur die »rassische Auslese der Besten«, in der bewaffneten SS dienen dürfe.664 In einem anderen Beitrag dieser Zeitung wurde anlässlich eines Rückblicks auf die SS im Polenfeldzug im November 1939 ausgeführt: »Es zeigt sich in den scharf geschnittenen Köpfen und den sehnig-straffen Gestalten der Führer ebenso wie in den klaren Gesichtern und in dem kernigen Körperbau der Unterführer und Männer, zu welchen Ergebnissen die unerbittliche Auslese bei der Einstellung in die Schutzstaffeln geführt hat.«665 Auch in der Zeit nach dem Westfeldzug wurde zumindest im SK noch auf die »strenge Musterung, wie sie die Waffen-SS fordert«666 Wert gelegt. Dennoch 656

657 658

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665 666

Vgl. als Bsp. aus allen Phasen des Krieges: »Die Schule der Junker«, in: SK 19 v. 9.5.1940, S. 9; »Der jüngste Ritterkreuzträger«, in: DAZ 518 v. 29.10.1941, S. 2; »Vorstoß mitten durch die Sowjetregimenter«, in: DAZ 102 v. 1.3.1943, S. 2; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Vgl. die Anhänge 29 und 32. Nach dem Westfeldzug 1940 hieß es in einem SS-PK-Artikel des VB: »Als vor einem Jahr […] die Wellen des deutschen Angriffs mit unwiderstehlicher Gewalt Polen überfluteten, da standen überall in den ersten Linien auch die Regimenter und Standarten der Waffen-SS«, in: »Die Männer im Braunhemd«, in: VB 239 v. 26.8.1940, S. 1 f, hier 1. Weitere Bsp.: »Mit der Leibstandarte in Rotterdam«, in: VB 139 v. 18.5.1940, S. 3; »Der Dank des Führers«, in: SK 30 v. 25.7.1940, S. 9. Vgl. »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: VB 105 v. 15.4.1941, S. 3. »Das Wort des Führers«, in: SK 20 v. 14.5.1942, S. 6. »Der Damm«, in: SK 40 v. 7.10.1943, S. 6. »Das Beispiel Herrlisheim«, in: SK 12 v. 22.3.1945, S. 5. Vgl. Anhang 25. »Nachwuchs für die SS-Artillerie«, in: SK 40 v. 3.10.1939, S. 9. Ähnlich z. B. »Freiwillige für die Waffen-SS«, in: SK 11 v. 14.3.1940, S. 3; »Freiwilligenmeldungen ohne Ende«, in: SK 11 v. 14.3.1940, S. 9. »Kameraden mit dem EK«, in: SK 44 v. 2.11.1939, S. 3 f, hier 4. Vgl. »Kameraden aus dem Norden«, in: SK 6 v. 6.2.1941, S. 9.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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tauchten solche Beschreibungen nun weitaus seltener in der SS-Propaganda auf.667 Mit dem allmählichen Wandel der Waffen-SS zu einer Massenorganisation wurde schließlich in der Berichterstattung der SS-PK kaum noch eine rassische Überlegenheit aller deutschen bzw. germanischen Soldaten behauptet. c) IDEOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN

Trugen schon die bis jetzt beschriebenen Stereotype zweifellos dazu bei, die Waffen-SS zu einer ideologischen wie militärischen Elitetruppe zu stilisieren, so musste das umso mehr für die speziellen Eigenschaften des politischen Soldaten gelten. Schließlich tauchten gerade die kämpferischen Elemente der SS-Ideologie wie etwa Treue oder Härte, welche einen außergewöhnlich aufopferungsvollen, fanatischen Kampf der SS nahe legten, besonders häufig in den Beiträgen aller hier untersuchten Zeitungen auf.668 Dennoch waren, wie sich in der quantitativen Untersuchung erwiesen hatte,669 direkte Charakterisierungen der Waffen-SS als politische Soldaten in den Beiträgen aller Zeitungen vergleichsweise selten zu finden. Dennoch waren auch solche Beschreibungen von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit für das Image der SS-Truppen. Denn wenn sie in den Beiträgen auftauchten, wurde gerade damit der besondere Status der Waffen-SS in der deutschen Wehrmacht, aber auch ihr außergewöhnlicher militärischer Wert begründet. Die Journalisten der SS-PK behaupteten dabei etwa, dass das für die Waffen-SS typische politische Soldatentum seine Ursprünge in der »Kampfzeit« hätte. Der damals von der Schutzstaffel gezeigte Geist würde auch in der heutigen bewaffneten SS weiterleben.670 Die SS-Kampfverbände hätten sich aber auch zu einer militärischen Elitetruppe weiterentwickelt, in der sich, so formulierte es der VB 1942 explizit, »[...] die Tradition des politischen Kämpfertums mit den höchsten soldatischen Tugenden und Leistungen vereinigt.«671 Vor allem in der zweiten Kriegshälfte war in den Berichten über die Waffen-SS wiederholt zu lesen, dass gerade ihr politisches Soldatentum sie zu militärischen Höchstleistungen befähige. Sie würden so zu einer besonders aufreibenden Kampfesführung motiviert oder hätten gerade Dank ihrer soldatischen, also kämpferischen und nicht militärischen Lebensauffassung den Mut, auch zur Tragik ja zu

667

668 669 670

671

So wurde etwa der SS-Hauptsturmführer Klingenberg beschrieben als »Typ des nordischen Menschen, groß, blond, schlank und blauäugig«, in: »Stosstrupp nach Belgrad«, in: VB 108 v. 18.4.1941, S. 4. Ebenso betonte das SK noch 1944 die Gültigkeit der »strengen Gesetze der blutmäßigen und körperlichen Auslese, die nach wie vor für die Einstellung der Freiwilligen maßgebend sein müssen.«, in: »Freiwillige für die Waffen-SS«, in: SK 19 v. 11.5.1944, S. 7. Vgl. Tabelle 23b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl. Anhang 23. Vgl. als Bsp. »Portrait eines Politischen Soldaten«, in: SK 31 v. 18.1940, S. 10; »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: VB 105 v. 1.4.1941, S. 3; »Besuch bei der Waffen-SS«, in: DAZ 137 v. 21.3.1941, S. 3; »Der Aufbau der Waffen-SS«, in: VB 73/74 v. 14./15.3.1942, S. 5; »SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Eicke gefallen«, in: FZ 116 v. 4.3.1943, S. 1. »Dokumente des Kämpfertums«, in: VB 277 v. 4.10.1942, S. 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

sagen.672 Im VB war zu lesen, in der Waffen-SS wäre zum ersten Mal die unlösbare Vereinigung von Idee und Schwert geschaffen worden, und zwar in der Weise, dass der politische Wille das Schwert des Soldaten bis zur Unbezwingbarkeit stärke.673 Deshalb würde laut dem SK grundsätzlich gelten: »Ein guter Nationalsozialist ist der beste Soldat.«674 Explizit wurde das auch in einem in der DAZ im März 1944 erschienenen SS-PK-Artikel ausgeführt: Der Begriff des politischen Soldatentums kristallisiert sich in diesen Männern, die ihn, begleitet von einer sagenhaft erscheinenden Härte der militärischen Ausbildung, weitertrugen in die jungen Jahrgänge und so ein Instrument schufen, dessen Schärfe und Präzision in militärischen, dessen politische Ausrichtung in menschlich-seelischen Dingen bisher in keiner noch so verzweifelten Lage versagt hat. Das Wissen um den letzten Sinn unseres Kampfes, auch wenn es nicht jedem Panzergrenadier auf der Zunge liegt, die tiefe Kameradschaft zwischen Führern und Männern, das unbedingte gegenseitige Vertrauen und am Anfang wie auch am Ende der Glaube an den Führer und an sein Vertrauen sind die bestimmenden seelischen Kräfte, die – wichtiger als alle modernen Waffen – die Schlachterfolge der Leibstandarte erzielen.675

Wie hier, wurde auch in vielen anderen Beiträgen der SS-PK zudem die in der Waffen-SS herrschende Kameradschaft als außergewöhnlich gut beschrieben, sowohl zwischen den Männern, aber vor allem zwischen Offizieren und Mannschaften. Sie erschienen so als eine verschworene Gemeinschaft oder gar »Soldatenfamilie«, in der der Vorgesetzte grundsätzlich das väterliche Vorbild war, der mit seinen Männern zusammen im Graben stand und ihnen sogar beim Nahkampf voran stürmte.676 Schon durch diese Darstellung des Vorgesetzten als Vorbild und noch mehr durch die anhaltende Wiederholung dieses Motivs gerade in den SSPK-Berichten677 zeichnet sich ab, dass dabei nicht nur ein selbstverständliches Verhalten an der Front beschrieben wurde. In der qualitativen Analyse erwies sich, dass sie tatsächlich vielfach, als eine weitere seiner Tugenden, den politischen Soldaten der Waffen-SS kennzeichnete. Darauf wurde ab und an sogar explizit eingegangen, etwa in einem im VB 1942 veröffentlichten Beitrag, der beschreibt, wie ein verwundeter SS-Offizier von seinem Fahrer ins Lazarett gebracht wird: Fast hatte es den Anschein, als ob nicht der Chef, sondern sein braver Fahrer die Kugeln im Leib zurückzufahren hätte zum Chirurgen. Auf die Fragen des Chefs blieb der Fahrer stumm und ein verhaltenes Schluchzen würgte den Jungen. »Faiß, alter, guter Steuermann, was hast Du denn nur? Ich bin ja bald wieder gesund und bei Euch.« So wollte ihn der Führer trösten. Da war es denn doch vorbei mit der Fassung des 672

673 674 675 676

677

Vgl. »Germanische Gemeinsamkeit«, in: VB 134 v. 14.5.1943, S. 6; »Eicke, der politische Soldat«, in: VB 64 v. 5.3.1943, S. 1. Vgl. »SS-Führer in der Waffen-SS«, in: VB 278 v. 5.10.1942, S. 3. »Das Bild des besten Soldaten«, in: SK 8 v. 19.2.1942, S. 7. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Schon 1939 wurde etwa herausgestellt, dass Sepp Dietrich in der »vordersten Linie« gekämpft habe, »Kameraden von der Leibstandarte erzählen«, in: SK 39 v. 28.9.1939, S. 10. Andere Beispiele: »Antreten zum Angriff«, in: SK 25 v. 20.6.1940, S. 10; »Auf einem Streifen Acker«, in: DR 35 v. 31.8.1941, S. 3; »Die verschworene Gruppe«, in: SK 30 v. 24.7.1941, S. 5; Solange wir solche Männer haben...«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 7; »Sepp Dietrich zum 50. Geburtstag«, in: SK 22 v. 28.5.1942, S. 6; »SS Brigadeführer Fritz Witt«, in: SK 26 v. 29.6.1944, S. 6 f. Vgl. Tabelle 23a in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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Jungen. »Nein« sagte er. »Das allein ist es gar nicht, Hauptsturmführer. Ich habe immer daran gedacht, daß ich bei Ihnen sein muß...und wenn sie einmal verwundet werden... daß ich Sie dann retten kann. Und heute ist es geschehen, und ich war nicht bei Ihnen...« Als ob eine ganze Welt zusammenbräche, so erschüttert sprach er es aus. Aber auch dem Kompanieführer wurde weich ums Herz, da er diese wenigen Worte hörte, die eine ganze Welt umschlossen und eine glühende Welle der Kameradschaft umschlang die beiden. Die Wunden brannten nicht mehr und der Tag war plötzlich heller und schöner. Das ist die Geschichte einer unerfüllten kameradschaftlichen Tat, die doch in Wahrheit ihre höchste Erfüllung gefunden hatte in der Auszeichnung des Herzens. Sie ist auch ein kleines Denkmal aller unserer braven Soldaten. Das ist das feste Band, das Führer und Mann in der Waffen-SS umschlingt: die unverbrüchliche Treue.678

Dennoch, so deutlich wurden nur selten in den SS-PK-Berichten die militärischen Glanztaten der Waffen-SS mit den bei ihr verwirklichten Idealen der SS-Ideologie begründet. Getreu der Arbeitsmethode der SS-PK, die gewollte politische Tendenz eher unterschwellig und nicht mit dem »Holzhammer« in die Berichte einfließen zu lassen,679 wurde meist das typische Verhalten der SS-Einheiten im Gefecht nach den kämpferischen Elementen der SS-Ideologie gestaltet. So stellte nicht nur quantitativ,680 sondern auch qualitativ eine betont harte, erbarmungslose und rücksichtlose Kampfführung mit das wichtigste Merkmal der politischen Soldaten von der Waffen-SS in der SS-Propaganda dar. Diese hier allgegenwärtige Härte gegen den Feind wurde vor allem dann greifbar, wenn auf das Schicksal der gegnerischen Soldaten eingegangen wurde. Die über die Jahre unveränderte Grundaussage lautete: »der Feind lernte sie […] als furchtbarer Gegner kennen, die Soldaten der Waffen-SS.«681 Dabei wurde insbesondere mit in den Artikeln der SS-PK regelmäßig zu findenden, detaillierten Schilderungen des grausamen Geschehens im Gefecht dieses Merkmal der SS-Truppen veranschaulicht. Schon 1939 hieß es in einem Bericht des SK über das erste Gefecht der SS-Standarte »Deutschland« im Polenfeldzug: Ein polnischer Panzerspähzug will sich entgegenstellen. Mit ein paar wohlgezielten Schüssen wird er außer Gefecht gesetzt, einer der Wagen, ein Polski Fiat, geht in Flammen auf. Grausig ist nachher der Anblick des Fahrers. Aber das hätten sich die Polen selbst sagen können, denn die hier eingesetzten Verbände tragen ja nicht umsonst den Totenkopf an der Mütze; der Feind hatte es ja nicht anders gewollt. 682

Das gilt auch für die Berichterstattung der SS-Propaganda über den Westfeldzug 1940, wo etwa von der sofortigen Exekution zweier französischer Heckenschützen und dem Anzünden ihrer Häuser geschrieben wurde683 oder es im VB hieß: »Ein harter Gegner fordert harten Ansturm, soll er weichen«.684

678 679 680 681 682 683 684

»SS-Führer in der Waffen-SS«, in: VB 278 v. 5.10.1942, S. 3. Vgl. Abs. 3.5 dieser Arbeit. Vgl. Tabelle 23b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. »Grenadiere mit dem schwarzen Spiegel«, in: SK 50 v. 10.12.1942, S. 3. »Die Feuertaufe bei Anitzki-Zawadski«, in: SK 46 v. 16.11.1939, S. 4. Vgl. »Episode aus Frankreich«, in: SK 24 v. 13.6.1940, S. 9. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Insbesondere im Feldzug gegen die Sowjetunion wurde diese Härte der WaffenSS im Kampf durch vielfach zu findende, detaillierte Schilderungen des grausamen Endes ihrer Feinde verdeutlicht. So konnte man im Juli 1941 im VB beispielsweise lesen: Vielleicht soll man es aus Gründen der feineren Seelenhaltung vermeiden, zu erzählen, was wir vor der Kreuzung sahen, aber weil gerade die Rede von der Artillerie ist: wir bemerkten rechts an der Straße einen halben Bolschewiken, am Saume der Straße Reste einer Munitionszugmaschine und wieder ein Stück weiter die andere, obere Hälfte des Fahrers. Das war hässlich anzusehen, aber wir hätten die Szenerie mit Genugtuung betrachtet, wenn der Halbierte ein bolschewistischer Kommissar gewesen wäre.685

In den Jahren danach steigerte sich die Intensität in der Beschreibung dieser Härte sogar noch. So wurde etwa in einer heute kaum vorstellbaren Weise das grausame Geschehen in Nahkämpfen vor dem Leser ausgebreitet. Die SS-Männer fochten »wie zu Zeiten des Bauernkriegs«,686 es herrschte ein »wildes Gemetzel ringsum«,687 die Stiefel eines SS-Soldaten »stampfen hinein in das scheußlichste, hässlichste Gesicht«688 eines Feindes, Benzin wurde in feindliche Panzer geschüttet, bis die Schreie darin schnell erstorben seien,689 oder es hieß: »Wir schießen sie zu Klumpen. Jeder Mann, der die Backe am MG, der die Faust am Geschütz, und jeder Führer der das Glas am Auge hat, strahlt über das ganze Gesicht. Jetzt wird abgerechnet!«690 Ergänzt wurde diese ausdrückliche Gnadenlosigkeit der Waffen-SS durch regelmäßig in den Berichten zu findende, detaillierte Schilderungen des Anblickes der sterbenden und toten Gegner.691 Typischerweise waren die SS-Männer dabei vom Schicksal gerade der sowjetischen Feinde gänzlich ungerührt. So wurde etwa geschildert, wie SS-Soldaten deren Leichen in einer Reihe am Rande einer winterlichen Straße im Osten aufgestellt und sie so als eine Art Windfang genutzt hätten.692 In einem anderen Artikel wird beschrieben, wie ein Posten der WaffenSS einen sowjetischen Spähtrupp nur deshalb bemerkt, weil Raben von den Leichenbergen vor seiner Stellung auffliegen.693 Wieder an anderer Stelle wird ausgeführt, dass die SS-Soldaten regelmäßig die Leichenberge vor ihren Stellungen sprengen würden, um sich ein freies Schussfeld zu erhalten.694 Überhaupt war die Beschreibung von Wällen oder Bergen an toten Gegnern vor den Stellungen der 685

686 687 688 689 690 691

692 693 694

»Von den Kommissaren in den Tod gehetzt«, in: VB 203 v. 22.7.1941, S. 3. Ähnlich etwa auch: »Allein gegen die Stellungen der Sowjets«, in: VB 248 v. 5.9.1941, S. 3; »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6 f; »Der Grenadier und der totale Krieg«, in: VB 74 v. 15.3.1943, S. 1 f; »Schwerpunkt Bastogne«, in: VB 10 v. 12.1.1945, S. 4. »Durch Schneewüsten nach vorn«, in: SK 11 v. 12.3.1942, S. 6. »Die Unüberwindlichen«, in: SK 41 v. 8.10.1942, S. 6. »Das Handgemenge«, in: SK 7 v. 17.2.1944, S. 7. Vgl. »Der schwere Weg«, in: SK 36 v. 3.9.1942, S. 6. »Wir jagen sie wieder«, in: VB 76 v. 17.3.1943, S. 3. Vgl. als Bsp. »Stoß auf die Rollbahn Nord«, in: VB 329 v. 25.11.1943, S. 6; »Tage der Bewährung«, in: SK 32 v. 6.8.1942, S. 6. Vgl. »Vom Geist des Kriegers«, in: SK 33 v. 13.8.1942, S. 6. Vgl. »Die Raben«, in: SK 20 v. 14.5.1942, S. 7. Vgl. »Der Bolschewik, ein Kämpfer?«, in: FZ 164 v. 30.3.1942, S. 2.

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Waffen-SS ein fast standardmäßig eingesetztes Mittel, um dem Leser den überaus erfolgreichen Kampf der SS-Truppen insbesondere an der Ostfront vor Augen zu führen.695 Die realistisch anmutenden Beschreibungen des brutalen Geschehens an der Front bezogen sich aber keineswegs ausschließlich auf den Einsatz der SS im Osten. Vielmehr ließ sich ähnliches auch in der Berichten über die Gefechte an der Invasionsfront in der Normandie 1944 wie auch über die nachfolgenden Kämpfe im Westen bis zum Kriegsende in allen untersuchten Medien feststellen.696 So wird etwa der Kampf an der Invasionsfront folgendermaßen beschrieben: Ein paar Feind-MG. Tucken auf sie, aber zu hoch. Heidrich hält es nicht länger. Er muß ’ran an das Gehöft drüben rechts, wo diese »Mußspritzer« verborgen sind. Weiß der Himmel, dass sie ihn nicht bemerken. Zehn Minuten und drei Nester schweigen. Von einem durchlöcherten Mantel tropft es rot und regelmäßig auf den Löwenzahn. Das war ganze Arbeit.697

Begleitet wurden die Beschreibungen einer solchen Art und Weise der Kampfführung immer wieder durch eine Herabwürdigung der Gegner. So hieß es schon über die polnischen Soldaten im SK, sie hätten »stupide, abgestumpfte Gesichter«.698 Ebenso wurden 1940 die französischen Kolonialtruppen als »hinterhältig und grausam« charakterisiert und ihr Einsatz in Europa gegen europäische Gegner als Verbrechen der Franzosen bezeichnet.699 Nicht nur quantitativ,700 sondern auch in ihrer Art und Weise am intensivsten aber war die Herabwürdigung der sowjetischen Gegner. Ihnen wurde von der SS-Propaganda generell die Menschlichkeit abgesprochen, sie seien, so typische Beschreibungen im SK »stur und geistesarm gleich vorweltlichen Tieren, dummschlau darauf lauernd, uns in den Rücken zu fallen«701 oder »tollwütigen Hunden gleich«.702 An anderer Stelle hieß es hier: »Die Bolschewisten sind in den Sumpf getrieben. Ekelhaft gelb greifen die steifen Glieder der Niedergemähten aus dem verworrenen Unterholz. Aber das zähe Geschmeiß kommt wieder heran. Das Land, nein dieses Unland, es ist ihnen zu vertraut.«703

695

696

697

698 699

700 701 702 703

Vgl. z. B. nur: »Urwald, Regen, Sumpf und Sowjets«, in: VB 280 v. 7.10.1941, S. 3; »Die Winterschlacht am See«, in: SK 11 v. 12.3.1942, S. 6; »Kampf ohne Gnade«, in: VB 85 v. 26.3.1943, S. 3; »Nach dem Gegenstoß«, in: SK 6 v. 10.2.1944, S. 7; »Fanal Budapest«, in: SK 10 v. 8.3.1945, S. 4; »Wir hielten stand, Kamerad«, in: SK 14 v. 2.4.1942, S. 6; »Waffen-SS am Feind«, in: SK 53 v. 31.12.1942, S. 6. Gleiches gilt auch für die Darstellung der Kämpfe auf dem Balkan, vgl. »Sprung der SS-Fallschirmjäger auf Titos Hauptquartier«, in: VB 160 v. 8.6.1944, S. 3. »Der Zugführer«, in: VB 243 v. 30.8.1944, S. 3. Ähnliche Beispiele: »Der Panzerjunge von Caen«, in: VB 172 v. 20.6.1944, S. 3; »Schütze S übernimmt das Kommando«, in VB 211/212 v. 29./30.7.1944, S. 3; »Schwerpunkt Bastogne«, in: VB 10 v. 12.1.1945, S. 4. »Aus dem Polen-Tagebuch eines Polizeioffiziers«, in: SK 43 v. 26.10.1939, S. 4. Vgl. »Marsch und Kämpfe einer SS-Division im Feldzug gegen Frankreich«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 9 f, hier 10. Vgl. die Tabellen 27a und 27b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. »Nächtliche Begegnung«, in: SK 29 v. 17.7.1941, S. 6. »Kampf um ein Dorf«, in: SK 7 v. 18.2.1943, S. 6. »Der Weg eines Deutschen«, in: SK 46 v. 12.11.1942, S. 7.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Neben solchen Charakterisierungen als animalisch wurden die Soldaten der Roten Armee von den SS-Propagandisten auch recht häufig als »Roboter« beschrieben.704 Wie oben schon ausgeführt,705 folgten die SS-Propagandisten dabei den Anweisungen des RMVP und waren so Teil einer Propagandakampagne, welche ab 1941 die gesamte deutsche Öffentlichkeit beherrschte706 und auch typisch für die Darstellung der sowjetischen Soldaten in den PK-Artikeln der WM war.707 Dennoch sind auch Unterschiede zwischen den PK-Berichten von WM und Waffen-SS erkennbar. Angesichts des sich schnell versteifenden Widerstands der sowjetischen Truppen ging man in der WM-PK zumindest teilweise dazu über, auch Kampfstärke oder Mut des Gegners zu beschreiben.708 Dies nahm, etwa in den Berichten über die Eroberung von Sewastopol Mitte 1942, solche Ausmaße an, dass Goebbels persönlich gegensteuerte und die deutschen Medien anwies, den sowjetischen Feind in Zukunft nicht mehr als tapfer und für eine höhere Idee kämpfend darzustellen.709 In den Berichten der SS-PK wurden die sowjetischen Truppen zwar ebenso immer wieder als schwer zu überwinden dargestellt, dem lag aber hier kein höheres Motiv zugrunde. Dafür verantwortlich war einfach die schiere Masse der Angreifer oder der Zwang durch die Kommissare.710 Typisch war das Urteil in einem SS-PK-Bericht, der im April 1942 im VB veröffentlicht wurde: »Täglich versucht die Feindagitation [...] die bolschewistische Selbstvernichtung als historische Größe vor aller Welt zu deklarieren. [...] Jeder Versuch, diesem Verhalten [der sowjetischen Soldaten, Anm. des Autors] ein ideelles Fundament zu geben, ist Wahnsinn.«711 Die sowjetischen Truppen waren aber nicht Hauptziel der Verunglimpfungen. Diese richteten sich vielmehr gegen das sowjetische System und dessen Führung. Verkörpert wurde Letztere in den Berichten vor allem durch die Figur des Politischen Kommissars der Roten Armee. Gerade dieser wurde ab und an als Jude und generell besonders negativ dargestellt. Er war es, der in den Berichten die als stumpf und willenlos charakterisierten sowjetischen Soldaten gleichsam als Werkzeuge nutze. Der politische Kommissar stiftete sie etwa zu Verbrechen an deutschen Soldaten an, meist aber zwang er seine Untergebenen bedenkenlos in Massenangriffe gegen die SS-Truppen und damit in den sicheren Tod, während er sich selbst stets zu retten versuchte.712 704

705 706 707

708 709

710 711 712

»Der genormte Mensch«, in: DAZ 606 v. 19.12.1941, S. 2. Ähnlich auch »Der Bolschewik – ein Kämpfer?«, in: FZ 164 v. 30.3.1942, S. 2; »Das ist die Schlacht«, in: SK 29 v. 22.7.1943, S. 1 f, hier: 2. Vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl. Wette, Russlandbild, insbes. S. 64-68; Boelcke, Krieg, S. 183 (5.7.1941). Vgl.Uziel, Warriors, S. 284; Schröder, Kriegsbericht, S. 284 f. Einige besonders krasse Bsp. aus einer Unzahl von einschlägigen Artikeln sind: »Sowjetsoldaten«, in: VB 188 v. 7.7.1941, S. 2; »Sowjetkrieg aus dem Hinterhalt«, in: VB 211 v. 30.7.1941, S. 2; »2500 Kilometer durch Sowjetrußland«, in: VB 318 v. 14.11.1941, S. 1. Womit die eigenen Erfolge aufgewertet werden sollten, vgl. dazu Uziel, Warriors, S. 290. Vgl. Boelcke, Krieg, S. 255-258 (7./9.7.1942); Uziel, Warriors, S. 290-292. Auch in der Bevölkerung wurde in dieser Zeit das Bild von den sowjetischen Soldaten positiver, vgl. Steinert, Krieg, S. 307-309. Vgl. etwa: »Der Bolschewik, ein Kämpfer?«, in: FZ 164 v. 30.3.1942, S. 2. »Nitschewo«, in: VB 94 v. 4.4.1942, S. 4. Vgl. etwa »Rotarmist Eineckstein«, in: VB 221 v. 9.8.1941, S. 3; »Von den Kommissaren in den Tod gehetzt«, in: VB 203 v. 22.7.1941, S. 3; »Verwundet in Feindeshand«, in: VB 119 v. 29.4.1943, S. 5.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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Die Verunglimpfung der Sowjetunion setzte sich daneben in vermeintlich objektiven Beschreibungen von Land und Leuten im Osten fort, mit denen die SSPropagandisten dem deutschen Publikum ein weiteres Mal die vermeintliche Verkommenheit und Grausamkeit des dort herrschenden Systems vor Augen führen wollten. Dafür wurden die von der sowjetischen Seite an der eigenen Bevölkerung wie auch an gefangenen deutschen Soldaten begangenen Verbrechen immer wieder detailliert geschildert.713 Vor allem aber erschienen regelmäßig Berichte, die das Elend unter der sowjetischen Herrschaft ausführlich behandelten. Laut der SS-PK sei die Sowjetunion so das Land, »das ein einziges irres Gelächter ist und eine Hölle auf Erden.«714 Regelmäßig wurde behauptet, der »Bolschewismus« hätte den sowjetischen Völkern jegliche Menschlichkeit geraubt, sie würden nur tierhaft dahinvegetieren und seien zu keinerlei Gefühle sich oder anderen gegenüber mehr fähig. Typisch ist eine Beschreibung aus dem VB des Jahres 1941: Die anderen, die Lebenden, laufen stumpf und gleichgültig in Lumpen oder doch trostlos eintönigen, schäbigen Kleidern auf der schmutzigen Straße vorbei und wissen nichts oder wollen nichts wissen. Sie haben kein Gedächtnis, sie kennen kein Vaterland und keine Geschichte, sie sind im Innersten Obdachlose, Enteignete, Entseelte.715

Die SS-Truppen traten nur dann als Befreier oder Retter auf, wenn es sich in den Berichten bei den Opfern von geschilderten Gräueltaten um Volksdeutsche oder aus SS-Sicht »gutes Blut« handelte.716 Gerade diesen »Volksgenossen« wurden dabei Eigenschaften zugeschrieben, die konträr waren zu denen, die man zur Charakterisierung der slawischen Bevölkerung angewandt hatte. So wurden etwa Sauberkeit, Fleiß oder geistige Gewandtheit Schmutz oder Abgestumpftheit gegenübergestellt. Beispielhaft verdeutlicht das eine in der FZ veröffentlichte Beschreibung einer ossetischen Familie, bei der ein SS-Kriegsberichterstatter Quartier genommen hatte: Ja, das war ein Quartier! So etwas hatte es im ganzen Feldzug noch nicht gegeben. Nur ein oder zwei »Sowjet-Einheitsmöbel«, sonst gute alte Sachen, hübsche Bilder an den Wänden und ein Bett, das abends frisch bezogen war, blütenweiß und mit einer veritablen Steppdecke. [...] Aber wir, die wir uns längst Kopfschmerzen über ihre [der Gastgeber, Anm. des Autors] rassische Abstammung gemacht hatten, waren uns klar darüber, dass sich das gute Blut der Goten hier in selten reiner Form erhalten hatte. [...] Sie [die Tochter, Anm. des Autors] war äußerst klug und gewandt, sprach fast fließend Deutsch.717

Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Waffen-SS durch solche Berichte sonderlich aus der Masse der WM herausgehoben wurde. Schließlich war eine Hetze gegen das in der Sowjetunion vorgeblich herrschende Terrorsystem insbesondere ab 713

714 715 716

717

Vgl. als Bsp. »Erlösung in Lemberg«, in: SK 28 v. 10.7.1941, S. 9; »Zwischen Schein und Wirklichkeit«, in: SK 28 v. 10.7.1941, S. 5; »Die Maske des Todes«, in: SK 51 v. 18.12.1941, S. 6; »Die Spur der Bestie«, in: VB 344 v. 10.12.1943, S. 3. »Vom Geist des Krieges«, in: SK 33 v. 13.8.1942, S. 6. »Die Stunde der Abrechnung«, in: VB 288 v. 15.10.1941, S. 3. Vgl. »Zwischen Schein und Wirklichkeit«, in: SK 28 v. 10.7.1941, S. 5; »Quer zu den Rollbahnen«, in: VB 258 v. 15.9.1942, S. 3; »Volksdeutsche Schicksale«, in: DR 32 v. 9.8.1942, S. 11; »General ›Oede‹«, in: SK 4 v. 22.1.1942, S. 7. »Am andern Ufer«, in: FZ 526 v. 15.10.1942, S. 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

1941 allgemein stark in der Propaganda des Reiches vertreten.718 Gleiches ist auch von der Gräuelpropaganda im engeren Sinne anzunehmen, also der Behauptung von Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung. Zwar waren die diesbezüglichen Berichte der Reporter der SS durchweg drastisch zu lesen, etwa wenn hier gegen Ende des Krieges Folter und Mord an Frauen und Kindern beschrieben wurden.719 Die insgesamt recht wenigen Beiträge der SS-PK mit einer Gräuelpropaganda720 können aber angesichts der Intensität und Drastik, mit der in der NSPropaganda gerade in den letzten Kriegsjahren Verbrechen des östlichen wie auch westlichen Feindes behauptet wurden,721 nicht sonderlich aufgefallen sein. Neben einem solchen einfachen Freund-Feind-Schema waren Beschreibungen, in denen die SS-Soldaten Härte gegen sich selbst zeigten, genauso typisch für die SS-PK-Berichte. Auch hier kam bei der Vermittlung der für die Waffen-SS so fundamentalen Tugend »Treue« nicht der propagandistische »Holzhammer«, sondern mehr indirekte und unterschwellige Botschaften zum Einsatz. So hatte sich in der quantitativen Untersuchung schon erwiesen, dass das Motto der SS »Meine Ehre heißt Treue« selbst im SK fast nie explizit erwähnt worden ist.722 Beschreibungen einer unbedingten Pflichterfüllung hingegen waren in den SS-PK-Berichten allgegenwärtig, zum Beispiel, wenn in den Artikeln Tagesziele von den SSSoldaten trotz aller Widerstände erreicht wurden, ausdrücklich weil es ihnen befohlen worden war.723 Am radikalsten wurde diese in der Waffen-SS vermeintlich verwirklichte Treue aber demonstriert, wenn die SS-Männer bei der Erfüllung eines erteilten Befehls keine Rücksicht auf ihr eigenes Leben nahmen. Solche Selbstopfer wurden schon 1939 im SK behauptet 724 und waren von 1940 bis zum Kriegsende konstant in den SS-PK-Berichten zu finden.725 Typischerweise war damit eine äußerst heroische Darstellung verbunden, wie etwa die folgende, 1942 im SK geschilderte Begebenheit exemplarisch zeigt: In einer solchen Minute war es wohl, dass der SS-Unterscharführer V. das feindliche Maschinengewehr am Dorfrand erspähte. Er tat, was jeder Gruppenführer an seiner 718

719

720 721 722 723

724 725

Vgl. Pohl, Herrschaft, Wehrmacht, S. 254 f; Uziel, Warriors, S. 284 f, 289. Ein Beispiel ist ein Artikel einer Heeres-PK aus dem Jahr 1943, wo es heißt: »Die Erkenntnis setzt sich durch, dass nicht jeder ›Iwan‹ ein Bolschewist ist, dass aber der Bolschewismus mit teuflischer, menschenverachtender Brutalität es verstand, sich der Kräfte [...] der ursprünglichen und mehr zum Dulden denn zur Tatkraft neigenden Menschen zu versichern«, in: »Menschen des Ostens«, in: DAZ 224 v. 11.5.1943, S. 1 f, hier: 1. Vgl. als Bsp.: »Kinder sind Hoffnungen«, in VB 306 v. 1.11.1944, S. 6; »USA-General befiehlt Terror«, in: DAZ 9 v. 11.1.1945, S. 1; »Das Beispiel Herrlisheim«, in: SK 12 v. 22.3.1945, S. 5. Vgl. Tabelle 27a in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl.Uziel, Warriors, S. 334-336. Vgl. Anhang 22. Vgl. etwa »Der ›schnelle Meyer‹«, in: VB 167 v. 16.6.1941, S. 3; »Wir jagen sie wieder«, in: VB 76 v. 17.3.1943, S. 3. Vgl. auch Anhang 22. Vgl. »Bei einer SS-Standarte in Polen«, in: SK 40 v. 3.10.1939, S. 4-6. Vgl. nur »Eine Handvoll SS-Männer«, in: SK 27 v. 4.7.1940, S. 10; »Die Zitadelle«, in: SK 6 v. 5.2.1942, S. 7; »Seine letzte Pflicht«, in: SK 11 v. 12.3.1942, S. 7; »Die unsterbliche Kompanie«, in: SK 34 v. 20.8.1942, S. 6; »Die letzten Handgranaten«, in: SK 5 v. 3.2.1944, S. 7; »Die Wellenbrecher«, in: SK 7 v. 17.2.1944, S. 6; »Triumph der Standhaften«, in: SK 37 v. 14.9.1944, S. 7; »Der Zugführer«, in: VB 243 v. 30.8.1944, S. 3.

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Stelle getan hätte, er kümmerte sich nicht um die schwirrenden Geschosse, er reckte sich hoch, seine Männer mussten ihn ja sehen, und wies seine Gruppe auf das Ziel ein. […] Ebenso musste ihn auch der feindliche MG-Schütze gesehen haben, denn in diesem Augenblick erhielt der SS-Unterscharführer V. den tödlichen Schuß. Wir wissen nicht, welche Kräfte in ihm es vermochten, wir haben nur die Tatsache zu vermelden, dass der Unterscharführer in der Mitte seines Weges zwischen Leben und Tod seine letzte Pflicht erfüllte, dass er noch im Zusammenbrechen die letzte Meldung abgab, die ein Soldat abgeben kann: »Unterscharführer V. ausgefallen!«726

Die SS-Männer mussten in den Berichten aber nicht zwangsläufig sterben, um ihre Pflicht zu erfüllen. Oft wurde nur deren Bereitschaft hierzu thematisiert, also dass die SS-Soldaten eine ausgesprochene Todesverachtung im Gefecht gezeigt hätten. Außerordentlich häufig geschah dies, indem beschrieben wurde, wie Angehörige der Waffen-SS trotz einer Verwundung weitergekämpft und somit unter Geringschätzung des eigenen Lebens Härte gegen sich selbst bewiesen hätten.727 Die Härte der SS-Männer wurde außerdem immer wieder durch Beschreibungen ihres Überwindens körperlicher Qualen wie Hunger und Durst, Schlafmangel oder existenzbedrohenden Klimabedingungen aufgezeigt. Besonders deutlich war in dieser Hinsicht einmal ein 1942 im SK veröffentlichter Beitrag: »Es entstanden ihnen mit den Namen dieser Stätten Erinnerungen an körperliche und seelische Qual, an Tod und wieder Tod, an Hunger und Durst und an Pflichterfüllung.«728 All dies wurde durch einen immer wieder beschriebenen, inneren Drang der SS-Männer nach einer unbedingten Erfüllung bzw. sogar Übererfüllung ihrer »Pflicht« im Einsatz ermöglicht. Dabei wurde etwa auf die in der Waffen-SS herrschende »furchtbare Leidenschaft«729 verwiesen, beschrieben wie die Angehörigen der Waffen-SS sich etwa in Budapest 1945 mit »fanatischer Tapferkeit« verteidigt hätten,730 sich 1943 in Russland eher von Panzern tot walzen ließen, als ihre Stellungen aufzugeben,731 oder »bis zum letzten Blutstropfen, bis zur letzten Patrone ihre Pflicht«732 erfüllt hätten. Als fanatische Kämpfer erschienen die SS-Soldaten auch durch die oft zu findende Betonung der Unbedingtheit ihres Vorgehens. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Beschreibung eines Angriffes in einem im SK 1943 veröffentlichten SS-PKArtikel: »Dieser Sturm kennt kein Besinnen. Er kennt kein Stocken und kein Rückwärts. Er kennt nur eins, entweder siegen oder fallen. Da fährt man nicht zusammen, wenn der Nebenmann in die Knie bricht, wenn der Vordermann mit einem Schrei auf die Seite 726 727

728 729 730 731 732

»Seine letzte Pflicht«, in: SK 11 v. 12.3.1942, S. 7. Vgl. als Bsp. »Ein Mann zersägt den roten Einbruchskeil«, in: VB 40 v. 9.2.1943, S. 3; »Das Profil des Grenadiers«, in: VB 247 v. 4.9.1943, S. 1; »Kampf um ein Schloß an der Invasionsfront«, in VB 192 v. 10.7.1944, S. 6. »SS-Standarte ›Langemarck‹«, in: SK 26 v. 25.6.1942, S. 7. »Die Zitadelle«, in: SK 6 v. 5.2.1942, S. 7. »Der Kampf um Budapest«, in: VB 2 v. 3.1.1945, S. 3. Vgl. »Um die entscheidende Straße«, in: VB 341 v. 7.12.1943, S. 1 f. »Fanal Budapest«, in: SK 10 v. 8.3.1945, S. 4.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

fällt. Da bleibt das Gesicht nur feindwärts gerichtet und rücksichtslos wüten die Nahkampfwaffen, ist man doch längst in einem Zustande, der mit Worten nicht zu beschreiben ist.«733

Da diese Radikalität und Rücksichtslosigkeit gegen den Feind und gegen sich selbst in den Berichten immer zur Pflichterfüllung wie auch zum Sieg führte, war sie nicht negativ besetzt, sondern wurde als erstrebenswert dargestellt. Insgesamt wurden die SS-Soldaten somit von der SS-PK mit idealen Eigenschaften eines ganzheitlich zu instrumentalisierenden Menschen beschrieben, womit sie dem Ideal des »Neuen Menschen« des Nationalsozialismus perfekt entsprachen.734 Allein schon durch diese Art der Beschreibung mussten die SS-Truppen zudem als militärisch äußerst effektiv erscheinen. Dieser Aspekt wurde einmal geradezu plakativ im SK angesprochen: Wir blicken die Jahre zurück und denken des Wegs, den die Leibstandarte SS »Adolf Hitler« gezogen ist. Es ist eine blutige Straße der Opfer, aber auch eine ruhmvolle Straße der Ehre und des Sieges. Der Schrecken geht ihr voraus; die Männer mit den verschlungenen Zeichen auf den Schultern werden die Unbesiegbaren genannt.735

d) MILITÄRISCHE ELITEEIGENSCHAFTEN

Dazu kam, dass die Waffen-SS nicht nur aufgrund der von ihnen vermeintlich gelebten weltanschaulichen Ideale als eine Elitetruppe erschien. Wie sich schon quantitativ erwiesen hat,736 wurde von der SS-PK fast ebenso häufig auch auf ihren herausragenden militärischen Kampfwert verwiesen. So wurden die SS-Verbände recht häufig und schon recht früh im Krieg explizit als eine »Elite« beschrieben. Im SK wurde die »LAH« schon ab 1939 so bezeichnet, nach dem Westfeldzug 1940 wurde diese Charakterisierung in dieser Hauszeitung der SS wie selbstverständlich auf die ganze Waffen-SS ausgedehnt.737 In den anderen Zeitungen war die SS-PK etwas zurückhaltender, hier waren solche Beschreibungen erst ab 1943 in einem bedeutenden Umfang zu finden.738 Auf einen solchen Status der Waffen-SS verweisende Aussagen waren aber schon weit früher in den SS-PK-Berichten vorhanden, etwa die gerade hier immer wieder beschriebene, hervorragende Ausrüstung der SS-Divisionen.739 So hieß es 1943 in DR:

733 734 735 736 737 738

739

»Die Nacht im Panzergraben«, in: SK 13 v. 1.4.1943, S. 6 f., hier 6. So auch Zeck, vgl. ebd., Korps, S. 396 f. »Sepp Dietrich«, in: SK 34 v. 24.8.1944, S. 6. Vgl. Tabelle 21b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl. etwa »Die 44er« in: SK 2 v. 9.1.1941, S. 10. Vgl. etwa: »Ruf der Front«, in: VB 248 v. 5.9.1943, S. 3; »Germanische Gemeinsamkeit«, in: VB 134 v. 14.5.1943, S. 6; »Auf der Höhe der Kriegsführung«, in: DR 2 v. 10.1.1943, S. 3; »Ein Leben für das Reich«, in: DAZ 463 v. 27.9.1941, S. 2; »Theodor Eicke«, in: FZ 116 v. 4.3.1943, S. 2. Vgl. auch Anhang 31. Vgl. Anhang 49.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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Die Aufwertung unserer Streitkräfte ist für jeden in der Besserung und Anreicherung der Waffen zu erkennen, die heute bei den Bataillonen und Batterien der vordersten Linie anzutreffen sind. […] Wer etwa die Leibstandarte Adolf Hitler [sic] 1940 in Paris sah und sie dort 1942 bei ihrer Rückkehr von der Ostfront wiedererlebte, konnte die Fülle und das Gewicht der technischen Neuerungen zweier Jahre wie an einem Muster ablesen.740

Schon ab 1939 wurde in der SS-Propaganda fortlaufend auf die bei den SS-Verbänden vorhandenen Fahrzeuge, Geschütze etc. verwiesen. Im Mittelpunkt stand aber zunächst die Schnelligkeit ihrer Vorstöße und damit ihre damals außergewöhnliche Motorisierung.741 Mit der Umrüstung der Kerndivisionen der WaffenSS zu Panzerdivisionen 1942/43 waren es dann in den Berichten diese Panzer, welche als eine Grundlage für die Erfolge der SS präsentiert wurden, wie etwa in folgendem Beispiel: Es ist soweit. Der Führer der »Tiger«-Halbkompanie, ein Obersturmführer aus dem Rheinland, dessen Ruhe in uns alle überströmt, gibt den Befehl zum Angriff. Die Motoren heulen auf. Wir laden die Kanonen. Langsam rollen die schweren Panzer in die Szenerie des Gefechts. Nach 200 Meter schießt die erste feindliche Pak. Mit einem Schuß haben wir sie aus der Erde. 742

Schon quantitativ hatte sich erwiesen,743 dass hervorragende militärische Fähigkeiten auch deshalb zum Teil des medial vermittelten Images der Waffen-SS werden konnten, weil in den Zeitungen über den gesamten Krieg hinweg immer wieder ihr außerordentlicher Anteil an Großereignissen des Krieges herausgestellt wurde. Zudem hatte auch abseits der Wiedereinnahme von Charkow oder der Verteidigung im Kessel von Demjansk die Waffen-SS laut den Berichten ständig eine entscheidende Rolle im Gefecht. So war es ein typischer Inhalt eines SS-PKArtikels, dass SS-Einheiten an Brennpunkten der Ostfront eine Einbruchsstelle des Gegners im Gegenstoß abgeriegelt 744 oder unter allen Umständen solange erfolgreich gegen den anstürmenden Feind die Stellung gehalten hätten, bis die Gefahr beseitigt und die Ablösung erfolgt gewesen sei.745 Diese Art der Darstellung setzte keineswegs erst mit dem Ostfeldzug ein746 und wurde auch in den SS-PK-Artikeln über die Kämpfe an der Invasionsfront ohne wesentliche inhalt-

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Vgl. »Auf der Höhe der Kriegsführung«, in: DR 2 v. 10.1.1943, S. 3. Vgl. z. B.: »Mißglückter Ausflug nach Europa«, in: VB 120 v. 30.4.1941, S. 2; »Der ›schnelle Meyer‹«, in: VB 167 v. 16.6.1941, S. 3; »Die Leibstandarte setzt über«, in: DR 19 v. 11.5.1941, S. 3; »Ukrainische Gedanken«, in: VB 176 v. 25.6.1942, S. 4; »Kampf im Gebirge«, in: VB 260 v. 17.9.1942, S. 3; »Abschied von der Höhe X«, in: SK 49 v. 3.12.1942, S. 7. Vgl. auch Anhang 49. »Tiger-Schlacht in der Steppe«, in: VB 198 v. 17.7.1943, S. 3. Andere Bsp.: »Neue Truppen sind angekommen«, in: VB 97 v. 7.4.1943, S. 3; »SS-Panzerkorps im Gegenangriff«, in: VB 190 v. 9.7.1943, S. 1; »Ungewissheit und Sieg«, in: DR 15 v. 11.4.1943, S. 5; »Brückenkopf P.«, in: SK 32 v. 12.8.1943. Vgl. die Anhänge 27 und 28. Vgl. »Sieben Mann im Gegenstoß«, in: SK 2 v. 14.1.1943, S. 6; »Ein Wikinger«, in: SK 23 v. 10.6.1943, S. 6. Vgl. »Kap Helgoland muß unser bleiben«, in: SK 15 v. 15.4.1943, S. 6; »Männer in der Winterschlacht«, in: SK 17 v. 29.4.1943, S. 6; »Der Damm«, in: SK 40 v. 7.10.1943, S. 6. Vgl. »SS am Feind«, in: SK 40 v. 3.10.1939, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

liche Änderung beibehalten.747 Da auch dabei nur selten der Einsatz von einzelnen SS-Divisionen in den Mittelpunkt gestellt wurde, erschien in der NS-Propaganda »die« Waffen-SS als Verband von Eingreifdivisionen, welche immer wieder an die entscheidenden Brennpunkte der Front geworfen wurden und dann einen wichtigen Beitrag zu deutschen Erfolgen leisteten. Bei solchen Gelegenheiten wurde zumindest die »Leibstandarte« sogar einmal ausdrücklich »Feuerwehr der Ostfront« genannt.748 Als außergewöhnliche Elitetruppe musste die Waffen-SS auch erscheinen, wenn ihr Gegner als an sich übermächtig beschrieben wurde, aber dennoch von den SS-Truppen niedergerungen werden konnte.749 Solche Zuschreibungen fanden sich gerade in der Darstellung der SS-PK von Anfang an. So waren hier über den ganzen Krieg hinweg immer wieder feindliche Elitetruppen die Gegner der Waffen-SS.750 In Polen wurden so die Kräfte des »Pilsudski-Regiments« als Gegner der »LAH« beschrieben,751 im Westfeldzug lagen dann »fünf der besten englischen Linienregimenter«752 der Waffen-SS gegenüber. Solche »beste englische Elitetruppen« wurden von ihr auch in Griechenland niedergerungen,753 ebenso auch serbische »Garde-Kavallerie«.754 Vor allem aber im Krieg gegen die Sowjetunion wurde der Gegner sehr häufig in den SS-PK-Berichten in dieser Weise charakterisiert und diente so als Ausweis der militärischen Güte der SS-Truppen.755 So hieß es z. B. schon Ende 1941 im SK besonders prägnant: Von den ersten Gefangenen erfuhren sie, dass mit den sieben Divisionen, die gegen die SS-Division anrannten, auch die sogenannte Stalin-Garde ihnen gegenüberstand. So haben sie hier bei Lushno also miteinander gerungen. Die Waffen-SS, die Garde des Führers, mit den Eliteregimentern Stalins.756

Auch während der alliierten Invasion 1944 in Frankreich waren in den Berichten einige Male Elitetruppen wie Fallschirmjäger die Gegner der Waffen-SS.757 Ebenso hatte sich schon quantitativ erwiesen,758 dass gerade von der SS-PK sehr häufig beschrieben wurde, wie die Waffen-SS einen mit gewaltiger personeller oder materieller Übermacht anrennenden Feind niederringen konnte. Schon im Polenfeldzug wurde so im SK von einem Bataillon der »LAH« berichtet, das sich schnell

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Vgl. »Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 180 v. 28.6.1944, S. 3. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Vgl. Zeck, Korps, S. 297-300. Vgl. Anhang 34. Vgl. »Die erfolgreichen Kampfhandlungen der Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹ in Polen«, in: VB 279 v. 6.10.1939, S. 1. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5. »Der Sieg am Klidipaß«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 9. »Von Nordosten gegen Belgrad«, in: DAZ 181 v. 16.4.1941, S. 3 f, hier: 4. Vgl. z. B. »SS-Männer gegen Sowjetelite«, in: SK 35 v. 28.8.1941, S. 5; »›Ihr habt schneidig angegriffen‹«, in: VB 175 v. 24.6.1942, S. 3. »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6 f, hier: 7. Vgl. z. B. »›Wir haben sie hassen gelernt‹«, in: DAZ 162 v. 14.6.1944, S. 5; »Kampf um ein Schloß an der Invasionsfront«, in: VB 192 v. 10.7.1944, S. 6; »100 Männer stürmen ›176‹«, in: SK 36 v. 7.9.1944, S. 7. Vgl. Anhang 34.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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gegen zwei polnische Scharfschützenregimenter durchgesetzt hätte.759 Selbst im Balkanfeldzug 1941 hielten laut der SS-PK SS-Männer trotz einer gewaltigen Übermacht der Feinde ihre Stellung.760 Ab dem Beginn des Feldzugs gegen die Sowjetunion war dann in den Zeitungen überaus häufig von Massen an Gegnern zu lesen, gegen dessen »erdbraune Wellen« die Waffen-SS aber einen »Deich aus Fleisch und Blut«761 gebildet und diese Angriffe sehr häufig erst wenige Meter vor den eigenen Stellungen gestoppt hätte.762 Die vielfache Verwendung des Erzählelements von der »feindlichen Übermacht« ist zwar schon bezüglich der PK-Berichterstattung aller WM-Teile beobachtet worden.763 In den Berichten der SS-PK diente dies aber auffällig oft dazu, die ideologischen Eigenschaften des politischen Soldaten von der SS besonders herauszustellen. So hieß es etwa bezüglich der »Härte« der SS-Soldaten: »Oft kam es zu erbitterten Nahgefechten, zu Bajonettgemetzeln, bei denen unsere SS-Grenadiere gegen die zahlenmäßige Übermacht der Bolschewisten nur durch ihre beispiellose Unerschrockenheit und Tapferkeit erfolgreich blieben.«764 Ebenso bestanden die SS-Soldaten die freimütig in den Berichten zugegebene, gewaltige materielle Übermacht der westalliierten Gegner sowohl an der Invasionsfront 1944 wie auch in den nachfolgenden Gefechten der letzten Kriegsmonate immer wieder aufgrund ihrer festen inneren Überzeugung. Nachdem sie typischerweise das Feuer der feindlichen Geschütze und Flugzeuge überstehen konnten, erwiesen sie sich anschließend im Kampf Mann gegen Mann immer als überlegen.765 Die Waffen-SS wurde sicherlich auch deswegen auf diese Weise beschrieben, um der in dieser Zeit der deutschen Propaganda vorgeschriebenen Formel von der Überlegenheit des einzelnen deutschen Soldaten zu genügen.766 Dennoch, gerade die SS-Truppen wurden als so erfolgreich im Kampf gegen die Angloamerikanern dargestellt, dass man sie sogar als das »Sinnbild der seelischen Stärke des deutschen Volkes« 767 bezeichnete.

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Vgl. »Kameraden von der Leibstandarte erzählen«, in: SK 39 v. 28.9.1939, S. 10. Auch rückschauend wurde das behauptet, z. B. in: »Sepp Dietrich zum 50. Geburtstag«, in: SK 22 v. 28.5.1942, S. 6. Vgl. »Der Sieg am Klidipaß«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 9; »Sechs Männer und ihre Pak«, in: SK 19 v. 8.5.1941, S. 10. Urwald, Regen, Sumpf und Sowjets«, in: VB 280 v. 7.10.1941, S. 3. Vgl. als Bsp. »Das große Panzersterben«, in: VB 205 v. 24.7.1943, S. 3; »SS-Panzergrenadiere gegen zwanzigfache Übermacht«, in: VB 222 v. 10.8.1943, S. 3; »Um die entscheidende Straße«, in: VB 341 v. 7.12.1943, S. 1 f; »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6 f; »SS-Standarte ›Langemarck‹«, in: SK 26 v. 25.6.1942, S. 7. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 78, 102. Ein typisches Beispiel: »Acht Panzer gegen einen Mann«, in: VB 356 v. 22.12.1942, S. 3. »Brückenkopf P.«, in: SK 32 v. 12.8.1943, S. 6 f, hier: 7. Ähnlich z. B. auch: »In atemloser Abwehrschlacht«, in: SK 39 v.30.9.1943, S. 6; »Am mittleren Dnjepr«, in: SK 43 v. 28.10.1943, S. 6. Vgl. als Bsp. »Im Nahkampf gegen Kanadier«, in: VB 165 v. 13.6.1944, S. 3; »Im Trommelfeuer der Schlacht von Caen«, in: VB 197/198 v. 15./16.7.1944, S. 2. Vgl.Uziel, Warriors, S. 330 f. »Im Schnee und Eis der Ardennen«, in: SK 4 v. 25.1.1945, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

e) MYTHISCHE HELDENGESCHICHTEN

Gerade in den SS-PK-Berichten verbanden sich so häufig Beschreibungen einer ideologischen wie militärischen Spitzenstellung, dass die Waffen-SS immer wieder geradezu als die vorbildliche Verkörperung des Soldatentums schlechthin erschien. Zur Verdeutlichung nur ein typisches Beispiel: In primitivsten Erdlöchern, oft mit Handgranaten der steinhart gefrorenen Erde und dem Felsen abgerungen, lagen hier in Schnee und Eis die Männer einer SS-Division, die als schnelle Elitetruppe siegreich durch die Länder Europas gebraust waren – hier wie dort ihrer Pflicht und ihrem Schwur getreu. Viele Kameradengräber ließen sie am Rande ihrer Wege, aber aus den Gesichtern, die Schnee, Sturm und Sonne gerbten, leuchteten die hellen Augen, wenn sie von Kertsch und Charkow sprechen und wenn sie um ihren neuen Auftrag rätseln.768

Die SS-Truppen zeigen so allein in diesem kurzen Ausschnitt aus einem SS-PKArtikel Ariern zugeschriebene »rassische« Merkmale (»helle Augen«), Härte, indem sie extreme Wetterbedingungen klaglos ertragen, und den Drang zu einer unbedingten Pflichterfüllung. Selbst ihre Todesverachtung und damit ihre Selbstopferungsbereitschaft klingt mit dem Verweis auf die vielen »Kameradengräber« an. Zugleich werden sie aber auch explizit als eine schnelle, also gut gerüstete Elitetruppe beschrieben, die ihre militärischen Fähigkeiten durch ihre vielen Siege, auch in berühmten Schlachten, bereits bewiesen und sich so eine eigene Tradition erarbeitet hat. Besonders wirksam musste eine solche Stilisierung der Waffen-SS zu einer militärischen wie ideologischen Elitetruppe aber sein, wenn die an sich schon heldischen Eigenschaften des idealen SS-Mannes mit seinen Tugenden wie Härte, Treue, Pflichtgefühl etc. sich in Geschichten verbanden und verdichteten, die einem mythischen Schema folgten bzw. mythische Deutungen anboten.769 Tatsächlich waren die hier schon beschriebenen Elemente des von der SS-PK verbreiteten Images der Waffen-SS auch in dieser Weise lesbar. Damit kämpften die SS-Männer in den Berichten immer wieder mit den idealen Eigenschaften von »Opferhelden« gegen den alles Schlechte in sich vereinenden »Antihelden«, in den Berichten meist in der Gestalt der sowjetischen Soldaten bzw. ihrem Antreiber, dem oftmals jüdischen Kommissar, den ultimativen, gnadenlosen Kampf um Sein und Nichtsein. So hatte auch der so oft beschriebene Einsatz des eigenen Lebens durch die SS-Soldaten vielfach eine erweiterte, mythische Bedeutung, nicht nur als unbedingte Pflichterfüllung, sondern auch als ein zumindest angebotenes Opfer, mit dem auf magische Weise der Endsieg herbeigeführt werden sollte. Dass allein auf die SS-Ideologie zurückführbare Aussagen in mehr als drei von vier Beiträgen der SS-PK zu finden waren,770 ist so auch als Zeichen dafür zu sehen, welche Bedeutung die Stilisierung der SS-Männer zu mythischen Helden im Rahmen des von der SS selbst verbreiteten Images der Waffen-SS hatte.

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»Ukrainische Gedanken«, in: VB 176 v. 25.6.1942, S. 4. Für die Kennzeichen des Helden und des mythischen Erzählschemas vgl. Abs. 1.2 dieser Arbeit. Vgl. Tabelle 21a in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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Deutlich sichtbar wurde diese Stilisierung, wenn die Angehörigen der WaffenSS in den Beiträgen ausdrücklich Helden genannt wurden oder ein Bezug zu bereits bekannten Mythen hergestellt wurde. Dies war in den hier untersuchten Medien von Beginn des Krieges an festzustellen. So wurde im SK schon 1939 ausdrücklich von einem »heldenhaften Einsatz«771 der SS-Verbände in Polen berichtet. Ab dem Westfeldzug 1940 und dem Einsetzen der SS-PK-Berichterstattung in den Tageszeitungen verbreiteten sich dann Charakterisierungen wie »Heldentum«772 für den Kampf der Waffen-SS über die gesamte Presse. So wurde schon in der Zeit des Balkanfeldzuges 1941 das Übersetzen der »LAH« über den Golf von Korinth den antiken Schlachten dieser Gegend als »würdig und ebenbürtig«773 bezeichnet. Insbesondere aber im Krieg gegen die Sowjetunion, als schon allgemein der heroische Mythos in der NS-Propaganda seine größte Bedeutung erreichte,774 wurden Kampf und Taten der Waffen-SS im Laufe der Zeit in immer ausufernder Form als heldenhaft bezeichnet. Im SK wurde etwa ein Bericht über den Einsatz der SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk schon mit »Heldenkampf einer SS-Division«775 überschrieben, in einem andern Artikel der Hauszeitung der SS hieß es: »Es ist der stumme Mythos des Heldischen, der ihre verstaubten Wege mit der Gloriole des Heldischen [sic] übergoldet.«776 Ein anderes Beispiel ist ein Bericht über die Taten eines Regimentskommandeurs der SS-Division »Wiking« während des Ausbruches aus dem Kessel von Tscherkassy, welcher im SK den Titel »Die Saga von Dorr« trug.777 In anderen Artikeln stellte die SS-Propaganda den Kampf der Waffen-SS ausdrücklich in eine Reihe mit den mythischen Taten eines Herakles oder Siegfrieds: Hier erlebt man die Auferstehung des Heldentums, wie wir es in der griechisch-römischen Geschichte und im germanischen Zeitalter verehrten! Hoffentlich bleiben noch einige übrig, die berufen sind, einmal davon zu sprechen und es den Kommenden als Vermächtnis zu überliefern! [...] Wir spüren den Anflug des Göttlichen, wenn wir von den Männern hören, die im Bewusstsein erfüllter Treue lächelnd sterben können.778

Solche geradezu überbordenden Heroisierungen waren in der Zeit des Krieges gegen die Sowjetunion beileibe nicht auf das besonders radikale SK beschränkt, sondern vielmehr in allen hier untersuchten Zeitungen zu finden. So wurden etwa im VB 1943 estnische SS-Soldaten gar als überweltlich beschrieben: »Zwei Kom-

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»Bei einer SS-Standarte in Polen«, in: SK 40 v. 3.10.1939, S. 5 f, hier: 6. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5. »Sprung über den Golf«, in: SK 20 v. 15.5.1941, S. 9. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 533. »Heldenkampf einer SS-Division«, in: SK 44 v. 29.10.1942, S. 6 f. »Heldenhafte Infanterie«, in: SK 36 v. 9.9.1943, S. 6 f, hier: 7. Ähnlich etwa auch: »Wir hielten stand, Kamerad«, in: SK 14 v. 2.4.1942, S. 6. »Die Saga von Dorr«, in: SK 30 v. 27.7.1944, S. 6 f. »Das gibt uns Härte«, in: SK 12 v. 19.3.1942, S. 7. Für ähnliche Bsp. vgl. »Bild eines Soldaten«, in: SK 39 v. 24.9.1942, S. 6; »Das Dorf Romanovo«, in: SK 2 v. 14.1.1943, S. 7; »Die Schwerter für Prieß«, in: SK 19 v. 11.5.1944, S. 6; »Die Saga vom Ardennenwald«, in: SK 7 v. 15.2.1945, S. 3, 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

panien setzen zum Gegenstoß an. Sind das noch Menschen aus Fleisch und Blut? Menschen, die sterben können…?«779 In der DAZ waren die SS-PK-Artikel nicht minder pathetisch, wie folgende, typische Textstelle aus dem Jahr 1943 zeigt: Und als nach langem schwerem Marsch neue Reserven durch eines der brennenden, durch Bomben heimgesuchten Dörfer heranrücken und ein Wirbelwind plötzlich den schwarzblauen Rauch aus einer qualmenden Ruine wegwischt, glüht im Licht der Abendsonne eine helle Wand vor ihnen auf. Groß und scharf heben sich auf ihr gemalte Zeichen ab: die doppelte Sigrune und darunter ein kurzer Spruch. Sie sind wie Symbole. Sie sprechen das stille Gelöbnis aus, das jeder in diesem erbitterten Kampf am Mius Gefallene bereits besiegelt hat und das alle noch Kämpfenden in sich tragen: Meine Ehre heißt Treue!780

Ähnliches war auch in den in DR wie auch in FZ veröffentlichten Beiträgen zu lesen.781 Trotz aller Anpassungen der SS-Propaganda an das Niveau des jeweiligen Mediums war die zentrale Botschaft überall: In der Waffen-SS befinden sich nicht nur Soldaten in einem militärischen Einsatz, sondern vielmehr auch Helden in einem mythischen Kampf gegen das Böse. Dazu gestalteten die SS-Propagandisten ihre Berichte oftmals mehr oder minder deutlich nach einem mythischen Schema bzw. boten mythische Deutungen an. Um dies hier beispielhaft zu verdeutlichen, kommen insbesondere solche Berichte in Betracht, in denen sich die SS-Soldaten selbst opferten. Schließlich ist hier die Verbindung von NS-Mythos und Öffentlichkeitsarbeit so plakativ, dass der RFSS solche Berichte sogar für die Binnenpropaganda der SS nutzen ließ.782 Schon im Oktober 1939 schilderte das SK den Einsatz einer SS-Standarte in Polen in dieser Weise. So wurde in einem Beitrag geschildert, wie die SS-Männer dieser Truppe den Auftrag, den Vormarsch des Heeres zu sichern, unbedingt erfüllt hätten. Dafür seien diese, hier ausdrücklich so genannten, »Helden« freudig bereit gewesen, ihr Leben zu opfern. Ein schwer verwundeter Soldat hätte etwa vor seinem Tod noch den Durchbruch des Feindes gemeldet, Fahrzeuge der Einheit seien gerettet worden, auch wenn der Preis die tödliche Verwundung einiger SS-Männer gewesen sei, Schwerverwundete seien von den SS-Kameraden durch die feindlichen Linien nach hinten getragen worden, andere SS-Männer hätten sich bis zuletzt verteidigt. Das Resultat war der durch alle diese Opfer bewirkte Sieg.783 Solche Geschichten waren auch in der Folge insbesondere für das SK typisch. In der Berichterstattung über den Westfeldzug 1940 etwa waren in fast jeder Ausgabe Geschichten wie etwa die in dem Artikel »Der letzte Augenblick« erzählte zu finden. Hier wird detailliert das Sterben eines angeschossenen Angehörigen eines Spähtrupps der Waffen-SS aus der Innensicht beschrieben. Obwohl er seine Kameraden nicht zu sich rufen darf, weil dies die Erfüllung seines Auftrages 779 780 781 782 783

»Die drei Tage des Bataillons Narwa«, in: VB 228 v. 16.8.1943, S. 3. »Die Abwehrkämpfe am Mius«, in: DAZ 350 v. 23.7.1943, S. 2. Vgl. »Abgeschnitten« in DR 20 v. 17.5.1942, S. 6 f.; »Eingekesselt«, in: FZ 298/299 v. 14.6.1942, S. 4. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 723. Vgl. »Bei einer SS-Standarte in Polen«, in: SK 40 v. 3.10.1939, S. 4 f.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

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gefährden würde, siegt er dennoch, indem er sich mitsamt einem französischen MG-Stand in die Luft sprengt: Vierzig Meter lagen zwischen dem Deutschen und der französischen MG-Gruppe. Vierzig Meter – es blieb eine Spur zurück, vor der wir alle, später, am Tage, den Helm abnahmen. Jeder Meter ließ Leben hinter sich, kostete Blut, kostete tobenden Schmerz; war Kampf, einsamster stillster Kampf. – Es war keine Kraft mehr zum Wurf übriggeblieben. Die beiden Handgranaten lagen zwischen den Fingern der gesunden Hand, Zähne zogen langsam an den Knöpfen der Abzugsschnüre. Es war nicht mehr viel zu tun. Man brauchte nur den Arm vorzustrecken, langsam vorzuschieben. Und man wartete. 784

Nach der Gründung der SS-PK waren solche mythischen Elemente auch in der Berichterstattung der Tageszeitungen über den Kriegseinsatz der SS zu finden. Ein erstes Beispiel ist die Schilderung der Schlacht von Arras 1940 in VB und DAZ. Hier wurde etwa eine Verbindung zu den Erfahrungen der »Kampfzeit« hergestellt, aber auch zu den »Vätern«, den Soldaten des Ersten Weltkriegs und damit gleich doppelt an die mythische Urzeit der NS-Bewegung erinnert: »Ist es das Ende? Sterben? Sterben bei [...] Arras, wie es Gesetz war bei den Vätern?«785 Ebenso wird hier beschrieben, wie einige SS-Soldaten ihr Leben opfern, ausdrücklich, um den höchsten Preis, den Sieg für das Reich, zu bewirken.786 Ähnliches war auch im Balkanfeldzug 1941 in der SS-Propaganda zu finden, etwa in einem Bericht des SK über einen Untersturmführer, der seiner Standarte den Weg durch eine Minensperre geöffnet habe, in dem er einfach mit seinem Fahrzeug in sie hinein gefahren sei. Hier wird der überweltliche Sinn dieses Selbstopfers, das Weiterleben der Sippen, ausdrücklich in dem Artikel ausgeführt: »Und plötzlich schau ich im Abenddämmern in eine Vision, Frauen stehen um den Hügel des Untersturmführers: die Mütter der SS-Männer, die er durch sein Sterben gerettet hat.«787 Mit dem Überfall auf die Sowjetunion wurde der mythische Charakter der Berichte noch augenfälliger. Denn nun hatte der mythische Antiheld, der Gegenpol zu den Heroen der SS, in der Gestalt des geistig, körperlich und moralisch minderwertigen sowjetischen Feindes seinen Auftritt. Einem Feind gegenüber, der »bei einiger Menschenähnlichkeit doch nicht den Funken Gottes in sich hat«788 und schon in der ersten Phase des Feldzugs vorzugsweise als bloße »erdbraune Massen« wieder und wieder gegen die deutschen Stellungen anrannte, war für die SS-PK der Kampf bis zur letzten Patrone ein Bild wie aus »verklungenen Sagen«.789 Seine größte Bedeutung in der Propaganda um die Waffen-SS erreichten die mythischen Elemente aber in der Folge der Kriegswende 1941/42 vor Moskau 784 785 786

787 788 789

»Der letzte Augenblick«, in: SK 42 v. 17.10.1940, S. 9. »›Panzer ... Panzer!‹«, in: VB 244 v. 31.8.1940, S. 2. Vgl. »Eine Division der Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: VB 322 v. 17.11.1940, S. 6; VB 323 v. 18.11.1940, S. 4, VB 326 v. 21.11.1940, S. 4; »Die Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: DAZ 550 v. 15.11.1940, S. 2; »Britische Panzer von der Waffen-SS vernichtet«, in: DAZ 551 v. 16.11.1940, S. 4. »Der Kampf um den Berg«, in: SK 19 v. 8.5.1941, S. 9. »Urwald, Regen, Sumpf und Sowjets«, in: VB 280 v. 7.10.1941, S. 3. »Treu dem Befehl bis zum letzten Mann«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

und den nun einsetzenden Schilderungen von Abwehrschlachten wie etwa im Kessel von Demjansk. Es ist leicht einsichtig, dass gerade in Geschichten um eine erfolgreiche Abwehr eines feindlichen Angriffs ein überweltlicher Wert von Selbstopfern noch glaubhafter wurde. Im SK wurden etwa in den Berichten über die Winterschlacht vor Moskau 1941/42 das Opfer des »letzten Häuflein der Unentwegten« buchstäblich vergöttert: Wir dürfen die Kraft eines Glaubens spüren, in dem die Pflicht nicht eine Last des Lebens, sondern der Inhalt des Lebens ist, die Härte die Erfüllung, nicht Qual, sondern Triumph. Wir spüren den Anflug des Göttlichen, wenn wir von den Männern hören, die im Bewusstsein erfüllter Treue lächelnd sterben können.790

Begünstigt wurde eine solche Stilisierung sicherlich durch die generell zunehmende Wichtigkeit des mythischen Schemas in der NS-Propaganda dieser Zeit, wo z. B. die deutschen Rückschläge gemäß der »ehernen Gesetze« der NS-Doktrin zu Prüfungen erklärt wurden, die große Siege ankündigen würden.791 Auch in der SS-Propaganda war es eine immer wieder zu findende Sinngebung für die Opferbereitschaft der beschriebenen SS-Soldaten, dass aus deren Todesverachtung und Selbstüberwindung gegen alle Wahrscheinlichkeiten immer ein deutscher Sieg resultierte. So hieß es im SK 1942 über den Einsatz der SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk: Unerbittlich ist hier die Natur, unerbittlich auch der Kampf und unerbittlich auch der Gegner. Wer hier aushielt gegen die gewaltige Übermacht des Feindes und gegen die fremde, feindselige Natur, der hat die Hölle geschaut – sie erlitten, sie bestanden. Die Männer der SS-Totenkopf-Division haben hier ihr Heldentum offenbart.792

Im VB beschrieb ein SS-Kriegsberichter im September 1943 den Einsatz der Waffen-SS so: In den stillen Falten ihres Bewusstseins blieben sie die Angst aller Kreatur [sic]. Bei ihnen sind ihre Frauen, ihre Kinder, ihre Eltern, mit denen sie leben wollen. Aber sie verlassen hundertmal das bergende Tal der individuellen Selbsterhaltung und erklettern die einsame Höhe des Heldischen, hinter der – wer weiß wo – das Tor des Sieges eines Tages sich auftun wird.793

In der Phase der deutschen Rückzüge trat aber ein deutlich bescheideneres Ziel des Kampfes der Waffen-SS hinzu. Immer häufiger wurden in den Berichten nun möglichst große Verluste des Gegners erreicht, in der Gewissheit, dass der Gegner vor dem Überschreiten der Reichsgrenze »ausbluten« werde.794 Damit verbunden war eine verstärkt zu beobachtende Modellierung der Beschreibung der SS-Soldaten nach der mythischen Gestalt des »Verdunkämpfers«.795 790 791 792 793 794 795

»Das gibt uns Härte«, in: SK 12 v. 19.3.1942, S. 7. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 542 f. »Heldenkampf einer SS-Division«, in: SK 44 v. 29.10.1942, S. 6. »Das Profil des Grenadiers«, in: VB 247 v. 4.9.1943, S. 1 f, hier 1. »Die Nachhut«, in: DAZ 493 v. 15.10.1943, S. 2. Für dessen Eigenschaften vgl. Hüppauf, Schlachtenmythen, S. 59-61. Daneben wurden gerade in dieser Kriegsphase auch Elemente des an sich konträren »Langemarck«-Mythos in der SS-Propaganda verwendet. Darauf wird hier noch eingegangen werden, vgl. Abs. 4.6.e) dieser Arbeit.

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4.5 Soldaten in der Darstellung der SS-PK

385

Insbesondere kam das zum Tragen, als der neuerliche Kampf im Westen gegen die Invasionstruppen ab Juni 1944 offensichtlich ein aus propagandistischer Sicht Akzeptanz versprechendes Umfeld für die Verwendung gerade dieser mythischen Erzählelemente versprach. Denn nun erinnerten auch Gegner, Ort und vor allem der gewaltige Materialeinsatz des Gegners an den Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges. In welcher Weise viele SS-PK-Berichte dieser Zeit Beschreibungen des Trommelfeuers durch den Gegner mit mythischen Deutungen und Erklärungen verbanden zeigt beispielhaft folgende Textstelle aus dem SK: Sie wissen genau, was sie in der kommenden Nacht und am nächsten Tag erwartet. Sie wissen, dass der Gegner noch einmal und wiederum und immer noch seine Reserven in den Kampf werfen wird – dass er immer neue Verbände von Flugzeugen, Panzern und Batterien heranholt. Das alles wissen die Grenadiere. Wer hier noch lebt, wird in Äonen noch leben, wer hier noch atmet, wird alles Vergängliche von sich abstreifen, er wird am Tor des Todes vorübergehen in ein unsterbliches Leben. Denn in den spätesten Zeiten wird Geschlecht um Geschlecht die Sage singen von den Kämpfern, die dem Ansturm von Titanen standhielten und die in ihrer tiefsten Verlassenheit mit blanken Händen nach dem Donner griffen, um die Stürme zu zerteilen.796

Mythische Elemente blieben bis zum Untergang des Dritten Reiches ein Hauptmerkmal der SS-Kriegsberichte. Noch Ende März 1945 fanden sich in der Berichterstattung des SK freiwillig dargebotene Selbstopfer von SS-Soldaten, welche auf magische Weise doch noch einen deutschen Sieg ermöglicht haben sollen, z. B. in einem Bericht im SK über einen Sieg der Waffen-SS gegen amerikanische Truppen: Jeder hat seinen Teil getan, aber tatsächlich über Herrlisheims Besitz entschieden hat nicht Stahl und nicht Feuer und nicht Masse, nicht Freund Hein – sonst wären wir ja längst erschlagen oder ausgelöscht gewesen. Letzthin triumphierend standen über ihnen die SS-Männer, die bewusst oder instinktiv in der schwersten Stunde, als alles längst verloren und nur noch das Leben einzelner zu retten möglich erschien, sich selbst als Preis für den Sieg der anderen darboten.797

Wie sich in der quantitativen Analyse bereits erwiesen hat, fehlten in der Berichterstattung über den Kriegseinsatz der SS allerdings weitgehend Verweise auf die Durchführung von den an sich für den Schwarzen Orden so wichtigen Riten durch SS-Einheiten.798 Trotzdem diese eine große Bedeutung als Ergänzung und nonverbale Ausdrucksform des Mythos hatten,799 standen einer intensiven Berichtserstattung auch über sie allerdings auch die Interessen der NS-Führung entgegen. Wie hier schon erwähnt, hatte selbst der »Führer« antikirchliche Tendenzen in der NS-Kriegspropaganda generell abgelehnt, weil er negative Auswirkungen auf den Zusammenhalt der inneren Front befürchtete.800

796 797 798 799 800

»Der Sieg des Lebens«, in: SK 36 v. 7.9.1944, S. 6. »Das Beispiel Herrlisheim«, in: SK 12 v. 22.3.1945, S. 5. Vgl. Anhang 24. Vgl. dazu Behrenbeck, Kult, S. 50-57. Vgl. Steinert, Krieg, S. 96 f, 300. Die extravaganten Riten der SS-Feiern hatten tatsächlich bereits in katholischen Gebieten des Reiches Unverständnis und Widerspruch hervorgerufen, vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 197.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Wenn somit in den hier untersuchten Medien über kultische Feierrituale im Zusammenhang mit dem Kriegseinsatz der SS berichtet wurde, dann beschränkte sich das im Wesentlichen auf Meldungen über die Teilnahme von Abordnungen der Waffen-SS an Veranstaltungen zum 20. April oder zum 9. November. Eine der wenigen Ausnahmen war die am 27. September 1942 sowohl in der FZ als auch in der DAZ an prominenter Stelle abgedruckte Wiedergabe einer »Morgenfeier« einer Kompanie der »LAH«801 und am 5. August 1943 eine im SK geschilderte rituelle Feier der Division »DR« in Charkow zu Ehren ihrer Gefallenen.802 Mit den Feierlichkeiten anlässlich der Beerdigung von Reinhard Heydrich Anfang Juni 1942 erlangte somit lediglich eine kultische SS-Feier in der Zeit des Krieges eine größere Publizität. Hierüber erschienen etwa im VB von der Überführung des Sarges nach Berlin bis zu seiner Beerdigung drei großformatige Berichte.803 Der Höhepunkt war die detaillierte Beschreibung des Staatsaktes am 10. Juni 1942 und die Wiedergabe der dort gehaltenen Reden.804 Heldisch erschien die Waffen-SS somit insgesamt nur durch Berichte über ihre Taten an der Front, denn Hinweise auf eine Vergöttlichung ihrer gefallenen Heroen, welche gerade durch Aussagen zu rituellen Feierstunden zu ihrem Gedenken deutlich sichtbar geworden wären805 gab es in den damaligen Zeitungen nicht. So einheitlich das von der SS-PK verbreitete, hier skizzierte Image von der Waffen-SS als einer militärisch-ideologischen Elitetruppe des Dritten Reiches somit in vielerlei Hinsicht gewesen ist, dieses Image musste sich dennoch zunächst in den damaligen Medien erst noch durchsetzen und dann, als Folge ihres Ausbaues und des damit verbundenen Zugriffs auf immer neue Gruppen von Freiwilligen, auf eine immer heterogener werdende Waffen-SS angewandt werden. Dazu kamen die schon angesprochenen, gleichsam äußeren Faktoren wie die gerade aktuellen Erfordernisse der Meinungslenkung, die wachsende Bedeutung der SS-Truppen im Rahmen der deutschen Kriegsführung, ihre in den letzten Kriegsjahren von Hitler gewünschte, besondere Berücksichtigung in der NSPropaganda und dergleichen mehr. Um all dies wie auch die Auswirkungen des realen Kriegsverlaufes auf die zeitgenössische Darstellung der Waffen-SS hinreichend genau abbilden zu können, sollen nun die Wandlungen ihres Bildes im Laufe des Krieges dargestellt werden.

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»Wir sind bereit...«, in: DAZ 463 v. 27.9.1942, S. 3; »Wir sind bereit!«, in: FZ 494 v. 27.9.1942, S. 1. Vgl. »Den Lebenden Mahnung«, in: SK 31 v. 5.8.1943, S. 7. Daneben gab es im VB noch einen Bericht über eine Feier eines SS-Bataillons, vgl.: »›Meine Ehre heißt Treue‹«, in: VB 34 v. 3.2.1940, S. 5. Vgl. «SS-Obergruppenführer Heydrich nach Berlin übergeführt«, in: VB 160 v. 9.6.1942, S. 1; »Feierliche Einholung Reinhard Heydrichs in Berlin«, in: VB 161 v. 10.6.1942, S. 2; »Adolf Hitler am Sarge Heydrichs«, in: VB 162 v. 11.6.1942, S. 3 f. Vgl. »Adolf Hitler am Sarge Heydrichs«, in: VB 162 v. 11.6.1942, S. 3 f. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 67 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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4.6 QUALITATIVE ANALYSE: DIE WAFFEN-SS IN DER NS-PROPAGANDA: WANDLUNGEN IM LAUFE DES KRIEGES a) DIE BEWÄHRUNG: VOM POLENFELDZUG 1939 BIS ZUM SIEG IM WESTEN 1940 Polenfeldzug 1939

In dieser Kriegsphase, das hatte sich schon in der quantitativen Analyse erwiesen,806 spielten die SS-Truppen in der Berichterstattung aller hier untersuchten Tageszeitungen eine nur geringe Rolle. Liest man in diesen Tageszeitungen, wird schnell klar, dass der Grund dafür tatsächlich in der faktischen Nichtberücksichtigung der allerdings auch nur wenigen SS-Einheiten durch die PK der WM zu suchen ist. Infolgedessen wurde der Kriegseinsatz der bewaffneten SS-Verbände in dieser Zeit807 lediglich in der sonstigen Berichterstattung der Tageszeitungen beschrieben, was aber über kurze Meldungen der Nachrichtenagenturen über Erfolge von SS-Einheiten in Polen oder über lokalen Feiern von SS-Ersatzeinheiten, deren Werbeveranstaltungen etc. selten hinausging. Unter diesen, oftmals überall gleichlautenden und damit zum Abdruck offensichtlich vorgegebenen, Beiträgen waren zwar ab und an auch längere Artikel, welche durchaus das Bild einer auch militärisch elitären SS zeichneten. Dazu gleich mehr. Betrachtet man jedoch die sofort mit Beginn des Polenfeldzuges 1939 einsetzende, intensive Berichterstattung der Propagandakompanien von Heer, Luftwaffe und Marine,808 so wird schnell der propagandistische Wert gerade dieser Art Berichterstattung deutlich. Immer in der Form einer Reportage verfasst, konnte bei ihr tatsächlich der Eindruck entstehen, hier würden die unmittelbaren Erlebnisse der Kriegsberichter im Gefecht anschaulich und unverfälscht beschrieben und, durch den ausgeprägten »Soldatenjargon« in den Artikeln in der Wirkung verstärkt, authentische Beobachtungen des Zeitgeschehens durch »die Front« wiedergegeben.809 Ohne eine eigene PKOrganisation und damit ohne solche Berichte war es unvermeidlich, dass der Einsatz der SS-Truppen in der Masse der PK-Artikel über die Erfolge der WM im Polenfeldzug nahezu unterging. An sich hatte der nur geringe Beitrag der SS-Truppen zum schnellen Sieg in Polen aber auch kaum Anlass zu einer großangelegten Kampagne gegeben.810 Dennoch hätte über die bewaffnete SS durchaus auch intensiver berichtet werden können, an erster Stelle wegen der Beteiligung der »SS-Heimwehr Danzig« (SSHWD)811 an den Kämpfen. Leleu sieht deren Erwähnung im WMB vom 8. Sep806 807

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Vgl. die Tabellen 16 und 17 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Außer dem Regiment »Der Führer« nahmen alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden bewaffneten SS-Einheiten am Polenfeldzug teil, vgl. Westemeier, Krieger, S. 136, 683, FN 321. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 32;Uziel, Warriors, S. 254. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 42. Vgl. für eine Einschätzung des geringen militärischen Wertes der beteiligten bewaffneten SS-Verbände im Polenfeldzug: Leleu, Waffen-SS, S. 542-544. Die Stadt Danzig hatte die Aufstellung dieser Heimwehr im Sommer 1939 beschlossen und den RFSS Himmler damit betraut. Dieser stellte einen SS-Totenkopfsturmbann zur Verfügung, welcher in Polen unter dem Kommando von reichsdeutschen Heeresoffizieren kämpfte, vgl. Stein, Geschichte, S. 26; Klietmann, Waffen-SS, S. 419.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

tember 1939 sogar als Nachweis einer von Anfang an vom tatsächlichen Geschehen an der Front völlig abgekoppelten Propagandaoffensive der SS an.812 In den hier untersuchten Tageszeitungen war davon aber wenig zu spüren. Sicher, die »SS-HWD« wurde in allen Zeitungen mehrfach erwähnt, mit Fotos gewürdigt und selbst in der WS beim Sturm auf die Danziger Hauptpost gezeigt. Es erschien jedoch kein einziger PK-Artikel über sie, sondern nur kurze Meldungen, die nicht viel mehr als eine Aufzählung ihrer Schlachtenerfolge und die Begeisterung der Danziger Bevölkerung bei ihrem Erscheinen beinhalteten. Hinweise auf Ideologie oder elitären militärischen Anspruch der SS fehlten hingegen völlig, so dass dies am ehesten als Berichterstattung über den, durch die NS-Propaganda überhöhten, militärischen Beitrag Danzigs zum deutschen Feldzug in Polen charakterisierbar ist.813 Die einzige Kampftruppe der SS, welche daneben in den ersten Monaten des Krieges ab und an in den Tageszeitungen namentlich erwähnt wurde, ist die »LAH«. Über sie wurde, bezeichnenderweise, erstmals in einem Artikel Gunter d’Alquens berichtet und zwar im Rahmen seiner Artikelserie über die Fahrten und Truppenbesuche Hitlers während des Polenfeldzuges.814 Transportiert wurde mit der Beschreibung dieser, keineswegs zufälligen,815 Begegnung zum einen eine besondere Beziehung des Diktators zu der »LAH«, zum anderen aber auch der Eindruck einer großen Kampfkraft der Leibstandarte. So spricht Hitler hier nicht nur zu deren »großen Kerls«, sondern lässt sich von dem namentlich genannten Sepp Dietrich ausführlich »von den heißen Tagen« der »LAH« in Polen berichten.816 Beide Motive wurden in den folgenden Monaten überdies in der Berichterstattung wiederholt, etwa in einem kurz darauf folgenden WS-Beitrag über die gleiche Begebenheit. Hier »begrüßt der Führer seine Leibstandarte, die sich bei dem Siegeszug in Polen glänzend geschlagen hat.«817

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Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 662; WMB v. 8.9.1939. Vgl. etwa: »Begeisterungsstürme für die SS-Heimwehr Danzig«, in: VB 270 v. 27.9.1939, S. 1; Photo in VB 272 v. 29.9.1939, S. 3; »Jubel in Danzig«, in: DAZ 418 v. 1.9.1939, S. 3; »Der Empfang des Führers in Danzig«, in: FZ 480 v. 20.9.1939, S. 2. Selbst in der WS wird über den Sturm der »SSHWD« auf die polnische Hauptpost lediglich vom Kampf gegen dort verschanzte »Banden« berichtet, aber mit keiner Silbe auf spezielle ideologische wie militärische Eigenschaften der SS eingegangen, vgl. WS 470 v. 7.9.1939. Hitler leitete im Polenfeldzug die Operationen aus einem Eisenbahnzug, vgl. Kershaw, Hitler, S. 328 f. Seine Anwesenheit im Operationsgebiet wurde zum Anlass genommen, durch Frontfahrten etc. in der Propaganda seine engen Beziehungen zu den Truppen zu veranschaulichen, vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 37 f. Zur Abordnung einer Kompanie der »LAH« inkl. Dietrichs für diesen Besuch Hitlers vgl. Weingartner, Story, S. 36. »Der Führer bei den siegreichen Truppen der Bzura-Armee«, in: VB 270 v. 27.9.1939, S. 2. Einen ähnlichen Inhalt hat: »Führerflug längs der Weichsel«, in DAZ 459 v. 26.9.1939, S. 1. In der FZ wurde dazu nur ein Bild veröffentlicht, vgl. FZ 495 v. 28.9.1939, S. 16. So wörtlich in der damaligen Wochenschau, siehe WS 474 v. 4.10.1939.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Abb. 9: Erster längerer Bericht im »Völkischen Beobachter« über SS-Truppen, September 1939.

Auf der gleichen Linie war auch ein Anfang Oktober 1939 in allen Tageszeitungen zu findender Artikel, welcher anlässlich der Rückkehr der »LAH« aus dem Operationsgebiet deren Gefechte in Polen zusammenfasste. Schon zu diesem Zeitpunkt wurden hier nicht ihre tatsächlichen Leistungen an der Front

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

zusammengefasst,818 vielmehr waren bereits viele Elemente eines gewollt elitären Bildes vom Kriegseinsatz der SS zu finden: So wurde etwa ihr harter Kampf u. a. gegen polnische Elitetruppen geschildert, von ihren Panzern berichtet oder behauptet, ihr weit vorgestaffelter Einsatz hätte der Masse der WM-Truppen den Weg durch den Feind geöffnet.819 Schließlich wurde noch in allen Tageszeitungen wie auch dem SK ein Besuch Hitlers bei der »LAH« in Bad Ems anlässlich einer Frontreise zu Weihnachten 1939 besonders herausgestellt.820 Dabei nutzte man im SK die Gelegenheit, das tatsächlich immer gegebene, besondere Interesse Hitlers an »seiner« Leibstandarte821 ein weiteres Mal hervorzuheben. Ausführlich wurde zudem darauf eingegangen, dass der »Führer« ihr zu diesem Anlass versprochen hatte, sie in Zukunft immer ganz vorn einzusetzen.822 Ansonsten aber war anfänglich über die SS-Truppen in den Tageszeitungen nichts zu lesen, sie wurden selbst in den Artikeln, welche nach Abschluss des Feldzuges die Operationen der WM in Polen zusammenfassten, gar nicht erst erwähnt.823 Gleiches galt auch für die Rede Hitlers vor dem Reichstag zum gleichen Thema.824 Dass die bewaffnete SS dennoch in der Berichterstattung dieser Zeit vertreten war, lag, wie sich in der quantitativen Untersuchung erwiesen hat,825 an einer später nie mehr so großen Präsenz der in Polen eingesetzten Polizeiformationen in den Tageszeitungen. Denn letzteren kam eine wichtige Rolle in der NS-Propaganda dieser Zeit zu: Zum einen stand die Polizei als Beispiel für die »bessere« deutsche Ordnung, welche nun in den Ostgebieten zum Wohle auch der dortigen Bevölkerung herrsche und die als unfähig dargestellte polnische Verwaltung wie auch die vorgeblichen Gaunereien der Juden abgelöst habe. Zum anderen konnten durch solche Meldungen, etwa über die erbarmungslose Jagd der Polizeiverbände auf polnische Mörder von Volksdeutschen, erste im Reich umlaufende Gerüchte über in Polen stattfindende Massenerschießungen konterkariert werden.826 818

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Diese waren bestenfalls durchschnittlich. So beurteilte Generaloberst Johannes Blaskowitz, Oberbefehlshaber der 8. Armee in Polen, die »LAH« als ineffizient, unerfahren und nicht außergewöhnlich, vgl. Clark, Dietrich, S. 124 f. Vgl. »Die erfolgreichen Kampfhandlungen der Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹ in Polen«, in: VB 279 v. 6.10.1939, S. 1; »Die SS-Leibstandarte in Prag«, in: DAZ 475 v. 5.10.1939, S. 2; »Die Heimkehr der Leibstandarte ›Adolf Hitler‹«, in: FZ 508 v. 5.10.1939, S. 1. Vgl. »Der Führer bei seinen Soldaten an der Westfront«, in: VB 361 v. 27.12.1939, S. 1; »Mit Adolf Hitler unterwegs«, in: DAZ 614 v. 27.12.1939, S. 3; »Der Führer besucht die Westfront«, in: FZ 658 v. 27.12.1939, S. 1 f; »Das schönste Geschenk« in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 3; »Der Führer bei seiner Leibstandarte«, in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 9. Für weitergehende Informationen vgl. Westemeier, Krieger, S. 149. Vgl. Weingartner, Story, S. 35. Vgl. »Das schönste Geschenk« in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 3; »Der Führer bei seiner Leibstandarte«, in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 9. Das auch hier wiedergegebene Zitat Hitlers lautete: »Solange ich die Ehre habe, an der Spitze dieses Kampfes zu stehen, ist es für Euch, Männer der Leibstandarte, eine Ehre, die Spitze dieses Kampfes zu sein«, zitiert nach Westemeier, Krieger, S. 149. Vgl. »Die Führer der deutschen Operationen in Polen«, in: VB 268 v. 25.9.1939, S. 3; »Operationen in Polen abgeschlossen«, in: VB 264 v. 21.9.1939, S. 4; »Der Führer dankt der Wehrmacht«, in: VB 274 v. 1.10.1939, S. 3. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1377-1393 (6.10.1939). Vgl. die Tabellen 16 und 17 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit sowie Anhang 18. Vgl. Gellately, Hingeschaut, S. 69 f; Steinert, Krieg, S. 101 f; Schröder, Kriegsbericht, S. 40 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

391

In diesem Zusammenhang ist es also zu sehen, wenn in VB und DAZ, allerdings kaum in der FZ, immer wieder zu lesen war, wie die den deutschen Truppen nachfolgende deutsche Polizei zunächst »den nicht minder wichtigen Kampf im Rücken der Front« gegen polnische »Marodeure« zu Ende geführt, aber auch Mörder von Volksdeutschen aufgespürt und den Wucher der »Ostjuden« auf den Märkten beendet habe.827 Dieses Thema blieb dann auch relativ lange in den Tageszeitungen präsent. Bis in das Jahr 1941 hinein waren hier immer wieder Artikel zu finden, welche die »ungeheuren« Aufgaben, die sich der Polizei in Polen gestellt hätten, betonten. Im Unterschied zu Norwegen oder den Niederlanden hätte hier mit »Energie und Strenge eingegriffen werden« müssen. Zur Veranschaulichung wurde davon berichtet, wie von den Polen freigelassenen Kriminelle wieder eingefangen oder deren Verbrechen sofort »mit dem Tode gesühnt«, durch polnische »Misswirtschaft« entstandene kriminelle Strukturen zerstört,828 aber auch Ghettos gegründet wurden, vorgeblich um die durch Juden verbreiteten Seuchen einzudämmen. In diesem Zusammenhang wurde später etwa ausführlich über das Ghetto in Lodz berichtet und dabei sogar erwähnt, dass das dort eingerichtete Kommissariat »Ghetto« bereits Millionenwerte sichergestellt hätte, eine bemerkenswerte Annäherung an den in Wahrheit dort stattfindenden Raub jüdischen Eigentums.829 Selbst in den Berichten des SK wurde anfangs ein solches, die Ordnung wiederherstellendes und die Bevölkerung schützendes, Bild von der Polizei gezeichnet. So behandelte etwa der erste dort erschienene Bericht über eine SS-Einheit im Kriegseinsatz die Tätigkeit einer Sonderformation der Ordnungspolizei in Polen. Diese wäre unmittelbar hinter der WM in die polnischen Gebiete eingerückt, um »den Ablauf des normalen Lebens« zu gewährleisten, diese Gegenden von brandschatzenden und plündernden Banditen zu »säubern« und die Zivilbevölkerung, darunter insbesondere die Volksdeutschen zu beschützen.830 Ähnliche Berichte, u. a. unter Erwähnung des Einsatzes von Totenkopfstandarten, fanden sich im SK in den folgenden Wochen immer wieder.831 Solche Berichte waren aber auch Ausdruck einer gerade in der Hauszeitung der SS spürbar ideologischen Note in der Darstellung des Kriegseinsatzes der SS. Anders als in den Tageszeitungen wurde hier in den ersten Monaten des Krieges deutlich die Aufgabe der SS, als Staatschutzkorps das Reich inner- wie außerhalb seiner Grenzen zu schützen, in den Mittelpunkt gestellt. So wurden auch hier die 827

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»Den Truppen folgt die Polizei«, in DAZ 454 v. 22.9.1939, S. 3, gleichlautend in: VB 266 v. 23.9.1939, S. 1 f, FZ 485 v. 23.9.1939, S. 2. Ähnlich z. B. auch: »Danziger Polizeitruppen kehren heim«, in: DAZ 463 v. 28.9.1939, S. 4. Vgl. »Deutsche Polizisten im Kampf gegen polnisches Verbrechertum«, in: VB 49 v. 18.2.1940, S. 4; »Was deutsche Polizei im Osten leistet«, in: DAZ 80 v. 15.2.1940, S. 3; »Die deutschen Polizeireiter in Polen«, in VB 306 v. 1.11.1940, S. 4; »Warschau war Hochburg des Verbrechens«, in: VB 307 v. 2.11.1940, S. 6. »Die deutsche Polizei im Osten«, in: VB 37 v. 6.2.1941, S. 4, auch in: DAZ 65 v. 7.2.1941, S. 3. Für eine umfassende Schilderung der in Lodz begangenen Verbrechen an Juden vgl. Löw, Juden, S. 72223. »Polizei räumt auf«, in: SK 38 v. 21.9.1939, S. 8. Vgl. etwa »Aus dem Polen-Tagebuch eines Polizeioffiziers«, in SK 43 v. 26.10.1939, S. 4; »SS im grünen Rock«, in: SK 47 v. 23.11.1939, S. 4.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Berichte über die wenigen Kampftruppen der SS anfangs von zahlreichen Artikeln über die Einsätze der sonstigen Einheiten aus den verschiedensten Teilbereichen der SS begleitet. Dabei wurde immer wieder betont, dass sie alle einen gleichwertigen Beitrag im vielfältigen Aufgabengebiet der SS leisten würden. Beispielsweise hieß es hier im September 1939 von den berüchtigten »Sicherheitspolizeilichen Einsatzgruppen«, dass sie Informationen über die von Polen aus im Reich operierenden, deutschenfeindliche Kräfte sammeln und diese vor Ort »unschädlich« machen würden. Dabei gingen sie laut dem SK »im Geiste der Schutzstaffel an die Bewältigung dieser Aufgaben heran und sind bemüht, unserem Korps nicht weniger Ehre zu machen als die Kameraden, die in den vordersten Linien unserer stürmenden Truppen ihre Pflicht erfüllen dürfen.«832 Selbst der Wachdienst in den im Innern des Reiches befindlichen KZs wurde hier als Beitrag zum deutschen Sieg beschrieben. Ein Artikel mit dem Titel »Kriegsgebiet KZ«, erschienen bezeichnenderweise in der Rubrik »Für die Waffen-SS«, begann mit der Mahnung Himmlers, dass die Front nicht nur im Westen und an der Nordsee verlaufe, sondern auch die Konzentrationslager Kampfgebiete der inneren Front seien. Hier würden X-tausende von Staatsfeinden wie schon 1918 danach trachten, den nun nationalsozialistischen Staat der Frontsoldaten zu zermürben. Deshalb seien auch die Wachtruppen der Lager, die SS-Totenkopfstandarten, als deutsche Soldaten auf der Wacht anzusehen, die dafür sorgten, dass das »Gift der Zersetzung« nicht in den »Volkskörper« gelange.833 Angesichts dessen war es nur konsequent, dass auch die Fronttruppen der SS in dieser Zeit in den Berichten immer wieder ausdrücklich als Teil des Staatschutzkorps SS dargestellt wurden. So wurde z. B. Anfang Januar 1940 im SK als Grund für ihren Kriegseinsatz angeführt, dass die SS nur mit einer Bewährung an der Front dem deutschen Volk nach dem Krieg mit der notwendigen Autorität gegenüberstehen könne. Es wurde also deutlich auf die ursprüngliche Legitimation für den Einsatz der SS an der Front verwiesen: Gerade eine für den inneren Einsatz bestimmte Organisation politischer Soldaten hat in Zeiten, die den Einsatz des ganzen Volkes nach außen hin erfordern, auch hier ihren bestimmten Anteil zu erfüllen. Es gilt für sie, nun besonders im Kriege, den Wert ihrer Auslese, die Manneskraft, den Mut und die Härte ihrer Erziehung unter letzten und besten Beweis zu stellen.834

Im gleichen Artikel wurden überdies die verschiedenen Einsatzgebiete aller »Soldaten für Führer und Volk« der SS ausdrücklich als gleichwertig geschildert. Neben Berichten über die Schlachten von Kampfeinheiten wie der »LAH« standen so solche über Polizisten, die das Hinterland gesichert, über Sonderkom832

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»Sicherheitspolizei im Feindesland«, in SK 39 v. 28.9.1939, S. 9 f. Ähnlich auch:»SS-Reiter in Polen«, in: SK 47 v. 23.11.1939, S. 3. Für Informationen über die Beteiligung dieser Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei, aber auch von TK-Standarten wie auch Einheiten der Waffen-SS an der Ermordung von polnischen Politikern, Unternehmern, Offizieren, Geistlichen, Lehrern und anderer im Rahmen der »Intelligenzaktion« wie auch Massenverbrechen an Juden, vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 49-60, Orth, Konzentrationslager-SS, S. 153-156 oder Merkl, Simon, S. 137-143. »Kriegsgebiet KZ«, in: SK 51 v. 21.12.1939, S. 9 f. Diese Mahnung Himmlers wurde auch vor den Führern der KZ-Wachmannschaften verlesen, vgl. Orth, Konzentrationslager-SS, S. 153. »Vom Einsatz der Waffen-SS und Polizei«, in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 10.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

393

mandos des SD und der Sipo, welche durch ihre Operationen »die restlichen verbrecherischen oder politischen Fäden des Gegners« zerstört oder über TKStandarten, die einen nicht näher ausgeführten, aber als »schwer und selbstlos« beschriebenen Dienst versehen hätten. All dies hätte nicht weniger Heldentum und Tapferkeit als vorn an der Front erfordert.835 Damit zeigt sich auch anhand der intensiven Berichterstattung des SK dieser Zeit deutlich, dass der Grund für die geringe Präsenz der SS-Truppen in den Tageszeitungen im Jahr 1939 weder in einem noch fehlenden Interesse der SS an einer Schilderung der Taten ihrer Kampfverbände für eine breite Öffentlichkeit, noch in einem Mangel an geeignetem Material zu suchen ist, sondern einzig und allein in den noch nicht gegebenen Möglichkeiten der SS-PK begründet lag. Denn im SK wurde schon im August 1939 ausführlich über die »SS-HWD« berichtet836 und dies im September mit weiteren Fotos und einem Artikel fortgesetzt.837 Mit Beginn des Feldzuges weitete sich hier die Berichterstattung über die Einsätze der Truppen von SS und Polizei massiv aus, z. B. durch eine ab 21. September eingeführte Fotoseite mit dem Titel »SS am Feind«.838 Hier und erst recht in dem im Dezember des gleichen Jahres dauerhaft eingeführten Extrateil »Für die Waffen-SS« wurden die heroischen Kampfberichte aus Polen bis weit in das folgende Jahr 1940 fortgesetzt.839 Von Taten der WM wurde hier hingegen kaum berichtet,840 sodass im SK selbst die Besetzung Dänemarks und der Krieg in Norwegen, offensichtlich, weil die SS daran nicht beteiligt war, nur in allgemeinen Artikeln und eher beiläufig erwähnt wurde.841 Diese intensive Berichterstattung sollte dennoch nicht nur SS-intern wirken, sondern war vielmehr von Anfang an auch an ein breites Publikum gerichtet. Dies zeigt sich überdeutlich an mehreren Werbeanzeigen, in denen das SK im VB explizit mit ihren Berichten über die »SS am Feind« warb.842 Ebenso deutlich tritt im SK aber auch hervor, dass es der SS immer darum ging, ihre Angehörigen als besonders kampfkräftig und, durch eine strikte Ausrichtung an den ideologischen Prinzipien des NS, als Elite des Dritten Reiches darzustellen. Diese Linie gab schon ein Befehl des RFSS an die eingesetzten SS-Truppen vor, der in der ersten Kriegsausgabe dieser Zeitung auf Seite Eins abgedruckt wurde: »SS-Männer, ich erwarte, dass ihr mehr als eure Pflicht tut!«843 835 836

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Vgl. »Vom Einsatz der Waffen-SS und Polizei«, in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 10. Vgl. »SS-Heimwehr Danzig«, in: SK 34 v. 24.8.1939, S. 3 f; »Danzigs Wehr«, in: SK 35 v. 31.8.1939, S. 3. Vgl. »Der Führer besucht die SS-Heimwehr«, in: SK 39 v. 28.9.1939, S. 4; »SS am Feind«, in: SK 38 v. 21.9.1939, S. 3; Bild in SK 39 v. 28.9.1939, S. 3. Vgl. »SS am Feind«, in: SK 38 v. 21.9.1939, S. 3. Noch am 9.5.1940 wurde in einem Artikel des SK geschildert, wie ein Unterscharführer im Polenfeldzug allein acht Polen gefangen genommen habe, vgl. »Die letzte Probe«, in: SK 19 v. 9.5.1940, S. 3. Einzige Ausnahme ist ein Artikel über die Einsätze eines U-Bootes, vgl. »Deutsche Seehelden«, in SK 49 v. 7.12.1939, S. 9. So finden sich in den Ausgaben des SK vom 9.4. bis 10.6.1940 nur eine Karikatur »Alles ins Wasser gefallen...«, in: SK 16 v. 18.4.1940, S. 1 und ein Gedicht »Narvik«, in: SK 18 v. 2.5.1940, S. 10 mit einem Bezug zu diesem Feldzug. VB 264 v. 21.9.1939, S. 10; andere Anzeigen etwa in VB 251 v. 8.9.1939, S. 8; VB 271 v. 28.9.1939, S. 8. »Befehl Himmlers an die eingesetzten SS-Männer«, in: SK 36 v. 7.9.1939, S. 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Von nun an wurden die SS-Truppen hier in immer gleicher Weise als heroische, elitäre Kämpfer dargestellt, immer bereit sich für den Sieg selbst zu opfern. Dass diese Art der Darstellung bereits zu diesem Zeitpunkt einsetzte, ist im Übrigen auch angesichts der personellen Kontinuitäten wenig überraschend. Denn auch diese frühen Artikel wurden bereits von späteren SS-PK-Führern wie Gunter d’Alquen oder seinem Bruder Rolf verfasst.844 Völlig unbeeinflusst vom wahren Geschehen an der Front blieb jedoch auch die Kriegsberichterstattung des SK nicht. So wurden in der Phase des sog. »Sitzkrieges«, also der von Hitler unbeabsichtigten, weitgehend von Kampfhandlungen freien Phase des Krieges zwischen Abschluss des Polenfeldzugs Oktober 1939 und dem Überfall auf Norwegen und Dänemark im April 1940,845 neben einigen weiteren Heldengeschichten aus Polen offensichtlich mangels Materials auch andere Themen unter der Überschrift »Für die Waffen-SS« im SK behandelt. Dennoch, auch diese dienten erkennbar der Stilisierung der bald so genannten WaffenSS zu der Elitetruppe des NS-Staates. So wurde hier etwa der hervorragende Ausbildungsstand der SS-Truppen thematisiert, die in die SS strömenden Freiwilligen glorifiziert,846 aber auch eine Opferbereitschaft der SS-Männer angemahnt: »Es ist aus der deutschen Geschichte zu sehen, wie sehr der Deutsche versteht, anständig zu sterben. SS-Kameraden, lasst uns dem letzten Augenblick ohne Zagen entgegensehen!«847 Auffällig häufig waren jedoch auch Artikel, in denen von der engen Verbindung zwischen den SS-Soldaten an der Front und der Heimat berichtet wurde.848 Das stand wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer britischen Propagandaaktion von Ende 1939, bei der in über dem Reich abgeworfenen Flugblättern behauptet wurde, die Angehörigen der NSDAP, der SA und auch der SS würden sich dem Frontdienst entziehen und nur das Volk die Lasten des Krieges tragen.849 Dieser Versuch, einen Keil in die »Heimatfront« zu treiben, scheint nicht ohne Erfolg geblieben zu sein, denn Goebbels sorgte als Gegenmaßnahme dafür, dass verstärkt Berichte über den Frontdienst der Parteifunktionäre in den Tageszeitungen erschienen.850 So ist zu erklären, dass Ende 1939/Anfang 1940, in einer Zeit, in der hier ansonsten fast nur PK-Artikel über die Einsätze der Luftwaffe und Marine gegen England erschienen,851 plötzlich in der Tagespresse über die Kämpfe der 844

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So stammt z. B. der stark die SS heroisierende Artikel »Bei einer SS-Standarte in Polen«, in SK 40 v. 5.10.1939, S. 4 von Rolf d’Alquen. Gunter d’Alquen ist u. a. zuzuordnen: »Der Führer besuchte SS-Heimwehr«, in SK 39 v. 28.9.1939, S. 4 oder auch »Vom Einsatz der Waffen-SS und Polizei«, in: SK 1 v. 4.1.1940, S. 10. Vgl. Salewski, Deutschland, S. 102 f. Vgl. z. B. »Kriegsfreiwillige 1940«, in: SK 3 v. 18.1.1940, S. 3; »Stoßtrupp bereit«, in: SK 17 v. 25.4.1940, S. 3; »Freiwillige für die Waffen-SS« in: SK 11 v. 14.3.1940, S. 3; »Freiwilligenmeldungen ohne Ende«, in: SK 11 v. 14.3.1940, S. 9. »SS-Mann, dein Symbol«, in: SK 4 v.25.1.1940, S. 9 f. Eine andere prägnante Stelle: »Das Totenkopfzeichen [...] mahnt daran, bereit zu sein zu jeder Tat, die diesem Ziel der Nation dient, damit die nach uns [...] sagen können: Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt.«, ebd., S. 9. Vgl. z. B. »Das wird sich niemals wiederholen«, in: SK 2 v. 11.1.1940, S. 9; »Die große Front«, in: SK 5 v. 1.2.1940, S. 3. Der Text eines solchen Flugblattes ist überliefert in: Boberach, Meldungen, S. 546 f (8.12.1939). Vgl. Uziel, Warriors, S. 262 f. Vgl. ebd., S. 272-274.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

395

Waffen-SS »in vorderster Front« in Polen berichtet852 oder in einer komplett abgedruckten Rede von Goebbels u. a. die Verdienste und die erlittenen Verluste der SS in Polen hervorgehoben wurden.853 Insgesamt blieb die Berichterstattung über die im übrigen nun allgemein »Waffen-SS« genannte Truppe dennoch in der Tagespresse weiter an der Wahrnehmungsgrenze. Westfeldzug 1940

Das änderte sich mit dem Beginn des Westfeldzuges im Mai 1940 zunächst nur unwesentlich. Dennoch markiert dieser 10. Mai den Beginn einer neuen Ära in der SS-Propaganda. Nun lag es Dank der neu eingerichteten SS-PK in den Händen der Waffen-SS selbst, die Taten ihrer vier eingesetzten Einheiten854 durch Artikel und Fotos auch in der Tagespresse bekanntzumachen. Aber nicht nur für die SSPropagandaorganisation, sondern auch für die Waffen-SS war dieser Feldzug in gewisser Weise eine Premiere. Nachdem ihre Verbände im Vorjahr in Polen noch in Kampfgruppen Heereseinheiten unterstellt worden waren, kämpften sie nun z. T. in Divisionsstärke unter dem Kommando ihrer eigenen Offiziere.855 Um das durchzusetzen, hatte die Reichsführung SS monatelang mit den obersten Militärs gerungen,856 umso notwendiger war es, dass sich die SS-Truppen nun auch auf dem Schlachtfeld bewährten. Bewähren mussten sich aber auch die SS-Propagandatruppen, schließlich war der deutschen Öffentlichkeit, obschon seit Jahresbeginn große Kampagnen der SS-Ergänzungsstellen zur Werbung von Freiwilligen liefen,857 die SS im Kriegseinsatz bisher nur im SK ausführlicher präsentiert worden. Dass den SS-Verbänden dennoch nur eine, zumindest im Vergleich zu den späten Kriegsjahren, geringe mediale Aufmerksamkeit zukam,858 kann leicht an den dafür noch ungünstigen Voraussetzungen festgemacht werden. Zunächst hatte die WM-PK den Vorteil einer bereits vorhandenen Erfahrung. Im Gegensatz zur SS-PK waren sie bereits im Polenfeldzug wie auch in Norwegen tätig gewesen, verfügten also über eine eingespielte Organisation und hatten sich zudem akribisch auf die propagandistische Begleitung dieses Feldzuges vorbereiten können.859 Dazu hatte die Führung der WM-Propaganda in dieser Zeit noch die Möglichkeit, mittels der durch sie ausgeübten militärischen Zensur den Umfang einer SS-Propaganda zu beeinflussen.860 Vor allem aber war es der für die deutsche Seite sensationell erfolgreiche Verlauf der Kämpfe, welcher einen Propagandaerfolg für die SS schwierig machte. Denn die Popularität der WM war 852 853

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Vgl. »SS und Polizei im Osten«, in: VB 364/365 v. 30./31.12.1939, S. 1. Vgl. den Abdruck der Rede Goebbels in Münster v. 28.2.1940: »Dr. Goebbels: Schluss mit der plutokratischen Welttyrannerei«, in: DAZ 103 v. 29.2.1940, S. 1 f, hier: 2. Neben 136 Divisionen der WM nahmen die SS-Verfügungsdivision, die SS-Division »TK«, die Polizei-Division und das verstärkte Regiment der »LAH« an diesem Feldzug teil, vgl. Stein, Geschichte, S. 55 f., 80. Für den Verlauf dieses Feldzuges vgl. Frieser, Blitzkrieg, passim. Stein, Geschichte, S. 25 f, 55. Vgl. dazu Stein, Geschichte, S. 29-54. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 274 f; Rempel, Recruitment, S. 107. Vgl. Tabelle 4 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl.Uziel, Warriors, S. 106-117, 243-267. Vgl. Abs. 3.5.d) dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

dementsprechend in ungeahnte Höhen gestiegen. Das enorme Verlangen der Öffentlichkeit nach Informationen aller Art aus dem Kampfgebiet in dieser Zeit ist etwa an der Rekordlänge der damaligen WS ablesbar, hatte aber auch eine bis dato unerreichte Zahl an PK-Berichten in den Zeitungen zur Folge. Insbesondere in der »heißen Phase« der Kämpfe im Westen von Mai bis Juli 1940 wurden so etwa im VB oftmals mehr als fünf PK-Berichte in einer Ausgabe abgedruckt.861 In dieser Masse mussten die ersten Frontberichte über die Waffen-SS fast zwangsläufig untergehen. Aber auch inhaltlich war es schwer, den populären Helden der WM, also den Fallschirmjägern, der Luftwaffe oder den Panzertruppen,862 überzeugend das Bild einer elitären Waffen-SS hinzuzufügen. Die SS-PK trug dieser Situation durchaus merkbar in ihrer Berichterstattung Rechnung. So wiesen die ersten SS-Kriegsberichte einen für die SS und ihrem elitären Selbstverständnis nicht zu erwartenden, fast schon zurückhaltenden Ton auf. Obwohl es auch hier nicht an Hinweisen auf die exzellente Ausbildung, gute Ausrüstung und auch hohe Motivation der Waffen-SS fehlte, wurde gleichzeitig immer wieder deutlich gemacht, dass diese Truppe ihre Leistungsfähigkeit erst noch unter Beweis stellen müsse. Das galt selbst für die »LAH«, über deren Einsatz in Polen ja zumindest ein wenig berichtet worden war. Zwar machte Gunter d’Alquen, der Autor des ersten im VB erschienen SS-PK-Artikel überhaupt, daraus eine hohe militärische Erfahrung der weithin bekannten »Führergarde«: »Ansehen, Wert und Tradition gibt es nicht geschenkt, und was sich die Leibstandarte in Polen verdiente, es wurde in Holland neu bewiesen.«863 Eine Darstellung als Elitetruppe bedeutete das jedoch nicht, im Gegenteil wurde sie hier ausdrücklich als bloße Einzelheit im Gesamtbild der deutschen Operationen bezeichnet. Darüber hinaus verbeugte sich der Chefpropagandist der SS hier noch vor der Luftwaffe und insbesondere den Fallschirmjägern. In seinem Artikel ist die Waffen-SS vor allem Zuschauer von detailliert beschriebenen und verherrlichten Aktionen der Luftwaffe, ja, es wird sogar erklärt: »Wir haben die Luftwaffe lieben gelernt und nun haben wir die Fallschirmjäger erlebt. Wir wissen es alle: Ihnen gebührt der größte Anteil der Ehre am Sieg in Holland.«864 Auch an anderen Artikeln ist zu erkennen, dass eine besondere Kampfkraft der SS-Truppen zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs allgemein vorausgesetzt wurde. Im Gegenteil wurde in einem Artikel des SK nach Ende der Kämpfe sogar recht freimütig zugegeben, wie wichtig es den SS-Truppen gewesen war, in Polen und nun auch in Frankreich ihre Ausbildung und Fähigkeit zum letzten Einsatz zu beweisen. So hätte man endlich ihren Ruf als »Paradesoldaten«, als die sie laut 861

862

863 864

Vgl. Steinert, Krieg, S. 128-132; Schröder, Kriegsbericht, S. 53. Ein Beispiel ist der 13.6.1940, an welchem im VB die WM-PK-Artikel »Deutschland hilft den Flüchtlingen«, »Über die Aisne«, »Ihr habt hervorragend gekämpft« »Bauchlandung vor den eigenen Linien« und »Die Seine brennt« erschienen. Die längste Wochenschau des Krieges war WS 512 v. 27.6.1940 mit ca. 50 Minuten Länge, vgl. Bartels, Wochenschau, S. 209. So wurde etwa über die Fallschirmjäger in den ersten zwei Wochen des Feldzugs beinahe täglich im VB berichtet und sie auch ausdrücklich als »Elite der deutschen Jugend« bezeichnet, vgl. z. B.: »Elitetruppe einer spartanischen Jugend«, in: VB 137 v. 16.5.1940, S. 1. Zu der Darstellung der Panzertruppe als entscheidender Faktor im Westfeldzug vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 54. »Mit der Leibstandarte in Rotterdam«, in: VB 139 v. 18.5.1940, S. 3. Ebd.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

397

SK natürlich nur im Ausland gegolten hätten, widerlegen können.865 Folgerichtig trug einer der ersten Artikel der SS-Propagandisten in den Tageszeitungen den Untertitel »Von der Bewährung des neuen Soldaten«866, an anderer Stelle wies die SS-PK bei der Beschreibung der Einsätze der SS-Division »TK« wie auch bei der der SS-Polizeidivision ausdrücklich darauf hin, dass diese Einheiten hier jeweils ihre »Feuertaufe« erhalten hätten.867 In einer in der DAZ veröffentlichten Rückschau trat gar als Gewährsmann die Figur eines alten schlachtenerprobten Unteroffiziers der WM auf, welcher symbolisch für das traditionelle Militär die Leistung der Waffen-SS anerkannte: Während des ganzen Gefechts steht in der Nähe der feuernden Geschütze an einen Koppelzaun gelehnt ein ergrauter Unteroffizier der Wehrmacht; er beobachtet – offen und völlig ungedeckt im Gelände stehend – den Verlauf des Gefechts. Er trägt beide Eiserne Kreuze und ruft bei einem Treffer anerkennend zur Batterie hinüber: »Ihr schiaßt’s aber gut!«868

Solch eine Zurückhaltung war in dieser Zeit sogar in der Berichterstattung des SK zu spüren, etwa wenn auch hier die Heldentaten der Fallschirmjäger gewürdigt869 oder immer wieder darauf verwiesen wurde, dass sich die Waffen-SS in den Kämpfen als gleichwertiger Teil des deutschen Heerbanns erwiesen habe.870 Zugleich traten aber die im Vorjahr noch relativ häufigen Artikel über den Einsatz von Polizeitruppen nun weitaus seltener auf.871 Schon deshalb gab es kaum eine Gelegenheit, die Gleichwertigkeit des Kriegseinsatzes aller verschiedenen Zweige der SS zu betonen. Aber auch davon unabhängig wurde nun nirgends mehr von der Notwendigkeit einer Bewährung des Staatschutzkorps SS an der Front, die an sich noch gültige Legitimation für den Kriegseinsatz der SS, geschrieben.872 Der Fokus der SS-Propaganda lag jetzt vielmehr darauf, die hohe Kampfkraft und Einsatzfreude der SS-Soldaten den Lesern anhand von zahlreichen Einzelbeispielen vor Augen zu führen. Als Ursprung dieser konstant herausgehobenen Eigenschaften wurde auf die spezielle Orientierung der SS an der NS-Ideologie verwiesen, z. B., wenn es im VB heißt: 865

866 867

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Vgl. »Waffen-SS als Vorbild«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 12. Das spielt offenbar auf eine, zumindest vor dem Krieg, weit verbreitete Meinung über die »LAH« an, vgl. Höhne, Orden, S. 411. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5. »Wir liegen in einem Hohlweg«, in: VB 148 v. 27.5.1940, S. 1; »Die Feuertaufe der SS-Polizeiformation«, in: VB 223 v. 10.8.1940, S. 5. »Britische Panzer von der Waffen-SS vernichtet«, in: DAZ 551 v. 16.11.1940, S. 4. Vgl. »Vormarsch mit der Leibstandarte«, in: SK 21 v. 23.5.1940, S. 9 f. So hieß es etwa im SK: »Vor ihm steht eine geschlossene Mannschaft, die den eisernen Willen hat, sich draußen im Feld zu bewähren«, in: »So fing es an«, in: SK 21 v. 23.5.1940, S. 10. Ähnlich etwa auch: »Die Feuertaufe«, in: SK 21 v. 23.5.1940, S. 12. Vgl. Anhang 18. Lediglich anlässlich des Geburtstags Himmlers heißt es im SK einmal: »Sie [die SS-Männer] werden weiter ihre stolze Pflicht in den Reihen der deutschen Heere erfüllen und sich den Mut, die Härte und den Kampfgeist verdienen, den der kommende Aufbau des deutschen Friedens von ihnen verlangt.«, in: »Reichsführer SS 40 Jahre«, in: SK 41 v. 10.10.1940, S. 2. Dabei hatte dies Hitler gerade in dieser Zeit gegenüber der WM nochmals betont, vgl. »Äußerungen über die zukünftige Staatstruppenpolizei« vom 6.8.1940, in Auszügen abgedruckt bei Buchheim, vgl. ebd., Herrschaftsinstrument, S. 171 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Und wenn wir uns […] über die SS im Kriege unterhielten, so stand weniger die selbstverständliche soldatische Leistung der SS-Verbände zur Diskussion, sondern der SS-Mann als der Typ des politischen Soldaten, der Soldat ist aus politischer Überzeugung, der politisch weltanschaulich so durchgeschult ist, dass er sich ganz von selbst, aus Grundsätzlichkeit und Überzeugung unterordnet. In ihm ist die erweiterte Kantsche Pflichtauffassung Fleisch und Blut geworden.873

Vor allem aber wurde auf diese spezielle Verknüpfung mit der NS-Ideologie schon damals meist indirekt in den Artikeln verwiesen, etwa indem von einem inneren Drang zur unbedingten Pflichterfüllung der SS-Soldaten berichtet wurde. So verzweifelten in einem Artikel verwundete SS-Soldaten daran, dass sie nun nicht mehr in vorderster Front zum Einsatz kommen konnten.874 Im SK erschienen schon kurz nach dem Ende des Feldzuges in sieben Wochen fünf Artikel,875 in denen beschrieben wurde, wie ein SS-Mann auf die eine oder andere Weise für die Ausführung des Befehls und das Erreichen des Kampferfolges sein Leben lässt. Das wurde bis Jahresende noch siebenmal wiederholt.876 Aber auch auf andere Tugenden der SS-Lebensordnung wurde nun immer wieder verwiesen, etwa Härte, wenn es in einem SS-PK-Bericht über den ersten Einsatz einer Kompanie Panzerjäger der Waffen-SS im SK hieß: »Die Jäger treiben die Panzer, ziehen blitzschnell ihre Geschütze an Ecken, hinter Mauern, in Tore, und wenn sie sich erst verbissen haben, lassen sie nicht mehr locker, und sitzen die Schüsse, dann meist das gleiche Bild, ein tapferer Gegner gibt auf, fast immer zu spät, das eigene Leben zu retten.«877 Dazu wurde bereits eine entscheidende Rolle der SS-Truppen insgesamt in diesem Feldzug behauptet. So wurde im SK über den Einsatz der »LAH« und des Regiments »Der Führer« in der ersten Welle des deutschen Angriffs878 berichtet, als sei die Waffen-SS als Ganzes die Speerspitze des deutschen Vorstoßes in Holland gewesen: »Deutsche Sturmtruppen, an der Spitze die Waffen-SS, sind bereits tief über Hollands Grenze vorgedrungen«879 Sogar in den nun in den Tageszeitungen zu findenden Ordensberichten wurden die Taten der ausgezeichneten SS-Soldaten bereits mit äußerst heroischen Vokabeln wie »schneidiges Zupacken«, »fanatischer Kampf«, »heldenmütiger Einsatz«, »erbitterter Nahkampf« etc. umschrieben.880

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»Die Männer im Braunhemd«, in: VB 239 v. 26.8.1940, S. 1 f., hier 1. Vgl. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5. Vgl. »Eine Handvoll SS-Männer«, in: SK 27 v. 4.7.1940, S. 10; »Das letzte Gefecht«, in: SK 28 v. 11.7.1940,S. 9; »Kriegsfreiwilliger Jürgens«, in: SK 29 v. 18.7.1940, S. 10; »Die Wunder an der Marne«, in: SK 31 v. 1.8.1940, S. 9; »So fiel Staf. Goetze«, in: SK 33 v. 15.8.40, S. 9. Vgl. »Marsch und Kämpfe einer SS-Division im Feldzug gegen Frankreich«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 9 f, hier 9; »Reichsführer-SS 40 Jahre«, in: SK 41 v. 10.10.1940, S. 2; »Das Gesicht unterm Stahlhelm«, in: SK 41 v. 10.10.1940, S. 10; »Der letzte Augenblick«, in: SK 42 v. 17.10.1940, S. 9; »Der Verwundete«, in: SK 43 v. 24.10.1940, S. 9; »Mit dem Fürsorger unterwegs«, in: SK 46 v. 14.11.1940, S. 9; »Sie bleiben unvergessen«, in: SK 52 v. 26.12.1940, S. 10. »Wilde Jagd auf französische Panzer«, in: SK 23 v. 6.6.1940, S. 9. Vgl. Stein, Geschichte, S. 56. »So fing es an«, in: SK 21 v. 23.5.1940, S. 10. »Offiziere der Waffen-SS und des Heeres erhielten das Ritterkreuz«, in: VB 264 v. 20.9.1940, S. 2.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Selbst in der Beschreibung der sonstigen SS-Einheiten war diese soldatischheroische Darstellungsweise nun zu finden. Das betraf etwa die wenigen Berichte über Polizeiformationen,881 besonders augenfällig war das aber bei einem Artikel über den Einsatz der Feuerschutzpolizei, welcher gleichlautend Anfang August 1940 in allen untersuchten Tageszeitungen erschien. Dieser schilderte vordergründig den Ablauf der Löscharbeiten durch diese Einheit in einer brennenden französischen Raffinerie. Die Darstellung beinhaltete jedoch vor allem Erzählelemente, die an sich für die Beschreibung eines militärischen Einsatzes angemessener gewesen wären. So ist auch diese Einheit seit Tagen ohne Pause im Einsatz, ihr Einsatzort, wo aufgrund der Hitze »Bleirohre wie Butter in der Sonne schmelzen« ist hoch gefährlich und mit der Front vergleichbar: »Die Urgewalt der Hitze sprengt die Verschlußböden der Tausenden in der Nähe lagernden Ölkanister […] und wirbelt sie durcheinander wie Granatsplitter im Trommelfeuer eines Artillerieüberfalls.« Diese SS-Feuerwehr ging jedoch sofort »zum Großangriff auf das entfesselte Element« über, leistete »Schanzarbeit« und kämpfte das Feuer trotz aller Schwierigkeiten nieder. Es fehlte auch nicht der Verweis auf die zahlreichen Einsätze der noch jungen Einheit, die immer »eisern ihre Pflicht getan«, sich schon zu diesem Zeitpunkt eine Tradition geschaffen und einen wichtigen Beitrag zum Sieg geleistet habe.882 Die SS-PK stellte somit jeden SS-Mann an der Front von Anfang an soldatisch dar. Dabei ging es der SS-PK erkennbar darum, die in der Waffen-SS vermeintlich verwirklichten ideologischen Prinzipien des NS mit Merkmalen einer militärischen Effektivität zu verknüpfen und gleichzeitig die Existenz und Frontverwendung der Waffen-SS neben dem Heer durch die geschilderten Erfolge zu legitimieren. In diesem Feldzug begann somit die Propagandaoffensive der SS, deren Start Leleu auf den Polenfeldzug verortet hatte.883 Das Bemühen um eine dauerhafte Legitimierung der Existenz der Waffen-SS neben dem Heer ist auch an noch weiteren Maßnahmen zu erkennen. Wie es bereits in der quantitativen Untersuchung deutlich geworden ist,884 war eine davon eine eigene Tradition an erinnerungswürdigen Großtaten. Gerade von den SSPropagandisten wurde dieses Ziel auch offen angesprochen, etwa in einer Rückschau auf die Kämpfe im Westen: »An ihnen [den SS-Soldaten, Anm. des Autors] lag es, der Waffen-SS die kämpferische Tradition zu erringen und zu schaffen, die auf Blut gebaut wird, um Geltung zu haben für die kommenden Geschlechter.«885 Geradezu beispielhaft für dieses Bemühen aber steht der Versuch der SS-PK, die Beteiligung der SS-Division »TK« an der Panzerschlacht von Arras am 21. Mai 1940 in der öffentlichen Wahrnehmung als Heldentat der Waffen-SS und beispiel881 882

883 884 885

Vgl. etwa »Polizeistreife in Polen«, in: DR 1 v. 5.1.1941, S. 10. »Bleirohre schmolzen wie Butter in der Sonne…«, in VB 228 v. 15.8.1940, S. 6; »Feuerschutzpolizeiregiment ›Sachsen‹ im Einsatz«, in: DAZ 387 v. 13.8.1940, S. 4; »Feuerschutzpolizeiregiment ›Sachsen‹ in Feindesland«, in: FZ 414 v. 15.8.1940, S. 2. Kurz davor wurde von der Einheit auch in der WS berichtet, vgl. WS 516 v. 22.7.1940. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 662. Vgl. die Tabellen 24a und 24b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. »Die Männer im Braunhemd«, in: VB 239 v. 26.8.1940, S. 1 f, hier 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

hafte Manifestation der ideologischen Tugenden des Schwarzen Ordens umzudeuten. Denn gerade zu diesem Ereignis wurden in allen Zeitungen mehrere SS-PKArtikel veröffentlicht,886 während zu anderen, selbst heute noch bekannten, Schlachten der Waffen-SS nur ein bis zwei solcher Artikel erschienen.887 Auf diese Berichte der SS-PK soll deshalb nun genauer eingegangen werden, auch weil hier für Informationen zum realen Ablauf dieser Schlacht auf die Erkenntnisse der seriösen Forschungsliteratur zurückgegriffen werden kann. Nach diesen Erkenntnissen war das Verhalten der SS-Soldaten in der Schlacht von Arras nur zum Teil vorzeigbar gewesen und taugte schon gar nicht als Beweis der Überlegenheit eines ideologisch motivierten Kämpfertums. Zu diesem Zeitpunkt hatten die deutschen Truppen gerade den Ring um die bei Dünkirchen versammelten alliierten Truppen geschlossen. Dabei kam es zu einem Gegenangriff britischer Panzerverbände, welcher auf die SS-Division »TK« und die 7. Panzerdivision des Heeres unter General Erwin Rommel traf. Es entwickelte sich ein Gefecht, in dessen Verlauf sich die PAK der »TK« gegenüber den schweren britischen Panzern als wirkungslos erwiesen, weshalb insbesondere die Panzerjägerabteilung der SS-Division schwere Verluste erlitt. Überdies entstand vielfach Panik unter den noch unerfahrenen »Totenköpfen«, als die britischen Panzer ungehindert in deren Stellungen hineinrollten. Zwar zeigten andere SS-Soldaten genau das Verhalten, das gemäß der Ideale der SS-Ideologie von ihnen erwartet wurde: Sie versuchten im Nahkampf die Panzer mit Granaten zu sprengen und liefen dabei offenbar zum Teil aufrecht in das britische Feuer. Militärisch gesehen war das jedoch sinnlos und brachte außer erheblichen Verlusten für die Waffen-SS nichts ein. Gestoppt werden konnte der britische Angriff erst durch die deutsche Artillerie, vor allem aber durch den Einsatz der Luftwaffe.888 In den Zeitungen wurde jedoch von der SS-Propaganda ein ganz anderes, im Laufe der Zeit zunehmend heroisches Bild von dem Verlauf dieses Gefechts gezeichnet. In zwei unmittelbar danach veröffentlichten Artikeln wurde noch betont, dass dieser Sieg im Zusammenwirken mit Heer und Luftwaffe errungen worden sei. Hauptinhalt war die Schilderung des erfolgreichen Kampfes der PAK der Waffen-SS gegen die englischen Panzer. Das Ziel dabei war erkennbar, die Ruhe und Einsatzfreude der jungen SS-Soldaten herauszustellen, also wiederum ihre erfolgreiche Bewährung an der Front.889 Wieder aufgegriffen wurde das Thema dann im August/September 1940 in drei in SK und VB veröffentlichten SSPK-Artikeln. Der Tenor war nun ein anderer, denn hier hieß es, die Panzerabwehr der Waffen-SS habe in Arras ihr Heldentum bewiesen und sich eine eigene, von 886 887

888 889

Vgl. die Anhänge 27 und 28. Das gilt selbst für den Übergang über den La Bassée-Kanal wenige Tage später, vgl. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5; »Wir erreichen den La Bassée-Kanal«, in: SK 23 v. 6.6.1940, S. 10. Beide Artikel beschreiben die Ereignisse als Abwehrschlacht, der blutige Fehlschlag beim Versuch der »Totenköpfe«, hier einen Brückenkopf zu errichten, wird nicht erwähnt, vgl. für eine Darstellung Sydnor, Soldaten, S. 84-91. Vgl. Frieser, Blitzkrieg, S. 344-348; Sydnor, Soldaten, S. 82 f; Merkl, Simon, S. 170 f. Vgl. »Wir liegen in einem Hohlweg«, in: VB 148 v. 27.5.1940, S. 1; »Panzerangriff bei Arras abgeschlagen«, in: DAZ 253 v. 26.5.1940, S. 5.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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nun an unauslöschliche Tradition geschaffen.890 Dabei wurde an vielen Beispielen eine vorgeblich typische Kaltblütigkeit und Willensstärke der SS-Männer hinter den Geschützen beschrieben, die sich von keiner Aktion des Feindes hätten zermürben lassen. Ihren Ursprung hätte diese Haltung in der »Kampfzeit« der NSBewegung, in deren härtesten Proben der »innere Schweinehund« der SS-Männer »einfach eingegangen« sei.891 Mitte November 1940 erschien dann im VB und der DAZ ein gleichlautender Bericht der SS-PK, der in mehreren Fortsetzungen und in epischer Breite Einzelheiten dieser Schlacht vor dem Leser ausbreitete.892 Die Rolle der Waffen-SS in diesem Gefecht erschien nun noch bedeutender. Nichts war mehr von einem Zusammenwirken mit dem Heer oder einer noch notwendigen Bewährung an der Front zu lesen. Stattdessen wurde es nun so dargestellt, als hätte die Waffen-SS aufgrund des Wirkens höherer Mächte an einer entscheidenden Stelle der Front endlich ihre einzigartige, aus der Verbindung von Ideologie und Kriegskunst erwachsene hohe Kampfkraft beweisen können: In dem eisernen Gürtel, der die riesigen Feindkräfte in Nordfrankreich einschließen sollte, war noch eine Lücke, ein gefährliches, ein unheimliches Loch. Die jüngste Division des deutschen Heeres war ausersehen, diese Lücke auszufüllen, und dieser jüngsten Division wurde das Glück zuteil, bei der Abwehr des gewaltigen Panzerdurchbruchversuches entscheidend mitzuwirken. Zufall? Schicksal? – Die geistige Stoßkraft politischen Soldatentums, vereint mit einer harten Ausbildung in den Schneewochen des Winters 1939/40, die beispielhafte Einsatzbereitschaft von Führern und Männern – das alles verlangte nach einer Prüfung, und das Schicksal hat sie uns nicht versagt.893

Von einer Panik unter den SS-Soldaten war natürlich nichts zu lesen, vielmehr verdeutlichte der Autor anhand von zahlreichen Einzelbeispielen, deren Wahrhaftigkeit er ausdrücklich versicherte, wiederum das Heldentum der SS-Männer an den Geschützen. Dieses Mal wurde auch detailliert auf die zahlreichen Gefallenen auf der eigenen Seite eingegangen, sie wurden aber als heroisches Selbstopfer der SS-Soldaten für den Sieg überhöht. Auch insgesamt wurden der Einsatz und die gezeigte Treue der Waffen-SS nun hemmungslos übersteigert beschrieben, etwa wenn es über die letzten Momente eines Zugführers hieß: Das Geschoß zerschlug seine Stirn und steckt im Kopf. Er ist noch immer bei vollem Bewusstsein und will ihnen Mut zusprechen: »Ich danke Euch, dass ihr mir bis zuletzt die Stellung gehalten habt.« […] Seine letzten Worte waren: »Grüßt mir die Kameraden, die Heimat, meine Braut – Heil Adolf …« Den Namen des Führers konnte er nicht mehr zu Ende sprechen. Der Tod kam ihm zuvor.894 890 891

892

893 894

Vgl. »Panzerjäger nach vorn!«, in: SK 32 v. 8.8.1940, S. 11. »Panzer …, Panzer!«, in: VB 244 v. 31.8.1940, S. 2. Ähnlich auch: »Marsch und Kämpfe einer SSDivision in Frankreich«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 9 f. »Eine Division der Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: VB 322 v. 17.11.1940, S. 6, VB 323 v. 18.11.1940, S. 4, VB 326 v. 21.11.1940, S. 4. Etwas gekürzt, aber ansonsten inhaltlich gleich: »Die Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: DAZ 550 v. 15.11.1940, S. 2; »Britische Panzer von der Waffen-SS vernichtet«, in: DAZ 551 v. 16.11.1940, S. 4. »Eine Division der Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: VB 322 v. 17.11.1940, S. 6. Ebd. Typisch auch Beschreibungen wie: »Welch herrliches, soldatisches Bild, wie die SS-Männer hinter die gepanzerten Schilder geduckt ihre Kanonen bedienen.«, in: »Eine Division der Waffen-SS in der Panzerabwehrschlacht bei Arras«, in: VB 326 v. 21.11.1940, S. 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Damit hatte sich in der Darstellung der SS-PK die Schlacht von Arras endgültig in eine Art Saga der Waffen-SS verwandelt. So war es nur folgerichtig, dass sie während des Balkanfeldzuges bereits im Kanon der Großtaten der Waffen-SS auftauchte und als Beispiel dafür angeführt wurde, wie die Waffen-SS ihren Wahlspruch »Meine Ehre heißt Treue« bereits mit dem Blut vieler Kameraden besiegelt habe.895 Selbst ein Buch über das Geschehen in Arras wurde später von einem SS-Propagandisten veröffentlicht.896 Dennoch, für eine erfolgreiche Vereinnahmung dieser Schlacht durch die Waffen-SS fehlte letztlich das gerade im Dritten Reich wichtigste Element, die offizielle Belobigung dieser Leistung durch das Regime. Denn Eicke oder sonstige beteiligte SS-Führer wurden dafür keineswegs mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet oder anderweitig gegenüber der Öffentlichkeit herausgehoben, die Lorbeeren für diesen Abwehrerfolg gingen vielmehr an den General Erwin Rommel, damals Kommandeur der 7. Panzerdivision. Dieser hatte sofort übertriebene Meldungen über die Zahl der angreifenden englischen Panzer ins FHQ geschickt und dabei die eigene, unzweifelhafte, Leistung weit über Gebühr herausgestellt. Diesen Sieg suchte er auch in der Folge weiter für sich zu vereinnahmen, etwa indem er in einem Bericht an Hitler die Leistungen anderer Einheiten, darunter auch die der »TK«, für sich und seine Einheit reklamierte. Damit hatte er tatsächlich auch Erfolg. Rommel, der ohnehin als »Hitlers Lieblingsgeneral« gilt und wie kein anderer im Offizierskorps von der Wichtigkeit einer Propaganda in eigener Sache durchdrungen war, wurde schließlich mit dem RK für den Sieg bei Arras ausgezeichnet.897 Diese Sichtweise überdauerte selbst das Kriegsende. Berechtigt oder nicht, bis heute wird in den meisten Werken nur Rommel und seine 7. Panzerdivision als Sieger von Arras bezeichnet, die Rolle der SS-Division »TK« in dieser Schlacht hingegen kaum jemals erwähnt oder auf die Panik in ihren Reihen reduziert.898 So wird verständlich, dass die Schlacht von Arras in den folgenden Jahren weitgehend aus der SS-Propaganda verschwand. Beispielsweise wurde sie in den ausladenden Würdigungen der Leistungen Eickes anlässlich der Verleihung des Eichenlaubs an ihn nur als eine Schlacht von vielen aufgeführt und später gar nicht mehr erwähnt.899 Andere Erfolge waren offensichtlich inzwischen wichtiger geworden. Insgesamt jedoch blieb während und nach dem Westfeldzug der Waffen-SS die Anerkennung durch das Regime nicht vollständig versagt.900 Denn im Gegensatz zum Polenfeldzug schloss Hitler sie diesmal ausdrücklich in sein Lob für die militärischen Leistungen der deutschen Truppen auf diesem Kriegsschauplatz mit 895 896

897 898

899

900

Vgl. »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: VB 105 v. 15.4.1941, S. 3. Vgl. die Besprechung des Buches des SS-PK-Angehörigen Hein Schlecht über »Die Panzerabwehrschlacht von Arras« in »Spiegel deutschen Soldatentums«, in VB 5 v. 5.1.1942, S. 5. Vgl. Frieser, Blitzkrieg, S. 360; Reuth, Rommel, S. 469 f; Remy, Mythos, S. 49-51. So z. B. in: Frieser, Blitzkrieg, S. 346-361. Eine große Bedeutung der »TK« für den Ausgang dieser Schlacht sehen Sydnor, Soldaten, S. 82 f; Merkl, Simon, S. 181. Vgl. »Heldenkampf einer SS-Division«, in: VB 15 v. 15.1.1942, S. 2; »Soldat, Kämpfer, Kamerad«, in: SK 10 v. 11.3.1943, S. 3 f. So z. B. auch die Deutung von Höhne vgl. ebd., Orden, S. 428.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

403

ein. Erstmals geschah das schon nach der Kapitulation der Niederlande, als der »Führer« in einem u. a. im VB auf Seite Eins veröffentlichten Tagesbefehl ausdrücklich auch der »SS-VT« seine Anerkennung ausdrückte.901 Vor allem aber hob er sie auch in seiner Siegesrede am 19. Juli 1940 vor dem Reichstag lobend hervor. Natürlich wurde die Rede in allen Tageszeitungen des Reiches am Folgetag abgedruckt, womit auch in den hier untersuchten an prominenter Stelle zu lesen war: »Im Rahmen dieser Armeen kämpften auch die tapferen Divisionen und Standarten der Waffen-SS.« 902 Zudem wurde in gleicher Rede die Leistung Himmlers als Organisator der Waffen-SS vom »Führer« ausdrücklich belobigt. Diese Anerkennung von höchster Stelle wurde von der SS-PK erkennbar als ein wichtiges Argument für ihre Propaganda angesehen. Im SK wurde es als die Bestätigung des schon in Polen errungenen Ruhmes der Waffen-SS bewertet,903 den auch das Heer anerkenne und der überdies die SS-Truppen auch im Ausland bekannt gemacht habe.904 In den Tageszeitungen nahm die SS-PK noch Monate später in ihren Berichten immer wieder Bezug auf diese Rede Hitlers.905 Auch andere öffentlichkeitswirksame Beweise einer besonderen Gunst Hitlers zumindest »seiner« »LAH« gegenüber waren der SS-PK eigene Artikel wert. So wurde die Verleihung der sog. »Führerstandarte« an die »LAH«, die dieser als neues Feldzeichen dienen sollte, in einigen in VB und DAZ veröffentlichten SS-PKBerichten als »Anerkennung des Führers für die unwandelbare Treue in den Jahren des Kampfes und für die Opfer in den vergangenen zwölf Monate des Krieges« dargestellt.906 Im SK war dies Thema einer großen Bildreportage und ausgeführt, dass dies die größte Ehrung sei, welche die »LAH« vom »Führer« hatte empfangen können.907 Ein anderer Gunstbeweis war die erneute Anwesenheit Hitlers bei der, dieses mal ausdrücklich so bezeichneten, »Julfeier« der »LAH« zu Weihnachten 1940. Dieser Besuch wurde auch allgemein in der NS-Propaganda groß herausgestellt, da er Teil einer erneuten Weihnachtsreise des Diktators zu ausgewählten Einheiten aller WM-Teile war. Die Berichte im Radio und in der WS über diese Reise sollen laut dem SD im Volk große Beachtung gefunden haben.908 Im SK vermeldete man stolz, dass Hitler der »LAH« wieder versprochen hatte, sie bei jedem Einsatz an die Spitze zu stellen, ebenso stolz wurde darauf verwiesen, dass sie die Soldaten seien, die als einzige seinen Namen und seine Fahne tragen dürften.909 901 902

903 904 905 906

907 908

909

Vgl. »Höchste Anerkennung des Führers für die Soldaten in Holland«, in: VB 138 v. 17.5.1940, S. 1. »Der Führer vollzieht die großartigste Siegerehrung der deutschen Wehrmacht«, in: VB 202a v. 20.7.1940, S. 1-4, hier 3. Vgl. »Der Dank des Führers«, in: SK 30 v. 25.7.1940, S. 9. Vgl. »Waffen-SS als Vorbild«, in: SK 37 v. 12.9.1940, S. 12. Vgl. etwa »Bei den Männern der Waffen-SS«, in: VB 105 v. 15.4.1941, S. 3. »Leibstandarte unter neuem Feldzeichen«, in: VB 254 v. 10.9.1940, S. 2. Gleichlautend: »Führerstandarte als neues Feldzeichen der Leibstandarte SS«, in: DAZ 435 v. 10.9.1940, S. 1. Vgl. »Die Standarte des Führers«, in: SK 38 v. 19.9.1940, S. 3 f. Vgl. etwa »Der Weihnachtsbesuch des Führers«, in: FZ 660 v. 27.12.1940, S. 1 f. Radio- und Filmaufnahmen wie auch die Reaktion der Öffentlichkeit werden erwähnt in: Boberach, Meldungen, S. 1889 (9.1.1941). Vgl. »Gedanken eines Soldaten zum neuen Jahr«, in: SK 2 v. 9.1.1941, S. 9. Für Details zu diesem Besuch vgl. Westemeier, Krieger, S. 173.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Eine letzte wichtige Beobachtung für diesen Zeitraum ist noch, dass sich schon damals die Tätigkeit der SS-PK keineswegs in der Idealisierung der eigenen Truppen erschöpfte. Vielmehr leistete sie von Beginn an ebenso ihren Beitrag zu der allgemeinen Propaganda des Regimes. Im Besonderen galt das für eines derer Hauptthemen der Zeit, die in dieser Arbeit schon erwähnte,910 seit Ende 1939 laufende, vehemente antibritische wie antifranzösische Kampagne. Mit Beginn des Westfeldzuges wurde dabei insbesondere die vorgebliche Brutalität der französischen Truppen angeklagt, aber auch der kosmopolitische Charakter der französischen Gesellschaft und Armee als Zeichen der kulturellen Degeneration Frankreichs angeführt. Ihm Rahmen dessen wurde besonders häufig über den Einsatz von Kolonialtruppen aus Schwarzafrika auf französischer Seite berichtet.911 Zwar thematisierte die SS-PK letzteres in den Tageszeitungen im Gegensatz zur WMPK nicht,912 dennoch dürften zumindest zwei gegen die Westalliierten hetzende Artikel mit den SS-Runen zeitgenössisch größere Beachtung gefunden haben, wurden sie doch von zwei Stars des damaligen Pressebetriebes, Hans Schwarz van Berk und Gunter d’Alquen, verfasst.913 Zu erwähnen bleibt bei dieser Thematik die besondere Chuzpe, welche gerade die SS-Propagandisten mit einer solchen Art der Berichterstattung bewiesen. So wurde z. B. die hier schon behandelte,914 sechsteilige Radioreportage über alle möglichen »Anzeichen« einer französischen Degeneration mit dem Untertitel »Die SS-Totenkopfdivision sieht Frankreich« versehen. Darin berichteten die zu dieser Division abkommandierten SS-Kriegsberichter im Radio in immer neuen vorgeblichen »Augenzeugenberichten« über »die erschütternde Demaskierung der Fabel von der französischen Kultur«,915 obwohl nur wenige Wochen zuvor Angehörige ebendieser »TK« selbst gegen alle Kultur französische Zivilisten ermordet oder gefangene Soldaten, darunter zahlreiche Schwarzafrikaner, in großem Stil erschossen hatten.916 In den folgenden Monaten gab es kaum Anlässe, etwas über Einsätze der deutschen Landstreitkräfte insgesamt und damit auch über die Waffen-SS zu berichten. Angesichts dessen widmete sich das SK in seiner natürlich fortgeführten Rubrik »Über die Waffen-SS«, neben einer intensiven Nachschau des Westfeldzuges, bald auch anderen Themen wie einer antijüdischen Propaganda, ideologischen Betrachtungen oder auch Reiseberichten aus den besetzten Gebieten.917 Wie es sich schon in der quantitativen Analyse abgezeichnet hatte, schloss das bis weit in das 910 911 912

913

914 915

916 917

Vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl.Uziel, Warriors, S. 265-269; Steinert, Krieg, S. 129, 134 f. Nur als Beispiel die Überschriften einiger PK-Artikel der WM aus dieser Zeit: »Augenzeugen berichten: Französische Morde an Wehrlosen«, in: VB 152 v. 31.5.1940, S. 5; »Afrikanischer Buschkrieg an der Maas«, in: VB 152 v. 31.5.1940, S. 6; »Eingeborenenregimenter plündern«, in: DAZ 251 v. 25.5.1940, S. 4; »Misshandlungen und Quälerei«, in: FZ 270 v. 30.5.1940, S. 2. Vgl. auch Anhang 62. Von Hans Schwarz van Berk stammt der Beitrag »Der General und die Fahne«, in: VB 202 v. 20.7.1940, S. 6. von Gunter d’Alquen »Zum neuen Europa«, in: VB 204 v. 22.7.1940, S. 6. Vgl. auch Abs. 3.4.e) dieser Arbeit. »Frankreich sagt nein zum Leben«, in: Hier Berlin und alle deutschen Sender 34 v. 18.8.1940, S. 3. Mit ähnlichem Inhalt: »Frankreich sagt nein zum Leben«, in: DAZ 374 v. 5.8.1940, S. 4.; »Soldaten zweier Revolutionen«, in: SK 32 v. 8.8.1940, S. 9 f. Vgl. Merkl, Simon, S. 169-188; Scheck, Victims, S. 37-40. Vgl. etwa: »Auszug der Kinder Israels«, in SK 36 v. 5.9.1940, S. 11; »Wir stellen uns Gott anders vor«, in: SK 49 v. 5.12.1940, S. 9; »Rechts und links der Pappelbäume, in: SK 47 v. 21.11.1940, S. 11.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Jahr 1941 eine Fortführung der antiwestlichen Kampagne mit ein.918 Die anderen Zeitungen nicht zu findende Intensität in der Behandlung dieses Propagandainhaltes im SK ging damit tatsächlich auf die recht ruhige Frontlage in dieser Zeit zurück.919 Bemerkenswert war daneben, dass in dieser Zeit erstmals längere SSPK-Artikel in den Tageszeitungen auftauchten, in denen ein Überblick über Geschichte, Status und Aufgaben der Waffen-SS gegeben und einmal sogar konkret potentiellen Freiwilligen die Einstellungsbedingungen bekannt gemacht wurden. Damit fand nun auch dieses Motiv für eine eigenständige SS-Kriegsberichterstattung in der Presse seinen Niederschlag. Geradezu plakativ wurde dieser »Mehrwert« der SS-PK-Berichte sogar einleitend in einem solchen Artikel angeführt: Seit Beginn des Krieges begegnet der Leser in seiner Zeitung immer wieder dem Wort »Waffen-SS«. In Berichten und Bildern schildern die Berichterstatter der SS-Propagandakompanien den Einsatz dieser jungen Truppe. Durch diese Ausführungen soll nun ein Ueberblick über die Waffen-SS, ihre Geschichte und Aufbau gegeben werden. Dem Jungen wie dem Manne soll dieser Bericht zugleich zeigen, wie man zur WaffenSS kommen kann und welche Laufbahnen sich dort eröffnen.920

Gerade in der Zeit nach Ende des Westfeldzuges hatten die Probleme, welche sich das SS-Ergänzungsamt bei der Gewinnung von Nachwuchs im Inland gegenübersah, zu einer Ausweitung seiner Rekrutierungsbasis auf das Ausland geführt.921 Dies machte sich, etwas verzögert, auch in der Berichterstattung der hier untersuchten Zeitungen bemerkbar. Überall erschienen hier ab Februar 1941 SS-PKArtikel, welche die germanischen Freiwilligen in der Waffen-SS zum Thema hatten.922 Damit fand die bereits unmittelbar nach der Besetzung Norwegens, Dänemarks, der Niederlande und Belgiens im April/Mai 1940 zur Werbung von Freiwilligen befohlene Aufstellung der SS-Standarten »Nordland« und »Westland«923 erst jetzt einen konkreten Niederschlag in der Berichterstattung. Zuvor waren lediglich Wesen und Verhalten der Holländer, Norweger und Flamen auffallend wohlwollend von der SS-PK beschrieben und, gemäß der Weltanschauung der SS, immer wieder die vorgeblich gemeinsamen rassischen und geschichtlichen Wurzeln der Deutschen mit diesen »Germanen« betont worden.924 918

919 920

921 922

923 924

Beispiele wären »Empfindsame Reise zwischen Stahl und Beton«, in: SK 45 v. 7.11.1940, S. 10; »Von Langemarck bis Compiegne«, in: SK 51 v. 19.12.1940, S. 10; »Nur eine tote Katze«, in: SK 7 v. 13.2.1941, S. 10. Vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 623 v. 28.12.1940, S. 3. Fast gleich lautend auch: »Freiwillige Meldungen für die Waffen-SS«, in: VB 3 v. 3.1.1941, S. 8; »Laufend Aufnahme in die Waffen-SS, in: VB 6 v. 6.1.1941, S. 6; »Die Waffen-SS«, in: FZ 664 v. 29.12.1940, S. 8. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 274; Rempel, Recruitment, S. 112. Vgl. »Standarte Nordland«, in: DR 6 v. 9.2.1941, S. 2; »Kameraden aus dem Norden«, in: SK 6 v. 6.2.1941, S. 9; »Norwegens Freiwillige«, in: SK 7 v. 13.2.1941, S. 9; »Norwegens Zukunft an der Seite Deutschlands«, in: VB 34 v. 3.2.1941, S. 4. Vgl. Wegner, Armee, S. 101. Vgl. etwa: »Polizeiwacht zwischen Narvik und Skagerrak« in: DAZ 556 v. 19.11.1940, S. 2; »Die 44er«, in: SK 2 v. 9.1.1941, S. 10; »Vormarsch mit der Leibstandarte«, in: SK 21 v. 23.5.1940; »Fremdes Land?«, in: SK 34 v. 22.8.1940, S. 3; »Hünengräber in Holland«, in: SK 36 v. 5.9.1940, S. 3; »Ausfalltor gegen das Reich«, in: SK 23 v. 6.6.1940, S. 6; »Flamen und Deutsche«, in: SK5 v. 30.1.1941, S. 4.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Nun aber wurde, anlässlich einer Norwegenreise des RFSS925 und wohl auch wegen der Ende 1940 erfolgten Aufstellung der SS-Division »Wiking«,926 eine regelrechte Kampagne um diese »germanischen« Soldaten der Waffen-SS gestartet. Dabei wurde von Anfang an die vorgebliche Übereinstimmung »ihres Blutes und ihrer Sinne« mit den Deutschen besonders hervorgehoben, ebenso ihre Freiwilligkeit der Teilnahme am »europäischen Freiheitskampf«.927 Das Ziel dieses Kampfes blieb aber noch vage, genannt wurde etwa die Wiederherstellung der norwegischen Waffenehre, meist aber die nun endlich mögliche Zusammenarbeit der »germanischen Volksgemeinschaft«, für ein »neues Europa« welche die »herrschende Klasse« Englands zu verhindern suche.928 Lediglich im SK wurde darüber hinaus auch vom Wunsch der Norweger gesprochen, am bevorstehenden »Endkampf gegen die jüdisch-englische Plutokratie« teilzunehmen.929 b) STOSSKEIL DES ANGRIFFES: VOM BALKANFELDZUG 1941 BIS ZUR WINTERKRISE 1941/42 Balkanfeldzug

War die Waffen-SS nach dem Ende des Westfeldzugs somit nicht völlig aus der Berichterstattung verschwunden, so war diese Zeit für die SS-PK vor allem eine Phase der Konsolidierung und des Aufbaus. Schließlich hatte man den Westfeldzug schon zwei Monate nach Gründung der Einheit begleiten müssen und erst danach die Zeit, eine wirklich effektive Organisation aufzubauen wie auch technisch und personell den Sollstand zu erreichen.930 Mitten in diesen Arbeiten stand aber kurzfristig ein weiterer Einsatz für die SS-PK an. Am 6. April 1941 begann der unerwartete, sog. »Balkanfeldzug« gegen Jugoslawien und Griechenland, an welchem auch die SS-Divisionen »LAH« und »DR« teilnahmen.931 Obwohl sich die SS-PK dieses mal weit besser als noch im Westfeldzug auf ihren Einsatz an der Front vorbereiten konnte,932 musste die Aufmerksamkeit im Reich für ihre Propaganda sie anfangs enttäuschen. In der ersten Woche des Feldzugs war zumindest in den hier untersuchten Tageszeitungen nichts von Erfolgen der Waffen-SS zu lesen, während gleichzeitig eine Vielzahl an Artikeln der WMPK etwa über die Erfolge der Luftwaffe oder Heereseinheiten die Medien be925 926 927

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929 930 931

932

Diese fand vom 28.1 bis 15.2.1940 statt, vgl. Westemeier, Krieger, S. 175. Vgl. Wegner, Armee, S. 102. Vgl. »SS-Standarte ›Nordland‹ vereidigt«, in: VB 33 v. 2.2.1941, S. 2; »Kameraden aus dem Norden«, in: SK 6 v. 6.2.1941, S. 3. Vgl. »Norwegens Zukunft an der Seite Deutschlands«, in: VB 34 v. 3.2.1941, S. 4; »Kameraden aus dem Norden«, in: SK 6 v. 6.2.1941, S. 9. »Norwegische Freiwillige«, in: SK 7 v. 13.2.1941, S. 11. Siehe dazu Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Die Division »Das Reich« rückte als Teil des XLI. Panzerkorps in Jugoslawien ein, die »LAH« in Griechenland gemeinsam mit zwölf Heeresdivisionen, vgl. Stein, Geschichte, S. 102-104. Einen Überblick über die Operationen der WM in diesem Feldzug gibt Vogel, Eingreifen, S. 458-484. Man hatte sogar kurzfristig eine eigene Kurierstaffel nach Berlin einrichten können, vgl.Uziel, Warriors, S. 281.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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herrschten.933 Der Grund ist in den Verzögerungen bei der Freigabe der SS-PKBerichte durch die WM-Zensur zu vermuten, welche die SS-Propagandisten schließlich gerade in dieser Zeit heftig beklagten. Auch wenn hier der letzte Beweis fehlt, ist das doch ein deutlicher Hinweis, dass sich der in dieser Arbeit geschilderte Konflikt zwischen den Propagandisten der WM und der SS934 auf die Berichterstattung der hier untersuchten Zeitungen ausgewirkt hat. Ebenso lässt sich nur kurze Zeit später aber auch der Nutzen ablesen, welchen die SS-PK aus der am 12. April vereinbarten Zusammenarbeit mit dem Reichspressechef Dietrich ziehen konnte.935 Denn mit den damit verbundenen, besseren Vertriebsmöglichkeiten und vor allem ohne die hemmenden Einflüsse der WM-Zensur setzte schlagartig eine intensive Berichterstattung um die Erfolge der Waffen-SS in Jugoslawien und Griechenland ein. An deren Auftakt war der Reichspressechef Dietrich sogar unmittelbar beteiligt. Anlass war ein, an sich für den Verlauf der Kämpfe völlig unbedeutender, Vorstoß eines kleinen Vorauskommandos der SS-Division »DR« unter dem SSHauptsturmführer Fritz Klingenberg auf Belgrad.936 Diese wenigen SS-Männer sollten nur eine Brücke in der Nähe der Stadt nehmen, stießen dabei aber am 12. April in Zentrum der jugoslawischen Hauptstadt vor und waren damit die ersten deutschen Truppen vor Ort. So kam es, dass Klingenberg bei der Entgegennahme der Kapitulation der, durch deutsche Luftangriffe stark zerstörten und vor allem unverteidigten, Stadt zugegen war.937 Diese Tat erregte große Aufmerksamkeit im FHQ, wohl auch, weil der deutsche Gesandte in Belgrad Hitler unmittelbar über Details dieser Tat informiert hatte.938 In der Folge kam es zu einer Reihe von außergewöhnlichen Ehrungen für den SS-Hauptsturmführer. So wurde die Tat per Sondermeldung im Reich verkündet und schon im WMB vom 13. April 1941 unter Nennung von Klingenbergs Namen genannt,939 eine besondere und von der damaligen Öffentlichkeit viel beachtete

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So erschienen schon am 8.4.1941 im VB drei PK-Artikel, »Stukaflieger gegen die Serben«, in: VB 98 v. 8.4.1941, S. 3; »Der Uebergang über die Mur«, in: VB 98 v. 8.4.1941, S. 2; »Stukas über griechischen Erdbunkern«, in: VB 98 v. 8.4.1941, S. 4. Material über den Einsatz der Waffen-SS wäre durchaus vorhanden gewesen, was zwei später im SK erschienene Artikel zeigen, die den Übergang der SS-Truppen über die jugoslawische bzw. griechische Grenze beschreiben, vgl. »Die Stunde vor dem Angriff« und »Es geht los«, beide in: SK 16 v. 17.4.1941, S. 9. Vgl. hierfür und das Folgende Abs. 3.5.d) dieser Arbeit. Vgl. dazu und das Folgende Abs. 3.5.c) dieser Arbeit. In der seriösen Forschungsliteratur zum Balkanfeldzug wird dieses Ereignis, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt, vgl. etwa Vogel, Eingreifen, S. 480. Vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 137 f; Stein, Geschichte, S. 104; Vogel, Eingreifen, S. 458, 480. Im Diensttagebuch Radkes heißt es am 13.4.1941: »Oberst Toussaint, der deutsche Militär-Attaché in Belgrad, ist gerade im Führerhauptquartier anwesend, und berichtet dem Führer Einzelheiten über den kühnen Handstreich des SS-Hauptsturmführers Klingenberg«, vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 20. Auch der damalige Chef des Generalstabs des Heeres, Franz Halder, berichtet über »große Aufregung im Führerhauptquartier, warum diese Meldung nicht über OKH nach oben gelangt ist«, siehe: Halder, Aufzeichnungen, S. 364 (13.4.1941). Vgl. WMB v. 13.4. 1941.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Ehre.940 Wie in dieser Arbeit schon beschrieben, wurde das Ereignis aber vor allem deshalb zu einer Mediensensation, weil man seitens der SS kurz zuvor ein gutes Einvernehmen mit dem Reichspressechef Dietrich hergestellt hatte. Ein Interview des persönlichen Pressebeauftragten des Reichsführers SS, Radke, mit dem Gesandten in Belgrad über die Tat Klingenbergs ließ Dietrich als SS-PK-Bericht in sämtlichen 2.500 deutschen Zeitungen an prominenter Stelle veröffentlichen.941 Darüber hinaus ließ Dietrich es auch zu, dass er zu Beginn des Artikels genannt wurde und damit als eine Art Gewährsmann für die Authentizität der geschilderten Ereignisse diente. In der erkennbar gleichen Funktion wurden in besagtem Artikel auch auf das Urteil militärische Autoritäten über diese Tat verwiesen. Neben der Meldung des WMB wurde ausdrücklich der Militärattaché der deutschen Gesandtschaft in Belgrad, Rudolf Toussaint genannt. Dieser wurde vorgestellt als »der Typ des deutschen Generalstabsoffiziers, der ruhig, abgewogen und mit sicherem Urteil spricht.«942 Dennoch ist klar ersichtlich, dass dieser vermeintlich authentische Augenzeugenbericht Toussaints in Wahrheit eine Nacherzählung von Ereignissen darstellt, die dieser zum Großteil gar nicht beobachtet haben kann. Der Verweis auf das Urteil von anerkannten Autoritäten diente also wie schon während des Westfeldzuges dazu, glaubwürdig zu machen, dass die geschilderten Taten in dieser Weise stattgefunden haben, um auf diese Weise den Eindruck einer hohen militärischen Leistungsfähigkeit der Waffen-SS weiter zu untermauern. Bemerkenswert macht diesen Artikel aber ein neuer Schwerpunkt in der Charakterisierung des Fronteinsatzes der politischen Soldaten von der Waffen-SS. Anstatt deren Bewährung an der Front stand hier nun die Tollkühnheit, Schnelligkeit und Unaufhaltsamkeit der SS-Truppen im Mittelpunkt der Darstellung. Dies beschränkte sich zudem keineswegs auf diesen Bericht, vielmehr wurde hier erstmals der Ton angestimmt, welcher die SS-Kriegsberichterstattung bis zum Ende des Jahres maßgeblich prägen sollte. So wurde hier schon zu Beginn und entgegen der Realität, denn verteidigt wurde Belgrad nicht,943 behauptet: »SS-Hauptsturmführer Klingenberg […] unternimmt […] den Versuch, die verteidigte Hauptstadt Jugoslawiens zur Übergabe zu zwingen. Er und seine neun SS-Männer jagen in rasendem Tempo durch Belgrad!« 944 Dieses Vorgehen, »in Belgrad mit seinen 300.000 Einwohnern« erschien so geradezu als selbstmörderisch, war aber laut dem Bericht durch das bestimmte 940

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In dem Erlass des Oberbefehlshabers des Heeres über »Namensnennung im Wehrmachtbericht« v. 27.4.1940 hieß es »Darin ist eine ganz besondere Auszeichnung zu erblicken. Es kommen daher nur Taten in Betracht, die sich so aus den übrigen herausheben, dass ihre öffentliche Erwähnung vor dem deutschen Volk gerechtfertigt ist.«, zitiert nach Murawski, Wehrmachtbericht, S. 726 f, hier 726. Mit Ausnahme der letzten Kriegsphase waren diese Nennungen tatsächlich selten, vgl. ebd., S. 87-89. Vgl. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführers Radke« v. 1.11.1942, in: BA-B, NS 19/2985, pag. S. 25; »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 20 f (13.4.1941). »Stosstrupp nach Belgrad«, in: VB 108 v. 18.4.1941, S. 4. Vgl. Vogel, Eingreifen, S. 458. Die Behauptung, dass Belgrad verteidigt worden sei, lag aber auf einer Linie mit der damaligen deutschen Propaganda, vgl. ebd. »Stosstrupp nach Belgrad«, in: VB 108 v. 18.4.1941, S. 4.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Auftreten der SS-Männer äußerst erfolgreich. Denn so es ihnen gelungen, die Zivilbevölkerung wie auch serbische Soldaten über ihre geringe Stärke zu täuschen, Plünderer zu vertreiben und sogar über tausend serbische Soldaten gefangen zu nehmen. Schließlich sei sogar der Bürgermeister Belgrads aufgrund ihrer Aktionen bereit gewesen, die Stadt zu übergeben.945 Dieser Artikel war überdies nur Zentrum einer Kampagne um dieses Ereignis, über das auch in anderen Artikeln wie auch in Rundfunkbeiträgen und sogar zwei Ausgaben der WS intensiv berichtet wurde.946 Der Höhepunkt war dann die Verleihung des Ritterkreuzes an Klingenberg einen Monat später. Das dabei entstandene Foto von Hitler mit Klingenberg erschien auf der ersten Seite des VB, überdies wurde die Zeremonie auch in der WS gezeigt.947 Die außergewöhnlichen und im Reich vielbeachteten948 Umstände dieser Ehrung zeigten nochmals demonstrativ, dass der Wirbel um Klingenberg auch den Segen Hitlers gehabt haben muss. Da half es auch nicht, dass die WM-Propaganda anfänglich merkbar versuchte entgegenzusteuern.949 Der SS-PK aber war es nun im Gegensatz zu Arras ein Jahr zuvor gelungen, ein bekanntes militärisches Ereignis des Krieges mit der Waffen-SS zu verknüpfen und so »die erste große und durchschlagende Propagandaaktion für die Waffen-SS durchzuführen«950, wie es Radke im Nachhinein bewertete. Als ausschlaggebend dafür hatte sich die hier gegebene Unterstützung durch die Führung des Reiches erwiesen. Überhaupt wurde, dass hatte sich schon in der quantitativen Untersuchung erwiesen,951 in den hier untersuchten Medien von nun an recht intensiv über den Anteil der Waffen-SS an den Kämpfen dieses Feldzuges berichtet. Besonders häufig waren dabei Berichte der SS-PK über den Vormarsch der »LAH« durch

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Vgl. »Stosstrupp nach Belgrad«, in: VB 108 v. 18.4.1941, S. 4. Vgl. »Von Nordosten gegen Belgrad«, in: DAZ 181 v. 16.4.1941, S. 3 f; »Im Kampf um Belgrad«, in: IB 20 v. 15.5.1941, S. 577; WS 554 v. 16.4.1941; WS 555 v. 23.4.1941. Ebenso schilderte Klingenberg offensichtlich persönlich die Ereignisse in Belgrad im Radio. Zumindest wird in den Lageberichten des SD darauf verwiesen, vgl. Boberach, Meldungen, 2342 f (26.5.1941). Siehe dazu auch: Hier Berlin und alle deutschen Sender 19 v. 4.5.1941, S. 8. Vgl. VB 139 v. 19.5.1941, S. 1; WS 559 v. 21.5.1941. Vgl. Boberach, Meldungen, S. 2398 (12.6.1941). Die Führung von OKW/WPr. protestierte laut Radke gegen diese Art der Darstellung, war aber erfolglos, vgl »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 20 f. (13.4.1941). Darüber hinaus startete die WM offenbar eine eigene PR-Offensive. In der DAZ wird eine Pressekonferenz erwähnt, in der ein Offizier von den Kämpfen der Panzergruppe Kleist berichtete. Darin wird die schnelle Einnahme Belgrads allein dieser Heereseinheit zugeschrieben, die Waffen-SS hingegen nicht erwähnt, vgl. »Augenzeugenbericht vom Vorstoß der Panzergruppe Kleist auf Belgrad«, in: DAZ 201 v. 27.4.1941, S. 2. Im VB erschien sogar ein Bild zweier Feldgendarmen mit dem bezeichnenden Untertitel »Sie waren die beiden ersten Soldaten der Armeegruppe von Kleist, die in Belgrad einrückten.«, in. VB 118 v. 28.4.1941, S. 4. »Rechenschaftsbericht des SS-Obersturmbannführers Radke« v. 1.11.1942, in: BA-B, NS 19/2985, pag. S. 25. Im Diensttagebuch Radkes heißt es am 13.4.1941 über diesen Vorgang: »Oberst v. Wedel vom OKW/WPr [versucht] Schwierigkeiten zu machen, die jedoch mit der Bemerkung überrannt werden, das Material stammt aus dem Führerhauptquartier«, in: »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Radke«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 21. Vgl. die Tabellen 16 und 17 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit sowie Anhang 18.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Abb. 10: Darstellung der Einnahme Belgrads durch einen Fotografen des Heeres, »Völkischer Beobachter«, 1941. Legende im Original: »Sie waren die ersten in Belgrad«.

Griechenland.952 Hatte man in den militärischen Planungen ohnehin für die Leibstandarte eine relativ wichtige Rolle in diesem Feldzug vorgesehen,953 war auch hierfür eine zumindest symbolisch wichtige Tat der Auslöser. Der »LAH« war es gelungen, so schnell die griechischen Pässe und auch den Golf von Korinth zu überwinden, dass sie zumindest in Kontakt mit Nachhuten des britischen Expeditionskorps kam, ohne allerdings die Einschiffung von dessen Masse gefährden zu können.954 Dieser Vorstoß auf den Peloponnes war dennoch am 27. April 1941 per Sondermeldung verkündet worden und fand ebenso Aufnahme in den WMB dieses Tages. Die dort zu findende Charakterisierung dieses Vorstoßes als »ungestüm«955 nahmen die Artikel der SS-PK in VB, DR und SK über dieses Ereignis dankbar auf. Auch hier stand wieder die Unaufhaltsamkeit, Verwegenheit und das Draufgängertum der SS-Soldaten wie auch ihre gute Ausrüstung im Mittelpunkt, mithin wurden sie hier also mit den gleichen Eigenschaften wie kurz zuvor Klingenberg in Belgrad beschrieben. Dazu passt, dass in den Berichten der

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Für Details hierzu vgl. Weingartner, Story, S. 49-56. Vgl. Vogel, Eingreifen, S. 464-466, 469, 475. Vgl. ebd., S. 474 f; Weingartner, Story, S. 56. WMB v. 27.4.1941.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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SS-PK sehr häufig anstatt von der »LAH« nur von der Waffen-SS gesprochen wurde, und das umso mehr, je länger das Ereignis zurücklag.956 Besonders deutlich war der neue Ton in der Charakterisierung der Waffen-SS aus der Berichterstattung des SK herauszulesen. Hier sprachen schon Titel wie »Jeder Widerstand wird gebrochen«, »Unaufhaltsam vorwärts« oder »In ungestümen Vormarsch«957 Bände. Dazu wurde hier zu Beginn der Berichterstattung über diesen Feldzug ausdrücklich an die bisherigen Großtaten der Waffen-SS und die von ihr besiegten Feinde,958 also auf die bereits erlangte Tradition der SSTruppen insgesamt, erinnert. So war es nur folgerichtig, dass die Erfolge der »LAH« bzw. des zu der SS-Division »DR« gehörenden Klingenberg hier von Anfang nicht als Leistungen der jeweiligen Personen bzw. SS-Einheiten beschrieben wurden, sondern als Charakteristikum der Waffen-SS insgesamt. Bezüglich der Meldung des WMB über die Tat der LAH hieß es etwa: Wenn der Heeresbericht von einem ungestümen Vormarsch sprach, dann kennzeichnete er mit diesem Wort am treffendsten die Wucht und die Unaufhaltsamkeit des alle Schwierigkeiten und Hindernisse überwindenden Angriffsgeistes der Waffen-SS […] Die Worte des Wehrmachtberichts werden für immer ein ruhmvolles Blatt der Tradition der Waffen-SS bedeuten.959

Daneben wurden in dieser Zeit im SK auffallend häufig Beiträge über herausragende Taten einzelner SS-Soldaten veröffentlicht. Das fing bei dem auch hier ausgiebig gewürdigten Klingenberg an960 und geschah auch am Beispiel des Ritterkreuzträgers Gerd Pleiss, der, weil er mehr als seine Pflicht getan hätte, als »leuchtendes Vorbild« präsentiert wurde.961 Vor allem aber wurden hier immer wieder Taten unbekannter Soldaten der Waffen-SS geschildert, die sich etwa selbst für die Kameraden und den Sieg geopfert oder weit vor den Linien den Vormarsch gesichert hätten.962 Der Einsatz der »LAH« und »DR« auf dem Balkan erschien im SK also vornehmlich als ein Mosaik von Heldentaten ihrer einzelnen Angehörigen. Da diese Divisionsnamen dabei aber meist nicht genannt wurden, war eine solche Art und Weise der Darstellung hervorragend geeignet, der Waffen-SS insgesamt das Image einer militärischen Elitetruppe zu geben. Dazu passt, dass Serben oder Griechen als Gegner in den Berichten kaum eine Rolle spielten, sondern

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So etwa in »Mißglückter Ausflug nach Europa«, in: VB 120 v. 30.4.1941, S. 2; Sie jagen die Briten«, in: IB 19 v. 8.5.1941, S. 548-555. Dagegen ist die Berichterstattung in DR eindeutig auf die »LAH« bezogen, vgl. »Die Leibstandarte setzt über«, in: DR 19 v. 11.5.1941, S. 3; »In Olympia«, in: DR 20 v. 18.5.1941, S. 15. Im SK wurde zum Jahreswechsel 1941/42 die Überwindung des Golfs von Korinth als Zeichen der Überlegenheit der Waffen-SS gegenüber den britischen Truppen angeführt, vgl. »Zwei Ritterkreuzträger der Waffen-SS gefallen«, in: SK 50 v. 11.12.1941, S. 7. Vgl. »Jeder Widerstand wird gebrochen«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 10; »Unaufhaltsam vorwärts«, in: SK 18 v. 1.5.1941, S. 9; »In ungestümen Vormarsch«, in: SK 19 v. 8.5.1941, S. 3. Vgl. »Die Stunde vor dem Angriff«, in: SK 16 v. 17.4.1941, S. 9. »In ungestümen Vormarsch«, in: SK 19 v. 1.5.1941, S. 3. Vgl. »Handstreich auf Belgrad«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 3 f. »SS-Obersturmführer Gerd Pleiss«, in: SK 20 v. 15.5.1941, S. 9. Pleiss, Angehöriger der »LAH«, erhielt das RK für seinen Einsatz bei der Erstürmung des Klidi-Passes, vgl. Weingartner, Story, S. 52. Vgl. etwa »Der Kampf um den Berg«, in: SK 19 v. 8.5.1941, S. 9.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

die Siege der Waffen-SS hier vornehmlich gegen den ruhmträchtigsten der deutschen Feinde, die britischen Truppen, errungen wurden.963 Der letzte große Held dieser Kampagne wurde erst wenige Tage vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion der Öffentlichkeit präsentiert. Anlässlich der Verleihung des Ritterkreuzes an ihn wurde im SK, darüber hinaus aber auch in den Tageszeitungen, Kurt Meyer, der berühmt-berüchtigte »Panzermeyer«,964 umfassend gewürdigt und bei dieser Gelegenheit noch einmal ausführlich dem Leser die Großtaten der »LAH« auf dem Balkan vor Augen geführt. Mit seinem Draufgängertum, seiner Kühnheit und seinem zumindest in VB und SK besonders hervorgehobenen opfervollen Einsatz für die NSDAP bereits in der Frühzeit der »Bewegung« erschien auch er als Idealbild des politischen Soldaten von der Waffen-SS.965 Insgesamt ist es angesichts der Intensität der Propaganda um die Beteiligung der Waffen-SS an diesem Feldzug nachvollziehbar, dass man bei der WM-Propaganda sich über diese Entwicklung empört zeigte und befürchtete, in der Bevölkerung könnte der Eindruck entstehen, die SS-Truppen seien ein bedeutender Faktor für den schnellen deutschen Sieg auf dem Balkan gewesen.966 Zumal auch in anderen Medien umfassend über die Waffen-SS berichtet wurde: So war ihr Vormarsch in fast allen Wochenschauen dieser Zeit zu sehen,967 ebenso wie Bilder davon zumindest in einigen Illustrierten sehr häufig abgedruckt wurden. Im IB etwa konnte die SS-PK umfänglich Bilder ihres Starfotografen Franz Roth unterbringen. Allein zwischen dem 24. April und 16 Mai 1941 erschienen in vier der fünf Ausgaben Aufnahmen dieses SS-Kriegsberichters als Titelbild, darunter auch die hier schon erwähnte Aufnahme von Kurt Meyer.968 Dazu kamen mehrere, der 963

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So ist in den Berichten des SK die Waffen-SS vierzehnmal mit britischen, aber nur fünfmal mit griechischen und viermal mit jugoslawischen Truppen im Kampf. Darüber hinaus wird immer wieder von einer ausgesprochenen Freude der SS-Soldaten berichtet, die Engländer zum Kampf stellen zu können, vgl. etwa: »Die Blitzmänner«, in: SK 17 v. 24.4.1941, S. 9; »Sprung über den Golf«, in: SK 20 v. 15.5.1941, S. 9 f. Diesen Spitznamen erhielt Meyer bereits vor dem Krieg, als er 1932 einen Sturz von einem Hausdach schwerverletzt überlebte, vgl. Foster, Generals, S. 108. Nach 1945 wurde er mit seinem Kriegseinsatz in Verbindung gebracht, etwa durch seinen ehemaligen Untergebenen Hubert Meyer im Nachwort der Memoiren Meyers, vgl. Meyer, Grenadiere, S. 422. Dass Meyer seine Memoiren als »Panzermeyer« veröffentlichte, zeigt, wie populär dieser Spitzname zeitweise war. Für nähere Angaben zur Person Meyers vgl. Abs. 5.5 dieser Arbeit. In VB und SK heißt es, er sei 1925 der HJ und 1928 der NSDAP beigetreten und als Parteiangehöriger wegen »hochverräterischer Umtriebe« 1930 inhaftiert worden, vgl.: »Der ›schnelle Meyer‹«, in: VB 167 v. 16.6.1941, S. 3; »Ritterkreuz auch für SS-Stubaf. Meyer«, in: SK 25 v. 19.6.1941, S. 5 f. Belegt ist in der Literatur bisher lediglich sein Beitritt zur NSDAP vor 1933. Sein Sohn nennt 1925 als Datum des Parteieintritts, vgl. Meyer, Geweint, S. 261. Andere Quellen nennen das Jahr 1930 vgl. Schulz/Wegmann, Generale, Bd. 3, S. 177. Meyer wurde auch in DAZ und FZ gewürdigt, vgl. »Drei neue Ritterkreuzträger des Heeres«, in: DAZ 283 v. 14.6.1941, S. 1; »Drei neue Ritterkreuzträger des Heeres«, in: FZ 299 v. 14.6.1941, S. 1. Die Taten Meyers, die zu der Verleihung des RK führten, werden beschrieben in Weingartner, Story, S. 53. Vgl.Uziel, Warriors, S. 280 f. Vgl. nur die Wochenschauen: Nr. 554 v. 16.4.1941; Nr. 555 v. 23.4.1941, Nr. 556 v. 30.4.1941; Nr. 557 v. 7.5.1941. Hier waren jeweils gleich mehrfach Berichte über die Einsätze der SS-Verbände auf dem Balkan enthalten. Vgl. IB 17 v. 24.4.1941; IB 19 v. 8.5.1941; IB 20 v. 15.5. 1941; IB 21 v. 16.5.1941. Für nähere Informationen zu dem Bild von Kurt Meyer auf dem Titel von IB 19 vgl. Abs. 3.3.c) dieser Arbeit.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Waffen-SS auf dem Balkan gewidmete, seitenlange Bildreportagen im Inneren dieser Hefte.969 Aber auch außerhalb des deutschen Machtbereiches hatte der Vormarsch der »LAH« durch Griechenland Beachtung gefunden. Darauf deutet jedenfalls eine Meldung der vom AA betriebenen Nachrichtenagentur »Dienst aus Deutschland« hin. Da die Meldungen dieser Agentur die Meinung in der neutralen bis deutschfeindlichen ausländischen Presse beeinflussen sollten, versuchte man bei ihr den Eindruck einer Unabhängigkeit, Integrität und Wahrhaftigkeit zu erwecken und berichtete deshalb hier nur über Dinge, die bereits von ausländischen Nachrichtenagenturen gebracht worden waren.970 Im vorliegenden Fall war die »LAH« und ihre Erfolge in Griechenland im Ausland offenbar bekannt genug, um vom AA schon im Mai 1941 zum Streuen von Gerüchten um die Existenz deutscher »Geheimwaffen« genutzt werden zu können: Diese Elitetruppe hat das denkbar beste Kriegsmaterial des deutschen Heeres. Hier wirken auch gewisse Geheimwaffen, angewendet durch die intelligentesten Soldaten, mit, wodurch sich erklärt, dass gerade diese Einheit in unvorstellbarem Tempo die feindlichen Linien überrannt und jeden Widerstand gebrochen hat.971

Dennoch, trotzdem damit zum ersten Mal eine umfassende Propagandakampagne zugunsten der Waffen-SS stattgefunden hatte, weist insgesamt alles darauf hin, dass die Führung des Reiches in dieser Zeit die Waffen-SS noch nicht als die militärische Elitetruppe des Regimes schlechthin präsentieren wollte. Zwar hatte Hitler ihr durchaus sein Wohlwollen gezeigt, als er das forsche Vorgehen Klingenbergs öffentlich herausstellen ließ oder eine für ihn ungewöhnliche Nachsicht gegenüber dem Kommandeur der »LAH«, Sepp Dietrich, nach dessen eigenmächtig ausgehandelter Kapitulation der griechischen Epirus-Armee zeigte.972 Nicht nur blieb Dietrich unbestraft, sogar seine Rolle bei den Kapitulationsverhandlungen wurde in der Propaganda des Reiches erwähnt, genauso wie die Teilnahme der »LAH« an der deutschen Siegesparade in Athen von den deutschen Medien groß herausgestellt wurde.973 Die Beurteilung ihrer Rolle in diesem Feldzug durch Hitler in seiner Reichstagsrede vom 4. Mai 1941 zeigt aber deutlich, welchen Status sie in dieser Zeit hatte: Obwohl der Diktator die Beteiligung der Waffen-SS zwar mehrfach erwähnte, verzichtete er darauf, auch nur auf eine ihrer eben angeführten Taten näher einzugehen. Insgesamt war sie so in dieser Rede nur eine von vielen beteiligten Verbänden der WM.974 Gleiches gilt auch für den zusam969

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Vgl. »Wir waren wieder schneller«, in: IB 17 v. 24.4.1941, S. 498-500; »Auf allen Straßen siegreich«, in: IB 18 v. 1.5.1941, S. 528 f; Sie jagen die Briten«, in: IB 19 v. 8.5.1941, S. 548-555; »Das Ende«, in: IB 20 v. 15.5.1941, S. 572 f. Vgl. Uzulis, Nachrichtenagenturen, S. 164-171. »Der Blitzkrieg der Spitzenkämpfer«, in: Abend-Sonderdienst des Dienst aus Deutschland v. 3.5.1941, in: BA-MA, RW 4/429, pag. S. 314. Vgl. für diesen Vorgang, der zu erheblichen Spannungen mit der italienischen Führung führte, Weingartner, Story, S. 54 f; Halder, Aufzeichnungen, S. 374 f (21.4.1941); Vogel, Eingreifen, S. 471 f. Ein Bild in der DAZ von Dietrich trägt die Unterschrift: »Obergruppenführer Dietrich, der die Kapitulationsverhandlungen einleitete«, in DAZ 213 v. 4.5.1941, S. 14. Die Siegesparade in Athen wird etwa beschrieben in: »Siegesparade zu Füßen der Akropolis«, in: DAZ 214 v. 5.5.1941, S. 1. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1697-1709 (4.5.1941), insbes. 1703, 1705 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

menfassenden WMB nach Abschluss des Feldzuges, wo ihre Erfolge noch einmal aufgeführt wurden, sie aber keineswegs als der bedeutendste Faktor in diesem Feldzug erschien.975 Betrachtet man zusätzlich allein die kurz darauf folgende, intensive Berichterstattung um den Anteil der deutschen Fallschirmjäger an der Einnahme von Kreta,976 dann kann den Status der Waffen-SS in den Medien dieser Zeit abseits des SK bestenfalls als die einer Elitetruppe unter vielen beurteilt werden. Bezeichnet ist auch, dass Goebbels eine größere Aufmerksamkeit für die Waffen-SS in den deutschen Medien noch nicht als Gefahr für die Stimmung in Truppe und Reich ansah. Jedenfalls soll er nach eigener Aussage die Wortberichterstattung der SS-PK noch in dieser Zeit genutzt haben, um die WM-PK unter Konkurrenzdruck zu setzen und zu einer besseren Organisation zu zwingen.977 Insgesamt ist jedoch das Ausmaß der Berichterstattung über die Rolle der Waffen-SS in diesem Feldzug als ein Erfolg der SS-Propaganda zu bewerten. Wenn man so will, war es ein gelungener Testlauf für die schon bald beginnende Operation »Barbarossa«, wo sich die Intensität der Berichterstattung über die WaffenSS nochmals gewaltig steigerte. »Barbarossa« Der Feldzug gegen die Sowjetunion

Dies war angesichts des noch immer äußerst geringen Anteils der Waffen-SS an den Kämpfen an sich nicht zu erwarten gewesen. Schließlich standen am 22. Juni 1941 an dieser neuen Front neben den Angehörigen der SS-Divisionen »LAH«, »DR«, »TK«, »Wiking«, der SS-Polizeidivision, der SS-Kampfgruppe »Nord« und dem SS-Infanterieregiment 9 allein beim Heer über drei Millionen Soldaten.978 Auch die intensive Vorbereitung der SS-Propaganda auf den Feldzug wie auch die nun gegebene Unterstützung des Reichspressechefs Dietrich können das nicht allein erklären. Vielmehr profitierte die Waffen-SS mit ihrem Image als dem Exponenten der NS-Weltanschauung auf militärischem Gebiet gleich mehrfach von den Leitthemen der NS-Propaganda der Zeit. An erster Stelle betraf das den ideologischen Hass, der nun in einem bisher nicht gekannten Ausmaß in der NS-Propaganda gegenüber dem Feind geschürt wurde. Sicher, auch die bisherigen Gegner in den deutschen Medien waren zu Feindbildern verzerrt und im Falle etwa der Polen und der französischen Kolonialtruppen auch rassistisch diffamiert worden. Dennoch war hier nun eine systematische Enthumanisierung zu beobachten, welche in ihrer Schärfe einen Qualitätssprung bedeutete.979 Dieser Wechsel korrespondierte mit der grundsätzlichen Bedeutung, welche die Sowjetunion bzw. der »jüdische Bolschewismus« als Feindbild in der NS-Ideologie hatte. Die Eroberung und Ausbeutung des russischen Raumes war von 975

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Vgl. etwa den zusammenfassenden WMB v. 11./12.6.1941 oder auch »Von Saloniki bis Kreta«, in DAZ 262/263 v. 3.6.1941, S. 1 f. Die Fallschirmjäger wurden in dieser Zeit offensichtlich durchgehend und allgemein als Elite dargestellt, etwa in: »Mit den Fallschirmjägern nach Kreta«, in: VB 146 v. 26.5.1941, S. 1; »Die Helden von Kreta«, in: VB 200 v. 19.7.1941, S. 3; »Das fliegende Heer«, in: FZ 265 v. 26.5.1941, S. 2. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/9, S. 262 (21.4.1941). Vgl. Mueller-Hildebrand, Heer, Bd. II, S. 102; Stein, Geschichte, S. 108. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 56.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

415

Anfang an der Kernpunkt des außenpolitischen Programms Hitlers gewesen. Diese Expansionsabsicht war überdies stark verwoben mit seinen rassistischen Ansichten über die Minderwertigkeit der Russen bzw. der slawischen Rasse. Diese sah der Diktator auf einer niedrigen Kulturstufe, weshalb sich in der Sowjetunion ein fremdes Herrschaftssystem durchsetzen habe können, die nach Hitlers Glauben von Juden dominierte bolschewistische Partei. Damit galt es letztlich hier den Feind der NS-Ideologie ultimativ zu bekämpfen.980 Dazu kam, dass eine solche ideologische Schärfe in der Darstellung des sowjetischen Gegners auf eine Akzeptanz in der Bevölkerung bauen konnte, also hier nicht auf Unglauben oder Unwillen stieß und somit nicht kontraproduktiv war. Denn dieses Russlandbild war keineswegs neu, sondern zumindest in großen Teilen ein Mosaik verschiedener, schon länger in der deutschen Gesellschaft zu findender Vorurteile über die Minderwertigkeit der Russen und Ängste vor dem kommunistischen System. So war etwa selbst die Absicht einer deutschen Ostsiedlung zumindest in der alten Führungsschicht des Reiches verbreitet gewesen.981 Überdies konnte so an die deutsche Propaganda der Jahre 1933 bis 1939 angeknüpft werden, wo bereits eine scharfe antikommunistische Linie verfolgt und das Reich als Bollwerk gegen den Bolschewismus dargestellt worden war. Insofern war es eher ein Problem gewesen, die Zwangspause dieser Propaganda infolge des Hitler-Stalinpaktes zu erklären.982 Nun aber wurde die »stark antibolschewistische Walze« in der NS-Propaganda wieder aufgelegt983 und bis zum Ende des Krieges die Diffamierung des »jüdischen Bolschewismus« zu deren Leitthema gegenüber der Sowjetunion gemacht.984 Die damit in der NS-Propaganda insgesamt viel mehr in den Vordergrund gerückten ideologischen Inhalte stellte für die SS zweifellos ein ideales Umfeld dar, um die Stilisierung der ihrer Angehörigen zur kämpferischen Elite des NS-Staates weiter voranzutreiben.985 Schließlich hatte sich die SS schon vor dem Krieg auch in der Öffentlichkeit als die »antibolschewistische Kampforganisation« der NSDAP zur Abwehr des »vom Juden organisierte[n] und geführte[n] Kampf des Untermenschen«986 präsentiert. Tatsächlich wurde der besondere weltanschauliche Charakter der Waffen-SS nach dem 22. Juni 1941 sofort in der SS-Propaganda mehr betont. So wurde die Waffen-SS durch die SS-PK von Anfang an als besonders geeignet präsentiert, den sowjetischen Feind zu bekämpfen. Erklärt wurde das mit ihrer in der »Kampfzeit« gewonnenen Erfahrung. In derselben Weise, wie es von Behrenbeck für die Zeit der deutschen Niederlagen beobachtet worden ist,987 wurde also schon zu diesem Zeitpunkt Bezug zur mythischen »Urzeit« der NS-Bewegung

980 981 982 983 984 985 986 987

Vgl. Hitler, S. 586, 742 f; Wette, Russlandbild, S. 59 f. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 60; Steinert, Krieg, S. 231. Vgl. Wette, Russlandbild, S. 61. So Goebbels in seinem Tagebuch, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. I/9, S. 399 f (24.6.1941). Vgl. Steinert, Krieg, S. 205-207. So auch Leleu, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 648. Himmler, Schutzstaffel, S. 1, 3. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 541-548.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

genommen, um die Gegenwart zu deuten. Im SK wurde dies einmal besonders prägnant ausgeführt: Dieses klare Wissen um den Sinn des jetzigen Kampfes gibt uns allen die Kraft und die Entschlossenheit, mit der wir diesen Kampf aufgenommen haben: Es gilt den alten Widersacher endgültig, dieses Mal vernichtend zu schlagen, es ist die Fortsetzung der ›alten Kampfzeit‹, Sowjetstern oder Hakenkreuz, Juda oder Germanien, das ist unsere alte Kampfparole.988

Im VB wurde betont, dass dieser selbe alte, ihnen genau bekannte Widersacher die SS-Männer an der Front zu Höchstleistungen befähige, denn nun »schlug die alte Flamme der Kampfzeit wieder hoch s’ist nicht anders als vor 15 Jahren.«989 Zu diesem so vermittelten Eindruck einer besonderen Abscheu der SS-Soldaten gegenüber den Sowjets passte die Inbrunst, mit der sich die SS-PK auch abseits der Frontberichterstattung an der Verunglimpfung des sowjetischen Gegners in der deutschen Propaganda beteiligte. Trotz eines hier gegebenen Umfeldes, wo allgemein990 wie auch speziell in der PK-Berichterstattung der WM991 die sowjetischen Soldaten, Gesellschaft und Kultur als verbrecherisch, minderwertig, tierisch und stumpfsinnig beschrieben wurde, gelang es der SS-Propaganda, nicht nur durch die Masse,992 sondern auch durch die Drastik ihrer in dieser Beziehung einschlägigen Beiträge noch herauszustechen. Gerade in der Anfangsphase des Feldzuges stammten die brutalsten der überall zu findenden Bilder von sowjetischen Gräueltaten, von Juden wie auch von »asiatisch« aussehenden Gefangenen der Roten Armee immer wieder von den Fotografen der SS-PK.993 Wie »gelungen« diese Propaganda aus der Sicht der SS offensichtlich war, zeigt sich auch daran, dass sie zum Teil ein Jahr später in der berüchtigten Broschüre »Der Untermensch« des SS-Hauptamtes ein weiteres Mal verwendet wurden.994 Besonders drastisch waren von Anfang an auch die Beschreibungen der sowjetischen Soldaten, der Kommissare wie auch des vorgeblich ärmlichen und rückständigen Cha988 989

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994

»Gegen den alten Widersacher«, in: SK 27 v. 3.7.1941, S. 5. »Der sowjetische Tod«, in: VB 206 v. 25.7.1941, S. 3. Ähnlich auch »Das war etwas für uns«, in: SK 31 v. 31.7.1941, S. 5; »Begegnung mit gestern«, in: SK 39 v. 25.9.1941, S. 6; »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6. Vgl. Boelcke, Krieg, S. 183 f (5.7.1941);Uziel, Warriors, S. 283-290; Steinert, Krieg, S. 209-213. Ein Bsp. ist die WS 566 v. 10.7.1941, die von antijüdischer Propaganda geradezu strotzt. Vgl.Uziel, Warriors, S. 183 f; 283. Als Bsp. solcher Scheußlichkeiten vgl. »So kämpft der Bolschewist«, in: VB 195 v. 14.7.1941, S. 3; »Drei Mann erhalten einen Zwieback«, in: DAZ 435 v. 11.9.1941, S. 3; »Morde und Schwarze Listen«, in: FZ 344 v. 9.7.1941, S. 1 f. Vgl. Tabelle 27a in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit. Vgl. etwa VB 190 v. 9.7.1941, S. 3; »So ›arbeitete‹ die GPU in Lemberg«, in: IB 28 v. 10.7.1941, S. 2 f; »Juden brandschatzen … Juden stehlen«, in: IB 41 v. 9.10.1941, S. 6; »Das sind Churchills Bundesgenossen … und ihre Taten!«, in: BIZ 29 v. 17.7.1941, S. 766 f; »Typen gefangener Sowjetsoldaten – Das Gesicht des deutschen Arbeiters«, in: DAZ 325 v. 9.7.1941, S. 8; Bilder in FZ 347 v. 10.7.1941, S. 8. Zumindest die Bilder des SS-PK-Fotografen Roth aus Lemberg wurden von Hitler ausdrücklich gelobt, vgl. »Reporter gegen Kriegsberichter«, in: BA-MA, RS 4/50, pag. S. 38. Die Verwendung von Bildern der SS-PK für diese Broschüre wird erwähnt in »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 79 f (10.4.1942). Ein Beispiel ist die Bilderserie »Typen gefangener Sowjetsoldaten – Das Gesicht des deutschen Arbeiters«, in: DAZ 325 v. 9.7.1941, S. 8. Eine der dort Abgebildeten taucht in gleicher Weise auch in »Der Untermensch« auf, vgl. ebd., S. 10.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Abb. 11: Propagandabilder der SS-PK, veröffentlicht in der »Deutschen Allgemeinen Zeitung«, Juli 1941.

rakters der sowjetischen Gesellschaft in den SS-PK-Berichten.995 Von einem Jubel der Bevölkerung beim Eintreffen der SS-Truppen war hingegen im Gegensatz zur Propaganda der WM kaum je die Rede.996 Damit vereinte der sowjetische Gegner in der Darstellung der SS-PK alles Schlechte in sich und war somit ein geradezu idealtypischer Gegenpol oder besser gesagt »Antiheld«997, gegen den die Waffen-SS als heldische Kämpfer für die »Werte« der NS-Weltanschauung in den Kampf ziehen konnte. Solch ein Erzählmuster war gerade in den Berichten der SS-PK wie vermutet tatsächlich recht häufig zu finden.998 Dabei kam es der SS-Propaganda entgegen, dass die deutsche Propagandaführung den PK erlaubte, den sowjetischen Gegner trotz aller Herabwürdigun995

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Vgl. etwa »Sonntagsgarn«, in: VB 214 v. 2.8.1941, S. 3; »Graue Stadt am Schwarzen Meer«, in: VB 250 v. 7.9.1941, S. 3; Betrachtungen vor Leningrad«, in: DAZ 530 v. 5.11.1941, S. 2; »Im Rücken des Feindes«, in: SK 33 v. 14.8.1941, S. 3. Für solche Berichte der WM-PK vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 78 f. Die wenigen bei der SS-PK feststellbaren Ausnahmen beziehen sich auf Volksdeutsche, vgl. etwa: »Gelt, die Sowjets werden nicht mehr kommen«, Titelbild des IB 32 v. 7.8.1941. Vgl. für dessen Charakteristika Abs. 1.2 dieser Arbeit. In mythischen Heldengeschichten steht dem Helden meist ein »Anti-Held« gegenüber, der das Prinzip des Bösen, des Schlechten oder des Unheils verkörpert und mit dem der Held stellvertretend für die Gruppe kämpft, vgl. Behrenbeck, Kult, S. 67. Vgl. Abs. 1.2 dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

gen auch als zäh, brutal, bald auch gut gerüstet und somit als schwer zu bekämpfen zu charakterisieren, um so die deutschen Siege in einem noch strahlenderen Licht erscheinen zu lassen.999 Denn auf diese Weise konnte noch glaubwürdiger vermittelt werden, dass die vermeintlich in der Waffen-SS verwirklichten kämpferischen Ideale des NS die SS-Soldaten zu einem besonders tapferen und erfolgreichen Verhalten auf dem Schlachtfeld motivieren würden. Tatsächlich war zumindest in VB, DR und SK ab Juli 1941 fast regelmäßig zu lesen, dass sich SS-Männer gegen einen mehrfach überlegenen, fanatisch kämpfenden Feind für den deutschen Sieg selbst geopfert hätten. Ein im VB veröffentlichter SS-PKBericht beschrieb etwa, wie durch eine solche Tat eines vorgeschobenen Gefechtspostens ein entscheidender Umgehungsversuch der Sowjets verhindert worden sei,1000 in den beinahe unzähligen, im SK veröffentlichten Heldengeschichten der SS-PK wurden auf diese Weise Panzer gesprengt oder sowjetische Gegenangriffe abgewehrt.1001 Auch in DR wurden die Einsätze der Waffen-SS durch die Berichte des SS-Starreporters Schwarz van Berk in ein heroisches Licht getaucht, etwa wenn er eines ihrer verlustreichen Gefechte schon einleitend so beschrieb: Ich weiß, daß des Soldaten Kleid der Staub, sein Schlaf eine Gnade der Zeit, sein stündliches Wort aber der Durst ist. Aber wenn ich denke, daß aus diesem asketischen Dasein ein junges Leben in die Ewigkeit abrückt, dann erscheint ein solches Ende in den Glanz eines reineren Lichts getaucht und das Blut, daß verrinnt, entströmt dem Kreislauf eines wahrhaft vollendeten Lebens.1002

Zu der nun deutlich stärkeren Berücksichtigung der SS-Einheiten in der Berichterstattung der Tageszeitungen1003 trug tatsächlich auch die mit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion in allen deutschen Medien einsetzende, intensive »Europa-Propaganda« viel bei. Diese Behauptung eines gesamteuropäischen Charakters des Krieges im Osten war der deutschen Führung so wichtig, dass selbst Hitler in seinem ersten Tagesbefehl des Feldzuges davon sprach, der »Komplott zwischen Juden und Demokraten, Bolschewisten und Reaktionären« bedeute eine Mission Deutschlands zur Rettung und Sicherung Europas.1004 Um dem Volk den plötzlichen Überfall auf den bisherigen Verbündeten zu erklären, wurde also nicht nur dem Gegner die Schuld gegeben, sondern dieser Teil des Krieges als eine gesamteuropäische Mission legitimiert, in der das Reich lediglich die führende Abwehrstellung übernommen hätte. Um diese Propagandaformel dem deutschen Volk plausibel zu machen, erschienen nun wie auch in den folgenden Jahren eine Vielzahl von Artikeln und Meldungen, in welchen nicht nur die in die Sowjetunion einmarschierenden deutschen Soldaten als die Retter der europäischen Kultur dargestellt, sondern auch die 999 1000 1001

1002 1003 1004

Vgl.Uziel, Warriors, S. 290; Schröder, Kriegsbericht, S. 76-78. Vgl. »Treu dem Befehl bis zum letzten Mann«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3. Vgl. etwa »Mit einem Bündel Handgranaten«, in: SK 31 v. 31.7.1941, S. 5 f; »Ein Mann gegen 52 Tonnen«, in: SK 34 v. 21.8.1941, S. 5; »Solange wir solche Männer haben«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 7. »Tagebuch in der Sowjetunion«, in: SK 30 v. 27.7.1941, S. 3 f, hier: 3. Vgl. Tabelle 4 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. »Proklamation an das deutsche Volk«, abgedruckt in: Domarus, Hitler, S. 1726-1732 (22.6.1941), insbes. 1726, 1731.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Kampfbeiträge anderer europäischer Staaten und Soldaten über die Maßen herausgestellt wurden.1005 Darüber hinaus hoffte man auch in anderen Ländern Europas Sympathien für die deutsche Sache zu wecken und so auch Truppen für den Kampf in der Sowjetunion zu gewinnen.1006 Das gelang auch zum Teil, obwohl diese so projizierte gesamteuropäische Zusammenarbeit in einem neugeordneten Europa niemals mehr war als eine bloße Propagandaformel. Schließlich verfolgte Hitler bis zum Kriegsende statt einer echten Zusammenarbeit mit anderen Ländern kein anderes Konzept als primitive, auf Gewalt beruhende Herrschaftsverhältnisse, wobei allein die Deutschen Nutznießer sein sollten.1007 Dennoch stellten z. B. Italien, Spanien, Kroatien, Ungarn oder Rumänien Truppenkontingente. Dazu meldeten sich aus vielen anderen europäischen Staaten antikommunistisch eingestellte Freiwillige zum Dienst in der deutschen Streitmacht.1008 Diese Europa-Propaganda war der Waffen-SS deshalb so sehr von Nutzen, weil sie nun die Ausdehnung ihrer Rekrutierungsbasis auf die »germanischen« Länder Europas mit einer effektiven Propaganda untermauern konnte. Hatten sich zuvor nur sehr wenige »Germanen« freiwillig für den Dienst in der SS gemeldet, verpflichteten sich in den kommenden zwei Jahren dank der für die Rekrutierung breit eingesetzten antibolschewistischen Propaganda ca. 27.000, genug, um einen nicht unbedeutenden Anteil am Personal der Waffen-SS und hier speziell der Division »Wiking« zu bilden. Der Großteil wurde jedoch, als Konzession an das nationale Identifikationsbedürfnis vieler europäischer Freiwilliger, in »Legionen« also als geschlossene Verbände im Rahmen der Waffen-SS eingesetzt, welche, wie schon erwähnt,1009 nicht Teil des SS-Ordens waren. So gab es bald SS-Freiwilligenlegionen für Dänen, Flamen, Norweger und Niederländer wie auch ein Freiwilligenbataillon finnischer SS-Soldaten im Rahmen der SS-Division »Wiking«. Freiwillige aus den anderen, nichtgermanischen Ländern, also etwa Franzosen, Kroaten, oder Wallonen wurden dagegen bis 1943 der Wehrmacht unterstellt.1010 Unter dem Dach der Waffen-SS war somit schon 1941 der symbolische Kampfbeitrag von fünf europäischen Ländern versammelt, dazu noch einige Freiwillige aus neutralen Ländern wie Schweden oder der Schweiz.1011 Schon in der quantitativen Analyse hatte sich gezeigt, dass über diese Germanen in der SS sofort recht häufig berichtet worden ist,1012 wobei sie keineswegs nur von der SS-PK zum Gegenstand von Beiträgen gemacht worden sind.1013 Vielmehr waren insbesonde1005

1006 1007 1008

1009 1010 1011 1012 1013

Vgl. Baird, World, S. 155, 249; Bramstedt, Goebbels, S. 244-249; Steinert, Krieg, S. 204 f. Für Beispiele dieser Europa-Propaganda vgl. »Europa ist erwacht«, in: VB 180 v. 29.6.1941, S. 1; »4000 spanische Freiwillige aufmarschiert«, in: VB 191 v. 10.7.1941, S. 1; »Die europäische Einheitsfront marschiert«, in: VB 194 v. 13.7.1941, S. 1; »Europas Jugend strömt zu den Fahnen«, in: VB 190 v. 9.7.1941, S. 4; »Im Namen Europas«, in: DR 31 v. 3.8.1941, S. 1. Vgl. Förster, Aspekt, S. 908. Vgl. ebd., S. 909; Neulen, Seite, S. 23 f, 29; Müller, Seite, S. 14 f. Vgl. für einen Überblick Müller, Seite, S. 23-152; Förster, Entscheidungen, S. 883-902; ebd., Freiwillige, S. 911-926. Vgl. Abs. 1.3.b) dieser Arbeit. Vgl. Förster, Aspekt, S. 910 f; Wegner, Armee, S. 102-105; Stein, Geschichte, S. 137-140. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 515. Vgl. Anhang 16. Vgl. Anhang 14.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

re in den untersuchten Tageszeitungen in dieser Zeit zahlreiche DNB-Meldungen zu finden, die anlässlich ihrer Aufstellung über solche ausländische SS-Einheiten berichteten. Aber auch in der WS wurden SS-Legionen überaus stark berücksichtigt: Allein im Juli/August 1941 wurden sie in sechs aufeinanderfolgenden Ausgaben zumindest erwähnt.1014 Dabei stand inhaltlich immer ihre Bestimmung im Mittelpunkt, den gemeinsamen Kampf gegen den bolschewistischen »Weltfeind« zu führen und so zur Schaffung eines »neuen Europas« beizutragen.1015 Weitaus seltener wurde dagegen in diesen Meldungen des DNB auf die speziellen Werte der SS verwiesen. Das war fast nur dann der Fall, wenn in den Berichten offizielle Reden von in- und ausländischen NS-Funktionären wiedergegeben wurden. Bei solchen Gelegenheiten wurden die SS-Legionäre durchaus als politische Soldaten beschrieben,1016 die Seite an Seite mit der Waffen-SS den »gemeinsamen Feind der germanischen Rasse, das vom Judentum dirigierte Untermenschentum«1017 bekämpfen und dabei »mehr als die Pflicht«1018 tun würden. Gerade die SS-PK nutzte dagegen das große Interesse an einer Berichterstattung über ihre internationalen Einheiten, um einige ihrer speziellen ideologischen Glaubensätze zu betonen. Von Beginn des Feldzuges an wurde hier immer wieder die der SS so wichtige grundsätzliche Gleichwertigkeit und Zusammengehörigkeit aller germanischen Völker am praktischen Beispiel dieser SS-Einheiten demonstriert. In SS-PK-Artikeln der Tageszeitungen wurde etwa anlässlich eines Besuches des RFSS bei der SS-Division »Wiking« breit über diese ausländischen SSSoldaten berichtet und sie dort etwa als »Zeugen und Künder […] für die große germanische Gemeinschaft«1019 bezeichnet. Bemerkenswert ist, dass dabei die strikte Trennung, die an sich zwischen SS-Legionen und den vollwertigen SSDivisionen bestand, insbesondere was Einstellungsvoraussetzungen und Ordensfähigkeit der Angehörigen anging,1020 in diesen SS-PK-Berichten nie thematisiert wurde. Im Gegenteil wurden hier grundsätzlich alle germanischen SS-Soldaten gleich dem Rest der Waffen-SS dargestellt. Der Hintergrund hierfür war klar ideologisch: Immer wieder stellten es die SS-Propagandisten so dar, als ob sich »Söhne aller germanischen Stämme« angesichts der Bedrohung Europas unter dem Dach der Waffen-SS zusammengefunden hätten, um den gemeinsamen Kampf gegen

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Vgl. WS 567 v. 30.7.1941; WS 568 v. 23.7.1941; WS 569 v. 30.7.1941; WS 570 v. 6.8.1941; WS 571 v. 13.8.1941; WS 572 v. 20.8.1941. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 81 f. Bsp. sind etwa: »… und in Dänemark«, in: VB 184 v. 3.7.1941, S. 2; »Auch in den Niederlanden zu einer Freiwilligenlegion aufgerufen«, in: VB 194 v. 13.7.1941, S. 1; »›Norwegische Legion‹ und ›Freikorps Dänemark‹ aufgestellt«; in: FZ 328 v. 30.6.1941, S. 2; »Die flämische Freiwilligenlegion«, in: FZ 368 v. 22.7.1941, S. 2; »Für die gemeinsame Zukunft des Nordens«, in: DAZ 327 v. 10.7.1941, S. 2; »Die norwegische Legion«, in: DAZ 367 v. 2.8.1941, S. 3. »Aufruf an Dänemarks Nationalsozialisten«, in: VB 182 v. 1.7.1941, S. 2. »Freikorps Dänemark zur Vereidigung angetreten«, in: VB 219 v. 7.8.1941, S. 2. »Europa verteidigt sich gegen den bolschewistischen Zerstörungssturm«, in: VB 260 v. 17.9.1941, S. 2. »Himmler bei der Waffen-SS in Norwegen«, in: DAZ 248 v. 24.5.1941, S. 2. Fast gleichlautend auch »Reichsführer SS Himmler bei norwegischen Freiwilligen«, in: VB 145 v. 25.5.1941, S. 2. Vgl. Stein, Geschichte, S. 140.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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den Erbfeind der nordischen Rasse zu führen.1021 Dabei wurde anfangs selbst im SK keineswegs verschwiegen, dass diese SS-Soldaten nur eine kleine Minderheit in ihren Ländern darstellten: »Sie kamen damals zu uns, von ihren Landsleuten missverstanden, nicht in stolzen Kolonnen, sondern einzeln, entschlossen und klar, oft gegen Vater, Mutter und Familie.«1022 Dadurch mussten aber gerade diese Angehörigen der Waffen-SS als besonders idealistisch erscheinen, was natürlich auch das in den Artikeln stets angegebene gemeinsame Ziel, die Einheit aller Germanen,1023 weiter aufwertete. Besonders viel Mühe wurde darauf verwendet, die äußere wie innere Gleichheit dieser germanischen SS-Soldaten mit ihren deutschen Kameraden zu betonen. Man behauptete etwa, ihr Herz würde im gleichen Takt schlagen und ihr Blut sei brüderlich nah.1024 Unterschiede bestünden allenfalls auf der sprachlichen Ebene. Aber selbst das wurde als eine Art regionale Besonderheit abgetan, wie sie etwa beim Humor auch bei den verschiedenen deutschen Stämmen zu finden sei.1025 Insgesamt verbreiteten die Berichte entweder große Zuversicht, dass zwischen Germanen und Deutschen der »Ballast« der in den vergangenen Jahrhunderten aufgehäuften Fremdheit bald verschwunden sei,1026 oder behaupteten gar, dass schon jetzt kein Unterschied zwischen ihnen mehr festzustellen sei. Die Avantgarde, die germanischen SS-Soldaten, sei jedenfalls schon mit den reichsdeutschen Kameraden zu einer tiefen Gemeinschaft verwachsen. Dies galt gerade auch für die bald folgenden Beschreibungen ihrer Kampfeinsätze im Ostfeldzug, in denen immer wieder hervorgehoben wurde, dass die Germanen in der Waffen-SS ihren soldatischen Wert mit ihrem Blut und ihren Opfern bewiesen hätten.1027 So ist es nur folgerichtig, dass in der Darstellung der SS-PK diese Germanen alle typischen Merkmale eines politischen Soldaten von der Waffen-SS aufwiesen. Auch sie zeigten also grundsätzlich eine hohe Einsatzbereitschaft und gingen mit großer Härte gegen den auch von ihnen verhassten »bolschewistischen« Feind vor.1028 Diese Eigenschaften wurden im VB einmal sogar als eine für Germanen typische Haltung verklärt: »Ihre Leistungen sind - ohne jede Phrase – der Haltung der germanischen Jugend alter Geschichte gleichzustellen, eine alte Kraft beweist sich in ihnen in ihrem ewigen Leben«.1029 1021

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Vgl. etwa »Stunde des Aufbruchs«, in: SK 28 v. 10.7.1941, S. 7; »Auf den Führer vereidigt«, in: SK 33 v. 14.8.1941, S. 5. »Die germanischen Kameraden«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3. Für ähnliche Inhalte vgl. »Kameraden aus dem Norden«, in: SK 23 v. 5.6.1941, S. 3; »Ein Niederländer in der Waffen-SS schreibt uns«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 6. Für die Ablehnung, welche etwa die Angehörigen des »Freikorps Danmark« in ihrer Heimat tatsächlich erfuhren, vgl. Scharff Smith u. a., Volunteers, S. 81. Vgl. etwa »SS-Männer gegen Sowjet-Elite, in: SK 35 v. 28.8.1941, S. 5 f, hier S. 6.; »Ein Niederländer in der Waffen-SS schreibt uns«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 6. Vgl. »Die Brücke am Bug«, in: DR 36 v. 7.9.1941, S. 3. Vgl. »Ein Niederländer in der Waffen-SS schreibt uns«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 6; »Die germanischen Kameraden«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3. Vgl. »Die Brücke am Bug«, in: DR 36 v. 7.9.1941, S. 3. Vgl. »Die germanischen Kameraden«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3; »Freikorps im Kampf für Europa«, in: VB 327 v. 23.11.1941, S. 3. Vgl. etwa »Ein toller Bursche«, in: SK 38 v. 18.9.1941, S. 5; »Ein Niederländer in der Waffen-SS schreibt uns«, in: SK 40 v. 2.10.1941, S. 6. »Die germanischen Kameraden«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Diese Art der Darstellung der germanischen SS-Soldaten änderte sich auch in den folgenden Jahren nicht. Die beginnende Internationalisierung der Waffen-SS hatte also zumindest bezüglich dieser Soldaten keine Ausdifferenzierung ihres von der SS-PK der Öffentlichkeit präsentierten Images zur Folge. Viel eher erschien die Waffen-SS nun auch als Vorreiter einer verwirklichten germanischen Gemeinschaft, was das Bild von ihr als besondere, da politische Soldaten nur weiter bekräftigen konnte.1030 Hatten also diese neuen Leitthemen der NS-Propaganda dazu geführt, dass in dem von der SS-PK verbreiteten Bild vom Fronteinsatz der Waffen-SS nun auch germanische Kameraden vorhanden waren, mit denen gemeinsam man gegen einen ultimativ zu bekämpfenden Antiheld vorging, so ergaben sich aus den wichtigen Aufgaben einiger SS-Verbände in den deutschen Planungen für diesen Feldzug auch Möglichkeiten, in der SS-Propaganda an bereits zuvor besonders hervorgehobene Aspekte des Images der SS-Truppen anzuknüpfen. Da die motorisierten SS-Verbände »TK«, »DR«, »Wiking« und »LAH« an der Spitze der deutschen Heeresgruppen eingesetzt wurden und dort die Aufgabe hatten, im Rahmen des hier wieder angewendeten Blitzkriegkonzepts als Angriffskeile die feindlichen Linien zu durchstoßen,1031 reihten sich diese SS-Verbände in die schon allgemein in der NS-Propaganda als elitär dargestellten, motorisierten Aufklärungsabteilungen bzw. Panzerdivisionen ein.1032 Somit ist nachzuvollziehen, dass die vermeintliche Schnelligkeit der SS-Verbände auch weiterhin einen Schwerpunkt in der SS-Propaganda bilden konnte. Sogar eine ausgesprochen elitäre Charakterisierung dieser Art Kampfeinsatz der Waffen-SS scheint nach der intensiven Propaganda während des Balkanfeldzuges für das Publikum plausibel gewesen zu sein. Jedenfalls verzichtete man nun darauf, Autoritäten des traditionellen Militärs auftreten zu lassen, um die Güte der Aktionen der entsprechenden SS-Verbände zu bestätigen. Stattdessen erinnerte man an die offensichtlich weithin bekannten Taten wenige Monate zuvor, allerdings nicht als Charakteristikum der »LAH«, sondern der Waffen-SS insgesamt. Mitte Juli 1941 hieß es etwa im VB: »Aber schließlich ist Krieg, und wenn wir in Griechenland, auf Pässen und im Gebirge kämpfend, schnaubend und den Wagen strapazierend siegten, so lehrt die jetzige Stunde, daß uns auch hier kein Teufel halten kann und sei er noch so teuflisch«1033 Transportiert und veranschaulicht wurde diese Unaufhaltsamkeit der SS-Soldaten vor allem anhand von Geschichten, deren Hauptpersonen den Aufklärungsabteilungen und hier meist den Kradschützen der jeweiligen SS-Divisionen angehörten. Gerade von deren tollkühnen Abenteuern war in den Zeitungen immer wieder zu lesen, etwa wenn sie sich aus Versehen nachts heillos mit sowjetischen 1030 1031

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Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Wegner, Soldaten, S. 317. Vgl. zu den deutschen Planungen und der Rolle dieser SS-Divisionen: Klink, Landkriegführung, S. 242-272, insbes. 270, zur Umsetzung in den ersten Monaten des Feldzugs: Klink, Heer, S. 451559. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 74. Für den Charakter dieser PK-Berichte vgl. etwa: »Kradschützen bilden einen Brückenkopf«, in: DAZ 325 v. 9.7.1941, S. 3; »Eine echte Niemack-Tat«, in: VB 231 v. 19.8.1941, S. 3. »Von den Kommissaren in den Tod gejagt«, in: VB 203 v. 22.7.1941, S. 3.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

423

Einheiten vermengten oder die feindlichen Truppen so blitzschnell durchstießen, dass keine Zeit mehr blieb, sie zu entwaffnen.1034 Die Attribute eines hervorragenden, wenn nicht elitären Kampfverhaltens waren in solchen Geschichten fast immer zu finden. So wurde etwa ihre Rolle in den deutschen Planungen als außerordentlich wichtig beschrieben, weil das Überholen und Vernichten des Feindes eine Kunst sei, welche die Waffen-SS in vollem Maße beherrsche.1035 Überhaupt zeigten sich die SS-Soldaten in den Berichten als abgebrüht, erfahren und jeder Situation gewachsen.1036 Ab und an wurden sie gar in die Tradition alter Reitertruppen gestellt, wie etwa der Husaren1037 oder auch der Bayreuther Dragoner, und dabei behauptet, der »alte deutsche, draufgängerische Reitergeist« sei bei den SS-Truppen noch immer lebendig.1038 Darüber hinaus ergaben sich aus der Natur solcher Einsätze, in denen die weit vorgestoßenen, relativ kleinen Einheiten sich immer wieder einer feindlichen Übermacht erwehren mussten, immer wieder Gelegenheiten für die SS-Propaganda, ihre typischen Heldengeschichten zu erzählen.1039 Dabei wurde gerade in dieser Zeit Kurt Meyer von den SS-Kriegsberichtern als der »Schnelle Meyer«, also quasi als das personifizierte Draufgängertum der Waffen-SS dargestellt.1040 Alles in allem ist es so nicht verwunderlich, dass in der Propaganda der SS das schnelle Vorwärtsstürmen bald gar als die eigentliche Bestimmung der Waffen-SS dargestellt wurde, und das selbst dann, wenn Kampfgelände oder Auftrag ein solches Verhalten nicht zuließ: »Wir können es nicht leugnen: Wir sind mit anderen Vorstellungen gekommen. Wir wollten stürmen und Kilometer fressen. Aber es ist ein bitteres Stürmen im Walde, und nach dem ersten Tage wussten wir, daß wir eine neue Art von Krieg führen würden. Es würde ein uralter, blutiger Männerkampf sein.«1041 Selbst Jahre später wurde dieses schnelle, unaufhaltsame Vorwärtsstürmen noch als Charakteristikum der Waffen-SS dargestellt, obwohl die sowjetischen Gegenoffensiven auch sie längst zu einem Verteidigungskampf gezwungen hatte.1042

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Vgl. »Die verrückte Nacht«, in: DR 29 v.20.7.1941, S. 3; »Nächtliche Begegnung«, in: SK 29 v. 17.7.1941, S. 6; »Wir jagen und jagen den Feind«, in: SK 44 v. 30.10.1941, S. 7. Vgl. »Das Ritterkreuz für SS-Obersturmbannführer Bremer«, in: DAZ 557 v. 21.11.1941, S. 2; »Wir jagen und jagen den Feind«, in: SK 44 v. 30.10.1941, S. 7. Vgl. »Nächtliche Begegnung«, in: SK 29 v. 17.7.1941, S. 6; »Drei Mann und ein Krad«, in: SK 45 v. 6.11.1941, S. 3. In einem SS-PK-Bericht hieß es wörtlich: »Wir sind eigentlich Husaren, nur daß die Zeit uns ein anderes Roß zuwies«, in: »Über Strom und Steppe«, in: VB 284 v. 11.10.1941, S. 1 f, hier 2. »Wir nennen ihn nur: ›Unseren Ziethen‹«, in: SK 43 v. 23.10.1941, S. 6 f, hier 6. Vgl. z. B. »Im Rücken des Feindes«, in: SK 33 v. 14.8.1941, S. 3; »Eine Handvoll Verwegener«, in: SK 33 v. 14.8.1941, S. 5; »Fünf Mann und eine Brücke«, in: SK 44 v. 30.10.1941, S. 7. Vgl. »Von den Kommissaren in den Tod gejagt«, in: VB 203 v. 22.7.1941, S. 3; »Das Ritterkreuz für SS-Obersturmbannführer Bremer«, in: DAZ 557 v. 21.11.1941, S. 2. Vgl. auch Anhang 43. »Einmal werden wir das Weiße Meer sehen«, in: VB 223 v. 11.8.1941, S. 3. Ähnlich auch: »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6; »Vorne im Graben«, in: SK 52 v. 25.12.1941, S. 7. So schon in: »Der Ruhm der Unbekannten«, in: VB 338 v. 4.12.1941, S. 1. Vgl. für die späteren Jahre etwa: »Die ersten im Stiefelwald«, in: SK 23 v. 4.6.1942, S. 6; »Vom Geist des Grabens«, in: SK 30 v. 23.7.1942, S. 6.; »Unvergleiche Waffentaten westlich Tscherkassy«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Der Einsatz von SS-Truppen in den vordersten Linien bot der SS-Propaganda noch einen weiteren Vorteil. Dadurch war die Waffen-SS immer wieder an der Eroberung größerer sowjetischer Städte beteiligt, wodurch sich natürlich immer wieder Gelegenheiten ergaben, sie in den deutschen Medien besonders in Szene zu setzen. Allerdings war hierfür, noch viel mehr als auf dem Balkan, das A und O eine möglichst schnelle Übermittlung von geeignetem Material ins Reich. Dass es ihr ausweislich der hier untersuchten Zeitungen tatsächlich immer wieder gelang, der Heimat für die damaligen Verhältnisse zeitnah und zum Teil als Erste ausführlich von der Eroberung einer weiteren sowjetischen Stadt in Wort und Bild zu berichten, zeigt, dass die SS-PK tatsächlich über ein außerordentlich effektives Kuriersystem1043 verfügte. So veröffentlichte das SK bereits am 24. Juli 1941 Bilder von dem Durchbruch der »LAH« durch die Stalinlinie sechzehn Tage zuvor, am 18. Oktober wurde über die Einnahme von Maripol durch die gleiche Einheit am 8. Oktober berichtet und am 1. November erschien ein SS-PK-Bericht über die Einnahme von Taganrog am 17. Oktober.1044 Dass die SS-PK solche vielbeachteten Ereignisse zu einer hemmungslosen Eigenpropaganda nutzte, ist nachzuvollziehen, wie sehr, wird schlaglichtartig anhand der Berichterstattung um die Einnahme von Cherson am 19. August 1941 deutlich: Hier hatte, nachdem die Einnahme dieser Stadt an der Dnjepr-Mündung durch SS-Verbände am 21. August im WMB vermeldet worden war,1045 am 31. August ein im VB erschienener Bericht einer Heeres-PK erwähnt, dass die Waffen-SS hier auf keinen nennenswerten Widerstand gestoßen sei.1046 Wenige Tage später im VB und SK veröffentlichte Berichte der SS-PK schilderten die Eroberung von Cherson jedoch ganz anders: Hier ist nun von rollenden Explosionen, Artilleriefeuer und dem Versenken von Schiffen im Hafen die Rede,1047 dass es »unter dem Hagel der verzweifelten Abwehr der Bolschewisten […] im Sturmschritt in […] Cherson hinein[ging]«1048 bzw. »um jedes Haus, um jeden Mauerrest gerungen werden [musste]«.1049 In dieser Weise wurde in der gleichen Zeit auch in der WS berichtet, auch hier stammten die Filmaufnahmen offensichtlich von der SS-PK.1050 Zumindest einmal jedoch wandte sich ihre besonders schnelle Informationsübermittlung und -verarbeitung gegen die SS-PK: In seiner Ausgabe vom 4. De1043 1044

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1047 1048 1049 1050

Vgl. dazu Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Vgl. »Stalin-Linie durchbrochen«, in: SK 30 v. 24.7.1941, S. 3; »Von Budjennys Panzergraben nach Mariupol«, in: VB 291 v. 18.10.1941, S. 3; »Leibstandarte ›Adolf Hitler‹ greift an«, in: VB 305 v. 1.11.1941, S. 3. Für die angegebenen Daten vgl. Weingartner, Story, S. 59-64. Vgl. WMB v. 21.8.1941. Vgl. »Landmarsch nach Cherson«, in: VB 243 v. 31.8.1941, S. 3. Dies ist auf einer Linie mit der Darstellung im Kriegstagebuch des OKW. Hier heißt es, dass Cherson an einem Tag genommen wurde und Anlagen und Vorräte vergleichsweise wenig zerstört seien, vgl. Schramm, Kriegstagebuch, S. 578, 580. (19./20.8.1941). Auch aus den Erinnerungen von Kurt Meyer lässt sich schließen, dass in dieser Stadt nur kurz gegen einen im Rückzug befindlichen Gegner gekämpft wurde, vgl. ebd., Grenadiere, S. 102-105. Vgl. »Tagebuchblätter vom Vormarsch der SS-Leibstandarte«, in: VB 251 v. 8.9.1941, S. 3. »Vorstoß ans Schwarze Meer«, in: SK 36 v. 4.9.1941, S. 3. »Kampf um Cherson«, in: SK 37 v. 11.9.1941, S. 3. Vgl. WS 574 v. 3.9.1941.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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zember 1941 brachte das SK rund zwei Wochen nach Einnahme der Stadt am 22. November einen Bildbericht: »Wir nahmen Rostow«.1051 Allerdings erschien der Bericht damit zu einer Zeit, als die WM hier gerade ihren ersten Fehlschlag an der Ostfront erlebt hatte. Starke russische Angriffe wie auch der einsetzende Winter hatten die WM am 30. November gezwungen, die Stadt wieder zu verlassen.1052 Diese Panne des SK führte zu so starken Verstimmungen in den Beziehungen zum RMVP, dass der Persönliche Stab des RFSS noch ein Jahr später damit beschäftigt war, die Wogen wieder zu glätten.1053 Grob zusammengefasst ergibt sich damit, dass die SS-PK schon in dieser ersten Phase des Russlandfeldzuges das Bild einer durchideologisierten, höchst motivierten Waffen-SS verbreitete, die an entscheidenden Punkten der Front eingesetzt wurde, immer neue sowjetische Metropolen eroberte, dem deutschen Heer den Weg ebnete oder sich sowjetischen Gegenstößen aufopferungsvoll entgegenwarf. Nimmt man ihre nun häufiger behauptete Erfahrung hinzu, so wird überdeutlich, dass die SS-Propaganda der Waffen-SS insgesamt schon in dieser Zeit das Image einer militärisch-ideologischen Elitetruppe zu geben suchte. Dazu passt, dass die SS-PK sie auch abseits des SK ab und an auch direkt so bezeichnete,1054 etwa Ende September 1941 in der DAZ: Und als im Ostfeldzug die riesige Front vom Weißen bis zum Schwarzen Meer antritt, sind die gesamten Verbände der Waffen-SS zu ihrem bisher größten und schwersten Einsatz angetreten, und schon die ersten Erfolgsmeldungen lassen das deutsche Volk erkennen, daß die jüngsten Verbände der deutschen Wehrmacht sich ebenbürtig an die Seite seiner Elitedivisionen stellen.1055

Symbolisch für die Rolle der Waffen-SS in der Propaganda in diesem Jahr steht auch das Titelbild des Renommierblattes DR vom 16. November 1941. Über der Zeile »Noch liegt die Härte des Kampfes auf den Gesichtern der Männer – schon geht es wieder weiter mit dem LKW – vorwärts!« sind hier Angehörige der SSDivision »TK« abgebildet.1056 Zugleich verdeutlicht dieses Bild auch plastisch die schon jetzt festzustellenden, vielen kleinen Übereinstimmungen in der Charakterisierung der Waffen-SS durch die NS-Propaganda und durch die frühe Forschungsliteratur: Dieselbe Aufnahme wurde auch für den Umschlag der Neuauflage von Sydnors »Soldaten des Todes« verwendet. Allerdings passte eine solche Darstellung schon zu diesem Zeitpunkt fast nicht mehr zum tatsächlichen Geschehen an der deutsch-sowjetischen Front. Wenige Wochen später, nach der Niederlage vor Moskau, wandelte sich dann der Charakter des Krieges im Osten endgültig von einem deutschen Sturmlauf zu einer Serie von zermürbenden Abwehrschlachten. Dabei spricht es für die Fähigkeiten 1051 1052 1053

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Vgl. »Wir nahmen Rostow«, in: SK 49 v. 4.12.1941, S. 3. Vgl. Weingartner, Story, S. 65-67. Vgl. »Diensttagebuch des SS-Obersturmbannführers Gerhard Radke, Chef des Amtes Presse«, in: BA-B, NS 19/4099, pag. S. 190 (30.9.1942). Vgl. Anhang 31. »Ein Leben für das Reich«, in: DAZ 463 v. 27.9.1941, S. 2. Für ein ähnliches Bsp. vgl. »Das Heldenlied von Jelna«, in: SK 36 v. 4.9.1941, S. 5 f. DR 46 v. 16.11.1941, S. 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Abb. 12: Ein Beispiel der Weiterverwendung der SS-Propaganda: Titel von Charles Sydnors »Soldaten des Todes« aus dem Jahr 2002 mit einem Foto der SS-PK, erstmals erschienen in »Das Reich« im November 1941.

der SS-Propagandisten, dass es ihnen auch unter diesen völlig geänderten Vorzeichen gelang, die Stilisierung der Waffen-SS zu einer vorbildlichen Elitetruppe nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern diesen Ruf sogar noch weiter auszubauen und in bisher unerreichte Höhen zu heben. c) WAFFEN-SS HÄLT: DAS JAHR 1942

Die Waffen-SS erschien in der Folge der Ereignisse dieses Winters 1941/42 in der NS-Propaganda nicht nur als eine Elitetruppe, sondern sie wurde, weit darüber hinausgehend, bald als die Verkörperung der kämpferischen Ideale der NS-Ideologie dargestellt. Die Berichte über ihre Taten hatten dabei erkennbar vor allem die Funktion, die Unbesiegbarkeit der diese Ideale lebenden Soldaten zu beweisen, womit der Waffen-SS zunehmend ein Vorbildcharakter zukam. Unzweifelhaft ist, dass selbst die mächtige SS mit ihren vielfältigen Beziehungen in höchste Kreise des NS-Staates eine solche Darstellung in der von ihr selbst produzierten Propaganda nicht hätte wagen können, ohne dass sie für die damit unweigerlich verbundene Zurücksetzung des Heeres das Einverständnis Hitlers gehabt hätte. Wie in dieser Arbeit schon dargelegt worden ist,1057 spricht alles dafür, dass Hitler schon nach der Beinahe-Katastrophe in der Winterkrise 1941/42 1057

Vgl. Abs. 3.4.a) dieser Arbeit.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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einer solchen propagandistischen Aufwertung der SS-Truppen seinen Segen gegeben hat. Schließlich sah der Diktator zu dieser Zeit zumindest die Führung des Heeres als nicht ideologisiert genug an, um den Weltanschauungskampf im Osten erfolgreich gestalten zu können. Verwirklicht meinte er hingegen diese »Qualitäten« unzweifelhaft in der SS. Schließlich hatte Hitler sich gerade in dieser Zeit in privater Runde von den vermeintlich weltanschaulich begründeten Qualitäten der SS-Divisionen begeistert gezeigt.1058 Tatsächlich ist auch in den öffentlichen Äußerungen Hitlers wie auch in der NS-Propaganda insgesamt in dieser Zeit eine Aufwertung der Waffen-SS festzustellen. So war bereits in dem Aufruf des Diktators anlässlich seiner Übernahme des Oberbefehls über das Heer am 19. Dezember 1941 erstmals die Formel zu lesen: »Soldaten des Heeres und der Waffen-SS«.1059 Diese Änderung war keineswegs trivial, sondern wurde laut einem Stimmungsbericht des SD von der Bevölkerung aufmerksam registriert und als der Beginn einer besonderen Förderung der SS-Truppen gedeutet.1060 Nach diesem Bericht von Anfang März 1942 soll diese, im Reich weitverbreitete Meinung noch dadurch bestärkt worden sein, dass in den ersten Wochen des Jahres die Leistungen der Waffen-SS in Rundfunk und Presse stärker hervorgehoben worden sind und zeitgleich auch eine großangelegte Werbeaktion für die »LAH« stattfand. Letztere lässt sich tatsächlich in der Berichterstattung der hier untersuchten Medien wiederfinden. So wurde in VB und DAZ schon am Morgen nach der Veröffentlichung des besagten Tagesbefehls Hitlers ein Aufruf abgedruckt, der »LAH« beizutreten. Auffällig ist hier insbesondere der Satz, dass diese Formation »auf Befehl des Führers [...] weiter ausgebaut« werden solle und »wie die gesamte Waffen-SS, alle Waffengattungen des Heeres umfasst und [...] voll motorisiert« ist.1061 Gerade hier könnte also ein Ursprung der auch nach dem Krieg noch weitverbreiteten1062 Überzeugung von einer von Hitler befohlenen, bevorzugten Ausrüstung der SS-Divisionen gelegen haben. Ebenso wurde auch die Verleihung des Eichenlaubs an Sepp Dietrich, dem Kommandeur der »LAH«, Anfang des Jahres auffallend stark in den hier untersuchten Medien herausgestellt. In den Tageszeitungen erschienen gleich mehrere Ordensberichte und Fotos, in denen auch die persönliche Beziehung dieses SSFührers zu Hitler besondere Erwähnung fand. Zeitgleich waren auch in der WS Aufnahmen von Dietrich mit Hitler zu sehen.1063 Besonders ausufernd geriet die Berichterstattung über diese Ehrung aber im SK. Hier wurde Dietrich als »Ritter ohne Furcht und Tadel« wie auch als ideale Verkörperung des politischen Solda1058 1059 1060

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Vgl. Jochmann, Hitler, S. 168 f. (3./4.1.1942). Vgl. etwa: »Der Führer übernimmt das Oberkommando des Heeres, in: VB 357 v. 23.12.1941, S. 1. Vgl., auch für das Folgende: »Stimmung zur Waffen-SS« v. 6.3.1942, in: BA-B, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier: 2. »Die Leibstandarte ruft«, in: VB 358 v. 24.12.1941, S. 2. Gleichlautend: »Freiwillige für die Leibstandarte«, in: DAZ 614 v. 24.12.1941, S. 3. In der FZ wurde dieser Aufruf erst zehn Tage später abgedruckt, vgl. »Die Leibstandarte ruft«, in: FZ 7 v. 4.1.1942, S. 4. Vgl. etwa Stein, Geschichte, S. 185 f; Höhne, Orden, S. 437. Vgl. »Das Eichenlaub für Sepp Dietrich«, in: VB 2 v. 2.1.1942, S.1; »SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Sepp Dietrich«, in: VB 30 v. 30.1.1942, S. 5; VB 34 v. 3.2.1942, S. 4; »Das Eichenlaub zum Ritterkreuz«, in: DAZ 2 v. 2.1.1942, S. 1; WS 594 v. 21.1.1942.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

ten von der Waffen-SS gefeiert. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die »LAH« eine »vollendete militärische Truppe« und »Garant und Vollstrecker der NSRevolution« genannt.1064 Auch insgesamt war in den Kriegsberichten der SS-PK in dieser Zeit eine regelrechte Kampagne um die »LAH« zu beobachten. Schon am 10. Januar erschien im VB ein SS-PK-Bericht, in dem der »unwiderstehliche«, »blitzartige« Vormarsch der »LAH« in der Sowjetunion noch einmal in den leuchtendsten Farben nachgezeichnet wurde.1065 Im gleichen Zeitraum fand zudem ein Film aus der Produktion der SS-PK, »Leibstandarte SS Adolf Hitler im Einsatz«, der ebenso die Rolle dieser Einheit in allen bisherigen Feldzügen ausgiebig glorifizierte, große Beachtung im Reich.1066 Die Berichterstattung der SS-Propaganda beschränkte sich Anfang 1942 aber keineswegs auf die Leibstandarte. Vielmehr wurden in den folgenden Tagen und Wochen im VB noch drei SS-PK-Berichte veröffentlicht, welche den Kampf der SS-Divisionen »Nord«, »TK« und auch der SS-Polizeidivision in der Sowjetunion geradezu ausufernd glorifizierten,1067 und das in einer Zeit, als ansonsten kaum von der Ostfront, sondern vor allem vom afrikanischen und pazifischen Kriegsschauplatz berichtet wurde.1068 An der hier untersuchten Berichterstattung lässt sich zudem deutlich ablesen, dass der Waffen-SS von nun an dauerhaft seitens des Regimes ein höherer Status zugedacht worden war. So beschrieb Hitler sie Monate später, in seiner Reichstagsrede vom 26.April 1942, noch einmal ausdrücklich als vorbildlich: »Wenn ich von dieser Infanterie spreche, dann möchte ich heute aber auch zum erstenmal besonders hervorheben die stets gleiche und vorbildliche Tapferkeit und Härte meiner braven SS-Divisionen und SS-Polizeiverbände.«1069 Vor allem aber zeigte sich an vielen kleineren Meldungen, dass die, an sich dem OKH unterstellte,1070 Waffen-SS dem Volk von nun an als ein gleichberechtigter WM-Teil präsentiert wurde. Ende September 1942 wurde etwa berichtet, dass Hitler im Sportpalast zu den Offiziersanwärtern der drei WM-Teile und ausdrücklich auch zu »Junkern der Waffen-SS« gesprochen habe.1071 Genauso war in den Meldungen der Zeitungen schon bei den Feierlichkeiten zum »Heldengedenktag« am 14. März 1942 der RFSS gleichberechtigt neben die Repräsentanten der drei WM-Teile getreten, ebenso wie in der WS zu sehen war, wie SS-Soldaten gemeinsam mit Abordnungen von Heer, Luftwaffe und Marine die zu diesem 1064 1065 1066

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»Das Eichenlaub für Sepp Dietrich«, in: SK 2 v. 8.1.1942, S. 2. »Die Leibstandarte«, in: VB 10 v. 10.1.1942, S. 2. Vgl. »Stimmung zur Waffen-SS« v. 6.3.1942, in: BA-B, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier: 2; »Drei Jahre SS-Kriegsberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht«, in: BA-MA, RS 4/1157. Vgl. »Waffen-SS kämpft unter dem Polarkreis«, in: VB 12 v. 12.1.1942, S. 2; »Heldenkampf einer SS-Division«, in: VB 15 v. 15.1.1942, S. 2; »Bunker werden mit der Leuchtpistole ausgeräuchert«, in: VB 38 v. 7.2.1942, S. 3. Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 86. »Sieg, das höchste Gebot für Front und Heimat«, in: VB 118 v. 28.4.1942, S. 2-4, hier 3. Im Original wurde diese gesamte Textstelle durch Fettdruck besonders hervorgehoben. Vgl. Buchheim, Herrschaftsinstrument, S. 181 f. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1912 (28.9.1942); WS 599 v. 25.2.1942; »Der Führer sprach im Sportpalast«, in: DAZ 465 v. 29.9.1942, S. 1.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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hohen NS-Feiertag üblichen Zeremonien vollzogen.1072 Insofern hatte die WaffenSS in der NS-Propaganda nun eine Doppelrolle inne: Einerseits war sie hier zur vierten Teilstreitkraft der WM aufgestiegen, andererseits wurde sie auch weiterhin ausdrücklich als eine Parteiformation dargestellt. So kam Formationen der Waffen-SS auch bei den Feierlichkeiten zum 20. April und zum 9. November eine wichtige Rolle zu, etwa als ein Soldat der Waffen-SS die »Blutfahne« der Bewegung trug, die Ehrenkompanie von ihr gestellt wurde oder sie, allerdings gemeinsam mit einer Heeresabordnung, den Kranz Hitlers zur Feldherrnhalle trug. Auch darüber wurde ausführlich berichtet.1073 Dazu setzte Hitler am 8. November 1942, in seiner traditionellen Rede zum Gedenken an den Putsch von 1923, ausdrücklich den Einsatz der SS-Männer an der Front mit dem der SS in der »Kampfzeit« in Beziehung.1074 Kurz darauf wurde dem Volk aber auch der hohe militärische Wert des »pflichtgetreuen Einsatzes« der Waffen-SS noch einmal dem Volk vor Augen geführt: Auf Seite Eins vermeldete der VB die Umrüstung und Umbenennung ihrer vier Kerndivisionen in »SS-Panzer-Grenadier-Divisionen«.1075 Schon im Sommer diesen Jahres hatte sich zudem erwiesen, dass sich die Sichtweise von der »LAH« wie auch der Waffen-SS insgesamt als der kampfstarken Elitetruppe des NS-Regimes bereits so sehr im In- und Ausland gefestigt hatte, dass dieser Ruf bereits zu großen Propagandakampagnen genutzt werden konnte. Als im Reich Befürchtungen vor einer Landung angloamerikanischer Streitkräfte im Westen aufgekeimt waren, war eine der Gegenmaßnahmen von offizieller Seite ein Marsch der »LAH« durch Paris, über den als Parade »starker Verbände der Waffen-SS« auch in den Medien des Reiches berichtet wurde.1076 Eine weitere, praktische Folge der nun gegebenen Bevorzugung der Waffen-SS durch Hitler war die Auffrischung und Umrüstung bzw. Neuaufstellung einiger SS-Divisionen. Auch dies trug in Gestalt einer massiven, überdies von Einschränkungen seitens der WM nun unbehinderten, Freiwilligenwerbung zu einer massiven Präsenz der Waffen-SS in der Öffentlichkeit bei.1077 Nun waren nicht nur regelmäßig Werbeanzeigen1078 für den freiwilligen Dienst in den SS-Truppen in den Tageszeitungen zu finden, sondern gerade in dieser Zeit erschienen auch einige der an sich seltenen SS-PK-Artikel, die mit der Nennung der Einstellungsvoraussetzungen, Aufstiegsmöglichkeiten etc. der Waffen-SS ein1072 1073

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Vgl. WS 602 v. 18.3.1942. Vgl. »Feier vor der Feldherrnhalle«, in: DAZ 188 v. 20.4.1942, S. 3; »Kränze des Führers an den Sarkophagen der ewigen Wache«, in: VB 314 v. 10.11.1942, S. 1 f; WS 637 v. 19.11.1942. Vgl. Domarus, Hitler, S. 1933-1944 (8.11.1942), insbes. 1936. Abgedruckt wurde diese Rede im VB unter dem Titel »Meine Arbeit ist das Schicksal des Reiches!«, in: VB 314 v. 10.11.1942, S. 3 f. Vgl. »SS-Panzer-Grenadier-Divisionen«, in: VB 339 v. 5.12.1942, S. 1. »Starke Verbände der Waffen-SS marschieren durch Paris«, in: VB 213 v. 1.8.1942, S.1, ebenso: DAZ 364 v. 31.7.1942, S. 1; WS 622 v. 5.8.1942; »Nach Frankreich verlegt«, in: FZ 298 v. 14.6.1942, S. 1. Zu den Hintergründen vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 665. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Die SS-PK schreibt etwa von einer intensiven deutschlandweiten Plakataktion der Waffen-SS, vgl. »Freiwillige für die SS-Gebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4. Als Beispiel vgl. VB 31 v. 31.1.1942, S. 4; VB 45/46 v. 14./15.2.1942, S. 6; VB 99 v. 9.4.1942, S. 3; VB 138 v. 18.5.1942, S. 4; VB 168 v. 17.6.1942, S. 4; VB 175 v. 24.6.1942, S. 3; VB 178/179 v. 27./28.6.1942, S. 3; VB 298 v. 25.10.1942, S. 4.; DAZ 170 v. 9.4.1942, S. 3; DAZ 179 v. 15.4.1942, S. 5; FZ 175 v. 5.4.1942, S. 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

geleitet oder beendet wurden.1079 Sichtbar wurde in dieser Phase auch das verstärkte Bemühen der SS, Freiwillige aus der HJ zu rekrutieren. Das konnte sogar ganz augenfällig sein, etwa wenn die HJ als »Nachwuchsorganisation der SS«1080 bezeichnet oder in einer Werbeanzeige ein SS-Soldat und ein HJ-Angehöriger nebeneinander abgebildet wurden.1081 Selbst die in den nun eingerichteten Wehrertüchtigungslagern1082 stattfindende Werbung war Gegenstand eines im VB erschienen Artikels. Dort wurde der Ausbilder als ein hoch dekorierter Frontkämpfer der SS beschrieben, welcher in einer ausgesprochenen Abenteueratmosphäre den Jungen von den Erfolgen der Waffen-SS im Krieg berichten würde. Seine Beschreibungen der in dieser Truppe herrschenden, außergewöhnlichen Kameradschaft und vor allem die enge Verschworenheit dieser Truppe mit Hitler hätten dann die Folge gehabt, dass bei allen Jungen der Wunsch entstanden sei, recht bald auch ein Waffen-SS-Mann zu werden.1083 Die Freiwilligenwerbung ging aber auch subtiler vonstatten, vor allem in den SS-PK-Berichten, wo ja auffallend häufigen Aussagen über die ungeheure Leistungsfähigkeit der ganz jungen SS-Soldaten festzustellen waren1084 und insbesondere auch auf deren dort erlebten Abenteuer, ihr Heldentum und ihre problemlose Aufnahme in die Kameradschaft der Fronttruppe eingegangen wurde.1085 Unterstützt wurde diese Freiwilligenwerbung zudem immer wieder durch Verweise auf die besondere Nähe und Anerkennung Hitlers für »seine« WaffenSS.1086 Aber auch abseits der Freiwilligenwerbung wurde die vom »Führer« empfangene Anerkennung von der SS-PK immer wieder als Zeichen des besonderen, elitären Status der SS-Truppen genutzt. Erwähnt wurde dieses öffentlich erteilte Lob etwa in einer ganzen Reihe ihrer Artikel, die eine besondere, herausgehobene Stellung der Waffen-SS mit ihrer Bewährung in dieser »Kampfzeit« und ihrer Eigenschaft als Verband von politischen Soldaten begründeten. Dabei wurde etwa in einem Artikel die »LAH« als eine alte Kampfgemeinschaft wie in der Frühzeit der »Bewegung« bezeichnet,1087 in einem anderen wurde behauptet, dass in den bewaffneten SS-Verbänden der Geist der SS von 1923 lebe.1088 Das bildete immer 1079

1080 1081 1082 1083

1084 1085

1086

1087 1088

So in: »Der Dienst in der Waffen-SS«, in: VB 52/53 v. 21./22.2.1942, S. 4; »Der Aufbau der WaffenSS«, in: VB 73/74 v. 14./15.3.1942, S. 5; »Freiwillige für die SS-Gebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4. Siehe dazu auch Abs. 4.4.b) dieser Arbeit wie auch die Anhänge 45 und 46. »HJ beim Streifenlehrgang«, in: VB 134 v. 14.5.1942, S. 5. Vgl. VB 178/179 v. 27./28.6.1942, S. 3. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. Vgl. »Sie wollen einmal zur Waffen-SS«, in: VB 316 v. 12.11.1942, S. 4. Der beschönigende Zug ist hier angesichts der meist übertrieben harten Ausbildung in den Lagern unter SS-Führung unverkennbar, vgl. dazu Rempel, Hitlers Children, S. 188-199. Vgl. Anhang 45. Vgl. etwa »Tage der Bewährung«, in: SK 32 v. 6.8.1942, S. 6; »›…und wird gehalten!‹«, in: SK 38 v. 17.9.1942, S. 7; »Das Hansl – Ihr Sohn«, in: DAZ 404 v. 24.8.1942, S. 2. Vgl. »Der Dienst in der Waffen-SS«, in: VB 52/53 v. 21./22.2.1942, S. 4; »Freiwillige für die SSGebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4; »Sie wollen einmal zur Waffen-SS«, in: VB 316 v. 12.11.1942, S. 4; »Freiwillige für die Waffen-SS«, in: DAZ 34 v. 20.1.1943, S. 3; »Nachwuchs für die Leibstandarte«, in: SK 2 v. 8.1.1942, S. 3. Vgl. »SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich 50 Jahre alt«, in: VB 149 v. 29.5.1942, S. 4. Vgl. »Der Aufbau der Waffen-SS«, in: VB 73/74 v. 14./15.3.1942, S. 5.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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wieder den Anknüpfungspunkt, um nun die Waffen-SS gerade wegen der hier vorgeblich verwirklichten NS-Ideale zu einer auch militärischen Elite zu stilisieren, in der sich »die Tradition des politischen Kämpfertums mit den höchsten soldatischen Tugenden und Leistungen vereinigt.«1089 Es war nun generell nicht mehr außergewöhnlich, dass in der SS-Propaganda die Waffen-SS als eine militärische Elitetruppe beschrieben wurde,1090 für die es etwa kein »Unmöglich« gebe.1091 Kennzeichen dieses Status war auch die nunmehr fast standardmäßig in diesen Berichten behauptete, eigene Tradition der WaffenSS an militärischen Erfolgen. Gerade auf sie wurde immer wieder verwiesen, um die militärische Leistungsfähigkeit der Waffen-SS plausibel zu machen, etwa wenn »in klingenden und durch die Gefallenen geheiligten Schlachtennamen wie Klidipaß, Sargonicapaß, Klisura und Salla den Grundstock für eine ruhmreiche Tradition der SS-Gebirgstruppen gelegt [worden ist]«1092 oder sie »beginnend in Polen und weiter im Westen, auf dem Balkan und dann wieder im Osten […] ihren jungen Ruhm mit ihren blitzschnell zuschlagenden und ungestüm angreifenden Verbänden begründet [hat]. Sie war gleich der jungen Panzerwaffe der Wehrmacht zu einem Begriff der neuen Kriegsführung und ihres Angriffsgeist geworden.«1093 Selbst die Figur einer militärischen Autorität, welche ein letztes Mal in einem SS-PK-Artikel die besondere Kampfkraft der Waffen-SS bestätigte, war nun an fast allerhöchster Stelle angesiedelt. Laut einem Artikel war es der damals äußerst populäre Generaloberst Dietl, welcher die »Feuertaufe« eines SS-Regiments mit den Worten »Ihr habt schneidig angegriffen!« 1094 kommentierte. Insgesamt aber wurden die herausragenden politischen und militärischen Eigenschaften der in der Waffen-SS Versammelten nun vor allem anhand von Darstellungen ihres Verhaltens im Abwehrkampf vermittelt. Das ist natürlich auf ihre auch in der Realität hauptsächlich defensiven Einsätze im Winter 1941/42 oder, daran anschließend, im Kessel von Demjansk1095 zurückzuführen. Dennoch, gerade über letzteren Einsatz wurde auffallend intensiv berichtet.1096 Schließlich war die SS-Division »TK« an sich nur als eine von vielen Einheiten im letztgenannten Kessel eingeschlossen gewesen, zudem war ihr Beitrag zu der erfolgreichen Verteidigung dieses Gebietes keineswegs so entscheidend, wie nach dem Krieg immer wieder behauptet.1097 So ist es viel naheliegender, die nun auch insgesamt recht häufig auftretenden Artikel mit Aussagen über einen pflichtgetreuen, opferbereiten Einsatz der Waffen-SS auf die nun auch generell viel stärker betonte Vorbild1089 1090 1091 1092 1093 1094

1095

1096 1097

»Dokumente des Kämpfertums«, in: VB 277 v. 4.10.1942, S. 2. Vgl. etwa »Ukrainische Bilder und Gedanken«, in: VB 176 v. 25.6.1942, S. 4. Vgl. »›Ihr habt schneidig angegriffen!‹«, in: VB 175 v. 24.6.1942, S. 3. »Freiwillige für die SS-Gebirgsjäger«, in: VB 114 v. 24.4.1942, S. 4. »Waffen-SS am Feind«, in: SK 53 v. 31.12.1942, S. 6. »›Ihr habt schneidig angegriffen!‹«, in: VB 175 v. 24.6.1942, S. 3. Für Informationen über Dietl und seinem Status im Dritten Reich vgl. Heinemann, Dietl, S. 99-112, insbes. 103-105. Für einen Überblick vgl. Klink, Heer, S. 600-652; Wegner, Krieg, S. 1091 f. Für den Kampf der SSDivision »TK« im Kessel von Demjansk vgl. Merkl, Simon, S. 201-205. Vgl. die Anhänge 27 und 28. Vgl. nur die Darstellung Sydnors über den Kampf der SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk, in ebd., Soldaten, S. 175-210 mit den neuesten Erkenntnissen darüber bei Merkl, Simon, S. 201-205.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

funktion der SS im Dritten Reich zurückzuführen. Schließlich war der abgehärtete, entbehrungsgewohnte, auch in der Abwehr unüberwindliche deutsche Frontsoldat auch allgemein ab dieser Zeit das Leitbild der NS-Propaganda.1098 Dieser inhaltliche Wechsel kam d’Alquen und seiner Einheit in gewisser Weise sogar entgegen, war die Abwehrschlacht doch weit besser geeignet, die aus der tiefen Verwurzelung in der NS-Ideologie vermeintlich folgende, überragende Kampfkraft der opferbereiten und treuen SS-Soldaten zu »beweisen«. Tatsächlich hatte die SS-PK die Waffen-SS selbst in dem bisherigen Blitzkriegen immer wieder im Abwehrkampf beschrieben und so verdeutlicht, dass der Heroismus solcher NS-Kämpfer selbst gegen eine gewaltige Übermacht an Gegnern einen unmöglich erscheinenden Sieg möglich mache. Gerade die Berichterstattung der SS-PK über die Abwehrschlachten im Osten stellte aber eine dichte Folge von Geschichten voller Selbstopfer, Beweisen tiefer Kameradschaft und Massen an getöteten Feinden dar.1099 Dass dahinter immer eine propagandistische Absicht stand, lässt sich beispielhaft an einigen, bis heute zumindest in gewissen Kreisen, berühmten Erfolgen der Waffen-SS verdeutlichen. So wurden etwa schon zeitgenössisch im SK die Geschehnisse rund um den »Riegel von Rshew« nicht nur äußerst heroisch geschildert, sondern diese Begebenheit wurde auch umgehend für das »Image building« der Waffen-SS genutzt. Zumindest präsentierte sie Otto Kumm, der Kommandeur des dort eingesetzten SS-Regiments »Deutschland« in Vorträgen vor potenziellen SS-Freiwilligen schon zeitgenössisch als Beispiel der vom Führer gelobten, herausragenden Leistungen der politischen Soldaten der Waffen-SS.1100 Betont wurde diese Vorbildfunktion der Waffen-SS auch in der Berichterstattung über den Kampf der SS-Division »TK« im Kessel von Demjansk.1101 Gerade das war besonders wichtig für das »Image building« der Waffen-SS, wurde doch über diesen monatelangen, äußerst verlustreichen Kampf unter zum Teil extremen klimatischen Bedingungen zeitgenössisch besonders intensiv berichtet. Die Gründe dafür hat Merkl erst kürzlich erläutert. Ihm zufolge wurde die Räumung des Frontvorsprunges von Demjansk zudem im März 1943 genutzt, um der von der Niederlage in Stalingrad noch immer geschockten deutschen Öffentlichkeit das Beispiel eines erfolgreich verteidigten winterlichen Kessels vor Augen zu führen. Auf Wunsch des RFSS Himmler sei die erfolgreiche Verteidigung Demjanks in der NS-Propaganda nachträglich aber vor allem mit dem SS-General Eicke und der ihm unterstellten SS-Division »TK« verknüpft worden.1102 Aus dem hier untersuchten Material ist indes abzulesen, dass von einer solchen nachträglichen Konstruktion keine Rede sein kann. Vielmehr erschienen die meis1098 1099

1100

1101 1102

Vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 75. Vgl. als besonders prägnante Bsp. »Werle und seine Männer«, in: SK 3 v. 15.1.1942, S. 6 f; »Kamerad zu deiner Seite«, in SK 22 v. 28.5.1942, S. 7; »Die ersten im Stiefelwald«, in: SK 23 v. 4.6.1942, S. 6; »Einer meldet sich ab«, in: SK 36 v. 3.9.1942, S. 7; »SS-Führer in der Waffen-SS«, in: VB 278 v. 5.10.1942, S. 3. Vgl. »Das Ritterkreuz für SS-Obersturmbannführer Otto Kumm«, in: SK 11 v. 12.3.1942, S. 6; »Die Wehrerziehung an deutschen Schulen«, in: DAZ 256 v. 29.5.1942, S. 3. Für eine plastische Darstellung dieser Kämpfe vgl. Sydnor, Soldaten, S. 175-208. Vgl. Merkl, Simon, S. 203-207.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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te Zeit des Jahres 1942, zumindest im SK, sogar regelmäßig Artikel über den Kampf der »TK« in Demjansk. Der Beginn dieser Kampagne ist sogar in eine Zeit zu verorten, als sich die sowjetischen Linien um die »Totenköpfe« überhaupt noch nicht geschlossen hatten. Denn zum ersten Mal wurde ein Einsatz von SS-Truppen am Ilmensee in einer Kampagne um den SS-Sturmmann Fritz Christen erwähnt. Dieser hatte bei einem sowjetischen Großangriff auf die Stellungen der »TK« bei Lushno ab dem 24. September 19411103 dreizehn sowjetische Panzer abgeschossen und war dafür mit dem RK ausgezeichnet worden. Dies nahm das SK zum Anlass, Anfang November 1941 in einem zweiseitigen Bericht die Leistung Christens zu würdigen.1104 Zwar ist unklar, wie viel von dieser Geschichte bewusst komponiert worden ist,1105 unzweifelhaft war Christen jedoch hervorragend geeignet, um der Öffentlichkeit als Vorbild präsentiert zu werden. Zum einen konnte die SS-PK seine Tat nutzen, um in ihrer Berichterstattung die in der SS vermeintlich verwirklichten idealen Eigenschaften eines politischen Soldaten wie vor allem eine unbedingte Pflichterfüllung ein weiteres Mal zu demonstrieren. Zum anderen vereinte er in sich aber auch aufgrund seines Alters von erst zwanzig Jahren, seines Mannschaftsranges und seiner HJ-Karriere ebenso ideale Eigenschaften, um vom NSRegime der Jugend als Idol präsentiert zu werden.1106 Damit hatte der erst noch beginnende Kampf um Demjansk bereits einen Helden der Waffen-SS produziert, der schon vor der Winterkrise auch allgemein in der NS-Propaganda stark herausgestellt wurde. So wurde etwa Christens Heimaturlaub in der WS thematisiert, ebenso wurde er gemeinsam mit dem »Führer« auf der Titelseite des VB abgebildet.1107 Diese Schlacht bei Lushno wurde wenig später im SK aber auch unabhängig von Christen ein weiteres Mal thematisiert. Gerade hier ist deutlich erkennbar, wie sehr die SS-Propaganda auch das dortige Geschehen für die weitere Stilisierung der Waffen-SS zu der militärischen Elite des NS-Staates zu nutzen gedachte. Ein Mittel war, die Wichtigkeit dieses Einsatzes besonders herauszuheben. In einer bemerkenswerten Offenheit wurde hier Mitte November 1941 ausgeführt, dass ohne die Waffen-SS ein gefährlicher Einbruch in die Flanke der deutschen 1103 1104

1105

1106

1107

Vgl. Sydnor, Soldaten, S. 160-163. Vgl. »Deutschlands jüngster Ritterkreuzträger«, in: SK 45 v. 6.11.1941, S. 6 f. Auf der gleichen Seite befand sich auch ein Ordensbericht für den SS-Führer Max Simon, worin ein Einsatz der »Totenköpfe« am Ilmensee ebenso erwähnt wurde, vgl. »SS-Oberführer Max Simon ausgezeichnet«, in: SK 45 v. 6.11.19141, S. 6. So weist diese Schilderung des SK erhebliche Differenzen zu der weit heroischeren, auf den Akten der Division »TK« beruhenden, Darstellung von Sydnor auf. Ist in der Berichterstattung des SK Christen etwa nur Teil einer Gruppe von SS-Männern, welche zwar abgeschnitten werden, aber alle den Einsatz überleben, schreibt Sydnor, dass SS-Truppen in einem Gegenstoß den tagelang alleine »als Wellenbrecher« am Geschütz ausharrenden Christen in einem Feld von sowjetischen Panzerwracks und Leichen gefunden hätten, vgl. ebd., Soldaten, S. 164 f. Nichts davon steht im SK oder auch in dem bei Krätschmer abgedruckten Bericht des Abteilungskommandeurs Bochmann über die Tat, vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 62 f. Alle diese Eigenschaften wurden auch im SK herausgehoben, vgl. »Deutschlands jüngster Ritterkreuzträger«, in: SK 45 v. 6.11.1942, S. 6 f. Vgl. WS 587 v. 3.12.1941. Bild vom Empfang bei Hitler in: VB 326 v. 22.11.1941, S. 1. Siehe auch: »Fritz Christen«, in: VB 301 v. 28.10.1941, S. 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Front vor Leningrad gedroht hätte.1108 Ebenso wurden die SS-Truppen insgesamt hier zur »Garde des Führers« erklärt und die geschilderte Schlacht ausdrücklich zur »härtesten Bewährungsprobe« der bei ihr verwirklichten Kombination aus ideologischen Eigenschaften und »bestem deutschen Soldatentum« gemacht. Die Schilderung wies dabei alle Merkmale einer NS-Heldensaga auf, in der das Opfer der todesbereiten SS-Soldaten schließlich das eigentlich unmöglich Erscheinende möglich machte. So trotzten sie u. a. einem Trommelfeuer wie »im Weltkrieg«, einem gleichzeitigen Angriff von Panzern und einer siebenfachen Übermacht an sowjetischer Infanterie, die wie eine »Dampfwalze« daherkam und mit »wildem, tierhaftem Gebrüll« fünf Tage lang ohne Pause gegen die »Leiber« der SS-Division anrannte und sie zu erbitterten Nahkämpfen zwang. Ihr Sieg wurde ausdrücklich ermöglicht durch ihre Opfer, die Rückbesinnung auf die Erfahrungen der »Kampfzeit« und die Besinnung auf das höchste Gebot der SS: »Treue bis in den Tod«, aber eben auch durch das bei ihr versammelte »beste deutsche Soldatentum.« Nur anzumerken bleibt an dieser Stelle die Übereinstimmung dieser offensichtlich komponierten Darstellung mit einem von Eicke an Wolff hierüber übermittelten Bericht, den Sydnor als Nachweis eines typischen Verhaltens der SS-Division »TK« im Gefecht gesehen hat.1109 Diese Art und Weise der Darstellung war auch typisch für die intensive Berichterstattung über die Kämpfe der »TK« im nunmehrigen Kessel von Demjansk in den folgenden Monaten. So wurde in den Artikeln, die anlässlich der Verleihung des RK an Eicke Mitte Januar 1942 im VB und SK erschienen, dieser Orden als Auszeichnung seiner Division bezeichnet, welche südlich des Ilmensees einen »Heldenkampf« führe, der »unvergessen in der Geschichte dieses Krieges bleiben« werde.1110 Im SK blieb dieses Geschehen, entweder ausdrücklich im Kessel von Demjansk verortet oder zumindest als Abwehrkampf im russischen Winter bzw. Sumpf klar erkennbar darauf bezogen, von nun an ein Dauerthema, über das bis zum Sommer beinahe wöchentlich berichtet wurde.1111 Immer wieder tauchten aber auch in den anderen hier untersuchten Medien Reportagen auf, die jeweils einen bestimmten Aspekt dieses Geschehens behandelten, dabei aber immer auch auf den »Heldenkampf« dieser SS-Division in der gerade beschriebenen Weise eingingen. Meist geschah das zu besonderen Anlässen. Die Verleihung des Eichenlaubs an Eicke am 20. April etwa wurde nicht nur im SK, sondern auch in der WS mit dem Kampf südlich des Ilmensees in Beziehung gesetzt.1112 Gleiches geschah auch anlässlich der Verleihung des RK an den SS-Obersturmführer Meierdrees, welcher mit seinen Männern sechs Wochen lang einen abgeschnittenen Stützpunkt 1108

1109 1110

1111

1112

Dies wurde aber abgemildert, indem man es als »letzten Zuckungen« einer »bereits tödlich getroffenen Bestie« beschrieb, vgl., auch für das folgende: »Die Helden von Lushno«, in: SK 47 v. 20.11.1941, S. 6 f. Vgl. Sydnor, Soldaten, S. 165, FN 70. »Heldenkampf einer SS-Division«, in: VB 15 v. 15.1.1942, S. 2. Ähnlich auch »Mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet«, in: SK 4 v. 22.1.1942, S. 7. Vgl. »›Wir halten aus!‹«, in: SK 13 v. 26.3.1942, S. 7; »Wir hielten stand, Kamerad!«, in: SK 14 v. 2.4.1942, S. 6; »Gegen zehnfache Übermacht«, in: SK 15 v. 9.4.1942, S. 6; »Treu bis in den Tod«, in: SK 17 v. 23.4.1942, S. 7; »Nur Worte…?«, in: SK 19 v. 7.5.1942, S. 6 f.; »Für Umsicht und Tapferkeit«, in: SK 23 v. 4.6.1942, S. 6. Vgl. »Das Eichenlaub für Eicke«, in: SK 18 v. 30.4.1942, S. 6; WS 618 v. 8.7.1942.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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in diesem Kessel verteidigt hatte.1113 Das war Mitte Mai Thema einer ausführlichen und reich bebilderten Reportage aus der Feder von Schwarz van Berk in DR, auch hier strotzend von heldenhaften Einzeltaten wie auch Beispielen von gezeigter Treue, Kameradschaft und Pflichterfüllung der SS-Männer gegen eine gewaltige sowjetische Übermacht.1114 Die Öffnung des Kessels Mitte April 1942 wurde hingegen seitens der SS-PK in den hier untersuchten Medien kaum thematisiert.1115 Der Abzug der »TK« aus Demjansk im Oktober 19421116 wurde in den deutschen Medien nicht nur verschwiegen, vielmehr fanden sich, anlässlich mehrerer Erwähnungen des Kampfes der »TK« im WMB,1117 in allen untersuchten Medien Berichte, welche deren erfolgreiche Angriffskämpfe südlich des Ilmensees zum Thema hatten bzw. ihren einjährigen, heldenhaften Kampf würdigten.1118 Sogar in der Folge erschienen noch vereinzelt Berichte, die suggerierten, die Division »TK« befände sich noch immer im Raum von Demjansk.1119 Die Geschichte des Kampfes der »TK« in Demjansk wurde somit keineswegs im März 1943 wieder »aufgewärmt«. Vielmehr knüpften die in allen hier untersuchten Medien zu findenden, ausführlichen Würdigungen der Leistungen Eickes eher an die eifrige SS-Propaganda der vergangenen Monate an. Nur so ist auch die Selbstverständlichkeit erklärbar, mit der die SS-PK gerade Demjansk zum Symbol von Eickes vorbildlicher Härte machen konnte. So hieß es z. B. im VB ohne große Erklärung: »Eicke war nicht klein zu kriegen. Wo er zu stehen hatte, wich er nicht. Nie! Demjansk, seine Festung! Vergessen wir sie nicht!«1120 Gleichzeitig wird so auch schlaglichtartig deutlich, dass sich durch die fortwährende Propaganda um das Geschehen südlich des Ilmensees das Image der WaffenSS als heldische, auch militärisch elitäre politische Soldaten weiter verfestigt haben muss. Die nun folgende Stilisierung des toten Eicke zu einem Heroen der Schutzstaffel wie auch des Dritten Reiches insgesamt stellte dann zugleich auch den Höhepunkt der Kampagne um die »TK« in Demjansk dar. Immer wieder wurde den Lesern in diesen Wochen vor Auge geführt, dass die Eigenschaften Eickes wie Haltung, Disziplin, Kameradschaft, Treue, Tapferkeit und Gehorsam, also die idealen Eigenschaften eines politischen Soldaten, auch »seine« »TK« beseelt habe und dies das Geheimnis hinter ihrem in härtesten Kämpfen erfochtenen, beispiel1113 1114 1115

1116 1117 1118

1119

1120

Vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 92 f. »Abgeschnitten«, in: DR 20 v. 17.5.1942, S. 6 f. In den hier untersuchten Medien fanden sich neben einem auch bei Merkl erwähnten, von einem Fotografen der SS-PK aufgenommenen Bild auf dem Titelblatt der BIZ nur PK-Berichte der WM, die von diesem Ereignis berichteten, vgl. BIZ 20 v. 21.5.1942; »Eingeschlossener Stützpunkt ¼ Jahr aus der Luft versorgt«, in: VB 128 v. 8.5.1942, S. 4. Die bei Merkl beschriebenen Artikel erschienen anlässlich der Verleihung des Eichenlaubs an Eicke und erwähnen die Öffnung des Kessels nicht, vgl. »Das Eichenlaub für Eicke«, in: SK 18 v. 30.4.1942, S. 6; Merkl, Simon, S. 203. Vgl. Merkl, Simon, S. 227 f. Vgl. WMB v. 5.10.1942; WMB v. 21.10.1942. Vgl. »Probe des Herzens«, in: SK 42 v. 15.10.1942, S. 6; »Heldenkampf einer SS-Division«, in: SK 44 v. 29.10.1942, S. 6 f; WS 632 v. 14.10.1942; »Angriffskämpfe südostwärts des Ilmensees«, in: VB 283 v. 10.10.1942, S. 2; »Die Helden vom Ilmensee«, in: VB 302 v. 29.10.1942, S. 3. Vgl. »Haltung«, in: DAZ 531 v. 6.11.1942, S. 2; WS 640 v. 9.12.1942; »Die ganz bescheidene Seligkeit«, in: FZ 631 v. 10.12.1942, S. 2. »Eicke, der politische Soldat«, in: VB 64 v. 5.3.1943, S. 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

losen Siegeszuges gewesen sei. Um das zu veranschaulichen, wurde der Kampf der »TK« in Demjansk in all seinen blutigen Details noch einmal vor dem Leser ausgebreitet. Das Halten der von allen Seiten bedrängten Festung »in einem Inferno des Grauens bei eisiger Kälte« wurde dabei zu einer Probe einer erfüllten Treue, »zu einer Bastion des heldenmütigen Widerstands, in der bis zum letzten Mann gehalten werden musste und gehalten wurde.« Wie um dies zu unterstreichen, wurde in den Berichten sogar die fast vollständige Vernichtung der Division »TK« in Demjansk offenbart.1121 Die Bergung der Leiche Eickes aus den sowjetischen Linien1122 wurde ebenso groß herausgestellt, sie diente als der letzte Beweis, dass der Geist Eickes auch nach seinem Tod in seiner Division weiterleben werde: Der Abstand der Zeit wird einmal die Bitternis seines Heldentodes mildern. Es wird eine Idee werden, ein offenbares Geheimnis, das dem, der es begreift, Erhebung bereiten wird. Die Tatsache nämlich, daß seine Männer ihren gefallenen Führer mit rascher Wut aus dem Feinde heraushauten und ihn auf dem Schilde zurücktrugen. Die ganze Division war dabei.1123

Diese Kampagne war zugleich auch der vorläufige Schlusspunkt der Darstellung der Waffen-SS im Abwehrkampf. War nur wenige Tage zuvor im VB noch der treue, opfervolle, aber pflichtbewusste Abwehrkampf einer kleinen Kampfgruppe der Waffen-SS »im Donbogen« ausführlich beschrieben worden,1124 so war nur im SK im März 1943 noch einmal eine ausführliche Würdigung des Kampfes der »TK« in Demjansk zu finden, auch hier wieder strotzend von Beispielen gezeigten Opferheldentums und sogar von ausdrücklichen Verweisen auf die hohen Verluste dieser SS-Division.1125 Im gleichen Heft erschienen aber auch die ersten Berichte über die Kämpfe um Charkow. Mit diesen wandelten sich Ton und Inhalt der SS-PK-Propaganda ein weiteres Mal. Statt der Rolle als »lebender Schutzwall« stand hier nun wieder die Charakterisierung der Waffen-SS als eine unaufhaltsame Angriffsformation im Mittelpunkt. Dies wird im nächsten Abschnitt im Mittelpunkt stehen. Zuvor soll jedoch noch auf einen zweiten Schwerpunkt in der Propaganda um die SS im Kriegseinsatz in diesem Jahr 1942 eingegangen werden. Denn hier erhielten nun drei ihrer Teile ein größeres Gewicht, über die bisher gar nicht oder nur wenig berichtet worden war: die germanischen SS-Legionen im Kampfeinsatz, die Volksdeutschen und die Polizeitruppen. Dabei kam insbesondere den als germanisch angesehenen SS-Soldaten ab Sommer 1942 schon allgemein eine besonders wichtige Rolle in der Propaganda der SS zu. Das ist zunächst aus den äußeren Umständen erklärlich. Schließlich war lediglich die SS-Division »Wiking« an der Operation »Blau«, dem deutschen 1121

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»Eichenlaubträger SS-Obergruppenführer Eicke gefallen«, in: DAZ 108 v. 4.3.1943, S. 2. Ähnlich auch: »Soldat, Kämpfer, Kamerad«, in: SK 10 v. 11.3.1943, S. 3 f; »Eicke, der politische Soldat«, in: VB 64 v. 5.3.1943, S. 1; »Theodor Eicke«, in: FZ 116 v. 4.3.1943, S. 2; »Eichenlaubträger SS-Obergruppenführer Eicke gefallen«, in: DAZ 108 v. 4.3.1943, S. 2. Für Details vgl. Sydnor, Soldaten, S. 223 f. »Eicke, der politische Soldat«, in: VB 64 v. 5.3.1943, S. 1. Viel drastischer in der Beschreibung, aber mit der gleichen Aussage: »Soldat, Kämpfer, Kamerad«, in: SK 10 v. 11.3.1943, S. 3 f, hier 3. Vgl. »Die Männer von der Höhe X«, in: VB 59 v. 28.2.1943, S. 3. Vgl. »Die Festung Demjansk«, in: SK 11 v. 18.3.1943, S. 6 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

437

Vormarsch an der südlichen Ostfront ab Juli 1942, beteiligt und stieß dabei bis in den Kaukasus vor.1126 Damit war diese SS-Division zeitweise der einzige SS-Verband im vollen Kampfeinsatz, weshalb sie für die SS-PK schnell zum »A und O« ihrer Propaganda wurde.1127 Überdies konnte so das Image von der Waffen-SS als einer unaufhaltsam vorwärts stürmenden Truppe schon zu diesem Zeitpunkt wieder in Erinnerung gerufen werden. In den Berichten hieß es ganz plakativ: »Wir machen mal wieder Gebirgskrieg mit den Kraftwagen wie in Griechenland und Serbien«1128 oder: »Vorn, die Stoßkeile der Wikinger […] brechen mit ungeheurer Wucht in Timoschenkos Divisionen. Sie werden schonungslos und ohne daß ihnen auch nur ein Tag der Ruhe gegönnt würde, gestellt, geschlagen, gejagt.«1129 Erkennbar wichtig war der SS-PK aber auch, mit diesen Berichten über die Einsätze der »Wikinger« dem Publikum ein weiteres Mal vor Augen zu führen, dass die Waffen-SS nicht nur für die deutsche, sondern auch für die germanische Sache kämpfen würde. So war insbesondere im VB immer wieder zu lesen, dass der aufopferungsvolle Kampf die der SS-Division »Wiking« sie zu »Blutzeugen« der die stammesverwandten germanischen Völker verbindenden Ideale gemacht hätte, hier das nordische, germanische Europa wiedergeboren sei oder durch ihren Einsatz Erfolge nicht nur auf deutschen, sondern auch auf germanischen Waffen beruhen würden. Von einer gemeinsamen Sicherung Europas gegen die bolschewistische Gefahr wurde hingegen in diesen Beiträgen nicht mehr gesprochen.1130 Angesichts dessen war es nur konsequent, dass die SS-Propagandisten die Germanen der Division »Wiking« im Einsatz weiterhin immer mit den typischen Kennzeichen des politischen Soldaten von der Waffen-SS wie z. B. Härte oder einer unbedingten Pflichterfüllung1131 beschrieben, auf praktische Probleme wie Sprachschwierigkeiten etc. nun aber im Gegensatz zum Vorjahr gar nicht mehr eingingen. Allerdings waren die »Wikinger« nicht die einzigen SS-Angehörigen aus den »germanischen« Ländern, über die in der SS-Propaganda dieser Zeit berichtet wurde. Da ab Ende 1941 auch die SS-Legionen an der Ostfront im Kampfeinsatz standen,1132 kam nun auch diesen in den hier untersuchten Medien eine verstärkte 1126

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Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 136. Umfassende Informationen zu Vorbereitungen und Ablauf der Operation »Blau« liefert Wegner, Krieg, S. 761-1093. Das zeigen die Akten der SS-PK deutlich: So schrieb der »Wiking« begleitende V. Zug der SS-KBA an seine Vorgesetzten: »Schließlich sind wir augenblicklich der einzige Zug der SS-Kriegsberichter Abteilung, der sich voll im Kampfeinsatz [...] befindet und auf dem die ganze Last der Ostberichterstattung ruht«, siehe: Schreiben SS-Untersturmführer Nachrodt, V. Zug SS-PK, an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 14.8.1942, in: BA-MA, RS 4/42. »Kaukasischer Krieg – Kampf im Gebirge«, in: VB 242 v. 30.8.1942, S. 4. »Quer zu den Rollbahnen«, in: VB 258 v. 15.9.1942, S. 3. Über die SS-Division »Wiking« wurde in dieser Zeit auch mehrfach in der WS berichtet, vgl. WS 625 v. 26.8.1942; WS 633 v. 21.10.1942; WS 635 v. 4.11.1942. Vgl. »Ehrung gefallener norwegischer Freiwilliger«, in: VB 273 v. 30.9.1942, S. 1; »Dokumente des Kämpfertums«, in: VB 277 v. 4.10.1942, S. 2; »Germanische Freiwillige stoßen zur Waffen-SS«, in: VB 364 v. 30.12.1942, S. 5; »Rostow heute schon Etappe«, in: VB 257 v. 14.9.1942, S. 2. Vgl. »Rostow heute schon Etappe«, in: VB 257 v. 14.9.1942, S. 2; »Ein Mann zersägt den roten Einbruchskeil«, in: VB 40 v. 9.2.1942, S. 3. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 358, 362, 367, 370 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Aufmerksamkeit zu. Inhalt dieser Berichte waren selbstverständlich nicht deren in der Realität zum Teil recht dürftige Leistungen oder die bei ihnen verbreiteten Disziplinprobleme,1133 vielmehr wurde der Einsatz der niederländischen, flämischen und dänischen SS-Legionen an der Front in der allgemeinen Propaganda zuzurechnenden Beiträgen, aber auch im WMB oder der WS als wertvoller und wichtiger Beitrag dieser Länder zum deutschen Sieg gegen die Sowjetunion dargestellt.1134 Nicht nur in den SS-PK-Berichten,1135 aber gerade hier folgte ihre Darstellung darüber hinaus dem Muster, wie sie auch bei der vollwertigen SSDivision »Wiking« zu beobachten war. Das galt für die Hintergründe ihrer Aufstellung, wo auch hier immer wieder die »germanische Schicksalsverbundenheit«, die hier verwirklichte »Germanitas« wie auch das gemeinsame Blut betont und der Kampf für ein »Neues Europa« und die »germanische Freiheit« angeführt, aber kaum mehr der gemeinsame Schutz Europas genannt wurde.1136 Ebenso wurden auch sie gerade in den SS-PK-Artikeln mit den charakteristischen Eigenschaften des politischen Soldaten wie etwa Kameradschaft, Härte oder unbedingte Pflichterfüllung selbst in aussichtslosen Situationen etc. dargestellt und als vollwertiger Teil der Waffen-SS beschrieben.1137 Somit war es nur konsequent, dass auch ihr Einsatz in der SS-Propaganda als ein »neues germanisches Heldenlied«1138 bezeichnet wurde oder man den Kommandant des Freikorps »Danmark«, Christian von Schalburg, nachdem er 1942 an der Ostfront gefallen war, im SK als »ruhmbedeckten, tapferen germanischen Kämpfer«1139 charakterisierte. Weiter wurde hier über diesen ausgeführt: Viele trauern um diesen Soldaten des Freikorps ›Danmark‹: Die Freiwilligen aus vielen Nationen und seine deutschen Kameraden der Waffen-SS – aber es ist eine stolze Trauer. Elf Monate stand Kamerad von Schalburg im Kampf gegen den Weltfeind. Sein Einsatz und seine Taten werden für alle Zeiten in den Reihen der Waffen-SS ihren Glanz behalten. Er ist im Kampf um die germanische Freiheit gefallen, dieser Kampf war das Ziel seines Lebens. Mit seinem Blut hat er sein Werk gekrönt, ein SS-Mann ohne Furcht und Tadel.1140

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Vgl. hierzu Stein, Geschichte, S. 140 f; Wegner, Armee, S. 104-108. Vgl. etwa »Zweimal Niederlande«, in: VB 341 v. 17.12.1942, S. 3; WS 618 v. 8.7.1942. Nennungen etwa der SS-Legion »Flandern« im WMB erfolgten am 10.2.1942 und 4.3.1942. In DR wurde der Kommandeur des Freikorps Dänemark, Christian von Schalburg, auch abseits der SS-PK-Berichte als tief im Nationalsozialismus verwurzelter Politiker und Soldat gewürdigt, vgl. »Kämpfer für Europa«, in: DR 24 v. 14.6.1942, S. 2 f. Für Informationen zu von Schalburg, der tatsächlich ein fanatischer Anhänger des NS war, vgl. die Angaben in Scharff Smith u. a., Volunteers, S. 79. Andere Bsp. sind: »Ein Jahr SS-Legion Flandern«, in: VB 220 v. 8.8.1942, S. 2; »Freikorps Dänemark reiht sich ein«, in: VB 293 v. 20.10.1942, S. 2. »Leben eines Kämpfers«, in: SK 25 v. 18.6.1942, S. 6 f; »An Europas Schicksalsfront«, in: DAZ 376 v. 7.8.1942, S. 2; »Im Dienste der ›Germanitas‹«, in: DAZ 626 v. 31.12.1942, S. 2. Auf den Schutz Europas geht etwa ein: »Der Kampf der germanischen Freiwilligen«, in: SK 37 v. 10.9.1942, S. 6 f. Vgl. etwa: »Für Germanien«, in: SK 28 v. 9.7.1942, S. 3 f; »Leben eines Kämpfers«, in: SK 25 v. 18.6.1942, S. 6 f; »Ein 19jähriger Niederländer erhält das Ritterkreuz«, in: VB 69 v. 10.3.1943, S. 6. »Der Kampf der germanischen Freiwilligen«, in: SK 37 v. 10.9.1942, S. 6 f, hier: 6. »Leben eines Kämpfers«, in: SK 25 v. 18.6.1942, S. 6 f, hier 7. Ebd.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

439

Über die Volksdeutschen in der Waffen-SS wurde hingegen in den untersuchten Zeitungen allgemein nur spärlich berichtet1141 und wenn, dann meist nur kurz der Beitritt immer neuer Kontingente von SS-»Freiwilligen« aus den volksdeutschen Siedlungsgebieten im Osten Europas vermeldet.1142 In den gleichfalls wenigen, speziell auf sie bezogenen SS-PK-Berichten,1143 die mit dem Eintreffen der neu aufgestellten SS-Kavallerie-Division an der Ostfront im September 1942 einsetzten,1144 wurden sie hingegen grundsätzlich mit den typischen Eigenschaften des politischen Soldaten beschrieben.1145 Das war zwar konsequent angesichts der bisherigen Darstellung dieser Volksdeutschen durch die SS-Propaganda, wo man sie etwa Anfang 1941 als »bestes deutsches Blut« bezeichnet hatte, welches in »schwersten Kämpfen« in »einer feindlichen Welt« gestählt worden sei.1146 Auf der anderen Seite stellte eine solche Darstellung der Volksdeutschen aber eine recht deutliche Abweichung von der Realität dar. Schließlich waren diese zum größten Teil zwangsrekrutiert worden und recht häufig für einen Kriegsdienst ungeeignet. Das wirkte sich auch auf die Leistungsfähigkeit der VD in der WaffenSS aus. So beschwerte sich etwa der Kommandeur der SS-Division »TK«, Eicke, schon beim Eintreffen der ersten dieses »freiwilligen« Nachersatzes über die mangelhafte Eignung dieser Rekruten, Klagen, die auch später immer wieder zu hören waren. 1944 war der Anteil von VD für Hitler sogar ein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit einer SS-Division geworden.1147 Überdies war gegenüber den Volksdeutschen in Waffen-SS wie auch in der WM insgesamt eine nationalistische Arroganz weit verbreitet, da sie oftmals des Deutschen nur schlecht oder gar nicht mächtig waren. Als praktische Folge daraus waren Abwertungen, Beleidigungen und Demütigungen im Umgang mit ihren reichsdeutschen Vorgesetzten und Kameraden so häufig, dass Himmler sich gezwungen sah, sich öffentlich und ausdrücklich auf Seiten der VD in der Waffen-SS zu stellen.1148 Insofern sind insbesondere die Artikel im SK, die von heroischen Glanztaten volksdeutscher SSSoldaten berichten,1149 auch als Teil einer größer angelegten Kampagne zu sehen, 1141 1142

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Vgl. Tabelle 15 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Beispiele wären etwa »Der Kampf der Volksdeutschen für das Reich«, in: VB 298 v. 25.10.1942, S. 3; »Deutsch-rumänische Freiwillige in Wien«, in: DAZ 370 v. 4.8.1943, S. 3; »Die deutsche Volksgruppe in Ungarn«, in: FZ 85 v. 15.2.1943, S. 2. Vgl. Anhang 14. Vgl. »Kavallerie der Waffen-SS«, in: SK 36 v. 3.9.1942, S. 3. Ein Regiment der SS-Kavallerie-Division wurde bei der Neuaufstellung der Einheit 1942 aus Volksdeutschen gebildet, vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 157-164, hier 157 f; Über die aus VD gebildete, ab Oktober 1942 aktive SS-Division »PE« durfte anfangs nicht im Reich berichtet werden, vgl. »Drei Jahre SS-Kriegberichter-Abteilung. Ein Arbeitsbericht, in: BA-MA, RS 4/1157; Klietmann, Waffen-SS, S. 151 f. Vgl. etwa »Spähtrupp im Niemandsland«, in: SK 43 v. 22.10.1942, S. 7; »Die Waffen-SS« in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f; »Arthur Phleps«, in: DR 31 v. 1.8.1943, S. 1. »Im Schatten des Krieges«, in: SK 1 v. 2.1.1941, S. 9. Vgl. Stein, Geschichte, S. 152-157, 172 f. Vgl. Casagrande, Division, S. 184, 218 f, 310, FN 82; Cüppers, Wegbereiter, S. 89. Für Informationen über die allgemein schlechte Behandlung der dem deutschen Volkstum zugerechneten und eingezogenen Bewohner besetzter Gebiete in der WM vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 982-984. Etwa in: »Spähtrupp im Niemandsland«, in: SK 43 v. 22.10.1942, S. 7; »Sie liefen ins Feuer«, in: SK 51 v. 17.12.1942, S. 7 f; »Stellung – Stellung!«, in: SK 5 v. 4.2.1943, S. 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

in der den reichsdeutschen SS-Männern mittels Artikeln wie auch Bildergeschichten1150 vor Augen geführt wurde, dass nicht Bildung oder Sprache, sondern die Rasse einen Deutschen ausmache. Besonders deutlich wurde dies in einem Artikel des SK angesprochen: Aber wenn diese [volksdeutschen Anm. d. Autors] Kameraden mit ihren Sprachschwierigkeiten in eine neue Umgebung kommen, der das Phänomen der fremdsprachigen oder mangelhaft sprechenden Deutschen noch nicht aufgegangen ist, dann werden sie vielleicht verlacht und über die Schulter angesehen, dann fällt wohlmöglich das böse Wort vom »Volkspolacken«, dass sind sie – Kamerad Katschmarek. Und dabei heißt der, der am lautesten lacht, selbst vielleicht weder Seeberg, noch Oberwieser, noch Schmidt oder Bissinger, sondern Krawutzki oder ähnlich, und er hätte allen Anlaß, still und nachdenklich zu sein.1151

Dennoch, schon aufgrund der Selbstsicht der SS, in die ja offiziell nur die »rassisch Besten« Aufnahme finden sollten,1152 ist vorauszusetzen, dass in der SS-Propaganda auch die volksdeutschen SS-Angehörigen grundsätzlich als ihren reichsdeutschen Kameraden gleichwertig dargestellt worden sind. Damit erklärt sich auch, warum die VD in der Waffen-SS in deren Außendarstellung nur so selten als Protagonisten auftraten. Sie sollten offensichtlich von den Lesern gar nicht erst als eine eigene Gruppe wahrgenommen werden. Wie einheitlich die SS im Kriegseinsatz als ein militärisch wie ideologisch elitäres Soldatentum dargestellt wurde, zeigt sich am deutlichsten anhand der Berichterstattung über die Einheiten von Polizei und SD in dieser Zeit. Solche Beiträge waren, nach einer längeren Phase der Nichtberücksichtigung, Anfang 1942 wieder in den Zeitungen aufgetaucht und erreichten phasenweise gar eine recht große Bedeutung in der SS-Propaganda. Insbesondere galt das für die FZ, in der bis 1943 nur dann Artikel der SS-PK über Kampfeinsätze der SS veröffentlicht wurden, wenn sie über Polizeieinheiten berichteten.1153 1150

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Ein gutes Bsp. ist eine im SK veröffentlichte Bildergeschichte, in der ein Soldat der Waffen-SS sich über einen volksdeutschen Kameraden lustig macht, bis er erkennen muss, dass sein Gegenüber ein SS-Führer ist, vgl. »Auch einer«, in: SK 21 v. 27.5.1943, S. 5. »Der unsterbliche Piefke«, in: SK 33 v. 13.8.1942, S. 2. Vgl. Abs. 1.1 dieser Arbeit. Von den insgesamt 13 SS-PK-Artikeln, die zwischen 1940 und 1942 in der FZ erschienen (vgl. Tabelle 5 in Abs. 4.3 dieser Arbeit) beschrieben nur fünf Kampfeinsätze. Bei zweien waren Polizeieinheiten die Protagonisten, vgl. »Feuerschutzpolizeiregiment ›Sachsen‹ im Feindesland«, in: FZ 414 v. 15.8.1940, S. 2; »Die Ordnungspolizei im Kriege«, in: FZ 44 v. 24.1.1941, S. 2. Zwei weitere beschrieben Einsätze der SS-Polizeidivision, vgl. »Ein Kessel wird geschlossen«, in: FZ 239 v. 12.5.1942, S. 2; »Eingekesselt«, in: FZ 298/299 v. 14.6.1942, S. 4. Ein Artikel war dem SD (hier als polizeiähnlich definiert) gewidmet, vgl.: »Das verborgene Kabel«, in: FZ 87 v. 17.2.1942, S. 2. Fünf weitere SS-PK-Artikel behandelten keine Kampfeinsätze, sondern Land und Leute oder den Alltag der Soldaten, vgl.: »Die Umsiedelung«, in: FZ 325 v. 28.6.1941, S. 1 f; »Sewastopol nach dem Fall« in: FZ 338 v. 5.7.1942, S. 2; »Im Ölgebiet von Maikop«, in: FZ 482 v. 21.9.1942, S. 2; »Am anderen Ufer«, in FZ 526 v. 15.10.1942, S. 2; »Die ganz bescheidene Seligkeit«, in: FZ 631 v. 10.12.1942, S. 2. Drei Artikel stellten Propaganda für die Waffen-SS bzw. gegen den Bolschewismus dar und sind, da sie gleichlautend auch in den anderen Tageszeitungen erschienen, als der seltene Ausnahmefall eines zum Abdruck vorgeschriebenen Beitrags der SS-PK anzusehen, vgl. »Die Waffen-SS« in FZ 664 v. 29.12.1940, S. 6; »Der Bolschewik, ein Kämpfer?«, in: FZ 164 v. 30.3.1942, S. 2; »Wir sind bereit«, in: FZ 494 v. 27.9.1942, S. 1.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Abb. 13: Comicstrip aus »Das Schwarze Korps«, Mai 1943, der die Akzeptanzprobleme der Volksdeutschen in der Waffen-SS thematisiert.

Dieses Wiederauftauchen in der NS-Propaganda hatte seine Ursache in der immer größeren Bedeutung, welche die Partisanenbekämpfung im Rahmen der deutschen Kriegsführung ab dieser Zeit bekam. Gerade hier waren insbesondere die SS-Verbände intensiv beteiligt, war doch der RFSS Himmler am 18. August 1942 von Hitler mit dieser Partisanenbekämpfung im Gebiet der Reichskommissariate, also in den besetzten sowjetischen Gebieten hinter der Front, beauftragt worden.1154 Die bald folgenden »Großunternehmungen« gegen weißrussische Partisanen, in denen die beteiligten Heeres-, SS- und Polizeiverbände unzählige Massenmorde an der Zivilbevölkerung begingen, viele Dörfer einäscherten und die Bevölkerung ganzer Landstriche zum Arbeitseinsatz ins Reich verschleppten,1155 wurden dabei, wie es schon an den Ergebnissen der quantitativen Analyse ablesbar war,1156 weitestgehend als militärische Operationen dargestellt. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich waren ja zu Beginn des Krieges die scheußlichen Verbrechen der Verbände von Waffen-SS, Polizei, SD und der Totenkopfstandarten in Polen und den KZs zum Teil noch als arbeitsteiliger Einsatz im übergeordneten Rahmen des Staatsschutzkorps der SS präsentiert worden. Vor allem aber war die Polizei damals noch als Bringer einer besseren, da »deutschen« Ordnung 1154

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Hitler hatte im August 1942 verfügt, dass im Osten im Zivilverwaltungsbereich der SS- und Polizeiapparat die Führung bei der Partisanenbekämpfung übernahm, im Operationsgebiet war dies Aufgabe der WM, allerdings unter massiver Beteiligung der SS- und Polizeiverbände, vgl. dazu Pohl, Herrschaft, S. 283-304; insbes. 287, 296; Cüppers, Wegbereiter, S. 247 f. Vgl. dazu grundlegend Gerlach, Morde, insbes. S. 884-1035; Cüppers, Wegbereiter, S. 252-270. Vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

stilisiert worden.1157 Davon war nun nur noch wenig zu spüren. So tauchten in den Zeitungen schon ab dem Einmarsch in die Sowjetunion Berichte über rein polizeiliche Einsätze in den besetzten Gebieten bis Kriegsende fast gar nicht mehr auf.1158 Methoden der Polizei wurden in den Beiträgen über die Verbände der Schutzpolizei wie auch der »Einsatzgruppen« und »Einsatzkommandos« von SD und Sipo zwar durchaus beschrieben, waren dann aber erkennbar nur Mittel der Illustration und nicht der Kern, der vermittelt werden sollte. Tauchten etwa Aussagen über Verhöre oder die Aufnahme von Zeugenaussagen in den Beiträgen auf, so dienten diese regelmäßig dazu zu erklären, wieso sowjetische Zivilisten gegen deutsche Truppen kämpfen. Dabei behauptete man etwa, die sowjetischen Kommissare würden Müttern ihre Kinder nehmen, um die Frauen zu Aktionen gegen deutsche Truppen zu zwingen.1159 Wie in den damals gültigen Propagandaanweisungen angeordnet wurde also vermittelt, dass die Partisanen entweder zum Kampf gezwungen worden oder Berufsverbrecher seien und von Bolschewisten bzw. Juden geführt würden.1160 Diese Art der Diffamierung war im übrigen Standard der Charakterisierung aller Widerstandsbewegungen in den besetzten Gebieten durch die SS-PK, sei es in Polen, der Sowjetunion, Jugoslawien oder auch Frankreich, ein wesentlicher Unterschied zwischen den Zeitungen oder eine Änderung im Laufe der Zeit ist nicht festzustellen.1161 Weiter unterstrichen wurde diese der deutschen Öffentlichkeit präsentierte Interpretation der Wirklichkeit durch das ebenfalls standardmäßig geschilderte Leid, das die »Banditen« der lokalen Bevölkerung zugefügt hätten. Oft wurde auch auf den Dank der einheimischen Zivilisten für die regelmäßig so genannte »Vernichtung« der Banden durch die SS verwiesen.1162 In diesem Zusammenhang sind auch gelegentliche Erwähnungen einer aktiven Hilfe der Zivilbevölkerung bei der Partisanenbekämpfung zu sehen.1163 Nur in den Berichten über die Tätigkeit des SD tauchte noch das Motiv des arbeitsteiligen Staatsschutzkorps SS auf. Der SD wurde etwa einmal in der DAZ 1157

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Vgl. etwa »Deutsche Polizisten im Kampf gegen polnisches Verbrechertum«, in: VB 49 v. 18.2.1940, S. 4. Festgestellt wurden nur zwei solche Berichte, vgl. »Der einsame Gendamerie-Posten«, in: FZ 436 v. 27.8.1943, S. 1 f; »Der Befund lautet ›Gemeiner Mord!‹«, in: DAZ 340 v. 17.7.1943, S. 2. Vgl. »Im Kampf mit Spionen und Heckenschützen«, in: VB 127 v. 7.5. 1942, S. 2; »Im Bandendorf Os…«, in: FZ 214 v. 28.4.1943, S. 2. Um eine Glorifizierung der sowjetischen Partisanen zu verhindern, war Ende Februar 1942 an die Presse die Anweisung ergangen, von diesen nur als »Banden«, »Heckenschützen« oder »Flintenweiber« zu sprechen, vgl. Boelcke, Krieg, S. 219 (27.2.1942). Vgl. »Im Kampf mit Spionen und Heckenschützen«, in: VB 127 v. 7.5.1942, S. 2; »Ein Tag beim SD im Osten«, in: VB 201 v. 20.7.1942, S. 4. Beispiel für Polen: »Warschau war die Hochburg des Verbrechertums«, in: VB 307 v. 2.11.1940, S. 6. Für Jugoslawien: »Die Banden im Westbalkan«, in: SK 27 v. 8.7.1943, S. 7; »Die balkanische Perspektive«, in: DAZ 10 v. 11.1.1944, S. 1 f. Für Frankreich: »Armee des Verbrechens. Der Terrorismus im Westen«, in DR 18 v. 30.4.1944, S. 2. Vgl. z. B.: »In den Sümpfen«, in: FZ 277 v. 3.6.1942, S. 2; »Eine Frau gegen zwanzig Banditen«, in: VB 223 v. 11.8.1943, S.3; »Die Höhle in der roten Wand«, in: VB 232 v. 19.8.1944, S. 3. Ähnliches hat auch Schröder festgestellt, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 108. Vgl. z. B. »Jugend aus dem Osten im Polizeidienst«, in FZ 67 v. 6.2.1943, S. 4; »Wehrdörfer in Weißruthenien«, in: DAZ 82 v. 23.3.1944, S. 2.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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als Organisation nüchterner Spezialisten charakterisiert, versehen mit der Aufgabe, »alle Störungen des gegenwärtigen geschichtlichen Ringens auszuschalten«, weshalb sie auch die »Aufrechterhaltung der Ruhe in den besetzten und eroberten Gebieten« übernommen hätten. Gerade sie seien gut geeignet, die »störenden Kräfte« zu identifizieren und zu bekämpfen, da sich hier die »alten, in der Kampfzeit […] erprobten Methoden« wieder bewähren würden. Schließlich »seien [es] ja doch jetzt wieder die gleichen Gegner – Judentum und Freimaurerei sowie deren politische Exponenten Bolschewismus und liberalistische Plutokratie, denen sie schon im Kampf um die innere Ordnung des Reiches gegenübergestanden hätten. […] Mit dem sicheren Instinkt des politischen Soldaten […] könnten sie dem Gegner entgegentreten, wie und wo er sich auch immer zeige.«1164 In den allermeisten Fällen bildete den Schwerpunkt der Berichte über den Fronteinsatz der Polizeitruppen aber eine detaillierte Schilderung der Jagd und »Unschädlichmachung« der Partisanen im Rahmen von militärischen Operationen. Dieser Wechsel in der Darstellung der Funktion der Polizeikräfte wurde in einem Artikel der DAZ sogar offen angesprochen. Hier hieß es ausdrücklich, an der Front seien diese nun eine Truppenpolizei, welche im Kampf mit Banden im Osten ihren Mann zu stehen habe. Schulter an Schulter mit Wehrmacht und Waffen-SS brächte sie ihr Blutsopfer für die Geburt des neuen Europas.1165 Wurden die Einsätze der Polizeitruppen somit nun grundsätzlich als militärisch charakterisiert, so war es nur folgerichtig, dass auch die Polizisten in der SSPropaganda nach Art der Waffen-SS beschrieben wurden. Tatsächlich erschien auch der Einsatz der Polizisten in den Zeitungen als äußerst vielseitig, gezeigt anhand von Einsätzen im Sumpf, Wald, aber auch Hochgebirge oder im Häuserkampf. Dabei wurde die Pflicht immer erfüllt, gleich welche Härte die Polizisten schon aufgrund von Kälte oder tückischem Gelände zeigen mussten.1166 Ebenso wurden ihre Gegner mit den gleichen Merkmalen wie die der Waffen-SS-Einheiten beschrieben. Zwar fand auch hier immer eine Abwertung statt, dennoch war auch der Kampf der Polizeitruppen militärisch äußerst anspruchsvoll, etwa weil sich der Feind gut an das Gelände anzupassen verstand, personell gewaltig überlegen war oder gar aus regulären sowjetischen Elitetruppen bestand.1167 Dennoch, die Polizisten erschienen aufgrund ihrer immer wieder betonten besonderen Erfahrung als wahre Spezialisten für diese Art Kampf1168 und konnten so immer 1164

1165

1166

1167

1168

»Im politischen Auftrag des Reiches«, in: DAZ 262 v. 2.6.1943, S. 1 f. Hier werden offensichtlich Sonderkommandos des SD beschrieben. Zumindest war es deren Aufgabe in der Sowjetunion, vor Beginn der Operationen festgelegte Objekte wie Material oder Archive von reichs- oder staatsfeindlichen Organisationen, Verbänden, Gruppen etc. sowie besonders wichtige Einzelpersonen sicherzustellen, vgl. Wildt, Generation, S. 542. Vgl. »Deutschlands Polizei vollkommen gewandelt«, in DAZ 458 v. 24.9.1942, S. 3. Diese Einsätze hatten tatsächlich einen militärähnlichen Charakter, vgl. Curilla, Ordnungspolizei, S. 744. Vgl. z. B.: »In den Sümpfen«, in: FZ 277 v. 3.6.1942, S. 2; »Polizei marschiert im Osten«, in: FZ 25 v. 14.1.1943, S. 2; »Im Bandendorf Os…«, in: FZ 214 v. 28.4.1943, S. 2; »Die tapferen Füße«, in: DAZ 434 v. 10.9.1942, S. 2. Vgl. etwa: »Polizei stürmt ein Heckenschützenlager«, in: VB 45 v. 14.2.1942, S. 1; »Sagen wir die Hälfte«, in: DAZ 368 v. 3.8.1943, S. 2. Diese Darstellungsweise findet sich auch in einem Bericht der WS über den Einsatz der Polizei an der Front, vgl. WS 607 v. 22.4.1942. Vgl. »Bei Nacht und Nebel«, in: SK 6 v. 10.2.1944, S. 8.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

wieder einen wichtigen Beitrag zum angestrebten »Endsieg« leisten, was etwa dadurch verdeutlicht wurde, dass sie mit ihrem Einsatz einen »Dolchstoß« in den Rücken der deutschen Soldaten verhindert hätten.1169. Die einheitliche Darstellung aller SS-Männer in der NS-Propaganda ging sogar so weit, dass auch den Polizisten dieselben heldischen Qualitäten wie den Soldaten der Frontverbände der Waffen-SS angedichtet wurden. So wurde etwa im VB berichtet, dass Polizeieinheiten im Einsatz gegen »Banditen« auch gegen überraschend auftauchende sowjetische Fallschirmjäger, die ihnen an Zahl und Ausrüstung weit überlegen gewesen seien, durch ihren Willen zu einer unbedingten Pflichterfüllung erfolgreich geblieben waren.1170 In einem anderen Bericht führte ausdrücklich die von den Polizisten gezeigte Todesverachtung zu einem Sieg in einem erbitterten Nahkampf »um jede Handbreit Boden«.1171 Sogar Selbstopfer von Polizisten zur Erringung des Sieges in diesem »Bandenkampf« wurden beschrieben: An den Holzstoß gepresst decken sie die Ausweichbewegungen ihrer Kameraden. Hoffnungslos ist ihre Lage, aber sie harren aus, bis die letzte Kugel den Lauf verlassen, die letzte Handgranate krepiert ist. Dann erheben sie sich, fassen das Gewehr am Lauf und schlagen mit den Kolben auf die auf sie einstürmenden wutverzerrten Sowjets ein. Doch die Übermacht ist zu groß. Von allen Seiten bedrängt, werden sie überwältigt. Der heldenmütige Kampf dieser fünf Kameraden hat den bolschewistischen Angriff aufgehalten und ihm die letzte Kraft genommen.1172

Ähnlich drastisch wie dieser Artikel aus der FZ ist eine im VB veröffentlichte Beschreibung der Befreiung einer Polizeieinheit aus sowjetischer »Umklammerung« durch ihre Kameraden. Letztere hätten sich um ein Sturmgeschütz geschart, sich »gleich einem Geleitzug« durch feindbesetztes Land vorgekämpft, dabei Feinde »zerrissen« und mit »beispiellosem Draufgängertum« »Tod und Verderben« gebracht. Am Schluss stand das Urteil des »Oberkommandierenden«: »Ihr Helden…«1173 Solche »Helden« generierte die SS-Propaganda noch öfter aus der Bekämpfung von Aufstandsbewegungen bzw. aus Massenverbrechen. So stand die »Säuberung der Pripet-Sümpfe« gleichberechtigt in einer Aufzählung der Einsätze Hermann Fegeleins, die zu der Verleihung des Eichenlaubs an ihn geführt hatten.1174 Ebenso wurde im SK die Niederkämpfung des Warschauer Aufstandes 1944 eine »heldenhafte Haltung« der dort eingesetzten Polizisten beschrieben, welche gleich ihrem Kommandanten Heinz Reinefarth, einen »rücksichtslosen persönlichen Einsatz« gezeigt hätten.1175 Das wurde auch im RK-Bericht des SK für den berüchtigten Oskar Dirlewanger herausgestellt, ebenso auch, dass seine Einheit sich 1169 1170 1171 1172 1173 1174

1175

Vgl. »Der Kampf gegen die Partisanen«, in: DAZ 77 v. 14.2.1942, S. 2. Vgl. »Die Höhle in der roten Wand«, in: VB 232 v. 19.8.1944, S. 3. »Polizei stürmt ein Heckenschützenlager«, in: VB 45/46 v. 14./15.2.1942, S. 1. »Bis zur letzten Patrone«, in: FZ 226 v. 5.5.1943, S. 1. »Polizeibataillon entsetzt eine Stadt«, in: VB 171/172 v. 20./21.6.1942, S. 3. »Der Reiter Hermann Fegelein«, in: SK 3 v. 21.1.1943, S. 6 f., hier 6. Für Informationen zu den von Fegelein zu verantwortenden Mordaktionen der SS-Kavallerie-Division bzw. der SS-Brigaden vgl. Cüppers, Wegbereiter, S. 137-175, 262-269; Riess, Fegelein, S. 165-167. »Das Eichenlaub für SS-Gruppenführer Reinefarth«, in: SK 46 v. 16.11.1944, S. 3.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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so »erfolgreich« gegen bolschewistische Banden geschlagen hätte, dass die Sowjets einen hohen »Kopfpreis« auf diesen ausgesetzt hätten.1176 Auf den ersten Blick erstaunlich ist, dass in dieser Art von Berichterstattung das verbrecherische, gnadenlose Vorgehen der SS-Truppen gegen die »Banditen« z. T. ganz offen beschrieben worden ist. Dies lässt sich aber recht gut erklären: Zum einen dürfte die Orientierung der Darstellung an den Merkmalen des politischen Soldaten von der Waffen-SS eine Rolle gespielt haben, zum anderen war dies wohl auch der im Reich weitverbreiteten Kenntnis über den wahren Charakter dieser Einsätze geschuldet:1177 So wurde etwa in der WS Anfang Mai 1942 ausdrücklich hervorgehoben, dass die von SS-Einheiten gefangenen »Banditen« keine Gnade zu erwarten hätten.1178 In einem in der gleichen Zeit an prominenter Stelle in DR veröffentlichen Bericht über den Kampf von »Einsatzgruppen« des SD und Sipo gegen »Sowjet-Banden« wurden nicht nur pauschal alle Zivilisten, ausdrücklich auch Frauen und Kinder, zu Feinden erklärt, sondern auch mehrfach betont, man hätte keinen der Gegner entkommen gelassen und überdies zur Abschreckung deren Dörfer »mit Mann und Maus in Brand und Feuer ausgetilgt«.1179 Selbst Polizeieinheiten im Kriegseinsatz wurden also nach dem für die SS-PK üblichen Schema dargestellt. Dennoch konnten natürlich die hochgerüsteten SSKerndivisionen am besten zum elitären Image der Waffen-SS beitragen. Das zeigte sich deutlich, als diese zu Beginn des folgenden Jahres 1943 wieder an die Front zurückkehrten. d) DIE TRUMPFKARTE DES FÜHRERS: VON CHARKOW 1943 BIS ZUM FRÜHJAHR 1944

Die Rückeroberung von Charkow im März 1943 durch die SS-Divisionen »LAH«, »TK« und »DR«1180 markiert zugleich den Beginn der Phase des Krieges, in der die Propaganda um die Waffen-SS ihre größte Bedeutung in den hier untersuchten Medien erreichte. Das war nach der Forschungslage zu erwarten gewesen und hat sich bereits im Rahmen der quantitativen Analyse bestätigt.1181 Liest man in den Zeitungen, wird schnell deutlich, dass die Waffen-SS nun mehr und mehr als der Hoffnungsträger auf einen siegreichen Ausgang des Krieges präsentiert worden ist. 1176

1177 1178 1179

1180 1181

»Der Führer verlieh das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes an: Oskar Dirlewanger«, in: SK 46 v. 16.11.1944, S. 3. Zum Charakter und den Untaten der SS-Einheit Dirlewangers vgl. Michaelis, Rolf: Das SS-Sonderkommando Dirlewanger. Ein Beispiel deutscher Besatzungspolitik in Weißrussland. Berlin 1999. Vgl. Steinert, Krieg, S. 252-257. Vgl. WS 610 v. 13.5.1942. »Bandenkrieg im Niemandsland«, in: DR 18 v. 3.5.1942, S. 3 f. Wegen der zeitlichen Nähe könnte dieser Artikel ein Ergebnis der hier erwähnten, von dem Chef der Gestapo, Heydrich, befohlenen Berichterstattung über die Tätigkeit der Einsatzgruppen sein, vgl. Abs. 3.1.e) dieser Arbeit. Ähnlich grausam ist die Beschreibung auch in »Die Feuerprobe« in SK 17 v. 29.4.1943, S. 7. Hier wird beschrieben, wie »Banditen« vom SD in ihrem Versteck verbrannt worden seien, weil sie sich nicht hatten ergeben wollen. Anderes Bsp.: »Der Kampf gegen die Partisanen. Sicherheitspolizei und SD heben ein Dorf aus«, in: DAZ 77 v. 14.2.1942, S. 2. Vgl. für eine Darstellung wie auch eine Einordnung in die Gesamtlage: Wegner, Krieg, S. 1075-1082. Vgl. die Abs. 3.5.a) und 4.3 dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Den Hintergrund hierfür hat bereits Leleu erkannt und erläutert: Die WaffenSS wurde in der NS-Propaganda nun noch deutlicher als vorbildlich dargestellt. Dies ging darauf zurück, dass die SS-PK den Einsatz der SS an der Front von Anfang an und durchgehend als besonders hart, rücksichtslos wie auch todesverachtend charakterisiert hatte. Gerade das sollte in dem nun verkündeten »Totalen Krieg« nach dem Willen des RMVP ein generelles Kennzeichen des deutschen Kampfes in der Darstellung der Medien des Reiches werden. Da man so etwas bezüglich der Waffen-SS schon lange Jahre behauptet hatte, konnte an ihrem Beispiel am Besten demonstriert werden, dass verwirklichte kämpferische Ideale des NS einen »Endsieg« doch noch möglich machen würden. Die Folge war, dass einzelne ihrer Angehörigen wie etwa der SS-General Sepp Dietrich nun noch deutlicher in der Propaganda hervorgehoben wurden, aber auch die ganze WaffenSS bis Kriegsende mehr und mehr als neue militärische Elite einer verwirklichten Volksgemeinschaft präsentiert wurde.1182 Wenn die praktische Ausgestaltung dieser Punkte im Folgenden detaillierter ausgeführt wird, dann auch, um den Erkenntnissen Leleus das bisher nicht gegebene Fundament einer Untersuchung der zeitgenössischen Propaganda um die Waffen-SS zu geben. Tatsächlich wurde schon die in der NS-Propaganda groß herausgestellte Wiedereroberung von Charkow1183 Anfang 1943, entsprechend dem Willen Hitlers,1184 der Waffen-SS zugeschrieben. Dies lässt sich alleine schon an den Meldungen des WMB dieser Zeit ablesen: Hier wurde der Rückzug der SS-Divisionen aus Charkow nicht erwähnt, sondern am 18. Februar lediglich davon gesprochen, dass »unsere Truppen« die Stadt geräumt hätten.1185 Sobald jedoch die Wehrmacht wieder auf die Stadt vorrückte, wurde die Rolle der Waffen-SS stets hervorgehoben.1186 Die Rückeroberung von Charkow selbst wurde dann in einer Sondermeldung als alleiniger Erfolg der Verbände der Waffen-SS dargestellt.1187 Die nachfolgenden Belobigungen durch das Regime sprengten dann endgültig jedes Maß und waren mit den tatsächlichen Taten der SS-Truppen kaum noch zu erklären: So wurden an die Angehörigen der beteiligten SS-Verbände »LAH«, »DR« und »TK« im Ganzen 29 Ritterkreuze aller Stufen verliehen,1188 was schon allein dafür sorgte, dass der Sieg der Waffen-SS in Charkow durch im Ganzen 28 in den hier untersuchten Zeitungen veröffentlichten RK-Berichte1189 noch Monate später immer wieder in der Presse ein Thema war.1190 Dazu kamen zwanzig SS-PK1182 1183

1184 1185 1186

1187 1188 1189 1190

Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 667-677. Die groß angelegte Propagandakampagne um diesen Sieg sollte der im Reich verbreiteten Niedergeschlagenheit nach der Niederlage von Stalingrad entgegenwirken, vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 667 f. Für Details zu dieser Schlacht vgl. Schwarz, Stabilisierung, insbes. S. 285-328. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. WMB v. 18.2.1943. In den WMB zwischen dem 7.3. und dem 12.3. ist stets von im Raum Charkow aktiven »Truppen des Heeres und der Waffen-SS« die Rede, vgl. WMB v. 7.3.1943; WMB v. 11.3.1943; WMB v. 12.3.1943. Vgl. WMB v. 15.3.1943. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 244. Vgl. Anhang 28. Diese RK-Berichte erschienen vom 18.3.1943 bis zum 10.6.1943, also fast drei Monate lang, vgl. »Hohe Auszeichnung bewährter Heerführer«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 1; »Neuer Eichenlaubträger in der Waffen-SS«, in: VB 161 v. 10.6.1943, S. 1.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Berichte,1191 aber auch in allen Zeitungen abgedruckte offizielle Meldungen des DNB über das Ereignis, in denen ebenso fast nur die Taten der beteiligten SSDivisionen herausgestellt wurden.1192 Auch in der Wochenschau wurde den ganzen März 1943 über die in und um Charkow siegreichen SS-Verbände berichtet. Auf dem Höhepunkt Mitte des Monats war sogar ein gutes Drittel der Wochenschau diesem Erfolg der Waffen-SS gewidmet.1193 Dass hingegen für diesen Erfolg auch Operationen des Heeres, etwa durch die Division »GD« im Umfeld der Stadt, entscheidend gewesen waren, fand erst weit später seinen Weg in die deutschen Medien.1194 Diese offensichtliche Bevorzugung der Waffen-SS bedeutete für sich allein aber keine neue Qualität in der NS-Propaganda, sondern war hier ja schon seit der Winterkrise 1941/42 immer wieder zu beobachten gewesen. Was die Kampagne um die Einnahme von Charkow besonders macht, war die hier erstmals erkennbare neue Rolle, welche der Waffen-SS in der NS-Propaganda nun zukam. Ab dieser Zeit wurde sie der Öffentlichkeit als eine Art Geheimwaffe des Regimes zur Führung erfolgreicher Angriffsoperationen präsentiert, womit sich die wichtige Rolle, welche die Panzerverbände der Waffen-SS in den Planungen Hitlers tatsächlich einnahmen,1195 auch in der Berichterstattung der hier untersuchten Medien abbildete. Dabei wurde der Erfolg in Charkow etwa im VB voreilig als »Wende des Kampfes«1196 bezeichnet. Noch bezeichnender ist die Darstellung des neugeschaffenen SS-Panzerkorps als eine Art personifizierte Lehre aus der Winterkrise in einem im Juni 1943 auf Seite Eins des VB veröffentlichten Artikel der SS-PK. Hier wurde dieses SS-Panzerkorps, in bemerkenswerter Übereinstimmung mit der tatsächlich für sie vorgesehene Rolle,1197 sogar als strategische Reserve des Reiches bezeichnet: Die 2000-Kilometer-Front mit ihren vielen Brennpunkten […] fordert gebieterisch das schnelle, einsatzstarke Instrument, das überall dort anzuwenden ist, wo das Unvorhergesehene den Erfolg in Frage zu stellen droht. Nicht allein als Reserve oder als ausschließlich offensive Kraft, sondern zu universeller Verwendung müssen starke 1191 1192

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Vgl. Anhang 28. Vgl. etwa »Das Ringen um den Roten Platz. Wie Charkow gestürmt wurde«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 6; »Die Winterschlacht bei Charkow«, in: VB 109 v. 19.4.1943, S. 3; »Wie Charkow zurückerobert wurde«, in: DAZ 127 v. 16.3.1943, S. 2. »Charkow«, in: FZ 137 v. 16.3.1943, S. 3. Die WS v. 24.3.1943 zeigte bei einer Gesamtlänge von knapp 24 Minuten über 7 Minuten lang den Vormarsch der Waffen-SS auf Charkow wie auch die Einnahme der Stadt, vgl. WS 655 v. 24.3.1943. Das Ereignis wurde auch behandelt in: WS 653 v. 10.3.1943; WS 654 v. 17.3.143; WS 656 v. 31.3.1943. Mitte April wurde in einer Überblicksdarstellung des DNB erstmals eine entscheidende Rolle auch der Division »GD« in der Schlacht bei Charkow erwähnt, vgl. »Die Winterschlacht um Charkow«, in: VB 109 v. 19.4.1943, S. 3. Am 9. Mai hieß es dann in DR: »Die Division Großdeutschland hatte den entscheidenden Flankenvorstoß geführt, der die bolschewistische Front von Norden eindrückte und die Vorbedingungen für die Wiedereinnahme von Charkow schuf.«, siehe »Walter Hoernlein«, in: DR 19 v. 9.5.1943, S. 1. Eine solche Art der Darstellung bezeichnete Goebbels selbst zu diesem Zeitpunkt als »Geschichtsklitterung« des Heeres zuungunsten der Leibstandarte, gegen die auch Hitler protestiere, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 266 (10.5.1943). Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 546 f. »Bis zum Sieg«, in: VB 111 v. 21.4.1943, S. 1 f, hier 1. Ebenso: »Ungewissheit und Sieg«, in: DR 15 v. 11.4.1943, S. 5. Vgl. Abs. 1.4 dieser Arbeit.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Verbände greifbar sein, die vom Typus des SS-Panzerkorps sind. Sie scheinen heute das unerlässliche Kompensationsmittel, die entscheidende Trumpfkarte in der Hand der höchsten Führung, das »letzte Bataillon« auf einem jeden Kriegsschauplatz zu sein, von dessen Schlagkraft das größere Schicksal bestimmt ist. Der Süden, Charkow: das ist die bestandene Probe.1198

Ebenso drängt sich auch beim Lesen der umfassenden Berichterstattung der SSPK über »Zitadelle«,1199 die wochenlang vorbereitete Operation zur Rückereroberung des Gebietes um Kursk im Juli 1943,1200 der Eindruck auf, dass auch diese nach ihrem Abschluss hauptsächlich als Sieg des SS-Panzerkorps präsentiert werden sollte und nicht, wie Uziel es darstellt, allein die besseren Kurierverbindungen der SS-PK für deren umfassende Berichterstattung über dieses Ereignis in den damaligen Medien verantwortlich zu machen sind:1201 Zwar mögen diese besseren Kurierverbindungen am Anfang ein Faktor gewesen sein, denn in den ersten Tagen der Schlacht wurden die recht dürren Meldungen des WMB in VB und DAZ fast exklusiv von den Schilderungen der SS-Propaganda untermalt.1202 Aber auch später wurden fast täglich nicht nur in SS-PK-Artikeln, sondern auch in DNB-Meldungen neue Details von den Kämpfen des SS-Panzerkorps veröffentlicht.1203 Darin wurde immer wieder und fast gleichlautend eine entscheidende Rolle der Waffen-SS in dieser Schlacht behauptet. So waren es die SS-Panzergrenadiere, welche die »stählerne Spitze des Angriffs«1204 gebildet hätten, denen ein »heldenhaften Anteil« am Aufbrechen der sowjetischen Stellungen zugeschrieben wurde,1205 die immer wieder auf Nachbardivisionen warten hätten müssen1206 oder welche die schwersten Tage bereits hinter sich hätten.1207 Aber auch in der anschließenden Phase der unaufhörlichen Rückzüge der WM1208 war die Waffen-SS in der Darstellung der SS-PK wie auch der deutschen Propaganda insgesamt immer wieder die entscheidende Kraft im Abwehrringen.

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»SS-Panzerkorps«, in: VB 155 v. 4.6.1943, S. 1 f, hier: 2. Vgl. Anhang 28. Für Details zum Einsatz von SS-Verbänden in dieser Schlacht vgl. Töppel, Kursk, S. 373-378; ebd., Legendenbildung, S. 381-387. Vgl.Uziel, Warriors, S. 314. Dieser stützt sich auf eine Aussage Goebbels in seinem Tagebuch, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/8, S. 164 f (26.7.1943). So stammt der erste hier im VB festgestellte PK-Bericht von der Schlacht von der SS-PK, unter der Hauptüberschrift »Schwere Panzerschlachten im Raum Bjelgorod-Orel« hieß es dort auf Seite 1: »SS-Panzerkorps im Gegenangriff«, vgl. VB 190 v. 9.7.1943, S. 1. Siehe neben den nachfolgend genannten auch: »Der deutsche Gegenangriff zwischen Bjelgorod und Kursk«, in: DAZ 325 v. 9.7.1943, S. 1; »Nächtliches Heerlager vor Bjelgorod«, in: VB 191 v. 10.7.1943, S. 2; »Die ersten 48 Stunden«, in: DAZ 334 v. 14.7.1943, S. 2; »Der Aufbruch zum Gegenangriff«, in: FZ 345 v. 9.7.1943, S. 2; »In der Materialschlacht bei Bjelgorod«, in: VB 196 v. 15.7.1943, S. 3; »Ostschlacht weitet sich aus«, in: DAZ 339 v. 17.7.1943, S. 1; »Zwischen Bjelgorod und Orel«, in: DR 29 v. 18.7.1943, S. 1; »Am vierten Tage«, in: SK 30 v. 29.7.1943, S. 3. »Abgeschossen, ausgebootet, gerettet«, in: VB 195 v. 14.7.1943, S. 3. »Hinein in die feindlichen Linien«, in: SK 28 v. 15.7.1943, S. 3. Vgl. »SS-Panzerkorps im Gegenangriff« , in: VB 190 v. 9.7.1943, S. 1. Vgl. »Die sechste Kompanie«, in: VB 194 v. 13.7.1943, S. 3. Für einen allgemeinen Überblick über die Kämpfe an der Ostfront dieser Kriegsphase vgl. Frieser, Rückzug, passim; ebd., Rückzugsoperationen, passim.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Gerade die SS-Verbände wären die Spezialkräfte gewesen, welche in den Berichten, auch ausdrücklich als »Feuerwehr der Ostfront«1209, in Frontlücken geworfen wurden, gegen eine gewaltige Übermacht zu halten hatten, WM-Einheiten den Ausbruch aus einem Kessel ermöglichten oder mit ihren Gegenangriffen dem Feind enorme Verluste zufügten.1210 Schilderungen wie die nachfolgende waren nun mehr und mehr typisch für die Darstellung der Waffen-SS in der deutschen Propaganda: In zehn ehernen Wochen führte der Weg der Erfolge von Bjelgorod zum Mius und vom Mius nach Charkow, abzulesen an Einsätzen, die mehr als einmal eine Wende der großen Schlacht bedeuteten. Hier wurde die gefährliche Spitze eines feindlichen Einbruchs abgebrochen, dort eine Rollbahn freigekämpft, die fünf gefährdeten deutschen Divisionen den Weg ins Leben wieder aufriß. Von den Fahrzeugen warfen sich die Kompanien in die Schlacht und wendeten den Zeiger der Stunde, die auf Niederlage zu stehen schienen.1211

Auch im WMB häuften sich nun Meldungen über herausragende Taten von SSVerbänden,1212 dazu hieß es hier nun regelmäßig, »Verbände des Heeres und der Waffen-SS« hätten herauszuhebende Aktionen durchgeführt, was natürlich ebenso gut geeignet war, die Bedeutung der Waffen-SS für die Gesamtkriegsführung über Gebühr zu betonen.1213 Gleiches ist auch bezüglich der nun standardmäßigen Berücksichtigung der Waffen-SS in nahezu allen Ausgaben der WS anzunehmen.1214 Der Waffen-SS kam zudem zugute, dass man in der deutschen Propaganda schon vor der Operation »Zitadelle« dauerhaft dazu übergegangen war, die Schlachten der WM als defensiven Kampf zu charakterisieren. Um das Volk zu beruhigen und dessen Erwartungen zu minimieren, wurden hier nun die Vorteile einer elastischen Verteidigung in den Mittelpunkt gestellt.1215 Auf diese Weise könnten dem Feind möglichst große Verluste zugefügt und so die Voraussetzung für einen bald wieder beginnenden deutschen Vormarsch geschaffen werden.1216

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»Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. So bestand laut dem VB schon im August 1943 eine anrückende Verstärkung aus »Panzer und Waffen-SS, Stukas und Kampfflieger«, siehe »Sowjetische Übermacht im Gegenstoß geworfen«, in: VB 217 v. 5.8.1943, S. 1. Andere Beispiele: »SS-Grenadiere im Osten«, in: VB 229 v. 17.8.1943, S. 3; »Deutsche Gegenstöße westlich Charkow vereiteln Umfassungsversuche der Sowjets«, in: VB 243 v. 31.8.1943, S. 1; »Die Nachhut«, in: DAZ 493 v. 15.10.1943, S. 2; »Stoß auf die Rollbahn Nord«, in: VB 329 v. 25.11.1943, S. 6; »Um die entscheidende Straße«, in: VB 341 v. 7.12.1943. »Das Eichenlaub für SS-Gruppenführer Kluge«, in: SK 38 v. 23.9.1943, S. 6. Allein im Jahr 1943 wurden im WMB 38 Mal Taten ausdrücklich der Waffen-SS zugeschrieben, vgl. Cerff, Waffen-SS, S. 38-58. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 662. Soweit feststellbar, wurden in allen WS ab Ausgabe 651 v. 24.2.1943 die Waffen-SS in ein oder der anderen Weise erwähnt. Ausnahmen sind nur die WS 685 v. 20.10.1943; WS 687 v. 3.11.1943; WS 703 v. 23.2.1944; WS 734 v. 27.9.1944; WS 736 v. 11.10.1944. Vgl. Baird, World, S. 217 f. Wobei Hitler möglichst große Verluste der Sowjets tatsächlich als Schlüssel für einen deutschen Sieg sah, vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 956 f. Wie sehr diese sowjetischen Verluste immer wieder im Mittelpunkt der deutschen Propaganda standen zeigt Schröder, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 118.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Unter diesen Voraussetzungen musste der ja als besonders rücksichtslos und hart beschriebene Einsatz der SS-Verbände als besonders vorbildlich erscheinen. Dazu gleich mehr. Aber auch generell folgte aus der Verwendung zumindest der Kerndivisionen der Waffen-SS als Eingreifreserve tatsächlich immer wieder ihr Einsatz in den Brennpunkten der Front,1217 was natürlich ebenso verstärkt zu Berichten über sie Anlass gab. Beides begünstigte sicher, dass schon zeitgenössisch der Eindruck entstand, die Waffen-SS sei die entscheidende »Feuerwehr« der Ostfront. Damit ist der Ansicht Leleus beizupflichten, der hinter der Herausstellung der Erfolge der Waffen-SS auch nach dem Erfolg von Charkow die gleiche moralerhaltende Funktion wie bei der Propaganda um die V-Waffen oder dem Atlantikwall vermutete.1218 Darüber hinaus wurden auch auf dem Feld der Rüstungspropaganda die Erfolge der Waffen-SS in dieser Zeit genutzt, um die Moral der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Gerade hier bestand Handlungsbedarf, denn infolge der Niederlage von Stalingrad drohten sich die schon seit dem Kriegseintritt der USA im deutschen Volk bestehenden Befürchtungen um die gewaltige materielle Überlegenheit der Alliierten weiter zu verstärken. Eine Gegenmaßnahme, psychologisch besonders geschickt und lange erfolgreich, war die Anfang 1943 angestoßene und bis Kriegsende fortgeführte Kampagne um den baldigen Einsatz neuer kriegsentscheidender deutscher Waffen, die später sogenannten »V-Waffen«.1219 Schon zuvor hatte die Effektivität der alliierten Propaganda um deren technische und wirtschaftliche Überlegenheit Goebbels dazu veranlasst, diese Parolen mit einer Kampagne um Neuentwicklungen oder Verbesserungen deutscher Waffen zu kontern.1220 Teil dieser Propaganda war die besondere Herausstellung des Panzers »Tiger«,1221 dessen Existenz der deutschen Öffentlichkeit ab April 1943 plötzlich als »Spitzenleistung der Rüstungsindustrie« und »der stärkste Kampfwagen der Welt«1222 bekannt gemacht wurde, obwohl er schon seit September 1942 an der Ostfront und später in Afrika bei Heereseinheiten im Einsatz gewesen war.1223 Veranschaulicht wurde die Schlagkraft des »Tigers« zuerst in der Nachschau der Erfolge der neuaufgestellten schweren Panzerkompanien der SS-Divisionen »LAH«, »TK« und »DR«1224 sowie die der Division »GD« in und um Charkow. So hieß es im April 1943 auf einmal in den Zeitungen: 1217 1218 1219

1220 1221

1222

1223 1224

Vgl. Abs. 1.4 dieser Arbeit. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 669 f. Vgl. dazu: Hölsken, V-Waffen, S. 93-114. Gerade hier spielte der SS-Kriegsberichter Hans Schwarz van Berk eine wichtige Rolle, vgl. ebd., S. 96-102. Zu der Person Schwarz van Berks vgl. Abs. 3.3.b) dieser Arbeit. Vgl. Boelcke, Krieg, S. 295 f (24.10.1942);Uziel, Warriors, S. 305-311. Vgl. Müller, Speer, S. 693, Hölsken, V-Waffen, S. 93. Selbst in der NS-Propaganda wurde in einer späteren Rückschau auf die Leistungen der deutschen Waffenentwicklung u. a. der »Tiger« in eine Reihe mit den V-Waffen gestellt, vgl. »Wege der Bomben«, in: DR 50 v. 10.12.1944, S. 3 f. »Der neue deutsche Panzer ›Tiger‹«, in: FZ 198 v. 17.4.1943, S. 1. Ebenso: »Der ›Tiger‹ ist sprungbereit«, in: VB 107 v. 17.4.1943, S. 3. Vgl. Ford, Tiger-Panzer, S. 13, 63-66. Diesen drei SS-Divisionen war im November 1942 die Aufstellung einer schweren Panzerkompanie mit jeweils neun »Tigern« genehmigt worden, vgl. Ford, Tiger-Panzer, S. 48 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

451

Der neue deutsche Panzer »Tiger« wurde im Osten zum ersten Male entscheidend im Kampf um Charkow eingesetzt und hatte wesentlichen Anteil an der Zerschlagung des erbitterten feindlichen Widerstandes und der schnellen Rückgewinnung der Stadt. Die Bolschewisten versuchten, die in das Innere der Stadt führende nordöstliche Einfahrtstraße durch schwere und schwerste Kampfwagen zu sperren und den Angriff der SS-Panzergrenadiere aufzuhalten. Ein »Tiger« griff ein und nahm den Kampf mit den zahlreichen Sowjetpanzern auf.1225

In der Propaganda um die Operation »Zitadelle« hatte der »Tiger« eine sogar noch viel stärkere Bedeutung. Er war nun fester Bestandteil nahezu jedes SS-PK-Berichtes über diese Schlacht1226 und wurde dabei als geradezu unzerstörbar und den sowjetischen T 34-Panzern gewaltig überlegen dargestellt.1227 Auch danach wurde in den SS-PK-Artikeln immer wieder deutlich auf den Bestand an Fahrzeugen, Artillerie und »Tigern« bei den schließlich sieben SS-Panzerdivisionen1228 verwiesen.1229 Obwohl diese nun enorm gestiegene Feuerkraft tatsächlich ein wichtiger Faktor für ihre Erfolge gewesen ist,1230 bedeutet das jedoch nicht, dass die Ausrüstung der SS-Divisionen oder ihre rein militärische Schlagkraft nun auch den Mittelpunkt der Propaganda um sie gebildet hätte. Vielmehr blieben insbesondere in der Darstellung der SS-PK-Journalisten die weltanschaulichen Qualitäten der Waffen-SS entscheidend für ihren Erfolg. Gerade in dieser Kriegsphase hatten diese Berichte aber mit ihren realistisch anmutenden Gefechtsschilderungen die höchste Wichtigkeit für das Bild der Waffen-SS in der Bevölkerung. Dies nicht nur, weil sie nunmehr einen bedeutenden Teil der gesamten PK-Berichterstattung darstellten und allein schon deshalb gut geeignet waren, einen falschen Eindruck von dem 1225

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»Der ›Tiger‹ im Angriff«, in: FZ 202 v. 20.4.1943, S. 1 f. Erstmals im Zusammenhang mit der WaffenSS erwähnt wurde er schon am 11.4.1943, vgl. »Ungewissheit und Sieg«, in: DR 15 v. 11.4.1943, S. 5. Ein Bezug zum Erfolg der SS in Charkow wurde danach noch einige Male hergestellt, vgl. z.B: »Generaloberst Guderian auf einem ›Tiger‹«, in: VB 120 v. 30.4.1943, S. 3. Auch die Division »GD« in dieser Weise herausgestellt, vgl. etwa: »Tiger von [sic] Belogrod«, in: FZ 200 v. 18.4.1943, S. 1 f; »Ein Jahr Infanteriedivision ›Großdeutschland‹«, in: VB 192 v. 22.4.1943, S. 2. Vgl. etwa: »SS-Panzerkorps im Gegenangriff« , in: VB 190 v. 9.7.1943, S. 1; »Nächtliches Heerlager vor Bjelgorod«, in: VB 191 v. 10.7.1943, S. 2; »Abgeschossen, ausgebootet, gerettet«, in: VB 195 v. 14.7.1943, S. 3; »Die ersten 48 Stunden«, in: DAZ 334 v. 14.7.1943, S. 2; »In der Materialschlacht bei Bjelgorod«, in: VB 196 v. 15.7.1943, S. 3; »›Schaffen wir leicht!‹«, in: SK 28 v. 15.7.1943, S. 6; »›Tiger‹Schlacht in der Steppe«, in: VB 198 v. 17.7.1943, S. 3; »Aus der Panzerschlacht zwischen Bjelgorod und Orel«, in: VB 201 v. 20.7.1943, S. 3; »Der Stoß über den Panzergraben«, in: FZ 344 v. 9.7.1943, S. 1 f. Die Tiger der Waffen-SS waren in dieser Zeit auch in der WS zu sehen, vgl. WS 672 v. 21.7.1943. In einem SS-PK-Artikel wird von einer Panzerschlacht berichtet, in der 23 T 34-Panzer der Roten Armee, aber, wegen ihrer starken Panzerung, kein einziger »Tiger« zerstört wurde, vgl. »›Tiger‹Schlacht in der Steppe«, in: VB 198 v. 17.7.1943, S. 3. Ebenso: »Unsere panzerbrechenden Waffen«, in: DAZ 335 v. 15.7.1943, S. 2; »Das große Panzersterben«, in: VB 205 v. 24.7.1943, S. 3. Wie falsch diese Darstellung war, zeigt Hahn vgl. ebd., Waffen, S. 56 f. Es handelte sich dabei um die SS-Divisionen »LAH«, »DR«, »TK«, »HJ«, »Wiking«, »Hohenstaufen« und »Frundsberg«, vgl. Stein, Geschichte, S. 187. Vgl. etwa »Der Damm«, in: SK 40 v. 7.10.1943, S. 6; »1000 Panzer in 35 Tagen«, in: VB 241 v. 29.8.1943, S. 2; »Der große Irrtum«, in: VB 333 v. 29.11.1943, S. 6; »›Brigade wird abgelöst‹«, in: VB 10 v. 10.1.1944, S. 1; »Tigerkommandant Untersturmführer Wittmann«, in: VB 24 v. 24.1.1944, S. 3; WS 681 v. 22.9.1943. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 729.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Abb. 14: Beispiel der Propaganda um die Bewaffnung der Waffen-SS : General Heinz Guderian auf einem Tiger der Waffen-SS, »Völkischer Beobachter«, 1943.

tatsächlichen militärischen Gewicht der SS-Verbände zu geben,1231 es gelang der SS-PK überdies auch weiterhin, ihre Artikel immer wieder besonders zeitnah in den Tageszeitungen unterzubringen.1232 Damit waren es oftmals SS-Kriegsberichte, welche die Bevölkerung als erste und dann besonders intensiv über Details gerade geschlagener Schlachten zu informieren vorgaben. Dort wurde weiterhin gerade die Erbarmungslosigkeit der SS-Truppen gegenüber ihren Gegnern als die entscheidende Grundlage ihrer außergewöhnlichen Siege geschildert. Beschönigt wurde dieses Vorgehen etwa als »vollkommenes Bild

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1232

Vgl. Tabelle 6 bis 9 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Zeitweise erschienen nun etwa im VB bis zu vier SSPK-Artikel in einer Ausgabe, so etwa am 18.3.1943: vgl. »Hohe Auszeichnung bewährter Heerführer«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Kampf und Sieg bei Losowaja«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 3; »Das Ringen um den Roten Platz. Wie Charkow gestürmt wurde«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 6. So erschien schon am 14. März 1943, am Tag der endgültigen Einnahme der Stadt, in der Morgenausgabe der DAZ ein Bericht über das Eindringen der SS-Panzergrenadiere in Charkow, der VB folgte einen Tag später, allerdings mit einem Bericht, der lediglich den Beginn dieser deutschen Offensive schildert. Vgl. »SS-Panzer-Grenadiere dringen in Charkow ein«, in: DAZ 125 v. 14.3.1943, S. 2; »Der Grenadier und der totale Krieg«, in: VB 74 v. 15.3.1943, S. 1 f. Für Daten siehe: Klietmann, Waffen-SS, S. 79. Auch in der Berichterstattung über die Schlacht von Kursk war das, wie schon erwähnt, zu beobachten.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

453

unerbittlichen Willens«1233 oder, den Vorgaben des RMVP entsprechend,1234 als notwendige Maßnahme zum Schutz der westlichen Zivilisation gegen die »bolschewistischen Horden«.1235 Beschreibungen extremer Gewalt und ihrer Folgen, ohnehin generell Kennzeichen der SS-PK-Berichte, steigerten sich dabei mitunter zu Szenen geradezu apokalyptischen Schreckens. So schossen die SS-Männer in den Berichten freudestrahlend ihre Gegner »zu Klumpen«1236, ihre Feinde lagen mit »gespaltenen Schädeln und gebrochenen Augen«1237 an der Seite. Den Weg des Vormarschs der SS-Truppen säumten, mit einem Sinn für Details beschriebene, Leichenfelder,1238 »Stahl fährt in Fleisch, Heulen und Brüllen geht im pausenlosen Rattern der Nahkampfwaffen unter«1239 und so weiter und so fort.1240 Der Sinn solcher Darstellungen lag so erkennbar nicht nur darin, den Erfolg der SS-Truppen zu veranschaulichen, sondern darüber hinaus gerade die nach ideologischen Prinzipien kämpfende Waffen-SS als den »Schrecken der Feinde«1241 zu charakterisieren. Aber auch die andere Seite des ideologischen Härtekultes der SS, das »den Tod nehmen«, wurde gerade in dieser Zeit bemerkenswert deutlich in den Berichten thematisiert. Es bildeten sich offenbar die weit verbreiteten Gerüchte im Reich über hohe Verluste der Waffen-SS ab,1242 wenn man etwa davon sprach, dass sie in ihren besonders schwierigen Kampfaufträgen schwere Blutopfer gebracht hätten, ihre Panzerbesatzungen »niedergemäht« worden seien oder berichtet wurde, dass SS-Soldaten sich oft schon vor dem Einsatz ihres Todes gewiss wären.1243 Obwohl im SK auch mal ganz unideologisch konstatiert wurde, dass aufgrund ihres rücksichtslosen Einsatzes sich Stoßarmeen nun mal rasch abnützen würden,1244 wurde 1233 1234 1235

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»›Ein verdammt heißes Eisen‹«, in: SK 31 v. 5.8.1943, S. 6. Vgl. Baird, World, S. 192-194. »Bis zum Sieg«, in: VB 111 v. 21.4.1943, S. 1 f; Ähnlich z. B. auch: »Das Eichenlaub für SS-Standartenführer Witt«, in: SK 13 v. 1.4.1943, S. 6 f, hier: 7; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f. »Wir jagen sie wieder«, in: VB 76 v. 17.3.1943, S. 3. »Kampf und Sieg bei Losowaja«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 3. Ähnlich auch: »Kampf ohne Gnade«, in: VB 85 v. 26.3.1943, S. 3. Vgl. »Die wilde, verwegene Jagd«, in: SK 12 v. 25.3.1943, S. 7. »Die Nacht am Panzergraben«, in: SK 13 v. 1.4.1943, S. 6 f, hier: 7. Vgl. als ähnliche Beispiele: »Die sechste Kompanie«, in: VB 194 v. 13.7.1943, S. 3; »Das große Panzersterben«, in: VB 205 v. 24.7.1943, S. 3; »Der entscheidende Stoß«, in: SK 30 v. 29.7.1943, S. 6 f; »Mut und Entschlussfreudigkeit führen zum Erfolg«, in: DAZ 420 v. 2.9.1943, S. 2; »Der große Irrtum«, in: VB 333 v. 29.11.1943, S. 6. »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2. Ähnlich auch etwa: »Der entscheidende Stoß«, in: SK 30 v. 29.7.1943, S. 6 f.; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f. So erwähnt der hier schon zitierte Bericht des SD über die Haltung der Bevölkerung zur Waffen-SS aus dem März 1942 eine weit verbreitete Annahme, dass die Waffen-SS besonders große Verluste habe, vgl. »Stimmung zur Waffen-SS« v. 6.3.1942, in: BA-B, NS 19/1430, pag. S. 2-4, hier: 3. Vgl. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f; »Ungewissheit und Sieg«, in: DR 15 v. 11.4. 1943, S. 5; »Die Nacht am Panzergraben«, in: SK 13 v. 1.4.1943, S. 6 f; » ›Ich bin allein…‹«, in: SK 18 v. 6.5.1943, S. 6; »SS-Panzerkorps im Gegenangriff« , in: VB 190 v. 9.7.1943, S. 1; »Die ersten 48 Stunden«, in: DAZ 334 v. 14.7.1943, S. 2; »Um die entscheidende Straße«, in: VB 341 v. 7.12.1943, S. 1 f. Vgl. »Das harte Gesetz«, in: SK 19 v. 13.5.1943, S. 6 f; »Der innere Befehl«, in: SK 20 v. 20.5.1943, S. 7.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

dieser hohe Blutzoll durch die SS-Propaganda insgesamt weiterhin vor allem als Zeichen einer unbedingten Pflichterfüllung präsentiert.1245 Damit erfüllte diese Art der Berichterstattung der SS-PK zudem, wie von Leleu angenommen, im besonderen Maße die damals aktuelle Forderung des RMVP nach einer »realistischen Härte« in den Berichten.1246 Wie sehr das den gewollten Ton in der Propaganda traf, zeigen insbesondere immer vorkommende Charakterisierungen eines solchen Vorgehens als notwendige Maßnahme im Rahmen des »Totalen Krieges«1247 in den SS-PK-Berichten. Auf der anderen Seite waren nun selbst in den PK-Berichten der WM verstärkt Geschichten zu finden, die in ihrer schonungslosen Überhöhung des Todes auch der eigenen Soldaten bisher Spezialität der SS-Propaganda gewesen waren.1248 Dennoch blieb gerade die Waffen-SS in der NS-Propaganda die vorbildliche Organisation politischer Soldaten, die nun merkbar als der deutschen Volksgemeinschaft besonders verbunden präsentiert wurde.1249 So wurden nun etwa ihre hart erkämpften Erfolge der Heimat als Ansporn präsentiert, alle Einschränkungen des »Totalen Krieges« freudig zu ertragen.1250 Das von ihr gezeigte Opfer wurde als Beispiel eines wahrhaftigen NS präsentiert,1251 oder es hieß, die »LAH« opfere alles für den Sieg, denn sie trage »den Namen des Führers nicht nur am Ärmelstreifen, sondern noch sichtbarer im Herzen.«1252 Überhaupt wurde die feste Verknüpfung der SS-Truppen mit den Idealen und der Geschichte der NS-Bewegung nun allgemein stark betont. Das betraf die immer wieder in den Berichten über die Waffen-SS zu findenden Verweise auf die Verdienste der SS in der »Kampfzeit« wie auch beim Aufbau des NS-Staates.1253 Dazu trat nun eine zuweilen ausführliche Schilderung der Parteikarriere und der 1245

1246 1247

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1251 1252 1253

Etwa in: »Kampf ohne Gnade«, in: VB 85 v. 26.3.1943, S. 3; »Bis zum Sieg«, in: VB 111 v. 21.4.1943, S. 1 f; Das harte Gesetz«, in: SK 19 v. 13.5.1943, S. 6 f; »Das Profil des Grenadiers«, in: VB 247 v. 4.9.1943, S. 1 f; »Sein letzter Befehl«, in: SK 51 v. 23.12.1943, S. 7; »Generale berichten über den Durchbruch«, in: DAZ 52 v. 22.2.1944, S. 1. Leleu, Waffen-SS, S. 671. Vgl. etwa: »Der Grenadier und der totale Krieg«, in: VB 74 v. 15.3.1943, S. 1 f. Der Bezug zum »totalen Krieg« wurde auch durch die WM-PK in dieser Zeit immer wieder hergestellt, vgl. Schröder, Kriegsbericht, S. 103-105. So auch Schröder, Kriegsbericht, S. 101 f. So brachte die DAZ einen PK-Bericht über einen Heeressoldaten, der sich tödlich verwundet solange auf den Beinen hielt, bis er pflichtgemäß seine Meldung überbracht hatte, vgl. »Mitten im Feind«, in: DAZ 384 v. 12.8.1943, S. 2. Ein weiterer PK-Bericht beschrieb ein Gefecht von 43 rumänischen Soldaten gegen eine gewaltige Übermacht an sowjetischen Soldaten. Ihre Leichen seien später in einem Halbkreis unzähliger toter Bolschewisten gefunden worden, vgl. »Die Schwadron Tomida antwortet nicht mehr«, in: DAZ 434 v. 10.9.1943, S. 2. So auch Leleu, Waffen-SS, S. 672-674. Vgl. etwa den Artikel: »Bis zum Sieg«, in: VB 111 v. 21.4.1943, S. 1 f. Bemerkenswert in dieser Hinsicht ist auch die am 15.3. 1943 in der DAZ abgedruckte Tagesparole: »Wie das Heldentum von Stalingrad, so ist auch die Rückeroberung von Charkow ein kategorischer Imperativ für alle, der kämpfenden Front nachzueifern«, siehe DAZ 126 v. 15.3.1943, S. 1. Vgl. »Die Front Vorbild der Opferbereitschaft«, in: VB 133 v. 13.5.1943, S. 2. »SS-Panzerkorps im Gegenangriff«, in: VB 190 v. 9.7.1943, S. 1. Vgl. etwa: »Die Front spricht zur deutschen Jugend«, in: VB 139 v. 19.5.1943, S. 6; »Ostwärts Charkow«, in: DAZ 131 v. 18.3.1943, S. 1; »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f; »Die Schwerter für Sepp Dietrich«, in: SK 12 v. 25.3.1943, S. 6; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

455

meist einfachen Herkunft in Berichten über neue RK-Träger der Waffen-SS. Damit wurde deutlich auf eine vermeintliche Errungenschaft des NS, die für alle gleiche Chance eines sozialen Aufstiegs, verwiesen.1254 In die gleiche Richtung wiesen auch die nun häufigen Verweise auf die vorgeblich bei der Waffen-SS herrschenden, besonderen Kameradschaft.1255 In der SS-Kriegspropaganda wurde diese besondere Kameradschaft mitunter sogar zu einer Voraussetzung der außergewöhnlichen Erfolge der Waffen-SS: »Das enge kameradschaftliche Band, das Führer, Unterführer und Mann von jeher umschloß, ließ zwischen ihnen eine Atmosphäre eigener Art entstehen, die sie zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben befähigte.«1256 Auf die Spitze getrieben wurde das aber im Falle von Sepp Dietrich, der ab dieser Zeit geradezu als Sinnbild von Kameradschaft, als ein »Vater seiner jungen Freiwilligen, ein jugendlicher Freund seiner SS-Führer«1257 dargestellt wurde. Damit immer eng verbunden waren Verweise auf seine außergewöhnlichen militärischen Fähigkeiten, seine einfache Herkunft und seinem besonderen Treueverhältnis zu Hitler. Dieser war dennoch keineswegs der einzige hohe SS-Offizier, der in dieser Weise als Beispiel der Vereinigung höchster militärischer wie politischer Eigenschaften präsentiert wurde. Vielmehr war es nun geradezu üblich, bei Verleihungen der höchsten Stufen des RK an Kommandeure von SS-Verbänden explizit auf deren tiefe Verwurzelung im NS zu verweisen bzw. die durch sie verwirklichten NS-Ideale wie etwa einer besonderen Fürsorge für ihre Untergebenen, also wiederum Kameradschaft, herauszustellen.1258 Überdies wurden diese Ehrungen der SS-Kommandeure oftmals ausdrücklich als eine Würdigung der ihnen unterstellten SS-Verbände dargestellt. Eindringlich 1254

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Vgl. etwa: »Hohe Auszeichnung bewährter Heerführer«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Ritterkreuz für erfolgreiche Bekämpfung von Panzern«, in: VB 92 v. 2.4.1943, S. 2; »Wiederholt vorm Feind ausgezeichnet«, in: VB 93 v. 3.4.1943, S. 3; »SS-Obersturmbannführer Kumm erhielt das Eichenlaub«, in: VB 100 v. 10.4.1943, S. 1; »Das Eichenlaub«, in: FZ 184 v. 10.4.1943, S. 1; »Ritterkreuz für SS-Hauptsturmführer Weiss«, in: SK 39 v. 30.9.1943, S. 6; »Eichenlaub für SS-Obersturmbannführer Albert Frey«, in: VB 13 v. 13.1.1944, S. 2. So stürmten laut den Berichten selbst höchste SS-Führer den eigenen Truppen oftmals voran, vgl. etwa: »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Die Nacht am Panzergraben«, in: SK 13 v. 1.4.1943, S. 6 f; »Der trigonometrische Punkt«, in: SK 14 v. 8.4.1943, S. 6 f.; »Nächtliches Heerlager vor Bjelgorod«, in: VB 191 v. 10.7.1943, S. 2; »Die ersten 48 Stunden«, in: DAZ 334 v. 14.7.1943, S. 2; »Der Stoß über den Panzergraben«, in: FZ 344 v. 9.7.1943, S. 1 f; »Im Brückenkopf von Tarnopol«, in: DAZ 107 v. 18.4.1944, S. 6. »Ostwärts Charkow«, in: DAZ 131 v. 18.3.1943, S. 1. »Sepp Dietrich«, in: DR 12 v. 21.3.1943, S. 1. Ähnlich auch: »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Sepp Dietrich beim Führer«, in: VB 93 v. 3.4.1943, S. 3; SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich«, in: VB 129 v. 17.3.1943, S. 2; »Die Schwerter für Sepp Dietrich«, in: SK 12 v. 25.3.1943, S. 6. So etwa nach der Verleihung des Eichenlaubs an Hausser, wo im VB auf dessen SA-Karriere verwiesen wurde, vgl. »Das Eichenlaub für SS-Obergruppenführer Haußer«, in: VB 212 v. 31.7.1943, S. 1. Im SK wurde Hausser als lebendiges Beispiel eines politischen Soldaten bezeichnet, vgl. »SSObergruppenführer Hausser«, in: SK 34 v. 26.8.1943, S. 6 f, hier: 7. Ein anderes Beispiel ist Arthur Phleps, der im SK als »Papa Phleps« charakterisiert wurde, da er seine Untergebenen genau kenne und um ihre Sorgen und Nöte wisse, vgl. »Ritterkreuz für SS-Obergruppenführer Phleps«, in: SK 32 v. 12.8.1943, S. 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

führte das SK diesen Aspekt etwa in dem Bericht anlässlich der Verleihung des Eichenlaubs an den Kommandeur der SS-Division »DR«, Walter Krüger, aus: »Um ihn herum versammelt steht eine ruhmreiche Division, die in sechs Monaten seine Züge angenommen hat. Sie alle sind mit der hohen Ehrung ihres Kommandeurs dem Urteil und Gewissen der Heimat vorgestellt, der sie Schutz und Zuversicht zugleich sind.«1259 Auch generell gingen mit diesen Verweisen auf die NS-Ideologie nun ganz offen Beschreibungen von ausdrücklich höchsten militärischen Fähigkeiten der SS-Verbände einher, etwa wenn in einem offiziellen Bericht anlässlich des zehnjährigen Bestehens der »LAH« diese als Truppe präsentiert wurde, »die weltanschaulich und militärisch ein Höchstmaß an Können erreicht«.1260 Oder es wurde explizit ausgeführt, dass der in der Waffen-SS versammelte, revolutionäre Typus des todbereiten politischen Soldaten besonders hart, fanatisch und instinktiv kämpfen würde: Das sich aus ihrer politischen Tradition ergebende fanatische Kämpfertum, ihre Härte und Widerstandskraft haben sie [die SS-Verbände, Anm. d. Autors] in diesem schwersten Waffengang die härtesten Bewährungsproben bestehen lassen. Unvergänglichen Waffenruhm haben sie auf den Schlachtfeldern im Osten an ihre Fahnen geheftet.1261

Gerade bei ihr sei das Einzelkämpfertum besonders hoch entwickelt, wodurch insbesondere die Waffen-SS auch einer erdrückenden Übermacht des Feindes an Mensch und Material trotzen könne. Mit dieser Schlagkraft sei es aber auch gerade sie, die in die gegnerischen Massen hereinstoße, um diese mit schnellen, harten Schlägen schließlich zu vernichten.1262 Auch insgesamt waren es nun oftmals Soldaten der Waffen-SS, an deren Beispiel in Wort und Bild die Rolle des deutschen Soldaten »als Garant des deutschen Sieges« den Volksgenossen vor Augen geführt wurde.1263 Das beste Beispiel aber dafür, wie sehr nun gerade die SS-Männer, oftmals ganz unabhängig vom tatsächlichen Geschehen, in der NS-Propaganda als Symbol der Überlegenheit des NS präsentiert und an ihrem Beispiel demonstriert wurde, dass gelebte nationalsozialistische Werte auch unüberwindbare erscheinende Schwierigkeiten zu meistern in der Lage seien, ist die Medienkampagne um die Befreiung des italienischen »Duce« Benito Mussolini aus dem Berghotel »Campo Imperatore« im Gebirgszug Gran Sasso am 12. September 1943, auch bekannt unter dem 1259 1260

1261 1262

1263

»Das Eichenlaub für SS-Gruppenführer Krüger«, in: SK 38 v. 23.9.1943, S. 6. »Zehn Jahre Leibstandarte SS Adolf Hitler«, in: VB 78 v. 19.3.1943, S. 1. Auch in: DAZ 131 v. 18.3.1943, S. 1; FZ 142 v. 18.3.1943, S. 2. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier: 2. Vgl. ebd. Auch z. B. in: »Sepp Dietrich und seine Soldaten«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 2; »Kampf und Sieg bei Losowaja«, in: VB 77 v. 18.3.1943, S. 3; »SS-Panzerkorps«, in: VB 155 v. 4.6.1943, S. 1 f, hier: 1; »Der Angriffskeil«, in: SK 11 v. 18.3.1943, S. 3; »Das harte Gesetz«, in: SK 19 v. 13.5.1943, S. 6 f.; »Das große Panzersterben«, in: VB 205 v. 24.7.1943, S. 3; »Nahkampf am Mussolini-Kanal«, in: VB 79 v. 19.3.1944, S. 3. Vgl. etwa: »Der deutsche Soldat – Garant des Sieges«, in: VB 97 v. 7.4.1943, S. 3; VB 85 v. 26.3.1943, S. 3; DAZ 159 v. 3.4.1943, S. 4; »›Gegen den Feind‹«, in: DAZ 173 v. 11.4.1943, S. 8; Der unbekannte Grenadier«, in: SK 15 v. 15.4.1943, S. 1; »Männer gegen Massen«, in: SK 31 v. 5.8.1943, S. 3.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

457

Namen »Unternehmen Eiche«. Gerade weil hier viele der bislang angesprochenen Aspekte geradezu gebündelt auftraten, soll im Folgenden detaillierter auf die Propaganda um dieses Ereignis eingegangen werden. Dieses Unternehmen war angesichts der damaligen Lage in Italien nach dem Sturz des »Duce«, der Kapitulation des Landes und der Besetzung durch deutsche Truppen1264 von größter Wichtigkeit für die NS-Propaganda und wurde in den hier untersuchten Medien dementsprechend groß herausgestellt.1265 Dabei war der tatsächliche Ablauf der Aktion an sich wenig geeignet, um die Schutzstaffel und die von ihr repräsentierten Werte zu glorifizieren. Schließlich waren es deutsche Fallschirmjäger unter dem Kommando des Luftwaffen-Generals Kurt Student, welche die Aktion zur Befreiung des »Duce« durchführten. Der SS-Hauptsturmführer Otto Skorzeny nahm hingegen nur als Berater an der Spitze eines kleinen SS-Kommandos an der Aktion teil und war ohne Kommandobefugnis. Da jedoch der von Skorzeny benutzte Lastensegler vor den anderen und nur wenige Meter vom Hotel entfernt landete, gelang es ihm, als Erster Mussolini zu erreichen. Heldenmut erforderte dies jedoch nicht, denn die italienischen Bewacher des »Duce«, die Befehl hatten nicht zu schießen, ergaben sich unmittelbar nach der deutschen Landung kampflos. Viel bemerkenswerter an dem Unternehmen war, dass den deutschen Piloten die nicht für möglich gehaltene Landung auf dem schmalen Bergplateau gelungen war. Dennoch schlüpfte Skorzeny noch auf dem Berg in die Rolle des »Duce«-Befreiers. So spielte er sich als Beschützer Mussolinis auf, posierte entsprechend für die Kameras und bestand sogar darauf, diesen beim Flug vom Berg herunter zu begleiten. Er ließ es sich sogar nicht nehmen, Mussolini persönlich Hitler zu überstellen.1266 Auch wenn offenbar kein Journalist der SS-PK vor Ort gewesen ist,1267 wäre es dennoch falsch, nur die Geltungssucht Skorzenys als Hintergrund für diese Verdrehung der Fakten zu vermuten.1268 Ebenso wenig weist die Art und Weise der damaligen Berichterstattung darauf hin, dass Himmler diesen SS-Mann zum Helden auserkoren hatte, um der SS den alleinigen Ruhm für diese Befreiung zu sichern.1269 Viel wahrscheinlicher ist, dass dieser SS-Mann deshalb bald auch offiziell als Befreier des »Duce« gefeiert wurde, weil der von ihm geschilderte Ablauf der Aktion genau die Botschaften beinhaltete, welche auch das NS-Regime zu dieser Zeit verbreiten wollte. 1264

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Für Hintergründe siehe: Schröder, Kriegsaustritt, S. 196-325. Für eine Darstellung der NS-Propaganda zwischen dem Sturz Mussolinis und Errichtung der faschistischen Republik vgl. Goetzinger, Italien, passim. Die Befreiung war etwa an vier aufeinanderfolgenden Tagen der Hauptaufmacher des VB, vgl. »Ereignis von größter politischer Tragweite«, in: VB 257 v. 14.9.1943, S. 1; »Wie der Duce befreit wurde«, in: VB 258 v. 15.9.1943, S. 1; »Mit dem Fieseler Storch vom Gran Sasso geholt«, in: VB 259 v. 16.9.1943, S. 1; »Skorzeny und seine Männer«, in: VB 260 v. 17.9.1943, S. 1. Hitler und auch Goebbels waren laut dem Tagebuch Goebbels tatsächlich von der Aktion begeistert, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/9, S. 500 f. (13.9.1943); S. 503 f (14.9.1943); S. 509 (15.9.1943); Domarus, Hitler, S. 2040 (12.9.1943). Vgl. Schröder, Kriegsaustritt, S. 320-324; Milza, Mussolini, S. 834 f. Zumindest stammen alle aufgefundenen Bilder von der Aktion von Kriegsberichtern der Luftwaffe, vgl. etwa: DAZ 447 v. 18.9.1943, S. 1; BIZ 39 v. 30.9.1943, Titelblatt. So stellt es Schröder dar, vgl. ebd., Kriegsaustritt, S. 324. So die Sichtweise von Westemeier, vgl. ebd., Krieger, S. 256.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Schließlich war dieses waghalsige Kommandounternehmen schon grundsätzlich gut geeignet, den sich nun häufenden Niederlagen des Reiches allgemein und dem Abfall Italiens im Besonderen einen außergewöhnlichen Erfolg entgegenzusetzen und damit der Welt die weiterhin gegebene militärische Leistungsfähigkeit der WM vor Augen zu führen.1270 Zudem konnte so der gerade verkündeten Kapitulation der neuen italienischen Regierung unter Pietro Badoligo, die dem deutschen Volk als heimtückischer Verrat präsentiert worden war, symbolisch die unverbrüchliche Treue zwischen Führer und Duce entgegengestellt werden.1271 Schließlich hatte Hitler erst kurz zuvor in seiner Rede vom 10. September diese Treue öffentlich bekräftigt, seine Freundschaft zu Mussolini herausgestellt und behauptet, er sei nur wegen seinem besonderen Verhältnis zum »Duce« ein Bündnis mit Italien eingegangen.1272 Dass auch der »Führer« nun seine Treue durch diese Befreiungstat bewiesen hatte, bedeutete so auch einen Imagegewinn für das NS-Regime.1273 Unter dieser Voraussetzung war ein SS-Mann zweifellos am Besten geeignet, um gleichsam als Werkzeug Hitlers bei der Umsetzung dieser Treuepflicht zu dienen. Deshalb war Skorzeny von nun an »der Befreier des Duce«,1274 wurde umgehend mit dem RK ausgezeichnet und noch lange Zeit später in groß angelegten Propagandaauftritten1275 vom Volk umjubelt. Dabei beschrieb dieser SSFührer gelegentlich sogar ausdrücklich seine Tat als Beispiel der verwirklichten Treue Hitlers.1276 Ebenso wurde auch von Anfang an in den offiziellen Verlautba1270

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So die Argumentation von Goebbels in seinem Tagebuch, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/9, S. 523 (17.9.1943). Zumindest im Reich scheint dies auch erreicht worden zu sein. So meldete der SD am 16.9.1943: »Die Art und Weise wie die zunächst als kritisch angesehene Situation von der deutschen Führung gemeistert wurde, ist als Zeichen für die deutsche Wendigkeit und Stärke und die ungeschwächte Schlagkraft der deutschen Wehrmacht angesehen worden.« Siehe: Boberach, Meldungen, S. 5770 (16.9.1943). Vgl. Goetzinger, Italien, S. 161-165; Baird, World, S. 207-213. Vgl. Domarus, Hitler, S. 2035-2039, insbes. 2035 f. So schrieb Goebbels in sein Tagebuch: »Daß der Führer sich so eindeutig auch durch die Tat für seinen Freund Mussolini eingesetzt hat, hat ihm und der deutschen WM sehr viele Sympathien erneuert und zurückgewonnen.«, Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/9, S. 503 (14.9.1943). S. 512. Vgl. dazu auch Domarus, Hitler, S. 2040 (12.9.1943). Beispielhaft dafür steht die Behandlung der ersten Meldung über die Befreiung Mussolinis auf der ersten Seite des VB: Links werden die Waffenstillstandsbedingungen des »Feiglings Badoglio« verächtlich gemacht und als das »ehrloseste Dokument aller Zeiten« bezeichnet, rechts von der Befreiung Mussolinis berichtet. Überschrift hier: »Der Führer hat dem Duce sein Wort gehalten«, vgl. VB 257 v. 14.9.1943, S. 1. »Der Befreier des Duce«, in: DAZ 444 v. 16.9.1943, S. 1; »Der Befreier des Duce: SS-Sturmbannführer Otto Skorzeny«, in: VB 265 v. 22.9.1943, S. 1. Skorzeny trat etwa Anfang Oktober im Berliner Sportpalast mit Goebbels auf und verlieh Kriegsverdienstkreuze an verdiente Landwirte, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/10, S. 51 f (4.10.1943). So referierte Skorzeney im Auftrag des RMVP Anfang 1944 in Berlin zum Thema »Treue« und beschrieb dabei die Befreiung Mussolinis folgendermaßen: »Seine Befreiung gab, wie der Redner [Skorzeny, Anm. d. Autors] sich ausdrückte, dem Begriff der politischen Treue einen ganz neuen Sinn. Denn hier ging es für den Führer nicht allein um selbstverständliche Bundestreue, sondern um die Notwendigkeit, einen ins Unglück geratenen Freund und Kampfgenossen nicht im Stich zu lassen.« Siehe: »Der Duce-Befreier über seine Tat«, in: DAZ 28 v. 29.1.1944, S. 5.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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rungen des Reiches stets behauptet, dass der Schwarze Orden an führender Stelle an der Befreiungsaktion beteiligt gewesen sei. So wurde schon in der Sondermeldung wie auch in allen Berichten des DNB über den Handstreich der SD und auch die Waffen-SS stets besonders hervorgehoben,1277 ebenso wie die sofort verliehenen hohen Auszeichnungen an die »beteiligten Männer des Sicherheitsdienstes der [sic] Waffen-SS und der Fallschirmtruppe« gingen.1278 In dem ersten ausführlichen Bericht des DNB wurde es sogar so dargestellt, als hätte Skorzeny Mussolini quasi im Alleingang und in einer Art Western-Manier befreit: Hier hieß es etwa, dass Skorzeny mit Maschinengewehren bewaffnete Karabinieri durch einen Sprung von einer hohen Mauer so überrascht habe, dass sie »erschreckt und völlig verwirrt« sich sofort ergeben hätten. Oder dass er vor der endgültigen Befreiung des »Duce« es noch mit Bewachern der italienischen Geheimpolizei zu tun bekommen haben soll, die erst durch seine SS-Männer gewaltsam ausgeschaltet hätten werden müssen. Höhepunkt war die wörtlich wiedergegebene Meldung Skorzenys vor dem »Duce« und dessen Antwort, der die Rolle des SS-Offiziers als Werkzeug Hitlers offen zutage treten lässt: »Duce, der Führer schickt mich, um sie zu befreien. Sie stehen jetzt unter meinem Schutz. Ich hoffe, daß alles glückt.« Der Duce trat wortlos auf ihn zu und umarmte ihn aufs tiefste bewegt. Dann sagte er: »Ich habe es geahnt und nie daran gezweifelt, daß der Führer alles tun wird und mich hier wieder herausholt.« 1279

Die Fallschirmtruppen wurden hier nur ganz am Rande als »Verstärkung« erwähnt. War die Glorifizierung Skorzenys somit tatsächlich keineswegs das Werk der SS-Propaganda,1280 so lieferte dennoch die SS-PK einen der wichtigsten Beiträge für die Verknüpfung dieser Aktion mit der Waffen-SS: Wenige Tage nach dem Ereignis führte der SS-Kriegsberichter Robert Krötz ein Interview mit Skorzeny, welches über die Agentur NSK verbreitet und offenbar reichsweit auf den Titelseiten der Tageszeitungen erschien.1281 Hier wurde das Gelingen des Unternehmens nicht nur abermals als Ergebnis der Planungen und vor allem der entschlossenen Führung Skorzenys beschrieben, sondern überdies als »Maßstab tapferen und treuen SS-Geistes« bezeichnet und seine »hervorragende Tapferkeit im Verein mit besonderen politischen und menschlichen Fähigkeiten« bejubelt. 1277

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Vgl. »Ereignis größter politischer Tragweite. Der Führer hat dem Duce sein Wort gehalten«, in: VB 257 v. 14.9.1943, S. 1. Hier findet sich auch der Wortlaut dieser Sondermeldung. Weitere Meldungen: »Wie der Duce befreit wurde«, in: VB 258 v. 15.9.1943, S. 1, auch in: DAZ 439 v. 14.9.1943, S. 1. Siehe auch: »USA.-Juden suchen britische Prügelknaben«, in: VB 262 v. 19.9.1943, S. 1. So auch die Darstellung in der WS, vgl. WS 681 v. 22.9.1943. »Hohe Auszeichnung für die Befreier«, in: DAZ 439 v. 14.9.1943, S. 1. Siehe auch: »Ereignis größter politischer Tragweite. Der Führer hat dem Duce sein Wort gehalten«, in: VB 257 v. 14.9.1943, S. 1. Weitere Meldungen: »Wie der Duce befreit wurde«, in: VB 258 v. 15.9.1943, S. 1, auch in: DAZ 439 v. 14.9.1943, S. 1. »Mit dem Fieseler-Storch vom Gran Sasso geholt«, in: VB 259 v. 16.9.1943, S. 1. Gleichlautend auch: »Die dramatischen Einzelheiten von der Befreiung des Duce«, in: DAZ 442 v. 15.9.1943, S. 1. Das hier angeführte Zitat wurde im Original besonders herausgehoben. So ja auch das Ergebnis der quantitativen Analyse, vgl. Abs. 4.4.2 dieser Arbeit sowie Anhang 28. Darauf deuten die inhaltsgleichen Artikel in DAZ und VB hin, vgl. »Gespräch mit dem Duce-Befreier«, in: DAZ 445 v. 17.9.1943, S. 1; »Skorzeny und seine Männer«, in: VB 260 v. 17.9.1943, S. 1 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Abb. 15: Propaganda der Luftwaffe anlässlich der Aktion zur Befreiung Mussolinis im Juli 1943. Skorzeny stramm stehend vor Luftwaffen-General Student.

Zudem wurden auch alle anderen beteiligten Waffen-SS und SD-Angehörigen und sogar die Fallschirmjäger ausdrücklich als lebendiges Beispiel der Überlegenheit der politischen Soldaten bezeichnet, die in enger Kameradschaft in schwierigsten Verhältnissen instinktiv richtig gehandelt hätten. Ausdrücklich hieß es hier etwa: »Mit den Fallschirmjägern gemeinsam haben sie [die beteiligten SS-Männer, Anm. d. Autors] nun alle zusammen einem neuen Typ des Kämpfers ein Denkmal gesetzt, das eindringlicher denn je den totalen, den politischen Soldaten der Öffentlichkeit vor Augen führt.«1282 Ansonsten trug die SS-Propaganda aber kaum noch etwas zu dieser Kampagne bei.1283 In diesem Fall hatten die vielen Meldungen und Ehrungen von offizieller Seite aber allein schon ausgereicht, um diese Tat dauerhaft mit dem SS-Führer Skorzeny zu verknüpfen. Denn durchaus merkbare Versuche der Luftwaffe, propagandistisch entgegenzusteuern und die entscheidende Rolle der Fallschirmtruppen bei der Aktion etwa durch Artikel und Bilder der PK zu belegen,1284 fanden1282 1283 1284

Vgl. »Skorzeny und seine Männer«, in: VB 260 v. 17.9.1943 S. 1 f, hier S. 1. Vgl. Anhang 28. So wurde am 21.9.1943 im VB ein Foto veröffentlicht, das Skorzeny stramm stehend vor dem General der Flieger Student zeigt. Im Begleittext hieß es ausdrücklich, Student habe Skorzeny Anweisungen zur Befreiung des Duce gegeben, vgl. »Einsatzbesprechung zur Befreiung des Duce«, in: VB 264 v. 21.9.1943, S. 1. Die Rolle der Fallschirmtruppe wie auch Students wird ebenso herausgestellt in: »Der Absprung über dem Gran Sasso«, in: DAZ 445 v. 17.9.1943, S. 1 f; »Die Silberschilde«, in: DR 45 v. 7.11.1943, S. 4 f; »›das unglaublichste aller Abenteuer…‹«, in: IB 45 v. 11.11.1943, S. 7.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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sich bald nicht mehr und wurden somit offenbar tatsächlich, wie von Goebbels in seinem Tagebuch angekündigt,1285 blockiert. Das Ergebnis war, dass laut den »Meldungen aus dem Reich« Skorzeny schon zeitgenössisch der Öffentlichkeit als die zentrale Figur bei der Befreiung des »Duce« galt.1286 Diese Sicht der Dinge überdauerte dann selbst das Kriegsende, wozu sicher auch Skorzeny und ihm wohlgesonnene Autoren im In- und Ausland durch ihre verklärende Darstellung1287 das ihre beitrugen. Insgesamt war somit der Hintergrund für die unverhältnismäßig hohe Präsenz der Waffen-SS in der NS-Propaganda dieser Zeit weniger ihre tatsächliche Beteiligung an für das NS-Regime wichtigen Operationen oder auch ihre Verwendung in den Brennpunkten der Front, als vielmehr ihre auch insgesamt immer deutlicher hervortretende Funktion als Vorbild und Verkörperung vermeintlich unbesiegbarer ideologischer Ideale des Nationalsozialismus. Daneben profitierte sie aber auch von Themen, die schon in früheren Kriegsphasen den Anlass für eine Vielzahl an Berichten über sie gebildet hatten. Wenn im Folgenden nochmals auf die Europapropaganda, die Darstellung der Volksdeutschen wie auch ihres jungen Nachersatzes eingegangen wird, dann deshalb, weil diese drei Themen gerade in dieser Zeit bedeutsame Weiterentwicklungen erfuhren. So ging die stärkere Berücksichtigung der Waffen-SS in dieser Zeit sicher zum Teil auch auf die weiterhin intensiv betriebene Europapropaganda des Regimes zurück:1288 Schließlich war die SS im Laufe des Jahres 1943 dazu übergegangen, auch Angehörige von Völkern in die Waffen-SS aufzunehmen, die noch 1942 wegen ihrer nichtgermanischen »Rasse« von ihr verschmäht worden wären. Nun aber wurden die bis dahin dem Heer unterstellten wallonischen und französischen Freiwilligen sowie die in der gleichen Zeit aufgestellten italienischen Freiwilligenformationen Teil der Waffen-SS. Dazu dehnte das SS-Ergänzungsamt in der gleichen Zeit seine Rekrutierungsbasis ohne Rücksicht auf völkische oder rassische Überlegungen nach Osteuropa aus. Mit den in der Folge aufgestellten lettischen, galizischen, bosnischen, albanischen, ungarischen, rumänischen und sogar russische Einheiten1289 vereinte sich schließlich ein bedeutender Teil der auf deutscher Seite kämpfenden ausländischen Formationen unter dem Dach der Waffen-SS. Daraus folgte jedoch keinesfalls eine einheitliche Darstellung aller dieser Einheiten in den SS-PK-Berichten der hier untersuchten Medien. Vielmehr wurden von diesen Ausländern an erster Stelle die, zumindest nominell, aus deutschen und »germanischen« Soldaten bestehenden SS-Einheiten, also neben der Division

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Am 2.10.1943 beschrieb Goebbels einen Besuch Skorzenys bei ihm und erwähnte dessen Klage, dass ihm die Luftwaffe ihm seinen Verdienst bei der Befreiung des Duce streitig mache. Goebbels dazu: »Ich werde durch geeignete Propagandamittel dem diesbezüglichen Streben der Luftwaffe einen Riegel vorschieben.« Siehe Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/10, S. 41 (2.10.1943). Vgl. Boberach, Meldungen, S. 5780 (20.9.1943). Vgl. Skorzeny, Geheimkommando, S. 95-169. Als Bsp. einer ähnlich verklärenden Darstellung: Radl, Karl: Die Blitzbefreiung Mussolinis. Mit Skorzeny am Gran Sasso. Martensrade 1996. So auch Schröder, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 110 f, 114 f. Vgl. zu den Hintergründen Stein, Geschichte, S. 146-148, 161-169; Müller, Seite, S. 128-136, 162-226.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

»Wiking«, nun auch die im Frühsommer 1943 aufgestellte SS-Division »Nordland« oder die auch aus Niederländern bzw. Flamen bestehenden Brigaden und späteren SS-Divisionen »Nederland« und »Langemarck«1290 gemäß dem gemeinsamen Image der Waffen-SS dargestellt. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Bericht der SS-PK über die Ereignisse im Kessel von Tscherkassy. Hier wurde der erfolgreiche Ausbruch fast ausschließlich als Ergebnis des Kampfgeistes der SS-Division »Wiking«, der »Einheit aller Germanen«, »der besten menschlichen Werte des Abendlandes« und »höchste soldatische Verkörperung des jungen Europas« dargestellt, der an sich ebenso wichtige Beitrag der hier kämpfenden Heeresdivisionen dagegen fast komplett verschwiegen.1291 Auch die Darstellung der nachfolgenden Gefechte unter Beteiligung der eben genannten »germanischen« SS-Einheiten strotzte geradezu von Beispielen einer besonderen Härte dieser SS-Männer, die in blutigen Nahkämpfen alles vernichtet hätten, was sich ihnen in den Weg stellte, egal ob es sich dabei um personell und materiell gewaltig überlegene Eliteeinheiten oder gar um Panzer des Feindes gehandelt hätte. Für diesen Erfolg seien sie auch bereit gewesen, ihr eigenes Leben zu opfern.1292 Aber auch die estnischen und wallonischen SS-Einheiten wurden von der SSPK mit diesen Merkmalen des politischen Soldaten dargestellt und somit nicht nur SS-intern, sondern auch in ihrer Außendarstellung in den Kreis der germanischen »Rassengenossen« aufgenommen:1293 So wurde zunächst das estnische Bataillon »Narwa«, ab Sommer 1943 Teil der SS-Division »Wiking«,1294 wiederholt ausdrücklich als »germanisch« bezeichnet.1295 Laut der SS-PK hielten auch die SS-Soldaten dieser Einheit ihre Stellungen selbst in aussichtslos erscheinenden Situationen unbedingt, zeigten eine geradezu fanatische Lust am Kampf und unterhielten mit ihren Offizieren eine enge kameradschaftliche Bindung.1296 Die

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Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 175-179, 238-241, 257-260.; Wegner, Armee, S. 109 f. »Wahrheit über Tscherkassy«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 3. Für einen Überblick über die Ereignisse, die zur Öffnung des Kessels von Tscherkassy führten, wo bis Mitte Februar 1944 sechs deutsche Divisionen von sowjetischen Truppen eingeschlossen waren, vgl. Frieser, Rückzugsoperationen, S. 394-419. Vgl. »Das große Beispiel«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 6; »Tscherkassy«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 7; »Parole: Freiheit«, in: SK 15 v. 13.4.1944, S. 6; »Ein germanischer Führer«, in: SK 18 v. 4.5.1944, S. 6. Auf die gleiche Weise wurden die germanischen SS-Soldaten auch im VB dargestellt, vgl. etwa: »Ein Mann zersägt den roten Einbruchskeil«, in: VB 40 v. 9.2.1943, S. 3; »Germanische Soldaten«, in: VB 204 v. 23.7.1943, S. 3; »Kampf um die Autobahn Leningrad-Reval«, in: VB 49 v. 18.2.1944, S. 3. Dabei hatte der RFSS Himmler schon im August 1942 nur wenig Zweifel an der »Rassenreinheit« der Esten gehabt und die Aufstellung einer estnischen SS-Freiwilligenlegion verfügt, vgl. Stein, Geschichte, S. 158 f.; Müller, Seite, S. 162. Im September 1943 bezeichnete Himmler sie gar als »Brudervolk«, vgl. die Zusammenfassung seiner Rede vor dem Führerkorps der estnischen Freiwilligenbrigade am 28.9.1943, in: Himmler, Geheimreden, S. 206. Die ursprünglich in der SS als »Halbfranzosen« verachteten Wallonen wurden ab 1943, also mit der Übernahme der wallonischen Legion in die Waffen-SS, in der SS als »Germanen« anerkannt, vgl. Loock, Politik, S. 60; Müller, Seite, S. 134-136. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 134; Müller, Seite, S. 162. »Herbert Gille«, in: DR 26 v. 25.6.1944, S. 1. Ebenso: »Der Damm«, in: SK 40 v. 7.10.1943, S. 6. Vgl. »Die drei Tage des Bataillons Narwa«, in: VB 228 v. 16.8.1943, S. 3; »Harte Schule«, in: SK 32 v. 12.8.1943, S. 3; »Waffenbrüder«, in: SK 8 v.24.2.1944, S. 6 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

463

wallonische SS-Brigade hingegen wurde erst ab Anfang 1944 als integraler Teil der Waffen-SS beschrieben, obwohl sie schon seit Anfang Juni 1943 Teil der WaffenSS war.1297 In einem Bericht über den Einsatz der Waffen-SS im Kessel von Tscherkassy konnte man etwa im SK lesen: Nun liegen neben ihnen die Wallonen. War nicht einmal Feindschaft zwischen ihnen und den Flamen? [...] Welch seltsam versunkene Welt! Man braucht es nicht auszusprechen, man braucht nicht darüber zu reden; die kämpfende, im Feuer der Schlachten bewährte Gemeinschaft der Männer, die das gleiche Zeichen an Kragen und Stahlhelm tragen, spricht für sich selbst.1298

In der Folge wurden die Wallonen immer wieder ausdrücklich als »germanisch« bezeichnet1299 und wiesen in den Schilderungen ihrer Gefechte die kämpferischen Eigenschaften des politischen Soldaten auf.1300 Die vergleichsweise häufigen Beiträge über die Wallonen in der Waffen-SS1301 war aber vor allem eine Folge einer recht großen Präsenz des Führers der belgischen Rexistenbewegung Léon Degrelle, der im Februar 1944 während der Kämpfe im Kessel von Tscherkassy zum Kommandeur der wallonischen Einheit aufgestiegen war, in der NS-Propaganda.1302 Das galt schon für die Zeit der Einschließung der Einheit und ihres Ausbruches aus dem Kessel,1303 wie auch für die verbleibenden Monate des Krieges. Immer waren es die Heldengeschichten um Degrelle, anlässlich der auch die Taten der Wallonen in den hier untersuchten Medien thematisiert wurden.1304 Der Hintergrund dafür war der wohl tatsächlich große Einsatz Degrelles an der Front,1305 der ihn, gepaart mit seiner unzweifelhaft fana-

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Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 261. »Das große Beispiel«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 6 f, hier: 6. So etwa in einer Pressekonferenz nach dem Ausbruch aus dem Kessel, vgl. »Wahrheit über Tscherkassy«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 1 f, hier: 2. Andere Beispiele: »VB.-Gespräch mit Léon Degrelle«, in: VB 273 v. 29.9.1944, S. 2; »Eine Bildausstellung der Waffen-SS in Paris«, in: VB 24 v. 24.1.1944, S. 2. So beschrieb das SK im Februar 1944 das Selbstopfer eines jungen Wallonen, vgl. »Wikinger fahren im Morgen«, in: SK 7 v. 17.2.1944, S. 7. In einem anderen SS-PK-Bericht wurden sie schon Anfang 1944 von den alten, erfahrenen SS-Soldaten positiv beurteilt: »›Sind in Ordnung, die Wallonen, gehen ran wie Gift‹.«, siehe: »Angriff über den Sumpf«, in: VB 33 v. 2.2.1944, S. 3 f, hier: 4. Vgl. Anhang 15. So auch Loock, Politik, S. 60. Für biographische Informationen zu Degrelle vgl. Schulz/Wegmann, Generale, Bd. 1, S. 210-213. Eine (reißerische) Schilderung des Todes des ursprünglichen Kommandeurs der wallonischen Brigade, Lucien Lippert, und Degrelles Übernahme des Kommandos am 14.2.1944 findet sich in: Degrelle, Legion, S. 284-287. Vgl. etwa: »Léon Degrelle«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 2; »Führer der Wallonen«, in: VB 56 v. 25.2.1944, S. 3; »Léon Degrelle vor seinen Rexisten«, in: VB 60 v. 29.2.1944, S. 2; »Waffenbrüder«, in: SK 8 v. 24.2.1944, S. 6 f; WS 705 v. 8.3.1944; WS 713 v. 3.5.1944. Dabei wurde auch bei ihm seine vorbildliche Kameradschaft, persönlicher Einsatz und draufgängerische Härte im Kampf besonders herausgestellt, vgl. etwa: »Der Soldat aus Wallonien«, in: DR 45 v. 5.11.1944, S. 4; »VB.-Gespräch mit Léon Degrelle«, in: VB 273 v. 29.9.1944, S. 2; »Der Weg nach Bastogne«, in: SK 3 v. 18.1.1945, S. 3. Gefeiert wurden Degrelle und die wallonischen SSSoldaten auch in der WS, vgl. WS 705 v. 8.3.1944. Degrelle wurde mit der Nahkampfspange in Gold ausgezeichnet, vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 282 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

tischen NS-Gesinnung,1306 zu einer idealen Symbolfigur in der Propaganda um die auf deutscher Seite für das »Neue Europa« kämpfenden »Germanen« machte. Er war dem NS-Regime bis zuletzt geradezu inbrünstig auch an der Propagandafront zu Diensten, indem er als Redner immer wieder für dieses »Neue Europa« warb.1307 Aber auch auf andere Weise wurde schon 1943 und dann gerade ab 1944, vielleicht auch als Reaktion auf das tatsächliche Anwachsen der Zahl an westeuropäischen Freiwilligen in dieser Zeit,1308 in der NS-Propaganda immer wieder behauptet, dass der deutsche Appell »an die Blutsgemeinschaft« gezündet habe, der großgermanische Gedanke um sich greife und sich tausende junge Soldaten wie auch die geistige und politische Elite aus den deutschbesetzten Ländern in die Waffen-SS eingereiht hätten.1309 Dies, so wurde immer wieder betont, stelle aber nur eine Auslese der germanischen Jugend dar, da auch diese Freiwilligen noch immer den strengen Aufnahmebestimmungen der SS entsprechen müssten.1310 Besonders in den Mittelpunkt gestellt wurde der Idealismus dieser Germanen, der sie für die gemeinsame Zukunft kämpfen ließ,1311 während sie in ihren Heimatländern, auch das wurde auffallend häufig betont, auf wenig Verständnis stoßen würden. Dabei, so der immer wieder plakativ herausgehobene Hinweis, würde doch das Schicksal dieser Völker im zukünftigen Großgermanischen Reich von ihrem Beitrag zum Kampf abhängen.1312 Auch Himmler meinte »seine« ausländischen Freiwilligen mit einer solchen kaum versteckten Drohung motivieren zu können, etwa in einer 1944 gehaltenen Rede, allerdings vor dem Führerkorps der galizischen SS-Division.1313 Allerdings spiegelten sich in der Berichterstattung auch Versuche, den germanischen Völkern eine Perspektive für die Zeit nach dem »Endsieg« zu geben. Zwar verboten die deutschen Kriegsziele, den »Germanen« die Wiederherstellung der 1306

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Das auch nach dem Krieg ungebrochenes Festhalten Degrelles am NS wird in seinen Erinnerungen so offenbar, dass sie Litell Hart als Inspiration nutzte, um die Hauptfigur seines Romans »Die Wohlgesinnten« zu modellieren, vgl. Leick, Sohn, S. 172. Vgl. »Dieses Jahrhundert wird Europa einigen«, in: DAZ 333 v. 15.12.1944, S. 1 f, hier: 2. Ähnlich auch: »Degrelle: Wir kämpfen für ein Neues Europa«, in: VB 67 v. 7.3.1944, S. 2; »Deutschlandreise Degrelles«, in: DAZ 173 v. 25.6.1944, S. 2; »Leon Degrelle bei Reichsstudentenführer Dr. Scheel«, in: VB 326 v. 21.11.1944, S. 1. Eher war es aber die zunehmend verzweifelte Kriegslage, welche viele Kollaborateure zu einem letzten Einsatz für das Reich zwang, vgl. Wegner, Armee, S. 108. Vgl. »Germanische Freiwillige«, in: DR 17 v. 25.4.1943, S. 4; »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier 2; »Die germanische Leistungsrune«, in: VB 48 v. 17.2.1944, S. 2; »Europäische Soldaten«, in: DAZ 134 v. 16.5.1944, S. 1 f. Vgl. »Germanische Freiwillige«, in: DR 17 v. 25.4.1943, S. 4. Vgl. »Bei den germanischen Junkern«, in: DR 21 v. 23.5.1943, S. 4; »Arthur Phleps«, in: DR 31 v. 1.8.1943, S. 1. Vgl. »Wo wir stehen und weshalb wir kamen«, in: VB 64 v. 5.3.1943, S. 3; »Germanische Soldaten«, in: VB 204 v. 23.7.1943, S. 3; »In der germanischen Sippe geborgen«, in: SK 37 v. 16.9.1943, S. 6; »Das große Beispiel«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 6 f, hier: 7. Ende 1944 versprach man gar im SK, angesichts des Einsatzes dieser »letzten Getreuen« deren inzwischen befreiten, untreuen Heimatvölkern nach dem »Endsieg« zu vergeben, vgl. »Getreu dem uralten Gesetz«, in: SK 48 v. 30.11.1944, S. 3. Vgl. Rede vor dem Führerkorps der galizischen SS-Freiwilligen Infanteriedivision in Neuhammer am 16.5.1944, in: Himmler, Geheimreden, S. 207.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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staatlichen Souveränität ihrer Heimatländer in Aussicht zu stellen.1314 Ein mit den ideologischen Prinzipien der SS konformer Ausweg war aber, ihnen nach dem »Endsieg« die gleichen Siedlungsrechte in den eroberten Ostgebieten zu versprechen wie ihren deutschen Kameraden.1315 Auch das spiegelte sich in den hier untersuchten Zeitungen. So schwärmte man in der DAZ, der germanische Vorstoß in den Ostraum sei, als ob »der Geist Ruriks und seiner Waräger wieder lebendig geworden«1316 wäre. In einem anderen SS-PK-Bericht wurden sogar konkrete Vorbereitungen einer Siedlung von Niederländern im Osten, durchgeführt von der »Niederländischen Ostkompanie«, einer kruden Organisation des niederländischen NS-Aktivisten und späteren Waffen-SS-Angehörigen Meinoud Rost van Tonningen, thematisiert.1317 Als Hauptgrund für den Kampf der Germanen an deutscher Seite wurde aber wieder die gemeinsame Verteidigung des Abendlandes wie auch die Sicherung der Zukunft Europas vor den Gefahren des »Bolschewismus« bzw. der »Plutokratie« genannt.1318 Das bedeutete in gewisser Weise eine Doppelstellung der germanischen SS-Soldaten in der deutschen Propaganda. Denn auch die übrigen SS-Freiwilligen-Verbände aus Ländern »außerhalb der germanischen Völkerfamilie« kämpften in der Darstellung der SS-Propaganda für die »heilige Sache aller verantwortungsbewussten europäischen Völker«1319 im Angesicht der vorgeblich drohenden Schrecken eines feindlichen Sieges. Unter dem Dach der Waffen-SS hätte sich so eine »europäische Phalanx« gegen den Bolschewismus und für ein geeintes Europa gebildet.1320 Allerdings war dies auch die einzige Gemeinsamkeit in der Darstellung von »fremdvölkischen« SS-Einheiten und germanischer Waffen-SS. In den Berichten über die osteuropäischen bzw. französischen und italienischen Waffen-SS-Verbände wurde gar nicht erst versucht, für deren Aufstellung weltanschauliche Erklärungen anzuführen. Ebenso wenig ließen sich in den Berichten Verweise auf die SS-Ideologie wie etwa gezeigte Treue, eine unbedingte Pflichterfüllung oder gar Selbstopfer finden. Diese Verbände wurden somit nicht als politische Soldaten dargestellt und in das gemeinsame Image der Waffen-SS einbezogen. 1314

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Vgl. Wegner, Soldaten, S. 300. In der Propaganda war so immer wieder das Fernziel ein germanisches Reich, vgl. etwa: »Bei den germanischen Junkern«, in: DR 21 v. 23.5.1943, S. 4. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 299. Im SK wurde etwa betont, dass »der Sieg aber als gemeinsame Aufgabe der germanischen Völker die große Kolonisation bringen [werde], die Europa den Osten wiedergeben soll«, in: »Ein Schritt in die Zukunft«, in: SK 21 v. 27.5.1943, S. 6 f, hier: 6. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier 2. Vgl. »Ein Schulungsgut der NOC«, in: DAZ 224 v. 11.5.1943, S. 4. Für Informationen zu der »Niederländischen Ostkompanie« und van Tonningen vgl. Berger, Schatten, S. 518 f. Vgl. als Beispiel: »Das große Beispiel«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 6 f; »Die Letzten am Feinde«, in: SK 12 v. 23.3.1944, S. 6; »Einer von uns«, in: SK 23 v. 8.6.1944, S. 6; »Kampf um die Autobahn Leningrad – Reval«, in: VB 49 v. 18.2.1944, S. 3. Später wurde ausdrücklich erklärt, dass die Esten auch gegen England kämpfen würden, vgl. »Auch gegen England«, in: DAZ 248 v. 8.9.1944, S. 5. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier 2. Vgl. ebd. Diese Argumentation findet sich allenthalben, vgl. etwa: »Ukrainische Freiwillige marschieren«, in: VB 152 v. 1.6.1943, S. 3; »Höllenweg der Sowjetsklaven«, in: VB 168 v. 17.6.1943, S. 6; »Das französische SS-Freiwilligen-Grenadierregiment«, in: VB 343 v. 9.12.1943, S. 6; »Die Antwort Europas«, in: SK 52 v. 30.12.1943, S. 3; »Europäische Soldaten«, in: DAZ 134 v. 16.5.1944, S. 1 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Dennoch, auch sie erschienen bisweilen als äußerst kampfstark. Denn gerade der immer wieder äußerst plastisch beschriebene, »ungeheure« Hass der osteuropäischen Völker auf den Bolschewismus soll sie laut den Berichten immer wieder zu soldatischen Höchstleistungen angetrieben haben.1321 Dazu traten auch fast folkloristisch zu nennende Motive, mit denen eine besondere Kampfkraft dieser Verbände begründet wurde, etwa wenn die muslimischen SS-Freiwilligen aus Bosnien in eine Tradition mit legendären österreichisch-ungarischen Einheiten des Ersten Weltkriegs gestellt wurden,1322 oder den albanischen SS-Freiwilligen wegen ihrer Tradition der Blutrache eine archaische Kampfeslust zugeschrieben wurde.1323 Diese Nichtgermanen wurden aber nur selten1324 und wenn, dann meist lediglich bei Operationen im Rahmen des »Bandenkrieges« beschrieben. Diese Art von Einsätzen war ebenso der Hauptanlass für die SS-PK, den volksdeutschen SS-Soldaten in dieser Zeit einige Berichte zu widmen. Darin wurde insbesondere auf die SS-Division »PE« eingegangen.1325 Obwohl deren Gegner standardmäßig nicht als Soldaten, sondern als fanatische Verbrecher charakterisiert wurden, die, von Bolschewisten und Plutokraten gelenkt, die eigenen Landsleute drangsalieren oder ermorden würden, wurde der Einsatz für die SS keineswegs als leicht beschrieben. Vielmehr mussten die Angehörigen der Waffen-SS in üblicher Weise großen Einsatz zeigen. So war zur Überwindung der als ausgesprochen schroff beschriebenen Natur immer wieder Härte notwendig.1326 Es gab aber auch Berichte, in denen nun die vom Rest der Waffen-SS nicht zu unterscheidende, außerordentliche Kampfkraft der VD in den SS-Divisionen an der Ostfront mehr oder minder explizit hervorgehoben wurde.1327 Besonders viel Wert wurde daneben insbesondere in der Berichterstattung abseits der SS-Propaganda auf das ausdrücklich als massenweise und freiwillig bezeichnete Eintreten der VD

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So wird z. B. in einem Artikel über die 2. lettische Freiwilligenbrigade deren Hass auf den Bolschewismus mit den Verbrechen während der sowjetischen Besetzung begründet. Das deutsche Personal wird ausdrücklich als zugeteilte Spezialisten beschrieben, man achtet sich gegenseitig und handelt kameradschaftlich, ist aber eben nicht gleicher Teil der SS-Sippe, vgl. »Letten kämpfen gegen den Bolschewismus«, in: VB 69 v. 9.3.1944, S. 6. Ähnlich auch: »An die Waffen – an die Arbeit!«, in: SK 17 v. 29.4.1943, S. 3; »Der lettische Riegel«, in: SK 10 v. 9.3.1944, S. 6 f. Für Bsp. anderer Länder vgl. »Vereidigung italienischer Freiwilliger«, in: DAZ 553 v. 19.11.1943, S. 2; »Aufbruch in Bosnien«, in: VB 123 v. 2.5.1944, S. 1 f.; »Sprung über die Save«, in: DAZ 142 v. 24.5.1944, S. 1 f; »Albanier [sic] kämpfen für Europa«, in: VB 153 v. 1.6.1944, S. 6; »Ostjugend reiht sich ein«, in: VB 194 v. 12.7.1944, S. 6. Vgl. »SS-Männer mit dem roten Fez«, in: VB 15 v. 15.1.1944, S. 3. Vgl. »Albanier kämpfen für Europa«, in: VB 153 v. 1.6.1944, S. 6. Vgl. Anhang 14. Für Details zu den Einsätzen der SS-Division »PE« auf dem Balkan vgl. Casagrande, Division, S. 228-297. Vgl. etwa die Darstellung in: »Satjeska – der Name für einen Sieg«, in: SK 27 v. 8.7.1943, S. 6; »Ritterkreuz für SS-Obergruppenführer Phleps«, in: SK 32 v. 12.8.1943, S. 6; »Am Rande des Banditenkessels«, in: DAZ 388 v. 14.8.1943, S. 1 f; »Eine Barrikade von Frauen und Kindern«, in: VB 31 v. 31.1.1944, S. 3; »Die Brücke«, in: DAZ 98 v. 8.4.1944, S. 5. Vgl. »Du oder ich«, in: SK 1 v. 7.1.1943, S. 6; »Volksdeutsche unter Waffen«, in: SK 21 v. 27.5.1943, S. 7; »Arthur Phleps«, in: DR 31 v. 1.8.1943, S. 1; »Das große Beispiel«, in: SK 9 v. 2.3.1944, S. 6 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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in die Waffen-SS in dieser Zeit gelegt1328, durch die sie etwa »in alter Schwerttreue«1329 »ihre Schicksalsverbundenheit mit dem Gesamtdeutschtum unauflöslich bekräftigt und besiegelt« hätten.1330 Vor dem Hintergrund des massiven Ausbaus der Waffen-SS gerade im Jahr 1943 verstärkte sich auch der Kampf mit den WM-Stellen um die von beiden Seiten besonders begehrten, reichsdeutschen, jungen und vor allem kriegsfreiwilligen Rekruten nochmals massiv.1331 Das wirkte sich unübersehbar auch auf die SSPropaganda aus, wo nun den ganz jungen SS-Soldaten nochmals verstärkt besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Dabei trat der dahinter stehende Zweck einer Freiwilligenwerbung immer wieder und unübersehbar zutage. Neben der weiterhin hohen Zahl an Werbeanzeigen wurde auch in einigen Artikeln, darunter sogar welche der SS-PK, die glorifizierende Darstellung der Waffen-SS mit der Nennung von Einstellungsbedingungen und -terminen verbunden.1332 Aber auch auf andere Weise profitierten die Werber des SS-Ergänzungsamtes in dieser Zeit von der Propaganda der SS-PK: Nun führte auch Fritz Christen, dessen Heldengeschichte auf dem Schlachtfeld von Lushno ja erst durch die SS-PK bekannt gemacht worden war, im Auftrag des SS-Ergänzungsamtes wahre Tourneen durch die Wehrertüchtigungslager durch, erzählte von seinen Taten und konnte so selbst noch im August 1944 eine große Zahl an neuen SS-Freiwilligen gewinnen. Dabei erwies sich gerade sein niedriger Dienstgrad, der schon 1941 besonders herausgestellt worden war, nun als perfekt, um die Illusion zu vermitteln, auch als einfacher Soldat könne man in der Waffen-SS zu Ruhm und Ehre kommen.1333 Im Zusammenhang mit diesem Ringen von Waffen-SS und WM um die jungen Kriegsfreiwilligen ist auch die ungewöhnlich ausführliche Berichterstattung über einen Appell der SS-Division »HJ« anlässlich ihrer offiziellen Aufstellung am 1. Juni 19431334 in den hier untersuchten Medien bemerkenswert.1335 Schließlich hatte schon die Genehmigung Hitlers zur Aufstellung dieser Division, was eine Durchbrechung der seit 1942 festgelegten Quotierung der Kriegsfreiwilligen zwi1328

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Vgl. »Volksdeutsche im feldgrauen Rock«, in: VB 288 v. 15.10.1943, S. 3; »Das Ungardeutschtum im Kriege«, in: VB 306 v. 2.11.1943, S. 3; »Neue Freiwillige für die Waffen-SS«, in: VB 324 v. 20.11.1943, S. 2; »Volksdeutsche Freiwillige aus Rumänien«, in: FZ 394 v. 5.8.1943, S. 2; »Aufbruch für Volk und Reich«, in: SK 39 v. 30.9.1943, S. 4. Einen ähnlichen Tenor hat »Volksdeutsche unter Waffen«, in: SK 21 v. 27.5.1943, S. 7. »Deutsche aus dem Südosten in der Waffen-SS«, in: VB 73 v. 13.3.1944, S. 6. »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier 2. Ähnlich etwa auch: »Deutsch-rumänische Freiwillige in Wien«, in: DAZ 370 v. 4.8.1943, S. 3. Vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 975, 991-995. Vgl. etwa: »Komm zur Waffen-SS«, in: VB 22 v. 22.1.1943, S. 3; »Auch Du«, in: VB 40 v. 9.2.1943, S. 3; »Wehrdienst in der Waffen-SS«, in: VB 63 v. 4.3.1943, S. 4; »Die Front spricht zur deutschen Jugend«, in: VB 139 v. 19.5.1943, S. 6; »Aufnahmeuntersuchungen für die Waffen-SS«, in: DAZ 449 v. 19.9.1943, S. 7. Vgl. Rempel, Hitlers Children, S. 202 f. Die Aufstellung dieser Division folgte einem Angebot des Reichsjugendführer Axmann, der Himmler im Januar 1943 16.000 HJ-Angehörige des Jahrgangs 1926 zur Verfügung stellte. Da Hitler erwartete, dass diese Jugendlichen dank ihres Idealismus mit einem nie erlebten Fanatismus kämpfen würden, unterstützte auch er diesen Plan. Vgl. Stein, Geschichte, S. 184; Lieb, Krieg, S. 114; Rohrkamp, Krieger, S. 387. Neben den nachfolgend genannten Artikeln wurden Aufnahmen dieses Appells auch minutenlang in der WS gezeigt, vgl. WS 666 v. 9.6.1943.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

schen den WM-Teilen und der Waffen-SS bedeutete,1336 eine die Waffen-SS unübersehbar bevorzugt. Nun, nur kurze Zeit nach der Kampagne um Charkow, machen Ton und Inhalt dieser Berichterstattung sichtbar, wie gefestigt das Image der Waffen-SS als der militärischen Elitetruppe des NS-Staates bereits war. Im VB wurde etwa beschrieben, welchen Stolz die Jugendlichen empfänden, »in diese kampferprobte Gemeinschaft der besten und treuesten Gefolgsmänner des Führers«1337 aufgenommen zu werden. Auch in den anderen Zeitungen wurde es als eine besondere Ehre dargestellt, ein solcher »Soldat des Führers« zu sein. Tausende hätten sich darum beworben, aber nur die Besten seien nach harter Auslese genommen worden.1338 Herausgestellt wurde auch die besondere Kameradschaft zwischen HJ und SS. Diese wurde damit begründet, dass die HJ-Angehörigen als die »jungen politischen Soldaten der Heimat« der SS wesensverwandt seien.1339 Auch in der Folge wurden die Werbeaktionen der Waffen-SS von Artikeln nicht nur der SS-PK begleitet, welche die besondere Beziehung zwischen SS und HJ hervorhoben oder betonten, welch hohe Ehre es bedeute, ein SS-Kriegsfreiwilliger zu sein.1340 Aber auch aus ganz anderen Gründen wurde der hohe Kampfwert der ganz jungen SS-Männer wie auch der VD in dieser Zeit immer wieder in der SS-Propaganda herausgestellt. Schließlich hatte sich infolge der hohen Verluste der Waffen-SS in den Schlachten dieses Jahres wie auch durch die Neuaufstellung weiterer SS-Divisionen ihre Struktur grundlegend geändert. An die Stelle der Veteranen des Ostkrieges war nun vielfach junger Nachersatz getreten.1341 Es ist anzunehmen, dass dies an der Front wie auch in der Heimat nicht unbeobachtet geblieben ist. So diente es auch der Glaubwürdigkeit ihrer Propaganda, wenn dies in den SS-PK-Berichten offen angesprochen wurde. Dabei wurde besonders ihr dennoch ungebrochener Elitestatus betont. So hieß es etwa im SK ausdrücklich, aus der Tatsache, dass sich der Charakter der SS-Einheiten im Laufe des Krieges geändert habe und hier nun statt der vielen gefallenen »Alten« neben VD oft Freiwillige aus der HJ und dem RAD die Mehrheit stellen würden, nicht auf eine Änderung des Geistes der Waffen-SS zu schließen sei.1342 Im Gegenteil wäre der junge Nachersatz in diesen Parteigliederungen ohnehin bestens vormilitärisch geschult und nationalsozialistisch erzogen worden,1343 überdies hätten die noch verbliebenen 1336 1337 1338

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Vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 998. »Treu sein wie die Besten der Front«, in: VB 152 v. 2.6.1943, S. 2. Vgl. »Die Freiwilligen aus der H.J.«, in: SK 23 v. 10.6.1943, S. 3; »Treu sein wie die Besten der Front«, in: VB 152 v. 2.6.1943, S. 2; »Kriegsfreiwillige der HJ. für die Waffen-SS«, in: DAZ 261 v. 2.6.1943, S. 1. »Kriegsfreiwillige der Hitlerjugend für die Waffen-SS«, in: FZ 278 v. 2.6.1943, S. 1. »Feierstunde der Hitler-Jugend und der SS«, in: VB 25 v. 25.1.1944, S. 2. Schon zuvor mit ähnlichem Inhalt: »Kriegsfreiwillige der HJ. für die Waffen-SS«, in: DAZ 261 v. 2.6.1943, S. 1. Vgl. etwa: »Soldat mit dem Herzen und der Seele«, in: VB 168 v. 17.6.1943, S. 5; »Ruf der Front«, in: VB 248 v. 5.9.1943, S. 3; »Axmann bei Kriegsfreiwilligen der HJ«, in: DAZ 624 v. 30.12.1943, S. 1; »Feierstunde der Hitler-Jugend und der SS«, in: VB 25 v. 25.1.1944, S. 2; »Führerappell der Berliner Hitlerjugend«, in: DAZ 46 v. 16.2.1944, S. 5. Vgl. Rohrkamp, Krieger, S. 456. Vgl. »Angriff im vierten Kriegsjahr«, in: SK 29 v. 22.7.1943, S. 6. Ähnlich etwa auch: »Von der Pike auf«, in: SK 35 v. 2.9.1943, S. 6; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Vgl. »Ruf der Front«, in: VB 248 v. 5.9.1943, S. 3; »Feierstunde der Hitler-Jugend und der SS«, in: VB 25 v. 25.1.1944, S. 2; »Führerappell der Berliner Hitler-Jugend«, in: 46 v. 16.2.1944, S. 5.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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alten SS-Soldaten durch ihr Beispiel den typischen SS-Geist an den jungen Ersatz weitergegeben: Zwar hatte sich das Bild der Kompanie gewandelt: Es waren jetzt Volksdeutsche unter ihnen, aus Ungarn und Rumänien, es waren junge Freiwillige aus der Hitlerjugend und aus dem Arbeitsdienst gekommen – sie alle aber wurden vermischt mit den alten, erfahrenen Kriegern, die noch immer das Rückgrat der Kompanie bildeten. Die Kompanie mochte zehnmal aufgefrischt werden, es blieb doch immer der Geist, den ihr die Alten einst gegeben.1344

Die Botschaft von der Gleichwertigkeit des jungen Ersatzes und der »alten Hasen« in den SS-Divisionen wurde zudem durch eine Anzahl an Beschreibungen von heroische Taten dieser sog. »Pimpfe« im Gefecht unterstrichen, etwa wenn berichtet wurde, dass diese schon bei ihrem ersten Einsatz feindliche Panzer mit geballten Ladungen gesprengt oder gegen eine unglaubliche feindliche Übermacht die Stellung gehalten hätten.1345 In der nun folgenden, letzten Kriegsphase sollten diese erfolgreich absolvierten »Feuertaufen« sogar noch bedeutsamer in der Darstellung der Waffen-SS werden. e) DAS VORBILD: VON DER INVASION 1944 BIS ZUM UNTERGANG MAI 1945

In diesen letzten elf Monaten des Krieges erreichte die Propaganda um die WaffenSS schließlich ihre größte Bedeutung in der Berichterstattung der deutschen Medien. Das galt zwar nicht rein mengenmäßig, hier war zum Teil sogar eine Abnahme der Zahl an SS-PK-Artikeln zu verzeichnen, wohl aber im Verhältnis zu der Propaganda um die WM überhaupt wie auch zu der um das Heer im Speziellen.1346 Auf die weiter gestiegene militärische Bedeutung der Waffen-SS, ablesbar an der fortlaufenden Aufstellung immer weiterer SS-Divisionen, vor allem aber auf die Feuerkraft der zahlreichen bei ihr konzentrierten Panzereinheiten,1347 ist das nur bedingt zurückzuführen. Viel eher, dies zeichnete sich in der hermeneutischen Betrachtung schnell ab, war diese große Bedeutung der SS-PK-Berichte in der NS-Propaganda dieser Zeit ein Ausdruck des auch allgemein rasanten Macht- und Bedeutungszuwachses des Schwarzen Ordens in dieser Kriegsphase, der gleich einem »historischen Strohfeuer«1348 in der Agonie des Dritten Reiches schließlich seinen Höhepunkt erreichte. Damit verbunden war, dass auch in den Pressemeldungen abseits der SS-Propaganda die Waffen-SS nun in einer Weise als elitär 1344

1345

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»Angriff im vierten Kriegsjahr«, in: SK 29 v. 22.7.1943, S. 6. Ähnlich etwa auch: »Das harte Gesetz«, in: SK 19 v. 13.5.1943, S. 6; »Heldenhafte Infanterie«, in: SK 36 v. 9.9.1943, S. 6 f.; »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Auch später wurde dies immer wieder angesprochen, etwa in: »Die Erben der Revolution«, in: VB 218 v. 5.8.1944, S. 3. Vgl. etwa: »Ich bin alleine«, in: SK 18 v. 6.5.1943, S. 6; »Die große Bewährung«, in: SK 29 v. 22.7.1943, S. 7; »SS-Panzergrenadiere gegen zwanzigfache Übermacht«, in: VB 222 v. 10.8.1943, S. 3; »Das Profil des Grenadiers«, in: VB 247 v. 5.9.1943, S. 1 f; »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f; »Unvergleichliche Waffentaten westlich Tscherkassy«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 2. Vgl. die Tabellen 6, 7 und 9 in Abs. 4.3 dieser Arbeit. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 731. Wegner, Anmerkungen, S. 405, 418.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

präsentiert wurde, wie es selbst in der Zeit nach der Wiedereinnahme von Charkow 1943 nicht zu beobachten gewesen war. Dies war bereits anhand der Berichterstattung über die Abwehr der alliierten Invasion in der Normandie in den hier untersuchten Medien feststellbar, in der ja über die Waffen-SS besonders intensiv berichtet worden ist.1349 Dafür lassen sich gleich mehrere Gründe identifizieren. Ein wichtiger Faktor war zunächst, dass sich die SS-PK auf die Invasion hatte vorbereiten können. Schließlich ist es die Eigenart dieses militärischen Großereignisses gewesen, dass es von der deutschen Seite erwartet, ja sogar als mögliche Wende des Krieges herbeigesehnt worden war.1350 Der SS-Propagandaorganisation war es so möglich, bereits vorab ihre Kriegsberichter in der Normandie zu konzentrieren und Kurierverbindungen aufzubauen.1351 Anhand der Berichterstattung der untersuchten Zeitungen ließen sich schon weit vor dem Juni 1944 erste Auswirkungen dieser Vorbereitungen erkennen. So erschienen ab dem Frühjahr 1944 SS-PK-Artikel, die offensichtlich von bereits vor Ort befindlichen SS-Kriegsberichtern verfasst worden waren und im Reich Zuversicht auf einen Sieg im Westen verbreiten sollten. Hier wurden etwa die tiefgestaffelten deutschen Verteidigungslinien angeführt, die bis weit ins Hinterland hereinreichen würden1352 oder es wurde auf die hervorragende Bewaffnung der SS-Divisionen unter Sepp Dietrich verwiesen, welche als Eingreifverbände im Westen eingesetzt seien.1353 Festzustellen waren aber auch Versuche der SS-PK, mit rassenideologischen Argumenten der Heimat ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Während gleichzeitig in der SS-Propaganda die französische Widerstandsbewegung als »Terrorismus« von Verbrecherbanden unter jüdisch-sowjetischer Führung verunglimpft wurde, vorgeblich ohne Rückhalt im französischen Volk und gar nicht scharf genug bekämpfbar,1354 beschäftigte sich einer ihrer Artikel im März 1944 mit der rassischen Qualität der lokalen Bevölkerung der Normandie. Der Autor kam zu dem Ergebnis, dass die Normannen als Nachkommen der Wikinger als »Menschen des Nordens« und damit als rasseverwandt anzusehen seien. Bei ihnen sei, trotz einer unleugbaren kulturellen Anpassung an die Franzosen, das nordische Blut nicht geronnen und »schon vernehmbar ein Gemeinschaftsempfinden künftigen Schicksals leise herangewachsen«1355 Damit bestände auf deutscher Seite auch der Vorteil eines Einvernehmens mit der lokalen Bevöl1349 1350 1351

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Vgl. Anhang 27. Vgl. Salewski, Abwehr, S. 210-223, insbes. 218-220. Vgl. Abs. 3.2.b) dieser Arbeit. Dennoch stammte der erste in den hier untersuchten Zeitungen festgestellte PK-Bericht vom Heer, vgl. »Die ersten Fallschirmlandungen«, in: DAZ 155 v. 7.6.1944, S. 1. Der erste Kampfbericht der SS-PK folgte erst am 12.6., vgl. »Der Kampf ohne Gnade«, in: DAZ 160 v. 12.6.1944, S. 1. »Invasionsland Normandie«, in: DAZ 70 v. 11.3.1944, S. 6. Vgl. die Beschreibung eines Bildes in: VB 114 v. 23.4.1944, S. 3. Vgl. »Armee des Verbrechens«, in: DR 18 v. 30.4.1944, S. 2. Wie scharf, d. h. verbrecherisch, neben Sipo und SD auch Einheiten der Waffen-SS vor und nach dem Beginn der Kämpfe immer wieder gegen die Résistance, aber auch die französische Zivilbevölkerung vorgingen, zeigen Lieb, Krieg, S. 219-222, 296-299, 360-377; Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 308-310. »Invasionsland Normandie«, in: DAZ 70 v. 11.3.1944, S. 6. Dieser Artikel wurde aus »aktuellem Anlass« am 7.6.1944 nochmals veröffentlicht, vgl. »Der Schauplatz Normandie«, in: DAZ 155 v. 7.6.1944, S. 6.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Abb. 16: Propagandaartikel der SS-PK, veröffentlicht im »Völkischen Beobachter« anlässlich der Invasion in der Normandie Juni 1944.

kerung.1356 Diese Linie wurde auch nach Beginn der Invasion fortgeführt. Zumindest in diesem Zeitabschnitt beschrieb man in der SS-Propaganda auffallend häufig1357 nun Leid und Tod der französischen Zivilisten unter dem Bombardement der Angreifer wie auch den von den Alliierten ins Land gebrachten Kampfhandlungen.1358 Dabei wurden auch ausgesprochene Gräueltaten behauptet, etwa dass die Alliierten französischer Arbeiter in deutsche Minenfelder getrieben hätten, um sich auf diese Weise einen Weg zu bahnen.1359 Dazu wurde auch immer wieder

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Vgl. ebd. Dieses Einvernehmen wurde auch nachfolgend behauptet, vgl. etwa das Bild in VB 227 v. 14.8.1944, S. 6. Insgesamt hatte diese Art von Berichterstattung aber eine nur geringe Bedeutung in der Propaganda um den Kriegseinsatz der SS, vgl. Abs. 4.4.b) dieser Arbeit und die Anhänge 60 und 61. Vgl. etwa: »Das Gesicht des Kampffeldes«, in: DAZ 163 v. 15.6.1944, S. 5; »Zwischen Nacht und Morgen«, in: VB 170 v. 18.6.1944, S. 1 f; »Englands Mordkonto«, in: VB 173 v. 21.6.1944, S. 3; »Befreier oder Liberator«, in: SK 26 v. 29.6.1944, S. 3; »Die ermordete Stadt«, in: VB 235 v. 22.8.1944, S. 3. Vgl. »Franzosen von Briten in Minenfelder getrieben«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 1. Zu erwähnen bleibt aber, dass auch die PK der WM Artikel veröffentlichte, in denen die Westalliierten als »Untermenschen« bezeichnet, als von Juden gesteuert und eines Massenmordes an französischen Kindern beschuldigt wurden, vgl. »Invasion und Gangstertum«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 4.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

von vorgeblichen alliierten Luftangriffen auf Flüchtlingskolonnen berichtet.1360 Die Folge war immer gleich, ein unbändiger Hass der Franzosen auf ihre westalliierten »Befreier«. Zwar entbehrte das nicht jeder Grundlage, schließlich hatten die Alliierten tatsächlich französische zivile Opfer ihrer Angriffe mehr oder weniger billigend in Kauf genommen und so eine prodeutsche Haltung von Teilen der lokalen Bevölkerung provoziert.1361 Der tatsächliche Hintergrund für eine solche Propaganda liegt jedoch auf der Hand. Noch verstärkt durch die Parallele zu den nun ebenso oft erwähnten deutschen zivilen Opfern des alliierten Bombenkrieges1362 und analog der truppenintern bei den im Westen liegenden deutschen Verbänden und insbesondere bei der Waffen-SS betriebenen Hasspropaganda1363 hoffte man so der deutschen Bevölkerung den westlichen Gegner ähnlich verachtenswert wie die sowjetischen Truppen erscheinen zu lassen. Als die SS-Verbände dann den Kampf gegen diesen Feind aufnahmen, handelten sie in der Darstellung der SSPropaganda auch als militärischer Arm der verwirklichten Volksgemeinschaft wie auch als Abordnung des »Neuen Europas« und leisteten so einen Beitrag zur Stärkung der inneren Front.1364 Für eine solche Art der Darstellung waren die SS-Verbände besonders gut geeignet, wurden sie doch auch bei der Abwehr der am 6. Juni 1944 an der Küste der Normandie gelandeten alliierten Truppen1365 durch die SS-PK in üblicher Weise mit den ideologischen Merkmalen des politischen Soldaten dargestellt, hätten also auch diesem angloamerikanischen Feind gegenüber die gleiche harte und unnachgiebige Kriegsführung wie gegen den bolschewistischen Gegner gezeigt. Dazu kamen die üblichen Attribute höchster militärischer Fähigkeiten. Zusammen mit der hier bereits quantitativ festgestellten großen Zahl an SSKriegsberichten muss so zeitgenössisch der Eindruck entstanden sein, die WaffenSS spiele eine wichtige, ja entscheidende Rolle in den Kämpfen der Normandie bzw. Frankreich.1366 So hieß es etwa schon in einem am 13. Juni veröffentlichten Artikel der SS-PK, dass »schon die ersten 48 Stunden zahllose Beispiele für eine 1360

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Vgl. »Eingreifdivision rückt an die Invasionsfront«, in: VB 183 v. 1.7.1944, S. 3; »Auf Leben und Tod«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 1; »SS-Panther packen zu!«, in: SK 29 v. 20.7.1944, S. 6 f. Vgl. Lieb, Krieg, S. 207-219. Vgl. etwa: »›Wir haben sie hassen gelernt‹«, in: DAZ 162 v. 14.6.1944, S. 5; »Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3; »Das große Abenteuer«, in: SK 25 v. 22.6.1944, S. 6. Gerade die Verweise auf die alliierten Luftangriffe scheinen ein wirkungsvolles Element dieser deutschen Hasspropaganda gewesen zu sein: Zumindest entwickelten deutsche Soldaten noch in den alliierten Gefangenenlagern wegen der Zerstörungen im Reich regelrechte Rachephantasien, vgl. Müllers, Elite, S. 42. Vgl. Lieb, Krieg, S. 137-141. So auch Leleu, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 675. Entsprechende Hinweise ebenso bei Schröder, vgl. ebd., Kriegsbericht, S. 147, 150-152, 158, 169. Auf diesen Zusammenhang wurde im SK auch ausdrücklich verwiesen: »Sie [die Alliierten, Anm. d. Autors] stießen [...] auf eine Jugend, die aus dem Wissen um die Größe der Gefahr, aus dem Schmerz um die vom Terror verwüstete Heimat die Kraft zu einem Kampf ohne Gnade zogen.« Siehe: »SS Brigadeführer Witt«, in: SK 26 v. 29.6.1944, S. 6 f, hier 6. Für eine Darstellung der alliierten Invasion in der Normandie und der nachfolgenden Schlacht um Frankreich siehe: Vogel, Kriegführung, S. 536-605. Vgl. die Anhänge 27 und 28. Damit bestätigen sich die Erkenntnisse anderer Autoren, vgl.Uziel, Warriors, S. 322; Schröder, Kriegsbericht, S. 143 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

473

überlegene Haltung und für eine Tapferkeit, die mit den schwierigsten Lagen fertig wurde« bei der SS-Division »HJ« zu verzeichnen gewesen seien und der Verlauf dieser ersten Kampfhandlungen auch insgesamt zeigen würde, dass »das Glück auf unserer Seite«1367 sei. Gewiss, eine solche Berichterstattung beruhte, trotz aller damit verbundenen Absichten, zumindest ein Stück weit auch auf der Realität. Da von den zehn in der Normandie im Juli 1944 eingesetzten deutschen Panzer- und Panzergrenadierdivisionen gleich sechs der Waffen-SS angehörten, hatten die SS-Truppen hier tatsächlich erstmals eine tragende, wenn auch nach den neuesten Erkenntnissen nicht ganz so wichtige Rolle bei einer Großoperation des Krieges inne.1368 Vor allem aber wurde anhand solcher Berichte die moralerhaltende Funktion der Propaganda um die Waffen-SS sichtbar:1369 Denn gerade am Beispiel der SS-Soldaten wurde immer wieder die nun zu verbreitende Propagandaformel von der generellen kämpferischen Überlegenheit des deutschen Einzelkämpfers1370 gegen den, wie freimütig zugegeben wurde, mit einer gewaltigen materiellen Übermacht angreifenden alliierten Feind dem Volk demonstriert. Man hoffte die »Übermacht des Glaubens und Könnens über das Material«1371 vor Augen zu führen, wenn etwa beschrieben wurde, wie SS-Grenadiere nach einem Beschuss mit über 15.000 Granaten immer noch die Kraft gefunden hätten, in einem Gegenstoß den Feind anzugreifen und vernichtend zu schlagen.1372 In einem anderen Artikel wurde berichtet, wie ein SS-Mann alleine sechs Panzer im Nahkampf gesprengt habe,1373 oder wie zwei SS-Soldaten gegen eine hundertfache Übermacht britischer Fallschirmjäger gesiegt hätten, indem sie die Artillerie auf den eigenen Standort gelenkt hätten.1374 Auch ausdrücklich verwiesen die SS-Kriegsberichter darauf, dass es solche Einzeltaten seien, »die den Ablauf der Invasionskämpfe in ihrer Gesamtheit entscheidend beeinflussten.«1375 Dem gleichen moralerhaltenden Zweck diente erkennbar auch die wieder besonders herausgestellte Ausrüstung der SS-Divisionen mit Panzern des Typs »Tiger«, bzw. nun auch »Panther«, wie auch sonstiger schwerer panzerbrechender

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»Im Nahkampf gegen Kanadier«, in: VB 165 v. 13.6.1944, S. 3. Ähnlich etwa auch: »Die Antwort der ›Pimpfen-Division‹«, in: VB 180 v. 28.6.1944, S. 3; »Unvergleichliche Grenadiere«, in: SK 30 v. 27.7.1944, S. 8. Vgl. Neitzel, Forschens, S. 415; Lieb, Krieg, S. 424-444. Für die Einschränkungen siehe: Leleu, Waffen-SS, S. 744. Das hatte bereits Leleu erkannt, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 669. Vgl.Uziel, Warriors, S. 330 f. »Ein SS-Panzerkommandant«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 6. »Die Unbedingten«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 6. Einen ähnlichen Inhalt haben etwa: »Contentin – die Hölle auf Erden«, in: SK 27 v. 6.7.1944, S. 6; »Auf Leben und Tod«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 1 f; »Im Trommelfeuer der Schlacht von Caen«, in: VB 197/198 v. 15./16.7.1944, S. 2. »Im Nahkampf gegen Kanadier«, in: VB 165 v. 13.6.1944, S. 3. Vgl. »Zwei junge Grenadiere vor Caen«, in: VB 172 v. 20.6.1944, S. 3. »Kampf um ein Schloß an der Invasionsfront«, in: VB 192 v. 10.7.1944, S. 6. »Die Antwort der ›Pimpfen-Division‹«, in: VB 180 v. 28.6.1944, S. 3.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Waffen,1376 auch wenn diese Feuerkraft insbesondere in der Schlacht um die Normandie tatsächlich eine enorme Bedeutung für die Erfolge der SS-Divisionen hatte.1377 Denn gerade solche Erfolge nutzte die SS-PK immer wieder, um sie in der Form von Heldengeschichten und damit ganz nach dem Geschmack des RFSS zu erzählen.1378 Das beste Beispiel dafür ist der Propagandawirbel, der schon zeitgenössisch um die bis heute v.a. im angelsächsischen Raum bekannte Tat des SS-Hauptsturmführers Michael Wittmann gemacht wurde. Dieser hatte am 13. Juni 1944 in den Gefechten im Invasionsraum vorgeblich mit seinem »Tiger«Panzer in wenigen Minuten 25 feindliche Panzerfahrzeuge abgeschossen.1379 In insgesamt vier Artikeln wurden in den hier untersuchten Zeitungen immer neue Details dieser Tat beschrieben, etwa, dass den Feind angesichts eines solchen Angriffsgeistes der Mut verlassen habe, durch die Tat die Gefahr für das gesamte Korps abgewendet worden sei,1380 oder, so das SK, dass Wittmann mit seiner »einzigartigen Begabung [...] einer jener absoluten kriegerischen Menschen [sei], die über den Beruf des Soldaten hinaus zu Künstlern geworden sind.«1381 Selbst die nach dem Krieg so oft wiederholte Zahl von 138 abgeschossenen Panzern und 132 gleichfalls von ihm vernichteten Panzerabwehrgeschützen fand sich bereits in der damaligen Berichterstattung.1382 Aber nicht nur die SS-Propaganda, sondern viel entscheidender auch die offiziellen Verlautbarungen des Regimes erweckten den Eindruck einer wichtigen, ja entscheidende Rolle der SS-Verbände in der Schlacht um die Normandie. Das galt zwar in dieser Kriegsphase nicht für den WMB,1383 auffallend war aber die große Zahl der an SS-Soldaten verliehenen höheren Orden, was wiederum Anlass gab zu einer großen Zahl an teilweise ausführlichen Ordensberichten, die noch Monate später in den Zeitungen zu finden waren.1384 Daneben wurden die SS-Truppen 1376

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Vgl. etwa: »Eingreifdivision rückt an die Invasionsfront«, in: VB 183 v. 1.7.1944, S. 3; »Die zehn langen Tage«, in: VB 188 v. 6.7.1944, S. 3; »Panther schlagen zu«, in: VB 193 v. 11.7.1944, S. 3; »Härtester Widerstand zwischen Loire und Seine«, in: VB 236 v. 23.8.1944, S. 3; »SS-Panther packen zu!«, in: SK 29 v. 20.7.1944, S. 6 f; »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 729, 731; Lieb, Krieg, S. 113. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 723. Neben dem nachfolgenden Bsp. etwa auch in: »Schütze S. übernimmt das Kommando«, in: VB 211/212 v. 29./30.7.1944, S. 3. Vgl. Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 261 f. Für die Popularität dieser Tat im angelsächsischen Raum wie auch die Zweifel an der immer gegebenen Zuverlässigkeit von Abschusszahlen vgl. Neitzel, Forschens, S. 413, FN 36; Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 306. Vgl. »Einer gegen alle«, in: VB 175 v. 23.6.1944, S. 3; »Die ersten Schwerter an der Atlantikfront«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3, auch: DAZ 174 v. 26.6.1944, S. 1; »Ein SS-Panzerkommandant«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 6. »Michael Wittmann, der Panzertöter«, in: SK 31 v. 38.1944, S. 6 f. Auch in der WS wurde Wittmann als »einer der erfolgreichsten und gefürchtetsten« Panzersoldaten gefeiert, vgl. WS 726 v. 3.8.1944. Vgl. »Die ersten Schwerter an der Atlantikfront«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3; Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 306. So wurden zwischen dem 6. Juni und Anfang August 1944 sieben mal hervorragende Taten der SS-Verbände im WMB besonders gewürdigt, die hier eingesetzten Panzerdivisionen des Heeres allerdings vergleichbar häufig, vgl. Cerff, Waffen-SS, S. 68-72; Leleu, Waffen-SS, S. 721; Lieb, Krieg, S. 427. Insgesamt wurden an die sechs an der Invasionsfront eingesetzten SS-Divisionen 60 RK aller Stufen verliehen, vgl. Lieb, Krieg, S. 426, 581-583. In VB und DAZ wurde der letzte in dieser Untersuchung festgestellte RK-Bericht mit Bezug zur Invasion Anfang September 1944 veröffentlicht, im SK gar

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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wieder in der Wochenschau intensiv berücksichtigt. Bis Anfang September 1944 wurde hier ihre wichtige Rolle in den Kämpfen in Frankreich in fast jeder Ausgabe besonders hervorgehoben.1385 Aber auch in den sonstigen Meldungen des DNB kam der Waffen-SS ein außergewöhnlich hohes Maß an Aufmerksamkeit zu. Beispielsweise wurde immer wieder auf die Zahl der Panzerabschüsse durch die SS-Divisionen verwiesen und diese geradezu zum Beweis der deutschen Erfolge gemacht.1386 Die weit ansehnlicheren Abschusszahlen von Heereseinheiten wie etwa der Panzerlehrdivision1387 fanden hingegen in den hier untersuchten Medien kaum je Beachtung. Wie sich schon in der quantitativen Analyse angedeutet hatte,1388 stand in den ersten Wochen der Invasion insbesondere die SS-Division »HJ« im Mittelpunkt der Berichterstattung. Das ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass sie bis Ende Juni die einzige SS-Panzerdivision war, die in der Normandie im Einsatz war und so der Einsatz der Waffen-SS an diesem Schauplatz am Besten an ihrem Beispiel illustriert werden konnte.1389 Zum Tragen kamen hier vielmehr erkennbar auch viel weitergehende Motive. So hatte sie weiterhin auch eine Vorbildfunktion im Rahmen der umfassenden Mobilisierung der deutschen Kräftereserven zu erfüllen. Insofern war die Propaganda um die SS-Division »HJ« ein erster Schritt auf einem Weg, der über die Aufstellung der Volksgrenadierdivisionen und der Bildung des Volkssturms zu einer Mobilisierung des ganzen deutschen Volkes für den »Endkampf« führen sollte.1390 Dazu diente die Hervorhebung der Kampfkraft der ganz jungen Angehörigen dieser SS-Einheit auch dem Zweck, offensichtlich bestehende Befürchtungen vor einem Nachlassen der Qualität und Motivation des deutschen Nachersatzes zu konterkarieren. Schließlich war gerade in dieser Zeit, im Gefolge des Bombenkrieges und der Niederlagen im Osten, bei der Jugend im Reich vielfach wenig Begeisterung für einen Kriegseinsatz zu finden.1391 In der SS-Propaganda war hingegen immer wieder von der »unerschütterlichen Kampfmoral« des deutschen Nachersatzes zu lesen, der die englische Hoffnung auf deren Demoralisierung schnell zerstört habe.1392 Für beide Zwecke war es unabdinglich, einen besonders vorbildlichen Einsatz der jungen Soldaten zu behaupten. Angesichts der Rolle der HJ als Staatsjugend-

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Anfang Februar 1945, vgl. »Die Schwerter verliehen«, in: DAZ 242 v. 2.9.1944, S. 1; »Mit Schwertern ausgezeichnet«, in: VB 247 v. 3.9.1944, S. 2; »Die Schwerter für SS-Brigadeführer Heinz Harmel«, in: SK 5 v. 1.2.1945, S. 3. Vgl. WS 719 v. 14.6.1944; WS 720 v. 21.6.1944; WS 721 v. 28.6.1944; WS 722 v. 5.7.1944; WS 723 v. 13.7.1944; WS 724 v. 20.7.1944; WS 725 v. 27.7.1944; WS 726 v. 3.8.1944; WS 727 v. 10.8.1944; WS 728 v. 17.8.1944; WS 729 v. 23.8.1944; WS 731 v. 6.9.1944. So auch Uziel, Warriors, S. 322. Vgl. etwa: »Härtester Widerstand zwischen Loire und Seine«, in: VB 236 v. 23.8.1944, S. 3. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 735. Vgl. die Anhänge 8 und 9 sowie Abs. 4.4.a) dieser Arbeit. Vgl. Knopp/Neitzel, Waffen-SS, S. 302. Vgl. Ueberschär/Müller, Ende, S. 48. Vgl. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 992. Vgl. »Mit der Erfahrung aller Fronten...«, in: VB 190 v. 8.7.1944, S. 3. Ähnlich auch: »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7; »Nazis bis auf die Knochen«, in: VB 248 v. 4.9.1944, S. 1 f.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

organisation des Dritten Reiches und der bei ihr ohnehin jahrelang betriebenen Glorifizierung des Krieges und des Soldatentodes,1393 liegt auf der Hand, dass dieser Einsatz in der NS-Propaganda vor allem am konkreten Beispiel ihrer symbolträchtigsten Frontabordnung, eben der SS-Division »HJ«, demonstriert wurde.1394 Ganz unabhängig davon vereinte gerade die Figur des jungen Soldaten aber auch eine Reihe von idealen Eigenschaften, welche sich besonders gut in der NSKriegspropaganda instrumentalisieren ließen. So waren gerade Taten junger Soldaten besonders geeignet, sie in der Form von mythischen Heldengeschichten zu erzählen. Denn im Mythos ist der jugendliche Held generell körperlich stark, daher furchtlos, draufgängerisch, selbstbewusst und unkompliziert. Er stürzt sich tatendurstig und entscheidungsfreudig auf seine Unternehmungen, ist dabei sachlich und nüchtern in seinem Urteil, aber fröhlich und optimistisch in seinem Wesen, dazu oft naturverbunden, unschuldig wie auch keusch und rein in seinem Denken. Ein solch junger Held gehört immer zu den Besten des Volkes und ist damit das am höchsten zu bewertende Opfer auf dem »Altar des Vaterlandes«, dem Schlachtfeld.1395 Gerade die Interpretation des Sterbens der Jugend im Kriegseinsatz als sakrale Handlung für die Zukunft der Nation war als Kern des »Mythos von Langemarck« in dieser Zeit noch fest im allgemeinen Bewusstsein verankert1396 und konnte so auf eine breite Akzeptanz bei den Adressaten dieser Botschaften, also dem deutschen Volk, hoffen. Jugendlichkeit hatte überdies auch eine besondere Bedeutung in der biologistischen Ideologie des NS, wo das natürliche Entwicklungsschema von Blüte, Reife und Verfall auch auf historische Phänomene angewendet wurde. In dieser Weltsicht sagte somit das Alter eines Staates oder einer Partei auch etwas über deren Zukunftsaussichten aus. Wenn also in der NS-Propaganda die Jugend der Soldaten betont wurde, so meinte man damit immer auch einen Vorteil des Dritten Reiches gegenüber seinen Feinden aus den »überlebten«, zum Untergang bestimmten »alten« Nationen.1397 Alle diese Aspekte, also eine besondere Betonung ihres massenhaften freiwilligen Kriegseinsatzes, ihrer hohen Moral und besonderen, heldischen Kampfkraft waren tatsächlich von Anfang an charakteristisch für die gesamte NS-Propaganda um die jungen Soldaten und insbesondere um die SS-Division »HJ« und ließ 1393

1394

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Vgl. nur die diesbezüglichen anschaulichen Beschreibungen bei Klose, Generation, S. 237; Klönne, Jugend, S. 144 f. Vgl. »Die Kriegsfreiwilligen von 1944«, in: VB 248 v. 4.9.1944, S. 3. Es bleibt zu erwähnen, dass, wenn auch in einem weit geringeren Umfang, der vorbildliche Kampf des jungen Nachersatzes aus der HJ auch anhand ihres Einsatzes in Einheiten der WM veranschaulicht wurde. Meist handelte es sich bei diesen um die Heeres-Division »GD«, vgl. etwa: »›Leibregiment des deutschen Volkes‹«, in: VB 171 v. 19.6.1944, S. 3; »Es gibt nur noch ein Vorwärts und Aufwärts«, in: VB 8.8.1944, S. 2. Aber auch die Marine hatte ab Dezember 1944 eine Sturmbootflotille mit dem Namen »HJ«, vgl. »Der Führer ehrt junge Einzelkämpfer der Marine«, in: DAZ 329 v. 10.12.1944, S. 1. Ebenso wurde eine HJ-Zugehörigkeit auch in Artikeln über die Luftwaffe erwähnt, vgl. etwa: »So schlugen unsere Jäger zu«, in: VB 3 v. 4.1.1945, S. 2. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 188 f. Vgl. Ketelsen, Literatur, S. 173-181. Vgl. Behrenbeck, Kult, S. 188.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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letztere in den deutschen Medien zumindest zeitweise zu einem Hoffnungsträger auf einen doch noch möglichen »Endsieg« aufsteigen.1398 So wurde schon weit vor Beginn der Kämpfe im März 1944 die Kriegsfreiwilligkeit im VB nicht nur zum »untrüglichen Maßstab für die Höhe der Kriegsmoral im fünften Kriegsjahr« erklärt und versichert, dass diese »himmelweit höher stehe« als im Ersten Weltkrieg. Darüber hinaus sollte diese Freiwilligkeit, die schon als Grundlage des politischen Soldatentums den Sieg der NS-Revolution erst möglich gemacht habe, auch einen unschätzbaren Vorteil gegenüber den deutschen Feinden darstellen. Denn sie sei ein Charakteristikum der nationalsozialistischen WM und werde dort gerade dadurch sichtbar, dass sich insbesondere die ganz jungen Soldaten zu den »verwegensten Unternehmungen« freiwillig melden würden, »immer und überall, auch bei den Meldungen zu gefährlichen Stosstruppunternehmungen und verwegenen Vorstößen [...] ist der derselbe Geist zu spüren, den der Führer erweckt hat und der uns unbezwinglich macht.«1399 Gerade in der Hitler-Jugend, so wurde in den folgenden Monaten vielfach wiederholt, wie auch in den Wehrertüchtigungslagern würde dieser Geist besonders gepflegt.1400 Ab dem Beginn der Kämpfe war es dann in erster Linie der aufopferungsvolle, fanatische Einsatz der SS-Division »HJ«1401 welcher zum Beweis für die Überlegenheit der komplett vom NS-Gedankengut durchdrungenen deutschen Jugend gemacht wurde. So war schon das Beispiel für die enttäuschte feindliche Hoffnung auf eine nachlassende Moral des deutschen Nachersatzes »die vielen bekannten (und uns heute noch unbekannten) Heldentaten unser Allerjüngsten von der SS-Panzerdivision ›Hitler-Jugend‹«1402 Am prägnantesten wurde die hohe Moral der deutschen Jugend aber in einem schon eher rückschauenden SS-PK-Artikel vom August 1944 dem Leser vor Augen geführt. Als »Erben der Revolution« der NS-Bewegung würde sie in todesverachtender Entschlossenheit um Bestand und Zukunft des nationalsozialistischen Lebens kämpfen. Dabei sei es der »geschichtliche Auftrag« der SS-Division »HJ«, in der Normandie stellvertretend für die gesamte deutsche Jugend deren fanatischen Glauben an den NS der Welt vor Augen zu führen und gleichzeitig die mit dieser »Kraft der Unbedingtheit« verbundene Überlegenheit über die Massen an Material und Menschen des Gegners aufzuzeigen.1403

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Welchen Kampfwert die SS-Division HJ tatsächlich hatte, ist in der Forschung umstritten. So attestiert ihr Peter Lieb an der Invasionsfront eine überdurchschnittliche Ausrüstung und Kampfstärke, vgl. ebd, Krieg, S. 112 f, 424-431. Jean Luc Leleu dagegen sieht bei ihr gravierende Fehlentscheidungen ihrer Offiziere und insgesamt nur durchschnittliche Leistungen in der Normandie, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 734-737. »Die Kriegsfreiwilligkeit«, in: VB 87 v. 27.3.1944, S. 3. Vgl. etwa: »Die Unbedingten«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 6; »Hitler-Jugend im Spiegel der Musterung«, in: VB 222 v. 9.8.1944, S. 6; »Der Führerglauben der jungen Soldaten«, in: VB 339 v. 17.12.1944, S. 1. Die SS-Division »HJ« war wohl tatsächlich als der am stärksten ideologisierte Verband im Westen, vgl. Lieb, Krieg, S. 114. »Mit der Erfahrung aller Fronten...«, in: VB 190 v. 8.7.1944, S. 3. Vgl. »Die Erben der Revolution«, in: VB 218/219 v. 5./6.8.1944, S. 3. Vgl. auch Schröder, Kriegsbericht, S. 155.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Der enthusiastische Einsatz dieser ganz jungen Soldaten auf dem Gefechtsfeld, die geradezu darauf brannten, sich auf den Feind stürzen zu können, blieb von nun an ihr Kennzeichen in der Berichterstattung. So hieß es beispielsweise in einem Artikel der SS-PK im VB: So sind sie, diese Jungen. Da besichtigt ihr Divisionskommandeur eine Kompanie, die soeben als Reserve aus der Hauptkampflinie gezogen wurde und sieben Tage schwersten Einsatzes hinter sich hat. Im Halbkreis stehen die erdverkrusteten Jungen, die eben den ersten Ritterschlag der Schlacht empfingen, um den alten Panzerführer und Eichenlaubträger. Er sagt ihnen anerkennende Worte über ihren Einsatz und [...] fragt sie dann nach ihren Wünschen. Einen Moment ist alles still, dann fasst sich einer aus der Mitte ein Herz, tritt einen Schritt vor und sagt nur vier Worte: »Angreifen wollen wir, Standartenführer!«1404

Aber auch abseits der SS-PK-Artikel war dies der Tenor der Berichterstattung über die SS-Division »HJ«, etwa wenn es in einem in der DAZ veröffentlichter Appell des Generaloberst Guderian an die deutsche Jugend hieß: »Ihre Freiwilligen aus der Hitler-Jugend haben sich überboten im Anstürmen gegen die feindlichen Panzer. Sie haben sich die Faustpatronen gegenseitig aus der Hand gerissen, um als erste den schweren Kampfauftrag zu erfüllen. Weder durch Bombenteppiche noch durch schwere Schiffsartillerie sind sie zu erschüttern gewesen.1405

Gerade diese Begeisterung der jungen Soldaten, die sich zwar nicht singend, aber doch enthusiastisch dem Feinde entgegenwarfen, um das Vaterland und dessen vermeintlich höchsten Wert, nun die NS-Revolution, zu retten, lässt einen gewollten Gleichklang mit dem »Mythos von Langemarck«1406 augenfällig werden. Auf der anderen Seite wich man hier jedoch auch deutlich von der ursprünglichen Botschaft ab. Im Gegensatz zu den Absichten in der Zeit des Ersten Weltkrieges bzw. den Deutungen der Zwischenkriegszeit ging es hier nicht darum, eine militärische Niederlage in einen moralischen Sieg zu verwandeln.1407 Im Gegenteil sollte dieser fanatische Einsatz der jungen Soldaten vor allem Hoffnung verbreiten. Denn direkt oder indirekt wurde immer wieder die Botschaft vermittelt, dass die Alliierten selbst mit ihrer gewaltigen materiellen Überlegenheit gegen Soldaten mit einem solchen Geist nichts ausrichten könnten. So hieß es etwa im SK, dass man sich selbst mit einem »glühendheißen Herzen [...] der Grausamkeit des blindmordenden Materials nicht entziehen [kann] – aber: wer übrigbleibt, kämpft weiter!«1408 1404

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»Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 180 v. 28.6.1944, S. 3. Einen ähnlichen Inhalt haben etwa auch: »Zwei junge Grenadiere vor Caen«, in: VB 172 v. 20.6.1944, S. 3; »Ein SS-Panzerkommandant«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 6; »Eichenlaubträger Brigadeführer Witt«, in: DAZ 167 v. 19.6.1944, S. 3; »Die große Probe«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 7 f; »Unvergleichliche Grenadiere«, in: SK 30 v. 27.7.1944, S. 8; »Sie kämpfen wie die Löwen«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 8. »Generaloberst Guderian an die deutsche Jugend«, in: DAZ 243 v. 3.9.1944, S. 2. Ähnlich etwa auch: »Vom Wehrertüchtigungslager der schwäbischen Jugend«, in: VB 229 v. 16.8.1944, S. 5.; »Panzergrenadiere der SS-Panzerdivision ›Hitlerjugend‹«, in: DR 36 v. 3.9.1944, S. 1. Für dessen grundlegende Merkmale vgl. Hüppauf, Schlachtenmythen, S. 45-51. Vgl. ebd., S. 46. »Die Unbedingten«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 6. Ähnlich etwa auch: »Der Tag des Grenadiers«, in: SK 35 v. 31.8.1944, S. 6.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Im infanteristischen Gefecht Mann gegen Mann waren die Angloamerikaner laut den Berichten immer hoffnungslos unterlegen, da diesen, wie es das SK einmal ausdrückte, die Leidenschaft, das »soldatische Ethos« fehle.1409 War dies sicherlich auch auf die schon angesprochene Formel von der Überlegenheit des deutschen Einzelkämpfers zurückzuführen und entsprach das zudem einer in den deutschen Truppenführung vor Ort weit verbreiteten Meinung,1410 so ist doch auffällig, dass insbesondere der Kampf der Jugendlichen der SS-Division »HJ« als so fanatisch beschrieben wurde, dass sie sogar zu einer Art besonderer Geheimwaffe erklärt wurden, mit der das Deutsche Reich niemals geschlagen werden könne.1411 Dennoch wurde in dieser Propaganda nur selten und nur abseits der SS-PKBerichte ausdrücklich auf den »Mythos von Langemarck« verwiesen. So trat in einem PK-Bericht des Heeres als Gewährsmann ein Soldat aus dem Weltkrieg auf, der zu Beginn der Invasion seine Eindrücke über die in den Divisionen des Heeres und der Waffen-SS versammelte »Elite der deutschen Jugend« mit den Worten zusammenfasste: »Die Geister von Langemarck haben von jungen Herzen Besitz ergriffen. Ich fühle sie in verwandelter Gestalt um mich.«1412 Ebenso wurde in einem Bericht einer Heeres-PK über den Kampf in der eingeschlossenen Stadt Breslau aus dem März 1945 zunächst ausdrücklich auf die Jugendlichkeit der dort eingesetzten SS-Soldaten verwiesen und dann wörtlich ausgeführt: »Die SS-Männer waren blitzschnell aus ihrem Graben gesprungen und haben, spontan das Deutschland-Lied anstimmend, gestürmt.«1413 Die SS-PK verwies jedoch niemals direkt auf den »Geist von Langemarck«, was augenscheinlich daran lag, dass das von ihr verbreitete Image der Waffen-SS sich ja an dem, in vielerlei Hinsicht konträren, Leitbild des »Verdun-Kämpfers« orientierte. Dieser vereinte Härte, Kaltblütigkeit, eisernen Willen und eine maschinenhafte Funktionalität in sich.1414 Gerade in den Berichten von der Invasionsfront wurden andere SS-Verbände, vielleicht beeinflusst von der Übereinstimmung von Ort, Gegner und, unter den Bedingungen der »größte[n] Materialschlacht aller Zeiten«,1415 vor allem auch der Natur der Kämpfe, von der SS-PK vielfach mit den Eigenschaften dieses in Verdun geborenen »Neuen Menschen« beschrieben. Überdeutlich trat dies in dem SS-PK-Artikel »Der Zugführer«, zutage, der Ende August 1944 im VB erschien: Die Keulenschläge dieser blindwütigen Zerstörung prägen unter den beuligen Helmen das hellwache Antlitz einer neuen Frontgeneration. Ihr Kleid ist jetzt die krustige Erde selbst. Ihre Faust klammert sich mit dem automatischen Fanatismus der hundertfachen 1409

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Vgl. »Das große Abenteuer«, in: SK 25 v. 22.6.1944, S. 6 f. Ähnlich auch : »Im Nahkampf gegen Kanadier«, in: VB 165 v. 13.6.1944, S. 3; »Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3; »Die zehn langen Tage«, in: VB 188 v. 6.7.1944, S. 3; »Auf Leben und Tod«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 1 f. Vgl. Lieb, Krieg, S. 134. Vgl. etwa: »Eichenlaubträger Brigadeführer Witt«, in: DAZ 167 v. 19.6.1944, S. 3; »Das große Abenteuer«, in: SK 25 v. 22.6.1944, S. 6; »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7; »Begeisterung und Schwung Unterpfand unseres Sieges«, in: VB 342 v. 7.12.1944, S. 1. »An der Invasionsfront«, in: DAZ 163 v. 15.6.1944, S. 1 f, hier: 2. »In der Festung Breslau«, in: DAZ 66 v. 18.3.1945, S. 2. Vgl. Hüppauf, Schlachtenmythen, S. 59 f. Siehe auch Abs. 1.1 dieser Arbeit. »Auf Leben und Tod«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 1 f, hier: 2.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Todesüberwindung wie der Wulst einer Schweißnaht um ihre Waffen. Heisere Rufe! Und dazwischen der Lärm eines Höllenfeuers! [...] Was wissen sie noch, wer das Kommando gibt. Die Muskeln gehorchen jedenfalls, auch wenn sie längst schmerzen. In ihnen wuchtet einfach der überseelische Mechanismus dessen, was getan werden muß! [...] Das Denken, all diese Komplikationen ihres kulturbedingten Empfindungsbereiches sind wie verfallen vor diesem einen – dem Leben, dem Kampf, der Erhaltung der Gegenwart und dem Sieg! Wer aus ihren Augen lesen will, der gehe mit ihnen – er gehe, und er wird größer sein mit ihnen als der, der er war! So bleibt in dieser Glut ein hart verschmolzener Rest. Und dieser Rest greift an!1416

Es folgen Beschreibungen eigener Verluste wie auch von Massen an getöteten Feinden, am Schluss aber steht der Sieg der wenigen Übriggeblieben und der Triumph des SS-Geistes: »Aber es ist, als hätte sich seit den fünf Jahren so unsagbar wenig geändert, ja nichts – Waffen-SS, meine Waffen-SS! Ich glaube an Wunder – du bist mir gleich geblieben!«1417 Einen speziellen Charakter, analog etwa den nichtgermanischen SS-Einheiten, hatte die SS-Division »HJ« in der SS-Propaganda dennoch nur bedingt. Zwar war eine besondere Begeisterung und Jugendlichkeit ihr Kennzeichen, die Darstellung ihres Kampfes folgte jedoch grundsätzlich dem bei der SS-PK üblichen Muster. Bildlich gesprochen wurde in der Propaganda der SS die Begeisterung der ganz jungen SS-Soldaten in den gerade in der Waffen-SS verwirklichten »Neuen Menschen« der NS-Ideologie eingeschmolzen. Besonders deutlich kam das in dem hier schon zitierten Artikel »Die Erben der Revolution« zur Sprache. Hier war zu lesen, dass sich bei der SS-Division »HJ« bei allem Enthusiasmus im Gefecht vor allem der »Typus eines neuen Kämpfers« ausgeformt hätte, welcher etwa »Gelassenheit« beim Umgang mit neuen technischen Errungenschaften des Krieges zeige. Wurden also auch den jungen SSSoldaten überdeutlich Eigenschaften des idealen »Verdunkämpfers« angedichtet, so wurde hier auch ausgeführt: Sie gehen die [...] Panzer mit einem Ungestüm, aber auch gleichzeitig mit einer kühlen Besonnenheit an, als wäre in ihnen ein neues, bisher unbekanntes Element des Lebens zur Wirkung gekommen. Sie haben eine ausgezeichnete militärische Schulung. Ihre Führer [...] sind die Kommandeure und Männer aus den Traditionsdivisionen der Waffen-SS. Wer sie sieht, begreift das Geheimnis der Führung zu den Taten, die stündlich geschehen. Der blitzende, kühne Geist der Waffen-SS prägt das Verhältnis zwischen Führer und Mann. Erfahrung zügelt die Leidenschaft des Jungen, das stärker ausgebildete Bewusstsein nahender Gefahr umgibt die allzu Angriffslustigen mit warnenden Befehlen, im Angriff sind die Führer voran. So wächst unter schwersten Bedingungen die Division zur furchtgebietenden Einheit und schweißt sich an jedem Tag und in jeder Nacht der unaufhörlich rollenden Schlacht zu einem Begriff: »SS-PanzerDivision Hitler-Jugend«.1418

1416 1417

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»Der Zugführer«, in: VB 243 v. 30.8.1944, S. 3. Ebd. Ähnlich etwa auch: »Kampf zwischen den Ruinen«, in: SK 30 v. 27.7.1944, S. 3; »Triumph der Standhaften«, in: SK 37 v. 14.9.1944, S. 7. »Die Erben der Revolution«, in: VB 218/219 v. 5./6.8.1944, S. 3. Ähnlich prägnant auch: »Eichenlaubträger SS Brigadeführer Witt«, in: DAZ 167 v. 19.6.1944, S. 3; »SS Brigadeführer Witt«, in: SK 26 v. 29.6.1944, S. 6 f; »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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Auch an vielen anderen Beiträgen dieser Zeit gingen die an sich konträren Eigenschaften des Langemarck- und des Verdun-Kämpfers in der SS-Propaganda eine solche Verbindung ein. So traf die Härte des »Verdunkämpfers« auf die Begeisterung des Langemarck-Freiwilligen, Erfahrung auf Hingabe oder Alter auf Jugend,1419 wenn etwa ein SS-PK-Bericht in der DAZ die Angehörigen der SSDivision HJ als »Jungen, die heute schon so aussehen, als wären sie nicht noch unter den ersten Zwanzig ihres Lebens, sondern alte, erprobte Krieger«1420 beschrieb oder es ein anderer SS-PK-Bericht im VB prägnant auf den Punkt brachte: In der härtesten Schmiede, im Tanz der Schlachtschiffbreitseiten und in den Flächenwürfen der Viermotorigen wurde aus den unbeschwert-frischen Soldaten binnen Stunden Kämpfer geformt. Hart wurden in den ersten Tagen der Invasion ihre Gesichter, härter noch ihre Herzen. [...] Ihr größter Kummer war nicht der gelandete Gegner, seine Überlegenheit in der Luft oder die körperlichen Strapazen, sondern einzig und allein, dass sie sich dem Befehl gemäß an einer bestimmten Stelle eingraben und warten mussten.1421

Überdies war Jugendlichkeit und Enthusiasmus in der SS-Propaganda keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal der Division »HJ«, sondern wurde hier, korrespondierend mit dem tatsächlich geringeren Durchschnittsalter dieser SS-Einheiten,1422 bis Kriegsende vielfach auch in der Beschreibung der Einsätze anderer SS-Divisionen genutzt. So standen immer wieder die ganz jungen SS-Soldaten im Mittelpunkt der SS-PK-Berichte, auch sie typischerweise jung, mutig aber unerfahren, gleichzeitig aber auch erfüllt von dem Geist der SS, der auch sie nach Art des Verdun-Kämpfers »steinhart« werden lässt: »Sie [haben] einen tiefen, unbeirrbaren Glauben in sich, der sie erhält und der sie – oft instinktiv und unbewusst – handeln lässt: und das ist die Pflicht. Unkompliziert, einfach und gerade ist dieser uralte, heilige Begriff, reif und fest in ihren blutjungen Herzen verankert.«1423 Mit einer solchen Einstellung, so die SS-Propaganda, konnten sie selbst von dem gewaltigen Materialeinsatz des Feindes aus ihren Stellungen nie vertrieben werden, vielmehr hatten sie sogar unvermindert die Kraft zu stürmen, sei es an der Ostfront,1424 im Westen1425 oder auch in Italien.1426 Neben dem Gebrauch dieser mythischen Erzählmuster wurde ein überragender Kampfgeist der ganz jungen SS-Soldaten in der NS-Propaganda aber auch handfester plausibel gemacht. Dazu dienten die schon genannten, hervorgehobe1419

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Für diese konträren Eigenschaften des Verdun- und Langemarck-Kämpfers vgl. Hüppauf, Schlachtenmythen, S. 60. Vgl. »Wir haben sie hassen gelernt«, in: DAZ 162 v. 14.6.1944, S. 5. »Die Antwort der ›Pimpfen-Division‹«, in: VB 180 v. 28.6.1944, S. 3. Vgl. Lieb, Krieg, S. 113. »Im Panzernebel«, in: VB 278 v. 4.10.1944, S. 6. Ähnlich etwa auch: »Die Brücke über den Strom«, in: VB 299 v. 25.10.1944, S. 1. Etwa in: »Tarnopol«, in: SK 18 v. 4.5.1944, S. 6; »Getreu dem uralten Gesetz«, in: SK 48 v. 30.11.1944, S. 3; »Ein Jahr der Ehre«, in: SK 2 v. 11.1.1945, S. 6. Vgl. z. B.: »›Frundsberg‹ und ›Hohenstaufen‹«, in: SK 31 v. 3.8.1944, S. 7 f; »100 Männer stürmen ›176‹«, in: SK 36 v. 7.9.1944, S. 7; »Im Schnee und Eis der Ardennen«, in: SK 4 v. 25.1.1945, S. 3; »Das Beispiel Herrlisheim!«, in: SK 12 v. 22.3.1945, S. 5. Etwa in: »Junge Mannschaft aufs höchste bewährt«, in: SK 39 v. 28.9.1944, S. 6.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

nen Panzerabschusszahlen der Division »HJ«.1427 Genutzt wurde hierfür auch ihre wohl tatsächlich recht intensive Behandlung in den feindlichen Medien:1428 Herausgehoben wurden etwa der »höllische Respekt« der alliierten Soldaten vor ihr wie auch ihr »Weltruf«. Aufgrund ihrer Jugend hätten sie bei diesen nur »Blitzmänner mit den Jungengesichtern« »Milchflaschen-Division« oder »CrackBabies« gehiessen, ihren Namen kenne man auf beiden Seiten frontauf wie frontab.1429 Angesichts all dessen ist nicht verwunderlich, dass in den damaligen Medien als Zeichen der Anerkennung ihrer Leistungen durch die NS-Führung nicht nur das Lob von Reichsjugendführer Artur Axmann aufgeführt wurde, der sie etwa »Sinnbild einer wahrhaft nationalsozialistischen Division« und »Vorbild einer kämpferischen Jugend« nannte.1430 Ihr wurde auch die im Dritten Reich höchstmögliche Ehrung, also ein Lob durch Hitler persönlich, zuteil. Die SS-Division »HJ« habe nicht nur seine »höchste Anerkennung«1431 gefunden, sondern er habe gar geäußert: »Ich bin stolz auf meine Hitler-Jugend-Division«.1432 Darüber hinaus wurde nun auch der Verweis auf Hitler in ihrem Ehrennamen in der NSPropaganda besonders hervorgehoben und dazu genutzt, sie mit der »LAH« zu verknüpfen. So hieß es im VB, sie sei die Division, die »als zweite nach der ›Leibstandarte Adolf Hitler‹ den Namen des Führers tragen darf«.1433 Welche Bedeutung dem im Dritten Reich beigemessen wurde, zeigt beispielhaft eine Textstelle aus einem Beitrag des SK über die »LAH« vom Anfang dieses Jahres. Hier hieß es, in deren »vorbildlichen Kampfgeist [der LAH, Anm. d. Verf.] lebt der Geist Adolf Hitlers, liegt der Garant des Sieges, der uns nach den schwersten Kämpfen zuteil werden muß.«1434 Im SK wurde nun ausdrücklich darauf verwiesen, dass Führer der »LAH«, »deren Namen fast mehr dem Feinde als bei uns im Land Begriffe sind, haben sie ausgebildet, erzogen, geformt«1435 Damit wurde gleichzeitig auch bereits in der NS-Propaganda die ja tatsächlich vorhanden gewesene Verbindung zwischen die1427

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»Im Trommelfeuer der Schlacht von Caen«, in: VB 197/198 v. 15./16.7.1944, S. 2. Ähnlich z. B. auch: »Abwehrschlacht im Raum Caen«, in: DAZ 189 v. 11.7.1944, S. 1; »Die Unbedingten«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 6. Goebbels beschreibt in seinem Tagebuch solche Meldungen in den Medien der Feindstaaten, wo die Soldaten der »HJ« etwa als »Hitlers wahnsinnige Kinder« bezeichnet worden seien, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/13, S. 119. (15.7.1944). Tatsächlich wurde die »HJ« in den gegnerischen Militärakten immer wieder als Beispiel einer besonders kampfstarken deutschen Division beschrieben, vgl. Lieb, Krieg, S. 428. »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7. Ähnlich etwa auch: »Vorbild der kämpfenden Jugend«, in: VB 268 v. 26.9.1944, S. 2; »Die Antwort der ›Pimpfendivision‹«, in: VB 178 v. 26.6.1944, S. 3; »Vom Wehrertüchtigungslager an die Invasionsfront«, in: VB 229 v. 16.8.1944, S. 5; »Die Unbedingten«, in: SK 28 v. 13.7.1944, S. 6. »Auszeichnung der SS-Panzer-Division ›Hitler-Jugend‹«, in: DAZ 265 v. 27.9.1944, S. 5. »Generaloberst Guderian an die deutsche Jugend«, in: DAZ 243 v. 3.9.1944, S. 2. »Vom Wehrertüchtigungslager der schwäbischen Jugend«, in: VB 229 v. 16.8.1944, S. 5. Ähnlich auch: »Zwei junge Grenadiere vor Caen«, in: VB 172 v. 20.6.1944, S. 3; »Ein SS-Panzerkommandant«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 6. »Vom Wehrertüchtigungslager der schwäbischen Jugend«, in: VB 229 v. 16.8.1944, S. 5. »Vorbildlicher Kampfgeist«, in: SK 2 v. 13.1.1944, S. 3. »Phänomen einer Jugend«, in: SK 32 v. 10.8.1944, S. 7 f.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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sen beiden SS-Divisionen bekannt gemacht. Schließlich stellte bis in die Kompanien die »LAH« das Stammpersonal der »HJ«,1436 weshalb die »HJ« durchaus so etwas wie das »politisch-militärische Kind«1437 der Leibstandarte gewesen ist. Erschien damit gerade die Waffen-SS als die Organisation, in der die deutsche Jugend ihre Treue zum Regime beweisen und letzten Einsatz für den »Endsieg« zeigen konnte, ist es umso bemerkenswerter, dass diese Propaganda nun kaum noch mit einer ausdrücklichen Werbung für einen freiwilligen Eintritt in die SSDivisionen verbunden wurde. Dabei waren doch gerade für eine auf die HJ gerichtete Werbung die Voraussetzungen an sich bestens. Schließlich war die SS-PK in der Normandie sogar personell mit der HJ-Führung verflochten. Zumindest der hier schon vorgestellte Herbert Reinecker, gleichzeitig auch Oberbannführer in der Reichsjugendführung,1438 veröffentlichte als Kriegsberichter der SS-PK zahlreiche Artikel über den Kampf der SS-Division »HJ« an diesem Kriegsschauplatz.1439 Dennoch war in den Tageszeitungen in dieser Zeit keine über das Maß der vergangenen Jahre hinausgehende Zahl an Werbeanzeigen1440 und auch kein SSPK-Artikel zu finden, der die Freiwilligenwerbung der Waffen-SS behandelte. Die einzige Ausnahme war ein Beitrag des SK vom Mai 1944. Bemerkenswert an diesem war vor allem, dass hier der bekannt finstere Ruf der Waffen-SS bei ihren potenziellen Rekruten1441 offen thematisiert wurde. So schrieb der Autor, SSKriegsberichtet Hermann Schramm, dass »in der Waffen-SS nicht nur gestorben wird. Hier wird sogar sehr entschieden gelebt, und es ist gerade der glühende Lebenswille des ganzen Volkes, der sich in den SS-Divisionen verkörpert und vor allem deshalb immer wieder die unsterblichen Schlachtenerfolge an ihre Fahnen heftet [sic].« 1442 Die jugendlichen Leser sollten deshalb nicht auf das Gerede um »Himmelfahrtskommandos« oder »Todeskompanien« bei der Waffen-SS hören.1443 Insgesamt aber scheint man seitens des SS-Ergänzungsamtes auf großangelegte Werbeaktionen in den Zeitungen verzichtet zu haben. Insbesondere galt das nach dem 20. Juli 1944, dem Attentat auf Hitler. Dies ist nachzuvollziehen, hatte der RFSS doch nach diesem versuchten Umsturz ohnehin von Hitler Zugriff auf den Offiziersnachwuchs und die Freiwilligen des Heeres erhalten, womit die Kon1436 1437 1438 1439

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Vgl. Westemeier, Krieger, S. 248. Lieb, Krieg, S. 114. Vgl. Schreckenberg, Erziehung, S. 362 f. Vgl. Aurich u. a., Reineckerland, S. 52 f. Von ihm verfasste Artikel waren etwa: »Der Kampf ohne Gnade«, in: DAZ 160 v. 12.6.1944, S. 1; »Im Nahkampf gegen Kanadier«, in: VB 165 v. 13.6.1944, S. 3; »Das Gesicht des Kampffeldes«, in: DAZ 163 v. 15.6.1944, S. 5; »Eichenlaubträger SS-Brigadeführer Witt«, in: DAZ 167 v. 19.6.1944, S. 3; »Zwischen Nacht und Morgen«, in: VB 170 v. 18.6.1944, S. 1 f; »Michael Wittmann, der Panzertöter«, in: SK 31 v. 3.8.1944, S. 6 f. Wie weit verbreitet die kriegsverherrlichenden Artikel Reineckers über die hier untersuchten Medien hinaus v.a. in den Zeitschriften der HJ waren, zeigen Aurich u. a, vgl., ebd., Reineckerland, S. 36-42. Solche Anzeigen erschienen hier regelmäßig bis Kriegsende, z. B. in der DAZ letztmalig am 8.4.1945, vgl. »Aufnahmeuntersuchungen für Heer und Waffen-SS«, in: DAZ 84 v. 8.4.1945, S. 2. Vgl. Abs. 3.1.b) dieser Arbeit. »Freiwillige für die Waffen-SS«, in: SK 19 v. 11.5.1944, S. 7. Ebd.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

kurrenzsituation zur WM beendet war und die Gewinnung von Nachersatz für die SS-Divisionen kein Problem mehr darstellte.1444 Dies war nur eine Folge der nun drastisch geänderten Machtverhältnisse zwischen WM und Waffen-SS. Dem RFSS Himmler waren auch insgesamt von Hitler umfassende Vollmachten in der WM und vor allem gegenüber dem Heer übertragen worden, er war nun u. a. Befehlshaber des Ersatzheeres, Chef der Heeresrüstung, Oberbefehlshaber der Volksgrenadierdivisionen, aber vor allem auch »Chefreformer der Wehrmacht«.1445 Wie er etwa in seiner Rede am 3. August 1944 vor den Reichs- und Gauleitern der NSDAP in Posen erläuterte, setzte er alles daran, die WM mit der NS-Weltanschauung zu erfüllen und zu erziehen. Eine seine Maßnahmen dafür war, das Offizierskorps der ihm unterstellten Divisionen persönlich auf ideologische Grundwerte des NS wie Ehre, Treue, Gehorsam, Glaube oder Härte zu verpflichten.1446 Diese endgültige Entmachtung der WM zugunsten der Partei und damit auch der Waffen-SS war deutlich von den Titelseiten der deutschen Zeitungen abzulesen. Neben Überschriften wie »Die Wehrmacht erweist den deutschen Gruß«1447 titelte die DAZ etwa bei der Veröffentlichung des ersten Tagesbefehls Himmlers an das Ersatzheer: »Nationalsozialistische Volksarmee des Führers und seines Reiches«. In dem zugehörigen Kommentar hieß es überdies, nun habe eine neue Epoche in der Geschichte des deutschen Heeres begonnen.1448 Hitler hatte mit dieser drastischen Machtausweitung des RFSS auch die Hoffnung verbunden, dass das Beispiel der Waffen-SS mit ihrem Nimbus von ideologischer Standhaftigkeit und militärischer Schlagkraft so beim Heer Wirkung zeigen würde.1449 Deshalb war es nur folgerichtig, dass die Waffen-SS in der NS-Propaganda nun auch ausdrücklich zu einem Vorbild für den Kampf der Wehrmacht wurde. Natürlich bedeutete dies nicht, dass die WM öffentlich herabgesetzt wurde,1450 vielmehr wurde nun in der NS-Propaganda auffallend intensiv die gute Zusammenarbeit und Kameradschaft von Wehrmacht und Waffen-SS beschworen.1451 Dabei ging man sogar so weit, ausdrücklich zu betonen, dass sich die früheren Reibereien zwischen den beiden Truppen nun nicht mehr wiederho1444

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Vgl. Rohrkamp, Krieger, S. 484-493. Das Anwerben von SS-Freiwilligen lief dennoch weiter, vgl. ebd., S. 491, was das weiter fortgesetzte Erscheinen der Werbeanzeigen erklärt. Ebenso wurden aber auch Tausende Heeres- und Luftwaffenangehörige zwangsweise in die Waffen-SS überführt, vgl. Boberach, Überführung, passim. Vgl. Förster, Kriegführung, S. 621. Siehe die entsprechenden Ausführungen Himmlers in dieser Rede, abgedruckt bei Eschenburg, insbes. S. 392-394. Vgl. auch Förster, Kriegführung, S. 622. »Die Wehrmacht erweist den deutschen Gruß«, in: DAZ 203 v. 25.7.1944, S. 1. Vgl. »Nationalsozialistische Volksarmee des Führers und seines Reiches«, in: DAZ 212 v. 3.8.1944, S. 1. Der VB titelte zum gleichen Vorgang: »Beispielhaft in Treue, Leistung und Tat«, in: VB 216 v. 3.8.1944, S. 1. Für die Beurteilung als endgültige Entmachtung der WM vgl. Steinert, Krieg, S. 490. Vgl. Kunz, Wehrmacht, S. 102. Vgl. Förster, Kriegführung, S. 623. So wurde etwa im SK ein Auszug einer Rede Himmlers abgedruckt, in der er ausdrücklich betonte, er bringe dem deutschen Offizierskorps und der deutschen Armee sein vollstes Vertrauen entgegen. Er kenne keinen Unterschied zwischen SS und WM, für beide sei er Freund und Kamerad, vgl. »›Ehre ist Zwang genug‹«, in: SK 33 v. 17.8.1944, S. 6.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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len würden.1452 Dies stellt ein ungewöhnlich deutliches Eingeständnis auf die auch in den alliierten Gefangenlagern festgestellten1453 und gerade zwischen den im Invasionsraum versammelten Verbänden von Waffen-SS und Heer1454 ausgebrochenen Animositäten zwischen WM und Waffen-SS dar. Zwar waren solche Feindseligkeiten zuvor gelegentlich in der SS-Propaganda1455 oder der Freiwilligenwerbung1456 erwähnt worden. Da dies dabei aber immer als selbstverständlich falsche Behauptung der Feindpropaganda charakterisiert worden war, hatte bis dahin kein Widerspruch zu der generellen These von der vereint kämpfenden Wehrmacht bestanden. Nun aber wurde der tatsächlich ja bestehende Konkurrenzkampf plötzlich für beendet erklärt. In einem in der Folge des Attentats vom 20. Juli 1944 offenbar in allen Reichszeitungen auf der Titelseite veröffentlichten Aufruf des Generalfeldmarschalls von Brauchitsch hieß es ausdrücklich: »Die Zeit, in der Heer und Waffen-SS in gegenseitigem Wettbewerb standen, war eine notwendige Entwicklungsperiode. Jetzt werden beide vereint in gemeinsamer Verantwortung«1457 Eine Folge war, dass, entsprechend der realen Forderung Hitlers an die WM nach einer fanatisierten, harten Kampfführung,1458 auch in der PK-Berichterstattung der WM die ideologischen Merkmale des politischen Soldaten wie Treue, Härte oder unbedingte Pflichterfüllung merkbar häufiger zur Beschreibung des Kampfes ihrer Soldaten verwendet wurden. So erklärte man hier etwa den zentralen Wert der SS, »Treue«, zur Antwort der »politischen Soldaten« des Heeres auf das Attentat auf Hitler,1459 oder bezeichnete die Eliteeinheit des Heeres, die Division »GD«, ausdrücklich als »politische Soldaten und wahre Nationalsozialisten«.1460 Ebenso strotzten die Schilderungen des Kampfes der Wehrmacht nun geradezu von Beispielen erwiesener Treue, etwa wenn die letzte Meldung des Kommandanten einer abgeschnittenen deutschen Atlantikfestung zum Anlass genommen wurde, ihn »als vorbildlichen Führer und Kameraden 1452

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Vgl. »Höchster Krafteinsatz«, in: VB 233 v. 20.8.1944, S. 1; »Ehre ist Zwang genug«, in: SK 33 v. 17.8.1944, S. 6. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 362-367. Vgl. Lieb, Krieg, S. 445 f. So hieß es etwa Mitte Juli 1943 in einem SS-PK-Artikel: »Die feindliche Propaganda aber hat nichts unversucht gelassen, um die vorbildliche Waffenkameradschaft zwischen den Soldaten des Heeres und der Waffen-SS […] zu trüben«, »Die Waffen-SS«, in: DAZ 307 v. 29.6.1943, S. 1 f, hier: 1. Auch Leleu beschreibt, wie heftig die Reichsführung SS auf feindliche Propaganda reagierte, die darauf abzielte, einen Keil zwischen Heer und Waffen-SS zu treiben, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 762. In einem Werbeheft des Ergänzungssamtes der Waffen-SS aus dem Jahr 1944 hieß es etwa: »Der Feind weiß, dass unter den einzelnen Truppenteilen ein gesunder Wettbewerb herrscht. Jeder möchte der Beste sein. Diesen gesunden Ergeiz versucht er zu gefährlichen Spannungen zu verschärfen, indem er die Behauptung verbreiten lässt, die Waffen-SS sei arrogant und beanspruche Vorrechte gegenüber den anderen Wehrmachtsteilen.« In: »Die Wahrheit über die Waffen-SS« [1944], in: HStAD R 12 K, Nr. 25. »Höchster Krafteinsatz«, in: VB 233 v. 20.8.1944, S.1. Gleichlautend auch: »Brauchitsch zum 20. Juli«, in: DAZ 229 v. 20.8.1944, S.1. Vgl. Förster, Kriegführung, S. 629. »Treue – Antwort der Front«, in: DAZ 200 v. 22.7.1944, S. 2. »‚Politische Soldaten und wahre Nationalsozialisten’, in: VB 339 v. 4.12.1944, S. 2. Ähnlich etwa auch: Maginot-Linie fünf Jahre später«, in: VB 16 v. 19.1.1945, S. 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

seiner in Treue und Pflicht bis zum Letzten um ihn ausharrenden Untergebenen«1461 zu charakterisieren. Deutlich hervor trat diese stärkere Orientierung an ideologischen Merkmalen auch, als zum Ende des Krieges hin immer öfter über Selbstopfer von Soldaten der WM berichtet wurde. Dies sollte das deutsche Volk zu einem noch verstärkten Widerstand animieren.1462 In solchen Beiträgen über Selbstmordmissionen deutscher Soldaten, etwa in Einmann-U-Booten, war es immer wieder ausdrücklich die Pflicht und Treue, welche die Einzelkämpfer gelenkt und stärker gemacht habe »als die Liebe zum Leben«.1463 Wie sehr der vorgebliche Geist der Waffen-SS nun zum Idealbild geworden war, zeigte sich plastisch Anfang 1945. Anlässlich des 30. Januar hieß es im VB, dass nur wahrhafte NS-Soldaten in dieser weltgeschichtlichen Auseinandersetzung die Freiheit Europas und die NS-Revolution zu verteidigen imstande seien. Deshalb sei nun, insbesondere nach dem 20. Juli, die Durchdringung der gesamten bewaffneten Macht mit der Idee des Nationalsozialismus gefördert worden, was zu dem Ergebnis geführt habe: »Der Geist der Waffen-SS, die sich auf allen Kriegsschauplätzen Europas politisch und militärisch in gleicher Weise bewährt, ergreift heute auch von den anderen Wehrmachtsteilen in zunehmendem Maße Besitz.«1464 Somit war die Waffen-SS fast am Ende ihrer Existenz in der NS-Propaganda zu einer der Wehrmacht übergeordneten Elite geworden, ein bemerkenswerter Endpunkt einer Entwicklung, die 1940 mit der ersten Bewährung des neuen Soldaten von der Waffen-SS1465 begonnen hatte. Überdies beschränkte sich der Vorbildcharakter der SS-Truppen nicht auf die alten Konkurrenten von der WM. Der von Himmler im Auftrag Hitlers verkündete »heilige Volkskrieg« mit seinen Grundsätzen Treue, Gehorsam, Tapferkeit und Standfestigkeit galt vielmehr für die »bedingungslose Einheit von Armee, Partei und ganz Deutschland«1466 und ausdrücklich auch für die unter seinem Kommando aufgestellten Volksgrenadierdivisionen (VGD) wie auch für den am 18. Oktober 1944 offiziell gebildeten Volkssturm (VS), welcher ohnehin eine Parteiorganisation war.1467 Insofern war es nur logisch, dass die Waffen-SS, als ohnehin bereits etablierte militärische Elite der Volksgemeinschaft, bis Kriegsende deutlich auch Leitbild für die Darstellung des Kampfes der VGD wie auch des VS in der NS-Propaganda wurde.1468 1461 1462 1463

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»Telegramm des Verteidigers von St. Malo an den Führer«, in: DAZ 228 v. 19.8.1944, S. 1. Vgl. Uziel, Warriors, S. 333 f. »Angriff ohne Rückweg«, in: DAZ 7 v. 9.1.1945, S. 4. Ähnlich auch: »Männer gegen Masse«, in: VB 262 v. 18.9.1944, S. 3; »Das unbekannte starke Herz«, in: VB 60 v. 11.3.1945, S. 1; »Ein Mann und ein Boot«, in: DAZ 41 v. 18.2.1945, S. 2; »Die Männer mit dem Sägefisch«, in: VB 78 v. 1.4.1945, S. 1. »Partei und Wehrmacht«, in: VB 25 v. 30.1.1945, S. 1. So beschrieb die SS-PK ja noch im Frankreich-Feldzug 1940 die Waffen-SS, vgl. »In einem Hauptverbandsplatz«, in: VB 155 v. 3.6.1940, S. 5. »Ein heiliger Volkskrieg«, in: DAZ 214 v. 5.8.1944, S. 1. Siehe auch: Förster, Kriegführung, S. 622625. Vgl. »Das Volk steht auf«, in: DAZ 284 v. 19.10.1944, S. 1 f; »Kämpfen für Deutschland und seine Freiheit!«, in: VB 319 v. 14.11.1944, S. 1. Für Informationen zum VS vgl. Ueberschär/Müller, Ende, S. 43-48; Nolzen, NSDAP, S. 180-187. Für Informationen zu den VGD vgl. Ueberschär/Müller, Ende, S. 48 f.; Kunz, Wehrmacht, S. 102. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 676.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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So stand in der Berichterstattung über die VGD zunächst die fanatische Opferbereitschaft der Kriegsfreiwilligen aus der HJ im Mittelpunkt, welche diese in der SS-Division »HJ«, aber eben auch in den VGD bewiesen hätten.1469 Obwohl hier schnell auch Hinweise auf die tatsächliche Alterszusammensetzung der VGD auftauchten,1470 wurden sie dennoch weiterhin als »jung« charakterisiert. »Jung« sollte hier aber vor allem »neu« bedeuten. Deutlich wurde das vor allem bei Beschreibungen des in diesen Einheiten herrschenden Geistes, der als eine Verschmelzung des »jungen Ethos« des NS mit der preußischen Militärtradition charakterisiert wurde. Im Kampf wären sie so »Gewächse einer Verdichtung des Widerstands« gewesen. Ausdrücklich war dabei nicht Begeisterung der Jugend ihr Kennzeichen, sondern die Unbedingtheit des Standhaltens.1471 Auch ansonsten waren die Übereinstimmungen in ihrer Darstellung mit der der Waffen-SS bzw. den Merkmalen des politischen Soldaten unübersehbar. So waren auch bei den VGD Offiziere und Mannschaften in enger Kameradschaft verbunden, waren hart gegen den Feind und opferten sich klaglos selbst für die unbedingte Verteidigung des deutschen Bodens. Letzteres wurde, ganz wie bei der SS-PK üblich, etwa als »Saatkorn für das ewige Leben seines Volkes« in einen mythischen Zusammenhang gerückt.1472 An anderer Stelle zeigten Volksgrenadiere viele Eigenschaften des Verdun-Kämpfers, äußerlich mit ihrem »lehmverschmierten Stahlhelm«, innerlich mit ihrem von Gebietsgewinnen unabhängigen, opfervollen Kampf, der nur einen unerhörten Blutzoll des Gegners zum Ziel hatte.1473 Ähnliches war selbst für die Beschreibungen des Kampfverhaltens des VS üblich, etwa wenn auch sie ausdrücklich als »politische Soldaten« treue Pflichterfüllung leisteten,1474 ihr Einsatz in mythische Sphären gehoben wurde,1475 oder der gemeinsame Kampf von WM, VS und Waffen-SS um Stettin durch die SS-PK als unfassbar hart und verbissen geschildert wurde: Im letzten versinkt das Ringen in dem fast schweigsamen, nur vom Ächzen der Verwundeten, vom Rufen der Bergenden, vom Gebrüll der Stürmenden und der Verteidiger erfüllten Ringen der Seitengewehre, der Messer, der Spaten, der Kolben, jeglichen

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Hitler selbst schrieb anlässlich des »Wehrertüchtigungstages« der HJ am 8.10.1944, dass sich die Jugend der NS-Bewegung nicht nur in der SS-Division »HJ«, sondern u. a. auch in den Volksgrenadierdivisionen bewährt hätte, vgl. Domarus, Hitler, S. 2153 f (8.10.1944). Einen ähnlichen Inhalt haben auch: »Die Jungen«, in: DAZ 278 v. 12.10.1944, S. 1; »Volksgrenadiere im erbitterten Kampf gegen überlegene Feindkräfte«, in: VB 291 v. 17.10.1944, S. 1. Tatsächlich bestanden die VGD v.a. in den letzten Kriegsmonaten aus versprengten Soldaten, Alarmund VS-Einheiten, vgl. Ueberschär/Müller, Ende, S. 48. In der Propaganda hieß es schon am 12.10.1944: »Das Junge an ihnen ist nur zum Teil ihre altersmäßige Zusammensetzung«, in: »Die Jungen«, in: DAZ 278 v. 12.10.1944, S. 1. Vgl. »Die Jungen«, in: DAZ 278 v. 12.10.1944, S. 1. Charakteristisch auch das Ziel »Wer deutsches Land betritt, muss sterben!«, in: »Des Volkes Grenadiere«, in: SK 2 v. 11.1.1945, S. 3. Vgl. »Das Ringen im Westen«, in: DAZ 73 v. 27.3.1945, S. 1; »Der gnadenlose Krieg«, in: SK 13 v. 29.3.1945, S. 6. Vgl. etwa: »Bewährung des Volkssturms Oberschlesien«, in: DAZ 16 v. 19.1.1945, S. 1; »Beispiel des politischen Soldaten«, in: DAZ 54 v. 4.3.1945, S. 2. Vgl. etwa: »Volkssturm im Einsatz«, in: DAZ 205 v. 12.11.1944, S. 1.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

Gegenstandes, der einen Körper verletzen und vernichten kann, sei er dazu bestimmt oder nicht.1476

Um zu illustrieren, dass wirklich das ganze Volk Eingang in eine solche »Geisteswelt der Front«1477 gefunden hätte und um die »Volksgenossen« zu einem unbedingten Durchhalten zu animieren,1478 schreckte man in den letzten Wochen des Krieges selbst vor Schilderungen eines unbedingten Kampfeinsatz von Frauen und Kindern nicht mehr zurück. So berichtete der VB etwa von dem Selbstopfer einer deutschen Frau, die bei dem letztlich erfolgreichen Versuch, eine zerstörte Brücke zu reparieren, vom Feind erschossen worden sein soll.1479 Immer wieder wurden zudem Artikel über HJ-Angehörige veröffentlicht, laut denen diese, in bedingungsloser Treue Hitler verschworen, mit der Panzerfaust den feindlichen Panzermassen entgegentreten seien.1480 Angesichts dieses, der Waffen-SS nun offen zugeschriebenen, Status eines Vorbildes kann es nicht überraschen, dass auch in der Berichterstattung über die an die Befreiung Frankreichs anschließenden Schlachten die Rolle der SS-Verbände immer wieder besonders gewürdigt wurde. Wie schon seit 1943 sollen sie laut der NS-Propaganda weiterhin ihre Stellungen »bis zum letzten Atemzug« gehalten oder im Gegenstoß die gegnerischen Linien durchbrochen und dem weichenden Feinde nachgesetzt haben.1481 Von der immer näher rückenden Ostfront wurde berichtet, dass sie trotz Unterzahl im Nahkampf wie auch mit ihren modernen Panzern gewaltige Lücken in die anstürmenden sowjetischen Massen gerissen hätten,1482 oder, etwa in Arnheim, die Überlegenheit des deutschen infanteristischen Kampfgeistes selbst über feindliche Elitetruppen bewiesen hätten.1483 Tendenziell galt das auch für die Berichterstattung über die Ardennenoffensive, in der gerade die SS-Grenadiere darauf gebrannt hätten, die alliierten »Jünger des Materials« auf dem Schlachtfeld zu schlagen1484 und dies dann mit ihrem erbarmungslosen, verbissenen Kampf selbst mitten im Artilleriefeuer auch verwirklicht hät1476

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»Brückenkopf Stettin«, in: DAZ 64 v. 16.3.1945, S. 1. Ähnlich auch: »Vor dem Sturm«, in: DAZ 343 v. 28.12.1944, S. 1. Damit schlug sich die Vorgabe der Reichskanzlei, den VS zu einem leidenschaftlichsten Hass auf den Feind zu erziehen, auch in der Propaganda nieder, vgl. dazu Nolzen, NSDAP, S. 186. Dies hatte das SK bereits Ende August 1944 angemahnt, »Der Schritt aus dem Frieden«, in: SK 34 v. 24.8.1944, S. 4. So auch Schröder, Kriegsbericht, S. 211. Vgl. »Opfertod einer deutschen Frau«, in: VB 51 v. 1.3.1945, S. 4. Siehe auch: Schröder, Kriegsbericht, S. 187. Vgl. »So kämpft die deutsche Jugend!«. In: VB 55 v. 6.3.1945, S. 1; »Bedingungslose Treue zum Führer«, in: DAZ 96 v. 22.4.1945, S. 1. Vgl. »Ein Bild der Abwehrschlachten im Osten«, in: VB 240 v. 27.8.1944, S. 6; »Bis zum letzten Atemzuge«, in: SK 43 v. 26.10.1944, S. 4; »Deutscher Gegenstoß in Südpommern«, in: VB 47 v. 24.2.1945, S. 2; »Zwischen Komorn und Budapest«, in: VB 7 v. 9.1.1945, S. 3. Vgl. etwa: »Das große Panzersterben«, in: VB 264 v. 20.9.1944, S. 6; »Hartes Ringen um Budapest«, in: VB 2 v. 3.1.1945, S. 3; »Um die Riegelstellung«, in: SK 4 v. 25.1.1945, S. 6; »Das Fort der Unbeugsamen«, in: SK 5 v. 1.2.1945, S. 3, 6. Vgl. »Alarmeinheiten gegen Elitetruppen«, in: VB 286 v. 12.10.1944, S. 1 f; »Arnheim!«, in: SK 41 v. 12.10.1944, S. 3 f. Für eine Übersicht über die Kämpfe von Arnheim vgl. Vogel, Kriegführung, S. 606-611. »Wieder Hammer und nicht mehr Amboss«, in: VB 357 v. 22.12.1944, S. 1.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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ten.1485 Eine letzte, großangelegte Medienkampagne um die Waffen-SS, wie sie angesichts der wichtigen Rolle der 6. SS-Panzerarmee bei den Planungen dieses Großangriffes,1486 analog des Wirbels um die Wiedereroberung von Charkow, zu erwarten gewesen war, fand, wie gesehen, jedoch nicht statt.1487 Der Grund ist in übergeordneten propagandistischen Erwägungen wie auch in dem schnell offenkundigen Scheitern dieser Operation zu suchen. So wurde der Beginn der Offensive am 16. Dezember 1944,1488 auf Wunsch von Propagandaminister Goebbels der deutschen Bevölkerung komplett verschwiegen, um hier keine übertriebenen Hoffnungen zu wecken. Auch später wurden die Meldungen über die Kämpfe in den Ardennen lange sehr vage gehalten, so dass die ersten ausführlichen PK-Berichte wie auch WS-Beiträge über das Unternehmen erst am 21./22. Dezember 1944 erscheinen konnten,1489 zu einem Zeitpunkt also, als die deutschen Truppen meist schon wieder zur Verteidigung übergegangen waren. An der noch zwei Wochen anhaltenden Berichterstattung der Tageszeitungen über diese letzte große deutsche Offensive hatten die SS-PK-Berichte nur einen geringen Anteil. Selbst das SK veröffentlichte nur zwei Berichte.1490 Größeres Gewicht kam der Waffen-SS so in den hier untersuchten Medien nur in einer Ausgabe der WS zu,1491 die allerdings erst in die Kinos kam, als man im deutschen Volk kaum noch Hoffnungen mit dieser Offensive verband.1492 Dies war gleichzeitig auch die einzige Gelegenheit, bei der über Sepp Dietrich als Heerführer in den Ardennen berichtet wurde. Aber selbst dabei wurde dieser nicht besonders herausgestellt oder gar, im Vorgriff auf die nach dem Endsieg für ihn laut Goebbels von Hitler vorgesehene Rolle, als ein »Volksmarschall«1493 präsentiert. Dennoch gab es in der Zeit nach dem 20. Juli durchaus merkbare Anzeichen, dass eine weitere Aufwertung der SS-Generalität insgesamt und insbesondere Sepp Dietrichs im Gange war, die nach dem »Endsieg« durchaus den Grundstein für deren Präsentation als eine Art neuer sozialer Aristokratie des Dritten Reiches hätte bilden können.1494 So wurde von Dietrich anlässlich seiner Auszeichnung 1485

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Vgl. »Schwerpunkt Bastogne«, in: VB 11 v. 13.1.1945, S. 4; »Im Schnee und Eis der Ardennen«, in: SK 4 v. 25.1.1945, S. 3. Vgl. Stein, Geschichte, S. 205-208; Vogel, Kriegführung, S. 619-622. Vgl. Anhang 27. Für einen Überblick über Planungen und Kämpfe dieser Offensive vgl. Vogel, Kriegführung, S. 619632. Vgl.Uziel, Warriors, S. 331. Diese Berichte waren: WS 746 v. 21.12.1944; »Wieder Hammer und nicht mehr Amboss«, in: VB 357 v. 22.12.1944, S. 1. Im SK wurde erstmals am 18.1.1945 über die Ardennenoffensive berichtet, vgl. »Der Weg nach Bastogne«, in: SK 3 v. 18.1.1945, S. 3. Der WMB meldete am 18.12.1944 den Beginn der Kämpfe. Der letzte in den Tageszeitungen festgestellte Bericht von der Schlacht war der schon erwähnte SS-PK-Artikel »Schwerpunkt Bastogne«, in: VB 11 v. 13.1.1945, S. 4. Daneben erschien hier nur ein weiterer SS-PK-Bericht mit diesem Thema, »Amerikaner misshandeln Gefangene«, in: VB 357 v. 22.12.1944, S. 2. Das SK berichtete noch am 25.1.1945 von der Belagerung von Bastogne, vgl. »Im Schnee und Eis der Ardennen«, in: SK 4 v. 25.1.1945, S. 3. Vgl. WS 747 v. 4.1.1945. So die Einschätzung von Goebbels in seinem Tagebuch, vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/14, S. 500 (31.12.1944). Vgl. ebd., Bd. II/14, S. 333 f (2.12.1944); Leleu, Waffen-SS, S. 675 f. Vgl. dazu Leleu, Waffen-SS, S. 676.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

mit den Brillanten zum Ritterkreuz im August 1944 abermals eine besonders enge und persönliche Beziehung zu seinen Untergebenen behauptet.1495 Im SK ging man weit darüber hinaus und berichtete von einer ausgesprochenen Volkstümlichkeit Dietrichs. Hier wurde gar seine Wesensgleichheit mit dem legendären preußischen Generalfeldmarschall Friedrich von Wrangel, als »Papa Wrangel«, eine äußerst populäre Figur des 19. Jahrhunderts, beschworen.1496 Hier wählte man so schon im August 1944 das gleiche Vorbild, das im Dezember 1944 auch Goebbels für Dietrich im Blick gehabt hat.1497 Aber auch andere höchste SS-Führer wurden in dieser Zeit wieder mit besonders vorbildlichen soldatischen wie menschlichen Eigenschaften gezeigt. Bei dem SS-General Hausser etwa wurde immer wieder seine enge Beziehung zu seinen Soldaten wie auch seine Tapferkeit herausgestellt. So sei er selbst nach einer schweren Verwundung an der Spitze seiner Truppen marschiert oder habe Sturmtruppen in der vordersten Linie persönlich eingewiesen.1498 Von dem SS-General Hermann Fegelein hieß es, unter ihm habe sich der alte Reitergeist mit der Idee des politischen Soldaten verbunden, er sei ein Vorbild an Mut, Unerschrockenheit und Tapferkeit, ein kühner Stratege und eng seinen Männern verbunden.1499 Kurt Meyer kämpfte als »erster Grenadier« seiner SS-Division »HJ« in der Hauptkampflinie, zeigte Gelassenheit bei der Einschätzung des Gegners und Verlaufs des Gefechts, war aber auch »nun plötzlich wie vom Fieber gepackt, vom Trotz durchglüht, von Kampfesmut besessen, leidenschaftlich nur noch Soldat.«1500 Nach der Ardennenoffensive wurde die Berichterstattung über Sepp Dietrich1501 oder über andere SS-Generäle aber fast gänzlich eingestellt und auch insgesamt wurde in den Zeitungen nun mehr und mehr von einem gemeinsamen Kampf von WM, Waffen-SS, VGD und VS im Reich berichtet.1502 Dies bedeutete, wie von Leleu angenommen, eine Art Gleichgewicht in der NS-Propaganda um Heer und Waffen-SS im Jahr 1945. Leleu hatte als Hintergrund dafür angenommen, dass Hitler nach den sich nun häufenden Niederlagen der SS-Truppen nicht mehr von deren militärischer wie ideologischer Effizienz überzeugt gewesen sei.1503 Dieser Eindruck entstand bei der Lektüre der hier untersuchten Medien jedoch nicht. Vielmehr war hier weiterhin durchgehend zu lesen, dass die Waffen-SS mit und wegen dieser Prinzipien kämpfen und siegen würde. Der Eindruck eines Gleich1495

1496

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1498

1499

1500 1501 1502

1503

Vgl. »Die Brillianten für Sepp Dietrich«, in: VB 225 v. 12.8.1944, S. 1; »Der Führer überreicht Sepp Dietrich die Brillianten«, in: SK 33 v. 17.8.1944, S. 1; »Sepp Dietrich«, in: SK 34 v. 24.8.1944, S. 6. Vgl. »Sepp Dietrich«, in: SK 34 v. 24.8.1944, S. 6. Für Informationen zu Wrangel, Friedrich von (1784-1877) vgl. Poten, Wrangel, S. 226-232. Vgl. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/14, S. 334 (2.12.1944). Auch Hitler bezeichnete Dietrich in privater Runde bereits Anfang 1942 als »bayerischer Wrangel«, siehe: Jochmann, Hitler, S. 170 (3./4.1.1942). Vgl. »Die Schwerter verliehen«, in: DAZ 242 v. 2.9.1944, S. 1; »Einem großen Soldaten«, in: SK 40 v. 5.10.1944, S. 3. Vgl. »Ein Reiterführer unserer Zeit«, in: VB 250 v. 6.9.1944, S. 3; »Soldatisches Führertum«, in: SK 36 v. 7.9.1944, S. 6 f. »Einer gegen tausend«, in: SK 37 v. 14.9.1944, S. 6. Vgl. Anhang 42. Siehe für eine Übersicht über diese letzten Kämpfe: Zimmermann, Kriegführung, passim; Lakowski, Zusammenbruch, passim. Vgl. Leleu, Waffen-SS, S. 677.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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gewichtes entstand eher dadurch, dass die Elemente des »Geistes der Waffen-SS« nun auch charakteristisch für die Berichte über den Kampf der WM wie auch sonstiger Einheiten und Personen war.1504 Überall wurde in den noch erscheinenden Medien anhand zahlreicher Beispiele »bewiesen«, dass dieser Geist nun Kennzeichen der ganzen Front sei und selbst in aussichtlosen Lagen zum Sieg geführt hätte. So stellten sich die Soldaten aller deutschen Streitkräfte in der NS-Propaganda etwa gemeinsam mit fanatischer Tapferkeit dem Feind entgegen1505 oder, noch deutlicher, es wurden Beispiele von gleichwertigen heroischen Taten von Einzelkämpfern aus allen diesen Organisationen berichtet.1506 Damit trifft es den Charakter der NS-Propaganda in diesen letzten Kriegswochen eher, davon zu sprechen, dass die Waffen-SS nun gewissermaßen ihr Alleinstellungsmerkmal als dem »sichtbarsten wehrhaften Ausdruck« des Nationalsozialismus1507 verloren hatte. Hier war nun jeder Deutsche Beispiel eines verwirklichten politischen Soldatentums. Dennoch behielt die Kriegspropaganda der SS-PK bis zur deutschen Kapitulation ihren radikalen Charakter. Wie konsequent, zeigen einige ihrer im SK in diesen letzten Kriegswochen erschienen Beiträge. Neben Aufrufen zu einem »Kampf bis zuletzt« wurde hier nun auch erkennbar appelliert, die Ideale der NS-Weltanschauung selbst über die nun unvermeidlich bevorstehende deutsche Niederlage hinaus zu bewahren. Damit stimmten ihre Pläne mit denen von Hitler überein, der nach Bernd Wegners überzeugender Beweisführung seinen persönlichen Untergang zusammen mit dem des Dritten Reiches als Akt heroischer Selbstaufopferung choreographierte. Nach Wegner habe der »Führer« dem Volk in der Propaganda bis zuletzt das Ideal des sich opfernden Helden präsentiert, um so den Krieg in einer Weise zu verlieren, dass wenigstens zukünftige Generationen durch dieses Beispiel beeinflusst werden würden. Auf diese Weise sollte in diese Generationen gleichsam der Samen für eine strahlende Wiedergeburt der NS-Bewegung gelegt werden.1508 Ein Beispiel dafür, dass auch aus der SS-Propaganda ein solches Bemühen herauslesbar war, ist eine Stelle aus dem Artikel »Das Reich ist unzerstörbar«, welcher Ende März 1945 im SK veröffentlicht wurde. Noch recht verklausuliert wurde hier der immaterielle Wert der gegenwärtigen Opfer der »neuen deutschen Menschen« im »Kampf gegen eine ganze Welt« nicht mehr auf die Gegenwart, sondern auf ein zukünftiges, neues Zeitalter bezogen: Das Gesicht unterm Stahlhelm ist das Gesicht des deutschen Volkes. Es trägt die Spuren der Feuerstürme eingenarbt wie die Rillen in den wetterharten Stämmen der Waldbäume, es zeigt [...] die Züge des neuen deutschen Menschen, der um der Freiheit 1504 1505

1506

1507 1508

So ausdrücklich in: »Partei und Wehrmacht«, in: VB 25 v. 30.1.1945, S. 1. So auch: Schröder, Kriegsbericht, S. 177 f. Als Bsp. vgl. »Der Kampf um Budapest«, in: VB 2 v. 3.1.1945, S. 3. Ähnlich etwa auch: »Bannmeile des Riesenkampfes«, in: VB 68 v. 21.3.1945, S. 1; »Pommersche Nächte«, in: SK 13 v. 29.3.1945, S. 5; »Volkssturm im Westen«, in: VB 90 v. 15.4.1945, S. 2. Vgl. etwa: »Der Heroismus unserer Einzelkämpfer«, in: VB 83 v. 7.4.1945, S. 2; »SS und HJ zeichneten sich aus«, in: VB 96 v. 24.4.1945, S. 1. »Europa lebt!«, in: SK 52 v. 28.12.1944, S. 3. Vgl. Wegner, Hitler, S. 501 f, 508-518.

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4. Umfang und Inhalt der Berichterstattung

willen den Kampf gegen eine ganze Welt besteht. So wie die Jahre dieses Kampfes Körper und Antlitz neu geformt haben, gleitet der wache Blick über Zeiträume hinweg, die noch kein Geschlecht in solcher Hellsichtigkeit durchmessen hat. Ganz klar, ganz taghell ist der Blick geworden, der Blick unter dem Stahlhelm. Keine Stunde war umsonst, in der er durch die roten Feuersäulen und aufgewirbelte Erdfontänen schauen konnte. Denn hinter dem Unmaß an sinnloser Vernichtung sah er das Maß und den Sinn seines Lebens, seiner Entbehrungen und seiner Opfer. Ja, über das eigene Leben hinaus erkannte er die Maßstäbe der Völkerschicksale, der Erdräume und Weltepochen. [...] Er wägt den Wert der Kräfte, die das kommende Zeitalter bestimmen werden, gegeneinander ab. Jahre hindurch [...] hat er um diese Frage gerungen, bis er wusste, dass es nur einen Weg, eine Fügung und einen Plan geben kann: Europa und das Reich sind unzerstörbar. [Hervorhebungen durch den Autor].1509

Überdeutlich wurden diese Absichten aber in einem Leitartikel Herbert Reineckers, veröffentlicht in der vorletzten Ausgabe des SK am 5. April 1945: Das deutsche Volk steht in einer bitteren, zwingenden Lage. Es befindet sich nun in einer Phase des Krieges, in der es nur Tage oder Wochen vor dem absoluten Fall zu trennen scheint. Daran gewöhnt, auch die Dinge, die gleichsam unseren eigenen Tod miteinbeschließen, mit einer Art Kaltblütigkeit zu betrachten, die menschlich und männlich auszeichnet, gestatten wir uns jetzt erst recht, unsere Stimme zu erheben zu einem Warnruf an die Welt, nicht, um durch die Beteuerung unserer doch so gut gemeinten Absichten besänftigend zu wirken. Wir stehen vor der bemerkenswerten Situation, erkennen zu müssen, dass es – vielleicht – möglich ist, uns militärisch zu besiegen, dass dennoch unser Glaube an die Richtigkeit unseres Auftrages nicht um einen Buchstaben verändert ist. Wir könnten uns vorstellen, den Auftrag, für den wir jahrelang, und das muß uns die Welt bestätigen, tapfer und konsequent gekämpft haben, in die Hände des Jahrhunderts zurückzulegen, er muß und wird erfüllt werden1510

Dennoch, solche Gedankengänge waren keinesfalls die allgemeine Linie der SSPropaganda der letzten Kriegswochen1511 und schon gar nicht die des RFSS.1512 Überdies wichen sie so sehr von den Propagandarichtlinien des RMVP ab, dass zumindest der Artikel Reineckers als Eingeständnis der deutschen Niederlage im In- und Ausland erhebliches Aufsehen erregte.1513 Mag Reinecker tatsächlich deshalb in Schwierigkeiten geraten sein, die radikale Konsequenz der SS-PK in der Befolgung der NS-Weltanschauung aber lässt an Reineckers Nachkriegsdarstel1509 1510

1511

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1513

»Das Reich ist unzerstörbar«, in: SK 13 v. 29.3.1945, S. 6. »Völker, höret die Signale!«, in: SK 14 v. 5.4.1945, S. 1. Dieser Artikel ist abgedruckt in Aurich u. a., Reineckerland, S. 63 f. So erschien etwa noch in der letzten Ausgabe von DR ein Bild der SS-PK von der Schlacht an der Oder mit der bezeichnenden Beschreibung: »SS-Panzergrenadiere ringen um jedes Haus und um jeden Straßenzug«, vgl. »Verbissene Abwehr – Drei Bilder von der Schlacht an der Oder«, in: DR 16 v. 22.4.1945, S. 8. Der RFSS versuchte zwar in den letzten Monaten des Krieges, diesen wegen der Aussichtslosigkeit der Lage zu beenden, in seinen zahlreichen offiziellen Funktionen führte er aber bis zuletzt alle Befehle Hitlers zum unbedingten Widerstand aus, vgl. Longerich, Himmler, S. 741. Ein Beispiel ist sein Erlass vom 12. April 1945, laut dem jeder, der nicht unbedingten Widerstand leistet, mit dem Tod bestraft werde, vgl. »Jeder Ort wird mit allen Mitteln verteidigt«, in: DAZ 88 v. 13.4.1945, S. 1. Siehe dazu auch: Longerich, Himmler, S. 739 f. Vgl. Reinecker, Zeitbericht, S. 162.

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4.6 Die Waffen-SS in der NS-Propaganda

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lung zweifeln, dass der Artikel wirklich ungeplant im SK veröffentlicht worden ist.1514 Dieser Meinung war auch Goebbels. Als Reaktion auf diesen Artikel schrieb er am 8. April 1945 in sein Tagebuch: Das »Schwarze Korps« bringt einen sensationellen Artikel, der uns sicherlich sehr viel Schaden zufügen wird. In diesem Artikel wird offen davon gesprochen, dass militärisch für uns keine Hoffnung mehr bestehe, standzuhalten, aber daß die Idee unter allen Umständen weiterleben werde. Dieser Artikel erregt natürlich erhebliches Aufsehen, vor allem, da er im »Schwarzen Korps« steht und somit sozusagen eine Meinungsäußerung des radikalen nationalsozialistischen Lagers darstellt. Es wird von Seiten der Redaktion des »Schwarzen Korps« behauptet, dass dieser Artikel irrtümlich in die Spalten des Blattes hereingeraten sei. Das aber glaube ich nicht. Ich bin vielmehr der Meinung, daß ein paar überintellektuelle Elemente hier einen Vorstoss ins Nirwana gewagt haben. Aber ich werde mit sehr brutalen Mitteln dagegen vorgehen.1515

Vor allem aber wirft das Aufkommen solcher Intentionen in der SS-Kriegspropaganda der letzten Kriegswochen ein bezeichnendes Licht auf die Bemühungen einiger ehemaliger Angehöriger der SS-PK, auch auf das Nachkriegsbild von der Waffen-SS Einfluss zu nehmen. Dass dieser Einfluss kein zu vernachlässigendes Phänomen war, sondern weit über den Kreis der Apologeten und unkritischen Kriegsdarstellungen hinaus Bedeutung hatte, wird in dem nun folgenden, abschließenden Kapitel dieser Arbeit im Rahmen eines Ausblickes verdeutlicht werden.

1514

1515

Vgl. ebd., S. 161-163. Reinecker behauptet hier auch, für den Artikel zum Tode verurteilt worden zu sein, was aber eher als Teil der apologetischen Nachkriegsdarstellung seiner Rolle im Dritten Reich anzusehen ist. Vgl. für diese Einschätzung Aurich u. a., Reineckerland, S. 65. Fröhlich, Tagebücher, Bd. II/15, S. 681 (8.4.1945).

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5. AUSBLICK: DER WEG DER SS-PROPAGANDA IN DIE WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR

5.1 VORBEMERKUNGEN Bisher wurde in dieser Arbeit allein erforscht, von wem, nach welchen Leitbildern, unter welchen Umständen und in welcher Weise die Waffen-SS in der NS-Propaganda dargestellt worden ist. Nachdem die wichtigsten Merkmale ihres Propagandabildes wie auch die Wandlungen und Anpassungen ihres Images im Laufe des Krieges dargestellt werden konnten, ist das primäre Ziel dieser Arbeit erfüllt. Nun soll der Blick gleichsam gehoben und in den folgenden Abschnitten hinterfragt werden, ob das primär durch die SS-PK verbreitete Bild von der Waffen-SS überhaupt über das Kriegsende hinaus eine Wirksamkeit entfalten und Einfluss auf die Beurteilung der SS-Truppen in der Forschungsliteratur nehmen konnte. Dafür soll in einem ersten Schritt das Bild von der Waffen-SS in der deutschen Literatur über den Zweiten Weltkrieg in den ersten Jahren nach Kriegsende ermittelt und nach Übereinstimmungen mit den von der SS-PK kreierten Stereotypen verglichen werden.1 Allerdings kann die dafür an sich notwendige umfassende Untersuchung an dieser Stelle nicht geleistet werden. Zum einen ist die Menge an Literatur mit diesem Bezug praktisch unübersehbar,2 zum anderen würde eine Inhaltsanalyse, wie sie etwa in den vorherigen Abschnitten dieser Arbeit durchgeführt wurde, bei aller Notwendigkeit den hier gegebenen Rahmen bei weitem sprengen. Um dennoch zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen, sollen hier nur bestimmte Gruppen des Schrifttums über den Zweiten Weltkrieg genauer betrachtet werden. Sinnvoll erscheint, nur solche Arten von Veröffentlichungen einzubeziehen, von denen anzunehmen ist, dass ihr Einfluss auf das Nachkriegsbild von der Waffen-SS mehr als nur allgemeiner Art war. Das wird hier, aus noch zu nennenden Gründen, für die Darstellungen der ehemaligen Wehrmachtgeneralität wie auch von einigen Werken von »Ehemaligen« der Waffen-SS angenommen. Eine zusätzlich durchgeführte Untersuchung, in welcher Weise die ersten nach dem Krieg erschienenen deutschen Überblicksdarstellungen zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs die Waffen-SS beschrieben, soll Hinweise liefern, ob das in den ersten Standardwerken zur Geschichte der Waffen-SS von Stein und Höhne3 zu findende elitäre Bild Ausdruck einer damals allgemeinen Sichtweise war oder einen neuen Blick auf die SS-Truppen darstellte. 1

2

3

Dabei muss betont werden, dass dies nicht einen Vergleich mit dem realen Geschehen einschließt. Allein der Fortbestand von in der SS-Propaganda geprägten Stereotypen soll hier untersucht werden. Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek listete am 9. August 2014 allein 6.175 Bücher auf, die unter das Schlagwort »Zweiter Weltkrieg« fielen. Vgl. Wegner, Garde, S. 228.

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5.2 Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität

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Angesichts der Bedeutung, welche die beiden letztgenannten Werke für die Bewertung der Waffen-SS lange Zeit hatte, sollen die hier zur Beschreibung des Kampfes der SS an der Front benutzten Belege nach ihrer Herkunft und Aussagekraft exemplarisch untersucht werden. So soll festgestellt werden, ob bei diesen ein Einfluss der SS-Propaganda denkbar ist. Durch diese Beschränkung auf vier Gruppen wird die zu bearbeitende Literatur stark reduziert. Zudem können so die Erkenntnisse verschiedener, bereits vorliegender Untersuchungen miteinbezogen werden, so dass sich die Untersuchung auf einen Überblick des Inhalts möglichst repräsentativer Beispiele beschränken kann. Die Aufteilung auf vier Gruppen birgt zudem die Möglichkeit, genau zu bestimmen, wo ein Einfluss des in der SS-Propaganda entwickelten Bildes eventuell bestand und inwiefern das Auswirkungen auf andere Gruppen der Literatur über den Zweiten Weltkrieg bzw. die Waffen-SS hatte.

5.2 DIE WAFFEN-SS IN DEN DARSTELLUNGEN UND MEMOIREN DER HEERES-GENERALITÄT Es erscheint angesichts der hier schon mehrfach geschilderten problematischen Beziehung von WM- und SS-Führung vielleicht überraschend, bei der Untersuchung von möglichen Nachwirkungen der Propaganda für die Waffen-SS an erster Stelle ausgerechnet die Werke der ehemaligen Heeresgeneralität zu überprüfen. Dieses Vorgehen wird aber gerechtfertigt durch den überragenden Einfluss, welche diese Darstellungen auf die westdeutsche Forschung zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges4 hatte und z. T. sogar bis heute hat. Das erklärt sich mit der schwierigen Quellenlage unmittelbar nach Kriegsende. Die Historiker hatten zunächst nur sehr schwer Zugang zu den entscheidenden Aktenbeständen, da die Masse der Dokumente aus der NS-Zeit in die USA, nach Großbritannien und die Sowjetunion verbracht worden waren und erst ab den sechziger Jahren schrittweise rückgeführt wurden. Deshalb wich man vielfach auf die privaten Aufzeichnungen und Darstellungen der am Krieg direkt beteiligten deutschen Generäle aus. Obwohl diese für die Historiker nur schwer hinterfragbar waren, wurden sie dennoch zu einer der wichtigsten Quellen der deutschen Forschung. Das lag zu einem Gutteil an den damaligen Historikern selbst: Ebenso Kriegsteilnehmer, teilten sie die Erfahrungen und meist auch das nationalkonservative Geschichtsverständnis der Generäle.5 4

5

Die ostdeutsche Geschichtsschreibung folgte dagegen von Anfang an den stalinistischen Interpretationsmustern unter der Parole des »Antifaschismus«, vgl. Wegner, Siege, S. 287 FN 1. Für nähere Informationen vgl. z. B.: Hass, Gerhard, Der Zweite Weltkrieg in der Geschichtsschreibung der DDR, in: Neue Forschungen zum Zweiten Weltkrieg. Literaturberichte und Bibliographien, hrsg. von Jürgen Rohwer und Hildegard Müller (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, Bd. 28). Koblenz 1990, S. 87-101. Vgl. Wegner, Siege, S. 299.

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5. Ausblick

Der Ursprung dieser Ausarbeitungen lag in für die US-Armee angefertigten Auftragsarbeiten. Direkt nach Kriegsende, zum Teil noch während ihrer Gefangenschaft, hatte deren »Historical Division« viele der deutschen Generäle und Generalstabsoffiziere angeworben, um Berichte über ihre frühere Dienstzeit und ihre Kampferfahrungen anzufertigen.6 Bis 1961 entstanden so mehr als 2.500 Monographien von über 700 vormaligen WM-Offizieren über das gesamte Spektrum der hierbei denkbaren Themen. Diese Arbeiten waren jedoch keineswegs akademisch, sondern deutlich geprägt durch die Ausnahmesituation, in der sich die meisten der Autoren zu der Zeit befanden. Sie waren Repräsentanten einer militärisch, politisch und moralisch geschlagenen Nation, meist noch gefangen oder in einer ungesicherten zivilen Existenz, dazu bedroht von der laufenden Entnazifizierung wie auch Spruchkammer- und Strafverfahren. In dieser von den Offizieren oftmals als ungerecht und demütigend empfundenen Lage und angesichts der ständig neuen Enthüllungen über die vom NS-Regime begangenen Morde und Kriegsverbrechen bedeutete die Zusammenarbeit mit den Amerikanern für die deutschen Militärs eine große psychologische Entlastung. So nimmt es kein Wunder, dass sie vor allem die hohe Professionalität des deutschen Soldaten in ihren Werken herausstellten.7 Dieser Tendenz wurde dazu durch den an führender Stelle an diesem Projekt beteiligten früheren Generalstabschef des Heeres, Generaloberst Franz Halder, klare Konturen gegeben. Mittels eines von ihm geleiteten Stabes aus ehemaligen Mitgliedern des OKH gelang es ihm, großen Einfluss auf die Autoren auszuüben. Nicht nur, indem er sie bereits während ihrer Arbeitsphase betreute, sondern vor allem dadurch, dass ihm alle Manuskripte vorgelegt wurden und er diese nach seinen Vorstellungen überarbeiten lassen konnte. Bedenkt man außerdem, dass der Korpsgeist und das Traditionsverständnis des deutschen Generalstabes eine öffentliche Kritik oder politische Belastung ehemaliger Vorgesetzter verbot und sich Halder die Bearbeitung heikler Themen durch ihn selbst vorbehielt,8 ist nachvollziehbar, dass die Ausarbeitungen der Generäle insgesamt dem Ziel Halders entsprachen, nämlich für die Nachwelt ein sauberes Bild von Oberkommando und der Wehrmacht im Krieg zu zeichnen. Die Wehrmacht und insbesondere die Heeresführung waren hiernach die Opfer Hitlers oder missbrauchte Instrumente seiner verbrecherischen Politik. Der Krieg wurde so als Verhängnis oder Präventivschlag, aber primär als »Hitlers Krieg« interpretiert. Von diesem distanzierte man sich gleich doppelt: Fachlich-professionell, indem die Fehlschläge nicht dem eigenen Versagen, sondern Klima und Geographie und vor allem dem Dilettantismus und der Unbelehrbarkeit Hitlers zuschrieb. Aber auch moralisch, indem man die harte, aber vorgeblich anständige und saubere Kriegsführung der Wehrmacht von den völkerrechtswidrigen Taten des NS-Regimes scharf abgrenzte.9 Schon in den Gefangenenlagern hatten die Generäle begonnen, diese Verbrechen der SS unter Einschluss der Waffen-SS 6

7 8 9

Die US-Armee plante sie für ihre eigene amtliche Darstellung des Zweiten Weltkriegs zu benutzen, später waren diese Ausführungen auch als Rat bei den Vorbereitungen für einen möglichen Krieg gegen die UdSSR gefragt, vgl. Wegner, Siege, S. 287 f. Vgl. Wegner, Siege, S. 289 f; Smelser/Davies, Myth, S. 65. Vgl. Wegner, Siege, S. 291-294. Vgl. ebd., S. 291 f; Smelser/Davies, Myth, S. 66.

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5.2 Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität

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anzulasten und sich von ihr zu distanzieren.10 Diese Linie setzten sie auch in ihren später veröffentlichten Memoiren fort.11 Dieser Interpretationsrahmen blieb für die Erforschung des Zweiten Weltkriegs lange Zeit bestimmend. Das galt nicht nur für die nachfolgenden Veröffentlichungen der deutschen Militärs oder die deutsche Geschichtsforschung bis Mitte der sechziger Jahre insgesamt, sondern auch international. Aufgrund ihrer Konkurrenzlosigkeit12 konnten sie auch Einfluss auf die Werke renommierter angelsächsischer Historiker wie etwa von Lidell Hart nehmen.13 Dass sich diese Sichtweise durchsetzen konnte, lag aber auch an den in der ersten Nachkriegszeit in der jungen bundesrepublikanischen Demokratie im Gang befindlichen Stabilisierungsprozesse. Norbert Frei hat dafür den Begriff der »Vergangenheitspolitik«14 geprägt. Dies beinhaltete nicht nur ein weitgehendes Ende der von den Alliierten initiierten Bestrafung sogenannter »Mitläufer« des NS-Regimes, sondern man band solche Tätergruppen der NS-Zeit sogar in die westdeutsche Gesellschaft ein. Gleichzeitig distanzierte man sich explizit von den Kerntruppen des Regimes. Von diesem Prozess profitierte auch die ehemalige Wehrmacht. Zugleich gewannen dabei apologetische Legenden um deren »saubere« Kriegsführung an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft, etwa auch, indem sie durch Belletristik oder Illustrierte immer wieder reproduziert wurden. Als Gegenbild dienten allgemein die »schuldhaften« Schutzstaffeln,15 was vereinfacht wurde durch das Urteil im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Hier waren fast sämtliche Teile der SS, im Gegensatz zur Wehrmacht, zu einer verbrecherischen Organisation erklärt worden.16 Angesichts all dessen ist eine elitäre Darstellung der Waffen-SS in den Erinnerungen der Heeresgeneralität schon vorab unwahrscheinlich. Sicherheit diesbezüglich kann aber erst eine Untersuchung über das Bild der Waffen-SS in diesen Werken liefern. Dank einer unveröffentlichten Seminararbeit der Johannes Gutenberg – Universität Mainz aus dem Jahr 2002 kann dieses hier präsentiert werden. Der Autor Horst Gerecke hatte in dieser Arbeit 57 und damit alle erreichbaren der nach dem Krieg veröffentlichten Memoiren von Generälen des Heeres sowie die bearbeiteten Tagebücher der Generäle Fedor von Bock, Franz Halder, Wilhelm von Leeb 10 11 12

13 14

15 16

Vgl. Neitzel, Abgehört, S. 58 f, 265 f, 268 f. Vgl. Gerstenberger, Erinnerungen, S. 624 f. Für die angelsächsischen Autoren blieb der großräumige Landkrieg in Osteuropa lange Zeit aktenmäßig schwer erschließbar, während die zahlreichen Veröffentlichungen der sowjetischen Geschichtsforschung unter den Bedingungen des Stalinismus und Poststalinismus kein internationales Renommee erlangen konnten, vgl. Wegner, Siege, S. 297. Vgl. ebd., S. 297 f. Siehe dazu Frei, Norbert: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NSVergangenheit. München 1996. Vgl. Schornstheimer, Idealisten, S. 637-647; Wilke, Veteranen, S. 149 f; Leleu, Waffen-SS, S. 774. Die Verurteilung der SS, was die Waffen-SS ausdrücklich einschloss, erfolgte wegen der von ihr begangen Gräuel und Massenmorde an Juden und anderen Opfergruppen. Davon waren alle Organisationsangehörigen ohne Prüfung der persönlichen Schuld betroffen. Grundlage dessen war die Überzeugung des Tribunals, dass angesichts des Selbstverständnisses der SS als NS-Elite eine Mitgliedschaft eine allgemeine Mitwisserschaft und Zustimmung zu den Verbrechen des Schwarzen Ordens bedeute, vgl. IMT, Bd. 1, S. 301-307; Bd. 22, S. 583-589; Wilke, Regeneration, S. 435 f.

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5. Ausblick

und Eduard Wagner bezüglich der dort zu findenden Darstellung der Waffen-SS untersucht.17 Dabei spricht bereits das erste grundlegende Ergebnis von Gereckes Untersuchung gegen die Annahme, das Bild von einer elitären Waffen-SS sei aufgrund des Urteils der Heeresgeneralität entstanden. Denn in 25 der untersuchten 61 Arbeiten erwähnen die Autoren die SS-Truppen nicht oder schildern ihre Einsätze wie die der Heerestruppen, ohne dass ein Unterschied erkennbar wäre. In fast der Hälfte der Fälle gaben die Generäle somit keine wertende Stellungnahme zur Waffen-SS und ihren Angehörigen ab.18 Aber auch in den anderen Werken wird die Waffen-SS keineswegs herausgehoben, sondern eher am Rande behandelt. Das lässt sich vor allem an der geringen Häufigkeit sie betreffender Charakterisierungen festmachen. Sie finden sich meist nur als Einmalerwähnungen in den jeweiligen Büchern.19 Aus diesen wenigen Fundstellen ergibt sich nach Gerecke zudem kein Bild von einer militärischen Eliteorganisation. Explizit wird die Waffen-SS nur von drei Autoren überhaupt als solche bezeichnet, aber selbst dann wird kein Urteil über ihren militärischen Wert gefällt, sondern die Generäle benennen so lediglich das Selbstverständnis der SS.20 Auch als »Feuerwehr« wird sie nirgendwo beschrieben. Das liegt nicht etwa daran, dass die Generäle diesen Ausdruck überhaupt nie benutzt hätten, im Gegenteil findet er sich bei der Charakterisierung von Einsätzen verschiedener Heeres- oder Fallschirmjägereinheiten regelmäßig. Sogar der Einsatz der SS-Truppen »in Brennpunkten« wird nur in Ausnahmefällen beschrieben.21 Das bedeutet aber nicht, dass die Heeresgeneralität die militärischen Leistungen der SS-Truppen generell verschwiegen oder schlecht beurteilt hätte. Im Gegenteil wurde nach Gerecke in allen zu findenden Beurteilungen die persönliche Tapferkeit, Standhaftigkeit und Zuverlässigkeit der SS-Soldaten anerkannt und herausgestellt.22 In gleicher Weise wurden aber auch die Angehörigen der Heereseinheiten beschrieben, so dass insgesamt der Kampfwert der Waffen-SS als dem Heer gleichrangig dargestellt wurde. Eingeschränkt wurde das durch die allgemein von den Generälen als fehlend oder unzureichend beurteilte taktische und operative Ausbildung wie auch die mangelhafte Erfahrung der SS-Offiziere. Für einige, aber mit Erich von Manstein für das Gesamtbild sehr einflussreiche Generäle hätte das bei den SS-Truppen unnötigerweise höhere Verluste als beim Heer zur Folge gehabt.23 So lautete von Mansteins Urteil: »Die Truppe [der SS, Anm. d. Autors] hatte überhohe Verluste, weil sie und ihre Führer erst im Kampf lernen mußten, was die Regimenter des Heeres seit langem beherrschten.«24

17 18 19 20 21 22 23 24

Vgl. Gerecke, Waffen-SS, S. 4, 46 f. Vgl. ebd., S. 5 f. Vgl. ebd., S. 6. Vgl. ebd., S. 10. Vgl. ebd., S. 14 f. Vgl. ebd., S. 13. Vgl. ebd., S. 16 f. Manstein, S. 187 f.

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5.2 Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität

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Siegfried Westphal meinte: »Allerdings – und das war sehr schmerzlich – wurden sie [die Leistungen der Waffen-SS, Anm. d. Autors] häufig mit Blutopfern erkauft, die erheblich höher als das Unvermeidliche waren.«25 Die schon in der Kriegszeit in den Gefangenenlagern weit verbreitete Annahme von den hohen Verlusten der Waffen-SS wurde somit auch von einigen wichtigen deutschen Generälen in ihren Darstellungen weiter verbreitet, ist aber auch hier kein Zeichen für einen elitären Status der Waffen-SS.26 Besonders deutlich wird die Abgrenzung der ehemaligen WM-Offiziere zur SS in der Beurteilung der politischen Rolle der Waffen-SS. Zwar nimmt auch diese Darstellung dort nur geringen Raum ein, Gerecke konnte sie nur aus meist kurzen Bemerkungen der jeweiligen Autoren schließen. Dennoch ergibt sich aus der weitgehenden Gleichartigkeit dieser Anmerkungen ein eindeutiges Muster. Die Waffen-SS wird hier in der Regel als eine ideologisch motivierte Schöpfung des NS-Staates beschrieben, die aufgrund dieser Tatsache von der politischen Führung des Reiches gegenüber der Wehrmacht bevorzugt wurde.27 Dabei werden schon die Aufstellung der SS-Divisionen und ihre sukzessive Ausweitung als ein Bruch des Versprechens Hitlers an die Wehrmacht über ihre Stellung als einziger Waffenträger der Nation geschildert. Das Motiv ist für viele Generäle eindeutig und geht einher mit ihrer grundsätzlichen Abgrenzung vom NS-Staat in ihren Werken. Nach ihnen habe der Diktator der politischen Zuverlässigkeit des Heeres grundsätzlich misstraut. Insbesondere habe das für die Generalität mit ihrer preußisch-konservativen Grundhaltung gegolten. Die WaffenSS hingegen, so einige Autoren, habe die Überzeugung Hitlers präsentiert, nur weltanschaulich indoktrinierte Soldaten seien zu höchsten Kampfesleistungen fähig. Das bietet diesen Autoren den Anknüpfungspunkt, den Unterschied zwischen der weltanschaulich indoktrinierten und die christlichen Werte negierenden Waffen-SS und der unpolitischen Wehrmacht, welche im Krieg in der Tradition der Reichswehr gehandelt hätte, herauszustellen.28 Insbesondere die SS-Führung und hier vor allem Himmler werden unisono als dem Heer und seiner Generalität gegenüber feindlich eingestellt präsentiert. Zwischen beiden Organisationen habe deshalb auf der organisatorischen Ebene ein ausgesprochener Konkurrenzkampf geherrscht. In allen Memoiren, die sich mit diesem Thema befassten, wird berichtet, dass die Waffen-SS bei Ausrüstung und Personalnachersatz generell bevorzugt worden sei. Zudem sei sie auf ihrem Sonderdienstweg zur NS-Führung auch schneller in den Genuss von Auszeichnungen gekommen.29 Diese Ansicht wird nach Gerecke meist pauschal in einer Gesamtwürdigung der Waffen-SS geäußert und kommt fast immer ohne nähere Begründung oder Beispielen aus, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass hier ein für die Kriegsteilnehmer feststehender

25 26 27 28 29

Westphal, Heer, S. 90. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 368-373. Vgl. Gerecke, Waffen-SS, S. 25 f. Vgl. ebd., S. 24 f. Vgl. ebd., S. 18. Diese Meinung hat Gerecke in Veröffentlichungen von zwölf Generälen gefunden.

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5. Ausblick

und unzweifelhafter Sachverhalt geäußert wird.30 Geschildert werden weiterhin auch generelle Konflikte zwischen der Führung von Heer und SS bzw. NS-Staat um eine einheitliche Führung und Befehlsgebung. Deren häufiges Fehlen hätte zu nachteiligen Effekten in der Gesamtkriegsführung geführt.31 Bezüglich der Institution der Waffen-SS und ihrer Rolle im NS-Staat äußerten sich die Generäle somit allgemein negativ. Dennoch ist die Abgrenzung zur Waffen-SS nicht so scharf wie zu anderen Zweigen der SS. Auf der Truppenebene hatte die Nähe der Waffen-SS zum NS-Regime laut den Generälen nur geringe Folgen für die Kameradschaft und den Zusammenhalt der Soldaten beider Organisationen.32 Lediglich drei Autoren berichten von einem gespannten Verhältnis. Laut Edgar Röhricht wie auch Hans Frießner habe wegen der »Extravaganzen« der SS bei der Ausrüstung Verbitterung in der Wehrmacht geherrscht, auch soll die Bespitzelung durch »politische Organe« als besonders schlimm empfunden worden sein.33 Allen Werken gemeinsam ist jedoch, dass der Waffen-SS im Allgemeinen keine Kriegsverbrechen angelastet werden. Der Korpsgeist der Heeresgeneralität scheint somit die ganze WM und damit auch die Angehörigen der Waffen-SS umfasst und geschützt zu haben.34 Für Gerecke ist das Fazit, dass das in den Memoiren der Heeresgeneralität entworfene Bild von der Waffen-SS keineswegs elitär ist, sondern mit dem bekannten Schlagwort von den »Soldaten wie andere auch« zusammengefasst werden kann.35 Hier spiegelt sich aber auch die in Volk wie Wehrmacht schon in der Kriegszeit gefestigte Annahme von den übermäßig hohen Verlusten der SS-Truppen, das in den Gefangenenlagern ebenso weit verbreitete Missfallen über den missverstandenen Schneid der vieler SS-Soldaten36, aber auch die tatsächlich gegebene, bevorzugte Bewaffnung der Kernverbände der Waffen-SS.37 Ebenso war die Bevorzugung der Waffen-SS durch Hitler hier ein willkommener Anlass, sich vom Regime abzugrenzen und an der Legende von der sauberen Wehrmacht zu stricken. Wie gesehen, wurden die beiden letzten Punkte zumindest in der NS-Propaganda der zweiten Kriegshälfte auch recht offen herausgestellt. Da die Generäle diese Bevorzugungen als feststehende Tatsachen schilderten, also davon ausgingen, dass dies allgemein bekannt sei, kann zumindest hier ein Einfluss der NS-Propagandadarstellung vermutet werden. Als absolute militärische Elite wurde die Waffen-SS hier aber nicht geschildert. So stellt sich weiterhin die Frage, wann dieses Bild von den SS-Truppen in die wissenschaftliche Literatur kam und ob dabei ein Einfluss der SS-Propaganda bestanden haben könnte.

30 31 32

33 34 35 36 37

Vgl. Gerecke, Waffen-SS, S. 18 f. Vgl. ebd., S. 24. Vgl. etwa Guderian, Erinnerungen, S. 406, Tippelskirch, Geschichte, S. 532 oder Manstein, Siege, S. 188. Anders aber Westphal, vgl. ebd., Heer, S. 92. Siehe auch Gerecke, Waffen-SS, S. 20 f. Vgl. Frießner, Schlachten, S. 224, vgl. auch Gerecke, Waffen-SS, S. 20. Vgl. Gerecke, Waffen-SS, S. 21-23. Vgl. ebd., S. 25 f. Vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 370. Vgl. Abs. 1.4 dieser Arbeit.

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5.3 Das Bild in Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg

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Bevor dafür auf die Darstellung und die Quellen von Stein und Höhne eingegangen wird, soll zunächst untersucht werden, wie die Waffen-SS in den wissenschaftlichen Arbeiten der ersten Nachkriegszeit bewertet wurde. So kann überprüft werden, ob die Art und Weise ihrer Darstellung durch Höhne und Stein allgemein typisch für die damalige Geschichtswissenschaft war.

5.3 DAS BILD DER WAFFEN-SS IN DEN ERSTEN DEUTSCHEN ÜBERBLICKSDARSTELLUNGEN ZUM ZWEITEN WELTKRIEG Allerdings ist schon vorab nicht zu erwarten, dass man in der wissenschaftlichen Literatur der ersten Nachkriegszeit gerade in diesem Punkt mit der Schreibart der Heeresgeneralität brach und dem eine Einschätzung von der Waffen-SS als einer militärischen Elite entgegensetzte. Schließlich wurde die Selbstdarstellung der deutschen Militärelite erst ab Mitte/Ende der sechziger Jahre von einer neuen Historikergeneration in Zweifel gezogen und durch eine Vielzahl an Studien auf zahlreichen Themenfeldern widerlegt.38 Dennoch, da das Bild von der Waffen-SS in der ersten Forschungsliteratur noch nie untersucht worden ist, kann ein hier vorhandenes, anderes Bild von der Waffen-SS prinzipiell nicht ausgeschlossen werden. Deshalb ist es gerechtfertigt, an dieser Stelle zumindest einen Einblick in diese Bücher zu nehmen. Dabei stößt man jedoch gerade hier auf besondere Schwierigkeiten. Selbst durch die Beschränkung auf Darstellungen, die bis zum Zeitpunkt des erstmaligen Erscheinen der Bücher von Stein und Höhne 1966/67 verfügbar waren, ist ein Einbezug der gesamten hier in Frage kommenden Literatur in diesem Rahmen nicht möglich. Um dennoch zumindest Hinweise auf das damals vorherrschende Bild von der Waffen-SS zu erlangen, wird die Untersuchung auf Beispiele der bis dahin in der Bundesrepublik erschienenen, wissenschaftlichen Überblicke über den gesamten Zweiten Weltkrieg beschränkt. Um dabei die Aussagekraft zu maximieren, wurden nach Zeitpunkt des Erscheinens, Umfang, Darstellungsform und Ansehen möglichst unterschiedliche Bücher untersucht. Einbezogen wurde das wahrscheinlich erste auf Deutsch erschienene Nachkriegswerk über den Zweiten Weltkrieg von Robert Ensor. Es erschien 1946, ist aber eine, offensichtlich um die Schlusskapitel erweiterte, Übersetzung einer englischen Darstellung von 1944. Dieser Darstellung wurden noch zwei Werke der folgenden Jahre zur Seite gestellt, welche das Kriegsgeschehen ähnlich straff schildern. Zum einen das Buch des deutsch-amerikanischen Historikers Carl Misch39 aus dem Jahr 1952, zum anderen das des damaligen Ordinarius für Neuere Ge38

39

Vgl. Wegner, Siege, S. 299 f. Wegweisend waren hier die Werke: Klaus-Jürgen Müller, Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime. Stuttgart 1969; Manfred Messerschmidt, Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indoktrination. Hamburg 1969; Andreas Hillgruber, Hitlers Strategie. Politik und Kriegführung. München 1965. Vgl. Wegner, Siege, S. 299 f, FN 63. Vgl. Feilchenfeldt, Misch, S. 560 f.

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5. Ausblick

schichte an der Freien Universität Berlin, Friedrich Zipfel40 aus dem Jahr 1961. Miteinbezogen wurden zudem zwei renommierte Nachschlagewerke zum Thema Zweiter Weltkrieg, einmal, als Teil von Gebhardts Handbuch der deutschen Geschichte, Karl Dietrich Erdmanns Darstellung von 1961, weiterhin das Handbuch des Plötz Verlag zu der Thematik, bearbeitet von Percy Ernst Schramm und Andreas Hillgruber, erschienen 1960. Obwohl alle diese Werke die militärischen Ereignisse mit durchschnittlich ca. hundert Seiten vergleichsweise komprimiert darstellen, ist dennoch anzunehmen, dass eine Einschätzung von der Waffen-SS als der militärischen Elite des Dritten Reiches hier durchscheinen würde. Dazu wurden auch zwei der ersten umfassenden Bilanzen des Zweiten Weltkriegs untersucht. Damit können auch Details zum Charakter der Waffen-SS erfasst werden, welche in den relativ kurzen vorgenannten Werken eventuell keinen Niederschlag gefunden haben. Einbezogen wurden die Darstellung der Waffen-SS in dem zweibändigen Werk von Walter Görlitz von 1951/1952 und die sechshundertseitige Darstellung von Hellmuth Günther Dahms aus dem Jahr 1960. Für die Untersuchung von Görlitz spricht weiterhin, dass er der Verfasser der ersten Nachkriegsuntersuchung über die Waffen-SS war,41 womit ein »Verschweigen« der SS-Truppen hier unwahrscheinlich ist.42 Wegen der großen Bedeutung der Fotografie für das »Image« der Waffen-SS wurde zudem mit Franz Burdas zweibändigem Werk von 1952 auch einer der ersten Bildbände zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs untersucht. Betrachtet man den Inhalt dieser Bücher, so ist bei allen den Formaten oder Interessen der Autoren geschuldeten Unterschieden grundsätzlich festzustellen, dass sie in der Darstellung von Hitler und der WM sehr stark von den Werken der ehemaligen Generalität beeinflusst scheinen. Auch hier werden allgemein alle strategischen Fehler Hitler angelastet, während die WM lediglich als Instrument zur Erfüllung der Pläne des Diktators dargestellt wird. Das gilt vor allem für den Ostfeldzug und hier sowohl für dessen grundlegende Planung wie auch für die allgemein besonders heftig kritisierten starren Haltebefehle der letzten Kriegsjahre.43 Lediglich Erdmann bietet bereits eine differenziertere Sichtweise, indem er es z. B. als falsch bezeichnet, Hitler alle Misserfolge und den Generälen alle Erfolge zuzuschreiben.44 Aber auch in dessen Darstellung hat sich der deutsche Soldat an sich bewährt, genauso wie bei allen Autoren die Kriegsführung der WM als »sauber« dargestellt wird. Festmachen lässt sich dies beispielhaft an der Befolgung des »Kommissarbefehls«, den die WM, wie in den Darstellungen der WMGeneralität, gemäß allen Autoren nicht oder kaum ausgeführt hätte.45 Verant40 41 42 43

44 45

Vgl. Benz, Carell, S. 65. Vgl. Stein, Geschichte, S. VII. Es handelt sich dabei um Görlitz, Walter: Die Waffen-SS, Berlin 1960. Vgl. z. B. Misch, Geschichte, S. 485; Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 244, 411; Dahms, Weltkrieg, S. 364; Geschichte, S. 10 f, 58. Vgl. Erdmann, Zeit S. 288. Vgl. z. B. Geschichte, S. 49 f.; Erdmann, Zeit S. 296; Misch, Geschichte, S. 486, 515; Görlitz, Weltkrieg, Bd. I, S. 263; ebd., Bd. II, S. 60 f, 161; Dahms, Weltkrieg, S. 350-352; Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 246. Dass die Generäle generell behaupteten, den »Kommissarbefehl« nicht befolgt zu haben, schildert Gerstenberger, Erinnerungen, S. 625 f. In Wirklichkeit wurde der »Kommissarbefehl«

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5.3 Das Bild in Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg

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wortlich für die deutschen Verbrechen sind in diesen Darstellungen die NS-Organisationen und hier vor allem die SS.46 Charakteristisch ist weiterhin der in diesen Werken vielfach deutlich hervortretende, aggressive Antikommunismus, offensichtlich dem damaligen Kalten Krieg geschuldet. Wie in den Ausarbeitungen der WM-Generalität scheinen aber auch rassistische Denkmuster weiterzuwirken, wenn die sowjetischen Truppen und Bevölkerung von Görlitz als »slawisch dumpf«, naiv und grausam beschrieben werden,47 oder Dahms von Verbrechen durch die »entmenschte sowjetische Soldateska« berichtet.48 Bezüglich der Darstellung der Waffen-SS ist zunächst ihre recht geringe Beachtung in fast allen Werken auffällig. Sie wird zwar überall zumindest indirekt erwähnt, das beschränkt sich aber bei allen kürzeren Darstellungen auf nur wenige Stellen. So erscheint sie bei Misch nur auf zwei Seiten und bei Erdmann wie bei Ploetz nur auf fünf Seiten.49 Das gilt zum Teil auch für die voluminöseren Werke. In dem Fotobuch von Burda sind nur auf zehn Seiten SS-Angehörige zu erkennen,50 während 47 Seiten von der Marine handeln51 und 127 Seiten vom Heer.52 Bei Dahms wird die Waffen-SS weitaus häufiger erwähnt, ist aber dennoch nur ein Nebenaspekt. Die Schilderung ihrer Einsätze konzentriert sich hauptsächlich auf die Ostfront und Frankreich 1944,53 die Beteiligung der SSEinheiten an den Feldzügen davor findet hingegen keine Erwähnung. Nur bei Görlitz wird der Waffen-SS mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Hier wird von der Teilnahme der SS-Truppen an den Feldzügen in Polen, im Westen und auf dem Balkan berichtet.54 In der späten Kriegsphase, nach ihrem Ausbau zu einer wirklich relevanten Größe, geht Görlitz sogar auf die Beteiligung der Waffen-SS an einzelnen wichtigen Schlachten ein und schildert insbesondere ihre Rolle in den Endkämpfen des Jahres 1945 recht eingehend.55 Zudem werden hier auch Nebenaspekte wie z. B. der Einsatz zahlreicher SS-Divisionen im Kampf gegen die Partisanen behandelt.56

46 47

48 49

50 51

52

53 54 55 56

Hitlers von fast allen deutschen Verbänden an der Ostfront befolgt und die sowjetischen Kommissare oder »Politruks« fast immer exekutiert, vgl. die Bilanz v. Römer, Kommissarbefehl, S. 561 f. Vgl. z. B. Zipfel, Krieg, S. 18, 40-44. Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 103, 110, 232. Ähnlich auch: Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 175. Das Fortwirken der Feindbilder der NS-Propaganda nach dem Krieg wurde schon vielfach in der Literatur angesprochen, vgl. etwa Wette, Russlandbild, S. 58. Dahms, Weltkrieg, S. 519, 530-532. Vgl. Misch, Geschichte, S. 422, 513; Erdmann, Zeit S. 204, 206, 278, 290, 318; Geschichte, S. 16, 29, 48, 73, 76. Vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 49, 96, 103, 232, 249; Bd. II, S. 185, 187, 206, 241. Allerdings umfasst hier auch ein Überblick über die Einsätze der Marine in der ersten Hälfte des Krieges nur 24 Seiten, vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 140-163. So wird z. B. allein der Afrika-Feldzug auf insgesamt 18 Seiten dargestellt, vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 128-138; Bd. II, S. 35-41. Vgl. z. B. Dahms, Weltkrieg, S. 332, 445, 521, 529. Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. I, S. 64, 130, 235. Vgl. ebd., Bd. II, S. 188-190, 204, 240, 266-319, 342-348, 433, 438 f., 478-433, 560. Vgl. ebd., Bd. II, S. 86, 122, 139 f., 146, 153, 158, 167 f, 170 f.

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5. Ausblick

Aufgrund des geringen Raums, den die meisten Autoren jeweils der Darstellung der Waffen-SS zugebilligt haben, dürfte damit ihre Charakterisierung nur wenige Facetten umfasst haben. In den kürzeren Darstellungen von Ensor, Misch und Zipfel kommen tatsächlich militärische Taten der Waffen-SS überhaupt nicht vor bzw. werden ihr nicht zugeordnet. So erwähnt Misch z. B. bei der Einnahme von Rostow 1941 oder der Alliierten Invasion 1944 die Waffen-SS nicht und die Verlegung der 6. SS-Panzerarmee nach Ungarn 1945 nur ohne Nennung des SS-Kürzels.57 Ensor urteilt bezüglich der Ardennenoffensive lediglich, dass dort elf Elitedivisionen schwer mitgenommen worden seien.58 Bei diesem Autor geht die Nichtberücksichtigung der Waffen-SS sogar so weit, dass er deren bekanntestes Verbrechen nicht eindeutig ihr zuordnet: Er erwähnt als Beispiel für die »deutsche Barbarei« den Ort Oradour.59 Zipfels einzige Erwähnung der SS bezieht sich auf ihren Terror gegen die polnische Bevölkerung 1939 sowie den Massenmord an den Juden,60 wobei unklar bleibt, ob er die Waffen-SS dabei mit einbezieht. Für Misch ist die WaffenSS nur in ihrer Funktion im Rahmen der systemstützenden Rolle der Schutzstaffel erwähnenswert. Nach ihm sei der Zweck ihrer Aufstellung gewesen, die Wehrmacht eines Tages zu ersetzen. Beim Beleg dafür offenbart er jedoch eine dürftige Informationslage. Er nennt lediglich die Namen einzelner SS-Regimenter wie z. B. »Der Führer« oder »Deutschland« oder bezeichnet Major Remer vom Wachbataillon Berlin in der Darstellung der Ereignisse um den 20. Juli 1944 fälschlich als SS-Offizier.61 Nicht viel facettenreicher ist die Darstellung der Waffen-SS auch in dem Fotobuch von Burda. Hier wird sie vor allem im Rahmen der Anwerbung von europäischen Freiwilligen gezeigt.62 Daneben wird im Begleittext auf die Beteiligung der Waffen-SS an Verbrechen hingewiesen,63 aber nur viermal wird sie im Kampf dargestellt. Obwohl dabei einmal die SS-Division »TK«, mit Namen benannt und ihre Ausrüstung mit einem Sturmgeschütz gezeigt wird,64 ist damit aber, wie auch bei den drei anderen Bildern, nicht eine ausdrückliche Darstellung als Elite verbunden.65 Da zudem eine Beteiligung der Waffen-SS an Großtaten wie der Wiedereroberung von Charkow 1943 oder der Alliierten Invasion 1944 hier nicht erwähnt wird, ist die Darstellung der Waffen-SS auch hier als nur nebensächlich zu bezeichnen. 57 58 59 60 61 62

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64 65

Vgl. Misch, Geschichte, S. 486, 516, 521. Vgl. Ensor, Geschichte, S. 110. Ebd., S. 130. Vgl. Zipfel, Krieg, S. 18, 40-44. Vgl. Misch, Geschichte, S.422, 513. Gezeigt werden Anwerbungen von Freiwilligen in Norwegen, Frankreich und Belgien, Bosnien und Albanien, vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 49, 96, 103; Bd. II, S. 206. Einmal soll für die Hinrichtung von Partisanen in Minsk »lettische SS« verantwortlich gewesen sein, ein anderes mal musste das Heer laut Beschreibung deutschen Flüchtlingen helfen, weil »die SS« eine Brücke in Meißen gesprengt hatte, vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 249; Bd. II, S. 241. Vgl. ebd, Bd. II, S. 192. Bei zwei Bildern kann nur anhand der Uniform auf abgebildete SS-Truppen geschlossen werden, vgl. Burda, Weltkrieg, Bd. I, S. 232; Bd. II, S. 185. Ein weiteres zeigt die Rast zweier SS-Soldaten, vgl. ebd., S. 187.

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5.3 Das Bild in Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg

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Die Charakterisierung der Waffen-SS in den beiden renommierten Nachschlagewerken von Ploetz und vor allem Erdmann beinhaltet dagegen einige Aspekte mehr. Dennoch sind bei beiden die Beschreibungen ihrer militärischen Aktionen wenig geeignet, den Eindruck einer außergewöhnlichen Kampfkraft der WaffenSS zu erzeugen. So wird bei Ploetz zwar eine entscheidende Rolle der »LAH« bei der Eroberung Griechenlands66 erwähnt, ansonsten gehen die Autoren hier aber nur noch auf die 6. SS-Panzerarmee ein. Deren Darstellung ist aber wenig elitär, sondern illustriert nur eine Fehlentscheidung Hitlers. Ihr Abtransport von der Westfront 1945 nach Ungarn hätte den raschen Vormarsch der Alliierten ermöglicht, während sie in Ungarn die Lage nicht hatte ändern können.67 Ansonsten werden Einsätze von SS-Truppen hier nicht mehr erwähnt, und das obwohl auf Ereignisse, an denen sie beteiligt waren, durchaus eingegangen wird. So werden sieben in Tscherkassy eingeschlossene deutsche Divisionen »durch einen Panzerangriff« befreit, Kowel von »General« Gille verteidigt oder Titos Hauptquartier durch »deutsche Luftlandetruppen« überfallen.68 Andere »Großtaten« der Waffen-SS wie z. B. die Wiedereroberung von Charkow 1943 finden hingegen keine Erwähnung. Bei Erdmann ist eine militärische Rolle der Waffen-SS sogar überhaupt nicht erkennbar. So beschreibt er zwar die Eroberung von Rostow, die Abwehr der Alliierten Invasion in der Normandie, die Verteidigung Arnheims 1944 oder die letzte deutschen Offensive am Plattensee 1945, erwähnt dabei aber nicht die Beteiligung von SS-Divisionen.69 Die Wiedereroberung von Charkow wird bei ihm sogar überhaupt nicht beschrieben. Behandelt wird die Waffen-SS bei diesem Autor, neben ihrer auch hier zu findenden Darstellung als Heimat der europäischen Freiwilligen,70 vielmehr in erster Linie als Beispiel dafür, dass die für den NS-Staat charakteristischen Rivalitäten auch im militärischen Bereich bestanden haben. Im Rahmen dessen verweist Erdmann auf den Ursprung der Waffen-SS in der Stabswache Hitlers und stellt sie damit in eine besondere Nähe zum Diktator. Zudem behauptet er, gerade die SS-Truppen seien von dem NS-Ungeist besonders beherrscht gewesen. Schließlich seien sie Teil der SS gewesen, die sich als ideologische Elite verstanden hätte. Deshalb sollte die Waffen-SS nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 Vorbild des Heeres und Kern einer zukünftigen Armee werden.71 Finden sich also durchaus Stellen bei Erdmann, die zumindest das Bild einer ideologischen Elite Waffen-SS zeichnen und somit deckungsgleich mit der Darstellung in der NS-Propaganda sind, so macht dieser Autor dennoch auch deutlich, dass es hier einen Unterschied von Theorie und Praxis gegeben habe So weist er darauf hin, dass bei der Waffen-SS die anfangs besonders zuverlässigen Frei-

66 67 68 69 70

71

Vgl. Geschichte, S. 29. Vgl. ebd., S. 16, 73, 76. Vgl. ebd., S. 59, 134. Vgl. Erdmann, Zeit, S. 280, 309, 321. Vgl. ebd., S. 278, 290. Bei Ploetz werden diese Freiwilligen der Waffen-SS nicht erwähnt, sondern nur allgemein Ausländer in der Wehrmacht beschrieben, vgl. Geschichte, S. 127 f. Vgl. Erdmann, Zeit, S. 204, 206, 318.

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5. Ausblick

willigen zuletzt durch Eingezogene ersetzt wurden.72 Zudem wird auch hier, wie bei Ploetz, auf das Massaker von SS-Einheiten in Oradour verwiesen, die WaffenSS also mit den Verbrechen des NS-Regimes verknüpft.73 Für ihn folgt also aus der ideologischen Spitzenstellung keine besondere militärische Leistungsfähigkeit. Insgesamt sind in diesen ersten kurzen Darstellungen also kaum Stereotype zu finden, durch welche die Waffen-SS als elitär erscheinen würde oder die auf die NS-Propaganda zurückgehen könnten. Im Gegenteil ist sie hier neben der WM kaum auszumachen und wird, wenn überhaupt, nur als düsterer, nationalsozialistisch indoktrinierter Gegenentwurf zum Heer beschrieben. Das Bild der Waffen-SS in den abschließend untersuchten Gesamtdarstellungen ist dagegen deutlich facettenreicher. Neben dem weit größeren Umfang dieser Werke und dem bei Görlitz ja zu vermutenden Interesse speziell an der Waffen-SS könnte das auch daran liegen, dass sowohl von Görlitz als auch von Dahms neben den Darstellungen der WM-Generalität zahlreiche alternative Untersuchungen aus dem In-und Ausland miteinbezogen wurden.74 Zudem erhoben beide ausdrücklich den Anspruch, auch Auffassungen abseits der Perspektive der Generalität zu präsentieren. Bei Görlitz, der den Krieg als einfacher Soldat erlebt hatte, finden sich so auch zeitgeschichtliche Analysen und menschliche Details.75 Dahms wollte die bisher erschienenen Gesamtschauen unparteiisch ergänzen und möglichst alle Kräfte, Umstände und Entwicklungen dieser Zeit sichtbar machen. Deshalb ging er sowohl auf die militärischen Ereignisse des Krieges wie auch auf die politischen Begleitumstände ein.76 Görlitz schildert dann auch insbesondere den Fronteinsatz der SS-Divisionen ab 1943 recht ausführlich. Das beinhaltet auch Beschreibungen, welche die Waffen-SS als Elite erscheinen lässt. So bezeichnet er sie als einen vierten, aus weltanschaulichen Gründen aufgestellten WM-Teil, welcher anfangs über besten Ersatz und mit den Junkerschulen auch über eigene Ausbildungsstätten verfügt hätte. Dazu werden von ihm Pläne des RFSS erwähnt, die Waffen-SS zu einer neuen Elite des germanischen politischen Soldatentums zu machen. Deshalb sei sie, in ihrer Selbstsicht als europäische Avantgarde der NS-Revolution, auch Heimat von Freiwilligen aus vielen europäischen Ländern gewesen.77 Ebenso klingt hier auch eine Wertschätzung Hitlers gegenüber den SS-Truppen immer wieder an.78 Herausgehoben werden viele SS-Divisionen von Görlitz auch durch die Betonung ihrer guten Ausrüstung z. B. mit Panzern79 und gelegentlich durch Einschätzun-

72 73 74

75

76 77 78 79

Vgl. Erdmann, Zeit, S. 207. Vgl. ebd., S. 290; Geschichte, S. 48. Ob das Einfluss auf die Darstellung der Waffen-SS hatte, kann jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden, da beide Autoren, wie auch alle anderen hier untersuchten, auf Belege im Text verzichteten. Vgl. die zeitgenössische Besprechung »Zwischenbilanz der Kriegsgeschichte«, in: Der Spiegel 27 v. 1.7.1953, S. 29. Vgl. Dahms, Weltkrieg, S. 11, 580 f. Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. I, S. 212-214; ebd., Bd. II, S. 65. Vgl. ebd., Bd. II, S. 186-188, 209, 441 Vgl. ebd., Bd. I, S. 340; ebd., Bd. II, S. 204, 342.

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5.3 Das Bild in Überblicksdarstellungen zum Zweiten Weltkrieg

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gen wie »zuverlässig«80 oder auch dem Lob der guten Kampfleistung einzelner SS-Divisionen bei verschiedenen Anlässen.81 Dennoch ist auch die hier zu findende Darstellung der Waffen-SS weit entfernt von deren elitärem Bild in der Literatur der folgenden Jahre. So betont Görlitz, dass ein großer Unterschied zwischen den hochfliegenden Plänen Himmlers und der Wirklichkeit an der Front bestanden hätte. So sehr man sich in den SS-Divisionen als eine soldatische Elite gefühlt hätte, so groß sei der Abstand zu dem Ideengut der SS gewesen.82 Die Offiziere seien in der Mehrzahl aus der Reichswehr gekommen und die Mannschaften in der Härte des Kampfes rasch zu normalen Soldaten »umgeschmolzen« worden. Zudem sei wegen ihrer zu raschen personellen Ausdehnung, ihrer blutigen Verluste und der damit verbundenen Aufnahme ungeeigneter Elemente wie auch Zwangsversetzter der Elitecharakter bald verlorengegangen. Letztlich sei die Waffen-SS ein Ausdruck dafür gewesen, dass sich die Rivalitäten im NS-Machtsystem auch auf das militärische Gebiet erstreckt hätten, die dabei verursachte Verzettelung der Kräfte hätte zur deutschen Niederlage mit beigetragen.83 Diese für den Kenntnisstand der Zeit sehr differenzierte Analyse folgt immer wieder erkennbar der oben schon dargelegten Argumentation der deutschen Generalität, was auch für die Beschreibung der Einsätze der SS-Truppen gilt. Im Allgemeinen ist hierbei kein Unterschied zu Heeres-Einheiten feststellbar,84 was selbst das erwähnte Lob für verschiedene Elitedivisionen der Waffen-SS einschließt. In gleicher Weise werden von ihm auch immer wieder verschiedene Heeresdivisionen herausgehoben.85 Zudem charakterisiert Görlitz nur WMEinheiten als elitär: So wird etwa die Panzerbrigade »FHH« als »Feuerwehr« beschrieben86 an anderer Stelle beurteilt Görlitz als neue Elite der letzten Kriegsphase die Fallschirmjäger.87 Dazu passt, dass die berühmtesten Großtaten der Waffen-SS von ihm nicht als ihr Verdienst beschrieben werden. So erscheint z. B. die Wiedereinnahme von Charkow 1943 bei Görlitz als Verdienst von General Kempf.88 Zudem geht dieser Autor auch auf Niederlagen oder schlechte Leistungen von SS-Verbänden wie z. B. die Panik in den Reihen der SS-Division »TK« 80 81

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Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 387. Ein Bsp. ist die Darstellung des Kampfes der SS-Division »HJ« in der Normandie 1944, vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 268, 345 oder die Bewertung der SS-Divisionen »LAH«, »DR« und »TK« in der Winterschlacht 1943, ebd., S. 189. Görlitz behauptet gar, man habe in der Waffen-SS nichts von der Existenz der KZ gewusst, vgl. ebd., Bd. I, S. 213. Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. I, S. 212-214. So betont Görlitz z. B. den Opfermut nicht nur der SS, sondern aller deutschen Soldaten in den letzten Kriegsmonaten, vgl. ebd., Weltkrieg, Bd. II, S. 477. So werden hier bei der Abwehr der alliierten Invasion sowohl die SS-Division »HJ« als auch die Panzerlehrdivision als »sehr gut« bezeichnet, vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 268. An anderer Stelle lobt Görlitz die 6. Panzerdivision, welche 268 feindliche Panzer bei einem Gegenstoß vernichtet habe, vgl. ebd., Weltkrieg, Bd. II, S. 241. Ebenso hebt er die 1. Panzerdivision des Heeres hervor, vgl. ebd., S. 358 f. Vgl. ebd., Bd. II, S. 369. Vgl. ebd., Bd. I, S. 449. Vgl. ebd., Bd. II, S. 190.

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5. Ausblick

in der Schlacht bei Arras 1940 ein89 und beklagt an anderen Stellen ausdrücklich den in ihrer Führung zu findenden Mangel an generalstabsmäßiger Schulung.90 Die recht umfassende Darstellung ihres Kampfes hatte damit auch bei Görlitz nicht ein Bild von der Waffen-SS als einer absoluten militärischen Elite zur Folge. Vielmehr ist bei ihm ein für die Zeit in weiten Teilen erstaunlich wirklichkeitsgetreues Bild von den SS-Truppen zu finden. Insgesamt erscheint sie als dem Heer gleichrangig. In Dahms Darstellung wird die Waffen-SS weitaus seltener erwähnt, dazu sind hier viel weniger Detailinformationen zu finden als bei Görlitz. Thematisiert wird sie hauptsächlich wegen der an deutscher Seite kämpfenden Freiwilligen-Verbände aus den einzelnen europäischen Staaten.91 Daneben taucht sie auch im Zusammenhang mit den ihren Einheiten angelasteten Verbrechen in Warschau und Lidice auf.92 Zwar wird vereinzelt auch von der Beteiligung von Waffen-SS-Verbänden an großen Operationen wie z. B. die Schlacht um Kursk 1943, die Ardennenoffensive 1944, der Abwehr der Alliierten Invasion 1944 oder den Kurlandschlachten 1944/45 berichtet.93 All dies geht aber über kurze Erwähnungen nicht hinaus und ist so kaum geeignet, ein Bild von der Waffen-SS als militärischer Elite zu erzeugen, zumal die bis heute so bekannten »Großtaten« der SS wie im Kessel von Demjansk 1941/42 oder die Einnahme von Charkow 1943 auch bei Dahms nicht auftauchen. Ebenso wird eine besondere Ausrüstung der Waffen-SS kaum94 und eine höhere Verlustquote gar nicht behauptet. Dennoch scheint hier durchaus durch, dass die SS-Truppen im Dritten Reich einen Elitestatus hatten. So habe sich die Waffen-SS laut Dahms als militärischer Arm der SS als Elite gefühlt95 und sei z. T. von einem »besonderen politischen Geist« beseelt gewesen.96 Ebenso wird eine hohe Meinung Hitlers für die SSVerbände erkennbar, wenn Dahms berichtet, der Diktator habe nur das III. SSPanzerkorps aus Kurland retten lassen oder 1945 gerade die 6. SS-Panzerarmee zur Verteidigung Ungarns geschickt.97 In seiner Bewertung folgt aber auch Dahms der in den Erinnerungen der WM-Generalität zu findenden Linie. Er fasst zusammen, dass gegen Ende des Krieges der Elitecharakter der Waffen-SS gesteigert wurde, indem Soldaten und mehrere Armeekorps der WM zu dieser kommandiert worden seien. Insgesamt hätte aber, laut Dahms, die Errichtung dieser »Hausmacht« des Parteifunktionärs Himmlers die Schlagkraft der WM gemindert

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Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. I, S. 130. Andere Bsp. wäre die Niederlage der »LAH« 1943/44 bei Shitomir, vgl. ebd., Bd. II, S. 237 oder die Vernichtung der SS-Div. »Galizien« vor Lemberg 1944, vgl. ebd., Bd. II, S. 252. Vgl. ebd., Bd. II, S. 438, 490. Die Waffen-SS wird hier als die Heimat der Freiwilligen aus den westeuropäischen Staaten bezeichnet, vgl. Dahms, Weltkrieg, S. 191. Für andere Nennungen vgl. ebd., S. 426, 430, 464 f, 511. Vgl. ebd., S. 355 f, 422. Vgl. ebd., S. 332, 445, 521, 529. An einer Stelle hebt Dahms die Motorisierung von SS-Verbänden heraus, vgl. ebd., Weltkrieg, S. 295. Daneben wird mehrfach deren Ausrüstung mit Panzern erwähnt, vgl. z. B. ebd. S. 332, 445, 468. Vgl. ebd., S. 57, 408 f. Vgl. ebd., S. 506. Vgl. ebd., S. 529.

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5.4 Die Darstellung in Standardwerken

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und wäre verhängnisvoll für ihren Kräftehaushalt gewesen.98 Damit spielt die Waffen-SS auch bei Dahms nicht mehr als eine Nebenrolle, was im Übrigen nicht etwa daran liegt, dass dieser Autor grundsätzlich keine Verbände der WM herausgehoben hätte. Beispielsweise würdigt auch er insbesondere den Einsatz der deutschen Fallschirmjäger.99 Insgesamt ist die Waffen-SS in den hier untersuchten Büchern fast allgemein nicht mehr als eine Randerscheinung, die hauptsächlich wegen ihrer Rolle als Heimat der europäischen Freiwilligen und Konkurrenzorganisation zur Wehrmacht thematisiert wird. Dabei wird ihr Kampfwert in keinem dieser Werke höher eingeschätzt als in den Erinnerungen der WM-Generalität. Ein auffälliger Gleichklang zu Stereotypen der NS-Propaganda ist nur vereinzelt festzustellen. Ebenso wenig wurde die Waffen-SS im Laufe der Zeit immer mehr als eine militärische Elite dargestellt. Im Gegenteil widmet etwa Görlitz 1951/1952 der Waffen-SS weit mehr Aufmerksamkeit als Dahms acht Jahre später. Obwohl dieser Blick auf die Nachkriegsliteratur nur sehr eingeschränkt erfolgte, deutet dennoch insgesamt alles darauf hin, dass das Bild von der Waffen-SS als einer Elitetruppe weder über die Erinnerungen der Heeresgeneralität noch über die ersten Darstellungen des Zweiten Weltkriegs in die Forschungsliteratur gelangt ist. Es ist anzunehmen, dass das auch für die übrige Literatur der Zeit gilt. Zumindest schreibt Stein, dass sich ehemalige Angehörige der Waffen-SS empört gezeigt hätten, weil ganze Geschichten des Ostfeldzuges geschrieben worden seien, in denen auf die Taten der Waffen-SS kaum Bezug genommen wurde. Dies sei für sie der Anlass gewesen, ihre eigene Version der Geschehnisse zu verfassen.100

5.4 DIE DARSTELLUNG DER WAFFEN-SS IN DEN ERSTEN STANDARDWERKEN ZU IHRER GESCHICHTE Als Quelle des elitären Rufes der Waffen-SS in der frühen Nachkriegsliteratur kommen damit nur die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen speziell zu ihrer Geschichte in Betracht. Aus der Fülle der Literatur, die sich quasi vom Kriegsende an mit der SS und der Waffen-SS beschäftigten,101 stachen insbesondere die Abhandlungen von George H. Stein und Heinz Höhne heraus. Das galt insbesondere für die Grundannahme der Forschung über den hohen militärischen Wert der Waffen-SS. Höhne und vor allem Stein wurden bis in die jüngste Gegenwart auch in angesehenen Untersuchungen als Beleg der »unzweifelhaft großen Bedeutung« und »Standhaftigkeit« etlicher SS-Divisionen als »Feuerwehr« in den Brennpunkten der Fronten immer wieder angeführt.102 98 99 100 101 102

Vgl. Dahms, Weltkrieg, S. 57, 506. Vgl. ebd., S. 380. Vgl. Stein, Geschichte, S. VII, 193; Steiner, Armee, S. 9. Vgl. die Übersicht bei Wegner, Garde, S. 210 f. So z. B. in Wegner, Soldaten, S. 277 f.

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5. Ausblick

Es muss dabei vorangeschickt werden, dass beiden Werken der Rang als Standardwerke zur Geschichte der SS bzw. der Waffen-SS lange Jahre zu Recht zukam. Schließlich wurden sie Mitte der Sechziger Jahre vorgelegt, zu einer Zeit, als Wissenschaft und Öffentlichkeit sich gerade erst von dem ersten Nachkriegsbild der SS als einer monolithischen Organisation und Inkarnation des »Anderen«, verbrecherischen Deutschlands zu lösen begannen.103 War zuvor schon Reitlinger seiner Zeit voraus gewesen,104 setzte nun Höhne Maßstäbe, indem er in seiner 1967 erschienen Gesamtschau des »Ordens unter dem Totenkopf« dessen Heterogenität und die dort zu findenden widerstreitenden Interessen einer breiten Öffentlichkeit vorstellte.105 Steins Werk war, 1966 veröffentlicht, der erste und, außer Wegners »Politische Soldaten«, vierzig Jahre lang auch einzige umfassende und wissenschaftlich fundierte Gesamtüberblick über die Geschichte der Waffen-SS und ihrer Rolle im Dritten Reich.106 Mit seiner Darstellung auch der Verbrechen der SS-Truppen, ihrer ideologischen Prägung und dem unterschiedlichen militärischen Wert der SS-Einheiten aus dem besetzten Europa setzte er Maßstäbe in einem Umfeld, das ansonsten insbesondere in Deutschland von Populärwissenschaftlern und »Ehemaligen« beherrscht wurde.107 Vor diesem Hintergrund war die Glaubwürdigkeit der hier zu findenden Darstellung eines hohen militärischen Wertes, zumindest der Kerndivisionen, der Waffen-SS naturgemäß hoch. Diese Grundannahme wird bei Stein schon in der Einleitung deutlich. In einer ersten Beurteilung aller Teile der SS schreibt er, dass die SS-Truppen zu Beginn des Krieges eine militärische Ausbildung erhalten hätten, »die in mancher Hinsicht besser war als die des Heeres«.108 Wegen ihrer Härte im Kampf hätte sie sich im Laufe des Krieges einen »unvergleichlichen Ruf« erworben, ihre besseren Divisionen seien als »Elite des deutschen Heeres« anerkannt und vom Gegner gefürchtet gewesen. Gerade diese Einheiten hätten das militärische Ansehen der Waffen-SS selbst in den letzten Monaten des Krieges gewahrt.109 Im Hauptteil der Arbeit wird dieses Urteil dann für jede Phase des Krieges wiederholt. Schon im Polenfeldzug 1939 hätten die hier eingesetzten SSTruppen ihre »Kampfkraft«, trotz zu hoher Verlustziffern bewiesen.110 Ebenso waren die Leistungen der Waffen-SS im Westfeldzug 1940 für ihn außergewöhnlich. Sie hätte zu diesem Zeitpunkt begonnen, sich das Ansehen zu erwerben, dass sie zur Hoffnung Hitlers und dem Schrecken ihrer Feinde gemacht hätte.111 Dabei werden hier wie auch insgesamt die hohen Verluste der SS nicht etwa als Führungsversagen gewertet, sondern als fanatisch zähes, beinahe selbstmörderisches Verhalten im Gefecht beschrieben, dass während des ganzen Krieges für sie 103 104

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106 107 108 109 110 111

Vgl. Schulte, Geschichte, S. XIII f.; Smelser/Syring, Myth, S. 21 f. Reitlinger hatte zuerst die SS nicht als Staat im Staat, sondern als disparate Organisation beschrieben, welche eine Kooperation mit der Gesellschaft suchte, vgl. Schulte, Geschichte, S. XIV. Vgl. Schulte, Geschichte, S. XV. Dem Werk ging eine Serie im »Spiegel« unter dem gleichen Titel ein Jahr zuvor voraus, vgl. ebd., S. XXVI. Vgl. ebd., S. XXVIII. Das hat sich erst 2007 mit dem Erscheinen von Leleus Untersuchung geändert. Vgl. Schulte, Geschichte, S. XXVI f. Stein, Geschichte, S. XVI. Vgl. ebd., S.XVI f. Vgl. ebd., S. 26, 178. Vgl. ebd., S. 55.

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5.4 Die Darstellung in Standardwerken

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charakteristisch gewesen sei.112 Der Grund für die vielen Gefallenen sei eben nicht nur Unerfahrenheit, sondern auch Mut, aber auch eine weltanschauliche Schulung gewesen, in der den SS-Männern Hass auf alle Feinde Deutschlands eingehämmert worden sei.113 Dazu sei eine »zähe Verwegenheit« der meisten SS-Männer gekommen und die Führung durch fanatische SS-Offiziere, welche, alle Elemente der »Treue« in sich vereinend, alles menschliche Leben inklusive ihres eigenen gering geachtet hätten.114 Im Balkanfeldzug 1941 beschreibt Stein dann »Elite-SS-Verbände«, aus erfahrenen, verwegenen Soldaten bestehend, aber mit einem eigenen, »typischen SS-Stil«, also jener unorthodoxen Kampfesführung, die innerhalb der WM eine Besonderheit gewesen sei.115 Vor allem aber der dann folgende Kampf gegen die Rote Armee sei laut Stein von der ideologisierten Waffen-SS »am längsten, härtesten und fanatischsten« geführt worden, hier hätten ihre Eliteformationen jene »Mischung aus Entschlossenheit und Unbarmherzigkeit«116 entwickelt, die nun, neben ihrer personellen Auslese, guten Ausbildung, tüchtigen Führung und erstklassigen Bewaffnung117 von dem ersten Tag des Russlandfeldzugs an ihren besonderen militärischen Stil geformt hätte. In der Folge hätten diese Einheiten im Herbst und Winter 1941 »fast übermenschliche Anstrengungen«118 gezeigt und dabei bewiesen, dass sie ihren Kampfgeist auch in der Niederlage bewahren konnten.119 Deshalb habe Hitler seine Hoffnungen zunehmend auf die SS-Verbände konzentriert. Den in der Folge zu Panzereinheiten umgerüsteten bzw. neu aufgestellten Elitedivisionen der Waffen-SS sei es in einem nicht geringen Maße zu verdanken gewesen, dass die deutsche Niederlage erst zwei Jahre nach Stalingrad besiegelt war.120 Gerade in dieser späten Kriegsphase sei sie zu wahrer militärischer Bedeutung gekommen. Als die »Feuerwehr des Dritten Reiches«121 sei die »schneidige und ergebene Eingreiftruppe der SS«122 von Hitler immer dorthin geschickt worden, wo die Alliierte Gefahr am größten gewesen sei, und sie hätte es auch immer geschafft, den feindlichen Vormarsch aufzuhalten.123 Selbst bei der erfolglosen Abwehr der alliierten Invasion seien die sechs Elitepanzerdivisionen der Waffen-SS die bei weitem gefährlichsten Gegner der Alliierten gewesen.124 Daneben seien sie bei den Offensiven der letzten Kriegsphasen, genannt werden z. B. Charkow und Kursk 1943 oder die in den Ardennen 1944, meist Spitze oder »Stoßkeil« des Angriffs gewesen.125 Bis zum Ende des Krieges hätten die einfachen 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125

Vgl. Stein, Geschichte, S. 69, S. 82 f, 259. Vgl. ebd., S. 83 f. Vgl. ebd., S. 262 f. Vgl. ebd., S. 104 f. Ebd., S. 110. Vgl. ebd., S. 117. Ebd., S. 151. Vgl. ebd., S. 179. Vgl. ebd., S. 180, 191. Ebd., S. 181, 260. Ebd., S. 191. Vgl. ebd., S. 186, 191, 260, ähnlich auch: 200. Vgl. ebd., S. 197. Vgl. ebd., S. 185, 192, 195, 205.

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5. Ausblick

SS-Männer erbittert weitergekämpft, um dann, im Gegensatz zur niedergeschlagenen WM, mit einem gewissen Maß »an Dünkel und Herausforderung«, »diszipliniert und mit männlicher Haltung« in Gefangenschaft zu gehen.126 Allerdings differenziert Stein durchaus. Einen elitären Status hatten für Stein nur die vorwiegend aus Reichsdeutschen und/oder Westeuropäern zusammengesetzten SS-Divisionen. Vor allem galt das laut Stein für die vor 1944 entstandenen SS-Panzerdivisionen, welche für ihn nach Ausbildung, Auswahl und Führung die geistigen Nachfolger der »SS-VT« waren.127 Schon die weitgehend aus Volksdeutschen bestehenden Einheiten hätten jedoch ein weit niedrigeres Leistungsniveau gehabt. Vor allem aber die osteuropäischen SS-Einheiten seien militärisch nahezu nutzlos gewesen, mit Ausnahme der baltischen Divisionen, welche sich insbesondere im Kampf um ihre Heimat bewährt hätten.128 Zudem verschweigt er nicht, dass auch reichsdeutsche SS-Divisionen an der Front versagt haben, z. B. 1940 bei Arras die SS-Division »Totenkopf« bzw. 1941 bei Salla die SS-Kampfgruppe »Nord«.129 In der Arbeit von Höhne wird die Waffen-SS ähnlich elitär dargestellt, was zudem durch die hier zu findende »Sprache eines Journalisten«130 noch plastischer und wortgewaltiger ausgestaltet ist. Auch laut Höhne hätten sich einzelne SSVerbände schon im Polenfeldzug ausgezeichnet.131 Im Westfeldzug seien sie bereits eine Elitetruppe von »Militärathleten« gewesen, die sich durch ihre »blinde Angriffswut« und ihre »fanatische, schier unaufhaltsame« Kampfweise ausgezeichnet und »ohne Rücksicht auf eigene Verluste« gekämpft habe.132 So seien sie schon zu diesem Zeitpunkt militärische Elitetruppen wie die amerikanischen »Ledernacken« oder die französischen »Paras« gewesen.133 Im Russlandfeldzug soll nach Höhne dann »die eigentliche Saga des Sigrunen-Heeres«134 begonnen haben. »Schlag auf Schlag meißelten sich die Soldaten der Schutzstaffeln in die Tafeln der Kriegsgeschichte ein«,135 zunächst als »Angriffskeile«, nach den ersten sowjetischen Gegenstößen als »Inbegriff soldatischer Standhaftigkeit ohne Beispiel«136 auch in der Abwehr. Nun hätte sich das Renommee der SS-Soldaten gehärtet, »die Feuerwehr des deutschen Ostheeres« zu sein. Freund und Feind seien sich einig gewesen, dass in der Waffen-SS ein Kriegertum kämpfe, »das von keiner anderen Truppe erreicht oder gar übertroffen worden« wäre.137 Dies alles hätte dazu geführt, dass Hitler seine Hoffnungen immer mehr auf sie konzentriert habe. Der deshalb schließlich bestens ausgestatteten Waffen-SS sei es auch tatsächlich gelun-

126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137

Stein, Geschichte, S. 218, 223 f. Vgl. ebd., S. 189, 260. Vgl. ebd., S. 172-176. Vgl. ebd., S. 63, 117 f. So Wegner über den Charakter Höhnes Werk, vgl. Wegner, Garde, S. 227. Vgl. Höhne, Orden, S. 419. Ebd., S. 427. Ebd., S. 428. Ebd., S. 430. Ebd., S. 432. Ebd. Ebd., S. 432 f.

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gen, bis in die Schlussphase des Krieges jeden feindlichen Vormarsch aufzuhalten,138 obwohl sie dabei Verluste erlitt, die »jeder anderen Truppe das Genick gebrochen« hätte.139 Anders als Stein differenziert Höhne dabei in seiner Untersuchung nur selten zwischen den einzelnen SS-Divisionen, sondern spricht meist lediglich von »der Waffen-SS«. Eine Unterscheidung wird selbst in Bezug zu den ausländische Freiwilligen der Waffen-SS nicht immer eindeutig gemacht. So beschreibt Höhne etwa, dass diese immer neuen Völkerschaften die reine Lehre der NS-Ideologie in diesem »weltanschaulich stromlinienförmigen Puritanerheer« verwässert hätten. Dennoch heißt es direkt im Anschluss, dass diese Heerscharen an Rekruten es der Waffen-SS ermöglicht hätten, »die ungeliebte Montur der Staatstruppenpolizei abzuwerfen«, und: »Die Waffen-SS trat an zu einem ungewöhnlichen Siegeszug durch die Kriegsgeschichte.«140 An anderer Stelle verschweigt Höhne ebenso nicht die mangelnde Motivation und den nur geringen Kampfwert von vielen Volksdeutschen,141 ebenso wie er auch die schlechte Behandlung vieler ausländischer Freiwilliger während ihrer Ausbildung und die daraus resultierenden Probleme schildert.142 Angesprochen werden schließlich auch von Höhne die Verbrechen, »die barbarische Art, in der manche Einheiten der Waffen-SS mit Kriegsgefangenen und Zivilpersonen umsprangen.«143 Als Erklärung dafür führt Höhne, neben ihrer Fanatisierung und der brutalen Art und Weise der Kriegsführung im Osten, vor allem das Einsickern »truppenfremder Elemente« wie ehemalige Mitglieder der Totenkopfverbände oder Personals aus den KZ in die Waffen-SS an.144 Dass diese ebenso Teil der Waffen-SS waren, sei den eigentlichen SS-Kampfverbänden von Himmler aufgezwungen worden. Höhne schreibt zwar, dass man versucht hätte, Distanz zu dieser »politischen Unterwelt des Schwarzen Ordens« zu halten, lupenrein sei das jedoch nicht gelungen, da die SS-Kampfverbände Personal für Einsatzgruppen abgeben oder die »Kriminellen-Brigade« Dirlewangers in ihren Reihen hatte dulden müssen.145 So ist selbst ohne die auch hier zweifellos an sich notwendige Inhaltsanalyse augenfällig, dass sowohl Stein als auch Höhne ein Bild vom Kriegseinsatz der Waffen-SS entwerfen, welches sich nicht nur diametral von der Darstellung der WM-Generalität und der damals aktuellen wissenschaftlichen Literatur unterscheidet, sondern sogar deutliche Parallelen zu dem Bild von der Waffen-SS in der NS-Propaganda aufweist. So wird wie dort auch hier durchgehend ihr Einsatz »immer an der Spitze« oder in der Abwehr betont und ihre »Kampfbesessenheit« gelobt.146 Diese Beschreibungen gipfeln bei Stein und Höhne in Stereotypen wie 138 139 140 141 142 143 144 145 146

Vgl. Höhne, Orden, S. 436 f, 533. Ebd. S. 438. Ebd., S. 426 f. Vgl. ebd., S. 441. Vgl. ebd., S. 441 f. Ebd., S. 434. Ebd., S. 435. Vgl. ebd., S. 430 f. Ebd., S. 427, 432; Stein, Geschichte, S. 260.

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5. Ausblick

»Fels in der Brandung«147, »unerreichtes Kriegertum«148, oder »Feuerwehr der Ostfront«149, die so oder so ähnlich bereits vor 1945 in den Zeitungen zu lesen waren. Ebenso stark betont wird die außergewöhnlich gute Bewaffnung ihrer Kerndivisionen.150 Vielfach wird bei beiden Autoren zudem auf die starke Verwurzelung der SSSoldaten in der NS-Weltanschauung verwiesen, etwa wenn betont wird, dass sie das eigene wie das fremde Leben gering geachtet hätten,151 von einer besonderen Kameradschaft und auch Ausbildung in der Waffen-SS berichtet wird152 oder es etwa bei Stein ausdrücklich heißt: »In der Waffen-SS, wo Treue, Pflichterfüllung und blinder Gehorsam eine Lebensform waren«153. Im Gegensatz zu der bis dahin in der Literatur zum Zweiten Weltkrieg vertretenen Sichtweise war das Resultat dieser ideologische Verblendung aber nicht nur eine Verwicklung in Verbrechen, sondern vielmehr, wie in der NS-Propaganda, ein Grund für die außergewöhnliche Kampfkraft der SS-Kerndivisionen. Diese neue Art und Weise der Darstellung macht es notwendig, im Folgenden ein Blick auf die Quellen zu werfen, mit denen Stein und Höhne ihr elitäres Bild von der Waffen-SS belegt haben. Dabei wird schnell offenbar, dass beide Autoren, bei Stein auch ausdrücklich angesichts der fehlenden Informationen über die Waffen-SS in den Werken der WM-Generalität wie auch in den damals verfügbaren Gesamtdarstellungen des Zweiten Weltkriegs,154 auf ein alternatives Quellenmaterial ausgewichen sind. Dieses stellte vor allem bei Höhne,155 aber auch bei Stein allerdings nur ein äußerst unsicheres Fundament für den Nachweis eines elitären militärischen Wertes der Waffen-SS dar. Es ist vielmehr, soviel sei vorweggenommen, sogar als ein Einfallstor für Stereotype zu betrachten, wie sie bereits in der SS-Propaganda verwendet wurden. So konnte sich Stein zwar auf gerade frei gegebene Akten aus dem persönlichen Stab des RFSS oder Einsatzberichte von an der Westfront eingesetzten SS-Einheiten stützen. Das ergänzte er durch die vom IMT zusammengetragenen Beweisstücke wie auch durch die Protokollfragmente von Hitlers Lagebesprechungen und das Kriegstagebuch des OKW (KTB/OKW).156 Eine Auswertung von Art und Häufigkeit der in seinem Werk zum Nachweis eines hohen militärischen Wertes der Waffen-SS genutzten Quellen157 ergab, dass er daneben auch auf die 147 148 149 150 151 152 153 154 155

156 157

Höhne, Orden, S. 433; Stein, Geschichte, S. 194. Höhne, Orden, S. 433. Höhne, Orden, S. 432; Stein, Geschichte, S. 181, 187, 260. Vgl. Höhne, Orden, S. 437; Stein, Geschichte, S. 187 f. Vgl. Höhne, Orden, S. 428; Stein, Geschichte, S. 263. Vgl. Höhne, Orden, S. 412 f; Stein, Geschichte, S. 10-12. Stein, Geschichte, S. 83. Vgl. Höhne, Orden, S. 405; Stein, Geschichte, S. VII, 193. Inhaltliche und methodische Schwächen von Höhnes Werk, insbesondere was die Quellenkritik angeht, wurden schon mehrfach festgestellt, vgl. Schulte, Geschichte, S. XV; Smelser/Syring, Myth, S. 23; Behrenbeck, Kult, S. 505 f. Vgl. Stein, Geschichte, S. VII-IX. Eigene Untersuchung auf der Grundlage der bei Stein zu findenden Anmerkungen. Dabei wurden alle Belege für einen besonderen Charakter oder militärischen Wert der Waffen-SS bei Stein und Höhne separat erfasst. Die in den jeweiligen Fußnoten genannten Quellen für diese bewusst weitgefasste Definition wurden anschließend folgenden Kategorien zugeordnet: Äußerungen Hitlers,

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5.4 Die Darstellung in Standardwerken

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damals verfügbaren Untersuchungen zur SS, aber vor allem auch auf Darstellungen der »Ehemaligen« der Waffen-SS zurückgegriffen hat. Neben 37 Belegen aus anderen Untersuchungen, 26 Einträgen aus dem KTB/OKW, zehn Äußerungen Hitlers, 17 Reden Himmlers und anderer SS-Führer und 24 zeitgenössischen Akten der SS finden sich so bei Stein 47 Verweise auf Veröffentlichungen der ehemaligen SS-Generäle Paul Hausser, Kurt Meyer und Felix Steiner158 und dreizehn auf die Werke anderer Apologeten wie vor allem »Waffen-SS im Bild« von Kurt Kanis.159 Obwohl viel kürzer, stützt sich die Darstellung der Art und Weise des Kriegseinsatzes der Waffen-SS bei Höhne sogar noch mehr auf die Angaben der eben genannten ehemaligen SS-Generäle. Da dieser Autor auch Interviews mit noch lebenden SS-Angehörigen geführt hatte,160 sind deren Ausführungen hier neunzehnmal als Beleg angeführt. Dazu kommen fünf einschlägige Angaben aus dem Nachschlagewerk Klietmanns,161 aber nur neun Verweise auf andere Untersuchungen und fünf auf zeitgenössische Akten der SS.162 Dieses Ergebnis ist überraschend, weil diese Werke der ehemaligen SS-Generäle schon vielfach als von nur marginalen Wert für die Forschung über die Waffen-SS beurteilt worden sind. So bezeichnete z. B. Wolfram Wette das Buch Meyers als »Dokument des Kriegsrausches der Waffen-SS«.163 Wegner billigte dieser »Erlebnisliteratur« als einzigen Verdienst zu, die Eigenständigkeit der Waffen-SS als Forschungsgegenstand in das Blickfeld der Wissenschaft gehoben zu haben. Ihr Erkenntniswert sei jedoch gering.164 Sogar Höhne und Stein waren selbst zu diesem Schluss gekommen. Höhne beschreibt das Buch »Armee der Geächteten« von Steiner als »Selbstmitleid«165 und attestiert den SS-Generälen »Gedächtnisschwund«, wenn sie versuchten, der Waffen-SS eine unpolitische Herkunft zu attestieren und ihr den Rang eines vierten Wehrmachtsteiles zuzuweisen.166 Stein beurteilt Haussers »Waffen-SS im Einsatz« zwar an einer Stelle als Standardwerk,167

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Kriegstagebuch OKW, andere Darstellungen, SS-Akten, Äußerungen Himmlers, Äußerungen SSGeneräle, Äußerungen Apologeten und sonstiges. Das umfasst: Hausser, Paul, Waffen-SS im Einsatz. Göttingen 1953; Meyer, Kurt: Grenadiere. München 1957; Steiner, Felix: Die Freiwilligen. Göttingen 1958; ebd., Die Armee der Geächteten. Göttingen 1963. Der überaus apologetische, tendenziöse Charakter dieses Werkes wird selbst von Stein erwähnt, vgl. ebd., Geschichte, S. 123, 223. So werden hier etwa schon zu Beginn die »Schmähungen« beklagt, mit der man die Waffen-SS nach dem Krieg überhäuft hätte oder Hans Buchheim als der Waffen-SS keineswegs objektiv gegenüberstehender Historiker bezeichnet, vgl. Kanis u. a., Waffen-SS, S. 9, 13. Die Beschreibung ihres Kriegseinsatzes beschränkt sich dann auf eine Aufzählung der militärischen Erfolge ihrer Verbände und der vermeintlichen Aufklärung von »Märchen« wie dem von der bevorzugten Bewaffnung der Waffen-SS, vgl. ebd., S. 217-227. Vgl. Smelser/Syring, Myth, S. 23. Für eine Einschätzung dieses Werkes siehe Wegner, Garde, S. 227. Eigene Untersuchung auf der Grundlage der bei Höhne zu findenden Anmerkungen, vgl. ebd., S. 569-573. Wette, Zwiesprache. Vgl. Wegner, Soldaten, S. 19; Wegner, Garde, S. 211. Höhne, Orden, S. 9. Vgl. ebd., S. 405. Vgl. Stein, Geschichte, S. 165, FN 43.

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5. Ausblick

meist aber wie auch Steiners »Armee der Geächteten« als »tendenziös«.168 Für ihn ist z. B. die These des Letzteren in »Die Freiwilligen«, bei der multinationalen Waffen-SS habe es sich um einen Vorläufer der Nato gehandelt, »Mythos« und »glatter Unsinn«.169 Die Ablehnung dieser Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS geht bei Stein so weit, dass zumindest Teile seines Buches auch als eine Gegenrede zu den apologetischen Thesen dieser SS-Generäle zu verstehen sind.170 Dennoch sind es oftmals gerade die Schilderungen eines Haussers, Meyers oder Steiners, welche das elitäre Bild von der Waffen-SS bei Stein belegen oder illustrieren. Das zieht sich durch das ganze Buch. So geht schon zu Beginn die Darstellung des »einmaligen« Sportprogramms der »SS-VT«, durch die man hier eine hohe Fitness und eine einmalige Kameradschaft zwischen Offizieren und Mannschaften erreicht hätte, allein auf die bei Kanis zu findenden Angaben zurück. Das gilt auch für die Schlussfolgerung, dass alle Infanteristen der SS damals Stosstruppen nach Art der US-Army-Ranger gewesen seien.171 Sogar das Lob Hitlers für eine gelungene Präsentation dieser Taktik wird allein mit Kanis belegt.172 Vor allem aber für die Darstellung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS werden die Werke der SSGeneräle recht häufig verwendet. Verweist Stein schon für Einzelheiten der Kämpfe in Polen auf Hausser und Kanis,173 so ist dies insbesondere in seinem Kapitel über den Einsatz der Waffen-SS im Westfeldzug 1940 augenfällig. Insbesondere die Rolle der »LAH« an der schnellen Eroberung der Niederlande ist in großen Teilen eine Übernahme der Schilderung von Meyer.174 Aber auch für die Kämpfe in Frankreich dient Letztgenannter einige Mal als Beleg, z. B. für die Überquerung der Kanallinie bei Watten175 oder die schweren Kämpfe zur Befreiung des von englischen Truppen eingekreisten Sepp Dietrich.176 Damit haben die Erinnerungen dieses ehemaligen SS-Generals maßgeblich zu dem Urteil Steins beigetragen, im Westfeldzug habe die Waffen-SS begonnen, »zur Hoffnung ihres Führers und zum Schrecken ihrer Feinde« zu werden.177 Die Kampfführung der Waffen-SS im Balkanfeldzug wird von Stein sogar fast ausschließlich mit den Erinnerungen Haussers und vor allem Meyers belegt. Dass man »im typischen SS-Stil« gen Belgrad raste, geht so auf Angaben Haussers zurück,178 während Meyers wörtlich übernommene, reißerische Schilderung ei-

168 169 170

171 172 173 174 175 176 177 178

Stein, Geschichte, S. VII, 123. Ebd., S. 123 f. Siehe z. B. seine Widerlegung der These der Apologeten, die Waffen-SS sei als 4. WM-Teil zu sehen, vgl. Stein, Geschichte, S. 258 Ein anderes Bsp. ist die ausführliche Widerlegung der apologetischen These, die Waffen-SS habe nichts mit den Verbrechen der SS zu tun, vgl. ebd., S. 231-253. Vgl. ebd., S. 11, FN 30; S. 12, FN 31. Vgl. ebd., S. 22, FN 58. Vgl. ebd., S. 26, FN 2. Vgl. ebd., S. 57-61, FN 6, 7, 11, 13, 14, 16. Vgl. ebd., S. 64, FN 24, 25; S. 65, FN 31. Vgl. ebd., S. 72 f., S. 72, FN 53. Ebd., S. 55. Ebd., S. 104, FN 59.

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nes Gefechts am Klissurapaß laut Stein ein »sprechendes Bild jener unorthodoxen Kampfesführung« sei, die eine Besonderheit der Waffen-SS gewesen sei.179 Auch für die Darstellung des Kampfes der SS an der Ostfront sind für Stein die Angaben der ehemaligen SS-Generäle eine wichtige Grundlage. Das gilt für den Vormarsch, wenn die Aussage, dass einer der tiefsten Einbrüche in die Ölfelder von Maikop durch die SS-Division »Wiking« erzielt wurde, auf Steiner zurückgeht.180 Aber auch in der Abwehr wird für Details zu dem Ausbruch aus dem Kessel von Tscherkassy auf Steiner verwiesen,181 genauso wie für die »bedeutende Rolle« des III. SS-Panzerkorps im Ostseeraum182 oder dem erbitterten Kampf bis zum Letzten durch eine lettische SS-Division.183 Für Details der Abwehr der alliierten Invasion ist es Meyer, der immer wieder zitiert wird, z. B. bezüglich der Verluste der Division »HJ« oder einer »lebendigen Darstellung« der Kesselschlacht von Falaise.184 Ganz zum Schluss sind es dann wieder die Berichte Steiners, die mehrmals herangezogen werden, um den Anteil der Waffen-SS am Endkampf um Berlin zu beschreiben.185 Dass die Angehörigen der Waffen-SS dabei ihren »Führer« nicht verrieten, sondern »wie gewöhnlich die verbissensten Kämpfer waren«186 geht so zu einem guten Teil auf die Erinnerungen dieses SS-Generals zurück. Den Büchern von Steiner und Meyer ist zudem der Nachweis dafür entnommen, dass die SS-Truppen am 9. Mai 1945 mit einem »gewissen Maß an Dünkel und Herausforderung« in die Gefangenschaft gegangen seien.187 Zudem ist auch bezüglich des von Stein als Quelle genutzten zeitgenössischen Materials festzustellen, dass es vielfach nicht geeignet ist, einen realen elitären Rang der Waffen-SS nachzuweisen. Oft ist es eher als ein Ausdruck für den in den Spitzen von SS und Reich vorhandenen Willen anzusehen, anhand des Verhaltens der Waffen-SS in der Schlacht die Überlegenheit der NS-Weltanschauung zu »beweisen«. Im besonderen Maße gilt das für die vielfach von Stein benutzten Reden Himmlers, die er etwa als Beleg für den furchteinflößenden Ruf der Waffen-SS anführt.188 Schließlich wollte der RFSS, wie hier schon ausgeführt,189 mittels solcher Reden vor allem die Taten und den Charakter der Waffen-SS in Parteikreisen, der Staatsführung und der Öffentlichkeit bekannt machen und im Gedächtnis halten, wohingegen das tatsächliche Geschehen vielfach zweitrangig war. Zumindest an einer Stelle in Steins Buch wird dieses Ziel des RFSS augenfällig: Um den Fanatismus des Kampfes der SS-Divisionen in der Sowjetunion mit Quellen zu unterfüttern, verwendet dieser Autor auch ein Zitat aus einer Rede Himmlers aus dem 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189

Stein, S. 105, FN 61. Vgl. ebd., S. 180, FN 11. Vgl. ebd., S. 195 f, S. 196 FN 15. Ebd., S. 196, FN 17. Vgl. ebd., S. 174, FN 69. Vgl. ebd., 202, FN 36, 203, FN 38. Vgl. ebd., S. 214, FN 72, 73; S. 215, FN 75; S. 218, FN 84, 85; S. 221, FN 93; S. 222, FN 95. Ebd., S. 221. Ebd., S. 223, FN 103; S. 224, FN 104. Vgl. ebd., S. 122, FN 40. Vgl. Abs. 3.1.c) dieser Arbeit.

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5. Ausblick

Jahr 1944 vor den Leitern der Reichspropagandaämter.190 Schon in der zeitgenössischen Berichterstattung wurde aber als Hintergrund dieser Rede angegeben, diesen Leitern im Rahmen einer Arbeitstagung »das geistige Rüstzeug für ihre politische Arbeit in den Gauen« zu geben.191 Wie gesehen, sind auch Reden anderer SS-Führer über Erfolge der Waffen-SS genauso kritisch beurteilen.192 Dennoch belegt Stein mit einer Rede Jüttners, dass sich zwangseingezogene Jugendliche nach einem Monat fast komplett dafür entschieden hätten, bei der Waffen-SS zu bleiben und sich hier bald zu einer Elite entwickelt hätten.193 Ebenso sind die Äußerungen Hitlers in seinen Reden, Tischgesprächen oder Lagebesprechungen nicht ohne weiteres als Nachweis für Leistungen oder Status der Waffen-SS verwendbar, sondern immer auch in den Kontext von dessen Enttäuschung über das Heer oder seinem Glauben an die Wirksamkeit der NS-Ideale einzuordnen.194 Vor diesem Hintergrund ist z. B. Steins Urteil zweifelhaft, die Waffen-SS habe ihre Kampfkraft in den Feldzügen bis Ende 1941 bewiesen. Denn der Nachweis hierfür ist der Stolz Hitlers auf sie und dessen Urteil, dass die SS ganz der Idee ergeben sei und treu bis in den Tod.195 Einmal hat Stein sogar eine Deutung der NS-Propaganda übernommen. Nicht nur dass er, in der gleichen Weise wie die SS-PK, die Erwähnung der Waffen-SS in Hitlers Siegesrede nach dem Westfeldzug als Gütesiegel von allerhöchster Stelle darstellt, er belegt dieses Hitler-Zitat sogar mit einer zeitgenössischen Propagandaschrift.196 Selbst einige der bei Stein angeführten zeitgenössischen Berichte über das Verhalten der Waffen-SS in der Schlacht haben aus heutiger Sicht einen zweifelhaften Quellenwert. So belegt Stein das Lob der deutschen Generalität für die Waffen-SS im Ostfeldzug mit einem Zitat aus einem Brief des Generals Eberhard von Mackensen, in dem dieser das vorbildliche Verhalten der »LAH« an der Front beschreibt.197 Empfänger dieses Briefes aber war Himmler, womit die hinter diesem Brief stehenden Absichten zumindest hinterfragt werden müssen. Zudem ist nur unzureichend belegt, dass viele WM-Generäle so über die »LAH« dachten.198 An dem von Stein angeführten Tagesbefehl General Otto Wöhlers, in welchem die Waffen-SS als »Fels im Meer« bezeichnet wird,199 ist die möglicherweise interessengeleitete Auswahl durch Kanis zu kritisieren. Noch zweifelhafter in seinem Quellenwert ist der Bericht Felix Steiners an das Kommandoamt der Waffen-SS vom 31. Mai 1940, welcher Stein als Beleg für das »charakteristische« selbstmörderische Verhalten der Waffen-SS im Kampf dient.200 Nicht nur, weil hier nur das Verhalten einiger weniger SS-Männer in einer Schlacht beschrieben wird, also kein 190 191 192 193 194 195 196 197 198

199 200

Vgl. Stein, Geschichte, S. 120, FN 36. »Arbeitstagung mit Himmler und Goebbels«, in: DAZ 61 v. 2.3.1944, S. 1. Vgl. Abs. 3.1.c) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 183 f, S. 184, FN 24. Vgl. Abs. 3.5.a) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 179, FN 6. Vgl. ebd., S. 81 f, S. 82, FN 82. Vgl. ebd., S.121, FN 38. Stein führt nur eine Stelle Mansteins Nachkriegserinnerungen als Beleg für seine Verallgemeinerung an, vgl. ebd. Geschichte, S. 121 FN 39. Ebd., S. 194, FN 8. Vgl. ebd., S. 68 f.

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Anlass für eine Verallgemeinerung besteht. Darüber hinaus entsprach die Schilderung offensichtlich genau dem, was Himmler und auch Hitler über die Art und Weise des Kampfes der Waffen-SS lesen wollten.201 Ebenso zeigen zumindest manche der von Stein übernommenen Darstellungen aus anderen Nachkriegsuntersuchungen die damals noch dürftige Informationslage. So nutzte er z. B. als Beleg für den barbarischen Krieg der SS im Osten die Angabe Reitlingers, die »LAH« habe 4.000 Russen erschossen. Reitlinger wiederum nennt als Quelle dafür aber einzig die romanhafte Darstellung Kerns,202 auf deren Charakter hier noch eingegangen wird.203 Andere von Stein als Quellen genutzte Darstellungen zeigen sogar einen auffallenden Gleichklang mit der SSPropaganda bzw. mit den zeitgenössisch über die SS umlaufenden Gerüchten. Im besonderen Maße gilt das für das Buch »Unternehmen Barbarossa« von Paul Carell. Stein führt es an als Nachweis für die Erbitterung, mit welcher die SSMänner gegen die Rote Armee kämpften.204 Wigbert Benz konnte jedoch nachweisen, dass dieses in zwölf Sprachen übersetzte und bis heute ungemein erfolgreiche Werk eher als »Geschichtsklitterung« zu charakterisieren ist. So erscheint der Krieg gegen die Sowjetunion bei Carell als ein sauberer, anständiger und kameradschaftlicher Feldzug, wo es nur deutsches Heldentum, aber keinen Massenmord gab. Auch die Waffen-SS wird hier nur als eine heldenhaft kämpfende Truppe in einem Krieg, der den Charakter eines europäischen Abwehrkampfes gegen die bolschewistische Bedrohung hat, beschrieben.205 Zudem gibt es deutliche Anzeichen, dass auch in Carells Werk der Einfluss von »Ehemaligen« der Waffen-SS auf die Darstellung nicht gering gewesen ist. So hat Carell zumindest einige seiner Darstellungen von Einsätzen der SS-Truppen offensichtlich von SSGenerälen wie Kurt Meyer oder Otto Kumm übernommen.206 Dazu passt, dass der Autor Carell selbst einiges mit diesen »Ehemaligen« gemein hat. Unter seinem richtigen Namen Paul Karl Schmidt war er als ehemaliger Leiter der Presseabteilung des AA im Dritten Reich einer der führenden Propagandafachmänner und zudem seit 1934 Mitglied der SS.207 Auffallend ähnlich dem »Image« der Waffen-SS als eine dem »Führer« besonders nahestehende Truppe ist weiter Steins Angabe, Hitler habe bei seinem Auftritt in der Kroll-Oper am 1. September 1939 einen Waffenrock getragen, welcher 201

202 203 204 205 206

207

Himmler war laut Stein von dem Bericht über das sinnlose Anrennen einiger SS-Soldaten gegen britische Panzer so beeindruckt, dass er ihn Hitler vorlegte, welcher ihn lobend kommentierte, vgl. Stein, Geschichte, S. 68. Stein selbst zeigt später bezüglich anhand eines anderen Falles, dass die Kommandeure der Waffen-SS dem RFSS mit ihren Berichten oftmals gefallen wollten, vgl. ebd., S. 80. Nur verwiesen werden kann an dieser Stelle auf die auffälligen Abweichungen zwischen der Darstellung des SS-Generals Eicke und der offiziellen Meldung des Abteilungskommandeurs über die Taten des RK-Trägers Fritz Christen, vgl. Abs. 4.6.c) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 120, FN 34; Reitlinger, SS, S. 170 f. Vgl. Abs. 5.5 dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 116, FN 23. Ein anderer Verweis auf Carell findet sich ebd., S. 110, FN 6. Benz, Carell, S. 91-93, 100; Köhler, Publizisten, S. 194, 198. Vgl. die Darstellung der Schlacht um die Landenge bei Perekop 1941 bei Carell, S. 245-247 mit Meyer, Grenadiere, S. 114-117. Die Schilderung des »Riegels von Rshew« bei Carell, S. 331-335 geht offensichtlich auf Otto Kumm zurück, vgl. Carell, S. 555. Vgl. Benz, Carell, S. 11, 19; Köhler, Publizisten, S. 169 f.

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dem der SS-Offiziere stark ähnelte.208 Ein anderes Beispiel ist die hier zu findende Fehlinformation, SS-Fallschirmjäger hätten Mussolini vom Gran Sasso gerettet,209 welche der hier schon beschriebenen zeitgenössischen Propagandadarstellung auffallend ähnelt.210 Ebenso wenig genügt Steins Nachweis dafür, dass ab 1943 die SS-Männer »oft« lieber Selbstmord begingen als in russische Gefangenschaft zu geraten,211 heutigen Ansprüchen. Bei dem hier als Quelle angegebenen Alexander Werth werden diesbezüglich nur Aussagen des sowjetischen Majors Kampow nacherzählt, der den damaligen Korrespondenten Werth bei einem Besuch der sowjetischen Linien 1944 begleitete.212 Somit ist auch hier eine Herkunft aus damals umlaufenden Gerüchten zumindest denkbar. Die elitäre Darstellung der Waffen-SS bei Stein gründet sich damit zu einem Gutteil auf Quellen, die auch als Resultat eines bewusst hergestellten Bildes gelesen werden können. Insbesondere wegen ihres schon von Stein erkannten tendenziösen Charakters ist das auch bezüglich der Werke der ehemaligen SS-Generäle Steiner, Hausser und Meyer zu vermuten. Bei Höhne bilden die letztgenannten Autoren sogar noch in einem weit größeren Maße die Grundlage der Darstellung. Schon zu Beginn macht Höhne sich deren Sichtweise zu eigen, die Heeresgeneralität hätte die Erfolge der SS-Truppen bewusst verschwiegen.213 Auch in der Folge geht hier die Mehrzahl der Belege für eine besondere militärische Leistungsfähigkeit der Waffen-SS auf deren Angaben zurück. Das betrifft z. B. die Ausbildung der ersten Waffen-SS Angehörigen zu »Militärathleten«, was allein auf den Angaben Steiners beruht214 und von Höhne implizit auf die gesamte Waffen-SS ausgedehnt wird.215 Ebenso gilt das auch für die Angaben zu dem Verzicht auf Rangunterschiede und die große Kameradschaft in den SS-Divisionen, welche ihren Ursprung in den Darstellungen Steiners und Haussers haben.216 Dazu kommen Berichte über die hohen Verluste der Waffen-SS, die hier auf Einschätzungen Steiners zurückgehen.217 Vor allem aber gründet sich die Beurteilung der militärischen Leistungen der SS in hohem Maße auf die Angaben der SS-Generäle. Das ist schon im Polenfeldzug der Fall218 und setzt sich im Westfeldzug fort,219 wird aber vor allem im Krieg gegen die Sowjetunion augenfällig. Die dort 1941 von der »LAH« erzielten Erfolge werden mit Haussers Angaben belegt,220 die hervorragende Führung Eickes am Ilmensee 208

209 210 211 212 213 214 215

216 217 218 219 220

Vgl. Stein, Geschichte, S. 23, FN 60. Diese Deutung ist schon lange als Überinterpretation entlarvt, vgl. Wegner, Garde, S. 224. Vgl. Stein, Geschichte, S. 248. Vgl. Abs. 4.6.d) dieser Arbeit. Vgl. Stein, Geschichte, S. 118, FN 26; S. 120. Vgl. Werth, Russia, S. 767, 775, 782. Vgl. Höhne, Orden, S. 405. Vgl. ebd., S. 411-413, 569 f., FN 47, 48, 49, 54, 55, 57. So schreibt Höhne bezüglich des Westfeldzuges: »Die Militärathleten der Schutzstaffel brachen los...«, siehe: ebd. Orden, S. 427. Vgl. ebd., S. 412 f, 570, FN 55, 57, 58, 59. Vgl. ebd., S. 437 f, 572, FN 249, 250. Vgl. ebd., S. 419, 570, FN 105. Vgl. ebd., S. 427, 571, FN 167. Vgl. ebd., S. 432, 571, FN 204.

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mit denen von Steiner,221 während die Schilderung der eigenmächtigen Räumung Charkows im Februar 1943 wiederum auf einen Bericht Haussers zurückgeht.222 Zudem wird mit Darstellungen der SS-Generäle immer wieder der heroische Einsatz der SS-Truppen veranschaulicht. Beispielsweise wird aus der bei Stein zu findenden Darstellung Meyers übernommen, dass einem Führer der »LAH« das erste EK des Feldzuges verliehen worden sei.223 Der Beleg für den Status der Waffen-SS als »Inbegriff soldatischer Standhaftigkeit« ist der bei Steiner zu findende Bericht über den »Riegel von Rshew«,224 der gleichlautend mit der Schilderung bei Carell ist und somit wahrscheinlich auf den SS-General Otto Kumm zurückgeht.225 An einigen Stellen ist bei Höhne sogar die direkte Übernahme von Darstellungen der SS-PK bzw. ihrer führenden Vertreter festzustellen. Er belegt den Ausbildungsgrundsatz der Junkerschulen, »den Tod zu nehmen und zu empfangen« nicht etwa mit einer Analyse zeitgenössischer Lehrpläne, sondern mit einem im SK erschienenen SS-PK-Artikel.226 Ebenso beruht seine Schilderung der Wandlung Eickes in Demjansk zu einem Strategen auf einer mündlichen Mitteilung von Gunter d’Alquen.227 Selbst einige der von Höhne verwendeten zeitgenössischen Quellen sind in ihrem Wert zweifelhaft. Wie im Falle von Stein ist auch hier nicht auszuschließen, dass die Urheber der damaligen Schreiben die Waffen-SS lobten, um etwas beim RFSS zu erreichen. Höhne führt z. B. als Beleg für den legendären Ruf der WaffenSS Aussagen in Briefen Heydrichs und wieder des Generals von Mackensen an Himmler an.228 Gleiches gilt auch für eine von Steiner übernommene Aussage aus der Vernehmung des gefangenen sowjetischen Generalmajors Artemenko. Sie wurde von Heydrich an Himmler übermittelt.229 Die auch hier angeführte Hervorhebung der Waffen-SS in Hitlers Reichstagsrede vom 19. Juli 1940230 hat er von Stein übernommen und kann somit wie dort auch als Nachhall der Heraushebung durch die NS-Propaganda gelesen werden. Darüber hinaus belegt Höhne einige seiner generellen Charakterisierungen der Waffen-SS als Elite überhaupt nicht. Das gilt u. a. für zahlreiche seiner Ausführungen, die zu Beginn dieses Abschnittes genannt wurden. Inwiefern sich die SS-Truppen nach der Schlacht um Frankreich als militärische Elite der deutschen Nation geriert hätten231 oder weshalb die Truppen der Schutzstaffel schier unüberwindlich gewesen seien,232 bleibt so im Dunkeln. Andere Belege reichen für 221 222 223 224 225 226

227 228 229 230 231 232

Vgl. Höhne, Orden, S. 433, 571, FN 208. Vgl. ebd., S. 443, 572 FN 295. Vgl. ebd., S. 427, 571, FN 206. Vgl. ebd., S. 432 f, 571, FN 206. Vgl. Carell, Unternehmen, S. 331-335, 555 und Steiner, Armee, S. 162-164. Vgl. Höhne, Orden, S. 428, 571, FN 170. Höhne bezieht sich offensichtlich auf »Junker der WaffenSS« in: SK 48 v. 26.11.42, S. 6 f. Vgl. Höhne, Orden, S. 433, 571, FN 207. Vgl. ebd., S. 433, 571, FN 210, 212. Vgl. ebd., S. 433, 571, FN 210; Steiner, Freiwillige, S. 377-380. Vgl. Höhne, Orden, S. 428, 571, FN 172. Vgl. ebd., S. 428. Vgl. ebd., S. 436.

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einen wissenschaftlichen Nachweis der von Höhne behaupteten Zusammenhänge nicht aus. Seine Aussage, dass die Generäle des Heeres die Kampfbesessenheit der SS-Grenadiere im Westfeldzug beeindruckt und erschreckt zugleich beobachtet hätten,233 folgt bei Höhne aus einem vorgeblichen Ausspruch des späteren Generalfeldmarschalls Erich Hoepner und einem Zitat des Soziologen Werner Picht. Eine nähere Überprüfung ergibt jedoch, dass die Aussage Hoepners auf Hörensagen beruht und zudem so nicht überliefert wurde,234 während sich die Textstelle bei Picht auf einen ganz anderen Zusammenhang bezieht.235 An anderen Stellen belegen Höhnes Nachweise das von ihm entworfene Bild von der Waffen-SS nicht. So heißt es z. B. bei ihm auf Seite 437: Im März 1943 stieß Obergruppenführer Hausser an der Spitze seiner Panzerverbände über die Schlachtfelder der Ukraine vor und erfüllte Hitlers kühnste Hoffnungen. Das Korps wehrte den sowjetischen Großangriff im Raum Charkow ab und übernahm im Sommer 1943 die Spitze der südlichen Angriffsgruppe in der letzten deutschen Russland-Offensive.236

Höhne nennt als Quelle die bei Klietmann genannten Daten.237 Aus diesen können aber nur Datum und Ort der einzelnen Einsätzen des II. SS-Panzerkorps geschlossen werden,238 nicht aber Ausdeutungen wie »Hitlers kühnsten Hoffnungen« oder »Spitze der südlichen Angriffsgruppe«. Gleiches gilt auch für Höhnes Schilderung der herausragenden Rolle der »LAH« als Vorhut in Frankreich, der SS-Divisionen »LAH« und »DR« im Balkanfeldzug und, unter Einschluss der SS-Division »Wiking«, zu Beginn des Russlandfeldzuges.239 Auch diesbezüglich sind bei dem als Quelle angegebenen Klietmann nur reine Daten zu finden.240 Alle letztgenannten Sachverhalte zusammengenommen legen den Verdacht nahe, dass Höhne den Darstellungen der Ehemaligen der Waffen-SS weit häufiger gefolgt ist, als es im Einzelnen aus den Quellen ersichtlich ist. Darauf weisen auch andere Aussagen Höhnes hin: So stellt er ohne Beleg die jungen SS-Grenadiere als »Idealisten und 233 234

235 236 237 238 239

240

Vgl. Höhne, Orden, S. 427. Die bei Höhne zitierte Charakterisierung Eickes durch Hoepner, »Das ist die Mentalität eines Schlächters« lässt sich über den bei Höhne angegebenen Görlitz zu Reitlinger, SS, S. 150 schließlich bis zu Ritter, Goerdeler, S. 519 zurückverfolgen. Er beruht somit auf einer nach dem Krieg erstellten Charakteristik von Erich Hoepners Ordonnanzoffizier Werner Bothe. Sie ist offensichtlich interessengeleitet, da dieser u. a. damit dessen frühe Gegnerschaft zum NS-Regime aufzeigen wollte. Zudem schreibt Höhne, der SS-General Eicke hätte nach der Ausführung eines Angriffes gemeldet, Menschenleben hätten keine Rolle gespielt, bei Ritter heißt es jedoch, dass er dies vor einem Angriff in Aussicht gestellt hätte. Dennoch scheint diese Auseinandersetzung tatsächlich stattgefunden zu haben, wenn auch in einem anderen Kontext, vgl. Merkl, Simon, S. 175, FN 5. Unzweifelhaft sind zudem die hohen Verluste, welche die SS-Division »TK« durch die unprofessionelle Führung Eickes am La Bassée-Kanal erlitt, vgl. dazu Sydnor, Soldaten, S. 84-86. Vgl. Picht, Wesen, S. 247 f. Höhne, Orden, S. 437. Vgl. ebd., S. 572, FN 245. Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 60 f. Vgl. Höhne, Orden, S. 427, 430, 432, 571, FN 166, 183, 204, 205 mit Klietmann, Waffen-SS, S. 74-77, 90, 136 f. Besonders auffällig ist das bei Höhnes Schilderung, dass die SS-Division Belgrad »im Handstreich« genommen hätte, vgl. Höhne, Orden, S. 430. Der zitierte Klietmann spricht nur von der »Einnahme von Belgrad«, vgl. ebd., Waffen-SS, S. 89.

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5.4 Die Darstellung in Standardwerken

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im Banne eines großen Rausches« dar,241 folgt hier also dem Titel und, was noch aufzuzeigen ist, auch dem Inhalt des Buches »Der große Rausch« von Erich Kern, einem ehemaligen SS-Kriegsberichter. Dass Höhne dieses Werk zumindest bekannt war, zeigt sich durch dessen Verwendung an anderen Stellen seines Buches.242 Dazu legen auch bestimmte Argumentationsmuster wie die Abgrenzung der Waffen-SS von den Totenkopfverbänden oder die Betonung der Unabhängigkeit der SS-Generäle vom RFSS diese Vermutung nahe.243 In genau dieser Weise haben die Ehemaligen der Waffen-SS diese Themen in ihren Büchern dargestellt.244 Insgesamt ist somit bei Stein und in einem noch höheren Maße bei Höhne ein Bild von einer militärisch-ideologischen Elite Waffen-SS zu finden, welches es in der wissenschaftlichen Literatur bis dahin noch nicht gegeben hatte und das auffallende Parallelen zu der Darstellung der NS-Propaganda aufweist. Dies ging bei beiden nicht nur auf die unkritische Übernahme von zeitgenössischen, möglicherweise idealisierten und/oder zweckgerichteten Charakterisierungen der WaffenSS zurück, sondern vor allem auch auf Informationen ehemaliger Angehöriger der SS-Truppen. Weshalb beide Autoren die Werke dieser ehemaligen SS-Generäle als Beleg nutzten, ist allerdings aus den äußeren Umständen in der Zeit des Entstehens ihrer Werke nachvollziehbar. Während die Werke eines Steiners oder Meyers in dieser Zeit die Diskussion in Deutschland beherrschten,245 verlor gleichzeitig, wie oben schon erwähnt, bei den Historikern die von der WM-Generalität geschriebene oder beeinflusste Darstellung des Zweiten Weltkrieges zunehmend an Glaubwürdigkeit.246 Zudem setzte sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die SS keineswegs die homogene Organisation gewesen war, wie noch in der ersten Nachkriegszeit angenommen.247 In ihrem Bemühen, dem durch eine differenzierte Darstellung gerecht zu werden und in der Erkenntnis, dass auch die Darstellung der Waffen-SS durch die WM-Generalität lückenhaft und interessengeleitet war,248 zogen Stein und Höhne bisher nicht genutztes Quellenmaterial für ihre Untersuchungen heran. Während Höhne, wie schon erwähnt, u. a. Interviews mit ehemaligen SS-Generälen führte, konnte Stein auf damals gerade freigegebenes Aktenmaterial aus dem Stab des RFSS bzw. über Einsätze von Waffen-SS-Einheiten an der Westfront zurückgreifen.249 Dabei scheint die Übereinstimmung der dort zu findenden Aussagen mit den zeitgenössischen Äußerungen Hitlers, einzelnen Tagesbefehlen der Wehrmacht, aber auch mit denen von Steiner, Meyer und Hausser die Glaubwürdigkeit Letztgenannter erhöht zu haben. Stein schreibt selbst, dass trotz ihres tendenziösen Charakters diese Werke nützlich seien. Sie würden nur zu beweisen versuchen, dass die Waffen-SS tapfer 241 242 243 244 245 246 247 248 249

Höhne, Orden, S. 438. Vgl. ebd., S. 9, 505. Vgl. ebd., S. 431, 443-446. Vgl. z. B. Kern, Rausch, S. 16; Hausser, Waffen-SS, S. 23 f.; Steiner, Armee, S. 114. Vgl. Schulte, Geschichte, S. XXVI. Vgl. Abs. 5.3 dieser Arbeit. Vgl. Schulte, Geschichte, S. XV. Vgl. Stein, Geschichte, S. 193 f.; Höhne, Orden, S. 405. Vgl. Stein, Geschichte, S. VIII f.

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5. Ausblick

gekämpft und schwere Verluste erlitten habe, was jeder einigermaßen Informierte wisse.250 All dies stellt dennoch keinen Nachweis dar, dass Stein und Höhne so ungewollt das einst gerade von der SS-PK verbreitete Image der Waffen-SS übernommen haben. Naheliegend ist aber, Elemente dieser Propaganda in den Werken von Hausser, Steiner, Meyer und auch Kern zu vermuten. Deshalb wird im Folgenden auch auf sie genauer eingegangen werden.

5.5 DIE DARSTELLUNG DER WAFFEN-SS IN DEN WERKEN DER »EHEMALIGEN« Zwar konnte, wegen des damit verbundenen Aufwandes, hier auch die in dieser Ehemaligenliteratur zu findende Darstellung der Waffen-SS nicht mittels einer Inhaltsanalyse erfasst werden. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass das von diesen Autoren gezeichnete Bild der SS-Truppen interessengeleitet und weitestgehend deckungsgleich ist. Das ergibt sich schon aus den Umständen, welche zur Entstehung dieser Bücher geführt hatten. Schließlich mussten die Veteranen der Waffen-SS, noch mehr als die der Wehrmacht, ein Interesse daran haben, dass ihr Kriegseinsatz in einem positiven Licht dargestellt wurde. Der Grund dafür lag in dem Urteil des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher, wo u. a. die SS einschließlich der Waffen-SS zu einer verbrecherischen Organisation erklärt worden war. Durch dieses Verdikt wurde die nach Kriegsende vielfach vertretene öffentliche Gleichsetzung der Waffen-SS mit den KZ-Wachverbänden oder den Einsatzgruppen bestätigt und verstärkt. Neben strafrechtlichen Konsequenzen251 ergaben sich daraus aber auch schwere materielle Folgen für die Waffen-SS-Veteranen. Als Vertreter des NSRegimes waren sie bei den Versorgungsansprüchen nach Artikel 131 des Grundgesetzes im Vergleich zu den ehemaligen WM-Angehörigen benachteiligt und später auch mit erschwerten Bedingungen bei der Aufnahme in die Bundeswehr konfrontiert.252 Das war der Anlass für eine bis in die sechziger Jahre intensiv und emotional aufgeladen geführten Kampagne eines Teils der Veteranen der Waffen-SS, vor allem geführt durch deren Kameradschaftsverband HIAG,253 zu dem sich ca. 20.000 von ihnen seit Ende der vierziger Jahre zusammengeschlossen hatten. Gerade für diesen war, neben sozialer Arbeit, Suche nach Vermissten und

250 251

252 253

Vgl. Stein, Geschichte, S. 232. Angehörige der SS-Truppen wurden nach Kriegsende grundsätzlich von den Alliierten in »automatic arrest« genommen und waren zudem von Strafverfahren vor deutschen Gerichten bedroht, vgl. dazu Wilke, Regeneration, S. 438-441. Vgl. Wilke, Veteranen, S. 149 f; ebd., Regeneration, S. 438-441. Vgl. zur Geschichte der HIAG insbesondere Wilke, Hilfsgemeinschaft, passim.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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Gefangenenbetreuung,254 der zentrale Programmpunkt die Anerkennung der Waffen-SS als einem regulären Wehrmachtteil mit allen daraus sich ergebenden versorgungsrechtlichen Konsequenzen.255 Indem sie Kontakte zu rechtsextremen Parteien vermieden, sich vielmehr zum politischen System der Bundesrepublik bekannten und mit anderen Soldatenverbänden zusammenarbeiteten, gelang der Verbandsspitze im Laufe der Zeit tatsächlich ihre gesellschaftliche Enttabuisierung und eine erfolgreiche Lobbyarbeit gegenüber den im Bundestag vertretenen Parteien.256 Sichtbarster Ausdruck war die de-facto-Anerkennung der Sozial- und Versorgungsansprüche der ehemaligen Waffen-SS-Angehörigen durch den Bundestag am 29. Juli 1961.257 Wie einflussreich die HIAG zeitweise war, zeigt sich auch daran, dass sich die politischen Parteien erst in den achtziger Jahren endgültig von der HIAG abwandten, nachdem schon in den siebziger Jahren immer größere Teile der Öffentlichkeit gegen deren fortgesetzte Veranstaltungen Stellung bezogen hatten.258 Grundlage der erfolgreichen Lobbyarbeit der SS-Veteranen in den sechziger Jahren war eine Trennung zwischen der Waffen-SS und anderen SS-Formationen in der öffentlichen Wahrnehmung gewesen. Die Verbrechen der SS wurden dabei auf Exzesstaten reduziert oder auf Allgemeine SS, Einsatzgruppen und Totenkopfverbände projiziert. Mithin kamen bei dieser Neuprofilierung der Waffen-SS damit die gleichen Mechanismen zum Tragen wie zuvor im Falle der Differenzierung von WM und SS. Nur war es nun die Waffen-SS, der ein unpolitischer Charakter angedichtet wurde. Durchaus mit Erfolg: Schon Mitte 1953 betonte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer öffentlich die Notwendigkeit, zwischen SS und Waffen-SS zu unterscheiden. Letztere seien nur dem Namen nach Teil der SS gewesen, im Übrigen aber »Soldaten wie andere auch«.259 Allerdings wurde im Laufe dieser Kampagne seitens der HIAG ein historisches Bild von der Waffen-SS gezeichnet, in dem auch die alten ideologischen Werte der Schutzstaffel eine Rolle spielten. Auch dies kann als eine Folge des Urteils von Nürnberg und den daraus erwachsenen Nachteilen für die Ehemaligen der Waffen-SS gesehen werden. So hatte schon das unter Letzteren weit verbreitete Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, ihre Selbstwahrnehmung als Opferund Leidenskollektiv zu einem Gefühl der Gemeinsamkeit geführt, welches in die Gründung der HIAG-Kameradschaften mündete.260 Dort wurde die Binnenintegration schon bald durch einen Rückgriff auf die noch vertrauten Leitbilder,

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Vgl. Wilke, Veteranen, S. 157-164; Dudek/Jaschke, Entstehung, Bd. I, S. 107. Vgl. »Auszug aus der Satzung des Bundesverbandes der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS e.V. (HIAG)«, abgedruckt in: Dudek/Jaschke, Entstehung, Bd. II, S. 317 (Dok. 134). Vgl. dazu umfassend Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 109-118; Dudek/Jaschke, Entstehung, Bd. I, S. 111 f. In den fünfziger Jahren sprachen etwa Vertreter von CDU, FDP und auch der SPD auf den »Suchdiensttreffen« genannten Versammlungen der HIAG, vgl. Dudek/Jaschke, Entstehung, Bd. I, S. 110 f. Vgl. Dudek/Jaschke, Entstehung, Bd. I, S. 109. Vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 423-425. Für eine umfassende Darstellung dieses Prozesses, vgl. ebd., insbes. S. 291-378. Vgl. Wilke, Veteranen, S. 152 f. Vgl. ebd., Regeneration, S. 438-441.

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5. Ausblick

Riten und Feste der SS hergestellt. Ein Beispiel sind die Weihnachtsfeiern der HIAG, deren Ablauf nach den Erkenntnissen von Wilke bis ins Detail mit dem der »Julfeiern« der SS übereinstimmte.261 Aber auch aus anderen Gründen konnte die HIAG von ihren Mitgliedern als eine Art zeitgemäße Ausformung der Schutzstaffel begriffen werden.262 So bezog sich die HIAG in ihren offiziellen Mitteilungen und Schriften sogar kontinuierlich auf die Weltanschauung der SS, auch wenn diese hier der rassistischen Argumentation entledigt und von einem offensiven Bekenntnis zur Demokratie begleitet war. Dies war durch die typische Uneindeutigkeit zahlreicher Begriffe der SS-Weltanschauung begünstigt oder überhaupt erst möglich. So handelte es sich auch um einen »Ideologietransfer«263 über den Untergang des Dritten Reiches hinweg, wenn sich die HIAG selbst als Gemeinschaft beschrieb, die eine Verpflichtung gegenüber dem deutschen Volk zu erfüllen habe. Gleiches gilt für fortgesetzte Appelle an die Kameradschaft, die hier als zentraler Wert gesehen wurde und die Elemente Ehre und Pflichterfüllung beinhaltete. Weiterverwendet wurde hier aber auch der Wahlspruch der SS, »Meine Ehre heißt Treue«, wie auch das Absingen des SS-»Treueliedes« den regelmäßigen Schlussakt von HIAG-Veranstaltungen bildete. Häufig waren hier auch Bezeichnungen der Waffen-SS als einer europäischen Avantgarde. Ebenso kann auch als Ursprung für die soziale Arbeit der HIAG mit z. B. ihrer Hilfe für die Witwen und Waisen der gefallenen Kameraden oder dem Suchdienst für Vermisste das Selbstverständnis der SS als »Sippengemeinschaft« gesehen werden.264 So gesehen war es nur folgerichtig, dass vor allem die ehemaligen Truppenkommandeure in der HIAG leitende Positionen übernahmen. Mit ihrem Eintreten für ihre ehemaligen Untergebenen nahmen sie schließlich eine aus dem Selbstverständnis der SS resultierende Verantwortung wahr und erfüllten so die an sie gerichtete Rollenerwartung aus der NS-Zeit auch nach dem Krieg.265 Für den hier untersuchten Zusammenhang ist dabei entscheidend, dass diese SS-Führer auch die Aufgabe übernahmen, die Waffen-SS nach Außen zu verteidigen. Eine solche Verteidigung war aus der Sicht der HIAG nicht nur notwendig, um dem Nürnberger Urteil ihre eigene Sichtweise entgegenzusetzen, sondern auch, weil sich die Ehemaligen in ihrem noch immer abrufbaren Selbstverständnis

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265

Vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 206-218. Vgl. ebd., S. 186. So das Urteil von Wilke, vgl. ebd., Regeneration, S. 446. Ähnlich auch Schwagerl, Ehre, S. 226. Vgl. Wilke, Regeneration, S. 442-447; ebd., Hilfsgemeinschaft, S. 228. Eine unter den Mitgliedern der HIAG durchgeführte soziologische Untersuchung kam 1970 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die ehemaligen Waffen-SS-Angehörigen weitaus häufiger »mit Genugtuung« auf ihre Zeit bei diesem Verband zurückblickten als die Vergleichsgruppe aus WM-Soldaten. Ebenso nannten sie als wichtigste Eigenschaft häufig »Ehre« und »Treue«, vgl. Steiner/Fahrenberg, Einstellung, S. 335. Das gewählte Verfahren lässt allerdings eine Verallgemeinerung nicht zu, vgl. ebd., S. 343-346. Vgl. Wilke, Regeneration, S. 446. Steiner und Fahrenberg weisen auf die ausgeprägt hierarchische Struktur der HIAG hin, vgl. ebd., Einstellung, S. 332. Tatsächlich wird in Meyers Buch beschrieben, dass er seine Stellung »als Divisionskommandeur in der Waffen-SS« auch nach dem Krieg »als eine bleibende Verpflichtung« angesehen habe, vgl. Meyer, Grenadiere, S. 425 f. Ebenso verweist Felix Steiner auf die »Verpflichtung« als Befehlshaber, vor den Zeitgenossen für seine Truppe einzutreten, vgl. ebd, Freiwillige, S.10.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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als Elite266 durch die geringe Berücksichtigung in den Darstellungen der WMGeneralität und der Wissenschaft zum Zweiten Weltkrieg herabgesetzt sahen.267 Auch in den Kameradschaftsblättern der HIAG, »Wiking-Ruf« und »Der Freiwillige«, dazu in Reden und Schriften huldigten diese führenden Mitglieder vor allem der in der Waffen-SS versammelten Elite und allgemein einem heroischen Menschenbild.268 Dabei spielten insbesondere die Bücher der ehemaligen SSGeneräle Hausser, Steiner und Meyer sowie, weniger herausgehoben, auch Kern eine wichtige Rolle. Paul Hausser (1880-1972), ehemals SS-Oberstgruppenführer und Inspekteur der »SS-VT«, galt bei den SS-Veteranen als »Senior« oder »Papa Hausser«, war aber als ehemaliger Reichswehroffizier auch bei der vormaligen WM-Führung anerkannt. Er hatte nie gezögert, sich als dienst- und rangältester Führer der Waffen-SS mitsamt seinem untadeligen persönlichen Ruf vor seine ehemaligen Untergebenen zu stellen.269 So trat er schon in den Nürnberger Prozessen als Zeuge der Verteidigung auf und leugnete jede Verbindung der Waffen-SS zu den Totenkopfverbänden oder anderen Zweigen der SS. Er präsentierte sie als vierten WM-Teil und betonte ihre anständige Kampfführung.270 Dieser Linie folgte er auch in seinem Kampf für die Rehabilitation der Waffen-SS. Dies tat er hauptsächlich im Rahmen der HIAG, deren Gründungsmitglied und erster Sprecher er war. Hier galt seine Haltung als gemäßigt, da er bereit war, die Bonner Regierung zu unterstützen271 und die unter der NS-Herrschaft begangenen Verbrechen als unleugbar und nicht entschuldbar bezeichnete.272 Felix Steiner (1896-1966), ehemals SS-Obergruppenführer, u. a. Kommandeur der SS-Division »Wiking« und als »Vater der europäischen Waffen-SS« bekannt,273 war ebenso Gründungsmitglied der HIAG und zu Beginn einer der »Stars« des Verbandes. Später wurden jedoch von einer radikalen Opposition aus der HIAG gedrängt, weil er wegen seiner Bereitschaft, mit der Bonner Regierung zusammenzuarbeiten, diesen als zu gemäßigt erschien. Dennoch kämpfte dieses vormalige »Sinnbild eines politischen Soldaten«274 vor allem in seiner neuen Tätigkeit als Schriftsteller bis zu seinem Tode für eine historische Rehabilitation und Neubewertung der Waffen-SS als unpolitische Eliteeinheit.275 266 267

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Vgl. Wilke, Regeneration, S. 443. Düsterberg identifiziert den Anerkennungsverlust nach dem Zweiten Weltkrieg als Hauptmotiv für die ehemaligen Offiziere der WM und insbesondere der Waffen-SS, in ihrer Kriegserinnerungsliteratur die soldatischen Leistungen als Tugenden an sich besonders herauszustellen, vgl. ebd, Soldat, S. 152 f. Stein nennt die Nichtberücksichtigung der Waffen-SS in der Literatur der WM-Generäle »verständlicherweise einen Grund zur Verbitterung«, vgl. ebd, Geschichte, S. 193. Vgl. Dudek/Jaschke, Entstehung, S. 112 f; Large, Past, S. 84 ,89 f. Vgl. für den apologetischen Charakter der Reden Kurt Meyers die Angaben in: Meyer, Geweint, S. 49-53, 63, 73. Vgl. Syring, Hausser, S. 203; Wilke, Veteranen, S. 152. Vgl. IMT, Bd. 20, S. 391-452, insbesondere 401 f, 405. Vgl. Gingerich, Hausser, S. 231 f. Vgl. Schwagerl, Ehre, S. 208. Seidler, Steiner, S. 510; Gingerich, Steiner, S. 436 f. So seine Charakterisierung im SK, vgl. »Die Schwerter für SS-Obergruppenführer Steiner«, in: SK 1 v. 4.1.1945, S. 3. Vgl. Gingerich, Steiner, S. 438.

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5. Ausblick

Kurt Meyer (1910-1961), ehemals SS-Brigadeführer und Kommandeur der SSDivision »HJ«,276 bewegte während seiner Gefangenschaft die Öffentlichkeit der jungen Bundesrepublik. Seine Verurteilung zum Tode durch ein kanadisches Kriegsgericht führte zu zahlreichen Initiativen für seine Begnadigung.277 Nach seiner Freilassung 1954 nutzte er seine anhaltende Popularität für die Zwecke der HIAG, ab 1959 bis zu seinem Tod Ende 1961 sogar als erster Bundesvorsitzender der damals neu eingeführten HIAG-Verbandsstruktur.278 Unter der Führung dieses weiterhin überzeugten Nationalsozialisten279 gab die HIAG ihre gemäßigte Haltung auf und radikalisierte sich zusehends.280 Erich Kern (1906-1991), eigentlich Kernmayr, hatte kein den Vorgenannten vergleichbares Spitzenamt in der HIAG inne, war aber ebenso eines ihrer Gründungsmitglieder, zeitweise ihr Pressechef und erster Chefredakteur der Verbandszeitschrift der HIAG, »Der Freiwillige«. Dazu war er auch Chefredakteur der rechtsextremen »Deutschen Soldatenzeitung«.281 Seine Tätigkeit im Dritten Reich als Gaupresseamtsleiter Wien282 und im Zweiten Weltkrieg als SS-Kriegsberichter,283 vor allem aber der im hohen Maße apologetische Charakter seiner sonstigen Veröffentlichungen284 lässt schon vorneweg erwarten, dass gerade durch ihn eine Darstellung der SS-Truppen nach Art der SS-Kriegsberichte erfolgte. Oberflächlich betrachtet unterscheiden sich deren Bücher recht stark in Thema und Charakter voneinander: Kurt Meyers Buch »Grenadiere« ist aus dessen persönlicher Perspektive geschrieben. Er setzt darin der ihm unterstellten Aufklärungsabteilung der »LAH« und im weiteren Verlauf der SS-Division »HJ« ein Denkmal. Es hat dabei den Charakter einer distanzlosen Truppengeschichte und mit seiner ausschließlichen Schilderung von Gefechten in atemloser, rauschartiger Weise den Stil eines Abenteuerromans.285 Der Schwerpunkt des ersten Buches von Steiner, »Armee der Geächteten«, liegt in der Präsentation der Waffen-SS-Angehörigen als Soldaten neuen Typs. Hier hätte sich die repräsentative Haltung der »LAH«, das spartanische, idealistische Offizierskorps der alten Reichswehr und v.a. die von ihm in der Tradition der Sturmbataillone des Ersten Weltkriegs ausgebildeten Militärathleten der »SS-VT« vereint. Zusammen mit ihrer besonders ausgeprägten Kameradschaft seien die 276 277

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285

Vgl. Neitzel, Abgehört, S. 25 f., 462 f. Meyer wurde für die Ermordung kanadischer Kriegsgefangene 1944 durch Angehörige der SSDivision »HJ« verantwortlich gemacht, vgl. für eine Darstellung dieses Prozesses wie auch die Reaktionen der Öffentlichkeit Foster, Generals, S. 461-492. Vgl. Wilke, Veteranen, S. 157; ebd., Regeneration, S. 441; Wette, Zwiesprache. Vgl. seine Äußerungen in Gefangenschaft in: Neitzel, »Abgehört«, S. 186, 269 und die Charakterisierung durch seinen gleichnamigen Sohn, vgl. Meyer, »Geweint«, S. 171, 210 f, 217 f. Vgl. Large, Past, S. 93 f. Vgl. Erich Kernmayr 70«, in: BA-MA, N 756/300a; Düsterberg, Soldat, S. 248; Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 56. Vgl. Klee, Personenlexikon, S. 301. Vgl. »Dienstrangliste« der SS-Standarte »Kurt Eggers« v. 11.12.1944, in: BA-MA, RS 4/47. Vgl. dafür nur die ausführliche Widerlegung der Thesen Kerns in seinen sonstigen Werken durch Binder, Revivionsliteratur, S. 179-188. Drei dieser Bücher wurden als jugendgefährdend indiziert, vgl. Düsterberg, Soldat, S. 46. Vgl. Meyer, Geweint, S. 140-142, 153, 170 f; Meyer, Grenadiere, S. I, 416.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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SS-Soldaten befähigt gewesen, selbst in hoffnungslosen Lagen ein Beispiel an Tapferkeit und Standhaftigkeit zu geben. 286 In Steiners zweitem Buch über die Waffen-SS, »Die Freiwilligen«, lag das Leitthema in der Glorifizierung der ideellen und kämpferischen Leistung der im Rahmen der SS kämpfenden ausländischen Soldaten. Hier behauptet er im Kern, dass diese idealistischen Freiwilligen eine europäische Schicksalsgemeinschaft in der Abwehr des Bolschewismus verbunden hätte.287 Paul Haussers Bücher »Waffen-SS im Einsatz« und »Soldaten wie andere auch« haben beide den Charakter von Verteidigungsschriften, in denen die Nachkriegsbemühungen dieses Autors, die Waffen-SS als einen unpolitischen, tapfer kämpfenden vierten WM-Teil zu präsentieren, kulminieren. Dabei setzt schon das erste Buch den der Waffen-SS gemachten Anschuldigungen die vorgebliche »Wahrheit«288 entgegen, die Hausser, wie auch in seinem zweiten Buch aus seinen Erfahrungen als unmittelbar Beteiligter, aber auch aus zahlreichen Dokumenten und Aussagen anderer Ehemaliger zu belegen sucht. Erich Kerns »Der große Rausch« ist eine beleglose, romanhafte Schilderung hauptsächlich des Kriegseinsatzes der »LAH« an der Ostfront aus der Sicht des Autors. Die dennoch anfangs recht häufige Verwendung des Buches durch die Geschichtswissenschaft, z. B. durch Höhne, Reitlinger, Görlitz, aber auch Dahms,289 erklärt sich zunächst durch sein Erscheinen im Jahr 1948, womit es nach dem Krieg das erste Werk war, welches die Waffen-SS im Kampf schilderte. Zudem wurde es von Höhne als »schüchterne Selbstkritik« eines ehemaligen SSSoldaten bewertet,290 da hier auch Zweifel an dem Handeln der Waffen-SS geäußert werden.291 Insgesamt sind diese Bücher der SS-Generäle keineswegs eine sachliche »Richtigstellung« der von der WM-Generalität und anderer Autoren »verschwiegenen« Taten der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg zu betrachten. Von der Anwendung historisch-kritischer Methoden weit entfernt, ist vielmehr in allen diesen Werken deutlich das Bemühen erkennbar, die SS-Truppen als reguläre WM-Teile darzustellen und von dem Odium einer verbrecherischen Organisation reinzuwaschen. Das wird schon bei einem Blick auf die Titel der Bücher wie »Armee der Geächteten«, »Die Freiwilligen. Idee und Opfergang« oder »Soldaten wie andere auch« offensichtlich, setzt sich aber auch in den inhaltlichen Aussagen zum Charakter der Waffen-SS fort. So wenden sich alle Autoren ausdrücklich gegen die vermeintlich unwahren Behauptungen, die über die Waffen-SS verbreitet wurden.292 Ebenso ist nicht zu übersehen, dass Hausser, Steiner, Meyer und Kern generell alles weglassen oder verfälscht beschreiben, was die Waffen-SS in ein 286 287 288 289

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Vgl. Steiner, Armee, S. 90-96. Vgl. ebd., Freiwilligen, S. 67 f. So Haussers Anspruch, vgl. ebd., Soldaten, S. 8. Vgl. Görlitz, Weltkrieg, Bd. II, S. 588; Dahms, Weltkrieg, S. 584; Reitlinger, SS, S. 171; Höhne, Orden, S. 505, 507, 538, 585. Höhne, Orden, S. 9. Vgl. z. B. Kern, Rausch, S.187. Vgl. z. B. Steiner, Armee, S. 134, 166; ebd., Freiwillige, S. 9, 198 f, 349 f; Meyer, Grenadiere, S. 9, 41 f, 208, 275, 412; Hausser, Waffen-SS, S. 227 f.

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5. Ausblick

schlechtes Licht rücken könnte. So wird in allen Büchern eine scharfe Trennlinie zur übrigen SS und v.a. zu Himmler, dem KZ-Personal und den Einsatzgruppen gezogen.293 Ebenso wird die Bedeutung der NS-Weltanschauung bei der Auswahl wie auch der Schulung der SS-Soldaten heruntergespielt. Steiner schreibt z. B., dem »Rassenunsinn« wäre bei der Waffen-SS schon im Vorhinein durch Soldatenhumor der Boden entzogen worden.294 Steiner wie auch Kern gehen sogar so weit, die SS-Ränge der beschriebenen Soldaten in ihrer Darstellung durch die entsprechenden der WM zu ersetzen.295 Von Deutschen begangene Verbrechen kommen hier nicht vor, erscheinen als Lippenbekenntnis296 oder werden durch die Umstände entschuldigt.297 Selbst die vielzitierte,298 bei Kern beschriebene Erschießung von viertausend sowjetischen Kriegsgefangenen durch die »LAH«299 ist nicht als ein reuevolles Geständnis einer konkreten Tat, sondern, so bizarr es ist, als eine Art Rahmenhandlung zu sehen, in der offenbar die Menschlichkeit der einfachen SS-Soldaten und der für die sowjetischen Soldaten typische Gleichmut selbst im Angesicht ihrer Hinrichtung verdeutlicht werden soll.300 Auf Verbrechen an gefangenen deutschen Soldaten jedoch wird immer wieder im Detail eingegangen301 und ebenso auf vorgebliche Gräuel der Alliierten an der Zivilbevölkerung verwiesen.302 Dabei war es die offensichtliche Strategie aller dieser Autoren, eine Anerkennung der Waffen-SS durch eine Herausstellung ihrer militärischen Leistungen im Krieg zu erreichen. Dabei sind sie erkennbar bemüht, den Anschein einer objektiven, wahrheitsgetreuen Schilderung zu erwecken. So werden der Ablauf der einzelnen Operationen und Gefechte der beschriebenen SS-Einheiten inklusive der Namen der Handelnden meist peinlich genau dargestellt. Ebenso werden auch die strategischen oder taktischen Fehler in der deutschen Kriegsführung diskutiert

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301 302

Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 23 f; ebd., Soldaten, S. 11, 27, 31-34, 69-72, 79; Kern, Rausch, S. 16; Steiner, Armee, S. 60-65, 81 f., 114, 235; ebd., Freiwillige, S. 67, 220, 257; Meyer, Grenadiere, S. 412 f. Vgl. auch Smelser/Syring, Myth, S. 22. Vgl. Meyer, Grenadiere, S. 351, 357-378; Steiner, Armee, S. 80. Andere Bsp.: Hausser, Soldaten, S. 32, 41, 49; ebd., Einsatz, S. 201. Vgl. z. B. Kern, Rausch, S. 196; Steiner, Armee, S. 95; ebd., Freiwillige, S. 250 f, 306, 361. In Hausser, Soldaten wird auf solche Taten nicht eingegangen, ebenso wenig in Steiners Büchern. Meyer stellt zwar fest, dass es Verbrechen von Deutschen gegeben hat, relativiert das jedoch durch den sofortigen Verweis auf alliierte Untaten, vgl. ebd., Grenadiere, S. 412 f. So entschuldigt Meyer die seiner Einheit zur Last gelegte Erschießung kanadischer Kriegsgefangener mit den extremen Kampfbedingungen während der Invasion, vgl. Meyer, Grenadiere S. 363 Durch die Übernahme dieser Stelle in Reitlingers Darstellung kam dieser Vorwurf in die wissenschaftliche Literatur und wurde u. a. von Stein verwendet, vgl. Reitlinger, SS, S. 171; Stein, Geschichte, S. 120. Vgl. Kern, Rausch, S. 44 f. Die Erschießung dient bei Kern als Hintergrundhandlung, um zu beschreiben, wie SS-Soldaten einzelne sowjetische Soldaten zu retten versuchen. Der Großteil der Gefangenen habe aber stoisch ihrem Ende entgegenblickt, vgl. ebd, Rausch, S. 44 f. Die Begebenheit selbst wurde von Westemeier erst kürzlich auf den Zeitraum um den 8. Juli 1941 bei Sokolow datiert, vgl. ebd., Krieger, S. 208. Vgl. z. B. Meyer, Grenadiere, S.80 f, 134, 171, 174,195, 230 f, 323 f; Kern, Rausch, S. 41, 43. Vgl. Kern, Rausch, S. 42, 126, 163, 166 f, 169-172; Meyer, Grenadiere, S. 7-9, 104, 132, 145, 210 f, 259 f; Steiner, Freiwillige, S. 91.

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oder auch die Leistung der Gegenseite gewürdigt.303 Selbst die schlechte Leistung der SS-Truppen im Polenfeldzug oder auch Niederlagen wie bei Arras 1940 oder Salla 1941 werden nicht verschwiegen304 und durch kleine Anekdoten auch der Alltag an der Front den Lesern nahegebracht.305 Vor allem aber wird die militärische Leistungsfähigkeit der SS-Truppen bei allen diesen Autoren durch Beschreibungen von bei ihnen verwirklichten soldatischen Tugenden wie z. B. den Dienst und auch das Sterben für das Vaterland, Opferbereitschaft, Tapferkeit oder das Ausharren in Extremsituationen verdeutlicht.306 Dieses Vorgehen ist nach einer empirischen Untersuchung von Rolf Düsterberg307 allgemein in der ersten deutschen Kriegserinnerungsliteratur feststellbar, vor allem aber in den Veröffentlichungen von SS-Veteranen besonders ausgeprägt.308 Insbesondere ist das, nach den Ergebnissen Düsterbergs, bei Haussers Buch »WaffenSS im Einsatz« der Fall. Das Werk ist auch bereits seit 1960 als NS- und kriegsverherrlichend von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert.309 In allen von Düsterberg untersuchten Kriegserinnerungsbüchern war hier mit einem Auftreten pro Seite die höchste Frequenz von positiven Bewertungen von soldatischen Tugenden und Leistungen feststellbar, zudem war es eines von nur fünf Werken, in dem auch ausdrücklich positive Bewertungen des Nationalsozialismus zu finden waren.310 Das beinhaltete, wie auch in den Büchern von Meyer, Steiner und Kern, bei allen Verschleierungsbemühungen, vielfach eine Verwendung von auf die SSIdeologie verweisenden Begrifflichkeiten und Stereotypen, auch wenn das die SS-Generäle zum Teil zu tarnen suchten.311 Wie sehr diese Kombination aus soldatischen Tugenden und Ideologie in der Darstellung oftmals zu einem Gleich-

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Besonders deutlich z. B. in Hausser, Soldaten, S. 106-120; Steiner, Freiwillige, S. 91-104, 140 f, 148160, 205 f.; Meyer, Grenadiere, S. 32, 77, 212 f., 296-298, 308-310, 334-342. Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 36, 69; Steiner, Armee, S. 111. Vgl. z. B. Meyer, Grenadiere, S. 158, 170, 194; Steiner, Freiwillige, S. 109 f, 145-147, 276 f. Vgl. Düsterberg, Soldat, S. 153. Düsterberg untersuchte alle Bücher, die zwischen 1945 und 1961 erschienen waren und den Anspruch erhoben, als Soldat einen selbsterlebten, authentischen Beitrag zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu geben. Er ging dabei Zusammenhängen der sozio-biographischen Merkmale der Autoren mit der Darstellung des Zweiten Weltkriegs in den jeweiligen Büchern nach. Dafür unterwarf er 20 Werke einer Inhaltsanalyse und analysierte zudem die Vorworte von 169 Bücher, so dass seine Ergebnisse Allgemeingültigkeit beanspruchen können, vgl. Düsterberg, Soldat, S. 2, 9,12-15, 22, 33, 83-97, 104, 106. Vgl. ebd., S. 142-146. Vgl. ebd., S. 45, 79. Für die Ergebnisse der Inhaltsanalyse vgl. ebd., S. 139, 354-360. Vgl. ebd., S. 144-147. So ist selbst den hier präsentierten Dokumenten zu misstrauen. Beispielsweise behauptet Steiner in seinem Buch »Die Freiwilligen«, dass er und die ausländischen Freiwilligen der Waffen-SS die von Berlin proklamierte verbindende germanische Ideologie und insbesondere die Idee eines germanischen Ostreiches scharf abgelehnt hätten. Stattdessen hätte sich bei ihnen die Idee einer »europäischen Schicksalsgemeinschaft« entwickelt. Er belegt das anhand eines seiner Tagesbefehle, vgl. Steiner, Freiwilligen, S. 67 f. In Wirklichkeit hatte der SS-General in seinen an die SS-Division »Wiking« gerichteten Verlautbarungen immer wieder auf die gemeinsame germanische Idee verwiesen, auch in dem angeführten Tagesbefehl, aus dem er die entsprechende Textstelle erst im Nachhinein tilgte, vgl. Gingerich, Steiner, S. 435.

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5. Ausblick

klang mit der SS-Propaganda führte, soll im Folgenden anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden.312 So hatte schon Stein erkannt, dass der von Steiner so offensiv verbreitete Mythos von der Waffen-SS als einem Vielvölkerheer zur Rettung Westeuropas vor dem Kommunismus auch als Nachhall der Europa-Propaganda des NS-Regimes gesehen werden kann.313 In allen Werken wird zudem auf die zentralen Begriffe der SS-Ideologie, »Treue« und »Härte« verwiesen: Haussers »Waffen-SS im Einsatz« wird ganz offen das Motto der SS, »Meine Ehre heißt Treue« vorangestellt314 und immer wieder explizit auf die »Treue und Tapferkeit«315 bzw. die »Treue zur Idee und Person« der SS-Soldaten verwiesen.316 Es finden sich aber auch in den anderen Büchern vielfach Umschreibungen einer »unbedingten Erfüllung eines Auftrages«317, eines »Befehl des Gewissens«318 oder der »äußersten Pflichterfüllung«.319 Auf die »Härte« wird mit ihrer Umschreibung »Tod nehmen und geben«,320 durch Hervorhebung von Opferwilligkeit wie dem Kampf trotz Verwundung oder bis zum Tod oder auch durch die Schilderung von heroischen Selbstopfern321 in den Büchern angespielt. Es finden sich aber auch überall Bezüge auf andere wichtige Elemente der SSWeltanschauung. So betonen alle Autoren die »Kameradschaft«, gerade zwischen den Führern und den Mannschaften in den SS-Verbänden.322 Gleiches gilt auch für die hier immer wieder hervorgehobene Freiwilligkeit der Zugehörigkeit zur Waffen-SS, welche Zeit ihres Bestehens eines der Leitmotive der HIAG gewesen 312

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Das ist auch allgemein Kennzeichen von Literatur aus dem HIAG-Umfeld. Schwagerl zeigt, dass hier vielfach auf die SS-Ideologie verwiesen wurde, vgl. ebd., Ehre, S. 162-164, 204-214, 216-226. Bezeichnend ist, dass von den 15 Büchern ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS, die bis 1961 publiziert wurden, vier als NS- und kriegsverherrlichend indiziert wurden, vgl. Düsterberg, Soldat, S. 45, 79. Stein, Geschichte, S. 129. Siehe z. B. Steiner, Freiwillige, S. 43, 84, 185, 315, 338, 358. Auch bei Hausser heißt es: »Der Kampf geht weiter, für Deutschland, für Europa!«, vgl. ebd., Einsatz, S. 226. Hausser, Waffen-SS, S. 7. Ebd., S. 68 Ebd., S. 23. So heißt es bei Kern: »Das ist die SS […] Soldaten, die kämpfen und sterben, wie der Befehl es verlangt.«, vgl. ebd., Rausch, S. 17 oder auch später: »So riefen uns doch die Massengräber der Kameraden, eine klare Sprache der Pflicht und der Treue zu«, vgl. Kern, Rausch, S. 129. Bei Hausser »folgten neue Aufträge, sie wurden erfüllt, wenn auch noch viel Blut floß«, siehe Hausser, Waffen-SS, S. 68. Ähnlich auch Meyer, Grenadiere, S. 239 f, 242. Steiner, Freiwillige, S. 9, 177. Kern, Rausch, S. 122; Steiner, Armee, S. 95; ebd., Freiwillige, S. 246, 294, 307; Meyer, Grenadiere, S. 294; Hausser, Waffen-SS, S. 136. Schwagerl, Ehre, S. 163. Kern schreibt z. B.: »Bataillon hält den befohlenen Straßenpunkt, wie der Befehl es verlangt. Pardon wird nicht erwartet und nicht gegeben.«, vgl. ebd., Rausch, S. 16. Steiner glorifiziert die »Härte und Unerschrockenheit« der SS-Division »Prinz Eugen«, vgl. ebd., Geächtete, S. 175. Ähnliche Stellen auch in Meyer, Grenadiere, z. B. S. 90 f., 113 f, 148 f.; Steiner, Freiwillige, S. 329. Vgl. etwa Kern, Rausch, S. 68, 104; Steiner, Armee, S. 163 f; ebd., Freiwillige, S. 148, 172, 334; Hausser, Waffen-SS, S. 57-62; Meyer, Grenadiere, S. 58 f., 180 f., 249, 268, 303; Hausser, Soldaten, S. 68, 80 f., 156, 194. Vgl. Schwagerl, Ehre, S. 209 f. Beispiele: Kern, Rausch, S. 78; Steiner, Armee, S. 90, 95; ebd., Freiwillige, S. 66, 210, 246, 294, 357; Meyer, Grenadiere, S. 77, 148, 207, 239, 250, 302, 413-415; Hausser, Waffen-SS, S. 12 f., 36, 43, 98, 136.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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ist.323 Dazu werden selbst hochideologische Inhalte wie die Beschreibung von SS-Führern als »politische Soldaten«324, Verweise auf die Volksgemeinschaft325 oder auf die Blut und Boden-Ideologie der SS326 vereinzelt benutzt. Obwohl, wie gesehen, nicht ungewöhnlich in der Literatur der Nachkriegszeit,327 ist hier auch bei der Darstellung des sowjetischen Gegners je nach Autor mehr und oder minder stark eine Ähnlichkeit zur Hetze der SS-Propaganda festzustellen. So taucht etwa immer wieder der unmenschliche oder fanatische Kommissar auf, der die »primitiven« sowjetischen Soldaten nach vorne in den Tod hetzt.328 Bei Kern laufen diese wie Marionettenpuppen seelenlos und mechanisch ins deutsche Feuer.329 Ebenso charakterisieren auch die anderen Autoren diese Soldaten als roboterartig, heimtückisch und primitiv.330 Gegen diesen Feind verteidigt in den Büchern die Waffen-SS Europa. Wieder ist es Kern, der dabei die Begrifflichkeiten der SS-Propaganda besonders deutlich nutzt. Er schreibt etwa von »Horden des Ostens« oder einer »Flut aus der Steppe«, gegen die sich, in Tradition des Kampfes der germanischen Stämme und des Deutschritterordens, die Reihen der Waffen-SS Männer aus allen nordischen Ländern gestemmt hätten.331 Aber auch bei den anderen Autoren findet sich das Motiv der sowjetischen Massenangriffe, die zum Teil als »rote Sturzflut« bezeichnet werden332 oder Beurteilungen des »Bolschewismus« als hetzerisch, europafeindlich, alles nivellierend und die Freiheit vernichtend.333 Dem stellt sich die Waffen-SS als »Feuerwehr«334, als »Wellenbrecher« oder »Bollwerk« etc. in den »Brennpunkten der Front« entgegen.335 Daneben werden auch eher unideologische Stereotype in der gleichen Weise wie in der damaligen Berichterstattung verwandt. Das gilt für die Bezeichnung der Waffen-SS als dem vierten WM-Teil durch diese Autoren,336 oder Umschreibungen vom Kampf »Schulter an Schulter«

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Vgl. Schwagerl, Ehre, S. 162 f. Vor allem Steiner benutzt den Begriff »Freiwillige« ständig, z. B. in: Steiner, Armee, S. 120 f.; Steiner, Freiwillige, z. B. S. 96, 122, 152, 198, 245, 275. Vgl. aber auch z. B. Meyer, Grenadiere, S. 9, 204-207, 413; Hausser, Soldaten, S. 91-97, ebd., Einsatz, S. 196. Schwagerl, Ehre, S. 163. So nennt Steiner Leon Degrelle den »Prototyp eines politischen Soldaten«, vgl, Steiner, Freiwillige, S. 119 f. Bei Hausser heisst es: »In der Waffen-SS wurde die Kameradschaft zwischen Führer, Unterführer und Mann im Geist der Volksgemeinschaft besonders betont«, vgl. ebd., Einsatz, S. 12. So in Steiner, Armee, S. 127, 181. Ähnlich argumentiert auch Kern, Rausch, S. 136. Vgl. Abs. 5.2. So heißt es bei Kern: »Und die Brüderlichkeit, ja ja die haben sie uns auch beigebracht, die Brüderlichkeit der Kommissare und die Brüderlichkeit des Genickschusses.«, siehe Kern, Rausch, S. 24. In gleicher Weise auch: ebd., S. 48-51, 69, 130-132, 140, 161. Ähnliche Stereotype auch bei Meyer, Grenadiere, S. 86; Steiner, Freiwillige, S. 117. Vgl. Kern, Rausch, S. 21, 35-37, 40 f., 47, 68-72, 89, 129 f. Vgl. z. B. Meyer, Grenadiere, S. 151 f, 185; Steiner, Freiwillige, S. 109 f., 160. Vgl. Kern, Rausch, S. 135. Vgl. z. B. bei Steiner, Armee, S. 154, 162; ebd., Freiwillige, S. 69, 179, 202, 208, 269, 305; Meyer, Grenadiere, S. 203. Vgl. Steiner, Freiwillige, S. 83 f., 218, 291, 354. Vgl. Kern, Rausch, S. 79, 175. Ähnlich auch Steiner, Armee, S. 25, 155 f.; ebd., Freiwillige, S. 306. So z. B. die Schilderung in Steiner, Armee, S. 162; ebd. Freiwillige, S. 206, 246, 256, 267, 292. Ähnlich auch Hausser, Waffen-SS, S. 45, 194; Meyer, Grenadiere, S. 202, 412. Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 21; Steiner, Armee, S. 75.

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5. Ausblick

Abb. 17: Kurt Meyer auf dem Titel des »Illustrierten Beobachters«, 1941.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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Abb. 18: Umschlag von Kurt Meyers Buch »Grenadiere« von 1961.

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5. Ausblick

mit der WM.337 Zudem gibt es auch hier Panzer, die hunderte Abschüsse erzielen,338 oder auch die Selbstsicht einer militärischen Elite.339 Die Liste solcher Beispiele ließe sich noch um einiges erweitern. Im Rahmen dieses Ausblickes reicht aber die Erkenntnis aus, dass es in diesen Büchern wie in der SS-Propaganda einen Rückgriff auf Begrifflichkeiten, Erklärungsmuster und Stereotype aus dem ideologischen Weltbild der SS gab. Schon dadurch ist es legitim, diese Werke als Einfallstor von Charakterisierungen der Waffen-SS in die Darstellungen Steins und Höhnes anzusehen, die inhaltlich gleich der SS-Propaganda waren. Damit jedoch nicht genug: In diesen Büchern wurden Erzeugnisse der SS-PK auch direkt verwendet. So stammen schon alle Bilder zur Illustration des Kriegseinsatzes der Waffen-SS bei Hausser, Steiner und Meyer offensichtlich aus der Produktion der SS-PK. Meyer nutzte dabei zumindest einmal die gleiche Aufnahme des SS-PK-Fotografen Roth, die ihn schon fünfzehn Jahre zuvor bekannt gemacht hatte. Das Bild auf dem Einband ist eindeutig dem Titel des IB anlässlich seiner RK-Verleihung im Balkanfeldzug 1941 nachempfunden.340 Dennoch könnte man die Verwendung dieser Bilder noch mit dem generellen Fehlen alternativer Abbildungen insbesondere von dem Fronteinsatz der WaffenSS rechtfertigen. Anders liegt der Fall jedoch bezüglich der ebenso zu findenden, unkritischen, ja zum Teil nicht einmal kenntlich gemachten wörtlichen Übernahme von SS-PK-Artikeln im Text. Hierdurch zeigt sich überdeutlich, in welch hohem Maß das Bild von der Waffen-SS in der NS-Propaganda und das, welches die SS-Generäle in ihren Büchern zeichneten, übereinstimmen. Dabei sind die Propagandaartikel der SS-PK in Paul Haussers erstem Buch »Waffen-SS im Einsatz« ganz offen übernommen worden. Hier ist die Verwendung analog der Aufgabe der PK-Berichte in der NS-Propaganda. Wie dort zog auch Hausser diese Artikel, abgesetzt durch kursiven Druck, zur Illustration und als vorgeblichen Nachweis der Richtigkeit der von ihm geschilderten militärischen Abläufe bzw. des Geistes seiner Truppe heran. Beispielsweise fügte Hausser der Schilderung der Kämpfe um Arras 1940 einen sogar mit dem SS-PK-Kürzel versehenen Bericht »Der Tod von Cornet Malo« bei. Damit werden die gute Ausrüstung der SS, die hier herrschende gute Kameradschaft, die Geschicktheit und Professionalität der SS im Gefecht und ihr hoher Einsatzwille veranschaulicht.341 Gleiches gilt für drei weitere Artikel, welche alle unter ausdrücklicher Nennung des SS-PK-Kürzels verwandt worden sind.342 Aber auch von den anderen Texten, die Haussers Schilderungen als vorgebliche Berichte Beteiligter, zeitgenössische Tagesbefehle oder Tagebucheinträge illustrieren, ist anzunehmen, dass sie meist 337

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Etwa in Steiner, Armee, S.153 f.; ebd., Freiwillige, S. 207, 236, 287, 292, 307; Meyer, Grenadiere, S. 121, 148, 412; Hausser, Waffen-SS, S. 17 f. Vgl. auch Wilke, Veteranen, S. 154. Vgl. Kern, Rausch, S. 98, 173; Meyer, Grenadiere, S. 235, 274. Vgl. Steiner, Armee, S. 198; Meyer, Grenadiere, S. 9, 413 f, 426; Hausser, Waffen-SS, S. 23, 41. Die französische Ausgabe von »Grenadiere« zeigt sogar den Originaltitel des IB, vgl. Meyer, Geweint, S. 169. Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 33-35. Vgl. »Ewig lebt der Toten Tatenruhm...«, in: Hausser, Einsatz, S. 77-80; »Angriff ohne Befehl«, in: ebd., S. 95-97; »So kämpfte die Pak der Legionen«, in: ebd., S. 167-180.

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5.5 Die Darstellung in Werken der »Ehemaligen«

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ebenso direkt aus der SS-Propaganda übernommen worden sind. Zum einen konnte in einer Stichprobe nachgewiesen werden, dass der bei Hausser zu findende, vorgebliche Tatsachenbericht eines »R.S.« über die »Drei Tage des Bataillons Narwa« zum ersten Mal am 16. August 1943 als SS-PK-Artikel des SS-Kriegsberichters Richard Stürmer im VB erschien.343 Zum anderen sind auch die anderen Texte gleichlautend mit der SS-Propaganda. So wurde der in einem hier aufgeführten Korps-Tagesbefehl vom 10.8.1941 geschilderte Fund von fünf SS-Soldaten, die sich durch Kopfschuss getötet hätten und von einem Wall von gleichfalls toten, auf Handgranatenwurfweite herangekommenen sowjetischen Soldaten umgeben gewesen seien,344 wie gesehen schon in der NS-Zeit als Symbol für den Opfergeist der Waffen-SS weidlich ausgeschlachtet.345 Ebenso könnte etwa bei dem bei Hausser abgedruckten Tagebucheintrag eines Panzerjägers »Der Geist ist noch immer unsere panzerbrechende Waffe« vom 16.10.1941346 oder bei dem vorgeblichen Tatsachenbericht »Die Sache mit dem Ko...« wo das in der SSPropaganda immer wieder zu findende Motiv des strammen Abmeldens eines SS-Mannes trotz seiner tödlichen Verwundung zu finden ist,347 mit einer systematischen Suche wohl schnell in der NS-Presse gefunden werden. Hausser ist kein Einzelfall, vielmehr wurden offensichtlich auch in den Büchern von Meyer und Kern SS-PK-Berichte verwendet, hier allerdings ohne dies wenigstens ab und an kenntlich zu machen. Zumindest zweimal konnte der Autor dieser Arbeit das nachweisen: Zunächst ist die im Buch von Erich Kern erzählte Geschichte von dem dreizehnjährigen Schura, welcher einer SS-Kompanie als Hiwi dient und ihr unter großen Gefahren beim Rückzug folgt, eine wortgetreue Wiedergabe eines SS-PK-Artikels, die unter Erich Kerns richtigem Namen Kernmayr am 8.11.1943 im VB erschienen ist.348 Die Schilderung der Überquerung des Golfs von Korinth durch die »LAH« im Balkanfeldzug 1941 in Meyers »Grenadiere«, hier Zeichen der Verwegenheit, Einsatzfreude und Einfallsreichtum der SS-Soldaten, ist eine in Teilen leicht veränderte, aber meist wortgetreue Übernahme eines SS-PK-Artikels von Hans Schwarz van Berk, welcher 1941 in DR veröffentlicht worden ist.349 Diese offene oder versteckte direkte Übernahme von Propagandatexten der SS-PK war in den Kreisen der »Ehemaligen« der Waffen-SS offenbar generell gang und gäbe. So war schon die erste Zeitschrift für die ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS, also der von dem vormaligen SS-General Herbert Gille ab 1951 herausgegebene »Wiking-Ruf«, nach der Beobachtung von Karsten Wilke geprägt von Kriegsberichten, Bildern und Offiziersportraits, die zum ersten Mal im SK

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Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 129-134 mit »Die drei Tage des Bataillons Narwa«, in: VB 228 v. 16.8.1943, S. 3. Vgl. Hausser, Waffen-SS, S. 50. Vgl. z. B. »Treu dem Befehl bis zum letzten Mann«, in: VB 246 v. 3.9.1941, S. 3, der exakt die gleiche Begebenheit schildert. Hausser, Waffen-SS, S. 53. Vgl. ebd., S. 57-62. Vgl. Kern, Rausch, S. 122-124 mit »Schura sucht das Leben«, in: VB 312 v. 8.11.1943, S. 6. Vgl. Meyer, Grenadiere, S. 67-73 mit »Die Leibstandarte setzt über«, in: DR 19 v. 11.5.1941, S. 3 f.

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5. Ausblick

erschienen sind.350 Ebenso ist die Schilderung der Befreiung Mussolinis vom Gran Sasso in den Erinnerungen von Otto Skorzeny im Wesentlichen inhaltsgleich mit der damaligen Propagandadarstellung.351 Auch in Weidingers Buchreihe über die Kriegsgeschichte der SS-Division »DR« fanden SS-PK-Berichte reichlich Verwendung.352 Dazu stellte Westemeier erst kürzlich fest, dass Patrick Agte in seiner Biographie des SS-Standartenführers Peiper seitenlang einen ursprünglich für das SK vorgesehenen Artikel des SS-Kriegsberichters Hermann Schramm zitiert.353 Dieser Befund ist nicht nebensächlich, da solche Bücher mangels Alternativen weiterhin auch in der wissenschaftlichen Literatur für Detailinformationen zur Geschichte der Waffen-SS verwendet werden. So ist auch das wahrscheinlich wichtigste von diesen, das Buch von Ernst-Günther Krätschmer über die Ritterkreuzträger der Waffen-SS aus dem Jahr 1955, bis heute das Nachschlagewerk für Verleihdaten, zugrunde liegende Taten und biographische Informationen,354 von Propaganda der SS-PK durchsetzt. Erste Hinweise darauf lieferte Westemeier. Er stellte fest, dass die bei Krätschmer zu findende Kurzbiographie von Joachim Peiper eine wortgleiche Übernahme eines zeitgenössischen Artikels des SK darstellt.355 Eine stichprobenartige Überprüfung durch den Autor dieser Arbeit ergab, dass der ehemalige SS-Untersturmführer Krätschmer356 tatsächlich regelmäßig die zeitgenössischen Ritterkreuzberichte der SS-PK als Grundlage für seine Biographien nutzte. Obwohl Krätschmer auf diese Quelle an keiner Stelle hinweist,357 wurden in allen gezogenen Proben diese Biographien zwar um im Krieg noch von der Zensur gesperrte Informationen über Orte und Gegner ergänzt358 und, falls nötig, von allzu offensichtlichen 350

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Vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 53. Zur Gründung und Charakter von »Wiking-Ruf« vgl. ebd., S. 51-59. Das betrifft etwa den Sturzflug mit neun Mann zum Hotel, die Zerstörung der Funkstation der italienischen Bewacher, die Sichtung Mussolinis am Fenster oder die Überwältigung der Wachen Mussolinis, vgl.: »Mit dem Fieseler Storch vom Gran Sasso geholt«, in: VB 259 v. 16.9.1943, S. 1 mit Skorzeny, Geheimkommando, S. 144-147. Vgl. Kaden, Wort, S. 38, FN 193. Gemeint ist: Weidinger, Otto: Division Das Reich. Der Weg der 2. SS-Panzer-Division »Das Reich«, 6 Bde. Osnabrück 1977-1982. Bezüglich des Charakters der Werke Weidingers als unwissenschaftliche Truppengeschichten vgl. Wegner, Garde, S. 18. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 253. Gemeint ist Agte, Patrick: Jochen Peiper. Kommandeur Panzerregiment Leibstandarte. Berg am See 1998. Vgl. etwa Wegner, Soldaten, S. 372; Casagrande, SS-Division, S. 358; Reitlinger, SS, S. 90. Auch in der vorliegenden Arbeit mussten Verleihdaten von Ritterkreuzen mittels dieses Werkes nachgewiesen werden. Stein und Höhne benutzten es im Übrigen nicht zur Charakterisierung des Kampfwertes der Waffen-SS. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 708, FN 412. Gemeint ist »Der siebente Tag«, in SK 3 v. 20.1.1944, S. 6 f. Vgl. Westemeier, Krieger, S. 564. Als Quelle nennt Krätschmer lediglich Dokumente und Erinnerungen der Angehörigen und Kameraden, vgl. ebd., Ritterkreuzträger, S. 6. So heißt es z. B. bezüglich des SS-Obersturmbannführer Vinzenz Kaiser bei Krätschmer: »Als im Januar 1943 die Rote Armee mit starken Stoßverbänden ihrer 3. Panzerarmee aus dem Raum Waluiki nach Westen auf den Donez vordrang und ihr die Division »Das Reich« entgegengeworfen wurde, war der damalige SS-Hauptsturmführer Vinzenz Kaiser Führer einer selbstständig operierenden Kampfgruppe.«, siehe Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 190 f. Im SK heißt es im entsprechenden RK-Bericht: »Als im Januar dieses Jahres mehrere bolschewistische Armeen zum Vorstoß nach Westen antreten und ein SS-Panzergrenadierregiment ihnen entgegengeworfen wird, ist der damalige SS-Hauptsturmführer und jetzige Sturmbannführer Kai-

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5.5 Darstellungen und Memoiren der Heeres-Generalität

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Bezügen zur NS-Ideologie und System bereinigt,359 stimmten aber ansonsten immer zumindest sinngemäß, zum Teil sogar wörtlich mit den RK-Berichten der SS-PK im SK überein.360 Es gibt sogar Hinweise, dass die Propaganda der SS-PK von solchen Autoren nicht nur zur Arbeitserleichterung plagiiert wurde, sondern Ausdruck einer direkten Zusammenarbeit mit dem vormaligen Kommandanten der SS-PK, Gunter d’Alquen, waren. Der Nachweis dafür ist schwierig, da d’Alquen bei einer solchen Betätigung gegen das ihm auferlegte Berufsverbot361 verstoßen hätte. Belegbar ist so nur der enge Kontakt und die gleichlaufenden Interessen, die zumindest Hausser, Steiner und Meyer auch nach dem Krieg mit d’Alquen verbanden. So waren d’Alquen, Hausser, Steiner, der HIAG-Gründer Otto Kumm, der ebenfalls für die HIAG tätige, ehemalige SS-General Herbert Gille und Hans Schwarz van Berk Mitglieder der sogenannten »Deutschen Bruderschaft«. Diese Organisation ehemaliger Propagandisten und Funktionäre des NS-Staates hatte sich schon 1945/46 in den britischen Gefangenenlagern gebildet und verfügte über Beziehungen zu vielen maßgeblichen rechtsextremen Organisationen der frühen Bundesrepublik. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ziele der »Bruderschaft«. Neben einer Sammlung der alten Führungseliten des Dritten Reiches und der Unterwanderung bundesrepublikanischer Institutionen und Parteien, wollte man auch die Grundlagen der NS-Ideologie in die neue Zeit retten und die Voraussetzungen dafür schaffen, irgendwann wieder die Macht zu übernehmen.362 Darüber hinaus war insbesondere das Verhältnis zwischen Steiner und d’Alquen schon während des Krieges besonders eng gewesen. Mindestens viermal trafen

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ser Führer einer selbstständig operierenden Kampfgruppe.«, vgl. »SS-Hauptsturmführer Kaiser«, in: SK 49 v. 9.12.1943, S. 5. Bezüglich des SS-Generals Wilhelm Bittrich heißt es bei Krätschmer: »Wilhelm Bittrich ist schon durch die Bewährungsprobe des ersten Weltkriegs gegangen. Vom ersten bis zum letzten Tage stand er in dem großen Ringen, wurde verwundet und mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet. Als Leutnant und Flugzeugführer erfüllt er bis zum Zusammenbruch seine Pflicht. In einem Freikorps kämpfte er für die Erhaltung Deutschlands weiter, wurde in die Reichswehr übernommen und zur fliegerischen Ausbildung nach Russland kommandiert«, siehe: Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 75. Im RK-Bericht des SK heißt es: »SS-Brigadeführer Bittrich [...] ist schon durch die Bewährungsprobe des ersten Weltkriegs gegangen. Vom ersten bis zum letzten Tage nahm er an dem großen Ringen teil, er wurde verwundet und mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet. [...] Als junger Leutnant und Flugzeugführer hat er sich wiederholt vor dem Feind bewährt. In einem Freikorps kämpfte er für die Erhaltung Deutschlands weiter. Aus dieser Haltung heraus erscheint es als eine Selbstverständlichkeit, dass die gradlinige Lebensbahn dieses kompromisslosen Soldaten lange vor der Machtübernahme zum Nationalsozialismus führt, dem er forab [sic] seine ganze Kraft widmet«, in: »Unser Kommandeur«, in: SK 5 v. 29.1.1942, S. 6. Vgl. z. B. neben den schon Genannten die Darstellungen von: Christian Tychsen bei Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 187 f. mit »SS-Sturmbannführer Tychsen«, in: SK 20 v. 18.5.1944, S. 6 f; Helmut Pfördner bei Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 77 f mit »Ritterkreuz für einen schneidigen Stoßtruppführer«, in: SK 9 v. 26.2.1942, S. 6; Hans Christian Schulze in Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 50-52 mit »SS-Brigadeführer Schulze«, in: SK 39 v. 25.9.1941, S. 5; Walter Schmidt bei Krätschmer, Ritterkreuzträger, S. 219 f mit »SS-Hauptsturmführer Schmidt«, in: SK 4 v. 27.1.1944, S. 7. Ich danke für die Anregung zu dieser Untersuchung Dr. Nils Weise. Vgl. »Spruchkammerurteil gegen ehemaligen Chefredakteur des ›Schwarzen Korps‹«, in: Der Tagesspiegel Nr. 3001 v. 26.7.1955, S. 2. Siehe auch Abs. 3.3.a) dieser Arbeit. Vgl. Tauber, Eagle, S. 122-124; Zeck, Korps, S. 66; Large, Past, S. 84.

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5. Ausblick

sich die beiden in dieser Zeit, wobei d’Alquen u. a. mehrfach sogar Briefe Steiners dem RFSS überbrachte.363 Zudem zeigte Steiner wie kaum ein anderer Frontkommandeur ein lebhaftes Interesse an der Propaganda für die Waffen-SS. Ausweislich der Akten der SS-PK diskutierte er mit den seiner Division zugeteilten SS-Kriegsberichtern wie auch mit d’Alquen z. T. ganze Nächte lang über die effektivste Art der Berichterstattung und über deren maximale Verbreitung.364 Dabei waren Steiner schon im Krieg die gleichen Leitthemen in der Darstellung der Waffen-SS am wichtigsten wie nach 1945. So forderte er von den SS-Kriegsberichtern schon 1942, den europäischen Charakter der SS-Division »Wiking« besonders herauszustellen. Dazu soll er laut d’Alquen mit diesem während eines gemeinsamen Lazarettaufenthalts 1944/45 über die Notwendigkeit des Einsatzes von elitären Stosstrupps gegen einen mit Masse angreifenden Feind diskutiert und insbesondere seine Ausbildungsmethoden hervorgehoben haben.365 Im Falle von Kurt Meyer ist sogar sicher, dass d’Alquen nach dem Krieg nicht nur die ununterbrochene Identifikation mit dem NS mit ihm teilte. Vielmehr war der ehemalige Kommandant der SS-PK sogar Meyers Berater und Redenschreiber, als dieser Ende 1958 den Vorsitz der HIAG übernahm.366 So schrieb d’Alquen im Jahr 1975 rückblickend über die Rede Meyers auf einem »Suchdiensttreffen« des Verbandes September 1959 in Hameln,»daß die seinerzeitige Rede von Kurt Meyer in Hameln das Produkt eingehender Überlegungen zwischen ihm und mir war, und daß ich diese Rede von der ersten bis zur letzten Zeile dann in völliger Übereinstimmung mit ihm konzipierte, wie sie dann auch später erfolgte.«367 In diesem Vortrag vor mehreren tausend SS-Veteranen beschwor Meyer nicht nur den gläubigen Kampfgeist der Waffen-SS bis zur letzten Minute des Krieges, sondern offenbarte auch kaum verhüllt seine Hoffnung auf die Ankunft eines neuen Führers.368 Auch wenn der letzte Nachweis fehlt, diese Zusammenarbeit macht es mehr als wahrscheinlich, dass d’Alquen auch an der Entstehung des kurz zuvor erschienenen »Grenadiere« mitgewirkt hat. Schließlich hatte der ehemalige Chefpropagandist der SS auch bei einigen anderen apologetischen Verbandsgeschichten ehema363

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Gunter d’Alquen selbst sprach nach dem Krieg von einem »guten« Verhältnis zu Steiner, vgl. »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, pag. S. 24, in: IfZ, ZS 2. Für die beiden Briefe vgl.: Schreiben Gunter d’Alquens an den RFSS Himmler v. 14.2.1944, in: BA-B, NS 19/2447; Brief des RFSS Himmler an SS-Obergruppenführer Steiner v. 13.8.1941, in: BA-MA, N 756/300 a. Vgl. Bericht des 5. Zug der SS-KBA über den Neuaufbau des 5. Zuges v. 28.1.1942, in: BA-MA, RS 4/42; Allgemeiner Bericht des 5. Zuges der SS-KBA v. 20.5.1942, in: ebd.; Brief des 5. Zug der SSKBA an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 3.8.1942, in: ebd.; Schreiben Gunter d’Alquen an SS-Obersturmführer Ohlemacher v. 6.9.1942, in: ebd. Vgl. »Unterredung mit Herrn Bergmann am 13./14.3.1951«, in: IfZ, ZS 2, pag. S. 63. Vgl. Wilke, Hilfsgemeinschaft, S. 73-75. Schreiben Gunter d’Alquens an Hubert Meyer vom 12.12.1975, zitiert nach Westemeier, Krieger, S. 788, FN 208. In der Rede hieß es: »Bis zur letzten Minute hat die Waffen-SS gekämpft, in der Hoffnung, doch noch das Schicksal aufzuhalten und abzuwenden, das für sie das Ende von Gott und der Welt bedeutet habe. […] Sollte eines Tages die Zeit reif sein und uns die große Erlösung vom Übel anzeigen, ein Weiser aufstehen – aus welchem Lande auch immer – der die Situation zu meistern wüßte, [...] dann würden wir ohnehin alle glücklich seine Maxime befolgen. Und wir würden die Pflichten einer neuen Wende erfüllen.«, zitiert nach: SS – 4. Wehrmachtsteil?, S. 100.

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5.6 Zwischenergebnis

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liger Waffen-SS-Offiziere selbst noch in den achtziger Jahren zumindest beratend mitgearbeitet. So verhinderte er bei Vopersals Werk über die SS-Division »TK«369 ein allzu rassistisches Titelbild und war auch an der Strategie des Verbandes beteiligt, gegenüber der Öffentlichkeit nicht zu leugnende Kriegsverbrechen wie in Le Paradis zuzugeben, aber als Ausnahmen darzustellen.370 Aber auch ohne einen direkten Nachweis einer Beteiligung d’Alquens an diesen Werken bleibt als Erkenntnis der immer wieder hervortretende Gleichklang der Darstellungen von Meyer, Hausser, Steiner und Kern mit den schon von der SSPK verwendeten Stereotypen. Diese Übereinstimmungen waren so stark, dass zumindest bei Hausser, Meyer und Kern sogar Originalberichte der SS-PK ohne aufzufallen in den Text eingefügt werden konnten.

5.6 ZWISCHENERGEBNIS Damit konnte in dieser Arbeit auch aufgezeigt werden, dass zumindest Elemente des bereits in der NS-Propaganda zu findenden Bildes von der Waffen-SS als einer militärisch wie ideologisch elitären Truppe tatsächlich in den frühen Standardwerken zu ihrer Geschichte wieder aufgetaucht sind. Ursächlich dafür waren eindeutig unkritische Übernahmen aus Darstellungen ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS bzw. aus zeitgenössischen Quellen. Schließlich wurden die SSTruppen zuvor weder in den Memoiren der Wehrmachtgeneralität und wahrscheinlich auch nicht in den ersten seriösen Untersuchungen der Geschichte des Zweiten Weltkriegs in einer solchen Art und Weise charakterisiert. In den Büchern der deutschen Generäle kam der Waffen-SS vielmehr nur eine Nebenrolle zu, und wenn sie erwähnt wurde, beschrieb man sie hier mehr oder weniger als Organisation gewöhnliche »Soldaten wie andere auch«. Die erste seriöse Literatur über den Zweiten Weltkrieg urteilte ähnlich: Hier wurde die Waffen-SS hauptsächlich wegen ihrer Rolle als Heimat der europäischen Freiwilligen und Konkurrenzorganisation zur Wehrmacht thematisiert, aber immer nur am Rande erwähnt und keinesfalls als Elite dargestellt. Dass in Stein und Höhne ein vollkommen anderes Bild von der Waffen-SS zu finden ist, war nicht nur Konsequenz der durch zwischenzeitlich erfolgten Rückgaben erbeuteter Akten aus den Archiven der Alliierten verbesserten Quellenlage. Vor allem hatte sich mehr und mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Darstellung des Zweiten Weltkrieges durch die Wehrmachtsgeneralität vielfach interessengeleitet gewesen war. Dazu wurde immer deutlicher, dass die SS nicht der monoholistische Block gewesen ein konnte, als der sie direkt nach Kriegsende beschrieben wurde, sondern sie durchaus unterschiedliche Teile mit einem eigenen Charakter aufgewiesen hatte. 369

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Gemeint ist: Vopersal, Wolfgang: Soldaten Kämpfer Kameraden. Marsch und Kämpfe der SS-Totenkopf. Bielefeld 1987. Vgl. Merkl, Simon, S. 170, 181, 187.

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5. Ausblick

Die nun zugänglichen Quellen wie auch Äußerungen Himmlers und Hitlers zeichneten aber vielfach das Bild einer militärisch-ideologischen Elite Waffen-SS. Dies schien ähnliche Darstellungen in den Werken ehemaliger Angehörige der SS-Divisionen zu bestätigen. Deshalb entschlossen sich Stein und noch viel mehr Höhne, in ihrem Bemühen um eine differenzierte Darstellung auch die Angaben eines Steiners, Haussers oder Meyers über den militärischen Wert der Waffen-SS in ihren Untersuchungen zu berücksichtigen, obwohl sich beide Autoren durchaus über den apologetischen Absichten dieser Ehemaligen im Klaren waren. Aufgrund der damals noch immer dürftigen Quellenlage konnte beiden Autoren jedoch nicht bewusst sein, dass in den von ihnen verwendeten zeitgenössischen Quellen aus den verschiedensten Gründen die Art und Weise des Kriegseinsatzes der Waffen-SS in Übereinstimmung mit weltanschaulichen Idealen geschildert wie auch ihre Rolle im Rahmen der deutschen Kriegsführung überbewertet worden ist. Auch in den Werken der ehemaligen SS-Generäle wurden im Grunde nur die alten Parolen von erfüllter Treue, Kameradschaft und den daraus resultierenden militärischen Spitzenleistungen der Waffen-SS wiederholt, was sich alleine schon daran zeigt, dass zeitgenössische Beiträge der SS-PK in diese Texte ohne aufzufallen integriert werden konnten. Da insbesondere Höhne, aber auch Stein sich auf die Wahrheit dieser Angaben verließen, übernahmen sie ungewollt in ihre Werke Charakterisierungen der Waffen-SS, wie sie bereits in der NSKriegspropaganda zu finden gewesen sind. Da beide Abhandlungen in den folgenden Jahren als Standardwerke galten, an deren Verwendung jede neue Untersuchung über die Waffen-SS nicht vorbeikam, verbreitete sich dieses undifferenzierte Bild von einer ideologisch verblendeten, aber fanatisch und aufopferungsvoll kämpfenden und so militärisch elitären Waffen-SS weiter und wurde erst Jahrzehnte später durch Wegners »Politische Soldaten« bzw. Leleus »Waffen-SS« auf eine neue Grundlage gestellt.

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6. SCHLUSSBETRACHTUNG Das wichtigste Ergebnis dieser Arbeit ist zweifellos die tatsächlich vorhandene Parallele zwischen dem Bild von der Waffen-SS in der älteren Forschungsliteratur und ihrer Darstellung in der nationalsozialistischen Kriegspropaganda. Nicht erst bei Stein oder Höhne, sondern schon in den damaligen Zeitungen umschrieb man die SS-Truppen mit Attributen, die sie geradezu als einem »Inbegriff soldatischer Tapferkeit«1 und Elitetruppe des NS-Staates erscheinen lassen musste. So war bereits im Völkischen Beobachter zu lesen, dass eine rücksichtslose Tapferkeit das Merkmal aller Soldaten der Waffen-SS sei,2 dazu wurde schon damals ihre überlegene Bewaffnung mit modernen Panzern besonders herausgestellt.3 Besonders deutlich wurde dies aber anhand des Schlagwortes von der Waffen-SS als der »Feuerwehr der Ostfront«, welches bereits 1944 in der Deutschen Allgemeinen Zeitung verwandt worden ist.4 Beim Lesen der zeitgenössischen Berichterstattung wurde aber auch augenfällig, wie einheitlich die Darstellung der Waffen-SS trotz des verschiedenartigen Charakters der hier einbezogenen Zeitungen war und wie häufig die Beschreibungen ihres Fronteinsatzes entsprechend der Ideale der SS-Ideologie modelliert worden waren. Im Laufe der weiteren Arbeiten an diesem Projekt wurde dann deutlich, dass dies weniger auf Anweisung des RMVP geschehen oder gar auf den Willen der Wehrmacht zurückgegangen, sondern vielmehr wesentlich das Resultat einer regelrechten Propagandakampagne der SS selbst gewesen ist. Denn die Reichsführung SS hatte keine Mühen und Konflikte gescheut, um das von ihr gewollte Bild vom Kriegseinsatz der Waffen-SS in den Medien des Reiches so weit wie möglich zu verbreiten. Die SS-Truppen sollten dabei sowohl als ideologische wie auch als militärische Elite erscheinen. Das war nicht nur notwendig, um ihre Existenz und ihren Fronteinsatz zu legitimieren, sondern auch um der Öffentlichkeit die von der SS immer angestrebte führende Rolle auch im militärischen Bereich vor Augen zu führen und für die Zukunft abzusichern. Außerdem sollten auf diese Weise die begehrten Kriegsfreiwilligen für den Dienst in der Waffen-SS begeistert werden. Streng an der NS-Ideologie ausgerichtet musste die Darstellung der SS-Truppen aber auch sein, weil es im Dritten Reich Aufgabe

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Höhne, Orden, S. 432. Vgl. etwa »Unvergleiche Waffentaten westlich Tscherkassy«, in: VB 54 v. 23.2.1944, S. 3. Auch Stein beschreibt das »fanatisch zähe, nahezu selbstmörderische Verhalten das im ganzen Krieg für die Kampfesweise der Waffen-SS charakteristisch« gewesen sei, siehe: ebd., Geschichte, S. 69. Vgl. etwa »Nächtliches Heerlager vor Bjelgorod«, in: VB 191 v. 10.7.1943, S. 2; »›Tiger‹-Schlacht in der Steppe«, in: VB 198 v. 17.7.1943, S. 3; »Einer gegen alle«, in: VB 175 v. 23.6.1944, S. 3. Für ein Beispiel der Beschreibung einer außergewöhnlich guten Ausstattung der Waffen-SS mit Panzern bei Stein vgl. ebd., Geschichte, S. 187, bei Höhne vgl. ebd., Orden, S. 437. »Die Leibstandarte«, in: DAZ 80 v. 21.3.1944, S. 1 f, hier: 1. Diese Bezeichnung findet sich wortwörtlich auch bei Stein wie auch Höhne, vgl. Höhne, Orden, S. 432; Stein, Geschichte, S. 181, 187, 260.

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6. Schlussbetrachtung

gerade der Schutzstaffel gewesen ist, die NS-Weltanschauung zu lehren und vorzuleben.5 Wie sich die Soldaten der Waffen-SS tatsächlich an der Front verhielten, darüber konnte die zeitgenössische Kriegsberichterstattung dagegen nur sehr eingeschränkt Auskunft geben. Die hier zu findenden Geschichten, oft klar nach einem mythischen Erzählschema gestaltet, sollten der Front zwar als Leitbild dienen und die SS-Soldaten zu einem ebensolchen Verhalten anspornen, genauso wie gelebte Treue, Kameradschaft oder Härte gegen sich selbst wie gegen den »Rassefeind« das Ziel der Ausbildung in der Waffen-SS war. Mögen sich zumindest die reichsdeutschen SS-Freiwilligen tatsächlich so manches Mal gemäß dieser Leitsätze verhalten haben, so zeigten dennoch alle gefundenen Hinweise zu den Auswirkungen dieser Ideologisierung deutlich, dass die durchaus beachtlichen militärischen Erfolge der Waffen-SS sicher nicht auf diesen weltanschaulichen Fanatismus zurückgingen. Wenn es ideologisch Verblendeten vom Schlage eines Kurt Meyer, Theodor Eicke oder auch Joachim Peiper gelang, ihren Untergebenen tatsächlich eine Art besonderen »SS-Geist« einzuimpfen, war das Resultat dessen vielmehr eine besondere Brutalität im Umgang mit den verhassten Feinden, gleichgültig ob diese den gegnerischen Streitkräften zuzurechnen waren oder einer wehrlosen Zivilbevölkerung. Die militärischen Erfolge der Waffen-SS, wie auch die wichtige Rolle zumindest ihrer Kerndivisionen in der deutschen Kriegsführung, beruhten dagegen auf der Feuerkraft der bei Eliteeinheiten wie der »LAH«, »DR« oder »TK« konzentrierten modernen Panzer und Artillerie, auf der ungewöhnlich starke Motorisierung solcher SS-Divisionen wie auch auf der im Laufe des Krieges gewonnenen Erfahrung der SS-Soldaten, also auf klassischen Voraussetzungen für eine große Kampfkraft im militärischen Bereich. Einzigartig oder gar ein »Inbegriff soldatischer Standhaftigkeit«6, war die Waffen-SS aber dennoch sicher nicht, vielmehr weist alles darauf hin, dass ihre Einheiten mit anderen, ähnlich ausgestatteten Divisionen in der Wehrmacht vergleichbar waren. Wie in der deutschen Kriegsberichterstattung dieser Zeit generell, bildete somit auch bei der über die Waffen-SS das tatsächliche Geschehen an der Front nur eine unverzichtbare Basis an Fakten, ohne welche die in den damaligen Medien erzählten Heldengeschichten vom Fronteinsatz der SS-Divisionen nicht glaubwürdig gewesen wären. Geschaffen und verbreitet wurden diese Geschichten in der Hauptsache von einer eigens für diesen Zweck aufgestellte SS-Einheit, der SS-PK. Diese Neugründung war schon allein deshalb notwendig gewesen, weil die bis dahin für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stellen in der SS uneinheitlich organisiert, wenig effektiv und für eine solche Aufgabe ungeeignet gewesen waren. Vor allem aber war eine Berichterstattung über den Fronteinsatz der Waffen-SS einzig in der organisatorischen Form einer Propagandakompanie sinnvoll. Nur so konnten Journalisten in das Kampfgeschehen eingebunden werden, was eine realistisch anmutende Beschreibung des Kriegseinsatzes der Waffen-SS überhaupt erst ermöglichte. Zudem erlaubten nur solche Berichte, Fotos, Zeichnungen und 5 6

Vgl. Wegner, Aristocracy, S. 434; Kershaw, Nazi Propaganda, S. 180. Höhne, Orden, S. 432.

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6. Schlussbetrachtung

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Filme aus den vordersten Linien es überhaupt, in der NS-Kriegspropaganda eigene Akzente zu setzen. Das hatte die SS-Führung schmerzlich im Polenfeldzug 1939 erfahren müssen, als die Beiträge einzelner Sonderberichter der SS in der Masse der Frontberichte über die Wehrmacht gleichsam untergegangen waren und sich herausstellte, dass DNB-Meldungen nicht mit den Details, dem Soldatenjargon und der Atmosphäre, welche die PK-Berichte boten, konkurrieren konnten. Vor allem aber bot die im Dritten Reich einzigartige Organisation der PK als einer Art Gemeinschaftsprojekt von Propagandaministerium und Wehrmacht der SS vielerlei Möglichkeiten, ihre Machtposition im Dritten Reich zu nutzen und die SS-PK zu einer Art eigenständigem Akteur in der deutschen Kriegspropaganda zu machen. Diese Einheit konnte tatsächlich in hohem Maße unbeeinflusst von den zuständigen Stellen im OKW agieren, obwohl sie an sich an deren Weisungen gebunden gewesen wäre. Diese Unabhängigkeit war umso wichtiger, als sich von Anfang an zeigte, dass die Wehrmacht kein Interesse daran hatte, dass um den Kriegseinsatz der Waffen-SS eine übermäßige Propaganda betrieben wurde. So hatten die PK der Wehrmacht fast überhaupt nicht über den Einsatz der SSKampfverbände in Polen berichtet und OKW/WPr der Arbeit der SS-PK so viele Steine wie möglich in den Weg gelegt. Die SS-PK strebte aber immer an, die von ihr produzierten Heldengeschichten möglichst weit in den damaligen Medien zu verbreiten. Dass ihr dies tatsächlich gelang, lässt sich zum einen an dem durchaus beachtlichen fachlichen Können ihrer Mitarbeiter festmachen. Insbesondere Gunter d’Alquen war ein publizistisch wie organisatorisch hochbegabter Kommandeur seiner Propagandaeinheit. Er war aber auch ein unzweifelhaft fanatischer SS-Mann und dazu bereits hervorragend vernetzt bis in die höchsten Kreise des NS-Staates, als er ab 1940 die SS-PK aufbaute. Diesem d’Alquen gelang es, in kürzester Zeit ein Team von ebenso begabten Journalisten aus allen Medienbereichen für seine Einheit zu verpflichten, diese auch technisch hervorragend auszurüsten und durch ein spezielles Ausbildungssystem für einen steten Fluss an qualifiziertem Nachwuchs zu sorgen. Genauso exzellent waren unter den Kriegsumständen die Arbeitsbedingungen der SS-Kriegsberichter: Jeder SS-Division war, damals einzigartig, eine Berichtereinheit fest zugeteilt, ein gut funktionierendes Kuriersystem sorgte für einen schnellen Transport der Reportagen und Bilder von der Front in die Heimat und damit für eine hohe Aktualität der Berichterstattung, genauso wie ihre Organisation als eine selbstständige Einheit die SS-PK weitgehend frei machte von potenziell störenden Einflüssen der lokalen Truppenführer auf die Journalisten. Noch wichtiger aber waren die Maßnahmen, mit denen man in der SS-PK dafür sorgte, dass die immergleiche Botschaft vom heldischen Kampf der politischen Soldaten der Waffen-SS in ansprechender Form und zugleich für eine möglichst weite Verbreitung in den verschiedenen Medienorganen des Reiches stilistisch variabel genug in der Kriegsberichterstattung der SS zu finden war. Neben einer intensiven Betreuung der einzelnen SS-Kriegsberichter war dafür das in der Wehrmachtpropaganda ebenso einzigartige Lektorat der SS-PK entscheidend. Hier wurde etwa im Bereich »Wort« jeder einzelne Artikel im Hinblick auf seine Verwertungsmöglichkeiten, seine Aktualität und der durch ihn verbreiteten Botschaften beurteilt,

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6. Schlussbetrachtung

nötigenfalls verbessert und sogar Vorschläge unterbreitet, für welche Art von Zeitung er am besten geeignet sei. Fast noch wichtiger aber war das Beziehungsnetzwerk, welches d’Alquen und seine Mitarbeiter im gesamten NS-Medienbetrieb aufbauen konnten. So war es der SS-PK möglich, mit einer Vielzahl an Zeitungen zusammenzuarbeiten, etwa indem ein eingezogener Journalist weiter vorrangig für seine »Heimatzeitung« tätig sein konnte. Falls gewünscht wurden zu bestimmten Themen sogar regelrechte Auftragsarbeiten durchgeführt. Diese persönlichen Beziehungen wie auch die Macht der SS, durch die man an vielen entscheidenden Stellen des Medienbetriebes auf die Unterstützung von SS-Angehörigen bauen konnte, ermöglichten es zudem, aufkommende Widerstände gegen die schnell intensiv werdende Propaganda um die Waffen-SS zumindest abzumildern, wenn nicht zu beseitigen. Selbst in der Spitze des damaligen Meinungslenkungsapparates konnte die SS so die Möglichkeiten nutzen, welche sich aus dem polykratischen Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches und den daraus folgenden, auch im Medienbereich sich vielfach überschneidenden Kompetenzen für sie ergaben. Deutlich sichtbar wurde das, als Goebbels, der die Entstehung der SS-Propagandaeinheit noch unterstützt hatte, im Jahr 1941 negative Effekte der nun schon massiven Propaganda um die Waffen-SS auf die Moral des Heeres fürchtete. Die von ihm zumindest angekündigten Beschränkungen in der Verbreitung ihrer Kriegsberichterstattung konnte die SS verhindern, indem sie sich die Unterstützung des Hauptkonkurrenten des Propagandaministers, Reichspressechef Dietrich, sicherte. Dennoch, der Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS im Kriegseinsatz waren anfangs Grenzen gesetzt, die selbst die mächtige SS zu respektieren hatte. Aufgrund der in der ersten Phase des Krieges noch gegebenen Rücksichtnahme Hitlers auf die Befindlichkeiten des Heeres fehlte es in der Propaganda um die Waffen-SS bis Ende 1941 an zentralen Argumenten, die notwendig gewesen wären, damit sie als die militärische Elite des Dritten Reiches präsentiert werden konnte. So war der »Führer« anfangs nicht bereit, die Waffen-SS in seinen Reden oder Tagesbefehlen besonders herauszuheben und damit dem von der SS-PK behaupteten, hohen militärischen Wert der SS-Verbände eine gleichsam offizielle Bestätigung zu geben. Ebenso setzte die Präsentation der Waffen-SS als einer Art vierten Wehrmachtteil erst ein, nachdem darauf verweisende Passagen ab Ende 1941 in Tagesbefehlen Hitlers aufgetaucht waren. Vor allem aber erlaubte er erst ab dieser Zeit ihren Ausbau zu einer Massenorganisation und ordnete nun erst die Ausrüstung ihrer wichtigsten Divisionen mit modernen Panzern an. Erst dies machte die Waffen-SS zu einem wirklichen Faktor in der deutschen Kriegsführung, insbesondere, weil ihre reichsdeutschen Kerndivisionen auch Teil einer neugeschaffenen Eingreifreserve des Reiches wurden und sie so oftmals eine wichtige Rolle in den Abwehrschlachten der letzten Kriegsjahre übernahmen. Die Folgen dessen wurden, rein quantitativ betrachtet, zwar erst mit Verzögerung in den deutschen Medien sichtbar, da die wichtigen SS-Divisionen »LAH«, »DR« und »TK« im Laufe des Jahres 1942 monatelang zur Umrüstung und Neuaufstellung von der Front abgezogen worden waren, SS-Verbände überdies an wichtigen Kriegsschauplätzen wie Nordafrika und Stalingrad nicht vertreten waren und es so nur vergleichsweise wenige Anlässe für eine Berichterstattung über

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die Waffen-SS gab. Inhaltlich war dieser Wechsel aber sofort spürbar. Noch 1941 ließ sich die bereits recht intensive Behandlung der Waffen-SS in den damaligen Medien neben der unermüdlichen Lobbyarbeit der SS-PK darauf zurückführen, dass sie in ihrer Propaganda den allgemein in der NS-Propaganda der Zeit stark betonten, ideologisch begründeten Hass auf den sowjetischen Feind nach dem Geschmack der NS-Führung und als bekannt radikalster Exponent der NS-Weltanschauung besonders glaubwürdig vermittelte. Zusätzlich wurde gerade am Beispiel ihrer internationalen Verbände die Propaganda von dem vereint gegen die bolschewistische Bedrohung kämpfendem Europa betrieben. Ab 1942 aber wurde die Waffen-SS allgemein als die mit dem »Führer« besonders verbundene Verkörperung der kämpferischen Ideale der NS-Ideologie und, damit zusammenhängend, immer deutlicher auch als militärische Elite dargestellt. Mit der 1943 erfolgten Rückkehr der SS-Kerndivisionen an die Front wurde die Waffen-SS dann in der NS-Propaganda schnell zu dem Hoffnungsträger auf einen doch noch möglichen »Endsieg«. Denn gerade mit ihrem bereits etablierten Image als besonders harte, rücksichtlose Kämpfer konnten die SS-Soldaten in der Zeit nach Stalingrad gut als Beispiel dafür dienen, dass verwirklichte kämpferische Ideale des Nationalsozialismus deutsche Erfolge doch noch möglich machten. Komplettiert wurde das Bild durch die gerade an ihrer Ausrüstung demonstrierten Erfolge der deutschen Rüstungsindustrie. Das Ergebnis war die Präsentation der Waffen-SS als einer die Werte des Nationalsozialismus lebenden und zugleich technisch perfekt ausgerüsteten Truppe, die von Brennpunkt zu Brennpunkt der Front eilte und dort selbst mit an sich unüberwindbaren Schwierigkeiten fertig wurde. Dazu wurde sie 1944 zu der Heimat der kriegsfreiwilligen, fanatisch nationalsozialistischen deutschen Jugend stilisiert und schließlich, nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944, ganz offen zum Vorbild der Wehrmacht erklärt. In den letzten Wochen des Krieges schließlich war es dann ihr Geist, der laut der NSPropaganda den Kampf der gesamten Volksgemeinschaft kennzeichnete. Dieser steile Bedeutungsgewinn der Waffen-SS in den letzten Kriegsjahren spiegelte sich quantitativ in einem sprunghaften Anstieg der sie betreffenden Beiträge in den Tageszeitungen »Deutsche Allgemeine Zeitung« und insbesondere »Völkischer Beobachter«, welcher als deren Leitmedium überdies die Tendenz in der gesamten NS-Parteipresse kennzeichnen dürfte. Darüber hinaus weist alles darauf hin, dass über die Waffen-SS in dieser Zeit auch in allen anderen Medien des Dritten Reiches überaus intensiv berichtet worden ist. So meldete die SS-PK nun eine große Zahl an veröffentlichten Fotos und gesendeten Radioberichten, zudem waren Filmbeiträge über die Waffen-SS sehr häufig in den Wochenschauen zu sehen. Auch im Wehrmachtbericht wurde nun regelmäßig von Erfolgen der SS-Divisionen berichtet. Angesichts dessen ist die geringe Zahl an SS-PK-Berichten, die in der Frankfurter Zeitung über die Jahre veröffentlicht wurden und die zudem nur dann Kampfeinsätze der SS beschrieben, wenn es sich um solche von Polizeiverbänden handelte, nicht als ein Gegenargument zu sehen. Vielmehr ist dies als ein Akt des »Widerstands zwischen den Zeilen« durch deren Redaktion zu werten. Damit ist die oppositionelle Haltung dieser Zeitung zeitgenössisch durchaus anhand der Art und Weise ihrer Berichterstattung sicht- und greifbar geworden.

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6. Schlussbetrachtung

Die geringe Präsenz der SS-Propaganda in der Frankfurter Zeitung zeigt aber auch, dass der damaligen Presse zumindest bis Mitte 1943 eine Veröffentlichung von SS-PK-Berichten keineswegs vorgeschrieben worden ist, sondern dies vielmehr von der gerade aktuellen Bedeutung der SS-Verbände im Rahmen der deutschen Kriegsführung, von der Rolle der Waffen-SS in den offiziellen Verlautbarungen des Regimes, aber auch von der Aktualität und journalistischen Qualität dieser Berichte wie auch dem Willen der Redaktionen, sie zu veröffentlichen, abhing. Ein Erfolgsrezept der SS-Propaganda, mit dem sie zugleich die Glaubwürdigkeit ihrer Texte erhöhen und diese eingängig gestalten konnte, war sicher auch die Methode, die bei ihr immer vorhandenen ideologischen Botschaften möglichst nicht mit dem »Holzhammer«, sondern subtiler als scheinbar objektives Merkmal des Kampfes der Waffen-SS in ihre Darstellungen einfließen zu lassen. Indem die Journalisten der SS-PK Geschichten verfassten, in denen sehr häufig nicht weiter differenzierte »Soldaten der Waffen-SS« sich aufopferungsvoll einem überlegenen Feind an entscheidenden Stellen der Front entgegenwarfen, siegten und dabei stets eine ausgesprochene Härte im Gefecht zeigten, verdeutlichte man die ideologische Spitzenstellung der Waffen-SS und die vermeintliche Effektivität ihrer Art Kampfführung tatsächlich weit ansprechender, als wenn man in »Blockleitermanier« etwa regelmäßig von »Morgenfeiern« der SS-Soldaten an der Front berichtet hätte. Insofern war die SS-PK ihrem, wie sie es selbst einmal ausdrückte, »Meister«7 Goebbels ein guter Schüler gewesen. Dieser hatte eine solche subtile Propaganda schon 1933 gefordert: »Das ist das Geheimnis von Propaganda: den die Propaganda fassen will, ganz mit den Ideen der Propaganda zu durchtränken, ohne daß er überhaupt merkt, daß er durchtränkt wird.«8 Auch viele andere inhaltlichen Merkmale der damaligen Berichterstattung über den Kriegseinsatz der Waffen-SS sprechen für eine eher subtile Verbreitung der gewollten Botschaften in den SS-PK-Berichten. So wurde etwa in der SS-Propaganda regelmäßig behauptet, dass die bei ihr dienenden Freiwilligen aus den als »germanisch« angesehenen Ländern sich in nichts von ihren deutschen Kameraden unterscheiden würden, was immer wieder auf das allen Germanen vermeintlich gemeinsame Blut zurückgeführt wurde. So wurde zugleich auf die rassischen Lehrsätze der SS wie auch deren Vorreiterrolle bei der Errichtung eines zukünftigen Großgermanischen Reiches verwiesen. Ebenso wurde in den SS-Kriegsberichten fast nie direkt um Freiwillige geworben, sondern lediglich der Elitestatus der Waffen-SS herausgestellt, in deren Frontgemeinschaft die jungen Rekruten durch entsprechende Leistungen schnell aufgenommen werden könnten. Der damit durch die Ergebnisse einer Inhaltsanalyse bestätigte erste Eindruck einer vielfach gegebenen, inhaltlichen Übereinstimmung der Darstellung der Waffen-SS in der NS-Propaganda mit dem eingangs dieser Arbeit skizzierten Bild in der frühen Forschungsliteratur beweist jedoch nicht, dass das im Dritten Reich planvoll konstruierte Image der SS-Truppen tatsächlich seinen Weg in die Arbei7 8

»SS-Kriegsberichter bei Reichsminister Dr. Goebbels«, in SK 4 v. 23.1.1941, S. 9. Ansprache Goebbels an die Intendanten und Direktoren der Rundfunkgesellschaften am 25. März 1933, zitiert nach: Heiber, Goebbels-Reden, S. 82-107, hier: 95.

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6. Schlussbetrachtung

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ten eines Stein, Höhne, Sydnor oder anderer ernstzunehmender Autoren gefunden hat. Dieser Weg konnte vielmehr erst im abschließenden Teil dieser Arbeit, wenn auch nur in Form eines Ausblickes, nachgezeichnet werden. Hier hatte sich gezeigt, dass ein solches Bild keineswegs immer in der Forschungsliteratur vorhanden gewesen ist. So zeichneten weder die ersten wissenschaftlichen Standardwerke zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges noch die lange einflussreichen Darstellungen der Wehrmachtgeneralität ein elitäres Bild von der Waffen-SS. Vielmehr wurden die SS-Truppen als »Soldaten wie andere auch« oder als Täter der nationalsozialistischen Kriegsverbrechen beschrieben, meist aber nicht besonders berücksichtigt. Dass sich die Art und Weise der Darstellung der Waffen-SS in den Werken Steins und Höhnes so eklatant davon unterschied, kann nur aus den Umständen der Zeit heraus erklärt werden, in der beide Untersuchungen entstanden. In den sechziger Jahren verloren die von der Wehrmacht-Generalität beeinflussten Darstellungen des Zweiten Weltkrieges zunehmend an Glaubwürdigkeit. Zugleich setzte sich die Erkenntnis durch, dass die SS nicht der monoholistische Block gewesen sein konnte, als der sie direkt nach Kriegsende gesehen worden ist, sondern sie durchaus unterschiedliche Teile mit einem eigenen Charakter aufgewiesen hatte. In ihrem Bemühen um eine differenzierte Darstellung zogen Stein und Höhne bis dahin ungenutztes, zum Teil gerade erst freigegebenes Quellenmaterial heran. Die damals noch immer mangelhafte Verfügbarkeit an geeigneten Akten zwang Stein jedoch, auch Aussagen Himmlers und Hitlers mit einzubeziehen und sich daneben vielfach auf die Darstellungen ehemaliger SS-Angehöriger wie Paul Hausser, des berüchtigten »Panzermeyer« wie auch anderer Apologeten zu verlassen. Bei Höhne bildeten die Aussagen der ehemaligen SS-Generäle sogar die Hauptquelle für seine Darstellung der Waffen-SS. Waren schon die Aussagen Himmlers und Hitlers wie auch andere verwendete zeitgenössische Quellen offensichtlich interessengeleitet und damit als Beleg für den militärischen Wert und den Charakter der Waffen-SS ungeeignet, so galt dies umso mehr für die Darstellung dieser Ehemaligen. In ihrem Bemühen, dem in Nürnberg gesprochenen Urteil über die Waffen-SS als einer verbrecherischen Organisation das Bild einer militärischen Elitetruppe entgegenzusetzen, wiederholten diese in ihren Werken im Grunde nur die alten Propagandaparolen von erfüllter Treue, Kameradschaft und den daraus resultierenden militärischen Spitzenleistungen in Angriff und Abwehr. Ob dies lediglich geschah, weil sie noch in den alten Denkmustern gefangen waren oder weil im Hintergrund wieder die Fachleute der ehemaligen SS-PK Einfluss auf das Image der Waffen-SS nahmen, muss hier offen bleiben. Unzweifelhaft ist jedoch die inhaltliche Übereinstimmung mit der Darstellung der NS-Propaganda in diesen Werken, die so weit ging, dass Artikel der SS-PK z. T. wörtlich in die Werke eines Haussers, Meyers oder auch Ernst Krätschmers übernommen werden konnten, ohne dass dies merkbar war. Indem Stein und Höhne solche Aussagen für bare Münze nahmen und in ihre Untersuchungen als Beleg und Beispiel für den Elitecharakter der Waffen-SS übernahmen, daneben noch andere Abhandlungen mit zweifelhaftem Wert und sogar vereinzelt SS-PK-Berichte als Quelle nutzten, konnte die Darstellung der

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Waffen-SS durch die NS-Propaganda, oder vielmehr die bereits hier zu findenden Stereotype, tatsächlich auf die frühe wissenschaftliche Literatur Einfluss nehmen. Auf diese Weise konnte das undifferenzierte Bild von einer ideologisch verblendeten, aber fanatisch und aufopferungsvoll kämpfenden und so militärisch elitären Waffen-SS auch über das Kriegsende hinaus Wirkung entfalten. Dass es sich auch in der Wissenschaft jahrzehntelang halten konnte, ist auf die lange nur äußerst geringe seriöse Forschungstätigkeit zur Geschichte der Waffen-SS9 zurückzuführen. Dies änderte sich erst mit Wegners wegweisendem »Hitlers politische Soldaten«. An der hier angestoßenen grundlegenden Neubewertung der WaffenSS wird bis heute gearbeitet. Im Rahmen dieses Prozesses eröffnen auch die hier erlangten Erkenntnisse über die Existenz eines zeitgenössisch planvoll konstruierten Propagandabildes von der Waffen-SS als militärisch-ideologischer Elitetruppe des NS-Staates noch viel Raum für weitere Forschungen. Neben einer Analyse auch der Filme, Bilder und Radiosendungen der SS-PK wie auch der Berichterstattung der PK der Wehrmacht ist es notwendig zu klären, ob und inwieweit diese massive Propaganda für die Waffen-SS zeitgenössisch die öffentliche Meinung im Reich beeinflussen konnte und so schon damals gleichsam das Fundament für die Wahrnehmung der Waffen-SS als Elitetruppe gelegt wurde. Schließlich gibt es durchaus Hinweise auf eine Wirksamkeit der damals allgegenwärtigen Parolen. Es sei nur an die eingangs erwähnten Ergebnisse von Philipp erinnert, der nachweisen konnte, dass die NS-Propaganda einen so starken Einfluss auf die Wahrnehmung vieler Zeitgenossen ausübte, dass die dort zu findenden Thesen sich bis heute nachweislich in deren Erinnerungen niederschlagen.10 Zwar kann das in der damaligen Öffentlichkeit vorherrschende Bild von der Waffen-SS wie auch der Einfluss der NS-Propaganda auf dieses schon wegen des Mangels an empirischen Daten nie sicher ermittelt werden.11 Die schon lange editierten »Meldungen aus dem Reich« und sonstige Lageberichte des SD,12 die unübersehbare Menge an Feldpostbriefen, die allein in deutschen Archiven lagern13 oder auch die Protokolle von Abhöraktionen des britischen und US-Nachrichtendienstes in den Gefangenenlagern14 lassen aber eine Annäherung zu, welche die Forschung bereits bereichern dürfte. Eine wichtige Ergänzung der hier vorliegenden Arbeit wäre auch eine Analyse des Bildes von der Waffen-SS in den zeitgenössischen alliierten Medien. Denn auch dort sind die SS-Truppen allem Anschein nach als fanatische Elite der nati-

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Vgl. Schulte, Geschichte, S. XXVII. Vgl. Philipp, Hitler, S. 473 f. Schließlich sind selbst die von der Wissenschaft so häufig genutzten »Meldungen aus dem Reich« nach heutigen Maßstäben keinesfalls als Ergebnisse einer repräsentativen Meinungsforschung zu beurteilen, vgl. für die diesbezüglichen Vorbehalte Bankier, Meinung, insbes. S. 15-17, 139 f. Gemeint ist Boberach, Meldungen. Allein hier sollen sich weit über 100.000 solcher Briefe aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges befinden, vgl. Latzel, Kriegserlebnis, S. 27. Neitzel und Welzer standen für ihre Forschungen ca. 88.000 Seiten Abhörprotokolle von 14.714 gefangenen deutschen Soldaten zur Verfügung, vgl. Neitzel/Welzer, Soldaten, S. 425 f.

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onalsozialistischen Wehrmacht beschrieben worden.15 Völlig unbekannt ist jedoch, welche Merkmale der Waffen-SS dabei zu welchem Zeitpunkt zugeschrieben wurden, auf wen diese Darstellung zurückging, wie einheitlich dieses Bild in den verschiedenen Ländern war, wann es aufkam und ob sich Gemeinsamkeiten mit der deutschen Propagandadarstellung feststellen lassen. Überdies gibt es Hinweise, dass auch im Lager der deutschen Kriegsgegner die zeitgenössische Darstellung der Waffen-SS über das Kriegsende hinaus ihr Bild in Forschung und Öffentlichkeit beeinflusst haben könnte. Gerade im angelsächsischen Kulturraum beschäftigen sich noch immer zahlreiche Autoren mit der Waffen-SS und stellen sie dabei häufig als eine durchideologisierte Elitetruppe dar.16 Darüber hinaus sind solche Apologeten und Bewunderer nun in der Lage, über das Internet weltweit einer neuen unkritischen Generation die alten Geschichten von der Elite Waffen-SS aufs Neue zu erzählen.17 Auch hier könnte ein genauer Blick auf die Quellen oder idealerweise eine Inhaltsanalyse der wichtigsten Werke die naheliegende Vermutung bestätigen, dass das in solchen Veröffentlichungen verbreitete Bild meist wenig mit einer nachprüfbaren Wahrheit zu tun hat, sondern im Wesentlichen eine Art Recycling der alten Propagandadarstellungen ist. Schließlich war schon die Darstellung der Waffen-SS in der älteren Forschungsliteratur als militärisch-ideologische Elitetruppe des NS-Staates das Ergebnis einer aus Mangel an zuverlässigen Quellen resultierenden Übernahme von interessengeleiteten Darstellungen der Waffen-SS. Auf diese Weise waren in die Abhandlungen eines Steins oder Höhnes Argumente gekommen, die bereits in der NSPropaganda verwendet worden waren. Diese hatten damals aber dazu gedient, der Öffentlichkeit ein planvoll und ideologiegeleitet konstruiertes Bild von den politischen Soldaten der Waffen-SS zu präsentieren. Gegen das Fortwirken solcher Mythen hilft nur der genaue und kritische Blick auf die Quellen einer Darstellung, auch wenn diese in anerkannten und vielverwandten Standardwerken zu finden sind.

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Zumindest schreibt Stein, dass die Waffen-SS ab 1943 regelmäßig in den alliierten Heeresberichten aufgetaucht und dort als fanatische Elitetruppe beschrieben worden sei, vgl. ebd., Geschichte, S. XVI. Vgl. Smelser/Davies, Myth, S. 170. Vgl. ebd., S. 200 f.

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7. ANHANG

7.1 VERZEICHNIS DER TABELLEN, DOKUMENTE UND ABBILDUNGEN a) CODEBUCH Anhang 1: Codebuch: Die Waffen-SS in der NS-Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555

b) TABELLENVERZEICHNIS Anhang 2: Anhang 3: Anhang 4: Anhang 5: Anhang 6: Anhang 7: Anhang 8: Anhang 9: Anhang 10: Anhang 11: Anhang 12: Anhang 13: Anhang 14: Anhang 15: Anhang 16: Anhang 17: Anhang 18: Anhang 19: Anhang 20: Anhang 21: Anhang 22: Anhang 23: Anhang 24: Anhang 25: Anhang 26: Anhang 27: Anhang 28: Anhang 29: Anhang 30: Anhang 31:

Umfang der Beiträge nach Berichtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtung des Themas SS nach SS-Bereichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit der Nennung einzelner SS-Einheiten (Summe) . . . . . . . . . . . Sonstige Themen nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Themen nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waffen-SS-Einheiten nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SS-Panzerdivisionen nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SS-Panzerdivisionen nach Berichtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige SS-Divisionen nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige SS-Divisionen nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Waffen-SS-Einheiten nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Waffen-SS-Einheiten nach Berichtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . Nationalitätenbild der SS nach Berichtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nationalitätenbild der SS in Beiträgen über als »germanisch« bzw. ausländisch geltende SS-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nationalitätenbild der SS nach Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ereignisräume nach Berichtsform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thema SS nach Ereignisräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegnerschaft im Nationalitätenbild der SS nach Jahren . . . . . . . . . . . . . . Gegnerschaft im Nationalitätenbild der SS nach Berichtsformen . . . . . . Aussagen der Kategorie »Härte« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Treue« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Politische Soldaten« nach Medien . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Kultische Elemente« nach Medien . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Rasse (positiv)« nach Medien. . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Entscheidender Einsatz« nach Medien . . . . . . Aussagen der Kategorie »Wichtiger Ort« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Wichtiger Ort« nach Berichtsformen . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Vorbildliches Kampfverhalten« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussagen der Kategorie »Vorbildliches Kampfverhalten« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beiträge mit direkter Bezeichnung der SS als militärischer Elite nach Zeitungen und Jahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7.1 Verzeichnis

Anhang 32: Aussagen über eine besondere Erfahrung der SS, nach Medien und Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 33: Aussagen der Kategorie »Unterlegen aber kämpfend« nach Medien . . . Anhang 34: Aussagen der Kategorie »Unterlegen aber kämpfend« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 35: Aussagen der Kategorie »Tradition« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 36: Aussagen der Kategorie »Tradition« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . Anhang 37: Aussagen der Kategorie »Leben an der Front« nach Medien. . . . . . . . . . Anhang 38: Aussagen der Kategorie »Leben an der Front« nach Berichtsformen . . . Anhang 39: Aussagen der Kategorie »Anerkennung durch Hitler« nach Medien . . . Anhang 40: Aussagen der Kategorie »Anerkennung durch Hitler« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 41: Aussagen der Kategorie »Verweis auf Orden« nach Medien . . . . . . . . . . Anhang 42: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 43: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 44: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 45: Aussagen der Kategorie »Freiwilligenwerbung« nach Berichtsformen. . Anhang 46: Aussagen der Kategorie »Freiwilligenwerbung« nach Medien . . . . . . . . Anhang 47: Aussagen der Unterkategorie »Freiwilligkeit wird betont« nach Nationalitäten und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 48: Aussagen der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 49: Aussagen der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 50: Zahl der Beiträge, mit mindestens einer Aussage der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« beinhalten, nach Medien und Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 51: Aussagen der Unterkategorie »Panzer« nach Medien und Jahren. . . . . . Anhang 52: Aussagen der Kategorie »Kultur« nach Berichtsformen. . . . . . . . . . . . . . Anhang 53: Aussagen der Kategorie »Kultur« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 54: Aussagen der Kategorie »Gräuelberichte« nach Berichtsformen. . . . . . . Anhang 55: Aussagen der Kategorie »Gräuelberichte« nach Medien . . . . . . . . . . . . . Anhang 56: Aussagen der Unterkategorie »Gräuel von Sowjets« nach Jahren und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 57: Aussagen der Unterkategorie »Gräuel von Westalliierten« nach Jahren und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 58: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Bolschewismus« nach Berichtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 59: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Bolschewismus« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 60: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Plutokraten« nach Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 61: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Kategorie »Propaganda gegen Plutokraten« beinhalten, nach Medien und Jahren . Anhang 62: Aussagen der Kategorie »Rassismus (negativ)« nach Berichtsformen. . . Anhang 63: Aussagen der Kategorie »Rassismus (negativ)« nach Medien . . . . . . . . . Anhang 64: Aussagen der Unterkategorie »Rassistische Ausfälle gegen Afrikaner« nach Jahren und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

585 585 586 586 587 587 588 588 589 589 590 590 591 591 592 592 593 593 594 594 595 595 596 596 597 597 598 598 599 599 600 600 601

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7. Anhang

Anhang 65: Aussagen der Kategorie »Zusammenhalt Front-Heimat« nach Jahren und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang 66: Aussagen der Kategorie »Europapropaganda« nach Berichtsformen . . . Anhang 67: Aussagen der Kategorie »Europapropaganda« nach Medien . . . . . . . . . . Anhang 68: Aussagen der Kategorie »Ordnungsmacht SS« nach Medien. . . . . . . . . .

601 602 602 603

c) ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: »Demokratische Kriegsberichter«, in: SK 24 v. 13.6.1940. S. 5. . . . . . . . . . . Abb. 2: »Auch Du« Werbeplakat für den Eintritt in die Waffen-SS 1943. Quelle: Bundesarchiv, Plak 003-025-011, Anton, Ottomar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 3: Bundesarchiv Bild 183-R64930, Ege, Hermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 4: Bundesarchiv, Bild 101III-Adendorf-009-14, Adendorf, Peter. . . . . . . . . . . Abb. 5: Bundesarchiv, Bild 101III-Theil-008-1, Theil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 6: »So ›arbeitete‹ die GPU in Lemberg«, in: IB 28 v. 10.7.1941, S. 2 f, hier 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 7: Beurteilung von »Zoo vechten Nederlandsche Legionairs«, in: BA-MA RS 4/1158 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 8: Eine Delegation der SS-PK bei Propagandaminister Joseph Goebbels, Bild in: VB 16 v. 16.1.1941, S. 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 9: »Der Führer bei den siegreichen Truppen der Bzura-Armee«, in: VB 270 v. 27.9.1939, S. 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 10: »Sie waren die beiden ersten Soldaten der Armeegruppe von Kleist, die in Belgrad einrückten.«, in: VB 118 v. 28.4.1941, S. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 11: »Typen gefangener Sowjetsoldaten – Das Gesicht des deutschen Arbeiters«, in: DAZ 325 v. 9.7.1941, S. 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 12: Titelbild von: Sydnor, Charles W.: Soldaten des Todes. Die 3. SS-Division »Totenkopf« 1933-1945. Paderborn u. a. 2002. Original: : »Noch liegt die Härte des Kampfes auf den Gesichtern der Männer – schon geht es wieder weiter mit dem LKW – vorwärts!«, in: DR 46 v. 16.11.1941, S. 1. . . . . . . . . Abb. 13: Bildergeschichte »Auch einer«, in: SK 21 v. 27.5.1943, S. 5. . . . . . . . . . . . . . Abb. 14: »Generaloberst Guderian auf einem Tiger«, in: VB 120 v. 30.4.1943, S. 3 . . Abb. 15: »Einsatzbesprechung zur Befreiung des Duce«, in: VB 264 v. 21.9.1943, S. 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 16: »Franzosen von Briten in Minenfelder getrieben«, in: VB 181 v. 29.6.1944, S. 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 17: IB 19 v. 8.5.1941, Titelblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 18: Umschlagbild von Panzermeyer [Meyer, Kurt]: Grenadiere, 4. Aufl. München 1965 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7.2 Anhang Codebuch

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7.2 ANHANG CODEBUCH ANHANG 1: CODEBUCH DER UNTERSUCHUNG »DIE WAFFEN-SS IN DER NS-PROPAGANDA«

Untersuchungseinheiten Untersucht werden die Zeitungen »Völkischer Beobachter«, »Deutsche Allgemeine Zeitung«, Frankfurter Zeitung«, »Das Reich« und »Das Schwarze Korps«. Untersuchungszeitraum ist die Zeit des Zweiten Weltkrieges, also vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 bzw. bis zum Ende der Überlieferung des jeweiligen Mediums. Untersucht werden alle Seiten einer Ausgabe des jeweiligen Mediums von allen Erscheinungstagen. Ausnahme: In »Das Schwarze Korps« werden ab der Einführung von deren Rubrik »Für die Waffen-SS« in Ausgabe 49 v. 7.12.1939 nur die Seiten untersucht, die in dieser Rubrik erschienen sind. Untersucht wird in dieser Zeitung zudem die regelmäßig auf Seite 3 erscheinende Fotoseite. Analyse- und Codiereinheiten Eine Analyseeinheit, also die Einheit, für die ein eigener Codebogen angelegt wird, sind grundsätzlich alle schriftlichen redaktionellen Beiträge, welche die SS, deren Untergliederungen oder einzelne Angehörige im Kriegseinsatz behandeln oder von Angehörigen der SS-PK verfasst worden sind. Analyseeinheit ist jeweils der ganze Artikel. Als ein Artikel gilt ein in sich abgeschlossener Bericht mit einer eigenen Überschrift über ein Thema oder Ereignis. In Artikel durch das Layout eindeutig eingebettete Fotos oder Graphiken gehören zum Artikel und bilden zusammen mit diesem die zu analysierende Einheit. Zwischenüberschriften markieren nicht den Beginn eines neuen Beitrags. Codiert werden: – Artikel, die Waffen-SS Einheiten bzw. deren Angehörige oder Untergliederungen beschreiben. – Artikel über sonstige Teile oder Angehörige der Gesamtorganisation SS (einschließlich Polizei) nur, wenn ein Bezug zu militärischen Ereignissen des 2. Weltkrieges besteht (z. B. Bericht über Polizeitruppen im Kampf gegen Partisanen, nicht aber Artikel über Tag der Polizei in Berlin). – Artikel der SS-PK. Ausnahmen: – Meldungen des Wehrmachtberichtes sowie dessen Ergänzungen und Erläuterungen. – Bloße Wiedergaben von Reden oder Tagesbefehlen von Funktionären der NSDAP. – Werbung. – Ankündigungen von Artikel (beispielsweise im Inhaltsverzeichnis). – Bilder und Grafiken und deren Unterschriften.

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7. Anhang

Stichprobe Es wird eine Vollerhebung durchgeführt, also keine Stichprobe gezogen. A) Formale Kategorien 1. Medienauswahl 1 – Völkischer Beobachter 2 – Deutsche Allgemeine Zeitung 3 – Frankfurter Zeitung 4 – Das Reich 5 – Das Schwarze Korps 2. Datum sechsstellig in der Form: JJMMTT 3. Seitenzahl (bei mehrseitigen Artikeln Nummer der ersten Seite codieren) 4. Umfang der Artikel 1 – Mehr als drei Spalten 2 – Zwei oder drei Spalten 3 – Eine Spalte (mit mindestens zwei Absätzen) 4 – Weniger als eine Spalte (ein Absatz) 5. Berichtsform Ein Beitrag wird immer codiert, wenn er äußerlich erkennbar als »SS-PK-Bericht« gekennzeichnet ist oder eine hier zu codierende Berichterstattung enthält. Jeder Artikel wird nur einmal codiert, wobei die Codierung als SS-PK-Bericht und PK-Bericht immer Vorrang hat. 1 – PK-Bericht: Explizite Kennzeichnung durch die Redaktion: Kürzel »PK« zu Beginn des Artikels oder Beigabe des Titels »Kriegsberichter« zu Autorenangabe des Artikels 2 – SS-PK-Bericht: Explizite Kennzeichnung durch die Redaktion: Kürzel »SSPK« zu Beginn des Artikels oder die Beigabe des Titels »SS-Kriegsberichter« zur Autorenangabe des Artikel. 3 – Kampfbericht: Erkennbar an Inhalt: hauptsächliche Schilderung von militärischen Ereignissen des 2. Weltkrieges ohne Kennzeichnung als PK oder SS-PKBericht. Kriterium für die Unterscheidung zu den Situationsberichten ist, dass die Schilderung eines militärischen Einsatzes mehr als die Hälfte des Berichtes ausmacht. 4 – Ordensbericht: Erkennbar an Inhalt: Speziell anlässlich der Verleihung einer militärischen Auszeichnung (meist eine Stufe des Ritterkreuzes) an einen einzel-

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7.2 Anhang Codebuch

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nen Soldaten verfasst. Beinhaltet zwingend Informationen über die Tatsache der Verleihung. 5 – Situationsbericht: Erkennbar an Inhalt: Schilderung von Ereignissen abseits des militärischen Kampfgeschehens während des 2. Weltkrieges, aber auf letzteren eindeutig bezogen. Kriterium sind etwa Verweise auf Truppen, militärische Ränge etc. in den Beiträgen. Kriterium für die Unterscheidung von den Kampfberichten ist, dass die Schilderung eines militärischen Einsatzes weniger als die Hälfte des Berichtes ausmacht. 9 – sonstige/unklar B) Inhaltliche Kategorien 6. Ereignisraum Ort des beschriebenen Geschehens. Falls mehrere auftauchen, wird derjenige codiert, der als Erster genannt wird. 1 – Polen 2 – Westen: Frankreich, Belgien, Niederlande, Spanien, Luxemburg 3 – Balkan: Jugoslawien oder Teilstaaten, Griechenland, Albanien 4 – Ostfront: Staaten Osteuropas einschließlich dem finnischen Teil der Ostfront 5 – Italien 6 – Heimat: Vom Deutschen Reich im Zweiten Weltkrieg als Inland angesehenes Gebiet. 7 – Skandinavien: ohne den finnischen Teil der Ostfront 9 – nicht spezifiziert/unklar 7. Thema SS Codiert wird die in den Artikeln überwiegend beschriebene Institution oder Person aus dem Bereich der SS. Werden zwei oder mehrere Personen oder Institutionen aus dem Bereich der SS gleich häufig beschrieben, wird die codiert, die zuerst genannt wird. Personen werden nach der SS-Institution codiert, der sie angehören. 1000 – »Orden« der SS 1100 – Waffen-SS (falls spezielle Einheit anhand Name, Nummer oder Nationalität erkennbar, weiter nach Divisionsname aufschlüsseln. Teile von Divisionen werden nach der Division codiert. Divisionen übergeordnete Einheiten (z. B. SSKorps) als Waffen-SS) 1111 – »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹« 1112 – »Totenkopf« 1113 – »Das Reich« (einschließlich des Vorläufers »SS-Verfügungstruppe«)

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558

7. Anhang

1114 – »Wiking« 1115 - »Hitlerjugend« 1116 – »SS-Polizeidivision« (unbeschadet späterer Umbenennungen etwa in »SS-Polizeipanzergrenadierdivision«) 1117 – »Prinz Eugen« 1118 – »Frundsberg« 1119 – »Hohenstaufen« 1120 – »Nord« 1121 – »Florian Geyer« (auch »SS- Kavalleriedivision«) 1122 –»Nordland« 1123 – »Reichsführer SS« 1124 – »Götz von Berlichingen« 1125 – sonstige nicht explizit ausländische SS-Einheiten (umfasst die SS-Einheiten: »SS Heimwehr Danzig«, 22. Freiwilligen-Kavallerie-Division, »Horst Wessel«, 36. Waffengrenadierdivision der SS, Waffen-Gebirgskarstjäger-Division, »Böhmen-Mähren«, »30. Januar«, SS-Polizeigrenadierdivision, »Lützow« und »Nibelungen«) 1126 – explizit ausländische SS-Einheiten (umfasst die SS-Legionen. Daneben werden hier auch SS-Divisionen erfasst, falls sie einer konkreten Nationalität zugeordnet sind. Dazu zählen die SS-Divisionen: »Nederland«, »Landstorm Nederland«, die schon damals bekanntermaßen aus flämischen Freiwilligen bestehende »Langemarck«1 und »Wallonien«) 1127 – Ausbildung (schließt auch Beiträge über Junkerschulen mit ein) 1128 – SS- Ehrenformationen/Musikeinheiten (wenn nicht anderen Einheiten zuordbar) 1129 – SS-PK 1200 – Polizeieinheiten 1210 – Orpo 1220 – Gestapo /Sipo 1230 – Totenkopfstandarten 1240 – Einheiten des SD (einschließlich Einsatzgruppen des SD) 1300 – Sonstige SS-Bereiche 1310 – Reichsführer SS Himmler 1320 – Allgemeine SS 1330 – Andere 9999 – nicht vorhanden

1

Vgl. Klietmann, Waffen-SS, S. 257 f.

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7.2 Anhang Codebuch

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8. Gewichtung des Themas SS Falls in Variable 7 das Vorkommen der SS codiert wurde, wird in dieser Variablen deren Rolle in den Beiträgen (was thematische Gewichtung meint) codiert. 1 – Nebenrolle 2 – Neutral (meint einen gleich starken Anteil wie andere Themen) 3 – Hauptrolle 9. sonstige Themen Codiert wird die in den Artikeln neben der SS hauptsächlich beschriebene Institution oder Person. Werden zwei oder mehrere Personen oder Institutionen gleich häufig beschrieben, wird die codiert, die zuerst genannt wird. Personen oder Institutionen aus dem Deutschen Reich feindlich gegenüberstehenden Nationen oder »Rassen« werden nur dann codiert, wenn sie abseits von Kampfhandlungen (was auch »Rassenkampf«, also Verfolgungsmaßnahmen der Deutschen einschließt) gegen deutsche oder verbündete Truppen beschrieben werden. Personen werden nach der Institution codiert, der sie angehören. Ausnahme: Hitler, dieser wird als eigene Institution angesehen. 1000 – Militärs 1100 – Wehrmacht 1110 – Heer 1120 – Luftwaffe 1130 – Marine 1200 – an deutscher Seite kämpfende ausländische Streitkräfte (nur wenn nicht Teil der SS) 1300 – Deutschland feindlich gegenüberstehende Streitkräfte einschließlich Partisanen (diese werden nur codiert, wenn sie abseits von Kampfhandlungen gegen Deutsche oder verbündete Truppen beschrieben werden, etwa in Gräuelpropaganda, Charakterisierungen etc.) 2000 – Staat und Partei 2100 – Reichs- und Parteiführung 2101 – der »Führer« (Hitler) 2102 – andere 2200 – Parteiformationen 2201 – HJ 2202 – RAD 2203 – Volkssturm 2204 – andere 3000 – Bevölkerung 3100 – Zivilbevölkerung/Deutsche allgemein 3200 – Juden

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560

7. Anhang

4000 – sonstige Institutionen 9999 – nicht codiert 10. Nationalitätenbild der SS Codiert wird die Nationalität der in dem Artikel hauptsächlich beschriebenen Institution oder Person. Werden zwei oder mehrere Personen oder Institutionen gleich häufig beschrieben, wird die codiert, die zuerst genannt wird. Personen oder Institutionen aus dem Deutschen Reich feindlich gegenüberstehenden Nationen oder »Rassen« werden nur dann codiert, wenn sie abseits von Kampfhandlungen (was auch »Rassenkampf«, also Verfolgungsmaßnahmen der Deutschen einschließt) gegen deutsche oder verbündete Truppen beschrieben werden. Eine klassische Einteilung der Nationalitäten nach Staaten oder Regionen wie etwa »Nordeuropa« oder »Westeuropa« ist dabei nicht zielführend. Da vielmehr gerade im Weltbild der SS die Zugehörigkeit zu einer »Rasse« den zentralen Bezugspunkt für die Einteilung der Völker bildete, wird auch hier nach diesem Schema verfahren. 100 – Deutsche 110 – Reichsdeutsche (nur wenn ausdrücklich) 120 – Volksdeutsche (nur wenn ausdrücklich) 130 – Deutsche 200 – von SS als sogenannte »Germanen« bewertet 210 – Norweger 220 – Niederländer 230 – Flamen 240 – Dänen 250 – Schweden 260 – Wallonen 270 – Esten 280 – Finnen 290 – sonstige »Germanen« 300 – von SS nicht ideologisch bewertete Nationalitäten 310 – Italiener 320 – Letten 330 – Galizier 340 – Kroaten 350 – Spanier 360 – Sonstige (etwa Ungarn, Rumänen, Bulgaren) 400 – sog. »Ostvölker« 410 – Russen/Sowjets 420 – Polen 430 – Serben (auch jugoslawische Partisanen) 440 – sonstige sog. »Ostvölker«

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7.2 Anhang Codebuch

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500 – sog. »Westvölker« 510 – US-Amerikaner 520 – Briten 530 – Franzosen 540 – Kanadier 550 – sonstige deutsche Feinde aus der westlichen Hemisphäre (etwa Australier, Brasilianer etc.) 999 – unklar 11. Gegnerschaft Wird ein Gegner beschrieben, wird seine Nationalität zusätzlich codiert. Gegner ist, wer Teil der Truppen deutscher Kriegsgegner ist oder aktiv kriegerische Maßnahmen gegen Deutsche oder deren Verbündete ergreift. (also nicht bloße Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten, wohl aber Partisanen). Bei mehreren Gegnern mit unterschiedlichen Nationalitäten wird diejenige mit dem größten Anteil am Bericht codiert, bei gleichem Anteil diejenige, die zuerst genannt wird. Codiert wird die Nationalitätenliste in Variable 10. 12. Dimensionen des Bildes der SS im Kriegseinsatz in der Berichterstattung An dieser Stelle wechselt die Analyseeinheit. Codiereinheit sind nun die in den Artikeln enthaltenen Aussagen, welche die SS im Zusammenhang mit ihrem Kriegseinsatz beschreiben oder die in einem SS-PK-Bericht vorkommen. Ob sie sich auf ein Ereignis, eine Stellungnahme oder ein Thema beziehen, spielt dabei keine Rolle. Jede Aussage kann pro Artikel nur einmal einer Unterkategorie zugewiesen, also nur einmal codiert werden. Ebenso kann jede Unterkategorie pro Artikel nur einmal eingetragen werden, gleichgültig, wie viele Aussagen eines Artikels ihr tatsächlich zuzuordnen sind. 100 – Darstellung nach Vorgaben NS-Ideologie 110 – Härte/Tapferkeit 111 – extreme Kampf- oder Umweltbedingungen (z. B. erdulden Kälte, Schmutz, Hunger, sind abgeschnitten von Nachschub) 112 – »Tod geben« (z. B. ausdrückliche Gnadenlosigkeit gegen Feind, töten explizit Feinde, berichten von toten/verwundeten Feinden als Merkmal eigenem Erfolg) 113 – Härte oder Qualität der Ausbildung der Waffen-SS 114 – sonstiges 120 – Treue 121 – »Tod nehmen« (z. B. Einsatz eigenes Leben für Missionsziel/ »Blutopfer«, »Heldentod« beschrieben, Kampf wird trotz Verwundung weitergeführt) 122 – direkter oder indirekter Verweis auf »mehr tun als Pflicht« (z. B. »höchste Einsatzbereitschaft«, »unbedingte Pflichterfüllung«, fanatischer Kampf)

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7. Anhang

123 – Verweise auf Motto der SS »Meine Ehre heißt Treue« (auch in Umschreibungen oder anderen Formulierungen wie »SS-Mann, deine Ehre heißt Treue« etc.) 124 – Glaube an Hitler, Nationalsozialismus, »Endsieg« oder »Deutschland« 125 – sonstiges 130 – Politische Soldaten 131 – ausdrückliche Bezeichnung der SS als »politische Soldaten« oder eindeutig darauf verweisende Beschreibungen (wie z. B. »Vorkämpfer der NS-Bewegung«) 132 – Verweise auf die sogenannte »Kampfzeit« der NS-Bewegung (die Zeit vor 1933). 133 – Verweise auf die Aufgabe der SS, das Reich im Innern zu schützen (ohne Praxis, solche Verweise werden unter »Ordnungsmacht SS/ Polizeiarbeit« codiert) 134 – Beschreibungen weltanschaulicher Unterweisungen von SSMännern (schließt auch sonstige weltanschauliche Beeinflussung mit ein) 135 – sonstiges 140 – Kultische Elemente der SS-Ideologie 141 – Verweise auf Gottgläubigkeit/Antikirchenrhetorik 142 – Begehung NS/SS-Feste (z. B. »Julfeier«, Sonnenwendfeier, zum 9. November etc.) 143 – Bezug zu germanischen Wurzeln, sonstige »Germanen«-Rhetorik (nur kulturell, Bezüge zum gleichen oder germanischen »Blut« werden unter »Behauptung gemeinsamer ›Rasse‹ von Germanen und Deutschen« codiert) 144 – sonstiges 150 – Rasse (positiv) 151 – Behauptung Überlegenheit SS/Deutsche wegen Rasse (auch bei indirekten Verweisen, etwa wenn rassische Merkmale als Kriterium für die Aufnahme in die SS beschrieben werden oder SS als »Auslese« bezeichnet wird) 152 – Behauptung gemeinsamer »Rasse« von Germanen und Deutschen (bzw. eines gleichen »Blut« etc.) 153 – Verweise auf spezielle Maßnahmen der SS zur Förderung der »Rassenreinheit« (z. B. »Heiratsbefehl«, »Lebensbornheim«) 154 – Verweise auf »Blut-und-Boden«-Ideologie (etwa durch Glorifizierung des Bauerntums/Verweise auf »Ostsiedlung«) 155 – sonstiges

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7.2 Anhang Codebuch

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160 – Kameradschaft (direkte Verweise darauf, aber auch indirekt, z. B. durch ein fürsorgliches Verhalten der SS-Führer oder Schilderung eines großen Einsatzes für Kameraden) 200 – Besondere Beziehung/Offizielle Anerkennung 210 – Anerkennung durch Hitler 211 – unpersönlich: Verweise auf Erwähnung des Kriegseinsatzes der SS oder ihrer Teile in offiziellen Stellungnahmen Hitlers (etwa in Reden, Tagesbefehlen etc.) 212 – persönlich: Besuche oder sonstige Aufmerksamkeit durch Hitler (nur wenn ausdrücklich Einheiten oder Angehörige der SS im Kriegseinsatz das Objekt sind und nicht etwa bloß von der SS gestellte Ehrengarden erwähnt werden) 213 – sonstige Anerkennung durch Hitler 220 – ausdrückliche Nennung des Ehrennamens einer SS-Einheit im Text (damit werden Nennungen von SS-Einheiten ohne Ehrennamen wie etwa die SS-Polizeipanzergrenadierdivision oder die SS-Heimwehr Danzig hier nicht erfasst. Der Ehrenname der SS-PK »Kurt Eggers« wird nur dann codiert, wenn er im Text auftaucht und nicht bloß Teil der Autorenangabe ist) 230 – Verweise auf verliehene Orden 231 – Ordensberichte (also Beiträge, die anlässlich einer Ordensverleihung erschienen sind) 232 – sonstige Verweise auf verliehene Orden 240 – Verweise auf eine Nennung von SS-Einheiten oder -Angehörigen im Wehrmachtbericht 250 – Verwendung von SS-Einheiten zu Repräsentationszwecken (etwa bei Paraden, als Ehrengarde etc.) 260 – Arbeit/Einsatz ohne oder mit nicht angemessener öffentliche Anerkennung 270 – Aussagen, die der Herausstellung einzelner SS-Angehöriger dienen (nur falls nicht Hauptperson Ordensbericht) 271 – Sepp Dietrich 272 – Theodor Eicke 273 – Kurt Meyer (alias »Panzermeyer«, »Schneller Meyer«) 274 – Otto Skorzeny 275 – Sonstige

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7. Anhang

300 – Anziehungspunkt/Modernität der Waffen-SS 310 – Freiwilligenwerbung 311 – ausdrücklicher Verweis auf Einstellungsbedingungen, -termine etc. 312 – Kampfverhalten erstmals in Kampf eingesetzter Soldaten wird herausgestellt (z. B., wenn dieser Einsatz als »Feuertaufe« bezeichnet wird). 313 – Kontakt zwischen Waffen SS und HJ (z. B. in Wehrertüchtigungslagern. Erfasst werden hier auch Behauptungen des Bestehens einer speziellen Verbindung zwischen SS und HJ. Nicht codiert wird hier hingegen die Berichterstattung über die SS-Division »HJ« .) 314 – Freiwilligkeit Eintritt wird betont (etwa durch die Formel: »freiwillig und aus eigenem Entschluss«). 315 – sonstige Freiwilligenwerbung 320 – außergewöhnliche Ausrüstung 321 – Panzer (müssen der SS zur Verfügung stehen und sie nicht nur begleiten) 322 – vollmotorisiert (auch wenn nur darauf verwiesen wird, etwa wenn Schnelligkeit der SS-Verbände betont wird) 323 – Spezialabteilungen (wie etwa Pioniere oder Aufklärungsabteilungen) 324 – sonstige Ausrüstung (falls als außergewöhnlich dargestellt) 330 – Kultur und Sport 331 – Aktivitäten der SS-PK im kulturellen Bereich (z. B. Berichterstattung über von der SS-PK veranstaltete Kunstausstellungen, Konzerte, Buchveröffentlichungen etc.) 332 – SS und Sport (Meldungen über Erfolge von Angehörigen bzw. Abordnungen der Waffen-SS bei Sportveranstaltungen) 333 – sonstiges (etwa kulturelle Veranstaltungen unter Beteiligung von Abordnungen der Waffen-SS, Berichte über Filme, Ausstellungen in denen auch der Kriegseinsatz der SS erwähnt wird.) 400 – Darstellung des militärischen Einsatzes der SS 410 – Leistung der SS als entscheidender Beitrag für das Gelingen einer militärischen Operation dargestellt 411 – in Abwehr (z. B. als »Fels in der Brandung« dargestellt/Halten gegen »Sturmflut«oder in »Brennpunkten«) 412 – in Angriff (z. B. bilden Vorhut/»Stoßkeil«/weit vor den Linien/Gegenstoß) 413 – bilden Nachhut 414 – andere entscheidende Rolle der SS-Truppen 420 – Einsatz der SS an wichtigen Stellen der Front (zwingend mit genauer Ortnennung)

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7.2 Anhang Codebuch

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421 – Arras 422 – Illmensee/Demjansk 423 – Charkow 424 – »Zitadelle«/Bjelgorod 425 – Gran Sasso/Befreiung Mussolini 426 – Invasionsfront /Normandie 427 – Tscherkassy 428 – Ardennen 429 – andere 430 – Beurteilung des militärischen Fronteinsatzes der SS als vorbildlich 431 – ausdrückliche Beurteilung der SS als militärischer Elite 432 – Lob oder Anerkennung von WM-Angehörigen/dt. Bevölkerung/Verbündeten 433 – Sichtweise Waffen-SS durch feindliches oder neutrales Ausland wird geschildert 434 – Erfahren im Kampf (auch: Handeln aus eigenem Entschluss, Verweise auf »Auftragstaktik«) 435 – sind für Einsatz in den vordersten Linien vorgesehen 436 – sonstiges vorbildliches Kampfverhalten (etwa »schneidiger Angriff«, »vorbildliche Haltung« »glänzend geschlagen) 440 – personell/materiell unterlegen und doch kämpfend 441 – Gegner mit personeller Übermacht 442 – Nahkampf/Panzerbekämpfung durch Infanterie 443 – Kampf gegen feindliche Elitetruppen 444 – Gegner materiell überlegen (auch Einsatz großer Mengen an Material durch Gegner, Gegner gut ausgerüstet) 450 – Gefangene gemacht/feindliches Material erbeutet 460 – Zusammenwirken mit Wehrmacht oder deren Teilen/Truppen verbündeter Nationen (nur wenn gemeinsames Handeln beschrieben wird, eine einfache Erwähnung reicht nicht aus) 470 – »Heldentaten des Alltags« (hervorragende Leistungen abseits der Front oder mit nicht oder geringem militärischem Bezug/kommt somit nur für Angehörige der Waffen-SS infrage bzw. bei Verwendung in SS-PK-Berichten) 480 – Tradition 481 – Bezugnahme auf frühere militärische Ereignisse (z. B. 1.Weltkrieg) 482 – Erwerb eigener Tradition (z. B. »unvergänglichen Ruhm erworben« »ruhmvolle Waffen-SS« oder Aufzählung Waffentaten) 483 – sonstiges

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7. Anhang

490 – Leben an der Front 491 – Anekdoten (humorvolle Geschichten von der Front, erkennbar etwa an Pointen, Benutzung von Spitznamen) 492 – Schilderung Land und Leute bzw. der wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Landes/Gebietes (etwa in der Art von »Reiseberichten«) 493 – sonstige Schilderungen des Leben an der Front (genaue Lebensumstände, Atmosphäre, Schilderung Gefühle oder Innenleben Beteiligter etc. werden geschildert) 500 – Themen der NS-Propaganda 510 – Gräuelberichte (nur codieren, wenn deutsche Zivilbevölkerung einschließlich Volksdeutscher als Opfer von Gewalttaten wie Mord, Folter oder Vergewaltigung beschrieben werden. Schließt auch Luftangriffe auf das Reichsgebiet mit ein) 511 – Gräueltaten von sowjetischen Soldaten 512 – Gräueltaten von Soldaten der westalliierten Streitkräfte 513 – Sonstige Gräuelberichte (Polen etc. sind Täter) 520 – Propaganda gegen »Bolschewismus«/osteuropäische Gegner 521 – Kulturlosigkeit/Primitivität Bevölkerung 522 – Anti-Kommissarpropaganda (dabei reicht eine bloße Erwähnung von Kommissaren in den Beiträgen aus) 523 – unehrenhafter Kampf (z. B. wenn als »heimtückisch« bezeichnet) 524 – Leiden ausländischer Zivilbevölkerung unter sowjetischen Maßnahmen (außer Verbrechen an Volksdeutschen, solche werden unter »Gräuelberichte« codiert) 525 – sonstiges 530 – Propaganda gegen »Plutokraten«/westliche Gegner 531 – Leiden ausländischer Zivilbevölkerung unter Maßnahmen der westalliierten Truppen (außer Volksdeutsche, diese werden unter »Gräuelberichte« codiert) 532 – sonstiges 540 – Rassismus (negativ) 541 – Ausfälle gegen Juden 542 – Ausfälle gegen Völker der Sowjetunion/Osteuropäer (auch wenn gegen Slawen, »asiatische Horden« etc. gerichtet) 543 – Ausfälle gegen Afrikaner 544 – sonstige Ausfälle gegen Angehörige anderer »Rassen« 550 – Zusammenwirken/Zusammenhalt Front-Heimat wird glorifiziert (z. B. Maßnahmen Totaler Krieg, Rüstungserfolge, Verbundenheit zwischen den Soldaten und ihre Angehörigen)

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7.2 Anhang Codebuch

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560 – Verteidigung oder Erneuerung Kultur Europas 561 – gegenüber »Bolschewisten« (auch wenn als »Kreuzzug« beschrieben) 562 – gegenüber »Plutokraten« 563 – Schaffung eines »Neuen Europas« (also kein Bezug zu einem Feind) 570 – Kontakt/Schutz der Zivilbevölkerung oder Überläufer 580 – Ordnungsmacht SS/Polizeiarbeit 581 – Partisanenbekämpfung 582 – Verbrechensbekämpfung 583 – Häftlingsbewachung (auch wenn KZ beschrieben werden) 584 – sonstige polizeiliche Aufgaben 590 – sonstige der allgemeinen Propaganda zuzuordnende Themen, soweit sie für das Bild speziell von dem Kriegseinsatz der SS von Bedeutung sind (etwa Propaganda um Umsiedelung Volksdeutscher, etc.) 999 – nicht zuzuordnen

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7. Anhang

7.3 ANHANG TABELLEN Anhang 2: Umfang der Beiträge nach Berichtsform2 Berichtsform

Mehr als drei Spalten

Zwei oder drei Spalten

Eine Spalte

Weniger als eine Spalte

WM-PK n = 109

40 (36,70 %)

67 (61,47 %)

2 (1,83 %)

0

SS-PK n = 1148

314 (27,35 %)

804 (70,03 %)

27 (2,35 %)

3 (0,26 %)

Kampfbericht n = 313

53 (16,93 %)

141 (45,05 %)

81 (25,88 %)

37 (11,82 %)

Ordensbericht n = 533

19 (3,56 %)

174 (32,64 %)

270 (50,66 %)

70 (13,13 %)

Situationsbericht 88 n = 727 (12,10 %)

242 (33,29 %)

258 (35,49 %)

139 (19,12 %)

Summe n = 2.829

1.428 (50,48 %)

638 (22,55 %)

249 (8,80 %)

514 (18,17 %)

Anhang 3: Gewichtung des Themas SS nach SS-Bereichen

2

Thema SS (summiert)

Nebenrolle

Neutral

Hauptrolle

Summe

Waffen-SS

329 (13,85 %)

295 (12,42 %)

1.751 (73,73 %)

2.375 (100 %)

Polizeieinheiten

3 (2,29 %)

6 (4,58 %)

122 (93,13 %)

131 (100 %)

Sonstige SS-Bereiche

15 (11,45 %)

27 (20,61 %)

89 (67,94 %)

131 (100 %)

Summe

347 (13,16 %)

328 (12,44 %)

1.962 (74,40 %)

2.637 (100 %)

Vgl. für die Werte für die einzelnen Berichtsformen Tabelle 3 in Abs. 4.3 dieser Arbeit.

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7.3 Anhang Tabellen

Anhang 4: Häufigkeit der Nennung einzelner SS-Einheiten (Summe) SS-Einheit Waffen-SS

Häufigkeit

Prozent

1.404

49,63

231

8,17

Totenkopf

80

2,83

Das Reich

78

2,76

Wiking

93

3,29

Hitlerjugend

40

1,41

SS-Polizeidivision

40

1,41

Prinz Eugen

15

0,53

Frundsberg

8

0,28

Hohenstaufen

9

0,32

Nord

2

0,07

18

0,64

Nordland

9

0,32

Reichsführer SS

4

0,14

Götz von Berlichingen

1

0,04

Sonstige SS-Einheiten

13

0,46

Leibstandarte SS »Adolf Hitler«

Florian Geyer

explizit ausländische SS-Einheiten

184

6,50

Ausbildung/Junkerschulen

24

0,85

SS-Ehrenformationen

68

2,40

SS-PK-Angehörige

54

1,91

Polizeieinheiten

40

1,41

Orpo

44

1,56

Gestapo und Sipo

13

0,46

Totenkopfstandarten

14

0,49

SD

20

0,71

Sonstige Untergliederungen der SS

45

1,59

Reichsführer SS Himmler

74

2,62

Allgemeine SS

12

0,42

192

6,79

2.829

100,00

Keine SS-Einheit genannt Summe

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570

7. Anhang

Anhang 5: Sonstige Themen nach Medien Sonstige Themen

VB n = 844

DAZ n = 584

FZ n = 205

DR n = 61

SK n = 1.135

Summe n = 2.829

WM allgemein

51 (6,04 %)

38 (6,51 %)

10 (4,88 %)

2 (3,28 %)

15 (1,32 %)

116 (4,10 %)

Heer

100 65 24 13 82 (11,85 %) (11,13 %) (11,71 %) (21,31 %) (7,22 %)

284 (10,04 %)

Luftwaffe

37 (4,38 %)

16 (2,74 %)

5 (2,44 %)

5 (8,20 %)

40 (3,52 %)

103 (3,64 %)

Marine

1 (0,12 %)

1 (0,17 %)

0

0

2 (0,18 %)

4 (0,14 %)

Verbündete

2 (0,24 %)

3 (0,51 %)

1 (0,49 %)

1 (1,64 %)

17 (1,50 %)

24 (0,85 %)

Feindliche Streitkräfte

9 (1,07 %)

1 (0,17 %)

1 (0,49 %)

1 (1,64 %)

10 (0,88 %)

22 (0,78 %)

Hitler

41 (4,86 %)

26 (4,45 %)

8 (3,90 %)

2 (3,28 %)

11 (0,97 %)

88 (3,11 %)

2 Sonstige Reichsführung (0,24 %)

1 (0,17 %)

0

0

1 (0,09 %)

4 (0,14 %)

HJ

23 (2,73 %)

12 (2,05 %)

4 (1,95 %)

0

2 (0,18 %)

41 (1,45 %)

RAD

1 (0,12 %)

1 (0,17 %)

1 (0,49 %)

0

0

3 (0,11 %)

Volkssturm

5 (0,59 %)

0

0

1 (1,64 %)

0

6 (0,21 %)

8 (1,37 %)

1 (0,49 %)

0

1 (0,09 %)

18 (0,64 %)

Zivilbevölkerung

128 48 (15,17 %) (8,22 %)

19 (9,27 %)

14 170 379 (22,95 %) (14,98 %) (13,40 %)

Juden

4 (0,47 %)

0

0

0

2 (0,18 %)

6 (0,21 %)

sonstige Institutionen

9 (1,07 %)

3 (0,51 %)

0

2 (3,28 %)

0

14 (0,49 %)

Keine anderen Institutionen

423 361 131 20 782 1.717 (50,12 %) (61,82 %) (63,90 %) (32,79 %) (68,90 %) (60,69 %)

Summe

844 (100 %)

Sonstige Partei- 8 (0,95 %) formationen

584 (100 %)

205 (100 %)

61 (100 %)

1.135 (100 %)

2.829 (100 %)

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571

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 6: Sonstige Themen nach Berichtsformen Sonstige Themen

WM-PK- SS-PKBerichte Berichte n = 109 n = 1.148

Kampfberichte n = 311

Ordensberichte n=534

Situations- Summe berichte n = 2.829 n = 727

WM allgemein

12 25 (11,01 %) (2,18 %)

22 (7,07 %)

14 (2,62 %)

43 (5,91 %)

Heer

55 94 (50,46 %) (8,19 %)

41 71 23 (13,18 %) (13,30 %) (3,16 %)

284 (10,04 %)

Luftwaffe

13 66 (11,93 %) (5,75 %)

16 (5,14 %)

5 (0,94 %)

3 (0,41 %)

103 (3,64 %)

Marine

1 (0,92 %)

2 (0,18 %)

1 (0,32 %)

0

0

4 (0,14 %)

Verbündete

1 (0,92 %)

19 (1,66 %)

1 (0,32 %)

0

3 (0,41 %)

24 (0,85 %)

Feindliche Streitkräfte

0

21 (1,83 %)

1 (0,32 %)

0

0

22 (0,78 %)

Hitler

1 (0,92 %)

8 (0,70 %)

12 (3,86 %)

6 (1,12 %)

61 (8,39 %)

88 (3,11 %)

0 Sonstige Reichsführung

1 (0,09 %)

0

0

3 (0,41 %)

4 (0,14 %)

HJ

0

5 (0,44 %)

2 (0,64 %)

0

34 (4,68 %)

41 (1,45 %)

RAD

2 (1,83 %)

0

0

0

1 (0,14 %)

3 (0,11 %)

Volkssturm

1 (0,92 %)

3 (0,26 %)

1 (0,32 %)

0

1 (0,14 %)

6 (0,21 %)

Sonstige Partei- 0 formationen

3 (0,26 %)

2 (0,64 %)

0

13 (1,79 %)

18 (0,64 %)

Zivilbevölkerung

9 (8,26 %)

229 32 1 (19,95 %) (10,29 %) (0,19 %)

108 379 (14,86 %) (13,40 %)

Juden

0

4 (0,35 %)

1 (0,32 %)

0

1 (0,14 %)

6 (0,21 %)

sonstige Institutionen

1 (0,92 %)

3 (0,26 %)

0

2 (0,37 %)

8 (1,10 %)

14 (0,49 %)

Keine anderen Institutionen

13 665 179 435 425 1.717 (11,93 %) (57,93 %) (57,56 %) (81,46 %) (58,46 %) (60,69 %)

Summe

109 (100 %)

1.148 (100 %)

311 (100 %)

534 (100 %)

727 (100 %)

116 (4,10 %)

2.829 (100 %)

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572

7. Anhang

Anhang 7: Waffen-SS-Einheiten nach Berichtsformen Berichtsform

Waffen-SS SS-Panzerdiv.

Sonstige SS-Div.

Explizit Sonstige Summe ausländ. Waffen-SS SSEinheiten

WM-PK

72 (73,47 %)

15 (15,30 %)

2 (2,04 %)

7 (7,14 %)

2 (2,04 %)

98 (100 %)

SS-PK

672 (73,12 %)

144 (15,67 %)

30 (3,26 %)

39 (4,24 %)

34 (3,70 %)

919 (100 %)

Kampfbericht

134 (53,39 %)

52 (20,72 %)

15 (2,87 %)

44 (17,53 %)

6 (2,39 %)

251 (100 %)

Ordensbericht

213 (40,73 %)

244 (46,65 %)

39 (7,46 %)

27 (5,16 %)

0

523 (100 %)

Situationsbericht

313 (53,60 %)

84 (14,38 %)

16 (2,74 %)

67 (11,47 %)

104 (17,81 %)

584 (100 %)

Summe

1.404 (59,12 %)

539 (22,69 %)

102 (4,29 %)

184 (7,75 %)

146 (6,15 %)

2.375 (100 %)

Anhang 8: SS-Panzerdivisionen nach Medien3 Medium LAH

3

TK

DR

Wiking

HJ

Frundsberg

Hohenstaufen

VB n = 171

77 20 23 30 18 0 (45,03 %) (11,70 %) (13,45 %) (17,54 %) (10,53 %)

3 (1,75 %)

DAZ n = 126

62 15 19 18 9 (49,21 %) (11,90 %) (15,08 %) (14,29 %) (7,14 %)

1 (0,79 %)

2 (1,59 %)

FZ n = 40

23 5 4 8 0 (57,50 %) (12,50 %) (10,00 %) (20,00 %)

0

0

DR n = 11

7 1 (63,64 %) (9,09 %)

0

0

SK n = 191

62 39 32 35 12 (32,46 %) (20,42 %) (16,75 %) (18,32 %) (6,28 %)

7 (3,66 %)

4 (2,09 %)

Summe n = 539

231 80 78 93 40 (42,86 %) (14,84 %) (14,47 %) (17,25 %) (7,42 %)

8 (1,48 %)

9 (1,67 %)

0

2 1 (18,18 %) (9,09 %)

Vgl. für die Summen pro Zeitung Tabelle 12 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit.

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573

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 9: SS-Panzerdivisionen nach Berichtsformen4 Berichts- LAH form

TK

DR

Wiking

HJ

Frundsberg

Hohenstaufen

WM-PK 8 2 0 n = 15 (53,33 %) (13,33 %)

2 3 0 (13,33 %) (20,00 %)

0

SS-PK n = 144

51 25 13 (35,42 %) (17,36 %) (9,03 %)

35 16 1 (24,31 %) (11,11 %) (0,69 %)

3 (2,08 %)

Kampfbericht n = 52

30 4 (57,69 %) (7,69 %)

8 5 (15,38 %) (9,62 %)

0

0

Ordensbericht n = 244

85 42 56 39 9 (34,84 %) (17,21 %) (22,95 %) (15,98 %) (3,69 %)

7 (2,87 %)

6 (2,46 %)

Situationsbericht n = 84

57 7 (67,86 %) (8,33 %)

0

0

Summe n = 539

231 80 78 93 40 (42,85 %) (14,84 %) (14,47 %) (17,52 %) (7,42 %)

8 (1,48 %)

9 (1,67 %)

5 (9,62 %)

4 (4,76 %)

9 7 (10,71 %) (8,33 %)

Anhang 10: Sonstige SS-Divisionen nach Medien5 Prinz Eugen

Nord

SS-Polizei-Div.

VB n = 31

9 4 1 6 5 1 0 (29,03 %) (12,90 %) (3,23 %) (19,35 %) (16,13 %) (3,23 %)

DAZ n = 18

8 5 1 0 (44,44 %) (27,78 %) (5,56 %)

1 0 (5,56 %)

1 2 (5,56 %) (11,11 %)

FZ n=8

6 0 (75,00 %)

0

0

0

2 (25,00 %)

DR n=2

0

1 0 (50,00 %)

0

0

0

SK n = 43

17 5 0 (39,53 %) (11,63 %)

0

1 0 (50,00 %)

Florian Geyer

0

Nordland

RFSS

Sonstige Götz von Berlichingen

Medium

11 3 3 0 (25,58 %) (6,98 %) (6,98 %)

5 (16,13 %)

4 (9,30 %)

Summe 40 15 2 18 9 4 1 13 n = 102 (39,22 %) (14,71 %) (1,96 %) (17,65 %) (8,82 %) (3,92 %) (0,98 %) (12,75 %)

4 5

Vgl. für die Summen pro Berichtsform Anhang 7. Vgl. für die Summen pro Zeitung Tabelle 14 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit.

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574

7. Anhang

Anhang 11: Sonstige SS-Divisionen nach Berichtsformen6 Berichtsform

SS-Polizei-Div.

Prinz Eugen

WM-PK 1 0 n=2 (50,00 %) SS-PK n = 30

RFSS

Sonstige Götz von Berlichingen

0

0

0

9 2 1 0 (30,00 %) (6,67 %) (3,33 %)

0

1 1 0 (6,67 %) (6,67 %)

6 (40,00 %)

Nord

Florian Geyer

0

1 0 (50,00 %)

14 4 0 (35,00 %) (13,33 %)

3 0 Kampf- 4 bericht (26,67 %) (20,00 %) n = 15

Nordland

0

4 1 6 6 3 1 0 Ordens- 18 bericht (46,15 %) (10,26 %) (2,56 %) (15,38 %) (15,38 %) (7,69 %) (2,56 %) n = 39 Situationsbericht n = 16

3 4 1 1 0 (18,75 %) (25,00 %) (6,25 %) (6,25 %)

0

0

7 (43,75 %)

Summe n = 102

40 15 2 18 9 4 1 13 (39,22 %) (14,71 %) (1,96 %) (17,65 %) (8,82 %) (3,92 %) (0,98 %) (12,75 %)

Anhang 12: Sonstige Waffen-SS-Einheiten nach Medien 7

6 7

Medium

Ausbildung

SS-Ehrenformationen SS-PK

VB n = 59

8 (13,56 %)

33 (55,93 %)

18 (30,51 %)

DAZ n = 38

1 (2,63 %)

25 (65,79 %)

12 (31,58 %)

FZ n = 17

3 (17,65 %)

10 (58,82 %)

4 (23,53 %)

DR n=1

1 (100,00 %)

0

0

SK n = 31

11 (35,48 %)

0

20 (64,52 %)

Summe n = 146

24 (16,44 %)

68 (46,58 %)

54 (36,99 %)

Vgl. für die Summen pro Berichtsform Anhang 7. Vgl. für die Summen pro Zeitung Tabelle 14 in Abs. 4.4.a) dieser Arbeit.

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575

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 13: Sonstige Waffen-SS-Einheiten nach Berichtsformen 8 Berichtsform

Ausbildung

SS-Ehrenformationen SS-PK

WM-PK n=2

1 (50,00 %)

1 (50,00 %)

0

SS-PK n = 34

11 (32,35 %)

0

23 (67,65 %)

Kampfbericht n=6

0

1 (16,67 %)

5 (83,33 %)

Ordensbericht n=0

0

0

0

Situationsbericht n = 104

12 (11,54 %)

66 (63,46 %)

26 (25,00 %)

Summe n = 146

24 (16,44 %)

68 (46,58 %)

54 (36,99 %)

Anhang 14: Nationalitätenbild der SS nach Berichtsformen

8

Berichts- Deutsche AusAus»Gerform drückl. drückl. manen« Volksdts. Reichsdt.

Ideol. »Ostnicht völker« bewertet

»Westvölker«

WM-PK n = 109

99 1 (90,83 %) (0,92 %)

0

4 (3,67 %)

1 (0,92 %)

4 (3,67 %)

0

SS-PK 958 19 n = 1.148 (83,45 %) (1,66 %)

23 (2,00 %)

70 (6,10 %)

12 (1,05 %)

48 (4,18 %)

18 (1,57 %)

Kampfbericht n = 311

241 4 (77,49 %) (1,29 %)

4 (1,29 %)

54 4 (17,36 %) (1,29 %)

3 (0,96 %)

1 (0,32 %)

Ordensbericht n = 502

499 2 (93,45 %) (0,37 %)

1 (0,19 %)

23 (4,31 %)

7 (1,31 %)

1 (0,19 %)

1 (0,19 %

Situationsbericht n = 618

564 33 (77,58 %) (4,54 %)

21 (2,89 %)

92 7 (12,65 %) (0,96 %)

6 (0,83 %)

4 (0,55 %)

Summe 2361 59 n = 2.829 (83,46 %) (2,09 %)

49 (1,73 %)

243 (8,59 %)

62 (2,19 %)

24 (0,85 %)

31 (1,10 %)

Vgl. für die Summe pro Berichtsform Anhang 7.

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576

7. Anhang

Anhang 15: Nationalitätenbild der SS in Beiträgen über als »germanisch« bzw. ausländisch geltende SS-Einheiten9

9

Nationalität

Wiking

Nordland

Explizit ausländisch

Deutsche

55 (59,14 %)

6 (66,67 %)

7 (3,80 %)

Explizit Reichsdt.

1 (1,08 %)

0

0

Explizit Volksdt.

1 (1,08 %)

0

0

»Germanen«

18 (19,35 %)

1 (11,11 %)

7 (3,80 %)

Norweger

10 (10,75 %)

1 (11,11 %)

11 (5,98 %)

Niederländer

2 (2,15 %)

0

26 (14,13 %)

Flamen

0

0

19 (10,33 %)

Dänen

0

0

36 (19,57 %)

Schweden

0

0

0

Wallonen

2 (2,15 %)

0

17 (9,24 %)

Esten

2 (2,15 %)

1 (11,11 %)

12 (6,52 %)

Finnen

2 (2,15 %)

0

12 (6,52 %)

Italiener

0

0

2 (1,09 %)

Letten

0

0

18 (9,78 %)

Galizier

0

0

3 (1,63 %)

Kroaten

0

0

0

Spanier

0

0

0

Russen/Sowjets

0

0

1 (0,54 %)

Polen

0

0

0

Serben

0

0

0

Sonstige »Ostvölker« 0

0

8 (4,35 %)

US-Amerikaner

0

0

0

Briten

0

0

0

Franzosen

0

0

5 (2,72 %)

Summe

93 (100 %)

9 (100 %)

184 (100 %)

Vgl. für die Summen pro Dimension die Anhänge 7, 8 und 10.

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577

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 16: Nationalitätenbild der SS nach Jahren Natio- 1939 nalitätenbild der SS

1940

Deutsche

374 414 438 591 490 80 2.469 (98,42 %) (84,66 %) (88,84 %) (87,43 %) (78,90 %) (90,91 %) (87,27 %)

82 (100 %)

1941

1942

1943

1944

1945

Summe

Germa- 0 nen

0

Nicht 0 ideol. Bewertete

1 0 (0,26 %)

Ostvölker

0

1 11 12 14 23 1 62 (0,26 %) (2,25 %) (2,43 %) (2,07 %) (3,70 %) (1,14 %) (2,19 %)

Westvölker

0

4 1 1 2 15 1 24 (1,05 %) (0,20 %) (0,20 %) (0,30 %) (2,42 %) (1,14 %) (0,85 %)

Summe 82 (100 %)

63 42 64 69 5 243 (12,88 %) (8,52 %) (9,47 %) (11,11 %) (5,68 %) (8,59 %)

380 (100 %)

489 (100 %)

0

493 (100 %)

5 24 1 31 (0,74 %) (3,86 %) (1,14 %) (1,10 %)

676 (100 %)

621 (100 %)

88 (100 %)

2.829 (100 %)

Anhang 17: Ereignisräume nach Berichtsform Ereignisraum

WM-PKBericht

SS-PKBericht

Kampfbericht

Ordensbericht

Situations- Summe bericht

Polen

2 (2,06 %)

14 (14,43 %)

40 (41,24 %)

3 (3,09 %)

38 (39,18 %)

97 (100 %)

Westen

20 (5,33 %)

243 (64,80 %)

33 (8,80 %)

32 (8,53 %)

47 (12,53 %)

375 (100 %)

Balkan

13 (11,71 %)

67 (60,36 %)

16 (14,41 %)

13 (11,71 %)

2 (1,80 %)

111 (100 %)

Ostfront

55 (4,72 %)

656 (56,26 %)

102 (8,75 %)

293 (25,13 %)

60 (5,15 %)

1166 (100 %)

Italien

5 (12,82 %)

16 (41,03 %)

9 (23,08 %)

3 (7,69 %)

6 (15,38 %)

39 (100 %)

Heimat

9 (0,96 %)

122 (13,05 %)

91 (9,73 %)

190 (20,32 %)

523 (55,94 %)

935 (100 %)

Skandinavien

5 (5,21 %)

21 (21,88 %)

20 (20,83 %)

0

50 (52,08 %)

96 (100 %)

Unklar

0

9 (90,00 %)

0

0

1 (10,00 %)

10 (100 %)

Summe

109 (3,85 %)

1.148 (40,58 %)

311 (10,99 %)

534 (18,88 %)

727 (25,70 %)

2.829 (100 %)

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578

7. Anhang

Anhang 18: Thema SS nach Ereignisräumen Ereignisraum

Waffen-SS

Polizeieinheiten Sonstige SS-Bereiche

Summe

Polen

51 (53,68 %)

33 (34,74 %)

11 (11,58 %)

95 (100 %)

Westen

310 (94,51 %)

10 (3,05 %)

8 (2,44 %)

328 (100 %)

Balkan

98 (98,99 %)

1 (1,01 %)

0

99 (100 %)

Ostfront

1030 (93,81 %)

39 (3,55 %)

29 (2,64 %)

1098 (100 %)

Italien

32 (82,05 %)

7 (17,95 %)

0

39 (100 %)

Heimat

773 (87,54 %)

40 (4,53 %)

70 (7,93 %)

883 (100 %)

Skandinavien

76 (84,44 %)

1 (1,11 %)

13 (14,44 %)

90 (100 %)

Unklar

5 (100 %)

0

0

5 (100 %)

Summe

2.375 (90,06 %) 131 (4,97 %)

131 (4,97 %)

2.637 (100 %)

Anhang 19: Gegnerschaft im Nationalitätenbild der SS nach Jahren Nationa- 1939 lität

1940

1941

1942

1943

1944

1945

Summe

Deutsche

1 (0,26 %)

0

0

0

0

0

2 (0,07 %)

»Germa- 0 nen«

10 (2,63 %)

0

1 (0,20 %)

0

0

0

11 (0,39 %)

Nicht 0 ideol. Bewertet

0

0

0

23 (3,40 %)

3 (0,48 %)

0

26 (0,92 %)

1 (1,22 %)

»Ostvölker«

42 26 (51,22 %) (6,84 %)

253 312 440 307 59 1439 (51,74 %) (63,29 %) (65,09 %) (49,44 %) (67,05 %) (50,87 %)

»Westvölker«

3 (3,66 %)

Kein Gegner

36 230 179 173 207 192 14 1031 (43,90 %) (60,53 %) (36,61 %) (35,09 %) (30,62 %) (30,92 %) (15,91 %) (36,44 %)

Summe

82 (100 %)

113 57 7 (29,74 %) (11,66 %) (1,42 %)

380 (100 %)

489 (100 %)

493 (100 %)

6 (0,89 %)

676 (100 %)

119 15 320 (19,16 %) (17,05 %) (11,31 % %)

621 (100 %)

88 (100 %)

2829 (100 %)

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579

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 20: Gegnerschaft im Nationalitätenbild der SS nach Berichtsformen Berichtsform

Deutsche

»Germanen«

Nicht ideol. »Ostbewertet völker«

»Westvölker«

Nicht codiert

WM-PK n = 109

0

0

3 (2,75 %)

78 (71,56 %)

23 (21,10 %)

5 (4,59 %)

SS-PK n = 1.148

1 (0,09 %)

7 (0,61 %)

7 (0,61 %)

699 (60,89 %)

220 (19,16 %)

214 (18,64 %)

Kampfbericht n = 311

1 (0,32 %)

3 (0,96 %)

9 (2,89 %)

188 (60,45 %)

23 (7,40 %)

87 (27,97 %)

Ordensbericht n = 534

0

0

2 (0,37 %)

312 (58,43 %)

36 (6,74 %)

184 (34,46 %)

Situations- 0 bericht n = 742

1 (0,14 %)

5 (0,69 %)

162 (22,28 %)

18 (2,48 %)

541 (74,42 %)

Summe n = 2.829

11 (0,39 %)

26 (0,92 %)

1.439 (50,87 %)

320 (11,31 %)

1.031 (36,44 %)

2 (0,07 %)

Anhang 21: Aussagen der Kategorie »Härte« nach Medien Medium

Extreme Bedingungen

»Tod geben«

Härte Ausbildung

Sonstiges

VB n = 844

74 (8,77 %)

115 (13,63 %)

24 (2,84 %)

34 (4,03 %)

DAZ n = 584

30 (5,14 %)

41 (7,02 %)

29 (4,97 %)

11 (1,88 %)

FZ n = 205

17 (8,29 %)

18 (8,78 %)

9 (4,39 %)

1 (0,49 %)

DR n = 61

12 (19,67 %)

11 (18,03 %)

4 (6,56 %)

5 (8,20 %)

SK n = 1.135

223 (19,65 %)

305 (26,87 %)

79 (6,96 %)

99 (8,72 %)

Summe n = 2.829

356 (12,58 %)

490 (17,32 %)

145 (5,13 %)

150 (5,30 %)

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580

7. Anhang

Anhang 22: Aussagen der Kategorie »Treue« nach Medien Medium

»Tod nehmen«

»mehr tun als Pflicht«

Ausdrückl. Glaube an »Meine Ehre »Endsieg« heißt Treue«

sonstiges

VB n = 844

120 (14,22 %)

94 (11,14 %)

14 (1,66 %)

63 (7,46 %)

22 (2,61 %)

DAZ n = 584

65 (11,13 %)

46 (7,88 %)

7 (1,20 %)

39 (6,68 %)

12 (2,05 %)

FZ n = 205

19 (9,27 %)

16 (7,80 %)

1 (0,49 %)

6 (2,93 %)

7 (3,41 %)

DR n = 61

14 (22,95 %)

11 (18,03 %)

0

2 (3,28 %)

1 (1,64 %)

SK n = 1.135

402 (35,42 %)

269 (23,70 %)

15 (1,32 %)

110 (9,69 %)

39 (3,44 %)

Summe n = 2.829

620 (21,92 %)

436 (15,41 %)

37 (1,31 %)

220 (7,78 %)

81 (2,86 %)

Anhang 23: Aussagen der Kategorie »politische Soldaten« nach Medien Medium

Ausdrückl. «politische Soldaten«

Verweis auf Schutz Reich Weltan»Kampfzeit« nach Innen schaul. Unterricht

Sonstiges

VB n = 844

37 (4,38 %)

18 (2,13 %)

6 (0,71 %)

12 (1,42 %)

2 (0,24 %)

DAZ n = 584

23 (3,94 %)

11 (1,88 %)

13 (2,22 %)

5 (0,86 %)

1 (0,17 %)

FZ n = 205

5 (2,44 %)

5 (2,44 %)

7 (3,41 %)

4 (1,95 %)

0

DR n = 61

2 (3,28 %)

1 (1,64 %)

1 (1,64 %)

2 (3,28 %)

0

SK n = 1.135

66 (5,81 %)

64 (5,64 %)

10 (0,88 %)

19 (1,67 %)

1 (0,09 %)

Summe n = 2.829

133 (4,70 %)

99 (3,50 %)

37 (1,31 %)

42 (1,48 %)

4 (0,14 %)

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581

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 24: Aussagen der Kategorie »Kultische Elemente« nach Medien Medium

Gottgläubigkeit SS-Feste

germanische Wurzeln

sonstiges

VB n = 844

0

4 (0,47 %)

0

1 (0,12 %)

DAZ n = 584

0

3 (0,51 %)

0

0

FZ n = 205

0

2 (0,98 %)

0

1 (0,49 %)

DR n = 61

0

1 (1,64 %)

0

0

SK n = 1.135

7 (0,62 %)

12 (1,06 %)

30 (2,64 %)

7 (0,62 %)

Summe n = 2.829

7 (0,25 %)

22 (0,78 %)

30 (1,06 %)

9 (0,32 %)

Anhang 25: Aussagen der Kategorie »Rasse (positiv)« nach Medien Medium

Überlegen »gleiches wegen Rasse Blut« wie Germanen

Maßnahmen »Blut und zur »Rassen- Boden« reinheit«

sonstiges

VB n = 844

25 (2,96 %)

58 (6,87 %)

5 (0,59 %)

24 (2,84 %)

28 (3,31 %)

DAZ n = 584

12 (2,05 %)

31 (5,31 %)

7 (1,20 %)

9 (1,54 %)

18 (3,08 %)

FZ n = 205

7 (3,41 %)

12 (5,85 %)

1 (0,49 %)

3 (1,46 %)

7 (3,41 %)

DR n = 61

4 (6,56 %)

11 (18,03 %)

0

4 (6,56 %)

2 (3,28 %)

SK n = 1.135

34 (3,00 %)

72 (6,34 %)

7 (0,62 %)

25 (2,20 %)

16 (1,41 %)

Summe n = 2.829

82 (2,90 %)

184 (6,50 %)

20 (0,71 %)

65 (2,30 %)

71 (2,51 %)

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582

7. Anhang

Anhang 26: Aussagen der Kategorie »Entscheidender Einsatz« nach Medien Medium

In Abwehr

In Angriff

Nachhut

Anders entscheidend

VB n = 844

24 (2,84 %)

48 (5,69 %)

4 (0,47 %)

52 (6,16 %)

DAZ n = 584

10 (1,71 %)

13 (2,23 %)

5 (0,86 %)

30 (5,14)

FZ n = 205

2 (0,98 %)

8 (3,90 %)

0

7 (3,41 %)

DR n = 61

3 (4,92 %)

3 (4,92 %)

0

5 (8,20 %)

SK n = 1.135

150 (13,22 %)

166 (14,63 %)

43 (3,79 %)

34 (3,00 %)

Summe n = 2.829

189 (6,68 %)

238 (8,41 %)

52 (1,84 %)

128 (4,52 %)

Anhang 27: Aussagen der Kategorie »Wichtiger Ort« nach Medien Medium Arras

Illmen- Charsee kow

«Zitadelle”

Gran Sasso

NorTschermandie kassy

Ardennen

sonstige

VB n = 844

8 8 28 18 11 24 10 2 13 (0,95 %) (0,95 %) (3,32 %) (2,13 %) (1,30 %) (2,84 %) (1,18 %) (0,24 %) (1,54 %)

DAZ n = 584

4 5 15 5 14 9 5 1 6 (0,68 %) (0,86 %) (2,57 %) (0,86 %) (2,40 %) (1,54 %) (0,86 %) (0,17 %) (1,03 %)

FZ n = 205

1 6 7 2 0 (0,49 %) (2,93 %) (3,41 %) (0,98 %)

DR n = 61

0

2 2 0 (3,28 %) (3,28 %)

0

1 0 (1,64 %)

0

0

1 (0,49 %)

3 0 (4,92 %)

2 (3,28 %)

SK 5 24 21 20 2 36 15 5 163 n = 1.135 (0,44 %) (2,11 %) (1,85 %) (1,76 %) (0,18 %) (3,17 %) (1,32 %) (0,44 %) (14,36 %) Summe 18 45 73 45 28 69 33 8 185 n = 2.829 (0,64 %) (1,59 %) (2,58 %) (1,59 %) (0,99 %) (2,44 %) (1,17 %) (0,28 %) (6,54 %)

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583

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 28: Aussagen der Kategorie »Wichtiger Ort« nach Berichtsformen Berichts- Arras form

Illmen- Charsee kow

«Zitadelle”

Gran Sasso

NorTschermandie kassy

Ardennen

sonstige

WM-PK 2 2 6 1 3 5 2 2 7 n = 109 (1,83 %) (1,83 %) (5,50 %) (0,92 %) (2,75 %) (4,59 %) (1,83 %) (1,83 %) (6,42 %) SS-PK 14 24 20 25 5 41 11 5 96 n = 1.148 (1,22 %) (2,09 %) (1,74 %) (2,18 %) (0,44 %) (3,57 %) (0,96 %) (0,44 %) (8,36 %) Kampfbericht n = 312

1 7 9 3 10 6 4 0 (0,32 %) (2,24 %) (2,88 %) (0,96 %) (3,21 %) (1,92 %) (1,28 %)

7 (2,24 %)

Ordens- 1 11 28 14 3 15 12 1 74 bericht n (0,19 %) (2,06 %) (5,25 %) (2,63 %) (0,56 %) (2,81 %) (2,25 %) (0,19 %) (13,88 = 533 %) Situationsber. n = 727

0

1 10 2 7 2 4 0 (0,14 %) (1,38 %) (0,28 %) (0,96 %) (0,28 %) (0,55 %)

1 (0,14 %)

Summe 18 45 73 45 28 69 33 8 185 n = 2.829 (0,64 %) (1,59 %) (2,58 %) (1,59 %) (0,99 %) (2,44 %) (1,17 %) (0,28 %) (6,54 %)

Anhang 29: Aussagen der Kategorie »Vorbildliches Kampfverhalten« nach Berichtsformen Berichtsform

Militärische Elite

Lob durch Sichtweise Erfahren Einsatz in sonstiges WM Ausland im Kampf vorderster Linie

WM-PK n = 109

4 (3,67 %)

6 (5,50 %)

1 (0,92 %)

9 (8,26 %)

2 (1,83 %)

17 (15,60 %)

SS-PK n = 1.148

116 (10,10 %)

18 (1,57 %)

44 (3,83 %)

254 (22,13 %)

21 (1,83 %)

85 (7,40 %)

Kampfbericht n = 312

21 (6,73 %)

3 (0,96 %)

10 (3,21 %)

17 (5,45 %)

6 (1,92 %)

36 (11,54 %)

Ordensbericht n = 533

27 (5,07 %)

3 (0,56 %)

9 (1,69 %)

149 (27,95 %)

7 (1,31 %)

25 (4,69 %)

Situations- 18 ber. (2,48 %) n = 727

0

4 (0,55 %)

11 (1,51 %)

16 (2,20 %)

25 (3,44 %)

Summe n = 2.829

30 (1,06 %)

68 (2,40 %)

440 (15,55 %)

52 (1,84 %)

188 (6,65 %)

186 (6,57 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

584

7. Anhang

Anhang 30: Aussagen der Kategorie »Vorbildliches Kampfverhalten« nach Medien Medium

Militärische Elite

Lob durch Sichtweise Erfahren Einsatz in sonstiges WM Ausland im Kampf vorderster Linie

VB n = 844

40 (4,74 %)

12 (1,42 %)

17 (2,01 %)

87 (10,31 %)

14 (1,66 %)

69 (8,18 %)

DAZ n = 584

24 (4,11 %)

3 (0,51 %)

6 (1,03 %)

34 (5,82 %)

6 (1,03 %)

38 (6,51 %)

FZ n = 205

5 (2,44 %)

2 (0,98 %)

1 (0,49 %)

6 (2,93 %)

4 (1,95 %)

14 (6,83 %)

DR n = 61

5 (8,20 %)

0

1 (1,64 %)

12 (19,67 %)

1 (1,64 %)

6 (9,84 %)

SK n = 1.135

112 (9,87 %)

13 (1,15 %)

43 (3,79 %)

301 (26,52 %)

27 (2,38 %)

61 (5,37 %)

Summe n = 2.829

186 (6,57 %)

30 (1,06 %)

68 (2,40 %)

440 (15,55 %)

52 (1,84 %)

188 (6,65 %)

Anhang 31: Beiträge mit direkter Bezeichnung der SS als militärischer Elite nach Medien und Jahren10 Medium 1939

1940

1941

1942

VB n = 40

0

3 (7,50 %)

3 (7,50 %)

8 17 8 1 (20,00 %) (42,50 %) (20,00 %) (2,50 %)

DAZ n = 24

0

2 (8,33 %)

1 (4,17 %)

3 7 11 0 (12,50 %) (29,17 %) (45,83 %)

FZ n=5

0

0

0

1 4 0 (20,00 %) (80;00 %)

DR n=5

0

1 2 0 (20,00 %) (40,00 %)

SK n = 112

2 9 (1,79 %) (8,04 %)

15 25 23 33 5 (13,39 %) (22,32 %) (20,54 %) (29,46 %) (4,46 %)

Summe n = 186

2 15 (1,08 %) (8,06 %)

21 37 52 53 6 (11,29 %) (19,89 %) (27,96 %) (28,49 %) (3,23 %)

10

1943

1944

1945

0

1 1 0 (20,00 %) (20,00 %)

Vgl. für die Summen pro Zeitung Anhang 30.

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585

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 32: Aussagen über eine besondere Erfahrung der SS, nach Medien und Jahren11 Medium

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 87

2 (2,30 %)

1 (1,15 %)

7 (8,05 %)

6 (6,90 %)

27 40 4 (31,03 %) (45,98 %) (4,60 %)

DAZ n = 34

0

6 4 8 9 6 1 (17,65 %) (11,76 %) (23,53 %) (26,47 %) (17,65 %) (2,94 %)

FZ n=6

0

2 1 0 (33,33 %) (16,67 %)

DR n = 12

0

0

SK n = 301

3 (1,00 %)

31 37 75 68 77 10 (10,30 %) (12,29 %) (24,92 %) (22,59 %) (25,58 %) (3,32 %)

Summe n = 440

5 (1,14 %)

40 (9,09 %)

3 0 (50,00 %)

3 3 1 (25,00 %) (25,00 %) (8,33 %)

0

5 0 (41,67 %)

52 92 108 128 15 (11,82 %) (20,91 %) (24,55 %) (29,09 %) (3,41 %)

Anhang 33: Aussagen der Kategorie »Unterlegen aber kämpfend« nach Medien Medium

Gegen Übermacht

Nahkampf

Gegen Elite

Gegen überleg. Material

sonstiges

VB n = 844

56 (6,64 %)

65 (7,70 %)

17 (2,01 %)

16 (1,90 %)

7 (0,83 %)

DAZ n = 584

27 (4,62 %)

21 (3,60 %)

14 (2,40 %)

0

12 (2,05 %)

FZ n = 205

8 (3,90 %)

8 (3,90 %)

3 (1,46 %)

0

0

DR n = 61

7 (11,48 %)

5 (8,20 %)

5 (8,20 %)

0

0

SK n = 1.135

169 (14,89 %)

176 (15,51 %)

59 (5,20 %)

35 (3,08 %)

1 (0,09 %)

Summe n = 2.829

267 (9,44 %)

275 (9,72 %)

98 (3,46 %)

51 (1,80 %)

20 (0,71 %)

11

Vgl. für die Summen pro Zeitung Anhang 30.

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586

7. Anhang

Anhang 34: Aussagen der Kategorie »Unterlegen aber kämpfend« nach Berichtsformen Berichtsform

Gegen Übermacht

Nahkampf

Gegen Elite

Gegen überleg. Material

sonstiges

WM-PK n = 109

14 (12,84 %)

9 (8,26 %)

8 (7,34 %)

3 (2,75 %)

0

SS-PK n = 1.148

160 (13,51 %)

173 (15,07 %)

68 (5,92 %)

37 (3,22 %)

12 (2,05 %)

Kampfbericht n = 312

15 (4,81 %)

24 (7,69 %)

6 (1,92 %)

1 (0,32 %)

4 (1,28 %)

Ordensbericht 74 n = 533 (13,88 %)

67 (12,57 %)

15 (2,81 %)

10 (1,88 %)

4 (0,75 %)

Situationsbericht n = 727

4 (0,55 %)

2 (0,28 %)

1 (0,14 %)

0

0

Summe n = 2.829

267 (9,44 %)

275 (9,72 %)

98 (3,46 %)

51 (1,80 %)

20 (0,71 %)

Anhang 35: Aussagen der Kategorie »Tradition« nach Medien Medium

Bezug zu früheren Ereignissen

Eigene Tradition

Sonstiges

VB n = 844

17 (2,01 %)

44 (5,21 %)

1 (0,12 %)

DAZ n = 584

9 (1,54 %)

14 (2,40 %)

0

FZ n = 205

1 (0,49 %)

6 (2,93 %)

0

DR n = 61

1 (1,64 %)

0

1 (1,64 %)

SK n = 1.135

99 (8,72 %)

119 (10,48 %)

0

Summe n = 2.829

127 (4,49 %)

183 (6,47 %)

2 (0,71 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

587

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 36: Aussagen der Kategorie »Tradition« nach Berichtsformen Berichtsform

Bezug zu früheren Ereignissen

Eigene Tradition

Sonstiges

WM-PK n = 109

0

3 (2,75 %)

0

SS-PK n = 1.148

94 (8,19 %)

117 (10,19 %)

1 (0,09 %)

Kampfbericht n = 312

9 (2,88 %)

14 (4,49 %)

0

Ordensbericht n = 533

18 (3,38 %)

30 (5,63 %)

0

Situationsbericht n = 727

6 (0,83 %)

19 (2,61 %)

1 (0,14 %)

Summe n = 2.829

127 (4,49 %)

183 (6,47 %)

2 (0,71 %)

Anhang 37: Aussagen der Kategorie »Leben an der Front« nach Medien Medium

Anekdoten

Land und Leute

Leben an der Front

VB n = 844

5 (0,59 %)

53 (6,28 %)

31 (3,67 %)

DAZ n = 584

5 (0,86 %)

13 (2,23 %)

8 (1,37 %)

FZ n = 205

0

6 (2,93 %)

3 (1,46 %)

DR n = 61

6 (9,84 %)

6 (9,84 %)

7 (11,48 %)

SK n = 1.135

51 (4,49 %)

40 (3,52 %)

80 (7,05 %)

Summe n = 2.829

67 (2,37 %)

118 (4,17 %)

129 (4,56 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

588

7. Anhang

Anhang 38: Aussagen der Kategorie »Leben an der Front« nach Berichtsformen Berichtsform

Anekdoten

Land und Leute

Leben an der Front

WM-PK n = 109

3 (2,75 %)

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

SS-PK n = 1.148

46 (4,01 %)

99 (8,62 %)

121 (10,54 %)

Kampfbericht n = 312

11 (3,53 %)

2 (0,64 %)

3 (0,96 %)

Ordensbericht n = 533

1 (0,19 %)

0

1 (0,19 %)

Situationsbericht n = 727

6 (0,83 %)

16 (2,20 %)

3 (0,41 %)

Summe n = 2.829

67 (2,37 %)

118 (4,17 %)

129 (4,56 %)

Anhang 39: Aussagen der Kategorie »Anerkennung durch Hitler« nach Medien Medium

Verweise auf Reden Aufmerksamkeit

Sonstiges

VB n = 844

10 (1,18 %)

40 (4,74 %)

4 (0,47 %)

DAZ n = 584

5 (0,86 %)

49 (8,39 %)

3 (0,51 %)

FZ n = 205

0

16 (7,80 %)

2 (0,98 %)

DR n = 61

0

0

2 (3,28 %)

SK n = 1.135

7 (0,62 %)

28 (2,47 %)

3 (0,26 %)

Summe n = 2.829

22 (0,78 %)

133 (4,70 %)

14 (0,49 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

589

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 40: Aussagen der Kategorie »Anerkennung durch Hitler« nach Berichtsformen Berichtsform

Verweise auf Reden Aufmerksamkeit

Sonstiges

WM-PK n = 109

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

0

SS-PK n = 1.148

8 (0,70 %)

29 (2,53 %)

4 (0,35 %)

Kampfbericht n = 312

4 (1,28 %)

17 (5,45 %)

3 (0,96 %)

Ordensbericht n = 533

1 (0,19 %)

14 (2,63 %)

0

Situationsbericht n = 727

8 (1,10 %)

72 (9,90 %)

7 (0,96 %)

Summe n = 2.829

22 (0,78 %)

133 (4,70 %)

14 (0,49 %)

Anhang 41: Aussagen der Kategorie »Verweis auf Orden« nach Medien Medium

Ordensberichte

Sonstige Erwähnungen

VB n = 844

159 (18,84 %)

79 (9,36 %)

DAZ n = 584

122 (20,89 %)

55 (9,42 %)

FZ n = 205

28 (13,66 %)

17 (8,29 %)

DR n = 61

0

13 (21,31 %)

SK n = 1.135

224 (19,74 %)

105 (9,25 %)

Summe n = 2.829

533 (18,84 %)

269 (9,51 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

590

7. Anhang

Anhang 42: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Medien Medium

Dietrich

Eicke

Meyer

Skorzeny

Sonstige

VB n = 844

12 (1,42 %)

9 (1,07 %)

3 (0,36 %)

3 (0,36 %)

53 (6,28 %)

DAZ n = 584

16 (2,74 %)

5 (0,86 %)

2 (0,34 %)

7 (1,20 %)

43 (7,36 %)

FZ n = 205

6 (2,93 %)

5 (2,44 %)

1 (0,49 %)

0

29 (14,15 %)

DR n = 61

2 (3,28 %)

1 (1,64 %)

0

0

6 (9,84 %)

SK n = 1.135

10 (0,88 %)

12 (1,06 %)

8 (0,70 %)

2 (0,18 %)

64 (5,64 %)

Summe n = 2.829

46 (1,63 %)

32 (1,13 %)

14 (0,49 %)

12 (0,42 %)

195 (6,89 %)

Anhang 43: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Jahren12 Jahr

Dietrich

Eicke

Meyer

Skorzeny

Sonstige

1939 n = 82

4 (4,88 %)

0

0

0

9 (10,98 %)

1940 n = 380

5 (1,32 %)

0

0

0

32 (8,42 %)

1941 n = 489

4 (0,82 %)

0

4 (0,82 %)

0

30 (6,13 %)

1942 n = 493

11 (2,23 %)

5 (1,01 %)

0

0

46 (9,33 %)

1943 n = 676

14 (2,07 %)

24 (3,55 %)

7 (1,04 %)

10 (1,48 %)

27 (3,99 %)

1944 n = 621

8 (1,29 %)

3 (0,48 %)

3 (0,48 %)

2 (0,32 %)

47 (7,57 %)

1945 n = 88

0

0

0

0

4 (4,55 %)

Summe n = 2.829

46 (1,63 %)

32 (1,13 %)

14 (0,49 %)

12 (0,42 %)

195 (6,89 %)

12

Für die Gesamtzahl der Beiträge in den einzelnen Jahren vgl. Tabelle 4 in Abs. 4.3 dieser Arbeit.

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

591

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 44: Aussagen der Kategorie »Herausstellung einzelner SS-Männer« nach Berichtsformen Medium

Dietrich

Eicke

Meyer

Skorzeny

Sonstige

WM-PK n = 109

0

1 (0,92 %)

0

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

SS-PK n = 1148

11 (0,96 %)

13 (1,15 %)

6 (0,52 %)

4 (0,35 %)

53 (4,62 %)

Kampfbericht 12 n = 312 (3,85 %)

6 (1,92 %)

1 (0,32 %)

4 (1,28 %)

21 (6,73 %)

Ordensbericht 5 n = 533 (0,94 %)

8 (1,50 %)

5 (0,94 %)

1 (0,19 %)

4 (0,75 %)

Situationsbericht n = 727

18 (2,48 %)

4 (0,55 %)

2 (0,28 %)

2 (0,28 %)

116 (15,96 %)

Summe n = 2.829

46 (1,63 %)

32 (1,13 %)

14 (0,49 %)

12 (0,42 %)

195 (6,89 %)

Anhang 45: Aussagen der Kategorie »Freiwilligenwerbung« nach Berichtsformen Berichtsform

Einstellungs- »Feuertaufe« Kontakt Freiwilligkeit Sonstiges bedingungen Waffen-SS-HJ betont

WM-PK n = 109

0

6 (5,50 %)

0

6 (5,50 %)

0

SS-PK n = 1.148

5 (0,44 %)

107 (9,32 %)

9 (0,78 %)

94 (8,19 %)

51 (4,44 %)

Kampfbericht n = 312

9 (2,88 %)

9 (2,88 %)

3 (0,96 %)

50 (16,03 %)

14 (4,49 %)

Ordensbericht n = 533

0

4 (0,75 %)

0

37 (6,94 %)

7 (1,31 %)

Situationsbericht n = 727

53 (7,29 %)

10 (1,38 %)

34 (4,68 %)

122 (16,78 %)

30 (4,13 %)

Summe n = 2.829

67 (2,37 %)

136 (4,81 %)

46 (1,63 %)

309 (10,92 %)

102 (3,61 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

592

7. Anhang

Anhang 46: Aussagen der Kategorie »Freiwilligenwerbung« nach Medien Medium

Einstellungsbedingungen

»Feuertaufe« Kontakt Freiwilligkeit Sonstiges Waffen-SS-HJ betont

VB n = 844

16 (1,90 %)

22 (2,61 %)

19 (2,25 %)

93 (11,02 %)

34 (4,03 %)

DAZ n = 584

36 (6,16 %)

24 (4,11 %)

15 (2,57 %)

59 (10,10 %)

13 (2,22 %)

FZ n = 205

10 (4,88 %)

2 (0,98 %)

5 (2,44 %)

30 (14,63 %)

5 (2,44 %)

DR n = 61

0

6 (9,84 %)

1 (1,64 %)

12 (19,67 %)

5 (8,20 %)

SK n = 1.135

5 (0,44 %)

82 (7,22 %)

6 (0,53 %)

115 (10,13 %)

45 (3,96 %)

Summe n = 2.829

67 (2,37 %)

136 (4,81 %)

46 (1,63 %)

309 (10,92 %)

102 (3,61 %)

Anhang 47: Aussagen der Unterkategorie »Freiwilligkeit wird betont« nach Nationalitäten und Medien13 Medium

Deutsche

Volksdeutsche

»Germanen«

Andere

VB n = 93

25 (26,88 %)

17 (18,28 %)

33 (35,48 %)

18 (19,35 %)

DAZ n = 59

16 (27,12 %)

3 (5,08 %)

32 (54,24 %)

8 (13,56 %)

FZ n = 30

7 (23,33 %)

3 (10,00 %)

13 (43,33 %)

7 (23,33 %)

DR n = 12

0

1 (8,33 %)

9 (75,00 %)

2 (16,67 %)

SK n = 115

68 (59,13 %)

7 (6,09 %)

26 (22,61 %)

14 (12,17 %)

Summe n = 309

116 (37,54 %)

31 (10,03 %)

113 (36,57 %)

49 (15,86 %)

13

Für die Zahl der Beiträge pro Zeitung, in denen Aussagen zu »Freiwilligkeit wird betont« zu finden waren, vgl. Anhang 46.

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

593

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 48: Aussagen der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« nach Medien Medium

Panzer

Vollmotorisiert Spezialabteilungen

Sonstiges

VB n = 844

96 (11,37 %)

30 (3,55 %)

21 (2,49 %)

12 (1,42 %)

DAZ n = 584

47 (8,05 %)

13 (2,23 %)

11 (1,88 %)

2 (0,34 %)

FZ n = 205

10 (4,88 %)

6 (2,93 %)

3 (1,46 %)

0

DR n = 61

7 (11,48 %)

4 (6,56 %)

1 (1,64 %)

2 (3,28 %)

SK n = 1.135

102 (8,99 %)

98 (8,63 %)

101 (8,90 %)

9 (0,79 %)

Summe n = 2.829

262 (9,26 %)

151 (5,34 %)

137 (4,84 %)

25 (0,88 %)

Anhang 49: Aussagen der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« nach Berichtsformen Berichtsform

Panzer

Vollmotorisiert Spezialabteilungen

Sonstiges

WM-PK n = 109

13 (11,93 %)

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

SS-PK n = 1.148

133 (11,59 %)

116 (10,10 %)

101 (8,80 %)

15 (1,31 %)

Kampfbericht n = 312

27 (8,65 %)

11 (3,53 %)

10 (3,21 %)

4 (1,28 %)

Ordensbericht n = 533

75 (14,07 %)

12 (2,25 %)

18 (3,38 %)

1 (0,19 %)

Situationsbericht 14 n = 727 (1,93 %)

11 (1,51 %)

7 (0,96 %)

4 (0,55 %)

Summe n = 2.829

151 (5,34 %)

137 (4,84 %)

25 (0,88 %)

262 (9,26 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

594

7. Anhang

Anhang 50: Zahl der Beiträge, mit mindestens einer Aussage der Kategorie »Außergewöhnliche Ausrüstung« beinhalten, nach Medien und Jahren Medium

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 844

1 (0,12 %)

9 (1,07 %)

17 (2,01 %)

14 (1,66 %)

47 (5,57 %)

48 (5,69 %)

5 (0,59 %)

DAZ n = 584

2 (0,34 %)

5 (0,86 %)

5 (0,86 %)

10 (1,71 %)

20 (3,42 %)

25 (4,28 %)

3 (0,51 %)

FZ n = 205

1 (0,49 %)

3 (1,46 %)

0

3 (1,46 %)

11 (5,37 %)

0

0

DR n = 61

0

0

5 (8,20 %)

0

4 (6,56 %)

4 (6,56 %)

0

SK 9 n = 1.135 (0,79 %)

50 (4,41 %)

43 (3,79 %)

40 (3,52 %)

61 (5,37 %)

56 (4,93 %)

8 (0,70 %)

Summe 13 n = 2.829 (0,46 %)

67 (2,37 %)

70 (2,47 %)

67 (2,37 %)

143 (5,05 %)

133 (4,70 %)

16 (0,57 %)

Anhang 51: Aussagen der Unterkategorie »Panzer« nach Medien und Jahren Medium

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 844

0

3 (0,36 %)

4 (0,47 %)

8 (0,95 %)

35 (4,15 %)

43 (5,09 %)

3 (0,36 %)

DAZ n = 584

1 (0,17 %)

0

0

5 (0,86 %)

16 (2,74 %)

22 (3,77 %)

3 (0,51 %)

FZ n = 205

0

1 (0,49 %)

0

1 (0,49 %)

8 (3,90 %)

0

0

DR n = 61

0

0

1 (1,64 %)

0

2 (3,28 %)

4 (6,56 %)

0

SK 1 n = 1.135 (0,09 %)

6 (0,53 %)

6 (0,53 %)

9 (0,79 %)

38 (3,35 %)

35 (3,08 %)

7 (0,62 %)

Summe 2 n = 2.829 (0,07 %)

10 (0,35 %)

11 (0,39 %)

23 (0,81 %)

99 (3,50 %)

104 (3,68 %)

13 (0,46 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

595

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 52: Aussagen der Kategorie »Kultur« nach Berichtsformen Berichtsform

Aktivitäten SS-PK

SS und Sport

sonstiges

WM-PK n = 109

0

0

0

SS-PK n = 1.148

15 (1,31 %)

3 (0,26 %)

12 (1,05 %)

Kampfbericht n = 312

4 (1,28 %)

0

5 (1,60 %)

Ordensbericht n = 533

0

0

0

Situationsbericht n = 727

16 (2,20 %)

26 (3,58 %)

42 (5,78 %)

Summe n = 2.829

35 (1,24 %)

29 (1,03 %)

59 (2,09 %)

Anhang 53: Aussagen der Kategorie »Kultur« nach Medien Medium

Aktivitäten SS-PK

SS und Sport

sonstiges

VB n = 844

12 (1,42 %)

15 (1,78 %)

17 (2,01 %)

DAZ n = 584

8 (1,37 %)

10 (1,71 %)

25 (4,28 %)

FZ n = 205

2 (0,98 %)

0

6 (2,93 %)

DR n = 61

0

0

0

SK n = 1.135

13 (1,15 %)

4 (0,35 %)

11 (0,97 %)

Summe n = 2.829

35 (1,24 %)

29 (1,03 %)

59 (2,09 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

596

7. Anhang

Anhang 54: Aussagen der Kategorie »Gräuelberichte« nach Berichtsformen Berichtsform

Gräuel von Sowjets

Gräuel von Westalliierten

Gräuel von Sonstigen

WM-PK n = 109

6 (5,50 %)

0

0

SS-PK n = 1.148

48 (4,18 %)

24 (2,09 %)

7 (0,61 %)

Kampfbericht n = 312

4 (1,28 %)

1 (0,32 %)

1 (0,32 %)

Ordensbericht n = 533

2 (0,38 %)

1 (0,19 %)

1 (0,19 %)

Situationsbericht n = 727

5 (0,69 %)

5 (0,69 %)

2 (0,28 %)

Summe n = 2.829

65 (2,30 %)

31 (1,10 %)

11 (0,39 %)

Anhang 55: Aussagen der Kategorie »Gräuelberichte« nach Medien Medium

Gräuel von Sowjets

Gräuel von Westalliierten

Gräuel von Sonstigen

VB n = 844

29 (3,44 %)

10 (1,18 %)

1 (0,12 %)

DAZ n = 584

10 (1,71 %)

4 (0,68 %)

1 (0,17 %)

FZ n = 205

3 (1,46 %)

0

0

DR n = 61

6 (9,84 %)

2 (3,28 %)

1 (1,64 %)

SK n = 1.135

17 (1,50 %)

15 (1,32 %)

8 (0,70 %)

Summe n = 2.829

65 (2,30 %)

31 (1,10 %)

11 (0,39 %)

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

597

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 56: Aussagen der Unterkategorie »Gräuel von Sowjets« nach Jahren und Medien14 Medium

1939

1940

1941

1942

VB n = 29

0

0

2 (6,90 %)

5 8 13 1 (17,24 %) (27,59 %) (44,83 %) (3,45 %)

DAZ n = 10

0

0

2 2 3 3 0 (20,00 %) (20,00 %) (30,00 %) (30,00 %)

FZ n=3

0

0

0

DR n=6

0

0

1 1 1 3 0 (16,67 %) (16,67 %) (16,67 %) (50,00 %)

SK n = 17

0

0

6 5 2 3 1 (35,29 %) (29,41 %) (11,76 %) (17,65 %) (5,88 %)

Summe n = 65

0

0

11 13 17 22 2 (16,92 %) (20,00 %) (26,15 %) (33,85 %) (3,08 %)

0

1943

3 (100 %)

1944

0

1945

0

Anhang 57: Aussagen der Unterkategorie »Gräuel von Westalliierten« nach Jahren und Medien15 Medium

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n = 10

0

0

0

0

0

10 (100 %)

0

DAZ n=4

0

0

0

0

2 1 1 (50,00 %) (25,00 %) (25,00 %)

FZ n=0

0

0

0

0

0

0

0

DR n=2

0

0

0

0

0

2 (100 %)

0

SK n = 15

0

3 1 (20,00 %) (6,67 %)

0

4 6 1 (26,67 %) (40,00 %) (6,67 %)

3 (9,68 %)

0

6 19 2 (19,35 %) (61,29 %) (6,45 %)

Summe n 0 = 31

14

15

1 (3,23 %)

Für die Zahl der Beiträge pro Zeitung, in denen Aussagen zu »Gräuel von Sowjets« zu finden waren, vgl. Anhang 55. Für die Zahl der Beiträge pro Zeitung, in denen Aussagen zu »Gräuel von Westalliierten« zu finden waren, vgl. Anhang 55.

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598

7. Anhang

Anhang 58: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Bolschewismus« nach Berichtsformen Berichtsform Kulturlosigkeit

Antikommissar

Unehrenhaf- Leiden Sonstiges ter Kampf Zivilbevölk.

WM-PK n = 109

4 (3,67 %)

6 (5,50 %)

6 (5,50 %)

8 (7,34 %)

0

SS-PK n = 1.148

117 (10,19 %)

82 (7,14 %)

64 (5,57 %)

56 (4,88 %)

27 (2,35 %)

Kampfbericht 7 n = 312 (2,24 %)

5 (1,60 %)

8 (2,56 %)

3 (0,96 %)

1 (0,32 %)

Ordensbericht 5 n = 533 (0,94 %)

1 (0,19 %)

3 (0,56 %)

0

1 (0,19 %)

Situationsbericht n = 727

4 (0,55 %)

0

0

0

3 (0,41 %)

Summe n = 2.829

137 (4,84 %)

94 (3,32 %)

81 (2,86 %)

67 (2,37 %)

32 (1,13 %)

Anhang 59: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Bolschewismus« nach Medien Medium

Kulturlosigkeit

Antikommissar

Unehrenhaf- Leiden ter Kampf Zivilbevölk.

Sonstiges

VB n = 844

32 (3,79 %)

28 (3,32 %)

17 (2,01 %)

29 (3,44 %)

10 (1,18 %)

DAZ n = 584

16 (2,74 %)

9 (1,54 %)

9 (1,54 %)

4 (0,68 %)

3 (0,51 %)

FZ n = 205

11 (5,37 %)

8 (3,90 %)

6 (2,93 %)

7 (3,41 %)

1 (0,49 %)

DR n = 61

10 (16,39 %)

8 (13,11 %)

6 (9,84 %)

6 (9,84 %)

0

SK n = 1.135

68 (5,99 %)

41 (3,61 %)

43 (3,79 %)

21 (1,85 %)

18 (1,59 %)

Summe n = 2.829

137 (4,84 %)

94 (3,32 %)

81 (2,86 %)

67 (2,37 %)

32 (1,13 %)

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599

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 60: Aussagen der Kategorie »Propaganda gegen Plutokraten« nach Medien Medium

Leiden Zivilbevölkerung

Sonstiges

VB n = 844

10 (1,18 %)

18 (2,13 %)

DAZ n = 584

1 (0,17 %)

6 (1,03 %)

FZ n = 205

0

1 (0,49 %)

DR n = 61

2 (3,28 %)

2 (3,28 %)

SK n = 1.135

16 (1,41 %)

101 (8,90 %)

Summe n = 2.829

29 (1,03 %)

128 (4,52 %)

Anhang 61: Zahl der Beiträge, die mindestens eine Aussage der Kategorie »Propaganda gegen Plutokraten« beinhalten, nach Zeitungen und Jahren16 Medium

1939

1940

VB n = 26

0

DAZ n=7

1943

1944

7 3 2 (26,92 %) (11,54 %) (7,69 %)

2 (7,69 %)

11 1 (42,31 %) (3,85 %)

0

1 0 (14,29 %)

0

0

6 0 (85,71 %)

FZ n=1

0

0

1 (100 %)

0

0

DR n=3

0

2 0 (66,67 %)

0

0

1 0 (33,33 %)

SK n = 111

0

51 32 0 (45,95 %) (28,83 %)

7 (6,31 %)

19 2 (17,12 %) (1,80 %)

Summe n = 148

0

61 35 3 (41,22 %) (23,65 %) (2,03 %)

9 (6,08 %)

37 3 (25,00 %) (2,03 %)

16

1941

0

1942

1945

0

Für die Zahl der Beiträge pro Zeitung, in denen Aussagen zu »Propaganda gegen Plutokraten« zu finden waren, vgl. Tabelle 27b in Abs. 4.4.b) dieser Arbeit.

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600

7. Anhang

Anhang 62: Aussagen der Kategorie »Rassismus (negativ)« nach Berichtsformen Berichtsform

Gegen Juden

Gegen Sowjets Gegen Afrikaner Sonstiges

WM-PK n = 109

4 (3,67 %)

1 (0,92 %)

0

0

SS-PK n = 1.148

65 (5,66 %)

36 (3,14 %)

9 (0,78 %)

0

Kampfbericht n = 312

22 (7,05 %)

8 (2,56 %)

0

0

Ordensbericht n = 533

0

0

0

0

Situationsbericht 16 n = 727 (2,20 %)

7 (0,96 %)

0

1 (0,14 %)

Summe n = 2.829

52 (1,84 %)

9 (0,32 %)

1 (0,04 %)

107 (3,78 %)

Anhang 63: Aussagen der Kategorie »Rassismus (negativ)« nach Medien Medium

Gegen Juden

Gegen Sowjets Gegen Afrikaner Sonstiges

VB n = 844

42 (4,98 %)

13 (1,54 %)

0

1 (0,12 %)

DAZ n = 584

11 (1,88 %)

13 (2,23 %)

0

0

FZ n = 205

5 (2,44 %)

4 (1,95 %)

0

0

DR n = 61

2 (3,28 %)

1 (1,64 %)

1 (1,64 %)

0

SK n = 1.135

47 (4,14 %)

21 (1,85 %)

8 (0,70 %)

0

Summe n = 2.829

107 (3,78 %)

52 (1,84 %)

9 (0,32 %)

1 (0,04 %)

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601

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 64: Aussagen der Unterkategorie »Rassistische Ausfälle gegen Afrikaner« nach Jahren und Medien17 Medium

1939

1940

1941

1942

1943

1944

1945

VB n=0

0

0

0

0

0

0

0

DAZ n=0

0

0

0

0

0

0

0

FZ n=0

0

0

0

0

0

0

0

DR n=1

0

1 (100 %)

0

0

0

0

0

SK n=8

0

7 0 (87,50 %)

0

0

1 0 (12,50 %)

Summe n=9

0

8 0 (88,89 %)

0

0

1 0 (11,11 %)

Anhang 65: Aussagen der Kategorie »Zusammenhalt Front-Heimat« nach Jahren und Medien Medium

1939

1940

1941

VB n = 27

0

1 (3,70 %)

3 3 15 5 0 (11,11 %) (11,11 %) (55,56 %) (18,52 %)

DAZ n = 29

1 (3,45 %)

2 (6,90 %)

1 (3,45 %)

9 8 7 1 (31,03 %) (27,59 %) (24,14 %) (3,45 %)

FZ n=3

0

0

0

1 2 0 (33,33 %) (66,67 %)

DR n=2

0

0

0

0

SK n = 130

5 (3,85 %)

48 33 20 13 10 (36,92 %) (25,38 %) (15,38 %) (10,00 %) (7,69 %)

Summe n = 191

6 (3,14 %)

51 37 33 38 23 3 (26,70 %) (19,37 %) (17,28 %) (19,90 %) (12,04 %) (1,57 %)

17

1942

1943

0

1944

1945

0

1 1 (50,00 %) (50,00 %) 1 (0,77 %)

Für die Zahl der Beiträge pro Zeitung, in denen Aussagen zu »Rassistische Ausfälle gegen Afrikaner« zu finden waren, vgl. Anhang 55.

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602

7. Anhang

Anhang 66: Aussagen der Kategorie »Europapropaganda« nach Berichtsformen Berichtsform

Schutz gegen Osten

Schutz gegen Westen

Schaffung »Neues Europa«

WM-PK n = 109

5 (4,59 %)

1 (0,92 %)

1 (0,92 %)

SS-PK n = 1.148

66 (5,75 %)

11 (0,96 %)

61 (5,31 %)

Kampfbericht n = 312

38 (12,18 %)

1 (0,32 %)

5 (1,60 %)

Ordensbericht n = 533

6 (1,13 %)

0

4 (0,75 %)

Situationsbericht n = 727

55 (7,57 %)

1 (0,14 %)

25 (3,44 %)

Summe n = 2.829

170 (6,01 %)

14 (0,49 %)

96 (3,39 %)

Anhang 67: Aussagen der Kategorie »Europapropaganda« nach Medien Medium

Schutz gegen Osten

Schutz gegen Westen

Schaffung »Neues Europa«

VB n = 844

59 (6,99 %)

6 (0,71 %)

24 (2,84 %)

DAZ n = 584

48 (8,22 %)

1 (0,17 %)

22 (3,77 %)

FZ n = 205

12 (5,85 %)

1 (0,49 %)

5 (2,44 %)

DR n = 61

12 (19,67 %)

0

5 (8,20 %)

SK n = 1.135

39 (3,44 %)

6 (0,53 %)

40 (3,52 %)

Summe n = 2.829

170 (6,01 %)

14 (0,49 %)

96 (3,39 %)

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603

7.3 Anhang Tabellen

Anhang 68: Aussagen der Kategorie »Ordnungsmacht SS« nach Medien Medium

Partisanenkampf

Verbrechensbekämpfung

Häftlingsbewachung

Sonstiges

VB n = 844

26 (3,08 %)

17 (2,01 %)

4 (0,48 %)

4 (0,48 %)

DAZ n = 584

26 (4,45 %)

9 (1,54 %)

0

10 (1,71 %)

FZ n = 205

15 (7,32 %)

2 (0,98 %)

1 (0,49 %)

2 (0,98 %)

DR n = 61

4 (6,56 %)

1 (1,64 %)

0

0

SK n = 1.135

36 (3,17 %)

9 (0,79 %)

3 (0,26 %)

2 (0,17 %)

Summe n = 2.829

107 (3,78 %)

38 (1,34 %)

8 (0,28 %)

18 (0,64 %)

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AA Abs. Abt. Adj. Anm. Aufl. BA BA-MA BArchB BArchK betr. BIZ DAZ Div. DNB DR ebd. EK FHH FHQ FN FZ GD Gen.Kdo Gestapo ggf. HG Hg. HIAG HJ HSSPF HStAD IB IfZ IMT insbes. KE KTB/OKW KZ LAH Napola ND NPD NS NSDAP

Auswärtiges Amt Abschnitt Abteilung Adjutantur Anmerkung Auflage Zeitung »Bergsträßer Anzeiger« Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Dienstort Freiburg i.B. Bundesarchiv, Dienstort Berlin Bundesarchiv, Dienstort Koblenz betreffend Illustrierte »Berliner Illustrirte Zeitung« Zeitung »Deutsche Allgemeine Zeitung« Division Presseagentur »Deutsches Nachrichtenbüro« Zeitung »Das Reich«/Waffen-SS-Einheit »Das Reich« ebendiese(r) Eisernes Kreuz Heeres-Einheit »Feldherrnhalle« Führerhauptquartier Fußnote Zeitung »Frankfurter Zeitung« Heeres-Einheit »Großdeutschland« Generalkommando Geheime Staatspolizei gegebenfalls Luftwaffen-Einheit »Hermann Göring« Herausgeber, herausgegeben Veteranenorganisation »Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS« Hitlerjugend, auch Waffen-SS-Einheit gleichen Namens Höherer SS- und Polizeiführer Hessisches Staatsarchiv, Darmstadt Illustrierte »Illustrierter Beobachter« Institut für Zeitgeschichte Internationaler Militärgerichtshof (International Military Tribunal) insbesondere Waffen-SS-Einheit »Kurt Eggers« Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht Konzentrationslager Waffen-SS-Einheit »Leibstandarte SS ›Adolf Hitler‹« Nationalpolitische Erziehungsanstalt Neudruck Nationaldemokratische Partei Deutschlands Nationalsozialismus, nationalsozialistisch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

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Abkürzungsverzeichnis

NSK NSKK o.D OBH OKH OKW OKW/WPr OT pag. PAK PE PEN PK RAD RFSS RGBl RK RMVP SA SD Sipo SK sog. SS SS-FHA SS-HWD SS-PK SS-VT TK UdSSR unveröffentl. v. VB VGD VS WM WMB z. B.

605

Nachrichtenagentur »Nationalsozialistische Korrespondenz« Nationalsozialistisches Kraftfahrer-Korps ohne Datum Oberbefehlshaber des Heeres Oberkommando des Heeres Oberkommando der Wehrmacht Abteilung Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht Organisation »Todt« paginiert Panzerabwehrkanonen Waffen-SS-Einheit »Prinz Eugen« internationale Schriftstellervereinigung »poets, essayists, novelists« Propagandakompanie Reichsarbeitsdienst Reichsführer SS Reichsgesetzblatt Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Sturmabteilung Sicherheitsdienst der SS Sicherheitspolizei Zeitschrift »Das Schwarze Korps« sogenannte(r) Schutzstaffel SS-Führungshauptamt Einheit »SS-Heimwehr Danzig« Propagandakompanie der Waffen-SS SS-Verfügungstruppe Waffen-SS-Einheit »Totenkopf« Union der sozialistischen Sowjetrepubliken unveröffentlichte vom Zeitung »Völkische Beobachter« Volksgrenadierdivision Volkssturm Wehrmacht Wehrmachtbericht zum Beispiel

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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

I. VERZEICHNIS DER BENUTZTEN ARCHIVALIEN Bundesarchiv, Abteilung R (Deutsches Reich), Dienstort Berlin (BArchB) NS 3: SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt. NS 18: Reichspropagandaleiter der NSDAP. NS 19: Persönlicher Stab Reichsführer-SS. R 55: Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. SS-O: SS-Offiziersakten. Bundesarchiv, Abteilung B (Bundesrepublik Deutschland), Dienstort Koblenz (BArchK) N 1373: Nachlass Hans Schwarz van Berk. Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Dienstort Freiburg i.Br. (BA-MA) N 558: Nachlass Kurt Hesse. N 756: Nachlass Wolfgang Vopersal: Sammlung zur Geschichte der Waffen-SS. RS 4: Brigaden, Legionen, Standarten sowie Kampfgruppen und Einheiten der Waffen-SS. RW 4: OKW/Wehrmachtführungsstab. Hessisches Staatsarchiv, Darmstadt (HStAD) G 15 Heppenheim: Kreisamt Heppenheim. G 15 Lauterbach: Kreisamt Lauterbach. R 12: Thematische Sondersammlung: NS-Zeit und Folgen. Institut für Zeitgeschichte, München (IfZ) MA 1569: Nürnberger Dokumente, Interrogations. ZS: Zeugenschrifttum.

II. QUELLENSAMMLUNGEN UND DOKUMENTATIONEN Boberach, Heinz (Hg.): Meldungen aus dem Reich. Auswahl aus den geheimen Lageberichten des Sicherheitsdienst der SS 1939-1944. Neuwied, Berlin 1965. Boelcke, Willi A. (Hg.): »Wollt ihr den totalen Krieg?«. Die geheimen Goebbels-Konferenzen 1939-1943. Stuttgart 1967. Bucher, Peter (Bearb.): Wochenschauen und Dokumentarfilme 1895-1950 im Bundesarchiv-Filmarchiv (Findbücher zu Beständen des Bundesarchivs, Bd. 8). Koblenz 1984. Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1941/42. Im Auftrag der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg bearbeitet, kommentiert und eingeleitet von Witte, Peter u. a. (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Quellen, Bd. 3). Hamburg 1999. Domarus, Max: Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen, 2 Bde. Neustadt a. d. Aisch 1962-1963. Bd. II: Untergang (1939-1945), 1963.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

607

Eschenburg, Theodor: Die Rede Himmlers vor den Gauleitern am 3. August 1944, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1 (1953), S. 357-394. Fröhlich, Elke (Hg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil I: Aufzeichnungen 1923-1941, 9 Bde. München u. a. 1998-2001. Bd. 2, Teil II: Juni 1931-September 1932, 2004. Bd. 3, Teil I: April 1934-Februar 1936, 2005. Bd. 3, Teil II: März 1936-Februar 1937, 2001. Bd. 4: März – November 1937, 2000. Bd. 7: Juli 1939-März 1940, 1998. Bd. 8: April-November 1940, 1998. Bd. 9: Dezember 1940-Juli 1941, 1998. Teil II: Diktate 1941-1945, 15 Bde. München u. a. 1993-1996. Bd. 1: Juli-September 1941, 1996. Bd. 2: Oktober-Dezember 1941, 1996. Bd. 3: Januar-März 1942, 1994. Bd. 4: April-Juni 1942, 1995. Bd. 5: Juli-September 1942, 1995. Bd. 7: Januar-März 1943, 1993. Bd. 8: April-Juni 1943, 1993. Bd. 9: Juli-September 1943, 1993. Bd. 10: Oktober-Dezember 1943, 1994. Bd. 11: Januar-März 1944, 1994. Bd. 13: Juli-September 1944, 1995. Bd. 14: Oktober-Dezember 1944, 1996. Bd. 15: Januar-April 1945, 1995. Halder, Franz: Tägliche Aufzeichnungen des Chefs des Generalstabs des Heeres. 19391942, bearb. von Jacobsen, Hans Adolf, 3 Bde. Stuttgart 1962-1964. Bd. 2: Von der geplanten Landung in England bis zum Beginn des Ostfeldzuges (1.7.194021.6.1941). Heiber, Helmut (Hg.): Hitlers Lagebesprechungen. Die Protokollfragmente seiner militärischen Konferenzen 1942-1945. Stuttgart 1962 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 10). Heiber, Helmut (Hg.): Reichsführer!.... Briefe an und von Himmler. Stuttgart 1968. Heiber, Helmut (Hg.): Goebbels-Reden, 2 Bde. Düsseldorf 1971, 1972. Bd. 1: 1932-1939, 1971. Himmler, Heinrich: Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen. Hrsgg. von Smith, B. F./Peterson, A. F. mit einer Einführung von Joachim C. Fest. Frankfurt u. a. 1974. Jäckl, Eberhard (Hg.): Hitler - Sämtliche Aufzeichnungen 1905-1924. Stuttgart 1980. Jochmann, Werner (Hg.): Adolf Hitler. Monologe im Führerhauptquartier 1941-1944. Die Aufzeichnungen Heinrich Heims. Hamburg 1980. Moll, Martin (Hg.): »Führer-Erlasse« 1939-1945. Stuttgart 1997. Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg. 1. November 1945-1. Oktober 1946. Amtlicher Text in deutscher Sprache, 22 Bde. Nürnberg 1948 [ND: München, Zürich 1984]. Bd. 1: Einführungsband. Bd. 20: Verhandlungsniederschriften. 30. Juli 1946-10. August 1946. Bd. 22: Verhandlungsniederschriften. 27. August 1946-1. Oktober 1946. Ministerialblatt für die preußische innere Verwaltung, hrsg. im Reichs- und Preußischen Ministerium des Inneren. Berlin. Bd. 96: 1935. Mueller-Hildebrand, Burkhart: Das Heer 1939-1945. Entwicklung des organisatorischen Aufbaues, 3 Bde. Frankfurt 1954-1969. Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig

608

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bd. II: Die Blitzfeldzüge. 1939-1941. Das Heer bis zum Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion im Juni 1941, 1956. Bd. III: Der Zweifrontenkrieg. Das Heer vom Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion bis zum Kriegsende, 1969. Reichsgesetzblatt, hg. vom Reichsministerium des Innern. Berlin. (RGBl) 1933: Teil I. Berlin 1933. Schramm, Percy Ernst (Hg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), 4 Bde. Frankfurt a.M. 1965. Bd. 1: 1. August 1940-31. Dezember 1941. Die Wehrmachtberichte 1939-1945, hg. von der Gesellschaft für Literatur, 3 Bde. Köln 1989. Bd. 1: 1. September 1939 bis 31. Dezember 1941. Bd. 2: 1. Januar 1942 bis 31. Dezember 1943. Bd. 3: 1. Januar 1944 bis 9. Mai 1945. Wulf, Joseph: Presse und Funk im Dritten Reich. Eine Dokumentation (Kunst und Kultur im Dritten Reich, Bd. 5). Gütersloh 1964.

III. PERIODIKA Bergsträßer Anzeiger (BA): 87 (15.4.1941)–265 (10.11.1941), 151 (1.7.1943)-151 (30.6.1944), 1(2.1.1945)-59 (10.3.1945). Berliner Illustrirte Zeitung (BIZ): 36 (7.9.1939)-7 (15.2.1945), 13 (1.4.1945). Deutsche Allgemeine Zeitung (DAZ): 417 (1.9.1939)-96 (22.4.1945). Frankfurter Zeitung (FZ): 444 (1.9.1939)-443 (31.8.1943). Illustrierter Beobachter (IB): 36 (7.9.1939)-35 (31.8.1944), 14 (5.4.1945), 15 (12.4.1945). Das Reich. Deutsche Wochenzeitung (DR): 1 (26.5.1940)-16 (22.4.1945). Das Schwarze Korps (SK): 32 (10.8.1939)-14 (5.4.1945). Völkischer Beobachter (Süddeutsche Ausgabe) (VB): 244 (1.9.1939)-100 (28.4.1945).

IV. MONOGRAPHIEN VOR 1945 d’Alquen, Gunter: Die SS. Geschichte, Aufgabe und Organisation der Schutzstaffeln der NSDAP, (Schriften der Hochschule für Politik, H. 33). Berlin 1939. Dietrich, Otto: Mit Hitler an die Macht. München 1933. Eggers, Kurt: Vom mutigen Leben und tapferen Sterben. Oldenburg 1935.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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PERSONENREGISTER Abel, SS-Hauptsturmführer: 199, 217 Adenauer, Konrad: 525 Agte, Patrick: 538 Amann, Max: 83, 160, 249 Artemenko, Anatolij: 521 Augustinovic, Werner: 18 f. Axmann, Artur: 467, 482 Bade, Wilfrid: 162, 168, 216-218 Badoligo, Pietro: 458 Behrenbeck, Sabine: 25, 49, 415 Benz, Wigbert: 519 Berelson, Bernard: 235 Berger, Gottlob: 58, 122, 311 Berndt, Alfred-Ingemar: 216 Best, Walter: 149 Bismarck, Otto von: 244 Bittrich, Wilhelm: 539 Björnsson, Björn: 148 f Blaskowitz, Johannes: 390 Blumentritt, Günther: 70 Bock, Fedor von: 497 Bormann, Martin: 88, 218 Bothe, Werner: 522 Boverie, Margarete: 160 Brauchitsch, Walter von: 205, 485 Buchbender, Ortwin: 18 Buchheim, Hans: 515 Buchheim, Lothar-Günther: 99 Burda, Franz: 502-504 Carell, Paul: 519 Christen, Fritz: 433, 467, 519 Crüwell, Ludwig: 128 Cüppers, Martin: 15 Dahms, Helmut Günther: 502 f., 506, 508 f., 529 d´Alquen, Gunter: 18-20, 26, 110, 113, 121 f., 126, 131 f., 134-136, 138, 140, 143, 145, 147-150, 154-165, 169, 174, 176-178, 182184, 188-190, 193, 197 f., 201, 209, 211 f., 215-218, 220-224, 226-230, 251-253, 287, 388, 394, 404, 432, 521, 539, 540 f., 545 f. d´Alquen, Rolf: 149, 394 Degrelle, Léon: 213, 290, 463 f., 533

Demandowsky, Ewald von: 148, 216 Dietl, Eduard: 103, 431 Dietrich, Josef („Sepp“): 56, 122, 203, 206, 208, 214 f., 286, 321, 326, 331, 361, 368, 388, 413, 424, 446, 455, 470, 489 f., 516 Dietrich, Otto: 20, 26, 85, 88-90, 160, 163, 168, 203, 215, 217-221, 226, 230, 407 f., 414, 546 Dirlewanger, Oskar: 155, 444, 513 Dönitz, Karl: 105 Dollfuß, Engelbert: 170 Dovivat, Emil: 159 Du Prel, Max Freiherr von: 218 Düsterberg, Rolf: 527, 531 Eckhard, Dietrich: 155, 156, 247 Eggers, Kurt: 18, 156 Eicke, Theodor: 56, 66, 115, 122, 145, 213, 326, 331, 402, 432, 434 f., 439, 519-521, 544 Ensor, Robert: 501, 504 Epp, Franz Xaver Ritter von: 114 Erdmann, Carl Friedrich: 502 f., 505 Fahrenberg, Jochen: 526 Fangauf, Eberhard: 96 Fegelein, Hermann: 342, 444, 490 Fernau, Joachim: 148, 250 Fischer, Erich: 218 Förster, Jürgen: 13 Frei, Norbert: 497 Friedrich II. von Preußen: 113 Frießner, Hans: 500 Gentile, Carlo: 15, 67 Gerecke, Horst: 497-500 Gille, Herbert Otto: 164, 213, 505, 537, 539 Gillessen, Günther: 245 f. Goebbels, Joseph: 18, 26, 50 f., 72, 80-82, 87-91, 95-97, 107, 135 f., 142, 154, 159, 162-164, 166, 168 f., 175 f., 203, 205 f., 208-213, 215-218, 220 f., 224-231, 248251, 262 f., 284, 309, 312, 345, 348, 352, 372, 394 f., 414, 450, 458, 461, 482, 489 f., 493, 546, 548. Göring, Hermann: 54, 173, 208

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Personenregister

Görlitz, Walter: 502, 503, 506-509, 522, 529 Grass, Günther: 13, 66 Guderian, Heinz: 103, 452, 478 Gutterer, Leopold: 216 Hadamowsky, Eugen: 96 Hagelstange, Rudolf: 99 Halder, Franz: 407, 496 f. Hamsun, Arild: 148 Hamsun, Knut: 148 Handen, Henrich: 218 Hart, Lidell: 497 Hausser, Paul: 115, 164, 455, 490, 515 f., 520524, 527, 529-533, 536 f., 539, 541 f., 549 Heß, Rudolf: 88 f., 218 Heuss, Theodor: 249 f. Heydrich, Reinhard: 130 f., 169, 218, 280, 335, 342, 386, 445, 521 Heysing, Günther: 222 Hierl, Konstantin: 120 Hillgruber, Andreas: 502 Himmler, Heinrich: 14, 20, 30-34, 37-40, 5557, 62-64, 68, 78, 110, 112-116, 121-123, 126, 129, 131, 134-136, 144, 155 f., 159, 161-164, 176, 206, 209, 212, 217 f., 220 f., 224, 226, 229, 251 f., 272, 275, 290, 296, 312 f., 331, 334 f., 344, 346, 387, 390, 397, 403, 432, 439, 441, 457, 462, 464, 467, 484, 486, 499, 507, 508, 513, 515, 517-519, 521, 530, 540, 542, 549 Hinkel, Hans: 216 Hitler, Adolf: 26, 29-32, 34, 36, 40, 44, 47-54, 64, 71-74, 80-82, 87, 89 f., 92 f., 96, 108, 110, 113, 115 f., 124, 126 f., 134, 155 f., 160, 162-164, 171, 173, 176, 196, 203-209, 211 f., 214 f., 218, 220, 223, 228-230, 232, 242-245, 247, 255, 263 f., 279, 284, 286, 295, 311, 313, 325-327, 329-332, 345, 358 f., 361, 386, 388, 394, 397, 402 f., 409, 413, 415, 418 f., 426-430, 439, 441, 446 f., 455, 458, 467, 482-491, 496, 499 f., 502 f., 505 f., 508, 510-512, 514-516, 518 f., 521523, 542, 546, 549 Höhne, Heinz: 13, 17, 27, 336, 402, 494, 501, 509 f., 512-515, 520-524, 529, 536, 538, 541, 543, 549, 551 Höfer, Werner: 99 Hoepner, Erich: 522 Hoffmann, Rolf: 218 Hoffmann, Walter: 149 Horst, Cornelius van der: 149

Hube, Hans Valentin: 103 Jodl, Alfred: 219, 224 Jünger, Ernst: 47, 99 Jüttner, Hans: 122, 134, 195, 223, 518 Kaden, Eric: 19, 20, 133 Kaiser, Vinzenz: 538 Kampow, sowjetischer Major: 520 Kanis, Kurt: 515 f., 518 Kehrl, Hans: 169 Keitel, Wilhelm: 95 Kempf, Werner: 507 Kern, Erich: 148, 519, 523 f., 527-533, 537, 541 Kersten, Felix: 58 Kircher, Rudolf: 248 Klietmann, Kurt Georg: 515, 522 Klingenberg, Fritz: 220 f., 225, 407-411, 413 Krätschmer, Ernst-Günther: 538, 549 Kratzer, Rolf: 134, 222 f., 225 Kriegbaum, Anton: 143, 229 Krötz, Robert: 459 Krüger, Walter: 456 Kumm, Otto: 164, 432, 519, 521, 539 Kurzbein, Heiner: 96 Le Bon, Gustav: 80 Leeb, Wilhelm von: 497 Leleu, Jean-Luc: 14, 16, 19 f., 41, 70, 74, 76, 110, 123, 133, 135, 212-215, 387, 399, 446, 450, 454, 473, 477, 485, 490, 510, 542 Leonidas I: 54 Lieb, Peter: 14, 76, 345, 477 Lindemann, Fritz: 103 Linfert, Carl: 168 Lingner, Hans: 65 Lippert, Lucien: 463 Longerich, Peter: 22 Lorenz, Heinz: 162, 218 Ludendorff, Erich: 92 Lützkendorf, Felix: 148, 250 Mackensen, August von: 125 Mackensen, Eberhard von: 518, 521 Manstein, Erich von: 498 Martin, Hans Leo: 96 Marx, Karl: 36 Mayring, Philipp: 237 Meierdrees, Hubert-Erwin: 434 Merkl, Franz Josef: 432, 435

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Personenregister

Messerschmidt, Manfred: 18, 21 Meyer, Hubert: 412 Meyer, Kurt: 64 f., 153, 164, 170, 173, 326, 331 f., 412, 423 f., 490, 515-517, 519-524, 526-531, 534-537, 539-542, 544, 549 Misch, Carl: 501, 503 f. Model, Walter: 103 Moder, Paul: 328 Moll, Martin: 18 f. Möller, Eberhard: 148, 175-177 Müller, Erich: 216 Mündler, Eugen: 250 Murawski, Erich: 122, 222, 225 Mussolini, Benito: 100, 208, 295, 321, 326, 331, 348, 456-459, 520, 538 Nannen, Henry: 99 Naumann, Werner: 136, 162, 216 Neitzel, Sönke: 9, 14 -16, 22, 66, 69 f., 357, 550 Overmans, Rüdiger: 13 Palmowski, Erich: 149 Peiper, Joachim: 15, 77, 538, 544 Petersen, Wilhelm: 148, 173-175, 193 f. Philipp, Marc: 235 f., 550 Phleps, Arthur: 455 Picht, Werner: 522 Pleis, Gerd: 411 Prien, Günther: 326, 358 Radke, Gerhard: 20, 183, 219-222, 226-228, 408 Ranke, Winfried: 100 Rathke, Arthur: 20, 222 Reichenau, Walter: 103 Reinecker, Herbert: 148, 154 f., 483, 492 f. Reinefarth, Heinz: 444 Reitlinger, Gerhard: 510, 519, 522, 529, 530 Remer, Otto Ernst: 504 Rey, Wilhelm: 246 Ribbentrop, Joachim von: 88 Rienhardt, Rolf: 249 Riisnaes, Sverre: 149 Ritter, Gerhard: 522 Röhricht, Edgar: 500 Rohrkamp, René: 15, 59, 65 Rommel, Erwin: 103, 326, 358, 400, 402 Rosenberg, Alfred: 88, 160, 173, 176 Rosenmeyer, Bernd: 335

Rost van Tonningen, Meinoud: 465 Roth, Franz: 148, 151, 153, 168, 170-173, 190, 412, 416, 536 Rowohlt, Ernst: 99 Rupprecht von Bayern: 132 Ruthen, Rudolf aus den: 251 Schalburg, Christian von: 438 Schirach, Baldur von: 176 Schlecht, Hein: 402 Schmeling, Max: 335, 341 f. Schön, Helmut: 333 f. Schönemann, Friedrich: 81 Schramm, Hermann: 483, 538 Schramm, Percy Ernst: 502 Schröder, Jürgen: 20-22, 350 f., 449, 472 Schuschnigg, Kurt: 170 Schulz, Eberhard: 246 Schwagerl, H. Joachim: 532 Schwarz van Berk, Hans: 136, 148, 163, 165168, 177, 249, 404, 418, 435, 450, 537, 539 Sighele, Scipio: 80 Silex, Karl: 248 Simon, Max: 213 Skorzeny, Otto: 295, 322, 326, 331 f, 457461, 538 Sösemann, Bernd: 245 f. Speer, Albert: 167, 169 Stalin, Josef: 378 Stang, Knut: 110 Stein, George H.: 13, 17, 27, 336, 494, 501, 509-521, 523 f., 527, 530, 532, 536, 538, 541-543, 549, 551 Steiner, Felix: 56, 61, 164, 206, 290, 515-518, 520 f., 523 f., 526-533, 536, 539-542 Steiner, John M.: 526 Stephan, Werner: 96, 217 Strachwitz, Hyazinth Graf: 70 Strasser, Otto: 166 Straub, Katharina: 66 Streicher, Julius: 252 Student, Kurt: 457, 460 Stürmer, Richard: 537 Sündermann, Helmut: 162, 218 Sydnor, Charles: 13, 425, 433 f., 549 Tarde, Gabriele: 80 Timoschenko, Semjon Konstantinowitsch: 437 Titel, Walter: 96, 134, 216 Tito, Josip Broz: 505

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Personenregister

Tirpitz, Alfred Peter Friedrich von: 92 Töppel, Roman: 15, 76 f. Toussaint, Rudolf: 407 f. Uziel, Daniel: 18, 19, 21, 154, 351, 448 Venn, Werner Alfred: 132 Vermeer, J.: 190 Vopersal, Wolfgang: 541 Wedel, Hasso von: 18, 93-95, 104, 137, 163, 219, 220 f., 224, 226 f., 229 f. Wegner, Bernd: 13, 14, 491, 510, 515, 542, 550 Weidemann, Hans: 216 Weidinger, Otto: 538 Weingartner, James W.: 13 Weiß, Wilhelm: 243 Weise, Nils: 539 Welzer, Harald: 15, 66, 69 f., 357, 550

Werth, Alexander: 520 Wessel, Horst: 51 Westemeier, Jens: 15, 66, 75-77, 530, 538 Westphal, Siegfried: 499 Wette, Wolfram: 515 Wicklmayr, Karl: 149 Wilke, Karsten: 526, 537 Witt, Fritz: 199 Wittmann, Michael: 199, 474 Wlassow, Andrei: 163 f. Wöhler, Otto: 518 Wolff, Karl: 220, 434 Wrangel, Friedrich von: 490 Wrochem, Alfred von: 95 Zahn, Peter von: 99 Zeck, Mario: 18, 19, 41, 133 Zimmermann, Karl: 246 Zipfel, Friedrich: 502, 504

Jochen Lehnhardt - 978-3-657-78688-6 Heruntergeladen von Schoeningh.de05/04/2021 03:49:44PM via Universitat Leipzig