Herausforderung Umweltmanagement: Zur Harmonisierung des Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Ökologie. Festgabe für Gert von Kortzfleisch zum 75. Geburtstag [1 ed.] 9783428488544, 9783428088546

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Herausforderung Umweltmanagement: Zur Harmonisierung des Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Ökologie. Festgabe für Gert von Kortzfleisch zum 75. Geburtstag [1 ed.]
 9783428488544, 9783428088546

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Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität Mannheim

Heft 47

Herausforderung Umweltmanagement Zur Harmonisierung des Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Ökologie

Herausgegeben von

Hermann Krallmann

Duncker & Humblot · Berlin

Herausforderung Umweltmanagement Festgabe für Gert von Kortzfleisch zum 75. Geburtstag

Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität Mannheim früher unter dem Titel Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität zu Köln begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Beste

Herausgegeben von Prof. Dr. Gert v. Kortzfleisch, Prof. Dr. Heinz Bergner und Prof. Dr. Peter Milling Heft 47

Herausforderung Umweltmanagement Zur Harmonisierung des Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Ökologie

Herausgegeben von

Hermann Krallmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Herausforderung Umweltmanagement : zur Harmonisierung des Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Ökologie ; [Festgabe für Gert von Kortzfleisch zum 75. Geburtstag] / hrsg. von Hermann Krallmann. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität Mannheim ; H. 47) ISBN 3-428-08854-9 NE: Krallmann, Hermann [Hrsg.]; Kortzfleisch, Gert von: Festschrift; Universität (Mannheim) / Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre der Industrie: Abhandlungen aus dem . . .

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-381X ISBN 3-428-08854-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Der vorliegende Sammelband erscheint als Festschrift zum 75. Geburtstag von Gert Harald von Kortzfleisch, emeritierter Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Akademische Schüler über mehrere Generationen und langjährige gute Freunde danken mit ihren Aufsätzen dem Jubilar, der für alle ein „stückweise, stetiger" visionärer Wissenschaftler, ein hilfsbereiter Kollege und ein väterlicher Freund war und ist. Die vorliegende vierte Festschrift behandelt das Thema „Umweltmanagement", das als Herausgeber sein wissenschaftlicher, „zugereister" Schüler, Absolvent der Technischen Hochschule Darmstadt, betreut, der sich dem Jubilar sehr zu Dank verpflichtet fühlt. Die erste Publikation wurde von seinem langjährigen Freund und Kollegen Heinz Bergner zum 60. Geburtstag mit dem Thema „Planung und Rechnungswesen in der Betriebswirtschaftsleher" herausgegeben. Die Festschrift zum 65. Geburtstag unter dem Titel „Technologie- und Innovationsmanagement" betreute Erich Zahn als Herausgeber. Es Schloß sich die zum 70. Geburtstag von Peter Milling herausgegebene Festschrift mit der Thematik „Systemmanagement und Managementsysteme" an. Die hier aufgeführten Themenkomplexe der Festschriften stellen in ihrer Integration den Nukleus des wissenschaftlichen Wirkens des Jubilars dar. Vielfältig geäußerte Forderungen nach umweltgerechtem Verhalten durch Kunden und andere Institutionen einerseits und die Entwicklung umweltgerechter Prozesse und Produkte andererseits, zwingen die Unternehmen zu einem systematischen Umweltmanagement, mit dem sich die Betriebswirtschaftslehre seit den 70iger Jahren befaßt. Für Gert von Kortzfleisch war es eine Herausforderung, sich an der Lösung dieser komplexen Problematik durch konkrete Projekte zu beteiligen. So trug er 1976 wesentlich zum Zustandekommen des Forschungsberichtes des BMFT über die »Aspekte einer Verlängerung der Lebensdauer von Personenkraftwagen im Hinblick auf technische Entwicklungsfortschritte, Umweltfragen, Verkehrs- und Industriestrukturprobleme" bei. In den nächsten Jahren folgten wissenschaftliche Arbeiten an seinem Lehrstuhl zu Projektionen langfristiger Auswirkungen technologischer Entwicklungen unter Berücksichtigung sozialer Konsequenzen in der Automobilindustrie. Die Ergebnisse dieser Projekte wurden durch Modellrechnungen untermauert. In einem erweiterten Kontext initiierte Gert von Kortzfleisch

6

Vorwort

Studien und Projekte zum Thema „Energie für den Verkehr" und sorgte für deren Vollendung. Pragmatische Problemlösungen mit konkreten Ergebnissen waren immer das Anliegen des Jubilars, so auch in dem Kontext „Luftreinhaltung BadenWürttemberg". In mehreren Arbeitsgruppen wurde den Fragen nachgegangen, wie der zukünftige Energiebedarf durch umweltfreundliche Kraftwerksbetriebe gedeckt werden kann oder wie eine allgemein wünschenswerte wirtschaftliche Entwicklung und eine weitestmögliche Entlastung der natürlichen Umwelt bei den Industriellen Produktionsprozessen miteinander in Einklang zu bringen sind. Die hier geleistete Projektarbeit profitierte in hohem Maße von der Kreativität und Tatkraft des Jubilars. Die Diskussion der betrieblichen Umweltproblematik, heute vor allem unter den Schlagworten „Umweltmanagement" und „Umweltcontrolling" geführt, wurde maßgeblich von der auch in den Aufsätzen dieser Festschrift vielfach zitierten Studie „Grenzen des Wachstums" des Club of Rome, zu deren Zustandekommen Gert von Kortzfleisch als langjähriges Mitglied des Club of Rome maßgeblich beigetragen hat, initiiert. Die Aufsätze dieser Festschrift knüpfen an schon früh von Gert von Kortzfleisch gegebene Impulse an und zeichnen nach, was sich aus diesem „Saatkorn" in den darauffolgenden gut zwanzig Jahren entwickelt hat. Die Autoren wollen mit ihren Beiträgen dem Vordenker Gert von Kortzfleisch ihre Referenz erweisen. Ausgehend von den veränderten Rahmenbedingungen wird dabei vor allem die Frage diskutiert, wie gesetzliche, aber auch moralisch-ethische Anforderungen in die bestehenden betrieblichen Stukturen und Verhaltensregeln integriert werden können. Ihre Beantwortung impliziert das Bemühen, die Unternehmung aus einer ganzheitlich systematischen, vor allem um die ökologische Dimension erweiterten Perspektive zu sehen. Im Namen aller beteiligten Autoren danke ich dem Verlag Duncker & Humblot und seinem geschäftsführenden Gesellschafter, Herrn Prof. Dr. Norbert Simon, sowie seinen Mitarbeitern in der Produktion, insbesondere Frau M. A. Ulrike Hake und Frau Dipl.-Pol. Anja Papenfuß, für die flexible und hilfreiche Unterstützung bei der Veröffentlichung dieser Festschrift. Hermann Krallmann

Inhalt Erich Staudt Operationalisierung des Verursacherprinzips am Beispiel der Novellierung der Gebührenordnung der Duales System Deutschland GmbH

9

Bernd Kaluza Umweltorientiertes Technologiemanagement und Sustainable Development ....

41

Hans-Josef Haepp und Peter Merten Wirtschaften in Kreisläufen. Eine neue Herausforderung für die Industrie

75

Hermann Krallmann und Hanno Boekhojf Ist die umweltfreundliche Unternehmung eine lernende Organisation? Zur Organisation des betrieblichen Umweltschutzes

101

Klaus Bellmann Ökologieorientierte Gestaltung industrieller Potentiale und Prozesse

129

Erich Zahn Integriertes Umweltmanagement

153

Peter Milling Integrierter Umweltschutz in der Industrie: Das Beispiel der deutschen Automobilwirtschaft

179

Egon Jehle Ökologieorientierte Wertanalyse

207

Cornelia Lind Aufbau betrieblicher Informationssysteme zur Unterstützung des UmweltAuditing

229

Udo Mildenberger Ökologieorientiertes Management vor dem Hintergrund eines ganzheitlichumweltbewußten Konsumentenverhaltens - Ein Management-Planspiel

253

Klaus Berthold Die Verantwortung der Designer für die Umwelt

281

Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gert von Kortzfleisch

307

Verzeichnis der Mitarbeiter

315

Operationalisierung des Verursacherprinzips am Beispiel der Novellierung der Gebührenordnung der Duales System Deutschland GmbH Von Erich Staudt

A. Die Verpackungsverordnung und ihre Operationalisierung durch die Duales System Deutschland GmbH Steigende Abfallmengen bei gleichzeitig sinkenden Deponie-1 bzw. unzureichenden Verbrennungskapazitäten 2 führten 1986 zum Abfallgesetz, in dem der Gesetzgeber die Ziele bzw. Zielhierarchie einer neuen Abfallwirtschaft vorgibt: Abfall soll vermieden, verringert oder zumindest verwertet werden. Damit vollzog sich ein Paradigmawechsel von der klassischen Abfallbeseitigung zur Abfallvermeidung, der in einer Reihe von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften mündete. Vor dem Hintergrund, daß Verpackungen einen 30-prozentigen Gewichts- und 50-prozentigen Volumenanteil3 am Haus- und Gewerbemüll besitzen, kommt der 1991 in Kraft getretenen VerpackungsVerordnung (VerpVO) bei der Reduzierung des Abfallaufkommens eine besondere Bedeutung zu. Folgende abfallwirtschaftliche Ziele werden in der VerpVO vorgegeben 4: - Verpackungen sind aus umweltverträglichen und die stoffliche Verwertung nicht belastenden Materialien herzustellen. - Verpackungsabfälle sind dadurch zu vermeiden, daß Verpackungen • nach Volumen und Gewicht auf das zum Schutz des Füllgutes und auf das zur Vermarktung unmittelbar notwendige Maß beschränkt werden, • so beschaffen sein müssen, daß sie wiederbefüllt werden können, soweit dies technisch möglich und zumutbar sowie vereinbar mit den auf das Füllgut bezogenen Vorschriften ist,

1 Zur Gebühren- und Abfallmengenentwicklung auf Hausmülldeponien vgl. Staudt , E./ Mühlemeyer, P./Schroll, MJInterthal, J. (1993). 2

3 4

Zur Entsorgungssituation z.B. im Ruhrgebiet vgl. Staudt, E. (1992).

Vgl. z.B. v. Geldern, W. (1993), S. 60.

Vgl. § 1 "Abfallwirtschaftliche Ziele" der VerpVO.

Erich Staudt

10

• stofflich verwertet werden, soweit Wiederbefüllung nicht vorliegen.

die Voraussetzungen

für

eine

M i t diesen, insbesondere die Herstellung von Verpackungen ansprechenden, Zielvorgaben hebt der Gesetzgeber die Produktverantwortung der betroffenen Unternehmen hervor. Durch Anwendung des Verursacherprinzips will der Regelungsgeber die Verpackungsindustrie, die Abpacker und den Handel dazu bewegen, abfallvermeidende Maßnahmen zu ergreifen. Die VerpVO enthält jedoch keine direkt durchsetzbaren Vorschriften zur Verpackungsherstellung und -Vermeidung. § 1 der VerpVO gibt den betroffenen Unternehmen vielmehr eine Orientierung, ohne unmittelbar zwingend zu wirken 5 . Die abfallwirtschaftlichen Ziele -

umweltverträgliche und recyclingfreundliche Herstellung sowie

-

Optimierung, Wiederbefüllung und stoffliche Verwertung von Verpackungen

sollen über die im Gesetz verankerten Verpflichtungen für Hersteller 6 und Vertreiber 7,8 gebrauchte Verpackungen zurückzunehmen und diese einer erneuten Verwendung oder stofflichen Verwertung zuzuführen (sog. Rücknahme- und Verwertungspflichten), indirekt erreicht werden. In der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf heißt es dazu, "die in der Verordnung durchgehend verankerte Verpflichtung von Verpackungsherstellern, Abfüllern und Vertreibern für die Rücknahme, erneute Verwendung oder Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung wird die für die Sammlung und für das Recycling Verantwortlichen allein schon aus Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsgründen veranlassen, die anfallenden Verpackungsmengen so gering wie möglich zu halten, insbesondere die Möglichkeiten der erneuten Nutzung oder der stofflichen Verwertung auszuschöpfen." 9 Diese Rücknahme- und Verwertungspflichten entfallen für den Bereich Verkaufsverpackungen 10, wenn sich die betroffenen Unternehmen an einem System beteiligen, welches flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verpackungen beim oder in der Nähe des Endverbrauchers gewähr5 6

Vgl. Flanderka, F. (1993), S. 5f.

Hersteller im Sinne der VerpVO ist, wer Verpackungen oder Erzeugnisse herstellt, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden (d.h. auch Packstoffhersteller wie Kunststoffgranulatproduzenten). 7 Wer Verpackungen oder Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, oder Waren in Verpackungen, gleichgültig auf welcher Handelsstufe, in Verkehr bringt, gilt als Vertreiber. Vertreiber i.S. der VerpVO ist auch der Versandhandel. 8 Vgl. §2 "Anwendungsbereich" der VerpVO. 9 Vgl. Bundesrat-Drs. 817/90, S. 38ff; zitiert nach Flanderka, F. (1993), S. 2f. 10 Zu Rücknahme- und Verwertungspflichten vgl. §§4-6 der VerpV. Zur Begriffsbestimmung und Abgrenzung von Transport-, Um- und Verkaufsverpackungen vgl. §3 "Begriffsbestimmungen" der VerpVO; zur Abgrenzungsproblematik und Begriffsungenauigkeit der VerpVO vgl. u.a.

Flanderka, F. (1993), Cl, S. 6ff.

Operationalisierung des Verursacherprinzips

11

leistet.11 Ein solches System muß die im Anhang der VerpVO festgelegten Erfassungs-, Sortier- und Verwertungsquoten erfüllen und ist zudem auf vorhandene Sammel- und Verwertungssysteme der entsorgungspflichtigen Körperschaften abzustimmen. Diese Befreiungsmöglichkeit von den Rücknahme- und Verwertungspflichten führte 1990 zur Gründung des Unternehmens "Der Grüne Punkt Duales System Deutschland Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbH" (im folgenden kurz DSD) 12 . "Dieses duale Entsorgungssystem dient ausschließlich und unmittelbar der Umsetzung der staatlichen Ziele zur Vermeidung und Verminderung von Abfällen." 13 Zu diesem Zweck organisiert die DSD die Einführung und Unterhaltung eines flächendeckenden Erfassungs- und Verwertungssystems für Verkaufsverpackungen. Auf der Grundlage von Zeichennutzungsverträgen gewährt die DSD den Abpackern und Handelsunternehmen14 gegen ein Lizenzentgelt das Recht zur Verwendung des sogenannten "Grünen Punktes" und damit zur Teilnahme am Dualen System. Die Lizenzentgelte dienen zur Deckung der anfallenden direkten Entsorgungskosten (Erfassungs- und Transportkosten, Sortierkosten, Kosten der Störstoffe und Sortierreste, Kosten der Zwischenlagerung und der Verwertung) und der Entsorgungsnebenkosten (Kosten der lokalen PR und Wertstoffberatung, Verwaltungskosten, Kosten der Risikovorsorge und Systeminfrastrukturkosten). 15

I. Die Umsetzung der Verpackungsverordnung über das Verursacherprinzip Die abfallwirtschaftlichen Ziele laut Verpackungsverordnung sind entsprechend in Kriterien für eine Gebührenordnung 16 umzusetzen. Aus der VerpVO folgt: 1. Verpackungen sind aus umweltverträglichen Materialien herzustellen (§ 1 Abs. 1), d.h., schon der Verordnungsgeber differenziert nach Materialspezifika. 11

Vgl. §6 (3) der VerpVO. Die DSD wurde von 95 führenden Unternehmen aus Industrie und Handel gegründet. 1994 waren mehr als 560 Unternehmen als Gesellschafter an der DSD beteiligt. Die Zahl der Lizenznehmer stieg bis zum Mai 1994 auf 16.937 an. Vgl. DSD (1994), S. 11. 13 Vgl. DSD (1992), S. 2. 14 In der Regel ist der Abpacker (z.B. Konsumgüterhersteller) Lizenznehmer des Grünen Punktes. Handelsunternehmen übernehmen diese Rolle für ihre Eigenmarken (z.B. no nameProdukte) und für importierte Waren. 12

15 16

Vgl. Staudt, E JHafkesbrinK

M Rebhan, kJSiebecke, D. (1993), S. 15f.

Grundlage des Beitrages sind Gutachten und Berechnung für die Novellierung der GO der DSD vom 01.10.93.

12

Erich Staudt

2. Verpackungen sind aus Materialien herzustellen, welche die stoffliche Verwertung nicht belasten (§ 1 Abs. 1). Verpackungen müssen stofflich verwertet werden (§ 1 Abs. 2 Punkt 3), d.h., "Umweltverträglichkeit" wird durch stoffliche Verwertbarkeit operationalisiert. Maß für die stoffliche Verwertung sind die materialspezifischen Kostenbestimmungsfaktoren der Entsorgung, Aufbereitung und Verwertung. 3. Verpackungen sollen auf das zum Schutz des Füllgutes und auf das zur Vermarktung unmittelbar notwendige Maß beschränkt werden (§ 1 Abs. 2 Punkt 1). Dazu trägt eine mengenproportionale Internalisierung der Kosten für Entsorgung, Aufbereitung und Verwertung bei. 4. Nach der Verordnung ist es den Herstellern und Vertreibern möglich, sich von der Rücknahmepflicht befreien zu lassen, wenn sie sich an einem flächendeckenden System beteiligen, das die Entsorgungsaufgaben übernimmt (§ 6 Abs. 3), d.h., ein flächendeckendes System schließt die besondere Diskriminierung einzelner Verpackungsarten aus). Die Verpackungsverordnung stellt in diesem Zusammenhang weitere Anforderungen (Anhang zu § 6 Abs. 3). 5. Die Wertstoffe müssen regelmäßig nach dem Hol-, Bringsystem oder einer Kombination beider erfaßt, anschließend sortiert und stofflich verwertet werden. Bestehende Systeme der kommunalen Körperschaften sind einzubeziehen, d.h., die Aufwendungen für die Etablierung des Dualen Systems und die Integration der kommunalen Systeme sind materialunspezifische Systemkosten. 6. Die festgelegten Erfassungs- und Sortierquoten sowie die Anforderungen an die Wertstoffverwertung sind einzuhalten. Eine Freistellung ist nur bei einer "Beteiligung" an dem Rücknahmesystem möglich. Diese Beteiligung kann für Handelsunternehmen und Konsumgüterhersteller durch die Finanzierung dieses Systems erfolgen, für die Verpackungsmaterialhersteller und Vormateriallieferanten durch die Mitwirkung am Recycling 17 , d.h. Quotensicherung auf der Input- und Outputseite ist erforderlich. Die Duales System Deutschland GmbH (DSD) übernimmt für die im Handel befindlichen Verkaufsverpackungen diese Aufgabe und verpflichtet sich in ihrer Satzung der Realisierung der Ziele staatlicher Umweltpolitik auf dem Gebiet der Vermeidung und Verminderung von Verpackungsabfall. Finanziert wird die Erfassung und Sortierung durch die Lizenzgebühren für die Vergabe des "Grünen Punktes". Aufgrund der angeführten abfallwirtschaftlichen Ziele und den Anforderungen aus der Verpackungsverordnung muß eine Gebührenordnung demnach zur Systemsicherung beitragen, indem - eine Kostendeckung zur Sicherstellung der regelmäßigen Sortierung und stofflichen Verwertung sowie 17

Sammlung,

vgl. Rummler , Ί.ΙSchutt, W., S. 59 f, S. 68ff. Ähnlich auch bei Strecker, A./Berndt,

S. 87 ff.

D,

Operationalisierung des Verursacherprinzips

13

- eine Kostendeckung bei dem Einbezug kommunaler Systeme erreicht wird und -

zur Einhaltung der Quoten die Entsorgungskosten für die entsprechenden Mengen gedeckt und dadurch die erforderlichen Entsorgungs-, Aufbereitungs- und Verwertungskapazitäten sowie Kosten der Zwischenlagerung und Risikovorsorge berücksichtigt werden, d.h., eine Gebührenordnung muß neben material- und mengenspezifischen Kosten auch die Systemkosten abdecken.

Eine Gebührenordnung sollte darüber hinaus geeignet sein, durch eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung Anreize zu geben, - Verpackungsmüll zu vermeiden, - den Einsatz von Verpackungsmaterialien zu verringern und - recyclingfreundliche verwenden.

und

damit

umweltverträgliche

Materialien

zu

Diese Ziele sind nur durch eine materialspezifische Gebühr zu erreichen, die eine Kosten-Mengenproportionalität aufweist. Durch die Berücksichtigung der materialspezifischen Kostenbestimmungsfaktoren bei der Ermittlung von Gebühren können neben der Systemsicherung bereits die Entwicklungstrends im Entsorgungs-, Aufbereitungs- und Verwertungsbereich antizipiert werden. Eine materialspezifische und mengenproportionale Belastung auf der Inputseite leistet zudem einen zu erwartenden Anschub für Innovationen in der Verpackungstechnologie i.S.d. Verpackungsverordnung. Daher ist eine Flexibilität der Gebührenordnung bei innovativen Entwicklungen wünschenswert, die unter Beibehaltung der Grundstruktur des Gebührensystems lediglich eine Anpassung der Parameter erfordert.

II. Situation von Packmittelherstellern, Abfüllern und Handel Das Inkrafttreten der Verpackungsverordnung stellt Handel und Hersteller ohne Freistellung vor umfangreiche logistische Probleme. Besonders augenscheinlich sind die Systemdefizite, die mit der Rücknahmeverpflichtung zusammenhängen: Insbesondere der Handel müßte personelle und räumliche Ressourcen bereitstellen, die Rücknahme organisieren und dabei Kosten übernehmen, die bislang durch die Kommunen (bzw. die Gebühren der Endverbraucher) gedeckt wurden. Organisatorische Defizite ergeben sich, da bislang i.d.R. weder Handel noch Konsumgüterhersteller, noch Packmittelhersteller über funktionierende organisatorische Entsorgungssysteme verfügen. Diese Organisationsdefizite resultie-

14

Erich Staudt

ren aus mangelndem Know-how bzgl. der Entsorgung einschließlich der Sammellogistik und der Verwertung. Informationsdefizite beziehen sich sowohl auf technologische Aspekte der Sammlung, Sortierung und Verwertung als auch auf die finanziellen Konsequenzen der Verpackungstechnologien. Somit fallt es schwer, Rücknahmesysteme zu konzipieren, zu bewerten und zu vergleichen. Bei einem Teil der Verpackungshersteller und -befüller sind die abfallwirtschaftlichen Konsequenzen von Innovationen, wie z.B. Materialsubstitutionen i.d.R. nicht transparent. Dies führt dazu, daß die Ziele der Verpackungsverordnung schwer zu realisieren sind, solange Hersteller und Befüller nicht über die erforderliche Information verfügen, welche Konsequenzen aus Innovationen im Sinne von Verpackungsmittelreduzierungen oder Substitutionen erwachsen. Durch die Freistellung aufgrund der Übernahme der Entsorgungsaufgaben durch die DSD kann auf die genannten Defizite reagiert werden. Soweit eine Lizensierungssicherung gelingt, werden auch die anfallenden Kosten verursachungsgerecht verteilt. Die System- , und Organisationsdefizite entfallen für Handel, Hersteller und Befüller. Dennoch bleibt insbesondere der Aspekt der Kosteninternalisierung bestehen, da - ungeachtet möglicher oder tatsächlicher Überwälzungen der Gebühr auf den Verbraucher - die Systemkosten der DSD auf den Handel und die Hersteller umzulegen sind (s.o. Abschnitt A I). Um kostenbewußtes Planen zu ermöglichen, kommt der Gebühr im Inputbereich daher insbesondere eine Informationsfunktion zu. Die Gebühr muß folglich ein Informationsinstrument darstellen, durch welches den Herstellern und Befüllern ein Feedback über die finanziellen Konsequenzen von Materialeinsparung und -substitutionen gegeben werden kann. Die Anforderungen von Packmittelherstellern, Abfüllern und Handel an das neue Gebührensystem beziehen sich aufgrund der genannten Informationsdefizite insbesondere auf die Reduzierung von Unsicherheiten. - Erste wesentliche Anforderung ist die verursachungsgerechte Zuordnung der Entsorgungskosten. Die erforderliche Information für die Hersteller und Befüller über die aktuellen Kosten der Entsorgung und Verwertung der von Ihnen eingesetzten Verpackungsmittel ergibt sich dabei aus einer produktbezogenen Gebühr, die alle wesentlichen Kostenbestimmungsfaktoren (Material, Gewicht, Volumen etc.) berücksichtigt. Es muß dem Befüller ersichtlich sein, welche Verpackungsart mit welcher Charakteristik zu welchen Entsorgungskosten führt. Neben der Umsetzung von Innovationen im Sinne der Verpackungsverordnung ist dies die Voraussetzung der Kostenzuordnung und -umwälzung auf die

Operationalisierung des Verursacherprinzips

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entsprechenden verpackten Produkte (Kalkulationsfunktion der produktbezogenen Gebühr). - Die Systemsicherung führt zu der Anforderung nach Handhabbarkeit und Praktikabilität des neuen Gebührensystems, um neue Organisationsdefizite zu vermeiden. Dies schließt einen nachvollziehbaren Gebührenberechnungsalgorithmus ein, aber auch die Praktikabilität der Antragstellung und des gesamten Lizensierungsverfahrens. - Zur Systementwicklung im Sinne der Zielsetzung der Verpackungsverordnung benötigen die Packmittelhersteller sowie die Befüller Informationen über die Konsequenzen von Verpackungsinnovationen. Durch die Transparenz der Verursachungsgerechtigkeit werden Anreize zur Vermeidung und Verringerung von Verpackungsmaterialien sowie zum Einsatz recyclingfreundlicher Stoffe geschaffen.

ΙΠ. Situation im Entsorgungs- und Verwertungsbereich Die Aufgaben des Outputbereichs liegen im Sammeln, Transportieren, Sortieren und Verwerten der Wertstoffe sowie in der Entsorgung von Sortierresten. Die Kosten werden materialspezifisch verrechnet. Die Ziele der Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen richten sich hier in erster Linie auf die Sicherung und Auslastung ihrer quantitativen und qualitativen Entsorgungskapazitäten. Neben dem quantitativen Ausbau der Kapazitäten, die für die Erreichung der Quoten der Verpackungsverordnung erforderlich sind, sind aber technologische Innovationen in den Sammel- und Sortiersystemen sowie in der Verwertung wünschenswert, die die Effizienz der Entsorgung, Aufbereitung und Verwertung erhöhen sollen. Die wirtschaftliche Attraktivität von Recyclaten gegenüber dem Primärrohstoff kann dadurch verbessert werden. Durch eine verursachungsgerechte Gebühr wird die Kostendeckung einschließlich auskömmlicher Gewinne der Entsorger sichergestellt. Die Gebühr muß sich darum an den Kostenbestimmungsfaktoren der Entsorgung, Aufbereitung und Verwertung orientieren. Durch Kostenkontrolle ist die Verursachungsgerechtigkeit über die Zeit sicherzustellen. Aus Sicht der Entsorgungs- und Verwertungsbetriebe sind zur Unterstützung der Systemsicherung darüber hinaus Anreize zu schaffen, möglichst hohe Lizensierungsgrade, d.h. eine möglichst breite und vollständige Beteiligung von Packmittelherstellern, Abfüllern und Handel am Dualen System zu erreichen, um die Kostendeckung der Entsorgung und Verwertung nachhaltig zu sichern.

16

Erich Staudt

Darüber hinaus müssen beim Endverbraucher hohe Erfassungsquoten erzielt werden. Da die Systemsicherung mit dem Mitwirken der Endverbraucher steht und fallt, sind neben den direkten Entsorgungskosten auch Kosten für lokale PR und Wertstoffberatung zu berücksichtigen und umzulegen. Durch das Gebührensystem sollen Anreize gegeben werden, die quantitative und qualitative Kapazitätsentwicklung im Entsorgungsbereich voranzutreiben. Dies setzt ein Mindestmaß an Kontrakt- und Planungssicherheit voraus. Darüber hinaus sollten bei der Kostenermittlung Aufwendungen berücksichtigt werden, die im Zusammenhang mit dem Anschub von Innovationen im Entsorgungs-, Aufbereitungs- und Verwertungsbereich stehen (z.B. FuE-Aktivitäten in Engpaßbereichen). Damit die Systemsicherung nicht zu einer (auch kartellrechtlich bedenklichen) Strukturkonservierung führt, ist (verstärkt durch den "flächendeckenden" Auftrag) für einen Innovationswettbewerb zu sorgen, der die Weiterentwicklung der quantitativen und qualitativen Entsorgungs-, Aufbereitungs· und Verwertungskapazitäten sichert. Eine gebührenmäßige Flexibilität gegenüber technologischen Innovationen sollte vorgesehen sein. Dies ist die Voraussetzung, um die Anforderungen der Verpackungsverordnung insbesondere bzgl. der Verwertungsquoten - sicherstellen zu können und langfristig eine Kostenminimierung zu betreiben.

IV. Zusammenfassung: Anforderungen des neuen Gebührensystems Bündelt man die zuvor dargestellten Ziele der Verpackungsverordnung und Anforderungen der Prozeßbeteiligten, so ergeben sich die folgenden Rahmenbedingungen für das neue Gebührensystem (vgl. Abbildung 1): 1) Die Gebührenordnung muß geeignet sein, durch eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung Anreize zu geben, Z I ) Verpackungsmüll zu vermeiden, Z2) den Einsatz von Verpackungsmaterialien zu verringern und Z3) recyclingfreundliche verwenden.

und damit umweltverträgliche Materialien zu

Um diese Ziele zu erreichen, muß eine Gebührenordnung folgenden Anforderungen genügen: A l ) Materialspezifische Differenzierung A2) Berücksichtigung der Kostenbestimmungsfaktoren der Entsorgung, Aufbereitung und Verwertung A3) Mengenproportionalität der Gebühr

Operationalisierung des Verursacherprinzips

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A4) Produktbezogene Berechnung (Gebühr je Verpackungseinheit) A5) Verursachungsgerechte Kostendeckung der Entsorgungs-, Aufbereitungs- und Verwertungskosten. 2) Weiterhin muß die Gebührenordnung zur Systemsicherung beitragen, indem A6) ein flächendeckendes System zur Sicherstellung der regelmäßigen Sammlung, Sortierung und stofflichen Verwertung mit dem Einbezug kommunaler Systeme erreicht wird und A7) zur Einhaltung der Quoten die Entsorgungskosten für die entsprechenden Mengen gedeckt und damit die erforderlichen Kapazitäten berücksichtigt werden (Quotensicherung und Lizensierungssicherung). A8) Das Gebührensystem muß geeignet sein, im Outputbereich Kontraktund Planungssicherheit zu unterstützen. Danach ergibt sich neben den Anforderungen der Verursachungsgerechtigkeit und Kostendeckung gemäß Anforderungen A l - A5 A9) eine angemessene Verteilung der Systemetablierungs- und Infrastrukturkosten AIO) Handhabbarkeit und Praktikabilität bzgl. des Gebührenberechnungsalgorithmus. 3) Zur langfristigen Erreichung der Ziele der Verpackungsverordnung und zur Einhaltung der geforderten Quoten für die Erfassung und Verwertung sollte das neue Gebührensystem Anforderungen der Systementwicklung genügen bzw. diese zumindest nicht behindern: All)Transparenz der Berechnungsalgorithmen als Information über die Konsequenzen von Verpackungsinnovationen i.S.v. Materialverringerung oder -substitution A12) Sicherstellung der Verursachungsgerechtigkeit über die Zeit durch Kostenkontrolle A13) Anschub von Innovationswettbewerb zur Verbesserung der quantitativen und qualitativen Entsorgungs-, Aufbereitungs- und Verwertungskapazitäten durch Berücksichtigung von Kosten für FuE-Aktivitäten (zumindest in Engpaßbereichen) A14) gebührenmäßige Flexibilität gegenüber technologischen Innovationen.

2 von Kortzfleisch

Weiterentwicklung

Systemsicherung

-SSZ^.

- Flexibilität bei Innovationen

Systemkosten

• Deckung der

- Lizensierungssicherung

" Transparenz

- Praktikabilität

A 1 : materialspezifische

Abbildung 1: Anforderungen an die neue Gebührenordnung - Innovations Wettbewerb

- Kostenkontrolle

A

A 13: Innovationswettbewerb ,4. Flexibimät

Transparenz A 12: Kostenkontrolle

a 11:

A 9: Deckung der Systemkosten A1 (^Praktikabilität

sicherung

A 8: Kontrakt- und Planungs-

(Auslastung) A 6:flächendeckendes System (Integration kommunaler * Systeme) - Kontrakt-und A 7:Quoten- und Lizensierungs-

(Kostendeckung)

verursachungsgerechte

Kostendeckung

A 5:

Zuordnung

A 4: produktspezifische

A 3: Mengenproportionalität

A 2: Kostenbestimmungsfaktoren

DWere„ïter u„9

- materialspezifische

Anforderungen Output-Seite

sjcherung

(Entlastung von System+ Organisationsdefiziten)

(verursachungsgerechte Zuordnung)

" zL°odrdnuSn^Zlf,SChe

D^erung

POnungssicherhe«

-flächendeckendes System