Heimatkundlicher Führer: Für junge Wanderer [Mit 41 Abb. u. 22 Gedichten. Reprint 2019] 9783110641745, 9783110640496

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Heimatkundlicher Führer: Für junge Wanderer [Mit 41 Abb. u. 22 Gedichten. Reprint 2019]
 9783110641745, 9783110640496

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Verzeichnis der Gedichte
Verzeichnis heimatkundlicher Schritten und Teilschritten
A. Zum Geleit
B. Auf der Wanderschaft
C. Zum Abschied
D. Anhang: Über heimatkundliche Sammlungen

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Heimatkundlicher

Führer für junge Wanderer

Don

Prof. Dr. Ehr. Beck in Bamberg

MU 41 Abbildungen und 22 Gedichten

RS1 München und Berlin 19)4 Druck und Verlag von R. Glbenbourg

Vorwort Erfreulicherweise beginnen jetzt die Vereinigungen junger Leute, die sich das Wandern als schönes Ziel gesetzt haben, sich auch für die Heimatsache zu interessieren und ihre Kräfte in deren Dienst zu stellen. Diesem so löblichen Bestreben will der Verfasser mit dem vorliegenden Büchlein entgegenkommen. Bei dem mäßigen Umfang und dem niedrigen Preise, den ein solches Wanderbüchlein haben soll, kann es natürlich nicht alles, wird aber gewiß „vielen etwas bringen". Mögen die Absichten des Verfassers von der wandernden Jugend, für die der Führer in erster Linie bestimmt ist, auch entsprechend gewürdigt werden! Für das Zustandekommen des Ganzen bin ich einer Neihe von Herren zum größten Danke verpflichtet. Besonders gilt dies von jenen Herren, welche mir in der bereitwilligsten und meist uneigennützigsten Weise zeichnerische und photographische Aus­ nahmen zur Verfügung stellten; ich nenne hier zunächst die Herren Kollegen: Pros. Fürst, Oberrealschule Nürnberg, Gymn.-Zeichenlehrer Mändl, Gymnasium Passau, Assistent Wurm, Ober­ realschule Nürnberg; dann die Herren Architekten Nagel, München, und M. Miller, letzterer Lehrer an der Kreisbauschule Kaiserslautern. Auch Herrn Kgl. Präparanden-Hauptlehrer I. Brunner, Cham, verdanke ich einen Beitrag. Den innigsten Dank aber schulde ich Herrn Brandversicherungssekretär K. Meyer, Neustadt a. A., der, selbst ein begeisterter Freund der Heimatsache, mich durch wohlgelungene Zeichnungen in der liebenswürdigsten und aufopferndsten Weise unterstützte. Bei der Auswahl der beigegebenen Gedichte und der Durch­ sicht der Korrekturbogen stand mir Herr Studienrat vr. Schmaus, Altes Gymnasium Bamberg, zur Seite.

Eine größere Zahl der neueren Gedichte ist der trefflichen Sammlung: „Neuere deutsche Lyrik" von Pros. Dr. A. Caselmann, Oberrealschule Nürnberg (erschienen in den „Meister­ werken der Weltliteratur", Bamberg, C. C. Buchners Verlag, 1913) entnommen. Die noch lebenden Dichter W. Lobsien, I. Löwenberg und De Nora haben mir den Nachdruck ihrer Gedichte ohne Gegenforderung gestattet. Ein paar Abbildungen mit Motiven aus der Rheinpsalz finden sich bereits in der Sammlung: „Bürgerliche und länd­ liche Bauwerke in der Rheinpsalz" von M. Miller, erschienen bei H. Keller, Frankfurt a. M. Allen diesen Mitarbeitern und Förderern sage ich auch an dieser Stelle von Herzen Dank.

Bamberg, den 14. Januar 1914.

Der verkatter.

Znbalt. Seite

1—15 2—10 11—15 B. Auf der Wanderschaft............................... 16—59 I. Auf der Landstraße 16—25 II. Auf der Burg 25—28 III. Das Gehöft........................................................................... IV. Im Dorfe 36—49 V. In der Stadt 49—59 C. Zum Abschied 60 D. Anhang: Über heimatkundliche Sammlungen . . . 61—64 A. Zum Geleit I. Vom Wandern II. Vom Heimatwerke

Verzeichnis der Gedickte. (Alphabetisch.) Seite

Ade, du muntre, du fröhliche Stadt v. Rellstab Am warmen Ofen von Ludwig Bauer Auf Gassen der Heimat von Wilhelm Lobsien Ausfahrt von I. V. v. Scheffel Daheim von Prinz Emil v. Schönaich-Carolath Das Bildstöckl von Martin Greif Das Buch der Natur von Agnes Franz Das Dorf von Robert Neinick Das Dörfchen von Bürger Der beste Mann im Ort von Georg Lang Der Dorfkirchhof von Adolf Stöber Der Maibaum von Martin Greif Die Burg von Robert Neinick Froh und fromm von O. I. Bierbaum Gefunden von Goethe Herberge von Adolf Stöber Kirmes ist heute von Hoffmann v. Fallersleben . Mein Heimatland von A. de Nora Neifelied von Franz Bonn Waldeinsamkeit von H. Leuthold Wanderlust von Hoffmann v. Fallersleben Wandern von g. Löwenberg

58 31 44 15 11 18 4 36 49 43 40 46 25 15 7 6 ............................ 48 64 10 9 1 58

28—36

Verzeichnis heimatkundlicher Schritten und Teilschritten. A. Abhandlungen. I. Bildstöcke (Brunnen): Frank Chr., Neue Erhebungen über Kreuzsteine, Bildstöcke, Grenzstöcke und Feldkreuze (Deutsche Gaue 1904). Halm PH. M., Bildstöcke in Oberbayern (Denkmalpflege 3, 1901). Heubach Alsr., Monumentalbrunnen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz aus dem 13. bis 18. Jahrhundert, Leipzig 1903. Schn eher Hans, Über Kreuzsteine (Volkskunst und Volkskunde 2, 1904).

Schuster A., Die Marterln und Bildstöcke in Bamberg und Umgebung (Altbamberg, Beil. z. Bamb. Tagblatt 1898/99). II. Bauernhäuser:

Halm Ph. M., Das Bauernhaus in Bayern (Speman, Gold. Buch vom eigenen Heim, Berlin 1905). Kempf Nud., a) Das Bauernhaus im nördl. Bayern (Volkskunst und Volkskunde I, 1903); b) Landarchitekturen aus alter Zeit. Mal. Land­ sitze und Bauernhäuser, Stadttore, Türme, kleinere städt. Bauten, sowie interessante archit. Einzelheiten aus dem südl. und mittl. Deutsch­ land, Berlin 1900 ff. Wolff Hel., Aus dem Spessart (Volkskunst und Volkskunde II, 1904). Brunner I., Das Bauernhaus im Bez. Cham (Bayer. Heimatschuh 1913, 5. Heft). Ranck Chr., Kulturgeschichte des deutschen Bauernhauses (Nat. u. Geistesw., Leipzig, Teubner 1907). (Außerdem Abh. von Buck, Hauser, Schmid W. M., Schulenburg, Zell Fr., Thiersch Aug.) III. Burgen: Piper O., München 1895 und 1905. Ningler A., München 1903. IV. Dorf:

Mielke R., Das deutsche Dorf (Nat. u. Geistesw., Leipzig, Teubner 1907).

V. Befestigte Friedhöfe: S. Deutsche Gaue, Bd. IX, D. H. 165 u. 166 und Bd. XII, D. H. 229 u. 230. Dürrwächter, A., Effeltrich und die befestigten Friedhöfe, Bamberg, A. Burger 1910.

VI. Kirchturmformen: Schneider P. (Deutsche Gaue Bd. IX, D. H. 161 u. 162, S. 44/45 und D.H. 177 u. 178, S. 293).

VII. Kruzifixe: Wiebel N. (Deutsche Gaue, Bd. X, D.H. 189 u. 190, S. 161 ff.). VIII. Kunstgewerbe: Schmiedekunst: Roeper Adalb., Geschm. Gitter des 16. bis 18. Jahrhunderts aus Süddeutschland, München 1895 und 1896. Brüning Ad., Die Schmiedekunst seit dem Ende der Renaissance, Leipzig 1902. Brunner I., Alte schmiedeeiserne Grabkreuze i. d. Friedhöfen des Bez.-A. Cham (Deutsche Gaue, Bd. X, D.H. 185 u. 186, S. 81 ff.). Möbel: Noeper Adalb., Möbel aller Stilarten vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts), München 1896. Schmant H. (Illuftr. Zeitschr. f. Fachl. u. kunstsinnige Private, Nürnberg 1898). Zell Frz., Bauernmöbel a. d. Bayer. Hochland, Frankfurt a. M. 1899. IX. Trachten: Adelmann L., Bayer. Trachten, Würzburg 1856 ff. Schlicht I., Niederbayer. Landestrachten (Bayerland 1892). Leher H., Die Bamberger Tracht (Bayerland 2, 1891).

B. Deimatkundltcbe Tettsebrikten. 1. 2. 3. 4.

I. Bayern im allgemeinen: Das Bayerland, herausg. v. I. Weiß in München. Bayer. Heimatschutz, Zeitschrift für Volkskunst u. Volkskunde, München. Deutsche Gaue, herausg. v. Chr. Frank in Kaufbeuren. Veröffentl. des Bayer. Landesausschusses für Naturpflege, München.

II. Der einzelnen Kreise: Oberbayern: Hist. Der. f. Oberbayern, München. Niederbayern: Hist. Verein f. Niederbayern, Landshut. Pfalz: 1. Hist. Verein der Pfalz, Speier. 2. Pfalz. Museum, Kaiserslautern. Oberpfalz: Hist. Verein von Oberpfalz u. Regensburg, Regensburg. Die Oberpfalz. Monatsschr., herausg. v. F. B. Lahleben in Kallmünz Oberfranken: Hist. Verein für Oberfranken, Bayreuth. Heimatbilder von Oberfranken, München, Oldenbourg. Mittelfranken: Hist. Verein für Mittelfranken, Ansbach.

Unterfranken: Hist. Verein für Unterfranken und Aschaffenburg, Würzburg. „Das Frankenland", herausgeg. von Archivar Dr. Walter, ersch. bei Triltsch in Dettelbach. Schwaben und Neuburg: Hist. Verein für Schwaben und Neuburg, Augsburg.

III. Einzelner Gaue. Nordoberfr. Verein für Natur-, Geschichts- und Landeskunde, Hof. „Der Mainbote" (Heimatkalender), Lichtenfels, Schulze. Der Hesselbergverein. Der Rhönklub. Der Spessartbund (Zeitschr. „Spessart", ersch. in Aschaffenburg). Bayer. Wald. Altfränk. Bilder (kunsthist. Prachtkalender), Würzburg, Stürtz. Kultur- u. kunstgesch. Reisebilder, München, Walhalla-Verlag. Hist. Verein Westpfalz (Zeitschr. „Westpf. Geschichts-Blätter"). IV. Einzelner Städte: Dillingen, Hist. Verein. Donauwörth, Hist. Verein. Eichstätt, Hist. Verein. Forchheim, Hist. Verein. Ingolstadt, Hist. Verein. Kaufbeuren, Verein f. Heimatforschung und Heimatkunde. Lindau, Verein f. Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. München, Altertumsverein. Neuburg a. D., Hist. Verein. Nürnberg, a) Der. f. Gesch. der Stadt Nürnberg; b) Nat.-Hist. Verein. Rosenheim, Hist. Verein. Rothenburg o. d. T., Verein Altrothenburg. Straubing, Hist. Verein.

V. Heimatkundl. Beilagen: Altbamberg, Beil, des Bamberger Tagblatts. Die Heimat, Beil, der Nürnberger Zeitung. Die Linde, Beil, des Fränk. Anzeigers (Rothenburg o. d. T.). Fränkische Chronik, Beil, des Würzburger Journals. Heimat- u. Volkskunde, Beil. z. Bayer. Rundschau, Kulmbach. VI. Heimatkundl. Biographien. Sammt, v. heimatkundl. Biogr., herausg.v. Geistbeck, München, Oldenbourg. Altheimland. Ein Bayernbuch v. I. Schlicht, Bamberg, 1895, Buchner. Das Frankenland von W. Götz; Bielefeld u. Leipzig, Velh. u. Klas., 1909. Bilder aus Frankens Vergangenheit v. A. Eichelsbacher, München, Olden­ bourg, 1914. Die Oberpfalz. Ein Beitr. z. Heimatkunde v. A. Winter, München, 1909. Der Steigerwald i. d. Vergangenheit v.I.L. Klarmann, Geroldshofen, 1909.

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Gez. v. K. Meyer.

Dorflinde in Effeltrich bei Forchheim i. Obfr.

A. Zum Geleit. Manderlntt. Von Hoffmann von Fallersleben. Wanderlust! hohe Lust! Frisch und froh, unbewußt Mit den Stunden wandern Bald nach diesem, jenem Ort, Von dem einen nach dem andern. Immerfort, Heute hier, morgen dort, Frisch und froh, unbewußt. Wanderlust! hohe Lust!

Immer neu Wald und Feld, Immer neu ist die Welt, Immer neu das Leben. Überall an jedem Ort Muh es neue Freuden geben. Drum hinfort Singen wir hier und dort Frisch und froh, unbewußt: Wanderlust! hohe Lust! Beck, Heimatkundlicher Führer.

Sonnenschein, frische Luft, Waldesgrün, Blütendust! Wie die Vögel singen! Brüder, so auch wollen wir Unsern Gruß der Freude bringen. Singt mit mir Überall, dort und hier! Jubeln soll jede Brust: Wanderlust! hohe Lust!

I. IDom Mandern. Nirgends ist das Wandern so vom Hauch der Poesie umweht wie bei den Deutschen. Wer zählt all die Lieder, die seit Jahrhunderten, seit Walther von der Vogelweide bis heute, ost in den herrlichsten Weisen von den Freuden des Wanderns singen! Kaum ist der Abc-Schütze in die ersten Geheimnisse des Lesens und Schreibens eingeführt, als er auch schon aus voller Brust mit heller Kinderstimme singt:

Hinaus in die Ferne mit hellem Hörnerklang, Die Stimme erhebet zu fröhlichem Gesang! Fürwahr, deutsch sein und wandern bedeutet ein und dasselbe.

Das müht' ein schlechter Deutscher sein, Dem niemals fiel das Wandern ein! So ist man versucht den Anfang des bekannten „Müller­ liedes" umzuändern. Damit meine ich nun nicht das Verlassen von Haus und Hof, das Hinausziehen in die Fremde, das unstete Suchen nach neuen Wohnsitzen, wodurch die Germanen den Anstoß zu jener großen Dölkerbewegung gegeben haben und das noch in der jüngsten Zeit in der Besiedlung fremder Erdteile durch die Deutschen beobachtet werden kann. Die Beweg­ gründe zu diesem Wandern sind nicht immer ganz frei­ willig; meist hat die Not oder Spekulation die Leute hinaus­ getrieben; in diesem Wandertrieb liegt sehr wenig Poesie.

Auch heutzutage macht sich bei den Deutschen ein ausgespro­ chenes Bedürfnis nach Reifen in fremde Länder geltend, das trotz aller Begeisterung, die hierbei zum Ausdruck kommt, sehr wenig aufrichtig und ideal ist; es ist bei den meisten bloße Modesache und nicht selten Großtuerei, in den wenigsten Fällen reine Freude an der Natur. Hierüber spotten mit Recht die „Fliegenden Blätter" (Juni 1913): „Früher fragte man, wenn einer von der Reise zurückkam: Nun, war>s schön? Heutzutage heißt es: Nun, wie weit bist du gekommen?" Am einen edlen Naturgenuß beim Reisen zu haben, braucht man durchaus nicht immer in ferne Länder, in die Schweiz, nach Italien, an die Küste des Mittelländischen Meeres oder, was nun auch modern geworden ist, in den Kaukasus oder ins Himalajagebirge zu reisen. Da braucht einer nur einmal in Behaglichkeit in der fränkischen Hügel­ landschaft oder im Donaumoos oder in den Isarauen herumzustreifen; da kann er sich in die Schönheiten der Natur besser vertiefen als in jenen Gegenden, wo er nur allzusehr durch andere Dinge abgelenkt wird, wo er nicht immer zur inneren Sammlung und Beschaulichkeit kommt. Ist letztere vorhanden, dann wird man jeder Landschaft etwas Poesievolles abge­ winnen können. Im letzten Grunde ist es immer die per­ sönliche Empfänglichkeit, die den Reiz einer Landschaft auf den Beschauer wirken läßt. Darum geben wir dem Ameri­ kaner R. W. Emerson vollkommen recht, wenn er sagt: „Die innere Empfänglichkeit, die so leicht ein Eden, ein Tempe erschafft, mag nicht immer gefunden werden; aber die dazu erforderliche Landschaft ist niemals fern. Wir können dieses Zaubers teilhaftig werden, ohne den Comer See und die Insel Madeira zu besuchen. Wir übertreiben das Lob von Orten und Gegenden. Das Wunderbare in jeder Landschaft ist die Stelle, wo Himmel und Erde sich berühren, und die sehen wir vom nächsten Hügel aus so gut wie v.om Gipfel der Alleghanies. In der Nacht neigen sich die Sterne über das braune, schlichte Ackerland mit all dem geistigen Glanz, den sie über die Campagna und die marmornen Wüsten

Ägyptens ergießen. Die geballten Wolken und die zarten Farben des Morgens und des Abends verwandeln Erlen und Ahorn. Der Unterschied zwischen Landschaft und Landschaft ist gering, aber es ist ein großer Unterschied in den Beschauern." (Vorträge und Essays. Aus »Nature«. 1844.) Mehr als der Engländer und noch mehr als der Romane fühlt sich der Deutsche mit der Natur verwachsen; er hat ein seines Empfinden für alle Vorgänge, für das Werden und Weben in der Natur; fast ist es, als ob er noch etwas von der pantheistischen Auffassung der Altvordern besäße. „Wenn der Mai gekommen ist und die Bäume ausschlagen," da duldet es den Burschen nicht mehr in der engen Stube, da erwacht in ihm die Lust mit den eilenden Wolken am Himmel „zu wandern in die weite, weite Welt".

Äußeres Mainbernheimer Tor in Iphofen.

Gez. v. K. Meyer.

Das Ducb der ißatur. Von Agnes Franz.

Ein großes Buch ist aufgestellt, Kein schönres gibt's auf weiter Welt. Mit Bildern ist es ausgeschmückt, Die herrlicher man nie erblickt, Und überall liest man erfreut Von Gottes Lieb' und Freundlichkeit. And fragst du, wer dies Buch verwahrt, Das so viel Wunder offenbart? O, geh hinaus in Feld und Flur! Das Wunderbuch, es heißt Natur.

Bauernhaus in Stübach bei Neustadt a. A.

Gez. v. K. Meyer.

„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt, Dem will er seine Wunder weisen In Berg und Wald und Strom und Feld." Also „Wunder" gibt es da zu sehen und zu hören auf den Wanderungen durch den Gottesgarten! Wir gehen durch ein Museum mit unzählig vielen Gängen, die nimmer enden wollen und wo die interessantesten Schätze ausgestellt sind. Da heißt es denn: Kopf hoch, Augen rechts und links, gerade­ aus und rückwärts — letzteres wird nur zu oft unterlassen — und die Ohren gespitzt! An allen Ecken und Enden gibt's was zu erspähen und zu erlauschen. Und auch das Herz auf! Fort mit den Sorgen und dem Ärger! Stimm deine Herzenssaiten auf eine fröhliche Tonart, aus Dur! Durch Feld und Buchenhallen Bald singend, bald fröhlich still, Recht lustig sei vor allem, Wer's Reisen wählen will!

Eichendorfs.

Pfeift und singt mit den Vöglein um die Wette! Aber um Gotteswillen nur kein Instrument umgehängt! Das ein­ fachste und beste Instrument ist immer noch die menschliche

Kehle mit einem tüchtigen Brustkasten als Resonanzboden! Laßt mir vor allem die Gitarre mit den flatternden Bändern fort! Das ist etwas Welsches, Südländisches, wie schon der Name besagt, zu einer Zeit bei uns aufgekommen, da man einer falschen Romantik huldigte. Zn der Dorskneipe, wenn eine Laute an der Wand hängt, da mögt ihr sie her­ unternehmen und ihre Saiten zu einem lustigen Lied von der „Lindenwirtin" und dem „Lindenbaum" erklingen lassen; aber zum Wandern gehört sie nicht; da laß ich mir eine Pfeife oder ein Posthorn schon eher gefallen.

Iberberge. Von Adolf Stöber.

Im Wirtshaus an der Straße, Da kehrt der Wandrer ein, Da funkelt hell im Glase Der frische, goldne Wein.

Der jünget seine Glieder, Beflügelt seinen Schritt, Und rüstig trägt er wieder Den schweren Bündel mit.

Wirtshaus in Tennenlohe bei Erlangen.

Aufn. v. F. A. Nagel.

Kommt mir auch nicht mit Ordens- und Ehrenzeichen, woher sie auch stammen und aus welchem Metall sie auch hergestellt sein mögen! Die schönste Zierde für das Knopfloch beim Wandern ist eine Feldblume oder ein Heckenröschen oder etwas vom Teppich der Wiese oder des Waldes. Reißt mir aber kein Pflänzchen mit der Wurzel heraus! Es ist schon arg genug, wenn dieses seinen Schmuck verlieren muß; warum soll es auch noch sein Leben lassen! Dann kann es im nächsten Jahre nicht mehr grünen und blühen und ihr bringt so euch und andere um den Genuß, den es in unwandel­ barer Treue Jahr für Jahr durch seinen Anblick bietet. Und denkt einmal darüber nach: Wenn alle so rauben und plündern würden, so würde es aus der Flur bald nicht mehr so bunt aussehen und die Schüler würden für ihre Botanik­ stunden oft vergebens nach einem seltenen Blümchen suchen. Tatsächlich ist bereits jetzt schon manche Blumen- und Pslanzenart durch das vandalische Gebaren vieler Ausflügler dem Aussterben nahe.

Gefunden. Von Goethe.

Ich ging im Walde So für mich hin, Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn.

Ich wollt' es brechen, Da sagt' es fein: „Soll ich zum Welken Gebrochen sein?"

Im Schatten sah ich Ein Blümlein stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön.

Ich grub's mit allen Den Würzlein aus, Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus.

Und pflanzt' es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort.

Noch etwas liegt mir am Herzen und möchte ich euch ans Herz legen! Wenn ihr den Wald betretet, so denkt nicht, daß ihr jetzt ausgelassener sein dürft als auf dem freien

Felde, weil ihr da etwa weniger beobachtet werden könnt! Das ist ein sklavischer Sinn, den ihr dadurch bekunden würdet. Habt Ehrfurcht vor dem heiligen Schweigen des Waldes, vor der Waldeinsamkeit! Bedenkt, wie geheimnisvoll und geheiligt er von jeher den Germanen war; haben doch unsere Vorfahren aus seinem feierlichen Rauschen die Stimme des Altvaters vernommen und unter den Wipfeln seiner Tannen und Eichen zu ihm gebetet! Ja, ihr wandelt „aus heil'gem Grund", in einem hohen Dome, wenn ihr im Walde dahin­ geht; „Der liebe Gott geht durch den Wald". Stört diese Stille und Andacht nicht mit Johlen und Schreien; sonst könnte man euch für wilde Indianer halten! Denkt an die vielen, die im Waldesschatten Erholung und Ruhe suchen! Und nicht zuletzt denkt an die armen Häschen und Rehe, die durch euer Schreien zu Tode erschreckt würden! Habt Mitleid mit diesen Tierchen, die ohnehin viel gehetzt werden, von Jägern und Hunden und Geiern und Wilddieben! Für sie ist eure laute Ausgelassenheitnichtweniger unheimlich als für euch etwa das Brüllen eines freigelassenen Löwen. In letzter Zeit muß der Wald auch für Schieß­ übungen unter der Ju­ gend herhalten; das ist ein Unfug, gegen den die Polizei einschreiten sollte. Der Wald ist endlich auch keine Schutt­ ablagerungsstätte für Papier, Glasscherben usw. Seid daraus be­ dacht, diesen bunten und Auf», v. M. Miller. weichen Moosteppich Kirche mit befestigtem Friedhof rein und sauber zu halin Dörrenbach (Pfalz).

ten! Draußen in der Natur sollte man nicht aus Schritt und Tritt an den Menschen und sein oft recht unpassendes Gebaren erinnert werden!

Maldeinlamkett. Deine süßen, süßen Schauer, O Waldesruh, In meine Seele hauche Und träufle du! Laß mich träumen die Träume Der Jugendzeit! O Frieden, o Ruh', komm über mich! Wie lieb' ich dich, lieb' ich dich, Waldeinsamkeit! Märzveilchen blühen, es treibt in den Bäumen, Der Frühling kam; Es zwitschern die Vögel, die Wipfel rauschen So wundersam; O Schöpsungsodem, der die Brust mir Bezaubert und seit! O Frieden, o Ruh', komm über mich! Wie lieb' ich dich, lieb' ich dich, Waldeinsamkeit l

Feierlich sonntägliche Stille Und Frühlingszeit; Kein Laut, keine Seele Weit und breit! Rur ein leiser, leiser Kummer Ist mein Geleit; — O Frieden, o Ruh', komm über mich! Wie lieb' ich dich, lieb' ich dich, Waldeinsamkeit! 8.

Eure Ausrüstung sei einfach und solid, d. i. dauerhaft! Vermeidet alles Aparte und Bizarre, alles Gesuchte und Seltsame! „L'habit ne fait pas le meine,“ zu deutsch: „Das Kleid macht den richtigen Mönch lange nicht aus", und so seid ihr auch noch lange keine tüchtigen Touristen, wenn

ihr wie die sog. Naturmenschen daherkommt, mit ganz kuriosen Dingern auf dem Kopse und mit Säcken und Fellen um Brust und Rücken, so daß man ost in Zweifel ist, ob man Stein­ klopfer oder vorsintflutliche Höhlenbewohner vor sich hat. Braucht auch keinen heubaumartigen Bergstock und keine zolldicken Bergschuhe mit schwerem Eisenbeschlag, wenn ihr in einer Hügellandschast Touren macht; was für das Hoch­ gebirge notwendig ist, nimmt sich aus der flachen Ebene lächerlich aus. Nur nicht kritiklos alles herübernehmen! Schaut die einfachen Leute, die Bauern einer Gegend an; die wissen besser, was sie brauchen; die machen solche Dumm­ heiten — sit venia verbot — der Städter nicht mit. Ob ihr viel Gepäck mitnehmen sollt? Ich meine, je weniger, desto besser! Der Neisesack, ob Rucksack oder Tor­ nister, den ihr aus dem Rücken tragt, wird ohnehin aus der Reise von allem möglichen Interessanten, das ihr am Wege auslesen werdet, lawinenartig wachsen. Haltet's wie der Engländer Jerome, als er seine „Pilgerfahrt" nach Deutsch­ land antrat: Pack up a tooth-brush, a comb, a pair of socks, and a shirt. That’s all you'll want, aus deutsch: Packt nur eine Zahnbürste, einen Kamm, ein Paar Strümpfe und ein Hemd ein. Sonst braucht ihr nichts!

IReiteUeb. Don Franz Bonn.

O Ferienzeit, o schöne Zeit, Wie machst du junge Herzen weit! Wie fröhlich tönt die Weise, Wenn Jugend greift zum Wanderstab Und leichten Muts bergan, bergab Mit Gott geht auf die Reise!

Gez. v. K. Meyer.

Brunnen in Oberhöchstädt (Aischtal).

Kein Vöglein ist so lustbeschwingt, So fröhlich keine Stimme klingt Als des Studenten Lieder, Wenn er die goldne Freiheit spürt Und ihn der Weg zur Heimat führt Und zu den Seinen wieder.

II. Vom Deimstwerke. Dabelm. Ein Weg durch Korn und roten Klee, Darüber der Lerche Singen, Das stille Dorf, der Helle See, Sützes Wehen, frohes Klingen.

Es wogt das Korn im Sonnenbrand, Darüber die Glocken schallen — Sei mir gegrüßt, mein deutsches Land, Du schönstes Land vor allen! Prinz Emil von Schönaich-Earolath.

Kirche in Dettwang bei Rothenburg o. T.

Der französische Schriftsteller Chateaubriand sagt einmal bei einer Charakteristik seiner Landsleute, daß „sie alles geringschähen, was nicht von ihnen stammt (meprisant tout ce qui n'est pas d'eux)“. Von den Deutschen muß man bekanntlich das gerade Gegenteil sagen; sie bewundern alles, was vom Auslande kommt, und betrachten das Einheimische mit Verachtung, eine Klage, die schon Jahrhunderte alt ist. Das geht so weit, daß sie sogar fremde Geschichte und fremdes Volkstum auf Kosten des Heimatlandes studieren. Wir wissen in der Geschichte, in der Geographie und in den Ein­ richtungen fremder Völker teilweise besser Bescheid als in dem, was das Vaterland angeht. Zwar sind in den letzten

U

Jahren Ansätze zu einer Besserung gemacht worden; aber es bleibt immer noch recht viel zu wünschen übrig. Besonders kennen wir meist unsere nächste Umgebung viel zu wenig. Die meisten glauben ja wohl, daß sie mit dieser schon deshalb gut vertraut sein müssen, weil sie darin ausgewachsen sind. Wie wenig das aber der Fall ist, merken sie selbst, wenn sie einmal einem Fremden, einem Engländer oder Amerikaner, Auskunft geben sollen; da können sie nicht selten wahrnehmen, daß diese im deutschen Lande besser zu Hause sind als sie selbst. Wie soll es aber auch anders sein! Feder Deutsche, der sich einigermaßen für gebildet hält und über einige Geld­ mittel verfügt, hält es fast für seine Pflicht, jährlich eine Reise ins Ausland zu machen; dort geht er gewissenhaft in alle Museen und Kirchen und staunt alles an, was im Bädeker als monumental und sehenswert bezeichnet ist. Daheim fällt es ihm meist gar nicht ein, sich nach diesen Dingen umzu­ sehen. Und was birgt nicht gerade das deutsche Land in allen Winkeln, .in Dorf und Stadt, so unendlich viel Wert­ volles aus der alten Zeit, das unsere Beachtung verdient! Wir aber gehen daran vorüber, ohne uns viel darum zu bekümmern. Und wie hat sich der Unverstand der neuesten Zeit ost an unseren deutschen Altertümern versündigt! Das kunstvollste Fach werk hat man in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vielfach mit einem häßlichen Verwurf bedeckt. Warum? Weil es in der Stadt bei den Neubauten auch so gemacht wurde! Gewöhnlich findet ja nichts schneller Nachahmung als das Verkehrte und Unschöne, auf dem Lande besonders dann, wenn es von der Stadt kommt; denn die in der Stadt, heißt es dort in kind­ lichem Vertrauen, müssen es doch besser verstehen als wir auf dem Lande. Freilich sollte man das meinen; allein die Erfahrung zeigt, daß man gerade in der Stadt, und zwar in fachmännischen Kreisen, eine Zeitlang gar kein Verständnis für das historisch Gewordene und für das Bodenständige gehabt hat. Sonst hätte es nicht vorkommen können, daß Architekten aus der Stadt Kirchen im modern gotischen Stile, wie sie in eine charakterlose Vorstadt passen mögen,

Gez. v. K. Meyer.

Bauernhaus in Pretzfeld (Fränkische Schweiz).

in eine Landschaft setzten, wo ein einfaches Kirchlein im Kapellenstil besser am Platze war. Wie herzlos verfährt ferner das moderne Geschlecht mit der angestammten Tracht! Die guten alten Stoffe werden durch geschmacklose, billige aus den Großwarenhäusern ersetzt, denen man das Wertlose schon von weitem ansieht, ohne daß man sie erst mit den Fingern prüft. Von freudigen, Hellen Farben kann da erst recht keine Rede sein; sie sind ge­ wöhnlich in einer Farbe gehalten, die „nicht schmutzt, was heißen soll, die den daraus ausgehäusten Schmutz nicht so schnell erkennen lassen soll. Die Folge ist, daß dadurch die Unreinlichkeit unter den einfachen Leuten gefördert wird, abgesehen davon, daß der Farbensinn immer mehr verloren geht. „Cleanliness next to godliness“: Reinlichkeit kommt gleich nach Frömmigkeit, sagt ein schöner Spruch der Eng­ länder, und von den Holländern wissen wir, daß „Reinlich­ keit ihre Religion" ist. In der Tat, wer nicht auf Reinlichkeit viel hält, dem liegt auch nicht viel an innerer Reinheit. Die deutsche Hausfrau stand bis jetzt bei den Ausländern wegen ihrer blinkenden weihen Leinenwäsche in hohen Ehren. Möge es auch in Zukunft so bleiben! Und wollen wir unser Teil dazu beitragen, daß in den wenigen Gegenden, in denen man auf die ländliche Tracht noch stolz ist, diese erhalten bleibt! Stärken wir durch Er-

munterung und, wenn's sein muß, auch durch Lobsprüche den konservativen Sinn dieser Leute l Sie sollen die kostbaren Stücke ihrer alten Tracht wie eine Reliquie noch weiter verehren und sie bei festlichen Gelegenheiten aus dem Schrein hervor­ holen ! In China hängt man auch unter den höheren Klassen mit frommer Pietät an der Tracht der Ahnen; möge bei uns wenigstens das Landvolk seiner alten Kleidung treu bleiben! Und sorgen wir auch dafür, daß die Bauernstuben mit ihren alten Möbeln und Gebrauchsgegenständen, die für sich kleine Museen darstellen, nicht länger ihrer Kostbarkeiten beraubt werden! Wie viele dieser Gegenstände wandern jährlich in die Stadt, in modern eingerichtete „Herrenstuben", wo sie sich ausnehmen wie das Bauernmädchen im ländlichen Kostüm unter städtischen Hochzeitsgästen, die mit Spitzen und Perlen aufgeputzt sind l Und was tauschen die Leute auf dem Lande dafür ein? Großstadtplunder, ohne Geschmackund ohne Gehalt, zu Tausenden nach einem Muster von der Maschine hergestellt, ohne individuelles Gepräge, ohne die Seele des Künstlers! Da heißt es denn nach allen Seiten hin ausklären, den Sinn stärken für das Alte und dadurch die Liebe zum heimatlichen Boden wecken und nähren, ein Werk, das nicht weniger wichtig ist als der Dienst in den Waffen für das Vaterland. Und wie man euch, junge Wanderer, schon in den jungen Jahren für diese große Sache erziehen will und zu diesem Zwecke die Lust zum Wandern ausnutzt, so möchte ich euch zu Pionieren des Heimatwerkes gewinnen und heranbilden, damit ihr einerseits selbst mit Achtung und Liebe zum Altangestammten erfüllt werdet, anderseits aber auch, wenn ihr euch einmal in verantwortungs­ voller Stellung befindet, Verständnis und Pietät für unser Volkstum in die weitesten Kreise traget. Darum habe ich mich euch als Führer angeschlossen, um euch zu zeigen, was des Beachtenswerten am Wege liegt, um Auge und Herz dafür zu öffnen. Seid überzeugt, daß so mancher Pfad, der euch vielleicht sonst langweilig erscheinen möchte, euch unter meiner Führung viel Interessantes bietet. Frisch auf denn, ans Heimatwerk!

Ausfabrt. Berggipfel erglühen, Waldwipfel erblühen, Vom Lenzhauch geschwellt; Zugvogel mit Singen Erhebt seine Schwingen — Ich fahr' in die Welt.

Mir ist zum Geleite In lichtgoldnem Kleide Frau Sonne bestellt; Sie wirst meinen Schatten Aus blumige Matten — Ich fahr' in die Welt.

Mein Hutschmuck die Rose, Mein Lager im Moose, Der Himmel mein Zelt: Mag lauern und trauern. Wer will, hinter Mauern — Ich fahr' in die Welt. Joseph Viktor v. Scheffel.

6tet. o. K. Meyer.

Nödelseertor (Innenseite) zu Iphofen.

jfrob und fromm. Blauer Himmel und weiße Ein göttliches Begüten fBlüten, Liegt über aller Welt; Es ist ein himmlisch Hüten, Das uns in Armen hält. Weiß nicht, wohin mich's leite,

Weiß nicht, wohin ich schreite, Mein Herz ist wohl bestellt: Ich wandre in die Weite, Wohin es Gott gefällt. Der hat mit tausend Blüten Mir meinen Weg erhellt. Otto Julius Bierbaum.

B. Hut der Wanderschaft I. Huf der Landstrasse. O Vaterland, wie bist du schön Mit deinen Saatenseldern, Mit deinen Tälern, deinen Höh'n And all den stolzen Wäldern!

H.Allmers.

Kaum sind wir zusammen einige Schritte aus der Land­ straße gegangen, so stoßen wir auch schon auf etwas sehr Interessantes, aus eine „Marter", „Steinmarter", „Mar­ tersäule", meist zur Erinnerung an einen Anglücksfall oder auch gewalt­ samen Tod an Ort und Stelle errich­ tet. Solche Ge­ denksteine sind aus sehr früher Zeit, zum Teil schon aus frühgotischer Zeit, erhalten. Be­ sonders ist das Frankenland (Um­ gebung von Bam­ berg, Nürnberg) reich an derartigen alten Steinzeugen. Wir suchen das Sluftt. ü. F. ?l. Nagel. Alter sestzustellen. Marterl in Katzwang bei Schwabach. Zu diesem Zwecke

prüfen wir die architektonischen Formen des Steines, die etwa vorhandenen Schriftzüge, die Kostüme der Personen aus den vier Seiten; vor allem über muß dazu die Lage des Körpers des Gekreuzigten herhalten. Ein wichtiges Erkennungszeichen für das Alter dieser Steine bilden die Arme. In den frühesten Zeiten, seit dem 11. Jahr­ hundert, also zur Zeit des romanischen Stiles, laufen die Arme ganz wagrecht mit dem Querbalken. Das ist auch noch während des Über­

gangs vom romanischen zum gotischen Stile, also um 1250, der Fall. Von da an, während der srühgotischen Zeit, von 1300—1380, sinken die Arme etwas unter den Balken. Das bleibt auch zur spätgotischen Zeit, von 1380—1500, im all­ gemeinen so; das Haupt ist meist ein wenig gegen den rechten Arm hin geneigt. In der Renaissance, von 1500 bis 1600, hängen die Arme ziemlich nach unten (schräg auswärts), so besonders bei A. Dürer; der Leib ist schlank, die Beine sind gestreckt, die Knie eng geschlossen. Im Zeit­ raum von 1600—1700 (Renaissance und Barock) sind die Arme mehr und mehr steil aufwärts gestreckt, der Körper ist etwas zur Seite gebogen; die Beine sind oft ziemlich muskulös; die Künstler wollten ihre Kunst in der ana­ tomischen Behandlung zeigen, während die der älteren Zeit mehr Wert aus den Gesichtsausdruck legten. In der Zeit des Barock und Rokoko (1700 bis ca. 1780) werden die Arme oft geradezu aufwärts gestellt, die Sehnen krampfhaft gespannt, der Körper wird stark verdreht. Man darf aber bei der Be­ urteilung eine Erscheinung nie für sich allein nehmen;

der persönliche Geschmack des Künstlers sowie dessen Fertigkeit haben oft die Lage der Arme und der Beine unabhängig von der gegebenen Zeitperiode bestimmt. So finden sich besonders um die Mitte des 18. Jahrhunderts Darstellungen, die sich von den Übertreibungen des Barock und Rokoko freihalten, so daß man versucht sein könnte, sie einer früheren Zeit, etwa um 1650, zuzuweisen. Vom 18. Jahrhundert an begegnen vor allem in den Bistümern Bamberg und Würz­ burg ganze Kreuzigungsgruppen aus Stein, die nicht selten von bedeutenden Künstlern herrühren und eine imposante Wirkung ausüben; sie entwickelten sich aus der ursprünglichen einfachen Marter, indem die dortigen Seitensiguren unter dem Kreuze losgelöst und als Statuen für sich behandelt wurden. Selbstverständlich ist der Anlaß für die der späteren Zeit angehörenden Martern bzw. Kreuze nicht mehr der alte; sie erscheinen meistens im unmittelbaren Dienste der Kirche oder sie sind aus frommen Stiftungen hervorgegangen. Reben diesen hochragenden Martersäulen finden sich kurze, tief am Boden ausliegende Steinkreuze aus gleich­ langen Querbalken bestehend. Hie und da kommen sie mit mehreren zusammen in Begleitung der hohen Martern vor. Auch sie dienen dem alten, ursprünglichen Zwecke der letz­ teren, und zwar noch in verhältnismäßig später Zeit (18. Jahr­ hundert).

Richt selten entdecken wir auf den Vorder- und Rück­ seiten merkwürdige Zeichen eingegraben, die nicht immer leicht zu deuten sind; wenn sie Dolche, Beile, Sensen, Lanzen darstellen, scheint es sich um Instrumente zu handeln, mit denen in dem gegebenen Falle der Tod herbeigeführt wurde.

Das Dildttöckrl. Von Martin Greif.

Am schwindelnden Hang der Straße Steht einsam ein starrer Block, Amwuchert von wilden Farren Erhebt sich der Marterstock.

Sein Täflein bezeichnet die Stelle, Da starb ein Menschenkind; Wohl ist es schon fast verfärbet Von all dem Regen und Wind. Doch der es am Weg erblicket, Hält an zu kurzer Ruh' Und betet davor in Stille, Dann wandert er wieder zu.

Eine andere Art alter Steinzeugen haben wir in den sog. Bildstöcken. (Abbild. S. 17 u. 18.) Sie entstammen jenen Zeiten, wo Rot, Krankheiten, Hungersnöte häufig herrschten, also den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges, und werden von da an immer häufiger und auch zierlicher; in der Regel finden wir auf ihnen die Dreifal­ tigkeit oder die 14 Rothelfer ab­ gebildet. Auf bayerischem Sprachge­ biete sind am Wege hölzerne Bretter aufgerichtet, die ost kunst­ voll geschnitzt und bemalt sind und fromme Gedenksprüche in Reimen enthalten, die mitunter recht naiv abgesaßt sind, es sind die sog. Totenbretterl. In meiner Heimat, im unteren Wiesenttale (Fränkische Schweiz), wird das Brett, auf welchem der Tote nach dem Verscheiden lag, über Gräben gelegt, nachdem es mit den Anfangsbuchstaben des Namens des Verstorbenen, dem Todesjahre und einem Kreuze versehen worden ist; die darüber gehen, werden dadurch ermahnt, des Dahingegangenen im Gebete zu gedenken. Kurz sei noch auf die Feld kreuze und die kleinen Feldkapellen hingewiesen, deren Ursprung vielleicht der

altgermanischen Zeit angehört, da man die Götter im Freien anbetete und ihnen Opfer brachte. Doch lasse man sich nicht verführen, Steinblöcke, die eine tiefe Rinne ausweisen, für altgermanische Opsersteine zu halten; die Rinne ist wohl eher durch den ablaufenden Regen entstanden, besonders wenn das Gestein leicht verwitternder Kalk ist. Besonders vorsichtig und mißtrauisch aber sei man, wenn solche angebliche Opsersteine in sog. „Druiden­ hainen" vorkom­ men. Da handelt es sich dann um öde Schwärmerei aus dem 18. Jahr­ hundert, als man ansing, in seiner Begeisterung für das germanische Altertum Wald und Flur mit den germanischen Gottheiten zu be­ völkern. Da ka­ men auch die Aufn. v. F. A. Nagel. „Druiden" in un­ Marterl im Friedhof zu Altdorf bei Nürnberg. sere germanischen Wälder, wo sie früher niemals waren; denn Druiden gab es nur bei den keltischen Völkern. Wohl aber sind bei uns die „Truden", Druhten, ein alter Name für „Hexen, böse Geister", einheimisch; viele Flurnamen, wie Trudenbaum, Trudenacker usw., künden noch von ihnen. Wenn dafür aus Karten, Plänen „Druiden-" eingetragen ist, so wissen wir gleich, daß da irgend ein „Gebildeter", ein Feldmesser, ein Amtmann, der einmal was von „Druiden" hat läuten hören,

ohne es recht zu verstehen, im Spiele ist. Darum Vorsicht und Mißtrauen bei den „Druiden"! Fragt die Bauern selbst, besonders die ältesten unter ihnen; die kennen nur „Truden". Als ein Rest der altgermanischen Sitte haben sich die sog. Freisteine erhalten; sie weisen aus eine alte „Mal-" oder Gerichtsstätte. Südlich der Donau stößt man vereinzelt auf alte Grenz­ steine, die gewöhnlich das Wappen der betreffenden an­ grenzenden Gebietsherrschasten, den Anfangsbuchstaben der Grenzländer und die Jahreszahl der Errichtung zeigen. Auch bei uns haben derartige Steine besonders zur Be­ zeichnung der Flurgrenzen herrschaftlichen Besitzes gedient. Sog. Fraischsteine — zur Abgrenzung des Gerichtsbannes — sind zwischen Betzenstein und Pottenstein noch erhalten. Nachdem wir bei den alten Steindenkmälern längere Zeit verweilt haben, wollen wir auf der Generalstabskarte, die wir immer bei uns tragen, nachsehen, ob sonst nichts Merkwürdiges am Wege liegt! Wirklich finden wir in ge­ ringer Entfernung „Hünengräber" eingetragen. Wir gehen an die bezeichnete Stelle, in einem Wäldchen, und ent­ decken da mehrere kreisrunde Erdhügel mit Steinen an der Basis und einem Durchmesser von etwa 8 m, bei einer Höhe

Hünengrab.

von etwa 1 m. Da die Spitze der Kegel abgetragen ist, so schließen wir daraus, daß die Hügel bereits ausgegraben wurden; ein gerade vorüberkommender Greis bestätigt unsere Vermutung. Weil wir gerade bei den Toten sind, so wollen wir auch einmal einem untergegangenen Dorfe, einer villa desolata, wie es in den Sterberegistern dieser ausgestorbenen Orte heißt, einen Besuch abstatten. Wir brauchen nur eine Viertelstunde weiterzugehen, da treffen wir einen pflügenden Bauern in einiger Entfernung von der Straße, am Fuße eines Berges, an dessen Abhang oben sein Dorf liegt, das von einer weit nach allen Seiten hinschauenden Kapelle mit weih­ blinkenden Mauern überragt wird — mich erinnert das schmucke Gotteshäuschen immer an den Sang von dem Hirtenknaben, der drunten im Tal bei Wies' und Quelle die Schäflein weidet und zur Kapelle droben froh und hell hinaussingt. Gewohnt, die Bauern da draußen nach ihrer Flur, besonders nach deren Namen auszufragen, was oft ihnen und noch mehr uns großen Spaß macht, erkundigen wir uns nach dem Namen des Ackers, auf dem er gerade pflügt, und zwar bitten wir, er möge ihn so nennen, wie ihn gewöhnlich die Leute, wenn sie unter sich reden, aussprechen. Unter Lachen sagt er dann: „Des is halt der „Almeshuf". Der Name läßt uns vermuten, daß hier einmal ein „Hof", vielleicht sogar eine Vielheit von Höfen, ein ganzes Dorf, gestanden ist. Wir fragen weiter, ob er sich denn nicht erinnere, daß sein Vater oder sein Groß­ vater früher beim Ackern Backsteine oder Eisenstücke aufgeackert habe, woraus der Mann erzählt, daß man eine ganze Menge solcher Sachen aus dem Feld heraus auf den Rain geworfen habe und daß man mitunter auf ganze Mauerreste gestoßen sei. Nun haben wir keinen Zweifel mehr, daß wir auf dem Grabe eines untergegangenen Dorfes stehen, danken dem Mann und ziehen weiter, wobei wir das Gehörte in unser Notizbüchlein mit genauer Beschreibung der Örtlichkeit ein­ tragen. Zu Hause angekommen suchen wir in einer Chronik der Gegend oder blättern in Regesten zu den Urkunden, die sich auf jenen Bezirk beziehen, und entdecken, daß ein

Adalhalmeshoven, 1062, zusammen mit anderen Orten der Nachbarschaft (bei Ebermannstadt) überliefert ist. Wir haben also, wenn wir auch einen Toten nicht wieder auserweckt haben, so doch sein Gedächtnis dem Vergessen entrissen und freuen uns darüber. Durch eine herrliche Akazienallee gelangen wir in einen Wald, wo sich die Straße plötzlich zu einem großen Rondell erweitert. Ein an der Straße arbeitender Straßenwärter klärt uns über dessen Bedeutung aus. „Da haben früher die Markgrafen ihr Gespann umwenden lassen," erzählt er, stolz, daß er uns belehren kann, und fügt hinzu: „Die Straße heißt im Volksmund auch ,der Markgrafenweg'". Da erinnern wir uns, daß wir auch schon von „Bischofs-, Fürsten-, Grasenwegen" gehört haben, und erkennen, daß es mit diesen eine ähnliche Bewandtnis hat. Der Mann ist Fachmann und weiß also noch mehr von alten Wegen zu berichten. „Da oben aus der Höhe," fährt er fort, „zieht sich ein breiter, jetzt überwachsener Weg hin, die Leute nennen ihn die .Hohe Straße'; das war früher eine wichtige Heerstraße; im Wald droben stehen jetzt noch die Mauerreste der .Kaltenherberge', wo die Fuhrleute Einkehr hielten, und ein Acker heißt heute noch die .Hohe Schmiede'; da hat man die Pferde beschlagen lassen. Drüben auf dem anderen Hügel­ kamm führt eine ähnliche alte Straße hin, die heißen sie .Rennweg';*) mein Großvater sagte, daß dieser Weg für Eilboten zu Pferde eingerichtet war. Wo ich früher bedienstet war, da gab's eine .Weinstraße'; aus dieser wurde früher der Wein aus Franken (d. i. Untersranken) in ein benachbartes Kloster geschafft." Damit ist das Wissen des Mannes auf diesem Gebiete erschöpft. Er greift ohne weiteres wieder zu seiner Schaufel, wir aber ziehen weiter, indem wir uns über das Gehörte unterhalten. Da fällt dem einen ein, daß er schon von einer „Salzstrahe" gelesen habe, dem anderen, daß er schon auf der „Eisenstraße", aus der im Mittelalter das aus der Oberpfalz stammende Eisen über Hersbruck ') Ursprünglich „Rain-, Reinweg", d. t. Grenzweg, also Grenze zwischen zwei herrschaftlichen Gebieten.

an den Main gefahren wurde, gewandert sei, ein anderer will schon den Spuren einer „Römerstratze" nachgegangen sein, ein letzter endlich behauptet, sich schon mit der Frage der „Hochäcker" beschäftigt zu haben. 'Da werden wir durch den Anblick einer mächtigen Eiche mit zerrissener Rinde und breitem Gipfel aus einen anderen Gegenstand gelenkt, aus die Denkmäler der Natur. Hierüber sind meine jungen Begleiter durch den Unterricht in der Naturgeschichte und die sich daran anschlietzenden Aus-

Aufn. v. I. Brunner.

Dorflinde in Schönserchen bei Cham (Bayer. Wald).

flüge bereits ziemlich gut unterrichtet; seltene Exemplare sind ihnen bei dieser Gelegenheit und in den naturwissen­ schaftlichen Sammlungen bereits in Menge vorgeführt wor­ den; auch wurden sie da aus interessante Boden- und Gestein­ bildungen aufmerksam gemacht. Ich will mich also aus unserer Wanderung daraus beschränken, ihren Blick auf einige immer seltener werdendeVertreter aus der Baumwelt, wie den Speier­ lingsbaum (bei Virnsberg, Mittelsranken), den Eibenbaum (bei Kronach), zu richten und sie ihrem Schutze zu empfehlen. And einen ehrerbietigen Grutz senden wir noch der trauten Linde, von der wir schon so manches gemütvolle Lied ge-

sungen, die uns schon manches Mal unter ihrem kühlen Schatten beherbergt hat und die sich nicht selten zu Boden bückt, um die tanzende Jugend auf ihren Rücken zu nehmen. (Abbild. S. 1 u. 24.)

II. Huf der Burg. Die Kurg. Seh' ich Trümmer ragen Hoch am Felsenrand, Träum' ich von den Tagen, Wo die Burg hier stand;

Wo die Hörner schallten Zu der lust'gen Jagd, Wo die Fahnen wallten Zu der wilden Schlacht.

Wo die Türme stiegen In die Lust so schlank, Wo auf hohen Stiegen Klirrt' der Waffen Klang;

Männer sah man streiten Hier mit Heldenmut, Wilde, rauhe Zeiten Tobten hier in Wut.

Mag der Wind verwehen, Was die Zeit entrasft! Eines soll bestehen: Deutsche Heldenkraft!

Rod. N-mi-e.

Wir biegen um eine Ecke. Da bietet sich uns ein herr­ licher Anblick: Aus hohem Felsen ragt eine stolze Burg, eine „Höh en bürg", in die Lüste, aus schwindelnder Spitze wie ein Adlerhorst. Rabenstein ist ihr Name, den sie mit gutem Grunde führt; denn sie ist aus Stein auf Stein gebaut. Ihre Entstehung mag in die Zeit der Ottonen fallen, wo der Steinbau wieder belebt wurde. Ein Raubritter war der Gründer; auf steil abfallender Felsnase hat er sein Nest ein­ gerichtet, um da oben nach Belieben schalten und walten zu können, sicher vor jedem feindlichen Angriff. Ein Wegweiser führt uns durch einen dichten Wald, der rings um den Burg­ berg angelegt ist. Schon treten wir in die sog. Vorburg oder den Vorhof, der meist landwirtschaftlichen Zwecken diente. Wir beschreiten nun die Zugbrücke, die über einen Graben, den sog. Halsgraben*), führt; letzterer wurde im Falle einer ') weil er sich halsartig um die Burganlage zog.

Belagerung mit Wasser gefüllt, die Brücke wurde in die Höbe gezogen; die hierfür notwendige Vorrichtung ist über dem Eingangstor deutlich zu bemerken. Von dem Torturm aus gelangen wir in die eigentliche Hof- oder Hauptburg. Dort kommen wir zunächst an den Hauptbau, den Hauptturm oder Berchsrit. Dahin zieht sich der Burgherr zurück, wenn keine andere Zuflucht mehr übrig ist. Der Berchsrit ist der wesentliche Bestandteil einer Burg; sogar die kleinen Lehnsbürgen (kastel genannt) besitzen ihn; bei diesen ist er zugleich Wohnturm, ersetzt also den Palas. Letzterer ist das Haupt­ wohngebäude einer Burg, meist langgestreckt und zwei­ stöckig, mit einem großen Rittersaal im zweiten Geschoß; der Name Palas ist aus dem Französischen übernommen (jetzt palais), das von dem lat. palatium kommt. Aus der dem Hof zugekehrten Seite zieht sich eine Galerie hin. Zm Erd­ geschoß befinden sich die Küche und Vorratsräume; eine steinerne Treppe führt außen in die oberen Geschosse. An den Palas schließt sich die Kemenate (aus lat. caminata), eigentlich ein mit einer Feuerstätte (Kamin) versehenes Gemach. Da gewöhnlich ersterer nicht alle Räume zum Schla­ fen und Wohnen fassen konnte, so mußte man dafür ein be­ sonderes Gebäude aussühren, die Kemenate, auch „Gadern" genannt, und verlegte dahin zunächst das Frauengemach, weshalb man unter Kemenate oft Frauengemach verstand; doch wurden auch Vorräte, wie Obst, Wein usw., darin auf­ gespeichert. Der Kemenate gegenüber liegt gewöhnlich der Dürnih, der Speise- und Aufenthaltsraum des Gesindes; ursprünglich soll Dürnih ein heizbares Zimmer bezeichnen; die Herkunft des Wortes ist noch nicht sicher festgestellt. Aus der Seite des Dürnih ziehen sich gegen hinten zu der Marstall (Pserdestall) und ein Garten hin. Eine Kapelle nimmt die hinterste Ecke ein, was bei den größeren Burgen der Fall ist; bei kleineren ist sie dem Palas oder dem Burgtor eingebaut. Auch ist eine Zisterne oder ein tiefer Ziehbrunnen, ein Zeug­ haus, ein Brauhaus bei vornehmeren Burgen vorhanden. Der Raum, der sich zwischen der inneren und äußeren Ringmauer gürtelartig herumzieht, heißt Zwinger. Die

Ringmauer, durchschnittlich 3—4 m hoch und 1 m dick, umgibt die ganze Anlage, die außerdem noch mit Ecktürmen, Erkern, Zinnen bewehrt ist. An der Innenseite der Ringmauer führen Gänge, sog. Wehrgänge, herum, die meistens überdacht sind. Wir steigen nun wieder ins Tal, wo wir auf eine andere Art der Befestigungsanlagen stoßen, auf eine sog. Wasser­ oder Tiefburg. Was bei den Höhenburgen die hohe Lage, das ist bei diesen das Wasser; letzteres wird also zur Verteidi­ gung benutzt. Darum erheben sich die Tiefburgen auf einer Insel oder gewöhnlich aus einem halbinselartigen Vorsprung des Ufers oder der Küste, wobei man die schmale Landseite durchstach, so daß die Anlage auf allen vier Seiten vom Wasser umflossen war. Wo letzteres fehlte, suchte man Sumps aus oder man leitete es aus der Nähe zu. Während die Felsburgen nur einen Zugang aufweisen, haben die Wasserburgen mehrere Tore, nicht selten aus den vier Seiten. Viele der Burgen sind im Lause der Zeiten der Zerstörung anheim­ gefallen. So wandte sich im Jahr 1525 die Wut der aufständischen Feldkreuz in Lindental b. Passau. Bauern vor allem gegen die Berg­ festen; andere gingen in dem alles verheerenden Dreißig­ jährigen Kriege unter. Niemand sieht mehr etwas von ihren Mauern. Nur das kundige Auge entdeckt noch da und dort im hohen Fichtenwalde einen Burggraben oder Kellergewölbe; hört er dann noch aus dem Munde eines Ortseingesessenen, daß die Stelle, wo er die verdächtigen Spuren gefunden, „Burgstall", d. i. Stätte (Stall) der Burg, heißt oder gar einen Namen wie „Dietrichstein, Heroldstein" trägt, dann ist seine Vermutung zur Gewißheit geworden. Ost gibt

einem in dieser Hinsicht eine alte Linde oder ein Obstbaum mitten im Waldesdickicht oder eine Sage einen Wink; dann heißt es: „Suche treu, so findest du!" Diele dieser verschwun­ denen Burgen harren noch der Auferweckung, ebenso wie zahl­ reiche eingegangene Höfe und Dörfer. Erst dann bekommen wir eine richtige Vorstellung von der Besiedelung einer Gegend im Mittelalter, die viel dichter war, als wir gemeinhin an­ nehmen.

III. Dss Gebött. Schon von weitem vernehmen wir das Gebell eines Hundes, der sein Heim bewacht; das sagt uns, daß wir uns einem Bauernhof nähern, der Residenz eines Landmannes inmitten der Flur. Fast möchte man sie eine kleine Festung nennen; so ist die ganze Anlage bewehrt, mit einer festen Mauer umgeben. Die Einfahrt führt durch ein stattliches Portal, das mit kunstvoll gemeißelten Säulenköpsen geziert ist. Daneben, gegen das Wohn­ haus zu, befindet sich eine Pforte für die Fußgänger. Das Wohngebäude, des­ sen Wohnstube der Straße zugekehrt ist, damit die Insassen alle Vorgänge auf der Straße gut ver­ folgen können, et­ was versteckt hinter den Blumen des Fensters^—denn der Bauer ist gar neu­ gierig, pardon wiß­ begierig—ist ein be­ häbiger Bau mit Anfg. v. M. Miller. Fachwerk, überragt Toreinfahrt in Königsbach (Pfalz).

von einer zierlichen Windfahne und einem wohlgesormten Schornstein mit vielen Öffnungen; das Dach ist steil und reicht manchmal weit herunter, teils damit Regen und Schnee besser ablaufen, teils damit oben Platz gewonnen wird; müssen doch die Räume „auf- dem Boden" das Getreide oder den Hopfen oder die Nüsse zum Trocknen bergen. Treten wir in den Hof und durch die Haustüre auf der Längsseite in das Innere, so kommen wir zuerst in eine schmale „Tenne"; auf der einen Seite liegt die Wohnstube mit der Küche dahinter als Abschluß, auf der anderen eine Kammer, die zugleich als Schlafstube benutzt wird; die übrigen Schlafzimmer sind im ersten Stock, meist gegen hinten zu; vorne, auf der Straßenseite, ist das sog. gute Zimmer, „Obere Stube" genannt. Wir weilen gerade in Franken. Der Hof, auf dem wir uns aufhalten, ist der sog. fränkische Hof, der von allen Hofanlagen die größte Verbreitung gefunden hat; er be­ herrscht fast ganz Mittel- und Ostdeutschland und ist auch auf oberdeutschem Gebiete nicht selten. Die übrigen zum Hof gehörigen Gebäulichkeiten sind in dieser Folge an­ gebracht: Die Scheune liegt hinten der Straße gegenüber, so daß die Ein- und Ausfuhr geradeaus durch das Tor ge­ schehen kann; an das Wohnhaus schließen sich unmittelbar die Kuh- und Pferdeställe an, gegenüber stehen Schuppen zum Aufbewahren der Ackergeräte, der Wagen und des Holzes so­ wie die Ställe für das Kleinvieh, Schweine, Gänse usw. In der Mitte des Hofes befindet sich die Mistgrube, deren Anblick etwas gemildert wird durch nebenstehende Taubenschläge, die oft sehr schmuck aussehen. Einen wesentlichen Bestandteil einer solchen Hofanlage bildet der Backofen. Nur dürfen wir nicht denken, daß überall diese Wirtschaftsanlage gleich groß­ artig ist. Im Gegenteil, meistens ist der Raum sehr beschränkt, so daß oft alles in einem einzigen Gebäude untergebracht ist, so daß also Mensch und Vieh unter einem Dache wohnen. Letzteres ist in der Regel der Fall bei dem niederdeutschen (niedersächsischen) Haus, dem reinsten Typus einer alt­ germanischen Behausung, aber auch bei den sog. „Ein-

bauten", die eine Verbindung vön Wohnung, Stall und Scheune darstellen und denen man hauptsächlich am Nord­ abhang der Alpen, im südlichen Bayern, im Bayerischen Walde, in der Pfalz, im Elsatz und im Schwarzwald, also bei den alten Bajuwariern und Alemannen, begegnet, also überall da, wo das rauhe Klima es wünschenswert macht, datz möglichst wenig Autzenwände vorhanden sind.

Oberbayerisches Bauernhaus.

Selbstverständlich kommen auch in diesen Gegenden An­ lagen mit mehreren Nebengebäuden vor. Vom Wohngebäude aus führen in manchen Gegenden zu den angebauten Ställen überdachte Gänge mit schön­ geschnitzten Holzfäulen. Wir dürfen den Hof nicht verlassen, ohne wenigstens die Wohnstube besichtigt zu haben. Wie heimelt uns da alles an: die alte Pendeluhr mit dem bemalten Ziffer­ blatt und dem altdeutschen Holzgehäuse, der weitbauchige

Ofen mit den glän­ zenden irdenen Ka­ cheln ! Wie laden die weißgesegten Bänke um ihn herum zum Sitzen und der Raum zwischen ihm und der Wand, die „Hel" (Hölle?), zum Ruhen und Schlafen ein!

v. F. R. Nagel.

Bauernhaus in Grotzreuth h. b. V. bei Nürnberg.

Am warmen (Men. Von Ludwig Bauer.

Draußen jagt der Wind die Flocken, Frostig bricht die Nacht herein, Fernher grüßen Abendglocken In das stille Kämmerlein.

Auf der Eisbahn vor dem Tore Tummeln noch die Brüder sich, Bis im Abendnebelflore Letzter Tagesschein erblich. Endlich hat sich unter Necken Unser Völklein heimgemacht; Nur der Schneemann mit dem Stecken Hält am Gartenzaun noch Wacht.

Und daheim die Kleinen sitzen Traulich beim Großmütterlein; Durch des warmen Ofens Ritzen Blinkt der Flammen Heller Schein. Und begierig lauscht das Pärchen, Schauend ihr ins Aug' so treu,

All den lieben, alten Märchen, Längst bekannt, doch immer neu. Mutter spinnt behend das Fädchen Und vor Freude strahlt ihr Blick; Zu den Märchen macht das Rädchen Seine schnurrende Musik.

Und der Vater selbst daneben Hat sein Pfeifchen frisch gestopft; Kinderträume ihn umschweben, Frohbewegt das Herz ihm klopft. Auf Großmutter und das Pärchen Blickend — hold gemahnt ihn das, Wie er einst denselben Märchen Lauschend ihr zu Füßen sah.

Die Bäuerin ist gerade beim Wäschemangen, was auf dem breiten Tisch in der Ecke des Zimmers vor sich geht; als sie einen Augenblick innehält, bemerken wir zu unserer Überraschung, daß das Mangbrett äußerst geschmackvoll ver­ ziert ist. Nun wird sie nicht wenig stolz; sie führt uns in die Küche, wo die Kupfer- und Messinggeschirre blank geputzt an der Wand hängen, und zeigt uns eine kupferne Rauch­ pfanne mit prachtvollen Verzierungen aus dem Deckel, und vor dem Fortgehen läßt sie uns im Hausflur einen Blick in das Innere eines alten Schrankes und einer alten Truhe tun, aus denen sie die wertvollsten Mieder, Hauben, Schürzen und Röcke herausnimmt, damit wir sie bewundern. Wir wandern aus einer Hochebene. Nicht weit von dem Gehöft entdecken wir ein tiefes Tal, aus dem uns eine andere Hofanlage, eine Mühle mit ihrem Mühlrad und den ver­ schiedenen Wirtschaftsgebäuden, einen freundlichen Gruß heraussendet. Gerne verweilt unser Auge aus dem stattlichen Hauptgebäude, an dem uns besonders die portalähnliche Eingangstüre auffällt. Munter dreht sich das große Rad an der Wasserseite und ruft in uns die Weise von dem „Mühlen­ rad im kühlen Grunde und dem untreuen Lieb", die ganze

Poesie der „Müllerlieder" wach (zu denen Schubert so herr­ liche Melodien geschrieben), besonders das Lied von der „schönen Müllerin" und dem Burschen, der ihr den „Morgen­ gruß" bringt. Ein ganz eigentümlicher Zauber weht uns aus diesem alten Gemäuer entgegen: Die vergangenen Jahr­ hunderte ziehen an uns vorüber, die Geschlechter, die darin so viele frohe und trübe Tage verlebten und die Verände­ rungen, die an der Mühle im Lause der Zeiten vorgenommen wurden; denn auch die Mühlen unter­ liegen dem Wechsel und Wandel. So manche „ Kunstmüh le" von heute war ehe­ dem eine „Papier­ mühle", d.h. sie diente zur Gewinnung des Papiers aus Lumpen und Hadern, weshalb so oft der Name „Hadermühle" vor­ kommt. Eine andere war früher eine kleine Schießpulverfabrik und hieh„Pulvermühle". Wieder andere -cf

a

misfl. v. Yi. v( a a ei.

waren „Ultnupieri , Schiotzhoftor in Alimoshvf bei Nürnberg (18. Jahrh.), in welchen fette Öle und Samen gepreßt wurden, in einer Zeit, wo das Öl als Fettbeigabe für die Speisen der Menschen und als Ölkuchen bei der Fütterung und Düngung eine größere Rolle als heute spielte. Und was sonst kulturgeschichtlich Interessantes erzählen uns die Mühlen in ihren alten Namen! — Wielange noch und diese altehrwürdigen Wasserbauten sind mit ihrem Reize verschwunden! Wo noch vor zehn Jahren das Mühlrad uns das Wiegen- und Schlummerlied sang, da saust jetzt in unruhigem Tempo die Turbine. Wo hellgrünes

Moos auf der Holzeinfassung des Rades zum Weiß der Mauern und zum dunklen Grün des Wassers schimmerte, da erscheint heute die schmutziggraue Farbe des Zements der Turbinen­ anlage und des Mauerverwurfes. Wird sich da der müde Wanderer, aus sein Bündel gestützt, im kühlen Schatten mehr lagern und dem Spiel des Rades und der Wellen wie im Traum verloren zusehen und das Lied vom „kühlen Grunde" für sich hinsummen? Erhalten wir uns diese Poesie des Mühlenrades noch recht lange; es gehört zum Zauber des Tales, wie das Försterhaus zur Idylle des deutschen Waldes, wie der Kirchweihbaum zum Wirtshaus! Der Weitermarsch führt uns durch hohen Fichtenwald. Da sehen wir an einer gelichteten Stelle ein Blockhäuschen und daneben einen kegelförmigen Erdhaufen, aus dem auf allen Seiten dünner Rauch hervordringt. Als wir näher kommen und erstaunt die Vorrichtung betrachten, erfahren wir aus dem Munde des Eigentümers, daß wir uns vor einer Köhlerei (Kohlenmeiler) befinden. Dann klärt er uns über diese älteste Methode der Holzkohlengewinnung aus; er zeigt uns, wie im Innern des Haufens Holzscheiter aufgestellt und gelegt sind, die unter der Decke von Rasen, Erde und Kohlenklein auf dem Wege eines sorgsam geregelten Verbrennungsprozesses langsam zum Verkohlen gebracht werden. Vor 40 bis 50 Jahren, fügt er dann hinzu, konnte man alle zwei Stunden auf einen Meiler stoßen; aber seitdem auch die Schmiede die Steinkohle verwenden, ging eine Köhlerei um die andere ein. „Jetzt bin ich der einzige im ganzen Bezirk, und wenn einmal mein Nachbar, der Schmied, der ein guter Abnehmer meiner Kohlen ist, weil sie nach seiner Ansicht ein ruhigeres Feuer geben als die Steinkohlen, von hier wegzieht, dann gebe ich das Kohlenbrennen und mein einsames Waldleben auch auf." Damit geht er in sein Häus­ chen; wir aber ziehen weiter und freuen uns, daß wir nun einen leibhaftigen Köhler kennen gelernt haben, von dem wir manchmal in den Märchen hörten, und daß die Namen wie „Meilerhos", die uns schon auf den Generalstabskarten aus­ gefallen sind, für uns nunmehr einen guten Sinn haben.

Es dauert kaum eine Viertelstunde, so vernehmen wir Helle Hammerschläge, welche uns sagen, daß eine Schmiede nicht mehr weit entfernt ist. Nach wenigen Minuten sind wir vor einer Waldschmiede angelangt. Sie befindet sich an der Stelle, wo unser Weg sich mit einer breiten Heerstraße kreuzt. Zahlreiche Fuhrwerke mit schweren Lasten kommen da des Tags über vorübergefahren und machen halt. Dienstbereit eilt der Geselle zum Gespann, um die Pferde unter die ge­ deckte Halle vor der Schmiede zu führen, wo die Hufeisen gerichtet werden. Drinnen steht der Meister vor der roten Feuersglut und bringt das Eisen zum Glühen; ein Lehrling zieht den Blasbalg. Bei diesem Anblick erwachen in uns jene Schmiedsgestalten der germanischen Sage; wir sehen im Geiste, wie Mimir den Helden nieversagende Schwerter schmiedet, wie Wieland von seinen kunstsinnigen Zwergen umgeben den Hammer schwingt; und wir gedenken des Schmieds von Ruhla, der dem Landgrafen von Thüringen, Ludwig dem Eisernen (1129—1172), bei jedem Schlag auf das Eisen zurief: „Landgraf, werde hart!", wodurch er ihn zum Einschreiten gegen die Bedrückungen der Edelleute aufforderte. Die Waldschmiede gehört heutzutage fast ganz der Ver­ gangenheit an. Aber auch die Dorfschmiede hat schon viel von ihrer Bedeutung und von ihrem Reize eingebüht. Die Fabriken und der moderne Verkehr haben auch diesem ehr­ baren, diesem ältesten Handwerk der Menschheit einen schweren Schlag verseht. Wo früher drei Schmiedewerkstätten vollauf beschäftigt waren, da reicht jetzt eine einzige gut aus. Was der amerikanische Dichter Longfellow in seinem schönen Gedichte ,,The Village Blacksmith“ (Des Dorfes Hufschmied) von dem Schmied sagt:

He earns whate’er he can, And looks the whole world in the face, For he owes not any man — auf deutsch:

Der Schmied verdient, was er nur kann, Schaut allen frei ins Aug>, Denn Schuldner ist er keinem Mann,

das trifft leider auf viele unserer Landschmiede nicht mehr ganz zu. Wie lange noch und die Kinder können nicht mehr, wenn sie von der Schule heimgehen, mit ihren großen Augen die hellrote Flamme in der dunklen Schmiedeesse betrachten, noch dem Sausen des Blasbalges lauschen, noch die umhersprü­ henden Funken auffangen, während der Meister ihnen mit dem glühenden Eisen droht! Sic transit.... So schwindet ein Stück aus der guten, alten Zeit um das andere!

IV. 3m Dorke. Das IDort. Don Neinick. Steht ein Kirchlein im Dorf, Geht der Weg dran vorbei, And die Hühner, die machen Am Weg ein Geschrei.

And die Tauben, die flattern Da oben am Dach, Und die Enten, die schnattern Da unten am Bach. Auf der Brück' steht ein Junge, Der singt, daß es schallt; Kommt ein Wagen gefahren, Der Fuhrmann, der knallt. Und der Wagen voll Heu, Der kommt von der Wiese, And oben daraus Sitzt der Hans und die Liese.

Die jodeln und jauchzen And lachen alle beib'; And das klingt durch den Abend, Es ist eine Freud'!

Und dem König sein Throns Der ist prächtig und weich; Doch im Heu da zu sitzen, Dem kommt doch nichts gleich! Und wär' ich der König, Gleich wär' ich dabei Und nähme zum Thron mir Einen Wagen voll Heu.

Schon winkt aus der Ferne ein schlanker Kirchturm. Da wir noch ziemlich weit vom Dorfe entfernt sind, so haben wir Mutze genug, die Form etwas zu würdigen. In Franken sind besonders zwei Typen sehr verbreitet: 1. In den zum Bistum Würzburg gehörenden oder davon beeinflußten Gemeinden ist vor allem der spitze Kirchturm, meist acht­ eckige Pyramide auf breitem, quadratischem Unterbau, sehr häufig. Diese Form wird auf den Bischof Julius Echter (t 1617), darum „Iuliusturm" genannt, zurückgeführt, da dieser Bi­ schof eine besondere Vorliebe dafür ge­ habt haben soll. Der Unterbau scheint in den meisten Fällen der gotischen Zeit anzugehören. 2. Aus der Zeit des Barocks bzw. Zopfs stammt der zweite Typus, der die Form der „welschenHaube" oderdes„Zwiebelturms" bietet. Meist ist die ur­ Ausn. v. M. Miller. sprüngliche, einfache Kirche in Asselheim (Pfalz).

Form erweitert durch den Aufsatz einer Laterne oder durch mannigfache Gestaltung der Spitze, die oft sehr gefällig wirkt. Muster dieses zweiten Typus sind im ganzen Franken­ lande reichlich vorhanden, in den Gebieten der katholischen Bischöfe wie Bamberg und Würzburg, besonders in der Stadt Bamberg (Franziskaner- und Stephanskirche) und auf dem Lande, wo der Erbauer der Würzburger Residenz, Balthasar Neumann (um 1750), die Pläne zu zahlreichen Kirchen entwarf (z. B. Gößweinstein, Pretzfeld), sowie in den Ländern der protestantischen Markgrafen von Ansbach und Bayreuth (Erlangen, Kulmbach usw.), da sowohl geist­ liche wie weltliche Fürsten in Franken für alles Welsche in gleicher Weise schwärmten. Daneben sind Turmsormen aus dem 15. und 16. Jahr­ hundert erhalten; charakteristisch dafür sind die ost oben angebauten „Turmerker" und „Ecktürmchen"; zuweilen be­ gegnen auch seitliche „Wendeltreppentürmchen". Im westlichen Teile von Mittelsranken, in der Nähe von Neustadt a. A., Ansbach und Rothenburg o. Tauber, fallen Kirchtürme mit einfacher Gestaltung, meist Hausdachform, aus, die bis in die gotische Zeit zurückreichen; der Unterbau gehört manchmal noch der spätromanischen (12. und 13. Jahr­ hundert) Periode an. Derartige alte Kirchtürme weist in viel größerer Zahl das eigentliche bayerische und schwäbische Gebiet auf, wohl deshalb, weil diese Länder unter den Verheerungen des Bauern- und Dreißigjährigen Krieges nicht so zu leiden hatten wie Franken. Indes ist eine jüngere Kirchturmsorm, die sog. welsche Haube, in der einfachsten Form dort sehr verbreitet. Wir kommen nun näher an das Dorf heran. Schon wird das Schiff der Kirche mit dem Chore sichtbar. An der Gestaltung der Fenster — ovalsörmig mit Ein­ biegungen —, an dem gebrochenen Dache erkennen wir, daß es ein Barockbau ist. Spitzbogensorm deutet auf goti­ schen, Rundbogensorm der Fenster und der Portale aus romanischen Stil. Der Anbau, offenbar die Sakristei, ist neuesten Datums.

Wie merkwürdig! Da kommt eine ganze Mauer um die Kirche herum zum Vorschein, und Ecktürmchen aus Fach­ werk mit Fenstern ragen empor! Und da ist sogar ein Wohn­ haus in die Ecke gebaut! Und Wehrgänge führen innen um die Mauer, die ringsum Schießscharten ausweist! Das sieht ja wie eine mittelalterliche, sestbewehrte Burg aus geweihter Stätte aus! Gewiß, die ganze Anlage diente früher zu Ver­ teidigungszwecken, daher Fried-Hof, d. i. eingehegter Hof, der dem Zutritt verboten ist, also eine Wehranlage, in Kriegs­ zeiten brachte die Bevölkerung Hab und Gut dorthin, sogar das Vieh, und verteidigte sich von da aus gegen den Feind (s. Abb. S. 39 u. 40). Die Kirche mit dem Friedhof bildete also früher den Mittelpunkt der Verteidigung des Landvolkes, sie war im eigentlichen Sinne des Wortes „eine feste Burg". Erst später bestattete man im Kirchhof die Toten und so kam es, daß man dann unter Friedhof den Hof verstand, wo die armen Seelen „Frieden" finden. Tatsächlich ist auch unser Kirchhof zur Be­ gräbnisstätte gewor­ den. Schauen wir uns etwas um, so entdecken wir mancherlei, was die Liebe zu den Verstor­ benen alles erdacht und die Hand des Meisters kunstvoll ausgearbeitet hat, das unser Staunen und unsere Bewunderuna hervorruft Was in Friedhof i» Hannberg bei Höchstadr a. A. ,

..

.

Ms,feite».

den italienischen Fried­ höfen (Genua, Pisa) der weißglänzende Marmor, das be deutet bei uns die Schmiedekunst aus den Gräbern. Ein längeres Verweilen bei den Wappen, Abbildungen und Grabinschriften wird viel Interessantes für die Sitten-, Trachten-, Wappen- und Sprachgeschichte zutage fördern. Die Toten sind dankbar für jede Art des Gedenkens!

In manchen Gegenden hat der Friedhof für die Ge­ meinde keine Schrecken; da spielen die Kleinen zwischen den Grabhügeln und der Greis raucht seine Pfeife, auf einem umgefallenen Grabstein sitzend, und gedenkt der teuren Seele, die darunter ruht. Da ist man aber auch ängstlich bedacht aus die Wahrung dieses kostbaren Gutes. Mögen auch anders­ wo diejenigen, die dazu berufen sind, darüber wachen, daß die moderne Zeit mit ihrer kalten Hand die Gedenksteine einer früheren Zeit nicht umwirft und zerschmettert!

Gez. v. K. Met; c r. Befestigter Friedhof (Ostseite) in Effeltrich bei Forchheim in Obfr.

Der Dorkklrcbbok. Von Adolf Stöber.

Friedlich Dorf! nach alter Sitte Hast du noch dein Kirchlein stehn In des stillen Hofes Mitte, Wo zur Nuh die Toten gehn.

Sonntags wallet die Gemeine Beim Geläute da heraus; Zwischen Kreuz und Leichensteine Zieht die Schar ins Gotteshaus.

Dörflein! deine Kirch' umkränzet Grün des Friedhofs ernst Geheg, Und der Totenacker grenzet Hart an deinen Lebensweg.

Wenn in deine Fest' und Freuden Ost ein Sterbgedanke bricht, So verklärt sich auch dein Leiden In des ew'gen Glaubens Licht. Nun heißt's aber im Dorfe selbst noch Umschau halten! Zunächst müssen wir die Form der Anlage etwas ins Auge fassen. Da unterscheidet man Hausen-, Reihen-, Straßen- und Nundlingsdörser. Das Haufendorf ist eine Vielheit von Einzelhösen; die Anlage ist also höchst bunt und willkürlich. Verbreitungsgebiet ist Schleswig-Holstein, Ost­ hannover, Braunschweig, Thüringen, Hessen, das südliche Westfalen und Rheinland sowie einzelne Striche in Süd­ deutschland und Österreich, also da, wo ursprünglich vom Hof aus die nächste Umgebung bewirtschaftet wurde. Diese Dörfer sind gewöhnlich mit einem Zaun, dem Etter, umgeben. Das Reihendorf entwickelte sich, als die Besiedelung von den Lehensherren, den weltlichen und den geistlichen, systematisch betrieben wurde; meistens entstehen diese Orte aus Ödland („Reut"). Die Gehöfte, zu denen eine bestimmte

Anzahl von Morgen Land gehörte, lagen in langer, straßen­ förmiger Reihe oder in parallellaufenden Zeilen um den Anger herum. Daraus ging das in der Kolonisationsgeschichte des Ostens so wichtige Straßendorf hervor. Das Runddorf soll für die Slaven charakteristisch sein. Allein es kommt diese Form auch in Skandinavien vor, wohin niemals Slaven kamen; anderseits ist sie in echt slavischen Gebieten nicht zu finden. Auch bei uns, in Franken, schreibt man die Rundlinge so gerne den Slaven zu. Es scheint, daß bei der ganzen Frage gewöhnlich ein wichtiger Gesichts­ punkt ganz außer acht gelassen wird, nämlich die Beschaffen­ heit des Terrains, auf welchem diese sog. slavischen Rundlinge vorkommen. Da muß es denn befremdend erscheinen, daß

sich diese Dorssorm in der Ebene nicht nachweisen läßt. Nur auf der Höhe, in zurückgezogenen Lagen, wie in der Frän­ kischen Schweiz, im Frankenwald, sind sie zu entdecken. Gewöhnlich sind die Häuser dieser Rundlinge im Kreise um den Dorfanger, häufiger noch um den Dorfweiher, die „Hüll", gelagert. Nun mutz man aber bedenken, welche Bedeutung eine solche Wasseransammlung aus der wasser­ armen Hochfläche für die Landwirtschaft hat. Da liegt es doch nahe, datz aller Augen, hier die Giebelseiten der Wohn-

Anfg. v. M. Miller.

Strahenbild in Bellheim (Pfalz).

Häuser, der „Hüll" zugekehrt sind! Noch etwas! In der Regel sind die eigentlichen slavischen Runddörfer mit einer Mauer, einem Steinwall oder einem Zaun umschlossen; wo in Franken ist bei den sog. slavischen Rundlingen auch nur eine Spur davon zu finden? Diese ganze Geschichte mit den slavischen Rundlingen in Franken dürfte vor den Ergebnissen einer strengen Forschung nicht standhalten können. Nach meiner Ansicht sind diese Rundlinge aus dieselbe Weise ent­ standen wie die Reihendörfer, deren Gründung von deutschen Kolonisten aus herrschaftlichem Gebiet in verhältnismäßig

später Zeit unternommen wurde und deren Form das Terrain vorschrieb. Und nun wollen wir unseren Gang durch das Dorf an­ treten! Da fällt uns gleich ein alter Dorsbrunnen in die Augen. Das Wasser ist durch ein vierseitiges Dach gegen Schmutz und Wetter geschützt; die Einfassung unten zeigt schmuckes Fachwerk; im Innern, neben der Brunnenstube, steht eine alte Bildsäule (Abb. S. 44). Das Wasser wird mittels einer Drehvorrichtung aus der Tiefe heraufgeholt! Welche Bedeutung hat der Brunnen nicht für das ganze Dorf! Seiner Ausstattung ist darum auch besondere Sorgfalt zugewandt worden.

Der bette flfcann tm ©rt. Von Georg Lang.

Wer kennt den besten Mann im Ort, Wer nennt ihn mir sofort? — And wenn ihn niemand nennen kann: Der Brunnen ist der beste Mann, Der beste Mann im Ort.

Er sendet seinen Wasserstrahl Für alle ohne Wahl; Er füllt des Armen Krug so gern, Wie er auch füllt dem reichen Herrn Den prächtigen Pokal.

And jedem gibt er ohne Geld, Soviel ihm nur gefällt, Dem fremden Wandrer auf der Nast Sowie dem langgewohnten Gast, Der sich ihm täglich stellt. Auch schenket frischen Trunk er ein Den Tieren groß und klein; And was an Wasser übrig ist, Als Bächlein in die Felder fließt Für Gras und Blümelein.

Er suchet nicht wie ich und du Des sühen Schlafes Ruh; Es strömt zur Nacht so voll und teilt Wie bei dem Hellen Sonnenschein Sein Wasser immerzu.

So quillt für alle in dem Ort Sein Segen fort und fort. Drum hör' es, wer es hören kann: Der Brunnen ist der beste Mann, Der beste Mann im Ort!

Brunnen in Freinsheim (Pfalz).

Auffl. ü. M. Miller.

Hut Galten der Detmat. Droben der Mond und die dämmernde Nacht, Die Welt still und verlassen, Leise nur klingt mein langsamer Schritt Aus träumenden Heimatgassen.

Am Markt der Brunnen, ich lehne mich dran, Hab' hier so oft gesessen. Ihr ragenden Dächer und Bäume ringsum, Habt ihr den Buben vergessen?

Ich fasse den Eimer und lasse ihn sacht Zur Tiefe niedergleiten ...... Aus dem Iugendbrunnen nur einen Trunk, Dann will ich weiterschreiten. Wilhelm Lobsien.

Brunnen am Herrnmarkt zu Rothenburg o. T.

Die weitere Besichtigung gilt den Häusern. Vor allem werden die Giebelseiten gemustert; die kunstvoll verschlungenen Fachwerkbalken tragen oft den Namen des Erbauers mit der Jahreszahl. Auch an allerlei Verzierungen am Gebälk, an den Fenster- und Türfüllungen fehlt es nicht; Malereien sind ost sehr sauber ausgesührt. Hin und wieder ist ein frommer Spruch zu lesen, manchmal auch sollen Witz und Satire den Vorübergehenden ergötzen. Wer genauer zusieht, wird mit­ unter ein herrschaftliches Wappen entdecken; das bedeutet, daß das betreffende Haus früher dem Markgrafen oder dem Fürstbischof usw. zinspflichtig war oder in dessen Gerichts­ barkeit gehörte. Neben dem Wirtshaus an der Kirche steht ein schlanker Fichtenbaum, ein Maibaum, dessen Spitze mit Bändern und bunten Tüchlein geschmückt ist und an dessen Stamm

oft allerhand Figuren angebracht sind. Die Großmutter, die vor dem Hause sitzt und ihr Enkelkind wartet, klärt uns über die alte Sitte des Maibaumes auf. In Franken holen am Vorabend der Kirchweih die Burschen unter den Klängen der Musik die schönste Fichte aus dem Gemeinde­ holz und graben sie dann ein; dabei geht's lustig und hoch her. Auch wenn ein neuer Bürgermeister gewählt ist, was oft keine Kleinigkeit und gewöhnlich mit einer Feier verbunden ist, wird einsolcherMaibäum vor dem Hause des Neugewählten aufgerichtet. Anfg. v. M. M i H e v.

Wohnhaus in Haardt (Pfalz).

Der ZHSaibaum. Von Martin Greif. Ein rechtes Dorf im Bayernland Muß seinen Maibaum haben, Den jed' Gewerk und jeder Stand Mit ihrer Kunst begaben. Zu oberst wehn der grüne Busch Und zu der Heimat Preise, Wenngleich sie schon der Wind verwusch, Zwei Fähnlein, Mau und weiße.

Nun folgt des Kreuzes edler Stamm Mit allem Marterzeuge Und manchem Heiligen wundersam, Daß er sich fromm ihm beuge. Darunter prangt der Kirche Bild, Grad' so wie sie erbauet Und wie mit seinem blanken Schild Das Wirtshaus zu ihr schauet. Jetzt kommt das Dorf und was darin Voll Fleiß die Hände rühret, Der Bauer und die Bäuerin Zuhöchst, wie sich's gebühret.

Doch weil nicht stets kann Friede sein, Braucht auch der König Streiter; Drum pufft der Schütze hier darein, Dort klirrt der schwere Reiter. Zu unterst dräun Armbrüste breit, Gespannt nach allen Winden, Um wie dereinst in alter Zeit Wehrhaftes Volk zu künden.

Wie hat das Gesicht der Großmutter vor Freude gestrahlt, als sie von der Kirchweihfeier sprach! Sie erinnerte sich wohl an ihre Jugendzeit, da sie auch das schönste Leibla (Mieder) und die buntseidene Schürze aus der Truhe hervor­ holte, um so herausgepuht aus den Tanzboden zu gehen, wo sie den „Schleifer" (Walzer) und den „Dreher" (Galopp) so gut tanzte, daß sie bei keiner Tour sitzen blieb. Ja, die Kirchweih ist das Nationalsest einer Gemeinde; die alten Römer haben ihre Palilien und ihre Luperkalien nicht großartiger gefeiert. Freuen wir uns, daß das Landvolk noch so viel aus seine Kirchweihseier hält! Da ist es um die Liebe zum heimatlichen Boden und zum Vaterland immer noch gut bestellt. 47

iktrmes ist beute. Von Hoffmann von Fallersleben.

Hört, wie sie blasen, siedeln und schrei'n! Hört, wie der Brummbaß brummet darein! Willst du nicht froh sein, bleib du zu Haus! Kannst du nicht tanzen, geh nicht hinaus! Singen und springen, tanzen wir auch! So ist es Sitte, so ist es Brauch. Denn auf die Kirmes passet ja nicht Trauriges Herz und ernstes Gesicht.

Buden mit Kuchen, Bier und auch Wein, Äpfel und Birnen laden uns ein. Überall Leben, Tanz und Gesang! Überall Freude, Jubel und Klang! Ja auch der Wald erwacht aus der Ruh, Wehet mit Zweigen Schatten uns zu; Und auch die Vögel stimmen mit ein, Denken: für uns soll's Kirmes auch sein.

Hört, wie sie blasen, fiedeln und schrei'n! Hört, wie der Brummbaß brummet darein! Willst du nicht froh sein, bleib du zu Haus! Kannst du nicht tanzen, geh nicht hinaus! Schon wollen wir zum Dors hinauswandern, da fällt uns ein hochragendes Kruzifix, beschattet von einem Birnbaum, neben einer Schmiede, aus deren Innern der rote Feuerschein herausdringt, in die Augen. Lange lassen wir den Zauber dieser Gruppe auf uns wirken. Wir wenden uns etwas nach rechts und sind nicht wenig überrascht über ein malerisches Straßenbild, das uns fast entgangen wäre: Wie schön reiht sich da Giebel an Giebel, wie bescheiden tritt ein Häuschen gegen das andere zurück, wie ist da eine Vorderseite ganz in das Grün einer Weinlaube gehüllt, deren Reben sich am Dachrand emporranken, und wie schmiegt sich dort eine Scheune an die Straßenbiegung

an! Und wie strebt das Ganze zum Kirchturm hinaus, in den es ausmündet! Und erst diese Ruhe, diese Sonntagsruhe! Ja, man begreift, daß man sein Dörfchen liebgewinnen kann und daß Dichter und Maler zu allen Zeiten von dem Zauber einer Dorfidylle ganz besonders erfaßt wurden.

Das DSrkcben. Von Bürger. Ich rühme mir Mein Dörfchen hier! Denn schönre Auen, Als rings umher Die Blicke schauen, Blühn nirgends mehr. Welch ein Gefilde, Zum schönsten Bilde Für Dietrichs Hand! Hier Felsenwand, Dort Ährenfelder Und Wiesengrün, Dem blaue Wälder Die Grenze ziehn!

An jener Höhe Die Schäferei, Und in der Nähe Mein Sorgenfrei! So nenn' ich meine Geliebte, kleine Einsiedelei, Worin ich lebe, Zur Lust versteckt, Die ein Gewebe Von Ulm' und Rebe Grün überdeckt.

Gez. v. K. M e y c r.

Kirche in Kirchfembach.

V. Zn der Stabt Am fernen Horizonte Erscheint wie ein Nebelbild Die Stadt mit ihren Türmen In Abenddämmerung gehüllt.

Beck, Heimatkundlicher Führer.

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Wer sich einer Stadt nähert, der muß schon von weitem Ausschau halten und spähen, ob er ihr Bild nicht am Horizonte erblickt. Kommt er auf einer Ebene, so enthüllt sich ihm erst ein schwaches Nebelbild, aus dem sich in größerer Nähe allmählich die hervorragenden Punkte, wie die Kirchturm­ spitzen und Mauertürme, herausschälen; ragt noch aus der Mitte eine Burg in die Höhe, dann ist das Stadtbild ein unvergleichlich imposantes. Wir machen dann am Graben

Gez. v. Prvf. Fürst.

Abgebrochenes unteres Tor in Feuchtwangen.

halt und genießen erst einen Augenblick den Reiz einer solchen Partie. Wir sehen, wie in ungestörter. Linie die Häuserreihen sich stufenförmig ausbauen, wie die rotschimmernden Ziegel­ dächer sich ineinanderfügen, als deren Fortsetzung sich die Mauern der Burganlage ergeben, die in ihren Türmen sich nach oben verjüngt und in den Wolken verliert — ein herr­ liches Abbild von dem Streben der Bewohner, deren Tun im letzten Ziele nach oben gerichtet ist. Und nun geht>s hinein durch das enge Tor in die schmalen Gassen, wo uns spitze Häusergiebel rechts und links grüßen

und schmiedeeiserne, zierliche Schilder unsere Aufmerksamkeit aus sich lenken. Ab und zu schwenken wir in eine Seitengasse ein, wo oft die verschiedenartigsten architektonischen Motive in köstlicher Abwechslung beisammen sind, und lassen uns auch durch etwas Schmutz, schlechte Lust und engen Durchgang nicht abhalten, in einen Hof einzudringen, wo wir durch den Anblick reizender Holzgalerien für etwaige Unannehmlichkeiten reichlich entschädigt werden (Abb. S. 51 u. 52). Wenn wir das etwas öfter gemacht haben, so bekommen wir mehr Mut und auch einen gewissen Spürsinn. Dann sehen wir>s schon einer Haustüre aus massivem Eichenholz an, daß innen auch etwas Gediegenes zu finden ist; Gez. v. M ii n d s. wir treten in den Hausflur Von der Alten Hofhaltung in Bamberg. und entdecken in der Tat ein Treppenhaus im schönsten Rokoko, mit herrlichen Balu­ straden und Seiten- und Deckengemälden. Vor allem müssen wir aus Raritäten aus sein, die gewöhnlich von der großen Masse nicht beachtet werden, die aber „was für Feinschmecker" sind; ich meine kunstvolle, eiserne Fenster- und Treppengitter (Abbild. S. 53) ornamentartig geschmiedete Türenoberlichter, allerlei Kunstvolles an Türschlössern, Türklopsern, Türgrif­ fen, an Hausglocken, an Schlüsseln, an alten Auslagsenstern, an Leuchterarmen, Auslausröhren am Dache und ganz obenan Dachfenstern und Schornsteinen. Bei den Türen achte man aus Holzschnitzereien, des­ gleichen bei den Fensterfüllungen! Die Torgitter sind oft sehr bemerkenswert, ebenso wie die Urnen aus den Por­ talen. Die Brunnen bieten ebenfalls vielfach monumentale

5l

Schönheiten (Abb. @.45). Bildstöcke, Martern, Kruzi­ fixe stehen verstreut und oft recht versteckt in der ganzen Stadt. Auch bei der Besichtigung der sog. Sehenswürdigkeiten, des Rathauses, der Kirchen, für die man sich einen ge­ druckten Führer anschaffen muß, übersehe man die Kleinig­ keiten nicht! Die Gedenksteine außen und innen müssen uns wegen ihrer Wappen und Symbole und wegen ihrer Inschriften einige Zeit in Anspruch nehmen. Im Innern wollen die Beicht- und Chorstühle wegen ihrer Schnitze­ reien, die Altargitter, die Kanzel, der Tauf­ stein, Leuchter, Weih­ wasserkessel, Zunft­ fahnen neben dem, was der Führer angibt, beson­ ders gewürdigt sein. Wo ein Ortsmuseum vorhanden ist —und es ist zu wünschen, daß allmählich jedes Städtchen eine solche Einrichtung erhält —, da muß es auch besucht werden. Hier ist aus engem Raume alles vereinigt, was für den Ort und seine Umgebung irgendwie charakteristisch ist. Eine prähistorische Sammlung, Zimmereinrichtungen, Trach­ tensammlungen, kunstgewerbliche Gegenstände, Urkunden, Bücher, Karten und was sonst noch von Interesse ist, ist hier in übersichtlicher Ordnung ausgestellt. Ein Gang durch diese Sammlungen wird euch am besten mit dem fremden Volkstum, soweit es der Vergangenheit angehört, vertraut machen. Ihr habt bereits auf unserer Wanderung durch die Stadt Gelegenheit gehabt, verschiedene Arten des Baustils zu beobachten. Ich muh annehmen, daß ihr bereits durch den

Unterricht im Zeichnen und in der Geschichte in die Kenntnis der Haupteigentümlichkeiten dieser Baustile eingesührt wor­ den seid; einiges haben wir überdies bei der „Dorskirche" wieder aufgesrischt. Unter Anwendung aus das Wohn­ haus in der Stadt sei das Notwendigste kurz zusam­ mengefaßt: 1. Gotischer Stil (vom 13. Jahrh, bis rund 1500): spitzer Dachgiebel, Fenster mehr breit als hoch und ge­ Altes Gitter in der St. Wolfgangskirche zu Rothenburg o. T. wöhnlich zu zweien vereinigt, Holzbau (Fachwerk). 2. Deutsche Renaissance (von ca. 1500-1650): Dachgie­ bel mit Stufen oder Schneckenwindungen (Voluten) und aller­ lei Ornamentalschmuck (Pyramiden, Urnen usw.); die Fassade von Säulen durchzogen und mit rei­ chen Verzierungen versehen (Men­ schen- und Tierkörper, Blumen usw.); Nachahmung des Schmiede­ handwerks in der Ornamentik. 3. Barock (Zeit Ludwigs X IV., ca. 1650—1715): Dach gebrochen (Mansardenstil) und flach; die Fassaden werden nüchterner; die Linien etwas gewunden; Muschel und Schnecke als Ornamente viel verwendet. 4. Rokoko (Zeit Ludwigs XV., 1715—1774): ausgearteter Barock­ stil; alles krümmt und windet sich; ist aber voll Leben und Anmut; Gitter am Staudtschen Haus nur etwas überladen. zu Rothenburg o. T.

5. Zopf (Zeit Ludwigs XVL, 1774—1792): Rückkehr zum Barock und zur Renaissance; wird im Bestreben, einfacher zu sein, zu nüchtern. 6. Empirestil: entwickelt sich in Frankreich während der Kaiserzeit (Napoleon L); die Formen werden unter Anlehnung an die klassische Kunst der Römer noch strenger und ernster; an den Mauern erscheinen häufig Fresken. Die Möbel aus Mahagoniholz sind meistens mit Goldbronze versehen. Selbstverständlich gehen die einzelnen Stilarten viel­ fach ineinander über; auch hat es stets Künstler gegeben, welche von der jeweils herrschenden Richtung stark abwichen, was die Datierung eines Baues ungemein erschwert. Vorsicht ist also da sehr geboten. Noch sind uns aber die Menschen selbst fremd geblieben; sie in allernächster Nähe kennen zu lernen, werde nun gleich unternommen! Der Ort, wo sich der Mensch so recht gibt, wie er „leibt und lebt", ist in der Wirtsstube, bei Bier oder Wein.

Gez. v. K. Mcycr. Gastzimmer in Neundorf bei M.-Erlbach.

Da wollen wir denn Einkehr halten! Aber wo? Das ist nicht ganz gleichgültig! Wo wir uns ausruhen und mit Speise und Trank stärken wollen, da muß es auch gemütlich sein. Dazu gehört stets eine entsprechende Umgebung. Ich

wenigstens setze nur mit Widerwillen den Fuß in ein Haus, das in moderner Art aus Backsteinen erbaut ist oder dessen Fassade den häßlichen grauen Bewurf zeigt. Auch können mich die Gasthäuser „Zur Eisenbahn" nicht recht einladen. Ich

Gcz. v. Prüf. F ü r st. All der Herrngasse in Rothenburg o. T.

ziehe immer die Gasthäuser „Zur Post" mit ihren weißen Wänden, ihren grünen oder braunen Fensterläden und dem Blumenschmuck vor den Fenstern vor. Zu diesen habe ich schon wegen des Äußeren mehr Vertrauen und wurde auch selten hierin getäuscht. Geht's drinnen auch nicht modern zu, so ist's drum umso solider; gut bürgerlich ist immer besser als hotelmäßig. Wo die Hausfrau selbst kocht und der Wirt selbst das Bier und den Wein versorgt und verzapft und das Wirtstöchterlein kredenzt und aufträgt, da ist man gut ausgehoben, da fühlt man sich wie bei sich zu Hause. Wenn wir bestellen, so folgen wir gerne dem Rat des Gastgebers,

der seine Sachen besser kennt als wir und aus seiner lang­ jährigen Erfahrung oft besser weih als wir selbst, was uns gut tut. In Bier und Wein nehmen wir im Zweifelsfalle das, was die Stammgäste trinken, da diese das Beste schon aus­ probiert haben; ist^s manchmal auch ein bißchen bitter oder sauer, so ist's um so reiner und gesünder. Dazwischen mustern wir alles im Zimmer: die weiß­ gefegten Tische, den Schenktisch mit den echten Zinnkrügen und den mächtigen Humpen, den „Sekretär" (Schreibtisch) mit der vergoldeten Standuhr unter dem Glasgehäus, den ge­ mütlichen Kachelofen, die Porträts zweier tüchtiger Zecher, die aus den dicken, runden Rahmen so vergnügt herunter­ grüßen, die eichenen Stühle mit den geschnitzten Lehnen. All das ist Poesie und bringt wieder Poesie in das an sick­ recht prosaische Tun in der Wirtsstube. Nur etwas stört den sonst so harmonischen Eindruck. Hoch an der Wand, neben der Uhr, hängt ein Reklameplakat aus Blech, welches „die beruhigende Wirkung eines Likörs auf Magen und Nerven während des Schaffkopfspieles" öffentlicht anpreist. Die „Aufmachung" ist natürlich nicht weniger geschmacklos: Ein süßlich lächelndes Dämchen mit einer Likörslasche in schreienden Farben, die Schrift in plumpen lateinischen Buchstaben! Aus unsere Vorstellung hin, nimmt der Wirt das häßliche Ding herunter. Wir freuen uns über diesen Erfolg, wenn wir uns im geheimen auch nicht verhehlen, daß der Herr Reisende des Likörfabrikanten bei seinem nächsten Besuch mit seiner glänzen­ den Überredungsgabe denWirt bestimmen wird, das „schöne und

wichtige (!) Bild" an seinen alten Platz zu hängen.—Was liehe sich nicht alles sagen über dieses Kapitel der Reklame, wie sie sich jetzt überall, in Zeitungen, in Stuben und aus öffentlichen Plätzen, in der unangenehmsten Weise breit macht! Wie hat sie unsere trauten, alten Wirtsstuben in kaufmännische Kontors verwandelt! And wie befleckt sie sogar die lieblichsten Stellen der Natur, an denen das müde Auge des Städters Erfrischung sucht, teils durch eine verwilderte äußere Darstellung, teils durch widriges Selbstlob und versteckte Lüge, die so ost in der Anpreisung zum Ausdruck kommen? Wann wird der Deutsche

von selbst, ohne das Eingreifen der Polizei, von diesem un­ schönen Tun abkommen und zur biederen und vornehmen Denkart der Vorfahren zurückkehren? Bald werden die Stammgäste am „runden Tisch" auch mit uns gesprächig und laden uns schließlich ein, bei ihnen Platz zu nehmen, worauf wir schon lange gewartet haben, da wir doch noch manches über die Stadt und ihre Bewohner erfahren möchten. Unter geschicktem Fragen bringen wir da viel aus den Leuten heraus, wozu wir sonst nicht leicht gekommen wären. Wir hören da von einem historischen Festspiel, von einem alten Tanz, von interessanten Sitten und Gebräuchen. Die Stimmung wird immer heiterer und traulicher, so daß wir es wagen können, einen der Stammgäste um den Vortrag eines Volksliedchens zu bitten. Während er singt, schreibt einer von uns die Worte gleich mit. Das besorgen wir gewöhnlich sofort; sonst ist mit dem Wein und der Laune am nächsten Morgen auch das Liedchen verflogen. Und das wäre doch recht schade. Ein Volks­ lied ist eine Perle, die man auslesen muß, wo man sie findet. „Wenn Sie morgen abend noch da sind," bemerkt da ein an­ derer aus der Runde, „dann bring' ich Ihnen ein ganzes Dutzend geschriebener Lieder in unserer Mundart mit." Eigent­ lich wollten wir am nächsten Tage wieder 30 km weiter sein; aber um diesen Preis sagen wir's zu und bleiben. Dann muh auch aus der Reise nicht alles so ausgezirkelt verlaufen. Wie sagt doch einer, der das Reisen verstanden und so schön be­ sungen hat: „Es geht doch nichts über Reisen, wenn man nicht dahin oder dorthin reiset, son­ dern in die weite Welt hinein, wie es Gott gefällt!" (I. v. Eichendorfs, Ahnung und Gegenwart I, 5.) Portal im Nathaushof zu Rothenburg o. T.

Mandern. Ich wandre sonder Zweck und Ziel, Das ist das rechte Wandern. Die Bächlein fragen nicht wohin, Und kommt doch eins zum andern.

Ein wenig Grün für meinen Hut And Blumen gibt'd allwegen, And wenn der Sonnenschein nicht lacht, Erfreu' ich mich am Regen. And ift's kein fröhlich Menschenkind, So sind die lustigen Wellen, Die Lieder hell, die Wolken hoch Mir traute Weggesellen.

Wenn auch die Heimat noch so fern, Winkt mir nur eine Klause, Ein freundlich 2lug', ein guter Trunk, — Da bin ich gleich zu Hause. Fakob Loewenberg.

Am nächsten Abend finden wir uns also wieder am „runden Tisch" ein, und als wir tags darauf zum Städtchen hinausziehen, da sind wir „Auswärtige Mitglieder" des Historischen Vereins des Städtchens gegen einen jährlichen Beitrag von 1 M. Ade! du muntre, du fröhliche Stadt, ade! Schon scharret mein Nößlein mit lustigem Fuß, Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß! Du hast mich wohl niemals noch traurig geseh'n, So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehen, Ade!

Ade, ihr Bäume, ihr Gärten so grün, ade! Nun reit' ich am silbernen Strom entlang, Weit schallend ertönet mein Abschiedsgesang, Nie habt ihr ein trauriges Lied gehört, So wird end) auch keines beim Scheiden beschert, ade!

Ade! ihr freundlichen Mägdlein dort, ade! Was schaut ihr aus blumenumduftetem Haus Mit schelmischen, lockenden Blicken heraus? Wie sonst so grüfo' ich und schaue mich um, Doch nimmer wend> ich mein Rößlein um, ade! Nellstab.

C. Tum NblcbLed Die Scheidestunde hat geschlagen, junge Wandersleut! Kann sein, daß wir uns bei einer anderen Gelegenheit wieder zu gemeinschaftlichem Wandern zusammensinden werden; für diesmal aber werde ich von euch abberufen. Es war dies die erste Felddienstübung im Dienste des Heimatwerkes; weih nicht, ob ihr bald zu Führern avancieren werdet. Wenn ihr's dazu bringen wollt, und hoffentlich habt ihr diesen Ehrgeiz, dann dürft ihr euch mit den wenigen An­ regungen, die ihr von mir erhalten habt, nicht begnügen, dann müßt ihr die eine oder andere heimatkundliche Zeit­ schrift (s.S.V I l-V I I I) lesen und Vorträge hören und wandern und sammeln. Dann werdet ihr's einmal zu Generalen im Heimatwerke bringen und euch auch den Orden pour le mente verdienen! Dann hat die Heimatsache einen Gewinn, dann geht's mit ihr gewaltig vorwärts! Und gut steht's dann um unser Vaterland: Das fromme, treue Vaterland In seiner vollen Pracht Mit Lust und Liedern allerhand Vom lieben Gott bedacht. Robert Reiliick.

D. Anbang Älber betmatkundlicbe Sammlungen. Die Wandervereine werden nicht nur ihre Mitglieder zum eifrigen Sammeln des in heimatkundlicher Hinsicht Interessanten anhalten, sondern sie werden auch daraus be­ dacht sein, kleine heimatkundliche Museen einzurichten. Es dürfte nicht allzu schwer fallen, die einzelnen Sammler davon zu überzeugen, daß ihre angelegten Privatsammlungen als Teile eines großen Ganzen besser zur Geltung kommen und daß sie anderseits durch ihre Beiträge ein Werk ermöglichen, das für die Förderung der Heimatkunde von der allergröß­ ten Bedeutung ist. Ein solches Mu­ seum erfordert frei­ lich auch einen wür­ digen Raum, wo es untergebracht wer­ den kann. In grö­ ßeren Städten wer­ den wohl in nicht zu langer Zeit eigene „Heime" für die Mit­ glieder der Wander­ vereine erstehen, die neben Lese-, Musik-, Spielsälen auch Raum für heimat­ kundliche Samm­ lungen enthalten Ailfg. v. M. Miller. Hof mit Säufst ein in Hardenburg bei Bad Dürkheim. müßten. Die Auf-

stellung und Verwahrung der einzelnen Gegenstände wäre den jugendlichen Sammlern selbst zu übertragen; diese müßten selbst geeignete „Konservatoren" aus ihrer Mitte ernennen, die neben der Verwaltung das Anlegen von Repertorien, d. i. Verzeichnissen mit genauer Beschreibung der Gegenstände und Angabe des Fundortes und anderer Umstände, zu besorgen hätten. Von Zeit zu Zeit müßten diese „Konservatoren" über den Stand der Sammlungen, über neue Zugänge in öffent­ licher Versammlung Bericht erstatten, das Wertvolle bzw. Charakteristische davon hervorheben, wobei sie sich der Lichtbilder bedienen könnten. DieseVorträge könnten dann in denUnterHaltungsbeilagen der Tageszeitungen, die dem Heimatkund­ lichen ein Blatt für sich oder mehr Raum im Hauptblatt ein­ räumen sollten, einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden, so daß auch nach dieserSeite hin einGewinn herauskäme. Besondere Aufmerksamkeit dürfte das Ausstellen der heimatkundlichen Stücke beanspruchen. Schaukästen unter Glas dürften hier die besten Dienste tun; manchmal empfehlen sich wohl auch Albums, vielleicht auch drehbare Gestelle mit flügel­ artigen Fächern. Auch könnten die Wände vor allem für farbige Karten herhalten; dabei wäre aber auf bunte Gruppierung be­ sonders zu achten. Letztere muß nach inneren und äußeren Gesichtspunkten erfolgen; so müssen z. B. die Steinkreuze eine Gruppe bilden, innerhalb wel­ cher man nach den Stilarten bzw. Zeitperioden ordnet, wobei man wieder den einzelnen Landschaf­ ten folgt. Selbstverständlich müs­ sen alle Gegenstände für den Be­ schauer mit kurzen Angaben auf einem Zettel versehen sein. Reben den Museen mühten auch heimatkundliche Archive für Schriftstücke eingerichtet werden; was man an Sagen, Bräuchen, Liedern, Melodien, Dialektfor­ men, Personen- und FlurAltes Spital in Forchheim i. Obfr.

narrten, an historisch merkwürdigen Punk­ ten, wie Schlachten­ orten, Belagerungen, Geburtshäusern be­ rühmter Männer usw., aufgelesen hat,mutz ver­ zeichnet und im Archiv geordnet niedergelegt werden. Auch aus die­ sem Gebiete müßte eine Arbeitsteilung erfol­ gen; Spezialisten, die unter der Jugend ja immer vorhanden sind, müßten an die Spitze einer Abteilung gestellt werden. Bevor man freilich auf- und ausstellen kann, muß man gesammelt haben. Was in der Hauptsache in Betracht kommt, ist aus dem ersten Teile der Schrift zu ersehen. Hier sei noch einmal daraus hingewiesen, daß man ja alles, was am Wege liegt, mitnimmt, sei es mit dem photographischen Apparat sei es mit den Händen und dem Rucksack oder Tornister. Wer Talent für Zeichnen hat, der nütze das aus; es ist das die schönste Gelegenheit, seine Kunst praktisch zu betätigen. Wem die Gabe des Gesanges gegeben, der singe die Volks­ melodien nach, die ihm in der Wirtsstube auffallen, und kann er gar noch Noten schreiben, so fixiere er die Weise nach dem Gehör! Überhaupt muß der Bleistift recht ost in Tätigkeit treten und das Notizbuch oder ein Heftchen — nicht fliegende Blätter! — muß oft aus der Tasche genommen werden. Der Füllfederhalter, der ja jetzt schon für 4—5 M. zu haben ist, ist dem Bleistift vorzuziehen, besonders wenn Einträge in Kartennehe gemacht werden. Notwendig ist freilich vor allem ein gutes Auge, ein scharfes Ohr und nicht zuletzt ein frischer, froher Mut und Lust und Liebe zur Heimatsache!

/Dein Detmatland Über der Alpen Eis Blauen des Himmels Höh'n, Über den blauen Seen Schimmert der Wolken Weiß — Himmel und Erde feiern Dich, du Land der Bayern! O, wie bist du schön!

Rings aus rauschender Mahd Strömt der würzige Duft, Aber reifende Saat Golden flimmert die Lust — Himmel und Erde feiern Dich, du Land der Bayern! O, wie bist du schön!

Fröhlicher Menschenschlag! Treue trägt er im Mark, Klar wie sein Erntetag, Wie seine Berge stark — Himmel und Erde feiern Dich, du Land der Bayern! O, wie bist du schön!

A. de Nora.

Wnifl. v. F. W. Nastcl. Bauernhaus in Lauf bei Nürnberg.